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Full text of "Zentralblatt für innere Medizin 37.1916"

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Zentralblatt 


für 


INNERE MEDIZIN 


herausgegeben von 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg Prag Würzburg Baden-Baden Bona Charlottenburg 


Verbindung mit PROF. DR. G. GRUND u. DR. H. v. HOESSLIN 


redigiert von 


ADOLF SCHMIDT in Halle 


37. Jahrgang 


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| LEIPZIG 
| Verlag von Johann Ambrosius Barth 
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Imtralblatt für innere Medizin | 


herausgegeben von 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Würzburg, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


in Verbindung mit PROF. DR. G. GRUND u. DR. H. v. HOESSLIN redigiert von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 








Nr. 1. Sonnabend, den 8. Januar 1916. 
Inhalt. 


A, Jolles, Zur Methodik der Eisenbestimmung im Blute. (Originalmitteilung.) 

Referate: 1. Schede, 3. Lee und Vincent, 3. Willcox, 4. McKelvy und Rosenbloom, 
3. Whipple und Speed, 6. Chesney, Marshall und Rowntree, 7. Rotgans, 8. Pasley, 9. Hub- 
bard und Kimpton, 10. Jirásek, 11. Savini, 13. Lemierre, Brulé, Garban, 13. u.14. Opie und 
Alford, 13. Spiiler, 16. Wassink, 17. Harmeus, 18. Lukes, 19. Halbey, 20. Jansen, 21. Bendig, 
9. Lukes, Erkrankung der Leber und Gallenwege.. — 23. u. 24. Perthes, 25. Böhler, 26. Basl, 
fi. Krasko, 28. Meyer, 29. Matyas, Bauchschüsse. — 30. Stiller, 81. Gruber, 32. Falta, 33. Ehr- 
mann, 3. Rosenfeld, 35. Hirschfeld, 86. Gigon, 87. Salkowski, Ernährungswosen. 





Zur Methodik der Eisenbestimmung im Blute. 
Von 
Prof. Dr. Adolf Jolles in Wien. 


Im Jahre 1905 habe ich in dieser Zeitschrift! über meine Me- 
thodik zur Bestimmung des Eisengehaltes im Blute mittels des »kli- 
nischen Ferrometers« berichtet und darauf hingewiesen, daß ich meine 
ursprünglich rein kolorimetrische Methode bereits im Jahre 1901 ver- 
lassen und das »klinische Ferrometer« auf rein empirischem Wege 
konstruiert habe2. 

Bei demselben entspricht jeder Eisenkonzentration eine bestimmte 
Skala im Glaskeile, so daß ein Versuchsfehler bei der Anwendung 
eines sorgfältig geeichten Glaskeiles ausgeschlossen ist. Aus dieser 
Tatsache geht klar hervor, daß die Methodik des »klinischen Ferro- 
Meterse keine echte kolorimetrische Bestimmung, sondern eine rein 
empirische Methode ist und daß ich eine Proportionalität der Färbung 
mit dem Eisengehalte bei der Konstruktion dieses Apparates nicht 
vorausgesetzt habe. Schon im Jahre 1888 hatte ich mich mit einer 
empirischen Bestimmung des Eisens im Wasser beschäftigt®, die 
naturgemäß sehr gute Resultate liefert. Eine derartige Eisenbe- 


— ESSEN 


— 


I Zentralblatt für innere Medizin Bd. XXVI. Nr. 15. 1905. 

2 Münchener med. Wochenschrift 1901. Nr. 9. 

3 Kolorimetrische Bestimmung von Eisen in Mineral-, Brunnen-, Quell- und Fluß- 
wasser, Archiv für Hygiene Bd. VIII. S. 402. 1888. 

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2 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


stimmung im Wasser ist auch tatsächlich in der Praxis längst mit 
Erfolg eingeführt. g 

Den gleichen Weg, jedoch in einer viel praktischeren Gestalt, 
habe ich mit meinem »klinischen Ferrometer« betreten. 

Ich hebe diese Tatsache aus dem Grunde besonders hervor, weil 
meine ältere Methode, welche als rein kolorimetrisches Verfahren streng 
wissenschaftlichen Anforderungen nicht standhalten kann, oft in der 
Literatur mit meinem modifizierten empirischen Verfahren verwechselt 
wird und mit Unrecht auch dieses Verfahren als theoretisch nicht ein- 
wandfrei erklärt wird. 

So hat J. Plesch4 meine Methode zur quantitativen Bestimmung 
des Eisens im Blute einer kritischen Besprechung unterzogen, deren 
vollkommene Grundlosigkeit ich seinerzeit in meinen Entgegnungen 
nachgewiesen habed. Nichtsdestoweniger hat Plesch in dem Werke 
»Technik der speziellen klinischen Untersuchungsmethoden«® seine 
unbegründete Kritik wiederholt und in den Worten zusammengefaßt: 
»Zur quantitativen Eisenbestimmung sind Eisenbestimmungen wie 
z.B. mit dem Jolles’schen Ferrometer wertlos.« In demselben Werke 
wird auf S. 493 die Eisenbestimmung im Blute nach W. Autenrieth 
und A. Funk”? empfohlen, und diese Methode eingehend beschrieben, 
ohne daß mein Name auch nur genannt wird. Nun ist aber dieses 
Verfahren im wesentlichen auf meinen Versuchen aufgebaut. Die 
einzige Modifikation besteht darin, daß Autenrieth und Funk das 
Rhodaneisen durch Ausschütteln mit Äther an diesen übertragen. 
Auch diese Modifikation ist nicht neu, denn schon Ke&ler und Lunge® 
haben gelegentlich der kolorimetrischen Bestimmung des Eisens in 
schwefligsaurer Tonerde empfohlen, das gebildete Ferrirhodanid in 
Äther auszuschütteln und nunmehr die Färbung des Äthers zur ko- 
lorimetrischen Bestimmung heranzuziehen. Auch ich habe seinerzeit 
bei meinen Versuchen mit dem »klinischen Ferrometer« Aus- 
schüttelungen mit Äther durchgeführt, aber die Ergebnisse haben 
meinen speziellen Zwecken aus dem Grunde nicht entsprochen, weil 
zur vollständigen quantitativen Extraktion zu große Äthermengen 
erforderlich gewesen wären. Ob unter den eingehaltenen Bedingungen 
von Autenrieth und Funk die Ätherextraktion zweckmäßiger er- 
scheint, entzieht sich meiner Beurteilung, da ich mit dem Kolorimeter 
von W. Autenrieth und J. Königsberger keine Kontrollversuche 


4 Zeitschrift für experim. Pathologie und Therapie Bd. VI, 1910 und Deutsches Archiv 
für klin. Medizin Bd. XCIX. S. 400. 1910. 

5 Zeitschrift für experim. Pathologie und Therapie Bd. VII, 1910 und Deutsches Archiv 
für klin. Medizin Bd. C. S. 421. 1910. 

6 Herausgegeben von Th. Brugsch und A. Schittenhelm, Verlag von Urban & 
Schwarzenberg in Berlin u. Wien 1914. 

7 Münchener med. Wochenschrift 1912. Nr. 13 u. 14. 

8 Keler und Lunge, Untersuchung über die schwefligsaure Tonerde des Handels. 
Zeitschrift für angewandte Chemie Jahrg. 1894. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 3 


angestellt habe. Jedenfalls hätte gerechterweise die auf S. 493 des 
oben genannten Werkes beschriebene Methode richtig lauten müssen: 

»Die Eisenbestimmung im Blute nach A. Jolles in der Modifi- 
kation von W. Autenrieth und A. Funk« — 

Meine Methode ist von verschiedenen Forschern nachgeprüft 
und mit Erfolg benutzt worden; ich verweise hier nur auf David, 
Charnass und Autenrieth. C. David? gelangte auf Grund einer 
sehr großen Anzahl von Untersuchungen, die er im Laufe von 21/, Jahren 
machte, zu dem Ergebnis, daß meine Methode für wissenschaftlich 
klinische Zwecke brauchbar ist. David hat sich von der Verläß- 
lichkeit der absoluten Zahlen durch Prüfung von Lösungen bekannten 
Eisengehaltes überzeugt. 

D. Charnass!® faßt seine an der I. medizinischen Klinik in Wien 
(Hofrat v. Noorden) durchgeführten Versuche dahin zusammen, daß 
meine Methode in ihrer neuen Ausführungsart sowohl vom theo- 
retischen, wie auch vom praktischen Standpunkte für klinische Zwecke 
gut brauchbar ist, jedoch erfordert dieselbe eine längere Übung. 
Durch eine kleine Abänderung der Ablesevorrichtung durch Ablenkung 
mittels eines Prismensystems können nach Charnass noch genauere 
Resultate erzielt werden. | 

Charnass hat auch mit Hilfe des Hüfner’schen Spektro- 
photometers neuester Konstruktion und des Kirchhof-Bunsen- 
schen Spektroskops Versuche über die Verwendbarkeit von Gold- 
rubinglaskeilen zu kolorimetrischen Bestimmungen von Hämoglobin 
und Eisen im Blute angestellt und die gute Übereinstimmung der 
Farbentöne mit den Färbungsnuancen der Keile konstatiert!!. W. Au- 
tenrieth und J. Königsberger!? haben ihr bekanntes, sich in der 
Praxis gut bewährendes Kolorimeter auch zur Bestimmung des Eisens 
im Blute empohlen und, wie sie ausdrücklich hervorheben, meine Me- 
thode mit ihrem Verfahren kombiniert. 

In dieser Arbeit heißt es an einer Stelle wörtlich: 
»Die durch Eisenchlorid bedingte Rotfärbung verblaßt mit der 
Zeit bedeutend, wenigstens beim Stehenlassen bis zum anderen Tage. 
Innerhalb einer halben Stunde geht freilich die Rotfärbung nur un- 
wesentlich zurück. Da eine kolorimetrische Eisenbestimmung in 
wenigen Minuten beendet sein kann, ist das minimale Zurückgehen der 
Färbung während dieser Zeit von keiner praktischen Bedeutung.s 
Der wesentliche Einwand von Plesch besteht darin, daß »das 
Rhodaneisen für die kolorimetrische Bestimmung wegen rapider Ände- 
rung ungeeignet ist«. Wäre dieser Einwand richtig, dann müßten 
nicht nur die vielen Anwendungen der kKolorimetrischen Eisenbe- 


® Deutsches Archiv für klin. Medizin Bd. XCIV. 
10 Biochemische Zeitschrift Bd. XXV. S. 333. 1910. 
ı1 Medizinische Klinik 1911. Nr. 21. 
12 Münchener med. Wochenschrift 1910. Nr. 10. 


1* 


4 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


stimmung, die ja alle durch vergleichende Gewichtsanalysen als richtig 
erwiesen sind, als unbrauchbar wegfallen, sondern es müßte auch die 
in der »Technik der speziellen klinischen Untersuchungsmethoden« 
empfohlene Bestimmungsmethode von Autenrieth und Funk un- 
richtig sein. Denn wenn die Rhodaneisenbestimmung so unbeständig 
wäre, wie Plesch vermeint, dann müßte sie ja schon vor dem Aus- 
schütteln mit Äther ebenfalls zum Teil zerfallen sein. — 

Im übrigen wird die Brauchbarkeit einer Methode nicht durch 
willkürliche Annahmen widerlegt oder erwiesen; wie aus folgenden 
Versuchen hervorgeht, ist die Beständigkeit des Rhodaneisens unter 
den von mir angewendeten Bedingungen so groß, daß auch bei lang- 
samerem Arbeiten richtige Zahlen erhalten werden. — 

Ich habe folgende Versuche durchgeführt: 

Ich stellte mir zunächst eine Eisenlösung von genau bekanntem 
Eisengehalte dar, und zwar wurden 2,943 g reinstes Mohr’sches Salz 
(FeSO4(NH,)gS0O, + 6H;0) in 1 Liter Wasser gelöst. — 

100 ccm dieser Lösung enthalten nach der Berechnung 0,0420 g Fe. 
Zur Kontrolle wurde der Eisengehalt in 100 ccm der Lösung gewichts- 
analytisch bestimmt. 

Die Bestimmung ergab 0,0422%, Eisen. 

Von dieser Lösung habe ich 0,05 ccm, 0,04 ccm und 0,03 ccm 
entnommen, eingedampft, verascht, aufgeschlossen, kurz die Bestim- 
mung genau nach den Vorschriften meiner Methode durchgeführt und 
schließlich die Farbenintensität der Reaktion an dem Keil des von 
mir benützten Fleischl’schen Hämometers festgestellt und den ent- 
sprechenden Eisengehalt aus der dem Apparate beigegebenen Tabelle 
entnommen. Die Ablesung der Farbenintensität erfolgte bei jeder 
Bestimmung nach 3, 5, 10, 15 und 20 Minuten. Ich lasse die Resul- 
tate nachstehend tabellarisch folgen: 














































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0,04 ' 0,0336 | 62 | 0,037 | 60 | 0,035 | 65 | 0,039 | 62 | 0,037 | 60 | 0,035 
0,03 | 0,0252 | 44 |0,028| 43 |0,026 | 46 0,028 | 42 | 0,026 | 42 | 0,026 











Man ersieht hieraus, daß in der für eine kolorimetrische Be- 
stimmung gewiß reichlich bemessenen Zeit von 20 Minuten die Fehler 
nicht größer sind, als sie bei kolorimetrischen Bestimmungen voll- 
kommen unveränderlicher Stoffe vorkommen. Die Methode ist also 
auch in dieser Hinsicht als verläßlich erwiesen. 

Die Mitarbeit an einem großen Sammelwerk legt dem Bearbeiter 
eines jeden Kapitels die Pflicht auf, im Interesse der vielen Leser, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 5 


welchen die Originalliteratur nicht immer zugänglich ist, entweder 
die Originalarbeiten genau zu reproduzieren, oder aber sie dort, wo 
eigene Erfahrungen widersprechen, in objektiver Weise unter Angabe 
der eigenen Methodik zu kritisieren. Ich bedaure, feststellen zu 
müssen, daß dies von seiten des Herrn J. Plesch nicht geschehen 
ist. — 

Zusammenfassung: 

J. Plesch hat in dem »Handbuche der Technik der speziellen 
klinischen Untersuchungsmethoden« (herausgegeben von T, Brugsch 
und A. Schittenhelm) die Methodik der Eisenbestimmung im Blute 
mittels des »klinischen Ferrometers« ohne Belege abfällig beurteilt. 

Sein an anderer Stelle gemachter Einwand, daß das Rhodan- 
eisen für die kolorimetrische Bestimmung wegen rapider Änderung 
ungeeignet ist, steht im Widerspruch mit der in der analytischen 
Praxis bewährten kolorimetrischen Methode der Eisenbestimmung 
mittels Rhodanammon. Die erneute experimentelle Nachprüfung 
ergab, daß die von Jolles vorgeschlagene Methode verläßlich ist und 
innerhalb 20 Minuten keine merklichen Fehler auftreten. — 


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Referate. 


I. Erich Schede. Uber die Leberfunktionsprüfung mittels Lävu- 
lose bei Säuglingen und Kindern. (Jahrbuch f. Kinderheilkunde 
1915. Bd. LXXXII. Hft. 1.) 

Die Toleranzgrenze für Lävulose im Säuglingsalter liegt schr hoch, bei etwa 
4g pro Kilogramm Körpergewicht. 

Bei wiederholten, kurz aufeinander folgenden Lävulosegaben tritt eine Über- 
lastung der Leber, andererseits bei größeren Intervallen oder bei dauernden kleinen 
Gaben eine Gewöhnung der Leber ein. 

Die Toleranz nimmt ailmählich mit steigendem Alter ab. 

Der Lävulosestoffwechsel ist sehr wahrscheinlich ein in sich geschlossener, 
wis allerdings noch weiterer Bestätigung bedarf. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


2. RJ. Lee and B. Vincent (Boston). The relation of calcium 
to the delayed coagulation of blood in obstructive jaundice. 
(Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

Gelbsucht durch Choledochusverschluß bei normal funktionierender Leber 
führt nach den Beobachtungen in einer Reihe einschlägiger Fälle nach relativ 
largem — durchschnittlich 5wüchigem — Bestehen zu einer Verzügerung der 
Gzrinnungszeit des Blutes und damit zu einer Neigung zu Blutungen, und zwar an- 
scheinend durch einen Mangel an Kalksalzen im Blut, der durch Zufuhr per os 
zus2eglichen werden kann. Die Notwendigkeit dieser Therapie läßt sich durch 
ein einfaches, von L. und T. vorgeschlagenes Verfahren, die Blutgerinnung zu 
beobachten, darlegen. Gut eignet sich Calcium lacticum für jenen Zweck, das 
in den verhältnismäßig hohen Dosen von 6--7 g den Tag wegen seiner schlechten 


6 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


Resorbierbarkeit aus dem Darm gegeben wird. Eine nachweisbare Einwirkung 
dieser Therapie tritt erst nach einigen Tagen hervor. Im Tierversuch, vielleicht 
auch beim Menschen, läßt sich diese Zeit durch intraven’se Zufuhr sehr abkürzen. 
Von anderer Seite ist bei jener Form von Ikterus eine Zunanme von Kalk im 
Blut nachgewiesen und die Vermutung geäußert worden, daß das Gallenpigment 
mit den Kalziumsalzen eine mehr oder weniger lose Verbindung bilde und diese 
daher für den Gerinnungsprozeß nicht verfügbar sind. 


F. Reiche (Hamburg). 


3. W. H. Willcox. An outbreak of toxic jaundice due to tetra- 
chlorethane poisoning. (Lancet 1915. März 13.) 

W. sah durch Einatmen der Dämpfe des in Aeroplanfabriken verwendeten, 
in Tierversuchen als giftiges Narkotikum wirkenden Tetrachloräthans schwere 
Allgemeinerscheinungen mit toxischer Gelbsucht bei den Arbeitern auftreten; bei 
dem Ikterus bestehen biliöser Urin und helle Stühle, Erbrechen ist ein vorstechendes 
Symptom, es kann zu Verwirrung, Stupor und Delirien, in akuten Fällen zu Häma- 
temesis, Konvulsionen und Koma kommen, auch Purpura und hämorrhagische 
Diathese werden beobachtet. Die ausgeprägte Gelbsucht hält lange an, nennens- 
wertes Fieber fehlt, Anämie entwickelt sich nicht; in einem Falle schloß sich das 
Bild einer Lebercirrhose an. 14 Fälle werden mitgeteilt, 3 starben; bei 2 ergab 
die mikroskopische Untersuchung Nekrosen der Leber und fettige Entartung des 
Nierenparenchyms. F. Reiche (Hamburg). 


4. J. P. McKelvy and J. Rosenbloom (Pittsburgh). Metabolism 
study ofa case of congenital hemolytic jaundice with spleno- 
megaly. (Arch. of internal med. 1915. Februar.) 

Eine Stägige Stoffwechseluntersuchung bei einem 11ljährigen Mädchen mit 
angeborenem hämolytischen Ikterus, Milztumor und gesteigerter Fragilität der 
roten Blutzellen ergab einen geringen N-Verlust bei fast normaler Verteilung des 
Stickstoffs im Urin — nur der Harnsäure-N war erhöht — und einen geringen 
Schwefelverlust bei normaler Verteilung des Schwefels im Harn und einer nur 
gelegentlich erhöhten Ausscheidung von Ätherschwefelsäuren. Kalziumoxyd und 
Magnesiumoxyd wurden etwas vermehrt ausgeschieden, Phosphor leicht zurück- 
gehalten, Eisen jedoch auch vermehrt abgegeben, und zwar mit dem Urin und 
den Fäces. Der Fettstoffwechsel war nomal, ungefähr 919%, des zugeführten Fettes 
wurden resorbiert, die Mengen von Neutralfett, Fettsäuren und Seifen im Stuhl 
entsprachen der Norm. In Urin und Stuhl waren Urobilin und Urobilinogen vor- 
handen, kein Bilirubin und Hämoglobin. F. Reiche (Hamburg). 


5. G. H. Whipple and G. S. Speed. Liver functions as influenced 
by anesthetics and narcotics. (Journ. of experim. med. 21. 1915. 
S. 203.) ` 
Die Ausscheidung von Phenoltetrachlorphthalein durch die Leber wird durch 
die spezifischen Lebergifte (Chloroform, Phosphor) vermindert. Auch bei passiver 
Kongestion nach Anlage der Eck’schen Fistel tritt das ein, ebenso nach 2stündiger 
Äthernarkose. Ähnlich wirkt Paraldehyd, wenn auch weniger intensiv, ferner 
Chloral und Urethan. Alkohol wirkt nur bei sehr großen Dosen herabdrückend. 
Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 7 


6. Chesney, Marshall und Rowntree. Leberstudien. (Journ. amer. 
med. assoc. Bd. LXIII. Nr. 18. S. 1536.) 

Ausgesprochene Veränderungen der Leberfunktion lassen sich meist nach- 
weisen bei vorgeschrittener Cirrhose, merklich gestauter Leber mit Versagen des 
Herzmuskels, bei Leberkrebs, Lues und Kachexie mit deutlicher Blutarmut. Am 
ausgeprägtesten sind Funktionsstörungen bei Schrumpfleber, Neubildungen und 
Kachexien mit schwerer Anämie, nicht so sehr bei chronischer passiver Stäuung. 
Übereinstimmende Befunde geben die Proben am häufigsten, wenn es sich um 
vermehrte oder normale Funktion handelt. Die Bestimmung der Phenoltetra- 
chlorphthaleinausscheidung, des Fibrinogens und des Stickstoffs in Blut und Urin 
zeigt funktionelle Störungen, bis zu gewissem Grade auch ihren Umfang. Die Be- 
stimmung der Zuckertoleranz und der fettlösenden Kraft des Blutes ist weniger 
wichtig. Überhaupt ist die diagnostische und prognostische Ergiebigkeit aller 
Proben bei der Leber geringer als bei der Niere. Unsere Kenntnis der Leber- 
physiologie ist zu ungleich; genau beobachtete schwere Lebererkrankungen sind 
zu selten; möglicherweise bestehen noch unbekannte Heilfaktoren auch in kleinen 
Resten von Lebergewebe; vielfach lassen sich aus anderer Quelle wichtigere Schlüsse 
ziehen als gerade aus der Leberfunktion; endlich läßt sich zu schwer eine Beziehung 
zwischen anatomischem, klinischem und funktionellem Befund feststellen. Doch 
müssen eben die Methoden ausgebaut werden. Meinhof (Halle a. S.). 


7. J. Rotgans. Der Bacillus typhi der Gallenwege. (Nederl. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1922 —6.) 

Anläßlich eines Falles, in welchem, ohne daß Typhus vorangegangen war, 
jede Schwangerschaft Gallensteinerscheinungen herbeiführte und 8 Wochen nach 
der dritten Entbindung neben Gallensteinen ein Gallenblasenempyem mit zahl- 
reichen Typhusbazillen vorgefunden wurde — letztere wurden auch im Stuhl nach- 
gewiesen, nicht aber im D. choledochus —, bekennt R. sich zur Auffassung, nach 
welcher diese Bazillen aus dem portalen Blut, zum Teil vielleicht aus dem Herz- 
blut, nach ihrem Durchgang durch die Leberkapillaren in die Leberzellen geraten, 
acht aber aus den Blutgefäßen der Gallenblasenwandung oder durch den Chole- 
dochus. Der Kreislauf der Bazillen vom Darme aus durch die Lymph- und Blut- 
wege zur Leber und Gallenblase und nach reichlicher Züchtung daselbst zurück 
zım Darme bewirkt die Bazillenausscheidung mit den Fäces. Die Bazillenträger 
vnd ohne weiteres keine Gallensteinpatienten, nur begünstigt die Anwesenheit 
des Typhusbazillus in der steinhaltigen Gallenblase das Auftreten anatomischer 
cad klinischer Infektionserscheinungen. Nach Cholecystostomie und Chole- 
sstektomie ist die Brutstätte der Typhusbazillen versiegt; indessen kann nur 
durch dauernde Drainierung des Choledochus, so daß kein Tropfen Galle in den 
Darm abfließt, Bazillenleere des Darmes zustande gebracht werden. Die Mög- 
lichkeit der praktischen Durchführung derartiger Maßnahmen bei Bazillenträgern, 
“gar die Anordnung gesetzlicher Vorschriften wird in Erwägung gezogen; gesetz- 
liche Kontrollierung aller Bazillenträger wird befürwortet. 

Zeehuisen (Utrecht). 


8. €. B. Pasley (Taiping). Two extraordinary cases of liver ab- 
scess. (Lancet 1915. Mai 22.) 
Die beiden Fälle von postdysenterischem, durch Operation geheiltem Leber- 
dszeß zeichneten sich durch den enormen Umfang der Eiterhöhle aus. 
F. Reiche (Hamburg). 


8 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


9. J. C. Hubbard and A. R. Kimpton (Boston). Gall-stones. (Annals 
of surgery 1915. Mai.) 

226 Fälle von operativ nachgewiesenen Gallensteinen aus den Jahren 1907 — 13 
dienen diesen Aufstellungen als Grundlage. Das Verhältnis zwischen männlichem 
und weiblichem Geschlecht war wie 1 : 3,3. Bei den Männern war das 5. Lebens- 
jahrzehnt am meisten ergriffen, bei den Frauen das 4.; hier zählte die älteste 
Pat. 78, die jüngste 15 Jahre. In beiden Gruppen fielen 60% zwischen 30. und 
50. Lebensjahr. In 25 von allen Fällen war Typhus anamnestisch, in 210% bei 
den Männern und 7°, bei den Frauen. Der Schmerz wurde sehr verschieden 
lokalisiert, in 88 Fällen ins rechte Hypochondrium, in 70 ins Epigastrium, seine 
Ausstrahlung variierte sehr, sie erfolgte in 46 Fällen zum Rücken und in 24 zur 
rechten Schulter. 137 obiger Pat. hatten Erbrechen, 107 Gelbsucht sehr verschie- 
denen Grades; unter diesen saßen bei 70 die Steine nur in der Gallenblase, bei 
25 im Choledochus allein oder neben anderen Gallenwegen, bei 9 im Cysticus 
allein oder neben sonstigen Steinen, so daß der Ikterus nicht mit Sicherheit auf 
die Lage der Steine schließen läßt. Unter den 25 Choledochussteinen war in 22 
Gelbsucht zugegen. Aus der übrigen Symptomatologie sei hervorgehoben, daß 
Schüttelfrost nur in 9 von obigen Fällen beobachtet wurde, stets war bei diesen 
die Gallenblase akut entzündet. In ihr war 28mal Eiter vorhanden, 23mal war 
sie geschrumpft, 54mal erweitert, je 5mal entzündet und perforiert, 4mal gangränös. 

F. Reiche (Hamburg). 


10. A. Jiräsek. Übersicht der Therapie der Cholelithiasis an der 
Klinik Kukula in den Jahren 1908—1914. (5. Kongreß tschechi- 
scher Naturforscher u. Ärzte 1914.) 

Eine absolute Indikation zur Operation geben die akute furibunde Chole- 
cystitis und das chronische Empyem, eine relative Indikation der chronische 
Hydrops, die rezidivierende Cholecystitis und die chronische Okklusion des Chole- 
dochus; der chronische Hydrops wird operiert, wenn Verdacht auf Empyem be- 
steht und dauernde Beschwerden vorhanden sind, die chronische Cholecystitis, 
wenn die interne Behandlung erfolglos blieb; bei chronischer Okklusion wird 
nicht operiert bei akuter Exazerbation des Ikterus, wobei man der internen Be- 
handlung 6 Wochen einräumt. Zur objektiven Beurteilung der Cholämie dient 
die funktionelle Diagnostik, und zwar ist die Hämosurie wertvoll, wenn sie spektro- 
skopisch oder nach Selivan ausgeführt wird und durch die Reaktion nach Bol- 
dyrev ergänzt wird; die Urobilinurie ist bei unvollständiger Okklusion wertvoll; 
sie kommt regelmäßig bei mechanischem Ikterus vor; sehr gut bewährte sich auch 
die Adrenalinämie nach Kostlivy; unbrauchbar ist die extravaskuläre Blut- 
gerinnung; die Anwesenheit von Farbstoffen im Serum hat als diagnostisches 
Hilfsmittel nicht getäuscht; zur Differentialdiagnose zwischen Magen- und Leber- 
krankheiten hat sich die von Inojemsky modifizierte Methode von Sahli als 
verläßlich erwiesen. 

Es wurden operiert: 4 Fälle von akuter furibunder Cholecystitis, 21 chronische 
Empyeme, 40 chronische Hydropse, 22 chronische Okklusionen des Choledochus, 
26 chronische Cholecystitiden und 3 Pericholecystitiden, zusammen 116 Fälle, 
und zwar wurden ausgeführt: Cholecystostomie 13mal, Cholecystektomie 73mal, 
Cholecystektomie mit Drainage des Hepaticus, eventuell Choledochus 21mal, 
Ektomie mit Plastik der Ausführungskanäle 5mal, Cholecystoduodenostomie Imal, 
Lysis adhaesionum 3mal. . 


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Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 9 


Von den Operierten starben 12 = 10,3°%,. 58 Fälle wurden bezüglich des 
Dauerresultats kontrolliert. Vollständig frei von Beschwerden waren 86,2%, 
echte Rezidive waren in 1,7%, unechte Rezidive in 10,3%, vorhanden; Hernien 
in der Narbe zeigten 1,79%. G. Mühlstein (Prag). 


11. Savini. Zur Behandlung der Cholelithiasis mit Aphloin nebst 
einigen Bemerkungen über die Vorteile der Leberuntersu- 
chung beim stehenden Patienten. (Wiener med. Wochenschrift 1915.) 

Verf. empfiehlt die Behandlung der Cholelithiasis mit Aphloin, dem Extrakt 
von Aphloia toeformis (madagasischer Tee). Verf. hat in einer Reihe von Fällen, 
unkomplizierten, wie mit dauerndem Choledochusverschluß :komplizierten, gute 

Erfolge erzielt. Ob es sich dabei. um eine steinlösende oder die Leberzelle an- 

regende Wirkung handelt, bleibt nach Ansicht des Verf.s unaufgeklärt. Verf. 

streift im Anschluß an seine therapeutischen Versuche die Frage der Entstehung 
der Gallensteine, wobei er auf den bekannten Standpunkt Chauffard’s hinweist, 
der die Steinbildung auf eine Störung des Cholesterinstoffwechsels zurückführt. 

Verf. betont auch den Wert einer cholesterinarmen Kost bei der Cholelithiäsis- 

behandlung. Außerdem befürwortet Verf. die Leberpalpation am stehenden Pat.; 

die Vorteile beruhen auf mechanischen Momenten. Feith (Nürnberg). 


12. A. Lemierre, M. Brulé, H. Garban. Les retentions biliaires 
par lésion de la cellule hépatique. (Sem. med. 1914. Juli 1.) 
ikterus ist kein Beweis für Undurchgängigkeit der Gallenwege, wie durch 

exakte anatomische Untersuchungen festgestellt ist. Verletzung der Leberzelie 
kann zu Gallenretention und Ikterus führen. Störungen der Gallenausscheidung 
ohne Ikterus kommen häufiger vor, als angenommen und klinisch festgestellt 
wird. Die fast nur durch Gallensalze bedingte Herabsetzung der Oberflächen- 
spannung des Urins findet sich auch in Fällen, wo der Urin keinen Gallenfarbstoff 
aufwies. Diese apigmentäre Cholurie war sehr häufig mit Urobilinurie verknüpft, 
was stets für eine Läsion der Leberzellen spricht. 

Klinisch und experimentell (Injektion von Hunden mit hepatotoxischem 
Kaninchenserum, das durch Injektion von Kaninchen mit Nukleoproteiden der 
Hundeleber gewonnen war) ließ sich zeigen, daß es eine Dissoziation der Galien- 
sekretion gibt, indem bald die Gallenpigmente, bald die Salze isoliert zurück- 
gehalten werden. Diese selektive Retention der Gallenbestandteile vermag nur 
eine Drüsenzelle zu bewirken. Durch systematische Untersuchungen des Blutes 
(Biiruhinspiegel, Fehlen der Hemokonien im Ultramikroskop), des Urins und der 
Faces ließ sich außer bei Leberleiden auch bei zahlreichen Infektionskrankheiten 
und Imoxikationen eine Läsion der Leberzelle nachweisen. 

Auel (Halle a.S.). 


13. Eugene L. Opie and Leland B. Alford. The influence of diet 
upon necrosis caused by hepatic and renal poisons. Part I. 
(Journ. of experim. med. 21. 1915. S. 1.) 

14. Eugene L. Opie and Leland B. Alford. The influence of diet 
upon necrosis caused by hepatic and renal poisons. Part II. 
(Ibid. S. 21.) 

Bestimmte Substanzen, nämlich Chloroform, Phosphor, chromsaures Kali, 

L’aniumnitrat, welche parenchymatöse Degenerationen in der Leber und den 


10 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


Nieren verursachen, werden in ihrer Wirkung durch die Diät sehr wesentlich be- 
einflußt. Die Gefahr der Vergiftung ist in allen Fällen geringer bei einer an Kohle- 
hydraten reichen Kost als bei einer Fleischkost. Chloroform ist wesentlich ge- 
fährlicher bei Tieren, welche eine sehr fettreiche Diät bekommen haben, als bei 
lediglich mit Fleisch ernährten Tieren. Dagegen wirkt unter den gleichen Um- 
ständen Phosphor nicht stärker. Die P-Nekrose tritt im Gegenteil am stärksten 
hervor bei Tieren, die mit Fleisch genährt wurden. In ähnlicher Weise wird die 
Nierennekrose nach Uraniumnitrat durch Fettfütterung verstärkt, diejenige durch 
chromsaures Kali dagegen nicht. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


15. William G. Spiller. Severe jaundice in the newborn child, a 
cause of spastic cerebral diplegia. (Amer. journ. med. sciences 
1915. Nr. 3.) 

S. hat vier Fälle von schwerem Ikterus bei Neugeborenen beobachtet, bei 
denen sich später die Zeichen einer spastischen zerebralen Diplegie und mangel- 
hafte intellektuelle Entwicklung einstellten. Es ist bekannt, daß durch Cholämie 
ein hämorrhagischer Zustand geschaffen werden kann, der zuweilen auch zu 
Blutungen ins Gehirn führt. In einem von Pitfield beobachteten Falle wurden 
bei der Nekroskopie subdurale Blutungen, bei einem anderen später trepanierten 
Falle Verwachsungen zwischen Dura und Cerebellum gefunden. Bei einem weiteren 
Kind, das wenige Stunden post partum anfing ikterisch zu werden, konnte der 
Prozeß durch eine Bluttransfusion zum Stillstand gebracht werden; diese drei 
Fälle betrafen Geschwister. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


16. W. F. Wassink. Halbseitige Leberentartung infolge der Zwei- 
teilung des Blutes der Pfortader. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. I. S. 2145—68.) 

In einer Reihe von Sektionsbefunden wurden zwei Formen halbseitiger Leber- 
affektion festgestellt, und zwar eine degenerative, hauptsächlich die lateralen 
Partien des rechten Leberlappens betreffende bei Bauchfell- und Darmentzündung 
(Appendix, Col. asc. und transv., Dünndarm) auftretende und eine atrophische 
Form des linken Leberlappens bei Thrombose der linken Pfortaderäste. Letztere 
ist den von Frerichs, Zahn und Steenhuis (Groningen 1911) publizierten Ar- 
beiten teilweise zu entnehmen, erstere ist bisher unbekannt. In sieben Fällen 
ietzterer Ordnung wurden bei der Leicheneröffnung trübe Schwellung der lateralen 
Teile des rechten Leberlappens vorgefunden, während die übrigen Leberabschnitte 
nur die Erscheinungen mäßiger Stauung darboten. Diese halbseitige Schädigung 
der Leberzellen war, wie von Verf. erwiesen wurde, durch das Hineinströmen 
giftigen Blutes in den rechten Hauptast der Pfortader ausgelöst. Aus diesen Fällen, 
welche durch an Hunden und Katzen angestellte Tinteninjektionen belegt und 
durch Tafeln illustriert werden, ergibt sich mit Wahrscheinlichkeit der Schluß, 
daß auch normaliter ein doppelter Blutstrom im Pfortadersystem existiert, und 
zwar derartig, daß das Blut aus dem Dünndarm und aufsteigenden Dickdarm usw. 
hauptsächlich den rechten Leberlappen durchströmen soll. 

Zeehuisen (Utrecht). 


17. W. Harmeus (Addlestone). A case of acholuric jaundice. 
(Lancet 1915. April 10.) 

H. ließ bei einer 27jährigen Frau mit acholurischem Ikterus, die anscheinend 

mütterlicherseits belastet war und bei der ein Milztumor seit 16 Jahren, die attacken- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 11 


weise sich zeigende Gelbsucht 1?/, Jahre zuvor aufgetreten war, wegen dauernder 
Schmerzen in der Milzgegend mit anfallsweisen Verstärkungen zur Zeit der Ikterus- 
attacken die Splenektomie vornehmen; der Erfolg war ein sehr guter. Die vorher 
wie bei kongenitalen Cholämien stark erhöhte Fragilität der roten Blutzellen war 
nachher viel weniger ausgesprochen. F. Reiche (Hamburg). 


18. Th. Lukes. Gelbe Leberatrophie. (5. Kongreß tschechischer Natur- 
forscher u. Ärzte 1914.) 


Der Autor berichtet über drei Fälle von gelber Leberatrophie, von denen zwei 
eine 3monatige und einer eine 2monatige Dauer hatte. Ätiologisch kommen bei 
allen Fällen dyspeptische Beschwerden und bei einem Falle Gravidität in Betracht. 
Der bakteriologische Befund war bei allen Fällen negativ. Bei einem Falle wurde 
die Wassermann’sche Reaktion gemacht; dieselbe war aus dem postmortalen 
Blut der Mutter negativ, aus dem Blute der Frucht und aus dem Fruchtwasser 
ebenfalls negativ. G. Mühlstein (Prag). 


19. Halbey (Kiel-Wik). Zur Klinik der akuten gelben Leber- 


atrophie mit Berücksichtigung der Ätiologie. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 21.) 


Es kann, wenn auch außerordentlich selten, eine akute gelbe Leberatrophie 
ein sogar tödliches Ereignis sein, das dem Salvarsan zur Last gelegt werden muß, 
sei es durch reichlich große Gaben des Mittels, sei es bedingt durch die individuelle 
körperliche Disposition des Luetikers. Der Wert der Salvarsanbehandlungen wird 
aber durch diese vereinzelten unglücklichen Todesfälle in keiner Weise erschüttert. 
Soll die Salvarsantherapie Hervorragendes leisten, so ist ein übertriebener Opti- 
mismus ebenso falsch und verfehlt, wie ein ebensolcher Pessimismus der auf Grund 
weniger unglücklich verlaufender Fälle die ganze Therapie über den Haufen wirft 
und ihren unbestrittenen Wert herabsetzt. Reckzeh (Berlin). 


20. B. C. P. Jansen. Die Funktion der Leber bei der Bildung des 

Harnstoffs aus Aminosäuren. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 

1. S. 1588—9. Vortrag d. biol. Abteilung d. Niederl. Natur- u. Heilkunde- 

kongresses.) 

Im Gegensatz zu den von Fiske und Raamer erhobenen negativen Ergeb- 
nissen gelang Verf. mit Hilfe des Mandel-Embden’schen Durchströmungs- 
apparates bei Hunden- und Katzenlebern konstant die Gewinnung erheblicher 
Harnstoffmengen aus den zahlreichen verwendeten Aminosäuren, und zwar in 
mehreren Versuchen stündlich bis 0,5g. Der Harnstoffgehalt wurde mittels des 
Ureaseverfahrens festgestellt. Zeehuisen (Utrecht). 


21. Bendig (Stuttgart). Akute gelbe Leberatrophie bei Syphilis. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Es handelt sich um eine Gravida im 9. Monat, die wegen Primäraffekt eine 
gemischte (Hg- und Salvarsan-) Kur durchmacht, die ersten beiden Salvarsan- 
injektionen gut verträgt, nach der dritten etwas Erbrechen hat. 2 Tage später 
Mattigkeit, psychische Veränderung mit schnell steigender Unruhe, Konvulsionen 
und Tod nach weiteren 48 Stunden. Reckzeh (Berlin). 


12 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


22. J. Lukes. Gelbe Leberatrophie. (Casopis lekaruv ceskych 1915. 
Nr. 29—32.) 

Auf Grund von drei Fällen kann geschlossen werden, daß es aus nicht ganz 
klarer Ursache zu einer akuten Degeneration in der Leber kam, die Parenchym- 
schwund zur Folge hatte. In allen Fällen gingen dyspeptische Beschwerden voran, 
in einem Falle bestand Gravidität. Zwei Fälle verliefen akut, obwohl sich bei 
einem derselben die dyspeptischen Beschwerden schon seit !/, Jahre in Attacken 
wiederholten; der dritte Fall verlief subakut. 

Das Bindegewebe war beim raschen Verlauf nicht vermehrt; es überwog nur 
scheinbar infolge des Gewebskollapses. Dagegen bestand nach längerer Dauer 
der Krankheit eine deutliche Proliferation der Bindegewebselemente und der 
Gefäße, so daß manche Stellen den Eindruck der Cirrhose erweckten. 

Die Regeneration geht in den chronischen Fällen von beiderlei Elementen aus, 
die Leberzellen entstehen ganz sicher aus den Epithelien der Ausführungsgänge 
und aus alten Leberzellen. Die Gallenausführungsgänge und Pseudokanälchen 
entstehen zum größten Teil aus alten Gallengängen; doch läßt sich auch die Ent- 
stehung der Gallengänge aus Leberzellen nicht bestreiten, denn manche Gänge 
bestehen durchweg aus Zellen, die mit Leberzellen mehr oder weniger identisch 
sind und mit diesen auch zusammenhängen. Offenbar handelt es sich da um cine 
Funktionsänderung ohne Differenzierung der Zellform. 

Bei akutem Verlaufe ist die Regeneration gering; hier sind meist die Pseudo- 
kanälchen und neu gebildeten Gallengänge vermehrt, die aus dem portalen Binde- 
gewebe in die destruierten Läppchen wachsen und dort weiter proliferieren, wobei 
sie Form und Funktion der Zellen ändern. 

Versuche der Autoren ergaben bis jetzt das Resultat, daß die nicht fixierten 
Leberzellen in Galle leichter zerfallen als in physiologischer Lösung oder in Blut- 
serum und daß die degenerierte Leber zur Autolyse disponierter ist. 

| i G. Müh!stcin (Prag). 
23. Perthes (Tübingen). Beitrag zur Prognose und Behandlung 

der Bauchschüsse im Kriege. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 

Nr. 13. Feldärztl. Beilage.) 

Es starben durchschnittlich 42°% der der Sanitätskompagnie zugegangenen 
Bauchschüsse noch auf dem Hauptverbandplatze. Von den den Feldlazaretten 
zugegangenen und konservativ behandelten Fällen wurden lebend an die Kriegs- 
lazarette oder an einen Lazarettzug abgegeben 44°,. Es starben in den Feidlaza- 
retten 56°, der ihnen zugepangenen Fälle. Von rund 100 (genau von 97) Fällen 
von Bauchhöhlenschuß erlebten nur 21 die Entlassung aus dem Feldlazäarett. 
Von den 21 das Feldlazarett überlebenden Fällen handelt es sich aber bei Il um 
Bauchhöhlenschuß ohne Organverletzung, und nur bei 7 bestand wahrscheinlich 
eine Verletzung des Magens oder Darmes. Reckzeh (Berlin). 

24. Perthes. Beitrag zur Prognose und Behandlung der Bauch- 
schüsse im Kriege. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 1-1. 
Feldärztl. Beilage.) 

Bei der großen Mehrzahl der tüdlich verlaufenden Fälle erfolgt der Tod inner- 
halb der ersten 3 Tage. Die Operation ist angezeigt, wenn der Verletzte 1) inner- 
halb der ersten 12 Stunden post trauma zur Operation kommt, 2) wenn deutliche 
Symptome der Verletzung eines Bauchorgans vorliegen, 3) wenn der Allgemein- 





Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 13 


zustand nicht so ungünstig ist, daß wahrscheinlich irreparable Verletzungen vor- 
handen sind, Reckzeh (Berlin). 


25. Böhler. Zwei Bauchschüsse mit extraperitonealer Darmver- 

letzung. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 23.) 

Die Verletzung konnte nur dadurch zustande kommen, daß die Kugel den 
Bauchraum durcheilte, ohne eine Darmschlinge zu verletzen. Die lebendige Kraft 
er Kugel teilte sich den Darmschlingen mit, so daß eine davon hinter dem Geschoß 
durch die enge Peritonealöffnung förmlich vorgeschleudert wurde und dies mit 
solcher Gewalt, daß ein Schenkel abriß, und zwar in beiden Fällen der abführende. 
Dadurch, daß der zuführende Schenkel unter die Bauchhaut mündete, sind Darm- 
gase unter Druck ins Unterhautzellgewebe gelangt und haben dort ein jauchiges 
Emphysem erzeugt. Reckzeh (Berlin) 


26. Basl. Kasuistischer Beitrag zur operativen Behandlung der 
Bauchschüsse im Kriege. (Münch. med. Wochenschr. 1915. Nr. 37.) 
Die operative Behandlung der Bauchschüsse ist unter der Voraussetzung 
beiriedigender Verhältnisse in bezug auf die Einrichtung eines Operationszimmers 
und unter der Voraussetzung fachärztlicher Vorbildung des Operateurs und chirur- 
gischer Schulung des Personales bei nicht völlig hoffnungslosen Fällen auch noch 
später als nach 12 Stunden dringend angezeigt, weil unter diesen Verhältnissen 
die Operation der Bauchschüsse zu den »lebensrettenden Operationen« gerechnet 
werden muB. Reckzeh (Berlin). 


27. Kraske. Über Bauchschußverletzungen. (Münchener med. Wo- 
chenschrift 1915. Nr. 39.) 

Von den 39 Verletzten sind 19 gestorben und 20, also 51,3%, geheilt, d. h. 
mit vollkommen vernarbten oder gut granulierenden Wunden und mit normal 
funktionierendem Darme aus dem Feldlazarett abtransportiert. Alles kommt darauf 
an, daß die Verwundeten so früh wie irgend möglich der Operation zugeführt 
werden. Reckzeh (Berlin). 


23. Meyer (Heidelberg). Die Behandlung der Bauchschußver- 
letzungen im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 
Später als 11/, Tage nach der Verletzung zu operieren ist bei Bauchschüssen 

nit schweren Erscheinungen zwecklos, bei Fehlen von schweren Erscheinungen 

digegen ein Fehler, Reckzeh (Berlin). 


29. Matyas. Über Bauchschüsse. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 39.) 

Jede penetrierende Bauchschußverletzung ist zu operieren, und es ist für die 
Lösung der ganzen Frage von größter Wichtigkeit, in solch schweren Fällen sobald 
als möglich zu entscheiden, ob der Darm mitverletzt ist oder nicht. 

| Reckzeh (Berlin). 
30. B. Stiller (Budapest). Die Pathologie des Appetits. (Archiv f. 
Verdauungskrankheiten Bd. XXI. Hft. 1. S. 23—34.) 

Verf. analysiert die »spezifische Sensibilität« des Magens, die wir Hunger und 

Appetit nennen. Hunger drückt das Gefühl des Nahrungsbedürfnisses im allge- 


14 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


meinen aus, während Appetit der auf bestimmte Nahrungsmittel eingestellte 
Hunger ist. In physiologischen, noch mehr aber in pathologischen Zuständen ist 
es möglich, Hunger ohne Appetit zu empfinden, nicht umgekehrt Appetit ohne 
Hunger. Die einzelnen Qualitäten der krankhaft veränderten Sensibilität des 
Magens teilt Verf. ein in Anorexie, Hyperorexie und Parorexie.. Während der 
Appetit den physiologischen Pol der Nausea darstellt, steht die Nausea oder der 
Ekel am oberen Endpole der Anorexie. Nach Ansicht des Verf.s ist die Nausea 
ein Gefühl derart, daß die Schlundmuskeln in antiperistaltischer Richtung inner- 
viert werden, ohne bis zur Kontraktion zu kommen; wird diese Innervation in 
Muskelaktion umgesetzt, dann entsteht der Brechreiz. Nach Ferrier’s Ver- 
mutung ist am Hinterhauptslappen ein Rindenfeld für die Gemeingefühle, auch 
für den Hunger, vorhanden. Voit nimmt ein Zentralorgan in gleicher Weise für 
den Durst an. ` F. W. Strauch (Halle a. S.). 


31. Gruber. Kriegsbereitschaft des Ernährungswesens und Bier- 
erzeugung. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 10.) 
Groß wäre der Gewinn an Nährstoffen, wenn man die jetzt der Biergewinnung 
dienenden Bodenflächen zum Anbau einer ertragreichen Feldfrucht verwenden 
würde, vor allem der Kartoffel. Reckzeh (Berlin). 


32. Falta. Krankenernährung während des Krieges. (Wiener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 

F. bespricht die für Volks- und Krankenernährung in der jetzigen Zeit maß- 
gebenden Gesichtspunkte. Die Gestaltung der Volksernährung stößt zurzeit 
naturgemäß auf mancherlei Schwierigkeiten, die jedoch durch praktische Maß- 
nahmen ausgeglichen werden können. Von der sicheren Organisation der Volks- 
ernährung hängt auch die Möglichkeit ab, unsere Kranken zweckmäßig zu er- 
nähren. Die Grundzüge einer solchen Versorgung erörtert F. an der Hand der 
einzelnen wichtigen Nahrungsmittelgruppen, wobei er zuerst auf die Volksernährung 
zu sprechen kommt. Wichtig ist vor allem den nötigen Eiweißbedarf (70 g pro 
Tag) zu decken. Wo Fleisch fehlt, soll Fisch an die Stelle treten, eventuell in Form 
der Fischdauerware. Es soll die Magermilch zur Bereitung von Quark verwendet 
werden, ebenso empfiehlt F. die vermehrte Heranziehung des vegetabilischen 
Eiweißes, wie Hülsenfrüchte in gut verkochtem Zustand. Ebenso die Benutzung 
der eiweißreichen Nährhefe für Suppen usw. Infolge der Beschränkung der Fette 
soll mehr Speiseöl benutzt werden. Nach alledem kommt den Kohlehydraten 
die größte Bedeutung der Volksernährung zu, in ihrer Eigenschaft als besserer 
Eiweißsparer wie die Fette. Besonders der Zucker soll reichlich zur Ernährung 
ausgenutzt werden, speziell bei der Truppe. Für die Krankenernährung 
kommt, was die Versorgung mit Eiweißstoffen betrifft, in Betracht, 1) reich- 
l:che Bereitstellung von Milch, eventuell in Form der Trockenmilch oder kon- 
densierter Alpenmilch. Von der Verwendung von Milcheiweißpräparaten und 
sonstigen Eiweißnährpräparaten sieht F. ab infolge des geringen Eiweißgehalts 
derselben gegenüber dem hohen Preis. 2) Infolge der hohen Eierpreise muB man, 
um das unentbehrliche Nahrungsmittel zu ersetzen, zu Eikonserven (Ovulin) 
eventuell greifen. 3) Betreff der Fleischfrage will F. mit dem alten Vorurteil 
brechen, daß dem Kranken möglichst viel weißes Fleisch gereicht werden soll. 
Extraktivstoffe hat letzteres ebenso viel wie schwarzes Fleisch, das entsprechend 
. zubereitet (haschiertes Filet) gut vertragen wird. Man verwende auch frische 
Fische in passender Form. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 15 


Um ein praktisches Beispiel zu geben, streift F. die Diabetesbehandlung, 
er bevorzugt zum Beispiel eine nicht eiweißreiche Kost. Er hält für den Kranken 
ausreichend täglich ca. 250 g Fleisch, 3—4 Eier und ca. 50—80 g Käse. An Stelle 
von Butter und Speck treten Speiseöle.. Außerdem sollen grüne Gemüse, Obst 
reichlich genossen werden, die zurzeit leicht zu haben sind. Als Brot kommen 
Luft-, Lithon-, Mandelbrot (alle sehr kohlehydratarm) in Betracht, da mit Kleber 
und Alleuronatmehl sehr gespart werden muß. Die Kohlehydratversorgung der 
Kranken begegnet manchen Schwierigkeiten infolge der hierzu oft ganz unent- 
behrlichen Produkte wie Gries, Reis, Hafer, Weizenmehl, die schwer zu haben sind, 
speziell für die ärmeren Klassen. F. hofft, daß zur neuen Ernte zweckmäßige 
Maßregeln getroffen werden, die die Verhältnisse leichter gestalten. Schließlich 
betont F. auch bei der Krankenernährung vom Zucker reichlich Gebrauch zu 
machen, wie z. B. bei Ulcuskranken Traubenzucker-Tropfklistiere sehr vorteilhaft 
sich erweisen. Mastkuren sollen nur dort, wo sie ganz dringend sind, ausgeführt 
werden; Entfettungskuren bereiten weniger Schwierigkeiten. Die Anregungen 
F.'s sind für die Praxis gewiß sehr wertvoll. Feith (Nürnberg). 


33. R. Ehrmann. Zur Ernährung während des Krieges. (Zeitschr. 
f. physik. u. diätet. Therapie Bd. XIX. Hft. 3.) 

Der gesunde Erwachsene hat je nach Körpergröße und körperlicher Betätigung 
2500-3000 Nähreinheiten notwendig. Aus dem Gehalt der Nahrungsmittel an 
Fett, Stärke (Zucker) und Eiweiß kann man leicht berechnen, ob wir diese Zahl 
stark überschreiten. Die für den Körper notwendigen Salze, Wasser, sowie das 
Mindestmaß an Eiweiß sind in fast allen Variationen unserer Ernährung in der 
nötigen Weise vorhanden, so daß Zahlen überflüssig sind. Der Bedarf an Nahrung 
wird nicht selten überschritten (zuviel Fleisch und Fette), auch nährstoffreie 
Substanzen werden häufig in zu großer und schädigender Menge verabreicht (zu- 
viel Flüssigkeit, Gewürze, Kochsalz usw.). Für die richtige Verwertung und 
Ausnutzung der Nahrung ist nicht nur ihr Gehalt an Nährstoffen, sondern auch 
ihre richtige Vorbereitung für die Verdauung (Kochen, Quellen, Kauen) sehr 
wesentlich. Ebenso ist die reichliche Absonderung der Verdauungssäfte (Appetit) 
und ihre innige Durchmischung und Knetung mit den Speisen im Magen und 
Dünndarm für eine gute Ausnutzung und richtige Verwertung der aufgenommenen 
Nahrung außerordentlich wichtig. Abgesehen vom Gehalt an Eiweiß, Fett und 
Stärke bzw. Zucker, von der Möglichkeit, durch die Verdauungssäfte aufgelöst zu 
werden und von einer normalen Funktion des Verdauungsapparates selbst gibt 
es keine Gesichtspunkte, die für den Nährwert eines Nahrungsmittels in Betracht 
kommen. Es gibt daher auch keine besonders kräftigenden Speisen, deren Wesen 
in irgendeiner anderen Beschaffenheit zu suchen ist. Leichte und schwere Verdau- 
lichkeit hängen von der Art und der Zubereitung der Nahrung ab, sowie von der 
mehr oder minder großen Möglichkeit, durch die Verdauungssäfte schnell und voll- 
ständig gespalten zu werden. Aus der leichteren oder schwereren Verdaulichkeit 
ergibt sich auch größtenteils die sog. Bekömmlichkeit, die allerdings auch bei 
ganz gesunden Individuen nicht selten etwas verschieden ist. 

Verf. empfiehlt die Verstaatlichung der gesamten Volkserhaltungsmittel. 
Durch genaueste Aufnahme der Vorräte unter Sicherstellung alles dessen, was zur 
Wiedererzeugung der verschiedenen Nahrungsmittel nötig ist, kann, wenn auch 
n:cht das Maximum, so doch das Minimum dessen festgestellt werden, was dem 
einzeinen unbedenklich zugebilligt werden kann. Und dann wird jeder einzelne 
auch zeigen, wie er seine Ernährung im Kriege zu gestalten hat. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


16 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 1. 


34. Rosenfeld (Breslau). Krieg und Ernährung. (Berliner klin. Wo- 
chenschrift 1915. Nr. 13.) 

Es gilt zunächst als Grundgesetz: »Nichts vergeuden« und »nicht über den 
Bedarf essen!« Jetzt heißt es, gerade mit dem Brote sparsam zu sein, damit das 
Brotkorn bis zur nächsten Ernte und darüber ausreicht. Eine weitere Aufgabe 
ist, mit dem Fett zu sparen. Das Sparen geschieht, indem wir das Fett ersetzen 
- durch Pflaumenmuß, Sirup, Honig, Marmeladen oder durch Quark (mit Salz oder 
Zucker abgeschmeckt), durch Streichen des Brotes mit weicher Wurst. Das 
Sparen mit Fleisch ist eine einfach zu befolgende Vorschrift. Man genieße jeden- 
falls nur einmal am Tage Fleisch. | Reckzeh (Berlin). 


35. Hirschfeld (Berlin). Der Eiweißbedarf des Menschen. (Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 11.) | | 
Der Eiweißbedarf eines kräftigen Mannes von 70 kg ist auf etwa 40 g Gesamt- 
eiweiß täglich zu veranschlagen, wobei durch Verbrennung von Eiweiß im Orga- 
nismus etwa 6°, der gesamten Wärmemenge gedeckt werden. Die Festsetzung 
von 70 bis 80 g verdaulichem Eiweiß, entsprechend 80 bis 100 g Gesamteiweiß, 
als notwendige Eiweißnorm, ist nicht gerechtfertigt, auch wenn bisher selbst bei 
Arbeitern, die unter den bescheidensten Verhältnissen lebten, nicht unter 70g 
verdaulichem Eiweiß gefunden wurden, weil gegenwärtig bei der reichlicheren Ver- 
wendung von Kartoffeln und der geringeren von Fleisch der Eiweißumsatz sich 
voraussichtlich in weiteren Kreisen noch etwas geringer stellen wird. Von physio- 
logischer Seite ist der Anbau von Kartoffeln, Hackfrüchten und Zuckerrüben als 
möglichst wünschenswert zu bezeichnen, der von Hülsenfrüchten dagegen nur 
insoweit, als die Erfahrung ihre Unentbehrlichkeit für die Konservenfabrikation 
ergibt. Reckzeh (Berlin). 


36. Gigon (Basel). Bemerkungen über die Kost der Arbeiter. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 
Wichtig ist weniger die quantitative (Gesamtstoffbedarf, Gesamtgewicht) 
als die qualitative Zusammensetzung der Kost. Reckzeh (Berlin). 


37. Salkowski (Berlin). Über die Deckung des Eiweißbedarfs 
im Kriege. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 

Die größere Morbidität und geringere Lebensdauer der ärmeren Bevölke- 
rung u. a. hängt auch von einer zu geringen Zufuhr des teuren Eiweißes ab. Die 
Quellen des Eiweißes für die ärmere Bevölkerung sind, abgesehen vom Fleisch 
und den Kartoffeln, die Aufnahme des Eiweißes im Brot, ferner Magermilch und 
Magerkäse, Heringe. Relativ billiges Eiweiß ist in den Hülsenfrüchten vorhanden. 
Ein gutes Fleischersatzmittel ist schließlich das Blut der geschlachteten Tiere und 
die daraus herstellbaren, für die menschliche Ernährung geeigneten Produkte. 

Reckzeh (Berlin). 


A, 
Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 

an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 

Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Tentralblatt für innere Medizin 


herausgegeben von 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Würzburg, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


in Verbindung mit PROF. DR. G. GRUND u. DR. H. v. HOESSLIN redigiert von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 2, Sonnabend, den 15. Januar 1916. 











Inhalt. 


Referate: 1. Hochhaus, 2. Hofmeister, 83. Salkowskli, 4. v. Noorden, 5. Decker, 6. Raab, 
7.v.d, Heide, 8. Howard, 9. Fehsenfeld, 10. Strauch, 11. Ladd, 12. Glüeksmann, 18. Grumme, 
14. Korn und Müller, 15. Hindhede, 16. Gellnsky, 17. Goldschmidt, 18. Street, 19. Ewald, 
2. Oeder, 21.—324. Sternberg, 25. Gosio, 26. Cencelli, 27. McDonald, 28. Bianchi, 39. Dörl, 
%. Rubinato, 31. Funk, 33. Nieolaldi, 88. Volpino, 34. Fraser u. Stanton, Ernährungstherapie. 

3. Mayerhofer, 36. Raudnitz, Impfung. — 87. Schmidt, 88. Proescher, 89. Knoepfelmacher, 
40. Epstein, 41. Walko, 42. Kyrle u. Morawetz, Variola. — 48. Reiche, 44. Levinson, 45. How- 
lett, 46. Seidel, Diphtherie. — 47. Kren, 48. Koller, Erysipel. — 49. Herrmann, Masern. — 
%0. Birsehfelder und Schlutz, 51. Reiss und Hertz, Scharlach. — 52. Mühlens, Hegeler und 
Canaan, 53. Levy, 5t. v. Korezynski, Rückfallfieber. — 55. Dreyer, Walker und Gibson, 
56. Christer-Nilsson, 57. Como, 58. Sehmidt, 59. Stein, 60. Gans, Typhus. 





Referate. 


1. Hochhaus (Köln). Die Kriegsernährung des Gesunden und 

Kranken. (Zentralblatt f. allgem. Gesundheitspflege 1915. 33. Jahrg. 

Nr. 10—12.) 

Verf. führt aus, daß auch unter den jetzigen Ernährungsbedingungen Gesund- 
heit und Kraft unseres Volkes keinen Schaden leiden werden; im Gegenteil, die 
Änderungen, zu welchen uns die Verhältnisse zwingen, eine größere Inanspruch- 
nahme der Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreich, bedeuten nur eine Besserung 
unserer gesundheitlichen Lebensbedingungen. 

Unser Volk war in Gefahr, durch die steigende Eiweißfleischnahrung in eine 
einseitige Ernährung zu verfallen, das sicher auf die Dauer von Nachteil für die 
Gesundheit geworden wäre. 

Dabei dürfte es als ein großer Kriegsgewinn noch zu betrachten sein, daß 
jetzt weitere Schichten unsereres Bevölkerung durch die Not gezwungen sind, 
sich selbst mehr mit den Grundiehren einer gesunden Ernährung zu beschäftigen 
und dadurch Kenntnisse zu erwerben, die es später vor einer schädlichen Richtung 
in seiner ganzen Lebensweise schützen werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


2 Hofmeister (Straßburg i. E.). Über die Verwendung von 
Schlachtblur zur menschlichen Ernährung. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 33 u. 34.) 

Es liegt kein Grund vor, den Nährwert des Blutes wegen schlechterer Aus- 
autzung erheblich niedriger als den Nährwert des Fleisches einzuschätzen. Es 


2 


18 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


bestehen mehrfache Möglichkeiten, das Schlachtblut für die menschliche Er- 
nährung auszunutzen: als Blutwurst, als Blutspeisemehl, entfärbtes Biuteiweiß 
und Trockenserum in haltbarer Form. In zweiter Reihe käme die Verwendung 
des Blutes für Tierfütterung in Betracht. In dritter Reihe stünde die technische 
Verwendung, in letzter Reihe, wenn eine andere Verwendung nicht möglich ist, 
wäre an Verwertung als Dünger zu denken. Reckzeh (Berlin). 


3. Salkowski (Berlin). Über die Verwendung des Blutes der 
Schlachttiere als Nahrungsmittel. (Berliner klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 23.) 

Man muß, wenn man auf allgemeinere Anwendung rechnen will, dem Blut 
die flüssige Form nehmen, und die feste Form muß eine solche äußere Beschaffen- 
heit haben, daß sie möglichst wenig an Blut erinnert. Sie darf aber andererseits 
auch nicht durch schwarze oder zu dunkle Farbe abstoßend wirken. Will man 
das Blut in fester Form in den allgemeinen Verkehr bringen, ohne es in ein trockenes 
Pulver umzuwandeln, so bleibt nur die Gerinnung des Blutes in toto unter Zusatz 
eines Antiseptikums übrig, das vor dem Gebrauch zu entfernen ist. 

Reckzeh (Berlin). 


4. v. Noorden (Frankfurt a. M.). Über Verdauungsbeschwerden 
nach dem Genuß von Kriegsbrot und ihre Behandlung, 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 14.) 

Durchfälle trugen den Charakter der sogenannten Gärungsdyspepsie, mit 
Kohlehydratnachgärung im Kote. Sie stellten sich bei gewohnheitsmäßig starken 
Weißbrotessern ein, die nach Einführung des Kriegsbrotes dazu übergingen, sehr 
große Mengen desselben zu verzehren. Nach Einschränkung der Brotmenge und 
nach Angewöhnung guten Kauens sind diese Durchfälle wieder völlig verschwunden. 
In einigen Fällen konnte nachgewiesen werden, daß die Azidität des Magenchymus 
um 20—30% höher lag, als nach dem Genuß von Kriegsweißbrot. Gewöhnung 
erscheint schwierig; eslohnt sich nicht, solche abzuwarten, da nach einigen kleinen 
Gaben von Natrium bicarbonicum der Übergang zum Kriegsweißbrot die Hyper- 
aziditätsbeschwerden wieder völlig verschwinden ließ. Sorgfältige Erhebungen 
lehrten, daß fast ausschließlich solche Leute am Tympanie litten, die früher nur 
oder fast nur feines Weizenbrot aßen. Es genügt, 2—4 Blutkohlekompretten 
jeder Brotmahlzeit folgen zu lassen, um der lästigen Gasspannung des Bauches 
vorzubeugen. Verstopfung entwickelt sich auf Grund des Genusses von Kriegs- 
roggenbrot sehr selten. Reckzeh (Berlin). 


5. Decker (München). Die Verdaulichkeit der Kriegsbrote. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 21.) 

Die Untersuchungen ergaben, daß — aber auch nur dadurch, daß das Roggen- 
brot in zu frischem Zustand genossen und ungenügend gekaut wurde — eine vor- 
handene Hyperazidität, wahrscheinlich durch das mechanische Moment der Irri- 
tation, in manchen Fällen verstärkt wurde. Die strikte Befolgung der Anordnung 
und die gleichzeitige Verordnung von Alkalien werden auch diese Beschwerden zum 
Verschwinden bringen. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 19 


6. Raab (München). Zur Frage des Brotersatzes. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 

Man schält Kartoffeln, schneidet sie in zwei, je nachdem auch in drei Stücke, 
wäscht sie und bäckt im heißen Rohr, so daß die Scheiben außen etwas geröstet 
erscheinen, ohne jedoch zu hart zu werden. Die Speise schmeckt warm und 
kalt gut. Reckzeh (Berlin). 


7. v. d. Heide. Über die Verdaulichkeit der Pilze. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 23.) i 
Es zeigte sich, daß das Vermahlen der Pilze so wenig Einfluß auf den Stoff- 
wechsel hat, daß weder an der Stickstoffausscheidung im Harn, noch an der im 
Kot sich in der Pilzmehlperiode irgend etwas gegenüber der mit Zufuhr des nur 
zerkleinerten Pilzmaterials änderte. Die Resorption war im allgemeinen eine 
mangelhafte. Reckzeh (Berlin). 


8. H. C. Howard (London). The therapeutic value of the potato. 

(Lancet 1914. April 11.) 

H. sah in vielen Fällen prompte Erleichterung von akuten und subakuten 
Schmerzen und rasche Rückbildung synovitischer Ergüsse durch den kein Alkaloid, 
sondern vorwiegend Kalisalze enthaltenden Saft der rohen Kartoffeln; es wurde 
mittels hydraulischer Presse gewonnen, durch Hitze auf !/, eingedickt und Gly- 
zerin zur Konservierung zugefügt. Die Salbe wurde mit Fett, das Liniment mit 
Lin. saponis comp. hergestellt, zu heißen Fomentationen wird auf das 3—4fache 
mit kochendem Wasser verdünnt. F. Reiche (Hamburg). 


9. Fehsenfeld (Neuruppin). Die alkoholfreien Ersatzgetränke 
vom Standpunkte der Öffentlichen Gesundheitspflege. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 17.) 

Die Konservierung alkoholfreier Ersatzgetränke durch Zusetzen chemischer 

Konservierungsmittel ist abzulehnen. Der Kampf gegen den Mißbrauch geistiger 

Getränke muß mit aller Energie geführt werden. Reckzeh (Berlin). 


I0. Friedrich Wilhelm Strauch. Fein zerteilte Pflanzennahrung 
in ihrer Bedeutung für den Stoffhaushalt. Zugleich als Bei- 
trag zur Lehre von der Zelluloseverdauung. (Zeitschrift f. exp. 
Pathologie u. Therapie Bd. XIV. Hft. 3. 1913.) 

Die von Friedenthal eingeführten Gemüsepulver besitzen hohen Wert für 
Ernährungszwecke. Der Verf. konnte in exakten Versuchen, in einem Falle an 
einem I4tägigen Stoffwechselversuch, zeigen, daß Bohnenpulver doppelt so gut 
ausgenutzt wird wie frisches Bohnengemüse. Das Gemüsepulver kann noch in 
M.ngen von 300 g Bohnenpulver ohne Beschwerden genommen werden; das sind 
Quantitäten, die, auf frische Gemüse bezogen, vom Menschen in 24 Stunden nicht 
Stwältigt werden können. Dabei treten keinerlei Störungen von seiten des Magen- 
und Darmtraktus auf, insbesondere auch keine starke Gasbildung. In den Stoff- 
wechselversuchen kam es in der Bonenpulverperiode zu deutlich positiver Stick- 
"uffbilanz im Vergleich sowohl zu einer gemüsefreien Vorperiode als auch zu Ver- 
eltichstagen, bei denen frisches Bohnengemüse gereicht wurde. Gleichzeitig wurden 
durch viele Tage hindurch Zelluloseausnutzungsversuche angestellt, welche er- 


2% 


20 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


gaben, daß die Zellulose des Gemüsepulvers dreimal so gut ausgenutzt wird wie 
die des frischen Gemüses. Die absolute Reizlosigkeit des Gemüsepulvers zeigte sich 
bei ihrer Verabreichung bei Typhus, Enteritis, Gärungsdyspepsie, Ulcus ventriculi 
und spastischer Obstipation. Lohrisch (Chemnitz). 


11. Maynard Ladd. Homogenized milk: its possible application 
to infant feeding. (Boston med. surg. journ. 1915. Juli.) 

Kleinen Kindern, die Intoleranz gegen die Fette der Kuhmilch zeigen, wird 
mit großem Vorteil ein homogenisiertes Gemisch verabreicht, das aus abge- 
rahmter Milch, Olivenöl und einem Malzpräparat besteht. Auch andere Kom- 
binationen, z. B. Olivenöl mit ausgefälltem Kasein oder mit fettfreier saurer Milch, 
sind möglich und nützlich. Alle diese Gemische schmecken gut und sind leicht 
assimilierbar. An Stelle des Olivenöls kann auch Lebertran, Bananenöl oder Öl 
der Sojabohne treten. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


12. E. Glücksmann. Der therapeutische Wert der Molke. (Casopis 
lekaruv ceskych 1915. Nr. 7.) 

Die Molke ist ein gutes Expektorans bei mangelhafter Expektoration jeder 
Art, besonders wenn sie mit der gleichen Menge eines warmen alkalischen Säuer- 
lings gemengt wird. Wenn sie mit Lab aus einem Kalbsmagen angerichtet und 
nicht abgekocht wird, so daß sie alle Fermente enthält, eignet sie sich als gutes 
Transformans bei bazillären Darmkatarrhen (analog dem Joghurt). Die Molke 
hat auch einen günstigen Einfluß auf die gichtische Diathese, wohl infolge ihrer 
cholagogen Eigenschaften und ihres Salzgehaltes; aus demselben Grund eignet 
sie sich auch zur Bekämpfung der präsklerotischen Symptome. Sie enthält in 
500 g 5g gelöster, also leicht resorbierbarer Eiweißsubstanzen, 25 g Milchzucker 
und 5 g Salze, zumeist Phosphate; daher kommt sie auch als Nährstoff in Betracht. 
Die Schafsmolke enthält um 50%, mehr Nährsubstanzen als die Kuhmolke. 

G. Mühlstein (Prag). 


13. Grumme. Über die Möglichkeit, den Fettgehalt der Milch zu 
steigern. (Zeitschr. f. exp. Pathologie u. Therapie Bd. XIV. Hft.3. 1913.) 
Drei Versuche an Ziegen mit Malztroponzulage erzielten eine durchschnittliche 
Vermehrung der Milchmenge um 18%, Erhöhung des prozentualen Fettgehaltes 
der Milch um fast ein Drittel und Steigerung der Tagesleistung an Fett um mehr 
als die Hälfte gegenüber der gewöhnlichen Fütterung. 
Lohrisch (Chemnitz). 


14. Hans Kern und Erich Müller. Über eine vereinfachte Her- 
stellung der Eiweißmilch. (Berl. klin. Wochenschrift 1913. Nr. 48.) 
Mitteilung einer vereinfachten Methode zur Herstellung von Eiweißmilch, 

auf dem Umstand beruhend, daß in der gekochten Buttermilch das Kasein ohne 

Labung sich absetzt. Lohrisch (Chemnitz). 


15. Hindhede (Kopenhagen). Nahrungsmittelverbrauch dänischer 
Familien. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Wenn die Voit’sche Norm für Deutschland Gültigkeit hat, findet sich ein 
charakteristischer Unterschied zwischen dänischer und deutscher Ernährung. Die 
dänische Kost ist eiweißarm, aber fettreich. Dänemark ist das Land der Butter. 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 21 


16. Gelinsky. Die Improvisation des Rektaltropfeneinlaufes im 
Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 

Man braucht einen Irrigator, einen ca. 1 m langen Irrigatorschlauch, einen 
möglichst dünnen Nelatonkatheter und zur Verbindung der ungleichen Öffnungen 
von Irrigatorschlauch und Nelatonkatheter einen konisch zulaufenden Glasansatz, 
von denen zur Blasenspülung mehrere vorhanden sind. Dieses Verbindungsglas- 
stück wird mit Watte gefüllt und diese so fest gestopft, daß ca. 1 Tropfen jede 
Sekunde aus dem Nelatonkatheter tritt. In reichlich 4 Stunden läuft so 1 Liter 
Flüssigkeit in den Darm ein. Reckzeh (Berlin). 


17. H. Goldschmidt. Erfahrungen mit Protylin in der Kinder- 
praxis. (Deutsche med. Wochenschrift 1914. Nr. 18.) 

Protylin, eine Phosphor-Eiweißverbindung, hat dem Verf. gute Dienste in der 
Behandlung der Rachitis geleistet und außerdem bei Tetanie, spasmophiler Diathese 
und anderen Krampfzuständen gute Wirkungen gezeigt, was um so wertvoller ist, 
als die in solchen Fällen gewöhnlich schematisch geübte Lebertranbehandlung 
durchaus nicht immer angebracht ist. Eine weitere Prüfung des Mittels bei den 
angegebenen Zuständen ist zu empfehlen. Mannes (Weimar). 


18. J. Ph. Street. Der Fütterungswert des Sanatogens und des 
Handelskaseins für Erhaltung und Vermehrung des Körper- 
gewichtes. (Journ. amer. med. assoc. 1914. Bd. LXIII. Nr. 21. S. 1831.) 
Da Sanatogen im wesentlichen doch aus einer Mischung von Kasein und 

giyzerinphosphorsaurem Natron zu bestehen scheint und dem Phosphor in dieser 

Form kein großer Einfluß zugesprochen werden kann, tauchte die Frage auf, 

ob nicht das gewöhnliche Kasein das gleiche leiste. Vergleichende Fütterungs- 

versuche an männlichen weißen Ratten 11 Wochen hindurch zeigten eine wenn 
überhaupt vorhandene, so doch unbedeutende Gewichtsvermehrung bei Sanatogen 
gegenüber dem Handelskasein. In einer Kost verabfolgt, in der künstliche für 
natürliche proteinfreie Milch eingesetzt war, zeigte Sanatogen überhaupt Keinen 
Vorteil gegenüber dem Kasein, wenn es sich um den Ausgleich des Gewichtsverlustes 
der Ratten handelte. Meinhof (Halle a. S.). 


19. + Ewald. Diät und Diätotherapie. Unter Mitarbeit von 
M. Klotz. Vierte, vollkommen neu bearbeitete Auflage von Ewald und 
weil. Munk’s »Ernährung des gesunden und kranken Menschen«. Berlin 
u Wien, Urban & Schwarzenberg, 1915. 

Die Neuauflage eines Handbuches der Diätetik, dessen letzte Auflage vor 
20 Jahren erschienen ist, mußte bei den gewaltigen Fortschritten, die uns die letzten 
beiden Dezennien gerade auf diesem Gebiete erfreulicherweise gebracht haben, ein 
ganz neues Buch ergeben. 

Mit um so größerer Freude ist es zu begrüßen, daß gerade Ewald sich dieser 
Muhe unterzogen und seine überwiegende Erfahrung und Belesenheit der Be- 
arbeitung dieses so wichtigen Gebietes zur Verfügung gestellt hat. Und in der 
richtigen Erkenntnis, daß die Vollständigkeit eines solchen Handbuches auch ein 
Eingehen auf die Ernährung des gesunden und kranken Kindes erheischt, hat 
Ewald in M. Klotz einen Mitarbeiter zu gewinnen gewußt, der mit eingehender 
Sachkenntnis sich durch die, wie er selbst sagt, »verschlungenen, oft recht krummen 


22 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


Wege der pädiatrischen Publizistik« hindurchgefunden und ein verhältnismäßig 
einheitliches Ganzes zustande gebracht hat. 

Das erste Kapitel bringt eine Übersicht der Nahrungs- und Genußmittel, nach 
ihrer Zusammensetzung und Bedeutung für die menschliche Ernährung; das 
zweite behandelt zunächst allgemeinere Ernährungsfragen, Zubereitung, Ver- 
wertung der Nahrungsmittel, ihre Aufbewahrung, Temperatur, Volumen, um dann 
der Kinderernährung in den ersten Lebensjahren einen breiten Raum zu gewähren. 
Im dritten Kapitel wird nach Besprechung allgemeiner Prinzipien der Kranken- 
ernährung und der hierfür in Betracht kommenden Nahrungs- und Genußmittel 
die spezielle Diätetik der Krankheiten von Kindern und Erwachsenen besprochen. 

Die prägnante und fesselnde Sprache, die Klarheit aller Ausführungen werden 
kaum je bei dem Leser die Empfindung auslösen, wegen einzelner, wie E. in seinem 
Vorwort sagt, nicht auszumerzender Breiten die von ihm erbetene Nachsicht 
üben zu müssen. Was E. vor allem immer wieder als Grundsatz zur Feststellung 
jeder Krankendiät aufstellt, ist eine möglichst scharfe Individualisierung. »Jede 
Schablone ist unter allen Umständen vom Übel.« Gewohnheiten, Geschmacks- 
richtung des Erkrankten, seine soziale Lage usw. sind stets zu berücksichtigen, 
eine beständige Kontrolle des Erfolges der Diät durch fortgesetzte Beobachtung 
des Kranken, fleißige Benutzung der Wage, Stuhluntersuchungen usw. auszuüben. 

Besonders eingehend wird die Fieberdiät behandelt, wobei E., von jeder 
Engherzigkeit frei, doch Gelegenheit nimmt, vor Übertreibungen zu warnen. 

Die Übersichtlichkeit wird erhöht durch zahlreiche sehr klare Tabellen. Von 
großem Interesse ist die Zusammenstellung der Kostformen in einer Reihe von 
größeren Krankenhäusern. Wenn E. sich der Einrichtung einer besonderen 
Diätküche in Krankenhäusern und Sanatorien, wie sie von Ad. Schmidt, Jür- 
gensen, Sternberg u.a. gefordert wird, im ganzen ablehnend gegenüber ver- 
hält, weil sich meist auch ohne Extraküche mit der nötigen Sorgfalt und Einsicht 
eines tüchtigen Küchenchefs (oder Oberköchin) die geforderten Ansprüche be- 
friedigt werden könnten, so unterschätzt er vielleicht doch etwas die mancherlei 
Schwierigkeiten, die sich in vielen Krankenhausbetrieben der Herstellung einer 
individualisierenden Kost in der Zentralküche entgegenstellen. 

Dem Buche ist dringend eine seiner Bedeutung entsprechende, möglichst 
weitgehende Verbreitung zu wünschen, vor allem auch in den Kreisen der All- 
gemeinpraxis treibenden Ärzte, bei denen teilweise die Lehre von der Diätbehand- 
lung des kranken Menschen immer noch nicht in genügendem Maße gewürdigt 
und hochgehalten wird. | F. Berger (Magdeburg). 


20. Oeder (Niederlößnitz bei Dresden). 281 erwachsene Menschen 
mit „zentralnormalem“ Ernährungszustand. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 17 u. 18.) 

Ein »zentralnormaler« Ernährungszustand erwachsener Menschen ist vor- 
handen, wenn das Körpergewicht der Zahl entspricht, die nach den Formeln für 
das männliche und weibliche Geschlecht vorausberechnet werden kann, die »Index- 
fettpolsterdicke« 2,48— 2,69 cm beträgt, die Inspektionsmerkmale eines »guten« 
Ernährungszustandes vorhanden sind, und wenn die Inspektionsmerkmale eines 
»anormalen« Ernährungszustandes gleichzeitig fehlen. 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 23 


21. W. Sternberg (Berlin). Die Kunst der Krankenernährung. 
(Prager med. Wochenschrift 1915. S. 45.) 

S. wendet sich gegen die Empfehlung von künstlichen Nährpräparaten in 
der Krankenkost und will den Schwerpunkt auf eine natürliche Ernährung mittels 
einer Krankenküche gelegt haben, welche den in der Krankheit verminderten 
Appetit und Hunger und die Steigerung der Ekelempfindlichkeit, sowie der 
sensuellen Empfindlichkeit für Geschmack und Geruch ausreichend berücksichtigt 
und durch besondere Kunstgriffe behebt, wie Schmackhaftigkeit, Kleine Portionen, 
Abwechslung, Frische und richtige Temperatur. Nach S. sind Hunger und Appetit 
nichts anderes als Kitzelgefühle des Magens, die in den Mund verlegt werden. 

Friedel Pick (Prag). 


22, W. Sternberg (Berlin). Schokolade als arzneiliches Geschmack- 
mittel und Appetitmittel. (Prager med. Wochenschrift 1913. S. 450.) 
Schokolade verlegt den Appetit; jede Arznei verlegt den Appetit; daher ist 
die moderne Kombination von Arzneien und Nährpräparaten mit Schokolade 
prinzipiell falsch, wenn sie den daniederliegenden Appetit anregen sollen. 
Friedel Pick (Prag). 


23. W. Sternberg (Berlin). Ein weiterer Kunstgriff der Stern- 
berg’schen Entfettungskur. (Prager med. Wochenschrift 1914. S. 379.) 
Da in der Ernährungspathologie meist nur der objektive Faktor des Nahrungs- 
bedarfes berücksichtigt wird, bemüht sich S. nachzuweisen, daß man auch den 
subjektiven Faktor des Nahrungsbedürfnisses berücksichtigen müsse, vor allem 
den Appetit, der bei allen Diätkuren, seien es Mast- oder Entfettungskuren, eine große 
Rolle spielt; deswegen legt S. auch bei der Entfettungskur großes Gewicht auf 
die Verordnung von Kaffee. Denn Kaffee verlegt den Appetit, Kaffee »zehrt«, 
wie das Volk ganz richtig sagt. Auch dieser Faktor des »Zehrens« ist in der exakten 
Medizin bisher vernachlässigt. Außerdem aber verringert der Kaffee das Schlaf- 
bedürfnis. Friedel Pick (Prag). 


24. W. Sternberg (Berlin). Kunstgriff der diätetischen Küche 
für die Sternberg’sche Entfettungskur. (Prager med. Wochenschrift 
1913. S. 627.) 

Fisch sättigt nicht so wie Fleisch trotz kaum geringeren Nährwertes, ist daher 
bei Entfettungskuren zu vermeiden. Ferner empfiehlt es sich, bei Entfettungs- 
kuren eine Anästhesierung des Hungergefühls durch Menthol usw. herbeizuführen. 
S. läßt seine Fettleibigen nicht hungern, sondern gibt ihnen nebst Fleisch, harten 
Käse, Komißbrot, Gemüse und harte Eier, wobei er vor den Hauptmahlzeiten 
immer auch Kaffee, Tee, Schokolade oder Tabak nehmen läßt. 

Friedel Pick (Prag). 


25. B. Gosio. Neue Beiträge zum Studium der Maistoxikologie. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 19.) 

Verdorbener Mais besitzt die Fähigkeit, eine spezifische chronische Intoxi- 
kation zu erzeugen. Diese Fähigkeit geht von gewissen Parasiten aus, durch 
welche besonders Gifte im Mais entwickelt werden. Diese Gifte sind als Phenyl- 
Säuren zu bezeichnen und zeigen einen anaphylaktischen Charakter. 

Lohrisch (Chemnitz). 


24 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


26. A. Cencelli (Rom). New theories and investigations concerning 
pellagra. (Lancet 1915. April 17.) 

C., Vorsitzender der römischen Pellagrakommission, entwickelt die neuen 
Untersuchungsbefunde Alessandrini’s und Scala’s, nach denen die frühere 
Maistheorie in der Ätiologie der Pellagra gänzlich unhaltbar geworden ist und 
nunmehr eine chronische Vergiftung durch kolloidale Lösungen der Kieselsäure 
im Wasser als ursächlich angesehen wird. Gegen diese Mineralacidosis bewährten 
sich bei erkrankten Menschen und bei auf obigem Wege pellagrakrank gemachten 
Tieren Alkalien. Zusatz von Kalk zu dem Gebrauchswasser in Pellagragegenden 
wurde als präventive Maßnahme empfohlen und vorgenommen. 

F. Reiche (Hamburg). 


27. W. M. McDonald. Pellagra in Antigua. (Lancet 1915. Januar 16.) 

Nach Mc D.’s Feststellungen ist Pellagra in Antigua (Westindien) endemisch. 
Er beobachtete 1913 21 Fälle, die keine Beziehungen untereinander hatten und die 
nur die unter unhygienischen und armen Bedingungen lebende, vorwiegend von 
Mehl und Salzfischen sich nährende Bevölkerung betrafen. Von den Weißen 
wird das gleiche Mehl mit einer im übrigen reichen und abwechslungsvollen Kost 
genossen. Die von Sambon als Überträger der Pellagra angeschuldigte Simulium- 
fliege ist in Antigua unbekannt, fließendes Wasser ist nur wenig dort vorhanden 
und jene Erkrankungsfälle hatten keine Beziehungen dazu. Die Stallfliege, Sto- 
moxis calcitrans, kommt dort vor und findet sich an den Arbeitsstätten der Neger, 
es ist aber viel wahrscheinlicher, daß ungenügende und falsche Ernährung die 
ursächliche Rolle bei der Pellagra spielt, ohne daß es gerade verdorbener Mais ist. 
Weiße, die unter schlechten sozialen Verhältnissen leben, erwiesen sich an anderen 
Orten sehr viel empfänglicher für Pellagra als die Schwarzen (Grimm). 

F. Reiche (Hamburg). 


28. D. Cesa Bianchi. Osservazioni cliniche e ricerche sperimentali 
sulla pellagra. (Clin. med. ital. 1914. Nr. 1 u. 2.) 

Die zahlreichen Untersuchungen des Verf.s an Kranken und Tieren ergaben 
hinsichtlich der Pellagra, daß zwischen Mais und Pellagra kein Zusammenhang 
besteht. Spezifische Hämolysine, Präzipitine, komplementfixierende Stoffe und 
anaphylaktische Erscheinungen ließen sich ebenfalls nicht sicher nachweisen. 

F. Jessen (Davos). 


29. Döri. Beiträge zur Symptomatologie der Pellagra. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1914. Nr. 16.) 

Die Achlorhydrie oder Hypochlorhydrie des Magens ist ein ziemlich frühes 
und ständiges Symptom der Pellagra. Die Pankreasfunktion zeigt keine wesent- 
liche Änderung. Der medikamentöse Ersatz der fehlenden Magenenzyme ist bei 
der Behandlung der Pellagra — in jedem Stadium derselben — unbedingt be- 
rechtigt. Seifert (Würzburg). 


30. Giov. Rubinato (Treviso). Alcuni casi di pellagra con sin- 
drome addisoniana. (Riv. crit. di clin. med. 1914. Nr. 5.) 
In drei Fällen war die Pellagra vergesellschaftet mit Addison’scher Krank- 
heit, welch letztere durch steigende Dosen von Adrenalin in zwei Fällen gebessert 
wurde. Der dritte Fall kam zur Autopsie und zeigte schwerere histologische Ver- 


er nn 0 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 25 


änderungen der Nebennieren, leichtere der Thyreoidea und der Hypophyse, ferner 
diffuse leichte Veränderungen an der Hirn- und Kleinhirnrinde, schwerere an den 
spinalen Ganglien und besonders an den Ganglien des cervikalen und abdominalen 
Sympathicus mit beträchtlicher Vermehrung des Bindegewebes ihrer Kapsel und 
ihrer Stützsubstanz, sowie häufiger Iymphoider Infiltration, Lichtung und vielfach 
tiefgreifender Alteration der Nervenzellen. Das gleichzeitige Vorhandensein 
dieser Nervenläsionen und solcher der Drüsen mit innerer Sekretion erklärt das 
Krankheitsbild. Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


31. Funk. Prophylaxe und Therapie der Pellagra im Lichte der 
Vitaminlehre. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 13. S. 698.) 
Verf., der sich seit Jahren mit der Vitaminlehre beschäftigt und Pellagra, 

ebenso wie Skorbut, Beriberi und Rachitis als Avitaminosen auffaßt, glaubt die 

beste Prophylaxe der Pellagra in einer geeigneten Behandlungsweise des Mais- 
kums erblicken zu dürfen; die vitaminreiche Schale darf nicht entfernt, sondern 
das ganze Maiskorn muß gebraucht werden. Daneben sind andere frische Vege- 
tabilien, vor allem Kartoffeln, zu empfehlen. Die Therapie besteht ebenso in der 
möglichst frühzeitigen Darreichung einer vitaminreichen Diät. 

F. Berger (Magdeburg). 


32, Jean Nicolaidi (Paris). Untersuchungen über die Ernährungs- 
bilanz der Pellagrösen. (Revista stiintzelor med. IX. Nr. 6. 1913.) 
Auf Grund seiner Untersuchungen bei Tieren und Menschen ist der Verf. 

zu folgenden Schlüssen gelangt. Die Ernährungsbilanz des normalen, nicht pel- 

lagrösen Individuums ist durch eine deutliche Zurückhaltung fast aller eingenom- 
mener Elemente gekennzeichnet, ausgenommen Magnesia und Kalk, die einen 
sichten Verlust aufweisen. Alte Pellagröse ohne rezente Erscheinungen zeigen 
trotzdem einen gewissen Verlust der mineralischen Elemente, der Phosphorsäure, 
der Magnesia, des Natriums und Chlors und eine Zurückhaltung von Stickstoff 
und Kalium. Hingegen ist bei Pellagrösen mit akuten Erscheinungen ihrer Krank- 
heit ein enormer Verlust fast aller Nahrungselemente zu verzeichnen. Ähnliche, 
wenn auch nicht gleich hohe Verluste kann man auch bei chronischer Enteritis 
nit vorgeschrittener Unterernährung und auch bei anderen konsumptiven Krank- 

“ziten feststellen, doch besteht der Unterschied, daß während bei Pellagrakranken 

&ie hauptsächlichsten Ausscheidungen durch die Fäces stattfinden, dies bei anderen 

Krankheiten durch den Harn geschieht. Man kann ähnliche Verluste auch bei 

alten Pellagrösen, falls dieselben wieder Maisnahrung erhalten, feststellen, sowie 

auch bei normalen, derselben Ernährungsweise unterworfenen Individuen. Eine 
ähnliche Ernährungsbilanz zeigen auch Kaninchen, denen ein Extrakt von ver- 
dorbenem Mais eingespritzt worden ist. 

Es folgt aus diesen Untersuchungen, daß Pellagrakranke eine bedeutende 
Störung in ihrem Ernährungsmechanismus aufweisen, der sich hauptsächlich in 
xdeutenden Verlusten der mineralischen, mit der Nahrung eingeführten Ele- 
Tenten auf dem Wege der Darmausscheidungen kundgibt. 

E. Toff (Braila). 


3. G. Volpino. Ancora a proposito dell’ ipersensibilitä dei pella- 
grosi per gli estratti maidici. (Clin. med. ital. 1914. Nr. 6.) 
Cesa-Bianchi hat behauptet, daß die positive Blutreaktion der Pellagra- 

kranken gegen Maisextrakte nicht spezifisch, sondern eine Kachexiereaktion sei. 


28 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


Der Verf. polemisiert zunächst statistisch gegen diese Behauptung und führt dann 

aus, daß gerade bei kachektischen Pellagrakranken die Präzipitinreaktion fehle. 

Er faßt die Reaktion als Ausdruck der Überempfindlichkeit, aber nicht als Ana- 

phylaxie auf. Er verspricht sich einen Erfolg von der Vaccinetherapie der Pellagra. 
F. Jessen (Davos). 


34. H. Fraser and A. T. Stanton. The chemistry of rice-polishings. 
(Lancet 1915. Mai 15.) 

F. und S. besprechen ihre früheren Versuche an Hühnern im einzelnen, die 
es erwiesen, daß auf den Malayischen Inseln Beriberi durch Genuß von poliertem 
Reis als Hauptnahrungsmittel bedingt wird, und daß die Substanz, die, im un- 
polierten Reis und dem beim Polieren entstandenen Abfall enthalten, das Ent- 
stehen jener Krankheit verhindert, in Alkohol löslich ist und durch Natriumhydrat 
zersetzt wird. Weiteres ist über sie noch nicht bekannt, Funk’s Angaben über 
den von ihm isolierten und Vitamin benannten Körper sind unzutreffend. 

F. Reiche (Hamburg). 


a t O 


35. Mayerhofer. Über Impfung und Impfzwang in Österreich. 
(Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 

Verf. drückt die Ansicht aus, daß der gesetzliche Impfzwang in Österreich 
nun endgültig eingeführt werden soll, wenn auch die Zahl der Geimpften (96,2°,) 
durch den natürlichen Impfzwang bzw. die Gefahr der Ausbreitung der Blattern- 
epidemie, gestiegen ist. Der Einwand gegen den Impfzwang (Einschränkung des 
Selbstbestimmungsrechts und der persönlichen Freiheit) kommt in Wegfall gegen- 
über der Tatsache, daß die Quarantäne, zu der die Sanitätspolizei berechtigt ist, 
ungeachtet des Protestes gegen Freiheitsberaubung eine viel erheblichere Frei- 
heitsbeschränkung bedeutet. Feith (Nürnberg). 


36. R. W. Raudnitz. Zur Revaccinationsfrage. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. S. 130.) 


Nachdem die österreichischen Impfstoffe von November 1914 bis etwa Mitte 
Januar 1915 nach Menge und Wirksamkeit unzureichend waren, prüfte R. die 
Wertigkeit derselben, indem er 29 Personen mit den beiden österreichischen 
Wiener und Neuhauser und dem Dresdener Stoffe impfte. Der Wiener und der 
Dresdener zeigten beide ca. 80%, vollen Erfolg. R. betont, daß die Haut vor der 
Impfung mit Äther und nicht mit Benzin gewaschen werden soll, da dieses jetzt 
ölig ist und die Haftung verhindert. Die Wiederimpfung ist gewöhnlich schon 
nach 5 Jahren erfolgreich; das Überstehen anderer Infektionskrankheiten hebt 
der Impfschutz mehr oder weniger vollkommen auf. Interessant ist die Angabe, 
daß in Nordböhmen die Impfgegner durch Streichen mit Brechweinsteinsalbe 
Borken erzeugen, um vor der Behörde als geimpft zu erscheinen. 

Friedel Pick (Prag). 


37. R. Schmidt (Prag). Theorie und Praxis der Variola. (Prager 

med. Wochenschrift 1915. S. 6.) 

Nach in Epidemienkursen gehaltenen Vorträgen bespricht der Auter die 
theoretischen Probleme der Variolafrage unter besonderer Rücksichtnahme auf 
Pathogenese, Immunitätsfrage, Tierexperiment nach Guarnieri usw. Mit 
Jochmann sieht der Autor in der Variolaimmunisierung mehr ein »histogenes« 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 27 


als ein »Imumorales« Problem. Nach seinen Beobachtungen verhalten sich Krebs- 
kranke in einem auffallenden Prozentsatze gegen Kuhpockenvaccine refraktär, 
worin der Verf. den Ausdruck eines gewissen Maßes von natürlicher Hyperim- 
munität sieht, die sich bei Krebskranken auch sonst in einem niederen Infektions- 
index äußert. Die führenden Gesichtspunkte in der Differentialdiagnose der 
Variola und besonders die praktisch so wichtige Frage — Variola oder Varizellen? — 
erfahren eingehende Besprechung und übersichtliche Darstellung. 
Friedel Pick (Prag). 


38. Proescher (Pittsburg). Künstliche Kultivierung des Variola- 

vaccinevirus. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Die konstanten Befunde der beschriebenen Organismen in den spezifischen 
Läsionen, ihre eigentümlichen färberischen Eigenschaften, die Kultivierung eines 
ähnlichen Organismus sowohl aus dem ursprünglichen Virus als auch aus der 
filtrierten Variolavaccine und die Erzeugung der typischen Veränderungen mit 
so weit von der Urkultur abstehenden Unterkultur bei empfindlichen Tieren lassen 
keinen Zweifel an der spezifischen Natur des kultivierten Virus aufkommen. 
Morphologisch ähneln sie den bakteriellen Formen. Die spezifische Azurophilie, 
weiche diese Organismen während ihres parasitischen Wachstums in dem Gewebe 
Charakterisiert, ist nur die Folge einer Anpassung an gewisse Gewebssubstrate 
und verliert sich, sobald die Mikroorganismen in vitro kultiviert werden. 

Reckzeh (Berlin). 


39. Knoepfelmacher. Variolaschutz durch Vaccineinjektionen. (Wien. 

med. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

Verf. hat Versuche mit Injektionen von Vaccine angestellt, und ist damit 
zu dem Resultat gekommen, daß die Injektion von Kuhpockeniymphe, die bei 
6—58° abgetötet worden ist, in der Hälfte der Fälle Immunität gegen Kuhpocken 
herbeigeführt hat; das gleiche wurde erreicht, wenn avirulente, bzw. abgelagerte 
Lymphe verwendet wurde. Die Immunität wurde verstärkt durch wiederholte 
Injektionen. In einem Falle, der mit avirulenter, abgelagerter Vaccine geimpft 
wurde, zeigte sich, daß eine Blatterninfektion wohl zustande kam, die aber ab- 
geschwächt, unter dem Bilde der Variolois verlief. Feith (Nürnberg). 


40. Alois Epstein (Prag). Der Impfzustand der in Wien seit Kriegs- 
beginn an Blattern verstorbenen Personen. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. S. 270.) 
in Österreich sind seit Kriegsbeginn bis zum 8. Mai 1915: 3199 Blatternerkran- 

kungen gemeldet worden. Die größte Anzahl betrifft Wien, woselbst seit November 

1914 bis zum 8. Mai 1915: 1487 Personen an Blattern erkrankt und von diesen 

316 (21,2 von Hundert) verstorben sind, ein Sterbeverhältnis, wie es bei mangel- 

haften Impfzustande einer Bevölkerung den Blattern zukommt und gewöhnlich 

mit 1’, der Erkrankten angegeben wird. Nach der Zusammenstellung des Wiener 

Stadtphysikates (Dr. Böhm) ergeben die Erhebungen über den Impfzustand bei 

39 an Blattern Verstorbenen folgende bemerkenswerte Daten: 227 (73,4%, 

waren überhaupt niemals geimpft, 50 (16,1%), unter denen der jüngste 15 Jahre 

alt war, waren wohl in der Kindheit geimpft, aber seit der Erstimpfung nicht 

fevacciniert; 3 (1%) waren vor mehr als 6 Jahren revacciniert; bei 13 (4,29%) 

war der Impfzustand nicht sicherzustellen. Es stellt sich soweit heraus, daß von 


28 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


309 an Blattern Verstorbenen 280 (90,6°5) nicht oder in nicht genügendem Blat- 
ternschutze gestanden waren. Österreich hat keinen gesetzlichen Impfzwang. 
Friedel Pick (Prag). 


41. K. Walko (Prag). Über primäres Auftreten der Blattern im 
Rachen und in den Luftwegen. (Prager med. Wochenschrift 1915. 
S. 125.) 

W. hat als Leiter eines Epidemiespitales auf dem südlichen Kriegsschau- 
platze mehrfach Fälle gesehen, bei welchen schon während des Inkubations- bzw. 
Prodromalstadiums der Blattern ausgesprochene Schleimhautveränderungen be- 
standen, teils als diffuse oder fleckweise Rötung, teils bis zur echten Pockenbildung 
fortschreitend. Die Infektiosität im Inkubations- und Prodromalstadium ist 
nach seiner Meinung wohl nur auf die Schleimhautaffektionen — Tröpfcheninfek- 
tion — zurückzuführen. Friedel Pick (Prag). 


42. Kyrle und Morawetz. Tierexperimentelle Studien über Variola. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

Es gelang, Affen ausnahmslos mit Blut aus jedem beliebigen Stadium der 
Variola zu infizieren, daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß das Variolavirus zu 
allen Zeiten während der Dauer der Erkrankung eines Individuums in der Blut- 
bahn sich befindet. Bei allen Tieren, die auf intravenösem Wege infiziert worden 
sind, konnte als Eigentümlichkeit festgestellt werden: geringe Zahl der Efflores- 
zenzen, rascher Entwicklungsgang derselben. Sie treten als kleinpapulöse, ziem- 
lich derbe Knötchen, besonders an Handfläche und Fußsohle auf, entwickeln sich 
schnell zu Bläschen und kleinen Pustelchen, die rasch verborken. Oft sind kaum 
24 Stunden nötig, um dieses Endstadium zu erreichen. Ganz anders verhält sich 
das Exanthem, wenn Tiere kutan geimpft waren. Seifert (Würzburg). 


43. F. Reiche. Die Hamburger Diphtherieepidemie 1909 bis 1914. 

(Zeitschrift für Klin. Medizin Bd. LXXXI. Hft.3 u. 4. S. 199.) 

Aus der sorgfältigen, viel wissenschaftlich wertvolles Material bergenden 
Arbeit seien nur die hauptsächlichsten Punkte hervorgehoben. Die Erkrankung 
tritt während des Säuglingsalters am gefährlichsten auf. 25,3%, der statistisch 
gemeldeten Diphtherien hatten das 15. Lebensjahr überschritten. Auffällig war, 
daß die besser und gut situierte Bevölkerung, die sich doch in einer weit besseren 
sozialen Lage befindet als die Arbeiterbevölkerung, eine weit höhere Erkrankungs- 
ziffer unter ihren Kindern aufwiesen als diese, deren Kinder in Hinterhäusern 
und engen Mietskasernen aufwachsen. Das weibliche Geschlecht war in 63,2°,, 
das männliche nur in 36,8% beteiligt. Im Krankenhause selbst wurden während 
dieser Zeit über 8000 Pat. behandelt, von denen 12,7% verstarben. Nicht ganz 
selten waren diphtherische Konjunktiviten. Sie fanden sich am häufigsten unter 
den schweren und letalen Fällen, besonders in den Wintermonaten. Herpes- 
eruptionen fanden sich in der ungewöhnlich hohen Zahl von 7,9%. Sie traten 
meist am 3. Krankheitstage in Erscheinung. Die ödematöse Schwellung der 
Rachenorgane mit mächtiger friühzeitiger Lymphdrüsenschwellung am Halse 
erwies sich prognostisch als sehr infaust. Gut war dagegen die Prognose der 
während der Diphtherie auftretenden Nephrititiden. Das häufige Auftreten von 
Azeton im Harn hat leider nicht die erhoffte diagnostische oder prognostische 
Bedeutung, wenn es sich auch meist von der jeweiligen Verlaufsschwere als ab- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 29 


hängig erwies. Dagegen hat das Vorkommen einer Eosinophilie eine nicht zu 
unterschätzende diagnostische und prognostische Bedeutung. Verf. weist ein- 
wandfrei statistisch nach, daß das Behring’sche Heilserum die in diesen Jahren 
hervorgetretene nicht unbeträchtliche Erhebung der Diphtheriesterblichkeit nicht 
zu verhindern vermochte. Nach seiner Ansicht hat das Heilserum nur einen 
Einfluß auf die Mortalität bei jugendlichen Fällen, bei den Älteren bleibt er aus. 
Doch hat auch der Verf. einwandfrei Fälle von auffälliger Umstimmung des 
örtlichen Befundes im Rachen bei schwer Erkrankten gesehen, wie sie ihm aus der 
Vorserumzeit nicht in Erinnerung sind. Die Steigerung der Serumdosen hat bei 
seinem Material keine besseren Heilresultate im Gefolge gehabt. 
B. Hahn (Magdeburg). 


44. A. Levinson. A case of diphtheritic tracheobronchial casts 
in a woman 50 years of age. (Med. record 1915. Nr. 18.) 

Eine 50jährige, an Diphtherie erkrankte Frau hustete ein zusammenhängendes, 
häutiges Gebilde aus, das einen Abguß des Kehlkopfes, der Trachea, der beiden 
Hauptbronchen und einiger Bronchiolen darstellte; nach 24 Stunden wiederholte 
sich der gleiche Vorgang. Die Frau erhielt 95 000 Antitoxineinheiten, dennoch 
starb sie 17 Tage später an Herzlähmung beim ersten Verlassen des Bettes. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


45. R. T. Hewlett (London). The treatment of persistent diph- 
theria infection by means of diphtheria endotoxin. (Lancet 
1915. Februar 6.) 

H. hat mit einem nach Macfadyen’s Angaben hergestellten Diphtherie- 
bazillenendotoxin 24 Fälle von Diphtheriebazillenträgern behandelt und bei 17 
die Beseitigung der Bazillen in angemessener Zeit erzielt; es wurde in steigenden 
Dosen intramuskulär eingespritzt, die Reaktionen danach waren geringfügig. 

F. Reiche (Hamburg). 


46. Seidel (Jena). Zur Behandlung der Diphtherie. (Münchener 

med. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

Alle bis zum 3. Tage gespritzten Fälle, obgleich sich sehr schwere darunter 
befanden, kamen mit dem Leben davon. Obgleich klinisch die kombinierte Me- 
thode der intravenösen nicht immer offensichtlich überlegen zu sein braucht, ist 
sie doch der intravenösen vorzuziehen, und zwar auf Grund der Erwägungen, 
dad das Antitoxin möglichst lange in hoher Konzentration im Kreislauf verbleiben 
soll. Reckzeh (Berlin). 


47. Kren. Ein Beitrag zur Therapie des Erysipels des Stammes 
und der Extremitäten. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 
Von 12 Fällen mit Erysipel des Stammes und der Extremitäten wurden 

10 Fälle, die zum Teil kontinuierlich, zum Teil bloß tagsüber mit dem warmen 

Bade behandelt wurden, in durchschnittlich 4 Tagen zur Heilung gebracht. Bei 

tinem durch ein inoperables Carcinoma uteri komplizierten Fall erwies sich das 

kontinuierliche Bad als nutzlos, ein weiterer Fall (74jährige Pfründnerin, Erysipel 
fast des ganzen Stammes schon 14 Tage bestehend) hatte eine schwere Myodegene- 
ratio cordis, vertrug das kontinuierliche Bad nur wenige Stunden, es trat Herz- 
schwäche ein, Exitus am 3. Tage. Es bildet somit ein degeneriertes Herz eine 
Kontraindikation für die Wasserbettbehandilung. Seifert (Würzburg). 


30 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


48. H. Koller. Erysipel behandelt mit Diphtherieserum. (Korre- 

spondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 25.) 

Angeregt durch Pollak’s Erfolge, der 73 Fälle mit Diphtherieserum be- 
handelt hatte, gab K. bei einem schweren Gesichtserysipel innerhalb der ersten 
3 Tage zwei Injektionen von zusammen 4500 Antitoxineinheiten und am 4. Krank- 
heitstage noch eine subkutane Einspritzung von 5 ccm Electrargol Clin. Durch 
die beiden ersten Injektionen kam der exsudative Prozeß zum Stillstand und die 
hohe Febris continua wurde in ein stark remittierendes Fieber umgewandelt; 
durch die Electrargolinjektion trat kritischer Temperaturabfall ein. Der Verf. 
empfiehlt Serum und Elektrargol von Anfang an nebeneinander zu geben. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


49. Charless Herrmann. Immunization against measles. Vortrag. 

(Med. record 1915. Nr. 18.) 

Kinder unter 5 Monaten sind gegen Masern relativ immun. H. immunisierte 
40 solche Kinder dadurch, daß etwas Nasenschleim von einem sonst gesunden 
Masernkind dem Impfling auf die Nasenschleimhaut gebracht wurde. Die Mehr- 
zahl dieser Kinder zeigte keine Reaktion, 15 hatten leichte Temperaturerhöhung 
und einzelne spärliche rote Flecke auf der Haut. Mehrere dieser Kinder wurden 
21—23 Monate später reinokuliert ohne jegliche Reaktion zu zeigen und einige 
andere, welche in Kontakt mit Masernkindern gekommen waren, blieben von der 
Krankheit verschont. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


50. Hirschfelder und Schlutz. Klinische Erfahrungen mit Äthyl- 
hydrocuprein bei Scharlach und Masern. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 38.) 

Es wurden 7 Scharlachfälle je nach dem Alter mit 0,1 bis 0,5 g dreimal täg- 
lich behandelt. Bei diesen Fällen dauerte das Fieber im Durchschnitt 8,9 Tage, 
während es bei 7 unter absolut gleichen Zuständen nichtbehandelten: Fällen nur 
7,4 Tage dauerte. Dagegen war bei 11 unausgewählten, mit Äthylhydrocuprein 
behandelten Masernfällen die Dauer im Durchschnitt 4,3 Tage, während sie in 
10 unter gleichen Zuständen nicht behandelten Masernfällen bis auf 7,9 Tage stieg. 

Reckzeh (Berlin). 


51. Reiss und Hertz (Frankfurt a. M.). Weitere Beiträge zur Serum- 
behandlung des Scharlachs. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 

Nr. 35.) 

Die wichtigsten Punkte der Serumtherapie bestehen darin, daß das Serum 
von mehreren Rekonvaleszenten gemischt ist, daß es intravenös gegeben wird 
und daß die dargereichte Dosis eine große ist. Die Indikation für diese Therapie 
liefern die Fälle von Scarlatina gravissima. Reckzeh (Berlin). 


52. Mühlens, Hegeler und Canaan. Mißerfolge der Arrhenal- 
behandlung bei Rückfallfieber. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 21.) 

Verff. können irgendeine spezifische Wirkung des Arrhenals nicht bestätigen. 
Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 31 


53. Levy (Lügumkloster). Beobachtungen über Rückfallfieber. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 37.) 

Die Hydrämien, sowie die eigenartigen Durchfälle, die in dasselbe Gebiet 
gehören, sind die äußerlich erkennbaren Zeichen von chronischem Rückfallfieber. 
Das plötzliche An- und Abschwellen hängt mit dem Fieber bzw. der Ausscheidung 
von Spirochätenendotoxinen zusammen, die auf das Herz wirken. 

Reckzeh (Berlin). 


54. L. R. v. Korczynski. Rückfallfieber. (Med. Klinik 1915. Nr.38 u. 

39. S. 1075.) 

Die Erfolge der mit Neosalvarsaninjektionen behandelten Rekurrensfälle in 
der überwiegenden Mehrzahl war nicht zu verkennen. Salvarsantherapie kann 
nach Erfahrungen des Verf.s als die souveräne Methode der Rekurrensbehandlung 
hingestellt werden. Den Erfolg sichern jedenfalls nur größere Dosen, bei Er- 
wachsenen erst 0,9, bei halbwüchsigen Kranken 0,45 bis 0,6g. Zur Verhütung 
der Herzschwäche ist es ratsam, dem Kranken angemessene Mengen von Herz- 
mitteln, z. B. Strophanthus und Koffein, zu reichen. In jenen Fällen, wo aus irgend- 
welchen Gründen hohe Salvarsandosen nicht angewendet werden dürfen, wäre 
zu versuchen, durch kleinere den Verlauf zu mildern und abzukürzen. Möglicher- 
weise könnte durch wiederholtes Injizieren solcher Dosen auch gelingen, eine de- 
finitive Heilung zu erzielen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


55. G. Dreyer, E. W. A. Walker and A. G. Gibson (Oxford). Typhoid 
and paratyphoid infection in relation to antityphoid inocu- 
lation. (Lancet 1915. Februar 13.) 

Nach den Beobachtungen der Verff. gewährt die prophylaktische Typhus- 
impfung keinen Schutz gegen Infektionen mit Paratyphusbazillen. Die Agglu- 
tination bei Typhusrekonvaleszenten unterscheidet sich dadurch von der bei 
Frischgeimpften, daß, abgesehen von sehrseltenen Ausnahmen, ihr Titer ein niedriger 
st und im Verlauf von 1—2 Wochen eine erkennbare und meßbare Verminderung 
eriährt. F. Reiche (Hamburg). 


$$. And. Christer-Nilsson. Beitrag zur Kenntnis von der Para- 
typhus B-Infektion. (Nord. med. Archiv Abt. II. 1914/15. Hft. 1—2.) 
Eine lokale Epidemie von Paratyphus B, abdominale Form, insgesamt 20 Per- 
sonen, wird beschrieben; wahrscheinlich liegt eine Milchepidemie vor. 
Jacobaeus (Stockholm). 


57. Como (Würzburg). Über Tierblutkohle und insbesondere ihre 
Verwendung bei Typhus abdominalis und Paratyphus. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Die Tierblutkohle ist ein hervorragendes Styptikum bei den verschiedenen 
Enteritiden; es besitzt ein hohes Giftabsorptionsvermögen bei Fleisch- und Wurst- 
vergiftungen; in seinem hohen Heilwert bei den schwersten Seuchen, bei Typhus 
a’dominalis und Paratyphus wird es von keinem der bis jetzt bekannten Heil- 
Mittel erreicht. y Reckzeh (Berlin). 


zu im mu zn aa 


32 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 2. 


58. P. Schmidt (Biexen). Ein Fall intrauteriner Übertragung von 
Paratyphus. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 31.) 

Während der Übergang von Typhusbazillen von der Mutter auf die Frucht 
bereits mehrfach nachgewiesen worden ist, ist dieser Vorgang bei Paratyphus 
bisher nicht bekannt geworden. Verf. konnte bei dem Kinde einer an Para- 
typhus erkrankten Frau einen Tag nach der Geburt im Blute Paratyphusbazillen 
nachweisen. Der Kot des Kindes enthielt zunächst keine Paratyphusbazillen, 
sie traten hier erst am 4. Tage auf; hiernach kann eine intra partum erfolgte In- 
fektion per os, die an sich schon unwahrscheinlich ist, mit Sicherheit ausgeschlossen 
werden. 

Verf. weist an der Hand dieses Falles auf die Notwendigkeit hin, bei der 
Entbindung von Frauen mit unklarem Fieber an die Infektiosität aller Abgänge 
beim Geburtsakt und an etwaige Ansteckungsfähigkeit des Kindes zu denken. 
Zur schnellen Sicherung der Diagnose wird die Blutkultur, am besten doppelt 
als Blutgallebouillonkultur und als Blutagarkultur, angelegentlichst empfohlen. 

Mannes (Weimar). 


59. R. Stein (Prag). Über Typhusschutzimpfung. (Prager med. 
Wochenschrift 1915. S. 319.) 

S. mußte diese Impfung bei einem im Felde dem Feinde ständig gegenüber- 
stehenden Bataillone ausführen. Er hat bei zweimaliger Typhus- und einmaliger 
Choleraimpfung keinen einzigen Fall von Infektion der Impfstelle gesehen, was 
er auf die Wahl der Impfstelle — ALIEN SEDTEN S — bezieht. 

Friedel Pick (Prag). 


60. H. Gans. Über die Reaktion nach Typhusschutzimpfung. 

(Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 22.) 

G. stellt in einer Tabelle die Zahl der Reaktionen zusammen, welche 511 Sol- 
daten nach Typhusschutzimpfung zeigten. Er fand nach der ersten Impfung 
(1 ccm des Paltauf’schen Impfstoffes) starke Lokalreaktion in 16%, starke All- 
gemeinreaktion in 18,5%,, keine Reaktion in 6,2%. Nach der zweiten Impfung 
(2 ccm nach 8 Tagen) fand sich starke Lokalreaktion in 51,6%, starke Allgemein- 
reaktion in 24,4%, keine Reaktion bei 10,1%,. Zwischen Lokalreaktion und All- 
gemeinreaktion besteht kein Parallelismus, bei 13 Fällen (2,7%) wurde Herpes 
zoster labialis beobachtet, bei 4 Geimpften (0,7%) Durchfall; niemals war die 
Reaktion so schwer, daß ärztliche Hilfe beansprucht wurde. 2 der Geimpften, 
welche Abdominaltyphus vor einigen Jahren durchgemacht hatten, reagierten 
doch auf die Impfung, wenngleich auffallend schwach. 

Friedel Pick (Prag). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 
—— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Yentralblatt für innere Medizin 


herausgegeben von 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Würzburg, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


in Verbindung mit PROF. DR. G. GRUND u. DR. H. v. HOESSLIN redigiert von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 3. Sonnabend, den 22. Januar 1916. 








Inhalt. 

Referate: 1. Kolb, 2. Hecht, 8. John, 4. Löwy, 5. Zierseh, 6. Laqueur, 7. Iekeort, 8. Roiss, 
9, Dünner, 10. Löwy, 11. Gaehtgens, 12. MeWeeney, 13. Ziemann, 14. Ebeling, 15. Nobel und 
Neuwirth, 16. Mülhens, 17. Roeek, 18. v. Hocker und Hirsch, 19. Hirsch, 20. Wolfsohn, 
?L u °?2. Groedel, 23. Rohmer, 24. Plaschkes, 25. Herrnheiser, 26. Deutsch, 27. Goldsehneider 
u Kroner, 28. v. Gröer, 29. Landsberger, 30. Fellner, 31. u. 32. Meyer, 83. Deutsch, 34. Schmidt, 
8. Biedi, 36. Holler, 37. Saji, 88. Joban jun., 89. Aldershoff, 40. Decastello, 41. Paulicek, 
4 Altstaedt, 43. Löwy, Luckseh und Wilhelm, Typhus. — 44. Schmitz, Einzeitige Immunisie- 
rang mit Typhus- und Choleraimpfang. — 45. Reisinger, Kriegsseuchen. — 46. Schöppler, 


47. Trappe, 48. v. Knaffl-Lenz, 49. Holste, 50. Ameseder und Lippich, 51., Ungezieferbekämp- 
fang ım Felde. 





Referate. 


I. R. Kolb. Über Typhusschutzimpfung. (Prager med. Wochenschrift 
1915. Nr. 22.) 


In Österreich wird der Impfstoff in 5-6tägigem Intervall, das erstemal 
I ccm, das zweitemal 2 ccm injiziert. Da nach der zweiten Injektion die Reaktion 
Meist ziemlich stark ist, hält K. die in Deutschland übliche dreimalige Injektion 
von je I ccm in 8tägigem Intervall für besser. Die Reaktionserscheinungen waren 
meist nicht stark, nur selten erreichte die Temperatur danach 39; meist war das 
Befinden nach 2 Tagen wieder normal. Bis dahin ist Alkoholgenuß zu verbieten, 
da er die Reaktionserscheinungen steigert. Friedel Pick (Prag). 


2. H. Hecht (Prag). Ein merkwürdiger Anfall nach Typhus- 

vaccination. (Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 24. S. 287.) 

Ein Krankenwärter wurde kurz nach der ersten Injektion von I ccm Typhus- 
vaccine bewußtlos.. Nach dem Erwachen stellten sich heftige Krämpfe in der 
Gesichtsmuskulatur, im Magen-Darmkanal (Diarrhöe, Erbrechen), starke Haut- 
fütung mit intensivem Juckreiz ein. Nach einer Stunde war der Zustand fast 
nörmal, nur das Hautjucken bestand noch bis zum nächsten Tage. Die Ursache 
ist unklar. Es könnte sich um einen anaphylaktischen Shock handeln; die Sen- 
sihilisierung könnte durch die 2!/, Monate zuvor durchgeführte Choleraschutz- 
Impfung erfolgt sein. Friedel Pick (Prag). 


34 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


3. M. H. John (Budapest). Über vergleichende Typhusschutz- 
impfungen. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Verf. impfte die gleiche Anzahl von Soldaten mit dem Pfeiffer-Kolle’schen 
und mit dem ausgewaschenen Johan’schen Impfstoffe. Er fand bei Verwendung 
des letzteren ein weitaus selteneres und geringeres Ansteigen der Körpertem- 
peratur. In 50% der Fälle blieb die Temperatur unter 37,5° gegenüber nur 24°, 
bei dem Pfeiffer-Kolle’schen Impfstoff; das Maximum ging bei dem Johan- 
schen Impfstoff nicht über 39° (39° wurden auch nur bei 6 Fällen erreicht), während 
bei dem Pfeiffer-Kolle’schen 22%, der Fälle Fieber zwischen 39° und 41’ 
bekamen. Als Maßstab für die eingetretene immunisierende Wirkung wurden 
die 12—15 Tage nach der zweiten Injektion festgestellten Agglutinationswerte 
benutzt. Es ergab sich dabei für die gewaschene Vaccine ein Agglutinationstiter 
von 1 : 100 bzw. 1 : 200 in 79%, der Fälle gegenüber 83% bei dem Pfeiffer-Kolle- 
schen Impfstoff. Dabei zeigte sich auch, daß zwischen der Stärke der Reaktion 
und der erzeugten Agglutinationsfähigkeit des Serums kein Parallelismus bestand. 
Um die etwas geringere immunisierende Wirkung des Johan’schen Impfstoffes 
auszugleichen, empfiehlt Verf., mit demselben dreimal zu injizieren. 

Mannes (Weimar). 


4. Löwy. Einige reaktive Störungen bei Typhusschutzgeimpften. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

Nach Typhusschutzimpfung mit abgetöteten Typhusbazillen kommt es 
einzeln oder kombiniert zu Symptomen, wie sie sich beim Typhus abdominalis 
finden. Die Kombination dieser Störungen, somit das Syndrom des Typhus- 
schutzimpfung, absorbiert unter 23 Impfungen 10 von 16 Dickdarmempfindlich- 
keiten der Gesamtfälle, 8 von 10 Milzveränderungen, 7 von 15 Zungenbelag, 
6 von 9 Temperatursteigerungen, 6 von 11 Pulsverlangsamungen, 4 von 7 Augen- 
störungen und die Gesamtzahl der Empfindlichkeit des Dickdarms, 4 von 4. Aber 
trotzdem sich das Syndrom der Typhusschutzimpfung seinen Hauptzügen und 
Prädilektionsstellen nach aus Typhussymptomen zusammensetzt, macht es dem 
klinischen Gesamtbilde nach durchaus nicht den Eindruck eines antizipierten 
Typhus abdominalis. Vielleicht kommt diese Differenz daher, weil — wenigstens 
in den Fällen des Verf.s — der für das Typhusbild maßgebende Eindruck der 
Prostration fehlt. Seifert (Würzburg). 


5. Ziersch (Freiburg i. Br... Beobachtungen bei Typhusschutz- 
geimpften. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Nach der Typhusschutzimpfung tritt in der Regel, ebenso wie beim Typhus 
abdominalis, sehr bald Leukopenie ein. Eine »negative und positive« Phase im 
Anschluß an die einzelnen Impfungen konnte nicht erkannt werden. Das pro- 
zentuale Blutbild zeigte Analogien mit dem des genuinen Typhus abdominalis, 
abgesehen von der nicht eintretenden Aneosinophilie. Das Auftreten der Gruber- 
Widal’schen Reaktion zeigt weder quantitativ, noch zeitlich während und nach 
der Typhusschutzimpfung erkennbare Gesetzmäßigkeiten. j 

Reckzeh (Berlin). 


6. Laqueur (Groningen). Über die Unschädlichkeit der Typhus- 
schutzimpfungen. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 
Die Typhusschutzimpfung führt ebensowenig wie die Choleraschutzimpfung 
bei sorgfältiger Ausführung zu irgendwelchen ernsteren Komplikationen, in bei 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.3. 35 


weiten der größten Anzahl der Fälle, 98%, finden sich neben der Lokalreaktion 
am Morgen nach der Impfung überhaupt keine Störungen, und in weniger als 1°, 
muß der Dienst I Tag ausgesetzt werden; am Morgen nach der Impfung besteht, 
nur gerade angedeutet, eine Tendenz zu einer Erhöhung der Pulszahl. 

Reckzeh (Berlin). 


7. Franz Ickert. Der Einfluß der Typhusschutzimpfung auf das 
weiße Blutbild. (Beiträge z. Klinik d. Infektionskrankheiten u. z. Im- 
munitätsforschung 1915. Bd. IV. Hft. 2.) 

Schlüsse: 
Durch Typhusschutzimpfung ändert sich das weiße Blutbild in derselben 

Weise wie durch eine echte Typhuserkrankung. 

Die Immunkörperbildung erfolgt nach anderen Gesetzen als die Regeneration 
der weißen Blutzellen. 
Die Typhusschutzimpfung ist in ihren Ergebnissen experimentell-pathologisch 
für die Typhuserforschung zu verwerten. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


8. Reiss (Frankfurt a. M.). Der Wert der Agglutinationsprobe 
bei Typhusgeimpften. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 
Da ein beträchtlicher Teil der mitteleuropäischen Bevölkerung mit Typhus- 
vaccine vorbehandelt ist, ist der positive Ausfall der Agglutinationsprobe nur 
mit aller Vorsicht zu verwerten. Reckzeh (Berlin). 


9. Dünner (Berlin). Die Verwertbarkeit der Widal’schen Reaktion 

der Schutzgeimpften. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

Es ergibt sich eine so große Zahl von Schwierigkeiten, daß ein einheitlicher, 
für alle gültiger Schwellenwert unmöglich ist. Der Versuch scheitert an der 
qualitativen und quantitativen Differenz des verwandten Impfstoffes, an der 
individuell schwankenden Produktion von Agglutinationen beim Geimpften, an 
der Zeit, die seit der Impfung verstrichen ist und an der verschiedenen Agglutina- 
silität der Typhusstämme. Reckzeh (Berlin). 


10. J. Löwy (Prag). Über die Gruber-Widal’sche Reaktion. (Prager 

med. Wochenschrift 1915. S. 175.) 

Unter 77 Soldaten, die anamnestisch weder Typhus durchgemacht hatten, 
noch gegen Typhus geimpft worden waren, hatten 25%, eine deutliche positive 
Gruber-Widal’sche Reaktion. Wenn man unter sehr rigoroser Berücksich- 
tigung der Fehlerquellen der Agglutinationsprobe alle jene Fälle in Abrechnung 
dringt, welche unter einer Verdünnung von 1 : 100 agglutinieren, so bleibt immer- 
hin noch ein Rest von 13%, von Soldaten übrig, von denen anzunehmen ist, daß 
se eine Abortivform des Typhus durchgemacht haben und vielleicht erklärt die 
Anwesenheit derartiger Typhuskranker im Heere das Entstehen der großen 
Typhusepidemie aller moderner Kriege. 

Vom praktischen Standpunkt aus ist dem positiven Ausfalle der Gruber- 
Widal’schen Reaktion bei Soldaten derzeit keine so große diagnostische Be- 
tutung zuzumessen wie, in Friedenszeiten und es ist zur Stellung der Diagnose 
Typhus abdominalis angezeigt, sich den Typhusbazillus aus Harn, Stuhl oder 
Blut kulturell darzustellen. Friedel Pick (Prag). 


3% 


36 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


11. Gaehtgens (Hamburg). Die Gruber-Widal’sche Reaktion und 
die Beschränkung ihrer praktischen Verwertbarkeit für die 
Typhusdiagnose. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 
Eine auf Grund der Agglutinationsbefunde als Y-Epidemie angesprochene 
Häufung von ruhrartigen Erkrankungen zeichnete sich durch die starke Ein- 
wirkung der Kranken- und Rekonvaleszentensera nicht nur auf Flexnerbakterien, 
sondern teilweise auch auf Typhus-, Paratyphus-B- und Gärtnerbazillen aus. 
Diese starke Beeinflussung der Typhus- und typhusähnlichen Bakterien mußte 
nach Ausschluß aller anderen Möglichkeiten als Mitagglutination gedeutet werden 
und beansprucht eine besondere Beachtung, da sie mitunter zu diagnostischen 
Irrtümern Veranlassung geben kann. Reckzeh (Berlin). 


12. E. J. McWeeney (Dublin). Immunity against infectious disease 
with special reference to antityphoid inoculation. (Lancet 
1915. Februar 6.) 

Die Arbeit über die Grundlagen der Schutzimpfungen ist wertvoll durch die 
Daten über die Ergebnisse der prophylaktischen Typhusvaccination im englischen 
südafrikanischen Feldzug, in Indien und in der nordamerikanischen Armee. 

F. Reiche (Hamburg). 


13. Ziemann (Saarburg i. L.). Schnellere Methode der Stuhlent- 
nahme bei Massenuntersuchungen auf Bazillenträger. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32. Feldärztl. Beilage Nr.32.) 

Es handelt sich um eine 28 cm lange und 1,5 mm dicke, unten abgerundete 
und geschlossene Glasröhre. Dieselbe zeigt 3cm über dem unteren Ende eine 
11/ cm lange und 1!/,cm breite Öffnung, durch welche beim Einführen der 
Röhre in den Mastdarm der Kot seitlich in die Röhre eindringen kann. 

Reckzeh (Berlin). 


14. E. Ebeling. Über das Vorkommen von Typhusbazillen im 
Blute eines „gesunden“ Bazillenträgers. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 15.) 

Es handelt sich in dem mitgeteilten Falle um eine Frau, die mit einer an 
Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit seit 14 Jahren Typhusbazillenträgerin 
ist und eines Tages bei völligem Wohlbefinden und normaler Temperatur Typhus- 
bazillen im Blute aufweist, während ihr Blutserum in einer Verdünnung von 
1 :200 Typhusbazillen agglutiniert. Es ist dies wohl der einzige beschriebene 
Fall von Vorkommen von Typhusbazillen im Blute »gesunder« Bazillenträger. 

Lohrisch (Chemnitz). 


15. Nobel und Neuwirth. Über einige Schwierigkeiten bei der 
Frühdiagnose des Abdominaltyphus bei Schutzgeimpften. 
(Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Verff. kommen zu dem gleichen wie von anderen Autoren erhobenen Resultat, 
daß der Gruber-Widal’schen Reaktion bei den gegen Typhus Schutzgeimpften 
keine diagnostische Bedeutung mehr zukommt. An ihre Stelle hat nunmehr die 
Blut-Gallenkultur nach Drigalski zu treten, die beweisend und leicht ausführ- 
bar ist. Feith (Nürnberg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 37 


16. Mülhens. Zur Typhusdiagnose im Felde. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 31.) 
Die Weiss’sche Probe ist mindestens bei kürzlich Typhusgeimpften kein 
sicheres Schutzmittel gegen Sicherung der Typhusdiagnose. 
Reckzeh (Berlin). 


17. J, Rocek. Die Wirkung des Indols auf Typhuskulturen als 
theoretische Grundlage für therapeutische Versuche. (Casopis 
lékaruv ceskych 1915. Nr. 30.) 

Indol ist leicht löslich in Alkohol, schwerer löslich in warmem und am schlech- 
testen löslich in kaltem Wasser. Bei 18° C löst sich 1 g Indol in 1 ccm 96% igem 
Alkohol; bei Abkühlung fällt ein großer Teil wieder aus. Die Löslichkeit in 
2° igem Wasser beträgt 1 : 500, wobei dem Wasser das Indol in alkoholischer 
Lösung unter stetigem Schütteln zugesetzt werden muß. | 

Das Indol setzte R. verschiedenen, mit verschiedenen Mikroben beschickten 
Nährböden zu und fand, daß die Indol bildenden Arten (B. coli, V. cholerae) das 
Indol besser vertragen als die kein Indol bildenden Spezies (Typhus, Dysenterie). 
Ein Zusatz von 0,004179 g indol zu 10 ccm Nährboden (Agar, Bouillon) verhindert 
das Wachstum des Typhusbazillus, während das B.coli noch üppig wächst. 
Höhere Konzentrationen heben jedes mikrobielle Wachstum auf und wirken 
Cesinfizierend auf die aufgegangenen Kulturen. Eine Wirkung des Alkohols wurde 
durch Kontrolleprouvetten ausgeschlossen. 

Die Untersuchung des Stuhles Typhöser und Gesunder auf Indol nach Sal- 
kowskiund Ehrlich-Boehm ergab, daß sämtliche 17 Typhuskranke kein Indol 
im Stuhl hatten, während dasselbe im Stuhl Gesunder unter 30 Fällen höchstens 
3mal fehlte. Es ist daher anzunehmen, daß der Mangel an Indol ein langes Ver- 
weilen der Typhusbazillen im Darme der Typhuskranken ermöglicht, woraus 
sich der Impuls zu therapeutischen Versuchen ergibt. 

Da 0,00419 g Indol in 10 ccm Nährsubstanz das Wachstum der Typhusbazillen 
verhindert, also rund 0,5 g Indol auf 1000 ccm, würde die Tagesdosis für den 
Menschen bei der Aufnahme von etwa 2 Liter Flüssigkeit (Milch) pro die rund 
| g Indol betragen. Der Autor injizierte das Zehnfache der auf das Körpergewicht 
ds Meerschweinchens und Kaninchens umgerechneten Dosis diesen Tieren sub- 
kutan und intraperitoneal und die Tiere blieben gesund. Für Hunde von 2,5 bis 
8kg Gewicht waren 0,5 g, per os gereicht, unschädlich. 

Der Autor empfiehlt folgenden Vorgang: Jedem Liter Flüssigkeit, die der 
Kranke aufnimmt, wird 0,5 g Indol zugesetzt. (Rp.: Indol cryst. Merck 0,5, Alcohol 
I=2cem; F. s. Aq. destill. 100 ccm. Das Wasser darf nicht zu kalt sein; beim 
Schütteln muß eine feine Emulsion entstehen.) G. Mühlstein (Prag). 


18, v. Hecker und C. Hirsch. Erfahrungen und Gedanken über 
Typhus und Typhusbehandlung im Felde. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 38. S. 1039.) 

, In der mit zahlreichen Abbildungen und Kurven versehenen Arbeit haben 
die Verff. ihre Erfahrungen bei der Einrichtung und dem Betriebe eines Typhus- 
lazaretts im Felde niedergelegt. Mustergültig sind die Einrichtungen. 

l Was die Behandlung der Kranken anbetrifft, so setzte diese gewissermaßen 
anon vor der Einbringung in das Lazarett ein, indem sämtliche Korpsärzte der 

Armee, der Verff. zugehörten, kurz verfaßte Grundsätze über die Behandlung des 


38 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.3. 


Typhus bis zur Einlieferung ins Lazarett zugingen. In diesen wurde namentlich 
gewarnt vor der kritiklosen Darreichung von Antipyreticis und die Wichtigkeit 
der frühzeitigen Verordnung von Herzmitteln betont, um der Kreislaufschwäche 
vorzubeugen. Schließlich wurde noch ein Verzeichnis der Kalorienwertes der 
wichtigsten für die Typhusernährung in Frage kommenden Nahrungsmittel auf- 
gestellt, und eine mehr breiige Ernährung empfohlen. Die Erfolge der Behand- 
lung drücken sich am besten in der Mortalitätsziffer aus; einschließlich aller Fälle 
mit schwerster Transportschädigung betrug sie 7,4%. Abzüglich der Fälle, die 
infolge von Transportschädigungen in hoffnungsiosem Zustand eingeliefert 
wurden und kurz darauf starben, stellte sie sich sogar nur auf 5,4%. Was die 
Behandlung anbetrifft, die im allgemeinen eine symptomatische war und vor 
allen Dingen das Eintreten einer Kreislaufschwäche zu verhindern suchte, so ist 
erwähnenswert, daß die Verff. bei manchen hochgradig abgemagerten, aus- 
getrockneten Rekonvaleszenten durch regelmäßige Darreichung von Kochsalz, 
einfach als Zugabe zur Suppe oder in den Speisen eine merkwürdig rasche Ge- 
wichtszunahme erhielten. Es liegt nahe, hier an eine interessante Beeinflussung 
des Wassergehaltes der Gewebe durch bestimmte Eingriffe in den Mineralstoff- 
wechsel zu denken. Die merkwürdige Erscheinung, daß in ihrer Statistik die 
jüngeren Altersklassen eine etwas höhere Sterblichkeit zeigten, gegenüber der 
Friedensmortalitätskurve Fiedler’s, erklären die Verff. damit, daß sich aus diesen 
Jahresklassen hauptsächlich auch die Kriegsfreiwilligen rekrutierten, die den 
körperlichen und geistigen Anstrengungen des Feldzugs doch noch nicht so ge- 
wachsen waren. 

Nur bei zweifelhaften Fällen wandten Verff. die bakteriologischen Blutunter- 
suchungen an, und zwar die Gallenanreicherung nach Schottmüller. Was den 
Verlauf des Typhus bei bereits Geimpften anlangt, so fanden Verff., daß während 
bei Nichtgeimpften sich häufig bereits im Inkubationsstadium Typhuserreger im 
kreisenden Blute nachweisen ließen, andererseits relativ häufig Versager auftraten 
bei der bakteriologischen Blutuntersuchung am Typhus erkrankter Geimpfter. 
Es dürfte bei diesen Erkrankten eine Vermehrung bakterizider Stoffe infolge der 
Impfung die Entwicklung der Bazillen in der Blutkultur hemmen. Die Fieberkurve 
Geimpfter nähert sich mehr den Kurven des sogenannten Typhus levissimus oder 
Typhus abortivus. Die Fieberdauer wird kürzer. Die Temperatur zeigt größere, 
anscheinend unmotivierte Schwankungen. Interessant war die Beteiligung der 
Geimpften an den Todesfällen, von einmal Geimpften starben 8,73%, von zwei- 
mal Geimpften starben 5,55°%,, von dreimal Geimpften 4,79%. Die schwersten 
Fälle waren immer die, wo sich die Geimpften bereits im Inkubationsstadium 
bzw. Initialstadium eines Typhus bei der Impfung befunden hatten. Der Verlauf 
der Erkrankung war anscheinend um so leichter, je später nach erfolgter dritter 
Impfung die Typhusinfektion erfolgt. Von den 4 Wochen und später nach er- 
folgter dritter Impfung Erkrankten ist keiner gestorben. Interessant ist, daß 
auch bei den Geimpften der alte Erfahrungssatz gilt: Je leichter die primäre Er- 
krankung, desto zahlreicher treten Rezidive auf. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


19. Hirsch (Göttingen). Über atypische Verlaufsformen des Typhus 
im Felde. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 
Die Mortalität der Geimpften ist unzweifelhaft viel geringer als die der Nicht- 
geimpften. Überall zeigt sich eine Zunahme der Typhuserkrankungen in den 
späten Sommer- und in den Herbstmonaten. Bei schweren Epidemien kann die 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 39 


Steigerung bis in den November und Dezember hinein anhalten. Bemerkenswert 
ist das besonders schwere Krankheitsbild mit Kollapsgefahr bei jungen Kriegs- 
freiwilligen. Ein besonders schwerer Krankheitsverlauf dagegen ist zu beobachten 
bei Fällen, die im Inkubations- oder Initialstadium eines Typhus geimpft werden. 
Durch eine zu weit gehende Interpretierung leichter Unwohlseinsäußerungen als 
Typhus afebrilis kann die Prophylaxe über das eigentliche Ziel hinausschießen 
und störend wirken auf die Bewegungsfreiheit der Truppe. 
Reckzeh (Berlin). 


20. Wolfsohn. Appendicitis und Typhus. (Berliner klin. Wochenschrift 

1915. Nr. 33.) Ä 

Die beschriebenen Fälle von »atypischer Blinddarmentzündung« stellen 
wahrscheinlich leichte Typhusinfektionen dar, bei denen die Bazillen den Magen- 
Darmkanal verschonen und sich im Wurmfortsatz festsetzen, daselbst anatomische 
und ganz bestimmte klinische Veränderungen hervorrufen. In mehr akut ver- 
laufenen Fällen muß eine Mischinfektion mit gewöhnlichen Eitererregern ange- 
nommen werden. Die Anwesenheit der Typhusbazillen mag hier den Boden für 
letztere vorbereitet haben, wie das z. B. auch bei posttyphösen Knochenmarks-, 
Muskel- und Hodenentzündungen nicht selten geschieht. Ob es ganz symptom- 
lèse Bazillenträger gibt, deren Keimdepot der Wurmfortsatz ist, bedarf noch einer 
weiteren Klärung. Reckzeh (Berlin). 


21. Groedel (Frankfurt a. M. und Nauheim). Erscheinungen am 
Zirkulationsapparat in der Typhusrekonvaleszenz. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

Bei der Entscheidung der Dienstfähigkeit der Typhusrekonvaleszenten inter- 
essiert weniger die Frage, ob eine anatomische Läsion des Herzens vorgelegen hat, 
els diejenige, wie weit die Funktionstüchtigkeit des Kreislaufapparates vermindert 
war. Die Frage, ob ein Teil der nicht felddienstfähigen Leute garnisondienstfähig 
zu erklären ist, ist schwierig zu beantworten. Für den größten Teil derselben 
wäre der Dienst vielleicht direkt heilsam. Der Arzt wird seine Zustimmung in 
vielen Fällen aber nur geben können, wenn er die Gewißheit hat, daß eine dauernde 
regelmäßige Überwachung in der oben erörterten Weise in der betreffenden Gar- 
uson oder noch besser in einer besonderen Rekonvaleszententruppe durchführbar 
st und durchgeführt wird. Reckzeh (Berlin). 


22. Groedel (Frankfurt a. M.). Erscheinungen am Zirkulations- 
apparat in der Typhusrekonvaleszenz. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 32. Feldärzti. Beilage.) 

Das häufige Vorkommen einer Myokarditis oder Myodeneneration nach 
Typhus ist ausgeschlossen. Dagegen spricht die anatomische Erfahrung, ferner 
die klinische Tatsache, daß 1 bis 2 Jahre nach Überstehen der Krankheit das Herz 
brmal gefunden wird. Scheiden wir das systolische Geräusch als ein nach schwe- 
"ten Krankheiten, nach körperlichen Überleistungen, bei Änderung der Blut- 
Pt:chaffenheit und der Strömungsverhältnisse häufig auftretendes, meist längere 
kit persistierendes und verhältnismäßig belangloses Symptom aus, so bleiben 
als auffallende, nicht ohne weiteres geklärte Erscheinungen die Tachykardie und 
der Hochdruck übrig. In der Mehrzahl der Fälle kann mit Ablauf der bekanntlich 
"cht langen Typhusrekonvaleszenzzeit das Zirkulationssystem in gleichem Maße 
ai: die Körpermuskulatur Strapazen ausgesetzt werden. Reckzeh (Berlin). 


40 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


23. Rohmer (Marburg, z. Z. im Felde). Über die Wirkung der 
Typhusinfektion auf das Herz bei unseren Feldtruppen. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Im Gegensatz zu der im Frieden von den meisten Forschern gemachten Be- 
obachtung, daß eine direkte Schädigung des Herzmuskels durch die Typhusinfek- 
tion keineswegs die Regel darstellt und die vorhandene Kreislaufschwäche meist 
auf einer Vasomotorenlähmung beruht, konnte Verf. an den 22 auf seiner Lazarett- 
abteilung aufgenommenen typhuskranken Feldsoldaten fast durchweg Zeichen 
geschädigter Herztätigkeit auffinden. Es fand sich vor allem Leiserwerden der 
ersten Töne und auffallend häufig völliges Verschwinden derselben, wozu sich bei 
anderen Fällen verstärkter zweiter Pulmonalton, Verbreiterung des Herzens, 
abnorm niedriger Blutdruck, Pulsveränderungen, systolische Geräusche, Embryo- 
kardie und auch Galopprhythmus gesellten. Verf. erblickt die Erklärung für 
dieses auffallende Vorwiegen der Herzstörungen, die übrigens auch als Ursache 
der verhältnismäßig hohen Mortalität des Typhus bei den Feldtruppen ange- 
sprochen werden müssen, in der Tatsache, daß es sich um Herzen handelt, die 
vor der Typhuserkrankung bereits durch die Strapazen des Feldzuges geschädigt 
wurden, wie denn auch solche Schädigungen bei vorher gesunden Männern durch 
die außerordentlichen Anforderungen dieses Krieges bereits von zahlreichen Autoren 
festgestellt worden sind. Mannes (Weimar). 


24. Plaschkes. Typhusgastritis. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr.42.) 
Bei den auf dem südlichen Kriegsschauplatze vorgekommenen gehäufteren 
Typhusfällen ergab sich Gelegenheit, viele Kranke und Rekonvaleszenten nach 
ihrem Magenzustand auszufragen, und vielfach ergab sich, daß vorher ganz gesunde 
Individuen (niemals Magenbeschwerden) erst seit den Typhus Beschwerden hatten: 
nach dem Essen (besonders nach dem Mittagessen) quälendes Gefühl des Druckes 
und der Völle im Magen, oft bis zu 4 Stunden andauernd, dabei saures oder ge- 
schmackloses oder sogar übel schmeckendes Aufstoßen, bisweilen auch Erbrechen. 
Auffällig war bei 14 Magenbefunden die starke Beimengung von sehr großen 
Schleimmassen. Die motorische Funktion des Magens ist oft ziemlich bedeutend be- 
einträchtigt, die verdauende Kraft des Magens in einzelnen Fällen, und zwar 
nicht bloß in den anaziden, sehr schlecht. Meist Herabsetzung der Azidität. Diese 
Befunde erscheinen von Wichtigkeit für die Diätfrage während der Typhus- 
rekonvaleszenz und weisen auf die Zweckmäßigkeit der regelmäßigen Salzsäure- 
verabreichung bei jeder Nahrungsaufnahme hin. Seifert (Würzburg). 


25. Herrnheiser. Über Eigentümlichkeiten des Abdominaltyphus 
im Kriege. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

Bei 10%, der Typhusfälle fanden sich während der Rekonvaleszenz ephemere 
Temperatursteigerungen, Eintagsfieber, ohne nachweisbare Ursache. Während 
des kurzen Fieberanfalles ergab die objektive Untersuchung in allen diesen Fällen 
normale Verhältnisse; subjektive Beschwerden, wenn überhaupt vorhanden, 
waren allgemeiner Natur: Schmerzen im Kopf, Unterleib, Beinen. Auf Diätfehler 
ließen sich diese Temperatursteigerungen kaum zurückführen. Meist blieb es bei 
einem »Relaps«, zweimal wurden zwei Anfälle, zweimal drei Anfälle, durch einige 
fieberfreie Tage voneinander getrennt, beobachtet. In der Regel dauerte das Fieber 
nur I Tag, in zwei Fällen 2 Tage. Was die Zeit des Auftretens der »Relapse« 
betrifft, war die 2. Woche der Rekonvaleszenz bevorzugt. Etwas seltener stellten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 41 


sie sich in der 1. und 3. Woche ein, zweimal zeigte sich der ephemere Temperatur- 
anstieg erst am 30. Tage nach der Entfieberung. 

In einer Reihe von Eintagsfiebern wurden Stuhl und Urin am Tage des An- 
falles oder kurz darauf bakteriologisch untersucht. Dabei konnte einmal eine 
zugleich mit dem Fieber einsetzende Ausscheidung von Typhusbazillen fest- 
gestellt werden. Seifert (Würzburg). 


26. Deutsch. Nephrotyphus. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 
In einem Hause erkrankten hintereinander drei Bewohner, die in direktem 
Kontakt miteinander standen, unter allen Zeichen einer akuten Nierenentzündung 
und hohem Fieber. Diese Nierenentzündung stellte sich als das einzige lokale 
®-Mptom eines Typhus, als Nephrotyphus, heraus. Andere Symptome der 
typhösen Infektion, abgesehen vom Fieber, traten während der ganzen Zeit der 
Erkrankung nicht auf. Die Erreger waren in einem Falle schon am 4. Tage der 
Erkrankung im Harn in großer Menge nachweisbar; zur selben Zeit waren sie auch 
schon im Blute vorhanden, weshalb es nicht feststeht, ob die Niere primär oder 
sekundär erkrankte. Da alle drei Fälle in völlig gleicher Weise erkrankten, war 
die Infektion von außen her durch die Harnwege ausgeschlossen. Die Bazillen 
zeigten alle kulturellen Eigenschaften von Typhusbazillen, zeichneten sich aber 
trotz vielfacher Überimpfung durch andauernde Serumfestigkeit aus. Sonstige 
atypische Merkmale, die man in Beziehung zur Fähigkeit, gerade die Niere zu 
affizieren, hätte bringen können, konnten nicht nachgewiesen werden. Es bleibt 
deher nichts übrig, als an eine besondere Affinität der Bazillen zur Niere in diesen 
Fällen, an einen spezifischen Organotropismus, zu denken, wie es auch bei anderen 
Erkrankungen zuweilen beobachtet wird. Seifert (Würzburg). 


27. Goldschneider und Kroner. Über den Einfluß der Typhus- 
schutzimpfungen auf die Typhuserkrankungen bei der ... 
Armee im Herbst und Winter 1914/15. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 36—38.) 

Die Fieberdauer war bei den Geimpften häufig verkürzt. Das Fastigium 
fchlte bei Geimpften über doppelt so oft als bei Ungeimpften. Bei den Geimpften, 
weiche ein Fastigium erkennen ließen, war letzteres, außer bei nur einmal Ge- 
Impften, durchschnittlich von kürzerer Dauer als bei Ungeimpften. Die maximale 
Temperaturhöhe während des Fastigiums war bei Geimpften durchschnittlich 
eiheblich geringer als bei Ungeimpften. Durchweg oder vorwiegend remittierender 
Verlauf des Fiebers war bei Geimpften viel häufiger als bei Ungeimpften. Die 
Fieberkurve bei Geimpften läßt in ihrer Struktur häufig die Merkmale einer ge- 
milderten Fieberform erkennen. Die einmalige Impfung im Beginn der mani- 
festen Erkrankungen hat keine Vorzüge vor der Impfung in der Inkubationszeit, 
aber auch keine Nachteile. Die zweimalige Impfung je kurz vor und kurz nach 
dm Krankheitsbeginn ist günstiger als die einmalige Impfung nach dem Krank- 
Reitsbeginn. Die toxische Wirkung auf den Herzmuskel ist bei Geimpften wesent- 
‚ch geringer als bei Nichtgeimpften und bei mehrmals Geimpften wieder günstiger 
a's bei nur einmal Geimpften. Reckzeh (Berlin). 


3. v. Gröer (Wien). Zur Frage der sog. Vaccine- oder Bak- 
teriotherapie: „Ergotrope* Therapie des Typhus abdominalis. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 


Es handelt sich hier um eine neue Gruppe der Heilungsvorgänge, deren Wesen 


42 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


in der Auslösung einer Umstimmung in der Reaktionsfähigkeit des Organismus 
zu suchen ist. Reckzeh (Berlin). 


29. 0. Landsberger. Zur Prognosestellung bei Typhus abdomi- 
nalis. (Med. Klinik 1915. Nr. 39. S. 1078.) 


Die Gallen-Agarplatte ermöglicht oft schon in 12 bis 20 Stunden die bakterio- 
logische Typhusdiagnose. Der primär schwer verlaufende Typhus (Typhussepsis) 
kann mittels dieser Methode frühzeitig diagnostiziert werden. Bei der Beurteilung 
der Erfolge von therapeutischen Maßnahmen bei Typhus empfiehlt es sich, die 
Fälle mit hoher Bazillenzahl von denen mit niedriger Zahl gesondert zu behandeln. 
Bei den Fällen mit hoher und bei denen mit niedriger Bazillenzahl hat die intra- 
venöse Injektion von großen Dosen (200 000 000 Keime) Besredkavaccine wohl 
oft eine Beeinflussung der Fieberkurve, aber bei keinem der Fälle eine dauernde 
Entfieberung zur Folge gehabt. Die Mortalität war bei den mit Injektionen Be- 
handelten und bei den Unbehandelten ziemlich gleich. 


Ruppert (Bad Salzuflen). 


30. Bruno Fellner. Beitrag zur Therapie des Typhus abdominalis. 

(Med. Klinik 1915. Nr. 39. S. 1074.) 

Verf. berichtet über 500 Fälle: Die Behandlung mit subkutanen Injektionen 
nach Besredka bewirkte eine Abkürzung des Krankheitszustandes sowie des 
Fiebers in den erfolgreichen Fällen auf die Hälfte der Krankheitsdauer (60°, 
deutliche, 20%, weniger deutliche Beeinflussung). Komplikationen traten in den 
erfolgreichen Fällen seltener ein. Rezidive traten bei den gespritzten Fällen 
um die Hälfte weniger auf als bei den nichtgespritzten. Die Gewichtsverluste 
waren in einer Reihe von gepritzten Fällen wesentlich geringer. Die durch die 
abgekürzte Krankheit weniger erschöpften Kranken bedurften auch einer viel 
kürzeren Rekonvaleszenzzeit. Eine Beeinflussung der Mortalität durch die Injek- 
tionen war nicht zu bemerken. Ruppert (Bad Salzuflen). 


31. Meyer. Spezifische Typhusbehandlung. (Berliner klin. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 26.) 

Die Schutzimpfung gesunder Personen ist unschädlich und wahrscheinlich 
gecignet, die Morbidität der Geimpften wesentlich herabzusetzen. Die Behand- 
lung schwerer Typhen mit Impfstoffen (ätherisierten und sensibilisierten Bazillen) 
bietet vornehmlich in späteren Stadien — während einer Selbstimmunisierung 
angebahnt, aber nicht hinreichend stark ist — gute Aussichten auf Erfolg; die 
intravenöse Injektion sensibilisierter Impfstoffe ist als aussichtslos zu betrachten 
und weiter zu studieren. Große Bedeutung scheint die Nachimpfung eben ent- 
fieberter Typhuskranker zur Vermeidung von Nachkrankheiten und Rezidiven 
zu haben. Die Sera solcher hochimmunisierter Typhusrekonvaleszenten sind heil- 
kräftig. Reckzeh (Berlin). 


32. Meyer (Berlin). Intravenöse Typhusbehandlung mit der sensi- 
bilisierten Bazillenemulsion (Höchst). (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 33.) 

Die intravenöse Behandlung mit dem sensibilisierten Impfstoff Höchst läßt 
die von mancher Seite bei anderen Präparaten gerügten unangenehmen Neben- 
wirkungen vermissen, sie führt irgendwelche Schädigungen nicht herbei und ist 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 43 


in manchen Fällen sicher geeignet, den Verlauf abzukürzen und zu mildern. Wäh- 
rend die subkutane Injektion der Äthervaccine sich besonders für späte Fälle 
zu eignen scheint, ist für die intravenöse Behandlung mit sensibilisierter Vaccine 
der frühzeitige Behandlungszeitpunkt Vorbedingung des Erfolges. 

Reckzeh (Berlin). 


33. Deutsch. Zur Vaccinebehandlung des Typhus abdominalis. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Die spezifische Behandlung des Typhus abdominalis wurde mit der Typhus- 
vaccine nach Besredka durchgeführt, und zwar zuerst intravenös einmal und 
mehrmals, später intravenös und subkutan und schließlich nur subkutan. Wenn 
auch günstige Beobachtungen zu machen waren, steht doch der Verf. den 
gunstigen therapeutischen Angaben mehr als skeptisch gegenüber. Jedenfalls 
wire von den intravenösen Injektionen abzusehen und nur die subkutane an- 
zuwenden. Eine besondere Auswahl der Fälle braucht nicht stattzufinden, ab- 
gesehen davon, daß die Behandlung möglichst frühzeitig einsetzen soll. 

Seifert (Würzburg). 


#4. R. Schmidt (Prag). Klinische Gesichtspunkte zur Frage der 
intravenösen Vaccinetherapie bei Typhus. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. S. 149.) 

Im Anschluß an den Vortrag Biedl’s tritt S. mit Nachdruck dafür EN daß 

xi Vornahme intravenöser Vaccineinjektionen bei Typhus mit größter Strenge 

und größter Umsicht die leider sehr zahlreichen und schwer einschätzbaren Kontra- 

isdikationen berücksichtigt werden mögen. Er verweist u.a. auf die durch die 
injektion eventuell ausgelöste hämorrhagische Diathese hin, welche bereits Todes- 

:ffer gefordert hat, und empfiehlt Untersuchung auf okkulte Darmblutung vor 

Beginn einer intravenösen Vaccinekur. Auch bronchitische und pneumonische 

Komplikationen haben im allgemeinen als Kontraindikation zu gelten, ebenso 

ıchwächezustände des kardiovaskulären Systems. Der Autor hält eine spezifische 

Einwirkung, im Gegensatz zu den Anschauungen von R. Kraus, nicht für aus- 

sexhlossen, möchte aber gleichfalls annehmen, daß eine starke unspezifische 

K-mponente zur Wirkung gelangt. Der Autor ist nicht der Ansicht, daß die intra- 

‚use Vaccinetherapie nach den bisher vorliegenden Erfahrungen irgendwie 

Berechtigung hat, als Hauptmethode der Typhusbehandlung zu gelten, da die 

Kırtraindikationen leider sehr zahlreich und schwer einschätzbar sind. 

Friedel Pick (Prag). 


35. A. Bied] (Prag). Therapeutische Verwendung von Typhus- 
impfstoffen beim Menschen. (Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 6.) 

B. hat 22 schwere Typhusfälle, und zwar je 11 mit dem Vincent’schen und 

>t dem Besredka’schen Impfstoffe (aus dem Paltauf’schen Institut) be- 
"ndlt. Von 3 subkutan mit Vincent Behandelten wurde nur einer rasch ent- 
“ert, einer starb, der dritte wurde im Fieberverlauf nicht beeinflußt. Von den 
` mut Vincentvaccine intravenös Injizierten starb 1, wurden 7 geheilt, die mit 
Ger:dkavaccine intravenös behandelten 11 Fälle sind sämtlich geheilt, meist 
t nach der Injektion in wenigen Stunden eine Temperatursteigerung (mitunter 
"+2 Grad) ein, woran sich Abfall zur Norm — oft mit bleibender Entfieberung 

> schließt. Dabei Allgemeinbefinden gut, keine Rezidive. B. bespricht auch die 


44 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


bisherige Literatur über diese Impfungen und deren theoretische Erklärung. 
Entgegen Kraus möchte er die Vorstellung, daß bei der intravenösen Vaccine- 
therapie einer der Anaphylaxie verwandte shockartige Wirkung der injizierten 
Eiweißabbauprodukte vorliege, vorläufig nicht völlig abweisen; allerdings haben 
dementsprechend mit Histamin gemachte Versuche bei drei Typhusfällen keine 
deutliche Wirkung auf den Fieberverlauf gehabt. 

Friedel Pick (Prag). 


36. Gottfried Holler. Zur Vaccinetherapie des Typhus abdomi- 
nalis. (Zeitschrift für klin. Medizin Bd. LXXXI. Hft.5 u.6. S. 462.) 
H. hat ungefähr 100 Soldaten mit der Vincent’schen Vaccine, einem poli- 
valenten, in Kochsalz aufgeschwemmten Ätherimpfstoff, behandelt und berichtet 
an der Hand der Krankengeschichten über 30 Fälle. Kontraindiziert ist die An- 
wendung des Impfstoffes bei Blutungen. Bei Lungenkomplikationen, die der 
intravenösen Therapie großen Widerstand entgegensetzen, und bei großen 
Schwächezuständen wird subkutan injiziert, sonst intravenös. Es kommt fast 
stets bald nach der Injektion unter Schüttelfrost zu einem steilen Anstieg der 
Temperatur. Nach ungefähr 12 Stunden fällt die Temperatur entweder staffel- 
förmig oder kritisch wieder zur Norm ab. Während in sonst allen Fällen der 
Erfolg ein dauernder und ganz überraschender war, kam es in einem Falle nach 
mehrmaliger intravenöser Injektion des Typhusimpfstoffes zu Zuständen starker 
Herzschwäche, denen der Kranke erlag. Verf. rät deshalb zu größter Vorsicht bei 
Anwendung des Verfahrens, hält auch die Methode für die allgemeine Praxis noch 
nicht für reif. B. Hahn (Magdeburg). 


37. Saji. Über die Behandlung des Typhus abdominalis mit 
nicht sensibilisierter „Vaccine“. (Wiener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 27.) 

Verf. hat mit nicht sensibilisierter Vaccine 25 Typhusfälle injiziert und dabei 
gute Erfolge erzielt. Verf. betrachtet die Vaccine als spezifisches Heilmittel zur 
Typhusbehandlung und hält ihre Wirksamkeit hauptsächlichst im Stad. incre- 
menti et fastigui für eine prompte. In vorgerückten Fällen soll die Wirkung 
zweifelhaft sein. Feith (Nürnberg). 


38. B. Johan jun. (Budapest). Über eine Typhusvaccine mit 
milderer Reaktion. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 
Von der Annahme ausgehend, daß die bei der Bereitung des Impfstoffes 
durch Zerfall einer größeren Menge von Bakterien freiwerdenden und zur Lösung 
gelangenden Endotoxine die Ursache der bei Anwendung der Pfeiffer-Kolle- 
schen oft beobachteten unangenehmen Reaktionen seien, hat J. einen Impfstoff 
hergestellt, der durch dreimaliges Auswaschen mit Hilfe einer Zentrifuge von 
diesen Toxinen befreit wird. Diese Vaccine erzeugte bei fast gleicher immuni- 
sierender Wirkung viel mildere klinische Erscheinungen als der Pfeiffer-Kolle- 
sche Impfstoff. Mannes (Weimar). 


39. H. Aldershoff. Klinische und serologische Erfahrungen über 
Typhusimpfung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 886—90.) 
Erfahrungen über 600 mit hiesigem, bei 54° sterilisiertem Agar- und Bouillon- 

vaccin (Kolle und Wright) behandelte Personen. Im ersten Typhusherd boten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 45 


sich nur 1°95, im zweiten schon 40% , im dritten sogar 98°, der Iststärke zur Impfung. 
Dieselbe geschah in der Mehrzahl der Fälle im III. Interkostalraum; die Reaktion 
war nach Applikation in der Bauchhaut intensiver. Dosierung 0,5, 1 und 1,5 ccm 
einer 1000 Millionen Bazillen pro I ccm haltigen Kultur. Lokale und Allgemein- 
reaktion — mitunter Albuminurien toxischen Ursprungs — werden eingehend 
beschrieben, anaphylaktische Erscheinungen fehlten. Von 10 vor etlichen Jahren 
Typhus überstehenden Personen reagierten 6 energischer als alle übrigen unter 
gleichen Bedingungen geimpften, die 4 anderen hingegen gar nicht. — Die Frage 
nach dem jeweiligen Grad der durch die Impfungen ausgelösten aktiven Immunität 
wurde durch die Bestimmung des agglutinierenden und in einigen Fällen durch 
diejenige des bakteriziden Vermögens des Blutserums verfolgt. In 50 Fällen 
stieg der Agglutinierungstiter von < 1:25 nach 8 Tagen bis auf 1 : 100, nach 
4 Wochen bis auf 1 : 500; von einer negativen Phase war nach 6, 12, 24, 48, 
% Stunden nichts bemerkbar. Das bakterizide Vermögen des Serums ergab 
analoge Aufschlüsse, so daß ein gewisser Parallelismus beider Wirkungen wahr- 
scheinlich ist. Von den 10 Personen mit Typhus im Vorleben war die Aggluti- 
nierungstiter vor der Impfung 9mal unterhalb 1 : 25 (nur Imal 1 : 50); bei diesen 
9 Personen bot nach der dritten Impfung die Agglutinierung noch keine Steigerung 
dar (nur bei der 10. Person trat eine Zunahme bis auf 1 : 100 ein). Vielleicht 
betreffen diese 9 Fälle die bleibend immunen Personen, indem die Möglichkeit 
des Vorhandenseins einer zellularen Immunität bei denselben vorliegt, während 
im 10. Falle noch immer das Vermögen der Bildung etwaiger Agglutinine nicht 
vollständig erloschen ist und also eine humorale Immunität angenommen werden 
durfte. Zeehuisen (Utrecht). 


40. Decastello..e Erfahrung über die Heterovaccinetherapie des 

Abdominaltyphus. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

D. berichtet über seine Erfahrungen bei der Heterovaccinetherapie des T. a., 
wie sie von R. Kraus (Buenos Aires) im vergangenen Jahre mitgeteilt wurde. 
Kraus hat festgestellt, daß sich mit intravenösen Injektionen abgetöteter Typhus- 
bazillen Iytische, ja kritische Entfieberung beim Typhus erzielen lassen. D. 
verwendet ein Drittel Kubikzentimeter gleich 30 Millionen Keime zur ersten In- 
jektion. Schüttelfrost und Temperaturanstieg waren Folgeerscheinungen. D. 
hat 10 Fälle damit behandelt, und zwar wurden 4 Fälle durch eine Injektion kritisch 
entfiebert, 1 Fall durch eine Injektion Iytisch, und 2 Fälle durch drei Injektionen 
ebenfalls Iytisch, 2 Fälle blieben refraktär, I starb. D. bezeichnet die Heilung als 
eine wahrscheinlich rein bakteriologische unter Verschwinden der Intoxikations- 
symptome. Eine Beeinflussung anatomischer Veränderungen (Darmgeschwüre) 
ist nicht zu erwarten. Interessant ist, daß D. dieselbe Beeinflussung des Krank- 
heithildes bei der Anwendung der Dysenterievaccine sah. Rumpf hat schon 
1893 mit dem Pyocyaneus beim Typhus therapeutische Versuche mit Erfolg 
gemacht. Fränkel mit dem Typhusbazillus selbst. Als spezifische Therapie 
ist das erwähnte natürlich nicht zu bezeichnen. Gewiß spielen hier andere Momente 
tine Rolle. Esliegt im Hinblick darauf aus jüngster Zeit eine Arbeit von Lüdke 
var (Munchener med. Wochenschrift 1915, Nr. 10), der beim Typhus intravenöse 
Iniektion von Deuteroalbumosen machte und damit kritische und Iytische Tem- 
peraturabfälle erzielte. Die hier gemachten Erfahrungen verdienen in der Typhus- 
therapie aufmerksamste Beachtung. Feith (Nürnberg). 


46 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.3. 


41. Paulicek. Zur Frage der Typhusheilimpfungen. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Die intravenösen Heilimpfungen gegen Typhus scheinen ein sehr wirkungs- 
volles Mittel zur Bekämpfung der Krankheit zu sein, wenn man sie in den ersten 
2 Wochen der Erkrankung vornimmt. Die Injektionen mit Vincent ’scher Vaccine 
rufen sehr heftige Reaktionen von seiten des Organismus hervor und sind in vielen 
Fällen von rascher Heilung gefolgt, indem das Fieber und die Krankheitserschei- 
nungen zuweilen direkt kritisch, in den meisten Fällen Iytisch in ca. 6 Tagen 
zurückgehen; wichtig ist dabei das parallele Absinken der Pulszahl, das zuweilen 
dem verzögerten Fieberabfall vorausgehen kann. Bei den vaccinierten Fällen sind 
Rezidive selten; Komplikationen scheinen dadurch nicht mehr aufgehalten werden 
zu können, weshalb schwere komplizierte Fälle, besonders solche mit Erkrankungen 
des Respirations- und Zirkulationstraktes, von der Behandlung auszuschließen 
sind. Da in einzelnen Fällen die intravenöse Einverleibung des Impfstoffes von 
starker Vasoparalyse und schweren, sogar tödlichen Blutungen gefolgt sein kann, 
so ist bei Anwendung derselben allergrößte Vorsicht geboten, und sie kann vor- 
läufig noch nicht als Gemeingut der Ärzte empfohlen werden. 

Seifert (Würzburg). 


42. Altstaedt (Lübeck). Zur Typhusimmunität. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 26.) 

Individuen, die anamnestisch nicht mit Typhus zusammen gekommen sind, 
reagieren im allgemeinen intrakutan negativ, solche die den Typhus überstanden 
haben, nach Jahren noch ausgesprochen positiv. Durch die Typhusschutzimpfung 
wird die zelluläre Empfindlichkeit gegen das eingespritzte Antigen erhöht, sowohl 
bei Nichtkrankgewesenen, als auch bei denen, die Typhus überstanden haben. 
Die durch Schutzimpfung künstlich erzeugte Empfindlichkeit kann noch nach 
10 Jahren nachzuweisen sein. Reckzeh (Berlin). 


43. Löwy, Lucksch und Wilhelm. Zur Vaccinetherapie des Typhus 
abdominalis. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Subkutane Injektion der Typhuskranken mit Vincent- oder Besredka- 
Vaccine ist an sich ungefährlich, bei intravenösen Injektionen ist Vorsicht anzu- 
wenden, sowohl bei der Indikationsstellung, als auch bei der Dosierung. Kom- 
plikationen von seiten des Herzens geben eine Kontraindikation ab. Die Heil- 
resultate sind nach den von den Verff. gemachten Erfahrungen bei der Anwendung 
der Besredka-Vaccine günstiger. Der Befund einer nach jeder Injektion auf- 
tretenden Leukocytose sowie die Veränderung des Blutbildes nach der Injektion 
scheint den Weg zu weiteren Untersuchungen nach dem Wesen der ganzen Re- 
aktion zu weisen. Seifert (Würzburg). 


44. K. E. F. Schmitz (Greifswald). Über einzeitige Immunisierung 
mit Typhus- und Choleraimpfstoff (Mischimpfstoff). (Berliner 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 22.) 

Es ist gegebenenfalls durchaus zulässig, Personen zur gleichen Zeit mit Typhus- 
und Choleraimpfstoff zu impfen, besonders, da die Impfreaktion nicht stärker 
ausfiel, als sie sonst bei der üblichen zweizeitigen Impfung ist. Der dadurch zu 
erzielende Zeitgewinn (3 Wochen zur vollständigen Durchimpfung statt 5) kann 
in besonderen Fällen, z. B. bei der Durchimpfung eines seuchenbedrohten mobilen 


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Zentralblatt für innere Medizin. Nr.3. 47 


Heeres, von größter Wichtigkeit sein. Bei allen fünf Versuchspersonen konnte 
ein hoher agglutinations- und bakterizider Titer im Serum nach der einzeitigen 
Impfung für beide Antigene, Typhusbazillen und Choleravibrionen, nachgewiesen 
werden. Reckzeh (Berlin). 


45. G. Reisinger. Zur Epidemiologie der Kriegsseuchen. (Prager 

med. Wochenschrift 1915. S. 69.) 

Flecktyphus wurde nach Böhmen durch Kriegsflüchtlinge und Soldaten ein- 
geschleppt und rechtzeitig als solcher diagnostiziert; trotzdem oft positiver Widal 
(in einem Falle 1 : 1000) vorlag. Verlauf und Obduktionsbefunde bestätigten 
die richtige Diagnose. In 64%, der Fälle war Widal positiv. Verf. warnt davor, 
aus dem Ausfalle der Widal’schen Reaktion allein differentialdiagnostische 
Schlüsse zu ziehen. Klinische Beobachtung bleibt für die Diagnose am meisten 
maßgebend; ganz wesentlich wird sie durch den cytologischen Befund gestützt. 
In%°%, war Leukocytose nachweisbar, vereinzelt wurden Prowazek’sche Körper- 
chen gefunden. Verf. hält nach seinen Erfahrungen Läuse für die einzigen Ver- 
mittler der Übertragung des Flecktyphus, aber auch des Rückfallfiebers. Die 
in Böhmen in mehreren Gegenden aufgetretenen Blatternepidemien gingen durch- 
weg von Erkrankungen aus, die als Varizellen angesehen worden waren. Die 
im Verlaufe der Epidemien bei geimpften Personen aufgetretenen leichten Variolais- 
formen, die gleichfalls vielfach verkannt und als Varizellen angesprochen, daher 
nicht angezeigt worden sind, verursachten eine bedrohliche Ausbreitung der Epi- 
demien und erschwerten ihre Tilgung. »Varizellen« bei geimpften erwachsenen 
Personen seien daher stets als Variola (Variolois) zu betrachten, wenn man sich 
vor unangenehmen Überraschungen sichern will. Impfungen nach bereits statt- 
gefundener Infektion, also zu Beginn der Inkubationsperiode, hatten vielfach 
einen bemerkenswert leichten Verlauf der Krankheit zur Folge. Trotz vielfacher 
Einbrüche ist nur eine verschwindend kleine Zahl von Personen an Cholera er- 
krankt, dank der im allgemeinen vorzüglich funktionierenden Cholerabereitschaft. 
Mehrmals konnten Bazillenträger konstatiert werden, wodurch die Entstehung 
Iıkaler Choleraherde rechtzeitig verhindert worden ist. Bazillenfreiheit wurde 
in einzelnen Fällen erst nach mehr als 60 Tagen erzielt. 

Friedel Pick (Prag). 


468. Schöppler. Der Kresolpuder, ein Schutz- und Vertilgungs- 
puder des Ungeziefers im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 33.) 

Der Kresolpuder ist für die Prophylaxe des Ungeziefers im Felde zu empfehlen. 
Reckzeh (Berlin). 


t7. Trappe. Ein sehr altes und einfaches, aber sehr wirksames 
Verfahren zur Bekämpfung der Läuseplage im Felde. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 37.) 
Aufgabe des Truppenarztes ist es, die Mannschaften, vor allem die Sanitäts- 
Mannschaften, und die Korporalschaftsführer, über die Lebensweise der Kleider- 


; luse und die Beseitigung der Nissen zu belehren. Nun wird in jeder Kom- 


pagnie täglich 1/ Stunde für das Nachsehen der Kleider angesetzt. 
Reckzeh (Berlin). 


48 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


48. v. Knaffl-Lenz. Beitrag zur Läusefrage. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 26.) 

Für Räume ist schweflige Säure sicher das beste und billigste Läusevertil- 
gungsmittel. Für die Abtötung der Läuse am bekleideten Körper selbst ließe 
sich die Ameisensäure wahrscheinlich auch verwenden, wenn man die Kleider 
damit besprengt und den verlausten Mann für 10 Minuten in einen am Halse 
dicht schließenden Rucksackstoff steckt. Von anderen Läusemitteln, die auf 
ihre Wirksamkeit geprüft wurden, scheint die Perolinsalbe am besten zu sein. 


Seifert (Würzburg). 





49. Holste (Jena). Über Lausofan. (Berl. klin. Wochenschr. 1915. Nr. 28.) 
Dasselbe ist Cyklohexanon, d. h. ein durch Oxydation des hydrierten Phenols 
erhaltenes Keton. Die Injektion von !/, und I ccm reinen Lausofans verläuft 
beim Kaninchen vollständig reaktionslos. Verf. empfiehlt die Anwendung des 
Lausofans zur Ungezieferbekämpfung, insbesondere weil keinerlei lokale Reiz- 
erscheinungen auf der äußeren Haut, z. B. bei Exkoriationen und Wunden zu 
erwarten sind und die flüchtige Substanz einen irritierenden Einfluß auf die Schleim- 
haut der Atmungswege nicht ausübt. Dagegen ist es geboten, größere Vorsicht 
hinsichtlich der Conjunctiva walten zu lassen, um die Gefahr einer akuten Binde- 
hautentzündung zu vermeiden. Reckzeh (Berlin). 


50. Fr. Ameseder und Fr. Lippich (Prag). Über Abschreckungs- 
mittel gegen blutsaugende Insekten. (Prager med. Wochenschrift 
1915. S. 151.) 

Für das Hinterland, wo Zeit und entsprechende Einrichtungen zur Verfügung 
stehen, ist Abtötung der Parasiten das erstrebenswerte Ziel, im Kampfraum wird 
man sich mit Abschreckung derselben begnügen müssen. Für letzteren Zweck 
scheint nach unter entsprechenden Kautelen angestellten Versuchen das Lorbeeröl 
eine starke Wirksamkeit zu besitzen, namentlich in Salbenform. Zum Zwecke 
seiner Anwendung als Spray haben die Verff. Cineol, Thymol und Anisöl kombiniert 
in einem Alkohol von bestimmtem Wasser- und Glyzeringehalt gelöst. Nennens- 
werte Hautreizungen wurden nach Versuchen an Kreibich’s Klinik hiervon 
nicht gesehen. Friedel Pick (Prag). 


51. Ungezieferplage und Ungezieferbekämpfung. Mit 6 Abbildungen. 
Preis 1 Mk. Dresden-N. 6, Deutscher Verlag für Volkswohlfahrt, G. m.b.H. 
Abgesehen von der Belästigung, ist die Ungeziefervernichtung im Interesse 
unserer Volksgesundheit geboten, da feststeht, daß das Ungeziefer bei der Ver- 
breitung ansteckender Krankheiten eine Rolle spielt. Insbesondere ist bekanntlich 
die Bekämpfung der Läuse im Interesse der Verhütung des Fleckfiebers von 
Wichtigkeit. Die vorliegende Arbeit stellt die meisten der angegebenen Methoden 
zur Vernichtung des Ungeziefers in übersichtlicher Weise zusammen und darf 
als eine gute Anleitung für Ärzte, Desinfektoren und das übrige Heilpersonal 
bezeichnet werden. Lobend hervorzuheben wäre noch das Bestreben, diejenigen 
Maßnahmen besonders zu beschreiben, welche sich improvisieren lassen. 


Reckzeh (Berlin). 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 
— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Intralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hımburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 4, Sonnabend, den 29. Januar 1916. 








Inhalt. 

1,Sehmidt, Heilung eines Falles schwerer Spru durch Sauerstoffeinläufe. (Originalmitteilung.) 

Referate: 1. Rondke, 2. Brauer, 3. Dietseh, 4. Detre, 5. Lipschütz, 6. Skutetzky, 7. Spät, 
& Bonbitsehek, 9. und 10. Ghon, 11. Proeseher, 12. Peeirka, 13. Klempfner, Flecktypbus. — 
iL Lyons, 15. Arnheim, 16. Salus, 17. Hever und Lucksch, 18. Tichy, 19. Bujwid, 20. Marek, 
ti Löwenstein, 23. Egyedi und Kulka, 23. Marcovici, 24. Busson, 25. Salus, Dysenterie. — 
X lammer, 97. Hercher, 38. u. 29. Pribram, 80. v. Stransky, 31. Rothfuchs, 32. Klieneber- 
fr, 8. Happel, 34. Zuelzer, 35. Auregan, 36. Blumenthal, 37. Meyer, 38. Wolf, 89. Noegge- 
nik und Schottellus, Tetanus. — 40. Wallace und Dudgeon, Proteusinfektion. — 41. Crohn, 
Batabisfeber. — 42. Rumpel, Ödemerkrankungen. — 48. Weißkopf u. Herschmenn, 44. Har- 
miei und Sehmitt, Cholera asiatica. 





Heilung eines Falles schwerer Spru 
durch Sauerstoffeinläufe. 


Von 


Prof. Dr. Adolf Schmidt in Halle. 


Das Wesen der eigenartigen, unter dem Namen Spru (Sprew) 
oder Diarrhoea alba bekannten, in Indien und Südchina häufigen 
Darmkrankheit ist noch unbekannt, trotzdem sich in den letzten 
Jahren verschiedene Forscher von neuem mit ihr beschäftigt haben. 
Bekanntlich äußert sich das Leiden in dem Auftreten sehr reichlicher, 


Ückbreiiger bis flüssiger Stuhlgänge von weißlich-gelbem fettigen 


Aussehen, welche den tonfarbenen Ikterusstühlen ähneln, sich aber 


vo ihnen durch die Anwesenheit von Schaum bzw. Gasblasen unter- 
` heiden. Diese Gasentwicklung rührt, wie die chemische und mikro- 


skopische Untersuchung nachweist, nicht von einer Gärung unresor- 


| bierter Kohlehydratreste, aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht 
‚ on Eiweißfäulnis her, sondern offenbar von einer Zersetzung des 
 Massenhaft mit dem Stuhle zu Verlust gehenden Nahrungsfettes. 


er auch der penetrante eigenartige Geruch und die saure Reaktion 
der Fäzes, in denen anderweitige krankhafte Produkte, insbesondere 
Chleim, meist völlig fehlen (1). Infolge der Durchfälle und der damit 
Aammenhängenden Verdauungsbeschwerden magern die Kranken 
mählich immermehr ab, sie werden schwach und blutarm. Zeit- 


4 


50 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


weise, namentlich im Beginn der Krankheit, treten aphthenartige 
Eruptionen auf der Mundschleimhaut hervor; die Zunge wird schließ- 
lich glatt und trocken wie bei der perniziösen Anämie, und unter 
völliger. Erschöpfung kann nach vieljähriger Dauer des Leidens der 
Tod erfolgen. 

Anatomische Befunde sind bisher nur zweimal, von Faber (2) 
und von Beneke-Justi (3), erhoben worden. Sie haben eine durch 
den ganzen Intestinaltraktus hindurchgehende leichte Schleimhaut- 
affektion ergeben, welche bald mit vorwiegendem Epithelschwund, 
bald mit Hyperämie, Zelleninfiltration und chronischer Wucherung 
der Mucos aeinhergeht und stellenweise zur Bildung kleiner Geschwüre 
führt. 

In ätiologischer Beziehung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß 
wir es mit einer infektiösen Erkrankung zu tun haben, die aber nicht 
von Mensch zu Mensch übertragen wird. Faber glaubte Doppelkokken, 
welche er in den Stuhlgängen und im Darm seines Pat. fand, als 
die spezifischen Erreger ansprechen zu sollen. Beneke sah dagegen 
gramfeste kleine Bazillen im gesamten Digestionstraktus und auch 
in aspiratorisch entstandenen Lungenherden so massenhaft verbreitet, 
daß er sie in ursächliche Verbindung mit den anatomischen Verände- 
rungen bringen zu müssen meinte, um so mehr, als sie später in den 
Fäzes zweier Sprukranken aus meiner Praxis (darunter der im fol- 
genden zu beschreibende) wiedergefunden werden konnten. Versuche, 
die Bakterien zu kultivieren, wurden im ersteren Falle von Dr. Unger- 
mann (4), im letzteren von Dr. Schür mann im hiesigen hygienischen 
Institut unternommen. Ungermann beobachtete ein aerobes 
Wachstum in Rinderserum mit Gallezusatz. Übertragungsversuche 
mißlangen. Schürmann. hatte keinen Erfolg. 

Therapeutisch bewährt sich in nicht wenigen Fällen von Spru eine 
über längere Zeit streng durchgeführte absolute Milchdiät. Daneben 
werden manchmal frische und gekochte Früchte (Erdbeeren, Pfir- 
siche usw.) auffallend gut vertragen. Schönen Erfolgen mit diesem 
Regime, über die z. B. noch kürzlich Wegele (5) berichtet hat, stehen 
aber auch viele Mißerfolge gegenüber, von denen ich selbst eine Reihe 
von Beispielen erlebt habe. Dann ist die Prognose gewöhnlich auch 
erheblich schlechter, und es gelingt selten, durch ein anderes Regime, 
Z. B. fettfreie Kost oder reine Fleischkost, zum Ziele zu gelangen. 
In medikamentöser Hinsicht verfügen wir in den Kalkpräparaten 
über Hilfsmittel, welche wenigstens den durch die freien Fettsäuren 
auf die Schleimhaut ausgeübten Reiz zu mildern vermögen (v. Hoess- 
lin und Kashiwado (6). Im übrigen werden zeitweise Abführ- 
mittel zur Beseitigung vorübergehender Verschlimmerungen emp- 
fohlen. Spezifisch wirkende Medikamente sind bisher unbekannt; 

Seitdem ich (7) 1912 auf den Sauerstoff als ein zur Bekämpfung 
von Zersetzungsprozessen des Darminhaltes manchmal sehr wirk- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 51 


sames Mittel aufmerksam gemacht habe, habe ich ihn auch bei solchen 
Fällen von Spru, welche diätetisch nicht oder schwer zu beeinflussen 
waren, wiederholt in Anwendung gezogen. In dem Falle schwerer Er- 
krankung, welche v. Hoesslin und Kashiwado in ihrer Arbeit 
unter Nr. 6 aufführen, hatten O,-Einblasungen in den Dünndarm 
durch die Duodenalsonde einen deutlichen Erfolg. Sie konnten aber 
wegen des elenden Allgemeinzustandes des Pat., der später auch 
seinem Leiden erlegen ist, nicht konsequent durchgeführt werden. 
Bei einem zweiten leichteren Falle ließ sich nicht entscheiden, ob die 
alsbald zu verzeichnende, an Heilung grenzende Besserung der Milch- 
diät oder der O,-Applikation zuzuschreiben war. 

Dagegen war der Erfolg bei der im folgenden mitzuteilenden 
Beobachtung ein so in die Augen springender und vollständiger, daß 
er geradezu als ein spezifischer erschien. 


Frau B., 30 Jahre alt, beobachtet vom 10. VII. 1915 bis heute. 
Sie hat schon früher wiederholt an vorübergehenden Verdauungsstörungen ge- 
litten, die aber bei geeigneter Diät stets schnell ausheilten. Vor 7 Monaten kam 
sie nach Shanghai, wo sie alsbald mit ihren Kindern an Durchfällen erkrankte. 
Während der Zustand der Kinder sich nach dem nur kurzen Shanghaier Aufent- 
halt während der Rückfahrt hierher alsbald besserte, blieb bei ihr selbst der 
Durchfall bestehen. Der Stuhlgang erfolgte I—3mal in 24 Stunden, war dünn- 
breiig, sehr reichlich und von auffallend heller Beschaffenheit. Er roch sehr übel, 
entwickelte Gasblasen. Dabei leidlicher Appetit, aber oft aufgetriebener Leib 
mit wühlenden Gefühlen, zeitweise auftretende wunde Flecken im Munde. Große 
allgemeine Mattigkeit, Blutarmut und Abnahme des Körpergewichts. 

Status: Blasse, magere und recht elende Frau von 100 Pfund Gewicht. 
Kein Fieber, gegenwärtig keine Aphthen im Munde, doch werden später ge- 
legentlich einzelne verdächtige Flecken gefunden. Schon der erste entleerte 
Stuhlgang zeigte die typischen Merkmale des Sprustuhles: weißliche Beschaffen- 
xit mit Gasblasen, saure Reaktion, reichliche Anwesenheit von Fett in allen 
Formen, keine Stärke, keine vermehrten Muskelreste. Der Magen zeigt chemisch 
etwas vermehrte Säurebildung (freie HCI 50, Gesamtazidität 73), er steht gesenkt, 
arbeitet aber motorisch normal. Erhebliche Blutarmut (36%, Hämoglobin, 3,7 Mil- 
lijnen rote Blutkörperchen, 7300 Leukocyten)- Die inneren Organe im übrigen 
gesund. 

Ein Versuch mit reiner Milchkost schlägt vollständig fehl; es tritt eine 
wesentliche Verschlimmerung auf, wobei die Pat. sehr elend wird. Auch Beigabe 
geringer Mengen won Kohlehydraten ändert daran nichts. Ein Ausnutzungs- 
versuch aus dieser Zeit (über 3 Tage ausgedehnt) ergibt folgende Zahlen: 

Es wurden in 3 Tagen aufgenommen 260 g Eiweiß, 299 g Fette, 577 g Kohle- 
tvdrate. Die gesamte Stuhlmasse, welche diesen Tagen entspricht (Abgrenzung 
mit Karmin), wog frisch 1333 g, trocken 459 g (=34,4 g Trockensubstanz). Sie 
enthielt 12g N, 195g Fett, keine Kohlehydrate. Daraus berechnet sich ein 
N-Verlust von 28,7%, und ein Fettverlust von 65,2%. Dieser Befund steht 
im Einklang mit den von van der Scheer (8) und anderen Autoren gefundenen 
Verhältnissen, die alle auf eine mehr oder weniger große Störung der Fettver- 
dauung (bei genügender Galleabsonderung), neben einer manchmal nicht uner- 
%ebiichen Verschlechterung der Eiweißausnutzung hinauslaufen. 


4% 


52 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


Da auch ein Übergang zu fettfreier Kost unter Zugabe von Früchten zu 
keiner Besserung führte, alle übrigen Medikamente (unter anderen Tierkohle) im 
Stiche ließen, und die Kranke in bedrohlicher Weise herunterkam, ging ich zur 
Anwendung von O, über, den ich aber bei dem elenden Zustande nicht durch die 
Duodenalsonde, sondern per rectum, und zwar jedesmal in einer Menge von ca. 
1 Liter, einführte. 

Die erste Applikation erzeugte unmittelbar schmerzhaftes Brennen im Leibe, 
mehrfach dünne Entleerungen und Erbrechen, wonach aber am nächsten Tage 
bereits eine wesentliche Besserung des Allgemeinbefindens und der Stuhlgänge 
auftrat, die auch über mehrere Tage anhielt. Es wurden nun vorsichtig die Ein- 
läufe wiederholt, anfangs wöchentlich einmal, später nur alle 14 Tage mit dem 
Erfolge, daß von da ab stetig (ohne weitere Reizungen) das Allgemeinbefinden 
und der Zustand des Verdauungsapparates sich besserte, so daß bereits nach 
4 Wochen die Stuhlentleerung täglich nur noch einmal, und zwar geformt, er- 
folgte, und das Körpergewicht um 5 Pfund zugenommen hatte. Pat. konnte 
jetzt schon eine gemischte Kost mit leichten Gemüsen vertragen. Nach weiteren 
neun Applikationen war das Gewicht um 10 Pfund auf 115 Pfund gestiegen, die 
Blutarmut kaum noch vorhanden, der Stuhlgang regelmäßig, von normaler Be- 
schaffenheit, manchmal sogar einen Tag aussetzend. Bis auf Salate genießt jetzt 
die Pat. alles und fühlt sich vollkommen wohl. 


Wer die Schwierigkeiten kennt, mit denen die Therapie bei der- 
artig schweren Fällen von Spru wie dem vorliegenden, zu kämpfen hat, 
wird den hier durch die O,-Einläufe erzielten Erfolg mit mir als einen 
außergewöhnlichen, auffallenden anerkennen. Es liegt mir natürlich 
fern, ihn jetzt schon zu verallgemeinern, aber ich glaube doch, zumal 
unter Berücksichtigung meiner früheren Beobachtungen, einen Ver- 
such mit diesem ungefährlichen Mittel überall’ dort empfehlen zu 
sollen, wo die üblichen diätetischen und medikamentösen Mittel im 
Stiche lassen. 

Auf den Widerspruch meiner Beobachtung mit der aeroben Kul- 
tivierung der Beneke’schen Bazillen durch Ungermann weise ich 
hin, ohne mich auf eine Erörterung dieses Punktes einzulassen. 


Literatur: 

1) Ad. Schmidt, Klinik der Darmkrankheiten. Wiesbaden, J. F. Berg- 
mann, 1913. 

2) Archiv f. Verdauungskrankh. Bd. X. 1904. 

3) Beneke, Verhandlungen der Deutschen path. Gesellschaft 1910; Justi, 
Beiträge zur Kenntnis derSpru. Habilitationsschrift. Leipzig, J. A. Barth, 1913. 

4) Verhandlungen des Ärztevereins zu Halle vom 12. IX. 1913. (Münchener 
med. Wochenschrift 1914. Nr. 2.) 

5) Med. Klinik 1913. Nr. 22. 

6) Deutsches Archiv f. klin. Medizin 105. 1912. S. 576. 

7) Ad. Schmidt, Zentralblatt f. inn. Medizin 1912 Nr. 1; und Therapie 
der Gegenwart 1913. Januar. 

8) Meuse’s Handbuch d. Tropenkrankheiten 1905. Bd. II. 


ER 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 53 


Referate. 


I. Rondke. Die Fleckfieberepidemie im Görlitzer Kriegsge- 
fangenenlazarett. (Med. Klinik 1915. Nr. 42. S. 1152.) 

Verf. gibt in der Arbeit eine Darstellung des Verlaufes der Fieckfiebererkran- 
kung, der von ihm beobachteten Epidemie, unter Einfügung verschiedener Ver- 
laufseigentümlichkeiten. Die Schwere der Erkrankung steigerte sich im zuneh- 
menden Lebensalter. Während französische Kriegsgefangene im jugendlichen 
Alter kaum größere Sterblichkeit als Russen hatten, nimmt sie mit dem Lebens- 
alter rasch zu, so daß sie bereits mit 50 Jahren 50%, und mehr beträgt. An Nach- 
krankheiten waren zu verzeichnen: Vielfach Ohrensausen und Schwerhörigkeit, 
einigemal Otitis media, einmal Nephritis mit urämischer Amaurose, die vollständig 
heilte. Sehr häufig, fast regelmäßig, stellten sich in der Rekonvaleszenz Ödeme 
der unteren Extremitäten, manchmal selbst mit Ascites, aber ohne Albuminurie 
und ohne ausgesprochene Herzschwäche ein. Die sonst häufige Spitzengangrän 
trat diesmal im Gegensatz zu der vorigen Abdominalisepidemie in keinem Falle 
ein; ebenso fehlten Neuritiden. Von sonstigen Nachkrankheiten scheint noch 
erwähnenswert eine Venenthrombose am Bein und eine eitrige Staphylokokken- 
parotitis bei einem Pat., der initiale Durchfälle gehabt hatte, sowie einige sehr 
spät, unter vorübergehender Fiebersteigerung einsetzender Darmkatarrhe, zum 
Teil mit bluthaltigen Entleerungen, die sich serologisch und bakteriologisch als 
Ruhr auswiesen. In einem Falle, bei einem Pfleger, der besonders vorsichtig war, 
trat, als bereits 10 Tage kein neuer Fall ins Lazarett eingeliefert war, doch noch 
eine Infektion, wahrscheinlich durch Tröpfcheninfektion, auf. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


2+L. Brauer. Die Erkennung und Verhütung des Flecktyphus 
und Rückfallfiebers. Nebst Vorschriften der Läuseplage bei 
der Truppe von Julius Moldovan. 33S. mit 4 farbigen, 1 schwarzen 
und 1 Kurventafel, sowie 5 Abbildungen im Text. Preis Mk. 1,50. Würzburg, 

Curt Kabitzsch. 

In der kleinen Schrift wird zunächst die Ursache des Flecktyphus, die Läuse- 
plage, und ihre Bekämpfung besprochen. Es folgt dann eine Darstellung der 
Krankheit und ihres Verlaufes, die durch anschauliche Bilder und Kurven dem 
Verständnis näher geführt wird. In ähnlicher Weise ist das Rückfallfieber ab- 
gehandelt. Die Darstellung ist sehr klar und ermöglicht eine rasche und er- 
schöpfende Übersicht über diese augenblicklich so wichtigen Erkrankungen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


3. Dietsch. Die künstliche Stauung als diagnostisches und diffe- 
rentialdiagnostisches Hilfsmittel beim Fleckfieber. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

Die künstliche Stauung gibt uns ein Hilfsmittel in dieHand, um wenig charak- 
teristisches oder spärliches Exanthem besser und zahlreicher erkennen zu lassen, 
in differentialdiagnostischer Beziehung (besonders gegenüber Bauchtyphus) 
sicheren Aufschluß zu bekommen, bei fast gleichartig aussehendem Exanthem 
mit verschiedener Ätiologie das Fleckfieberexanthem deutlich sichtbar zu machen, 
und schließlich bei abgeheilten Fällen mit restierender Pigmentbildung ein über- 
Standenes Fleckfieber festzustellen. Reckzeh (Berlin). 


54 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


4. Detre. Über Flecktyphus. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 


Als einziger Zwischenträger des Flecktyphus kommt die infizierte Laus, als 
einzig sichergestellter Übertragungsmodus der Biß einer infizierten -Laus allein 
in Betracht. Die Schutzmaßregeln, welche sich gegen den Läuseübertragungs- 
modus richten, genügen allein, um Infektionen zu verhüten. 

In einer Reihe von Fällen wurde geprüft, ob das Rekonvaleszentenserum eine 
heilende Wirkung auf die. Flecktyphösen auszuüben vermag. In sechs Fällen hat 
auf die intravenöse Einspritzung von großen Dosen Rekonvaleszentenserum die 
Deferveszenz binnen 8—24 Stunden eingesetzt, um binnen kurzem zur vollstän- 
digen Heilung zu führen. An eine bindende Einwertung der Heilkraft des Serums 
kann vorläufig noch nicht gedacht werden. Seifert (Würzburg). 


5. Lipschütz. Zur Kenntnis der Klinik des Flecktyphus nach 
Beobachtungen an der Przemysler Epidemie im Frühjahr 1915. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 

Schematisch werden die wichtigsten dermatologischen Stigmata des Fleck- 
typhusexanthems angeführt: 1) Generalisiertes Exanthem am Stamm: a. klein- 
makulöser Typus, Effloreszenzen fast gleich groß; b. großmakulöser Typus, be- 
deutende Größenunterschiede der Effloreszenzen. 2) Petechiales Exanthem. 
3) Prädilektionsstelle in den Ellbeugen und Oberarmen, wo die Effloreszenzen 
etwa gleichzeitig mit denen am Stamm auftreten. 4) Lokalisation in Handtellern 
und Fußsohlen, unter klinisch verschiedenen Formen (nicht regelmäßiges Vor- 
kommen!). 5) Sehr frühzeitiges Auftreten kleiner Petechien in ‚Bragkistenden 
Gebilden. 

Unter den klinischen Symptomen ist zu beachten die charakteristische Fieber- 
kurve (präexanthematisches und exanthematisches Stadium, später eventuell 
subnormale Temperaturen), ferner die negative Widalreaktion, deren Vorhanden- 
sein aber Flecktyphus nicht ausschließt. Seifert (Würzburg). 


6. Skutetzky. Die Flecktyphusepidemie im k. u. k. Kriegs- 
-~  gefangenenlager in Marchtrenk, Oberösterr., im Jahre 1915. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

Die Wahrnehmungen des Verf.s führen zu dem Schluß, daß die Übertragung 
des Flecktyphus nur durch Kleiderläuse bewirkt zu werden scheint. Der Krank- 
heitsausgang ist vom Allgemeinzustand des Erkrankten, insbesondere vom Zu- 
stand des Herzens, abhängig. Im allgemeinen scheint der Flecktyphus bei Leuten, 
die aus Gegenden stammen, in welchen die Krankheit nicht endemisch vorkommt, 
sehr bösartig zu verlaufen. Die Inkubationszeit des Flecktyphus dürfte 16 Tage 
kaum übersteigen. Die Kontumazierung verdächtiger Gefangenentransporte 
wäre daher auf diese Frist festzusetzen. Ein sicherer Schutz vor Akquisition von 
Läusen schützt Arzt und Pfleger vor Infektion, ununterbrochen durchgeführte 
Entlausung, Desinfektion von Wäsche, Kleidern, Bettensorten und Ubikationen, 
sowie ausgiebige Lüftung vermögen auch ausgedehnte Epidemien in kurzer Zeit 
einzudämmen. ` Seifert (Würzburg). 

7. Spät. Zur Frage des Fiecktyphus auf dem galizischen Kriegs- 
schauplatze. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 41.) 

Auf Grund bakteriologisch-serologischer Untersuchungen sowie epidemio- 

logischer Beobachtungen gelangt Verf. zu dem Schluß, daß die als Flecktyphus 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 55 


ausgewiesenen Ann auf dem galizischen Kriegsschauplatze Abdominal- 
typhen sind. Seifert u, 


8. Roubitschek. Die Behandlung des Flecktyphus mit Kormalen 

Pferdeserum. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

Die Anwendung von normalem Pferdeserum (steril, karbolfrei), in Dosen von 
l3 ccm subkutan dargereicht, bringt das Fieber bei Flecktyphus rasch zum 
Schwinden, kürzt den Krankheitsverlauf ab, beeinflußt die Schwere der Erschei- 
nungen günstig und setzt die Mortalität bedeutend herab. 

Seifert (Würzburg). 


9. A. Ghon (Prag). Über die neuen diagnostischen Hilfsmittel 

bei Flecktyphus. (Prager med. Wochenschrift 1915. S. 5.) 

Bei dem Mangel sonstiger charakteristischer Befunde für die Flecktyphus- 
diagnose erscheint es wünschenswert, die Befunde von Leukocyteneinschlüssen 
(v. Prowazek) und knötchenartigen Auftreibungen an den Gefäßen in den Ro- 
solen (Eugen Fränkel!) nachzuprüfen, und empfiehlt G. deswegen, von allen 
verdächtigen Fällen für diagnostische Zwecke einzusenden: Blutausstriche auf 
Objektträgern zur mikroskopischen Untersuchung, 2—3 ccm Blut in sterilen 
Eprouvetten zur bakteriologischen Untersuchung und ein exzidiertes Haut- 
stückchen mit Roseola in 96%, igem Alkohol zur histologischen Untersuchung. 

Friedel Pick (Prag). 


10. A. Ghon. Einiges von den. Erfahrungen über die diagnostischen 
Hilfsmittel bei Flecktyphus. (Prager med. Wochenschrift 1915. S.82.) 
Auf Grund bei inzwischen in Böhmen vorgekommienen Flecktyphusfällen ge- 
wonnenen Erfahrungen betont G. unter Beziehung auf die klinischen diesbezüg- 
lichen Angaben Reisinger’s, daß sich die histologische Untersuchung exzidierter 
Hautstückchen für die rasche Diagnose des Flecktyphus nicht zu eignen scheint, 
dagegen sind die Blutuntersuchungen (Leukocytose mit regressiven Veränderungen 
der Leukocyten bei bakteriologisch und serologisch negativem Befunde) brauch- 
barer. Friedel Pick (Prag). 


11. Proescher (Pittsburgh). Zur Ätiologie des Fleckfiebers. (Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 31.) 


Neben den gewöhnlichen Zellelementen des Blutes finden sich im Fleckfieber- 
blut mehr oder weniger reichlich große, ovale oder unregelmäßig geformte Zellen, 
einzeln oder in zusammenhängenden Massen. Die größte Mehrzahl dieser Zellen 
enthält im Protoplasma sowie zuweilen im Kern sehr kleine Diplokokken und 
Diplobazillen (die Größe dieser Mikroorganismen beträgt ungefähr 0,1—0,3 u), 
die entweder isoliert oder zu kurzen Ketten oder kleinen Gruppen angeordnet 
sind. Für die Spezifität für Fleckfieber spricht erstens das tinktorielle Verhalten, 
sie ließen sich nur mit Methylenazurkarbonat sichtbar machen, zweitens konnten 
sie bei keiner der obengenannten anderen Infektionskrankheiten mit bekannter 
oder unbekannter Ätiologie nachgewiesen werden, drittens das intrazelluläre Vor- 
kommen in abgestoßenen - Gefäßendothelien, das bis jetzt bei keiner anderen 
Infektionskrankheit beobachtet worden ist. Reckzeh (Berlin). 


56 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


12. Jar. Pecirka. Chinin als Präventivmittel gegen Typhus exan- 
thematicus. (Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 21.) 

P., der sich seit längerer Zeit mit der wissenschaftlichen Insektenbiologie 
befaßt, ist auf Grund der Beobachtung des Mechanismus der Nahrungsaufnahme 
der Insekten dazu gelangt, zu versuchen, den Menschen dadurch gegen die In- 
fektion mit Flecktyphus beim Lausebiß zu schützen, daß man der Laus den Ge- 
schmack am Blute verleidet, so daß sie aus den Munddrüsen die dort vorhandenen 
Krankheitserreger nicht in den Menschen eindringen läßt. Da die Mehrzahl der 
Insekten, was die Nahrung anbelangt, sehr empfindlich ist, genügt es, das Blut 
des Menschen nur minimal zu ändern. Deswegen hat P. das Chinin in Dosen von 
0,2g täglich als Vorbeugungsmittel gegen Flecktyphus empfohlen und hat sich 
dasselbe nach Berichten der Ärzte in Gefangenenlagern auch bereits bewährt. 

Friedel Pick (Prag). 


13. Klempfner. Ein Beitrag zur Prophylaxe des Flecktyphus. 
(Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 21.) 


K. hat, obiger Empfehlung des Prager Sanitätschef Pecirka folgend, im 
Russenlager in Mauthausen nach Auftreten zahlreicher Flecktyphuserkrankungen 
durch 21 Tage 0,2 Chinin gereicht und von da ab keine weiteren Erkrankungen 
beobachtet. Dasselbe berichtete auch ein Truppenarzt. 


Friedel Pick (Prag). 
nut 
14. Randolph Lyons. Mode of action and use of enetin in enta- 
mebiasis. (Amer. journ. med. sciences 1915. Juli.) 

Bei der Amöbenruhr wirken Ipecac und Emetin, subkutan oder innerlich 
verabreicht, nur durch Absorption ins Blut und auf dem Blutwege. Die Wirkung 
erstreckt sich also nur auf die im Bereich der Blutzirkulation sich befindlichen 
Amöben. Die im Darmiumen frei sich aufhaltenden Amöben werden durch die 
genannten Drogen, auch wenn innerlich genommen, anscheinend gar nicht beein- 
flußt. Dies stimme überein mit der Tatsache, daß man nach Verschlucken von 
Ipecac und Emetin in den Fäzes keine amöbiziden Substanzen finde. Emetin soll 
subkutan, in schweren Fällen intravenös gegeben werden; Tagesdosen von 0,06 
genügen in Form wiederholter kleiner Einspritzungen. Die Dauer einer Kur 
beträgt 1—2 Wochen. Da durch eingekapselte Amöben Rückfälle entstehen 
können, so ist eine intermittierende Art der Behandlung zweckmäßig. Will man 
mit innerlicher Medikation einen Versuch machen, so soll man Ipecac gebrauchen, 
da Emetin den Darm stark reizt. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


15. Arnheim. Über die Ruhrbazillen des giftarmen Typus. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 


Die diagnostische Brauchbarkeit des Ruhr-Widals ist augenblicklich sehr 
gering anzuschlagen. Die Kultur der giftarmen Ruhrbazillen ist nur in einem 
geringen Prozentsatz positiv. Die Trägerfrage spielt bei der Ruhr keine so große 
Rolle wie bei anderen Infektionskrankheiten, besonders beim Typhus. Die Typen Y 
und Flexner sind identisch. In vereinzelten Fällen wurden Ruhrbazillen im Urin 
nachgewiesen, dagegen nicht im Blut. Untersuchungen der Nahrungsmittel auf 
das Vorkommen der Ruhrbazillen waren ergebnislos. 


Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 57 


16. G. Salus. Kurze Mitteilung über Untersuchungsergebnisse bei 
Cholera und bei bazillärer Ruhr. (Prager med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 2. S. 15.) 

Kurze Bemerkungen über die Wichtigkeit der Feststellung von Cholerabazillen- 
trägern; ein Fall (von 7) war gleichzeitig typhuskrank und konnte aus dem Stuhle 
Typhusbakterien und Choleravibrionen gezüchtet werden. Weiter Bemerkungen 
über die Technik der Cholera- und Dysenteriediagnose mit bakteriologischen Hilfs- 
mitteln, über schwer agglutinable Dysenteriestäimme und die Schwierigkeiten 
festzustellen, in welchem Prozentsatz der Fälle sich Dysenterie bakteriologisch 
diagnostizieren läßt. Friedel Pick (Prag). 


17. Hever und Lucksch. Über Ruhrschutzimpfung. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

Bei einer Ruhrepidemie in einer Gemeinde, nahe bei Teschen, wurden im 
ganzen 342 Personen, davon 243 zweimal, 100 einmal einer Schutzimpfung mit 
polyvalentem Impfstoff aus dem Wiener serotherapeutischen Institut unterzogen. 
Die Impfung wurde zunächst das erste Mal mit 0,5 ccm, das zweitemal mit 1 ccm 
vorgenommen. Bei späteren Impfungen wurde auch schon das erstemal 1 bis 
l,öccm eingespritzt.e. Impfung an der oberen Brustseite, subkutan. Die Re- 
aktionen nach der Impfung waren sehr geringe, meist nurlokale; vereinzelte Fälle 
zeigten 5—6 Tage nach der Impfung Diarrhöe, in ganz seltenen Fällen trat Fieber 
bis zu 39,1°C und Schüttelfrost am Tage der Impfung auf. Vom Tage des Be- 
ginnes der Impfung traten in dem Gemeindeabschnitte, wo die Impfung durch- 
geführt worden war, nur noch 4 Fälle auf. Seifert (Würzburg). 


18. F. Tichy. Behandlung der hämorrhagischen Dysenterie. (Casopis 
lékaru ceskych 1915. Nr. 27.) 

Der Autor empfiehlt zunächst die Injektion eines polyvalenten Serums; 
sodann eine diätetische Behandlung unter Ausschluß der Alkoholika und trockene 
Wärme (elektrischen Thermophor) gegen Bauchschmerzen und Tenesmus. Opium- 
tinktur, Morphium und dessen Derivate sind zu verwerfen, da sie einen Krampf 
des Blasen- und Analsphinkters und der Dickdarmmuskulatur überhaupt hervor- 
rufen und daher die bestehenden Spasmen nur verstärken. Die Bildung der 
Skybola ist zu fürchten, da sie die Schleimhaut reizen; der Stuhl soll auch in der 
Rekonvaleszenz noch weich sein. Auch Irrigationen sind schädlich, da sie den 
Reiz vermehren, ebenso wie die Suppositorien (Belladonna), deren Wirkung sich 
rasch erschöpft. Innerlich empfiehlt T. Belladonna, Adrenalin und ein Decoctum 
radicis Salep 5 : 200. G. Mühlstein (Prag). 


19. Odo Bujwid. Über Dysenterieserum und dessen Anwendung 
zu prophylaktischen und therapeutischen Zwecken. (Med. Klinik 
1915. Nr. 37. S. 1027.) 

Verf. wandte in allen seinen Fällen das Ruhrserum von Dr. Klesk an. Die 
Erfolge waren um so besser, je früher gegeben wurde. Dadurch, daß die Zahl der 
Entleerungen nach der Serumeinspritzung schon am folgenden Tage häufig ganz 
erheblich zurücktrat, ist das Dysenterieserum nicht nur als ein Heil- und prophy- 
laktisches Mittel zu betrachten, sondern auch als ein Mittel, welches direkt die 
Ansteckungsgefahr vermindert. Die Wirkungskraft des Dysenterieserums steht 
der des Diphtherieserums nicht nach, wenn es im ersten Stadium der Erkrankung 
angewendet wird. Ruppert (Bad Salzuflen). 


58 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


20. R. Marek. Erfahrungen bei Dysenterie. (Casopis lékaru ceskych 
1915. Nr. 31.) 

Dysenteriebazillen fand M. nur bei 13%, seiner Fälle, eine positive Agglutina- 
tion nur bei 18% ; demnach kann bei der großen Mehrzahl der Fälle die Dysenterie 
bakteriologisch oder serologisch noch nicht diagnostiziert werden, offenbar aus 
dem Grund, weil sie, wenigstens in der gegenwärtigen Epidemie, noch durch andere 
als die allgemein beschriebenen 4 Typen von Dysenteriebazillen hervorgerufen 
wird. 

Von Komplikationen beobachtete M. am häufigsten Neuralgien, Unregel- 
mäßigkeiten der Herztätigkeit, Konjunktivitis, Katarrhe der Luftwege, speziell 
Pharyngitis, und Hyperhydrosis. 

17 Fälle, von denen nur ein Fall Typhus überstanden hatte und kein Fall 
gegen Typhus geimpft war, waren mit Typhus, ein Fall war mit Cholera kombiniert; 
dieser starb. 

Verlauf und Mortalität hängen wesentlich davon ab, wie bald der Kranke ins 
Lazarett zur Behandlung gelangt, was er vor der Einlieferung gegessen hat, ob 
er schon früher magendarmkrank war u. dgl. Demgemäß schwankte die Mor- 
talität beim Material des Autors zwischen 0,17 bis 0,4%. 

Bei 19 Kranken mit dem typischen Bild der Dysenterie fand M. eine positive 
Gruber-Widal’sche Reaktion, obwohl nichts für einen bestehenden oder über- 
standenen Typhus sprach. Der Autor erklärt diese Erscheinung in der Weise, 
daß gewisse Dysenteriebazillen, morphologisch, kulturell und bezüglich der Ag- 
glutination den Typhusbazillen sehr nahe stehen, vielleicht näher als den Dysenterie- 
bazillen. Diese Annahme erklärt die negative Agglutination mit Dysenterie- 
bazillen und macht bei positiver Typhusagglutination die Annahme einer Mit- 
agglutination entbehrlich. Dafür spricht auch die häufige Beobachtung des 
Autors, daß bei Dysenterikern, die mit Typhusvaccine geimpft waren, die ursprüng- 
lich negative Agglutination mit Dysenteriebazillen positiv wurde, ja, bei einem 
Pat., bei dem der bakteriologische Befund schon lange negativ war, konstatierte 
M. nach der Typhusimpfung wiederum Dysenteriebazillen im Stuhl. Auch war 
die Reaktion bei Dysenterikern viel stürmischer als bei Verwundeten oder an 
anderen Krankheiten leidenden Soldaten; Temperaturen über 40°, Leibschmerzen, 
Diarrhöen, Schleim und Blut im Stuhl gehörten nicht zu den Seltenheiten. Dieses 
Verhalten bildet ein Analogon zu der stürmischen Reaktion bei Tuberkulotikern 
auf kleine Dosen von Tuberkulin, während Gesunde viel stärkere Dosen anstandslos 
vertragen. z 

Von 50 Pflegern erkrankte nur einer an Dysenterie. 

Therapeutisch verwendete der Autor Bujwid’sches javat Serum; 
dasselbe war immer von gutem Erfolg begleitet, wenn es frühzeitig, während der 
ersten 4—6 Tage, und in großen Dosen (40 ccm in 2 Tagen) injiziert wurde. Doch 
reservierte M. das Serum nur für die schwersten Fälle, die in den leichteren Fällen 
Bolus alba und Tierkohle glänzende Dienste leisteten. Tierkohle wirkt besser als 
Bolus, wird jedoch oft nicht so gut vertragen wie diese. Deswegen kombiniert M. 
beide Präparate, indem er anfangs auf nüchternen Magen 200 g Bolus alba in 
400 g warmen Wassers reicht und dann mit Tierkohle bis zu 80 g täglich in warmem 
Bitterwasser fortsetzt. Opiumtinktur und Abführmittel verwendet er nur in 
chronischen Fällen, erstere gegen Schmerzen, von letzteren Kalomel 0,05 g 6mal 
hintereinander in stündlichen Intervallen gegen Verstopfung. Jodtinktur ver- 
wendet er nur: bei Bazillenträgern, bei denen sie ihm unter allen Mitteln’ die 
besten, wenn auch nur geringe Dienste leistete. G. Mühlstein (Prag). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. | 59 


21. Löwenstein. Über das Vorkommen von Dysenteriebazillen in 

einer Pferdeschwemme. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 37.) 

Im Juli traten sowohl in der Zivilbevölkerung von Zombor als auch in der 
Garnison vereinzelt Dysenterie- und Typhusfälle auf, deren Infektionsquelle auf 
eine ‚außerhalb der Stadt liegende Ursache hinwies. Bei der bakteriologischen 
Untersuchung des 5 m unterhalb der Einmündung der Pferdeschwemme vor der 
Schwimmschule abfließenden Wassers fanden sich nur Dysenteriebazillen. Die 
Truppen, die im vorigen Jahre im August und September stark an Dysenterie 
gelitten hatten, gaben an, oft mit den Pferden gebadet zu haben. Es war wohl 
die Pferdeschwemme durch die gleichzeitig badende Mannschaft infiziert worden, 
von hier aus erfolgte dann die Infektion der Badeanstalt. Mit Sperrung der Pferde- 
schwemme und der Schwimmschule hörten die Dysenterie- und Typhusfälle auf. 

Seifert (Würzburg). 


22. Egyedi und Kulka. Eine Fehlerquelle der bakteriologischen 
Dysenteriediagnostik. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 
Es gibt Stämme der Typhus-Koligruppe, welche durch die Ähnlichkeit ihres 
Wachstums auf den gebräuchlichen Differenzierungsnährböden im Verein mit 
ihrer hohen Agglutinationsfähigkeit durch spezifische Dysenterieimmunsera beim 
rascheren Arbeiten leicht zu Täuschung Veranlassung geben können. Diese 
Stāmme sind aber durch normales Pferdeserum meist hoch agglutinierbar. Das 
anscheinend häufige Vorkommen derselben zwingt unbedingt zur Vorsicht. Es 
muß daher die sog. orientierende Agglutination von der Ausgangskultur bei Dys- 
enterieuntersuchungen, eventuell auch bei Typhus stets mit mehreren Immun- 
seris- gleichzeitig vorgenommen werden. Fällt die Agglutination nicht streng 
eindeutig aus, muß der Versuch mit normalem Pferdeserum, bzw. dem homologen 
Kaninchenserum kontrolliert werden, ob es sich wirklich um spezifische Im- 
munitätswirkung handelt. | Seifert (Würzburg). 


23. Marcovici. Zur Behandlung der akuten und chronischen 
Dysenterie mit Allphen. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 
Verf. berichtet über günstige Resultate in der Behandlung der akuten und 

chronischen Dysenterie mit Aliphen, einem Knoblauch-Salolpräparat. Ob es 

sich dabei um eine spezifische oder entzündungshemmende Wirkung handelt, 
konnte Verf. nicht entscheiden. Ä Feith (Nürnberg). 


24. Busson. Immunisierungsversuche gegen Dysenterie mit Toxin- 

Antitoxingemischen. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 

Aus den Versuchen geht hervor, daß wir imstande sind, Kaninchen mit freiem 
Toxin, aber auch mit neutralisierten Toxin-Antitoxingemischen wirksam gegen 
das Dysenteriegift Shiga-Kruse zu immunisieren. Wenn diese Tatsache bei 
Nachprüfung am Menschen dasselbe Ergebnis zeitigen sollte, könnten wir den 
Menschen, wenn auch nicht vor der Infektion, so doch prophylaktisch in erheb- 
licher Weise vor der Erkrankung, im engeren Sinne vor der Toxinwirkung schützen 
oder- therapeutisch beeinflussen. Seifert (Würzburg). 


25. Salus. Zur bakteriologischen Dysenteriediagnose. a klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 41.) 


Aus den Erfahrungen von S. geht hervor, daß man mit der Diagnose der 
inagglutinablen und atypischen Dysenteriebazillen sparsam umgehen und der 


60 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


Agglutination derselben durch künstliche Antisera ein gewichtiges Wort einräumen 
sollte; daß es ferner im Gärungsvermögen variable Pseudobazillen gibt, vielleicht 
Saprophyten, die unter dem Einfluß des (kranken) Organismus eine Änderung 
dieser labilen Eigenschaften erfuhren, welche jedoch in künstlichen Kulturen 
keinen Bestand hat. Seifert (Würzburg). 


26. Hammer. Ein auf den linken Plexus lumbalis lokalisierter 
Fall von Tetanus. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32. Feld- 
ärztl. Beilage.) 

Die Frage, ob es sich hier wirklich um tetanische Krämpfe gehandelt hat, 
könnte, nachdem der Nachweis der Bazillen gelungen war, mit Sicherheit bejaht 
werden. Auch waren auf dem Höhepunkt der Krankheit die klinischen Er- 
scheinungen so charakteristisch, daß man allein auf Grund dieser die Diagnose 
mit großer Wahrscheinlichkeit hätte stellen können. Reckzeh (Berlin). 


27. Hercher (Ahlen, Westf.). Anwendung von intravenösen Äther- 
Kochsalzinfusionen bei Tetanus. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 33.) 

Vielleicht könnte es gelingen, eine Lezithinsubstanz ausfindig zu machen, 
mit der man in den allerersten Anfängen des ausgebrochenen Tetanus durch sub- 
kutane oder intramuskuläre Einspritzungen in die Umgebung der Wunde dem 
Tetanusgift den weiteren Weg durch Verankerung verlegen und in weiter fort- 
geschrittenen oder fortschreitenden Fällen durch Äther-Kochsalzinfusionen die 
lebensbedrohenden Verankerungen des Giftes im Zentralnervensystem lösen und 
die Ausscheidung aus dem Körper erwirken könnte. Reckzeh (Berlin). 


28. Pribram (Wien). Klinische und therapeutische Erfahrungen 
über Tetanus. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr.33 u. 34.) 

Fast in allen Fällen wurden deutliche Stigmata eines Status Iymphaticus 
gefunden, in Form von Hyperplasie der Tonsillen, der Follikeln des Zungen- 
grundes, des Dünndarmes und der Milz. Das Bestreben, einen täglich sich er- 
neuernden Nachschub von Toxin aus den eiternden Wunden zu vermeiden, hat 
den Vorschlag radikaler Frühoperation gezeitigt. Von einem offenkundigen 
Effekt wurde bisher von keiner Seite berichtet. 

Das Antitoxin ist imstande, einen gewissen Nutzen zu stiften. Der von 
deutscher Seite zur Behebung des Serummangels gemachte Vorschlag, daß die 
Lazarette sich das Serum von Pferden, die infolge leichter Extremitätenverletzung 
ausrangiert werden müssen, selbst bereiten, verdient volle Beachtung. — Weniger 
bekannt als die Chloralhydratwirkung ist die Wirkung des Luminalnatriums. 
Eine zweite Methode, mittels der man eine totale Erschlaffung des Zwerchfells 
und der Glottis und Stillstehen der normalen Atmung erzielen kann, ist die intra- 
lumbale Magnesiumsulfatnarkose mit Kopftieflagerung. Die Wirkung des Mor- 
phiums auf die Zwerchfell-Glottiskrämpfe ist eine frappierende, sie fängt aber 
erst bei hohen Dosen an bei deutlicher Wirkung auf die Atmung. 

Reckzeh (Berlin). 


29. H. Pribram. Über Kriegstetanus. (Prager med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 10. S. 101.) 


Der Autor berichtet über seine Beobachtungen an 28 tetanuskranken Sol- 
daten. Die Morbilität an Tetanus betrug 0,3490 (berechnet auf die Gesamtzahl 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 61 


der Verwundeten), die Mortalität ca. 6690. Die Morbilität hing ab von den Terrain- 
verhältnissen am Schlachtfeld, von der Verwendung der Soldaten (Schützen- 
grabenkrieg), von Art und Ort der Verletzung (besonders untere Extremitäten). 
Der Verlauf war meist foudroyant. Ein großer Teil der an Tetanus Verstorbenen 
erlag nicht der Tetanusinfektion, sondern der begleitenden Sepsis (pathologisch- 
anatomische und bakteriologische Untersuchungen von Prof. Ghon). Die Sepsis 
blieb klinisch meist völlig latent. Therapie: Vermeidung größerer Eingriffe, die 
meist das Ende beschleunigen, lokal Wasserstoffsuperoxyd. Wenig Erfolg hatte 
die Serumtherapie. Sehr zufrieden war der Autor mit Magnesiumsulfat (25%, 
5—40 ccm subkutan pro die), neben welchem auch andere Narkotika (Urethan, 
Chloralhydrat) verwendet wurden. Im großen und ganzen spielt der Tetanus 
berechnet auf unsere Millionenheere eine an Häufigkeit untergeordnete Rolle. 
Friedel Pick (Prag). 


30. v. Stransky. Ein interessanter Fall von Tetanus. (Prager med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 19.) 


Der 14jährige Knabe zeigte die nach einer Rißquetschwunde am Arme auf- 
getretenen Tetanuserscheinungen erst ca. 3 Wochen nach der Verletzung. Im 
verletzten Arm kontinuierliche tetanische Kontraktur, die auch im Schlafe fort- 
besteht. Tetanusantitoxin zeigte keinen Einfluß, dagegen brachten Klistiere von 
2g Chloralhydrat mit 1 g Opiumtinktur Beruhigung; nach 10 Tagen Beginn der 
Besserung, am Ende der 4. Woche Abgabe in häusliche Behandlung, alle Er- 
scheinungen bis auf Streckkontraktur im verletzten Arm geschwunden. - 

Friedel Pick (Prag). 


31. Rothfuchs (Hamburg). Zur Salvarsanbehandlung des Tetanus. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 

Nach an 14 Fällen gewonnenen guten Erfahrungen — insgesamt 85%, Hei- 
lungen — und nach den anderweitigen Beobachtungen kann die kombinierte Be- 
handlung des Tetanus mit Salvarsan und Antitoxin warm empfohlen werden. 

Reckzeh (Berlin). 


32. Klieneberger (Königsberg). Klinische Erfahrungen über Te- 
tanus auf dem westlichen Kriegsschauplatz. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 


Als erstes objektives Symptom wurde in der Regel ein zunächst noch nicht 
schr stark ausgeprägter Trismus festgestellt. Oft gingen ihm eigenartige Par- 
ästhesien, Kriebeln, noch häufiger Ziehen in den Kaumuskeln und besonders an 
der Stelle der Verletzung oder im verletzten Gliede vorher. Es wurde in zahlreichen 
Fällen einseitiger Fuß- und Patellarklonus und auffallend häufig — zuweilen als 
Frühsymptom — ein- und doppelseitiges Babinski’sches Phänomen festgestellt. 
Die Inkubationsdauer schwankte zwischen 5 und 18 Tagen. Symptomatisch 
kommen Skopolamin, Chloralhydrat, Morphium und andere Narkotika sowie vor 
allem intramuskuläre und mit noch besserem Erfolge intravenöse Gaben von 
Magnesiumsulfatlösung (25%) in Betracht. Die eigentliche Heilbehandlung, die 
zweckmäßig mit Herzmitteln unterstützt wird, besteht in der wiederholten An- 
wendung von Tetanusantitoxin (100 A.-E.). Reckzeh (Berlin). 


62 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


33. Happel (Wiesbaden). Zur Lehre vom Wundstarrkrampf. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Lebens- und entwicklungsfähige Tetanusbazillen können in den Körper ein- 
heilen und nach Monaten wieder zum Ausbruch des Wundstarrkrampfes Ver- 
anlassung geben. Weder das Überstehen des Wundstarrkrampfes noch auch die 
Behandlung mit großen, intradural verabfolgten Gaben von Serum schützen den 
Körper vor Wiedererkrankung. Zum Wiederausbruch des Wundstarrkrampfes 
bedarf es wahrscheinlich eines Anstoßes. Reckzeh (Berlin). 


34. Zuelzer. Gsiyzerinphosphorsaures Magnesium (Merck) als 
Ersatz für Magnesiumsulfat bei der Behandlung des Tetanus. 
. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 
Die allgemeinen klinischen Beobachtungen lassen die Überlegenheit des Prä- 
‚rates zweifellos erscheinen. Reckzeh (Berlin). 


35. Auregan. Colloidal iodine associated with serum treatment 
in tetanus. (Lancet 1915. Februar 27.) 

A. behandelte 10 Fälle von Tetanus mit Serum und 14 gleichzeitig mit Kol- 
loidaljod in Form von täglichen intramuskulären Injektionen und lokaler: Wund- 
behandlung und hatte in ersterer Gruppe 40%, in letzterer 68,8%, Heilungen. 
Örtliche Reaktionen, Schmerz oder Temperaturerhebungen waren mit dieser 
Jodtherapie nicht verbunden. Daneben wurden zur Belebung der Herztätigkeit 
Kampferöl und häufige kleinere Dosen von Chloral gegeben; 5,0 g wurden davon 
nicht in 24 Stunden überschritten. F. Reiche (Hamburg). 


36. + Ferdinand Blumenthal. Der Starrkrampf, seine Entstehung 
und Behandlung. 79S. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1914. 
Der Verf. bringt hier einen Neudruck seiner Abhandlung über den Starr- 

krampf in Eulenburg’s Realenzyklopädie in wesentlich ergänzter Form. 

Die erste Hälfte der Schrift behandelt die Ätiologie und Symptomatologie 
des Tetanus, wobei die Teile über Disposition, natürliche Immunität und Im- 
munisierung etwas ausführlicher gebracht werden. Verf. bringt hier besonders 
eigene wertvolle Forschungsergebnisse. In dem Teil über Behandlung nimmt 
natürlich die Serumtherapie den breitesten Raum ein. Es kommen dann die 
übrigen mehr symptomatischen Heilmethoden, von denen wiederum die Therapie 
mit Magnesiumsulfat etwas ausführlicher behandelt wird. 

Die Darstellung ist eine ausgezeichnete; bei aller Knappheit ist ein riesiges 
Wissensmaterial verarbeitet. Die gedrängte Kürze der Ausführungen, der geringe 
Umfang der Schrift bei handlichem Format ermöglichen dem Feldarzte ein be- 
quemes Mitführen der Schrift, die ihm bei vorkommenden Fällen ein zuverlässiger 
Ratgeber sein wird. Ruppert (Bad Salzuflen). 


37. Meyer. Die intraneurale Injektion von Tetanusantitoxin bei 
lokalem Tetanus. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 37.) 

Wenn man die Verwundeten darauf aufmerksam machen wollte, daß jedes 
noch so leichte Zucken oder krampfartige Gefühl in dem verwundeten Gliede dem 
Arzt sofort anzuzeigen ist, und wenn die Ärzte und das Pflegepersonal stets bei 
solchen Erscheinungen an Tetanus denken würden, so könnte vielleicht durch 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 63 


rechtzeitiges Erkennen des Tetanus dieser, solange er noch lokal ist, durch die 
intraneuralen Injektionen in der Weiterentwicklung zum generellen Tetanus ge- 
hemmt und mancher Kranke gerettet werden. Reckzeh (Berlin). 


38. Wolf. Zur Frage der prophylaktischen Impfung gegen Tetanus. 

(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Die prophylaktische Tetanusantitoxininjektion gewährt im Kriege einen 
nahezu sicheren Schutz gegen Wundstarrkrampf. Es ist nicht nötig, jeden Ver- 
wundeten prophylaktisch zu injizieren, sondern es genügt in Fällen, wo mit den 
Vorräten an Serum gespart werden muß, die Impfung der durch Granatsplitter 
(Handgranaten, Gewehrgranaten) Verletzten, sowie derjenigen Verwundeten, die 
durch Schrapnells getroffen wurden, die im Aufschlag krepiert sind bzw. eine 
Mauer oder Deckung durchschlagen haben. Dem Verwundeten erwächst kein 
Nachteil, wenn die prophylaktische Impfung erst nach Stunden, ja erst am Tage 
nach der Verletzung, vorgenommen. wird. Beim Vorhandensein zahlreicher 
Wunden, die mit besonders tetanusverdächtigem Material (Pferdemist) verun- 
reinigt sind, empfiehlt sich die prophylaktische Injektion der doppelten Dosis 
Antitoxineinheiten als bisher gebräuchlich. Reckzeh (Berlin). 


39. Noeggerath und Schottelius (Freiburg i. Br... Serologische 
Untersuchungen bei Tetanuskranken. (Münchener med. Wochen-. 
schrift 1915. Nr. 38.) 

In 26 Seris von Tetanuskranken und Rekonvaleszenten konnte Tetanusanti- 
toxin nachgewiesen werden. Der gefundene antitoxische Titer war sehr niedrig 
und entsprach in den besten Fällen etwa einem !/,„fachen Serum. Eine gesetz- 
mäßige Abhängigkeit .des Schutzwertes von vorher therapeutisch injizierten Anti- 
toxinmengen war nicht nachweisbar; vielmehr erscheint die Annahme begründet, 
daß es sich im. wesentlichen um aktiv gebildetes Antitoxin gehandelt habe. Die 
Versuche sprechen gegen eine spezifische therapeutische Verwendbarkeit des Re- 
sönvaleszentenserums bei Tetanus. Reckzeh (Berlin). 


40. C. S. Wallace and L. S. Dudgeon (London). On bacillus proteus 
infection. (Lancet 1915. März 20.) | 
W. und D. sahen nach einer Blasenoperation einen schweren, aber doch’in 
Heilung übergehenden septikämischen Zustand mit Thrombosis femoralis und 
Lungenembolie sich entwickeln; aus dem Blut und dem eitrigen Urin wurde ein 
Proteusbazillus reingezüchtet, der bei intraperitonealer Injektion für Meerschwein- 
chen pathogen war und sterilen Urin rasch bei 57°C, nicht jedoch bei Zimmer- 
temperatur zersetzte. Der Kranke wurde mit autogener Proteusvaccine behandelt. 
— W. und D. machen auf die relativ häufigen Cystitiden durch diesen Bazillus 
aufmerksam. F. Reiche (Hamburg). 


41. B. B. Crohn (Neuyork). Rat-bite fever. (Arch. of intern. med. 
1915. Juni.) 

Bei einem von einer Ratte am Kopf gebissenen Knaben entwickelte sich nach 
tiner Inkubation von 2 Wochen ein mächtiges, binnen 5 Tagen abheilendes Ödem 
md Erythem der Wundgegend mit Fieber und Schwellung der regionären Lymph- 
drüsen, Milztumor und mäßiger Nephritis, an das sich in Intervallen von 8 und 
10 Tagen noch zwei durch Schwellung jener Drüsen charakterisierte fieberhafte 


64 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 4. 


Attacken von 4 und 10 Tagen Dauer anschlossen, wobei bei der ersten noch Dys- 
phagie, bei der letzten Erythem und Leukocytose beobachtet wurden. Dann trat 
Heilung ein, nur die Milz blieb vergrößert. Das Allgemeinbefinden wurde nicht 
sehr gestört, wiederholte kulturelle Untersuchung des Blutes und exzidierter 
Lymphdrüsensubstanz war negativ, histologisch lag in letzterer eine Hyper- 
plasie mit Blutungen vor. Der Fall gibt C. Anlaß, das Bild der Rattenbißkrankheit 
auf Grund von 52 Beobachtungen aus der Literatur in allen Zügen eingehend zu 
entwerfen. F. Reiche (Hamburg). 


42. Rumpel (Hamburg-Barmbeck). Zur Ätiologie der Ödem- 
erkrankungen in russischen Gefangenenlagern. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Nach dem Fieberabfall traten bei mehreren Fällen von Rekurrens trotz Bett- 
ruhe ausgesprochene Ödeme ein, und zwar sowohl an den Knöcheln wie in den 
oberen mittleren Partien der Oberschenkel. Die Ödeme fühlten sich gelegentlich 
etwas härter an als sonstige Ödeme; meist sind sie auf die unteren Extremitäten 
lokalisiert und hier häufig in wechselnder Stärke auf dem einzelnen Bein vor- 
handen. Zirka in der Hälfte der Fälle sind Gesichtsödeme, seltener Ödeme am 
Skrotum, an den oberen Extremitäten und am Rumpf vorhanden. Häufig klagen 
die Kranken über Schmerzen in den geschwollenen Teilen, namentlich, wenn 
sie gehen oder arbeiten müssen. Man wird in der Annahme nicht fehl gehen, daß 
bei sämtlichen dieser Ödemerkrankungen die Rekurrensspirillen die eigentliche 
Krankheitsursache sind. Reckzeh (Berlin). 


43. Weißkopf und Herschmenn. Zur Epidemiologie der Cholera 
asiatica. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 

Der Umstand, daß es in keinem einzigen Falle zu irgendwelchen Impfschäden 
oder auch nur heftigeren Reaktionserscheinungen gekommen war, weiterhin die 
Erfahrung, daß Neuerkrankungen nach beendigter Impfung trotz der höchst un- 
günstigen Quartierverhältnisse nur ganz sporadisch erfolgten, läßt auch für die 
Zukunft die Einführung der imperativen Schutzimpfung beim Heere als äußerst 
wünschenswert erscheinen. Reckzeh (Berlin). 


44. Marcoviei und Schmitt. Zur Therapie der Cholera asiatica. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

Der Brechreiz wird am 1. Behandlungstage mit Aqua chloroformiata bekämpft 
und dadurch die Einnahme von viermal drei Allphentabletten (Knoblauch-Salol- 
präparat) täglich ermöglicht, gleichzeitig werden täglich zwei hohe Allphenklysmen 
(je 11/, Liter heißes Wasser auf eine Packung Allphenklysma II) von 2 m Einlauf- 
höhe verabreicht; das Klysma wird bis zu 2 Stunden behalten; die subjektiven 
Beschwerden werden geringer; am 2. Tage wurde nicht mehr erbrochen und die 
Zahl der Stühle wurde geringer. Innerhalb 3—6 Tagen waren die Krankheits- 
erscheinungen verschwunden, die Rekonvaleszenz war eine kurze. 

Seifert (Würzburg). 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Medizin i 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charietteaburg, 
herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 5. Sonnabend, den 5. Februar 1916. 
Inhalt. 


0. Seifert, Sammelreferat aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
Referate: 1. Zörnlaib, Mundfäule — 2. Wegelin, 3. Paetzold, Aktinomykose. — 4. Forss- 
ner, Rheumatische Erkrankungen. — 5. Klinger und Fourmann, 6. Petruschky, Meningitis. — 
7. Pfeller, Rotz. — 8. Burkitt, Schwarzwasserfieber. — 9. Liefmann, Malaria. — 10. Koogman 
und van Roogen, Colisepsis. — 11. Landmann, Febris ephemera. — 13. Hübschmann, Influenza. 
— 13. Heilbronn, Eigenartige Truppenepidemie. — 14. Hüssy, Puerperale Infektion. — 15. Robin- 
son, Tetragenusseptikämie. — 16. Procházka, 17. u. 18. Zadek, 19. Clarke, Gelenkrheumatismus. 
— X. Walko, Mischinfektionen. — 21. Giugni, Drei-Tage-Fieber. — 23. Cole und Ruh, Pemphigus 
aconatoram. — 23. Cooke, Coccidiosis. — 24. Eishhorst, Epidemische Speicheldrüsen- und Neben- 
kodsnentzüändang. — 25. Weinstein, 26. Moser und Arnstein, Mumps. — 27. Linnenthal, Toll- 

wat. 





 Sammelreferat 
aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
(Oktober 1915 bis Januar 1916.) 


Von 
Prof. Dr. Otto Seifert in Würzburg. 
a. Allgemeines. 

Bei Hustenreiz infolge von Pharyngitis sicca, hypertrophicans, 
granulosa, haben sich die Thyangolpastillen als gutes Mittel erwiesen, 
ferner auch bei Husten bei Bronchitis und Lungentuberkulose. Durch 
Verabreichung von zwei bis drei Pastillen vor jeder Nahrungsaufnahme 
erreichte Gutstein (1), den Larynxphthisikern mit Dysphagie eine 
völlig schmerzlose Nahrungsaufnahme zu ermöglichen. | 

Bei Ozaena findet Mosbacher (2) nach Anwendung von Ortizon 
ein baldiges Schwinden des Gestankes. Auch bei trocken-schleimigen 
Kehlkopf- und Rachenkatarrhen zu empfehlen. 

Den Wert der axialen Röntgenaufnahmen sieht Pfeiffer (3) 
in dem Nachweis anatomisch-topographischer Einzelheiten und in 
der Beurteilung entzündlicher Erkrankungen der Nasennebenhöhlen. 
Durch die vortreffliche Darstellung der Schläfenbeine im axialen Bilde 
hat sich dieses besonders zu diagnostischen Zwecken bei entzünd- 


lichen Erkrankungen des Warzenfortsatzes und Frakturen des Schläfen- 
beins bewährt. 


5 


66 | | Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


Bei einem vorher vollständig gesunden Manne (48 Jahre) stellte 
sich eine langsam fortschreitende multiple Hirnnervenlähmung der 
rechten Seite ein, von der fast alle Hirnnerven betroffen wurden mit 
Ausnahme des Olfactorius und Acusticus. Die histologische Unter- 
suchung, über deren Resultat von Reuss (4) eingehend berichtet 
wird, von zwei in verschiedenen Zwischenräumen aus der Gegend der 
Fossa retromandibularis exzidierten Tumormassen ergab das Bild 
eines Endothelioms, das den klinischen Erscheinungen nach von der 
Schädelbasis ausging. Sektion konnte nicht vorgenommen werden. 

. Im ersten. Falle Schrapnellverletzung des Gesichtes mit kleinem, 
schlitzförmigem Einschuß an der linken Nasenseite. Radioskopie: 
Schrapnellkugel zwischen mittlerer und unterer Muschel. Entfernung 
mühelos. 

Im zweiten Falle Gewehrschuß am Halse rechts von dem Kopf- 
nickermuskel. Radioskopie: Dicht unter dem Zungenbein nahe der 
vorderen Fläche der Halswirbel Geschoßlage zu erkennen. Nach der 
Annahme von Winkler (5) muß das Geschoß zwischen Speiseröhre 
und Halswirbel von rechts nach links den Weg genommen haben, 
ohne Kehlkopf und Speiseröhre zu verletzen. 

Das tertiäre trichlorbutylfettsaure Ammonium, in Tabletten 
à-0,1 mit Zusatz von 0,3 Milchzucker in den Handel gebracht, wird 
von Wolfheim (6) als Hustenmittel bei Bronchialkatarrhen, Lungen- 
tuberkulose und nervösem Reizhusten, bei Kindern mit Sirup ver- 
mischt bei Keuchhusten empfohlen. Dreimal täglich zwei Tabletten 
in etwas Wasser (am besten heißem Wasser) gelöst.| 


lb." Nase. 

Der »Coccobacillus foetidus ozaena« von Perez ist ein dem 
Abel-Löwenberg’schen Ozaenabakterium äußerst nahe verwandtes 
Stäbchen. Die beiden Burkhardt und Oppihofer (7) zur Ver- 
fügung stehenden Stämme rufen im Kaninchenexperiment bei ge- 
.nügender Dosis septische Erscheinungen, daneben speziell Reizung 
der Darmschleimhaut und in letzter Linie der Nasen-Trachealschleim- 
haut hervor. Eine chronische Rhinitis oder Atrophie konnte nicht 
erzeugt werden. Es scheinen die Beweise für die Infektiosität der 
Ozaena und für die spezifische Rolle des Perez’schen Stäbchens 
noch nicht genügend fundiert zu sein. 

Von den 73 Fällen von Krankheiten der Tränenwege, die Fried- 
‘berg (8) bisher nach der West’schen Methode operierte, sind die 
mitgeteilten durchweg solche, die mehr als 5 Monate beobachtet 
wurden. Die West’sche Methode besitzt einen wirklichen Vorzug 
vor der Toti’schen, da man bei ersterer nur die von der umgebenden 
Muskulatur freie, innere Tränensackwand berührt und somit die Mus- 
kulatur, welche die Tränenflüssigkeit in den Tränensack herabpumpt, 
nicht beschädigt. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 67 


Nur Personen mit einer normalen Nasenatmung können in vollem 
Maße von einer günstigen Luftbeschaffenheit profitieren. Wenn aber 
das kavernöse Gewebe geschwunden ist oder sich noch nicht entwickelt 
hat, wie beim Säugling, kann Mink (9) sich nur einen teilweisen und 
vorübergehenden günstigen Einfluß des Klimas denken. Bei der 
Mundatmung, wobei nicht nur die Wirkung des Schwellkörpers, 
sondern die ganze Nasenreizung ausfällt, wird dieser Einfluß mut- 
maßlich bis auf einen kleinen Bruchteil beschränkt bleiben. 

In den meisten der Fälle, in welchen sich der Ozaenaprozeß in 
den Nebenhöhlen abspielte, handelte es sich um Keilbein- und Sieb- 
beinhöhlenaffektionen, nur zweimal lag eine Erkrankung der Kiefer- 
höhle vor. Wenn von einem ursächlichen Zusammenhang der Ozaena 
mit Nebenhöhlenerkrankungen gesprochen wird, so versteht L. 
Rethi(10) darunter, daß eine der Ozaenaerkrankung der Nasen- 
höhle analoge Krankheit der Nebenhöhlen besteht und daß sich 
derselbe Prozeß in den Nebenhöhlen abspielt, der demnach als Ozaena 
der Nebenhöhlen zu bezeichnen ist. Doch kommen derartige Fälle, 
d. h. in denen man sagen kann, daß die Ozaena auf einer Neben- 
höhlenerkrankung beruhe, recht selten vor. 


c. Mund — Rachen. 


Infolge seiner hervorragenden antiseptischen Eigenschaft benutzte 
Bernstein (11) das Lenicet-Mundwasser in starker Lösung bei einer 
größeren Anzahl ulzeröser Stomatitiden wie auch zur Wundbehandlung 
im Munde (bei der Behandlung von Kieferschußverletzungen zur 
Reinigung der mit Schienen versehenen Kiefer), in schwächerer Lö- 
sung bei einfachen katarrhalischen Erscheinungen sowie zur täglichen 
Mundpflege. 

Eine Aktinomykose der Haut des Gesichtes, des Halses, des 
Rückens und der Brust bei einer 28jährigen Grubenarbeitersfrau 
hatte ihren Ausgang von dem Zahnfleischrande des rechten Unter- 
kiefers genommen. Als das Auffallendste bezeichnet Burkhard (12) 
die kolossale Ausbreitung der Krankheitsherde in der Haut innerhalb 
verhältnismäßig kurzer Zeit. 

jähriger Landmann, vor 8 Jahren syphilitisch infiziert, vor 
6 Jahren Beginn der Zungenschwellung, die nicht auf spezifische Be- 
handlung zurückging. Gal(13) konstatierte Verdickung der etwas 
blassen Zunge, an der Oberfläche bläulichweiße, teils perlartig trübe, 
teils tropfenartig transparente Körnchen oder Bläschen von Mohn- 
Korngröße, die von den dünnwandigen, kleinen Papillenspitzen ein- 
zehüllt sind. 

Zur Schmerzstillung bei Stomatitis aphthosa der Kinder empfiehlt 
Göppert (14) die Applikation der ungiftigen Mittel: Aneson, Ortho- 
form, Anästhesin und Propäsin. Die Reinigung des Mundes kann bei 
ungeschicktem oder widerstrebendem Kinde mittels eines weichen 


ze 


68 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


Gummirohres, das man in die Wangentasche einführt, und durch 
dieses H,O, einspritzt, vorgenommen werden. 

In Fällen, in welchen der anamnestische Hinweis auf eine Nasen- 
erkrankung ziemlich klar und die Diagnose sehr schwer ist, kann es 
zeitweilig von entschiedenem Nutzen sein, zu wissen, bis zu welchem 
Grade der Nasopharynx in den betreffenden Fällen beim Schlucken 
und Würgen obliteriert wird. Dies kann schnell mittels des von 
Siuder (15) angegebenen Bismutexperimentes klargestellt werden. 

Die 15 Fälle von Mundhöhlenkrebs, welche von Sticker (16) 
einer erfolgreichen Radiumbehandlung unterzogen wurden, verteilen 
sich auf 3 Fälle von Zungenkrebs, 7 Fälle von Unterkieferkrebs, 
5 Fälle von Oberkieferkrebs. Dazu werden noch 2 Fälle von nicht 
günstig verlaufenem Wangenkrebs angeführt. 

Ein Infanteriegeschoß drang bei einem Soldaten von rückwärts 
etwa unterhalb des rechten Processus mastoideus ein, kam am harten 
Gaumen (rechte Hälfte) heraus und streifte anscheinend den rechten 
Teil des Zungengrundes. Alle Wunden heilten, der Pat. hatte 7 Monate 
lang keine Beschwerden. Erst nach dieser Zeit beobachtete er eines 
Tages, daß ein Metallgegenstand aus der alten Zungennarbe zum 
Vorschein kam. Das Projektil wurde dann innerhalb weniger Tage 
spontan ausgestoßen. Türk (17) nimmt an, daß durch die Muskel- 
bewegungen der Zunge der in ihr eingelagerte Fremdkörper passiv zur 
Ortsveränderung gezwungen wurde und den Weg nach außen durch 
die wenig widerstandsfähige Narbe nahm. 

Als typisches Beispiel einer Hyperkeratosis-lacunaris-Erkrankung 
führt Urbantschitsch (18) einen Fall (14jährigen Schüler) an, bei 
welchem die Gaumentonsillen, die linke Hälfte der hinteren Rachen- 
wand und die Rachentonsille mit den typischen, spießförmigen, harten 
Stacheln besetzt waren. Guter Erfolg von Einreibungen mit 2%igem 
Methylenblausilber, im Anschluß an die Extraktion der Hornstacheln. 

Es handelt sich um Hydrargyrum cyanatum, das in 0,01 %iger 
Lösung stündlich teelöffelweise genommen, Zappert (19) gute Dienste 
geleistet hat. 


d. Stimme und Sprache. 


In einem Vortrage bespricht Fröschels (20) die wichtigsten 
Fragen aus der Logopädie, Stottern, Stammeln, Rhinolalie, Sigma- 
tismus, Phonasthenie, Uranoschismen, Aphasien, funktionelle Stimm- 
störungen, die Pharynxstimme bei Laryngektomierten. 

In der unter Fröschels’ (21) Leitung stehenden Abteilung für 
sprachgestörte Soldaten stehen derzeit 78 Mann in Behandlung. Diese 
Kranken lassen sich in drei Gruppen teilen: 1) In sichtbare Ver- 
letzungen des Zentralnervensystems, 2) in Verletzungen der peripheren 
Sprechwerkzeuge und in Neurosen. Aus jeder Gruppe werden einige 
Pat. vorgestellt und an ihnen die wichtigsten Behandlungsmethoden 
und deren Resultate besprochen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 69 


Die Zahl der in die vom Wiener Militärkommando geschaffene 
und unter der Leitung von Fröschels (23) stehenden Kriegsabtei- 
lung für Sprachkranke beträgt bereits 70. Von den Stotterern 
hat der größte Teil den Sprachfehler erst im Kriege erworben, fast 
durchweg wird angegeben das Niedergedrücktwerden durch den 
Luftdruck eines explodierenden Schrapnells, in einzelnen Fällen Ver- 
schüttetwerden. Die hysterischen Aphonien machen unter elektri- 
scher, intralaryngealer und Ausgleichstherapie nach Flatau bis jetzt 
befriedigende Fortschritte. Diese Institution wird auch für andere 
Großstädte auf das wärmste empfohlen. 

Das Wort »Klangfarbe « ist eine akustische Bezeichnung, die sich 
zunächst auf die physische Seite der Erscheinung bezieht. Das eigen- 
artige und spezifisch menschliche Moment, wodurch sich unser natür- 
liches Stimmklanginstrument von allen künstlichen Musikinstru- 
menten unterscheidet, ist in seinem Ansatzrohr begründet. Mit der 
Vollkommenheit dieses Ansatzrohres kann sich keines eines der künst- 
lichen Musikinstrumente messen (Tenner, 24). 


c. Larynx und Trachea. 


Ein Soldat erhielt einen Streckschuß in die rechte Halsseite, danach 
Heiserkeit und Hustenreiz, später Erstickungsanfall, bei der Ein- 
lieferung in das Reservespital Hautemphysem in der Hals-, Rücken- 
und Brustgegend. Trotz der von Berger (24) vorgenommenen 
Tracheotomie Exitus. Bei der Sektion ergab sich Einschuß neben 
rechter Schildknorpelplatte, schlitzförmig. Weiterer Schußverlauf 
durch die rechte Kehlkopfwand in der Höhe zwischen Schild- und 
Ringknorpel; ohne jede Verletzung der Kehlkopfschleimhaut. Das 
Geschoß hatte dann die Vorderwand der Speiseröhre in der Höhe des 
Ringknorpels und dann die Hinterwand der Speiseröhre durchschlagen, 
war durch die linke Pleurakuppel gedrungen und in der hinteren 
Brustwand stecken geblieben. Pyopneumothorax. 

Ein Offizier kam mit einem Kugelschuß (Schrapnell), die Kugel 
war am Halse durch den Oberlappen der rechten Lunge — wahr- 
Scheinlich hinter der Trachea — in den Oberlappen der linken Lunge 
eingedrungen, in die Chiari’sche (25) Klinik. Die Kugel hatte Ent- 
zündung und Eiterung in der Lunge erzeugt und sich allmählich bis 
in den linken Hauptbronchus gesenkt. Die direkte obere Broncho- 
skopie gelang sehr leicht in Lokalanästhesie, die Kugel konnte mit 
einer von Frühwald angegebenen Zange gefaßt und gleichzeitig mit 
dem bronchoskopischen Rohre extrahiert werden. Es ist wohl der 
erste derartige Fall, bei welchem sich die Killian’sche Erfindung so 
vortrefflich bewährte. 

Kommt ein Kind auch nur mit dem Verdacht auf Diphtherie zur 
Aufnahme (Dr. Christs’ Kinderhospital, Frankfurt a. M.), so erhält 
es sofort Heilserum injiziert. Bei der foudroyanten Form der Diph- 


70 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


therie wird wenn möglich intravenös injiziert. Von Medikamenten 
erhalten die Kinder sofort Apomorphinmixtur (0,02—0,03 : 100,0 
1—2stündlich einen Kaffeelöffel) zur Erleichterung der Expek- 
toration, außerdem Exzitantien. Die Dauerintubation hat Cuno (26) 
aufgegeben, die temporäre Intubation beibehalten. Jedes zu tracheo- 
tomierende Kind wird vor der Operation intubiert, nach etwa 
10 Minuten Narkose und Tracheotomie. Am 3. Tage Entfernung der 
Kanüle. 


1. Fall: Durchschuß durch die vordere Kommissurgegend, Heiser- 
keit. Inzision eines Abszesses an der Incisura thyreoidea. Granulom- 
bildung im Gebiete der vorderen Kommissur, Transversusparese. 
Endolaryngeale Entfernung der Granulome. 

2. Fall: Kehlkopfschuß, Spitzgeschoß durch die Membrana 
thyreoidea eingedrungen, Aphonie, starke Blutung, Atemnot, Tracheo- 
tomie. Bei späterer Untersuchung Larynxstenose, die nur mit großer 
Vorsicht dilatiert werden kann. 

3. Fall: Larynxdurchschuß, Suffokationserscheinungen, Tracheo- 
tomie. 2 Wochen später hochgradige Verschwellung des Larynx- 
innern, Drainage (Glas, 27). 

Eine Gewehrkugel hatte an der Schädelbasis nicht nur die Carotis 
(Aneurysmabildung), sondern auch den Nervus vagus, sympathicus, 
hypoglossus und accessorius verletzt. Noch nach !/, Jahre konnte 
v. Frisch (28) die darauf bezüglichen Symptome Konstatieren: Re- 
kurrenslähmung, Ptosis und Enge der Pupille auf der erkrankten 
Seite, Atrophie der krankseitigen Zungenhälfte, Atrophie des M. tra- 
pezius und sterno-cleidomastoideus. 

Ein 19jähriger Mann hatte eine Nadel verschluckt, die im Kehl- 
kopf stecken blieb, vom Morgagni’schen Ventrikel aus den noch 
nicht verknöcherten Schildknorpel durchstach und hier eine typische 
Perichondritis erzeugte. Nach 4 Tagen war die Schwellung der Weich- 
teile geringer und Hajek (29) konnte die Nadel im Kehlkopf stecken 
sehen. Nach Kokainisierung des Kehlkopfes würgte der Kranke die 
Nadel aus. 

Von Fremdkörpern im Larynx kamen nur 5 Fälle zur Beobach- 
tung (Eisensplitter, Münze, Nähnadel, Haftschlinge, Rindsknochen), 
von Fremdkörpern in der Trachea und den Bronchien 25 Fälle (Teile 
einer Wassermelone, Zahnersatzstücke [3], metallene Papierheft- 
klammer, Nagel, Knorpelstück, Zwetschgenkern, Münze, Knochen- 
stücke [3], Apfelstück, Fleischstück, Kieselstein, Bohnen [5], Hemd- 
knopf, Glasperlen [3], Schuhöse). In allen Fällen gingen selbst schwere 
Lungensymptome verhältnismäßig rasch zurück, nur in 2 Fällen 
klangen sie langsam ab. In keinem der Fälle kam es zum Exitus. 
Über die Technik der direkten Laryngo-Tracheo-Bronchoskopie und 
über die lokale Anästhesierung werden von Kofler (30) bemerkens- 
werte Winke erteilt. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.5. 71 


In den 17 auf einer Tabelle übersichtlich zusammengestellten 
Fällen handelte es sich bei 14 um Verwundungen durch Gewehr- 
projektile und bei 3 um solche durch Schrapnellfüllkugeln, letztere 
verlaufen viel schwerer als die durch Gewehrprojektile. Nach der 
bisher allgemein üblichen chirurgischen Bezeichnung ist von 10 Durch- 
schüssen, 3 Streifschüssen und 4 Steckschüssen zu sprechen. Von 
Interesse ist die Zeit,nach welcher die Tracheotomie notwendig wurde, 
der kürzeste Zeitraum war 2 Tage, der längste 3 Monate nach der Ver- 
wundung. Was die Therapie anlangt, so wurde in den meisten Fällen 
eine exspektative Haltung eingenommen in der Erwartung, daß sich 
gelegentlich durch Abstoßung von nekrotischen Knorpelteilen der 
Zustand im Larynx bessere. Tatsächlich hat sich in einem Falle der 
Larynxbefund und die Stimmfunktion durch spontanes Aushusten 
von Knorpelstückchen wesentlich gebessert (Kofler und Früh- 
wald, 31). 

Das von Payr (32) geübte Verfahren besteht darin, daß auf der 
gelähmten Seite entsprechend der Lage der Stimmlippe aus dem 
Schildknorpel von außen ein U-förmiger Knorpellappen umschnitten 
und gegen die Stimmlippe in die Tiefe gedrückt und durch Naht 
festgestellt wird. Durch diese dauernde Knorpelplatte erhält. die 
Stimmlippe einen festen Halt in Medianstellung und der Glottisschluß 
wird ermöglicht. Sehr guter Erfolg. 

Bei schweren postoperativen Kehlkopfblutungen empfiehlt A. 
Rethi (33) zwecks Vermeidung der Gefahr der Pneumonie rasche 
Tracheotomie. Von der Tracheotomiewunde aus kann dann mit 
Hilfe eines Bellocq’schen Röhrchens ein Tampon in den enlgopt 
eingeführt werden. 

Auf Grund von 184 Fällen stellt Seifert (34) das Krankheitsbild 
jener Form der Influenzalaryngitis auf, das er als Chorditis fibrinosa 
bezeichnet und dasin der Hauptsache in der Bildung von fibrinösen Ex- 
sudationen auf der Oberfläche der Stimmlippen in verschiedener Aus- 
dchnung besteht. Möglicherweise begünstigen trockene Nasen- 
Rachenkatarrhe, die ausnahmslos bei 38 Soldaten während des ersten 
Kriegsjahres festgestellt wurden, das Auftreten dieser meist recht 
hartnäckigen Laryngitisform. 

In fünf Fällen von Dysphagie Kehlkopftuberkulöser nahm 
Wachmann (35) die Resektion der N. laryng. super. nach der Opera- 
!ionsmethode von Challier und Bonnet in Lokalanästhesie vor. 
In zwei Fällen wurde der Eingriff nur einseitig gemacht, in drei Fällen 
die doppelseitige Resektion des Nerven in einer Sitzung ohne jede 
unangenehme Nebenwirkung ausgeführt. 


Literatur: 
a. Allgemeines. 
1) Gutstein, Über die Entstehung des Hustens und seine Bekämpfung mit 
Thyangolpastillen. Med. Klinik 47. 1915. 


72 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.5. 


2) Mosbacher, Zur Anwendung des Ortizons. Deutsche med. Wochen- 
schrift 41. 1915. 

3) Pfeiffer, Beitrag zum Wert des axialen Schädelskiagramms. Arch. f. 
Laryng. Bd. XXX. Hit. 1. 

4) Reuss, Über einen Fall von einseitiger multipler Hirnnervenlähmung 
infolge von Endotheliom der Schädelbasis. Diss., Rostock, 1915. 

5) Winkler, Zwei merkwürdige Schußverletzungen. Fortschritte a. d. 
Gebiete d. Röntgenstrahlen Bd. XXIII. Hft. 2. 

6) M. Wolfheim, Über die Anwendung von trichlorbutylfettsaurem Am- 
monium als Hustenmittel. Fortschritte d. Medizin 52. 1915. S. 1136. 


b. Nase. 

7) Burckhardt und Oppihofer, Untersuchungen über den Perez’schen 
Ozaenaerreger. Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 

8) Friedberg, Über die West’sche intranasale Tränensackoperation. 
Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 

9) Mink , Die Rolle des kavernösen Gewebes in der Nase. Archiv f. Laryngol. 
Bd. XXX. Hft. 1. 

10) L. Rethi, Zur Frage der Beziehungen zwischen Ozaena und Erkrankungen 
der Nebenhöhlen der Nase. Wiener klin. Wochenschrift 44. 1915. 


c. Mund — Rachen. 

11) Bernstein, Lenicet-Mundwasser in fester Form. Deutsche zahnärztl. 
Wochenschrift 38. 1915. 

12) H. Burkhard, Fall von Aktinomykose der Haut (mit lokaler Reaktion 
nach Salvarsaninjektion). Archiv f. Dermatologie Bd. CXXI. Hft. 4. 1915. 

13) Gal, Degeneratio cystosa papillae linguae. Der Militärarzt 1915. S. 48. 

14) Göppert, Therapie der Stomatitis aphthosa. Therapeutische Monats- 
hefte 11. 1915. S. 511. 

15) Siuder, Die Wechselbeziehungen zwischen Aktion des Pharynx und des 
weichen Gaumens und ihre Bedeutung für die Diagnostik der Verhältnisse im 
Nasenrachenraum. Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 

16) Sticker, 15 Fälle von Mundhöhlenkrebs mit Radium günstig behandelt. 
Berliner klin. Wochenschrift 40. 1915. 

17) Türk, Zur Ätiologie der Ortsveränderung der Projektile bei Steckschüssen. 
Militärarzt 23. 1915. 


18) E. Urbantschitsch, Über Hyperkeratosis lacunaris. Med. Klinik 
45. 1915. 

19) Zappert, Eine in Vergessenheit geratene interne Behandlung der An- 
ginen. Wiener med. Wochenschrift 44. 1915. 


d. Stimme und Sprache. 

20) Fröschels, Über die Beziehungen der Sprachheilkunde zur übrigen Me- 
dizin. Wiener med. Wochenschrift 47. 1915. 

21) Fröschels, Kriegssprachstörungen. Wiener klin. Wochenschrift 45. 
1915. S. 1243. 

22) Fröschels, Eine sprachärztliche Kriegsabteilung. Med. Klinik 50. 1915. 

23) Tenner, Über Klangfarbenbewegung. Wiener med. Wochenschrift 39. 
40. 1915. 

e. Larynx und Trachea. 


24) Berger, Ein Fall von Ösophagusschuß. Münchener med. Wochenschrift 
45. 1915. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 73 


25) Chiari, Schrapnellkugel aus dem Bronchus entfernt. Wiener klin. 
Wochenschrift 45. 1915. S. 1239 u. Monatsschr. f. Ohrenhik. 9. 10. 1915. 

26) Cuno, Kehlikopfdiphtherie und ihre Behandlung. Fortschritte d. Medizin 
1915. Oktober. 

27) Glas, Drei Fälle von Larynxschüssen. Wiener klin. Wochenschrift 47. 
1915. 

28) v. Frisch, Schußverletzung. Wiener klin. Wochenschrift 51. 1915. 
S. 1421. f 

29) Hajek, Nadel im Kehlkopf. Wiener klin. Wochenschrift 51. 1915. S. 1422. 

30) Kofler, Die in den letzten 5 Jahren an der Klinik zur Behandlung ge- 
kommenen Fremdkörper des Larynx, der Trachea und der Bronchien. Wiener 
klin. Wochenschrift 40. u. 41. 1915. 

31) Kofler und Frühwald, Schußverletzungen des Larynx und der Trachea. 
Wiener klin. Wochenschrift 49. 1915. 

32) Payr, Plastik am Schildknorpel zur Behebung der Folgen einseitiger 
Stimmbandlähmung. Deutsche med. Wochenschrift 43. 1915. 

33) A. Rethi, Die Therapie der postoperativen Kehlkopfblutungen im 
Anschluß an zwei schwierige Fälle. Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 

34) Seifert, Über Chorditis fibrinosa (Influenzalaryngitis). Archiv für 
Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 

35) Wachmann, Über die Resektion des Nervus laryngeus superior bei der 
Dysphagie der Kehlkopftuberkulösen. Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. Hft. 1. 





Referate. 


1. Zörnlaib. Über epidemisches Auftreten der Mundfäule im 
Schloßberg-Kastell in L. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 22.) 
Unter 700 Häftlingen traten fast gleichzeitig 27 Fälle von heftigsten Mund- 

schleimhautentzündungen auf, deren Kontagiosität nicht zu bezweifeln war. Die 

Krankheit ging immer vom Zahnfleisch aus, hatte von da in den meisten Fällen 

auf die Wangen- und Gaumenschleimhaut übergegriffen. Unterkieferdrüsen- 

schwellung, mäßiges Fieber (38,5), Foetor ex ore, starke Salivation. Das baldige 

Erlöschen dieser Epidemie wurde erreicht durch allgemeine hygienische Maß- 

nahmen, Reinigung, Lüftung, Desinfektion der Ubikation, Reinigung und Des- 

infektion der Mundhöhle der Erkrankten. Seifert (Würzburg). 


2. C. Wegelin. Über aktinomykotische eitrige Meningitis. (Korre- 

spondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 18.) 

Von manifesten oder latenten aktinomykotischen Herden aus kann sich eine 
hämatogene, metastatische Meningitis entwickeln, welche klinisch einen akuten 
Verlauf nimmt. Ebenso kann bei Aktinomykose des Oberkiefers, des Mittelohrs 
oder der Weichteile des Halses und Gesichts durch direkte Fortleitung des Pro- 
zesses in das Schädelinnere eine akute aktinomykotische Meningitis entstehen. 
Als Infektionsweg kommen hier hauptsächlich die perineuralen Lymphbahnen 
der Hirnnerven in Betracht. 

Das Exsudat dieser Meningitis ist fibrinös-eitriger Natur. Die Eiterung kann 
entweder durch den Aktinomyces allein oder durch eine Mischinfektion mit Bak- 
terien bedingt sein. 


74 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


Die aktinomykotische Meningitis ist hauptsächlich an der Basis des Gehirns 
und in den Häuten des Rückenmarks lokalisiert. | 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


3. Paul Paetzold. Ein Fall von generalisierter Aktinomykose 
beim Menschen. (Frankfurter Zeitschrift f. Pathologie 1915. Bd. XVI. 
Hft. 3.) | 

Es handelt sich um einen wohlentwickelten, 12jährigen Knaben, der im 
Sommer oder Herbst 1911 eine primäre Lungenaktinomykose akquirierte und an 
dieser etwa 1!/, Jahre krankte, bis er im Frühjahr 1913 an ihr unter Erscheinungen 
allgemeinen Verfalls und Herzlähmung zugrunde ging. Einige Zeit vor dem 
Tode war es von dem bis dahin auf seinen Herd beschränkten Prozeß zu einer 
allgemeinen Aussaat in fast sämtliche Organe des Körpers gekommen. 

Die mikroskopische Untersuchung bestätigte die Annahme der hämatogenen 
Generalisation des primären aktinomykotischen Lungenabszesses. Sie zeigte den 
Weg, den der Pilz in den Blutkreislauf durch die Herzwand fand, und zeigte, wie 
in der unmittelbaren Nähe von Kapillaren Arterien, in deren geradliniger Ver- 
längerung oder in der Fortsetzung von Gefäßverzweigungen in entfernten ver- 
schiedenartigsten Organen sich tatsächlich Abszesse etablierten, die durch Inhalt 
und Bau für ihre Abkunft vom Lungenabszeß zeugen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4. G. Forssner. Pleomorphe Bazillen im Blute in den Lymph- 
drüsen und in den Gelenkexsudaten. (Nord. med. Archiv Abt. H. 
1914/15. Hft. 1 u. 2.) 

Verf. berichtet die ersten Resultate von einigen klinisch-bakteriologischen 
Untersuchungen bei rheumatischen Erkrankungen. Neun Fälle sind untersucht; 
Kulturen von Blut, Lymphdrüsen und Gelenkexsudat sind angelegt mit in den 
meisten Fällen Kolonien mit pleomorphen Bazillen. Noch ist es zu früh, näher 
über den Zusammenhang zwischen diesem Bazillenbefund und der Ätiologie der 
rheumatischen Krankheiten zu sprechen. Jacobaeus (Stockholm). 


5. Klinger und Fourmann (Zürich). Zur Bakteriologie und Pro- 
phylaxe der Meningitis epidemica. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 31.) 

Es gibt Stämme des Diplococcus intracellularis, welchen die für diese Art bis 
jetzt als charakteristisch angesehenen Eigenschaften teilweise fehlen. Die Fest- 
stellung und Isolierung aller Kokkenträger bei Auftreten von Meningitis epidemica 
selbst innerhalb von Kasernen und anderen geschlossenen Anstalten ist praktisch 
undurchführbar und unnötig. Reckzeh (Berlin). 


6. Petruschky (Danzig). Zur Vorbeugung der epidemischen 
Genickstarre. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 
Es hat sich nicht als nötig erwiesen, das Ziel der Meningitisbekämpfung 
(Ausschaltung aller Keimträger) niedriger zu stecken. Es empfiehlt sich eine 
Regelung der Taschentücherdesinfektion. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.5. 75 


7. Pfeiler (Bromberg). Zur Rotzdiagnose. (Berliner klin. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 39.) 

Der Schwerpunkt für die rasche Diagnose der Krankheit liegt bei Fällen, die 
eine Woche und darüber alt sind, in der serologischen Untersuchung. Die Agglu- 
tination wird dabei in der Regel nur in den frischeren Fällen zur Aufklärung dienen 
können. Mit Rücksicht hierauf ist besonders die Komplementbindungsreaktion 
zur Diagnose heranzuziehen. Die Konglutination läßt sich auch nicht ohne 
weiteres an ihre Stelle setzen, Reckzeh (Berlin). 


8. R. W. Burkitt. . Blackwater fewer. (Lancet 1915. Mai 1.) | 
B. gab in einem sehr schweren und einem beginnenden Falle von Schwarz- 
wasserfieber Neosalvarsan mit überraschend gutem Erfolge. 
F. Reiche (Hamburg). 


9. Emil Liefmann (Frankfurt a. M.). Ein Beitrag zur Chemo- 
therapie der chronischen Malaria. (Therapeutische Monatshefte 
1915. Mai.) 

Ein Fall von Malariaanämie mit sehr großem Milztumor und Dauerfolgen im 
Biute wurde durch Äthylhydrocuprein innerhalb 3 Wochen unter Schwinden des 
Milztumors und bedeutender Besserung der Blutbeschaffenheit so wiederhergestellt, 
dab subjektiv und objektiv von einer Heilung gesprochen werden konnte. Ob 
Gitselbe eine vollkommene im Sinne einer Sterilisatio magna ist, kann schwer 
beurteilt werden, da der Pat. sich von neuem der Infektionsgefahr ausgesetzt hat. 
Doch war die Wirkung des neuen Mittels auf den Krankheitszustand, der als ein 
schwerer und erfahrungsgemäß chininrefraktärer anzusehen war, eine so eklatante, 
daB dasselbe als eine wirkliche Bereicherung der Malariatherapie zu bezeichnen 
ist. Bemerkt sei noch, daß die Nebenwirkungen in Zittern, Ohrensausen, Augen- 
fimmern und bei dreimaliger Tagesgabe in einem rauschartigen Zustande be- 
standen. Doch klangen dieselben längstens 1 Stunde nach Einnahme des Mittels ab. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


10. A. Koogman und J. van Roogen. Ein Fall von Colisepsis. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1116—24.) 

Am 16. Tage nach elfter Entbindung ohne nachweisbare Ursache beginnender, 
em 25. Krankheitstage tödlich verlaufender Fall. Das 12 Tage vor dem Tode 
entnommene venöse Blut war kolibazillenhaltig. Autovaccinbehandlung sowie 
Gilargolbehandlung waren erfolglos. Die Autopsie ergab eine thrombosierte und 
erheblich dilatierte Vena spermatica dextra (Thrombus nicht geschmolzen) mit 
villkommener Obliteration des Ureters, ohne daß bei Lebzeiten irgendwelche sub- 
‚xktive Erscheinungen aufgetreten sind. Nur war der Harn zeitweilig eiweiß- und 
'tukucytenhaltig und enthielt eine geringe Erythrocytenzahl. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Il. Landmann. Über das gehäufte Auftreten einer ins Gebiet 
der sogen. Febris ephemera gehörigen Krankheit bei den 
Truppen des Ostheeres. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 24.) 
Die Febris emphemera wird als eine Abortivform der kruppösen Pneumonie 

aufgefaßt, und es ist in einzelnen Fällen gelungen, röntgenologisch kleine zirkum- 

“tipte Herde in den Lungen festzustellen. Reckzeh (Berlin). 


76 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


12. Hübschmann (Leipzig). Über Influenza. . (Münchener med. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 32.) 

Die relative Häufung von Todesfällen an Infektionen, die durch die Pfeitter- 
schen Bazillen verursacht waren, gab den Anlaß, die augenblickliche Verbreitung 
dieser Bazillen zu untersuchen, und es konnte gezeigt werden, daß die Verbreitung 
eine ziemlich große ist. In der Kette der Beweise, die für den Pfeiffer’schen 
Bazillus als den Erreger der epidemisch auftretenden Influenza sprechen, bilden 
die vorliegenden Untersuchungen ein neues Glied. Reckzeh (Berlin). 


13. Heilbronn. Eine eigenartige Truppenepidemie. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 

Die Symptome waren: Starke Störung des Allgemeinbefindens, Erbrechen, 
heftige Kopfschmerzen, Gefühl der Trunkenheit, Kreuz- und Lendenschmerzen. 
Temperatur zwischen 38,2 und 39,5. Der objektive Befund war bei den meisten 
ein negativer; einer hatte palpable Milz, vier leichte bronchitische Geräusche. 
Das hervorstechendste war das schwere Krankheitsbild und die unheimliche In- 
fektiosität. Reckzeh (Berlin). 


14. 0. Hüssy. Die Bedeutung der anaeroben Bakterien für die 
puerperale Infektion. (Monatsschrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie 
1915. Bd. XLI. Hft. 4.) 

Die bakteriologische Untersuchung auf anaerobe Bakterien ist wichtig und 
nützlich für die Erkennung der Ursachen des Puerperalfiebers. 

Gewisse anaerobe Bakterien sind als besonders bösartig aufzufassen, wie 
Tetanusbazillen, anaerober Streptokokkus und Staphylokokkus, Bacillus emphy- 
sematosus. 

Diese bösartigen Erreger werden aber glücklicherweise sehr selten gefunden. 

Die häufiger vorkommenden, gasbildenden, obligat anaeroben Stäbchen geben 
eine äußerst günstige Prognose ab. 

Als besonders gutartig sind Mischinfektionen zwischen diesen anaeroben 
Stäbchen mit aeroben Erregern jeglicher Art anzusehen, sowohl im Lochialsekrete 
als im Blute. Mischinfektionen dieser Art im Blute sind recht selten. 

Die Technik der anaeroben Züchtung nach dem Verfahren von Burkhardt 
ist recht einfach und für diesen Zweck durchaus genügend. Will man die Keime 
hingegen genau behufs Klassifizierung isolieren, wie das Messiner getan hat, 
dann ist entweder sein Vorgehen oder das von Lindemann zu empfehlen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


15. H. Robinson. A case of tetragenus septicaemia. (Lancet 1915. 
Juni 19.) 

R. konstatierte bei einem endokarditiskranken Manne im Verlaufe einer 
Bronchopneumonie eine Tetragenesbakteriämie; Tetragenes wurde auch aus dem 
Eiter einer Otitis bei ihm kultiviert. Chinin in großen Dosen brachte gute Bes- 
serung; es soll sich auch sonst gegen Tetragenespneumonien bei Kindern bewährt 
haben. l F. Reiche (Hamburg). 


16. F. Procházka. Akuter Gelenkrheumatismus und Unfall. (Ca- 
sopis lékaru ceskych 1915. Nr. 25.) 
Wenn nach einem Trauma gegen ein Gelenk ohne eine äußere Verletzung 
eine rheumatische Polyarthritis auftritt, handelt es sich um einen vom Unfali 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 77 


unabhängigen Zufall. Der Unfall schuf einen Locus minoris resistentiae für die 
Entstehung der Infektion und für ein intensiveres Auftreten derselben. Ein 
innerer Zusammenhang zwischen Unfall und akutem Gelenkrheumatismus besteht 
jedoch nach der Überzeugung des Autors nicht. Eine definitive Entscheidung 
dieser Frage wird jedoch erst dann möglich sein, bis die Ätiologie der Polyarthritis 
rheumatica endgültig geklärt sein wird. Bis dahin muß sich die gerichtiiehte 
Praxis noch nach den vorläufig herrschenden Ansichten richten und einen nach 
einem Trauma entstandenen akuten Gelenkrheumatismus als durch das Trauma 
verursacht ansehen, wenn die Gewalteinwirkung ausschließlich stumpf war, wenn 
eine echte rheumatische Polyarthritis vorliegt, wenn dieselbe bald, spätestens 
binnen 14 Tagen nach dem Trauma eintrat, und zwar zuerst in dem von dem 
Trauma befallenen Gelenk. G. Mühlstein (Prag). 


17. J. Zadek. Die Behandlung des akuten Gelenkrheumatismus 
mit reiner Salizylsäure. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft.7 u. 8.) 

Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt Verf. bei der Behandlung des akuten 
Gelenkrheumatismus den Gebrauch der reinen Salizylsäure, und zwar in der 
ursprünglich von Stricker angegebenen Weise. 

Die vielen Fehlschläge bei der Behandlung dieser hartnäckigen Krankheit 
erklärt Verf. durch den Gebrauch der chemischen Abkömmlinge der Salizylsäure, 
oder durch ungenügende Dosen der reinen Säure. Die Gefahr der Vergiftungs- 
erscheinungen durch hohe Dosen ist nach seiner Statistik nur gering und im Ver- 
gleich zu den günstigen Resultaten einer mit hohen Dosen durchgeführten Therapie 
nur sehr gering. Im allgemeinen gibt Verf. tagsüber bis höchstens 12 g in stünd- 
lichen Einzelgaben von !/, bis 1 g je nach Alter und Kräftezustand oder 2stünd- 
lich die doppelte Menge. Während der Nacht von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens 
wird nichts gegeben, abgesehen von solchen Kranken, die erst am Nachmittag 
ıur Einlieferung kommen. | 

Der Erfolg besteht in einem raschen Absinken der Temperatur, Verschwinden 
der Gelenkschwellungen und Schmerzen und Wiedereintreten der Beweglichkeit 
in 1 bis 3 Tagen. Nach der Entfieberung werden die großen oder nur wenig ver- 
kürzten Dosen zirka 8 Tage weiter gegeben, wodurch die Gefahr der Rezidive 
erheblich vermindert wurde. Auf die Verhinderung von Herzkomplikationen 
haben auch die großen Dosen keinen Einfluß. Irgendwelche dauernde Schädigung 
bezüglich des Magen-Darmkanals, der Nieren, des Sehapparates, oder des Gehörs 
wurden auch bei Vergiftungserscheinungen nicht bemerkt. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


18. Zadek (Neukölln). Kann und soll der akute Gelenkrheuma- 
tismus mit reiner Salizylsäure behandelt werden? (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 18.) 

Richtige Technik und Methodik und eine gewisse Erfahrung vorausgesetzt, 
stellt die reine Salizylsäure ein in seiner raschen Wirksamkeit unübertroffenes, 
dabei unschädliches, vielmehr den Kranken durch Vermeidung aller quälenden 
Prozeduren äußerst schonendes Medikament dar; sie ist daher zur Behandlung 
Theumatischer Affektionen vorzüglich geeignet, wenn akute Schwellungen und 
entzündliche Manifestationen der Gelenke, meist neben Fieber, Platz gegriffen 
haben. Dabei sind Derivate der Salizylsäure, mögen sie anderweitig berechtigt 
udam Platze sein, durchaus entbehrlich und überflüssig, wenn nicht gar schädlich. 

Reckzeh (Berlin). 


78 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5, 


19. J. T. Clarke (Ipoh). Rheumatic fewer an rheumatoid arthritis 
the geographical factor. (Lancet 1915. Juni 5.) 

C. sah in langem Aufenthalt in der malayischen Halbinsel in sehr großem 
Krankenmaterial niemals Fälle von Polyarthritis acuta, Chorea und rheumatischen 
Herzfehlern und auch nie von Arthritis deformans; er zitiert ärztliche Berichte 
und statistische Veröffentlichungen, nach denen rheumatisches Fieber und defor- 
mierende Arthritis beide in den Tropen nicht vorkommen. Unter den verschiedenen 
Hypothesen über das Wesen der letzteren neigt er sich der zu, die eine spezifische 
Affektion in ihr sieht und Beziehungen zur Polyarthritis acuta vermutet und 
weist auf Canney’s Bemerkung hin, daß Aufenthalt in Ägypten, in dem Teile 
ein dem tropischen sehr ähnliches Klima haben, eine fast sichere Kur der Arthritis 
deformans sei. F. Reiche (Hamburg). 


20. K. Walko (Prag). Weiterer Beitrag zu den Mischinfektionen 
mit epidemischen Krankheiten im Kriege. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. S. 215.) 

W. hat als Leiter eines Epidemiespitales auf dem südlichen Kriegsschau- 
platze ziemlich viel Mischinfektionen der verschiedensten Infektionskrankheiten 
beobachtet, wie Dysenterie und Typhus, wobei erstere meist mehr zurücktritt, 
ferner Typhus und Cholera, wobei letztere das Krankheitsbild beherrscht. W. be- 
spricht eingehend die verschiedenen Formen des Kriegstyphus, bald schwere 
Allgemeinerscheinungen mit geringen Darmveränderungen, bald sehr leichte 
Fälle, fast ohne Fieber, wo erst die bakteriologische Untersuchung die Diagnose 
sichert. Mischinfektionen von Cholera mit Ruhr imponierten meist klinisch als 
Ruhr. Rekurrens trat im Verlaufe von Cholera und Typhus wiederholt auf und 
prägte sich in der Fieberkurve meist sehr stark aus, gelegentlich kamen Typhen zur 
Beobachtung, die in ihrem Verlaufe ganz einem Rekurrensanfall glichen; eine der 
abgebildeten Kurven weist innerhalb von 4 Wochen bakteriologisch sichergestellt 
Cholera, Rekurrens und Typhus auf. Bezüglich der Widal’schen Probe betont 
W. die auffallend erhöhte Agglutinationskraft mancher Individuen ohne Er- 
krankung und ohne Schutzimpfung, so daß im Felde eigentlich nur der negative 
Widal seine frühere Bedeutung hat; auch bei Flecktyphus kann er irre führen. 
Zum Schluß werden Doppelinfektionen mit Zerebrospinalmeningitis besprochen 
und die leitenden Grundsätze bei der Prophylaxe der Mischinfektionen zusammen- 
gefaßt. Friedel Pick (Prag). 


21. F. Giugni (Rom). Das Drei-Tage-Fieber oder Pappatacifieber. 

(Riv. crit. di clin. med. 1915. Nr. 8.) 

Das Drei-Tage-Fieber kommt in den Mittelmeerländern und in Indien oft 
vor und wird nach Italien hauptsächlich durch Holzfrachten aus Dalmatien und 
Istrien eingeschleppt. Das noch unbekannte Virus wird durch den Stich der 
geräuschlos und nur 50—100 m weit fliegenden Pappatacimücke (Phlebotomus 
Papatasii) besonders nachts übertragen (nur die Weibchen stechen!), bedarf 
jedoch eines 7—8tägigen Verweilens in dem Tier, um wieder infektiös zu sein. — 
Symptome: Fieber (40° und mehr) mit kurzem initialen Schüttelfrost; kritischer 
Abfall meist nach 3 Tagen, oft unter Schweiß. Charakteristisch ist eine tiefe 
Muskelschwäche und spontane sowie Druckschmerzhaftigkeit aller Muskeln, 
einschließlich der Augenmuskeln; diffuser und heftiger Kopfschmerz, Konjunk- 
tivitis, Ohrensausen, Taubheit; gewöhnlich Anorexie, Magenschmerzen, Er- 
brechen, meist Obstipation (selten Durchfall). Selten Albuminurie oder Hämaturie. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 79 


Blutbild: geringe Hämochromocythämie, mäßige Verminderung der weißen Blut- 
kurperchen, mit Vermehrung der Eosinophilen und Lymphocyten und Vermin- 
derung der Mononukleären; Agglutination für Typhus und Paratyphus negativ. 
Als Varianten kommen apyretische, abgeschwächte oder abortive, andererseits 
aber auch protrahierte Formen vor. — Prognose immer gut. — Therapie sym- 
ptomatisch. — Prophylaxe: Zerstörung der Entwicklungsorte (Abtrittsgruben, 
Schuttstellen, altes Gemäuer), Überwachung der Holzfrachten aus Dalmatien und 
Istrien. — Differentialdiagnose: Malaria, Influenza, Dengue. — Reiche Literatur- 
angabe. Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


22. H. N. Cole und H. 0. Ruh. Pemphigoid des Neugeborenen 
(Pemphigus neonatorum). (Journ. amer. med. assoc. 1914. Bd. LXII. 
Nr. 14. S. 1159.) 

Während einer Epidemie von 9 Fällen ließ sich der Staphylokokkus aureus 
in Reinkultur bei allen Fällen isolieren, in denen sich uneröffnete Blasen fanden. 
Die Epidemie begann mit einem typischen Pemphigusfall, der später das klinische 
Bild einer Dermatitis exfoliativa neonat. (Ritter) annahm, wohl ein Beweis für 
die Identität beider Krankheiten, zumal der Erreger derselbe ist. Streng davon 
zu trennen ist dagegen die Impetigo contagiosa s. vulgaris s. bullosa (Strepto- 
kokken !). 

Das infantile Pemphigoid sollte anzeigepflichtig gemacht werden wegen 
seines ernsten epidemischen Charakters und seiner hohen Sterblichkeit (25—50°%;). 
Der durchschlagende Erfolg eines autogenen Vaccins bei der beobachteten Epi- 
ċemie empfiehlt seine Anwendung bei allen vorkommenden Fällen. 

Meinhof (Halle a.S.). 


23. J. V. Cooke (San Francisco). Immunity tests in coccidioidal 
granulosa. (Arch. of internal med. 1915. März.) 

Die bisher nur in Amerika und zumeist in Kalifornien bekannt gewordenen 
Erkrankungen durch Coccidioides immitis betrafen fast durchweg erwachsene 
Manner und bestanden in sukzessiven knötchenförmigen vereiternden granuloma- 
“sen Bildungen, die jeden Körperteil befallen können, am häufigsten aber in 
Knochen und Gelenken, Lymphdrüsen, Lunge und Haut lokalisiert sind. Zwei 
mue Beobachtungen werden mitgeteilt. Bei dem einen Kranken konnten daraufhin 
gerichtete Untersuchungen keine spezifischen komplementbindenden Körper und 
k:ine Agglutinine im Blutserum nachweisen, wenn Kulturen von Coccidioides 
immitis oder Emulsionen von Krankheitsherden beim Menschen als Antigene 
benutzt wurden. Spezifische Hautreaktionen ließen sich nicht erzeugen. Wohl 
aber konnte C. Präzipitine im Blutserum noch in Verdünnungen von 1 :160 
feststellen, wenn er Extrakte von getrockneten Kulturen der Krankheitserreger 
als Präzipitinogene verwendete. Nach den Proben handelte es sich anscheinend 
um spezifische Präzipitine. So ließe sich, falls die Befunde sich bestätigen, diese 
Reaktion bei tiefgelegenen Infektionen und zur Differentialdiagnose des Granu- 
lma coccidioidale und der nahverwandten Blastomykosis verwerten. 

F. Reiche (Hamburg). 


24. Eichhorst (Zürich). Über epidemische Speicheldrüsen- und 
Nebenhodenentzündung. (Med. Klinik 1915. Nr. 19.) 
Daß sich zu epidemischen Entzündungen der Speicheldrüsen Entzündungen 
der Hoden hinzugesellen, ist eine alte und schr bekannte Erscheinung. Bekannt 


80 , Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 5. 


ist auch, daß eine solche Entzündung nur bei Mannbaren auftritt. Zu den seltenen 


Vorkommnissen hingegen gehört es, daß nicht die Hoden, sondern die Neben- 
hoden entzündlich erkranken. -© Reckzeh (Berlin). 


25. Joseph Weinstein. Deafness following mumps. (Med. record 
1915. Nr. 9. S. 353.) 

W. berichtet von einem 8jährigen Knaben, der 5 Tage nach Einsetzen einer 
Parotitis vollständig taub wurde und es blieb. Die beiden Trommelfelle zeigten 
sich normal. Solche Fälle sind selten; die Pathologie ist noch nicht aufgeklärt; 
entweder handelt es sich um eine Metastase ins Labyrinth, ähnlich den meta- 
statischen Prozessen in die Mammae und Testiculi oder es handelt sich um eine 
toxische Neuritis des Acusticus. Der Beginn der Ohraffektion ist meist plötzlich; 
Schwindel, Erbrechen, Kopfweh, subjektive Ohrgeräusche, selbst Bewußtlosig- 
keit können auftreten. Die Mehrzahl der Fälle war nur einseitig; G. W. Boot 
erwähnt 32 unilaterale und 10 bilaterale Fälle; die Prognose ist ungünstig. 


P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


26. Moser und Arnstein. An der Front angestellte Beobachtungen 
über das endemische Auftreten von Mumps bei älteren Sol- 
daten. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 24.) 

Bei einem in den Beskiden stehenden Infanterieregiment kamen 20 Fälle 
von Parotitis zur Beobachtung, 3 mit Orchitis kompliziert. Nur 3 dieser Soldaten 
waren unter 30 Jahren, alle übrigen standen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. 
Diese Beobachtungen gaben auch Aufklärung über andere 3 zur selben Zeit in 
Behandlung gekommene Soldaten mit fieber- und schmerzhafter Hodenschwellung, 
wahrscheinlich handelte es sich bei diesen um Mumps-Orchitis ohne nachweisbare 


Parotitis. Seifert (Würzburg). 


27. Harry Linnenthal. A case of human rabies. (Boston med. surg. 
journ. 1915. Nr. 6. S. 221.) 

Ein 20jähriger Mann wurde von einem tollwütigen Hund in den linken Daumen 
gebissen, die Wunde war sehr unbedeutend, sie wurde sofort mit 1°/,.iger Sublimat- 
lösung tüchtig ausgerieben. 7 Tage nach dem Unfall wurde mit dem Pasteur- 
schen Verfahren begonnen und dasselbe nach 21 Tagen beendigt. Weitere 18 Tage 
später setzten die ersten Symptome der Lyssa ein, die nach 5 Tagen zum Tode 
führte. Am letzten Tage der Krankheit wurde eine intraspinale Injektion von 
salvarsanisiertem Serum und eine intravenöse Einspritzung mit Chinin. sulfuricum 
und Urea hydrochloratum gemacht. Dieser Fall ist deshalb bemerkenswert, 
weil die Krankheit erst so spät nach Beendigung der Pasteur’schen Kur begann, 
zu einer Zeit also, wo eine Immunität, sofern sie zustande gekommen ist, hätte 
wirksam sein müssen. Man muß daher annehmen, daß durch das Verfahren keine 
Immunisierung bewerkstelligt wurde. Im allgemeinen ist durch das Pasteur’sche 
Verfahren die Mortalität auf nur 1%, reduziert worden. 

Harris berichtet von einem Falle von menschlicher Lyssa, der durch Ein- 
spritzungen von Chinin und Urea gerettet wurde. 


P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 
be = E Öle 0 ll 3: E T E S E EE ESE u SS = US Zu = E E 
Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 


an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. | 


Zentralblatt für innere Me dizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 


Nr. 6. Sonnabend, den 12. Februar 1916. 
Inhalt. 


Sehnell, Sammelreforat aus dem Gebiete der Dermatologie und Syphilidologie. 

Referate: 1. Holly, 2. u. 8. Rothschild, 4. Cantieri, 5. Ellinger, 6. Rolly und Christian- 
sen. 7. Silberstein, 8. Frey, 9. Niemann, Stoffwechseluntersuchungen. — 10. Howard, Acidosis 
bei Kindern. — 11. Löwy, Alkalitherapie und Autotoxikosen. - 12. Henderson, Azidose — 


13. Ross und Hawk, Glykosurie nach Athernarkose. — 14 Matthews, 15. Lauritzen, 16. Mas- 
sagiia, 17. Liehtwitz, Diabetes. 


Sammelreferat aus dem Gebiete der Dermatologie 
und Syphilidologie. 
(Juli 1914 bis Juni 1915.) 


Von 


Dr. Schnell in Halle. 


Über Hautkrankheiten liegen einzelne bemerkenswerte Arbeiten 
vor. Heister (1) erlebte Frühjahr 1914 eine Epidemie von 25 Fällen 
folgenden Krankheitsbildes (Erythema infectiosum): Eine bläulich- 
rote Schwellung befällt die beiden Wangen, dann Nacken und Schulter- 
blätter, am 2.—3. Tage Gesäß und Oberschenkel. Befallen waren 
Kinder im Alter von Y,—16 Jahren. Fieber bestand fast bei allen 
Patt. Die Abheilung erfolgte mit Schuppung und Pigmentbildung. — 
Kromayer(2) beobachtete bei einer Reihe von Soldaten, die aus 
Rußland zurückkehrten, ein Krankheitsbild, das man sonst fast nur 
bei dekrepiden Kindern findet, das Ecthyma. Es bilden sich bis 
zu Geldstückgröße und darüber wachsende, mit mißfarbigen Gra- 
nulationen bestandene Geschwüre, die meist mit einer aus getrock- 
netem Eiter, Blut und Schmutz zusammengetzten Kruste bedeckt 
sind, unter denen sich eine mißfarbene Flüssigkeit befindet. Die Hei- 
lung der Geschwüre erfolgt mit Narbe. — Fischer (3, 4) hält das 
Eczema marginatum für eine selbständige Dermatomykose, der 
Ekzembegriff muß dabei ganz ausgeschaltet werden. Für den Er- 
reger hält er das Epidermophyton inguinale. Der fast allein in Be- 
tracht kommende Infektionsmodus ist die Anwendung feuchter 
Wärme. In erster Linie spielen anscheinend dabei feuchte Umschläge 


6 


82 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


eine Rolle, aber auch Sitz- und Vollbäder leisten der Verbreitung 
Vorschub. Bei der außerordentlichen Empfänglichkeit mazerierter 
Haut für den Pilz wird die Krankheit auch leicht auf andere Personen 
übertragen. In Krankenhäusern, Lungenheilstätten, Badeanstalten 
usw. muß bei der Verwendung von Umschlägen, Tüchern und Decken 
auf peinlichste Sauberkeit gehalten werden. Unter allen Umständen 
sollte jeder Pat. eine eigene Kompresse haben. Auf die Reinigung der 
Badegeräte muß besonders, wenn solche Fälle auftreten, peinlich 
geachtet werden. — Das Erythema exsudativum multiforme 
hält Polland (5) für eine klinisch wohl charakterisierte, mit typischen 
Symptomen einhergehende akute Infektionskrankheit. Der Erreger 
derselben ist noch unbekannt, ist aber vielleicht in der Gruppe der 
Aphanozoen im Sinne Kruse’s zu suchen. Möglicherweise gehören 
auch die Erreger des Herpes zoster und der Purpura rheumatica in 
dieselbe Kategorie. — Mit dem Namen: Chondrodermatitis no- 
dularis chronica helicis bezeichnet Winkler (6) ein Leiden, das 
er wiederholt gesehen hat. Es handelt sich dabei um eine Affektion 
des äußeren Ohres, die sich in Form eines linsen- bis kirschkerngroßen, 
flachen, mit einer zentralen Kruste bedeckten Knötchens manifestiert, 
bei der sich histologisch u. a. eine Degeneration des Knorpels nach- 
weisen läßt. — In einer Kinderkrippe in St. Gallen hat Bossart (7) 
im Anschluß an die allgemeine Impfung Ekzeme auftreten gesehen, 
die nach der Zeit und der Art des Auftretens als Autoinfektion aufzu- 
fassen waren. Er meint, daß durch Deckverbände und Kurzschneiden 
der Nägel sich solche Vorkommnisse vermeiden lassen. — Ein eigen- 
artiges Exanthem hat Koch (8) in mehreren Fällen von Diabetes 
mellitus beobachtet. Dasselbe besteht aus einzelnen erbsen- bis 
bohnengroßen, kreisrunden oder ovalen Effloreszenzen, in deren Mitte 
vielfach ein rotes Pünktchen zu sehen ist. Es hat sich stets um schwere 
Fälle von Diabetes mit reichlichem Zucker und Aceton im Harn 
gehandelt. — Frank (9) beschreibt einen 48jährigen Mann, bei dem 
im Anschluß an einen Fall innerhalb kurzer Zeit sämtliche Körperhaare 
ausfielen, selbst die Wimpern und die Haare in den Ausgängen der 
Nase und der Ohren. Irgendwelche sonstige Erscheinungen nervöser 
oder neurotischer Natur hat er dabei nicht feststellen können. — Auf 
Grund zahlreicher Untersuchungen kommt Hesse (10) zu der An- 
nahme, daß die positive Wassermann’sche Reaktion für Pem- 
phigus charakteristisch ist. (Ref. hat diese Angabe nachgeprüft 
und bei drei Pemphiguskranken eine negative Reaktion gefunden.) — 
Huber (11) sah nach Atophangebrauch einen universellen Pruritus 
mit urtikariellem und scharlachähnlichem Exanthem. Die Haut zeigte 
über den juckenden Stellen anfänglich keine Veränderungen; etwa 
24 Stunden nachdem sich das Jucken über den ganzen Körper ver- 
breitet hatte, wiesen die Oberschenkel und der Thorax stark gerötete 
Schwielen wie bei einem Nesselausschlag auf. Auf der Brust war 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 83 


die Haut wie bei Scharlach gerötet. — Boeck (12) sah einen letalen 
Ausgang bei einem 16jährigen Pat. mit Lupus vulgaris eintreten, der 
eine 25 %ige Resorcinpaste auf den größten Teil einer Wade er- 
halten hatte. 

Bezüglich der Behandlung der Hautkrankheiten sei an erster 
Stelle die Spiethoff’sche Arbeit: Zur Methode der Eigenblut- 
behandlung (13) erwähnt. Verf. ist im weiteren Ausbau der 
Eigenblutbehandlung bei juckenden Dermatosen so weit gekommen, 
daß er in gewissen Fällen täglich, oft sogar täglich 2mal, die Behand- 
lung vornimmt, wenn nötig wochenlang, und dabei jedesmal 100 bis 
200 cem Eigenblut injiziert. Lux (14) hat in vielen Fällen von jucken- 
den Dermatosen den AderlaBß mit nachfolgender Infusion von Ringer- 
scher Lösung (nach Rissmann) und Injektion von Eigenblut 
inach Spiethoff) bewährt gefunden. Das Eigenblut hat er nicht 
wie Spiethoff intravenös, sondern intraglutäal injiziert. Geeignet 
fand er Fälle von Pruritus, Urticaria, Lichen urticatus, pruriginöses 
Ekzem, Pyrogallusdermatitis; keinen Erfolg sah er bei Mykosis fun- 
cides, Dermatitis herpetiformis, Ekzema madidans. — Linser (15) 
hält die Höhensonne für eines der erfolgreichsten Mittel, die uns im 
Kampfe gegen die Psoriasis zur Verfügung stehen. 

Bei chronischer Furunkulose sah Messerschmidt (16) in 
zahlreichen Fällen, die vorher viele Monate lang auf verschiedene Weise 
vergeblich behandelt worden waren, Heilung durch Behandlung mit 
Autovaccine ohne weitere Hilfsmittel in 10—14 Tagen erfolgen. — 
Beim Lupus hat Fabry (17) die intravenöse Behandlung mit Kupfer- 
salvarsan versucht. Das Resultat war ein absolut negatives. 

Über die Gonorrhöe sind nur wenige bemerkenswerte Arbeiten 
erschienen. Zu erwähnen sind die Versuche von Reenstierna (18), 
cer auf die Conjunctiva und Urethra von Affen Impfungen mit 
sönorrhoischem Eiter und Gonokokkenkulturen angestellt. Es ist 
üm ebensowenig wie früheren Forschern gelungen, bei irgendeinem 
cr Tiere eine wirkliche Infektion zu erhalten. Nur bei den Affen, 
Cie mit Gonokokken geimpft waren, velche eine Zeitlang auf mit 
Örzanextrakt von derselben Affenspezies her versetzten Substrat ge- 
wachsen waren, entwickelte sich in den geimpften Augen ein sehr 
Yedeutender entzündlicher Prozeß. 

Über seine Erfahrungen, die er mit der Vaccineanwendung bei 
<tnorrhoischen Komplikationen auf der Hoffmann’schen Klinik in 
Bonn gemacht hat, berichtet Rost (19). Er hält sie im akuten 

Stadium nicht für angezeigt, ja manchmal sogar für gefährlich. Er 
wll ihre Verwendung für alle die Fälle reserviert wissen, bei denen es 
ùr chronisch infiltrativen Entzündung gekommen ist. Für wertvoll 
alt er die Vaccineanwendung zu Zwecken der Diagnose. Tritt nach 
„„2maliger intravenöser Injektion keine oder nur geringes kokken- 
ttes Sekret auf, so kann der Prozeß mit großer Wahrscheinlichkeit 


6*7 


84 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


als erloschen gelten. — Bloch (20) hat in schweren Fällen von Go- 
norrhöe sehr gute Erfolge mit der intravenösen Injektion von Ar- 
thigon erzielt. Er führt die bessere therapeutische Wirkung ds 
Arthigons bei intravenöser Applikation auf die ganz unspezifische 
heftige Allgemeinreaktion zurück, die sich z.B. auch durch das 
Pfeiffer-Kolle’sche Typhusvaccin erreichen läßt. — Als ein neues 
Mittel gegen Gonorrhöe empfehlen Stümpke (21) und Saalfeld (2) 
das Thigan, eine chemische Verbindung von Thigenol und Silber, 
das eine gute gonokokkentötende Eigenschaft neben sehr geringer 
Reizlosigkeit besitzt. — Schumacher (23) empfiehlt das Ammo- 
niumpersulfat, das die Silberpräparate bei der Behandlung der 
Gonorrhöe völlig ersetzen, ja sie in gewissen Eigenschaften übertreffen 
soll. —Smilovici (24) dagegen hält das Mittel nicht für brauchbar. — 
Heusner (25) hat Erfolge mit 1 —2 —3%igen Lösungen von Wasser- 
stoffsuperoxyd erzielt, die man auch mit Argentuminjektionen ver- 
binden kann. — Puppel (26) preist als ein neues Silberpräparat bei 
der Behandlung der akuten und chronischen weiblichen Gonorrhöt 
das Argobol. Man schüttet im Spekulum ca. 4—6g des Pulvers 
ein und fixiert es durch einen Wattetampon. 


Von den Arbeiten über Ulcus molle verdient die von Klaus- 
ner (27) Erwähnung, der häufiger Fälle von extragenitaler Infektion 
beobachtet hat, wo sich die Geschwüre nicht direkt am Genitale, 
sondern in dessen Umgebung usw. fanden. Es konnte stets direkte 
Übertragung nachgewiesen werden. Weiter beobachtete er einen Fal 
der indirekten Übertragung durch mit Ducrey-Eiter verunreinigt: 
Wäschestücke. 


Auf dem Gebiete der Syphilidologie seien zunächst einig 
experimentelle Untersuchungen erwähnt. Kissmeyer (28) hat mi 
einer reingezüchteten Kultur der Spirochaete pallida Unter 
suchungen angestellt mit dem Ergebnis, daß das Serum von Syph 
litikern die Spirochäte agglutiniert. Die Reaktion ist bei Syphili 
nicht konstant vorhanden, aber in allen Stadien derselben nacl 
gewiesen. Durch intravenöse Injektion von Kulturen der Sp. | 
auf Kaninchen kann man eine kräftige Agglutininbildung in dere 
Blut erzeugen. — Schereschewsky (29) konnte nach einer K: 
ninchenhodenimpfung mit Spirochäten, die der 7. Generation ein 
aus einer syphilitischen Papel reingezüchteten Spirochätenkultı 
entstammten, die Entwicklung einer typischen Primärsklerose fes 
stellen, eine deutliche parenchymatöse Keratitis nach einer Impfur 
in die Cornea. — Stümpke (30) hat bei Untersuchungen über d 
Abderhalden’sche Dialysierverfahren festgestellt, daß b 
frischer sekundärer Syphilis fast durchweg ein starker Abbau ví 
Nierensubstanz durch syphilitisches Serum stattfindet. In zweit 
Linie stand die Leber, dann folgte die Milz. In wesentlich geringere 
Grade oder überhaupt nicht wurden andere Organe abgebaut. Au 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.6. 85 


Primäraffekte und syphilitische Papeln wurden in zahlreichen Fällen 
von syphilitischen Seren zum Abbau gebracht. — Über den Wert der 
Noguchi’schen Luetinreaktion sind die Ansichten noch ver- 
schieden. Während Clauss (31) ihn für die Diagnose der Syphilis 
in verschiedenen Stadien bestätigt, sind nach Perkel (32) noch zahl- 
reiche weitere Versuche und Beobachtungen zur Aufklärung über die 
Spezifität der Reaktion notwendig. 

Guszmann (33) hat über den im Frühstadium der Syphilis auf- 
tretenden Gelenkrheumatismus sorgfältige Beobachtungen ge- 
macht. Die Erkrankung ist durch auffällige Steigerung der Schmerzen 
während der Nacht und im Gegensatz zum idiopathischen Gelenk- 
rheumatismus durch die Unempfindlichkeit gegenüber aktiven und 
passiven Bewegungen charakterisiert. Auf große Jodkaliumdosen 
tritt hierbei sofortige Entfieberung und Schmerzlosigkeit ein. 


Neisser (34) beschäftigt sich mit der Frage, wann bei Luetikern 
die Spinalflüssigkeit untersucht werden soll, und kommt zu dem 
Ergebnis, es solle erst dann geschehen, wenn man glaubt, mit der 
Allgemeinbehandlung aufhören zu dürfen (nach genügend oft wieder- 
holten Kuren, nach mehrfachen, in großen Intervallen festgestellten 
acgativen Reaktionen nach Wassermann). Bei negativem Befund 
des Liquors kann man mit der Behandlung aufhören. — Hoff- 
mann (35) betont die Möglichkeit, die primäre Syphilis durch eine 
kombinierte Hg-Salvarsankur dauernd zu heilen und auch bei 
‚nscher sekundärer Erkrankung in etwa 85% auf diese Weise einen 
Dauererfolg zu erzielen. — Scholtz (36) rät, um üble Zufälle nach 
Seivarsaninfusionen zu vermeiden, daß man geradezu ängstlich jeden 
Kranken von der weiteren Salvarsanbehandlung ausschließt, welcher 
auf die Einspritzung mit Kopfschmerzen oder Fieber (von der ersten 
‚njektion abgesehen) reagiert oder — wenn auch nur inunbedeutendem 
Grade — über Benommenheit, länger dauernde Übelkeit oder Appetit- 
‚sigkeit nach der Salvarsaninjektion klagt oder danach Eiweiß im 
Harn oder deutlich verminderte Urinsekretion zeigt. — Kromayer(37) 
mpfiehlt, wegen Nichterreichung der primären Sterilisatio magna 
‘nd der Gefährlichkeit (Neurorezidive und Todesfälle) statt der 
tuben Dosen 10 —15 kleine Dosen von 0,1—0,2 Salvarsan im Laufe 
..n 4—6 Wochen zu geben. — Über ein neues Ehrlich’sches Prä- 
“arat, das Salvarsannatrium, berichtet Wechselmann (38), 
Yreifus (39), Loeb (40), Gutmann (41), Fabry und Fischer (42). 
zs vereint die Vorteile des Alt- und Neosalvarsans und hat sich nach 
‘der Richtung außerordentlich bewährt. Nicht selten scheint es 
-xantheme hervorzurufen, die meist leicht verlaufen. Sein Arsen- 
zalt beträgt ca. 20%, und es kommen daher von dem Mittel die 
xichen Dosierungen wie vom Neosalvarsan, welches denselben Arsen- 
„nalt aufweist, in Betracht. — Einen wesentlich geringeren Arsen- 
::aalt weist das gleichfalls von Ehrlich hergestellte Kupfersal- 


86 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


varsan auf, mit dem Fabry und Selig (43) Versuche angestellt 
haben. Man kommt daher mit erheblich kleineren Dosen von Arsen 
aus und kann die Einzelinjektionen in kurzen Zwischenräumen folgen 
lassen, somit die Behandlung bis zur Beseitigung der sichtbaren 
Symptome abkürzen. Dagegen hat das Präparat den Nachteil, daß 
die Lösung des Kupfersalvarsans sehr kompliziert und eigentlich nur 
im Krankenhaus auszuführen ist. Mit dem Mittel lassen sich alle 
Stadien der Lues schnell und sicher beeinflussen. — v.Szily und 
Friedenthal (44) haben den Versuch gemacht, ohne die Anwendung 
der hochwertigen aromatischen Arsenpräparate, speziell des Sal- 
varsans, überflüssig machen zu wollen, die bekannten Antiluetika 
Quecksilber, Arsen und Jod durch eine anorganische Kom- 
bination zu vereinigen, um solcher Art bei zweckmäßiger Mischung 
derselben in einer Lösung die wirksamste Kombinationstherapie zu 
bewerkstelligen. Sie haben die Lösung bisher bei 30 Luetikern in den 
verschiedensten Krankheitsstadien angewandt, ohne je einen Schaden 
davon zu sehen. Es müssen natürlich noch ausreichendere Erfah- 
rungen gesammelt werden. 


Über Quecksilberpräparate hat Döhring (45) Untersu- 
chungen angestellt. Seine Ergebnisse lauten: 1) Die Wirkung der 
verschiedenen Quecksilberpräparate hängt nicht allein von der zu- 
geführten Hg-Menge ab, sondern die chemische und physikalisch- 
chemische Beschaffenheit muß dabei eine Rolle spielen. 2) Von den 
gebräuchlichen unlöslichen Hg-Salzen entfaltet das Kalomel die 
stärkste spirillozide Wirkung. In zweiter Linie kommt das Hg. salicyl., 
an dritter Stelle das Mercinol. Am wenigsten spirillozid wirkt von 
den untersuchten Präparaten das Kontraluesin trotz der hohen Dosen 
und trotz der relativ schnellen Resorption. — Frankenstein (46) 
hat einen Quecksilber-Inhalationsapparat konstruiert. Das 
sich aus dem Amalgamzustand in feinster Gasform abspaltende Hg 
wird im gleichen Moment von der a tergo kommenden Austreibekraft, 
sei es komprimierte Luft oder Sauerstoff, erfaßt und dem Atemwege, 
nachdem es nochmals durch dieses Agens zerstäubt und verdünnt 
worden ist, zugeführt. — Stümpke (47) sieht die Frankenstein- 
sche Methode als eine Bereicherung unserer bisherigen Hg-Behand- 
lungsverfahren an. Sie gestattet eine Dosierung, ist bequem zu 
handhaben und wird von der großen Mehrzahl der Kranken angenehm 
empfunden. — Unna (48) empfiehlt bei Syphilis und Hautkrank- 
heiten einen Quecksilbergleitpuder, der aus Hg, Terpentinöl und 
Lysopodium hergestellt ist und mittels Tupfers auf die Haut gewischt 
wird. 


Lüders und Emmert(49) suchten ein Jodalkaliersatzmittel, 
dessen Darreichungsform möglichst vielseitig sein sollte, und fanden 
es in dem Joddihydroxyprozon (Atoval), das per os, durch 
Einreibung und Injektion angewandt werden kann. Bitter empfiehlt 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 87 


intramuskuläre Injektionen damit zu machen. Nebenerscheinungen 
hat er nicht beobachtet. Er sieht in dem neuen Präparat ein neues 
unschätzbares Heilmittel zur Heilung der tertiären Lues, das allen 
bisher bekannten Jodpräparaten in bezug auf Heilkraft und Schnellig- 
keit des Erfolges weit überlegen ist. 

Zum Schluß mögen noch einige Arbeiten über die Lues im Kindes- 
alter folgen. Soldin und E. Lesser (50) fordern bei dem leisesten 
Verdacht auf kongenitale Lues nicht mit dem negativen Ausfall 
der Wassermann’schen Reaktion beim Kinde sich zu begnügen, 
sondern auch noch das Blut der Mutter serologisch zu prüfen. — Beim 
luetischen Säugling bevorzugt Noeggerath (51) die Injektion kleiner 
Volumina sehr konzentrierter Neosalvarsanlösungen in die Venen, 
namentlich des Schädels. Die intramuskuläre Injektion, die er manch- 
mal ausübt, könne trotz einwandfreier Technik unangenehme Neben- 
wirkungen haben. — Kern (52) dagegen zieht die epifasciale Neo- 
salvarsaninjektion bei Kindern vor. Bei Ausführung derselben 
legt er den Hauptwert auf eine hohe Einengung der Lösung (100 %ig). 
Bei Beobachtung dieses Punktes treten nur in ganz seltenen Fällen 
unbedeutende Infiltrate auf. — Für die zweckmäßigste Art der Hg- 
Medikation bei kongenitaler Lues hält Monti (53) die Behandlung 
mit Embarin, das bei größerem Hg-Gehalt eine relativ geringe 
toxische Wirkung hat. Man sieht bei Kindern nur selten schwere 
toxische Erscheinungen danach auftreten. 


Literatur: 

1) Heisler, Erythema infectiosum. Münchener med. Wochenschrift 1914. 
Nr. 30. 

2) Kromayer, Ecthyma, eine Kriegsdermatose. Deutsche med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 20. 

3) Fischer, Studien über Dermatomykosen in Berlin. Derm. Wochenschrift 
1914. Nr. 51. 

4) Fischer, Über die generalisierte Form des Ekzema marginatum. Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 10. 

5) Polland, Bemerkenswertes anläßlich einer kleinen Endemie von Ery- 
thema multiforme. Derm. Zeitschrift 1915. Januar. 

6) Winkler, Knötchenförmige Erkrankung am Helix (Chondrodermatitis 
nodularis chronica helicis). Arch. f. Derm. u. Syphilis Bd. CXXI. Hft. 2. 

T) Bossart, Über eine Ekzem-Hausendemie nach Vaccination. Schweiz. 
Korr.-Bl. 1914. Nr. 45. 

8) Koch, Exanthem bei Diabetes mellitus. Arch. f. Derm. u. Syphilis. 
Bd. CXIX. Hft. 5. 

9) Frank, Vollkommener Haarausfall nach Unfall. Ärztl. Sachverst.- 
Zeitung 1914. Nr. 23. 

10) Hesse, Positiver Ausfall der Wassermann’schen Reaktion bei Pem- 
phigus. Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 3. 

11) Huber-Pestalozzi, Pruritus cutaneus universalis mit urtikariellem 
2 scharlachähnlichem Exanthem nach Atophangebrauch. Schweiz. Korr.-Bl. 

015. Nr. 21. 


88 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


12) Boeck, Fall von tödlicher Resorzinvergiftung bei äußerlicher Anwendung 
des Mittels. Derm. Wochenschr. 1915. Nr. 19. 

13) Spiethoff, Zur Methode der Eigenblutbehandlung. Med. Klinik 1915. 
Nr. 2. 

14) Lux, Die Behandlung juckender Dermatosen mit Ringer’scher Lösung 
und Eigenblut. Derm. Wochenschrift 1914. Nr. 45 u. 46. 

15) Linser, Über die Behandlung der Psoriasis mit ultraviolettem 
Licht. Med. Klinik 1915. Nr. 27. 

16) Messerschmidt, Die Vaccinetherapie der chronischen Furunkulose der 
Haut. Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 26. 

17) Fabry, Über intravenöse Behandlung des Lupus mit Kupfersalvarsan. 
Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 5. 

18) Reenstierna, Impfversuche an Affen mit dem Gonococeus Neisser. 
Archiv f. Derm. u. Syphilis Bd. CXXI. Hft. 2. 

19) Rost, Zur Vaccineanwendung bei Gonorrhöe. Derm. Zeitschrift 1915. 
Hft. 1. 

20) Bloch, Kritisches zur Vaccinetherapie der Gonorrhöe, zugleich experi- 
menteller Beitrag zur Begründung der ableitenden Therapie. Schweiz. Korr.-Bl. 
1914. Nr. 44. 

21) Stümpke, Thigan, ein neues äußerliches Antiblennorrhoicum. Mün- 
chener med. Wochenschrift 1914. Nr. 29. 

22) Saalfeld, Über Thigan. Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 8. 

23) Schumacher, Ammoniumpersulfat bei Gonorrhöe. Derm. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 7. 

24) Smilovici, Ammoniumpersulfat als Antigonorrhoicum. Derm. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 28. 

25) Heusner, Die Behandlung der Gonorrhöe mit Wasserstoffsuperoxyd. 
Med. Klinik 1915. Nr. 21. 

26) Puppel, Argobol, ein neues Silberpräparat. Münchener med. Wochen- 
schrift 1914. Nr. 51. 

27) Klausner, Über extragenitale Ulcus molle-Infektion. Derm. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 23. 

28) Kissmeyer, Agglutination der Spirochaeta pallida. Deutsche med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 11. | 

29) Schereschewsky, Primäraffekt und Keratitis parenchymatosa, bewirkt 
durch Reinkulturen der Syphilisspirochäten. Dtsch. med. Wchschr. 1914. Nr. 41. 

30) Stümpke, Abderhalden’sches Dialysierverfahren und Dermatologie. 
Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 14. 

31) Clauss, Diagnostische Versuche mit Luetin Noguchi. Münchener med. 
Wochenschrift 1914. Nr. 34. 

32) Perkel, Über die intradermale Reaktion auf Syphilis mit Noguchi’s 
Luetin. Arch. f. Derm. u. Syphilis Bd. CXXI. Hft. 1. 1915. 

33) Guszmann, Polyarthritis syphilitica acuta. Wiener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 4. 

34) Neisser, Wann soll bei Syphilitikern die Spinalflüssigkeit untersucht 
werden? Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 19. 

35) Hoffmann, Zur Abortivbehandlung frischer Syphilis. Deutsche med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 19. 

36) Scholtz, Der heutige Stand der Salvarsanbehandlung der Syphilis. Derm. 
Wochenschrift 1915. Nr. 5. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 89 


37) Kromayer, Der Fehler in der Salvarsanbehandlung der Syphilis. Deutsche 
med. Wochenschrift 1914. Nr. 37. 

38) Wechselmann, Über Salvarsannatrium. Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 6. 

39) Dreifus, Salvarsannatrium und seine Anwendung in der Praxis. Ibid. 

40) Loeb, Salvarsannatrium. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 12. 

41) Gutmann, Über SAIVATSannalElum. Berliner klin. Wochenschrift 1915. 
Nr. 15. 

42) Fabry und Fischer, Über ein neues Salvarsanpräparat »Salvarsan- 
natrium«e. Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 18. 

43) Fabry undSelig, Über die Behandlung der Syphilis mit Kupfersalvarsan. 
Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 5. 

44) v.Szily und Friedenthal, Chemotherapie der Syphilis mittels anorga- 
nischer Kombination von Quecksilber, Arsen und Jod. Theurapeutische Monats- 
hefte 1915. Nr. 2. 

45) Döhring, Über Wirkung und Resorption von Quecksilberpräparaten, 
insbesondere des Kontraluesins.. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 3. 

4) Frankenstein, Eine neue Methode der Quecksilberinkorporation zur 
Behandlung der Syphilis. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 20. 

47) Stümpke, Erfahrungen mit dem Frankenstein’schen Quecksilber- 
inhalierverfahren. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 21. 

48) Unna, Quecksilbergleitpuder. Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 24. 

49) Ein neues, für jede Applikationsart geeignetes Jodpräparat: »Jod- 
dihydroxyprozon« (Alival). I. Chem.-pharm. Teil von Lüders und Emmert. 
ll. Klin. Teil von Better. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 22. 

50) Soldin und E. Lesser, Zur Kenntnis der kongenitalen Syphilis der 
Säuglinge. Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 5. 

51) Noeggerath, Beobachtungen aus der Freiburger Kinderpraxis. Deutsche 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 11. | 

52) Kern, Über die Anwendung der epifascialen (bzw. intramuskulären) 
\essalvarsaninjektionen nach Wechselmann im Kindesalter. Berliner klin. 
Wochenschrift 1914. Nr. 43. 

5) Romeo Monti, Embarin bei Lues congenita. Wiener med. Wochen- 
schrift 1914. Nr. 47. 





Referate. 


1. Konrad Helly. Weitere Studien über den Fettstoffwechsel der 
Leberzellen. II. Fettgehalt und Fettphanerose. (Beiträge zur 
pathol. Anatomie u. z. allg. Pathologie 1914. Bd. LX. Hft. 1.) 

Zwischen quantitativem Fettgehalt und Fettphanerose besteht in der Leber 
zwar in großen Zügen Übereinstimmung; im einzelnen jedoch gibt es Fälle mit 
‘ffenkundigem Mangel an Übereinstimmung. Die quantitativen Zahlenwerte 
fur das Leberfett zeigen zwischen Minimum und Maximum nicht einen regelmäßigen 
An- und Abstieg, sondern die deutliche Bevorzugung gewisser Wertstufen, was 
at Ausdruck bestimmter Aviditätswirkungen betrachtet werden kann. Dies 
Moment sowie vergleichend-anatomische Erwägungen rechtfertigen den Ge- 
denken, die Leberverfettung nicht so sehr selbst als pathologischen Prozeß zu 
betrachten, wobei vielmehr als normaler Funktionsausdruck des unter verschie- 


90 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6, 


denen, auch pathologischen Bedingungen arbeitenden Organs, wobei vielleicht 
auch die Wirkung zentraler Regulationsmechanismen mit in Frage kommt. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


2. M. A. Rothschild. Zum Studium des Cholesterinstoffwechsels. 
Der Cholesteringehalt des Blutes und einiger Organe im 
Hungerzustand. (Beiträge z. pathol. Anatomie u. z. allg. Pathologie 
1915. Bd. LX. Hft. 2.) 

Die durch die Mesothoriumbestrahlung der Kaninchenmilz verursachte Zer- 
störung des Iymphatischen Gewebes derselben hat keine Veränderung des Chol- 
esteringehalts des Blutes zur Folge, während gleichzeitig auch die Reticuloendo- 
thelien keine wesentliche Schädigung erleiden. 

Auf die Milzexstirpation kann eine allmähliche und mäßige Erhöhung des 
Cholesterinspiegels des Blutes folgen. Diese ist demnach nur auf die Ausschaltung 
der einen Gewebskomponente der Milz, der Reticuloendothelien, zurückzuführen. 
Auf.der Funktion dieser Elemente — eines Teiles des gesamten Endothelapparates— 
dürfte somit die Bedeutung der Milz für den Cholesterinstoffwechsel beruhen. 

Bei hypercholesterinämischen Zuständen des Kaninchens kommt es zu einer 
chemisch oder morphologisch nachweisbaren Lipoidvermehrung in der Milz. Diese 
weist je nach der Ursache der Hypercholesterinanämie graduelle und qualitative 
Unterschiede auf, zeigt aber ein prinzipiell gemeinsames Merkmal: das Auftreten 
in den Reticuloendothelien. Auch auf diese Weise treten alle die Beziehungen 
der endothelialen Gewebsbestandteile der Milz zum Cholesterinstoffwechsel in 
Erscheinung. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


3. M. A. Rothschild. Zur Physiologie des Cholesterinstoffwechsels. 
II. Die Beziehungen der Nebenniere zum Cholesterinstoff- 
wechsel. (Beiträge zur pathol. Anatomie und zur allg. Pathologie 1914. 
Bd. LX. Hft. 1.) 


Bei vollständig suprarenektomierten Kaninchen kommt es entsprechend der 
Hypercholesterinämie zu einer Vermehrung des Leber- und Gallencholesterins. 

Die Zunahme des Lebercholesterins findet ihren morphologischen Ausdruck 
in einer vom Blute aus erfolgenden Infiltration der Kupffer’schen Sternzellen 
mit Lipoiden (Cholesterinestern und Fettsäuren), ähnlich wie dies auch bei der 
Cholesterinfütterung des Kaninchens zu beobachten ist. 

Während die Galle des Kaninchens normalerweise nur sehr wenig Cholesterin 
enthält, läßt sich somit die Menge dieses Stoffes experimentell (Fütterung und 
Suprarenektomie) sehr beträchtlich steigern. Zwischen Herbivoren und Karni- 
voren besteht demnach in bezug auf den Cholesterinstoffwechsel und die Rolle 
der Leber in demselben kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller Unterschied. 
Der Cholesteringehalt der Galle jeder Tierart ist abhängig vom Cholesteringehailt 
des Blutes, wie dieser unter physiologischen Bedingungen von der für die Tier- 
spezies charakteristischen Menge des Nahrungscholesterins abhängt. 

Die Leber darf somit als eigentlich regulierendes Organ des Cholesterinstoff- 
wechsels angesehen werden, indem sie durch die Gallenausscheidung das Cholesterin- 
gleichgewicht des Organismus aufrecht erhält. Das dabei in Betracht kommende 
intermediäre Organ sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Kupffer’schen Stern- 
zellen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 91 


In der mit Cholesterin gespeicherten Leber des hypercholesterinämischen 
Kaninchens, das große Cholesterinmengen in der Galle ausscheidet, lassen sich in 
den Gallengangsepithelien gar keine, in den Gallenblasenepithelien nur zuweilen 
äußerst spärliche Lipoide nachweisen, Eine Sekretion des Cholesterins findet 
demnach in diesen Zellen nicht statt. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4. C. Cantieri. Stoffwechsel und biologische Funktionen des 

Cholesterins. (Riv. crit. di clin. 33—34.) 

Die Anschauungen von Serono sind von Grund aus verschieden von denen, 
die man aus den Studien aller anderen Autoren logischerweise folgern muß. — 
Das Cholesterin ist ein Abwehrferment, ein Element, das die Zellen vor schäd- 
lichen Einwirkungen bewahrt, und daher gewissermaßen ein antiseptisches, anti- 
hämolytisches Element, — aber nicht infolge einer neutralisierenden, sondern einer 
stabilisierenden Funktion: es macht nämlich das Zellelement geeigneter zum 
Widerstande, indem es ihm das Optimum seines chemischen Gleichgewichtes 
verleiht, auf welchem das Optimum biologischer Funktion beruht. — Ganz neu 
erscheint die Ansicht Serono’s, daß das Cholesterin für die Zelle als Vehikel 
von Enzymen und auch von fremden Substanzen dienen könnte. — Reiche Li- 
teraturangabe. Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


5, Philipp Ellinger. Über die Verteilung des injizierten Cholins 
im Tierkörper. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 49.) 


Nach intravenöser Einspritzung wurde fast die Hälfte, nach stomachaler 
Einverleibung ca. 3°, des einverleibten Cholins wiedergefunden, und zwar weitaus 
der größte Teil in der Haut, geringe Mengen in den Ovarien, Hoden und Neben- 
hoden. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


6. Rolly und Christiansen. Beitrag zum Stoffwechsel im Koch- 
salzfieber. (Archiv f. exper. Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. S. 34.) 
Kaninchen, welchen konzentrierte (3%,ige) Kochsalzlösung injiziert worden 

ist, reagieren stets mit einer Temperatursteigerung; bei Verwendung physio- 
bgischer Kochsalzlösung tritt in höchstens der Hälfte der Fälle Temperatur- 
steigerung ein. Die Stickstoffausscheidung ist nach konzentrierter Kochsalz- 
lösung stark erhöht (mehr als das Doppelte des normalen), im Gegensatz zu der 
nach physiologischer Kochsalzlösung beobachteten. In gleicher Weise verhält 
sich der respiratorische Stoffwechsel. 

Vermutlich bewirken konzentrierte Kochsalzlösungen im Körper noch se- 
kundäre Prozesse (Schädigung der Körperzellen und damit Freiwerden von eiweiß- 
haltigen Zellbestandteilen), welche zu einer Erhöhung des Stoffwechsels in der 
angegebenen Weise führen können. 

Die Versuche wurden an Kaninchen angestellt. Bachem (Bonn). 


7. F. Silberstein. Einwirkung des Chinins auf den Stoffwechsel. 

(Zentraiblatt für Physiologie 1915. Bd. XXIX. Nr. 10.) 

Es sind drei Erklärungsmöglichkeiten zulässig: 

1) Das Chinin hemmt die Glykolyse. Die geregelte Ausschwemmung des Blut- 
zuckers erfolgt, um das durch die mangelhafte Ausnutzung des Zuckers bedingte 
Defizit im Wärmehaushalt zu decken. 

2) Das Chinin setzt die gesamte Wärmeproduktion herab. Um die Tem- 


% 


92 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


peratur konstant zu erhalten, mobilisiert der Organismus seinen Kohlehydrat- 
vorrat. 

3) Das Chinin wirkt auf den Gesamtstoffwechsel in der Weise ein, daß Stoff- 
wechselprodukte, die normalerweise weiter abgebaut werden oder gar nicht auf- 
treten, in die Zirkulation gelangen. Diese Stoffwechselprodukte könnten eine 
Ausschwemmung der gespeicherten Kohlehydrate ins Blut bewirken. 

Ob und welche dieser Erklärungsmöglichkeiten zu recht bestehen, sollen 
Durchblutungen überlebender Organe und Versuche über Giykolyse in vitro und 
Gesamtstoffwechselversuche entscheiden. 


M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


8. Hans Frey (Bern). Über den Einfluß von Jod, Jodkalium, 
Jodothyrin und jodfreiem Strumapräparat auf den Stickstoff- 
wechsel, auf Temperatur, Pulsfrequenz und auf das Blutbild 
von Myxödem. (Mitteilungen a. d. Grenzgebieten Bd. XXVIII. Hft. 2. 
S. 349—385. 1914.) 


Es ist bereits durch Fonio (Mitteilungen a. d. Grenzgebieten Bd. XXIV) 
festgestellt worden, daß bei Behandlung des Myxödems mit Schilddrüsenprä- 
paraten die Stickstoffausscheidung zunimmt. Verf. untersuchte nun, wie weit 
an dieser Wirkung das Jod selbst beteiligt ist. Er fand, daß das Jod als solches 
nicht auf den Stickstoffwechsel bei Myxödem wirkt. Unter einer Jodmedikation, 
speziell mit Jodeiweißpräparaten, blieben auch Körpergewicht, Diurese, Tem- 
peratur und Pulsfrequenz unverändert. Jodothyrin dagegen steigert schon in ein- 
maligen Dosen von 1 g den N-Umsatz bei Myxödem und fördert die Diurese. 
Bei wiederholter Darreichung von Jodothyrin tritt eine Gewöhnung ein, und der 
Organismus reagiert weniger stark. Für therapeutische Zwecke soll man also 
Jodothyrin anfangs nur in kleinen Dosen verordnen. Die sehr nachhaltige Wir- 
kung des Jodothyrin beruht wahrscheinlich auf seiner sehr langsamen Ausschei- 
dung. Eiweiß und Zucker wurden während der Jodothyrinbehandlung nie im 
Harn gefunden, auch war der Indikangehalt nie erhöht. Die Phosphatausschei- 
dung war aber gesteigert. 

Was die Biutveränderungen betrifft, so stieg die Zahl der Neutrophilen 
während der Jodversuche an und sank in den jodfreien Intervallen. Gerade um- 
gekehrt verhält sich die Lymphocytose. Jod allein ist also schon imstande, eine 
Umwälzung im Blutbilde herbeizuführen, während Schilddrüsenpräparate ohne 
Jodgehalt absolut unwirksam bleiben. Jodothyrin wirkt bedeutend stärker als 
Jod allein. Robert Lewin (Berlin). 


9. + Albert Niemann. Der Stoffwechsel bei exsudativer Diathese. 

56 S. Preis 2,80 Mk. Bonn, A. Marcus & E. Weber, 1914. 

An drei Säuglingen mit exsudativer Diathese wurden nach einer näher be- 
schriebenen Methodik Stoffwechselversuche vorgenommen. Auf Grund der Ver- 
suche glaubt Verf. annehmen zu können, daß das Wesen der exsudativen Diathese 
auf einer Stoffwechselstörung beruht. Bei allen drei Säuglingen fand sich nämlich 
eine beträchtliche Erhöhung des Kalorienumsatzes, der Wärmebildung; auch die 
CO,-Produktion war in zwei Fällen gesteigert, im dritten Falle wäre sie wahr- 
scheinlich bei gleicher Nahrungszufuhr gesteigert gewesen. In der Neigung zu 


erhöhter Wärmebildung ist also ein der exsudativen Diathese eigentümliches 
Moment zu sehen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 93 


Eine einseitig auf Kohlehydrate eingestellte Diät bei Exsudativen wirkt nicht 
günstig, weil bei der Mästung mit Kohlehydraten es bei solchen Kranken wahr- 
scheinlich zu abnormer Wasserretention kommt. Dennoch glaubt Verf. in der 
Ernährung solcher Kinder die Kohlehydrate bevorzugen zu müssen, weil er immer 
wieder die Erfahrung gemacht hat, daß das Milchfett in größeren Mengen nicht 
vertragen wird. 

Eine vorsichtige Dosierung der Kuhmilch bei Exsudativen wird sich also mit 
Rücksicht auf ihren Eiweißgehalt empfehlen, weil die spezifisch dynamische 
Wirkung des Eiweiß, die in einer Steigerung des Umsatzes besteht, dort nur schäd- 
lich sein kann, wo schon auf Grund der Konstitutionsanomalie der Umsatz erhöht 
ist. Aber auch das Milchfett, welches ebenfalls schlecht vertragen wird, läßt eine 
reichliche Kuhmilchernährung bei Exsudativen unerwünscht erscheinen. Letzteres 
ist aber durch einen Zusatz von 3 bis 5% gewaschener Butter in der Nahrung sehr 
vorteilhaft zu ersetzen. J. Ruppert (Bad Salzuflen). 


10. Arthur A. Howard. Acidosis in children. (Boston med. surg. 

journ. 1915. Nr. 20.) 

Die 64 Kinder mit Acidosis, welche H. in den letzten 2 Jahren beobachtet hatte, 
befanden sich in der Mehrzahl im Alter von ca. 2 Jahren, das jüngste war nur 
einige Tage, das älteste über 11 Jahre alt. Von der sehr häufigen Acidosis, welche 
febrile Zustände begleitet und keine klinischen Symptome macht, soll hier nicht 
die Rede sein, sondern nur von solchen, die deutlich als Acidosis in die Erschei- 
nung traten. Die Symptome bestanden außer der Ketonurie, in Acetongeruch 
aus dem Munde, zyklischem Erbrechen, Unruhe, Störungen des Bewußtseins bis 
zum Koma mit Cheyne-Stokes’schem Atmen. Drei Fälle endeten tödlich. 
Die Ursachen der Acidosis sind mannigfaltig; am häufigsten lag irgendeine In- 
fektion der Sache zugrunde, wie z. B. Tonsillitis, Bronchitis, Otitis media, Coryza, 
infektiöse Darmkatarrhe, Konstipation, Verbrennungen, schwieriges Zahnen, 
Äthernarkose. Bei frühzeitiger Diagnose ist die Prognose günstig, die Behand- 
lung besteht in Fasten solange das Erbrechen dauert, Darreichung von Natrium 
bicarbon. und Traubenzuckerlösung. Alle Fälle von zyklischem Erbrechen sind 
wahrscheinlich Acidosisfälle. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


11. Julius Löwy (Prag). Alkalitherapie und Autotoxikosen. (Prager 
med. Wochenschrift 1913. S. 361.) 

Es wird in erster Linie auf die günstige Beeinflussung von Störungen im Eiweiß- 
st:ffwechsel durch Neutralsalze und Alkalien, insbesondere aber durch Karlsbader 
Wasser hingewiesen. Bei Magenerkrankungen beobachtete Verf. an v. Jaksch’s 
Klinik konform mit den Befunden Jaworski’s, Spitzer’s usw., daß hypazide 
Magensäfte bei Zuführung von Karlsbader Wasser normale Azidität erlangen 
konnen und daß dadurch die Störung im Eiweißabbau beseitigt wird. Bei Darm- 
erkrankungen tritt hingegen die abführende Wirkung der betreffenden Salze in 
den Vordergrund. Bei chronischen Nierenleiden wird neben einer Steigerung der 
Diurese, eine direkte günstige Beeinflussung der Albuminurie angegeben. Bei 
Diabetes mellitus liegt auf Grund von Versuchen Pribram’s und Löwy’s eine 
primäre Störung nicht nur im Zuckerstoffwechsel, sondern auch im Eiweißstoff- 
wechsel vor. Es wird bei dieser Erkrankung das von Salkowski gefundene 
S-haltige Harnkolloid in enormer Menge ausgeschieden, und zwar hält auch im 
agiykosurischen Stadium diese Ausscheidung noch an. Eine Verminderung der 


94 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


Ausscheidung findet man im Coma diabeticum und das Zustandekommen des 
Komas wird durch Retention dieser toxischen Substanzen erklärt. Von einem 
therapeutischen Effekt kann man demnach nicht sprechen, wenn im Laufe der 
Erkrankung die Kolloidausscheidung vermindert wird, im Koma dagegen gesteigert 
wird. Bei Verabreichung von Karlsbader Mühlbrunn konnte infolge der günstigen 
Einwirkung auf den Eiweißstoffwechsel eine Verminderung in der Kolloidaus- 
scheidung erzielt werden und die günstige Beeinflussung des Diabetes mellitus 
durch Karlsbader Kuren scheint zum Teil auf diese Wirkung zurückgeführt werden 
zu können. l Friedel Pick (Prag). 


12. J. Henderson. Die Zeit, während derer der Atem angehalten 
werden kann, als Index für Azidose. (Journ. amer. med. assoc. 
1914. Bd. LXIII. Nr. 4. S. 318.) 

Um Grad und Art einer Azidose zu bestimmen, wäre der Kohlensäuregehalt 
der Alveolarluft zu ermitteln. Aus Kohlensäure und anderen Säuren (bzw. Alkali- 
mangel) setzt sich ja der Reiz zusammen, der vom Blut auf das Atemzentrum aus- 
geht. An Stelle jener klinisch umständlichen Ermittlung braucht man nur die 
Zeit festzustellen, während derer der Atem freiwillig angehalten werden kann. 
Nach den Erfahrungen der Pike’s Peak-Expedition (Colorado) kann der Atem 
um so kürzer angehalten werden, je ärmer die Alveolarluft an Kohlensäure ist. 
Eine direkte Proportion bestand nicht, sondern bei Verringerung des CO ‚-Gehaltes 
auf 1/3, konnten die meisten der Bergsteiger doch nur halb so lange den Atem 
anhalten wie auf dem Meeresspiegel. 

Einige klinische Beobachtungen haben gezeigt, daß das Unvermögen, den 
Atem anzuhalten, im allgemeinen wenigstens bei einigen Formen von Säurever- 
giftung das Nahen eines akuten Stadiums ankündigen. Auch sonst liegen Be- 
obachtungen über die Wichtigkeit der freiwilligen Apnoe vor. — Der Pat. sitzt 
5 Minuten ruhig, holt tief, aber nicht übertrieben Atem und schließt Mund und 
Nase, während der Beobachter die Zeit notiert. Versuche mit der Methode emp- 
fehlen sich. Meinhof (Halle a.S.). 


13. E. L. Ross (Chicago) and P. B. Hawk (Philadelphia). Post- 
anesthetic glycosuria as influenced by diet, body temperature 
and purity of the ether. (Arch. of internal med. 1914. Dezember.) 
Aus R. und H.’s Versuchen an Hunden über die Glykosurie nach Äthernarkose 

sei hier mitgeteilt, daß nicht die dabei auftretende Reduktion der Körpertern- 

peratur und auch nicht die größtmögliche Einschränkung des O-Gehaltes der 

Ätherdämpfe zur Zuckerausscheidung führt. Sowohl der gereinigte wie der ge- 

wöhnliche Äther bedingen nach 2stündiger Narkose stets bei kohlehydratfrei er- 

nährten Tieren jedoch nicht bei gemischter Kost Glykosurie. 
F. Reiche (Hamburg). 


14. S. A. Matthews (Lawrence). Experimental diabetes insipidus 
in dogs. (Arch. of internal med. 1915. März.) 

Gewisse Verletzungen wie z. B. teilweise Abtragung des Lobus posterior der 
Glandula pituitaria oder Irritationen ihres Trichters führen häufig zur Polyurie 
und gelegentlich zu einer in der Regel vorübergehenden Glykosurie, die dann mit 
starkem Fettansatz verbunden ist. M. konnte bei zwei jungen Hündinnen eine 
dauernde Polyurie mit rascher Fettzunahme durch des Näheren beschriebene 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 95 


operative Läsionen an der Hirnbasis herbeiführen. Er vermutet unter kurzer 
Berührung der verschiedenen, zum Teil scheinbar sich noch widersprechenden 
experimentellen Befunde, daß ein durch jenen Reiz bedingtes Übermaß an Se- 
kretion in der Drüse statt hat und, solange dieses dauert, dadurch eine erhöhte 
Diurese. Bei diesem experimentellen hypophysären Diabetes insipidus scheint 
der Körper weder die Fette noch die Kohlehydrate voll ausnutzen zu können. 

F. Reiche (Hamburg). 


15. M. Lauritzen. Blutzuckerbestimmungen (Ivar Bangs Mikro- 
methode) bei Diabetikern und ihre klinische Bedeutung. 
(Zeitschrift f. physik. u. diät. Therapie Bd. XIX. Hft. 3.) 

L. glaubt auf Grund seiner Untersuchungen sagen zu können, daß Ivar 
Bang’s neue Mikromethode eine groBe klinische Bedeutung erlangen wird 1) bei 
der Differentialdiagnose: Diabetes mit Hyperglykämie oder Diabetes ohne Hyper- 
gykámie, die wiederholte Bestimmungen des Blutzuckers erfordert; 2) bei der 
Beurteilung der Prognose in den Fällen, wo die Azetonurie und die Diazetonurie 
uns keine Aufklärung über die schlechte Prognose geben. 3) Zur Kontrolle der 
Resultate langsamer therapeutischer Bestrebungen, wo gerade die häufigen Blut- 
zuckeranalysen notwendig sind. Während man sich früher mit der Aglykosurie 
els Richtschnur für die Behandlung begnügen mußte, kann man jetzt die Diät 
feststellen, die keine Hypergiykämie nach den Mahlzeiten macht, und diese Diät 
müssen die Pat., solange wie sie sich durchführen läßt, beibehalten. Das spielt 
sicht nur bei Diabetes mit Komplikationen wie Neuralgien, Gangrän, Tuber- 
kulose eine Rolle, sondern auch bei dem unkomplizierten leichten und mittel- 
schweren Diabetes ist es von großer Bedeutung, die Hyperglykämie fernzuhalten. 
Denn die Hyperglykämie schädigt die Toleranz beim Diabetes. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


16. Aldo Massaglia. Die Langerhans’schen Inseln und die Patho- 
genese des Pankreasdiabetes mellitus. (Frankfurter Zeitschrift 

für Pathologie 1915. Bd. XVI. Hft. 2.) 

Die Unterbindung des Ductus Wirsungius ruft bei Kaninchen und Hunden 
ere rasche und reichliche Bindegewebsneubildung hervor, welche in kurzer Zeit 
car Zerstörung des azinösen Drüsengewebes führt. Die Langerhans’schen Inseln 
cnd die Ausführungsgänge des Pankreas widerstehen dagegen dem sklerosierenden 
Prozeß längere Zeit, gehen aber wahrscheinlich schließlich auch zugrunde. 

Die Bauchspeicheldrüse hat unzweifelhaft einen bedeutenden Einfluß auf 
den Kohlehydratstoffwechsel. Die Aufgabe, den Zuckerstoffwechsel zu regeln, 
s.mmt dem endokrinen Parenchym des Pankreas zu. Die Ursache des Diabète 
maigre von Lancereaux scheint in einer Veränderung von einer gewissen Anzahl 
von Langerhans’schen Inseln zu suchen zu sein, und zwar in einem Grad von 
Veränderung, der die Gesamtfunktion dieser Inseln stört. 

Man muß jedoch bemerken, daß, während fast alle experimentellen Unter- 
suchungen einstimmig für die sog. Inseltheorie des Diabetes mellitus sprechen, 
die pathologisch-anatomischen Beobachtungen dagegen keine übereinstimmenden 
Angaben über die Veränderung des Pankreas bei dieser Krankheit liefern. 

Wahrend nämlich verschiedene Autoren ziemlich häufig im normalen oder 
wenig veränderten azinösen Gewebe schwere Veränderungen oder den Schwund 
ner gewissen Anzahl von Langerhans’schen Inseln vorfanden und als die 


96 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 6. 


spezifische Läsion ansprachen, wird von einigen anderen Autoren über Diabetes- 
fälle berichtet, in denen das azinöse Drüsengewebe schwer verändert, dagegen 
die Langerhans’schen Inseln in bezug auf Gestaltung und Menge normal vor- 
gefunden wurden. Es wurden ferner in einzelnen Fällen, in denen es sich nicht 
um Diabetes mellitus handelte, auch Veränderungen der Langerhans’schen 
Inseln vorgefunden, ohne daß der Kranke während des Lebens an Glykosurie ge- 
litten hätte. 

Wenn wir nun voraussetzen, daß nicht alle Fälle von Diabetes einen pan- 
kreatischen Ursprung haben, so glaubt Verf., ohne die immerhin zweifelhaft er- 
scheinende Hypothese zu Hilfe zu nehmen, daß in einem Element eine funktionelle 
Störung bestehen könne, ohne daß in demselben sichtbare Veränderungen be- 
stehen, daß man eine Erklärung dieser gegen die insuläre Theorie der Langer- 
hans’schen Inseln sprechenden Erscheinungen in der Annahme finden kann, 
daß bei der großen Anzahl der Langerhans’schen Inseln, die sich im Pankreas 
vorfinden, und bei einer unregelmäßigen Verteilung in den Fällen, wo bei Diabetes 
keine pathologisch-anatomischen Befunde vorliegen, wie sie von Opie beschrieben 
worden sind, d. h. wo sämtliche Inselgewebe verändert oder zerstört waren, der 
Schnitt und folglich die mikroskopische Untersuchung eben auf jene jedenfalls 
nicht gerade zahlreichen Stellen gefallen ist, in welchen die Langerhans’schen 
Inseln normal sind, während dieselben an anderen Stellen, die nicht untersucht 
wurden, verändert oder an Zahl vermindert sind, so daß sie eine Hypofunktion 
des Pankreas und somit eine Glykosurie hervorrufen mußten. 

Aus demselben Grunde, und zwar noch viel leichter, kann es umgekehrt vor- 
kommen, daß man bei Leichen von Nichtdiabetikern zufälligerweise Teile des 
Pankreas untersucht, in denen die Langerhans’schen Inseln verändert oder 
in geringer Zahl vorhanden sind, während diese Inseln in den übrigen Stellen 
normal und in solcher Anzahl vorhanden sind, daß die Funktion eine normale 
sein kann. Die Versuchsergebnisse lehren in der Tat, daß bei der teilweisen Pan- 
kreasektomie das Zurückbleiben einer gewissen Menge des Drüsengewebes genügt, 
um das Eintreten einer Glykosurie hintan zu halten, und daß die Menge von 
Parenchym, welche zur Verhinderung der Glykosurie notwendig ist, nicht immer 
die gleiche ist. 

Man wird somit in jenen Fällen, wo man nicht sofort einen klassischen Befund 
erhält, wie er von Opie usw. beschrieben wurde, die ganze Bauchspeicheldrüse 
einer sorgfältigen mikroskopischen Untersuchung unterziehen müssen, um den 
genauen Zustand der Langerhans’schen Inseln bestimmen zu können. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


17. Lichtwitz (Göttingen). Über die Reaktion auf Acetessigsäure 
nach Gerhardt. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 16.) 
Die Gerhardt’sche Reaktion zeigt die Enolform der Acetessigsäure an. 
Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


2 — 
— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Yentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bons, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 


Nr. 7. Sonnabend, den 19. Februar 1916. 





Inhalt, 

Deutscher Kongreß für innere Medizin in Warschau. 

Referate: 1. Hopkins, 2. Bergmark, 3. Edgar, 4. Czapski, 5. Liehtwitz, 6. Salén, 7. Al- 
len, 8. Eiehhorst, 9. Ruediger, 10. Kisch, 11. Cammidge und Howard, 13. Hill und Sherrick, 
‘ı Allen, 14. Christian, 15. Sternberg, Diabetes. — 16. Röse, 17. Daniels und MeCrudden, 
15 Folin und Denis, 19. Bass, 20. Brugsch und Wolffenstein, 21. Kuznitzky, 22. Mayer, 
2 Smith and Hawk, 24. Chace und Fine, 25. Biffie, Gicht. — 26. Oeder, 27. Kisch, Fettsucht. 

~ X Glaessner. Mast- und Entfettungskuren. — 29. Sternberg, Brot und Appetit. — 30. Rotky, 
Tterapie der Stoffwechselkrankheiten. 

31. Castaldi, Unterarmphänomen. — 82. Kedroff, Hemmungserscheinungen. — 88. Pfister, 
"rtäsiklonus. — 34. Piek, Facialisreflex. — 85. Levine, Okularreflex. — 36. Mayer, 37. Kafka, 
A::erhalden in der Psychiatrie. — 38. Gordon, 39. Français, 40. Solomon und Wells, 41. Obe, 
i. Nobel, Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit. 





am 1. und 2. Mai 1916 findet eine 


Außerordentliche Tagung 
des 


Deutschen Kongresses für innere Medizin 


in Warschau 


st Zur Verhandlung kommen die Krankheiten, die im Kriege besondere 
©.:htigkeit erlangt haben; in Aussicht genommen ist die Besprechung von 


Abdominaltyphus, Ruhr, Fleckfieber, Cholera, 
Herzkrankheiten und Nephritis. 


Es werden nur Referate mit anschließender Diskussion abgehalten; freie Vor- 
tās sind ausgeschlossen. 

Zur Tagung werden zugelassen die Militär- und Zivilärzte, welche dem 
Deutschen Reiche und den verbündeten Staaten angehören; Angehörigen 
teutraler und feindlicher Staaten kann der Zutritt nicht gestattet werden. 

Da die Tagung im besetzten Gebiete stattfindet, muß jeder Teilnehmer 
ait einem vorschriftsmäßigen Passe versehen sein; die dabei zu erfüllenden 
Beiingungen, sowie die Bestimmungen für die Anmeldung zur Teilnahme 
serden in der Fachpresse noch bekannt gegeben werden. 


98 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 


Referate. 


1. Arthur H. Hopkins. Sudies in the concentration of blood- 
sugar in health and disease as determined by Bang’s micro- 
method. (Amer. journ. med. sciences 1915. S. 254. Februar.) 

Bei Gesunden schwankt der Gehalt des Blutes an Zucker zwischen 0,065 bis 
0,11%. Nach den Mahlzeiten tritt eine vorübergehende alimentäre Hyper- 
glykämie auf, nach Darreichung von 100 g Glukose wurden Werte von 0,14 bis 
0,15%, gefunden; diese alimentäre Hyperglykämie erreicht ihre Höhe !/, bis 
2 Stunden p. coenam und verschwindet hernach rasch. 

Beim Diabetiker ist der ständige Gehalt an Blutzucker höher; in einer Reite 
von neun Diabetikern finden wir Werte von 0,15—0,30°%,. Die alimentäre Hyper- 
glykämie nach 100 g Glukose steigt hier viel höher und dauert viel länger ais 
beim Gesunden. Wir finden hier Werte von 0,40—0,50%. Die Höhe der Aus- 
scheidung liegt 3 Stunden p. c. und der Abstieg vollzieht sich viel langsamer als 
bei Gesunden. Ein bestimmtes Blutzuckerniveau, bei welchem der Abfluß von 
Zucker aus dem Blute in den Urin, also Glykosurie beginnt, gibt es nicht, dies 
sind individuelle Verhältnisse. Krankheiten des Pankreas, der Nieren und Hyp»- 
physis liefern alle zu hohe Werte von Blutzucker nach Glukosedarreichung, diss 
ist besonders für die Nephritisformen mit zu hohem Blutdruck hervorzuheben; 
dagegen ist meist bei der Nephritis mit normalem Blutdruck auch der Blut- 
zuckergehalt normal. Hyperglykosurie leichteren Grades wurde ferner in manchen 
Fällen von Pneumonie, Apoplexie, Typhus abdominalis, Tuberkulose und Kar- 
zinom gefunden. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


2. G. Bergmark. Zuckerresorption und Blutzuckerspiegel. (Nord. 
med. Arch. Abt. II. 1914/15. Hft. 1 u. 2.) 

Verf. hat eine Reihe von Untersuchungen angestellt, um die Frage zu ent- 
scheiden, ob man durch quantitative Bestimmungen der in das Blut übertretenden 
Mengen eines Nahrungsbestandteiles Schlüsse auf die Resorptionsgeschwindig- 
keit aus dem Magen-Darmkanal ziehen kann. Am einfachsten schienen die Ver- 
hältnisse hinsichtlich des Zuckers zu liegen, wo es durch die Mikromethode 
von Bang den Ablauf der alimentären Blutzuckervariationen zu studieren müz- 
lich ist. 

Nach Aufnahme von Saccharose ist die Erhöhung des Blutzuckerspiesels 
größer als nach Aufnahme einer gleichen Menge Laktose; die Maltosekurve liegt 
in der Mitte. 

Nach Einnehmen von Dextrose zeigen fünf Doppelversuche bei fünf Indi- 
viduen ganz übereinstimmend einen erheblich höheren Anstieg des Blutzucker- 
spiegels als nach ganz analoger Zufuhr einer gleichen Menge Lävulose. 

Die Frage, ob der Verlauf des Blutzuckerspiegels als ein Indikator der Re- 
sorptionsgeschwindigkeit betrachtet werden kann, ist mit Nein beantwortet. 

Jacobaeus (Stockholm). 


3. Th. 0. Edgar. Klinische Untersuchungen über die Erkran- 
kung des Gehörorgans bei Diabetes mellitus mit besonderer 
Berücksichtigung der Erkrankungen des inneren Ohres. 
(Monatsschrift f. Ohrenheilkunde u. Laryngo-Rhinologie 1915. Hft. 4 u. 5.) 
Die Häufigkeit von Erkrankungen des inneren Ohres bei Diabetikern und die 

in mehreren Fällen festzustellende Tatsache einer Besserung der Hörstörungen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 99 


in der Zeit fehlender oder geringerer Zuckerausscheidung (und umgekehrt) ge- 
statten, zweifellose ätiologische Beziehungen des Diabetes zu Erkrankungen des 
inneren Ohres anzunehmen. 

Die vom Verf. mitgeteilten Fälle sprechen dafür, daß in einem Teile der Fälle 
der Diabetes selbst eine Erkrankung des inneren Ohres bzw. der Hörnerven hervor- 
ruft. Das Zustandekommen dieser Erkrankung ist aus einer direkten Giftwirkung 
auf den Hörnerven und das Labyrinth (toxische Neurolabyrinthitis) zu erklären. 

In anderen Fällen ist anzunehmen, daß die pathologischen Veränderungen 
im Gehörorgan durch die arteriosklerotischen Veränderungen der Blutgefäße, 
die sich bei Diabetes so häufig finden, herbeigeführt werden. 

Für eine Reihe von Fällen endlich kommt für die Entstehung von Innen- 
ohraffektionen die Summierung der genannten ätiologischen Momente in Be- 
tracht. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4 L. Czapski. Ein Fall extremster Acidosis im Verlauf des 
Diabetes mellitus. (Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. S.218.) 
Verf. beobachtete bei einem 16jährigen Pat. eine Acidosis von ungewöhn- 

licher Höhe nebst einigen weiteren Besonderheiten im Stoffwechsel, ferner das 

Auftreten von freier Oxybuttersäure im Harn und Vorhandensein eines toxogenen 

Eiweißzerfalls. Bachem (Bonn). 


S. Liehtwitz (Göttingen). Über den Einfluß einer bei einem 
Diabetiker in einer Typhusrekonvaleszenz entstandenen Me- 
ningitis serosa acuta auf den Stoffwechsel. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 

Die Beobachtung lehrt, daß eine tiefgreifende Veränderung in dem Charakter 
eines Diabetes im Verlaufe einer Infektionskrankheit von einem Tage zum anderen 
eintreten kann. Reckzeh (Berlin). 


6. Ernst Salén. Ein Fall von Diabetes mellitus nach Trauma 
gegen die Lebergegend. (Nord. med. Archiv Abteil. II. 1914/15. 
Hft.1 u. 2.) 

In dem vorliegenden Falle haben wir einen echten Diabetes mellitus mit 
fast sicher traumatischer Ätiologie, mit einem gewissen Grade von Wahrschein- 
lichkeit, entstanden als Folge einer vermutlich durch das Trauma hervorgerufenen 
Störung der Leberfunktion. Jacobaeus (Stockholm). 


7. F. M. Allen. Diabetesstudien. (Journ. amer. med. assoc. 1914. 
Bd. LXIII. Nr. 11. S. 939.) 

Bei Katzen und besonders gut bei Hunden läßt sich die Schwere eines opera- 
tiven Diabetes sehr gut abstufen durch den Umfang der Pankreasresektion. Be- 
!aßt man den Hunden einen bestimmten Teil ihres Pankreas, so kann bei Fleisch- 
kost der Harn zuckerfrei sein, während Brot sofort Glykosurie auslöst. Läßt man 
einen solchen Fütterungsdiabetes eine Weile bestehen, so entwickelt sich allmählich 
eın Diabetes gravis, der nun durch Rückkehr zur Fleischkost nicht mehr zu heilen 
st. Erhält man noch mehr Pankreasgewebe, dann kann man nur mit so großen 
Zuckermengen Zuckerausscheidung erzeugen; daß der Bund°mit Verdauungs- 
sörungen reagiert. Ähnlich‘ antwortet ja auch ein prädisponierter Mensch auf 
Stärkeuberfluß in der Kost. mit Zuckerharnen. "Die Lanygerhästs’schen Inseln 


; 3 1 


100 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 


scheinen bei diesen künstlich diabetischen Tieren kleiner und weniger zahlreich zu 
sein als in der Norm, nicht aber zu degenerieren. 

Als radikale Behandlung der schwersten Fälle wird, nach den Tierversuchen, 
vorgeschlagen: Bei bestehender Azidose, Zuckerausfuhr und Abmagerung Bett- 
ruhe, Hunger. Dazu 50 bis 250 ccm Whisky oder Brandy innerhalb 24 Stunden. 
Hört die Zuckerausfuhr auf und vermindert sich die Azidose, was selbst in schweren 
Fällen innerhalb 48 bis 96 Stunden eintritt, so wird die Alkoholzufuhr verringert, 
24—48 Stunden lang. Dann wird Stärke gegeben, wodurch die letzten Spuren 
von Azetonurie deutlich werden. Am besten sind grüne Gemüse, da sie dem 
Pat. das Sättigungsgefühl geben. Noch kein Fett und Eiweiß. Bleibt der Ham 
zuckerfrei, werden die Kohlehydrate verdoppelt, 20—80 g. Erscheint bei weiterer 
Steigerung doch wieder Zucker, wird ein Fasttag eingelegt mit 50—200 ccm Whisky. 

Bei dieser Methode kann die Azetonurie völlig verschwinden. Die Methode 
ist so angelegt, daß die Glykosurie, nicht die Azetonurie die Überanstrengung 
anzeigt. Und die »Fasten-Alkoholtage« sollen der Überanstrengung vorbeugen. 
Die Absicht ist, den Stoffwechsel auf dem niedrigsten Gleichgewichtsstand zu 
halten, bis der Kranke 100—150 g Kohlehydrate verträgt. Dann wird vorsichtig 
Eiweiß zugelegt. 

So nützlich das Alkali ist, um die Azetonkörper auszuscheiden, so verzichtet 
doch die beschriebene Methode darauf, da sie die Azetonkörper verbrennen, nicht 
ausscheiden will. Meinhof (Halle a.S.). 


8. Eichhorst (Zürich). Über Diabetes mellitus im Anschluß an 
Vaccination. (Med. Klinik 1915. Nr. 11.) 

Die Krankheit endete am Ende der 11. Krankheitswoche mit dem Tode. Der 
Patellarsehnenreflex fehlte dauernd. Es gelang, Lipurie schon während .des 
Lebens zu erkennen, als dem Kranken aus der Armvene etwas Blut entnommen 
wurde. Reckzeh (Berlin). 


9. Ruediger (Waldenburg). Die Behandlung des Diabetes mel- 
litus im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 15. Feld- 
ärztl. Beilage.) 

Aus der großen Zahl der gegen Diabetes empfohlenen Medikamente können 
drei, das Opium, das Brom und die Salizylsäure, gute Dienste leisten. 
Reckzeh (Berlin). 


10. Kisch (Wien-Marienbad). Der Diabetes der Alternden. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 6.) 


Der Diabetes der Alternden ist, wie schon aus den obigen Andeutungen zu 
entnehmen, vorwiegend lipogen auf der Basis einer viele Jahre bestehenden ali- 
mentären Mastfettleibigkeit erworben. Er findet sich am häufigsten zwischen 
dem 55. und 62. Lebensjahre, und zwar vorwiegend bei Männern. Bei Personen, 
bei denen durch lange Zeit ein Mißverhältnis zwischen reichlicher Zufuhr von 
Nährmaterial und geringem Verbrauche desselben stattfindet, welche gewohnt 
sind, eine übermäßige Kost zu genießen, deren Quantität und Qualität einen 
größeren Kalorierwert einschließt, ‚als der Organismus für seine Arbeitsleistungen 
und für seinen Wärmehäushalt bedarf, kommt es, zu einer Fettanspeicherung, 
welche um so bedeutender wird, wenn dabei ein ungenügender Gebrauch durch 
Muskelbewegurg staftfindet, weich letztere zur Zersetzung des Glykogens und 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 101 


Fettes im Organismus notwendig ist, oder wenn auch noch Alkoholgenuß das 
angespeicherte Fett vor dem Zerfalle schützt. Der Höhepunkt dieser Anomalie 
wird gewöhnlich bei Männern im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, bei Frauen 
etwas früher erreicht. Der Verf. ist der Ansicht, daß dieser Diabetes der Alternden 
bei den alilmentär Lipomatösen in etwa 15% der Fälle eintritt. Was die Be- 
handlung des Diabetes der Alternden betrifft, wird hervorgehoben, daß im all- 
gemeinen und unter steter Kontrolle der Toleranz des Pat. gerade bei dieser Form 
eine allzustrenge Diät, eine übermäßige Einschränkung des Genusses der Kohle- 
hydrate, aber auch der Eiweißsubstanzen vermieden werden muß. 
Reckzeh (Berlin). 


11. P. J. Cammidge and H. A. H. Howard. The pseudo-laevulose 

of diabetic and other urines. (Lancet 1915. Februar 13.) 

Nach C. und H. muß echte Lävulosurie oder Fructosurie sehr selten sein; sie 
fanden, daß in 30 Fällen von sogenannter Lävulosurie und 50 Fällen von Diabetes, 
in denen neben Dextrose ein lävorotatorischer Körper im Urin nachgewiesen 
wurde, eine echte Lävulosurie nicht vorlag, sondern Isoglykuronsäure im Harn 
vorhanden war. Man trennt die beiden durch die Borchardt’sche Probe, durch 
Ausfällen aus saurer Lösung vermittels Sättigen mit Bleiazetat und durch den 
Schmelzpunkt des Parabromphenylosazons. F. Reiche (Hamburg). 


12. Lewis W. Hill and Joseph L. Sherrick. Report on the Allen 
treatment of diabetes. (Boston med. surg. journ. 1915. Nr. 19.) 
Nach Allen wird der Eintretende für 2 Tage auf die gewöhnliche Anstaltsdiät 

gesetzt, um die Toleranz beobachten zu können. Am 3. Tage wird er zu Bett 

gebracht und er erhält nur schwarzen Kaffee und 7mal eine Unze Whisky in 

&tündlichen Dosen. Bei schwerer Acidosis wird Natrium bicarbon. beigegeben. 

Pat. bleibt bei dieser Diät, bis er zuckerfrei geworden, was längstens nach 3 Tagen 

der Fall ist. Nachdem der Urin zuckerfrei geworden, folgt zunächst ein einziger 

Gemüsetag. Die hierbei verwendeten Gemüse dürfen nach 2maligem Auskochen 

in Wasser nur noch 5%, Kohlehydrate enthalten, man gibt 300 g Gemüse. Hierauf 

Digt eine Diät, die 15 g Kohlehydrate, 25 g Eiweiß und 150 g Fette enthält. Die 

Mengen werden unter täglicher Kontrolle der Toleranz sehr langsam gesteigert, 

zuerst das Fett, dann das Eiweiß, zuletzt die Kohlehydrate. Tritt im Harn Zucker 

auf, so wird ein Fasttag mit Kaffee und ein bis mehrere Gemüsetage eingeschoben, 
bis der Urin wieder zuckerfrei geworden. Mehr als 200g Fett wird niemals ge- 
geben, die täglichen Eiweißmengen betragen im Maximum 60g, desgleichen die 

Kohlehydrate, womit die Toleranzgrenze meist erreicht wurde (bei ca. 2200 Ka- 

iorien). Bei dieser Behandlung befanden sich die Pat. wohl, Bettruhe muß nur 

an den Fastentagen beobachtet werden; alle wurden zuckerfrei, niemals trat 

Koma auf; Pruritus, Polydipsie verschwanden schon in den ersten Tagen. Fette 

Pat. magerten bei dieser Diät etwas ab, was zu begrüßen ist; im allgemeinen war 

das Gewicht beim Austritt ungefähr gleich, wie beim Eintritt. Immerhin muß 

gesagt werden, daß diese schönen Resultate nur unter strenger Kontrolle erreicht 
und die meisten Pat. nach dem Austritt wieder rückfällig werden. Die Arbeits- 
fähigkeit kann bei dieser Diät nur eine geringe sein. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


102 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 


13. Frederick M. Allen. The treatment of diabetes. (Boston med. 
surg. journ. 1915. Nr.7. S. 241.) 

Man läßt den Diabetiker zum Anfang der Kur 2—10 Tage fasten, bis die 
Glykosurie und die Azidosekörper aus dem Urin gänzlich verschwunden sind. 
Natrium bicarbon. ist in den ersten Tagen von Nutzen, besonders wo Koma droht; 
Alkohol ist während der ganzen Fastenperiode indiziert, da er keine Glykosurie 
verursacht und die Ketonurie vermindern soll. Ist der Urin durch das Fasten 
frei geworden, so beginnt man mit der Ernährung, und zwar mit Kohlehydraten 
nur in Form von grünen Gemüsen. Man beginnt mit 200 g pro Tag und steigert 
bis die erste Spur von Glykosurie erscheint, die man mit einem Fastentag zum 
Verschwinden bringt. Hierauf geht man zur Prüfung der Eiweißtoleranz über. 
Man beginnt mit zwei Eiern pro Tag, steigert und fügt Fleisch hinzu bis wieder 
Glykosurie erscheint oder eine für die Ernährung ausreichende Menge ohne Auf- 
treten von Glykosurie gegeben werden konnte. Fette sind weniger nötig, nur 
bei sehr abgemagerten und schwachen Individuen müssen solche gereicht werden, 
indem man sie den Gemüsen und dem Fleisch beifügt. Übrigens gibt es auch 
schwere Fälle, die nach jedem Genuß von Butter und Olivenöl sofort wieder 
Glykosurie und Ketonurie zeigen. Aus den gefundenen Toleranzwerten für Ge- 
müse, Fleisch, Eier und Fette läßt sich eine passende Diät zusammenstellen. 
Kohlehydrate sind außer in grünen Gemüsen streng verboten. Bei den schlimmen 
Fällen sind die Toleranzpunkte für alle Nährmittel sehr tief, bei den schlimmsten 
darf nur Eiweiß gereicht werden. Tägliche Kontrolle des Urins und Einschieben 
von Fastentagen sind notwendig, sobald die erste Spur von Intoleranz sich zeigt. 
Im Anfang der Kur ist Gewichtsverlust, nachher mäßige Zunahme unter der 
Toleranzdiät willkommen; das Gewicht soll aber eine gewisse Höhe, die durch 
Wägungen bestimmt werden muß, nicht überschreiten; geschieht dies, so tritt 
häufig wieder Intoleranz auf. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


14. Henri A. Christian. The starvation method versus gradual 
carbohydrate reduction as a time saver in the treatment of 
diabetes. (Boston med. surg. journ. 1915. Juni 24.) 

Die Hungermethode nach Allen zur Behandlung des Diabetes ist nicht 
allein sicher, sie ist auch rasch und macht den Urin in kürzerer Zeit zuckerfrei 
als jede andere Methode. Sie spart Zeit nicht allein dem Pat., sondern auch dem 
Spital, wo nun ein größerer Teil der Spitalzeit, nachdem der Pat. zuckerfrei ge- 
worden ist, der systematischen Angewöhnung der Kohlehydrate gewidmet werden 
kann; die Spitalkuren für Diabetiker werden durch Allen’s Methode um 10 bis 
14 Tage abgekürzt. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


15. Wilhelm Sternberg (Berlin). Diätetische Konditorei und 
diätetisches Zuckerwerk für Zuckerkranke. (Prager med. Wochen- 
schrift 1913. S. 178.) 

Auch der Zuckerkranke hat ein gewisses Recht auf den Genuß von Süßig- 
keiten. Mit den künstlichen Süßstoffen lassen sich vielfach Konditorwaren nicht 
herstellen. Das von Ärzten öfter empfohlene Dulcin ist durch das Süßstoffgesetz 
in Deutschland verboten. Es empfiehlt sich eher Milchzucker, Fruchtzucker, 
Mannit zu verwenden. Nach den Erfahrungen der Konditore sind Süßigkeiten 
ohne Beigabe saurer Schmeckstoffe widerlich und deswegen werden häufig Säuren 
und Bitterstoffe zugesetzt, die dann natürlich stärkere Süßung verlangen, was 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 103 


in der Diabetesküche zu vermeiden ist. S. bespricht weiterhin eingehend noch 
verschiedene Punkte, welche zeigen, wie wertvoll für die Diabetesbehandlung 
mitunter die Kenntnis der Prinzipien der Konditorei sein kann. 

Friedel Pick (Prag). 


16. C. Röse (Erfurt). Eine Grundursache der Harnsäureüber- 
sättigung beim Menschen. (Zeitschrift f. physik. u. diät. Therapie 
1914. Bd. XVIII.) 

Bei den Untersuchungen des Autors ergab sich die Tatsache, daß sowohl 
die Menge der ausgeschiedenen Harnsäure als auch das Harnsäurelösungsvermögen 
in einem ganz innigen Wechselverhältnis zum Basengehalt der Nahrung steht. 
O» es sich dabei um tierische oder pflanzliche Nahrungsmittel handelt, ist ganz 
gieichgultig. Maßgebend ist einzig und allein der Überschuß von anorganischen 
Siuren oder Basen. Mit einseitiger Brotnahrung kann man ebensogut eine Gicht 
1:"vorrufen wie mit einseitiger Fleischnahrung. Beide Nahrungsmittel haben 
zen Überschuß an Säure, insbesondere an Phosphorsäure. 

Die basenreichen Kartoffeln und Bananen sind geradezu Heilmittel für Gicht 
uzi harnsaure Diathese. Sehr gute Erfolge hatte Verf. mit einem von ihm zu 
\rrsuchszwecken hergestellten Zwetschgenmuse, dem andere Pflanzenextrakte 
und große Mengen von eingedampften Salzen stark kalkhaltiger Mineralquellen 
x fügt worden sind. Schon ganz kleine Mengen dieses Erdsalzmuses bewirkten 
2: Aufstrich auf 50°%,iges Bananengetreidebrot starke Harnsäurelöslichkeit. 
H.ferflocken (Quäker Oats) und Reis rufen gleich allen übrigen Getreideprodukten 
‘urke Harnsäureübersättigung hervor. Auch Eierspeisen bewirken Harnsäure- 
-»tadung. Milch, Äpfel und Kohlrüben dagegen haben eine mäßige Harnsäure- 
> chkeit des Urins zur Folge. Überdüngter Wirsing hatte einen geringen Säure- 
Lwrscnuß, normaler Wirsing von grüner Farbe einen mäßigen Überschuß an 
ben. Datteln zeitigten Harnsäureübersättigung. Die Analyse stellte fest, 
5 sie mit schwefliger Säure gebleicht worden waren. Dieser Eingriff hatte 
Sug, um aus der gesunden Frucht ein schädliches Nahrungsmittel zu machen. 
^ach durch unzweckmäßige Zubereitung beim Kochen können die in natürlichem 
č: tande gesunden, basenreichen Gemüse völlig unbrauchbar gemacht werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


17. A. L. Daniels and F. H. McCrudden. The relation of uric 
acid to gouty attacks. (Arch. of intern. med. 1915. Juni.) 

Die Untersuchungen an zwei gichtkranken Frauen ergaben, daß der Harn- 
“.egehalt ihres Blutes den gesunder Individuen nicht überschritt und ferner 
è:3 nicht während ihrer akuten Gichtattacken änderte. Auch die Harnsäure- 
:.«heidung war im Verlauf derselben nicht modifiziert. Ferner traten selbst 
“ihtanfalle zur Zeit einer Atophanbehandlung ein, wenn der Harnsäuregehalt 
t- Blutes erwiesenermaßen erheblich herabgesetzt war. Es zeigte sich weiterhin, 
-4 die Kreatininausscheidung beim akuten Gichtanfall keine großen Verände- 
gen erleidet und Atophan sie im entgegengesetzten Sinne wie die Harnsäure- 
t raktion beeinflußt, und sodann, daß Zufuhr mäßig reichlicher Alkalidosen 
"2 desgleichen mäßig reichlicher Säuremengen ohne Einfluß auf die Gicht bei 
~ 322 Pat. war. F. Reiche (Hamburg). 


104 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 


18. 0. Folin and W. Denis (Boston). The diagnostic value of uric 

acid determinations in blood. (Arch. of intern. med. 1915. Juli.) 

F. und D. stellen fest, daß die von Brugsch angegebene Methode zur Bè- 
stimmung der Harnsäure im Blut unzuverlässig ist; die von ihnen selbst aus- 
gearbeitete ist umständlich, da sie erst durch Ausfällen der Harnsäure die eben- 
falls eine Blaufärbung mit Ac. phosphotungsticum gebenden Phenole beseitigen 
muß. Nach ihnen finden sich 1,5—2,5 mg Harnsäure in 100 ccm Blut (irsur.:r, 
und diese Menge ist bei Gicht, Bleivergiftung, Leukämie und einigen Fäiir - ' 
Nephritis sehr vermehrt. Während bei Gicht dieser abnorm hohe H.msäur- 
gehalt fast ausnahmslos besteht, sind die im Reststickstoff repräsentic:ien Tie 
produkte in der Regel in normalen Mengen im Blute zugegen; bei Arthritis ¿4o? 
trifft ersteres ebenfalls relativ oft zu, aber die meisten dieser Fälle haben danc: 
einen abnorm hohen Reststickstoffgehalt. Weder durch qualitative noch d'r- 
quantitative Harnsäurebestimmungen allein läßt sich die Differenti: ~ : 
zwischen Gicht und anderen Gelenkerkrankungen führen. Will man in iwis- 
haften Fällen Blutanalysen mit heranziehen, so muß der Pat. auf puriniiu. K" 
gesetzt und der Reststickstoff neben der Harnsäure bestimmt werden. 

F. Reiche (Hami::v.. 


19. R. Bass. Über die Purinkörper des menschlichen Blutes uni 
den Wirkungsmodus der 2-Phenyl-4-Chinolin-Karbons:ı” 
(Atophan). (Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXVI. S. 40. 181: 

Die mitgeteilten Versuche (am Menschen) zeigen deutlich, daß man ı. 

Atophan eine Senkung der Blutharnsäurewerte erzielen kann. Der endogene 

Purinstoffwechsel ist dabei nicht getroffen, denn die Purinbasenkomplexe schwan- 

ken dabei nicht. Auch B. sieht das Wesentliche der Atophanwirkung in der ver- 

mehrten Harnsäuresekretionstätigkeit der Niere (im Sinne Weintraud’s). E: 

erscheint sodann wahrscheinlich, daß die nach Atophandarreichung mehr aus 

geschiedene Harnsäure nicht einer vermehrten Neubildung ihren Ursprung ver- 
dankt, sondern, daß sie aus vorhandenen Vorräten des Organismus herstamtt 

Dieser Auffassung stand bis vor kurzem die Tatsache entgegen, daß die Existen: 

von Harnsäuredepots beim Menschen noch nicht eindeutig bewiesen war. 

Bachem (Bonn). 


20. Brugsch und Wolffenstein (Berlin). Über die Einwirkung vo! 
Oxychinolinderivaten auf den Purinstoffwechsel und ihr: 
therapeutische Verwendung. (Berliner klin. Wochenschr. 1915. Nr. 7. 

Die Untersuchungen der Verff. ergaben, daß der Ortho-Oxychinolinsalizyl 
säureester das Prädikat eines wertvollen Gichtmittels verdient, daß die anal 
gesierende Komponente dieses Mittels weiter seine Anwendung bei Gelenkrheum: 
tismus, destruierenden Gelenkprozessen und neuralgischen Beschwerden empfiehl! 
und daß der Wirkungsmechanismus auf den Purinstoffwechsel auf eine, die Hart 
säurebildung im Körper hemmende Wirkung, also auf einen von der Atophar 
wirkung abweichenden Mechanismus zurückzuführen ist. 

| Reckzeh (Berlin). 


21. Kuznitzky (Breslau). Thorium X und Harnsäure. (Berlin: 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 7.) 

Bei einem Kranken, welcher die äußerst selten zu beobachtende Erscheinun 

der Einlagerung von Harnsäurekristallen in die Hornhaut beider Augen bot, wurde 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 105 


fünf Thorium X-Injektionen intravenös zu je 1000 elektrostatischen Einheiten 
in etwa 10 ccm physiologischer Kochsalzlösung vorgenommen. Es hat sich aber 
weder kurz nachher noch später irgendeine Veränderung im Sinne einer Abnahme 
der Einlagerung gezeigt. Es kann also von einer direkten Beeinflussung der 
Harnsäure durch Thorium X in diesem Falle nicht gesprochen werden. 
Reckzeh (Berlin). 


22. Arthur Mayer. Über Erkrankungen der Lunge bei der Gicht. 
(Zeitschrift für klin. Medizin Bd. LXXXI. Hft. 5 u. 6. S. 438.) 
Verf.stellteinenneuen Krankheitsbegriffder Lungengicht auf, derdieSymptome 
der chronischen Bronchitis mit einem dauernden asthmatischen Zustand vereinigt; 
gleichzeitig ist der Harnsäurespiegel im Blute erhöht und eine deutliche Divergenz 
zwischen Harnsäurekurve und Gilykokolikurve besonders nach intravenöser 
Harnsäureinjektion nachweisbar. Die hierzu notwendigen Harn- und Blutunter- 
suchungen wurden bei 40 mit derartigen Lungensymptomen behafteten Pat. 
vorgenommen. Bei 9 dieser Pat. war der Purinstoffwechsel in charakteristischer 
Weise gestört, der Verlauf der Glykokollkurve ein typischer. Doch nur bei 4 dieser 
Fälle fandensich Tophi oder Gelenkknirschen, wie es Goldscheider als bezeich- 
nend für atypische Gicht ansieht. Wichtig ist, daß es gelang, in einigen dieser 
Fälle durch Darreichung von Alkohol, Leber oder Natr. nucl. eine deutliche Stei- 
gerung der Beschwerden und eine objektive Exazerbation der Erscheinungen 
nachzuweisen. B. Hahn (Magdeburg). 


23. C. A. Smith and P. B. Hawk (Philadelphia). Action of ato- 
phan and Novatophan in gout and iritis. (Arch. of internal med. 
1915. Februar.) 

Die Verfolgung der Harnsäureausscheidung mit dem Urin nach Zufuhr von 
Atophan und Novatophan in 2 Fällen von Gicht, 2 von Iritis und 1 von Poly- 
arthritis acuta mit Perikarditis ergab ganz inkonstante Werte. 

F. Reiche (Hamburg). 


24. A. F. Chace und M. S. Fine. Die Anwendung von Atophan 
und Radiumemanation bei Gicht und Arthritiden. (Journ. 
amer. med. assoc. 1914. Bd. LXIII. Nr. 11. S. 945.) 

Atophan drückt den Harnsäuregehalt des Blutes in 2 Tagen auf ein Minimum 
herab. 2 Tage nach Aussetzen der Droge ist die alte Höhe wieder erreicht. 5 gich- 
tische und 4 möglicherweise gichtische Fälle zeigten Besserung von mehr oder 
weniger Dauer. Alle Ergebnisse sind aber noch unsicher, zumal bei nichtgichtischen 
Affektionen, die mit Harnsäureanreicherung nichts zu tun haben. — Noch dürf- 
tiger waren die Resultate mit Radiumemanation. 13 Fälle von Gicht bzw. anderen 
Gelenkerkrankungen wurden 1 bis 2 Monate im Emanatorium mit Einatmung 
behandelt, 2 Fälle mit Trinkkur, 5 Fälle mit Injektionen von Radiumbromid. Die 
Harnsäurekonzentration des Blutes blieb gänzlich unverändert, im Gegensatz 
zu den Befunden von Gudzent. Meinhof (Halle a. S.). 


25. Biffie. Esperienze cliniche con l’Atophan. (Policlinico, sez. med. 
1915. April 1.) 
Aus dem Jahre 1908 existieren die ersten Angaben von Nicolaier und 
Dohrn über die Wirkung des Acid. diphenylchinolintetracarbonicum, unter dem 


106 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 


Namen Atophan in die Therapie der Gicht eingeführt. Dasselbe hat die Eigen- 
schaft, in verhältnismäßig kleinen Dosen schnell die Quantität der durch den 
Urin ausgeschiedenen Harnsäure zu vermehren, sowohl bei gesunden Individuen 
als auch bei Gichtikern. Diese Ausscheidung kann sich bis auf das Dreifache 
vermehren, ohne daß Albuminurie eintritt oder Glykosurie und dies während 
zugleich die Ausscheidung des Gesamtstickstoffs wie des Purinstickstoffs und des 
Phosphors und auch die Gesamtquantität des Urins erhebliche Veränderung er- 
leiden. Mit Recht mußte das Mittel als eine Bereicherung des Arzneischatzes 
aufgefaßt werden vermöge der Koinzidenz der beiden Wirkungen: Vermehrung Ger 
Harnsäureausscheidung und Verminderung und Verschwinden der Urikämie. 

Diese Bereicherung des Arzneischatzes schien besonders wertvoll zu sein bei 
einem Vergleich mit der Wirkung des Colchicums, eines ohne Frage wertvollen 
Gichtmittels, aber nur wirksam gegen die akuten Gichtanfälle und nicht frei von 
unangenehmen Nebenerscheinungen (Magen- und Darmstörungen und Störungen 
der Zirkulationsorgane), während Atophan nach Bach und Strauss auch eine 
günstige Einwirkung auf die arterielle Gefäßüberspannung zu entfalten geeignet ist. 

B. teilt seine Versuchsresultate, erhoben an normalen und gichtkranken 
Individuen in der Klinik Turins mit. Er konnte feststellen, daß das Mittel sich 
weniger wirksam auf die Ausscheidung von Harnsäure durch den Urin erweist 
bei Gichtkranken als bei Gesunden; dies erklärt sich dadurch, daß die vermehrte 
Ausscheidung exogener Natur ist, hauptsächlich die eingeführten Purinsubstanzen 
betrifft, was indessen von anderen Autoren bestritten wird. 

B. ist darin mit der Mehrzahl der Autoren einig, daß das Mittel zunächst in 
kleinen Dosen von 1 g bis 1,50 g anzuwenden ist und daß man zu größeren Dosen 
von 3—4 g erst dann übergehen soll, wenn die Wirkungslosigkeit kleinerer Dosen 
konstatiert ist. Die Anwendung soll nicht über 3 Tage fortgesetzt werden; beim 
Gichtanfalle selbst empfehlen sich ohne weiteres von vornherein größere Dosen. 

Was die Toleranz gegen das Mittel anbelangt, so fand B. keinen wesentlichen 
Unterschied zwischen gesunden Individuen und Gichtkranken. Die nach Atophan 
bei längerem Gebrauch auftretende Albuminurie war immer leicht, und im Urin 
fanden sich nie geformte Elemente. In einem Falle, wo Albuminurie schon vorher 
vorhanden war, wurde sie durch Atophan nicht verschlimmert. In einem anderen 
Falle wurde eine vorher intermittierende Albuminurie nachher persistent, verlor 
sich auch nach dem Aussetzen des Mittels erst nach mehreren Wochen. In diesem 
Falle waren auch Urate und Harnsäure schon präzipitiert im frisch gelassenen 
Urin. Deshalb erscheint der Rat nicht ungerechtfertigt, die Atophankur mit 
der Einfuhr eines alkalischen Wassers zu verbinden. 

Über die Art der Wirkung des Atophans auf die Nukleoproteide und die 
fermentativen Prozesse, die ihre Zerstörung beherrschen, glaubt auch B. nichts 
Sicheres aussprechen zu können. Er hält es für möglich und wahrscheinlich, daß 
die Harnsäure aus pathologischen Produkten mobilisiert und so den Nieren durch 
das Blut zur Ausscheidung zugeführt wird. 

Die Wirkung des Mittels würde also darin bestehen, daß unter seinem Ein- 
fluß ein Wiederersatz der natürlichen und pathologischen Harnsäuredepots sich 
nötig macht und eine Tendenz des Organismus erfolgt, das noch restierende 
Nuklein zu sparen und vor gänzlicher Erschöpfung zu bewahren. So kann der 
Gedanke nahe liegen, das Mittel bei Gichtikern in freien Intervallen und unschäd- 
lichen Dosen präventiv therapeutisch zu verwenden. Hager (Magdeburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 107 


26. Oeder (Dresden). Bemerkungen zur Frage der „konstitutio- 

nellen“ Fettsucht. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 5.) 

Im Interesse der Gleichmäßigkeit wissenschaftlicher Arbeiten über die Frage 
der Fettsucht empfiehlt es sich dringend, nur den Grundsatz des »Normalge- 
nährten«, und zwar mindestens des gleichgroßen, gleichgeschlechtlichen und 
gleichaltrigen Normalen zum Vergleich heranzuziehen und dabei nur erhebliche, 
d.h. über 20%, herabgehende Umsatzzahlen als für Herabminderung des Stoff- 
wechsels beweiskräftig gelten zu lassen, nicht aber schon kleine Differenzen. 

Reckzeh (Berlin). 


27. E. H. Kisch (Marienbad). Endokrine Lipomatosis. (Prager med. 

Wochenschrift 1914. S. 169.) 

Als endokrine Lipomatosis bezeichnet K. jene Form der Fettsucht, deren 
Pathogenese mit der krankhaften Veränderung von innersekretorischen (endo- 
krinen) Organen in Verbindung zu bringen ist. Er schildert die Symptome und 
Gen pathologischen Befund bei diesen lipomatösen Individuen und teilt einschlägige 
Fille seiner Beobachtung mit. Je nach dem ätiologischen Momente unterscheidet 
er drei Gruppen: Die erste, wo die Fettsucht als ein Symptom von Erkrankungen 
cer Hypophyse auftritt, dann die zweite, in welcher die Hypoplasie der Keim- 
Crisen pathogenetisch erscheint, und die dritte Gruppe, bei welcher eine Hypo- 
ization der Thyreoidea als ursächlich angesprochen wird. K. betont jedoch, 
d in manchen Fällen eine Kombination dieser ätiologischen Momente statt- 
Endet, Friedel Pick (Prag). 


28. Karl Glaessner (Wien). Über Mast- und Entfettungskuren. 

(Med. Klinik 1913. Nr. 41.) 

I. Mastkuren: Wir werden die Ernährung so einrichten, daß ihre Gesamt- 
Tinge, in Kalorien ausgedrückt, etwa ein Fünftel mehr enthält, als dem Kranken 
Xch seinem ihm eigentlich zukommenden Gewichte zugeführt werden sollte. Was 
te Einzelheiten anbelangt, so ist zu betonen, daß wohl Fett das beste Mast- 
"tel ist, aber doch mit Rücksicht auf die Verdauung nicht im Übermaß an- 
sendet werden kann. Die besten Erfahrungen macht man wohl dann, wenn 
"ar etwa gleich große Fett- und Eiweißmengen und doppelte Mengen Kohle- 
drate zuführt. Alle unsere Maßnahmen müssen aber scheitern, wenn sich nicht 
ĉr zur Bewältigung so großer Nahrungsmengen nötige Appetit einstellt. Es ist 
:nalb ein äußerst wichtiger Faktor, solche Kuren nicht in der gewöhnlichen 
Umgebung des Kranken, sondern entweder in einer Anstalt oder an einem klima- 
“schen Orte zu veranstalten. Durch Luft und Bewegung muß die nötige Appetenz 
ae werden, ferner müssen die Speisen nicht nur abwechslungsreich sein, es 

-en auch appetitanregende Substanzen in ihnen enthalten sein. Die strenge 
zhe der Weir-Mitchell’schen Kur ist zu verlassen, denn uns obliegt die Muskel- 
k:figung des Individuums zu fördern, um neben dem Fettansatz auch die Proto- 
Fsmaanreicherung zu erzielen. Deshalb soll der Abgemagerte zur Zeit der Mast- 

“ir auch arbeiten, und zwar ordentliche Muskelarbeit leisten, damit sich bei ihm 
éch das Eiweißbedürfnis der Organe bemerkbar macht. Neben diesen Maß- 
“tmen empfehlen sich hydriatische Prozeduren. Von Medikamenten kommen 
itgentlich in Betracht Salzsäure, das beste Appetens, da es nicht nur den Magen- 
‘at, sondern auch das Pankreas reizt und gleichzeitig die Motilität anregt, in sehr 
Eosen Mengen. Ferner Amara, von denen die Condurangorinde noch das wich- 


108 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 


tigste darstellt, und endlich die Arsenpräparate, die die Wirkung einer Mastkur 
beträchtlich unterstützen, da sie auch den Eiweißansatz befördern. Die Nähr- 
präparate können absolut die Nährstoffe nicht ersetzen. Die einzigen Nährmitte!, 
welche trotzdem angewendet werden können, sind gewisse feingemahlene Mehle 
und einige Peptonpräparate. 

Il. Entfettungskuren. Die Technik der Entfettungskuren wird sich mit 
drei Faktoren zu befassen haben. Es sind diese: 1) die Diät, 2) die physikalische 
Behandlung, 3) die medikamentösen Hilfsmittel zur Beseitigung der Fettsucht. 

1) Diät. Fassen wir das, was für eine Entfettungskur aus den verschiedenen 
bisherigen Methoden schließlich verwendet werden soll, zusammen. Am besten 
wird man entfetten können, wenn man sich genau dem Fall anpaßt. Man wird 
bei mittleren Mengen Eiweiß schwer aufschließbare Kohlehydrate vegetarischen 
Ursprungs und kleine Mengen Fett geben können. Dafür, daß Fette manchmal 
direkt entfettend wirken können, liegt der Umstand darin, daß das Öl die Sekretion 
der Verdauungsorgane bekanntlich herabsetzt und die Verdauung verzögert, auch 
den Appetit ungünstig beeinflußt. In die Entfettungskur müssen außer der all- 
gemeinen Diät noch sogenannte Karenztage eingefügt werden, in welchen nur 
das gröbste Nahrungsbedürfnis befriedigt werden soll. 

2) Physikalische Maßnahmen. Diese beziehen sich einmal auf Muskelbe- 
wegungen, ferner auf hydriatische Prozeduren, und endlich auf Trinkkuren. 

3) Medikamentöse Mittel zur Beseitigung der Fettsucht sind nur wenige 
bekannt. Das Thyreoidin ist das souveräne Mittel bei der sogenannten thyreo- 
genen Fettsucht geworden. Es leistet auch bei exogener Fettsucht gute Dienste. 
Dasselbe muß monatelang angewendet werden. Seine Indikationen sind: keine 
stärkeren Herzerscheinungen und andersartige Komplikationen, kleine Dosen, 
namentlich im Beginne der Kur soll man nicht über 20 cg hinausgehen. Wieder- 
holte Untersuchung des Harnes auf Zucker und Eiweiß, Untersuchung der N-Suo- 
stanzen im Urin. Die Erscheinungen wie Kopfschmerz, Herzklopfen usw. müssen 
sorgfältig beobachtet werden. Neben diesem Präparate werden mit Erfolg Ovarien, 
in letzter Zeit ferner der infundibuläre Anteil der Hypophyse bei der Behandlung 
endogener Fettsucht verwendet. Jodnatrium und Kalium können aus denselben 
Gesichtspunkten heraus gute Dienste leisten. Doch entwickelt sich bei Zufuhr 
dieser Salze leicht bei Fettleibigen ein Zustand, den man als Pseudobasedow be- 
zeichnet, der sich durch das stürmische Auftreten von Basedowsymptomen und 
allgemeinen Kräfteverfall auszeichnet. Ruppert (Bad Salzuflen). 


29. W. Sternberg (Berlin). Brot und Appetit. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. S. 22.) 

S. analysiert hier die Rolle des Brotes in bezug auf Geschmacksempfindung; 
er meint, daß dieses hauptsächlich bestimmt ist, die Einförmigkeit einer länger 
dauernden Geschmacksempfindung bei der Mahlzeit radikal zu unterbrechen und 
durch Beseitigung der Reste der eben genossenen Speise auf den Geschmack- 
wärzchen den nachfolgenden Bissen wieder so wohlschmeckend zu machen, wit 
der vorhergehende war. Deswegen wird dem Diabetiker die reine Fleischkost 
ohne Brot so bald zuwider. Ferner wirkt das Brot, gleich den Kartoffeln, wie 
ein Preßschwamm auf die Wandspannung der Magenhöhle und dadurch sättigend. 
Trotzdem soll man es dem Fettleibigen verbieten, da mit Brot Fett und Eiweif 
leichter aufgenommen werden und eine Kontrolle hierbei nicht leicht möglich ist 

Friedel Pick (Prag). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 109 


%. Hans Rotky (Prag). Diätetik und Therapie der Stoffwechsel- 
krankheiten. (Prager med. Wochenschrift 1913. S. 345.) 
Der Autor bringt in Vortragsform eine Zusammenstellung der wichtigsten 
Daten der Pathologie und Therapie der Stoffwechselerkrankungen, Zuckerharn- 
ruhr, Gicht und Fettsucht. Die Wertigkeit der einzelnen diätetischen Vorschriften 
wird nach dem Stand unserer heutigen Erfahrung und Wissens gegeneinander in 
Vergleich gesetzt, ihre Anwendungen für den speziellen Fall begründet und die 
-Wirkungsweise der verschiedenen diätetischen Kuren erörtert. Gleichzeitig kom- 
_ men die physikalischen und medikamentösen Verordnungen bei dieser Erkran- 
kung zu ausführlicher Besprechung, deren Wirksamkeit namentlich in Hinsicht 
auf rein individuelles Verhalten einer Kritik unterzogen wird. 
Friedel Pick (Prag). 


en nm 


3l. L. Castaldi. Das Unterarmphänomen (LE&ri’sches Zeichen.) 
(Riv. crit. di clin. med. 1915. Nr. 9.) 

Das Leri’sche Phänomen besteht darin, daß eine Flexion des Unter- 
armes bis zu einem spitzen Winkel erfolgt, wenn man erst die Finger und dann die 
schlaff gehaltene Hand volarwärts beugt. Es ist ein physiologisches Phänomen, 
das bei organischen Hemiplegien und bei solchen Nervenläsionen verschwindet, 
welche die Leitung zur Rinde unterbrechen. So fehlt es bei Hämorrhagie, Em- 
bie oder Thrombose im Gehirn, bei Cervicaltabes, Syringomyelie, multipler 
Sklerose, Querschnittsmyelitis, Polyneuritis. Dagegen bleibt es erhalten bei 
Hysterie, meist auch bei Epilepsie und bei Hirntumoren, sowie bei allen Erkran- 
kungen anderer Organe, welche das Nervensystem überhaupt unberührt lassen. 
An seinem Zustandekommen ist hauptsächlich der Nerv. musc.-cutan. beteiligt. 

Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


3 Michael Kedroff. Über die Hemmungserscheinungen bei ver- 
schiedenen Reflexen (Schlucken, Niesen usw.) und Vorgängen, 
die mit Muskeltätigkeit verbunden sind. (Archiv f. Anatomie u. 
Fhysiologie, phys. Abteilung 1915. Hft. 1.) 

| Mn beim Schluckakt von Kronecker und Meltzer beobachteten Hem- 

"reinungen der Atmungs- und Herzzentren sind mit einer gewissen 

Sn er Mundhöhle verbunden, die beim Schluckakte vorübergehend ein- 

a H wird, und welche isoliert vom letzten eingenommen werden kann 

teten ek o yngeale Spannungsstelle). Ahnliche Hemmungserscheinungen 

pannun © In den ersten Stadien der Muskeltätigkeit auf, z. B. beim Muskel- 
en u ain welcher während einiger Zeit das Atembedürfnis aufhebt und 
| u tliche Pulsbeschleunigung zur Folge hat (Hemmung des Vagus). 

und über en Erscheinungen sind mit dem Gehen, Laufen, Bergsteigen, Heben 

wd nach na mit jeder Arbeit verknüpft. Sie kommen im Anfang der Arbeit 

em Aufhören derselben am besten zum Vorschein. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Ser 


Es 


WE tn tie ur rn snum 


3, PREI, 
i (Frankfurt a. O.). Der Glutäalklonus — ein Pyramiden- 
Der a (Med. Klinik 1915. Nr. 22.) 
Ai Micher klonus ist, wenn ausgeprägt vorhanden, jedenfalls als »Pyra- 
“aufzufassen. Ob es außerdem auch einen hysterischen (Pseudo-) 


4 


110 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 7. 


Gesäßklonus gibt, oder ob er nur bei organischen Erkrankungen des Zentralorgans 
vorkommt, muß erst die weitere Beobachtung lehren. Reckzeh (Berlin). 


34. G. Pick. Statistische Untersuchungen über den Facialisreflex. 

(5. Kongreß tschechischer Naturforscher u. Ärzte 1914.) 

Untersuchungen an über 3000 Fällen ergaben: Der Facialisreflex findet sich 
bei Kindern im 1. Lebensjahr in 5% der Fälle, zwischen dem 1. und 5. Lebensjahre 
in 20%, im schulpflichtigen Alter bei 57% und bei Erwachsenen ebenfalls bei 57. 
Bei taubstummen Kindern im Alter von 10—14 Jahren ist der Reflex etwas 
seltener (46%), bei Blinden speziell jenseits des 30. Lebensjahres etwas häufiger 
(63%). Findet sich der Reflex bei der Mutter, dann haben ihn gewöhnlich auch 
die Kinder und umgekehrt. Bei Kindern in den ersten 5 Lebensjahren begründet 
der Facialisreflex den Verdacht auf Tetanie, doch bleibt die Untersuchung der 
elektrischen Erregbarkeit entscheidend. Im schulpflichtigen Alter kommt das 
Phänomen so häufig vor, daß ihm keine pathognostische Bedeutung zukommt 
und daß er nicht als ein banales Symptom der Nervosität angesehen werden kann. 

G. Mühlstein (Prag). 


35. S. A. Levine (Boston). The ocular reflex. (Arch. of intern. med. 
1915. Mai.) 


L. prüfte den von Aschner zuerst beschriebenen, durch Bulbusdruck aus- 
gelösten Reflex vom Auge auf Herz und Atmung bei 30 Kranken, darunter 8 Ta- 
bikern. Er hält ihn für einen normalen Reflex; dessen Stärke physiologischen 
Schwankungen unterworfen und oft nur angedeutet ist und bei dem Dauer und 
Intensität des Druckes auf das Auge mitbestimmend sind. Vergleiche ergaben, 
daß Druck auf den Vagus nicht annähernd so deutlich die Herztätigkeit hemmt. 
Obiger Reflex fehlte nun bei 7 von jenen Tabikern — bei dem 8. bestand ebenfalls 
Pupillenstarre — und auch Schmerz; Hyperhämie des Gesichts und Apnoe wäh- 
rend des Bulbusdrucks waren bei jenen nicht annähernd so ausgeprägt wie bei 
Nichttabikern. Die reinen Fälle von Syphilis hatten einen normalen Reflex; 
er fehlte bei einem Kranken mit Diabetes und einem mit Vorhofsflimmern, um 
hier nach Verabreichung von Digitalis wieder zu erscheinen. Druck auf den 
rechten Bulbus beeinflußt die Herzaktion etwas stärker, auf den linken den Über- 
leitungsmechanismus ein wenig deutlicher. F. Reiche (Hamburg). 


36. Mayer (Tübingen). Bemerkungen zur Abderhalden’schen Re- 
aktion in der Psychiatrie. (Münch. med. Wochenschr. 1915. Nr. 17.) 
Auffallend ist das negative Resultat bei beiden Paralysefällen, noch auf- 

fallender die beiden Male mit verschiedenen Organen positiven Reaktionen bei 

ein und demselben Fall von Depression, der klinisch einwandfrei war. 
Reckzeh (Berlin). 


37. Kafka (Hamburg). Zur Frage der Bedeutung des Dialysier- 
verfahrens nach Abderhalden für die Psychiatrie. (Münch. 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Eine eingehende und wiederholte Durchforschung wird besonders in Ver- 
bindung mit den modernen somatischen Untersuchungsmethoden wichtige patho- 
genetische Aufschlüsse geben. Daß trotz aller Schwierigkeiten die von Abder- 
halden inaugurierte Forschung und besonders das Dialysierverfahren für die 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 111 


Psychiatrie bedeutungsvoll zu werden alle Aussicht hat, ist heute schon mit großer 
Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Reckzeh (Berlin). 


38. Alfred Gordon. A new test of blood serum and cerebrospinal 
fluid in syphilitic involvement of the nervous system. (New 
York med. journ. 1915. Nr. 8. S. 343.) 

G. gibt als Ersatz für die Wassermann-Reaktion eine neue Probe an, die 
jeder Arzt ohne weiteres vornehmen könne: In !/, ccm Blutserum des Pat. läßt 
man langsam 5 Tropfen einer 1%,igen Sublimatlösung fallen. Ist der Pat. frei 
von Syphilis, so entsteht im Serum eine Trübung, die sich bald rasch, bald in 
isngstens 10 Minuten durch die ganze Serummenge ausdehnt und schließlich eine 
dicke, graue Wolke mit grünlichem Farbenton bildet. Läßt man dieses Reagenz- 
glas stehen, so fällt über Nacht die Trübung als Niederschlag zu Boden und das 
darüber stehende Serum erscheint wieder klar. In einem syphilitischen Serum 
dagegen bildet sich niemals ein Niederschlag, wohl aber eine leichte, weißliche, 
schaumige Oberschicht, unter welcher das Serum normal bleibt; nach !/, Tage 
löst sich diese schaumige Oberschicht auf und verschwindet vollständig. Diese 
Reaktionen vollziehen sich um so schöner, je klarer das Serum ist; in Sera, die 
rote Blutkörperchen oder Chylus (nach den Mahlzeiten) enthalten, fallen sie weniger 
prägnant aus. Auf diese Weise wurde das Serum von 7 Tabikern, 1 Paralytiker, 
3an Myelitis transversa und 6 an Cerebrospinalsyphilis Erkrankten untersucht. 
G. hat diese Methode auch bei der Untersuchung der Cerebrospinalflüssigkeit 
angewendet; hier verhält sich die Reaktion umgekehrt: bei normalem Serum ent- 
stent kein Niederschlag, wohl aber bei syphilitischem. 10 Fälle wurden derart 
untersucht. Bei allen Fällen wurde zur Kontrolle die Wassermann-Reaktion 
zenacht, zum Teil auch die Lange’sche Goldprobe. G. hält seine einfache Probe 
für sehr zuverlässig, ja zuverlässiger als die Wassermann-Reaktion. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


39. Henri Français. Einige neuere Vervollkommnungen der Me- 
thoden zur Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit. (Epi- 
lepsia 1914. Vol. V. Fasc. 4.) 

Die Schlüsse, welche der Autor aus seinen Experimenten gezogen hat, weichen 
shr wenig von denen der Autoren ab, welche die Methode eingeführt haben. Die 
R:aktion von Noguchi und Moore ist positiv in allen Fällen von Syphilis des 
Nervensystems. Gewöhnlich besteht sie zusammen mit Lymphocytose, aber 
Richt immer. 

Die Methode hat einen gewissen Wert, aber andererseits kann sie nach der 
Meinung von Noguchi und Moore nicht als Spezifikum gelten, weil sie sich 
^ti Tuberkulösen positiv gezeigt hat. Wenn die Reaktion negativ ist, hat man 
di größten Chancen, weil keine syphilitische Affektion des Nervensystems besteht. 
Wenn sie positiv ist, ist das kein absoluter Beweis für die Existenz der Syphilis, 
wohl aber spricht dies mit großer Wahrscheinlichkeit für diese Diagnose, unter 
der Bedingung, daß die Tuberkulose ausgeschlossen ist. 

Trotz ihrer Nichtspezifität meint Verf., daß es von Interesse ist, diese Reaktion 
'n allen Fällen anzuwenden, wo Verdacht auf eine syphilitische Affektion des 
Nervensystems besteht, und wo die Reaktion von Wassermann nicht angestellt 
werden kann. 

Das sind die hauptsächlichsten Untersuchungsmethoden. Dank diesen 
können die preziösen Elemente der Diagnostik bei einer gründlichen Untersuchung 


112 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.7. 


der Cerebrospinalflüssigkeit gefunden werden. Diese Flüssigkeit ist durch die 
Modifikationen, welche sie in ihrem physischen, chemischen und biologischen Zu- 
stande erfährt, ein getreuer Zeuge der Reaktionen, von denen die Nervenzentren 
der Sitz sind. Auch die anderen Fortschritte, welche sie nicht so eingehend zu 
studieren erlauben, können im gegebenen Augenblick die Arbeit des Klinikers 
erleichtern. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


40. H. C. Solomon and E. S. Wells. Varieties of the gold sol test 

(Lange) in several loci of the cerebrospinal fluid system. 

A study of 24 autopsied cases. (Boston med. surg. journ. 1915. 
Nr. 17.) 

Entnimmt man einer Leiche an verschiedenen Stellen Cerebrospinalflüssig- 
keit und untersucht man diese verschiedenen Proben mit der Goldprobe nach 
Lange, so erhält man verschiedene Resultate. Diese Tatsache veranlaßt die 
Verff. zur Annahme, daß im Raum, in dem sich die Cerebrospinalflüssigkeit be- 
findet, keine freie Zirkulation stattfinde. Der Albumingehalt der Flüssigkeit, 
die durch Lumbalpunktion gewonnen wurde, stimmt nicht mit dem der höher 
oben gewonnenen überein. Was für Albumin gültig sei, gelte wahrscheinlich auch 
für die Wassermann-Reaktion, denn die Körper dieser Reaktion sind wahr- 
scheinlich in den Globulinen enthalten. Die Versuche wurden an 24 Leichen an- 
gestellt, die Cerebrospinalflüssigkeit wurde entnommen aus dem subarachnoidalen 
und subduralen Raum des Schädels, dem dritten und den Seitenventrikeln, der 
Cisterna an der Hirnbasis und dem subarachnoidalen Raum des Rückenmarks; 
von der gleichen Leiche wurden 2 bis 5 verschiedene Proben untersucht. 

l P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


41. Obe (Straßburg). Ein einfaches Verfahren zur Erleichterung 
des Nachweises von Meningokokken in der Lumbalflüssigkeit. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 18.) 

5ccm der unter aseptischen Kautelen entnommenen Punktionsflüssigkeit 
werden !/,—1 ccm einer sterilen 10% igen Traubenzuckerlösung zugesetzt und 
das Röhrchen während 10—12 Stunden auf einer Temperatur von durchschnitt- 
lich 37° gehalten, Reckzeh (Berlin). 


42. Nobel (Wien). Untersuchung tuberkulös meningitischer Punk- 
tionsflüssigkeiten mit Hilfe der Ninhydrinreaktion. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 

Bei der Differentialdiagnose der Meningitis tuberculosa hat sich die Probe 
mit Ninhydrin wertvoll erwiesen. Sie ist außerordentlich empfindlich und beruht 
auf einer leicht nachweisbaren Farbenreaktion. Die Probe wird derart angestellt, 
daß zu !/a,—1 ccm Liquor cerebrospinalis 0,1 ccm Ninhydrin in 1% iger Lösung 
gegeben und ca. !/, Minute gekocht wird. Bei positivem Ausfall entsteht eine 
schöne blaue bis blauviolette Färbung. Der positive Ausfall der Reaktion hängt 
nur zum Teile mit dem Eiweißgehalte der Flüssigkeit zusammen. 

Reckzeh (Berlin). 

Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 


an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung, mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Balen-B.,‘ Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeoen vor ` 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang.‘ 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 8. Sonnabend, den 26. Februar 1916. 
Igpalt.: - 


K. Justi, Sammelreferat aus dem Gebiate dur allgemeinen Pathologie und pathologischen Ana- 
tomie. 


Referate: 1. Spät, 2. Emanuel, 3. v. Podmaniszky, 4. Thomson, 5 . Fabinyi und Hajos, 
Untersuchung der Zerebrospinalflüssigkeit. — 6. Spielneyer, 7. Burr, 8. Sebardt, 9. Jellinek, 
10. van Valkenburg, 11. Kellner, 12. Bram, Ep:\eusie. — 18. Corlat, 14. Wolfsohn und Oliver, 
Anmaurotische Idiotie. — 15. Strebel, 16. Foer, Turmschädel. — 17. Marcus, 18. Jansky, 19. Steindl, 
Progressive Paralyse. — 20. Bouman, Tabes und Dementia paralytica. — 21. van der Scheer, 
Dementia praecox. — 22. Travaglino, Amnesie. — 23. Benders, Präsenium und Psychose — 
H. Berger, Trauma und Psychose. — 25. Justsehenko, Das Wesen der Geisteskrankheiten. — 
%. Poppelreuter, Psychische Ausfallserscheinungen nach Hirnverletzungen. — 27. Rothmann, 
Hirnphysiologie. — 28. Bannes, 29. Scott und Johnston, Hirnabszeß. — 80. Rhein, Hirntumor. 
— 31. Weber, Gehirnerschütterung. — 83. Gerstmann, 83. Duken, 34. Sauer, 35. Thiemann, 
%. Roemheld, 37. Läwen, 38. Engelhardt, Schädelschüsse. — 39. Pituleseu, Carniol und To- 
meseu, Gehirnkrankheiten. — 40. Chiari, Meningitis bei Gehirnschußverletzungen. — 41. Meyer, 


4. Rumpel, 43. Goldberg, 44. Kuznitzky, 45. Spoerl, 46. Bittorf, Rückenmarksverletzungen. — 
47. Bonhoeffer, Scheincysten am Rückenmark. 


Sammelreferat aus dem Gebiete der allgemeinen 
Pathologie und pathologischen Anatomie. 


Von 


K. Justi, Breslau. 


Allgemeine Pathologie. 

Nach Kretz machen sich bei der embolischen Verschleppung be- 
stimmte Strömungen im Blutkreislauf bemerkbar: Aus dem Gebiete 
der oberen Hohlvene gelangen eingeführte Substanzen in die oberen 
hinteren Teile der Lungen, aus dem Gebiet der unteren Hohlvene in 
die unteren vorderen Abschnitte. Diese Anschauung, die vielfache 
Anzweiflung erfuhr, findet Kretz neuerdings bei intravenösen Chloro- 
forminjektionen an Kaninchen bestätigt; das Chloroform macht scharf 
begrenzte Infarkte und führt schnell zu Herzlähmung, wodurch eine 
weitere Verschleppung des Mittels verhindert wird. Der Sinn der 
Einrichtung liegt darin, daß das venöse Blut aus dem oberen Körper- 
abschnitt weniger stark mit CO, beladen ist und deshalb in den minder 
ausgiebig ventilierten oberen hinteren Lungenteilen genügend ge- 
reinigt wird, während dem CO,-reicheren Blut der Cava inferior ein 


8 


114 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


entsprechend gesteigerter Gasaustausch in den vorderen unteren 
Teilen der Lunge zuteil werden soll. 

Sternberg verteidigt unter Ablehnung verschiedener Einwände 
von Herxheimer und E/Fra&nkel seine Lehre von der selbständigen 
Natur der Leukosarkomätese. . Von ähnlichen Bildern der Leukämie 
unterscheidet sich die Leukosarkgmatose durch die negative Oxydase- 
reaktion an den hochgradig vermehrten großen einkernigen Blutzellen, 
pathologisch-anatomisch durch" den aggressiven Charakter der Ge- 
schwulstbildungen. Primär. ist die Geschwulstbildung; die Tumor- 
zellen treten von hier in die Zirkulation über und überschwemmen 
schließlich das Blut. Steri herg berichtet ferner über 21 Fälle akuter 
Leukämie mit ausgedehnten nyeloiden Herden in Milz, Lymphdrüsen 
und Leber, sowie myeloischem Knochenmark. 17 Fälle fieberten hoch; 
in 9 von 11 bakteriologisch untersuchten Fällen fanden sich im Leichen- 
blut Spaltpilze, hauptsächlichr' Streptökokken. Sternberg scheidet 
diese akute Myeloblastenleukärnie von der echten Leukämie ab und 
 faßt sie als Infektionskrankheit verschiedener Ätiologie auf; die All- 
gemeininfektion hat nach Analogie von Tierversuchen leukämische 
Blutveränderungen und myeloide Metaplasien der Gewebe, häufig 
erst kurze Zeit vor dem Tode, zur Folge. 

Askanazy fand im Femurmark von 126 Leichen verschiedenster 
Altersstufen regelmäßig vereinzelte Lymphocyten, auch Plasmazellen, 
und bei 43 Personen, besonders des höheren Alters, Lymphknötchen; 
dieselben sind mit bloßem Auge nicht bemerkbar, heften sich an die 
Arterienendästchen an und sind wie die Follikel und Keimzentren 
variable Gebilde. Ihr Vorkommen steht in keiner Beziehung zum All- 
gemeinleiden. Diese Befunde machen die Wucherung von lympha- 
tischem Gewebe im Knochenmark bei der Iymphoiden Leukämie und 
beim Iymphocytären (und plasmazellulären) Myelom leichter ver- 
ständlich. 

Den Streptokokkus viridans hat Rochs als causa peccans in 
5 Fällen tödlicher Sepsis nachgewiesen; es waren 2 Endokarditiden 
(bei der einen gingen aus der Milz auch Staphylokokken auf), 2 Er- 
krankungen an eitriger Meningitis und eine Syphilis mit Erysipel. Auf 
Blutagar gleicht das Bakterium dem Streptokokkus haemolyticus. 
Die Unterscheidung von Pneumokokken ist bisweilen schwierig, ja 
fast unmöglich; voraussichtlich kann das Opochin differentiell- 
diagnostische Dienste leisten. 

Herzog studierte mit den neueren technischen Methoden die 
histologischen Vorgänge bei der Einheilung von Fremdkörpern, wobei 
er teils wie Marchand in seinen grundlegenden Versuchen Schwamm- 
stückchen, teils nach Podwyssozki Aufschwemmungen von Kiesel- 
gur in die Bauchhöhle von Versuchstieren einführte; bei letzterem 
Verfahren entwickeln sich in großer Menge und über eine weite Zeit- 
spanne hin Riesenzellen aus großkernigen Wanderzellen, aus Deck- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 115 


zellen und Fibroplasten. Sie nehmen in Massen den Fremdkörper 
auf, dringen in die angrenzenden Gewebe und ersetzen im Dünndarm 
völlig die Längsmuskelschicht. Die umfangreiche Knotenbildung um 
den Fremdkörper stellt einen entzündlich reaktiven Vorgang dar und 
istnicht, wieSchirokoroff wollte, als Geschwulstgewebe aufzufassen. 

Die Einverleibung von reinem Cholesterin in das Unterhaut- 
gewebe vom Kaninchen führt nach Untersuchungen von Basten 
zunächst zu Nekrose und Entzündung; dann entwickelt sich Granu- 
lationsgewebe mit großen hellen Zellen, offenbar Bindegewebsabkömm- 
lingen, die Cholestearinester aufspeichern. 

Stahr hatte vor einigen Jahren entzündliche Epithelwucherungen 
an der Zunge von Ratten durch fortgesetzte Haferfütterung erzielt. 
Er berichtet jetzt eingehend über seine Versuche. Der Reiz, den die 
eindringenden Härchen des Kerns oder der Frucht des Hafers abgeben, 
ist 1) andauernd, 2) stark genug, um eine länger bestehende Reaktion 
des Gewebes zu verursachen und 3) wiederholt er sich, ehe die regene- 
rativen Vorgänge abgelaufen sind (»kumulierte Superregeneration «). 
Schließlich resultiert ein Epithelioma papillare, also zum mindesten 
ein Anlauf zu einer epithelialen Neubildung. Stahr konnte später 
anderenorts, in Übereinstimmung mit Nachuntersuchern, die Zungen- 
geschwulst nicht mehr erzielen; offenbar kommt eine Disposition in 
Betracht, die vielleicht durch Gewöhnung an Haferfütterung be- 
seitigt wird. 

Hulst erlebte einen Todesfall 10 Stunden nach der Einspritzung 
von 0,9 Neosalvarsan. Die mit Hydrarg. salic. vorbehandelte Kranke 
verfiel zunächst in Schläfrigkeit mit Unruhe gepaart, der Puls wurde 
sehr rasch, klein, die Atmung aussetzend. Übereinstimmend mit den 
bisherigen perakuten Salvarsantodesfällen zeigten sich Blutüberfüllung 
der Gehirngefäße, perivaskuläres Ödem, Blutungen in der Umgebung 
des Bodens des IV. Ventrikels und Hirnödem. Diese Erscheinungen 
faßt Hulst als perakute Arsenwirkung auf. Daneben bestand Ver- 
iettung des Herzmuskels, in mäßigem Grade auch der Leber, Milz- 
schwellung und Degeneration der Nieren. Letztere hatte jedoch nicht 
zur Nierensperrung geführt. Die chemische Untersuchung der Organe 
deutete auf eine überstürzte Zerlegung des Neosalvarsans, wobei 
289 mg Arsen in kurzer Zeit frei wurden. Ausführliche Literatur. 


Herz und Gefäße. 

Hedinger beobachtete eine Transposition der großen Gefäße mit 
einfacher Herzkammer, deren rechte Wand unterhalb des Aorten- 
sstiums eine Ausstülpung, die rudimentäre linke Kammer darbot. Das 
Vorhofseptum war mehrfach durchlöchert, die Stelle des Ostium 
tricuspidale narbig verschlossen, die Segel der Pulmonalis waren ver- 
dickt. Staunen erregte es, daß die Besitzerin dieses auf der Stufe eines 
Amphibienherzens stehenden Organs fast beschwerdefrei 56 Jahre alt 
zeworden ist. 

gt 


116 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


Gruber untersuchte bei 14 an Meningokokkenmeningitis Ver- 
storbenen den Herzmuskel. Nur ein Muskel war vollkommen frei von 
Entzündung; in 8 Fällen fand sich eine ausgeprägte Myokarditis ohne 
gesetzmäßige Lokalisation. In den akuten Stadien traten Leukocyten- 
ansammlungen auf, später standen die Lymphocyten in dem Vorder- 
grund. Zu reaktiven Gewebswucherungen war es nicht gekommen. 
Von der Entzündung unabhängig sind die Degenerationen der Muskel- 
fasern selbst (darunter 2mal wachsartige Degeneration). Das Auf- 
treten der Veränderungen bereits am 1. Tage der Erkrankung spricht 
für einen primär septischen Charakter der Infektion, die wahrschein- 
lich von den oberen Luftwegen ausgehend, sich von der Blutbahn aus 
in den Meningen niederläßt. 

Nach den Befunden von Knack an 250 menschlichen Leichen 
sind bei der Arteriosklerose die Fettsubstanzen in der Nebenniere stark 
vermehrt und ungleichmäßig verteilt. Bei Verfütterung von Neben- 
nierenextrakt atherosklerotischer Leichen entstand bei Kaninchen 
häufiger eine Gefäßerkrankung als bei Anwendung des Extraktes 
gefäßgesunder Individuen. Auf Grund seiner Tierversuche mit Dar- 
reichung von reinem Cholestearin kommt Knack zu dem Ergebnis, 
daß die Erhöhung des Cholestearinspiegels im Blute nicht ausreicht, 
um Atherosklerose zu verursachen, daß vielmehr infektiös-toxische 
und mechanische Schädigungen hinzukommen müssen. 

Etwa den gleichen Standpunkt nimmt Anitschkow ein. Die 
Verfütterung von Cholestearin in Sonnenblumen- oder Olivenöl oder 
von Eidotter führte bei Kaninchen zu Atherosklerose und bei ge- 
nügender Versuchsdauer zu Sklerose der Aortenklappen und des 
Aortensegels der Mitralklappe. Die Veränderungen entsprechen genau 
der sklerotischen Erkrankung der Aorta und der Klappensegel beim 
Menschen. Was die histologischen Vorgänge anlangt, so nehmen 
zunächst die Bindegewebszellen sämtlicher Herzklappen Fett in Ge- 
stalt feiner Tropfen auf. Weiterhin wird Fettsubstanz in den Zwi- 
schenspalten des Klappengewebes abgelagert, dann von Makrophagen 
(xanthomartigen Zellen) aufgenommen. Die Fettsubstanzen erweisen 
sich als Gemenge von Cholestearinverbindungen und Kalkseifen. 


Respirationsorgane. 

In einer lehrreichen Abhandlung bespricht Marchand die histo- 
logischen Eigenheiten und die klinischen Erscheinungen des Bronchial- 
asthmas. Die Epithelien der kleinsten Bronchien liefern den zähen 
Schleim, aus dem sie — nach Art der bei niederen Tieren so ver- 
breiteten erstarrenden Sekretfäden — wahrscheinlich den Zentralfaden 
der Spiralen ausspinnen. Durch Quellung zunächst der dichten 
äußeren Schicht der Spiralen in dem wasserreichen Medium entstehen 
Streifen senkrecht zur Längsachse (Schlieren). Der Faden wird dicker 
und länger und umhüllt sich mit Schleim. Durch die Raumbeengung, 
vielleicht unter Mitwirkung neu entstehender Sekretströme, erfolgt 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 117 


eine weitere spiralige Drehung und Wirbelbildung. Die Zentralfäden 
und Spiralen sind nicht kennzeichnend für den asthmatischen Anfall. 
Das Auftreten der eosinophilen Zellen ist eine reaktive Erscheinung; 
vielleicht schaffen sie ein Ferment zur Lösung der Epithelzerfalls- 
produkte herbei. Den Begriff der eosinophilen Diathese lehnt Mar- 
chand als nicht zu Recht bestehend ab. Offensichtlich ist der gene- 
tische Zusammenhang der Charcot-Leyden’schen, mit Eosin stark 
färbbaren Kristalle mit der eosinophilen Substanz. Das reichliche 
Vorkommen der Eosinophilen in Bronchialwand und Auswurf bei so- 
genannter fibrinöser Bronchitis beschränkt sich auf die mit asthma- 
tischer Anlage komplizierten Fälle. Die Hauptrolle bei der Ent- 
stehung des dyspnoischen Anfalls spielt, wenn auch in Verbindung 
mit gleichzeitiger oder sehr bald einsetzender Schwellung und Se- 
kretion besonderer Art, der Bronchospasmus; besonders ist es das 
Sekret, das von der Exspiration schwer überwunden wird, wodurch 
sich die Lungenblähung aufs höchste steigert. Bemerkenswert ist 
in einem der obduzierten Fälle die hochgradige Epithelverschleimung 
der Nasenschleimhaut. Anschließend berichtet Marchand über eine 
sezierte Colitis mucosa, die das typische Bild starker katarrhalischer 
Schleimsekretion darbietet, wobei eigentlich entzündliche Erschei- 
nungen zurücktreten. Sämtliche Zellen der Lieberkühn’schen 
Drüsen sind in Becherzellen umgewandelt. 

Ghon und Roman lenken unsere Aufmerksamkeit auf bisher 
unbekannte Lymphknoten im Ligamentum pulmonale kaudalwärts 
von den Lungenvenen; man sieht sie, wenn man beide Lungen zu- 
sammen mit dem hinteren Mediastinum herausnimmt und die aus- 
gespannten Ligamente gegen das Licht hält. Sie stehen in Verbindung 
mit den bronchopulmonalen und den unteren Tracheopulmonaldrüsen. 
Bei zwei kindlichen Leichen mit primärer Unterlappentuberkulose 
waren diese Lymphknoten verkäst. 


Bauchfell. Darm. 

Roth bespricht an der Hand eines Gallertkarzinoms der Flexura 
hepatica und der Literatur das Pseudomyxoma peritonei. Er hält 
diesen Begriff aufrecht, sowohl für die Aussaat schleimproduzierender 
Geschwulstzellen auf das Bauchfell, wie für den Übertritt rein galler- 
tiger Massen (z. B. aus einer gallertigen Appendicitis), die durch 
Bindegewebe abgekapselt freie Körper der Bauchhöhle liefern können. 
Bei einer Kranken, deren Ovarialteratom vor 20 Jahren geplatzt war, 
ergab die Sektion als Folge des Ergusses der teigig-fettigen Massen 
multiple verkalkte Cysten der Bauchhöhle. Damit sind acht derartige 
Fälle bekannt, deren Zusammenstellung den Verlauf der Abkapse- 
lungsvorgänge veranschaulichen. 

In zwei Fällen von luetischer Endarteriitis der Arteria mesen- 
terica superior mit thrombotischem Verschluß des Gefäßes hatten 
nach dem Berichte Ingebrigtsen’s Anastomosen den arteriellen 


118 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


Kreislauf aufrecht erhalten, so daß es weder zu klinischen Störungen, 
noch zu autoptischen Veränderungen kam. Bei einem akuten Gelenk- 
rheumatismus mit Endokarditis der Mitralis hatte die Embolie der 
genannten Arterie hämorrhagische und zugleich anämische Infarkte 
im Dünndarm zur Folge. 


Leber. Gallenblase. 

Hedinger sezierte innerhalb einer Woche zwei an primärem 
Leberkrebs gestorbene Schwestern von 71 und 77 Jahren. In einem 
Falle handelte es sich um multizentrischen Leberzellenkrebs, im an- 
deren um einen solitären Tumor im linken Lappen. Außerdem be- 
standen in beiden Fällen mehrere gutartige Geschwülste anderer 
Organe. 

Über eine tödliche Gallenblasenblutung bei einem 72jährigen 
Manne berichtet Schnyder. Die Diagnose lautete auf ein Ulcus 
duodeni perforatum. Bei der Sektion fand sich im Fundus der chro- 
nisch verdickten Gallenblase ein kleines, rundes, tiefgreifendes Ge- 
schwür mit einem frisch thrombosierten Gefäßstumpf der Fibrosa und 
ein größeres, das durch das ergossene Blut in die Bauchhöhle gesprengt 
worden war. 

Ribbert untersuchte Gallensteine nach einem neuen Schnitt- 
verfahren. Er bestätigte im allgemeinen die Anschauungen von 
Aschoff und Bacmeister, wonach die Cholestearinsteine aus nor- 
maler Galle auskristallisieren, während die Pigmentkalkcholestearin- 
steine in einer entzündeten Gallenblase entstehen. Die Form der 
Steine hat nun nichts mit ihrer chemischen Zusammensetzung zu tun; 
auch die facettierten Steine bestehen hauptsächlich aus Cholestearin, 
das sich in Intervallen schichtweise ablagert. Auf die einzelnen 
Schichten schlägt sich in den Pausen Gallenfarbstoff nieder. Die 
Kalkbeimengung tritt meist ganz zurück. Die facettierten Steine 
gehen hervor aus reichlichen, weichen Klümpchen ausgefallener Massen, 
die ihrer Schwere nach, durch etwas Galle getrennt, dicht neben- 
einander liegen und sich bei ihrem Wachstum gegenseitig beeinflussen. 
Die Kombinationssteine haben zum Kern einen Cholestearinstein oder 
Trümmer eines solchen. 14 Abbildungen. 


Nieren. 

Seinem früheren Falle und denjenigen von Ceelen (s. dieses Zen- 
tralblatt 1915, Nr.41, S.8) fügt Schönberg neue Beobachtungen von 
Schrumpfniere tuberkulöser Ätiologie hinzu. Es handelt sich um 
Infarzierungen bei Tuberkulose der Gefäßwand oder um interstitielle 
Entzündungen und Wucherungen, durch den Nachweis der Bazillen 
als tuberkulös erweisbar, mit Ausgang in Parenchymschwund, Narben 
und Schrumpfungen. Die Nierentuberkulose Kann demnach, wenn 
auch unter erheblicher Schädigung des Organs, ausheilen. 

Bei der Untersuchung ganz frischer Fälle von Pyelonephritis bei 
Rückenmarksschüssen kommt Ribbert zu einer von der bisherigen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 119 


abweichenden histogenetischen Anschauung. Das Bakt. coli oder nur 
seine Toxine dringen in die Markkegel ein, hier bewirken sie eine Ent- 
zündung, eitrige Infiltration des Interstitiums, Anhäufung von Leuko- 
cyten in den Kapillaren sowie in den geraden Kanälchen und den 
Schleifen. Die Spaltpilze arbeiten sich nun nicht in den Harnkanälchen 
gegen den Flüssigkeitsstrom vor, sondern gelangen von den Markkegel- 
spitzen in die Kapillaren und die Venen; von hier aus treten sie in die 
anstoßenden geraden Harnkanälchen und vor allem in die Schleifen 
über und werden von dem Harnstrom durch die aufsteigenden Schenkel 
in die Rinde verschleppt. 

Spiess referiert sämtliche primär epithelialen Tumoren des 
Nierenbeckens und des Ureters und fügt vier neue Fälle hinzu. Die 
Arbeit ist auch für den Kliniker wertvoll, weil sie in jedem einzelnen 
Falle Angaben über den klinischen Verlauf bringt. Spiess unter- 
scheidet papilläre und die stets bösartigen soliden Neubildungen. Die 
papillären lassen sich in entzündliche und echte Tumoren trennen, 
deren bös- oder gutartiger Charakter oft erst aus Rezidiven oder 
Metastasen erkennbar ist. 

Miyauchi fand amyloidhaltige Eiweißsteinedes Nierenbeckens bei 
der Sektion eines an Amyloidose verstorbenen 33jährigen Mannes. 
Sie entstanden durch Ablagerungen von Eiweiß und Amyloid, sowie 
einzelnen Uratkristallen um Harnzylinder als Kern. 


Nervensystem. 

Robertson veröffentlicht drei seltene Geschwülste des Zentral- 
nervensystems. Ein Ganglioneurom am Boden des IHI. Ventrikels mit 
Einbeziehung des Chiasma führte bei der 16jährigen Kranken zu 
Hypästhesie der rechten Körperhälfte, muskulärer Schwäche der 
rechten Gliedmaßen mit lebhafter Steigerung des Patellarreflexes 
rechts und Schwund des Bauchdeckenreflexes derselben Seite. Es 
bestand rechts Amblyopie, links Amaurose. Der Tod trat plötzlich 
ein. Histologisch entspricht der Tumor einem langsam wachsenden, 
ausgereiften Neurom mit ausgebreiteter Degeneration von Ganglien- 
zellen. Die beiden anderen, ebenfalls tödlich verlaufenen Fälle be- 
treffen »Ganglioneuroblastome« (ein Mittelding zwischen ausreifenden 
und unausgereiften Neuromen) bei einem 16jährigen Mädchen (retro- 
peritoneale Geschwulst, am Kreuzbein angewachsen, Geburtshindernis) 
und einem 5jährigen Mädchen (Tumor, klinisch ein Hypernephrom 
vortäuschend mit Metastasen in der Orbita). 

Bei Nahschußverletzung der Extremitätennerven trafBerblinger 
regelmäßig umschriebene spindel- oder knotenförmige Veränderungen 
des Nervenstammes infolge entzündlicher Bindegewebsneubildung an, 
zum Teil mit Einlagerung anderer Gewebsarten (Muskulatur, Knochen). 
Innerhalb der Narbe traten in enger Lagebeziehung zu den Schwann- 
schen Kernen kurze fibrillenähnliche Gebilde auf, die als Versuche 
einer Faserbildung aufgefaßt werden; sie bringen es aber nicht zur 


120 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


Bildung funktionsfähiger Nerven. Berblinger empfiehlt für diese 
Verletzungen die Nervennaht innerhalb der von Spielmeyer an- 
gegebenen Zeit. 

Skelett. 


Löhe konnte in allen untersuchten Fällen von kongenitaler Sy- 
philis Skelettveränderungen histologisch nachweisen. Für den Kli- 
niker von Bedeutung ist der durchweg positive Befund bei Röntgen- 
aufnahmen syphilitischer Föten. Als Ausdruck der Osteochondritis 
findet man im Anfangsstadium ein verbreitertes Schattenband an der 
Epiphysenlinie mit zackigen Ausstrahlungen nach beiden Seiten. 
Weiterhin treten hier hellere Partien infolge des verminderten Kalk- 
gehaltes und des Ersatzes von Knochenbälkchen durch Granulations- 
gewebe auf. Nachuntersuchungen stellten selbst bei Epiphysen- 
lösungen die günstige Beeinflussung bei Knochenerkrankungen durch 
die antisyphilitische Kur fest. 

Niklas fand bei einem aufs sorgfältigste durchgearbeiteten Fall 
von Osteogenesis imperfecta eine adenomatöse Struma, der er eine 
gewisse Bedeutung für die gestörte Skelettentwicklung zuzuschreiben 
geneigt ist. Versuche über die Vermutung werden beabsichtigt. Auch 
bei der Mutter bestand eine Struma. Auf die Einzelheiten der wert- 
vollen Befunde kann hier nicht eingegangen werden; jedenfalls sei auf 
die beiden angefügten Röntgenbilder der Mißbildung und eines normalen 
Fötus hingewiesen. 


Drüsen mit innerer Sekretion. 


Hart fand bei einer rasch verlaufenden Myasthenie oder myasthe- 
nischen Paralyse eine Hyperplasie des Thymus und Lymphocyten- 
infiltrate der quergestreiften Muskulatur. Blutungen, die teils zu 
Sklerosierung, teils zu regenerativer Parenchymwucherung führten, 
sind für die Veränderung der Drüse anzuschuldigen. Vermutlich war 
das Organ von vornherein hyperplastisch, jedenfalls persistent, wobei 
zu bemerken ist, daß ein großer Thymus stets als Merkmal einer 
pathologischen Konstitution aufzufassen ist. Bereits wurden in 
mehreren Fällen von Myasthenie Thymustumoren vorgefunden, zuerst 
von Weigert 1901. Einen Fall hat Sauerbruch durch die Weg- 
nahme des Thymus geheilt. Nach der Ansicht von Hart handelt es 
sich jedoch nicht um echte Geschwülste, sondern um Hyperplasien, 
die in diesen Fällen (nicht in allen) Ursache der Muskelerkrankung 
sind. Die Funktion des Thymus besteht in einer hypertonisierenden 
und auf das Herz giftig wirkenden inneren Sekretion (vgl. Beteiligung 
des Thymus bei thyreogenem Basedow und reinem Thymusbasedow) 
und in der Beeinflussung der Lymphocytenproduktion in den Lymph- 
drüsen. Die Infiltrate in den Muskeln sind aus den Blutgefäßen ab- 
gelagert, andere Gewebe werden bisher nicht auf diese Erscheinung 
hin untersucht. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 121 


Massaglia kommt auf Grund komplizierter Tierversuche zu der 
Ansicht, daß die Funktion der Bauchspeicheldrüse unter dem Einfluß 
der Funktionen anderer Drüsen steht; so bewirkt eine Pankreashypo- 
funktion infolge von Resektion Diabetes, wenn man die Nebenschild- 
drüsen, die Milz oder die Leber schädigt. Dabei ist der Organismus 
imstande, Störungen im Kohlehydratstoffwechsel die infolge der Hypo- 
funktion der Drüsen entstanden, allmählich wieder zu beseitigen, 
so daß die Glykosurie verschwinden kann. 


Literatur: 


(V.A. = Virchow’s Archiv Bd. CCXX, Z.B. = Beiträge z. Pathologie u. pathol. 
Anatomie von Ziegler Bd. LXI, C.P. = Zentralblatt f. allg. Pathologie und 
pathol. Anatomie Bd. XXVI.) 

N. Anitschkow, Über die experimentelle Atherosklerose der Herzklappen. 
V.A. Hft. 2. S. 233. 

N. Askanazy, Über die Lymphfollikel im menschlichen Knochenmark. 
V.A. Hft.3. S. 257. 

G. Basten, Über das Verhalten des Cholesterins, dem subkutanen Binde- 
gewebe einverleibt, und seinem Einfluß auf das Unterhautzellgewebe. V. A. 
Hft. 2. S. 176. 

W. Berblinger, Anatomische Veränderungen der Extremitätennerven nach 
Verletzung durch Nahschüsse. C.P. Hft. 16. S. 409. 

A. Ghon und B. Roman, Die Lymphknoten im Ligamentum pulmonale 
und ihre Bedeutung bei der Kindertuberkulose. V.A. Hft. 2. S. 168. | 

G. B. Gruber, Über Herzmuskelentzündung bei der Meningokokkenmenin- 
gitis. Z.B. Hft. 2. S. 236. 


C. Hart, Thymusstudien. V. Thymusbefunde bei Myasthenia gravis pseudo- 
paralytica. V.A. Hft. 2. S. 185. 

E. Hedinger, Transposition der großen Gefäße bei rudimentärer linker 
Herzkarmmer bei einer 56jährigen Frau. C.P. Hft. 21. S. 529. 

Derselbe, Primärer Leberkrebs bei zwei Schwestern. C.P. Hft. 15. S. 385. 

G. Herzog, Experimentelle Untersuchungen über die Einheilung von 
Fremdkörpern. C.P. Hft. 2. S. 325. 

I. P. L. Hulst, Einige Bemerkungen über einen Todesfall nach einer intra- 
venösen Neosalvarsaninjektion. V.A. Hft.3. S. 346. 

Ingebrigtsen, Thrombose der Mesenterialgefäße. C.P. Hft. 12. S. 313. 

A. V. Knack, Über Cholesterinsklerose. V.A. Hft. 1. S. 36. 

R. Kretz, Über den experimentellen Nachweis von Strombahnen im zir- 
kulierenden Blute. V.A. Hft.2. S. 179. 

H. Löhe, Klinische und pathologisch-anatomische Untersuchungen über 
Skelettveränderungen bei kongenitaler Syphilis und ihre Heilungsvorgänge. V.A. 
Hit. 1. S.95. 

F. Marchand, Beitrag zur Pathologie und pathologischen Anatomie des 
Bronchialasthmas mit Berücksichtigung der plastischen Bronchitis und der Colitis 
mucosa. Z.B. Hft. 2. S. 251. 


A. Massaglia, Beitrag zur Kenntnis der Pathogenese des Diabetes mellitus. 
Z.P. Hft.3. S. 65. 


K. Miyauchi, Über amyloidhaltige Eiweißsteine im Nierenbecken. Z.P. 
Hft. 11. S. 289. 


gte 


122 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


-F. Niklas, Osteogeneiss imperfecta. Z.B. Hft. 1. S. 101. 

H. Ribbert, Über Bau und Bildung der Gallensteine. V.A. Hft. 1. S. 20. 

Derselbe, Über die Pyelonephritis. V.A. Hft. 3. S. 294. 

H. E. Robertson, Ein Fall von Ganglioglioneurom am Boden des IHI. Ven- 
trikels mit Einbeziehung des Chiasma opticum. V.A. Hft. 1. S. 80. 

Derselbe, Das Ganglioneuroblastom, ein besonderer Typus im System der 
Neurome. V.A. Hft.2. S. 147. 

Rochs, Zur Differentialdiagnose der Streptokokken und Pneumokokken. 
V.A. Hft. 3. S. 327. 

W. Roth, Über multiple pseudocystische Bildungen des Peritoneums bei 
einem Fall von Gallertkarzinom, sowie bei einem Ovarialteratom (im Hinblick 
auf die Frage des Pseudomyxoms). Z.B. Hft. 1. S. 42. 

K. Schnyder, Tödliche Gallenblasenblutung in die freie Bauchhöhle. 
Z.P. Hft. 14. S. 361. 

S. Schönberg, Über tuberkulöse Schrumpfnieren. V.A. Hft. 3. S. 285. 

P. Spiess, Die primär-epithelialen Tumoren des Nierenbeckens und des 
Ureters. C.P. Hft. 22 u. 23. S. 553. 

H. Stahr, Durch andauernde Haferfütterung erzeugtes Epitheliom der 
Rattenzunge. Z.B. Hft. 2. S. 169. 

C. Sternberg, Leukosarkomatose und Myeloblastenleukämie. Z.B. Hft. 1. 
S. 75. 





Referate. 


1. Wilhelm Spät. Die Goldreaktion in der Zerebrospinalflüssig- 
keit. (Zeitschrift für Immunitätsforschung 1915. Bd. XXIII. Hft. 4.) 

Die Goldreaktion in der Zerebrospinalflüssigkeit ist am stärksten und charak- 
teristischsten bei Paralyse und Tabes vorhanden; weniger eklatant, aber charak- 
teristisch ist der positive Ausfall bei Lues. Dagegen konnten bei der Goldreaktion 
in meningitischen Zerebrospinalflüssigkeiten keinerlei Gesetzmäßigkeiten fest- 
gestellt werden. Auch bei normalen Zerebrospinalflüssigkeiten wurde positive 
Reaktion beobachtet. 

Aus den der Erklärung des Wesens der Reaktion dienenden Versuchen wird 
geschlossen, daß es sich bei der Goldsolreaktion bei Paralyse, Tabes und Lues 
um eine Reaktion auf den syphilitischen Antikörper handelt, die am stärksten bei 
Paralyse, etwa gleich stark oder schwächer bei Tabes auttritt, am schwächsten 
aber bei gewöhnlicher frischer Lues ausgeprägt ist. 

Für die keine Gesetzmäßigkeit aufweisende positive Reaktion bei Meningitis 
und anderen Erkrankungen werden die eintretenden Farbenveränderungen im 
Sinne Szigmondy’s durch den verschiedenen Gehalt und die verschiedene Zu- 
sammensetzung der EiweiBkörper gedeutet. 

Die Tatsache, daß Farbenveränderungen bzw. Ausflockung des Goldsols in 
der Regel zuerst bei stärkerer Verdünnung auftritt oder am ausgesprochensten 
ist, wird mit der Erscheinung der Reaktionsoptima bei Immunitätsversuchen in 
Parallele gestellt. Auch aus der Beeinflussung des Goldsols oder der Zerebro- 
spinalflüssigkeit durch thermische Einflüsse wird geschlossen, daß es sich bei der 
Goldreaktion um ein Modell der Immunitätsreaktion mit einem anorganischen 
Kolloid als Antigen handelt. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. ‚123 


2. Emanuel (Charlottenburg). Eine neue Reaktion zur Unter- 
suchung des Liquor cerebrospinalis. (Berliner klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 30.) | 

Für die Reaktion sind fünf Reagenzröhrchen erforderlich. Röhrchen 1 wird 
mit 1,5 ccm, die übrigen mit 1 ccm Kochsalzlösung beschickt. In das erste Röhr- 
chen wird nun 0,5 ccm der zu untersuchenden Spinalflüssigkeit eingefüllt, nach 
guter Vermischung wird 1 ccm in das zweite Röhrchen übertragen, hieraus nach 

Vermischung 1 ccm in das dritte Röhrchen usf. Nun kommt in jedes Röhrchen 

Iccm der Mastixlösung. Nach kurzem Umschütteln kann der Eintritt der Re- 

aktion sogleich beobachtet werden. Bei normalen Spinalflüssigkeiten . bleiben 

Röhrchen 1—4 unverändert. Während aber dort auch die Kontrolle infolge des 

geringen Elektrolytgehaltes stabil bleibt, tritt hier in Röhrchen 5 sofortige Aus- 

flockung ein. Reckzeh (Berlin). 


3. v. Podmaniezky (Budapest). Einige Daten über die diagno: 
stische und therapeutische Bedeutung der Lumbalpunktion 
bei submeningealen Blutungen traumatischer Ätiologie. (Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 

Bei Verletzungen des Rückenmarks oder der Wirbelsäule, sei die Verletzung 
eine direkte oder indirekte, ist in jedem Falle eine orientierende Lumbalpunktion 
indiziert. Die Therapie der submeningealen Blutungen ist die mehrfach ausge- 
führte Lumbalpunktion. Dieselbe ist zu wiederholen, bis im Liquor keine Erythro- 
cyten mehr nachweisbar sind und die objektiven und subjektiven Symptome 
nachlassen. Reckzeh (Berlin). 


4. W. W. D. Thomson (Belfast). A note on certain peculiar cry- 
stals found in the cerebro-spinal fluid from a case of septic 
meningitis. (Lancet 1915. März. 27.) 

T. fand im Spinalpunktat einer unter meningitischen Erscheinungen ver- 
storbenen Kranken mit Otitis media neben Staphylokokken und einer gramposi- 
tiven Streptothrix zahlreiche rhombische, von Charcot-Leyden’schen und 
Böttcher’schen Kristallen differente, Phosphorsäure und Cholin nach den an- 
geführten Proben nicht enthaltende Kristalle. F. Reiche (Hamburg). ` 


5. Rudolf Fabinyi und Emerich Hajos. Die Torday-Wiener'sche 
Gold-Cyan-Aldehyd-Essigsäurereaktion bei Geisteskranken. 
(Psychiatrisch-neurol. Wochenschrift 1915. Nr. 27 u. 28.) l ; 

In dem Verhalten der nach der Torday-Wiener’schen Methode unter- 
suchten Blutsera sind entschieden Differenzen vorhanden, deren Ursache bisher 
nicht bekannt ist. 

Der Liquor cerebrospinalis ergibt keine Torday-Wiener’sche Reaktion. 

Die Resultate der Reaktionen sind nur in 59%, mit denen der Wasser mann- 
schen Reaktion gleichlautend, daher der Ausweis der Lues nach Torday-Wiener 
die Wassermann’sche Reaktion nicht ersetzen kann. Im Falle einer Vervoll- 
kommnung dieser Reaktion wären vielleicht die zweifelhaften Resultate auch noch 
in positive umzuwandeln, wie bei der Wassermann’schen Reaktion mit der 
Anwendungsmethode, aber auch in diesem Falle wäre die Reaktion zufolge der in 
einem . Drittel entgegengesetzten Resultate zur Diagnose der.Lues kaum ver- 
wendbar. 


124 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


Das unbekannte Wesen der Reaktion bietet jedoch Indikation zu einer gründ- 
lichen chemischen Untersuchung, welche uns möglicherweise zur Kenntnis einer 
neuen besonderen chemischen Beschaffenheit des Blutserums führen kann. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


6. Spielmeyer (München). Zur Behandlung „traumatischer Epi- 
lepsie“ nach Hirnschußverletzungen. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 10. Feldärztl. Beilage.) 

In geeigneten Fällen soll ein Versuch mit der Trendelenburg’schen Unter- 
schneidungsmethode gemacht werden. Reckzeh (Berlin). 


7. Charles W. Burr. Continous clonic spasm of the left arm 
(epilepsia continua) caused by a tumor of the brain. (Amer. 
journ. med. sciences 1915. Februar. S. 169.) 

Eine 56jährige Frau wurde wegen Mammakarzinom operiert, indes trat in 
der Narbe bald ein Rezidiv auf. Mehrere Monate nach der Operation bemerkte 
die Pat. im linken Arm leichte unwillkürliche Zuckungen, die sich häufig wieder- 
holten und jeweilen einige Minuten bis zu ?!/, Stunde andauerten. Eine Woche 
später trat ein Anfall von Jackson’s Epilepsie auf, dem im Verlauf von 2 Wochen 
noch weitere fünf Anfälle nachfolgten. Außerdem wurden die unwillkürlichen 
Zuckungen im linken Arm allmählich heftiger und schließlich ohne Unterbrechung, 
auch im Schlaf, andauernd. Fibrilläre Muskelzuckungen, Muskelatrophie fehlten; 
Reflexe im Biceps und Triceps erhöht, willkürliche Bewegungen erhalten, Sensi- 
bilität gut. Im linken Bein nur ganz leichte Zuckungen, der linke Kniereflex 
stärker als der rechte, das Gehen war nicht behindert. Exitus an Krebskachexie 
12 Wochen nach Auftreten der ersten Zuckungen. Die Autopsie ergab ein erbsen- 
großes Karzinom in der Pia-Arachnoidea über der rechten aufsteigenden Stirn- 
windung, 4cm von der Fissura longitudinalis gelegen; die Neubildung ließ sich 
leicht ausschälen, die Hirnsubstanz war nicht mitergriffen. Die Wirkung war eine 
bloße Druckwirkung gewesen. Eine ähnliche Geschwulst lag auf der unteren 
Fläche der linken Kleinhirnseite. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


8. Carl Sebardt. Alkohol und Epilepsie. (Nord. med. Archiv Abt. II. 
1914/15. Hft.1 u. 2.) 


1) Epilepsia alcoholica ist eine völlig typische Krankheit, gut abgegrenzt von 
der Epilepsia idiopathica dadurch, daß die Anfälle aufhören, sobald der Pat. 
sich konsequent des Mißbrauches alkoholischer Getränke enthält. 

2) Sind bei einem chronischen Alkoholisten epileptische Anfälle vorgekommen, 
die fortdauern, nachdem der Pat. einige Zeit abstinent gewesen ist, so ist man 
nicht berechtigt, von einer Alkoholepilepsie zu reden. 

3) Epilepsia alcoholica und Delirium tremens sind zwei ganz voneinander 
verschiedene Krankheiten. 

4) Epilepsia alcoholica muß als eine sehr schwere Komplikation des chro- 
nischen Alkoholismus angesehen werden. Die Prognose hinsichtlich der Absti- 
nenz des Alkohols nach einer durchgemachten Kur ist viel ungünstiger als bei 
Alkoholismus ohne Epilepsie. Jacobaeus (Stockholm). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 125 


0, Jellinek. Zur militärärztlichen Konstatierung der Epilepsie. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 

Zu den schwierigsten Aufgaben des Militärarztes gehört die sogenannte Kon- 
statierung der Epilepsie, d. h. die Entscheidung, ob ein »Anfall« als echte Epilepsie 
zu qualifizieren und demzufolge der denselben Darbietende als »vollkommen 
dienstuntauglich« zu bezeichnen ist. Als wertvolle Kriterien der wahren Epi- 
lepsie bezeichnet der Verf. einmal das Auftreten des Babinski’schen Symptomes 
sofort nach dem Anfalle, ehe noch Patellarsehnen- und andere Reflexe auslösbar 
sind, und zum anderen die Möglichkeit, wenigstens in einem Teile der Fälle, durch 
subkutane Injektion von 0,05 Kokain. mur. einen Anfall künstlich auszulösen. 

Seifert (Würzburg). 


10. C. T. van Valkenburg. Lokale Hirnhautentzündung, ihre Dia- 
gnose und operative Behandlung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. I. S. 2055—67.) 

Kasuistischer Beitrag epileptiformer Anfälle; 4 Fälle lokaler, traumatischer, 
tuberkulöser und anderweitiger Ätiologie werden zusammengestellt; alle wurden 
durch Operation günstig beeinflußt. In 2 derselben konnte die Lokalisation 
in der Hirnrinde mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. In dem 
Falle von Leptomeningitis ossificans konnte nur ein Teil der Hirnhautindurationen 
in einer physiologisch äußerst wichtigen Hirnabteilung beseitigt werden. Gefäß- 
ligaturen in der Hirnsubstanz führen besonders schwere funktionelle Schädi- 
gungen herbei, so daß dieselbe womöglich durch gefahrlose Blutgerinnung ergebende 
Mittel ersetzt werden sollen. In den 2 anderen Fällen waren die positiven Erschei- 
nungen gering, indem die Affektion ihren Sitz in den Frontallappen hatte: in 
einem Falle motorische Reizerscheinungen ohne Sensibilitätsstörungen, im anderen 
Falle Fußsupination und Extension des Hallux nach Reibung der lateralen Fläche 
des entgegengesetzten Unterschenkels von unten nach oben mit langer »Reflex «zeit. 
Nur bei einem der vier Pat. war eine traumatische Ätiologie sichergestellt, ob- 
schon der Zusammenhang der Affektion mit dem Trauma nicht deutlich war 
Bei den anderen drei Fällen konnte vor der Operation keine Wahl zwischen harter 
und weicher Hirnhaut getroffen werden. In keinem der Fälle konnten gröbere 
Störungen zwischen den einzelnen Anfällen festgestellt werden. Drei derselben 
ergaben Papillitis nervi optici. Zeehuisen (Utrecht). 


11. Kellner (Hamburg-Alsterdorf). Der Wert der Flechsig’schen 
Opium-Brombehandlung bei der Epilepsie. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 17.) 

Nach Beendigung der 50tägigen Opiumkur mit den täglichen Bädern erfolgt 
am 51. Tage der Übergang zum Brom, von dem der Kranke in der bekannten 
Erlenmeyer’schen Mischung 3mal täglich eine bestimmte Dosis zu nehmen hat. 
Bei jedem Kranken muß man ausprobieren, wie viel Brom er verträgt ohne Zeichen 
von Bromismus zu zeigen. Reckzeh (Berlin). 


12. Israel Bram. Treatment of epilepsy. (New York med. journ. 
1915. Nr. 15.) 
Idiopathische Epilepsie ist mit Erhöhung des intrakraniellen Druckes ver- 
tunden und vielleicht die Folge dieses Umstandes. Ein Anfall tritt wahrscheinlich 
dann ein, wenn sich der allgemeine Blutdruck des Pat. aus irgendeinem Grunde 


126 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


plötzlich über das gewöhnliche Maß erhebt, wodurch weiterhin auch der intre- 
kranielle Druck noch mehr erhöht wird. Die medikamentöse Behandlung schadet 
mehr als sie nützt. Die rationellste Behandlung ist die wiederholte Venaesektion: 
sie hilft nicht allein im Anfall, sondern scheint auch die Krankheit heilen zu 
können. Diätetische und hygienische Maßnahmen, gelegentlich ein Schilddrüsen- 
präparat oder Kal. jodat. vervollständigen die Kur. 

| P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


13. Isador H. Coriat. Some new symptoms in amaurotic family 
idiocy. (Boston med. sur. journ. 1915. Juli 1.) 

C. hat an von ihm selbst beobachteten Kranken folgende neue Symptom: 
gefunden: Explosives Lachen, Hydrocephalus, bulbäre Symptome, Nystagmus, 
Hypotonie, stark erhöhte Reflexe auf akustische, optische und taktile Reize bis 
zu Konvulsionen, Asphyxie und Bewußtlosigkeit. Auch wurden noch andere 
abnorme Reflexerscheinungen beobachtet, z. B. rhythmische Kontraktionen des 
M. quadriceps auf taktile Reizung der Fußsohle und kontralateraler Kniereflex. 
Diese abnormen Reflexe halten zuweilen länger an als der Stimulus. Kontra- 
lateraler Babinsky und Oppenheim wurden dagegen nie beobachtet. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


14. J. M. Wolfsohn and J. R. Oliver (San Francisco). Amaurotic 
idiocy. (Arch. of internal med. 1915. August.) 

Ein klinisch und pathologisch-anatomisch verfolgter Fall von amaurotischer 
Idiotie bei einem 4jährigen Mädchen, das im 3. Jahre der zu sehr reichlichen Kon- 
vulsionen führenden Krankheit starb. Hereditäre Lues lag nicht vor. Die mikr- 
skopischen Veränderungen im Gehirn wiesen auf degenerative Prozesse, kon- 
genitale Anomalien fehlten. F. Reiche (Hamburg). 


15. J. Strebel. Über die Selbsttrepanation der Natur beim Turm- 
schädel und über das Wesen des Turricephalus. (Korrespon- 
denzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 17.) 

Der Turricephalus gehört unter die prämatur synostotischen Schädel; dit 
Symptome, die er setzt, beruhen auf Hirndruck, und zwar ist das wachsende un: 
in seinem Wachstum gehemmte Gehirn selbst der Grund des gesteigerten intra 
kraniellen Druckes. Das wachsende Gehirn ist es, das auf der Innenseite de 
Schädeldaches die Impressiones digitatae herausmodelliert, es erzeugt die Ver 
breiterung der Sinus, stanzt die Foramina emissaria als loci minoris resistentia 
zu eigentlichen Trepanationsventilen aus, es vermag an den druckbelastete: 
Stellen des Schädeldaches perforierende Usuren und multiple Dekompression: 
ventile zu erzeugen (Selbsttrepanation). Auch die anderen Symptome: Exophtha 
mus, Sehnervenatrophie beruhen auf Hirndruck. Bei jeder scheinbar primäre 
Sehnervenatrophie soll die Schädelkonfiguration mittels Röntgenstrahlen unte: 
sucht werden, denn es gibt Turmschädel, die nur äußerlich betrachtet nicht sich: 
als solche anzusprechen sind; dagegen können Röntgenbilder durch die biene: 
wabenartige Zeichnung der Gehirnwindungen an der Tabula interna der Schäde 
kapsel differentialdiagnostisch von ausschlaggebendem .Wert sein. 

| P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 127 


16. Feer. Ein Fall von angeborenem Turmschädel mit merk- 
würdigen Nebensymptomen. RIEDL für Schweizer Ärzte 
1915. Nr. 20.) 


Ein 33/, Jahre alter Knabe bot schon nach der Geburt das gleiche Bild wie 
jetzt. Ungewöhnlich hoher Turmschädel (Umfang 47 cm) mit sehr steiler Stirn. 
Gegend der großen Fontanelle, der Schläfen und Warzenfortsätze stark vorge- 
baucht. Weitabstehende kleine Schlitzaugen mit seltenem Lidschlage. Gesicht 
maskenartig starr, wird nur höchst selten deutlich innerviert bei Schmerzemp- 
findungen. (Die Muskeln des Facialis reagieren prompt auf den elektrischen 
Strom.) Nase schmal mit atrophischer Haut. Ohrmuscheln mißformt, fast ganz 
am Schädel angewachsen. Im Bereich des ganzen Hirnschädels, besonders an der 
Stirn zahlreiche, enorm erweiterte Venen, am Hinterhaupt aus deutlich fühlbaren 
Emissarien austretend. Zeitweise deutliche Pulsation dieser Venen, der Systole 
des Herzens etwas nachfolgend, offenbar als Folge der systolischen Füllung der 
Gehirnarterien. Gespaltene Uvula. Gehör und Sehvermögen normal. Die Augen 
zeigen in ihrer Bewegung, Pupillen, Hintergrund nichts Pathologisches. In- 
telligenz und Sprache normal. 

Haut über dem Schlüsselbein sehr dünn und fettlos. Körperbau ungewöhnlich 
kräftig durch starke Muskeln, welche stellenweise, besonders die Strecker des 
vorderarmes, an den Oberschenkeln, Waden, ausgesprochen hypertrophisch sind. 
Muskelkraft und Bewegungsfähigkeit sehr gut. Systolisches musikalisches Ge- 
fZusch am Herzen, am deutlichsten an der Spitze. Finger merkwürdig zugespitzt, 
Nasenbein stark vorspringend. Wassermann negativ. Die Ätiologie ist unbe- 
kannt. F. hat nie ein ähnliches Krankheitsbild gesehen, auch in der Literatur 
nichts Ähnliches gelesen. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


17. Henry Marcus. Die Veränderungen in der Hirnrinde bei der 
progressiven Paralyse. (Nord. med. Archiv Abt. II. 1914/15. Hft. 1 
und 2.) 


Verf. hat eine größere Anzahl Paralytikergehirnen gesammelt und mikro- 
skopisch untersucht. Die gewöhnlichen histologischen Veränderungen sind be- 
schrieben; spezielle Aufmerksamkeit widmet Verf. den Plasmazellen, in welchen 
Spirochäten zum ersten Male nachgewiesen worden sind. Vielleicht kommt eine 
wichtige Aufgabe den Plasmazellen zu, entweder als Träger der Spirochäten an 
den Ganglienzellen oder als Zerstörer der Spirochäten. Auch ist das Vorkommen 
von Spirochäten in den Plasmazellen eine wichtige Stütze für diejenige Ansicht, 
daß die syphilitische Noxe zuerst die Gefäße und erst später die Nervensubstanz 
angreift. Jacobacus (Stockholm). 


18. J. Jansky. Die Behandlung der progressiven Paralyse mit 
Salvarsan. (5. Kongreß tschechischer Naturforscher u. Ärzte 1914.) 
Autor injizierte intravenös Salvarsan, in 50 ccm destillierten Wassers gelöst 
und mit Lauge neutralisiert, oder Neosalvarsan, in 15—20 ccm destillierten Wassers 
gelost. Alle Pat. vertrugen das Mittel selbst in großen Dosen gut; nur einmal trat 
Fieber auf. Im Harn fand sich nie Eiweiß. Selbst ein Kranker mit schwerem 
Virium vertrug ungeheuere Dosen ohne alle Folgen. Behandelt wurden vier Fälle. 
Das Resultat der Behandlung war gleich Null: bei einem Pat. stellte sich nach 
einer geringfügigen Dosis eine leichte Remission ein, die wohl auch spontan ein- 
getreten wäre, beim zweiten trat nach 10g (im Laufe von 2 Monaten) eine nur 


128 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


einige Tage dauernde Besserung ein; bei den zwei letzten Fällen wurde überhaupt 
keine Änderung bemerkt. In keinem einzigen Falle wurde Wassermann negativ; 
nie konstatierte Autor eine wesentliche Besserung der pathologischen Verhältnisse 
in der Zerebrospinalflüssigkeit. G. Mühlstein (Prag). 


19. J. K. Steindl (Frankenstein). Differentialdiagnostik zwischen 
beginnender progressiver Paralyse. (Prager med. Wochenschrift 
1915. S. 285.) 


Die progressive Paralyse hat ihre Ursache in einer luetischen Erkrankung 
des Zentralnervensystems; daher positive Wasser mann’sche Blut- bzw. Lumbal- 
punktatsprobe, außerdem Leukocytenvermehrung von über 10 Zellen im Kubik- 
zentimeter Zerebrospinalflüssigkeit und Vermehrung des Eiweißgehaltes in der- 
selben. Ursache der Neurasthenie ist die Einwirkung einer stärkeren äußeren 
Schädlichkeit auf die Psyche oder den Körper eines konstitutionell prädisponierten 
Individuums. Bloße Neurasthenie ergibt daher negativen Wassermann und keine 
Leukocytenvermehrung. 

Beiden Erkrankungen sind ETA nervöse Störungen des subjektiven 
Allgemeinbefindens gemeinsam, welche bei beginnender progressiver Paralyse 
mit auffallenden Veränderungen der Psyche, wie Sinken des Gemütsniveaus, 
Verlust des feineren ethischen und ästhetischen Empfindens und Abnahme der 
geistigen Kräfte einhergehen, bei Neurasthenie aber mit keinerlei Änderungen der 
psychischen Persönlichkeit verbunden sind. 

Für progressive Paralyse im Anfangsstadium sprechen ferner positives Ar- 
gyli-Robertson’sches Phänomen, positives Babinski’sches Zeichen, positiver 
Fußklonus und gesteigerte Patellar- und Achillessehnenreflexe (bei Ergriffensein 
der Pyramidenseitenstränge), bzw. Fehlen derselben (bei Befallensein der Pyra- 
midenhinterstränge).. Diese ausgesprochenen Reflexstörungen kommen bei 
Neurasthenie niemals vor, höchstens Lebhaftigkeit, Abschwächung oder Ungleich- 
heit der Kniesehnenreflexe. 

Für beginnende progressive Paralyse absolut pathognomonisch sind die eigen- 
artigen paralytischen Sprach- und Schriftstörungen, ferner die ein- oder doppel- 
seitige Facialisparese, das Zittern der Gesichtsmuskulatur beim Sprechen, das 
Zittern und ruckweise Vorstrecken der Zunge und das Zittern der Hände. Zittern 
der Zunge und der Hände allein kommt auch bei Neurasthenie vor. 

Für progressive Paralyse und gegen Neurasthenie sprechen ferner vorüber- 
gehende geringgradige paralytische Störungen und vorübergehende apoplektiforme 
Anfälle. F. Pick (Prag). 


20. L. Bouman. Die Erfolge der Salvarsanbehandlung der Tabes 
und der Dementia paralytica. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 
I. S. 1485 u. 86.) 


Tuberkulinbehandlung ergab in 14 Fällen von Dementia paralytica nur mit- 
unter zeitweilige vorübergehende Besserungen, in einigen derselben erhebliche Er- 
höhungen der Körpertemperatur. Nach Behandlung mit nukleinsaurem Natron 
waren gar keine günstige Erfolge zu verzeichnen. Von einer antiluetischen Be- 
handlung hat Verf. nur wenig Gutes gesehen, obgleich in einigen Tabesfällen die 
Krisen zeitweilig sistierten, die Schmerzen eine Meningomyelitis luetica gelindert 
wurden; in 2 von 3 Fällen zerebraler Lues erfolgte eine erhebliche Besserung, 
ein dritter reagierte gar nicht. Die endolumbale Einspritzung führte in einem 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 129 


Tabesfall Paraplegie mit Blasenstörungen, in einem zweiten Falle Herzstörungen 
herbei; ein intravenös behandelter Fall bot eine Besserung dar, ein zweiter ent- 
puppte sich nach 6 Monaten als Dementia paralytica. Von 6 Fällen letzterer 
Krankheit besserte sich nur einer in psychischer Beziehung; bei demselben traten 
aber Paraplegie und Blasenstörungen auf. Auch Meyers und Wertheim-Sa- 
luomonson sprechen sich über die Salvarsan- und Neosalvarsanbehandlungen der 
Tabes und vor allem der Paralyse in ungünstigem Sinne aus. 
Zeehuisen (Utrecht). 


21. W. M. van der Scheer. Dementia praecox und innere Se- 
kretion. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 1. S. 2168—77.) 

S. behandelt die vielseitig angenommene Beziehung zwischen der inneren 
Sekretion der Keimdrüsen und der Schilddrüse mit der Dementia praecox. Seiner 
Erfahrung nach werden zwar insbesondere die Präkoxkranken durch Osteomalakie 
affiziert, andererseits sind aber letztere nicht ausschließlich Präkoxpatienten, 
während der Umstand, da8 80%% der gesamten Anstaltsbevölkerung Präkoxerkrankte 
sind, nicht außer acht gelassen werden darf. Nebenbei ist die Frage noch nicht 
endgültig entschieden, ob die Osteomalakie ausschließlich mit einer Dysfunktion 
‚der einer Hyperfunktion der Ovarien zusammenhängt. 

Von 20 daraufhin genau 2 Jahre hintereinander verfolgten weiblichen Pat. 
mit Präkox, welche konstant das Bett hüteten, ergab sich die Menstruation bei 18 
Auchst unregelmäßig, so daß von einer Periodizität keine Rede war, und die An- 
nahme einer normalen Funktion der Eierstöcke nicht berechtigt erschien. Auch 
die Fauser”’schen und analoge Ergebnisse über die Störungen des Zellstoffwechsels 
der Keimdrüsen sind noch nicht im Sinne eines nur für Präkox gültigen Satzes 
zu verstehen. — In 2 von 9 thyreoidektomierten älteren Fällen trat Heilung ein, 
meinem dritten Falle Besserung, in 6 nur sehr geringe vorübergehende Besserung. 
Die Schilddrüse bot 2mal das Bild des Kolloidstruma, 7mal dasjenige sehr vor- 
geschrittener Mischformen von Hyperplasie und Sklerose dar. Wenngleich ein 
Zusammenhang des Schilddrüsenapparats und gewisser Präkoxformen nicht von 
der Hand gewiesen werden kann, liegt nach S. die Deutung der Erscheinungen 
velmehr im Sinne einer Innervationsstörung des mit den Organen innerer Sekretion 
‚rtknüpften vegetativen Nervensystems als in derjenigen einer ausschließlichen 
Drusenerkrankung. Zeehuisen (Utrecht). 


22. P. H. M. Travaglino. Beitrag zur Kenntnis der Amnesie. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1669—90.) 

Genaue Analyse eines Dementia praecox ähnelnden Falles. Der chronisch- 
iepressive Pat. bietet zeitweilig Erscheinungen des Negativismus, Verberigation, 
Sterotypien und kurzdauernde Verwirrtheitszustände, bei denen die Besonnenheit 
ungestört bleibt, Apathie und Mutismusanfälle dar. Der in einer Depressions- 
Deriode angestellte Strangulationsversuch führte zu einer schweren Bewußtlosigkeit; 
ach künstlicher Atmung erfolgte ein epileptiformer Insult, in den nächsten Tagen 
Erhöhung der Körpertemperatur, Albuminurie, schwacher Puls. Dieser Er- 
"“ıngungsversuch führte eine interessante, genau verfolgte Amnesie herbei, welche 
cht zu den traumatischen Hysterien gerechnet werden darf, sondern zu den 
?:nuinen Amnesien gehört. Es war weder Stupor noch Negativismus oder Mu- 
"mus bei dieser Amnesie im Spiele, dieselbe ist eine vollständige, war sogar nach 
Monaten nur in geringem Grade zurückgegangen. Pat. ist sich im Gegensatz zu 


130 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


den Dementien seiner Amnesie vollkommen bewußt; die automatische Erinnerung 
vor allem mit negativen Gefühlstönen vergesellschafteter Tatsachen fehlt voll- 
kommen. Positive Gefühlstöne stellten sich als ein mächtiger Faktor im Prozeß 
seiner Erinnerungen heraus. Nicht nur die Reproduktion der Erinnerungen ist 
in diesem Falle gehemmt, sondern zum Teil auch die Speicherung derselben, so 
daß zwar ein Teil der vor dem Strangulierungsakt vorhandenen Vorstellungen 
wieder heraufbeschworen werden konnte, nur unter gewissen sehr günstigen 
Umständen aber die nach demselben gesammelten. Die Annahme einer gewissen 
Disposition im Vorleben — Pat. hatte ein nicht besonders entwickeltes Gedächtnis 
— kann dabei nicht umgangen werden, während andererseits eine Lokalisation 
derartiger komplizierter psychischer Vorgänge dem Verf. spekulativ erscheint. 
Zeehuisen (Utrecht). 


23. A. M. Benders. Präsenium und Psychose. (Nederl. Tijdschr. v. 
Geneeskunde 1915. I. S. 1591—1610.) 

Vier weibliche und ein männlicher Pat. mit von den bekannten präsenilen 
Krankheitsbildern (Binswanger, Gaupp, Kräpelin, Kleist, Alzheimer, 
Spielmeyer, Ziehen) im Sinne der von Kutzinski neulich beschriebenen 
Fällen abweichenden Erscheinungskomplexen, in verschiedenen Entwicklungs- 
stadien. Allen diesen Fällen gemeinsam ist die — mitunter nach depressivem 
Vorstadium — schnell fortschreitende Gedächtnisstörung und der Verlust des 
Einprägungsvermögens; nebenbei Erlöschen der durch optische Eindrücke aus- 
zulösenden Anregbarkeit des Gehirns, optische Asymbolie und ideatorische Apraxie; 
konstant Herabsetzung der Merkfähigkeit und Abstumpfung der affektiven Funk- 
tionen, Heruntergehen der Teilnahme und der Aktivität, im weiteren Verlau‘ 
Demenz, echolalisches Nachsprechen, atonische und turgorlose Körperhaltung 
und Gesichtsausdruck, schwache Herzarbeit. In der Mehrzahl der Fälle kein: 
Sklerose der peripheren Arterien. Mit Korsakow haben diese Fälle nur die Ge- 
dächtnis- und Einprägungsstörung gemeinsam, Konfabulierung und körperlicht 
Abweichungen fehlen vollständig, nur Ausfallserscheinungen sind zu verzeichnen. 
Erblichkeit der Affektion ist in vier Fällen festgestellt; primäre Krankheitsursache 
noch unbekannt; von äußeren Einflüssen waren in drei Fällen Verdruß und un- 
günstige Lebensverhältnisse im Spiele, in einem Falle 19 Jahre vor Beginn de! 
Erkrankung ein erhebliches psychisches Trauma. Die Annahme einer Übergangs- 
form zur nicht arteriosklerotischen Dementia senilis ist in einem der Fälle nicht 
unwahrscheinlich. Zeehuisen (Utrecht). 


24. + Hans Berger. Trauma und Psychose, mit besonderer Berück- 

sichtigung der Unfallbegutachtung. Berlin, Julius Springer, 1915. 

In dem umfangreichen und allgemein wichtigen Gebiete der Unfallerkran- 
kungen nehmen die Geisteskrankheiten eine besondere Stellung ein. Wie wir 
leider über das Wesen mancher Psychosen noch sehr im unklaren sind und jeder 
anatomischen Grundlage entbehren, so können wir besonders über den Zusammen- 
hang mit Betriebsunfällen und anderen Traumen oft wenig Sicheres aussagen. 
sondern müssen uns auf die gesammelten Erfahrungen und Einzelbeobachtunger 
stützen. Hier fehlte uns eine moderne, ausführliche Zusammenstellung. Diest: 
dankbaren Aufgabe hat sich B. in seinem 200 Seiten umfassenden Buche unter 
zogen. Er verfügt über die Fälle der Psychiatrischen Klinik in Jena, ferner übe: 
Material des Reichsversicherungsamtes und über die Mitteilungen in der Literatur 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 131 


so daß insgesamt 378 Fälle zugrunde liegen. Jedem Abschnitt ist ein Literatur- 
verzeichnis beigegeben. Besonderer Aufmerksamkeit ist überall die Frage der 
Unfallbegutachtung gewidmet, welche dem Buche seinen praktischen Wert für 
die Ärzteschaft verleiht. 

Als Hauptabschnitte seien angeführt: 

I) Traumatische Psychosen im engeren Sinne. 

2) Epilepsie. 

3) Andere organische Psychosen. 

4) Funktionelle Psychosen. 

5) Psychosen nach besonderen Formen des Traumas. 

Bei der Wichtigkeit, die die Unfallbegutachtung heute für jeden Arzt besitzt 
und auf deren genaues Studium nicht genug hingewiesen werden kann, ist das 
Buch als unentbehrliches Nachschlagewerk zu bezeichnen. 

R. Jaeger (Halle a. S.). 


25. $ A. Justschenko. Das Wesen der Geisteskrankheiten. Geh. 

4 Mk., geb.5 Mk. Dresden u. Leipzig, Steinkopff. 

In elegantem Stil bringt der Verf. Vorlesungen über die neuen Richtungen 
in der Erkenntnis des Wesens geistiger Störungen, unter besonderer Betonung 
der biologisch-chemischen Untersuchungen. Nach einer historischen Einleitung 
geht er zu den neueren Klassifikationen über, von denen er die von Krafft- 
Eding zu den modernsten und vollkommensten rechnet. Nach kurzem Streifen 
der jetzt bekannten anatomischen und histologischen Veränderungen geht er zu 
den chemischen Veränderungen in den verschiedenen Körperflüssigkeiten sowie 
des Stoffwechsels über. 

Es folgen dann die Lehre von der Immunität, die Ehrlich’sche Seitenketten- 
theorie, die Komplementablenkung, die Fermente, Bedeutung der Eiweißstoffe, 
Anaphylaxie. Erwähnt wird auch der Zusammenhang zwischen Kolloidlösung 
ind Elektrizität. 

Die letzten Kapitel bringen die Lehre von den Hormonen, die Drüsen mit 
‚anerer Sekretion und die dadurch bedingten Geistesstörungen und schließlich die 
:1f den biochemischen Untersuchungen basierende Therapie. 

R. Jaeger (Halle a. S.). 


28. Poppelreuter (Köln). Über psychische Ausfallserscheinungen 
nach Hirnverletzungen. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 14. 
Feldärztl. Beilage.) 

Lokalisierte Hirnverletzungen machen nicht nur die spezifischen Ausfall- 
symptome, sondern können überhaupt die ganze Persönlichkeit wesentlich ändern. 
Reckzeh (Berlin). 


27. Rothmann (Berlin). Die Hirnphysiologie im Dienste des 

Krieges. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 14.) 

Von besonderem Interesse sind die Affektionen der Gebiete hinter der Zentral- 
‘urche (Gyrus centralis post. und Gyrus supramarginalis). Sind Gyrus centralis 
post. und supramarginalis gemeinschaftlich ausgeschaltet, so greift der gekreuzte 
Arm beim horizontalen Greifen nach den Seiten vorbei, beim Greifen nach oben 
t weit nach oben, beim Greifen nach unten zu weit nach unten. Abgesehen vom 
Sehzentrum des Hinterhauptlappens scheinen die Sprachzentren von allen Hirn- 


132 Zentralbatt für innere Medizin. Nr. 8. 


rindenzentren am empfindlichsten zu sein und am leichtesten in ihrer Funktion 
gestört zu werden. Auch bei den Kriegsverletzungen läßt sich die Erfahrung 
bestätigen, daß die sensorische Aphasie nach linkseitigen Schläfenlappenver- 
letzungen sich rascher und vollkommener zurückbildet als die motorische, indem 
offenbar die bilaterale Einübung der sensorischen Sprachkomponente besser vor- 
gebildet und daher leichter einzuüben ist. Reckzeh (Berlin). 


28. Bannes (Breslau). Gehirnabszeß nach Zahnerkrankung. Mil- 
erfolg der Leitungsanästhesie? (Med. Klinik 1915. Nr. 14.) 

Aus dem infizierten Gewebe wurde der Krankheitsstoff mit der Kanüle in 
die Nervenscheide fortgeführt und bei der Injektion noch weiter hineingepreßt. 
In derartig liegenden Fällen die Leitungsanästhesie am Mandibularis noch anzu- 
wenden, dürfte nicht mehr ratsam erscheinen. Reckzeh (Berlin). 


29. R. L. Scott and W. H. Johnston. Brain abscess in a case of 
paratyphoid B. (Lancet 1915. April 24.) 

Bei dem 21jährigen Manne trat zu einer typhösen Erkrankung am Schluß 
der 2. Woche eine Hemiplegie hinzu; der Tod erfolgte 4 Tage später. Bei der 
Sektion wurden aus der leicht vergrößerten Milz, deren oberer Pol eitrig erweicht 
war, Paratyphus-B-Bazillen reingezüchtet. Im untersten Ileum und benachbarten 
Coecum irreguläre, verschieden große Geschwüre ohne Beziehungen zum lymph- 
adenoiden Gewebe; starke Schwellung der Mesenterialdrüsen; ein Hirnabszeb 
kam nicht zur bakteriologischen Untersuchung. F. Reiche (Hamburg). 


30. John H. W. Rhein. Symptoms of disease of the pituitary body. 
(New 'York med. journ. 1915. Nr. 10. S. 438.) 

Die gewöhnlichen Symptome des Hirntumors sind bei Geschwülsten der 
Hypophysis nicht charakteristisch ausgeprägt; immerhin gibt es viele Fälle mit 
Kopfweh, Schwindel, Erbrechen und epileptiformen Konvulsionen. Lähmungen 
zeigen sich nur in wenigen Fällen meist in der Form der Hemiplegie, seltener 
Paraplegie oder Monoplegien. Sehr häufig findet sich dagegen allgemeine Körper- 
schwäche; der Gang ist zuweilen unsicher, die Sensibilität und Reflexe sind kaum 
gestört. Tremor kommt in wenigen Fällen zur Beobachtung, während Bewußt- 
seinsstörungen, als Somnolenz, Stupidität öfters eintreten; in anderen Fällen ist 
der Pat. erregt, schlechter Laune, kindisch, in depressiver Gemütsstimmung oJer 
von Halluzinationen gequält. Sehr wichtig sind die Augenstörungen, in der Form 
von Gesichtsfeldeinengungen oder Störungen im Gebiet des N. oculomotorius, als 
Nystagmus, Ptosis oder Exophthalmus, Photophobie. Lähmungen des N. facialis, 
acusticus, olfactorius und der Geschmacksnerven sind selten. Der Nasenspezialist 
sieht wohl die Pat. meist zuerst, indem ein Nasenausfluß die Kranken dorthin 
nötigt. Bei Hypopituitarismus beobachtet man subnormale Körpertemperatur, 
niedrigen Blutdruck, Adipositas, mangelhafte Entwicklung, sexueller Infanti- 
lismus; bei Hyperpituitarismus Aufregungszustände, Gigantismus, Akromegalie, 
hypertrophische Zustände der Haut; Polyurie und Polydipsie sind sehr selten. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


31. Weber (Berlin). Die Behandlung der Folgezustände von Ge- 
hirnerschütterung. (Med. Klinik 1915. Nr. 17.) 
Gute Wirkung wurde mit der Anwendung von Wechselduschen erzielt, und 
zwar wurde in genau gleichmäßiger Weise durch jede einzelne Dusche sowohl dit 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 133 


»hjektiv nachweisbare Störung der Gefäßinnervation, als auch die subjektiven 
Beschwerden des Kranken beseitigt, wodurch die Abhängigkeit der beiden Er- 
scheinungen voneinander bewiesen ist. Reckzeh (Berlin). 


32. Gerstmann. Über Sensibilitätsstörungen vom spino-segmen- 
talen Typus bei Hirnrindenläsionen nach Schädelschußver- 
letzungen. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

G. berichtet über sechs Fälle von Sensibilitätsstörungen obengenannten Typs 
nach Schädelschußverletzungen. G. beobachtete, daß die erhobenen Sensibilitäts- 
afunde seiner Fälle, nicht die für Hirnrindenläsionen charakteristischen Merk- 
male aufzuweisen hatten, also auf Gliedabschnitte lokalisiert. Demgegenüber 
zeigten sich Sensibilitätsstörungen ganz segmentalen Charakters, außerdem 
längeres Verharren der Störungen an den proximalen Extremitätenpartien, wie 
an den distalen (umgekehrt entspricht es dem zerebralen Typ). G. nimmt als 
wahrscheinliche Erklärung dafür an, daß es nicht ein gemeinsames kortikales 
sensibilitätsfeld gibt, sondern »mosaikartig« angeordnete Sonderzentren für 
einzelne Gefühlsqualitäten, den Körper bzw. Hautsegmenten entsprechend, »alle 
doch im engsten topographischen Konnex«. Füth (Nürnberg). 


33. Duken (München). Über zwei Fälle von intrakranieller Pneu- 
matokele nach Schußverletzung. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 17. Feldärztl. Beilage.) 

Die Röntgenaufnahmen (liegend aufgenommen mit Kompressionsblende in 
<cipito-frontaler Richtung) zeigte außer kleinen Schädeldefekten, die dem Ein- 
und Ausschuß entsprechen, einige Knochensplitter und offenbar durch Luft- 
ansammlung bedingte Schattenaussparungen, die nebeneinander sich auf die 
szitlichen Stirnbein- und auf die Schläfenpartien links projizierten. 

Reckzeh (Berlin). 


34. Sauer. Welche Erfolge hat die operative Behandlung der 
Tangentialschüsse des Schädels? (Berliner klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 18.) 

Der ganze Befund der tangentialen Schüsse fordert dazu heraus, eine so un- 
versichtliche und sicherlich infizierte Wunde nach chirurgischen Grundsätzen 
freizulegen. Die notwendig werdende Operation entspricht allen Anforderungen, 
die man an einen Eingriff unter Feldverhältnissen stellen muß. Sie ist einfach, 
erfordert wenig Assistenz, kann in Lokalanästhesie vorgenommen werden und ist 
nicht so zeitraubend, daß sie den übrigen Betrieb im Feldliazarett wesentlich 
stören könnte. Den Namen Trepanation verdient sie in den wenigsten Fällen 
mit Recht, denn die Eröffnung der Schädelhöhle ist von dem Geschoß zumeist 
schon in ausgiebiger Weise besorgt worden. Reckzeh (Berlin). 


35. Thiemann (Jena). Schädelschüsse. Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 17 u. 18. Feldärztl. Beilage.) 
Auf die breite Eröffnung der Schädeldecke muß man den allergrößten Wert 
‘gen. Die Naht ist demnach bei allen Schädelschüssen zu unterlassen. 
Reckzeh (Berlin). 


134 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.8. 


36. Roemheld (Sanatorium Schloß Hornegg). Über homolaterale 
Hemiplegien nach Kopfverletzungen. (Münchener med. Wochen- 
‚schrift 1915. Nr. 17. Feldärztl. Beilage.) 

Nach den vorliegenden Mitteilungen muß man annehmen, daß Fehlen von 

Pyramidenkreuzung gelegentlich vorkommt. Reckzeh (Berlin). 


37. Läwen. Einige Beobachtungen über Schädelschußverletzungen 
im Feldlazarett. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 17. Feld- 
ärztl. Beilage.) 

Der chirurgische Eingriff bezweckt die Beseitigung der Knochensplitter aus 
dem Gehirn. Je eher die Operation ausgeführt werden kann, um so besser ist 
es für den Kranken. Am besten operiert man innerhalb der ersten 24 Stunden. 

Reckzeh (Berlin). 


38. Engelhardt (Ulm). Zur Prognose der Schädelschüsse. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32. Feldärzti. Beilage.) 

Von den Tangentialschüssen, die in Behandlung kamen, zeigten die primär 
operierten und weiter behandelten einen besseren Verlauf als die in Feldlazaretten 
operierten. Grund: Schädigung durch langen Bahntransport, mangelnder bzw. 
ungenügender Verbandwechsel. Reckzeh (Berlin). 


39. Pitulescu, Carniol und Tomescu. Die Behandlung der Ge- 
hirnkrankheiten auf intrakarotidialem Wege. (Revista stiintzelor 
med. 1914. Nr. 11 u. 12.) 

Statt des intravenösen, haben die Verff. den intrakarotidialen Weg gewählt, 
um durch verschiedene medikamentöse Substanzen auf Erkrankungen des En- 
cephalums, namentlich die allgemeine progressive Paralyse und die Hirnsyphilis, 
einzuwirken. Auf den ersten Blick würden derartige Einspritzungen als sehr ge- 
fährlich erscheinen, nichtsdestoweniger haben die Verff. eine ganze Anzahl aus- 
geführt, ohne irgendwelchen unangenehmen Zufall beklagt zu haben. Die Technik 
der Einspritzung erfordert einige Übung, ist aber im allgemeinen nicht schwer. 
Man lagert den Pat. mit etwas erhöhter Schulter und nach rückwärts gebogenem 
Kopfe, fixiert das Gefäß, indem man es gegen die Unterlage drückt, zwischen 
Zeigefinger und Daumen, in der Höhe des Os hyoideum oder zwischen demselben 
und dem Schildknorpel, sticht eine feine Nadel durch die Haut, schiebt dieselbe 
langsam vor bis sie Pulsierungen zeigt und dann mit einem plötzlichen Ruck 
in das Gefäßlumen. Das Austreten von rotem, pulsierendem Blute durch die 
Nadel zeigt, daß man im Gefäßlumen sich befindet und kann dann die die Flüssig- 
keit enthaltende Spritze adaptiert werden. 

Von den auf diese Weise behandelten Krankheiten ist die allgemeine Paralyse 
zu erwähnen, welche unter Neosalvarsanbehandlung außerordentlich günstige 
Besserungen zeigte. Viele Pat. konnten das Krankenhaus verlassen und zu ihrer 
gewohnten Beschäftigung zurückkehren. Anfangs wurden kleine Dosen von 
0,10—0,15 Neosalvarsan jeden 2. Tag, später wöchentlich 0,30—0,60, selbst 
0,75—0,90 gegeben. Lösliche Quecksilbersalze, die an Stelle des Salvarsans zur 
Behandlung derselben Krankheit angewendet wurden, zeigten bei weitem nicht 
dieselbe günstige Wirkung. Intravenöse Einspritzungen von Neosaiyarsan waren 
ebenfalls viel weniger wirksam als intrakarotidiale. 

Auf gleiche Weise und mit gleich günstigen Erfolgen wurde Taboparalyse 
und Hirnsyphilis behandelt. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 135 


Epilepsie wurde mit Ringer’scher Lösung, zu welcher man 0,20 Kalzium- 
bromür und 2 Tropfen Adrenalinlösung hinzufügte, behandelt. Apoplektiformer 
sder epileptiformer Status bei Paralytikern wurde durch diese Einspritzungen 
ebenfalls günstig beeinflußt bzw. dessen Auftreten verhütet. 

E. Toff (Braila). 


10. Chiari (Straßburg i. E.). Zur Pathogenese der Meningitis bei 
Schußverletzungen des Gehirns. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 17. Feldärztl. Beilage.) 

Der Zeitpunkt des Beginns der Meningitis suppurativa basilaris infolge des 
Übergreifens des Eiterungsprozesses im Gehirn auf das Ventrikelsystem hat sich 
stets durch den Beginn von Meningitissymptomen markiert. Daß von den die 
verletzungsstelle des Gehirns selbst begrenzenden Meningen aus auch bei stärkerer 
Infektion bzw. Eiterung der Gehirnwunde so selten eine Meningitis suppurativa 
'n unmittelbarer Nachbarschaft der Verletzungsstelle entsteht, mag seinen Grund 
darin haben, daß nach der Verletzung das vorquellende Gehirn in die Schädellücke 
sepreßt wird, wie ein Tampon wirkt und so die Ausbreitung der Infektion vom 
Himherde aus auf die Meningen verhindert. Reckzeh (Berlin). 


41. Neyer (Königsberg). Die Frage der Laminektomie bei Schuß- 
verletzungen vom neurologischen Standpunkt. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 

In allen Fällen von Schußverletzungen der Wirbelsäule mit spinalen Folge- 
trscheinungen sollte, wenn nicht sehr bald weitgehendste Besserung eintritt, ein 
chzeitiger operativer Eingriff zum mindesten sehr ernstlich erwogen und, wenn 
gend angängig, ausgeführt werden. -  Reckzeh (Berlin). 


42. Rumpel (Lille. Über Rückenmarksschüsse. (Münchener med. 

Wochenschrift 1915. Nr. 19. Feldärztl. Beilage.) 

Weil wir aus den Symptomen allein uns keine genaue Vorstellung von der 
At der Verletzung machen können, sollen wir den Ort der Verletzung freilegen, 
1m die Möglichkeit zu geben, durch Entfernung etwaiger Fremdkörper und in den 
Wırdelkanal eingedrungener Knochenfragmente druckentlastend zu wirken. 

Reckzeh (Berlin). 


B. Goldberg (Wildungen und Köln). Zur Behandlung der Harn- 
verhaltung bei Rückenmarksschüssen. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 13. Feldärztl. Beilage.) 

Vom Tage der Verwundung an gebe man innerlich reichlich Salol, Urotropin, 
Kmpfersäure oder eines der vielen Ersatzpräparate. Man entleere nach Heiß- 
*:sserseifenwaschung des Penis mit einem ausgekochten mittelstarken, mit 
'kivenöl angeschütteten Nelaton 3mal in 24 Stunden die Harnblase. 

Reckzeh (Berlin). 


H. Kuznitzky (Köln a. R.). Bemerkenswerter Fall von Malum 
perforans pedis nach Prellschuß der Wirbelsäule. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 23.) 

Das rasche Schwinden der Lähmungserscheinungen der Blase und der beiden 

“ren Extremitäten beweist, daß es bei dieser transversalen Rückenmarksläsion 


136 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 8. 


nicht zu einer eigentlichen Zerstörung von Nervensubstanz im Sinne einer Kon- 
tinuitätstrennung gekommen sein kann. Es handelte sich vielmehr nur um eine 
in der Längsrichtung des Rückenmarks ganz eng begrenzte heftige Erschütterung 
eines Querschnitts des untersten Teils des Rückenmarks (Il. Lendenwirbel) mit 
den funktionellen Folgen einer plötzlichen und tiefgehenden lokalen Ernährung:- 
störung. Reckzeh (Berlin). 


45. Spoerl (Thalheim i. Erzgeb.). Über das nächste und weitere 
Schicksal der Rückenmarksschußverletzungen; ein theoreti- 


scher Vorschlag zur Beeinflussung desselben. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 


Verf. wirft die Frage auf, ob es nicht möglich sei, nach Resektion des narbig 
veränderten Markes und entsprechender Mobilisation des Rückenmarks die ge- 
trennten Systemstränge in leitungsfähige Gegenüberstellung und Aneinander- 
näherung zu bringen (indirekt durch Naht oder Raffung der Dura und Dehnung 
der hemmenden Wurzeln). Reckzeh (Berlin). 


46. Bittorf (Leipzig). Über Rückenmarksschüsse. (Münchener mt. 
Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 

In beiden Fällen führte die Verletzung unmittelbar zur völligen Lähmun: 
aller vier Extremitäten. Diese totale Paraplegie bildete sich in beiden Fällen 
schnell zurück zu halbseitigen Lähmungen, während im ersten Falle die rechte, in 
zweiten Falle die linke Körperhälfte vollkommen frei beweglich wurde. Im ersten 
Falle ließen sich sodann nur noch Atrophien in den vom Ulnaris versorgten kleinen 
Fingermuskeln, geringe spastische Schwäche im linken Bein nach großen An- 
strengungen und geringste Störung der Schmerz- und Temperaturempfindung am 
rechten Unterschenkel nachweisen. Im zweiten Falle fand sich später nur noch 
eine geringe spastische Schwäche des rechten Beines und Störungen des Schmerz- 
und Temperatursinnes am linken Bein. Reckzeh (Berlin). 


47. Bonhoeffer. Über meningeale Scheincysten am Rückenmark 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 


Die beiden Beobachtungen sind operative Mißerfolge. In beiden Fällen hatter 
sich im Operationsfelde cystische Absackungen der Pia und Arachnoidea gefunden 
Der weitere Verlauf zeigte, daß ihnen eine wesentliche ursächliche Bedeutun: 
nicht zukam, sie waren offenbar nur Begleiterscheinungen der intramedulläre! 
nicht tumorösen Prozesse, um die es sich handelte. Der Befund dieser dünn 
wandigen, cystischen Aufblähungen im Operationsfelde ist wahrscheinlich ai 
etwas im Augenblick des operativen Eingriffs Entwickeltes zu betrachten. 

Reckzeh (Berlin). 


SOO Te 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mat 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an di 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 
— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Yentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. „Lenbe, Naunyn, Schultze, . Umber, 
Hamburg, Prag, tuttgart, Baden-B., ‘Bonn, ‚Charlomeaberg 


eo. von 
ADOLF SCHMIDT in Halle.” 
37. Jahrgang. _ 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS. BARTH. in "LEIPZIG. 








Nr. 9. Sonnabend, den, 4. März 2 1916. 
A 
Inhalt. 


Carl Bachem, Sammelreferat aus dem Gebiete der. Pharmakologie. 
Referate: 1. Lowa, Rückenmarksverletzunge®. —.2. Collins und Marks, 3. de Vries, 
t Wilkens, Rückenmarkstumor. — 5. Prochäska, Spinule Amyotrophie und Unfall. — 6. Bolten, 
Hemiplegia alternans nach Alkoholinjektion.e — 7. Barr, Senile Paraplegie. — 8. Heverseh, 
9. Vitek, Tabes dorsalis. — 10. Fisher, Landry’'sche Paralyse. — 11. Mayer, Traumatische 
Myelitis. — 12. Stiefler, Spinale Kinderlähmung. — 18. Thomsen, 14. Jubb, Poliomyelitis. — 
15. Sittig, 16. Cursehmann, Multiple Sklerose. — 17. Gerstmann, Erkrankungen der Cauda 
euina — 18. Fuchs-RBeich, 19. Löw, 20. Wegelin, 21. Tenka, 22. Coles, 23. Butler, 24. Em- 
kleton und Peters, Meningitis. — 25. Langstroth, Hyperalgesie. — 26. Sharpe, Herpes zoster. 
— %. Tueker, Durale Trigeminusneuralgie. — 28. Josefsson, Acrocyanosis. — 29. Söderbergh, 
Radikaläre Innervation der Bauchmuskeln. — 80. Epstein, 31. Tobias, 32. Heille, Ischias. — 
3. Strauss, Epidurale Kochsalzinjektionen. — 84. Fuchs und Wasicky, 35. Fuchs, Tetanie. — 
%. Marburg u. Ranzi, 37. Sauter, 38. Huismans, 39. Nonne, 40. Croissant, 41. Pape, 42. BIAs- 
Sig, 43. Bernhardt, 44. Brunzel, 45. Mann, Verletzungen peripherer Nerven. — 46. Dufour, 
%. Throckmorton, Facialislähmung. — 48. Hirschel, Trigeminusneuralgien. — 49. Langelaan, 
Maskeitonus. — 50. Buia und Cioc, Parkinson’sche Krankheit. — 51. Buerger, Thromboangitis 
obliterans. — 52. Hateh, Neuromuskularatrophie. — 58. Rosenbloom und Cohoe, Myotonia conge: 
nita. — 54. Bolten, Stigma degenerationis. — 55. Vanysek, 56. Oppenheim, 57. Weber, Unfall- 
Deurosen. — 58. Gaupp, Hysterie und Kriegsdienst. 





Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
(Oktober bis Dezember 1915.) | 


Von 


Prof. Dr. Carl Bachem in Bonn. 


Das in früheren Sammelreferaten bereits mehrfach erwähnte 
Optochin (Äthyihydrocuprein) hat neuerdings zahlreiche Nach- 
untersucher gefunden: Hess (1) verbreitet sich ausführlich über die 
spezifische Pneumoniebehandlung mit dem Mittel und weist nach- 
drücklich auf die günstige Wirkung hin. Diese besteht in der früher 
einsetzenden Krise, die Kranken fühlen sich subjektiv wohler, die 
Atmung wird ruhiger. Bei nicht zu großen Tagesdosen (1,5 g) dürften 
Sehstörungen zu vermeiden sein; immerhin ist strenge Überwachung 
erforderlich. Die besten Erfolge sind bei frühzeitigem Einsetzen (am 
1. oder 2. Tage) zu erwarten. Optochin sollte bereits bei Verdacht 
auf Pneumonie gereicht werden, zumal es weder die spätere Diagnosen- 
stellung, noch die Fieberkurve beeinflußt. Aber auch in später zur 


9 


138 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


Behandlung kommenden Fällen ist ein Versuch zu machen, weil man 

selbst dann noch einen günstigen Verlauf sehen kann. H. empfiehlt 
die fraktionierte Dosierung: 6mal täglich 0,2 —0,25 g; einige in der 
Arbeit besprochene diätetische Maßnahmen sind zu berücksichtigen. 

Die Optochinfnedikation ist noch 1—2 Tage nach der Entfieberung, 

eventpell-mit’kfeineren Dosen fortzusetzen. — Loeb (2) gab in 4stünd- 

lichen Intervallen. bei Tage und bei Nacht) je 0,25 g. Meist trat 
bereits añ.2. Tage’ eine erhebliche Besserung ein. Bei Wiederansteigen 
der Temperatur. wurde qas Optochin weiter verabfolgt. Eine Ein- 
wirkung auf den. ‚Öhysikalischen Befund wurde nicht festgestellt. Zur 
Verwendung geläugte neben: dem Optochinum hydrochloricum der 
Salizylsäureester des. Öptocbins, , Bei letzterem Präparat kam es ge- 
legentlich zu Ohrensäusen,. ‚Sehstörungen und Durchfällen; im übrigen 
gelangten Nebenwirkungen: sq güt wie nicht zur Beobachtung. — In 
den Mittelpunkt seiner Betrachturigen stellt Leschke (3) die Dosie- 
rung des Optochins bei Pneusnönie, Pneumokokkensepsis, Pneumo- 
kokkenmeningitis, Pneumokokkenangina und Pneumokokkenbotitis. 
In den mit Optochin behandelten Fällen von Pneumonie zeigte sich 
in den Frühfällen in 74%, in Spätfällen in nur 35% ein günstiger Ein- 
fluß; von den frühbehandelten Fällen starben 5%, von den spät- 
behandelten 20%. Die verschiedene Art der Dosierung im einzelnen 
ist im Original nachzulesen. — Silbergleit (4) stellt die Erfahrungen 
bei der Pneumoniebehandlung mit und ohne Optochin zusammen. 
Aus seinen im Laufe eines Jahres gesammelten Beobachtungen glaubt 
er schließen zu dürfen, daß das Optochin nicht das so erwünschte, 
sicher und stark wirkende chemische Spezifikum bei fibröser Pneu- 
monie ist. Immerhin scheint es bei Kranken, die nicht eine Idiosyn- 
krasie dagegen besitzen, oft günstig auf Fieberhöhe, Allgemeinzustand 
und Krankheitsdauer zu wirken, kann also, wenn die Herzbehandlung 
nebenher betätigt wird, angewendet werden und ist, innerhalb der 
ersten 24 Stunden nach Krankheitsbeginn gegeben, empfehlenswert. 
Von Nebenwirkungen werden besonders erwähnt der schlechte Ge- 
schmack, Brechneigung, Ohrensausen und einmal vorübergehende Seh- 
störung. — Zu ähnlichen Ergebnissen wie die der genannten Autoren 
kommt v. Dziembowski (5) bei der Pneumoniebehandlung. Weiter- 
hin versuchte Verf. das Optochin bei einigen katarrhalischen Erkran- 
kungen; günstige Erfolge sah er bei Pneumokokkengrippe, Pneumo- 
kokkenangina und in einem Falle von chronischer gonorrhoischer 
Urethritis. — Gute Erfolge von der Optochinbehandlung der Gonorrhöe 
hat auch Levy (6) gesehen; in 1 %iger Lösung 6mal täglich injiziert, 
zeigen sich abgesehen von leichtem Brennen keinerlei Reizerschei- 
nungen; Schmerzen und eitrige Sekretion lassen bald nach, Gonokokken 
waren nach 4tägiger Behandlung nur vereinzelt zu finden. Chronische 
Fälle reagierten noch besser als akute auf Optochin. In einigen Fällen 
war gleichzeitige Protargolbehandlung erforderlich. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 139 


Laudanon wandte Hirsch (7) bei verschiedenen inneren Krank- 
heiten an. Verfasserin sah nach Anwendung von 1—2 Laudanon- 
tabletten oder einer Injektion von 1 ccm der handelsfertigen Lösung 
ermutigende Erfolge bei Asthma bronchiale zur Linderung des An- 
falles und des Hustenreizes, ferner bei Magenbeschwerden spastischer 
Art, Ulcus ventriculi, Darm- und Gallensteinkoliken, Herzkranken. 
Im Gegensatz zum Morphium und einige seiner Ersatzpräparate ruft 
Laudanon fast nie Erbrechen hervor. 


Pharmakologische Untersuchungen über einige Nor-Morphin- 
derivate stammen von Heimann (8). Diese Norderivate stellen ent- 
methylierte Alkaloide dar, von denen besonders einige Opiumalkaloide 
in ihren verschiedenen Variationen untersucht wurden. Durch die 
Entmethylierung wird die Giftigkeit in fast allen Fällen vermindert; 
in ungefähr gleichem Maße auch die Wirksamkeit; besonders geht die 
typische Beeinflussung der Respiration durch Morphin verloren. Beim 
Pentamethylendinormorphin und dem Dihydronorkodein war eine 
besonders ausgesprochene lähmende Wirkung auf den isolierten Darm 
zu konstatieren; Benzylkodein wirkte in der gleichen Weise. Auf 
Katzen hatten die meisten der untersuchten Substanzen, mit Aus- 
nahme des Normorphins, statt der erregenden eine sedative Wirkung. — 
Im Anschluß an diese Versuche teilt Pohl(9) das Ergebnis seiner 
experimentellen Untersuchungen über das N-AllyInorkodein mit, eine 
Substanz, die sich in vielen Punkten als Antagonist des Morphiums 
erwies. 

Atropin wurde bereits früher bei Pylorospasmus der Säuglinge 
angewandt, doch scheinen die Gaben zu gering bemessen gewesen zu 
sein; wenigstens konnte Ochsenius (10) in zwei Fällen durchschla- 
genden Erfolg sehen, wenn er sich an die Vorschrift von Stolte 
hielt, die da lautet: Sol. Atropin. sulf. 0,01/10,0, 3—4mal täglich 
I-3 Tropfen. Ochsenius hält es für zweckmäßig, das Mittel nicht 
nur vor dem Trinken zu geben, sondern auf die Zeit vor und nach dem 
Trinken und eventuell während des Trinkens zu verteilen; durch letztere 
Methode gelang es, die schmerzhafte Peristaltik während des Trinkens 
zu unterdrücken. 


 Vandenhoff (11) beschreibt 15 durch Neosalvarsaninjektion 
günstig beeinflußte Fälle von Malaria tertiana.. Es wurden Gaben 
von 0,6 und 0,3 intravenös eingespritzt: der Erfolg war überraschend; 
denn wenn die Injektion 24 Stunden vor dem zu erwartenden Anfall 
ausgeführt wurde, blieb dieser aus. In etwas mehr als der Hälfte der 
Fälle führte eine einmalige Injektion zu einer Therapia sterilisans 
magna. Für die Malariaprophylaxe dürfte sich Neosalvarsan nicht 
eignen. — In einem von Powiton (12) beschriebenen Falle von Poly-. 
neuritis infolge luetischer Infektion brachten 4 Neosalvarsaninjektionen 
von 0,15—0,5 (vorher war Quecksilber angewandt worden) eine 
schnelle Heilung zustande; der Kranke, der völlig hilflos, gelähmt an 


9% 


140 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


beiden Armen, Händen und Beinen eingeliefert wurde, war nach 
8 Wochen Behandlung in der Lage, seine Gliedmaßen wie ein gesunder 
Mensch zu gebrauchen. — Lube (13) wendet sich gegen die etwas 
zu weit gehende Behauptung Fischer’s (ref. im Sammelref. Nr. 49. 
1915), die toxische Salvarsanwirkung entspreche nicht der einer Ar- 
senikvergiftung. Der von L. ausführlich und kritisch betrachtete 
Fall scheint dagegen für die Annahme zu sprechen, daß die Salvarsan- 
giftwirkung sich mit denen des Arsens decken, insbesondere, was die 
gastrointestinale Form angeht. — Eine eigentümliche Nebenwirkung 
des Neosalvarsans beschreibt Kersten (14): nach zweimaliger Sal- 
varsaninjektion von je 0,6 g entstand ein universelles Exanthem mit 
Bläschen und Temperatursteigerung, vorübergehend auch Ödeme und 
Albuminurie. Die Scheidenschleimhaut stieß sich nekrotisch ab. - 
Über Salvarsannatrium und die kombinierte Quecksilber-Salvar- 
sanbehandlung äußert sich Hoffmann (15) günstig. Salvarsan- 
natrium sei ein gutes Ersatzmittel des Alt-Salvarsans, da es weniger 
Nebenwirkungen besitzt, einfach anzuwenden ist und auf den Verlauf 
der Syphilis ebensogut einwirkt wie Salvarsan. Über eine Dauer- 
wirkung läßt sich noch nichts Definitives sagen, doch scheint es, als 
ob es auch hier Gutes leiste. A 

Einige Allylverbindungen hat Piazza (16) an Kaninchen 
experimentell untersucht; da die Arbeit überwiegend theoretischen 
Charakter trägt, sei hier auf das Original verwiesen. 

Ein neues, nach einem besonderen Verfahren hergestelltes Digi- 
talispräparat, das unter dem Namen Digitotalin den Handel kommt, 
wird von Hultgren (17) gelobt. Es handelt sich um ein konstant 
zusammengesetztes, physiologisch ausgemitteltes Präparat, das sämt- 
liche Herzglykoside enthält bei gleichzeitigem Fehlen des Digitonins. 
Die Wirkung ist angeblich prompt und frei von Nebenerscheinungen. 
I ccm Digitotal entspricht 0,15 g frischer Digitalisblätter; denselben 
Wirkungswert haben 1 Tablette oder 0,3 Digitotal c. Saccharo. 

Bei seinen experimentellen Untersuchungen über die Wirkung: 
weise des Cymarins nebst klinischen Beobachtungen weist Gais- 
böck (18) auf die Schädigung des Herzmuskels durch Cymarin hin 
. (Nachweis der diastolischen Erschlaffung des Herzens, stellenweise 
Schädigung der Indophenolblaugranula und der Querstreifung der 
Herzmuskulatur). Außerdem betont G. noch, daß das Mittel bei 
Kaninchen seine Giftwirkung vornehmlich auf das Herz, bei Meer- 
schweinchen auf die Atmung geltend macht. Für die klinische Ver- 
wendung empfiehlt Verf. Vorsicht; als Kardiakum erreiche es nicht 
die Digitalis- oder Strophanthuswirkung, dagegen sei die diuretische 
Wirkung ausgesprochen. 

Bei Durchfällen im Kindesalter hat Ochsenius (19) in 100 Fällen 
von Uzara guten Erfolg gesehen, die Wirkung war oft frappant. Das 
Alter der Kinder schwankte zwischen 9 Monaten und 3 Jahren. Bei 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 141 


gleichzeitigem Einhalten einer entsprechenden Diät zeigte sich schnell 
eine Besserung. Zur Verwendung kam eine Mischung gleicher Teile 
Liquor Uzara und Tinctura Cinnamomi, 3mal täglich 12 —20 Tropfen 
in Zuckerwasser. | 

Die Behandlung rheumatischer Erkrankungen mit intravenösen 
Salizyleinspritzungen befürwortet Rubens (20). Dieser Autor will 
glänzende Erfolge erzielt haben bei chronischem Gelenkrheumatismus, 
Muskelrheumatismus, Lumbago und akute Neuralgien. Bei akutem 
Gelenkrheumatismus muß durch stomachale Darreichung von Aspirin 
und Phenazetin (aa 0,5) nachgeholfen werden. Im übrigen besteht 
die Injektionsflüssigkeit aus 0,4375 g Natrium salicylicum und 0,05 g 
Coffeinum. Oft genügen 4—5 Einspritzungen, bei chronischen Ge- 
lenkerkrankungen natürlich mehr. Die Injektionen sind täglich vor- 
zunehmen. 

Melubrin wird von Lipowski (21) als Spezifikum gegen Gelenk- 
rheumatismus bezeichnet. Er injiziert intravenös 0,5 in gleichen 
Teilen Wasser gelöst täglich oder jeden 2. Tag. Nebenwirkungen 
kamen nicht zur Beobachtung. Verf. will im Melubrin das beste 
Mittel gegen Rheumatismus sehen. 

Rubens (22) empfiehlt gegen Gicht intravenöse Injektionen von 
Fonabisit (Formaldehyd-Natrium bisulfurosum) und führt einige 
Krankengeschichten an. 

Fischer (23), der selbst an Astlıma leidet, hat bei sich selbst 
und anderen gute Erfolge von der Inhalation des Asthmalysins 
(Nebennieren- und Hypophysenextrakt) gesehen. Nicht die geringsten 
Nebenwirkungen wurden beobachtet. Das Verfahren bietet Vorteile 
gegenüber den Räucherungen und der subkutanen Injektion. 

An Stelle des Decoctum Senegae, besonders bei Alterskatarrh, 
empfiehlt Herzfeld (24) das Polygalysat Bürger, das aus der 
Senegawurzel auf dem Wege der Dialyse dargestellt wird. Abgesehen 
davon, daß es unbeschränkt haltbar ist und im Gegensatz zu den 
Senegadekokten keiner Gärung unterliegt, kann es in bequemer Form: 
10—12 Tropfen 2—3stündlich gereicht werden; es ist frei von Neben- 
wirkungen, insbesondere solchen am Verdauungstraktus und dabei 
billiger als das Dekokt. 

Über die Gefahren der Jodtherapie, besonders bei der Behand- 
lung des Kropfes, belehrt uns eine übersichtliche Zusammenstellung 
von Waetzoldt (25); er nennt die Zustände, bei denen die Gefahr 
einer selbst kurzdauernden Jodtherapie groß ist; in Kropfgegenden 
ist diese Behandlung besonders gefährlich. Die Therapie bei dieser 
Art der Jodvergiftung ist eine symptomatische, ferner Baldrian, Ge- 
birgsaufenthalt und reichliche Ernährung. 

Gegen Erfrierung empfiehlt Bamberger (26) die innerliche An- 
wendung von Kalziumchlorid in 20%iger Lösung oder die aus 
Calcium natrio-lacticum bestehenden Kalzantabletten. 


142 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


Wie bereits in Sammelref. 1915, Nr. 49, mitgeteilt, hat Link das 
Kochsalz bei Schweißen der Phthisiker, auf Märschen usw. als gutes 
Antihidrotikum empfohlen. Statt des Natriumchlorids hat nun Pe- 
perhowe (27) das Kalziumchlorid als noch wirksamer bei den 
Nachtschweißen der Phthisiker befunden. Worauf die günstigere 
Wirkung zurückzuführen ist, ist vorläufig noch unklar. 


Therapeutische Erfahrungen mit Glanduitrin-Tonogen, mit 
besonderer Berücksichtigung bei Asthma bronchiale teilt Pur jesz (28) 
mit. Das von ihm benutzte Präparat enthält in 1 ccm 0,2 g Glandula 
pituitaria-Extrakt und !/, mg Adrenalin; die Injektion dieser Menge 
erfolgte intravenös. Asthmatische Anfälle können in kurzer Zeit 
durch das Mittel kupiert werden. Infolge des Adrenalinzusatzes zeigt 
sich oft bald nach Aufnahme des Mittels eine heftige Herzbeklemmung 
mit Angstgefühl; es kommt zu Blässe des Gesichts, Schwindelgefühl, 
Ohrensausen, Brechreiz und Harndrang. 

Die Wirkung des Santonins und einiger seiner Derivate auf die 
Wurmmuskulatur sowie die Wirkungsart des Oleum Chenopodii 
hat Trendelenburg (29) studiert. Er kommt zu dem Ergebnis, dab 
die wurmwidrige Wirkung des Santonins auf einer starken Erregung 
der Wurmmuskulatur beruht: der Tonus wird gesteigert und es treten 
heftige Zuckungen auf; beide Wirkungen sind reversibel. Diese San- 
toninwirkung ist bedingt durch den Laktoncharakter des Mittels, 
dagegen wird die krampferregende Wirkung auf Säugetiere nicht 
durch die Laktongruppe bedingt. Die Wirkung des Oleum Chenopodii 
beruht ebenfalls auf einer Erregung der Wurmmuskeln nach Art des 
Santonins in schwachen Konzentrationen, der bei starken Konzentra- 
tionen eine Lähmung folgt. 

Gastrogene Diarrhöen reagieren nach Porges (30) prompt auf 
Salzsäure-Tierkohle. Die zur Verwendung kommende Tierkohle 
ist mit Salzsäure gesättigt und enthält ca. 10% Chlorwasserstoffsäure. 
Das Mittel wurde gut vertragen, bereits nach 2—3 Tagen hörten die 
Beschwerden auf, die Stühle wurden fest usw. Ein geeignetes Prä- 
parat kommt als Carboazid in den Handel. — Eine neue Methode zur 
Prüfung des Adsorptionsvermögens von Tierkohle und anderen Ad- 
sorptionsmitteln (Bolus u. s. b.) beschreibt Guggenheim (31). Als 
Reaktion diente ein nach Magnus isoliertes Stück Meerschweinchen- 
dünndarm in Ringerlösung, dessen Tonusschwankungen durch Zusatz 
eines Darmgiftes in bestimmter Weise verändert werden. Es wurde 
alsdann festgestellt, wie weit sich mittels Schütteln mit Tierkohle 
ein Darmgift, z. B. eine stark verdünnte Lösung von A-Imidazolyl- 
äthylamin entgiften läßt. Das einmal absorbierte Gift wird der Kohle 
auch durch den Darm nicht mehr entrissen. Bei vollständiger Ent- 
giftung sind die Tonusschwankungen normal. Bolus und weniger 
gute Blutkohlensorten besitzen kein so weitgehendes Adsorptions- 
vermögen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 143 


Von Loewenthal(32) und Seifert (33) wurde ein neues Darm- 
adstringens, das Etelen, klinisch erprobt. Es ist der Triazetyläthyl- 
ester der Gallussäure, steht also chemisch dem Tannigen nahe. In 
Wasser ist das Präparat unlöslich, in kaltem Alkohol schwer löslich; 
es stellt ein weißes, völlig geschmackloses Pulver dar, das in Tabletten 
a0,5g in den Handel kommt. Bei akuter und chronischer Enteritis 
sollen in leichten Fällen Gaben von 3—4 g, in schweren Fällen solche 
von 6—8g täglich Gutes leisten. Unangenehme Nebenwirkungen 
traten nicht auf. Ob Etelen mehr leistet als die anderen neueren 
Darmadstringentien und ob es wirklich »eine außerordentlich wertvolle 
Bereicherung des Arzneischatzes darstellt«, muß die Zukunft lehren. 
Bei Dysenterie erscheint eine Kombination mit Adrenalin zweckmäßig. 

Choleval, ein neues Antigonorrhoikum, enthält 10% Silber nebst 

gallensaurem Natrium als Schutzkolloid.. Das Mittel kommt in 
Tabletten à 0,5 g in den Handel. Zur Injektion bei Gonorrhöe benutzt 
man 1/4—1/2%ige Lösungen. Bei richtiger Anwendungsweise gelang 
es, in 3—4 Wochen die Gonorrhöe zu beseitigen, ohne daß das Mittel 
üble Nebenwirkungen, von leichtem Brennen abgesehen, gezeigt hätte 
(Klausner [34]). 
-4 Die Vorzüge der lokalen Behandlung der Diphtherie mit Pro- 
vidoform (Tribrom-3-Naphthol) liegen nach Leschke (35) darin, daß 
die Beläge sich rascher abstoßen, wodurch sowohl das subjektive 
Befinden, wie der objektive Krankheitsverlauf günstig beeinflußt 
werden, sowie in der rascher erzielten Bazillenfreiheit und der dadurch 
gewährleisteten Verhütung weiterer Ansteckungen. 

Eine günstige Beeinflussung der Wundheilung durch Supra- 
reninlösung sah Wildt (36). Übermäßige Wucherungen der Granula- 
tionen werden verhindert, die Reinigung der Wunde wird beschleunigt, 
die Sekretion nimmt ab, die Granulationen werden samtartig und die 
Wundflächen zeigen starke Neigung zur Annäherung, so daß nur 
sehr kleine Narben entstehen. Zum Verband benutze man eine Lösung 
von 1:100000. Nachteilige Folgen durch Resorption des Mittels 
wurden nicht gesehen. 

Überwiegend chirurgisches Interesse besitzen die Arbeiten von 
Bulling (37): über Hautdesinfektion und Wundbehandlung mit 
Joddämpfen nach Jungengel, sowie von Löblowitz (38) über 
die Behandlung eitriger und jauchender Wunden mit schwachen 
Silbernitratlösungen.) 

Ein Fall von schwerer Sepsis, der durch intravenöse Injektion 
von kolloidalem Silber günstig beeinflußt wurde, beschreibt 
Bersch (39). — Reich mann (40) berichtet ebenfalls über den thera- 
peutischen Wert des Kollargols bei Sepsis und anderen fieberhaften 
Erkrankungen. Nach eingehenden Betrachtungen an der Hand einiger 
Fälle kommt er zu dem Ergebnis, daß in weniger heftigen Formen von 
Sepsis und Allgemeininfektionen das Kollargol bei intravenöser An- 


144 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


wendung am seltensten im Stiche läßt. Manche Fälle von chronischem 
Rheumatismus zeigen ebenfalls eine beachtenswerte Besserung danach. 

Berkenbusch (41) behandelt Furunkel und andere eitrige Haut- 
erkrankungen erfolgreich mit 10 %iger Salizylsalbe.e. Hierbei kommt 
die hornauflösende und kokkentötende Wirkung gleichzeitig zur 
Geltung. 

Als Ekzemmittel empfiehlt Beck (42) die Pellidolsalbe (2°), 
und zwar sowohl bei Gesichtsekzemen exsudativer Kinder wie auch 
bei chronischen Ekzemen Erwachsener. Da Pellidol mitunter auch 
Reizerscheinungen hervorrufen kann, erscheint bei seiner Verordnung 
Vorsicht geboten. Pellidolsalbe ist auch bei Brandwunden und Er- 
frierungen brauchbar. 

Bruck (43) sieht im Cinol ein gutes Mittel zur Läusebekämp- 
fung. Das Präparat enthält 10% einer Mischung von ätherischen 
Ölen mit stark desinfizierenden (welchen?) Stoffen. Die zu ent- 
lausenden Körperteile oder die Kleidung werden mit dem Präparat, 
einer Art Seifenstein, eingerieben. Unangenehme Erscheinungen 
wurden nicht beobachtet. 

Lenz (44) lobt die Naphthalinentlausung, da sie den Dienst 
nicht beeinträchtige, keine Apparate erfordere, die Wäsche nicht an- 
greife, dazu gesundheitlich unschädlich und billig sei. 

Von Arbeiten speziell toxikologischen Inhaltes sei auf die Unter- 
suchungen Kisskalt’s (45) über die Beziehungen der tödlichen 
Dosis zur Oberfläche verwiesen sowie auf einen von Hilbert (4) 
mitgeteilten Fall von Rotsehen nach Genuß der reifen Samen von 
Solanum dulcamara bei einem Kinde, der nach reichlichem Er- 
brechen nach 5 Tagen in Genesung ausging. 


Literatur: 

1) Hess, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1528. 

2) Loeb, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 1108. 

3) Leschke, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1359. 

4) Silbergleit, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 1231. 

5) v. Dziembowski, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1571. 
6) Levy, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 1097. 

7) Hirsch, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1569. 

8) Heimann, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVII. S. 342. 
9) Pohl, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVII. S. 370. 
10) Ochsenius, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1521. 
11) Vandenhoff, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1456. 
12) Powiton, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1721. 
13) Lube, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1462. 
14) Kersten, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1535. 
15) Hoffmann, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1301. 
16) Piazza, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVII. S. 318. 
17) Hultgren, Therapeutische Monatshefte XXIX. S. 611. 
18) Gaisböck, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVII. S. 311. 
19) Ochsenius, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1720. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 145 


20) Rubens, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1491. 

21) Lipowski, Med. Klinik XI. S. 1133. 

22) Rubens, Med. Klinik XI. S. 1424. 

23) Fischer, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1430. 

24) Herzfeld, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1523. 

25) Waetzoldt, Therapie der Gegenwart LVI. S. 429. 

26) Bamberger, Deutsche med. Wochenschrift XLI. S. 1492. 
27) Peperhowe, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1572. 
28) Purjesz, Therapie der Gegenwart LVI. S. 380. 

29) Trendelenburg, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. LXXIX. S. 190. 
30) Porges, Therapeutische Monatshefte XXIX. S. 560. 

31) Guggenheim, Therapeutische Monatshefte XXIX. S. 615. 
32) Loewenthal, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1748. 
33) Seifert, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1750. 

34) Klausner, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1721. 
35) Leschke, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1381. 

36) Wildt, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1626. 

37) Bulling, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1584. 

38) Löblowitz, Med. Klinik XI. S. 1268. 

39) Bersch, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1606. 

40) Reichmann, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1709. 
41) Berkenbusch, Therapeutische Monatshefte XXIX. S. 5605. 
42) Beck, Münchener med. Wochenschrift LI. S. 1758. 

43) Bruck, Med. Klinik XI. S. 1240. 

44) Lenz, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1550. 
45) Kisskalt, Biochem. Zeitschrift LXXI. S. 468. 

46) Hilbert, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1785. 





Referate. 


1. Lewa (Straßburg i. E.). Über Verletzungen des Rückenmarks 
im Kriege. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 

Bei 21 Fällen von Rückenmarksverletzungen nach einer durchwegs halbjährigen 
Beobachtungszeit war die Mortalität 2, d.h. 9,5%. Fälle von sekundärer 
Degeneration wurden nicht allein dann beobachtet, wenn primär eine Verletzung 
des Rückenmarks stattgefunden hatte. Reckzeh (Berlin). 


2. Joseph Collins and Henry E. Marks. The early diagnosis of 

spinal cord tumors. (Amer. journ. med. sciences 1915. Januar. S. 103.) 

Bis vor relativ kurzer Zeit wurde Schmerz als eines der frühesten Kardinal- 
symptome von Rückenmarkstumoren angesehen. Dies hat sich als irrig erwiesen, 
denn Schmerz ist ein inkonstantes Symptom; schmerzlos sich entwickelnde Tu- 
moren kommen öfters vor, ein solcher Verlauf soll nicht als atypisch angesehen 
werden. Ausschlaggebend für die Diagnose ist die Feststellung einer progredienten 
motorischen Lähmung; in jedem Fall von Myelitis transversa, die viel zu häufig 
diagnostiziert wird, soll an Tumor gedacht werden. Probelaminektomie ist bisher 
viel zu wenig ausgeführt worden, in jedem zweifelhaften Falle ist es unsere Pflicht, 


9** 


146 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


diese Operation vorzuschlagen. Verff. beschreiben zwei Fälle mit schmerzlosem 
Verlauf und sehr gutem operativem Resultat. l 
P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


3. E. de Vries. Ein Fall von Rückenmarksgeschwulst. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1525—30.) 

Operative Beseitigung eines intraduralen ovulären (9—5 mm Durchmesser) 
auf den X. rechten Brustnerven drückenden, erhebliche ausstrahlende Schmerzen 
der rechten Seite erzeugenden Glioms führte nach einigen Monaten zur Heilung; 
nur blieb in der Gegend des Thor. X—XI ein anästhetisch-analgetisches Band, 
so daß die Vermutung berechtigt ist, daß mehr als eine Wurzel zerstört ist. Die 
anfänglich als Druckerscheinung aufgefaßte Atrophie der rechten Beinmuskeln 
stellte sich nach der Operation als Inaktivitätsatrophie heraus, ging vollständig 
zurück. Brown-Sequard’sche Lähmung fehlte, die unteren sakralen Wurzeln 
blieben verschont. In diesem Falle zeigten sich die Empfindungs- und Bewegungs- 
störungen an derselben Körperhälfte..e Die Deutung dieser Erscheinung liegt 
wahrscheinlich darin, daß die rechte Pyramidenbahn in höherem Maße dem Druck 
ausgesetzt war; andererseits hatte der linke Vorderseitenstrang durch die Dehnung 
mehr gelitten als die rechte. Lumbalpunktion ergab Druckerhöhung, stark positiven 
Nonne ohne abnormen Zellularbefund, negativen Wassermann. 

Zeehuisen (Utrecht). 


4. Q. D. Wilkens. Ein Fall von Rückenmarkstumor. (Nord. med. 
Archiv Abt. 11. 1914/15. Hft. 1 u. 2.) 


Ein Fall von kleinzelligem Sarkom extradural am VIl.—IX. Vertebrae thora- 
cales gelegen mit bestem Erfolg wegoperiert. Noch nach 8 Monaten kein Rezidiv. 
Jacobaeus (Stockholm). 


5. F. Prochäska. Spinale Amyotrophie und Unfall. (Casopis lekaru 
ceskych 1915. S. 861.) 


Der Autor beobachtete innerhalb eines Zeitraums von 19 Jahren unter 
55000 Fällen nur 2 Fälle von spinaler Amyotrophie, in denen ein Unfall als Ursache 
angegeben wurde, und zwar eine chronische Poliomyelitis anterior und eine amyo- 
trophische Lateralsklerose mit Bulbärparalyse. In beiden Fällen schloß er das 
Trauma als Krankkeitsursache aus. Man kann sich schwer vorstellen, daß durch 
ein Trauma eine Krankheit entstehen kann, die nur ein bestimmtes System des 
Rückenmarks mit Befallensein der gleichen funktionellen Zonen auf beiden Seiten 
der Medulla spinalis betreffen würde. Die in der Literatur angeführten Fälle 
sind nicht stichhaltig und können als Beweis für die Existenz einer traumatischen 
Ätiologie der spinalen Amyotrophien nicht verwendet werden. Dieser Stand- 
punkt muß auch in praxi durchdringen. Man kann dem Kranken mit Rücksicht 
darauf, daß ein Zusammenhang zwischen Unfall und Krankheit zwar nicht erwiesen, 
aber trotzdem möglich sei, keine Rente zusprechen, da es nicht Sache des Arztes 
sein kann, in einem solchen Falle weniger wissenschaftlich und mehr human 
zu sein. 

Der Autor würde einen Zusammenhang zwischen Trauma und spinaler Amyo- 
trophie nur unter folgenden Bedingungen annehmen: 1) Wenn das Rückenmark 
durch das Trauma direkt geschädigt wäre, wenn eine ernstere Verletzung des 
Rückenmarks vorläge. (In seinen Fällen war die Qualität des Traumas nämlich 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 147 


a. Stolpern mit eventuellem Fall auf den Rücken, b. Ruck in der einen Hüfte, 
nicht geeignet, eine Verletzung des Rückenmarks hervorzurufen). 2) Wenn tat- 
sächlich eine progressive Amyotrophie und nicht etwa eine stationäre infolge 
lokaler Veränderungen im Rückenmark vorhanden wäre. 3) Wenn die Symptome 
längere Zeit nach dem Unfali auftraten; sind diese schon nach wenigen Wochen 
oder gar Tagen vorhanden, können sie unmöglich Folge des Unfalls sein, sondern 
waren schon vor demselben vorhanden. Als äußerste Grenze nimmt P. mindestens 
4 Wochen an. 4) Ein peripheres Trauma kann nach P. ein spinales Leiden über- 
haupt micht hervorrufen. G. Mühlstein (Prag). 


6. C. G. Bolten. Hemiplegia alternans nach Alkoholinjektion in das 

Ganglion Gasseri. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1914. 1. S. 2361—65.) 

Bei einer 58jährigen Frau mit vieljähriger Trigeminusneuralgie wurde nach 
zahlreichen erfolglosen Alkoholinjektionen in der Gegend der peripherischen Nerven 
das Ganglion Gasseri injiziert; es traten unmittelbar nach der Injektion heftige, 
von der Dura mater herstammende, nicht infektiöse Entzündungserscheinungen 
auf: 48stündiges Fieber mit Bewußtlosigkeit, dann Kopfschmerzen und schlaffe 
Lähmung der linken Extremitäten und totale rechtseitige Oculomotorius- und 
Trochlearislähmung mit teilweiser rechtseitiger Abducenslähmung. Bulbär- 
erscheinungen fehlten, der Pedunculus blieb intakt. Nahezu vollständige Heilung 
nach 4 Monaten. Zeehuisen (Utrecht). 


7. N. Allen Barr. Senile paraplegia. (Med. record 1915. Nr.5. S. 169.) 
Bei Personen über 65 Jahren kommen Lähmungen der unteren Extremitäten 
vor, die R. mit dem Sammelnamen senile Paraplegien zusammenfaßt. Deren 
Pathologie ist verschiedenartig; bei einer Gruppe liegen die pathologischen Ver- 
änderungen in den Muskeln, es handelt sich hier um eine muskuläre Atrophie oder 
Dystrophie; bei einer anderen Gruppe liegt eine degenerative Neuritis vor und bei 
einer dritten scheint die Ursache in Form einer venösen Kongestion im untersten 
Teil des Rückenmarks selbst zu liegen. Bei allen Formen entwickeln sich die 
Symptome sehr langsam aber progredient: Müdigkeit und Schwäche in den Beinen, 
die bis zur Bewegungsunfähigkeit führen kann, ataktische Störungen, Schmerzen, 
Parästhesien, Kälte oder Brennen in den Beinen oder Füßen. Die Prognose ist 
durchwegs ungünstig. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


8. A. Heversch. Plötzliche Lähmungen bei Tabikern. (Casopis 
lekaru ceskych 1915. Nr. 4 u.5.) | 

Zu seinen vor 20 Jahren publizierten Fällen fügt H. drei neue, während 
dieser Zeit beobachtete Fälle hinzu: a. Eine 52jährige Frau fiel nach einem voran- 
gegangenen Affekt plötzlich bewußtlos um; als sie nach 4 Stunden erwachte, war 
sie an allen Extremitäten gelähmt; sie konnte nicht sprechen und hatte eine Ptose 
und Ophthalmoplegie an beiden Augen. Die Sensibilität war erhalten. In der 
Klinik konstatierte man Tabes. — b. Eine 53jährige Frau wurde plötzlich ohne 
physische oder psychische Ursache so schwach, daß sie nicht stehen konnte. Die 
tabischen Symptome waren erst in Entwicklung begriffen, aber doch schon sicher 
erkennbar; verminderter Muskeltonus, ungleiche Pupillen, rechte Pupille gegen 
Licht unempfindlich, die linke wenig empfindlich, Patellarreflexe herabgesetzt, 
Störungen der Miktion. In der Anamnese ein Abortus und acht Kinder, die nach 
der Geburt starben. — c. 40jähriger Mann mit deutlicher Tabes; fällt plötzlich zu 


148 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


Boden; unmittelbar darauf entwickelt sich eine zunehmende Schwäche, so daß 
am 4. Tag die Füße total und die Hände zum Teil gelähmt sind. — Nach der Ar- 
sicht des Autors handelt es sich in diesen Fällen um Funktionsstörungen der 
motorischen Zellen, wie sich solche nach psychischen Affekten häufig einstellen. 
Die Lähmung verschwindet allmählich, aber selten gänzlich. Bei plötzlichen 
Lähmungen nach Affekten, Unfällen usw. ist stets nach Tabes zu forschen. 

G. Mühlstein (Prag). 


9. V. Vitek. Tabes dorsalis und Salvarsan. (5. Kongreß tschechi- 

scher Naturforscher u. Ärzte 1914.) 

Ein 45jähriger Mann litt an ungewöhnlich intensiven, oft exazerbierenden 
lanzinierenden Schmerzen. Vor 20 Jahren Lues. Vor einem Jahre verschlechterte 
sich der Gang, so daß er nur mit Stock gehen kann. Wassermann stark positiv. 
Darauf bekam Pat. eine intramuskuläre Salvarsaninjektion. Nach derselben ver- 
schwanden die Schmerzen und der Kranke konnte ohne Stock gehen. 3/, Jahre 
später traten die Schmerzen wieder auf und ließen sich nur durch den galvanischen 
Strom für einige Zeit eindämmen. Schließlich half kein Mittel mehr und Autor 
injizierte nunmehr bei positivem Wassermann abermals Salvarsan, und zwar 
0,3g intravenös. Der Effekt war glänzend: die Schmerzen verschwanden wie 
mit einem Schlag und kehrten nicht mehr wieder. Der Gang ist befriedigend. 

G. Mühlstein (Prag). 


10. E. D. Fisher. Landry’sche Paralyse. (Journ. amer. med. assoc. 
Bd. LXIII. Nr. 21. S. 1845.) 
Beschreibung eines typisch verlaufenden Falles mit Autopsie. Krankheits- 
verlauf ungewöhnlicherweise über 6 Wochen. Meinhof (Halle a. S.). 


11. Mayer (Tübingen). Über traumatische Myelitis. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 19. Feldärzti. Beilage.) 

Die traumatische Entstehung myelitischer Prozesse ist interessant für die 
Fälle, wo nach Erschütterung feinste Veränderungen in den betroffenen Nerven- 
elementen eintreten, die dann der Ausgangspunkt für bleibende und fortschreitende 
Erkrankungen des Rückenmarks bzw. einzelner bestimmter Bahnen und Zentren 
werden. Reckzeh (Berlin). 


12. Stiefler. Über das Vorkommen der spinalen Kinderlähmung 
in Oberösterreich in den Jahren 1909 bis 1913. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 

Die Anzahl der Fälle von 1909 bis August 1913 betrug einschließlich der 
abortiven Formen 187, hiervon 98 auf das männliche, 89 auf das weibliche Ge- 
schlecht treffend, bevorzugt war das Alter von 0—9 Jahren (0—3 Jahre = 35, 
4—6 Jahre = 46, 7—9 Jahre = 32). Was die örtliche Ausbreitung anlangt, so 
fand man neben relativ wenigen sporadischen Fällen die Bildung kleinerer und 
auch größerer Herde, gleichzeitig in verschiedenen Gegenden des Landes sowie 
auch in zeitlicher Aufeinanderfolge. In einer nicht geringen Anzahl der Fälle 
war es möglich, eine Verbreitung von Ortschaft zu Ortschaft, einige Male auch von 
anderen Kronländern (Niederösterreich, Steiermark) nach Oberösterreich fest- 
zustellen und beim Studium einzelner Herde deren radiäre Entwicklung zu ver- 


Zentralblatt für innere Medizin. : Nr. 9. 149 


folgen und sich von Übertragung durch gesunde Zwischenträger zu überzeugen. 
Die Inkubationsdauer ließ sich auf 6 bis 10 Tage bemessen. i 
Seifert (Würzburg) 


13. Oluf Thomsen. Experimentelle Arbeiten über Poliomyelitis. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 7.) 
Ausführliches Übersichtsreferat über die. gesamte neuere Literatur. 
Lohtisei (Chemnitz). 


14. G. Jubb (Hartlepool). A third puibréak of- epidemic polio- 

myelitis at West Kirby. (Lancet 1915. Januar 9.) 

In West Kirby traten 1914 zum dritten Male binnen 3 Jahren Fälle von 
Poliomyelitis auf. Sichere Beziehungen der vier Fälle zueinander und zu den 
früheren und sichere Infektionswege wurden nicht ermittelt. 

F. Reiche (Hamburg)... 


15. Sittig. Die Bedeutung der Sensibilitätsstörungen für die 
Diagnose der multiplen Sklerose. . (Prager. med. Wochenschr.. 1915. 
S. 126.) 


Unter Hinweis auf die Publikationen von Oppenheim und Freund über 
sensibilitätsstörungen bei multipler Sklerose werden besonders zwei Fälle ge- 
schildert, in denen hauptsächlich oder ausschließlich das Vorhandensein charak- 
teristischer (flüchtiger) Sensibilitätsstörungen die Diagnose der multiplen SKlerose 
gestattete. Gerade die Art dieser Störungen kann leicht zu diagnostischen Irr- 
tumern gegenüber der Hysterie führen. Ä Friedel Pick (Prag). 


16. Curschmann (Mainz). Über atypische multiple Sklerose und 
luetische Spinalleiden bei Heeresangehörigen. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 31.) 

Fall von erstmaligem Auftreten einer spinalen Erkrankung infolge der Feld- 
zugsstrapazen und Beispiel des Wiederausbruchs einer im Stadium der Remission 
Defindlichen multiplen Sklerose während des Frontdienstes. 

Reckzeh (Berlin). 


17. Gerstmann. Ein Beitrag zur Lehre von den: Erkrankungen 
der Cauda equina. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 19.) 

Bei einer 30jährigen Frau hatte sich in sehr langsamer, chronischer Weise 
das Krankheitsbild einer komprimierenden Affektion im Gebiete der Cauda equina 
entwickelt. Die Laminektomie hat im wesentlichen ein negatives Resultat er- 
geben, es konnte weder ein Tumor, noch irgend andere nennenswerte pathologische 
Prozesse im Bereiche des untersten Rückenmarksabschnittes aufgedeckt werden. 
Eine Trübung und gallertige Beschaffenheit der Arachnoidea, ein paar feine Fäden 
und dünne, zwischen einigen Wurzelbündeln ausgespannte Stränge — das war 
ålks, was sich feststellen ließ. Um so merkwürdiger erschien es, daß nach dieser — 
“igentlich resultatlosen — Operation eine weitgehende Besserung der. Krankheits- 
efscheinungen eintreten konnte. Seifert (Würzburg). - - 


150 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.9. 


18. Fuchs-Reich (Jägeradorf). Zur Kasuistik der Meningitis puru- 
lenta. (Med. Klinik 1915. Nr. 21.) 

Es ist anzunehmen, daß es sich hier um ein Eindringen der Infektionserreger 
auf dem Wege des Lymphstroms von der Oberfläche des Respirationstraktus bei 
einer Influenza gehandelt habe, also um eine Influenza oder Pneumokokken- 
meningitis. Reckzeh (Berlin). 


19. Löw. Ein Fall von Meningitis typhosa serosa. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 21.) 

Bei einem an Typhus abdominalis erkrankten Soldaten traten in der Rekon- 
valeszenz die Erscheinungen einer Meningitis serosa auf. Nach der Lumbalpunk- 
tion sehr rasche Besserung, in wenigen Tagen Heilung. Als einziger Erreger der 
Meningitis serosa war der Eberth’sche Bazillus nachzuweisen. Woher der 
Einbruch erfolgt ist, ob von einer Drüse oder einem Abszeß nach Perforation in 
eine Vene oder von einem symptomlos verlaufenen Abszeß im Bereiche des Zentral- 
nervensystems, darüber lassen sich nur Vermutungen aufstellen. 

Seifert (Würzburg). 


20. C. Wegelin. Über aktinomykotische, eitrige Meningitis. (Ko- 
respondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 18.) 

Die Aktinomykose ist wie die Tuberkulose und Syphilis eine außerordentlich 
vielgestaltige Krankheit; man ist gewohnt, sie als ein Leiden durchaus chronischen 
Charakters zu betrachten, mit Unrecht, denn dieser kann plötzlich ein sehr akuter 
werden. W. beschreibt eingehend zwei solche Fälle; bei dem einen befand sich 
der primäre Herd in der Lunge, von welchem aus die Metastasierung in die Me- 
ningen auf dem Blutweg erfolgte; bei dem anderen Falle war das Primäre eine 
Periostitis des Oberkiefers, die Eintrittspforte des Aktinomyces höchst wahr- 
scheinlich ein kariöser Mahlzahn. Durch direkte Fortleitung des Prozesses in das 
Schädelinnere, hauptsächlich auf dem Wege der perineuralen Lymphbahnen der 
Hirnnerven entstand die Meningitis. Das Exsudat bei der aktinomykotischen 
Meningitis ist fibrinös-eitriger Natur; die Eiterung kann entweder durch Aktino- 
myces allein oder durch eine Mischinfektion bedingt sein; die Entzündung loka- 
lisiert sich hauptsächlich an der Hirnbasis und in den Häuten des Rückenmark:. 
Die klinische Diagnose wird überall da, wo meningitische Symptome bei Pat. 
mit manifesten aktinomykotischen Herden auftreten, keine Schwierigkeiten be- 
reiten. Freilich wird auch hier durch die Untersuchung des Liquor der Nachweis 
zu erbringen sein, daß die Meningitis wirklich durch den Aktinomyces und nicht 
durch Bakterien verursacht ist. Bleibt hingegen der primäre Herd latent, so 
kann die Diagnose nur dann mit Sicherheit gestellt werden, wenn im Liquor 
Aktinomycesfäden oder Drusen nachweisbar sind. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


21. P. Trnka. Bemerkenswerter Fall von eitriger Meningitis. 

(Casopis lekaru ceskych 1915. Nr. 33.) 

Eitrige Meningitis nach Kopfschuß. Nach einer Lumbalpunktion, bei der 
2ccm Lumbalflüssigkeit entleert wurden, trat sofort eine bedeutende Besserung 
ein. Nach 14 Tagen Rezidiv. Abermalige Lumbalpunktion und Heilung binnen 
14 Tagen. G. Mühlstein (Prag). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 151 


22. A. C. Coles (Bournemouth). Cerebro-spinal meningitis: men- 

ingococci found in peripheral blood films. (Lancet 1915. April 10.) 

In einem letal geendeten Fall, der klinisch wie eine schwere Septikämie ohne 
meningitische Symptome verlief, konnte C. »typische« Meningokokken in Leuko- 
cyten von Blutausstrichen nachweisen; es bestand eine Leukocytose von 12 000 bis 
13000 und die polymorphonukleären Zellen machten 80%, der Leukocyten aus. 
Im Spinalpunktat wurden mikroskopisch keine Meningokokken entdeckt. — Obi- 
zer färberischer Nachweis ist nicht als ausreichend zu erachten. (Ref.) 

F. Reiche (Hamburg). 


23. E. N. Butler. Cerebro-spinal meningitis. (Lancet 1915. April 3.) 

In Ost- und Zentralafrika ist Meningitis cerebrospinalis stets endemisch und 
selten epidemisch, während in dem Hochland von Britisch Ostafrika die endemische 
Form selten gesehen wird, die Krankheit gewöhnlich in Epidemien von wech- 
seinder Schwere auftritt. B. beschreibt zwei Ausbrüche in Mombasa, die Ein- 
geborene betrafen; der erste, von dem 8 Fälle mit 4 Exitus zu seiner Kenntnis 
kamen, war der mildere, der zweite der sehr viel umfangreichere. 

F. Reiche (Hamburg). 


24. D. Embleton and E. A. Peters (Netley). Cerebrospinal fever 
and the sphenoidal sinus. (Lancet 1915. Mai 22.) 

Drei tödlich verlaufene Fälle von Meningitis cerebrospinalis, in denen die 
Schleimhaut des Nasopharynx stark faltig geschwollen und von den Nebenhöhlen 
allein die Sinus sphenoidales eitrig erkrankt waren; in zwei wurden Meningokokken 
nachgewiesen. In einem vierten mit Lumbalpunktionen und Serum behandelten, 
durch Rückfälle sehr protrahierten Fall von Genickstarre mit Meningokokken im 
etrigen Spinalpunktat wurde Besserung erst nach Eröffnung eines meningo- 
kokkenhaltigen Empyems des Sinus sphenoidalis erzielt. 

F. Reiche (Hamburg). 


25. L. Langstroth (San Francisco). An attempt to determine the 
diagnostic importance of Head’s zones of hyperalgesia. (Arch. 
of internal med. 1915. August.) 

Unter 460 Krankheitsfällen waren Hyperalgesien ein häufiger Befund bei 
viszeralen Erkrankungen. Bei Lungenaffektionen fanden sie sich in 3%, der 
Fälle und in 13°, derer, die über Schmerzen klagten, bei Herz- und Aortenleiden 
n7 bzw. 18%, bei Erkrankungen des Magens in 24 bzw. 37% , bei denen der Leber 
und Gallenwege in 25 bzw. 58%, des Darmes in 10 bzw. 22% und bei denen der 
Nieren und Ureteren in 45 bzw. 71%. Die praktische Bedeutung dieser kutanen 
yperästhetischen Zonen für die Diagnose der Affektionen innerer Organe ist 
Ach L. eine geringe, höchstens vielleicht bei Nierenleiden eine etwas größere. 

F. Reiche (Hamburg). 


%. Rorman Sharpe. Herpes zoster of the cephalic extremity 
with a reference to the geniculate, auditory, glossopharyngeal 
and vagal syndromes. (Amer. journ. med. sciences 1915. Nr. 5.) 

Bisher wurde Herpes zoster oticus auf Erkrankung des Ganglion Gasseri 
und des Il. und III. Cervicalganglions zurückgeführt. Dies ist falsch, denn diese 
zaben mit der Innervation der Stelle, wo der Herpes zoster oticus gewöhnlich 


152 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


sitzt, nichts zu tun, : Jene Partie wird innerviert vom VI., IX. und X. Hirnnerv. 
Der. Herpes kann eben nicht allein das Ganglion Gasseri und die Cervicalganglien 
befallen, sondern auch das Ganglion des N. facialis (G. geniculatum), des N. glosso- 
pharyngeus (G. petrosum und G. Ehrenritteri), des N. vagus (G. jugulare und plexi- 
forme) und des N. acusticus (G. Corti und Scarpa). 

-~ Ist das G. geniculatum ergriffen, so haben wir Herpes zoster oticus mit oder 
ohne Facialislähmung und Gehörstörungen. Bei Entzündung der Ganglien des 
N. glossopharyngeus und vagus haben wir Herpes der Ohrmuschel, des Pharynx 
und Larynx mit oder ohne Lähmungen, Nausea, Erbrechen, Bradykardie, Sin- 
gultus und andere Reizsymptome vom Vagus. Herpetische Entzündung der 
Ganglien des N. acusticus bewirkt Taubheit, Tinnitus, Nystagmus, Gleichgewichts- 
störungen. , — = P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


27. Tucker. Trigeminal dural neuralgia. (Journ. of nervous and men- 
tal disease 1913. Nr. 8. S. 521.) 

Verf. hat neun Fälle von »duraler Trigeminusneuralgie« gesammelt, d.h. 
von neuralgischem Kopfschmerz, der im Gegensatz zu der gewöhnlichen, durch 
Ergriffensein der peripheren Quintusäste verursachten Trigeminusneuralgie wahr- 
scheinlich durch Schädigung der duralen Trigeminusausbreitung hervorgerufen 
wird. Diese Duraäste des Quintus gehen vom Ganglion Gasseri ab und versorgen 
den vorderen Teil der Dura, die Falx und das Tentorium mit sensiblen, vaso- 
motorischen und trophischen Fasern. Die Ursachen dieser duralen Quintusaffekte 
werden ‘in konstitutionellen Faktoren erblickt (Malaria, Lues, Rheumatismus. 
Diabetes, Arteriosklerose). Die Symptomatologie besteht in scharfen Schmerzen, 
die vom Kopf nach dem Nacken, Schulter und Gesicht ziehen. Übelkeit und 
Blitzsehen kommt vor, der Schmerz ist einseitig. Die Schmerzen werden durch 
die gewöhnlichen Antineuralgika wenig beeinflußt. Verf. glaubt, daß man nach 
diesen Symptomen diese ‚Form der Trigeminusneuralgie von anderen abtrennen 
kann. on R. Jaeger (Halle a. S.). 


28. Arnold Josean Acrocyanosis, Schilddrüsentherapie, Ge- 
nesung. ` (Nord. med. Archiv Abt. II. ls: Hft.1 u. 2.) 
Der Titel gibt den Inhalt an. ` Jacobaeus (Stockholm). 


29. Gotthard Söderbergh. Die radikuläre Innervation der Bauch- 
muskeln. (Nord. med. Archiv Ab. II. 1914/15. Hft.1 u. 2.) 
_ Verf. publiziert einen Fall, der die früheren Untersuchungen des Verf.s über 
dieses Gebiet stützt. Jacobaeus (Stockholm). 


30. H. Epstein (Prag). Rasche Heilung der genuinen Neuralgie 
durch ein neues Antineuralgicum. (Prager med. Wochenschrift 

1914. S. 74.) 

E., der gelegentlich die Heilung einer langdauernden Ischias durch Portwein 
sah, schildert die langwierige Odyssee seiner Versuche, das wirksame Prinzip zu 
isolieren. Er glaubt dies in Roob Sambuci gefunden zu haben und gelangt aui 
Grund von 48 Fällen zu folgenden Schlüssen: 1) Roob Sambuc. ist ein Spezifikum 
gegen genuine Neuralgie — frische Fälle werden in. 10—12 Minuten dauernd 
geheilt. Ältere Fälle müssen die Gabe durch 3—5 Tage, täglich einmal nehmen. 
und zwar stets 20—30 g in einer 20% igen Alkohollösung. Die angenehmste Form 
war eine Lösung in einem stärkeren spanischen Wein; obne Alkohol gereicht, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 153 


tritt Heilung erst nach 5—7 Tagen ein. 2) Tritt keine Besserung ein, dann ist 
die Form keine genuine. 3) Verschlimmert sich aber der Schmerz (auch ohne 
Alkohol gereicht), dann liegt bestimmt eine Neuritis vor. 

Friedel Pick (Prag). 


31. Ernst Tobias. Zur Frage der idiopathischen Interkostal- 
neuralgie. (Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 18.) 
Statistische Zusammenstellungen aus dem Material von Polikliniken und 
Privatpraxis zeigen, daß die idiopathische Interkostalneuralgie recht selten vor- 
kommt. Lohrisch (Chemnitz). 


32. B. Heile. Über druckentlastende Operationen bei Ischias. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 13.) 


Wenn sich durch Lange’sche Injektionen keine Heilung erzielen läßt, so 
empfiehlt der Verf. die operative Freilegung der Nerven und die Lösung von Ver- 
wachsungen der Nervenfaserbündel mit dem Perineurium. 


Lohrisch (Chemnitz). 


33. Israel Strauss. Treatment of sciatica by epidural injection 

of saline solution. (Med. record 1915. Nr. 6. S. 213.) 

Die Dura reicht bis zum unteren Rande des I. Sakralwirbels, von hier abwärts 
sis zur Articulatio sacrococcyg. dehnt sich der epidurale Raum aus. Injektionen 
in diesen Raum werden durch das Foramen sacrale superius gemacht. Die Nadel 
dll 8cm lang sein und ein Kaliber von 1 mm haben, sie soll ca. 6 cm tief ein- 
gestochen werden. Der Pat. liegt dabei am besten in Knie-Elibogenlage; bei sehr 
fetten Personen ist es mitunter unmöglich durch das Foramen hindurch zu ge- 
langen. Die Haut soll anästhesiert werden; man spritzt etwa 60—80 g einer 
sterilisierten physiologischen Kochsalzlösung ein. Für diese Behandlung eignen 
sich die subakuten und chronischen Fälle; die akuten werden mit Bettruhe, Kata- 
piasmen und Aspirin behandelt. Meistens genügt eine einzige Injektion, mehr 
wie drei werden nie gemacht; die Resultate waren günstig. Die Ischias wird als 
«ine Neuritis der Wurzeln (Radiculitis) des N. ischiadicus aufgefaßt. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


%. Fuchs und Wasicky. Weiteres Material zur Sekaleätiologie 
der Tetanie. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 

Zwischen der Schwere der Erkrankung an Tetanie und der Menge des Sekale 
steht ein Parallelismus; in den drei klinisch beobachteten Fällen sistierten 
bereits 2 Tage nach vollkommener Entziehung jeglicher Mehlnahrung die Spontan- 
krämpfe vollkommen, die Tetanie wurde latent. Die Untersuchungen der Ent- 
kerungen zeigte, daß die letzten Reste der Mehlnahrung noch mehrere Tage nach 
Einstellung der Mehlkost mikroskopisch nachweisbar waren. Die Symptome der 
iatenten Tetanie überdauerten die Mehlausscheidung, aber nur kurze Zeit. In 
ten Stühlen der an Tetanie Erkrankten wurde ausnahmslos Sekale nachgewiesen. 

Um dem Problem der Säuglingstetanie näherzutreten, wurden mit der Mutter- 
miich von einigen Fällen, die aus therapeutischen Gründen Sekale bekommen 
atten, Tierversuche angestellt, aus welchen mit größter Wahrscheinlichkeit her- 
vorgeht, daß gewisse Bestandteile des Sekale in die Muttermilch übergehen. 

Seifert (Würzburg). 


154 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


35. A. Fuchs. Ergotismus und Tetanie. (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 19.) 

Ein Soldat erkrankte unter schweren Erscheinungen der Tetanie, in den Darm- 
entleerungen fand sich Secale cornutum, und zwar unmittelbar nach der Einbrin- 
gung des Pat. in das Spital in erstaunlichen Mengen. Die Untersuchung des 
Stuhles ergab, daß der Hauptinhalt des Darmes ein mit den mannigfachsten so- 
genannten »Äusreutern« in reichstem Maße vermengtes Brot bildete und fast in 
jedem Präparate Secale cornutum nachweisbar war. Dieser Fall beweist nach 
den Ausführungen des Verf.s die vollkommene Identität der klinischen Symptome 
beider Erkrankungen, des Ergotismus und der Tetanie. Weiterhin erscheint durch 
diesen Fall der dringende Verdacht neuerdings wesentlich gekräftigt, daß beide 
Erkrankungen nicht allein identisch sind in bezug auf ihre Symptome, sondern 
daß beide Erkrankungen wesensgleich sind und nur verschiedene Abstufungen 
ein und derselben Intoxikation darstellen. Für die epidemische Tetanie würde 
die Parathyreoidea die pathogenetische Grundlage abgeben, aber das Sekale die 
Ätiologie. Seifert (Würzburg). 


36. Marburg und Ranzi. Zur Frage der Schußverletzungen der 
peripheren Nerven. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 23.) 
Wenn nach einer Schußverletzung sich die motorischen und sensiblen Aus- 

fallserscheinungen einer Nervenverletzung mit völligem Fehlen elektrischer Re- 

aktion verbinden, dann ist nach der Wundheilung die sofortige Nervennaht in- 
diziert. Wenn bei einer Nervenverletzung mit motorischer und sensibler Aus- 
fallserscheinung die elektrische Reaktion, welcher Art immer, eine progressive 

Verschlechterung aufweist, dann ist der Eingriff gerechtfertigt. Wenn bei einer 

Nervenverletzung mit motorischen und sensiblen Ausfallserscheinungen, die sich 

nicht bessern, die elektrische Entartungsreaktion durch mehrere Wochen stationär 

bleibt, dann ist der Fall zu operieren. Gegenindikationen sind: Bestehende 

Eiterungen, deretwegen man am besten auch nach völliger Abheilung noch mehrere 

Wochen zuwartet und zweitens Krampfzustände bestimmter Nervengebiete. 

Seifert (Würzburg). 


37. Sauter (Lindau). Ein Beitrag zur Verletzung peripherer 
Nerven. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 15. Feldärzti. Beilage.) 
Die Operationen zeigen, daß bei allen Fällen, in denen komplizierte Frakturen 
längere Zeit unter Fieber eitrige Sekretion unterhielten, ein Hinausschieben der 
Nervennaht bzw. der Neurolyse, eventuell bis zu 4 und 5 Monaten, notwendig 
erscheint, weil selbst bei vollständiger Abheilung der äußeren Wunden der frühere 
Infektionsprozeß wieder zur Aufflackerung gelangt und dadurch von neuem 
Eiterungen auftreten können, die die Operationsaussichten sehr verringern. 


Reckzeh (Berlin). 


38. Huismans (Köln). Über Schußverletzungen am peripheren 
Nerven. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr.15. Feldärzti. Beilage.) 
Die Fälle von Verletzungen am peripheren Nerven bestätigen, daß häufig 
nur ganz bestimmte Äste oder Bezirke der Nerven betroffen werden, daß eine voll- 
ständige Durchtrennung der Nerven selten eintritt und daß die Regeneration der 
Nerven fast immer eine durchaus zufriedenstellende ist. 


Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 155 


39. Nonne (Hamburg-Eppendorf). Über Kriegsverletzungen der 
peripheren Nerven. (Med. Klinik 1915. Nr. 18 u. 19.) 

Alle peripheren Nerven wurden getroffen. Feststeht die überwiegende Häufig- 
keit der Radialisverletzungen und der Verletzungen des Plexus brachialis, die 
relative Häufigkeit isolierter Perineumsverletzungen gegenüber solchen des N. 
ublalis. Unbedingt nötigt ist, um festzustellen, welche Muskeln gelitten haben, 
eine genaue elektrische Untersuchung. Oft zeigt in motorisch intakt funktio- 
nierenden Muskeln sich eine deutliche krankhafte Veränderung der elektrischen 
Erregbarkeit. In frischen Fällen von Nervendurchtrennung soll operiert werden, 
wenn der Fall klar zeigt, daß eine glatte Durchtrennung des Nerven stattgefunden 
hat und wenn keine Komplikation mit Knochenfrakturen vorliegt. Bei solcher 
und bei anderen Komplikationen hat der Eingriff am Nerv stattzufinden, wenn 
die komplizierenden Verletzungen geheilt sind, dann aber möglichst bald. 

Reckzeh (Berlin). 


40. Croissant (Geisingen). Zur Frage der Radialislähmung. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 24.) 
Verf. beschreibt eine elastische und je nach Federspannung dosierbare Strek- 
kung des Handgelenks und der Fingergelenke. Reckzeh (Berlin). 


41. Pape (Nordhausen). Funktionelle Stimmbandlähmung im Felde. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 11. Feldärztl. Beilage.) 
Bei dem einen Fall handelt es sich um einen Menschen mit labilem Nerven- 
system, bei den anderen konnte kein Anhalt dafür gefunden werden. 
Reckzeh (Berlin). 


42. Blässig. Beitrag zur funktionellen Stimmbandlähmung im 
Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 24.) 
Ein psychisches Trauma führte zu funktioneller Nervenstörung, hier in erster 
Linie zur funktionellen Stimmbandlähmung. Reckzeh (Berlin). 


43. Bernhardt. Die Kriegsverletzungen der peripherischen Ner- 

ven. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 13 u. 14.) 

Aus den bisher vorliegenden Berichten der Autoren, die Gelegenheit hatten, 
Kriegsverwundete zu beobachten und zu behandeln, geht hervor, daß Lähmungen 
des N. radialis sehr häufig sind, daß Plexuslähmungen (Pl. cervicalis) sich ihnen, 
xas die Häufigkeit betrifft, anschließen; in der Reihenfolge nehmen Verletzungen 
ds N. ischiadicus bzw. seiner Äste die nächste Stelle ein, es folgen dann Läsionen 
inzelner Armnerven (isoliert bzw. kombiniert). Verletzungen von Hirnnerven 
“ndin nicht geringer Anzahl beobachtet, nehmen aber immerhin keine so hervor- 
‘agende Stellung, was ihre Zahl betrifft, ein wie die Lähmungen der Nerven der 
»eren und unteren Extremität. Die Neurolyse, das Loslösen des geschädigten 
Nerven bzw. Nervenastes aus seinen narbigen Verwachsungen, ist eine von nicht 
wenigen Autoren, speziell Chirurgen, dringend empfohlene Maßnahme. Warme 
Bider, Heißluftbehandlung, Novokain-Suprarenineinspritzungen lindern in man- 
chen Fällen diese Schmerzen. 

Was die therapeutischen Einwirkungen und den Nutzen der Elektrotherapie 
dei schweren Lähmungen betrifft, so ist bei den Schußverletzungen der Nerven 


156 Zentralblatt für innere Medizin. Nr.9. 


nicht eher überhaupt etwas von der Elektrizität zu erwarten, als bis etwaige Zer- 
reißungen, Narbeneinschnürungen, Einkeilungen der Nerven im Knochenkallus usw. 
operativ gebessert sind. Die hauptsächlichsten Operationen sind die Lösung des 
Nerven oder des Plexus aus narbigem Bindegewebe oder bei tatsächlich getrennt 
vorgefundenen Nerven die Naht derselben. Reckzeh (Berlin). 


44. Brunzel (Braunschweig). Über die Behandlung der Ischiadi- 
kusneuralgie nach Schußverletzung mit Nervendehnung. (Min- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 26.) 

Die neuralgischen Schmerzen waren vom Moment der Nervendehnung an 
sofort beseitigt und sind nicht wiedergekehrt. Reckzeh (Berlin). 


45. Mann (Mannheim). Beobachtungen an Verletzungen periphe- 
rer Nerven. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Die Frage, ob der Nerv durchtrennt ist, oder ob es sich nur um eine Narben- 
schädigung mit mehr oder weniger großer Leitungsunterbrechung handelt, auf 
die anfänglich bei der Indikationsstellung zur Operation großer Wert gelegt wurde, 
spielt nur eine geringe Rolle. Als Indikation zur Operation kommen in Betracht: 
Schmerzen wie sie durch Geschoßteile, Knochensplitter, Narbendruck und Neurom:? 
hervorgerufen werden. Bei progressiven elektrischen Veränderungen ist auch danı, 
wenn keine Kontinuitätstrennung anzunehmen ist, zur Operation, und zwar 
möglichst früh, zu raten. Die Prognose hängt wesentlich von der Technik der 
Operation ab. Reckzeh (Berlin). 


46. Auguste Dufour. Paralysie des muscles des yeux par tricho- 
cephales et par oxyures. (Revue med. de la Suisse rom. 1915. Nr.3.) 
Bei cinem 10jährigen Mädchen traten wiederholt vorübergehende Lähmungen 
verschiedener Augenmuskeln auf, als deren Ursache schließlich das Vorhanden- 
sein von Trichocephalen im Darm erkannt wurde. Die Lähmungen verschwanden 
erst endgültig, nachdem es gelungen war, die Parasiten vollständig zu entfernen. 
6mal war ein Rezidiv eingetreten und jedesmal wurden wieder Wurmeier gefunden; 
Beim gleichen Mädchen zeigte sich ein Jahr später Lähmung der Akkomodation 
und Pupille, als deren Ursache massenhafte Oxyuren gefunden wurden. Therapie: 
Thymol mit Rizinusöl. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


47. J. Bentley Throckmorton. Doppelseitige periphere Facialis- 
lähmung. (Journ. med. assoc. 1914. Bd. LXII. Nr. 14. S. 1155.) 

Die Erkrankung ist viel seltener als der einseitige Typ. Der beschriebene 
Fall lehrt: Wenn auch Kälte, umschriebene entzündliche und toxische Vorgänge 
usw. eine große Rolle spielen bei der Entstehung der peripheren Lähmung, s0 
darf doch darüber nicht die Beziehung zwischen dem Nervenstamm und dem 
Knochenkanal vergessen werden. Mehr als man gewöhnlich annimmt, trägt eine 
angeborene Verengerung verschiedenen Grades im Aquaeductus Fallop. zu peri- 
pheren Lähmungen bei. Gelegentlich mag auch eine ererbte Anlage zu dem 
Leiden vorkommen. Meinhof (Halle a.S.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 157 


4. Hirsehel. Die Heilung hartnäckiger Trigeminusneuralgien 
durch Injektion von Alkohol ins Ganglion Gasseri. (Münch. 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 1.) 

H. hat die Härtel’sche Methodik sich angeeignet und eine größere Anzahl 
von Fällen behandelt. Seine Erfolge sind so gute, daß er zur weiteren Anwendung 

auffordert. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


49. J. W. Langelaan. Über Muskeltonus in Beziehung zur dop- 
pelten Innervation der quergestreiften Muskeln. (Nederl. Tijd- 
schr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1163.) 

Der willkürliche Muskel hat zweierlei motorische Innervation: eine sym- 
pathische und eine von der motorischen Vorderhornzelle des Rückenmarks aus- 
zelüste. Der Ausläufer der motorischen Vorderhornzelle endet wahrscheinlich 
im quergestreiften Apparat, während die sympathisch motorische Zelle in eine 
Endplatte im Sarkoplasma übergeht. Der sensible Teil des Reflexbogens wird 
nur durch die im Muskel, in der Sehne und im übrigen Abschnitt des Bewegungs- 
apparats vorhandenen sensibeln Endorgane gebildet; der weitere Verlauf der- 
selben führt noch Fasern, deren Zentren im Ganglion spinale liegen, und welche 
mit Kollateralen ringsum in zwei verschiedenen Vorderhornzellen enden. Dieser 
propriozeptive Reflexbogen löst den Tonus aus, so daß der Muskel bei Unter- 
hrechung desselben atonisch wird. Der atonische Muskel hat zwei fundamentale 
Eigenschaften: diejenige der Elastizität und der Plastizität; nach Ausschaltung 
letzterer stellt sich der Muskel als ein vollkommen elastischer Körper heraus. 
Der tonische Muskel hat eine viel größere Plastizität als der atonische. Experi- 
mentell ergab sich, daß der Tonus durch aus dem Bewegungsapparat autochthon 
aervorgehenden Reize festgehalten wird. Letztere werden auf die zwei motorischen 
Zellen übertragen und lösen dadurch einen chronischen Zustand schwachen kon- 
traktilen Tonus mit erhöhtem plastischen oder autonomen Tonus aus. Erstere 
ist der schwankende Faktor, letztere der konstante. Der Sehnenreflex ist der 
typische Reflex des propriozeptiven Reflexbogens. Das Beklopfen der Sehne 
erzeugt eine kräftige Reizung der Propriozeptoren und der Muskel reagiert mit 
einer einfachen Kontraktion, mit Superponierung einer tonischen Kontraktion. 
Klonus ist eine Reihe von Sehnenreflexen, also eine Reihe auf einem tonischen 
Tetanus superponierter einfacher Kontraktionen. Die Dualität des quergestreiften 
Muskels offenbart sich also in analoger Weise im Tonus, im Sehnenreflex und 
im Klonus. Zeehuisen (Utrecht). 


50. Ioan N. Buia und Const. Cioc (Bukarest). Beobachtungen über 
das Zittern und die Muskelrigidität bei der Parkinson’schen 
Krankheit. (Spitalul 1914. Nr. 17 u. 18. S. 370.) 

Die Beobachtungen der Verff. wurden auf der Klinik von Marinescu ge- 
nacht. Sie fanden, daß während des Schlafes sowohl das Zittern, als auch die 
Muskelridigidität verschwinden. Dasselbe geschieht infolge der Rhachianästhe- 
sierung mit Stovain, wobei gefunden wurde, daß das Verschwinden und Wieder- 
auftreten der Muskelrigidität in brüsker Weise geschieht. Während febriler 
Krankheiten verschwinden ebenfalls das Zittern und die Rigidität und konnte 
eine ähnliche Wirkung bei künstlich hervorgerufenem Fieber durch Einspritzungen 
von nukleinsaurem Natrium beobachtet werden. Interessant ist, daß die dynamo- 
metrische Kraft bei diesen Kranken konstant bleibt, also nicht ein Maximum bei 


158 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


Beginn der Tätigkeit mit folgendem stetigen Abfalle zeigt. Bei den hemiplegischen 

Formen zeigt nur die gesunde Seite die Ermüdungskurve, während auf der kranken 

die dynamometrische Kraft selbst nach 20—30 Kontraktionen gleich bleibt. Es 
würde dies ein Beweis dafür sein, daß diese Kranken nicht leicht ermüden. 

Über die Ursache der Parkinson’schen Krankheit sind bekanntlich zahl- 

reiche Hypothesen aufgestellt worden. Die Verff. glauben aber, auf Grund ihrer 

Beobachtungen annehmen zu dürfen, daß es sich nicht um Veränderungen im 
motorischen Apparat, sondern um solche im Zentralnervensystem handelt. 
E. Toff (Braila). 


51. Leo Buerger. Concerning vasomotor and trophic disturbances 
of the upper extremities, with particular reference to thrombo- 
angiitis obliterans. (Amer. journ. med. sciences 1915. Februar. S. 210.) 

Bei den Krankheiten mit vasomotorischen und trophischen Störungen in den 
Extremitäten sind zwei Gruppen auseinander zu halten. Auf der einen Seite 
liegen diejenigen, bei welchen Störungen des peripheren Gefäßsystems fehlen; 
hierher gehören die neurogenen Formen, wie die Raynaud’sche Krankheit, 
Erythromelalgie und Akroparästhesie, die multiple neurotische Gangrän, Sklero- 
derma, Sklerodaktylie und chronische Akroasphyxie. Auf der anderen Seite be- 
finden sich die Formen, die man unter dem Typus Thrombo-Angiitis obliterans 
zusammenfassen kann. Die Symptome beider Gruppen sind einander vielfach 
ähnlich, Prognose und Behandlung aber verschieden. 

Die Raynaud’sche Krankheit beginnt plötzlich mit regionärer Ischämie 
meist der Finger, seltener der Zehen, Ohren oder Nasenspitze, damit können 
Schmerzen und Parästhesien verbunden sein, sie können aber auch fehlen. Der 
Verlauf ist nicht gleichmäßig progressiv, er kann intermittierend sein; Anfälle 
und Remissionen zum normalen Zustand wechseln miteinander ab. In anderen 
Fällen kommt esnach dem Stadium der lokalen Ischämie zu einer reaktiven Hyper- 
ämie, die schließlich mit trockener Gangrän enden kann. Charakteristisch für 
die Raynaud’sche Krankheit, Sklerodermie und Sklerodaktylie ist die Knochen- 
atrophie in den Endphalangen der Finger. Die Raynaud’sche Krankheit befällt 
neuropathische Personen und tritt symmetrisch in beiden Körperhälften auf. 

Die obliterierende Thrombo-Angiitis verläuft anders. Sie befällt besonders 
gern, in 99%,, männliche Juden aus Rußland, Polen, Galizien im Alter von 20 bis 
30 Jahren. Der Beginn setzt in einer der unteren Extremitäten ein, die oberen 
werden verhältnismäßig selten ergriffen, häufig geht als erstes Symptom eine 
eigentümliche Phlebitis migrans längs der äußeren oder inneren Vena saphena 
oder der Venen der oberen Extremitäten voraus. Der Verlauf ist sehr langsam, 
er kann viele Jahre dauern, ist aber progressiv und führt meist zum Verlust wenig- 
stens eines Beines, häufig beider Beine, zuweilen sogar noch eines Armes dazu. 
Diagnostisch wichtig ist das Erlöschen gewisser Pulse, z. B. der A. dorsalis pedis, 
tibialis post., poplitea, radialis, ulnaris; charakteristisch sind ferner gewisse Merk- 
male verschlechterter peripherer Zirkulation, wie Blässe der erhobenen und Cyanose 
der hängenden Extremität; trophische Störungen wie schlechtes Wachstum der 
Nägel, Atrophie, Geschwüre, Gangrän der Haut; auch vasomotorische Störungen 
vorübergehender Natur wie bei der Raynaud’schen Krankheit treten auf: alter- 
nierende Ischämie, Rötung, Kälte der betreffenden Extremität, Schmerzen und 
Claudicatio intermittens. B. beschreibt eingehend zehn Fälle von Thrombo- 
Angiitis obliterans. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 159 


52. Floyd F. Hatch. Progressive neuro-muscular atrophy (pero- 

neal type of Charcot, Marie and Tooth) with report of 3 cases 

in a family without heredity. (Boston med. surg. journ. 1915. Nr. 11.) 

Die drei Fälle kamen in einer jüdischen Familie vor, welche 1899 nach Amerika 
kam. Der Vater, der seine Familie vor einigen Jahren verlassen hat, war ein gut. 
entwickelter, kräftiger Mann; von seiner Familiengeschichte ist nicht mehr be- 
kannt, als daß ein Bruder und dessen Familie sich gesund befinden. Die Mutter 
ist ebenfalls gesund, ihre Familiengeschichte negativ. Im ganzen sind 6 Kinder 
vorhanden, 3 sind vollkommen gesund, die 3 kranken zählen jetzt 10, 12 und 
24 Jahre; bei zwei begann die Krankheit im 7., bei einem im 4. Lebensjahre. Bei 
allen entsprechen die Symptome genau dem Peroneal-Vorderarmtypus der pro- 
gressiven Muskelatrophie, wie er von Charcot und Marie zuerst beschrieben 
wurde. Die Röntgenuntersuchung ergab Atrophie der Knochen im Bereich der 
Unterschenkel, Füße, Vorderarme und Hände. Die Wassermann’sche Reaktion 
bei allen negativ, dagegen Albumin und Globulin im Liquor vermehrt und die 
Goldchloridprobe nach Lange ähnlich wie bei Tabikern. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


53. J. Rosenbloom and B. A. Cohoe (Pittsburgh). Clinical and 
metabolism studies in a case of myotonia congenita. (Arch. 
of internal med. 1914. August.) 

Die Stoffwechseluntersuchungen wurden bei dem 22jährigen Mann, der seit 
l0 Jahren die Symptome der Thomsen’schen Krankheit bot, während eines Zeit- 
raums von 13 Tagen durchgeführt, in dem er die Folin’sche Kost erhielt: in 
dieser Periode verlor er 20,02 g N, wobei aber die N-Verteilung im Urin — in 
Harnstoff, Ammoniak, Kreatinin, Harnsäure und unbestimmbarem N — normal 
sich verhielt; Kreatin trat erst nach Zufuhr von 620 g Eigelb auf. In einer Periode 
von 10 Tagen verlor er 0,9 g Schwefel, während die Verteilung des Schwefels im 
Urin in Gesamtschwefel, Ätherschwefelsäuren, in organischen Sulfaten und 
neutralem Schwefel normal war. Während dieses N-Verlustes nahm der Pat. in 
10 Tagen 1,5 g Phosphor zu; die Menge von Erdphosphaten und Gesamtphosphaten 
im Harn war normal. Wichtig ist, daß in 10 Tagen auch 1,09 g Kalziumoxyd 
und 0,56 g Magnesiumoxyd verloren wurden. Der Fettumsatz war nicht gestört, 
ungefähr 90—91% des eingeführten Fettes wurden resorbiert. 

F. Reiche (Hamburg). 


54. G.C. Bolten. Die Westphal’sche Erscheinung als Stigma de- 

generationis und bei Hysterie. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 

1. S. 1793—99.) 

Nach kritischer Sichtung der in der Literatur verzeichneten mit Fehlen der 
Kniesehnenreflexe vergesellschafteten Hysteriefälle wird einer der sehr seltenen 
Falle beschrieben, in denen dieser Reflex konstant vollständig fehlte, und zwar 
als angeborenes Degenerationszeichen im Sinne Oppenheim’s. Der 22jährige 
Mann hatte nur mäßig entwickeltes Muskel- und Knochensystem; psychische Stö- 
rungen fehlten; Sinnesorgane, Sensibilität, Motilität usw. normal, keine Ataxie; 
Sehnenreflexe der oberen Extremitäten schwach, beiderseitig gleich; Knie- und 
Achillessehnenreflexe beiderseits erloschen, in keiner Weise sogar rudimentär zu 
erzeugen. Hautreflexe und Fußsohlenreflexe ebenfalls sehr gering, Babinski 
ngativ. Auf Cremaster-, supra- und infraumbilikale Bauchreflexe gering, Pha- 


160 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 9. 


rynxreflex fehlend. Periostreflexe des Unterarms und der Tibia negativ. Tre- 
mores der geschlossenen Augenlider, weniger aber deutlich der Zunge und ge- 
spreizten Finger, lebhafte Dermographie. Die eingehende Prüfung des Pat. stellt 
das Fehlen jeglichen Symptoms organischer Erkrankung dar. Erbliches Vorleben 
unbekannt (Eltern in frühester Jugend des Pat. gestorben). Es wird der Fall 
weniger als Hysterie im Sinne der Nonne’schen Fälle, sondern als angeborene 
Degeneration gedeutet. Zeehuisen (Utrecht). 


55. R. Vanysek. Die Diagnose der traumatischen Neurose. (5. Kon- 
greß tschechischer Ärzte u. Naturforscher 1914.) 

Unter 80 Fällen von traumatischer Neurose wiesen 72 das Erben’sche und 
alle das Thomayer’sche Symptom (bedeutende Differenz der Pulszahlen im 
Liegen und Stehen; orthostatische Tachykardie) auf, dagegen nur 23 eine Ge- 
sichtsfeldeinschränkung. Die beiden ersten Symptome können weder simuliert. 
noch aggraviert werden. Doch ist die Intensität bei demselben Individuum nich! 
stets gleich; es muß daher wiederholt untersucht werden. 


G. Mühlstein (Prag). 


56. Oppenheim. Der Krieg und die traumatischen Neurosen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 11.) 
Wenn von Begehrungsvorstellungen die Rede sein konnte, waren sie gerade in 
den typischen Fällen nicht auf die Krankheit und nicht auf die Invalidisierun: 
sondern auf die Genesung gerichtet. Reckzeh (Berlin). 


57. Weber (Chemnitz). Zur Entstehung der Unfallneurosen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 


Die Unfallneurosen sind in erster Linie psychogen bedingt und deshalb in 
Entstehung und Verlauf suggestiblen Einflüssen bewußter und unbewußter Ar: 
außerordentlich zugängig. Reckzeh (Berlin). 


58. Gaupp (Tübingen). Hysterie und Kriegsdienst. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 11.) 

Seit etwa Dezember 1914 wächst die Zahl der Nerven- bzw. Geisteskranken. 
bei denen heftiger Schreck nach Granatkontusion als hauptsächliche Ursache an- 
gegeben wird. Es bedurfte dabei zum Zustandekommen der Nervenstörungen 
keiner Verletzung des Körpers; der Schreck, oft auch die seelische Erschütterun? 
durch den Anblick der toten Kameraden genügte als Ursache vollkommen. Neben 
die Gruppe der im Kriege hysterisch Erkrankten tritt eine ebenfalls nicht kleine 
Zahl vorwiegend etwas älterer Männer und bisher nicht gedienter Soldaten, bw 
denen bald nach der Einstellung hysterische Symptome (namentlich sehr häufix 
starker Schütteltremor) auftreten und sich gegen jede Behandlung sehr hart- 
näckig erweisen. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 
‚Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 





—— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbinduäg, mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, “Baden-B,, Bonn, . Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37, Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 10. Sonnabend, den 11. März 1916. 











.- -Inha3t. 

Alfred Loeser, Über Pyocyaneusisf>ttion, | und. Pyocyaneusagglutinine. 

Referate: 1. Mohr, 2. Marguliös,' 3: Bittorf, 4. Rittershaus, 5. Laudenheimer, 6. Chris- 
toffel, 7. Lublinski, 8. Westphal und Hübner,;®. Fein, 10. Saenger, 11. Hartmann, 12. Red- 
leb, 13. Cmunt, 14. Iwaschenzoff, 15. Webo?, 16. Stracker, 17. Bruns, 18. Löwenstein, 
13. Spieimeyer, 20. Thiemann, 21. Döpfner.’ 22. Hoffmann, 33. Auerbach, 24. Steinthal, 
3. Fürnrohr, 26. Sachs, Krauss, Kaliski, 27. Mihail, 23. Rytina und Judd, 29. Synnott, 
Behandlung von Nervenkrankheiten. 

30. Rehfisch, Fanktionsprüfung des Herzens. — 81. Goddard, 32. Jaworski, 88. Cohn, Fraser, 
Jamieson, Elektrokardiogramm. — 34. Groedel, Röntgenuntersuchung des Herzens bei fraglicher 
Miitärtanglichkeit. — 85. Phipps, 36. Grossmann, 37. Stone, 88. Ferguson, 89. Clark, Blut- 
drack. — 40. Solls-Cohen, Herzreflex. — 41. Hering, Plötzlicher Tod bei Angina pectoris. — 
£. Ehret, Accidentelle Herzgeräusche bei Kriegsteilnehmern. — 43. Wiggens, Aorteninsuffizienz. 





Aus dem bakteriolog. Laboratorium des Generalgouvernements 
Warschau. Leiter: Stabsarzt Dr. Krägel. 


Über Pyoeyaneusinfektion und Pyocyaneusagglutinine. 
Von 


Dr. Alfred Loeser, 


Assistenzarzt d. L. I. 


Infektionen mit dem Bacillus pyocyaneus begegnen wohl am 
häufigsten dem Chirurgen als lokale Wundinfektionen, die man meist 
als lästige, den Heilungsprozeß aufhaltende, aber harmlose Erschei- 
nung ansieht. Außer Hautwunden bilden noch das Mittelohr, die 
Schleimhäute des Rachens und der Bronchien, besonders dann auch 
noch der Verdauungskanal die Eintrittspforte für den Pyocyaneus; 
wir kennen reine Pyocyaneuserkrankungen des Magen-Darmtraktus, 
die selbständig oder als Teil einer Allgemeininfektion vorkommen. 
In den meisten Fällen, wo Pyocyaneus vorhanden ist, zeigt dieser 
wohl rein saprophytären Charakter. Trotzdem ist heute die Ansicht 
von Schimmelbusch und Schürmeyer nicht mehr haltbar, wo- 
nach dem Pyocyaneus nicht zeitweise auch die Eigenschaften eines 
pathogenen Bakteriums zukommen sollten. Die näheren Umstände, 
unter denen ein saprophytäres Bakterium die Eigenschaften eines 
pathogenen erlangt, sind ja von verschiedenen Bedingungen abhängig. 


10 


162 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


Nicht bloß eine Resistenzverminderung des ganzen Organismus und 
die damit verbundene mangelhaftere Produktion geeigneter Abwehr- 
kräfte gibt einem vorher harmlosen Saprophyten zeitweise Gelegenheit 
invasiv pathogene Eigenschaftgn zu. entfalten, auch die lokale Um- 
stimmung einzelner Gewebe,:: «besonders der Schleimhäute, vermag 
wohl — sei es nur unter dem Eiäflusse eines geringfügigen Katarrhs — 
einem Saprophyten sonst für-ihn .verschlossene Pforten dorthin zu 
öffnen, wo er durch Art oder Menge seiner Leibesprodukte bei seinem 
Weitergedeihen pathogene Kräft: erlangt. 

So wissen wir, daß avirulenfe,-.in der Scheide vegetierende 
Streptokokken in diesem oder'‘jenertt ‘Falle nach der Geburt in die 
höheren Geburtswege gelangt, defetäre invasive Eigenschaften anneh- 
men und zu derselben puerperaken. Sepsis führen können wie die viru- 
lentesten hämolytischen Streptokckkeın..‘ Daß ein Meningokokkus von 
der Tonsillenkrypte aus, wo er bisiter ‚vöilig symptomlos sein Dasein 
wirkender Pneumokokkus, der ROn die oberen Luftwege be- 
völkert, aus einem nicht eruierbaren Anlaß eine verderbliche Virulenz 
in der Lunge oder den otogenen Lymphwegen entfaltet. Und eine 
solche Veränderung seiner Lebensäußerungen kann auch der Pyo- 
cyaneus erfahren. 

So beschrieb Kossel Fälle, wo der Bac. pyocyaneus bei Kindern 
von eitrigen Mittelohrprozessen aus eine allgemeine Sepsis hervor- 
gerufen hat, und auch Rolly hat über eine spezifische Pyocyaneus 
sepsis berichtet. Andere Autoren, wie Blum, Brill und Lebemann, 
Hübener und Kühn zeigen uns in ihren Fällen, daß der Pyocyaneus 
befähigt ist, rein pathogene Eigenschaften zu entwickeln und septische 
Zustände oft mit metastatischen Eiterungen zu erregen. 

Wassermann hat den Pyocyaneus bei einer epidemisch auf- 
tretenden Nabelschnurinfektion als Erreger festgestellt. Baginski 
ist es gelungen, aus dem Blute eines Säuglings unmittelbar nach 
dessen Tode eine Pyocyaneusreinkultur zu züchten. Die Reinzüch- 
tung des Pyocyaneus aus Leichenblut, die Fraenkel bei 1000 Leichen 
4mal gelang, und die Orth einmal nachwies, braucht für uns nicht 
als eine für eine intra vitam stattgefundene Infektion gültig zu sein, 
weil ähnlich wie der Colinachweis im Leichenblut dieses als ein post- 
mortales Übergehen in die Blutbahn aufgefaßt werden kann. 

Aber diese in der Literatur geschilderten Fälle von einwandfreier 
'Pyocyaneusinfektion gingen — mit Ausnahme des Baginski’schen 
Falles — von äußeren Wunden aus; die Pyocyaneusinfektion kann 
aber auch primär oder sekundär von der Schleimhaut des Darmes 
ausgehen. 

Auf experimentellem Wege ist es bis jetzt bei Kaninchen und 
Meerschweinchen noch nicht gelungen, eine Pyocyaneuserkrankung 
des Darmes zu erzeugen. Weder Soltmann gelang es, durch Alka- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 163 


isierung des Mageninhaltes und Schleimhautverletzung von Magen 
und Darm eine Pyocyaneuserkrankung hervorzurufen, noch konnte 
Justi durch Verfütterung von Reinkulturen oder Injektion solcher 
ins Kolon irgendwelche Krankheitsformen hervorrufen. 

Dagegen wissen wir, daß beim Menschen der Bac. pyocyaneus 
Enteritiden auch schwerster Art hervorrufen kann. Wollstein und 
Baginski haben schwere Pyocyaneus-Darmerkrankungen bei Säug- 
ingen beschrieben, die schließlich zum Exitus führten. Diese Fälle 
zigten allgemein septische Erscheinungen. Auch bei Erwachsenen 
ist es bekannt — zehn Fälle in der Literatur —, daß schwere Pyocya- 
neus-Darmerkrankungen als Teil einer Allgemeininfektion auftreten 
sönnen. Das Krankheitsbild zeigt dann plötzlich einsetzende hohe 
Kontinua, teilweise remittierendes Fieber, Benommenheit, in einzelnen 
Fällen Durchfälle, petechiale Hauteruptionen, aus denen der Pyo- 
cyaneus rein gezüchtet werden kann; ferner besteht ein Milztumor, 
und öfters fand man gleichzeitig eine verruköse Endokarditis, aus der 
wiederum Pyocyaneus in Reinkultur aufging. Nach Justi ist dieses 
Krankheitsbild dadurch charakterisiert, daß es »mit dem Typhus 
Ahnlichkeit besitzt, rein äußerlich aber sich durch andersartige Haut- 
ruptionen von ihm unterscheidet«e. Nach demselben Autor gibt es 
dann auch eine Pyocyaneusruhr Erwachsener, wie sie in Kanada, 
Italien und Nordamerika beobachtet worden sind; bei letzterer konnte 
von Lartigau aus dem Brunnenwasser — wo ja Pyocyaneus öfters 
‚orkommt —, das für die Epidemie verantwortlich war, der Pyo- 
cyaneus gezüchtet werden. | 

In allen diesen Fällen von Pyocyaneuserkrankungen — sei es, 

dad sie von einer äußeren Wunde ausgingen, sei es, daß sie primär 
oder sekundär vom Darme aus stattfanden, ist wohl der Pyocyaneus 
aus dem Blute oder bei der Sektion aus den inneren Organen gezüchtet 
worden, aber meines Wissens ist in diesen Fällen von 
Pyocyaneusinfektion nicht erwähnt, daß der Pyocyaneus 
auch als Zeichen eines pathogen auftretenden, Toxine bil- 
denden Mikroorganismus im menschlichen Körper eine 
ausgesprochene gegen ‘sich gerichtete Agglutininbildung 
ervorrufen kann. 
Klieneberger ist es gelungen, in einem Falle von Pyocyaneus- 
ir‘ektion der Harnwege den Eigenstamm durch das Patientenserum 
m sehr hohen Verdünnungen zu agglutinieren; jedoch wird in der 
Regel nur der homologe Stamm hoch agglutiniert, während hetero- 
kge Stämme nur in geringem Maße agglutinatorisch beeinflußt 
“erden. 

Im Tierexperiment ist schon wiederholt ein agglutinierendes, 
antitoxisches und bakterizides Serum durch allmähliche Einver- 
bung immer größerer Pyocyaneuskulturmengen erzielt worden. 
m menschlichen Körper würde das Vorhandensein eines solchen 


10* 


164 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


Serums für eine typische, noch bestehende oder schon abgelaufen: 
Pyocyaneusinfektion sprechen oder beim Vorkommen von Antikörpern 
noch anderer Bakterienarten für eine Mischinfektion. Über solche 
Vorkommen sei im folgenden berichtet. | 

Aus den in den Monaten Oktober und November 1915 im bak- 
teriologischen Laboratorium des Generalgouvernements Warschau auf 
Ruhr, Typhus, Cholera untersuchten ca. 3000 Stuhlproben wurd 
13mal der Bazillus pyocyaneus gezüchtet. 5 von diesen 13 Kranken 
zeigten besonders schwere atypische Typhuserkrankungen; die an- 
deren 8 waren klinisch leichtere Ruhr- oder Typhusfälle. Es erschien 
mir interessant, in diesen 13 Fällen nachzuforschen, ob das Vorhandtr- 
sein des Pyocyaneus im menschlichen Darme hier ein harmloser, zu- 
fälliger Nebenbefund war, oder ob hier dem Pyocyaneus irgendwelche 
Bedeutung an einer eventuellen Mischinfektion zukäme. Ich züchtete 
durch mehrmaliges Plattenverfahren die einzelnen gefundenen Pyo- 
cyaneusstämme rein und setzte sie zur Agglutination mit den Seren 
der Pat. an, von denen die einzelnen Stämme gezüchtet waren. $mal 
hatte ich keinen Erfolg, d. h. der Pyocyaneus wurde nicht agglutiniert 
oder höchstens bis zu einer Serumverdünnung von 1 :20, worin sich 
aber das Krankenserum von normalem Serum nicht unterscheidet. 
In den 5 anderen Fällen aber wurden die Pyocyaneusstämme von den 
betreffenden Krankenseren bis zu wesentlich höherem Titer agglutiniert. 

In diesen Fällen, deren Krankengeschichten unten auszugsweise 
folgen, lag der Verdacht nahe, daß es sich — falls ein Typhus vorlag - 
neben diesem um eine Mischinfektion mit Pyocyaneus handelte, die 
eventuell sekundär hinzugetreten war, daß also spezifische Pyocya- 
neusagglutinine im Körper gebildet worden waren. 

1) Fritz B., Rittmeister. 42 Jahre. 

a. Klinisches Bild. 

Mitte August auf dem östlichen Kriegsschauplatz unter Darmerscheinung®! 
fieberhaft erkrankt. Temperaturen zwischen 38° und 39° bis Ende August. Vie 
Nasenbluten. Pneumonische Lungenerscheinungen. Anfang September Tem- 
peraturabfall. Nach 8 Tagen wieder eine 14 Tage lang dauernde, hohe Kontinua 
zwischen 39° und 40°. Keine Roseolen, kein Milztumor, pneumonische Lungen- 
erscheinungen, große Schwäche, breiige Stühle; Digalen und Kampfer. Anfang 
Oktober Temperaturabfall. Vom 14. Oktober an wieder Abendtemperaturtfi 
bis 39°. Pleuritische Erscheinungen, nach 14 Tagen normale Temperaturen, vom 
2. November an bis jetzt (Mitte Dezember) fieberfrei; starke Abmagerung, noch 
große Schwäche, sonst glatter Heilungsverlauf. Dieses Krankheitsbild wird im 
Seuchenlazarett als rezidivierender Typhus aufgefaßt. 


Temperaturkurven. 


| [ August. September. Oktober | November , 





Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. ‚165: 


b. Bakteriologisches Bild. : 

Der Pat. ist zweimal gegen Typhus geimpft. Widal im Oktober 1 : 200: 
positiv. Typhusbazillen bei mehrmaliger Untersuchung weder im Stuhl noch im 
Urin. Auch Blut in Galle steril. Dagegen werden wiederholt aus dem Stuhl 
Pvocyaneusreinkulturen gezüchtet. Untersuchung auf Ruhr negativ. Blutplatten 
bleiben stets steril. Es wird folgender Agglutinationsversuch am 20. Oktober 
gemacht. 








Typhus- Pyocyaneus- Pyocyaneus- Coli 
bazillen eigenstamm stamm R 
Das Serum des Pat. 
agglutiniert 1: 200 1: 200 1: 200 — 














Der Pyocyaneusstamm R stammt von einem Ruhrkranken, bei dem gleich- 
xitig Pyocyaneus gefunden wurde. Am 18. November wurde dieser Versuch mit 
gkichem Resultat wiederholt. 


2) Karl G., Landsturmmann. 29 Jahre. 

a. Klinisches Bild. 

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz am 29. September mit starken Durch- 
fallen erkrankt. Hohe Kontinua, keine Roseolen, kein Milztumor. Pneumonische 
Erscheinungen, Thrombose am linken Unterschenkel, Benommenheit, Herz- 
schwäche. Am 24. Oktober Entfieberung, Wohlbefinden. Vom 28. Oktober bis 
3. November wieder Temperaturanstieg bis 39°. Wieder Durchfälle, bronchitische 
Erscheinungen, erneute Thrombose am linken Bein. Dann wieder Wohlbefinden. 
Mitte November subfebrile Temperaturen, leichte Durchfälle, große Schwäche, 
starker Kräfteverfall. Vom 19. November an normale Temperaturen, Aufhören 
der Durchfälle, Eintritt dauernder Besserung. 

Klinisch als rezidivierender Typhus betrachtet. 


Temperaturkurven. 


Oktober. | Novemberi Dezember 


Ba IN pn 
TRE VER, IE EEE RE 
Sa OYIN 





b. Bakteriologisches Bild. 

Der Pat. ist nicht gegen Typhus geimpft. 

Widal negativ. 

Bei mehrmaliger Stuhl- und Urinuntersuchung werden weder Ruhr- noch 
Typhusbazillen gefunden. Blut in Galle steril. Doch wiederholte Pyocyaneus- 
rinkulturen. Blutplatten bleiben stets steril. Am 7. Oktober wird folgender 
Arzlutinationsversuch angesetzt: 


Typhus- Pyocyaneus- | Pyocyaneus- 
bazillen eigenstamm stamm P 
Das Serum des Pat. | | 
agglutiniert 200: 1:200 | 1: 100 





166 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


Der Pyocyaneusstamm P stammt von einem Typhuskranken, der gleich- 
zeitig Pyocyaneus hatte. Am 24. November wird der Versuch wiederholt mit: 
dem gleichen Resultate, nur wird der Pyocyaneusstamm P jetzt bis 1 : 200 ag- 
glutiniert. 


3) Otto K., Infanterist. 21 Jahre. 

a. Klinisches Bild. 

Auf dem östlichen Kriegsschauplatz Mitte August einen Knieschuß erhalten, 
der nach geringer Eiterung bereits Anfang September verheilt ist. Am 4. Sep- 
tember breige Stühle, hohe Temperaturen, ausgeprägte pneumonische Erschei- 
nungen. Da Verdachtes wegen ins Seuchenlazarett verlegt. Herzschwäche, starke 
Cyanose, kein Milztumor, keine Roseolen. Bis Anfang Oktober mit 3tägiger 
Unterbrechung Ende September hohe Kontinua. Vom 15. Oktober an fieberfrei 
bis 23. Oktober. Dann wieder unter besonderem Hervortreten bronchitischer 
Symptome eine Kontinua von 14 Tagen. Starke Abmagerung, große Herz- 
schwäche; normale Temperatur vom 11. November an, allmähliche Besserung. 
Klinisch als rezidivierender Typhus gedeutet. 

Temperaturkurven. 


September |Oktober/Novmber.|Dezember. 





b. Bakteriologisches Bild. 

Der Pat. war zweimal gegen Typhus geimpft. Widal 1 : 200 positiv. 

Bei mehrmaliger Stuhl- und Urinuntersuchung weder Ruhr- noch Typhus- 
bazillen, Blut in Galle steril. Wiederholt wird Pyocyaneus aus dem Darm reir. 
gezüchtet. Bilutplatten steril. Am 2. November wird folgender Agglutinations- 
versuch angesetzt: 








Typhus- Pyocyaneus- | Pyocyaneus- 
bazillen eigenstamm stamm G 
Das Serum des Pat. 
agglutiniert 1: 200 1: 200 1:100 











Der Pyocyaneusstamm G stammt von Pat.2. Dieser Versuch wurde ar 
20. November mit gleichem Resultate wiederholt, nur wurde jetzt auch Stamm G 
bis 1 : 200 agglutiniert. 

4) Heinrich W., Landsturmmann. 34 Jahre. 

a. Klinisches Bild. 

Auf dem östlichen Kriegsschauplatze am 2. Oktober unter hohem Fieber 
und Darmerscheinungen erkrankt. Starke Benommenheit, aufgetriebener Leit, 
oberflächliches Atmen, Leber überragt deutlich den Rippenbogen, leichter Ikterus 
breiige Stühle, wegen unregelmäßiger Herztätigkeit Digalen. Temperaturabfai 
am 29. Oktober. Neuer Anstieg am 4. November, dann hohe Kontinua bis 16. No. 
vember. Erneuter Roseolen-(?)Ausbruch, kein Milztumor, Leber palpabel, weger 
Pulsunregelmäßigkeit wieder Digalen, breiige Stühle. Vom 18. November ar 


wieder normale Temperatur. Erholung. Klinisch als rezidivierender Typhu: 
betrachtet. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 167 


Temperaturkurven. 


Dezender. 





b. Bakteriologisches Bild. 

Der Pat. war zweimal gegen Typhus geimpft. Widal 1 : 200 positiv. Wäh- 
rend des ersten Krankheitsstadiums im Oktober wurden einmal Typhusbazillen 
im Stuhl nachgewiesen. Blut in Galle negativ. Wiederholt wurde aus dem 
Stuhl Pyocyaneus rein gezüchtet. Bilutplatten stets steril. Am 4. November 
wird folgender Agglutinationsversuch angesetzt. 








Typhus- Pyocyaneus- | Pyocyaneus- 
bazillen eigenstamm stamm G 
Das Serum des Pat. 
agglutiniert 1 : 200 1:80 1 : 100 


Der Pyocyaneusstamm G stammt vom Pat. 2. Am 3. Dezember wird der 
Versuch wiederholt. Pyocyaneuseigenstamm wird jetzt auch bis 1 : 200 agglu- 
tiniert. 

5) Hauptmann P. 43 Jahre. 

a. Klinisches Bild. 

Ende August auf dem östlichen Kriegsschauplatze unter Durchfällen und 
hohem Fieber erkrankt. Hohe Kontinua bis 28. September. Sehr schwache Herz- 
tátigkeit, Benommenheit. Linkseitige Thrombose am Oberschenkel, Cystitis, 
Urinverhaltung, Blasenspülungen. Vom 28. September bis 10. Oktober fieberfrei. 
Dann hochfebrile Temperaturen, abwechselnd mit afebrilen (Pyelonephritis). 
Herztätigkeit sehr schlecht. Dauernd Analeptika, Arg. colloidale. Breiige Stühle, 
dronchitische Erscheinungen. Am 25. Oktober Temperaturabfall. Cystitis be- 
steht noch. Im November zeitweise Abendtemperatur. Schwellung des rechten 
Schultergelenkes. Herzschwäche, die nur langsam im November schwindet, Er- 
holung im Dezember. Als rezidivierender Typhus gedeutet. Bei den in diesem 
wie bei Fall 2 auftretenden Thrombosen möchte ich an einen Fall von Su- 
deck erinnern, wo er während einer unklaren fieberhaften Erkrankung auch 
Thrombosen der Beinvenen beobachtete; aus dem Inhalte eines erweichten 
Venenknotens konnte Pyocyaneus gezüchtet werden. 


Temperaturkurven. 


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N 1 
ee VII || 
IT UN 





b. Bakteriologisches Bild. 
Der Pat. war zweimal gegen Typhus geimpft. Widal wiederholt 1 : 200 


168 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


positiv. Aus Stuhl und Urin wurden Typhusbazillen gezüchtet; ebenso Typhus- 
bazillen aus Blut in Galle. Desgleichen werden aus Stuhl und Urin Pyocyaneus- 
kulturen bis zum Monat November gezüchtet, während Typhusbazillen nur im 
September aus Stuhl und Urin gezüchtet werden. Bilutplatten vom Oktober an 
angelegt stets steril. Ende November aus Urin noch einmal Pyocyaneusreinkul- 
turen. Am 24. Oktober wird folgender Agglutinationsversuch gemacht: 
Typhus- Pyocyaneus- 


Pyocyaneus- Coli 
bazillen eigenstamm stamm F 











Das Serum des Pat. 
agglutiniert 





Der Pyocyaneusstamm F ist aus einer mit Pyocyaneus infizierten Wunde 
einer chirurgischen Station des Warschauer Festungslazarettes II gezüchtet. Der- 
selbe Versuch mit gleichem Erfolge wurde am 21. November wiederholt. 


So waren in diesen fünf schweren Krankheitsfällen neben der 
Agglutinationsfähigkeit der Sera für Typhusbazillen eine gleich hohe 
Fähigkeit der Seren zur Agglutination für Pyocyaneus vorhanden. 
In den ersten drei Fällen waren Typhusbazillen nie nachgewiesen 
worden, nur das klinische Bild führte zur Diagnose Typhus; in den 
zwei letzten Fällen waren Typhusbazillen nachgewiesen, in allen fünf 
Fällen wurde stets Pyocyaneus gefunden und hohe Agglutinations- 
werte für denselben in den Krankenseren. War nun dieser bakterio- 
logisch-serologische Befund ein zufälliger Nebenbefund, so mußte 
zum mindesten die Agglutination für Pyocyaneus lediglich eine Mit- 
agglutination sein, wie wir sie für Paratyphus oder Coli bei der Typhus- 
agglutination finden, und der Nachweis des Pyocyaneus wäre nichts 
weiter als sein bekanntes saprophytäres Vorkommen im menschlichen 
Darm gewesen. Handelte es sich aber um eine echte Mischinfektion 
von Typhus und Pyocyaneus, und war der Pyocyaneus nicht bloß 
Saprophyt im Darm, so durften die hohen Titerwerte für Pyocyaneus 
in den Krankenseren nicht eine Mitagglutination sein, sondern es müßte 
sich um spezifische Agglutinine für den Pyocyaneus handeln. Zu 
diesem Zwecke wandte ich den Castellani’schen Versuch an, um 
die Differentialdiagnose zwischen Mitagglutination und Mischinfek- 
tion zu klären. 

Castellani säte in ein Serum, das Typhus- und Colibazillen 
agglutinierte, soviel Typhuskulturmengen, bis diese Bazillen nicht 
mehr agglutiniert wurden und untersuchte darauf, ob dieses mit dem 
Typhusstamm abgesättigte Serum noch Agglutinationskraft für die 
andere Bakterienart (Coli) besaß. 

Handelt es sich nur um eine Mitagglutination, so mußte das mit 
der einen Bakterienart abgesättigte Serum auch für die anderen Bak- 
terienarten — besonders für die mit geringerem Titerwert — jegliche 
Agglutinationskraft verloren haben; handelt es sich dagegen um eine 
echte Mischinfektion zweier pathogener Bakterienarten, so mußte das 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 169 


mit der einen Bakterienart abgesättigte Serum noch spezifische Ag- 
glutinine für die andere Bakterienart aufweisen, dieses also noch ag- 
glutinieren. Seren, deren Agglutinationsmaxima für zwei Bakterien- 
arten — wie in unseren Fällen — nicht um ein Vielfaches auseinander 
liegen, geben ja viel eher den Verdacht einer Mischinfektion als solche, 
- wo der Titer für eine Bakterienart um das Vielfache niedriger liegt als 
für die andere Bakterienart. In unseren Fällen waren stets nur Ver- 
dünnungen des Serums bis 1 : 200 angesetzt, Typhusbazillen waren 
stets gleich beim ersten Versuche bis zu diesem Titerwert agglutiniert 
worden. Pyocyaneus erlangte diese Höhe erst bei der Wiederholung 
dieses Versuches. 


Der Versuch wurde folgendermaßen angesetzt: Dem ersten 
Röhrchen 1,0 ccm einer Krankenserumverdünnung von 1:100 wurde 
soviel Typhuskultur zugesetzt, bis das Serum eine einheitliche milchige 
Trübung zeigte, dem zweiten Röhrchen mit 1,0 ccm derselben Kranken- 
serumverdünnung von 1:100 wurde ebenfalls soviel Pyocyaneus- 
kultur zugesetzt, bis auch dieses Serum eine einheitliche milchige 
 Trübung aufwies. Beide Röhrchen wurden dann für 6 bis 8 Stunden 
im Brutschrank gelassen, darauf zentrifugiert. Das über den als 
Bodensatz ausgeschleuderten, zusammengeballten Kulturen stehende 
klare Serum wurde abpipettiert, und je 0,5 ccm dieses Serums in zwei 
neue Röhrchen (Röhrchen la und 1b mit Typhusbazillen abgesättigt, 
Röhrchen 2a und 2b mit Pyocyaneusbazillen abgesättigt) gebracht. 
Nun wurde zu den Röhrchen la und 2a eine Öse Typhusbazillen, zu 
den Röhrchen 1b und 2b eine Öse Pyocyaneusbazillen zugesetzt, und 
diese Röhrchen wieder 6 Stunden im Brutschrank gelassen. Die mit 
den Typhusbazillen abgesättigten Seren durften dann nach unserer 
Annahme nur den Pyocyaneus, die mit Pyocyaneus abgesättigten 
Seren nur die Typhusbazillen agglutinieren. Und das Resultat der 
Versuche fiel auch in diesem Sinne aus: In allen fünf Fällen wurde 
stets in dem mit Typhusbazillen abgesättigten Serum eine Agglutina- 
tion des Pyocyaneus und in dem mit Pyocyaneus abgesättigten Serum 
dne Agglutination der Typhusbazillen hervorgerufen, während die 
Kontrollen negativ blieben (s. Tabelle S. 170). 


Dadurch ist aber festgestellt, daß es sich in diesen 5 Fällen nicht 
um eine Mitagglutination, sondern um eine Mischinfektion handelte. 
Es soll nicht Aufgabe dieser Zeilen sein, zu erörtern, ob und in welcher 
Weise der Typhus durch die Pyocyaneusinfektion verschlimmert 
nker verlängert wurde, und ob diese Krankheitsbilder nur in dem Sinne 
aufzufassen sind, daß der schon durch den Typhus geschädigte Orga- 
nsmus einer sekundären Pyocyaneusinfektion Eingang verschaffte; 
denfalls ergibt die serologische Untersuchung: daß der Bacillus 
’yocoyaneus unter Umständen im menschlichen Organis- 
mus nach Art der pathogenen Bakterien eine spezifische 
stgen sich gerichtete Agglutininbildung hervorrufen kann. 


10** 


170 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 





Eingetragen in 1 ccm einer |0,5 ccm der Röhrchen | 0,5 ccm der Röhrchen 
Serumverdünnung 1: 100 la u. b agglutinieren | 2a u. b agghitinieren 


Serum I | Röhrchen 1: 24 Ösen Typhusbazillen — | Typhusbazillen + 
(Pat. B.) Typhusbazillen 
Röhrchen 2: 15 Ösen Pyocyaneus + Pyocyaneus — 
Pyocyaneus 
Serum II | Röhrchen 1: 25 Ösen Typhusbazillen — | Typhusbazillen + 
(Pat. G.) Typhusbazillen 
Röhrchen 2: 15 Ösen Pyocyaneus + Pyocyaneus — 
Pyocyaneus 
Serum III | Röhrchen 1: 20 Ösen Typhusbazillen — | Typhusbazillen + 
(Pat. K.) Typhusbazillen 
Röhrchen 2: 12 Ösen Pyocyaneus + Pyocyaneus — 
| Pyocyaneus 
Serum IV | Röhrchen 1: 30 Ösen Typhusbazillen — | Typhusbazillen + 
(Pat. W.) Typhusbazillen 
Röhrchen 2: 20 Ösen Pyocyaneus + Pyocyaneus — 
Pyocyaneus 
Serum V | Röhrchen 1: 24 Ösen Typhusbazillen — | Typhusbazillen - 
(Pat. P.) Typhusbazillen 
Röhrchen 2: 15 Ösen Pyocyaneus + Pyocyaneus — 
Pyocyaneus 


In meinen Fällen war die Infektion von der geschädigten Darm- 
wand ausgegangen. Es wäre immerhin interessant, auch solche Fälle 
serologisch auf Pyocyaneusagglutinine zu untersuchen, die nach 
Schußverletzung sekundär mit Pyocyaneus infiziert sind und eventuell 
das Bild einer gewöhnlichen Sepsis zeigen. Selbst wenn — wie an- 
zunehmen — solche Fälle noch mit Strepto- und Staphylokokken 
infiziert sind, so lassen sich vielleicht interessante Vergleiche der 
Pyocyaneusagglutininbildung je nach der Mischinfektion mit ver- 
schiedenen Bakterienarten ziehen. Solche Fälle standen mir nicht 
zur Verfügung. 


Analog der Pyocyaneusagglutininbildung im menschlichen Körper 
mußte auch nach den bisherigen Erfahrungen im Tierkörper ein ag- 
glutinierendes Serum zu erzeugen sein. Zu diesem Zwecke injizierte 
ich Meerschweinchen intraperitoneal Bouillonkulturen meiner Pyo- 
cyaneusstäınme in allmählich steigenden Dosen. Die Bouillonkulturen 
waren stets 24 Stunden alt. Der virulenteste Stamm P (Pat. 5) ver- 
mochte, in einer Dosis von 0,25 ccm, einem Meerschweinchen intra- 
peritoneal einverleibt, dieses in 8 Stunden zu töten. Es wurde mit 
einer Dosis von 0,1 ccm einer 24stündigen Bouillonkultur begonnen, 
und in Abständen von je 3 Tagen die Injektionen in allmählich stei- 
genden Dosen wiederholt. Nach Verlust einer Anzahl von Meer- 
schweinchen, die wohl mehr an der Pyocyaneustoxinbildung nach 
einiger Zeit zugrunde gingen, denn im Peritonealexsudat wurde bei der 
Sektion nicht immer der Pyocyaneus gefunden, wurde durch Herz- 
punktion 6 Tieren nach 3wöchiger Behandlung Blut entnommen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 171 


Die Meerschweinchen hatten bis dahin als Gesamtkulturmenge 2,0 ccm. 
injiziert erhalten. Zu dieser Zeit zeigte ihr Serum mit geringen Unter- 
schieden im Durchschnitt eine Agglutinationsfähigkeit von 1 : 800 
für die Pyocyaneusstämme, mit denen sie immunisiert worden waren 
und von 1 : 200 für fremde Pyocyaneusstämme. 2 Tiere waren gleich- 
zeitig mit zwei verschiedenen Pyocyaneusstämmen behandelt worden; 
doch zeigte ihr Serum keinen wesentlichen Unterschied von den Seren 
der anderen Meerschweinchen, die stets nur mit demselben Stamme 
behandelt worden waren. Nachdem die einmalige Injektionsdosis 
bis zu 1,0 ccm und die injizierte Gesamtdosis auf 2,5 —3,0 ccm ge- 
steigert war, wurde durch erneute Herzpunktion wieder bei allen Tieren 
Blut entnommen. . Jetzt erwies sich der Agglutinationstiter bei 5 Tieren 
für den Stamm, mit dem sie immunisiert worden waren, als 1:8000, 
für fremde Pyocyaneusstämme 1 :1000 bis 1:2000. Ein Meer- 
schweinchen, bei dem durch Behandlung mit zwei verschiedenen 
Stämmen ein polyvalentes Serum erzielt worden war, erreichte eine 
Titerhöhe von 1 :10000 für diese Pyocyaneusstämme. 


Diese nicht unbeträchtliche Titerhöhe, die innerhalb 5 Wochen 
bei allen Versuchstieren erreicht worden war, unterstützt die Re- 
sultate, die wir für die Agglutinationsfähigkeit des Pyocyaneus im 
menschlichen Körper gefunden hatten. 


Literatur: 

Baginsky, Zur Pyocyaneusinfektion i im Kindesalter. Zentralblatt f. Bakt. 
1998. Origb. 47. S. 407. 

Blum, Ein Fall von Pyocyaneusseptikämie mit komplizierender Pyo- 
cyaneusendokarditisim Kindesalter. Zentralblatt f. Bakt. 1899. Bd. XXV. S. 103. 

Escherich, Pyocyaneusinfektion bei Säuglingen. Zentralblatt f. Bakt. 
1899. Bd. XXV. S. 107. Ä 

Finkelstein, Über Sepsis im frühen Kindesalter. Jahrb. f. Kinderheilk. 
1900. Bd. LI. S. 262. 

E. Fränkel, Über Allgemeininfektion durch den Bacillus pyocyaneus. 
Virchow’s Archiv 1906. Bd. CLXXXIII. S. 405. 

Hübener, Ein Fall von Pyocyaneussepsis beim Erwachsenen. Deutsche 
med. Wochenschrift 1903. S. 20. 

Justi, Über Pyocyaneuserkrankungen insbesondere des Darmes. Archiv 
f. Schiffs- u. Tropenhygiene 1915. Hft. 17. 

Karlinsky, Zur Kenntnis der pyoseptikämischen Allgemeininfektion. 
Prager med. Wochenschrift 1871. S. 231. 

Kossel, Über Mittelohreiterungen bei Säuglingen. Char.-Ann. 1893. 
Bd. XVIII. 

Krannhals, Über Pyocyaneusinfektionen. Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 
1888. Bd. XXXVII. Hft.1 u. 2. 

Orth, Bericht über das Leichenhaus des Charite-Krankenhauses für das 
Jahr 1912. Char.-Ann. 1913. Jahrg. 37. S. 170. 

Rolly, Pyocyaneussepsis beim Erwachsenen. Münchener med, Wochen- 
schrift 1906. Hft. 29. 


172 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


Schimmelbusch, Über grünen Eiter und die pathologische Bedeutung 
des Bac. pyocyaneus. Sammi. klin. Vorträge 1893. Nr. 72. 

Schürmeyer, Beiträge zur Beurteilung der Bedeutung und des Verhaltens 
des Pyocyaneus. Zeitschrift f. Hyg. u. Infektionskrankh. 1895. Bd. XX. 

Soltmann, Zur Lehre von der Pathogenität des Bac. pyocyaneus. Deutsches 
Archiv f. klin. Medizin. 

Voss, Über den Bacillus pyocyaneus im Ohr. Veröffentl. a. d. Gebiete d. 
Militärsanitätswesens. Hft. 33. Berlin. 

Wassermann, Bac. pyocyaneus. Kossel-Wassermann’sches Hand- 
buch 1903. 

M. Wassermann, Über eine epidemieartig aufgetretene- septische Nabel- 
infektion Neugeborener. Virchow’s Archiv 1901. Bd. CV. 





Referate. 


1. Mohr (Koblenz). Zur Entstehung, Vorhersage und Behand- 
lung nervöser und depressiver Zustandsbilder bei Kriegs- 
 teilnehmern. (Med. Klinik 1915. Nr. 22.) | 


Die Prognose nervöser und depressiver Krankheitserscheinungen ist bei einer 
schematischen, nur körperlichen Behandlung fast absolut schlecht. 
Ä Reckzeh (Berlin). 


2. A. Marguliös (Prag). Nervenerkrankungen im Kriege. (Prager 
med. Wochenschrift 1915. S. 299.) 


Nach den Erfahrungen, die M. an Schloffer’s Klinik machte, gibt die Lum- 
balpunktion bei der traumatischen Meningitis viel günstigere Resultate, als bei 
den epidemischen Formen. Auffallend ist, wie lange Hirnabszesse latent, d.h. 
symptomlos bleiben können, auch wenn sie in der Nähe lebenswichtiger Zentren 
liegen. Bezüglich der Schußverletzungen der peripheren Nerven betont er die 
Bedeutung rechtzeitiger Anwendung der mechanischen und elektrischen Methoden 
zur Verhütung von Kontraktur und Atrophie und den größten Wert der Beobach- 
tung der Sensibilität und elektrischen Erregbarkeit für die Indikationsstellung 
der Operation. Bei den Neurosen ist auffallend, daß die Kommotionsneurosen des 
Krieges meist eine recht gute Prognose geben, ganz im Gegensatze zu der zivilen 
traumatischen Neurose. Er spricht sich gegen die Unterbringung der hysterischen 
Krankheitsformen auf eigenen Abteilungen aus, und betont die günstige Ein- 
wirkung starker faradischer Ströme. Er meint, man solle hier weniger studieren 
und demonstrieren als kurieren, denn es sei mit Rücksicht auf die Erfordernisse 
der Armee hier Aufgabe der Ärzte, das erworbene und überkommene Wissen nicht 
so sehr zu vertiefen, als anzuwenden. Friedel Pick (Prag). 


3. Bittorf (Leipzig). Zur Behandlung der nach Granatexplo- 
sionen auftretenden Neurosen. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 30.) 


Die Behandlung muß in allen Fällen in erster Linie psychotherapeutisch sein. 
Ausgehend von der tröstlichen Versicherung der Heilbarkeit des ja nur seelisch 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 173 


bedingten Leidens muß der Grundton der psychischen Beeinflussung ernst, selbst 
streng sein. Das Pflichtgefühl, der Willen zur Gesundheit müssen geweckt werden. 
Reckzeh (Berlin). 


4. Rittershaus (Brüssel). Kriegsbeschädigungen des Zentral- 
nervensystems und soziale Fürsorge. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 36.) 


Die Verletzungen des Zentralnervensystems müssen schon aus dem Grunde 
eine besondere Beachtung beanspruchen, weil hier sicherlich mehr als in anderen 
Fällen mit einem Berufswechsel die Frage nicht gelöst wird. Das erste und haupt- 
sächlichste Mittel, dieser drohenden Gefahr zu begegnen, liegt auch hier in der 
Vorbeugung, nicht in der Vorbeugung der Erkrankung selbst, sondern in der 
Vorbeugung unberechtigter Ansprüche. Reckzeh (Berlin. ` 


5. Laudenheimer (Alsbach). Die Anamnese der sogenannten 
Kriegspsychoneurosen. (Münch. med. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 
Ausschlaggebendes Moment für die psychisch nervösen Erkrankungen im 

Felde ist die Disposition. Als disponierend im weiteren Sinne hat auch die Zu- 

gehörigkeit zu den höheren oder gehobenen Berufen zu gelten. Am stärksten 

disponiert sind die ängstlich-depressiven Konstitutionen. Für Wiederherstellung 
der Felddienstfähigkeit ist die Prognose bei den Ängstlich-Depressiven am schlech- 
testen, bei den einfachen Neurasthenikern (= Erschöpften) am günstigsten. 

Epileptoide Konstitutionen, auch ohne epileptische Anfälle, sind, weil zu Kon- 

flikten mit der Disziplin neigend, im Felde bedenklich. Reckzeh (Berlin). 


6. H. Christoffel. Ein schwerer Fall von Kommotionsneurose. 
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 16.) 

Bei einem 42jährigen Manne traten unmittelbar nach einer Hirnerschütterung 
krankhafte Veränderungen auf körperlichem und geistigem Gebiet ein, die im 
Laufe von 2 Jahren nach einer anfänglichen geringen Besserung keine weitere 
Heilungstendenz zeigen. Die eine Hälfte dieses Krankheitsbildes dürfte mit dem 
von Fürstner und Nonne beschriebenen Symptomenkomplex der pseudospasti- 
schen Parese mit Tremor identisch sein. Die andere nicht minder schwere Seite 
des Krankheitsbildes wird durch psychische Störungen repräsentiert. Im Vorder- 
grunde steht jene Form von Gedächtnisschwäche, welche man den Korsakow- 
schen Symptomenkomplex benennt. Dieser ist aber typisch für organische Geistes- 
xrarıkheiten. Als Substrat muß bei diesem Fall eine diffuse Erkrankung der 
Hirngefäße und sekundär der Hirnrinde angenommen werden. Jonnesco hat 
experimentell festgestellt, daß das Blutgefäßsystem auf Schädelerschütterungen 
geringen Grades mit einer aktiven Erweiterung, auf stärkere mit einer Verenge- 
rung der Kapillaren reagiert. Ein einmaliges Trauma kann genügen, um das 
vacomotorische Gleichgewicht dauernd zu stören, es kann aber im weitern auch 
üne Schädigung der Gefäßwände setzen. Als dritter Faktor muß bei solchen 
Fällen eine primäre Minderwertigkeit des Gefäßsystems angenommen werden. 
Man könnte es sonst nicht verstehen, daß gleiche oder schwerere Traumen bei 
anderen spurlos vorübergehen. In diesem Falle läßt sich differentialdiagnostisch 
Lues fast sicher, Alkoholismus und Nikotinabusus mit großer Wahrscheinlichkeit 
ausschließen. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


174 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


7. W. Lublinski. Beitrag zur Vagotonie. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 20.) 


Die klinischen Erscheinungen der Vagusreizung sind enge Pupille und Lid- 
spalte, Speichelfluß, Schweiße, Akrocyanose, ausgesprochene Dermographie, 
Bradykardie und respiratorische Arrhythmie, Krämpfe in den oberen Wegen und 
in den Bauchorganen, wahrscheinlich auch in den Sphinkteren der Blase. Das 
Atropin zeigt, daß eine vorhandene Störung durch abnorme Vaguswirkung ver- 
ursacht wird oder dem Vagus wenigstens ein beträchtlicher Einfluß auf die Aus- 
lösung der Störung zukommt. Durch Atropin können wir die Vagotonie günstig 
beeinflussen; es setzt die Erregbarkeit der Vagusendigungen herab. 

Reckzeh (Berlin). 


8. Westphal und Hübner (Bonn). Über nervöse und psychische 
Erkrankungen im Kriege. (Med. Klinik 1915. Nr. 15.) 
Die mittelschweren Fälle von Neurasthenie und Hysterie sind bei der Truppe 
im Felde nicht lange zu verwenden. Diejenigen Fälle, in denen vor dem Krieg 
eine schwere traumatische Neurose bestanden hatte, waren nur selten im Felde 
zu brauchen. Den bedeutungsvollsten Teil der Sachverständigentätigkeit stellten 
die strafrechtlichen Begutachtungen dar. Reckzeh (Berlin). 


9. Fein (Tübingen). Über das Vorkommen nervöser Symptome 
und vagotonischer Erscheinungen bei Gesunden. (Med. Klinik 
1915. Nr. 11.) 

Allgemein nervöse Stigmata sind häufig, so häufig, daß bei Begutachtung 
große Vorsicht geboten ist. Nur das Vorkommen sehr zahlreicher Einzelbefund: 
und starke Ausprägung derselben darf Anspruch auf besondere Beachtung erheben. 
Vagotonische Erscheinungen dagegen sind im Gegensatz zu dem am häufigsten 
Vorkommen allgemein nervöser Stigmata bei Männern recht selten, bei Frauen 
doch immerhin ziemlich häufig. Reckzeh (Berlin). 


10. Saenger (Hamburg). Über die durch den Krieg bedingten 
Folgezustände im Nervensystem. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 15 u. 16. Feldärztl. Beilage.) 

In einem Falle von kompletter Lähmung des Peroneus und Tibialis mit ent- 
sprechendem totalem Sensibilitätsverlust und qualitativen elektrischen Störungen 
handelte es sich um eine Schußverletzung des Ischiadicusstammes im Oberschenkel 
kurz vor dessen Teilung in die obengenannten Äste. Die Erfahrungen dieses 
Krieges haben gelehrt, daß es durch Kommotion vorübergehend zur Aufhebung der 
Funktion des Rückenmarks kommen kann, welches von dem Geschoß selber gar 
nicht lädiert worden ist. Auf dem Boden der psychopathischen Konstitution 
treten infolge der großen Strapazen und Aufregungen pathologische psychische 
Reaktionen auf. Reckzeh (Berlin). 


11. Hartmann (Graz). Übungsschulen für „Gehirnkrüppel“. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 23.) 

Die Anpassungsfähigkeit der intakten Strukturen, Funktionen und Funktions- 
reste an dem defekten Bau und die in Unordnung gebrachte Funktionsmaschine 
ist die wissenschaftliche Voraussetzung. Verf. empfiehlt, durch Lernen und Üben 
von durch Verletzung im rüstigen Lebensalter entstandenen defekten Hirnfunk- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 175 


tionen, gegründet auf unsere Erfahrungen aus dem Gebiete des Hilfsschulunter- 
richtes für Schwachbegabte und der modernen Pädagogik, eine Therapie der 
Gehirnverletzungen und ihrer Folgezustände zu schaffen. Auch hier muß die 
Ertüchtigung einer auf eigener selbständiger Arbeit basierten wirtschaftlichen 
Person höchstes Ziel der Fürsorge für derartige Gehirnverletzte sein. 

Reckzeh (Berlin). 


12. Redlich (Wien). Einige allgemeine Bemerkungen über den 
Krieg und unser Nervensystem. (Med. Klinik 1915. Nr. 17.) 
Fälle mit schweren Verletzungen sind nicht selten mit ausgesprochenen 
hysterischen Erscheinungen kompliziert, speziell bei organischen Störungen des 
zentralen und peripheren Nervensystems, deren Symptome dann von funktionellen, 
hysterischen Zutaten ergänzt bzw. überdeckt werden. In therapeutischer Be- 
ziehung besteht ein zweifelloser Unterschied zwischen Hysterie und Neurasthenie. 
Hier ist ein längerer Zeitraum notwendig, indem oft unser ganzes Armentarium 
therapeutischer Behelfe notwendig ist. Das psychische Moment der Behandlung 
darf auch bei diesen Fällen nicht außer acht gelassen werden. Vor allem ist es 
notwendig, den Kranken die Überzeugung beizubringen, daß Unlustempfindungen 
kein genügender Grund sind, sie für Kriegsdienst untauglich zu erklären, daß der 
Spitalaufenthalt vielmehr nur den Zweck hat, ihre Widerstands- und Leistungs- 
fähigkeit wieder bis zur notwendigen Höhe zu bringen. Reckzeh (Berlin). 


13. E. Cmunt. Die Diathermie der schmerzhaften Affektionen 
der Gelenke und Nerven. (Casopis lekaru ceskych 1914. Nr. 46.) 
Von 10 gichtischen Prozessen wurden 7 geheilt und 3 gebessert, 2 deformierende 
Arthritiden wurden gebessert, 1 gonorrhoische Arthritis blieb ungebessert; von 
19 Neuritiden wurden 5 geheilt, 8 gebessert und 6 blieben unbeeinflußt, von 4 Neur- 
algien wurde nur 1 geheilt, 3 blieben unverändert; bei einem Tabiker wurden die 
Schmerzen gebessert, bei 2 Tabikern blieben sie unbeeinflußt; 1 Basedow wurde 
gebessert. Die Diathermie ist ein gutes Hilfsmittel bei akuten und chronischen 
Affektionen der Gelenke und Nerven, doch berechtigen die Erfolge nicht zur 
Außerachtlassung der älteren Methoden. O. Mühlstein (Prag). 


14. G. Iwaschenzoff. Über die Salvarsantherapie der Syphilis 
des Nervensystems. (Zeitschrift für experim. Pathologie u. Therapie 
Bd. XV. Hft.3. 1914.) 

Die Anwendung von Salvarsan und von Neosalvarsan ist bei der Behandlung 
der Syphilis des Nervensystems nützlich. Bei der nötigen Vorsicht und bei rich- 
tiger Technik ist sie ungefährlich, bei Beherrschung der Technik einfach. Ob 
man Salvarsan oder Neosalvarsan geben soll, hängt ab von der persönlichen Sym- 
pathie und von der Gewöhnung an die eine oder andere Technik. Den Vorzug 
verdient die Methode der intravenösen Injektion in 8tägigen Intervallen; die 
Gesamtdosis, welche während der ganzen Kur zur Injektion gelangt, muß weit 
zrißer sein als diejenige, die man bis jetzt zu injizieren pflegt. Die Dosierung der 
einzelnen Injektionen muß man individualisieren, mit kleinen Dosen (0,3 Salvarsan 
hzw. 0,5 Neosalvarsan) beginnen und dann beim Erwachsenen nicht über 0,5 Sal- 
varsan bzw. 0,75 Neosalvarsan hinausgehen. Außer Zweifel steht die spezifische 
Wirkung des Salvarsans. Lohrisch (Chemnitz). 


176 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


15. Weber (Kiel). Über schädliche Einflüsse der Heißluftbehand- 
lung von Verwundungen auf das Nervensystem und ihre 
Verhütung. (Med. Klinik 1915. Nr. 22.) 

Es ist kein Grund vorhanden, der gegen die Anwendung der einfachen Maß- 
regel zur Verhütung der Schädigung des Nervensystems durch die Heißluft- 
behandlung von Verwundungen spricht. Überall wird es sich leicht durchführen 
lassen, daß die Pat. unmittelbar nach dem Heizen entweder einen beliebigen Arm 
bis zur Schulter unter der Wasserleitung 4 Minuten lang kalt abspülen, oder ein 
Bein bis nahe zur Hüfte 3 Minuten lang in ein Gefäß mit kaltem Wasser stellen 
und dabei leicht bewegen. _ Reckzeh (Berlin). 


16. Stracker (Wien). Individuelle Dauermarken für die elektri- 
sche Behandlung. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32. Feld- 
ärztl. Beilage.) 

Der gewünschte Zweck der Bezeichnung ohne üble Folgen wurde durch vor- 
sichtige Tätowierung erreicht. Die betreffende Stelle wird wie für eine Injektion 
mit Äther oder dergleichen gereinigt und dann ein in Tusche getauchtes Nadel- 
büschel, wie es die Augenärzte verwenden, daraufgedrückt. Das Einstechen dieser 
drei oder vier vereinigten Nadeln wird nicht wie bel def einzelnen Nadel als Stich, 
sondern als Druck empfunden. Man hat damit die zu reizende Stelle genauesten: 
bezeichnet, ohne den Pat. zu schädigen. Reckzeh (Berlin). 


17. Bruns. Über die Indikationen zu den therapeutischen, speziell 
den chirurgischen Maßnahmen bei den Kriegsverletzungen 
des Nervensystems und über die Prognose dieser Ver- 
letzungen an sich und nach den verschiedenen Eingriffen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 

Wir sollen in den Fällen partieller Lähmung mit operativen Eingriffen länger 
warten, als bei totalen Querschnittslähmungen. Die Prognose der partiellen 
Rückenmarksverletzungen wird man günstig stellen dürfen und bei ihnen in den 
Reservelazaretten nur selten Anlaß zu operativen Eingriffen haben. 

Reckzeh (Berlin). 


18. K. Löwenstein. Vaccineurinbehandlung der Neuritis. (Therapie 
der Gegenwart 1915. Nr. 9.) 

Durch die Vaccineurinbehandlung wurden bei einer ziemlich großen Anzahl 
von Pat. mit Schußverletzungen peripherer Nerven und auch bei einigen Poly- 
neuritiden die lange bestehenden heftigen, anderer Behandlung trotzenden Schmer- 
zen gebessert und bei einem Teil dieser Pat. auch völlig beseitigt. Eine Besserung 
der objektiven Symptome wurde vom Verf. nicht beobachtet. Die von Döllken 
angegebenen Reaktionen traten oft auf, besaßen aber nicht die angegebene Regel- 
mäßigkeit. Nachteilige Folgen wurden von der Behandlung nicht gesehen. Unter 
Berücksichtigung dieser Momente soll das Vaccineurin dort, wo es sich um die 
Beseitigung heftiger Schmerzen bei Neuritiden handelt, angewendet werden. Die 
Injektionen sind dreimal wöchentlich in steigender Dosis mit ?/,, ccm beginnend 
vorzunehmen. Nach zehn erfolglosen !/1ọ ccm-Injektionen ist ein Erfolg wohl 
nicht mehr zu erwarten. Bei Besserung der Schmerzen sind die Injektionen bis 
zu mal !/ ccm bis zu völliger Beseitigung der Schmerzen und bis zu drei reaktions- 
losen Injektionen fortzusetzen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 177 


19. Spielmeyer. Zur Frage der Nervennaht. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 2.) 

Verf. empfiehlt auf Grund eigener, ziemlich ausgedehnter Erfahrungen, mit 
der Nervennaht nach Schußlähmungen peripherer Nerven zurückhaltend zu sein. 
Einerseits kann die Entartungsreaktion erst sehr spät auftreten, trotzdem eine 
völlige Kontinuitätstrennung bestand, andererseits kann sie aber auch durch 
kalte Extremitäten vorgetäuscht werden und zurückgehen. Als geeignete Zeit 
für die eventuelle Vornahme bzw. die Freilegung des Nerven empfiehlt sich der 
4—6. Monat nach Eintritt der Verletzung. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


%. Thiemann (Jena). Ungewöhnlich frühe Wiederherstellung der 
Leistungsfähigkeit im resezierten und genähten Nerven (Ischi- 
adicus). (Münchener med. Wochenschr. 1915. Nr. 15. Feldärztl. Beilage.) 
Zur Erklärung der raschen Wiederherstellung der Leitungsfähigkeit im 

Nerven muß man wohl annehmen, daß auch das periphere, nur kurze Zeit ab- 

getrennte oder ausgeschaltete Nervenstück mitbeteiligt gewesen ist, da ein Aus- 

wachsen der zentralen Fasern allein wohl nicht in so kurzer Zeit erfolgen kann. 
Reckzeh (Berlin). 


21. Döpfner (Düsseldorf). Zur Methodik der Naht an peripheren 
Nerven. (Münch. med. Wochenschr. 1915. Nr. 15. Feldärztl. Beilage.) 
Hat vorher eine Entzündung bestanden, so muß sie zur Ruhe gekommen 

sein. Granulierende Hautdefekte, benachbarte Fisteln und Sequester sind für 

gewöhnlich Kontraindikationen. Die gesunde Nervensubstanz darf so wenig als 
möglich mit Instrumenten gefaßt werden. Gipsschienenverband für die ersten 

2 Wochen in Zweidrittelentspannung, dann eine Woche noch mehr Entspannung 

und erst dann nach und nach Streckung. Reckzeh (Berlin). 


22. Hoffmann (Würzburg). Über eine Methode, den Erfolg einer 

Nervennaht zu beurteilen. (Med. Klinik 1915. Nr. 13.) 

Es handelt sich darum, festzustellen, ob unterhalb der Nahtstelle durch Rei- 
zung des Nerven eine Empfindung hervorgerufen werden kann, die in das sensibel 
gelähmte Gebiet lokalisiert wird, und es wäre damit der Nachweis erbracht, daß 
die Nahtstelle leitet, daß also ein Auswachsen der Fasern wirklich erfolgt. Die 
Stelle der Naht ist unzweifelhaft die kritische Stelle; hat der wachsende Nerv diese 
überwunden, so ist die Restitution der Funktion äußerst wahrscheinlich geworden. 

Reckzeh (Berlin). 


23. + Siegmund Auerbach. Die chirurgischen Indikationen in 
der Nervenheilkunde. Ein kurzer Wegweiser für Nerven- 
ärzte und Chirurgen. Geb. Mk.7.—. Berlin, Jul. Springer, 1914. 
Ein neues und sehr nützliches Buch, dessen Fehlen gewiß von manchem 

empfunden worden ist. Daß es von einem Nervenarzt geschrieben worden ist, 

ist ein weiterer Gewinn, denn von chirurgischer Seite liegt bereits ein nicht geringes 

Material, auch zusammenfassender Art, vor. Die Darstellung ist eine durchaus 

kritische, aus der man den erfahrenen Neurologen erkennt. Auch die Vollständig- 

keit läßt nichts zu wünschen übrig. Besonders eingehend sind — dem gegen- 
wärtigen Interesse entsprechend — die druckentlastenden Schädeloperationen, 


178 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


die Förster’sche und die Stoffel’schen Operationen, abgehandelt worden. Ich 
zweifle nicht, daß das Buch ein wichtiges Instrument zur Überbrückung des neuro- 
logisch-chirurgischen Grenzgebietes bilden wird. Gerade im gegenwärtigen Augen- 
blick, wo uns die Nervenverletzungen des Krieges vor neue Aufgaben stellen, ist 
es willkommen. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


24. Steinthal (Stuttgart). Die Prognose der Nervennaht bei Ver- 

letzungen des peripherischen Nervensystems, insbesondere 

bei Schußverletzungen. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 15. 

Feldärztl. Beilage.) | 

Ohne Operation ist die Prognose der Nervenverletzungen in denjenigen Fällen, 

wo entweder eine vollständige Kontinuitätstrennung vorliegt oder der Nerv in 

schwielige Narbenmassen eingebettet ist, eine durchaus ungünstige. Wir sind 

deshalb verpflichtet, in allen denjenigen Fällen, wo innerhalb eines gewissen Zeit- 

raumes eine Besserung der Nervenschädigung nicht eintritt, den geschädigten 

Nerven freizulegen und an ihm die entsprechende Operation nach modernen Grund- 
sätzen vorzunehmen. Reckzeh (Berlin). 


25. Fürnrohr (Ingolstadt). Ein offenes Wort an die Kollegen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 
Die Erfolge der Neurolyse oder Nervennaht sind, besonders wenn man dit 
Kürze der Zeit in Betracht zieht, zum Teil ganz ausgezeichnete. 
Reckzeh (Berlin). 


26. B. Sachs, J. Krauss, D. J. Kaliski. Modern methods of treat- 
ment of syphilis of the nervous system. (Amer. journ. of the 
med. sciences 1914. November. S. 693.) 

Heutzutage können syphilitische Erkrankungen viel früher diagnostiziert 
werden, dies ist eine der bemerkenswertesten Errungenschaften. Wo immer ein 
starker Verdacht auf Syphilis vorliegt, der durch die Untersuchung des Blutes 
und des Liquor cerebrospinalis verstärkt wird, soll eine möglichst intensive Sal- 
varsanbehandlung eingeleitet werden. Mit Merkur kombiniert gibt sie bessert 
Resultate als jede andere. Bei Tabes dorsalis kann so der Prozeß wenigstens zum 
Stillstand gebracht werden; bei der Dementia paralytica dagegen waren die Re- 
sultate bisher wenig befriedigend. Die intravenöse Injektion des Salvarsans ist 
der intraspinalen vorzuziehen. Das salvarsanisierte Serum nach Swift-Ellis 
enthält viel zu wenig Arsenik um therapeutisch wirksam sein zu können; der 
Liquor cerebrospinalis enthält nach einer gewöhnlichen intravenösen Salvarsan- 
injektion ebensoviel Arsenik wie das salvarsanisierte Serum. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


27. D. Mihail (Bukarest). Die Behandlung der tabetischen opti- 
schen Atrophie und deren Resultate. (Spitalul 1914. Nr. 3.) 
Der Verf. beschreibt die an der Klinik von Stanculeanu übliche Behand- 
lungsmethode und hebt hervor, daß dieselbe gute Resultate mit Bezug auf die 
Verbesserung der Sehschärfe und der peripheren Perzeptionsfelder für Weiß er- 
gibt, ohne aber die totale und absolute Dischromatopsie aller Farben zu beein- 
flussen. Die Behandlung besteht in serienweisen, intravenösen Einspritzungen 
von Neosalvarsan (0,30—0,60 cg), in allgemein tonisierender Behandlung (Strych- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 179 


nin, Hydrotherapie, allgemeine und hauptsächlich okuläre Ruhe), Vermehrung 

der Ausscheidungen des Organismus durch depurative Mittel (Pilokarpin, Aspirin, 

leichte Abführmittel, tägliche Dampfbäder), endlich in Lokalbehandlung (sub- 

konjunktivale Einspritzungen von Kochsalzlösung oder Cyan-Hg 0,75—1,00° /oo)- 
E. Toff (Braila). 


28. A. G. Rytina and C. C. W. Judd. A report of the treatment 
of cerebrospinal syphilis by intraspinous injections of sal- 
varsanized serum. (Amer. journ. med. sciences 1915. Februar. S. 247.) 
Dem Pat. gibt man intravenös eine volle Dosis Salvarsan; 1 Stunde später 

entzieht man ihm 100 ccm Blut, das zur Bereitung des Serum sofort ins Labora- 
torium geschickt wird. Am folgenden Tage macht man die Lumbalpunktion und 
injiziert 15—30 ccm Serum. Während die einen Pat. kaum eine Reaktion zeigten, 
stellte sich bei anderen Meningismus, charakterisiert durch Fieber, Pulsbeschleu- 
nigung, Erbrechen, Kopfschmerzen, blitzartige Schmerzen in den unteren Ex- 
tremitäten ein; dieser Zustand kann einige Tage dauern, schlimme Folgen haben 
sich nie gezeigt. Bisher wurden 11 Pat. mit 1, 4 mit 2, 2 mit 3 und 1 mit 4 In- 
iektionen behandelt. Diese sollen sich in 2—3wöchentlichen Intervallen folgen 
bis de Wassermann’schen Reaktionen und Globulinprobe negativ, die Zellen- 
zahl normal geworden sind. Alle mit Ausnahme eines Tabikers wurden durch 
diese Behandlung in klinischem Sinne bedeutend gebessert, obwohl die Befunde 
imLaboratorium mit diesen Besserungen nicht übereinstimmten. In keinem Falle 
ist es bisher gelungen den Blut- und Liquor-Wassermann zusammen negativ zu 
machen, dagegen ließen sich die Eigenschaften des Liquor in mehrfacher Beziehung 
verbessern. Die Versuchsreihe ist noch zu klein, immerhin läßt sich sagen, daß 
die Behandlung lange dauern muß, und zwar bis auch die Laboratoriumsbefunde 
günstig ausfallen. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


29. Martin J. Synnott. Intraspinal treatment of syphilis of the 

central nervous system. (Med. record 1915. März. S. 472.) 

Bei Tabikern mit negativem Blut- und positivem Liquor-Wassermann hält 
S. das Blut für reich, den Liquor für arm an spirochäteziden Körpern. Er macht 
deshalb die Anregung, man solle in derartigen Fällen den Liquor durch Lumbal- 
punktion ablassen, ein neuer bilde sich bald wieder vom Blut aus, aber mit anderen 
Eigenschaften als der erste. Zum Vergleich weist er auf die Peritonitis tuberculosa 
hin, die man durch bloßes Ablassen des Ascites heilen könne, ferner auf einen Fall 
von Meningitis tuberculosa, den man durch wiederholte Punktionen von Liquor 
cerebrospinalis geheilt habe. Man soll aber weiter gehen und das abgelassene 
Quantum Liquor durch gewöhnliches Blutserum ersetzen, das der Pat. selbst 
liefern soll, wenn sein Blut-Wassermann negativ ist. Dieses Serum hält S. für 
sonders günstig, weil reich an Antikörpern. Ist der Blut-Wassermann auch 
positiv, so soll das einzuspritzende Blutserum von einem anderen gesunden Men- 
schen geliefert werden. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


-S O 


3. Rehfisch. Zur Funktionsprüfung des Herzens. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 48.) 
Es gibt keine einzige Funktionsprüfung, die an und für sich in jedem Falle ent- 
heiden könnte, ob ein Herz suffizient ist oder nicht. Wohl aber kann die eine 


180 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


oder andere Methode bei kritischer Betrachtung der durch sie gewonnenen Re- 
sultate uns Aufklärung geben, in welcher Richtung wir bei Störung der Funktion 
Fehler zu suchen haben; ob im Herzmuskel selbst, im Gefäßsystem oder in der 
Innervation. Ist der linke Ventrikel insuffizient, so vermag er wegen mangelnder 
Kontraktilität und Verlust der Elastizität die ihm vom linken Atrium in ver- 
mehrtem Maße zuströmende Blutmenge nicht in toto auszudrücken. Es bleibt 
eine größere Menge Residualblut als normalerweise im linken Herzen zurück, 
es dilatiert myogen, d. h. passiv. Infolgedessen muß das Schlagvolumen abnehmen, 
der Blutdruck, dessen eine Komponente immer das Schlagvolumen bildet, sinkt 
und die Accentuation des zweiten Aortentons läßt nach. Fälle, in denen nach 
körperlicher Arbeit der zweite Pulmonalton lauter erscheint als der zweite Aorten- 
ton, brauchen wir, trotz Insuffizienzerscheinungen der linken Kammer, prognostisch 
nicht so schlecht zu bewerten, da, durch eine vermehrte Arbeit des rechten Ven- 
trikels die minderwertigen Leistungen der linken Kammer bis*zu einem gewissen 
Grade kompensiert werden können. Hat dagegen auch das Kontraktionsver- 
mögen der rechten Kammer gelitten, so vermag sie den durch die Körperarbeit 
verursachten vermehrten venösen Zufluß nicht zu überwältigen. Wir sehen dann 
die Dilatation des rechten Ventrikels eintreten, die klinisch durch ein Schwächer- 
werden auch des zweiten Pulmonaltons manifest wird. Sehen wir nach der Arbeit 
die Accentuation des ersten Aortentons erheblich lauter werden als die des zweiten, 
so dürfen wir als Ursache für die Entspannung eine gewisse Labilität des Vaso- 
motorenzentrums annehmen. Die beschriebene Untersuchungsmethode, die Aus- 
kultationsbefunde nach körperlicher Arbeit als Funktionsprüfung des Herzens zu 
verwerten, ist nur dann anwendbar, wenn keine ausgesprochene Arteriosklerose 
vorliegt. Reckzeh (Berlin). 


31. C. H. Goddard (Baltimore). Changes in P-wave of the human 
electrocardiogram. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

Obwohl eine relative Verstärkung der P-Erhebung im Elektrokardiogramm 
sich in 54%, von G.’s Fällen von Mitralfehlern mit angenommener Vorhofshyper- 
trophie fand, sah er doch Fälle ohne diese Verstärkung; selbst autoptisch be- 
stätigte ausgesprochene Hypertrophien des Vorhofs hatten sich elektrokardio- 
graphisch nicht ausgeprägt. In 45% von seinen 37 Fällen waren Verlängerungen 
der P-Erhebung bei Mitralaffektionen vorhanden, doch finden sie sich auch bei 
anderen Erkrankungen und bei Individuen mit klinisch normalem Herzen. In- 
vertierte P-Erhebungen wurden in 70%, dieser Fälle bei linkseitiger Kammer- 
hypertrophie beobachtet; sie kommen in jedem Lebensalter vor. Größe und 
Gestalt der P-Erhebungen können in der gleichen Kurve verschieden sich dar- 
stellen und aufrechte können gelegentlich mit invertierten wechseln. Die ursäch- 
lichen Bedingungen dieser Inversion sind noch nicht klargestellt. 

F. Reiche (Hamburg). 


32. Jaworski (Krakau). Modifikation in der Aufnahme der Elektro- 
kardiogramme von pathologischen Herzen zur Erleichterung 
der klinischen Diagnose. (Münch. med. Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 
Die Aufnahme des Elektrokardiogramms bei verschiedenen Geschwindig- 

keiten erleichtert in vielen Fällen die Diagnose und ist in zweifelhaften Fällen 

nicht zu vernachlässigen. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 181 


33. Alfred E. Cohn, Fraser and Ross A. Jamieson. The influence 
of digitalis on the T-wave of the human electrocardiogramm. 
(Journ. of exp. med. 21. 1915. S. 593.) 

Die T-Welle des Elektrokardiogramms kann unter dem Einfluß von Digitalis- 
medikation eine Veränderung erfahren, insofern sie zunächst an Höhe abnimmt 
und schließlich eine umgekehrte Richtung annimmt. Dabei erscheint der ganze 
Abschnitt zwischen R- und T-Welle umgekehrt. Der Einfluß zeigt sich nach 
36 bis 48 Stunden und dauert bis 22 Tage nach Aufhören der Medikation. 

` Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


34. Groedel (Frankfurt a. M.). Zur Röntgenuntersuchung des 
Herzens bei fraglicher Militärtauglichkeit. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 52.) 


Bei jüngeren Individuen finden wir nicht allzu selten eine auffallende Vor- 
buchtung des Pulmonalbogens. Im allgemeinen darf der Röntgenologe, wenn er 
einen derartigen Befund bei einem Manne erhebt, der eines genetisch ungeklärten 
accidentellen Geräusches wegen zur Untersuchung geschickt wird, eine Unter- 
entwicklung des Herzens — im Sinne einer Myasthenie oder einer Hyperplasie — 
bzw, einer Minderleistungsfähigkeit diagnostizieren. Ist dagegen die Herzgröße 
und -form normal, so hat allein die Funktionsprüfung während des Dienstes den 
Ausschlag zu geben. Reckzeh (Berlin). 


35. Cadis Phipps. Blood pressure. (Boston med. surg. journ. 1915. 
September 23.) 


Differenzen von 5—10 mm zwischen den Werten der palpatorischen und 
auskultatorischen Methode sind häufig, bald sind die Werte der einen, bald die- 
jenigen der anderen Methode höher. Die Blutdruckswerte bei demselben Menschen 
an verschiedenen Stellen gemessen mögen unter sich differieren, eine Regelmäßig- 
keit in den Abweichungen ist nicht zu erkennen. Diese kommen vor und können 
gkich groß sein sowohl bei jungen als alten Leuten, bei gesunden als auch kranken 
Arterien. Differenz zwischen rechtem und linkem Arm ist durchaus nicht für 
Aortenaneurysma zu verwerten; ebensowenig spricht höherer Druck im Bein für 
Aorteninsuffizienz, wie von Hill und Rolleston behauptet wurde. Auf die 
Dicke der die Arterie bedeckenden Weichteile kommt es nicht an. Legt man 
zwischen Manschette und Oberarm ein den letzteren ganz umfassendes Fleisch- 
stuck von 2 cm Dicke, so erhält man dieselben Werte wie ohne Fleischstück. Legt 
Man dagegen einen Fleischstreifen über die Arterie längs des inneren Bicepsrandes, 
šu fällt der Wert um 10 mm niedriger aus. Ferner wurde beobachtet, daß bei er- 
hudenem Kopf die Werte am Oberarm um 5—10 mm steigen. Während der 
Hustenstöße steigt der Druck bedeutend, sogar über 200 mm an. | 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


%. Morris Grossmann. High blood pressure, treatment by means 
of muscular relaxation. (New York med. journ. 1915. September 25.) 
G. beschreibt fünf Fälle mit kardiorenalen Symptomen und hohem Blutdruck, 
bei denen es ihm gelang, durch Atemübungen und passive Muskelbewegungen den 


182 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


diastolischen, besonders aber den systolischen Blutdruck bedeutend und an- 
dauernd herabzusetzen. Die Atemübungen bestehen in tiefen In- und Exspira- 
tionen in liegender Stellung und die darauf folgenden Muskelübungen in passivem 
Bewegen der Muskeln der Gliedmaßen und des Kopfes, und zwar dauert eine 
Übung so lange bis der Pat. jede Spannung aufgegeben hat. G. will auf diese Weise 
den Kranken ein bequemes Mittel an die Hand geben, ihren erhöhten Blut- 
druck unter einem gewissen Maß zu halten. 
P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


37. W. J. Stone (Toledo, Ohio). The differentiation of cerebral 
and cardiac types of hyperarterial tension in vascular disease. 
(Arch. of internal med. 1915. November.) 

S.’s neue Beobachtungen an 75 weiteren Pat. mit Zirkulationsstörungen, die 
er gruppiert, jenachdem Blutdruckerhöhung bei zerebralen oder aber bei kardialen 
Symptomen zugegen war, je nachdem ferner Myokard- und Klappenläsionen mit 
vermehrter oder mit verminderter Herzbelastung — sie wird durch Teilung des 
Pulsdrucks durch den diastolischen Druck ermittelt und beträgt bei Gesunden 
ı/, bzw. 50%, — vorlagen, erweisen die Wichtigkeit der Bestimmung nicht nur 
des systolischen sondern auch des diastolischen Blutdrucks und des Pulsdrucks; 
die auskultatorische Feststellung ist der palpatorischen überlegen. Der diastolische 
Druck ist ein besserer Index der peripheren Widerstände als der systolische und 
er wird weniger leicht durch physiologische Momente beeinflußt; seine dauernde 
Erhöhung über 105—110 weist auf Hypertension unabhängig von der Höhe des 
systolischen Druckes. Bei arterieller Hypertension im Gefolge von Herzmuske!- 
und Klappenerkrankungen sind Pulsdruck und Herzbelastung in der Regel erhöht 
und der letzteren Höhe geht die Größe der durch Herzmuskelerschöpfung, Herz- 
dilatation und deren Folgen bedingten Gefahr parallel; der diastolische Druck war 
in dieser Gruppe von Fällen dauernd niedriger als in der Gruppe mit vorwiegenden 
zerebralen Erscheinungen, während der Pulsdruck vermehrt war. In letzterer 
Gruppe ist der diastolische Druck dauernd hoch, der Pulsdruck gewöhnlich nicht 
so stark erhöht und der Herzbelastungsprozentsatz in normalen Grenzen. Bei 
akutem Versagen der Zirkulation nach Shock einschließlich Blutverlust sieht man 
bei Pat. mit kräftigem Herzen einen verringerten diastolischen Druck und ge- 
hobenen Pulsdruck, der erst zusammen mit absinkendem systolischen Blutdruck 
bei eintretender Erschöpfung heruntergeht. Tritt das Versagen bei Herzdilatation 
oder Herzmuskeldegeneration nach akuter oder langwieriger Krankheit ein, so 
sinken systolischer Druck und Pulsdruck — mit infauster Vorbedeutung — ab. 
Bei akuten Infektionen deutet ein hochbleibender Pulsdruck im allgemeinen auf 
eine günstigere Prognose als ein niedriger, und je tiefer dieser steht, desto größer 
ist die Gefahr des Versagens der Zirkulation. Maßnahmen zur Herabsetzung des 
Blutdrucks in Form von Diät, Lebensführung, Venaesektion und vasodilatatori- 
schen Medikationen sind im allgemeinen nur — wegen des hohen diastolischen 
Druckes — bei den Blutdrucksteigerungen in der Gruppe der Pat. mit Gehirn- 
symptomen indiziert, nur selten in der Gruppe mit Herzerscheinungen, wo der 
hohe systolische Blutdruck ein kompensatorischer Vorgang ist; nur bei Anzeichen 
von Ermüdung des Herzmuskels sind Stimulantien am Platz. 

| F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 183 


38. J. S. Ferguson. Diastolic blood pressure. (New York med. journ. 
1915. Juli 24.) 

Die beste Methode zur Bestimmung des Blutdrucks ist die auskultatorische. 
Das binaurikuläre Stethoskop wird über der Art. cubitalis aufgesetzt; zunächst 
wird soviel Luft in die breite Manschette getrieben, bis jeder Ton verschwunden 
ist. Nun läßt man mittels eines Hahnes die Luft wieder langsam entweichen. Der 
erste Ton, der erscheint, ist ein scharfer deutlicher Schlag (1. Phase). Dieser Zeit- 
punkt gibt den systolischen Blutdruck an. Indem der Luftdruck weiter sinkt, 
erscheinen zunächst blasende, murmelnde Geräusche (2. Phase), hierauf wieder 
klare deutliche Schläge (3. Phase), welche in der Folge dumpf und undeutlich 
werden (4. Phase) und schließlich ganz verschwinden (5. Phase). Wenn die 
dritte in die vierte Phase übergeht, ist der Zeitpunkt gekommen den diastolischen 
Blutdruck abzulesen. Da dieser Übergang häufig schnell vor sich geht, so ist das 
Erfassen des richtigen Augenblicks mitunter schwierig. F. gibt nun folgenden 
Kunstgriff an: Der Hahn wird in der 4. Phase geschlossen, dann legt man eine 
Hand auf die Manschette und übt einen direkten Druck aus, so daß das Quecksilber 
wieder steigt. Im Moment, wo der erste klare Ton der 3. Phase wieder erscheint, 
wird abgelesen, dies ist der diastolische Blutdruck. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


39. A. H. Clark (Baltimore). A study of the diagnostic and pro- 
gnostic significance of venous pressure observations in car- 
diac disease. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

Mit dem Hooker’schen Instrument angestellte Bestimmungen des venösen 
Blutdrucks lassen, wenn sie in häufigen Intervallen vorgenommen werden, ein 
sicheres Urteil über den Umfang einer Herzinkompensation und über Veränderungen 
in ihm zu. Die Grenze bei dieser Methode liegt bei 20 cm Wasser, ein Anstieg 
darüber hinaus geht den klinischen Zeichen der Dekompensation vorauf. Ein 
sichheben über 20 cm ist prognostisoh ungünstig, ein Absinken günstig. Vor dem 
Tod an dekompensiertem Herzen wird ein dauernd hoher venöser Druck oder ein 
rapides Ansteigen desselben beobachtet. 14 Pat. mit Herzinsuffizienz wurden 
mit 276 Einzelbestimmungen untersucht. Konstante Beziehungen zum systoli- 
schen oder diastolischen arteriellen Druck oder dem Pulsdruck fehlten. Venöser 
Druck und Urinausscheidung standen im allgemeinen im entgegengesetzten 
Wechselverhältnis. In drei Fällen setzte eine Venaesektion den venösen Druck 
herab, doch stieg er hernach rapide wieder an. F. Reiche (Hamburg). 


40. Myer Solis-Cohen. Exciting of the cardiac reflex in the treat- 
ment of enlargement of the heart and aorta. (New York med. 
journ. 1915. Oktober 16.) 

S. hat den Abrams’schen Herzreflex therapeutisch verwendet. Derselbe 
iesteht darin, daß sich ein erweitertes Herz oder erweiterte Aorta auf ein kräftiges, 
3-5 Minuten dauerndes Beklopfen des Proc. spinosus des VII. Halswirbels mittels 
Piessimeter und Perkussionshammer kräftig zusammenzieht. Diese Zusammen- 
vehung ist bald konzentrisch, bald nur eine Verschmälerung bewirkend. S. will 
vach einer einzigen Beklopfung Unterschiede von 2—5 cm perkutorisch und radio- 
‚isch beobachtet haben. Bevor er bei einer Dilatatio cordis die Venaesektion 


184 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 10. 


macht, probiert er immer zuvor den Abrams’schen Reflex und häufig mit Erfolg, 
so daß der Aderlaß unterbleiben kann. Verf. beschreibt 16 Fälle von Myokarditis, 
Endokarditis, Aneurysma und fügt 43 Abbildungen hinzu. Die Dauer der er- 
reichten Verkleinerung schwankte zwischen 2—22 Tagen; bei wiederholter Vor- 
nahme des Reflexes zeigten sich die meisten Herzen gehorsam und kontrahierten 
sich wiederum, während sich einige als widerspenstig erwiesen. Bei Kindern mit 
schwerer Endokarditis, Myokarditis und Kompensationsstörungen war der Reflex 
nicht zu erzielen. Nebst dieser sogenannten Spondylotherapie wurden gleichzeitig 
noch die altbewährten Mittel, wie Bettruhe, Digitalis, Warmwasserbeutel mit 
Eisblase häufig abwechselnd, in Anwendung gebracht. 


P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


41. Hering (Köln). Zur Erklärung des plötzlichen Todes bei 
Angina pectoris. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 44.) 
Der vom Arzte beobachtete Sekundenherztod, für dessen Plötzlichkeit die 
Sektion keinen entsprechenden Befund ergibt, läßt sich auf Grund der expen- 
mentellen Erfahrungen am Säugetierherzen nur durch Herzkammerflimmern er- 
klären. Reckzeh (Berlin). 


42. Ehret (Straßburg i. E.). Zur Kenntnis der accidentellen Herz- 
geräusche bei Kriegsteilnehmern. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 40.) 


Die accidentellen Herzgeräusche können diagnostisch außer für eine auf- 
geregte Herztätigkeit eine Verwertung nicht finden. Da sie bei Herzgesunden vie! 
häufiger sind, als bei organisch Erkrankten, muß man sich insbesondere von der 
Neigung freimachen, auf Grund als accidentell erkannter Geräusche eine Beein- 
trächtigung des Klappenspieles anzunehmen. Reckzeh (Berlin). 


43. C. J. Wiggens (New York). The dynamics of aortic insuff- 
ciency. (Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

W. berichtet an der Hand von Tierversuchen über die verschiedenen Verände- 
rungen des Aortendrucks und des intraventrikulären Drucks unmittelbar nach 
künstlicher Herbeiführung einer temporären Aorteninsuffizienz, bei der unter 
Anästhesie der Brustkorb eröffnet und vom Apex her eine Sonde gegen die Semi- 
lunarklappen geführt wird. Die danach beobachteten Erscheinungen erklären 
sich durch eine anfängliche Erhöhung der intraventrikulären Tension bei Aorter- 
klappenschlußunfähigkeitinfolge des Rückflusses während der Diastole und dadurch 
bedingten stärkeren Auswurfs eines größeren Blutquantums im Beginn der nächsten 
Systole, in deren-weiterem Verlauf die ausgeworfene Menge sich verringert; das 
bedingt einen steiler abfallenden Kurvenschenkel und eine nur unwesentliche 
Erhöhung der gesamten Auswurfsmenge. F. Reiche (Hamburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
-an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
'Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle, 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Intralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit +177 
Brauer, Y.:Jaksch;, *v. Leibe, Ndûñyn; : Schultze, Umber, 
Hamborg, - Frag, Stuttgart, , Baden-B., „„ Bonn, Charlottenburg, 
EEE ET - herausgegehen:von ` soi, 
: ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr, 11. 





Sonnabend, den 18. März 1916. 





Inhalt. 


reale Jaeger, Sammelreforat aus dem Gebiete der Neurologie und Psychiatrie. 
í eierate: 1. Goodhart, 2. Gerbardt, 3. Barringer und Teschner, 4. von den Velden, 
er Ten) 6. Baumgartner, 7. Newburgh und Porter, 8. Longeope, 9. und 10. Fromberg, 
F ar Ar Stoddard, 13. Waetzoldt, 14. Heller, 15. Weichsel, 16. Pick, 17. von 
=; Ai ‚Heller, 19. Frist, 20. Dieterich, 21. Mühsam, 22. Freund und Caspersohn, 
ph, 3. Schlesinger, 25. Galsböck und Jurak, 26. Christian, 27. d’Epine et Cottin, 


2. White, 39. Wilson, 30 White, 31. Po 
} . 30. . Popper, 83. Jores, 33. Barton, 34. White, 35. Carver, 
3. Braun, Verschiedenartigkeit der Herzkrankheiten. f ' 


Sammelreferat aus dem Gebiete der Neurologie 
und Psychiatrie. | 
(1. Juli bis 31. Dezember 1914.) 


Von 


Dr. Richard Jaeger, Halle. 
Aus den Ar 


beiten über Epilepsie sind zwei zu erwähnen, die die 
u.‘ von Luminalbehandlung mitteilen. Kutzinski hat ge- 
en en, daß bei genuiner Epilepsie durch Darreichung von täglich 
= bis 03g Luminal die Anfälle erheblich zurückgehen oder ver- 
E He Während bei infantiler Epilepsie diese Wirkung ausbleibt. 
a trotz monatelanger Darreichung keine schädlichen Neben- 
Pe beobachten. Setzt man das Luminal aus, treten die An- 
nn Wieder auf. Einen günstigen Einfluß auf die psychotischen 
a. bei Epilepsie hat er nicht gesehen. 
handen 2 -Dybrowski hat 22 Epileptiker mit Luminal be- 
der epile ri hat ebenfalls ein erhebliches Zurückgehen in der Zahl 
= ae Anfälle erzielt, auch bei Jahrzehnte alten Fällen 
Zustände „schrittener Demenz; eine Beeinflussung des psychischen 
für Lumin ae er auch nicht beobachten. Eine Kontraindikation 
bei nicht “behandlung kann er nicht angeben; Komplikationen traten 
Zim u hoher Dosierung nicht auf. 
Mermann hat Untersuchungen über das epileptische Blut- 


11 


186 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


bild angestellt. Er fand, daß. in den anfallsfreien Zeiten, die etwa 
3 bis 4 Tage dauern müssen, das Blutbild keine auffallenden Ab- 
weichungen vom normalen aufweist. Vor dem Anfall beobachtete er 
eine Zunahme der Leukocyten auf durchschnittlich 14000 bis 15000 
im Kubikmillimeter. "Das ‘gefärbte Eraparät, ‚wies anp a 


- e. .* i 


schnittlich 10000; däs ae Yan ine: Weitere: Steigerung der 
relativen Lymphocytose. Nach dem Anfall gingen die Lymphocyten 
zurück, und die eosinophilen und mononukleären stiegen an, die Zahl 
kehrte zur Norm zurück. Er kommt zu dem Schluß, daß bei gehäuften 
Anfällen die eosinophilen Zellen zurückgehen, die mononukleären und 
Übergangszellen ansteigen, und daß die Antigeneigenschaften des 
Blutes versagen. 

Über die Histologie und Histo-Pathologie der Blutgefäßwand, 
speziell im Zentralnervensystem hat Ranke gearbeitet. Er hat dazu 
elf schematische Figuren geliefert. Er kommt zu dem Ergebnis, dab 
als Grundlage aller mesenchymalen Gewebe nicht freie Zellen, sondern 
ein zuerst kernloses, später kernhaltiges Plasmanetz gelten muß; ein 
noch nicht bekannter Vorgang ist die Bildung der glatten Muskel- 
elemente aus dem Mesenchymalnetz der Blutgefäßwand. Das Binde- 
gewebsplasma bildet die morphologische Grundlage der fertigen Blut- 
gefäßwand; in diesem Bindegewebsnetz gehen die pathologischen Re- 
aktionen der Blutgefäßwand im wesentlichen vonstatten. Ein cha- 
rakteristischer pathologischer Prozeß der Membrana elastica interna 
größerer Arterien ist die Aufblätterung in ihre Partiallamellen (De- 
lamination), gleichzeitig erfolgt meistens ein Eingleiten von Muskel- 
elementen aus der Media zwischen die Partiallamellen der Elastica 
interna (Muskularisation der Intima). Bei den meisten endarteriiti- 
schen Prozessen finden sich diese beiden Veränderungen, doch über- 
wiegt bei der Arteriosklerose die Delamination und bei der luetischen 
Endarteriitis die Muskularisation der Intima. 

Bass hat sich mit der direkten Einwirkung des Adrenalins auf 
das Gehirn beschäftigt, er hat das Adrenalin unter die Dura gebracht, 
einige Male auch in das Gehirn injiziert. Die auffallendste Wirkung 
war bei den Tierversuchen ein Versinken in einen narkotischen Zustand, 
wobei jede Schmerzreaktion ausfiel; Schnenreflexe und Cornealreflexe 
waren erhalten, die Pupillen reagierten prompt; es handelte sich also 
mehr um einen tiefen Schlaf, der 2—5 Stunden dauerte. Außerdem 
wurde ein Sinken der Temperatur von 38,5 auf 35,5, sogar bis auf 
33,4 beobachtet; die Dosis war 6 bis 8 mg.- Kleinere Dosen bewirkten 
nur einen sofort auftretenden somnolenten Zustand. 

Neubürger berichtet über die Wirkung subkutaner Adrenalin- 
injektionen auf den Blutdruck bei Dementia praecox. Das Material 
umfaßt etwa 60 Kranke. Er fand, daß bei 80% aller untersuchten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 187 


Katatoniker und Hebephrenen gar keine oder nur geringe Blutdruck- 
steigerung eintrat. Er empfiehlt umfangreiche Weiteruntersuchung, 
ob es sich um ein charakteristisches Symptom handelt, und ob die 
übrigen Adrenalinwirkungen auch ausbleiben. 

Über den Stoffwechsel bei Psychosen berichtet Togami in einer 
zweiten Mitteilung auf Grund eines Untersuchungsmaterials von 
19 Fällen. Zu einem ausführlichen Referat ist hier nicht der Platz; 
es sei nur erwähnt, daß besonders Harnuntersuchungen vorgenommen 
sind. Togami meint, daß die Katatonie eine Folgeerscheinung von 
Filtrationsstörungen der Niere sein könnte, die die Eliminierung der 
Abbauprodukte erschweren. Bei der Paralyse trete eine Remission 
ein, wenn die erhöhte Oxydation eine vermehrte Ausscheidung der 
Zwischenprodukte hervorruft. Remissionen bei Katatonikern könnte 
man auf eine Verbesserung der Nierenfunktion zurückführen. (Diese 
Hypothesen stehen nicht im Einklang mit den jüngeren Forschungs- 
ergebnissen über das Wesen der Paralyse und Katatonie. Ref.) 

Ferner hat Neumann Untersuchungen über den Stoffwechsel 
bei progressiver Paralyse angestellt. Er kommt in seiner vorliegenden 
fünften Mitteilung zu folgenden Ergebnissen: Bei Paralyse, Lues 
cerebri, multipler Sklerose und Epilepsie findet sich eine vermehrte 
Ausscheidung der Oxyproteinsäuren. Ob diese Vermehrung bei der 
Paralyse mit der bei anderen organischen Hirnkrankheiten gefundenen 
identisch ist, läßt sich nicht entscheiden, doch sprechen anderweitige 
Ergebnisse für eine Wesensverschiedenheit bei Paralyse und bei Epi- 
lepsie. Die Oxyproteinsäurevermehrung ist nicht vom luetischen oder 
sonstigen organischen Hirnprozeß abhängig; sie fehlt bei Arterio- 
sklerose und bei seniler Demenz. 

Über die Lange’sche Goldsolreaktion liegen weitere Nach- 
prüfungen vor. Flesch berichtet auch zuerst über die Technik und 
bestätigt dabei die schon früher beobachteten Schwierigkeiten, be- 
sonders bei der Herstellung der Goldsollösung. Seine Untersuchungen 
gipfeln in dem Resultate, daß bei Lues cerebri und Tabes keine cha- 
rakteristischen Kurven sich ergeben, wie es bei der Paralyse der Fall 
zu sein scheint; eine charakteristische Ausflockung weist die Me- 
ningitis auf. Er vertritt auch die Ansicht, daß die Goldsolreaktion 
feiner ist als die Phase I, wie auch als die Wassermann -Reaktion, 
so daß bei einer schwachen Ausflockung die Wassermann -Reaktion 
in der Regel negativ ist. Ein umgekehrtes Verhalten, daß bei posi- 
tivem Wassermann die Kurve negativ war, wurde nie beobchtet. 

Ferner berichtet Kaplan über Goldsolreaktion im Liquor der 
Paralytiker; er hat eine ausführlichere Veröffentlichung im Journ. 
of the amer. med. assoc. gebracht, bei der 250 Lumbalflüssigkeiten 
untersucht sind. Er kommt ebenfalls zu dem Resultate, daß eine 
charakteristische Ausflockung, und zwar eine starke, des Goldes nur 
bei Paralyse und Taboparalyse eintritt, bei Lues cerebrospinalis ist 


11* 


188 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


die Kurve nicht charakteristisch, bei Tabes tritt keine oder nur 
schwache Reaktion auf. Meningitis hat er nicht untersucht. 

Vetlesen teilt einige Fälle von Paralysis agitans mit Mxyödem 
mit. Er meint, daß die anatomischen Untersuchungen noch nicht 
genügend zahlreich und auch nicht übereinstimmend sind, daß aber 
bei Paralysis agitans sehr wohl eine funktionelle Insuffizienz der Para- 
thyreoideae vorhanden sein kann, auch wenn die Drüsen keine Zeichen 
von Hypertrophie aufweisen. Jedenfalls sei das gleichzeitige Vor- 
kommen von Paralysis agitans und Myxödem so oft beschrieben wor- 
den, daß diesem Gewicht beigelegt werden muß. Bezüglich der 
Therapie sind von mehreren Autoren günstige Resultate mit Para- 
thyreoidsubstanz bei Paralysis agitans mitgeteilt worden; auch liegen 
experimentelle Ergebnisse vor, daß bei Tieren operativ eine para- 
thyreoidale Insuffizienz herbeigeführt ist, die in ihrem klinischen 
Bilde eine große Ähnlichkeit mit der Paralysis agitans des Menschen 
zeigt. 

Über Tetanieanfälle nach und bei Dysenterie berichtet Loewy 
aus dem Felde. Die Anfälle bestanden in Parästhesien und Krämpfen 
in den unteren Extremitäten oder in Parästhesien der oberen Extre- 
mitäten. Sie traten gehäuft bei kalten Regentagen ein und stellten 
sich im Gegensatz zu den hysterischen erst nach der Entfernung aus 
dem Feuerbereich ein. Bis auf einen Pat. litten alle an Diarrhöe. 
Eine Erklärung vermag er nicht zu geben, in der Literatur hat er 
bisher nichts darüber gefunden. 

Schacherl hat in Wien eine ambulatorische Behandlung von 
Tabes und Paralyse mit Tuberkulin, kombiniert mit Quecksilber, 
nach v. Wagner’s Grundregeln durchgeführt. Er begann mit 
0,0005 Alt-Tuberkulin und erzielte trotz der kleinen Anfangsdosis 
gute Reaktionen. Von den bisher durchgeführten Kuren traten von 
13 Paralytikern in 7 Fällen Besserungen ein, von 8 tabischen Ataxien 
in 6 Fällen Besserungen; von 3 Kranken mit gastrischen Krisen 
hörten dieselben in 2 Fällen vollkommen auf, im dritten Fall trat 
erhebliche Verminderung der Anfälle auf. Die lanzinierenden Schmer- 
zen pflegten im Beginn der Kur sich zu steigern, im weiteren Verlauf 
trat Rückgang derselben ein, meist bis zurSchmerzfreiheit. S. glaubt, 
daß es zweckmäßig ist, die Tuberkulinbehandlung ambulatorisch in 
größerem Maßstabe weiter zu versuchen. | 


Literaturverzeichnis: 

1) A. Kutzinski, Luminalbehandlung bei Epilepsie. Monatsschrift f. 
Psych. u. Neur. XXXVI. S. 174. 

2) W. Grzywo-Dybrowski, Die Wirkung des Luminals bei epileptischer 
Demenz. Monatsschrift f. Psych. u. Neur. XXXVI. S. 248. 

3) R. Zimmermann, Beitrag zur Kenntnis des epileptischen Blutbildes. 
Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. XXVIII. S. 339. 

4) O. Ranke, Zur Histologie und Histopathologie der an 
- Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. XXVII. S. 221. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 189 


5) A. Bass, Über eine Wirkung des Adrenalins auf das Gehirn. Zeitschrift 
f. d. ges. Neur. u. Psych. XXVI. S. 600. 

6) K. Neubürger, Über die Wirkung subkutaner Adrenalininjektionen 
auf den Blutdruck bei Dementia praecox. Archiv f. Psychiatrie LV. S. 521. 

7) K. Toga mi, Beiträge zur Lehre vom Stoffwechsel bei Psychosen. II. Mit- 
teilung. Monatsschrift f. Psych. u. Neur. XXXVI. S. 42. 

8) L. Neumann, Untersuchungen über den Stoffwechsel bei progressiver 
Paralyse. Zeitschrift f. d. ges. Psych. u. Neur. XXVII. S. 75. 

9) M. E. Flesch, Die Untersuchung des Liquor cerebrospinalis mit kol- 
loidaler Goldlösung. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. XXVI. S. 318. 

10) D. M. Kaplan, Die charakteristische Ausflockung kolloidalen Goldes 
durch den Liquor progressiver Paralytiker. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. 
XXVII. S. 246. 

11) D. M. Kaplan and Mc. Clelland, The precipitation of colloidal gold. 
Journ. of the amer. med. assoc. 62. S. 511. 1914. 

12) H. J. Vetlesen, Paralysis agitans und Myxödem. Zeitschrift f. d. ges. 
Neur. u. Psych. XXVI. S. 462. 

13) Max Loewy, Tetaniesymptome nach und bei Dysenterie. Monatsschrift 
f. Psych. u. Neur. XXXVI. S. 448. 

14) M. Schacherl, Zur ambulatorischen Tuberkulinbehandlung der syphi- 
l\ogenen Nervenkrankheiten. Jahrbücher f. Psych. u. Neurologie XXXV. S. 27. 





Referate. 


1. J. F. Goodhart (London). The right-sided murmurs of mitral 
stenosis: their bearing on the course of the disease. (Lancet 
1915. Juli 3.) 


In späten Stadien der Mitralstenose kann man gelegentlich ein regurgitierendes 
Geräusch über dem rechten Ventrikel beobachten, das anscheinend an der Tricus- 
pidalis, und zwar durch Hypertrophie und Dilatation des rechten Ventrikels ent- 
steht, die so groß sein kann, daß dieser ganz nach vorn zu liegen kommt. Zuweilen 
ist ferner auch die Pulmonalarterie dilatiert mit entsprechender mehr oder weniger 
ausgeprägter Insuffizienz der Semilunarklappen, wodurch ein eigenartiges diasto- 
lisches Geräusch bedingt wird, das an venöse Geräusche erinnert. Unter 84 ein- 
schlägigen Fällen wurde jenes Tricuspidalgeräusch 7mal, ein diastolisches Pul- 
monalgeräusch 6mal und 4mal alle beide gehört. Bei diesen meist sehr langsam 
entstandenen Formen von Tricuspidalinsuffizienz ist ein positiver Jugularvenen- 
puls oft nicht nachweisbar. — Die Prognose der Mitralstenose ist keine ganz un- 
günstige, G. sah wiederholt 16 und 20 Jahre lange Dauer des Leidens. In der 
Therapie warnt er vor dem bedingungslosen Gebrauch von Digitalis; sie schadet 
oft bei diesem Vitium. Convallaria, ferner Opium und auch Blutentziehungen sind 
oft von besserer Wirkung. Der Eintritt des Klimakteriums ist bei Frauen mit 
Mitralstenose, wohl durch Ausbleiben der regelmäßigen Blutentziehungen, häufig 
ungünstig. In der Diät ist auf kleine Mahlzeiten und zeitweises starkes Ein- 
schränken der Nahrungszufuhr mit Erlaubnis von Flüssigkeit und Wasser zu halten; 
Bettruhe ist wenn möglich zu vermeiden. F. Reiche (Hamburg). 


190 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


2. + Gerhardt (Würzburg). Die Endokarditis. Wien u. Leipzig, 
Alfred Hölder’s Verlag, 1914. 

Mit einer glänzenden, erschöpfenden Darstellung der Endokarditis in ein- 
heitlicher geschlossener Fassung hat G. die Literatur der Klinik der Herzkrank- 
heiten bereichert. Es ist höchst dankenswert, daß G. seinen übrigen, gediegenen 
Werken aus der Herzpathologie »die Endokarditis« folgen ließ. Klar und syste- 
matisch mit einer unkomplizierten Natürlichkeit der Ausdrucksweise ist die Schil- 
derung der verschiedenen Kapitel; besonders zu begrüßen ist die schöne, aus- 
führliche Beschreibung der Endocarditis lenta. Ihre genaue Kenntnis ist für die 
Herzdiagnostik von ganz besonderem Wert geworden. Besonders lehrreich sind 
die angeführten Krankengeschichten. Somit bietet das Werk die vorzüglichste Ge- 
legenheit, die Endokarditisliteratur genau kennen zu lernen und reiche Erfahrung 
daraus zu schöpfen, wofür des Verf.s Name als Herzkliniker die beste Empfeh- 
lung ist. Feith (Nürnberg). 


3. T. B. Barringer and J. Teschner (New York). The treatment 
of cardiac insufficiency by a new method of exercise with 
dumb-bells and bars. (Arch. of internal med. 1915. November.) 

In der Behandlung der Herzinsuffizienz bewährten sich häufige Puls- und 
Blutdruckbestimmungen im Anschluß an abgestufte Übungen, die mit Hanteln 
und Eisenstäben vorgenommen wurden, aufs beste zur Abschätzung des Grades 
der funktionellen Herzschwäche, ferner erwiesen sich in einer bislang noch kleinen 
Gruppe von Herzkranken diese Übungen als wertvolles therapeutisches Agens. 

F. Reiche (Hamburg). 


4. R. von den Velden (Düsseldorf). Rechtseitige Kardiolyse. (Zen- 
tralblatt für Röntgenstrahlen 1915. Hft. 1.) 

An der Hand einer Krankengeschichte gibt Verf. die Indikation für die oben 
genannte Operation. Es handelt sich bei dem Kranken um hochgradige Schwarter- 
bildung der rechten Pleura, wodurch Mediastinum, Herz und rechtes Zwerchfell 
nach rechts und oben hereingezogen und immobilisiert sind. Dadurch ist es 
zu einer Knickung der unteren Hohlvene an ihrer Einmündungsstelle gekommen, 
welche Kompensationsstörungen (Stauungserscheinungen, Atemnot) hervorgerufen 
hat. Durch Wegnahme der IV. bis VII. Rippe vom Sternalansatz bis zum 
Rippenwinkel wird das Schwartengewebe, welches sich zwischen Thoraxwand, 
Herz und Mediastinum ausspannt, entspannt und so eine bessere Herzfüllung in 
der Diastole erreicht, wodurch allmählich die Kompensationsstörungen behoben 
werden. Die Indikationsstellung für die rechtseitige Kardiolyse ist nach Verf. 
oft sehr schwer, weil die eigentliche Ursache der Beschwerden, nämlich Störungen 
an der Einmündungsstelle der unteren Hohlvene, häufig durch pulmonale, renale 
oder polyserositische Prozesse verdeckt ist. Als strikte Kontraindikation zur 
Operation ist jede stärkere Mitbeteiligung der Lunge, besonders eine offene Tuber- 
kulose, anzusehen. - L. Kreuzer (Zell i. W.). 


5. Erich Liebmann. Untersuchungen über Herzmuskulatur bei 
Infektionskrankheiten. 2) Über Veränderungen der Herz- 
muskulatur bei kruppöser Pneumonie. (Deutsches Archiv f. klin. 
Medizin 1915. Bd. CXVIII. Hft. 2.) 

Elf Herzen von an kruppöser Pneumonie verstorbenen Pat. wurden nach 
der Krehl’schen Methode untersucht. In zwei Fällen wurden entzündliche Ver- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 191 


änderungen der Herzmuskulatur vorgefunden, bestehend in interstitiellen Zell- 
anhäufungen. Nur in einem dieser Fälle konnte ein Zusammenhang mit degene- 
rativen Vorgängen festgestellt werden. In einem dritten Falle wurden ebenfalls 
entzündliche und Entartungsprozesse im Myokard festgestellt, jedoch bestand 
daneben eine ausgeprägte frische Endokarditis, die auch während des Lebens 
im Krankheitsbilde vorgeherrscht hatte. Der Befund wurde am 8., 9. und 13. Tage 
erhoben. 

Die Herde im Myokard waren von geringer Ausdehnung und machten keine 
klinischen Erscheinungen. Sie müssen als Ausdruck einer latenten Schädigung 
der Herzmuskulatur bei der kruppösen Pneumonie betrachtet werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


6. Hans Baumgartner. Über spezifische diffuse produktive Myo- 
karditis. (Frankfurter Zeitschrift f. Pathologie 1915. Bd. XVIII. Hft. 1.) 
Verf. hat die in der Literatur als spezifisch beschriebenen Fälle von diffuser 
produktiver Myokarditis zusammengestellt und nach ihrer Ätiologie gesichtet; 
durch positiven bakterioskopischen Befund als Syphilis erwiesen ist nur einer, zwei 
Fälle sind durch positiven Tuberkelbazillenbefund gestützt, ein Teil der übrigen 
Fälle ist auf Grund des histologischen Bildes, sowie auf Grund des übrigen Sek- 
tionsbefundes und anamnestischer Momente als spezifisch charakterisiert, und 
entscheiden sich die Autoren auf Grund der Morphologie des Prozesses für die 
eine oder die andere Ätiologie. Endlich finden sich Fälle, deren Ätiologie als . 
spezifisch in keiner Weise bewiesen ist. | 

Verf. hat sämtliche in der Literatur als spezifisch beschriebenen bezüglichen 
Fälle nach den histologischen Merkmalen, und zwar je nach dem Vorhandensein 
oder Fehlen von Nekrose oder Riesenzellen in vier Gruppen eingeteilt und der 
vierten Gruppe (mit Nekrose und Riesenzellen) einen Fall angegliedert. 

Es handelt sich in demselben um eine 28jährige Frau, die ohne jede voraus- 
gegangene Erkrankung plötzlich starb. Als Todesursache fand sich eine diffuse 
Myokarditis, die schon makroskopisch deutlich erkennbar war und mikroskopisch 
durch Anwesenheit von Riesenzellen und Nekrosebezirken im Granulationsgewebe 
charakterisiert war. Die bakterioskopische Untersuchung war sowohl in Hinsicht 
auf Tuberkulose als in Hinsicht auf Syphilis negativ ausgefallen. Hauptsächlich 
auf Grund des histologischen Bildes mußte sich der Verf.. für die tuberkulöse 
Ätiologie entscheiden. 

Nebenbei hat Verf. die Frage der myogenen Abstammung des Granulations- 
gewebes im Myokard studiert und ist dabei zu einem positiven Resultat gelangt. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


7. L. H. Newburgh and W. T. Porter. The heart muscle in 
pneumonia. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 123.) 

Der Herzmuskel ist bei der Pneumonie nicht geschädigt. Wenn man aber 
einen gesunden Herzmuskel mit Blut von Lungenentzündungstieren durchströmen 
läßt, so wird seine Kraft geschwächt. Man muß annehmen, daß bei der Lungen- 
entzundung eine allmähliche Anpassung des Herzmuskels an die Bakteriengifte 
stattfindet. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


192 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


8. W. T. Longeope (New York). The effect of repeated injections of 
foreign protein on the heart muscle. (Arch. of internal med. 1915. Juni.) 
Es gelingt bei Kaninchen, die zuvor gegen diese Substanzen sensibilisiert 
wurden, durch wiederholte Injektionen artfremder Eiweißstoffe regelmäßig aus- 
gedehnte Herde von Zelldegeneration im Herzmuskel und ebenso auch in Leber 
und. Nieren hervorzubringen, die in ersterem früh durch eine dichte Rundzellen- 
infiltration charakterisiert sind, worauf späterhin diese subakuten entzündlichen 
Prozesse vernarben und gelegentlich das Bild einer interstitiellen Myokarditis 
zeigen; einmalige Einspritzungen führten vereinzelt zu weniger ausgesprochenen 
analogen Veränderungen. Sie unterscheiden sich völlig von den durch Epi- 
nephrininjektionen hervorgebrachten Alterationen und entsprechen auch nicht 
genau den durch Injektionen von Streptokokken erzeugten. Es folgert aus obigem 
noch nicht, daß jene Proteine primär für die Zellen des Tieres toxisch sind. 
| . F. Reiche (Hamburg). 


9. C. Fromberg. Historische Korrektur. (Zentralblatt f. Herz- u. 
Gefäßkrankheiten 1915. Hft. 5.) 


Verf. verlangt Streichung von Botallo’s Namen aus der medizinischen 
Nomenklatur, da derselbe den Ductus arteriosus wohl gar nicht gekannt hat, das 
offene Foramen ovale, als dessen Entdecker er in der französisch-italienischen 
Literatur gilt, schon Galen und Wasal bekannt war. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


10. C. Fromberg. Experimentelle Studie über die Zirkulations- 
verhältnisse in Ductus arteriosus post partum. (Zentralblatt 
f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Hft. 5.) 

Der Duct. arter. verläuft aus der rechten Herzkammer von rechts oben vom 
nach links hinten und durchbohrt die Aortenwand in schräger Richtung. Die 
schlitzförmige Einmündungsstelle ist von einem ventilartigen Fortsatz der oberen 
Mündungswand überdacht, welcher schon bei geringstem Druck auf die Klappe 
die Öffnung völlig verschließt. Versuche, die den physiologischen Verhältnissen 
ziemlich genau angepaßt sind, zeigen, daß in allen Fällen, wo der Ductus arteriosus 
geöffnet ist, gleichgültig ob das Kind geatmet oder nicht geatmet hat, die Füllung 
des Duktus trotz des dreifachen Blutüberdruckes in der Aorta stets von der Art. 
pulmon. aus erfolgt.. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


11. K. Schulhof. Zur Symptomatologie der Persistenz des Ductus 
Botalli. (Casopis lékaru ceskych 1915. S. 863.) 

Der Autor beschreibt einen nicht sezierten Fall bei einem 27jährigen Gärtner. 
Über der Art. pulmonalis war ein starkes systolisches Geräusch vorhanden, das 
ein Crescendo aufwies und mit einem lauten diastolischen Ton endete. Während 
des Inspiriums verstärkte sich das Geräusch (Franck), doch verschwand dieses 
Symptom später, weil, wie S. annimmt, der Druck in der Aorta während des In- 
spiriums sinkt und daher weniger Blut in den Botallischen Gang gedrückt wird. 
Durch Kompression der Bauchaorta, also durch Blutdrucksteigerung in derselben, 
wurde das Geräusch stärker; wäre der Blutstrom umgekehrt gewesen (aus der Art. 
pulmonalis in die Aorta), wäre das Geräusch bei Kompression der Aorta wohl 
schwächer geworden. Durch dasselbe Experiment trat eine Füllung und Pulsation 
der tieferen Venen ein, die rechte Halsseite hob sich um I cm und mehr, ein Beweis, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 103 


daß eine direkte Einwirkung auf das rechte Herz erzielt wurde. Ferner war bei 
dem beschriebenen Fall vom zweiten linken Interkostalraum bis zur linken Herz- 
grenze ein doppelter Herzstoß tastbar und graphisch fixierbar, der, wie die gleich- 
zeitige Auskultation lehrte, an der Herzspitze gleichzeitig mit den Herztönen tastbar 
war. Diesen zweiten Herzstoß, sowie auch den Umstand, daß das an Stärke zu- 
nehmende Geräusch mit einem lauten diastolischen Ton abschloß, erklärt der Autor 
durch einen mächtigen, durch die Kontraktion der hypertrophischen Wand der 
Art. pulmonalis und vielleicht auch des Ductus Botalli bedingten Rückstoß des 
Blutes. Auch das Sokolov’sche Symptom war vorhanden (Unterschied im Puls 
und Blutdruck an den oberen Extremitäten); doch scheint dem Autor die Erklärung 
desselben in Fällen, wo keine Komplikationen vorhanden sind, unwahrscheinlich, 
speziell aus dem Grund, weilin seinem Fall der Unterschied nur den Maximaldruck 
hetraf; wäre der Unterschied, wie Sokolov behauptet, durch eine Senkung des 
Blutdrucks in der Aorta jenseits der Mündungsstelle des Botallischen Ganges, 
also durch den Abfluß eines Teiles des Aortenblutes durch diesen Gang bedingt, 
dann hätte auch eine Senkung des Minimaldrucks eintreten müssen, der jedoch 
auf beiden Seiten gleich war. G. Mühlstein (Prag). 


12. J. L. Stoddard (Boston). A case of open ductus arteriosus, 
with necropsy. (Arch. of intern. med. 1915. Juli.) 

Der vorliegende autoptisch bestätigte Fall bei einem 17jährigen Mädchen 
zeigte klinisch die für offen gebliebenen Ductus arteriosus Botalli typischen Merk- 
male mit leichter Cyanose und Trommelschlägelfingern und einem von Schwirren 
begleiteten kontinuierlichen, systolisch anschwellenden Geräusch in der Pulmonal- 
region, zu dem später noch die Zeichen einer Aorteninsuffizienz hinzutraten; post 
mörtem fanden sich eine Endokarditis der Aortenklappen mit akuten, auf Strepto- 
kokkeninfektion beruhenden Vegetationen und — die Richtung des Blutstroms 
so erweisend — gleiche Vegetationen im Botallischen Gang und in der Pulmonal- 
arterie und eine anscheinend von den Aortenklappen stammende paradoxe Embolie 
der Lunge durch diesen Gang. Der rechte Ventrikel war leicht hypertrophisch, 
die Pulmonalarterie dilatiert, beides bedingt durch den erhöhten Druck in letzterer, 
dem im Leben ein lauter zweiter Pulmonalton entsprach. Der Tod war unter 
Fieber, Schweißen, Anämie und Purpura erfolgt. — Eine Übersicht über 63 Fälle 
aus der Literatur ergibt, daß die für charakteristisch gehaltenen physikalischen 
Zeichen häufiger fehlen als zugegen sind, und meist nicht absolut ausschlaggebend 
sind, daß ferner die Röntgenung keine sichere Diagnose gibt und das typische 
Geräusch nicht durch Offenbleiben des Ductus an sich entsteht, sondern durch den 
Winkel, unter dem es von der Aorta abgeht und in die Lungenarterie mündet, 
ferner durch Falten oder Vegetationen im und am Ductus, daß auch das weibliche 
Geschlecht nicht überwiegend befallen wird und schließlich die Anomalie nur 
dann zum Tode im 1. Lebensjahre führt, wenn andere kongenitale Herzläsionen 
daneben bestehen. F. Reiche (Hamburg). 


13. 6. A. Waetzoldt. Die Beurteilung leichter Herzstörungen bei 
Heeresangehörigen. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft. 4. S. 139.) 
Das Sammelreferat gibt eine Übersicht über Arbeiten von His, Münter, 
Vollmer und Munk über dies praktisch so wichtige Gebiet. Im einzelnen sind 
die Auffassungen über die Beurteilung des Krankheitsbildes verschieden, in der 
Therapie sind sich alle Verff. einig, daß die Erkrankten im Ruhedienst hinter der 


194 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


Front geschont werden müssen und daß die Leute, die nicht durch kurze Ruhe 
wieder dienstfähig werden, in die Heimat entlassen werden. 


Ruppert (Bad Salzuflen). 


14. Heller. Herzstörungen im Kriegsdienst. Das „Übermüdungs- 
herz“. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 

Verf. bespricht den Symptomenkomplex der bekannten Herzstörungen, die 
durch den Kriegsdienst hervorgerufen werden. Verf. unterscheidet drei Formen, 
1) das Tropfenherz der Astheniker, 2) das Herz von normaler Größe mit beschleu- 
nigtem Puls und mittlerem Blutdruck, 3) das mäßig verbreiterte Herz mit be- 
schleunigtem Puls und höherem Blutdruck, wobei er auf das häufig Dikrotie auf- 
weisende Sphygmogramm zur Sicherung der Diagnose, besonders aufmerksam 
macht. Feith (Nürnberg). 


15. + J. Weichsel. Das Wichtigste aus dem Gebiete der Herz- 
krankheiten für den praktischen Arzt und den Feldarzt. 
32S. Leipzig, Repertorien-Verlag, 1915. 

In der kleinen Schrift werden in kurzen Umrissen die Endokarditis acuta, die 
Mitral- und Aortenklappenfehler, die Arteriosklerose und syphilitische Aorten- 
erkrankung, angeborene Herzfehler und die Herzneurose gezeichnet. Ein Schlub- 
abschnitt gibt allgemeine Winke über die Therapie. 

In Form eines Wiederholungskursus werden nur die wichtigsten Punkte 
berührt und so dem Praktiker die Gelegenheit gegeben, sich rasch über die neueren 
Anschauungen auf diesem Wissensgebiet zu unterrichten. Besonders hervor- 
zuheben ist die anregende und fesselnde Schreibweise. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


16. Pick. Über leichte Herzveränderungen bei Kriegsteilnehmerın. 

(Med. Klinik 1915. Nr. 32. S. 891.) ` 

Leichte Insuffizienzerscheinungen seitens des Herzens auf physikalischen 
Veränderungen beruhend ohne Mitsprechen einer infektiösen Ursache finden sich 
nicht nur bei jüngeren Männern, sondern auch bei Männern, die älter als 50 Jahre 
sind infolge von großen körperlichen Anstrengungen. Objektiv pflegen sich meist 
Erweiterungen des Herzens einzustellen, Zunahme der Pulsfrequenz neben sub- 
jektiven Beschwerden (Beklemmungsgefühl, Kurzatmigkeit). Es handelt sich 
um eine Kreislaufinsuffizienz. Die mehr oder weniger großen Strapazen haben 
den Blutumlauf verändert; in erster Linie durch die gesteigerte Respiration. Scich 
intensivere Lungenarbeit hat ein stärkeres Ansaugen venöser Blutmengen aus der 
Peripherie zur Folge und bewirkt eine Hyperämie in den Lungen. Die Folge davon 
ist ein größeres Herzschlagvolumen, es geht in der Zeiteinheit erheblich mehr 
Blut durch die Querschnitteinheit der Arterien; der Zirkulationsapparat wird 
überlastet. Wenn eine exakt dosierbare Herz- und Gefäßgymnastik die Be- 
schwerden in kürzester Zeit zum Schwinden bringen, und objektiv am Herzen 
keine Veränderungen mehr nachzuweisen sind, so ist der Beweis dafür erbracht, 
daß es sich.um Störungen gehandelt hat, bei denen die Saugwirkung der Lungen 
nicht in dem richtigen Verhältnis zur Druck- bzw. Pumparbeit des linken Herzens 
stand. Es handelt sich bei diesen Herzveränderungen um eine geringe Herz- 
insuffizienz, die, da sie rein physikalischen Ursprungs ist, durch physikalische 
Maßnahmen günstig beeinflußt werden kann. Ruppert (Bad Salzuflen). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 195 


17. R.. von den Velden (Düsseldorf). Feldärztliche Fragen. (Zentral- 
blatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten Hft. 1.) 


Verf. gibt eine kurze Darstellung des Kreislaufmaterials, welches in diesem 
Feldzug zur Beurteilung kommt. Zunächst ist jetzt das Menschenmaterial ein 
ganz anderes wie im Frieden, wo man bei der Einstellung gerade in bezug auf die 
sog. Herzkranken überängstlich ist. Nach Verf.s Beobachtungen sind es zwei 
Kategorien, welche nicht ohne weiteres vollwertig sind: einmal die hypoplastischen 
Herzen, dann solche, deren Myokard gelitten hat. Der Repräsentant der ersteren 
ist das »kleine« sog. Tropfenherz, das gerade bei plötzlichen Überanstrengungen, 
physischen und auch psychischen, wie sie der Feldzug mit sich bringt, versagt. 
Zu der zweiten Kategorie zählen alle Herzen, welche infolge früherer oder chroni- 
scher Erkrankungen »gelitten« haben. Auf diese beiden Arten ist hauptsächlich 
bei der Einstellung zu achten, dagegen soll man nicht zu ängstlich sein bei leicht 
erregbaren Herzen und besonders bei solchen mit Geräuschen an der Herzspitze 
oder Herzmitte, die selbst größere Strapazen ohne jede Schädigung durchhalten. 
D:8 der Kriegsdienst den Kreislauf natürlicherweise sehr anspannt, zeigen 
jedoch deutlich die Infektionskrankheiten im Felde, wo dann das Herz sehr rasch 
versagt, bei denen deshalb auch sofort bei Beginn kardiotonische Therapie not- 
wendig ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


18. Richard Heller. Infanteriegeschoß in der Herzmuskulatur. 

(Med. Klinik 1916. Nr. 1. S. 15.) 

Es handelt sich um einen 24jährigen Soldaten, der vor ca. 2 Monaten im Felde 
. verwundet wurde. 

Der Einschuß am linken Schulterblatte verheilte nach seinen Angaben in 
richt allzulanger Zeit. Gleich nach der Verletzung hatte er Blut gehustet. Da 
er über zeitweise Atemlosigkeit und Herzklopfen bei geringen Anstrengungen 
klagte, so wurde er untersucht, wobei sich deutlich der Schatten eines spitzen 
(russischen) Geschosses, dessen Spitze nach abwärts gerichtet war und das in der 
Herzmuskulatur links von der Medianlinie in der Kammerwand lag, zeigte. 

Das Geschoß folgte den Herzbewegungen. Ebenso deutlich ist dasselbe bei 
seitlicher Durchleuchtung zu sehen, wobei eine schiefe Lage von rückwärts nach 
vorn konstatiert werden konnte. Ruppert (Bad Salzuflen). 


19. Joachim Frist. Über einen Fall von Herznaht. (Med. Klinik 

1915. Nr. 40. S. 1105.) 

20jähriger Mann bekam einen Stich in die Herzgegend, aus dem es stoßweise 
blutete. 6 Stunden nach der Verletzung Operation, da auf Grund der Herzdämp- 
fung und des Pulsbefundes, über die nichts Näheres gesagt ist, eine Herzverletzung 
angenommen wurde. Nach Eröffnung des Brustraumes sank die Lunge ein, da 
nicht mit Überdruckapparat gearbeitet wurde. Nach Entfernung der Blut- 
gerinnsel aus dem vorderen Mediastinalraum, zeigte sich im Perikard eine 3 cm 
-large Wunde, aus der sich stoßweise nur wenig Blut und Gerinnsel entleerten. 
Erweiterung dieses Schnittes nach oben und unten und Vorlagerung des Herzens, 
wobei nun die eben so lange Stichwunde im Ventrikel sichtbar wurde, aus der 
ch ebenfalls bei jeder Systole spärlich Blut entleerte. Während der Naht wurden 
die Kontraktionen immer langsamer, und schließlich blieb das völlig ausgeblutete 
_ Herz vollständig stehen und erholte sich nicht wieder. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


196 | Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


20. Dieterich (Mannheim). Ein Fall von Herzwandschuß. (Münch. 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 

Es wurde eine Kugel aus der Vorderwand des rechten Ventrikels entfernt, die 
anfallsweise auftretende Tachykardie mit Ohnmachten und schlechtem Allgemein- 
befinden hervorgerufen hatte. Der Sitz der Kugel war röntgenologisch genau 
diagnostiziert. Nach der Operation verlor Pat. die Anfälle und erholte sich gut. 

Reckzeh (Berlin). 


21. Mühsam (Berlin-Moabit). Vorstellung eines Mannes mit Herz- 
schuß. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 

Durch Aufnahmen in verschiedenen Durchmessern wurde festgestelit, daß 
die Kugel nie ganz den Herzschatten verläßt. Besonders wichtig war die Unter- 
suchung in seitlichem Durchmesser, da es sich bei ihr zeigte, daß das Geschoß an 
der Rückseite des Herzens, also zwischen Herz und Wirbelsäule, saß. 

Reckzeh (Berlin). 


22. Freund und Caspersohn (Berlin-Altona). Schrapnellkugel in 

der rechten Herzkammer. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 

Da die Symptome der Herzverletzungen oft sehr gering, die Folgezustände 

aber lebensgefährlich sein können, muß eine aktive Therapie gefordert werden. 
Reckzeh (Berlin). 


23. Adolph (Frankfurt a. M.). Zur Beurteilung der Kriegsver- 
wendungsfähigkeit unserer Herzkranken. (Münch. med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 43.) 

Die Hauptentscheidung über die Kriegsverwendungsfähigkeit wird sich stet: 
auf der Grenzlinie bewegen, wo die Erscheinungen von seiten des Nervensystems 
(Neurosen) oder wirkliche organische Störungen des Herzmuskels nahezu gleicht 
klinische Bilder ergeben. Reckzeh (Berlin). 


24. Schlesinger (Straßburg i. E.). Die Herzkrankheiten und Herz- 
störungen der Soldaten im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 42.) 

Das Zahlenverhältnis der einzelnen Formen von Herzstörungen, wie man 
es bei den Soldaten im Felde beobachtet, ist verschieden von dem, wie es aus der 
Friedenspraxis bei der gleichaltrigen männlichen Bevölkerung geläufig ist. Ver- 
glichen mit den Fällen von Herzneurosen stellen die Muskelerkrankungen schwerere 
Fälle dar; ist doch hier auch kaum, auch nicht nach dem Schwinden aller Schwäche- 
symptome, eine Restitutio ad integrum anzunehmen. Die ernstere Bedeutung 
erhellt auch daraus, daß kaum ein Viertel dieser Soldaten wieder als felddienstfähig 
zur Truppe entlassen werden konnte, und daß ein volles Drittel in Reservelazarettt 
übergeführt wurde; die übrigen waren, wenigstens zunächst, garnisondienstfähig. 

Reckzeh (Berlin). 


25. Felix Gaisböck und L. Jurak (Agram). Klinische und ana- 
tomische histologische Untersuchungen über einen Fall mit 
Adams-Stokes’schen Symptomen. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäß- 
krankheiten 1915. Hft.4 u. 5.) 

Die Verff. teilen einen Fall mit obigem Symptomenbild mit, bei dem die 
kardiovaskulären Störungen einer atypischen chronischen Nierenerkrankung bei- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 197 


geordnet sind, wobei noch eine hochgradige Atherosklerose mit sehr hohem ar- 
teriellen Druck besteht. Die dauernde Pulsverlangsamung beträgt 26—32 pr. min., 
die Schlagfolge ist regelmäßig und wird durch Vagusdruck nicht beeinflußt. Auf 
Atropin treten Extrasystolen auf. Nach den Jugularis- und Radialispulskurven 
ist das Verhältnis zwischen Vorhofskontraktion und Ventrikelsystole wie 4:1, 
d.h. es sind drei vom Vorhofe kommende Reize blockiert. Die auffallendste und 
in diesem Zusammenhang selten beschriebene Erscheinung sind Ventrikeltachy- 
kardinen, welche besonders nach den schweren Anfällen mit völligem Ventrikel- 
stillstand auftreten. Diese Tachykardien sind aufzufassen als eine Häufung von 
Kammerextrasystolen, welche sich infolge einer Steigerung der automatischen 
Reizbildung nach dem Ventrikelstillstand einstellen. Als Ursache der Anfälle 
ist in diesem Falle teils der chronisch-urämische Zustand und der hohe arterielle 
Druck anzusehen, teils Zirkulationsstörungen in der Medulla oblig. infolge der 
hochgradigen Sklerose, welch letztere auch durch plötzliche starke Beeinträch- 
tigung der Blutversorgung in der Gegend des His’schen Bündels, die vollständige 
Unterbrechung der Reizleitung bewirken kann. Durch Adrenalinbehandlung sind 
der Allgemeinzustand, sowie besonders die Anfälle weitgehend gebessert worden. 
Es handelt sich also in diesem Falle nach den Verff. um eine Überleitungsstörung 
durch chronisch-entzündliche oder arterio-sklerotische Schwielenbildung im His- 
schen Bündel, von dem jedoch noch ein leitungsfähiger Rest besteht mit eventuell 
pathologischer Veränderung in den das Reizleitungssystem und dessen Umgebung 
versorgenden Gefäßen; ferner um chronisch-myokardische Herde in der Kammer- 
muskulatur. Diese Annahme wird bestätigt durch den Obduktionsbefund, bei 
dem sich unter anderem sklerotische Herde im Bereich des Überleitungsbündels 
finden, welche sich besonders vom Grunde der Aortenklappen gegen das Sept. 
membranaceum hinziehen und so namentlich die Teilungsstelle des Bündels treffen. 
Die histologische Untersuchung zeigt einmal, daß das Reizleitungssystem geschädigt 
ist infolge Atropin und Lymphocyteninfiltration, ferner infolge Unterbrechung 
des linken Schenkels unterhalb der Teilungsstelle durch schwieliges Bindegewebe 
und weiterhin eine Schädigung der Ventrikelmuskulatur durch Bindegewebs- 
schwielen. Demnach gehört dieser Fall zu der kardialen Form, und zwar zählt 
er zur Reizleitungs- und muskulären Art des Adam-Stokes’schen Symptomen- 
komplexes. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


2. H. A. Christian (Boston). Transient auriculoventricular disso- 
ciation with varying ventricular complexes caused by digi- 
talis. (Arch. of internal med. 1915. September.) 

C. berichtet im Anschluß an die Fälle von Cohn und Oppenheimer und von 
Williams über vier Beobachtungen von chronischer Myokarditis ohne deutliche 
Klappenveränderungen mit unter Digitalisgaben entstandenem vorübergehendem 
Herzblock, wobei daneben starke Variationen in der Ventrikeltätigkeit bestanden; 
auf die verschiedenen Erklärungsmöglichkeiten wird eingegangen. In dem einen 
zur Sektion gekommenen Falle fehlten sichere Alterationen im Überleitungssystem. 

F. Reiche (Hamburg). 


27. Ad. d’Epine et Cottin. Un cas de bradycardie vraie par disso- 
ciation totale auriculo-ventriculaire chez un garçon de 9 ans. 
(Rev. med de la Suisse romande 1915. Nr. 9.) 

Der Yjährige Kranke war schwächlich, mager, Hämoglobin 70%, (Sahli), 
keine Cyanose, keine Trommelschlägerfinger, keine Albuminurie; er hatte soeben 


198 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


zum ersten Male einen Anfall von Schwindel und Bewußtlosigkeit ohne Konvul- 
sionen durchgemacht. Die Eltern sind gesund, ebenso zwei Geschwister. Pirquet 
negativ, Wassermann positiv, keine Zeichen von hereditärer Syphilis. Herz- 
dämpfung nach links etwas verbreitert, an der Spitze ein leichtes systolisches 
Geräusch, wahrscheinlich extrakardialen Ursprungs. Spitzenstoß und Pulsschiag 
26—32, Vorhofskontraktionen 104, ganz unabhängig von der Ventrikeltätigkeit. 
Atropinversuch mit !/, mg: Die Ventrikeltätigkeit geht von 26 auf 28 Schläge, 
im übrigen bleibt sie wie vorher; auffallend ist aber, daß die Vorhofskontraktionen 
von 104 auf 28 fallen, nach jeder Vorhofskontraktion folgt ein Ventrikelschlag, 
nur ist die Distanz a—c sehr lang (*8/,.0 einer Sekunde). Durch Atropin wurde 
demnach die Überleitung im His’schen Bündel nicht hergestellt, der Vagus hatte 
mit diesem Block nichts zu tun, derselbe muß eine Folge von organischen Verände- 
rungen im His’schen Bündel sein. War vielleicht die Herabsetzung der Vorhofs- 
kontraktionen genau auf 28, die Zahl der Ventrikelkontraktionen, eine Zufällig- 
keit? Der Augen-Herzreflex setzte die Ventrikeltätigkeit für nur einige Sekunden 
von 28 auf 24 herab, Amylnitrit und Digitalis ohne Einfluß. Der Zustand blieb 
unverändert, wahrscheinlich hat dieser Herzblock von Geburt an bestanden. 
Diagnose: angeborene Herzsyphilis. Merkur ohne Wirkung, Kal. jodat. wird 
versucht. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


28. Paul Dudley White. Auricular fibrillation and complete heart 
block. (Boston med. surg. journ. 1915. September 23.) 

Bei einem 54jährigen Mann mit Rheumatismus, aber ohne Lues iin der Kranken- 
geschichte, wurde ein kompletter Herzblock mit Vorhofsflimmern beobachtet. Ent- 
gegen der Annahme, daß Digitalis bei Herzblock kontraindiziert sei, hob sich in 
diesem Falle durch Digitalis die Zahl der Ventrikelkontraktionen von 27 auf 47 
unter andauernder bedeutender Besserung des Befindens. Der Vagus hatte mit 
dem Block nichts zu tun, denn Atropin war ohne Einfluß. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


29. Fr. N. Wilson (Ann-Arbor). Three cases showing changes 
in the location of the cardiac pacemaker associated with 
respiration. (Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

W. teilt drei elektrokardiographisch verfolgte Fälle von Herzaffektionen mit 
Verschiebung der Ursprungsreize durch tiefe Respiration mit und bespricht die 
verschiedenen Erscheinungsformen, indem der Anfangsreiz im Sinusknoten selbst 
und seiner nächsten Nachbarschaft oder aber, bald abrupt, bald langsam, vom 
Sinusknoten zum Nodus atrioventricularis sich verschiebt oder schließlich der 
idioventrikuläre Rhythmus aufhört und völlige Dissoziation zwischen Vorhof- 
und Herzkammerbewegungen eintritt, wobei die Ventrikel sich rascher als die 
Vorhöfe zusammenzogen; dieses wurde in zwei jener Fälle beobachtet, bei einem 
von ihnen lag ein leichter Grad von Herzblock vor. 

F. Reiche (Hamburg). 


30. P. D. White (Boston). A study of atrioventricular rythm 
following auricular flutter. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

Bei einem 37jährigen syphilitisch nicht infizierten Manne wurde ein Vorhofs 
flimmern neben einer Kammerfrequenz von 130 ohne andere subjektive Symptome 
als leichte Dyspnoe bei Anstrengungen beobachtet. Es bildete sich wieder zurück, 


. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 199 


ader nicht, wie dieses die Regel ist, zu einem Sinus-Vorhofrhythmus, sondern zu 
einem Rhythmus, der seinen Ursprung im Atrioventrikularbündel nahm. Er 
wurde eingehend studiert. Seine Schlagfolge wurde nicht durch Digitalis, aber 
durch Anstrengungen, forcierte Atmung, Druck auf den Vagus und Atropin leicht 
beeinflußt. Da auch letztere beiden Einwirkungen den normalen Rhythmus nicht 
wiederherstellten, schien der Sinus-Vorhofknoten seine Funktion in diesem Falle 
eıngebüßt zu haben und der Ursprungsreiz im His’schen Bündel zu entstehen. 
F. Reiche (Hamburg). 


31. Hugo Popper. Über Anfälle von Vorhofflimmern. (Med. Klinik 
1915. Nr. 32. S. 885.) 

Es handelte sich um eine 63jährige Pat., welche anfallsweise auftretende Un- 
regelmäßigkeiten des Pulses mit starker Beschleunigung bekam. Im Anfalle 
war sie blaß. Es bestand deutliche Cyanose. Die Atmung war beschleunigt und 
soerflächlich. Die Halsvenen waren dilatiert und pulsierten deutlich, auch trat 
eine verstärkte präkordiale Pulsation auf. Eine durch Perkussion nachweisbare 
Verbreiterung der Herzdämpfung bestand nicht. Die Pulsfrequenz betrug 172 
nis I) und der Puls bot ebenso wie die Auskultation am Herzen alle charakte- 
ristischen Zeichen der Arhythmia perpetua. Die Venenkurve ergab ein Fehlen 
der Vorhofswelle, ebenso fehlte im Elektrokardiogramm die Vorhofszacke. Man 
versuchte durch Physostigmin die Anfälle zu beeinflussen. Es blieb aber ohne 
j:de Wirkung, da es nur auf Tachykardien, die im Tawara’schen Knoten ihren 
Reizpunkt haben, hemmend und heilend einwirkt. Chinin konnte zwar nur kurze 
Z:it verwendet werden, weil sich unangenehme Nebenerscheinungen einstellten, 
ever bei zwei Anfällen gelang es, dieselben im Beginne durch je einmalige Dar- 
reichung von 0,5 g Chinin zu kupieren. Verf. hält die Anfälle für eine besondere 
Art der Arhythmia perpetua, welche der paroxysmalen Tachykardie nahe steht. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


32. Robert Jores. Vorübergehender Pulsus irregularis perpetuus 
(absolutus) auf Grund einer thyreotoxischen Wirkung. (Zentral- 
blatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Hft. 6.) 

Verf. beschreibt einen Fall von Basedow’scher Krankheit mit einem Pulsus 
irregularis perpetuus. Nach Exstirpation der Struma verschwindet allmählich 
ach die Irregularität, woraus hervorgeht, daß eine organische Läsion des Herzens 
richt besteht. Verf. erklärt sich den Pulsus irregularis in diesem Falle aus einer 
curch die veränderte Schilddrüsenfunktion bedingten Schädigung funktioneller 
Natur im oberen Teil des Reizleitungssystems, welche durch Einwirkung toxischer 
Substanzen direkt oder durch Nerveneinflüsse hervorgerufen ist. 

Kreuzer (Zell i.W.). 


3. Wilfrid M. Barton. Removal by caffein of some digitalis 
arrbythmias: illustrated by tracings. (Amer. journ. med. sciences 
1915. September.) 

Sieben Krankengeschichten und Kurven von partiellem und komplettem 
Herzblock, der durch Digitalisgebrauch verursacht war. Es wird ausgeführt, daß 
manchmal mit dem Weglassen des Digitalis die Arhythmie wieder von selbst ver- 
‘schwinde; in anderen Fällen, besonders nach langer Digitalismedikation treffe 


200 . Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 11. 


dies jedoch nicht zu. In solchen Fällen hat dem Verf. Koffein immer sehr gute 
Dienste geleistet, wahrscheinlich wirkt es durch Erhöhung der Erregbarkeit des 
Überleitungsapparates. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


34. Paul Dudley White. Alternation of the pulse: a common clinical 
condition. (Amer. journ. med. sciences 1915. Juli.) 

Pulsus alternans ist nicht selten, er kommt ungefähr gleich häufig vor wie 
Vorhofflimmern. Unter 300 Pat. mit Herz- oder Nieren-Herzstörungen fand sich 
Pulsus alternans bei 71, und zwar bei einem Viertel dieser Anzahl beständig und 
bei den übrigen nur, wenn ventrikuläre Extrasystolen vorausgingen. Man findet 
diese schweren Störungen hauptsächlich im mittleren und höheren Alter. Hyper- 
tension war in der Hälfte der Fälle, Herzverbreiterung immer vorhanden. Syphili: 
und Rheumatismus spielen eine weit geringere Rolle als Arteriosclerosis. Digitaiis 
und Bettruhe brachten bei vielen eine Besserung zustande, obwohl die Alternation 
meist weiter bestehen blieb. Die Prognose ist ernst, ein Viertel der 71 Pat. starb 
innerhalb der folgenden 10 Monate. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


35. A. E. Carver (Torquay). The significance of pulsus alter- 
nans and some other forms of uneven pulse. (Lancet 1915. 
Oktober 9.) 


Neun Fälle von Pulsus alternans, einmal bei vier männlichen Pat. mit starken 
Herzbeschwerden und fast immer schweren Herzfehlern und zweitens bei fünf Re- 
konvaleszenten aus fieberhaften und toxischen Zuständen, die nahezu sämtlich 
keine Herzalterationen aufwiesen. So braucht diese Pulsbeschaffenheit noch kein 
Signum mali ominis zu sein. Alter, Beschäftigung und Lebensstellung dieser 
Kranken variierte sehr, gemeinsam war bei ihnen nur eine voraufgegangene Körper- 
anstrengung. F. Reiche (Hamburg). 


36. Braun. Über die Konstatierung bei Herzkranken. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 


Zu den objektiven Symptomen der Herzneurosegehört I)derrespiratorische Typ 
der Arhythmie, d. h. beim Neurastheniker reicht schon die gewöhnliche Atmung 
hin, um den Puls inspiratorisch zu beschleunigen, exspiratorisch zu verlangsamen. 
Nach tieferen Atemzügen tritt diese Wirkung, die auf Erhöhung der Vaguserreg- 
barkeit beruht, beim Neurastheniker ganz besonders stark hervor. 2) Das Druck- 
phänomen, d. h. deutliches Kleinerwerden des Radialpulses, mit oder ohne Ände- 
rung seiner Frequenz, auf leichten Druck mit den Fingerspitzen in der Herzgegend: 
der Pat. muß natürlich während der Untersuchung gleichmäßig und ruhig weiter 
atmen. 3) Änderungen des Zeitintervalles zwischen Vorhof- und Ventrikelkon- 
traktion, durch Venenpulsschreibung festzustellen. 4) Wechsel der Größe der 
Herzdämpfungsfigur, die man namentlich durch Perkussion des rechten unteren 
Herzrandes sowie vor dem Röntgenschirme nachweisen kann. 

Seifert (Würzburg). 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


201 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, - Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlettenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 12. Sonnabend, den 25. März 1916. 
Inhalt. 


H. Strauß, Zur genaueren Unterscheidung der renalen Albuminurien nebst Bemerkungen über 
»Kriegsnephritiden«. 

Referate: 1. Rolleston, Hypoplasie und Stenose der Aorta. — 3. West, Pseudoaneurysmen. 
— 3 Holl, Kardiovaskuläre Störungen bei Syphilis. — 4. Brunton, Funktionelle Arterienerkran- 
kungen. — 5. Mönckeberg, Artheriosklerose. — 6. Friedländer, Kenntnis der Gefäßerkrankungen 
infolge von Lues. — 7. Homberger, Energielchre der Blutgefäße. — 8. Stewart, Nervensystem 
be: Infektionskrankheiten. — 9. Hoskins, Rowley und Rosser, 10. Kaiser, 11. Goodmann, Blut- 
crock. — 12. Mautner und Pick, Shockgifte. — 13. Szubinski, Herzinjektion. — 14. Rumpf, 
15. Sehoenewald, Herz- und Gefäßkrankheiten. 

16. Schnirer, Taschenbuch der Therapie. — 17. Blumenthal, Ultrafiltrate. — 18. Theilhaber, 
Isdıkationen der Aderlaßbehandlung. — 19. Peperhowe, Chlornatrium und Chlorkalzium als Anti- 
hydrotika. — 20. Levy, Katacidtabletten. — 21. Weiss und Kommerell, Physiologische Wirkung 
“er Kohlensäure. — 22. Steiner, Inhalationstherapie. — 23. Kohnstam, Anti-Thyreoidin und Hypo- 
physin in der Kriegsmedizin. — 24. Mareovici, Allphentherapie. — 25. Kelemen, Tierkohle- 
behandlung. — 26. Hashimoto, Diurese. — 27. Robinson, Tinctura Aconiti. — 28. v. Issekutz, 
Wirkung des Magnesiumsulphats mit verschiedenen Narkotika. — 29. Saalfeld, Thigan. — 
30. Priedeberg, Digifolia-Ciba. — 81. Voigt, Therapeutische Verwendung des kolloidalen Silbers. 


Zur genaueren Unterscheidung der renalen 
Albuminurien. 
nebst Bemerkungen über „Kriegsnephritiden“. 


Von 


Prof. Dr. H. Strauß, Berlin. 


Während in früherer Zeit bei der Erörterung von Fragen der 
internen Nierenpathologie das Albuminurieproblem im Vordergrund 
des Interesses stand, ist dieses in den letzten Jahrzehnten gegenüber 
Fragen des gestörten Stoffwechsels bei Nierenkrankheiten etwas in 
den Hintergrund getreten. Das Interesse, welches die Retentions- 
vorgänge (Reststickstoff u.a.) und das Hydropsieproblem (Koch- 
salz u.a.) bei der Erörterung von Nierenfragen gefunden haben, 
beweist dies aufs deutlichste. Trotzdem sind Albuminuriefragen auch 
in der letzten Zeit noch vielfach der Gegenstand von Erörterungen 
gewesen. Es sei hier nur auf die Frage der Beeinflussung der Albu- 


12 


202 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


minurie durch Alkalisieren des Urins und die neuerdings vielfach be- 
sprochene Frage der orthotischen Albuminurie und auf manches 
andere hingewiesen. Auch die Entstehung der Albuminurie an sich 
ist von rein theoretischen Gesichtspunkten in der letzten Zeit mehr- 
fach diskutiert worden. Insbesondere ist diese Frage im Zusammen- 
hang mit der Frage der Filtration und der Sekretion der Nieren er- 
örtert worden. Mehr als früher ist aber in der neueren Zeit bei 
Fragen der Nierenpathologie ein strenger Unterschied gemacht worden 
zwischen Epithelial- und Gefäßapparat. Die Namen »Nephrose« auf 
der einen Seite, »Nephritis« auf der anderen Seite kennzeichnen die 
neuere Richtung. Mit Rücksicht auf die prinzipiellen Unterschiede, 
welche wir heute vom Standpunkt der Klinik, der pathologischen 
Anatomie und der experimentellen Pathologie zwischen dem Epithe- 
lialapparat und dem Gefäß- bzw. Glomerulapparat machen, liegt es 
deshalb nahe, auch die Frage aufzuwerfen, ob sich nicht auch auf dem 
Gebiete der Albuminurien prinzipielle Unterschiede in gleicher Rich- 
tung machen lassen, mit anderen Worten, ob man nicht zwei große 
Gruppen, eine mehr »tubulogene« Form, d.h. eine von den Epi- 
thelien — ich rechne hier auch die Epithelien der Bowman’schen 
Kapsel mit — ausgehende Albuminurie und eine mehr »angiogene- 
bzw. »glomerulogene« Form, d.h. eine durch Veränderungen am 
Gefäßapparat erzeugte Albuminurie unterscheiden darf. Schon Se- 
nator hat mit der Möglichkeit gerechnet, daß durch den Zerfall von 
Epithelien der Harnkanälchen eine Beimengung von Eiweiß zum Urin 
erfolgen kann und es sprechen die von Fr. v. Müller und Heinecke 
bei der Vinylaminnephritis erhobenen Eiweißbefunde auch für eine 
solche Möglichkeit. Ich möchte deshalb hier erörtern, inwieweit der 
sogenannte »Essigsäurekörper« im Urin, d.h. die durch Essig- 
säure in der Kälte fällbare Substanz zur Stütze des Vorkommens einer 
»tubulogenen « Albuminurie herangezogen werden. Bekanntlich wurde 
der »Essigsäurekörper« „bald als Nukleoalbumin, bald als Globulin 
(von Fr. v. Müller, K. Oswald u. a.), bald als Euglobulin, bald als 
chondroitinschwefelsaures, bzw. bei Ikterus gallensaures, Eiweiß 
(Mörner und neuerdings Pollitzer) gedeutet. Bei einer Nachprüfung 
der aus der Ortner’schen Klinik stammenden Angaben von Pollitzer 
bin auch ich zu der Auffassung gelangt, daß wir in dem »Essigsäure- 
körper « aller Wahrscheinlichkeit nach chondroitinschwefelsaures 
Eiweiß vor uns haben. Denn ich habe einen positiven Ausfall der 
Chondroitinprobe nicht nur in einer größeren Anzahl von Fällen von 
Angina, Skarlatina, Diphtherie, Pneumonie, Parotitis epidemica, Mor- 
billen, ferner bei fieberhaften Tuberkulosen sowie auch bei Inunk- 
tionskuren in einer Zeit erhalten, wo weder Eiweiß noch der Essig- 
säurekörper nachweisbar war, sondern auch in zahlreichen Beobach- 
tungen die einzelnen Substanzen in der Reihenfolge: Eiweiß — Essig- 
säurekörper —Chondroitinschwefelsäure verschwinden sehen, und es 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 203 


war die letztere Substanz oft noch monatelang in der Rekonvaleszenz 
nachweisbar. Ich bin ferner mit Pollitzer geneigt, den »Essigsäure- 
körper« des Urins mit derjenigen Substanz in eine gewisse Beziehung 
zu bringen, die nach den Untersuchungen von Rivalta, Moritz u.a. 
durch die Essigsäure in der Kälte zum Ausfall gebracht wird. Da 
der »Essigsäurekörper« außerdem vorzugsweise bei »Infektions- 
albuminurien«, die ich ähnlich wie v. Leyden, Fürbringer, 
Lüthje u.a. als eine »forme fruste« der akuten Nephrose zu 
deuten geneigt bin, ferner vorzugsweise bei toxischen Albuminurien 
und schließlich bei der sogenannten orthotischen Pubertätsalbumin- 
urie gefunden wird, so glaube ich, daß sich die hier geäußerte Auffas- 
sung einer lokalen Herkunft mit diskutablen Gründen belegen läßt, 
Denn zwischen den »toxischen Albuminurien« und den »toxischen 
Nephrosen« scheint mir nicht ein prinzipieller, sondern nur ein gra- 
dueller Unterschied vorzuliegen und in der orthotischen Pubertäts- 
albuminurie möchte ich, ebenso wie in der »Marsch-«, »Fußball-«, 
»Radfahr-«, »Kälte-«Albuminurie auch nur eine durch Verände- 
rung der Blutzufuhr bedingte nutritive Alteration der 
Nierenzellen sehen. Die hier entwickelten Vorstellungen dürften 
allerdings nur für die leichten Formen von Nephrose »Nephrosis 
minima« geäußert werden, da bei den schweren Formen der »Essig- 
säurekörper « in der Regel nicht nachgewiesen werden kann. Die Frage, 
warum dies nicht der Fall ist, soll dabei hier nicht erörtert werden. 
Beziehungen des »Essigsäurekörpers« zu dem Epithelialapparat sind 
übrigens schon früher auch von J. Strauss, Kossler u.a. ausge- 
sprochen worden und es sind die Ausführungen der genannten Autoren 
geeignet, die hier geäußerten Auffassungen zu stützen, wenn die be- 
treffenden Autoren auch den hier interessierenden Körper als »Nukleo- 
albumin« betrachtet haben. 

Man könnte ferner daran denken, daß die früher von zahlreichen 
Autoren genauer untersuchte Mischung der einzelnen Eiweiß- 
körper, speziell das Verhältnis zwischen Serumalbumin und 
Serumglobulin im Urin für eine topische Diagnostik verwendbar 
wäre. Aus der großen Literatur, die über diese Frage vorliegt, ergibt 
sich, daß die genannte Mischung bei den verschiedenen Nephritiden 
eine durchaus ungleiche, und auch im einzelnen Falle zu verschie- 
denen Zeiten wechselnde ist. Meist weicht sie so sehr von derjenigen 
im Blutserum ab, daß man auf eine elektive — sei es durch vitale 
Vorgänge, sei es durch spezielle osmotische Beziehungen zwischen 
den einzelnen Eiweißkörpern und der Filtrationsmembran bedingte — 
Sonderung der einzelnen Eiweißkörper bei der Abscheidung in Glo- 
merulus hingewiesen wird. Wenn wir in dem vorliegenden Zusam- 
menhang die tubulären und vaskulären Fälle bzw. die anhämor- 
thagischen und hämorrhagischen Nephritiden ins Auge fassen, 
so fand J. Strauss bei akuten Nephritiden Unterschiede zwischen 


12* 


204 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


den anhämorrhagischen Formen und den hämorrhagischen Formen. 
Auch Clo&tta bemerkt, daß sich der »Eiweißquotient« bei den tubu- 
lären Nephritiden anders verhält, als bei den vaskulären. Da auch ich 
bei einigen Urannephritiden, bei welchen ja der Epithelialapparat 
neben dem Glomerulapparat sehr stark mitbeteiligt zu sein pflegt, 
mehrfach einen relativ hohen Eiweißquotienten fand, habe ich als 
Beitrag zu den vorliegenden Fragen noch einige Untersuchungen über 
das Verhältnis des Albumins und des Globulins bei Nephritiden 
mit einem einfachen, rasch arbeitenden, die Wägung umgehenden, 
Verfahren angestellt, das ich mit A. Hahn ausgearbeitet habe 
und das ich wegen seiner Kompendiosität hier kurz beschreiben 
möchte. 


Man fügt zu 10 ccm Urin 10 ccm konzentrierte Ammoniumsulfat- 
lösung und läßt mindestens 1 Stunde stehen. Alsdann filtriert man 
und beschickt ein in 1/,, ccm geteiltes Zentrifugenröhrchen mit 5 ccm 
des Filtrats und setzt je 2,5 ccm einer 5%igen Sublimatlösung und 
einer 2%igen Salzsäurelösung hinzu, so daß das Albumin ausgefällt 
wird. In ein zweites gleichartiges Zentrifugenröhrchen gibt man nun 
2,5 ccm des nicht vorbehandelten Urins zusammen mit 2,5 ccm der 
genannten Salzsäurelösung und 5ccm einer Mischung gleicher Teile 
von konzentrierter Ammoniumsulfatlösung und 5%iger Sublimat- 
lösung, so daß Albumin und Globulin ausgefällt werden. Nach !/,stün- 
digem Zentrifugieren beider Röhrchen wird durch Vergleich des Boden- 
satzes beider Röhrchen der Globulinquotient ermittelt. 


Tab. I. Anhämorrhagische Nephritis. 


Eiweiß- 
quotient 


Al- 
bumin 


Glo- 
bulin 


Hy- 
drops 


Name | Datum Zeitdauer 




















Blutdruck | Esbach 








ca. 8 Tage nein S L| 1/4/o | 0,02 | 0,07 0,28 

(Pneumonie) „ur = 
28. 1 g as E ol 1//o | 0,02 | 0,01 2,0 
29. 1 5502| 1/0 | 0,03 | 0,01 | 3,0 
Schm.| 1.2.| einige Tage | nein ||” TẸ 5| sehr | 0,18 | 002| 09 

(Typhus) ? ' | reichlich 
Rat. ? ca. 6 Wochen | nein 120 ca. 20/00 | 0,02 | 0,13 0,15 
(infizierte Frak- 
tur) 

R. |2.10.| ca. 7 Wochen 55:127 |ca. 10%/00| 0,58 | 0,29 2,0 
Lew. |25.1.| ca. 7 Monate | ja | 130:185 | 7,75°/% | 32 | 1,1 29 
26. 1. 30 | 0,3 10,0 
27.1. 80/00 50 | 4,2 1,19 
28.1. 8° /oo 0,87 | 0,04 | 21,75 
29.1. 90/00 0,86 | 0,04 | 21,5 
1. 2. 90/00 0,62 | 0,11 5,63 
Schad. 23. 11. ca, 1/, Jahr ja 150 50/00 0,25 | 0,05 | 5,0 








Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 205 


Tab. I. Hämorrhagische Nephritis. 
| 


Name | Datum Al- 


bumin 


Glo- 
bulin 


Hy- | Biutdruck | Esbach are 


Zeitdauer drops 

















Rich. | ? | ca. 14 Tage | ja [132 v.Hg.ca.11//oo| 0,21 | 0,10 | 21 





List ? ca. 14 Tage ja 85:135 | ca.8°%/,0ı 0,54 | 0,07 | 7,71 
4.10. | ca. 3 Wochen ca. 90/0 | 0,7 0,84 | 0,83 
27.10.| ca. 6 Wochen 90:135 ca. 8,5°/%o! 0,5 | 0,47 | 1,06 
31.1. | ca. 5 Monate 90 : 135 160/00 1,30 | 0,15 | 8,67 


Bar. | 2.11. | ca. 4 Wochen | ja |105:155 | ca.14°/%əo| 0,61 | 0,20 | 3,05 
Fiscb.! 13.11.) ca. 8 Jahre | nein | 95:140 ica. 1/2°/oo] 0,08 | 0,02 | 4,0 
Bäck. 25. 1.) ca. 2 Monate | nein | 80:115 | 1/2°/oo | 0,04 | 0,01 | 4,0 
' 26. 1. 1°/æ% | 0,04 | 0,02 | 20 
27.1. 0,02 | 002 | 1,0 
28. 1. | 002 | 001 | 20 
29. 1 0,02 | 0,02 | 1,0 


Aus der Gegenüberstellung dieser beiden Tabellen ergibt sich, daß 
auch der mit der hier beschriebenen neuen Methode ermittelte Eiweiß- 
quotient keine Gesichtspunkte geliefert hat, die es ermöglichen, auf 
die hier ins Auge gefaßte Weise eine »tubulogene« und »angiogene« 
bzw. »glomerulogene« Albuminurie zu unterscheiden. Es muß des- 
halb nach anderen Kriterien gesucht werden, welche eine solche topische 
Trennung von Albuminurien gestatten. 

In dem vorliegenden Zusammenhange möchte ich noch ganz kurz 
auf die in letzter Zeit an verschiedenen Stellen, so besonders in der 
Wiener »Gesellschaft der Ärzte« (22.X. 15), im »Verein Deutscher 
Ärzte in Prag« (17. XII. 15) u. a. a. O. erörterte Frage der akuten 
»Kriegsnephritiden« eingehen. Nach den Beobachtungen, die ich selbst 
zu machen Gelegenheit hatte, scheint es sich mir vorwiegend um drei 
Gruppen zu handeln. 1) Um Fälle, bei welchen eine bereits früher 
vorhanden gewesene oder bei der Einstellung übersehene Nephritis 
unter dem Einfluß des Krieges wieder aufflackerte. 2) Um Fälle, die 
sich im Anschluß an schwere Verwundungen bzw. Verletzungen (so 
Z. B. infizierte Frakturen usw.) entwickelt haben und 3) um Fälle 
von Nephritiden, die bei Nichtverwundeten erst im Kriege entstan- 
den sind. 

Die zu 2 genannte Gruppe verlief nicht selten nach dem Typus der 
Nephrose, die zu 3 genannte Gruppe, welche das Hauptkontingent 
der Fälle darstellt, dagegen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle 
in der Form der akuten hämorrhagischen Nephritis. Die Mehrzahl der 
Fälle stellte leichtere, bzw. mittelschwere Erkrankungsfälle dar, und es 
trat Urämie oder gar tödlicher Ausgang nur selten in die Erscheinung. 
Auch höhere Grade von Blutdrucksteigerung waren selten. Eine spe- 
zielle Eigenart im Verlaufe ist mir sonst nicht aufgefallen. Sind doch 
der Verlauf und die Einzelheiten im klinischen Bilde der akuten Ne- 
phritiden auch in Friedenszeiten außerordentlich variabel. Als ätio- 


206 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


logische Momente dürften in erster Linie toxische oder infektiöse 
Momente in Frage kommen. Da Erkältung und Durchnässung im 
Stellungskriege sehr häufig vorkommen, so hätte meines Erachtens 
die Zahl der Fälle von akuter Nephritis noch viel größer ausfallen 
müssen, wenn der Faktor »Erkältung« als alleinige Ursache wirken 
würde. Damit soll jedoch nicht geleugnet werden, daß die Erkäl- 
tung als disponierende Ursache auch im Kriege eine wichtige Rolle 
spielen mag. Gegen ein wirkliches Dominieren dieser Ursache scheint 
mir auch der Umstand zu sprechen, daß Nephritiden im Herbst 1914 
und Winter 1914/15 seltener als im vergangenen Sommer und Herbst 
zur Beobachtung gelangt sind, und daß das Auftreten von akuten Ne- 
phritiden unter gleichen Wetterverhältnissen an verschiedenen Orten 
nicht gleichmäßig war. Vielleicht spielen auch alimentär-toxische Mo- 
mente oder Faktoren einer veränderten Blutversorgung oder Blutzu- 
sammensetzung (langdauernde Märsche und andere Strapazen) eine 
gewisse disponierende Rolle. Bakteriologische Untersuchungen des 
Blutes und Urins sowie eventuell auch serologische Untersuchungen 
und ferner eine genaue Untersuchung der örtlichen und zeitlichen Be- 
dingungen, unter welchen ein gehäuftes Vorkommen von akuten Ne- 
phritiden in diesem Kriege beobachtet wurde, wären als Beitrag zu 
der nach vielen Richtungen hin noch sehr wenig geklärten Ätiologie 
der akuten Nephritis außerordentlich erwünscht. 


Referate. 


1. H. D. Rolleston (London). Malignant aortitis: hypoplasia of 
the aorta. (Lancet 1915. August 7.) 

Bei dem 34jährigen Manne, der nach 3?/,monatiger mit Influenzasymptomen 
beginnender fieberhafter Krankheit unter progressiver schwerer sekundärer Anämie 
und Leukocytose verstarb, fand sich eine Hypoplasie und Stenose der Aorta und 
eine ulzeröse Endarteriitis in ihrem Arcus. F. Reiche (Hamburg). 


2. S. West (London. On phantom aneurysms. (Lancet 1915. 
September 4.) 

W. beschreibt als Pseudoaneurysmen gelegentlich auftretende und wieder 
schwindende temporäre Dilatationen von Arterien, vornehmlich der Art. axillaris, 
die das Bild eines Aneurysmas bedingen, das aber völlig sich wieder verlieren kann. 
Pulsation, Geräusch, Anschwellung und Venendilatation treten dann immer nach 
‚Anstrengungen auf; Körperhaltung ist ohne Einfluß auf ihre Entstehung. Auch 
Carotis und Anonyma können Sitz dieser Affektion sein, einmal zeigten sich diese 
inkonstanten und schließlich dauernd wieder geschwundenen Aneurysmasymptome 
am Aortenbogen. F. Reiche (Hamburg). 


3. Henry Farman Holl. Role of syphilis in hypertensive cardio- 
vascular disease. (Amer. journ. med. sciences 1915. August.) 
Syphilis ist viel häufiger als bisher angenommen wurde die Ursache für spätere 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 207 


pathologische Blutdrucksteigerung. Von 50 Pat. mit kardiovaskulären Störungen 
und erhöhtem Blutdruck zeigten 45 teils eine positive Wassermann- oder Luetin- 
Reaktion, teils hatten sie vorausgegangene Infektion zugegeben, teils syphilitische 
Nachkommen erzeugt. Gerade bei hereditär Syphilitischen ist spätere Hyper- 
tension im Blutgefäßsystem eine der häufigsten Erscheinungen. Apoplexie und 
plötzlicher Herztod im mittleren Alter ist fast ausschließlich auf syphilitische 
Infektion zurückzuführen. 19 der oben genannten 50 Pat. stammen aus kardio- 
vaskulären Familien, d.h. solchen, in denen seit Generationen kardiovaskuläre 
Krankheiten, wahrscheinlich als Folge syphilitischer Weitervererbung vorge- 
kommen sind. Spezifische Behandlung hat in einigen Fällen mit nicht über 
200 mm systolischem Blutdruck gute Resultate gezeitigt. Mehrmonatliche vor- 
sichtige Merkurbehandlung scheint die Nieren nicht zu schädigen, selbst in Fällen 
nicht, wo die Phenolsulphonphthalein-Ausscheidung beträchtlich reduziert ist. 
Noguchi’s Luetinprobe ergibt, besonders nachdem der Pat. für eine Woche 
einer provokatorischen, aktivierenden, gemischten, spezifischen Behandlung 
unterworfen worden, häufiger positive Resultate als die Wassermann-Reaktion. 
P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


4. Sir L. Brunton (London). Observations on functional diseases 
of the arteries. (Lancet 1915. Juli 24.) 

Als funktionelle Arterienerkrankungen beschreibt Sir B. die auf Verlust des 
Tonus der Vasomotoren bezogene, gewöhnlich bei Frauen gesehene Pulsation der 
Bauchaorta, sodann abnorme Pulsationen in anderen großen Arterien, wie sie vor 
allem bei der Basedow’schen Krankheit, die zu einer allgemeinen Erweiterung 
der Schlagadern im ganzen Körper führen kann, beobachtet wird, auch bei zu 
ausgedehntem Gebrauch von Thyroidsubstanz sich entwickelt und gelegentlich 
einseitig in einer Carotis bei gewissen Formen von Migräne sich zeigt. Seelische 
Vorgänge können ebenfalls zu Arteriendilatation — z. B. beim Erröten — führen. 
Häufiger noch und wichtiger als funktionelle Dilatationen sind so bedingte Kon- 
traktionen im arteriellen System: manche Migränen, die Reynaud’sche Krank- 
heit, manche Formen von Angina pectoris und Angina abdominis gehören hierher; 
auf ihre Pathologie und Therapie geht Sir B. kurz ein. 

F. Reiche (Hamburg). 

5. J. G. Mönckeberg (Düsseldorf). Über die Atherosklerose der 
Kombattanten (nach Obduktionsbefunden). (Zentralblatt f. Rönt- 
genstrahlen 1915. Hft. 1.) 

Verf. hat Gelegenheit genommen, bei Sektionen von 65 im besten Mannes- 
alter Verstorbenen (56 erlagen ihren Verwundungen, 9 starben an Krankheiten, die 
nicht mit einer Verletzung zusammenhingen) auf das Vorkommen und die Lokali- 
sation der Atherosklerose zu achten. Dabei findet er, daß 44,6%, atherosklero- 
tische Veränderungen der Aorta, der Kranzarterien oder beider Gefäße aufweisen; 
besonders ist es der Ramus descendens der linken Kranzarterie, welcher am meisten 
bevorzugt ist. Eine Beziehung zwischen Beruf und Atherosklerose kann nicht 
festgestellt werden, dagegen lassen sich in 69%, der Fälle sichere Zeichen früherer 
Infektionen nachweisen. Für die Bedeutung chronischer Intoxikationen mit Al- 
köhol, Nikotin usw. und Störungen der inneren Sekretion beim Zustandekommen 
der Atherosklerose können aus dem gegebenen Obduktionsmaterial keine Schlüsse 
gezogen werden. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


208 -Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


6. Friedländer (Wien). Beitrag zur Kenntnis der Gefäßerkran- 

kungen infolge von Lues. (Berliner klin. Wochenschr. 1915. Nr. 45.) 

Am häufigsten begegnen wir der Aortendilatation, doch finden wir diese 
ebensogut bei der Aortensklerose, wie bei der Aorteninsuffizienz und bei der 
Aortitis luetica. Bei der Arteriosklerose zeigt das Röntgenbild eine verstärkte 
Pulsation der Aorta, die links und rechts mehr oder weniger weit vorspringt; in 
vorgeschrittenen Fällen eine Verlängerung des Herzens, das flach liegt und in 
stärkerer Aktion sich befindet. Einen Unterschied zeigt die wahre Sklerose auch 
durch die stärkere Intensität des Schattens. Das Aortenaneurysma wieder ist 
unter Umständen schwer von anderen Mediastinaltumoren zu differenzieren. 
Weder ein bestimmtes Merkmal, noch auch die Zuhilfenahme aller Arten unserer 
Untersuchungstechnik setzen uhs in den Stand, eine Aortenerkrankung als ein- 
deutig syphilitisch zu bezeichnen. Hierzu kommt noch, daß verschiedene andere 
Krankheitserscheinungen sich gern mit den Arterienerkrankungen kombinieren, 
so daß Ursache und Folge schwer auseinander zu halten sind. 

Reckzeh (Berlin). 


7. œ Ernst Homberger. Die Energielehre der Blutgefäße. 
(Würzburger Abhandlungen a. d. Gesamtgebiete d. prakt. Medizin XIV. 
11/12. 62 S. Würzburg, Curt Kabitzsch, 1914.) 

Verf. sucht zu beweisen, daß das Herz nicht allein als Druckpumpe aufzu- 
fassen ist, sondern auch als Saugpumpe wirkt. Er ist bestrebt, namentlich den 
Anteil der Gefäße an der Kreislaufsmechanik zu zeigen. Wenn man seinen Aus- 
führungen auch nicht in allen Punkten zustimmen kann, so muß zugegeben werden, 
daß er ein außerordentlich reichhaltiges und wertvolles Tatsachenmaterial zur 
Stütze seiner Ansicht gesammelt und sehr geschickt verwertet hat. Die Dar- 
legungen selbst sind klar und fesselnd geschrieben. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


8. G. N. Stewart (Cleveland). The blood flow in the hands 
and feet in certain diseases of the nervous system. (Arch. 
of internal med. 1915. August.) 

Bei frischer einseitiger Neuritis eines Armes ist der Blutfluß in der betreffenden 
Hand, wohl durch teilweise Lähmung der Vasokonstriktoren, erhöht; in länger- 
dauernden Formen mit Atrophie der affizierten Teile jedoch ein geringerer als 
auf der gesunden Seite, zumal wenn die Hautnerven mitergriffen sind; dasselbe 
findet man im allgemeinen, wenn auch mit beträchtlichen Differenzen in den 
einzelnen Fällen, bei Hemiplegien. Bei Tabes ist der Blutfluß in beiden Händen 
und Füßen, besonders in den letzteren, ein subnormaler und die vasomotorischen 
Reflexe sind schwach ausgeprägt. Bei Bleivergiftung und in einem Falle von 
Neuritis alcoholica war eine Neigung zu reflektorischer Vasokonstriktion deutlich, 
im Gegensatz zu Fällen von Alkoholintoxikation und einem Falle von übermäßigem 
Zigarettenrauchen. Diese Bestimmungen des Blutflusses können bei Simulanten 
praktische Bedeutung gewinnen, ebenso in der Differentialdiagnose zwischen Hirn- 
blutung und akutem Alkoholismus und zwischen hysterischer und organischer 
Lähmung. F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 208 


9. R. G. Hoskins, W. N. Rowley and C. Rosser (Chicago). The 
effect of hemorrhage and of occlusion of the carotid arteries 
on vasomotor irritability. (Arch. of internal med. 1915. September.) 
Nach diesen an Hunden durchgeführten Untersuchungen reizen gewisse Mittel 

inelektiver Weise die verschiedenen den Blutdruck beherrschenden Komponenten; 

Veränderungen in seiner Reizbarkeit lassen sich deshalb mit Hilfe jener Stoffe 

analysieren. Blutverluste steigern die Reaktion auf Nikotin beträchtlich, aber 

nicht oder kaum die auf Epinephrin; Verschluß der Carotiden führt meist zu 
gieichem Ergebnis. Gesteigerte Reaktionen sind daher wahrscheinlich — und 


zwar als Anpassungsvorgang — auf erhöhte Reizbarkeit des Vasokonstriktoren- 
zentrums zurückzuführen. F. Reiche (Hamburg). 


10. K. L. F. Kaiser. Beitrag zur Kenntnis der Pulskurve beim 

Menschen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 417—22.) 

Ein von van Leersum erfundenes Verfahren führte zur genauen Analyse 
der Carotiskurven sogar kleinerer Tiere, eignete sich der operativen Lösung der 
Carotis halber nicht für menschliche Verwendung. Ein von Frl. K. jüngst er- 
fundenes Registrierungsverfahren war beim Menschen brauchbar; die charak- 
teristischen Carotis- (und Radialis-) Kurven wurden mit den bei derselben Person 
zu gleicher Zeit gewonnenen Rektalplethysmogrammen verglichen. Der Mano- 
meterdruck ergab in beiden Fällen als Optimum zur deutlichen Registrierung 
24cm. Der Anfang des Beginnschlages in der Carotiskurve erfolgte 1,015 Sekunden 
nach dem Anfang der die Eröffnung der Semilunarklappen wiedergebenden Steige- 
rung im Plethysmogramm. Indem die Entfernung des Herzens von der Carotis 
18cm betrug, findet man bei Annahme einer arteriellen Blutstromgeschwindigkeit 
von 8 m pro Sekunde, daß die Carotiskurve ihren Anfang 0,02 Sekunden nach der 
Eröffnung der Aortenklappen nimmt; die obige Steigerung des Plethysmogramms 
auslösende Rektaldruckschwankung erfolgt also 0,005 Sekunden nach Eröff- 
nung dieser Klappe, so daß die Fortpflanzung durch die Bauchhöhle sehr schnell 
vor sich geht. Beim Vergleich der Dauer der durch die Zusammenziehung der 
Vorkammer hervorgerufenen sogenannten Anfangsschwankung in der Carotis- 
kurve mit derjenigen der im Plethysmographen sichtbaren Vorkammersystole 
wird jegliche Übereinstimmung vermißt. Auch andere analoge Aufnahmen führten 
keine vergleichbaren Werte herbei. Die Dauer der präsphygmischen Periode des 
Plethysmogramms entspricht genau derjenigen des Vorschlags in der Carotiskurve; 
dieses Faktum spricht zugunsten der Annahme, nach welcher diese geringe Welle 
in den Arterien durch eine vor der Klappeneröffnung stattfindende Vorwölbung 
der Klappen hervorgerufen wird. Zeehuisen (Utrecht). 


11. Ch. Goodman (New York). Arteriovenous anastomosis of the 
femoral vessels for impending gangrene. (Annals of surgery 
1914. Juli.) 

Die Schaffung einer arteriovenösen Anastomose zur Verhütung drohender 
Extremitätengangrän bei Arteriosklerose und arterieller Thrombose hat nach G.’s 
Übersicht über die Literatur so manche Erfolge gehabt und ist deshalb trotz 
theoretischer Bedenken weiter zu üben. Unter 16 eigenen Fällen im Alter von 
28—87 Jahren hatte G. 6 Erfolge, in anderen temporäre Besserungen. 

F. Reiche (Hamburg). 


210 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


12. Mautner und Pick (Wien). Über die durch „Shockgifte“ er- 
zeugten Zirkulationsstörungen. (Münchener med. Wochenschr. 1915. 
Nr. 34.) 

Die Herbivorenleber verhält sich den Shockgiften gegenüber ebenso wie den 
meisten anderen Gefäßgiften gegenüber völlig indifferent. Die Untersuchung 
der Gefäße des Hunde-, Katzen- und Kaninchendarms ergab, daß die oben ge- 
nannten Shockgifte nicht eine Erweiterung oder Parese der Darmgefäße bedingen, 
sondern eine mächtige Verengerung der arteriellen Gefäße unter augenfälliger 
Anämisierung des Darmes erzeugen. Für den Lungenkreislauf ergaben die Ver- 
suche, daß eine intensive Kontraktion der Endverzweigungen der Arteria pul- 
monalis eintritt, als deren Folgen sehr erheblicher Druckanstieg im Stamme der 
Arteria pulmonalis und plötzlicher Druckabfall im linken Vorhof, Ventrikel und 
großen Kreislauf erscheinen. Reckzeh (Berlin). 


13. Szubinski. Unmittelbare Einspritzungen in das Herz bei 
hochgradiger Lebensgefahr. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 


Nr. 50.) 
Die intrakardiale Injektion bewirkt eine sofort einsetzende energische Herz- 
arbeit. Reckzeh (Berlin). 


14. + Th. Rumpf. Die Behandlung der Herz- und Gefäßkrankheiten 

mit oszillierenden Strömen. 190 S. 7,50 Mk. Jena, G. Fischer, 1915. 

R. legt die Ergebnisse in jahrzehntelangen Studien gesammelter Erfahrungen 
über die eigentümlichen Wirkungen der oszillierenden — durch nur einmalige 
Glasunterbrechung gewonnenen hochfrequenten — Ströme auf das Herzgefäß- 
system dar; sie beeinflussen die Beschwerden und objektiven Erscheinungen bei 
gewissen, und zwar vorwiegend den chronischen Herzkrankheiten, was sich in 
erleichterter Atmung und perkutorisch und röntgenographisch nachweisbarem 
Rückgang der vergrößerten Herzdämpfung und Rückkehr der Bewegungsfähigkeit 
mit überraschender Besserung des Gesamtbefindens dokumentiert. Neben ein- 
gehender Beschreibung des Instrumentariums für diese oszillierenden Ströme, 
deren physikalischen, chemischen, physiologischen und biologischen Eigenschaften, 
ihrer therapeutischen Verwendung, der damit erzielten Erfolge und der Indikationen 
und Gegenindikationen für diese Behandlung erörtert R. die Diagnose der Herz- 
und Kreislaufinsuffizienz und unter reicher Kasuistik die sonstige Therapie der 
organischen und nervösen Herz- und Gefäßleiden, so daß das Werk, weit über 
den Rahmen des überschriftlich gestellten Themas hinauswachsend, ein wertvoller 
Beitrag zur allgemeinen Klinik und Therapie der Herzkrankheiten wird, reich an 
Belehrung und Anregung von dem sicheren Boden der bisherigen Behandlungs- 
maßnahmen aus das Neuland der Therapie mit Hochfrequenzströmen erschließt. 

F. Reiche (Hamburg). 


15. Schoenewald (Bad Nauheim). Fortschritte in der Therapie 
der Herz- und Gefäßkrankheiten während der letzten Jahre. 
Übersichtsreferat und eigene Erfahrungen, (Zentralblatt f. Herz- 
u. Gefäßkrankheiten 1915. Hft. 3.) 

A. Pharmakotherapie. Von den Digitalisglykosiden ist sichergestellt, daß 
sie erregend auf das Vaguszentrum wirken, während Sinus- und Tawaraknoten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 211 


sowie die tertiären Zentren in den Kammern erst erregt, dann gelähmt werden. 
Das Atrioventrikularsystem wird direkt leitungshemmend beeinflußt. Die Lei- 
stungsfähigkeit des Herzmuskels wird im Gegensatz zur unverändert bleibenden 
absoluten Kraft gehoben. Im Gefäßsystem zuerst des Splanchnicusgebietes be- 
wirkt Digitalis Vasokonstriktion. — Durch Herstellung des Pulv. fol. dig. titr. 
- ist eş gelungen, ein zuverlässiges Präparat von stets gleicher Qualität zu liefern. 
Ferner hat die Chemie verschiedene Präparate hervorgebracht, die nur die wirk- 
samen Glykoside unter Ausschaltung der schädlichen Saponine enthalten, 
prompter und exakter jedoch wirken nach Verf. die originalen Fol. digit. titr. 
Empfohlen wird in jüngster Zeit Digitalis auch bei nervöser, Basedow’scher 
und paroxysmaler Tachykardie (ohne Insuffizienz). Die Darreichung per os ist 
kontraindiziert bei Zirkulationsstörungen im Pfortadergebiet. Ähnlich wie Digi- 
talis wirken Cardiotonin aus Convallaria majalis gewonnen und Cymarin, das 
Glykosid aus dem Samen des Apocyn. cannab. Das Strophantin, das wirksame 
: Prinzip aus dem Samen Strophanti ist das mächtigste Herztonikum und soll des- 
halb für die äußersten Fälle reserviert werden; angewendet kann es nur intravenös 
werden, und zwar soll man mit kleinen Dosen, !/ mg, beginnen. Kampfer ist 
kein spezifisches Herzmittel, sondern wirkt erregend auf das zerebrale Nerven- 
system und die Großhirnrinde, wodurch die Nn. accelerantes indirekt beeinflußt 
werden können. Diuretin, Theocin, Coffein, Euphillin bewirken hauptsächlich 
eine bessere Durchblutung der Nieren und des Koronargebietes und paralisieren 
bei Kombination mit Digitalis die vasokonstriktorische Wirkung der letzteren. 
Nitroglyzerin besonders in alkoholischer Lösung und Amylnitrit sollen Zustände 
der Hypertension (Angina pectoris) günstig beeinflussen. Von der Anwendung 
des Vasotonin, Paperverin und Jod zur Herabsetzung des Blutdrucks hat Verf. 
keine besonderen Erfolge gesehen. Über Antisklerosin liegt ein abschließendes 
Urteil noch nicht vor. Zur Behebung der Schlaflosigkeit bei Herz- und Gefäß- 
krankheiten werden zweckmäßig Veronal, Adalin, Luminal gegeben. Vor allem 
aber soll nicht mit dem herzschonenden Morphium gespart werden, das in den 
üblichen Dosen niemals schadet. Ersetzt kann dasselbe eventuell werden durch 
doppelte Dosen Pantopon, während Dionin öfters versagt. Bei Aneurysma wird 
(neuerdings) wieder Gelatine per os empfohlen. 

B. Diätbehandlung: Der Fleischgenuß soll eingeschränkt werden wegen der 
Reizwirkung der Kalisalze und Extraktivstoffe auf die Zirkulationsorgane, sowie 
wegen seiner obstipierenden Wirkung. Besonders gilt dies für die sehr extraktiv- 
stoffreichen Saucen. Zuführung von 1?/,—1!/, Liter reiner Flüssigkeit pro Tag 
kann ohne Schädigung zugebilligt werden. Der Gesamteiweißgehalt der Nahrung 
soll dem der Norm (90—110 g) entsprechen. Die Kochsalzzufuhr ist einzu- 
schränken; bei dekompensierten Herzfehlern soll den Speisen, abgesehen von 
ihrem natürlichen Salzgehalt, nicht mehr als 5—7 g pro die zugesetzt werden. 
Die Karelikur ist nur in milder Form, indem man spätestens nach dem 2. Tage 
Zutaten zu den Milchportionen gibt, anzuwenden. Mastkuren sowie Entfettungs- 
kuren sollen bei Herzkranken nicht in dauernder Bettruhe vorgenommen werden, 
da im ersten Falle das Körpergewicht nicht schneller zunehmen darf als die Herz- 
kraft, in letzterem Fall durch die Muskelarbeit, wenigstens das Muskeleiweiß, be- 
sonders des Herzmuskels vor Verlust geschützt werden soll. 

Kreuzer (Zell i. W.). 


212 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


16. + Schnirer. Taschenbuch der Therapie. 476S. Würzburg, Kurt 
Kabitzsch, 1916. 

Das bekannte Taschenbuch bringt auch in diesem Jahre wieder mancher!ei 
Neues und Anregendes. So wurden die wichtigsten feldärztlichen Erfahrungen in 
einem eigenen Anhange wiedergegeben und die Abschnitte über Cholera, Dysenterie, 
Erfrierungen, Pediculosis, Tetanus, Typhus einer Umarbeitung auf Grund der 
Kriegserfahrungen unterzogen. In dem Abschnitt über Tuberkulintherapie hat 
die für den Praktiker so wichtige Methode der perkutanen Tuberkulinanwendung 
eine ausführliche Schilderung erfahren. Im ganzen überrascht die Reichhaltigkeit 
des Dargebotenen. Bisweilen aber scheint doch die Fülle des Stoffes die Üb:r- 
sichtlichkeit zu hindern. Das Buch kann nur empfohlen werden. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


17. Blumenthal. Ultrafiltrate, eine neue Arzneiform. (Berliner kiin. 

Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 

Ultrafiltration nennt man die Filtration von Flüssigkeiten durch galiertartige 
Membranen, wie z. B. dünne Kollodiumhäutchen unter Druck. Dabei werden 
die in der Flüssigkeit enthaltenen Kolloide auf dem Filter zurückgehalten unü 
das »Ultrafiltrat« enthält im wesentlichen nur Kristalloide. Es ist mittels Ultra- 
filtration gelungen, geeignete wäßrige, pflanzliche Auszüge von allen störenden 
schleimigen oder harzartigen und ähnlichen Ballaststoffen zu befreien und sie in 
eine Form zu bringen, die alle wirksamen Bestanteile der betreffenden Droge 
enthält und sich zu reizlosen Injektionen verwenden läßt. Das Ultrafiltrat des 
Opiums soll jetzt unter dem Namen »Holopon« in den Handel gebracht werden. 
Infolge der Abwesenheit der verzögernden Ballaststoffe tritt die volle Opium- 
wirkung außerordentlich rasch und ausgiebig ein, ohne daß andererseits die Dauer 
der Wirkung irgendwie beeinträchtigt wäre. Reckzeh (Berlin). 


18. Theilhaber (München). Einige Indikationen der Aderlaßbe- 
handlung. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 

Bei manchen Neuralgien und Neurosen, namentlich plethorischer Individuen 
wirkt der Aderlaß oft nützlich, insbesondere bessern sich auch einzelne Formen 
von nervösen Kopfschmerzen. Ferner wurde Günstiges von der Anwendung des 
Aderlasses behufs Verhinderung der Rückfälle nach Krebsoperationen gesehen. 
Der Aderlaß wird auch von alten Leuten sehr gut vertragen. 

Reckzeh (Berlin). 


19. Peperhowe (Hösel). Chlornatrium und Chlorkalzium als Anti- 
hydrotika. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 
Nach dem Gebrauche des Chlorkalziums waren die lästigen Schweiße völlig 
verschwunden. Reckzeh (Berlin). 


20. Levy (Bromberg). Über Katacidtabletten. (Münchener med. 

Wochenschrift. 1915. Nr. 42.) 

Die Katacidtabletten bieten keineswegs einen »beruhigenden Schutz« gegen 
Cholera, Typhus und Ruhr, sondern stellen im Gegenteil eine große Gefahr dar, 
da sie einen Schutz vortäuschen, den sie in Wirklichkeit nicht gewähren. 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 213 „ 


21. + Weiss und Kommerell. Über die physiologische Wirkung 
der Kohlensäure. Mit 34 Tabellen u. 14 Kurven. Preis 3 Mk. Leipzig, 
AmbrosiusBarth, 1915. 


Die Verff. haben die Wirkung der Kohlensäure durch sehr eingehende Studien 
an Kohlensäure-Wasser- und Kohlensäure-Gasbädern zu klären gesucht. Zum 
Unterschied von der wenig einheitlichen Wirkung der Kohlensäure auf den Blut- 
druck waren die Ergebnisse, was das Verhalten der Blutverteilung anlangte, ein- 
witlicher Natur. Die Hautrötung im Kohlensäurebad stellt eine kapilläre Er- 
scheinung dar. Die peripheren Nerven sind im Kohlensäurebad tonisiert, manch- 
mal wohl sogar leicht kontrahiert. Die schwankenden Resultate der Blutdruck- 
werte finden ihre Erklärung vielleicht darin, daß einmal die sensible, das andere 
Mal die thermische Komponente den Ausschlag gibt. Dieselben Verhältnisse 
scheinen bei den verschiedenen Resultaten bei künstlichen und natürlichen kohlen- 
sauren Solbädern indifferenter Temperatur eine wesentliche Rolle zu spielen: Bei 
Gen künstlichen mehr sensible (Blutdrucksteigerung, Tonisierung), bei den natür- 
lichen mehr thermische Reizwirkung (Blutdruckerniedrigung, Entspannung). Im 
Kuhlensäure-Gasbad kommt die perkutane Wirkung der Kohlensäure zur Ent- 
faltung. Sie setzt sich aus zwei Faktoren zusammen, aus dem physikalisch-sen- 
ihlen und aus dem chemischen Reizfaktor. Der erstere (physikalisch-sensible) 
fuhrt in seiner direkten Einwirkung zur Hautrötung, die als lokale kapilläre Er- 
scheinung aufzufassen ist. Reflektorisch findet durch ihn eine Beeinflussung der 
Gefäße und des Herzens statt: Die arteriellen peripheren Gefäßbahnen weisen 
einen erhöhten Tonus auf, die Blutdruckwerte können dabei schwanken, zeigen 
aber doch um so eher eine Tendenz zur Steigerung, je weniger die Kohlensäure- 
wırkung von thermischen Einflüssen verdeckt wird. Der Puls zeigt dabei kein 
kanstantes Verhalten. Der letztere Faktor (chemische) bewirkt infolge Resorption 
der Kohlensäure durch die Haut auf direktem Wege durch Reizung der Wärme 
empfindenden Nervenendigungen ein subjektives Wärmegefühl und führt reflek- 
torisch zur Vertiefung der Atmung. Im indifferent temperierten Kohlensäure- 
Wasserbad kommen noch weitere Reizfaktoren dazu, einmal der sensible Reiz 
der aufsteigenden Gasblasen, dann weiter ein thermischer Faktor von seiten der 
ich dem Körper anlegenden Kohlensäuregasblasen, endlich noch die Inhalations- 
wirkung durch Einatmung entweichender Kohlensäure. 

Reckzeh (Berlin). 


2. Rudolf Steiner. Über Inhalationstherapie. (Prager med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 25.) 


Zweck der Arbeit des Verf.s war, zu zeigen, daß der Widerstreit der Anschau- 
urgen über die Bedeutung der Inhalationstherapie, welche die einen anwenden, 
während andere sie wiederum ganz verwerfen, immerhin nicht abhalten soll, den 
Wert örtlicher Heilwirkungen zweckmäßig durchgeführter Einatmungen, mag 
e sich um Flüssigkeiten oder Dämpfe handeln, anzuerkennen. Man muß in den 
Inhalationen ein sehr wirksames, die Allgemeinhehandlung unterstützendes Hilfs- 
mittel zur Behandlung von Erkrankungen der Atmungsorgane, namentlich von 
Katarrhen der Luftwege, erblicken. 


M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


‚214 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


23. Oscar Kohnstam. Antithyreoidin und Hypophysin in der 
Kriegsmedizin. (Begriff der Dyshormonie.) (Therapie der Gegen- 

wart 1915. Hft.9. S. 328.) 

Im Bilde gewisser durch die Kriegsbeteiligung hervorgerufener nervöser Stö- 
rungen finden sich bisweilen Erscheinungen, die auf eine Störung der Funktion 
der Drüsen mit innerer Sekretion hindeuten. Da bei diesen Störungen der inneren 
Sekretion Abweichungen des Hormonstoffwechsels anzunehmen sind, schlägt 
Verf. für deren Gesamtheit das Wort Dyshormonien vor. Unter den von ihm 
sogenannten Dyshormonien waren es besonders thyreoidale, an die Verf. am meisten 
erinnert wurde und die ihm außerordentlich häufig die Frage nahe legten, ob es 
sich nicht in den mit Störungen der Herztätigkeit, des Blutdrucks, der Schweiß- 
absonderung, mit gemütlicher Erregbarkeit, Zittererscheinungen und Abmagerung 
einhergehenden Fällen um eine unausgebildete Form von Basedow’scher Krank- 
heit handelt. Er hat nun durch Darreichung von Antithyreoidin in kleineren oder 
größeren Dosen, die er nur kürzere Zeit und etwa alle 14 Tage verabreichte, ganz 
wesentliche Besserungen gesehen, ebenso gelang es ihm in einem Falle, wo neben 
den Erscheinungen der Neurasthenie Anfälle von Asthma bronchiale bestanden, 
durch Verabfolgung von 1 ccm Hypophysin plus ?/, ccm Suprareninlösung einen 
vollen Erfolg zu erreichen. Sehr bemerkenswert waren in seinen Beobachtungen 
die mit der Asthmabekämpfung einhergehende schlaferzeugende Wirkung der 
Mischung. Bei einer Dame Mitte der 30er Jahre, bei der vorzugsweise 10 Tage 
vor der Periode unter Temperatursteigerung schwere Anfälle von Angina pectoris 
auftraten, gelang es ihm ebenfalls durch subkutane Einspritzung von 1 ccm Hypo- 
physin beim Anfall, die Anfälle dauernd zu beseitigen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


24. E. Marcovici. Über Allphentherapie. (Zentralblatt f. d. gesamte 

Therapie 1915. August.) 

Die Allphentherapie hat sich sowohl in der einfachen als auch in der kom- 
binierten Darreichungsform bei Dysenterie, Cholera und bei Darmkatarrhen ganz 
besonders bewährt. Die bequeme Anwendungsart, sowie die praktische Packung‘ 
methode macht sie gerade für die Kriegsepidemie ganz besonders geeignet. Dit 
Vorzüge gegenüber allen anderen Therapien (Bolus, Tierkohle) sind nicht nur in 
der heilsameren Wirkung und Abkürzung des Krankheitsprozesses zu suchen. Die 
bei diesen Erkrankungen sowieso darniederliegende Magenfunktion gestattet 
die Einnahme von nur geringen Arzneimengen, ein Vorzug der Allphentherapie, 
dessen sich andere Therapien nicht erfreuen. 

Die immer mehr vom Verf. vertretene Ansicht, daß es sich in erster Linie um 
eine spezifische Wirkung handelt, erweckt die Hoffnung, daß diese Therapie einen 
ersten Platz in der Behandlung infektiöser Darmkatarrhe einnehmen wird, und 
daß die Nachprüfung seitens erfahrener Epidemiologen nicht lange ausbleiben wird. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


25. Kelemen. Über Tierkohlebehandlung bei Truppen in der 
Front. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 
Bei allen Fällen hat sich die Tierkohle als sehr nützlich erwiesen. 
Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 215 


26. H. Hashimoto. Zur Frage der aus dem Verdauungstrakt dar- 
stellbaren diuretisch wirkenden Substanz. (Arch. f. exp. Path. u. 
Pharm. Bd. LXXVI. S. 367.) 


Die an Hunden angestellten Versuche ergaben folgendes: Leitungswasser 
per os gegeben, bewirkt stets eine meßbare Diurese; diese zeigt sich nicht bei der 
subkutanen oder intravenösen Injektion. Die Temperatur des per os verabfolgten 
Wassers hat keinen Einfluß auf die Stärke der Diurese. Bei langsamer Injektion 
(in 50—70 Minuten) des Leitungswassers in die Halsvenen tritt eine schwach 
erhöhte Diurese ein, welche durch Kochsalzzusatz (0,45%) bedeutend gesteigert 
wird. Die Injektion von Leitungswasser in die Darmvenen, wenn dies rasch ge- 
schieht, bewirkt jedoch ebenso starke Diurese wie die Darreichung per os. Sub- 
kutane Injektion des Leitungswassers erzeugt niemals eine Steigerung der Diurese, 
während 0,45%,ige Kochsalzlösung, subkutan eingeführt, eine erhöhte Diurese 
herbeiführt. 

Destilliertes Wasser per os, intravenös oder subkutan gegeben, hat in der 
gleichen Menge, in der schon das Leitungswasser immer eine deutlich meßbare 
Diurese hervorruft, keine gesteigerte Harnsekretion zur Folge. 

Extrakte, sowohl verschiedener Abschnitte des Verdauungstraktus (Magen, 
Duodenum, Dünn- oder Dickdarm) als auch der Leber, haben nur insofern Ein- 
fluß auf die Diurese, als die in ihnen enthaltenen Mineralbestandteile diuretisch 
wirken, 

Zum Zustandekommen der Wasserdiurese ist ein gewisser Salzgehalt des 
Wassers und der allmähliche Eintritt der Hydrämie des Blutes notwendig. Ein 
rascher Eintritt der Hydrämie, wie er bei schneller intravenöser Injektion auf- 
tritt, bewirkt keine Diurese. Für den Eintritt der Diurese nach Wassereinfuhr 
per os scheint die Mitbeteiligung des Verdauungstraktus und der Leber von Vor- 
teil zu sein, einerseits durch Verlangsamung der Hydrämie, andererseits durch 
die mögliche Abgabe von Kochsalz und anderen harnfähigen Salzen an das re- 
sorbierte Wasser. 

Es besteht keine reine Wasserdiurese in strengem Sinne. Die sog. Wasser- 
diurese, die nach der Verabreichung des Leitungswassers per os eintritt, muß als 
eine kombinierte Form von Salz- und Wasserdiurese aufgefaßt werden. 

Bachem (Bonn). 


27. G. C. Robinson (St. Louis). An investigation of the potency 
of tincture of aconite. (Arch. of intern. med. 1915. Mai.) 

Aconitin wirkt nach Matthews, und zwar anscheinend durch zentralen 
Vagusreiz, herabsetzend auf die Pulsfrequenz. Diese Wirkung auf das Herz wurde 
von verschiedenen Beobachtern mit der Tinctura Aconiti nicht erzielt und auch 
R. vermißte sie in 5 Fällen von Mörbus Basedowii, bei 4 wurde gleichzeitig Physo- 
stigmin gegeben mit der Absicht, eine noch bessere Einwirkung auf den Vagus zu 
erhalten. Die Tinctura Aconiti wurde in langsamer Steigerung bis weit über die 
übliche Dosis gegeben, bei 4 Pat. bis zu 6mal täglich 10 ccm, ohne daß eine Herab- 
setzung des Blutdrucks, Verlangsamung der Herzaktion oder subjektive Symptome 
auftraten. Weitere chemische und physiologische Prüfungen ergaben, daß der 
Aconitingehalt dieser Tinktur nahezu vorschriftsmäßig war, daß aber Meer- 
Schweinchen das 45fache der Dosis letalis des kristallinischen Aconitins in Form 
des Aconitins der Tinktur überlebten. F. Reiche (Hamburg). 


216 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 12. 


28. B. v. Issekutz. Über die kombinierte Wirkung des Magne- 


siumsulphats mit verschiedenen Narkotika. (Therapeutische 
Monatshefte 1915. Juli.) 


Sehr ratsam ist es, bei der Behandlung des Tetanus Magnesiumsulphat mit 
möglichst großen Hypnotikagaben (Chloraihydrat, Urethan, Luminal usw.) zu- 
sammen anzuwenden, weil auf diese Art die Dosierung des Mittels infolge der 
Vergrößerung seiner Wirkungsbreite erleichtert und die Gefahren der Behandlung 
vermindert sind. 

Aber die gleichzeitige Benutzung des Magnesiums mit Morphin oder Nar- 
kophin ist sehr bedenklich, weil dadurch die Giftigkeit des Mittels und die Ge- 
fahren der Behandlung zunehmen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


29. Saalfeld (Berlin). Über Thigan. (Münchener med. Wochenschriit 
1915. Nr. 8.) | 


Thigan ist die haltbar gemachte Lösung von Thigenolsilber und so eingestellt, 
daß 1 ccm Thigan 1 mg Silber enthält. Das Thigan erwies sich gegenüber manch 
anderen Präparaten als ein relativ reizloses Mittel, das einen günstigen Einflus 
ausübte. Die Sekretion verminderte sich in kurzer Zeit, die subjektiven Be- 
schwerden ließen sehr bald nach. Reckzeh (Berlin). 


30. Julius Friedeberg. Beitrag zur Wirkung des Digifolin-Ciba, 
eines neuen Digitalispräparates. (Deutsche med. Wochenschrift 
1914. Nr. 17.) 


F. berichtet über sehr günstige Erfahrungen, die er in der ambulanten Praxis 
in ca. 60 Fällen mit dem Digifolin, einem genau dosierten und haltbaren, von den 
Saponinen befreiten Digitalispräparate gemacht hat. Das Mittel ließ stets eine sehr 
kräftige Digitaliswirkung, insbesondere eine gute diuretische Wirkung erkennen 
und wurde bei der stomachalen Verabreichung gern genommen und ausnahmslos 
gut vertragen. Nebenwirkungen wurden niemals beobachtet. Sein Hauptvorzug 
beruht auf der Möglichkeit, es subkutan zu injizieren. Es wirkte bei dieser Appli- 
kationsform bisweilen noch in solchen Fällen, in denen es bei stomachaler Ein- 
verleibung versagt hatte und in denen sonst nur noch intravenöse Strophantin- 
injektionen einen Effekt erzielt hatten. Vor den letzteren würde es wegen der 
bequemeren Anwendungsweise den Vorzug verdienen. Mannes (Weimar). 


31. Voigt (Göttingen). Einige Richtlinien für die therapeutische 
Verwendung des kolloidalen Silbers. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 37.) 

Bei schwer fieberhaften Störungen des Allgemeinbefindens, wie sie bei aus- 
gedehnten Eiterungen als schwerere oder leichtere septische und pyämische Er- 
krankungen auftreten, wirkt das kolloidale Silber zuweilen ganz auffallend günstig, 
wenn es nur zeitig genug angewandt wird. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 





— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bons, Charlottenhurg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 13. Sonnabend, den 1. April 1916. 





Inhalt. 


Referate: 1. Eggleston, Digitalis dosage. — 2. Sainsbury, Cryogenin als Antipyretikum. — 
3. Hufsmans, Vernisan. — 4. Grumme-Fohrde, Gefährlichkeit der inneren Joddarreichung — 
5. Brühl, Verwendung von Eisen-Elarsontabletten. — 6. Förster, Arsenobenzolderivat Galyl. — 
7. Roiek, Herabsetzung der Giftigkeit des Salvarsans. — 8. Geyer, Erfahrungen mit Phenoval. — 
9. Rassers, Spezifität der Straub-Herrmann’schen biologischen Morphiumreaktion. — 10. Fried- 
länder, Erfahrungen mit Morphium-Skopolamin. — 11. Kolb, Dihydromorpbin und Diacetyldihydro- 
worphin. — 12. Sehmidt, Mekonal. — 13. Mello, Biologische Wirkung des Thorium X. — 14. Bach, 
Küsstliche Höhensonne. — 15. Heusner, Nitralampe. — 16. Heimann, Strablentiefenwirkung. — 
17. Ludewig, Zehnder'sche Röntgenröhre. — 18. Kahane, Palpatorische Anwendung elektrischer 
Ströme. — 19. Buxbaum, Bergonie und Diatbermisbehandlung. — 20. Silberstein, 21. Valentin, 
Kriegsinvalidenfürsorge und staatliche Unfallfürsorge. — 23. Lese, Klinische Bedeutung der Elster- 
salzguelle. — 23. Bickel, Physiologische Wirkungen des Mosdorfer Mineralwassers. — 34. Pol- 
sek und Holmes, Pikrotoxinvergiftung. — 25. Cow, Atropin. — 26. Morawski, 27. de Jong, 
3. Houbner, Kohlenoxydvergiftung. — 29. Koelsch, Vergiftungen durch Zelluloidlacke. — 80. Kann- 
gießer, Vergiftungen durch Pilze. — 31. Michaelis, Arsenikvergiftung. — 8323. Oppenheim, 
3. Friedmann, (Quecksilbervergiftung. — 34. Soer, 35. Kahn, Andrews, Anderson, Sublimat- 
vergiftung. — 36. Huber-Pestalozzi, Exantbem nach Atophangebrauch. — 87. Hartman, Urinod. 
— 3. Sehnitter, Behandlung Bleikranker im galvanischen Zweizellenbad. — 39. Collins, Vera- 
tram album. — 40. Doelman, Ursprung der Veratrinkurve. — 41. Widmark, Konzentration des 
gsenossenen Alkohols in Blut und Harn. — 42. Schnitzler, Delirium tremens. — 43. Tepper, 
SER TMENnng — 44. Graham, Chloroformvergiftung. — 45. Mattisson, Akute Vergiftung mit 

eronal. 


46. Wolff, 47. und 48. Theilhaber, 49. Schweninger, 50. Nobl, 51. Duker, Karzinom. 





Referate. 


1. C. Eggleston (New York). Digitalis dosage. (Arch. of intern. 
med. 1915. Juli.) 


Zu den manchen Unsicherheiten, die in der Therapie mit Digitalispräparaten 
und den ihnen verwandten Medikamenten — so auch hinsichtlich ihrer Resorption 
im Magen-Darmkanal die für Strophantustinktur, für kristallinisches und amorphes 
Strophantin, Digitalin und Convallaria derartig unsicher ist, daß man die Ver- 
wendung dieser Mittel per os verwerfen muß — noch herrschen, gehört auch die 
der Dosierung derselben. E. prüfte verschiedene von ihnen nach biologischer 
Feststellung ihrer Wirksamkeit vermittels des Tierexperiments an Katzen (nach 
Hatcher), die er für brauchbar hält. Die mittlere interne therapeutische Dosis 
von Digitalis als Tinktur oder Infus ist nach 33 sehr genau durchgeführten Beob- 
achtungen ungefähr 1,046 ccm einer mittleren hochwertigen Tinktur pro Pfund 
Körpergewicht und nach 15 Beobachtungen 0,023 mg Digitoxinum cryst. pro 


13 


218 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


Pfund. In ungefähr der Hälfte von sämtlichen 48 Fällen wurden volle thera- 
peutische Wirkungen mit Dosen erzielt, die sich zwischen 15%, über oder 15°, 
unter dem Durchschnittswert bewegten; beträchtlich höhere Gaben kamen in 
17 Fällen zur Anwendung, ohne mehr als leichte toxische Symptome auszulösen. 
Die Aktivität eines Digitalispräparats ist ohne wesentlichen Einfluß auf die er- 
forderliche Dosis und ebensowenig ist es Alter, Geschlecht und Beschaffenheit des 
Herzens. Digitalis und Digitoxin werden anscheinend rasch und recht gleich- 
mäßig — letzteres noch besser als ersteres — beim Menschen im Magen und Darm 
resorbiert. | | F. Reiche (Hamburg). 


2. H. Sainsbury (London). The case for symptomatic treatment 
in general and for the antipyretic in particular, with special 
reference to cryogenine. (Lancet 1915. August 14.) 

S. bespricht nach allgemeinen Erwägungen über symptomatische und anti- 
pyretische Therapie den Wert des Cryogenins als Antipyretikum, zumal in akuten 
Fällen von Phthise. Er hatte gleich gute Erfolge damit wie Calvert und Gor- 
don; er gibt 0,6—1,0 g einmal täglich kurz vor dem zu erwartenden Temperatur- 
anstieg. F. Reiche (Hamburg). 


3. L. Huismans. Das Vernisan, ein Jodkampferphenolpräparat 
und seine Resorption. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft.9. S. 343.) 
Das Vernisan ist ein Jodkampferphenolpräparat und dient zur Reinigung 
und Heilung von Wunden. Verf. konnte feststellen, daß es auch von der Haut 
aus ausgezeichnet resorbiert wird und daher für seinen Zweck geeignet ist. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


4. Grumme-Fohrde. Über die Gefährlichkeit der inneren Jod- 
darreichung bei Quecksilberanwendung am Auge. Besteht 
ein Unterschied für verschiedene Jodpräparate? (Arch. f. exp. 
Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. S. 448.) 

Die an Kaninchen angestellten Versuche ergaben, dat nach dem Einnehmen 
von Jodkalium Kalomel im Bindehautsack stets rasch gelb wird; nach Jodtropon 
bleibt Kalomel weiß oder wird bei höherer Gabe nur schmutzig, nicht gelb. 

Die nach Jodtropon auftretenden Entzündungserscheinungen sind bei gleicher 
Jodgabe weniger schwer; sie haben weniger Neigung in die Tiefe zu gehen oder 
bilden sich eher zurück. Für Jodtropon liegt die Gefahrgrenze bei etwa 0,1 g Jod 
pro Kilogramm Tier; für Jodkalium wurde eine zulässige untere Grenze der Jod- 
darreichung nicht gefunden, denn selbst nach 0,07 Jod tritt Erblindung durch 
Hornhauttrübung, ferner Hypopyon, Panophthalmie, Pyämie und Exitus ein. 

Verf. zieht daraus den Schluß, daß in der Tränenflüssigkeit sich aus anorga- 
nischem Jod und Quecksilberchlorür ebenso prompt Quecksilberjodid bildet wie 
im Harn. Ferner: die Menge des nach dem Einnehmen von Jodtropon in der 
Tränenflüssigkeit ausgeschiedenen anorganischen Jodssei prozentualiter so gering, 
daß erst bei höherer Jodgabe eine Verätzung der Conjunctiva und Cornea auftritt, 

Wenn auch diese Versuchsergebnisse nicht direkt auf den Menschen über- 
tragen werden sollen, so läßt sich dennoch mit großer Wahrscheinlichkeit behaupten, 
daß bei örtlicher Anwendung von Quecksilber am Auge die Verordnung von 
Jodtropon innerlich in den üblichen Dosen nicht kontraindiziert ist. 

Bachem (Bonn). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 219 


5 G. Brühl. Beitrag zur Verwendung von Eisen-Elarson- 
tabletten. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft. 4. S. 138.) 

Verf. rühmt die Eisen-Elarsontabletten als einen vollwertigen Ersatz des 
Levicowassers, der noch den Vorzug habe, daß er besser vertragen wird und billiger 
ist. Er gibt in den ersten 8 Tagen 3mal täglich eine Tablette, im Anschluß an die 
Mahlzeiten. In den darauf folgenden 5 Tagen 3mal täglich 2 Tabletten, nach 
Ablauf dieser Zeit wird die Zahl auf 3mal drei erhöht und letztere Gabe insgesamt 
20 Tage beibehalten. Kinder im Alter von 8—14 Jahren erhalten I—3mal täglich 
eine Tablette nach den Mahlzeiten, dann wird eine Pause von einer Woche ein- 
geschaltet und der Zyklus in gleicher Weise fortgeführt. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


6. A. Förster (London). On galyl, a substitute for salvarsan 

and neosalvarsan. (Lancet 1915. September 18.) 

F. hat mit dem von Mouneyrat entdeckten Arsenobenzolderivat Galyl in 
neun Fällen von primärer und sekundärer Syphilis fast durchweg sehr gute und 
rasche Erfolge erzielt, die den mit Salvarsan erreichten ebenbürtig, wenn nicht 
überlegen sind. Die Dosis für erwachsene Männer ist 0,3, für Frauen 0,2 g. 

F. Reiche (Hamburg). 


7. Wälter Roick. Über die Herabsetzung der Giftigkeit des 
Salvarsans durch Auflösung im Serum. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 26. S. 728.) 

Verf. bringt eine vorläufige Mitteilung aus der Jenenser Hautklinik über die 
von Spiethoff gefundene Herabsetzung der Giftigkeit des Salvarsans durch Auf- 
lösung im Serum. Auch bei Menschen scheint Natriumsalvarsan konzentriert in 
. Eigenserum, intravenös einverleibt, vertragen zu werden. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


8. Ernst Geyer. Klinische Erfahrungen mit Phenoval. (Thera- 

peutische Monatshefte 1915. Nr. 5.) 

Wir besitzen im Phenoval, führt Verf. aus, 

1) ein Schlafmittel, das ebenso wie andere gute Brompräparate, ohne die 
geringste Gewöhnung zu zeitigen, die Disposition des Großhirns zu einem Schlaf- 
zustand ohne Hypnotika zu steigern vermag; 

2) ein harmloses Mittel gegen den Kopfschmerz; 

3) ein Mittel, das, systematisch bei nervösen und neurasthenischen Zuständen 
gegeben, diese Fälle äußerst günstig beeinflußt. 

Die Indikationsstellungen für die Anwendung des Phenovals werden zu er- 
weitern sein, wie das mit Erfolg behandelte Fälle von klimakterischen Beschwerden 
und ein Fall von Dysmenorrhöe gezeigt haben. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


9. J. R. F. Rassers. Über die Spezifizität der Straub-Herrmanın- 
schen biologischen Morphiumreaktion. (Nederl. Tijdschr. v. 
Geneesk. 1915. 11. S. 2111—17.) 

Der von Herrmann beschriebene Einfluß der Injektionsstelle auf das Zu- 
standekommen der Schwanzhebung konnte von R. nicht bestätigt werden, so daß 


13* 


220 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


auch die Injektion am Bauch oder Oberschenkel gleichen Erfolg zeitigte. Als 
minimale Grenzdosis wurde von R. ebenso wie von Magnus nur in seltenen 
Fällen 0,01, in der Mehrzahl der Fälle hingegen 0,02 mg festgestellt. Injektion 
von 5 mg Coffeinum citricum — ebenso reinen Koffeins — rief bei der weißen Maus 
ein vollkommen analoges Bild hervor; die Reizbarkeit des Tieres gegen akustische 
Eindrücke, vor allem auch gegen Berührung, war ebenso wie nach der Morphium- 
injektion gesteigert. Derselbe Erfolg hatte 5 mg Diuretin; etwaige nach Koffein- 
injektion auftretende Konvulsionen wurden nicht wahrgenommen. Ebenso stellte 
sich Cocainum hydrochloricum in von 0,5 bis 3mg auseinandergehenden Gift- 
mengen als sehr wirksam heraus. Mit der Schwanzerscheinung war bei allen 
diesen Giftwirkungen auch die Hervorwölbung des Perineums in die Augen fallend; 
letztere Erscheinung war am hervorragendsten bei der Kampfervergiftung (20 mg). 
Von allen diesen Giften waren im Gegensatz zum Morphium immer erhebliche 
Mengen zur Auslösung der Schwanzhebung erforderlich. Andererseits führten 
sehr geringe Pikrotoxinmengen (0,1 mg), Tetanustoxinmengen, Zyankaliummengen 
(0,02—0,04 mg), letzteres nur nach Berührung des Tieres, die Schwanzerscheinung 
herbei. Charakteristisch für Morphiumvergiftung ist die Erscheinung also keines- 
wegs, so daß die Reinherstellung des Morphiums zur Identifizierung desselben 
noch immer nicht umgangen werden kann. Zeehuisen (Utrecht). 


10. E. Friedländer. Einige Erfahrungen mit Morphium - Skopo- 
lamin resp. Trivalin-Hyoscin bei der Behandlung schwerer 
Erregungs- und Angstzustände. (Psychiatrisch-neurolog. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 35 u. 36.) 


Morphium-Skopolamin in einer Dosis von 0,015—0,03 Morphium und 0,0005 
bis 0,001 Skopolamin bezeichnet Verf. als das wirksamste und relativ ungefähr- 
lichste Mittel zur raschen Kupierung schwerer Erregungs- und Angstzustände. 

Trivalin- und Trivalin-Hyoscin sind in der Wirkung in solchen Fällen absolut 
unzuverlässig und außerdem schon in mäßigen Dosen nicht ungefährlich. 

Morphium und Skopolamin werden am besten in 50%igem Alkohol gelöst, 
intramuskulär injiziert, da diese Lösungen absolut steril, lange haltbar sind und 
der Alkohol gleichzeitig günstig auf die Herztätigkeit wirkt. In manchen Fällen 
ist außerdem eine gleichzeitige Kampferinjektion zu empfehlen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


11. Karl Kolb. Klinische Erfahrungen mit neuen Ersatzpräparaten 
des Morphins: Dihydromorphin und Diacetyldihydromorphin 
(Paralandin). (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 

Das Dihydromorphin hat sich dem Verf. bei der Anwendung an nahezu 
1000 Fällen als sehr wertvolles Ersatzpräparat des Morphins bewährt, dem vor 
letzterem der Vorzug zu geben ist, weil es, wenigstens bei subkutaner Anwendung 
besser vertragen wird und weil keine Gewöhnung eintritt, wie die klinische Beob- 
achtung in Übereinstimmung mit den vorliegenden Ergebnissen der Tierversuche 
ergeben hat. Als Kriterium diente dabei dem Verf. vor allem die Beeinflussung 
der Atmung, die auch bei lange fortgesetzter Anwendung im Gegensatz zum 
Morphin unverändert fortbestand. Die Dosis muß durchschnittlich doppelt so 
groB gewählt werden wie beim Morphin und betrug in der Regel 0,02g, die gut 
vertragen wurden, allerdings nur bei subkutaner Anwendung, während die inner- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 221 


liche Verabfolgung häufig Erbrechen erregte. Dagegen wird das Diacetyldihydro- 
morphin (von der Firma Knoll & Co. als Paralandin in den Handel gebracht) 
sowohl subkutan als auch per os gut vertragen. Auch bei diesem Mittel tritt 
Gewöhnung nicht oder doch nur in sehr geringem Maße ein. 

Mannes (Weimar). 


12. Schmidt (Bielefeld). Mekonal ein Schlafmittel. (Deutsche med. 

Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Empfehlung eines unter dem Namen Mekonal in Tablettenform in den Handel 
gebrachten Gemisches von Morph. mur. 0,003, Natr. diaethylbarbiturii 0,15 und 
Acid. acetylosalicylii 0,3 als Schlafmittel, namentlich für Zustände, bei denen 
die Schmerzen den Schlaf beeinträchtigen. Nebenerscheinungen sollen nicht 
auftreten. Dosis I—2 Tabletten. Mannes (Weimar). 


13. A, da Silva Mello. Experimentelle Untersuchungen über die 
biologische Wirkung des Thorium X, insbesondere auf das 
Blut. (Zeitschrift für klin. Medizin Bd. LXXXI. Hft.5 u.6. S. 285.) 
Verf. hat durch ausgedehnte Kaninchenversuche den Nachweis erbracht, 

daß es möglich ist außer der schon bekannten akuten Thorium X-Vergiftung auch 

eine chronische Form derselben hervorzurufen. Die Symptome derselben bestehen 
in einer lange andauernden Gewichtsabnahme, einer langdauernden Anämie oder 

Leukopenie, die alle kombiniert oder einzeln auftreten können. Wichtig ist, daß 

oft erst die zweite Injektion, bisweilen eine ganz kleine Dosis, die schwersten Er- 

scheinungen hervorrufen kann. Dabei ist nach Ansicht des Verf.s der Tod nach 
akuter oder chronischer Vergiftung nie auf die Veränderungen des hämatopoetischen 

Apparates zurückzuführen. Die bisher als für diese Wirkungsweise beweisend 

angesehene Leukopenie ist als ganz nebensächliches Symptom anzusehen. Die 

Wirkungsweise zwischen den Röntgenstrahlen und dem Thorium X ist eine bei- 

nahe entgegengesetzte. Denn das Thorium X schädigt das Iymphoide Gewebe 

Nur ganz geringfügig, während es das myeloische Gewebe schon früh und intensiv 

angreift. Fast gerade umgekehrt ist der Effekt der Röntgenstrahlen. 

B. Hahn (Magdeburg). 


14. + Hugo Bach. Anleitung und Indikationen für Bestrahlungen 
mit der Quarzlampe „Künstliche Höhensonne“. Mit 5 Abbil- 
dungen im Text u. 1 Tafel. Zweite ergänzte Auflage. 40 S. Preis 1,70 Mk. 
Würzburg, Kurt Kabitzsch, 1916. 

Verf. gibt eine kurze Darstellung von Wesen, Wirkung, Technik und Indika- 
tionen für die Bestrahlung mit künstlicher Höhensonne. Angeschlossen ist ein 
ausführliches Literaturverzeichnis. Das Buch stellt eine brauchbare Anleitung für 
die Benutzung der künstlichen Höhensonne dar. Ruppert (Bad Salzuflen). 


IS. Heusner (Gießen). Die Nitralampe. (Münchener med. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 43.) 

Die AEG.-Nitralampe dürfte sich überall da empfehlen, wo es auf Erzeugung 
aktiver Hyperämie ankommt. Vor der Anwendung vieler kleiner Birnen hat 
se den Vorzug, daß sie ihre ganze Strahlenfülle, welche 60 50HK.-Metalldraht- 
lampen entspricht, sozusagen von einem Punkt aussendet, wie die Bogenlampe. 


222 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


Vereinigt mit der Höhensonne ergibt sich ein allgemeines Lichtbad. Ihr Reichtum 
an ultravioletten Strahlen ist eine angenehme Zugabe. 


Reckzeh (Berlin). 


16. Heimann (Breslau). Zur Strahlentiefenwirkung. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 
Es läßt sich heute noch nichts über den endgültigen Erfolg der Strahlen- 
therapie sagen. Auch mit den hohen Dosen und besonders der kombinierten 
Methode, Röntgen plus Mesothor, wurden inoperable Fälle klinisch geheilt. 


Reckzeh (Berlin). 


17. Paul Ludewig. Die Zehnder’sche Röntgenröhre aus Metall. 
(Zentralblatt für Röntgenstrahlen usw. 1915. Hft. 3.) 

Verf. beschreibt eine von Prof. Zehnder angegebene Röntgenröhre au: 
Metall, welche mit einem Glasfenster versehen, die Strahlen nur in einer bestimmten 
Richtung austreten läßt und so die Umgebung weitgehend schützt. Diese Röhre 
hat verschiedene Vorzüge vor der jetzt im Gebrauch stehenden Glasröhre, das 
Prinzip muß jedoch, um den Anforderungen der Praxis gewachsen zu sein, noch 
weiter ausgebaut werden. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


18. Max Kahane. Über palpatorische Anwendung elektrischer 
Ströme. (Med. Klinik 1915. Nr. 42. S. 1151.) 


Seit etwa einem Jahrzehnte beschäftigt sich Verf. mit einer Anwendungsform 
der Galvanisation, seit kürzerer Zeit auch der Faradisation, die er als Elektropal- 
pation bezeichnet. Das Wesen der Elektropalpation besteht nach ihm in der 
palpatorischen Anwendung, das heißt wiederholten, kurzdauernden Applikation 
des Stromes unter Anwendung von Elektroden mit maximaler Stromdichte, das 
heißt kleinstem Querschnitte. Die Hauptvorteile der Elektropalpation sind die 
genauere Lokalisation bei diagnostischer und die gesteigerte Wirkungsenergie bei 
therapeutischer Anwendung. Er rühmt die Methode in diagnostischer Hinsicht 
bei Erkrankung des Vagus-Sympathicussystems und bei der abdominaler Organe. 
In therapeutischer Hinsicht soll die Wirkung der palpatorischen Anwendung des 
galvanischen und faradischen Stromes rascher und größer sein als die gebräuch- 
liche stabile Applikation von Elektroden mit größerem Querschnitt. Seine Methode 
bewährte sich ihm besonders bei der Behandlung des Hyperthyreoidismus, bei 
Lähmungen und Muskelatrophien und bei Neuralgie. 


Ruppert (Bad Salzuflen). 


19. Sigismund Buxbaum. Über Bergonie und Diathermiebehand- 
lung. (Prager med. Wochenschrift 1915. S. 11.) 

Der Verf. schildert zunächst das Wesen der Bergoniekur als rhythmische 
willenlose Muskelarbeit (Muskelkontraktion) aller Muskelgruppen. 

Er negiert den kosmetischen Wert und wendet die Behandlung nur an bei 
pathologischer Obesitas und solchen Pat., die, sei es infolge von Herzaffektionen, 
sei es infolge von Gicht oder anderer Krankheiten Muskelarbeit in gewollter Weise 
nicht verrichten können. Nach seiner Auffassung erzeugt die Behandlung mit 
dem Bergonieinduktor von allen dem Zweck dienenden Apparaten das ange- 
nehmste Stromgefühl. 


Der Verf. gibt auch eine vereinfachte billige Konstruktion des ganzen Ap- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 223 


parates, die er mit dem vom Bergoni& konstruierten Induktor kombiniert. Der 
Apparat leistet bei der Behandlung der Ankylosen und Inaktivitätsatrophien 
ganz Hervorragendes. | 

Behufs der Diathermie schildert der Verf. den Werdegang von der Ent- 
stehung der Apparate bis zu ihrer heutigen vollendeten Konstruktion. 

Daß die Tatsache der Wärmeproduktion der hochfrequenten Ströme, die 
zuerst v. Zeynek und v. Preuss feststellten, nach den Entdeckungen von 
Poulsen zur Erfindung der Diathermie führen mußte, die gleichzeitig und un- 
abhängig von Nagelschmied und von Bernt gemacht wurde, ist verständlich. 

Nach B.’s Erfahrung ergeben sich glänzende Resultate bei der Behandlung 
der Gicht in allen Formen, bei der Ischias, bei allen Gelenkaffektionen zweifel- 
hafter Provenienz, bei Neuritis, und ist die Behandlung geradezu ein souveränes 
Mittel bei gonorrhoischen Gelenkaffektionen. Jedenfalls stellt die Diathermie die 
hervorragendste Bereicherung der physikalischen Therapie in neuerer Zeit dar. 

Friedel Pick (Prag). 


20. + Adolf Silberstein. Kriegsinvalidenfürsorge und staatliche 
Unfallfürsorge. 

21. Bruno Valentin. Die Werkstätten im kgl. orthopäd. Reserve- 
lazarett Nürnberg. Mit 52 Abbildungen im Text. (Würzburger Ab- 
handlungen.) Würzburg, Kurt Kabitzsch, 1915. 

im ersten Teil der Schrift wird die Einrichtung der Berufsberatung für die 
Kriegsinvaliden mit dem Grundsatz, die Verletzten möglichst rasch zu Werte 
schaffender Arbeit heranzuziehen, wie sie in Nürnberg gehandhabt wird, ge- 
schildert. Im zweiten Teil werden die Werkstätten im kgl. orthopädischen Re- 
servelazarett Nürnberg beschrieben. Die Schrift ist von großem Werte für alle 
inder Kriegsfürsorge Tätigen. Sie übergibt die an einem großen Material gesam- 
melten Erfahrungen der Öffentlichkeit. Der eingeschlagene Weg scheint in der 
Tat geeignet zu sein, durch frühzeitige Heranziehung der Verletzten zur Arbeit 
dem Auftreten der in Zivilberufen so gefürchteten »Unfallsneurose« rechtzeitig 
vorzubeugen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


22. W. Lese. Die klinische Bedeutung der Elstersalzquelle. (Internat. 
Beiträge z. Pathologie u. Therapie d. Ernährungsstörungen 1915. Bd.V. 
Hft. 4.) 

Das von Verf. untersuchte Mineralwasser wirkt leicht abführend und erweist 
sich als ein gutes Mittel zur Regelung der Darmtätigkeit bei Pat. post operationem 
und solchen, die Liegekuren unterworfen werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


23. A. Bickel. Über die physiologischen Wirkungen des Mos- 
dorfer Mineralwassers auf die Verdauungsorgane. (Internat. 
Beiträge z. Pathologie u. Therapie d. Ernährungsstörungen 1915. Bd.V. 
Hft. 4.) 

Aus den mitgeteilten Versuchen ergibt sich, daß das Mosdorfer Mineralwasser 
einen anregenden Einfluß auf die Drüsentätigkeit im Verdauungskanal ausübt, 
daß es dessen Motilität in günstigster Weise beeinflußt und endlich, abgesehen 
von den hieraus sich ergebenden Indikationen, dank seines Kochsalz-, Kalk-, 


224 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


Eisen und Jodgehalts, wie seiner Radioaktivität ein umfangreiches Anwendungs- 
gebiet in der Therapie besitzt. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


24. L. J. Pollock and W. H. Holmes (Chicago). A study of re- 
spiration and circulation in picrotoxin convulsions. The 
possible bearing of this study on the theories of pathogenesis 

of epileptic convulsions. (Arch. of internal med. 1915. August.) 
Grünwald hat überzeugend nachgewiesen, daß die bei Pikrotoxinvergiftung 
eintretenden Intoxikationserscheinungen, unter denen Konvulsionen die promi- 
nentesten sind, als Einwirkung des Giftes auf das zentrale autonomische Nerven- 
system aufzufassen sind. In Bestätigung dieses stellten P. und H. fest, daß toxische 

Dosen des Pikrotoxins nicht nur konvulsivische motorische Störungen bedingen, 

sondern auch Alterationen der Respiration und Zirkulation, Salivation und oft 

unfreiwilligen Abgang von Harn und Kot und gelegentlich Veränderungen der 

Pupillen und des Temperaturgleichgewichts, wie sie ähnlich bei der idiopathischen 

Epilepsie zur Beobachtung kommen. Auch hierin, daß ein rein medulläres Krampf- 

mittel zu diesen Nebensymptomen führt, sehen P. und H. eine Stütze ihrer An- 

schauung, daß der Hauptsitz der Entladung in manchen Fällen genuiner Epilepsie 
in Pons und Medulla zu suchen ist. F. Reiche (Hamburg). 


25. D. V. Cow (Cambridge). The use of atropine in the treatment 
of those suffering from the effects of irritant and other 
gases. (Lancet 1915. Mai 29.) 

C. hat, ausgehend von dem von Dixon und Ransom festgelegten Einfluß 
des Atropins auf die Bronchiolen dieses Alkaloid als Gegenmittel gegen die Wir- 
kung irritierender und die Atmung behindernder Gase in Tierexperimenten, in 
denen Chlor- und Bromdämpfe zur Verwendung kamen, erprobt und seine sehr 
erhebliche Wirksamkeit fest erwiesen. F. Reiche (Hamburg). 


26. Juljusz Morawski. Ein Fall von Kohlenoxydvergiftung. 

(Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LI. Hft. 1 u. 2.) 

In vorliegendem Falle hat sich im Anschluß an eine akute Kohlenoxydver- 
giftung als einziges, sofort auftretendes Symptom eine Neuritis im rechten Nerv. 
ischiadicus entwickelt. !Erst einige Wochen später ist dann, wohl infolge von 
Gefäßveränderungen, eine Myelitis anterior in der Höhe des V.—VIl. Halswirbels 
entstanden. Ohne Zusammenhang mit der Vergiftung bestehen noch Schwindel- 
anfälle und Enuresis nocturna, welche teils als Überreste einer früher überstandenen 
zerebralen Kinderlähmung, teils als Folgen eines chronischen Alkoholismus an- 
zusehen sind. Ebenso darf eine rasch vorübergehende, deliröse Psychose auf 
Rechnung des Alkoholismus zu setzen sein. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


27. R. de Josselin de Jong. Kohlenoxydvergiftung und Encephs- 
litis acuta. (Geneeskundige bladen 18. VIII. S. 279—318. 1915.) 

Eine nicht nur in klinisch-anatomischer, sondern auch in forensischer Be- 
ziehung, sowie für das Problem der Unfallsversicherung sehr wertvolle Arbeit, in 
welcher die Schwierigkeiten der Entscheidung über die Ursache plötzlicher oder 
alimählich auftretender Todesfälle: Unfall, innere Erkrankung, Vergiftung, äußere 
Gewalt, auseinandergesetzt werden. Verf. betont vor allem die in der Literatur 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 225 


kaum erwähnte klinische und pathologisch-anatomische Ähnlichkeit mancher 
CO-Vergiftungen mit einigen bekannten Formen akuter Gehirnentzündung. 

Die betreffenden, in CO-haltiger Luft befindlichen Personen sterben in 
akuten Fällen auf der Stelle, indem die überraschend schnell auftretende Lähmung 
der willkürlichen Muskulatur sehr frühzeitig jede Ortsveränderung aufhebt. Bei 
gleichzeitiger Anwesenheit größerer CO,-Mengen wurde das Blut nicht hellrot, 
sondern dunkelschwarzrot. In einigen Fällen wurden diese Verhältnisse im Tier- 
experiment nachgeahmt und die Ergebnisse mit den menschlichen Befunden 
identisch vorgefunden. Die Gefahren der Gasbadöfen mit ungenügender Ventila- 
tion, sowie diejenigen der Schnellsieder, vor allem mit Wassergas, werden aus- 
einandergesetzt. Die Diagnose lautet fälschlicherweise in vielen Fällen Herz- 
lähmung, Apoplexie usw. Zahlreiche Erfahrungen aus der Umgebung des Verf.s 
und aus der Literatur werden eingehend gewürdigt. — In den weniger akut ver- 
laufenden Fällen traten die von Simon schon beschriebenen Hirnveränderungen 
auf. Eine 18 Tage nach der Vergiftung gestorbene 84jährige, gesunde Frau bot 
symmetrische gelbrötliche Erweichungsherde in den medialen Linsenkernpartien 
dar ohne anderweitige makroskopische Hirnabweichungen. In diesen Herden 
wurde eine ausgedehnte Verkalkung der kleinsten Arteriolen und Kapillaren vor- 
gefunden; letztere erwiesen sich aber nicht als die Ursache der Erweichung, wie 
eingehend belegt wurde, in Analogie also mit den bei jüngeren arteriengesunden 
Personen durch CO-Vergiftung hervorgerufenen Erweichungen, und mit den vom 
Verf. bei Leberzirrhose beschriebenen analogen Affektionen der unter relativ 
ungünstigen Zirkulationsverhältnissen stehenden Linsenkerne. Im zweiten Teil 
der Arbeit werden diejenigen Fälle nach CO-Vergiftung auftretender hämor- 
rhagischer Encephalitis analysiert, deren anatomisches Bild vollkommen dem- 
jenigen der durch Influenza, Angina, Fettembolie ausgelösten entspricht. 

Zeehuisen (Utrecht). 


28. Heubner. Über Vergiftung durch kohlenoxydhaltige Explo- 
sionsgase aus Geschossen. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 32. Feldärztl. Beilage.) | 
Kohlenoxydvergiftung durch krepierende Geschosse auf freiem Felde ist 

kaum denkbar. Reckzeh (Berlin). 


29. Koelsch (München). Gewerbliche Vergiftungen durch Zellu- 
loidlacke in der Flugzeugindustrie. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 46.) 

Nachdem sich besonders das Tetrachloräthan bei der hier geschilderten Ver- 
wendung als stark giftig erwiesen hat, hat der Gewerbehygieniker bzw. der Gewerbe- 
aufsichtsbeamte das Recht und die Pflicht, die Weiterverarbeitung tetrachlor- 
äthanhaltiger Lacke vollständig zu untersagen, denn es dürfte sich aus verschie- 
denen Gründen besonders der Kontrolle wegen, nicht empfehlen, eventuellnoch einen 
gewissen Prozentsatz von Tetrachloräthan zuzulassen. Reckzeh (Berlin). 


30. F. Kanngießer. Über Vergiftungen durch Pilze. (Prager med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 11.) 
Zusammenstellung der am häufigsten zu Vergiftungen führenden Pilze und 
Besprechung der Symptomatologie und Therapie dieser Vergiftungen. 
Friedel Pick (Prag). 


228 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


31. Paul Michaelis. Über Arsenikvergiftung. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 29. S. 802.) 


Verf. beschreibt den Verlauf einer Arsenikvergiftung, von welcher 36 Personen 
in der Wohnungskolonie eines industriellen Werkes ergriffen wurden infolge 
arsenikhaltigen Mehles. Der Verlauf der einzelnen Vergiftungen, sowie der Sek- 
tionsbefund an den der Vergiftung Erlegenen bietet nichts Besonderes. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


32. Oppenheim. Hautschädigungen in Munitionsfabriken mit be- 
sonderer Berücksichtigung der Quecksilberwirkung. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 


Seit Beginn des Krieges konnte O. eine große Zahl der verschiedensten Haut- 
schädigungen und Hauterkrankungen bei Arbeitern in Munitionsfabriken beob- 
achten. Eine von ihm schon beschriebene Form stellt eine eigene Art von Nagel- 
veränderungen bei Kapselarbeiterinnen dar; als eine zweite Form der Stigmata 
kann man das Vorhandensein von oberflächlichen parallelen, langen Schnitten und 
Rhagaden betrachten, die sich an Händen und Fingern jener Arbeiter finden, 
welche die Zünder der Granaten und Schrapnelle auf den Drehbänken drehen. 
Ferner kamen noch Verbrennungen und Verätzungen, Erkrankungen der Talg- 
und Schweißdrüsen, Toxikodermien und Ekzeme vor. Unter den Toxikodermien 
sind am wenigsten bekannt die durch Quecksilber hervorgerufenen. Das Krank- 
heitsbild beginnt mit Rötung des Gesichtes und der Handrücken, dann tritt ein 
mehr oder weniger ausgesprochenes Ödem, hauptsächlich des Gesichtes hinzu. 
Zur Entwicklung einer ausgesprochenen Dermatitis kommt es selten, zumeist 
bei fortgesetzter Arbeit und Vorhandensein anderer irritierender Substanzen. 
Gleichzeitig besteht in vielen Fällen Salivation und Schwellung des Zahnfleisches. 
Es sind unzweifelhaft diese Fälle als Quecksilberintoxikation aufzufassen. 

Seifert (Würzburg). 


33. M. Friedmann. Beitrag zur Kenntnis der nicht-gewerblichen 
chron. Quecksilbervergiftung. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheil- 
kunde Bd. LII. Hft. 1 u.2. 1914.) 


Von den mit einem gewissermaßen geringfügigen Intoxikationsherd längere 
Zeit in Berührung gestandenen Personen haben zwar sämtliche die Giftwirkung 
verspürt, jedoch sind nur ca. 50% an ausgesprochenen Vergiftungserscheinungen 
erkrankt. Die Diagnose des schon von Kussmaul beschriebenen Erethismus 
mercurialis ist nicht leicht zu stellen; das Krankheitsbild zeigt große Ähnlichkeit 
mit der Erschöpfungsneurose. Zu einer sicheren Diagnose wird verlangt Häufung 
der Erkrankungen, Nebensymptome im Mund und Darmkanal, sowie eventuell 
ein besonderer Tremor, auch soll womöglich der Urin auf Quecksilber untersucht 
werden. Die beschriebenen Fälle haben gelehrt, daß auch bei gesunden Personen 
und geringerer Menge Quecksilber deutliche Erscheinungen von seiten des Nerven- 
systems und Magen-Darmkanals schon nach 3 Monaten sich zeigen können. 
Erst nach I Jahr und länger treten dann leichtere Entzündungen an Mund- und 
Zahnfleisch und Pharynx auf, während Hautausschläge nur bei dazu disponierten 
Personen sich einstellen. Ferner hat sich gezeigt, daß die Prognose um so schlechter 
wird, je länger die Einwirkungsdauer, selbst geringerer Giftmengen sind, und daß 
selbst bei definitiver Ausschaltung der letzteren das einmal ausgebildete Stadium 
des Erethismus auch fernerhin anhält. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 227 


34. A. F. Soer. Über Sublimatvergiftung, Anurie und Urämie. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 577—87.) - 

S. erachtet die Prognose der mit vollständiger — wenn auch nur 2 bis 3 Tage 
dauernder — Anurie einhergehenden Sublimatvergiftungsfälle absolut ungünstig; 
der Tod erfolgt nach I bis 2 Wochen, ohne daß eigentliche urämische Erschei- 
nungen aufzutreten brauchen. Letzteren zwei einschlägigen Fällen entnommene 
Beobachtung ist mit einigen anderen neueren Beobachtungen (dieses Blatt 1915, 
S. 482 u. 83) in Übereinstimmung; die Differenz zwischen Urämie und Urinämie 
wird betont. Zeehuisen (Utrecht). 


35. Max Kahn, Vernon Andrews, J. H. Anderson. Chemical and 
pathological observations in a case of mercury poisoning. 
(Med. record 1915. August 28.) 

An einem Selbstmörder, der 25—30 g Sublimat zu sich genommen hatte, 
wurde die Anderson’sche Operation gemacht und der Dickdarm mit großen 
Mengen Salzwasser ausgeschwemmt. Trotzdem starb der Mann nach wenigen 
Tagen. Das Waschwasser enthielt große Mengen von Hg. Interessant waren die 
Resultate der chemischen Untersuchung der verschiedenen Organe. Am meisten 
resorbiertes Hg enthielt die Leber, die Darmwand und das Gehirn; die Unter- 
suchung des Blutes ergab eine Polycythämie mit 71/, Millionen roter Blutkörper, 
27000 weißen und 137%, Hämoglobin nach Sahli. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


3%. G. Huber-Pestalozzi. Pruritus cutaneus universalis mit urti- 
kariellem und scharlachähnlichem Exanthem nach Atophan- 
gebrauch. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 20.) 

Eine $6jährige Dame nahm wegen Rheuma 8 Tage lang 3mal täglich Atophan 
0,50 ccm; nach einer Woche Pause wurde mit der gleichen Medikation aufs neue 
begonnen. Nach dem achten Pulver trat ein starkes Jucken an den Fußsohlen 
und den Beinen auf; nach zwei weiteren Pulvern dehnte sich der Pruritus auch 
auf die Handflächen und Arme aus. Hierauf wurde die Einnahme sistiert; trotz- 
dem dehnte sich der Pruritus über den ganzen Körper aus; anfänglich hatte er 
sich nur nachts, und zwar anfallsweise bemerkbar gemacht; später quälte er die 
Pat. auch tagsüber; in der Bettwärme war der Zustand beinahe unerträglich. 
Auf der Brust und den Oberschenkeln zeigten sich gerötete Schwielen und außerdem 
auf der Brust noch ein scharlachartiger Ausschlag. Erst 6 Tage nach Aufhören 
der Medikation wurde der Zustand wieder normal. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


37. Fr. A. Hartman (Boston). The symptoms of urinod poisoning. 

(Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

Das aus Urin durch ein im einzelnen näher beschriebenes Verfahren gewonnene 
Urinod, ein in Wasser unlösliches, penetrant riechendes, bei 108°C kochendes 
Öl, führt bei Kalt- und Warmblütern zu toxischen Erscheinungen und beim Men- 
schen, wenn es eingeatmet wird, zu Übelkeit, Kopfschmerz, Appetitmangel, 
Mattigkeit und nervösen Beschwerden. Es ist eine sehr giftige Substanz, deren 
Symptome sehr an die der Urämie erinnern. F. Reiche (Hamburg). 


228 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


38. Schnitter. Zur Behandlung Bleikranker im galvanischen 

Zweizellenbad: (Therapeutische Monatshefte 1915. Nr. 5.) 

Die elektrische Zweizellenbehandlung in der von Oliver vorgeschlagenen 
Form brachte lediglich Enttäuschungen. Sie hat nach Verf.s Erfahrungen keine 
besondere Heilkraft bei Bleikrankheit. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


39. R. J. Collins (Cleveland). The clinical actions of veratrum. 
(Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

An Rekonvaleszenten angestellte Beobachtungen mit einer 10°, igen Tinktur 
von Veratrum album ergaben, daß die therapeutisch wirksame Dosis für Er- 
wachsene zwischen 30 und 75 Tropfen liegt. Ihre klinische Wirkung ähnelt der 
pharmakologischen und besteht in einer Pulsverlangsamung bis zu 12—42 Schlägen 
in der Minute und einem Absinken des systolischen Blutdrucks bis um 39, des 
diastolischen bis um 32 mm; in zwei Fällen mit Hypertonie sank der systolische 
um 49, der diastolische um 8 mm. Diese Einwirkungen auf den Kreislauf treten 
unabhängig von dem toxischen in Form von Übelkeit und Erbrechen sich äußern- 
den Effekt des Mittels ein. F. Reiche (Hamburg). 


40. H. T. Deelman. Der Ursprung der Veratrinkurve. (Neder!. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 1098—1105.) 

Im Gegensatz zur monistischen Auffassung über die Kontraktionsdifferenzen 
bei der Veratrinvergiftung gelang es Verf. bei verschiedener Dosierung des Giftes 
die schnellen Kontraktionen während des ganzen Vergiftungszyklus vollkommen 
unabhängig von der Kontraktur beizubehalten. Mit zunehmendem Vergiftungs- 
grade wurde die Veratrinkurve steiler. In der Periode der zunehmenden Vergiftung 
verlief stets der abwärts verlängerte Teil der aufsteigenden Linie der Veratrin- 
kontraktur durch den Anfangspunkt der schnellen Verkürzung des Muskels. Der 
immer steilere Verlauf der aufsteigenden Linie der Veratrinkontraktur und das 
immer frühere Eintreffen derselben in der sinkenden Linie der schnellen Ver- 
kürzung führte zur Auslösung einer Steigerung der Veratrinkontraktur in der 
Richtung der Verlängerung der schnellen Verkürzung. Verf. ist also Vertreter 
der dualistischen Auffassung über den Kontraktionsmodus der quergestreiften 
Muskeln, indem er neben der konstant bleibenden Funktion eine nach dem je- 
weiligen Vergiftungsgrad wechselnde Funktion festzustellen vermochte. 

Zeehuisen (Utrecht). 


41. Erik M. P. Widmark. Über die Konzentration des genossenen 
Alkohols in Blut und Harn unter verschiedenen Umständen. 
(Skandinavisches Archiv für Physiologie 1915. Bd. XXXIII. Hft. 1—3.) 
Man kann durch die Bestimmung des Alkoholgehalts des Harns eine Auf- 

fassung von dem Alkoholgehalt des Organismus nach Genuß von Alkohol erhalten. 

Diese Auffassung gründet sich auf Versuche, welche zeigen, daß der vor kurzem 

ausgeschiedene Harn nahezu dieselbe Alkoholkonzentration wie das Blut auf- 

weist, sowie daß diese Konzentration durch Veränderungen der Diurese nicht 
geändert wird. 
Wenn Alkohol auf nüchternen Magen genossen wird, hat die Verdünnung des 

Alkohols keinen merkbaren Einfluß auf die danach auftretende Alkoholkonzentra- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 229 


tion des Blutes oder des Harns. In fünf Versuchen mit derselben Alkoholmenge 
(2imal 8ccm) in einer zwischen 43,6 und 4,36%, variierenden Verdünnung wurde 
nahezu dieselbe Alkoholkonzentration im Harn erhalten. Die maximale Konzen- 
tration variierte zwischen 0,54 und 0,58%/,0. Einige Versuche mit Alkoholbestim- 
mung direkt im Blute ergaben übereinstimmende Resultate. 

Wenn der Alkohol unmittelbar nach einer kräftigen Mahlzeit genossen wird, 
ist die Konzentration bedeutend niedriger (!/,) als bei Genuß auf nüchternen 
Magen. Wird der Alkohol unmittelbar vor einer kräftigen Mahlzeit genossen, 
erreicht er gleichfalls nicht eine so hohe Konzentration wie auf nüchternen Magen. 

Das Magnesiumsulphat wirkt merkbar hemmend auf die Alkoholresorption. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


42. J. G. Sehnitzler. Wärmestauung bei Delirium tremens. (Nederl. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 7333—48.) 

Aus zwei mit Einpackungen behandelten ungünstig verlaufenen Fällen 
wird von S. der Schluß gezogen, daß die Gefahr etwaiger Störung des Temperatur- 
gleichgewichts mit tödlicher Steigerung der Körpertemperatur bei Alkoholdeli- 
ranten mehr die Beachtung verdient als im allgemeinen bei der heutigen Lage 
des klinischen Wissens der Fall ist. Dieser Anstieg der Körpertemperatur kann 
plötzlich in maximaler Weise in die Erscheinung treten, vor allem im Verlauf 
einer Behandlung, bei welcher gewissermaßen die Wiederanhäufung begünstigt 
wird. Andererseits spielen der Bewegungstrieb und die Unruhe dieser Pat. un- 
geachtet der mit denselben einhergehenden Kalorienbildung an sich keine bedeu- 
tende Rolle zur Herbeiführung dieser übeln Nebenwirkung. Die Gefahr primärer 
Herzinsuffizienz und Wärmestauung kann in verschiedener Weise zustandekommen, 
ohne daß die Bekämpfung derselben nach einem gewissen System ermöglicht ist. 
Individuelle Beobachtung ist unter fortwährender Verfolgung der Körpertem- 
peratur, der Herzwirkung und des Allgemeinbefindens erforderlich. Schematische 
Behandlung mit heißen oder abgeschreckten Bädern oder Einwicklungen ist nach 
S. ebenso gefährlich wie die Isolierung jedes Deliranten ohne Ausnahme. Es soll 
unter Umständen der Versuch allmählicher vorsichtiger Abkühlung des Körpers, 
2.B. in Form allmählicher Erniedrigung der Temperatur des Dauerbades, an- 
gestellt werden. Zeehuisen (Utrecht). 


Ci 
43. A. S. Tepper. Hypnotic drug poisoning. (Med. record 1915. 

Juli 24.) 

Ein 7jähriger Knabe nahm beim »Doktorspielen« auf einmal 21/, g Veronal 
zusich. Etwa 7 Stunden später fand der herbeigerufene Arzt den Pat. in tiefem 
Koma mit schlechtem Puls und rascher Respiration. Die üblichen Stimulantien 
wurden mit Erfolg angewendet, so daß nach 5 Tagen die Bewußtseinsstörung 
wieder vollständig geschwunden war; irgendeine bleibende Schädigung konnte 
nicht beobachtet werden. 

Einem 19jährigen Apothekergehilfen, dem man wegen einer akuten Balano- 
Posthitis die Zirkumzision gemacht hatte, wurde zur Verhütung von Erektionen 
Camphora monobromata verordnet. Von sich aus nahm er etwa 6 g innerhalb 
24 Stunden. Die Folge war ein plötzliches Zusammenstürzen ähnlich einem 
epileptischen Anfall, mit Cyanose, langsamem Puls, Dyspnoe und Konvulsionen. 
Dieser Anfall dauerte 10 Minuten, worauf der Kranke wieder klar wurde, so daß 
er in seine nahe Wohnung gehen konnte; dort wiederholte sich der Anfall von 


230 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


Bewußtlosigkeit, jedoch in milderem Grad; in den folgenden 48 Stunden bestand 
noch heftiges av, und Schläfrigkeit; ein bleibender Nachteil trat nicht ein. 
P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


44. E. A. Graham. Late poisoning with chloroform and other 
alkyl halides in relationship to the halogen acids formed by 
their chemical dissociation. (Journ. of the exp. med. 22. 1915. S. 48.) 

Die bei Vergiftung mit Chloroform und ebenso mit verschiedenen Jod- und 

Brommethanen auftretende zentrale Nekrose der Leberläppchen kann auch durch 

alleinige Eingabe von Salzsäure erzeugt werden, nur daß sie sich dann etwas anders 

in der Leber verteilt. Durch Soda kann sie zu einem großen Teile verhindert 
werden. Beim Abbau der genannten Gifte im Körper werden offenbar entspre- 
chende Mengen von HCI gebildet, denn im Urin erscheinen vermehrte Mengen von 

Halogensalzen. Bei Äther und Chloralhydrat, welche keine Salzsäure bilden, 

entsteht auch keine Nekrose. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


45. K. Mattisson. Beiträge zur Kenntnis von der akuten Ver- 
giftung mit Veronal, mit besonderer Bezugnahme auf die 
Ausscheidung dieses Stoffes mit dem Harn. (Nord. med. Archiv 
Abt. Il. 1914/15. Hft. 1 u. 2.) 

Schlußfolgerungen: 

Veronal wird, selbst wenn es in einzelnen größeren Gaben eingenommen wird, 
zum größten Teil (selbst bis zu ca. 90%) mit dem Harn ausgeschieden. Die Veronal- 
ausscheidung mit dem Harn kann sich über eine recht lange Zeit, in meinen Fällen 
8—10—12 Tage nach dem Einnehmen des Mittels erstrecken. 

Jacobaeus (Stockholm). 





46. + Jakob Wolff. Die Lehre von der Krebskrankheit von den 
ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Ill. Teil, zweite Abteilung. 
Nicht operative Behandlungsmethoden. 618 S. Jena, Gustav 
Fischer, 1914. 

Der Schlußband des großzügigen Werkes enthält die Darstellung der opera- 
tionslosen Behandlungsmethoden des Krebses von den ältesten Zeiten an bis zur 
Gegenwart. 

Staunenswert ist die Fülle des hier niedergelegten Materials. Interessant 
ist es, wie Verf. an manchen in vergangenen Jahrhunderten geübten oft recht 
eigenartigen Heilmethoden zeigt, daß sie als Vorläufer unserer Organo- und opo- 
therapeutischen Behandlungsweise gelten können. Für jeden, der sich mit der 
Krebskrankheit näher beschäftigen will, wird das von bewundernswerter Ausdauer 
und Arbeitskraft zeugende Werk eine wertvolle und wichtige Grundlage bilden. 

Ruppert (z. Z. Wilhelmshaven). 





47. + Theilhaber. Die Entstehung und Behandlung der Karzinome. 
Mit 17 Abbildungen. Preis 7 Mk. Berlin, Karger, 1914. 
Zusammenfassung der Aufsätze des Verf.s über die Ursachen und die Be- 
handlung der Krebsgeschwülste. Neben der Besprechung der lokalen Ursachen 
muß das Kapitel über die humoralen Ursachen ein besonderes Interesse bean- 
Spfuchen, weil die Erkenntnis der ursächlichen Bedeutung der Konstitution für 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 231 


die Entstehung von Krankheiten dauernd zunimmt. Von praktischer Bedeutung 
nicht nur für den Chirurgen, sondern auch für den allgemeine Praxis treibenden 
Arzt sind die Ausführungen über Verhütung, Spontanheilung, Rezidive, sowie 
deren Verhütung. Alle therapeutischen Hilfsmittel unserer Praxis (Röntgen- 
strahlen, Radium, Fermente, Serum, Toxine usw.) werden ihrer Bedeutung ent- 
sprechend gewürdigt. Die Anschaffung des nützlichen Werkes kann daher aufs 
wärmste empfohlen werden, zumal da der Verlag für eine ausgezeichnete Aus- 
stattung gesorgt hat. Reckzeh (Berlin). 


48. A. Theilhaber. Die Entstehung des Krebses. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1914. Nr. 13.) 

In einem gesunden Organ und in einem gesunden Körper pflegt kein Krebs 
zuentstehen. Der Entstehung des Karzinoms geht gewöhnlich voraus eine Störung 
in dem Organe, in dem sich der Krebs entwickelt, »die präcanceröse lokale Er- 
krankung«, »die lokale Prädisposition zum Karzinom«; und eine Veränderung 
in der Säf temasse des Körpers, »die humorale Disposition«, »die hämatogene Ur- 
sache«. Die »lokale Disposition« besteht in einer Verminderung der Quantität, 
aber natürlich auch der Qualität der Bindegewebszellen und Rundzellen in der 
Nähe des Epithels. Diese Verminderung ist meist die Folge von umfangreichen 
alten Narben, den Resultaten stumpfer Verletzungen oder langjähriger chronischer 
Entzündungen. Steigernd wirkt der im gleichen Sinne wirkende Einfluß des 
Alters, des Klimakteriums, kachektischer Zustände usw. Die humorale Dispo- 
sition wird zum Teil hervorgerufen durch Störungen der Funktion der hämato- 
poetischen Organe, die ihrerseits wieder begünstigt werden durch atrophische 
Prozesse in denselben; unterstützend wirkt wohl zuweilen die Atrophie anderer 
Organe, die sonst kankrolytisch zu wirken scheinen, wie z. B. des Uterus. Die 
Geschlechtsdrüsen scheinen zu den kankrogenetischen Organen zu gehören. 

Lohrisch (Chemnitz). 


49. + Ernst Schweninger. Zur Krebsfrage. Geheftet 1 Mk. Berlin, 
S. Fischer, 1914. 

Der Verf. erörtert in gemeinverständlicher Form die Geschichte der Auf- 
fassung der Krebserkrankung in ursächlicher wie therapeutischer Hinsicht. Er 
setzt sich mit seiner ganzen Person für den Begriff einer konstitutionellen Krank- 
heit des Krebses (ähnlich der Syphilis) ein. Wenn S. eine konservative oder ex- 
‘pektative Behandlung, nur in ganz vereinzelten Fällen eine tatkräftige chirur- 
gische Therapie verlangt, so wird er mit seinen Ausführungen auf größten Un- 
willen im Lager der Chirurgen stoßen. Bezeichnend für S.’s Auffassung ist zum 
Beispiel folgender Satz aus seiner Broschüre (S. 36): »Weniger, wenig, sehr wenig 
und — weniges operieren!« Oder: »Nicht so viel und so rasch handeln, das heißt 
warten können!« Ferner folgendes Zitat auf S.44: »Nach der Ausschneidung 
eines tatsächlich bestehenden Brustkrebses ist noch keine Frau gesund geworden. 
Im Gegenteil! Durch die immer schneller und umfänglicher auftretenden Rezidive 
und Metastasen ist der Zustand nach unserer Ansicht oft eher erschwert worden.« 
S. spricht also der Frühoperation — kaum gibt es wohl heute einen Arzt, der die 
Berechtigung einer solchen bestreitet — jeglichen Wert ab. Und nun zu dem 
‚Kleeblatt Mesothorium—Radium—Röntgenstrahlen« (S. 43). S. sieht in der 
Strahlenbehandlung, der er äußerst skeptisch gegenübersteht, kein Heilmittel, 


232 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 13. 


höchstens ein Hilfsmittel bei der Krebsbehandlung. Wenn auch hier und da 
mancherlei gesunde Anschauungen in der Studie zu Wort kommen, so dürfte 
Laie und Arzt kopfscheu werden, wie prophylaktisch, worauf S. so großen Wert 
legt, die Behandlung der Krebskrankheit in Angriff zu nehmen sei. 

F. W. Strauch (Halle). 


50. Nobl (Wien). Vorstufen und Haftstätten primärer multipler 
Epitheliome. (Med. Klinik 1915. Nr. 4.) 

Vorstufen von multiplen primären voneinander entfernt sitzenden Epithe- 
liomen sind senile Warzenaussaaten und durch Einwirkung aktinischer Potenzen 
hervorgerufene Keratome. Auf dem vorbereitenden Boden der Altersmelans- 
dermie können nicht nur die flachen Hautkrebse zur Sprossung gelangen, sondern 
auch jene epithelialen Neoplasien in generalisierter Weise auftreten, welche dem 
knolligen Karzinom angehören. Die Karzinomgenese ist fast in allen Fällen auf die, 
auf dem Boden der atrophischen und zum Teil noch entzündeten Haut wuchernden 
Keratome zurückzuführen. In analoger Weise wird auf Grund chronisch ent- 
zündlicher und degenerativer Vorgänge im subepithelialen Bindegewebe auch die 
Wucherung des Deckepithels ausgelöst, welche zu den Vorstadien des Xeroderma- 
krebses zählen. Reckzeh (Berlin). 


51. P. G. J. Duker. Eigenschaften der Karzinomzelle. (Neder. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1914. II. S. 735—41.) 

Verf. bekämpft die bisherige Annahme, nach welcher die Karzinomzellen einer 
weniger reifen, weniger differenzierten jugendlichen Zellenspezies zugerechnet 
werden sollen; seiner Meinung nach entbehren die Cohnheim’schen, Hegar- 
schen, Hansemann’schen und Rössle’ schen Auffassungen jeder Stütze. Neber 
der gleichen (basophilen) Chromophilie — Pappenheim, Leishmann — der 
normalen Zylinderzellen der Uterusdrüsen einerseits und der einem Zylinder- 
karzinom des Uterus andererseits entnommenen Zellen war der Protoplasmagehalt 
der letzteren nicht größer als derjenige der ersteren. In gleicher Weise lautete das 
Ergebnis der Färbung normaler, dem Stratum germinativum des Epithels der 
Portio uteri entnommenen Zellen und derjenigen eines Karzinoms der Portio 
uteri; ebenso der Zylinderzellen der Darmschleimhaut einerseits und der Zellen 
eines Kolloidkarzinoms des Darmes andererseits. Nirgendwo ergab sich ein Vor- 
herrschen des Spongioplasma bei den Karzinomzellen, im Gegenteil war das — 
oxyphile — Paraplasma bei den Karzinomzellen üppiger als in den normalen 
Zellen, so daß eher eine höhere Differenzierung, ein reiferer Zustand der Tumor- 
zellen angenommen werden dürfte. Diese Ergebnisse werden durch Pappen- 
heim’sche und Leishmann’sche Farbenbilder illustriert. Selbstverständlich 
wurden bei der Prüfung das lebenswarme Tumorgewebe und das ebensolche nor- 
male Gewebe des Mutterbodens in vollkommen gleicher Weise behandelt. 

Zeehuisen (Utrecht). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


233 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 14. Sonnabend, den 8. April 1916. 
— ne mon EEEE —— ses manga a 
Inhalt. 


Referate: 1. Russell und Bullock, 2. Rous und Murphy, 3. Schepelmann, 4. Bichler, 
à Sachs, 6. Weil, 7. de Bloeme, Swart und Terwen, 8. de Bloeme, Swart und Terwea, 
3. v. Dungern, 10. Hara, 11. Fasiani, 12. Plorkowski, 18. Lowy, 14. Damask, 15. Wissidg, 
16. Cytronberg. 17. Weller, 18. Fowler, 19. Stuart, 20. Warthin, 21. Pel, 32. Peiser, 23. Rdus, 
4 Schmey, 25. van den Bergh, 26. Quarella, 97. Lüdin, 28. Losse und Ebeling, 29. Chala- 
tow, 30. v. Baumgarten, 31. Kuznitzky und Bittorf, 32. Bartlett, 33. Koblanck, 34. Johnson, 
%. Arzt und Schramek, 36. v. Seuffert, 87. Chéron und Rubens-Duval, 38. Heidenhain, 
39. Bayet, 40. Barecat, 41. v. Hansemann, 43. Müller, 43. Vermeulen, 4. Krym, 45. Klotz, 
4. v. Wassermann, Karzinom und Geschwülste. 





Referate. 


1. B. R. G. Russell und W. E. Bullock. Die Lebensdauer der 
Mäusekarzinomzellen bei Bluttemperatur (37° C}. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1914. Nr. 16.) 

Ein 8stündiges Verweilen der Mäusekarzinomzellen bei 37° C genügt in der 
Regel, den Tumorzellen ihre Transplantationsfähigkeit vollständig zu rauben. 
Ferner besitzen die Zellen desselben Tumors nicht alle denselben Grad van Re- 
sistenz gegen die bei dieser Temperatur auftretenden schädlichen Einflüsse. Schon 
qach einer 4stündigen Erwärmung tritt eine deutliche Verminderung der Zahl 
der überlebenden Karzinomzellen ein. Mit dem letztgenannten Phänomen ver- 
hunden besteht die Möglichkeit, daß sich beim Untersuchen mehrerer Tumor- 
stämme kleine Unterschiede in der vita propria ergeben werden. Die verschiedene 
Empfindlichkeit der Zellen gegen die Körpertemperatur außerhalb des Körpers 
wäre vielleicht mit ihrem Verhalten den radioaktiven Strahlen gegenüber in einer 
uns noch unbekannten Weise in Zusammenhang zu bringen. 

Lohrisch (Chemnitz). 


2. Peyton Rous and James B. Murphy. On the causation by 
filterable agents of three distinct chicken tumors. (Journ. of 
exp. med. 19. 1914. S. 52.) 

Von drei ganz verschiedenen Hühnertumoren, nämlich einem Spindelzellen- 
‘arkom, einem ÖOsteochondrosarkom und einem Spindelzellensarkom mit eigen- 
tumlicher Anordnung von Blutgefäßen konnten Berkefeldfiltrate gewonnen 
werden, welche wieder die speziellen Tumoren bei den infizierten Tieren erzeugten. 


14 


234 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


Zwei behielten ihre Aktivität auch beim Trocknen und beim Aufbewahren in 
Glyzerin. Ad. Schmidt (Halle a. S). 


3. Emil Schepelmann. Trauma und Gewächse. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 27. S. 741.) 

Verf. schließt sich im allgemeinen den Ansichten von Lubarsch über die 
Beziehungen von Trauma als Ursache eines Gewächses an. Der ursächliche Zu- 
sammenhang zwischen einmaligem Trauma und Gewächsentstehung kann dann 
als einigermaßen wahrscheinlich zugegeben werden, wenn 1) das Unfallereignis 
sicher feststeht; 2) die Gewalteinwirkung derart stark und derart lokalisiert war, 
daß sie eingreifende und längerdauernde Veränderungen an der Stelle hervorzu- 
rufen geeignet war, an der späterhin die Entwicklung des Gewächses beobachtet 
wurde; 3) der zwischen Trauma und Offenbarwerden des Gewächses liegende Zeit- 
raum sich mit der Größe, Art und dem histologischen Bau der Neubildung in 
Einklang bringen läßt. Als Bedingung zur Anerkennung des verschlimmernden, 
Wachstum beschleunigenden Einflusses eines Traumas auf ein bereits bestehendes 
Gewächs muß verlangt werden, daß 1) die Gewalteinwirkung von derartiger Natur 
und Lokalisation war, daß sie eingreifende und besonders den Zellstoffwechsel 
beeinflussende Störungen in den Gewächsen hervorzurufen geeignet war, daß 
2) das Wachstum der Neubildung ein im Vergleich zur erfahrungsgemäßen Norm 
ungewöhnlich beschleunigtes wurde; daß 3) die histologische Untersuchung de: 
Gewächses deutliche Spuren einer Gewalteinwirkung (frische oder ältere Blutung, 
ungewöhnliche Nekrosen) und Anzeichen einer für die besondere Art der Neu- 

bildung ungewöhnlichen Wachstumsgeschwindigkeit aufdeckt. Anders mit Meta- 
stasen. Hier ergaben Tierversuche ganz einwandfrei, daß durch ein einmaliges 
Trauma Metastasen zustande kommen und lokalisiert werden können. Ob eine 
Gewalteinwirkung imstande ist, gutartige Gewächse in bösartige zu verwandeln. 
ist zwar noch nicht einwandfrei erwiesen, aber doch genügend wahrscheinlich. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


4. Bichler. Zur Kasuistik des Röntgenkarzinoms. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1914. Nr. 26.) 

Die vier ausführlich beschriebenen Röntgenkarzinome gehören in ihrer Ent- 
stehungsart einer Periode an, in welcher niemand ahnen konnte, welche Gefahrer. 
hinter den scheinbar so harmlosen Röntgenstrahlen verborgen liegen. Für zwti 
Fälle liegt möglicherweise eine Prädisposition vor, insbesondere für Fall I, der ar. 
Lues litt, die schließlich zur Paralyse und recht schnellem Verlaufe führte. Bei 
voller Beherrschung der Technik und gewissenhafter Anwendung derselben ist es 
möglich, schwere Röntgenschädigungen und damit auch das Röntgenkarzinen: 
mit Sicherheit zu vermeiden. Seifert (Würzburg). 


5. E. Sachs. Ein Beitrag zur Lehre von dem infektiösen Ur- 
sprung des Karzinoms. (Prager med. Wochenschrift 1915. Nr. 9.) 
In einem Orte im böhmischen Braunkohlengebiete mit 78 Häusern und 
974 Einwohnern kamen in den letzten 12 Jahren 16 Fälle von Karzinom ver- 
schiedener Lokalisation vor, darunter 3 in einem Hause; die Mehrzahl der Häuser 
beziehen ihr Wasser aus einem Teich und einem Teichbrunnen, in den wenigen 
Häusern mit eigenen Brunnen kam kein Krebsfall zur Beobachtung. 
Friedel Pick (Prag). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 235 


6. Weil (Breslau). Die Bedeutung des Cholestearins für die 
Entstehung der Riesenzellengeschwülste der Sehnen und Ge- 
lenke. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 6.) 

Xanthomzellen sind cholestearinbeladene Zellen, wahrscheinlich phagocytärer 
Natur, dieihrem Inhalt ihre Besonderheiten verdanken. Sie kommen als Grundlage 
des Prozesses vor in allen Xanthomen, mit einer großen Konstanz in den Riesen- 
zellensarkomen der Sehnenscheiden; seltener und unregelmäßig in anderen Tu- 
moren und zuweilen in alten Entzündungsherden, bei Aktinomykose, in alten 
E[mpyemen des Wurmfortsatzes, in Pyosalpinxsäcken usw. Es sind hier zwei 
Gruppen zu unterscheiden, eine solche, bei der die Xanthomzellen ihren Ursprung 
unem Prozeß verdanken, der den Gesamtorganismus betrifft, und eine zweite 
Gruppe, bei der sie durch lokale Veränderungen bedingt sind. Die Xanthomzellen 
in den Riesenzellengeschwülsten haben dieselbe Ätiologie wie die der Hautxan- 
thame; sie gehen auf eine Allgemeinstörung des Cholestearinstoffwechsels zurück. 

Reckzeh (Berlin). 


1. P.C. J. de Bloeme, S. P. Swart und A. J. L. Terwen. Der kolloi- 
dale Stickstoff des Harns und die Bedeutung desselben für 
die klinische Karzinomdiagnostik. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1914. II. S. 1045—59.) 

Bei der Prüfung des Salkowski-Kojo’schen Zinksulfatverfahrens in nor- 
“aien, karzinomatösen und anderweitigen pathologischen eiweißfreien oder ent- 
:iweißten Harnen gelang es den Nachweis zu erbringen, daß die Menge des nicht 
talysierten Bruchteils der Zinkfällung bei Karzinom zugenommen hatte. Die 
Methodik der Verff. wird eingehend wiedergegeben, so daß Nachprüfung der- 
“ben leicht ermöglicht ist. Für das Verhältnis Kojo-N x 100 : TN (Totalstick- 
stoff) ergaben sich in 20 normalen Harnen 13mal oberhalb, 7mal unterhalb 2 
ıtgende Werte, also höhere als Kojo; auch bei einer und derselben Person wurden 
fiebliche Schwankungen vorgefunden, sogar bei Harnen gleichen spezifischen 
uzwichts, so daß die Meidner’schen Angaben bestätigt wurden; bei Lungen- 
\berkulose (8 Fälle) waren die Zahlen dieselben wie diejenigen normaler Personen; 
na einem Falle von Phosphorvergiftung 5,42; bei Karzinomen einerseits höhere, 
ndererseits normale Werte. Das Verhältnis HN : TN (HN = Harnsäure-N) nach 
Kashiwabara war bei Gicht erheblich, bei Coma diabeticum entsprechend den 
Pribram-Loewy’schen Angaben gering. Das Quotient (Kojo-N—HN) x 100: TN 
«ar sehr auseinandergehend. — In einer zweiten Probenreihe wurde das Total-N, 
ĉas Harnsäure-N nach Kashiwabara, zum Teil auch nach Folin im Harn, und 
:+r Purinbasen-N (PN) nach Krüger-Schmidt im Filtrat der Harnsäurebestim- 
tung verfolgt. Kojo-N minus (HN-+PN) wurde mit ZnN, das eigentliche Zink-N, 

z:ichnet. Diese Bestimmungen hatten für die Karzinomdiagnostik keinen Wert 

8 Fälle); in einem Falle nur eine unterhalb dem normalen liegender, im zweiten 

Falle sogar ein sehr niedriger Wert für das eigentliche Zink-N, im Gichtfalle wieder 

ver höchste Wert. 

In einer letzten, entscheidenden Probenreihe wurden das TN, Kojo-N, HN, 
PN. das N im Filtrat der Harnsäure und das ZnN (neben derselben noch das 
ZNS I und II Salkowski’s) bestimmt. Zur Berücksichtigung der Purinbasen 
km von Kojo-N und Harnsäure-N 1,1 mg N pro 100 ccm Harn in Abzug. Alle 
d-se Werte wurden wieder in Prozenten des Total-N wiedergegeben. Normale 
Hane ergaben nach den 3 ZnN-Verfahren den höchsten Zinkstickstoff, von einer 


14* 


236 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


Steigerung der Ausscheidung bei Karzinom war auch hier keine Rede. Die Kashi- 
wabara- und Salkowski I-Bestimmungen der Harnsäure ergaben gut überein- 
stimmende Zahlen, ähneln einander in vielen Beziehungen. Die Harnsäurebestim- 
mung im Harn ergab in einem Falle einen etwas höheren Wert; wahrscheinlich 
finden bei der Fällung Harnsäureverluste statt. Die Kojofällung enthält also: 
Harnsäure, Purinbasen und weitere N-haltige Körper mit zwischen 0,4 und 2,5 
(Mittel 1,17) schwankendem Prozentgehalt des Gesamt-N; die höchsten Zahlen 
liegen auch hier nicht beim Karzinom. Die Bestimmung des adialysablen, kol- 
loiden Teils des Kojo-N führte aber, im Gegensatz zu Ebbecke’s Dialysierung 
nativen Harns in 4 Karzinomfällen eine bedeutende Zunahme gegenüber 4 ander- 
weitigen Fällen herbei. Die Kontrollfälle ergaben Kojo-N x 100 : TN = 2,15—2,87, 
adialys. N x 100 : TN = 0,10—0,18, adialys. N x 100 : Kojo-N = 4,69—7,56; die 
4 Karzinomfälle: Kojo-N x 100 : TN = 2,51—3,35; adial. N x 100 : TN = 0,36—0,91, 
adial. N x 100 : Kojo-N = 10,74—38,64. Zeehuisen (Utrecht). 


8. de Blom, Swart und Terwen. Der kolloidale Stickstoff des 
Harns und seine Bedeutung für die klinische Karzinom- 
diagnostik. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 31.) 

Das ursprüngliche Verfahren zur Bestimmung des kollodialen N (von K»j°) 
ist nicht verwendbar, weil es keine reinen Werte gibt. Wird aber der Kojc- 
Niederschlag dialysiert, so findet man eine Vermehrung des adialysablen Antei's 
ziemlich regelmäßig beim Karzinom. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


9. E. v. Dungern (Hamburg). Über Serumreaktionen bei Karzi- 
nom. (Hamburg. med. Überseehefte I. 8.) 

v. D. kritisiert die verschiedenen bei Karzinom angewandten Serumreaktionen. 
Eine eigentliche Antikörperreaktion steht noch aus. Der Hämolysin- und lso- 
Iysinprobe fehlt eine größere klinische Bedeutung, da sie zu wenig spezifisch ist. 
Die etwas größere Spezifität besitzende, aber schwer auszuführende Freund- 
Kaminer’sche Reaktion befriedigt ebenfalls nicht für klinische Zwecke und 
gleiches gilt von der Kobragiftreaktion und antitryptischen Reaktion. Di: 
besten Resultate geben nach v. D. die Meiostagminreaktion und die von ihn 
ausgearbeitete, allerdings sehr empfindliche und auch nicht völlig spezifisch: 
Komplementbindungsreaktion. F. Reiche (Hamburg). 


10. H. Hara. Über Komplementbindungsreaktion bei malignen 
Tumoren mit chemischen Substanzen. (Deutsche med. Wochen- 
schrift 1914. Nr. 10.) 


Vorausgesetzt, daß sie mit guten Reagentien in der richtigen Weise angestell 
wird, ist die Komplementbindungsmethode nach v. Dungern eine durchau 
brauchbare Methode zur Serodiagnostik der malignen Geschwülste, wenn sie aucl 
keine absolute Spezifität aufweist. Die abweichenden Resultate einer Reihe vco: 
Forschern sind wohl auf die Verwendung ungeeigneter Reagentien zurückzuführer 
Insbesondere macht die Beschaffung brauchbaren Antigens Schwierigkeiten, d 
die zur Herstellung des ursprünglich verwendeten Tumorextraktes geeignete 
Tumoren schwer zu bekommen sind; auch das als Ersatz an sich brauchbar 
Extrakt aus Blut, besonders Paralytikerblut versagt bei vielen trotz genau gleich: 
Herstellung. Verf. suchte deshalb andere unspezifische Antigene für die Reaktic 
aufzufinden und hält nach einer Prüfung von 44 verschiedenen Substanzen à 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 237 


verschiedensten Art und Herkunft Maltose und Phenolphthalein für die geeig- 
netsten Körper, die er neben dem Blutextrakt zu benutzen empfiehlt. Er unter- 
suchte 59 Fälle von maligner Geschwulst und erhielt mit Blutextrakt 49mal, mit 
Maltose unter 58 untersuchten Fällen 48mal und mit Phenolphthalein unter 
56 Fällen 48mal ein positives Resultat. Von 385 anderen Erkrankungen reagierten 
mit Maltose nur 4, mit Phenolphthalein 8 positiv. Es befanden sich unter dem 
Material 86 Fälle mit positiver Wassermann’scher Reaktion, die sämtlich mit 
beiden Substanzen negativ reagierten. Mannes (Weimar). 


11. Fasiani. Über die Abderhaldensche Fermentreaktion bei 

Karzinom. (Wiener klin. Wochenschrift 1914. Nr. 11.) 

Bezüglich der Abderhalden’schen Reaktion bei Karzinom gelangt Verf. 
zu der Schlußfolgerung, daß dieselbe in fast allen Fällen positiv ausfällt, daß sich 
aber ihre Spezifität zuweilen nicht klar herausstellt, weil im Substrat von nicht 
spezifischen Seren zersetzbare Substanzen zurückgeblieben sind. 

Seifert (Würzburg). 


12. Piorkowski. Zur Sicherung der Karzinomdiagnose. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1914. Nr. 6.) 

P. hatte mit der Abderhalden’schen Methode in 95°, der untersuchten 
Fälle bei Gravidität günstigen Erfolg. Er hat versucht, dieselbe Technik auf 
die Karzinomdiagnose anzuwenden durch Modifikation der Abderhalden’schen 
Methode: Er verseift das Karzinomgewebe in alkoholischer Alkalilösung, filtriert 
durch ein Bakterienfilter und bringt das Filtrat schließlich mit dem Serum zu- 
sammen. Bei sehr sorgfältiger Überwachung entsteht ein scharfer Präzipitations- 
ring. Die Ablesung erfolgt am besten nach 4—10 und 24 Stunden. Er hatte mit 
dieser Methode in 99°, der Fälle Erfolg, mit gleichzeitig angesetztem Abderhalden 
in 7505- Lohrisch (Chemnitz). 


13. 0. Lowy. A serum reaction as an aid in the diagnosis of 
cancer. (Journ. amer. med. assoc. 1914. Nr. 6. S. 437.) 

An der Hand eines Materials von 61 Fällen, darunter 19 Karzinomkranke 
und 3Karzinomoperierte, kommt L. zu dem Schluß, daß bei Krebsfällen sich immer 
ein proteolytisches Ferment findet, dessen Spezifizität freilich noch nachzuprüfen 
ist. Ist ein Karzinom operiert, so dürfte nach einiger Zeit das Ferment aus dem 
‚ Biute verschwinden. Geschieht das nicht, ist anzunehmen, daß die Operation 
nicht radikal war. 

Es erscheint indiziert, die Methode in unklaren Magenfällen anzuwenden und 
periodisch bei Frauen um die Zeit der Menopause. 

Meinhof (Halle a. S.). 


14. Damask. Über die diagnostische Verwertbarkeit der Oxy- 
| proteinsäurebestimmung bei Karzinom. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 19.) 

Bei nicht karzinomatösen Individuen schwankt der Prozentgehalt des Oxy- 
Pruteinsäurestickstoffs, von einigen Ausnahmen (Graviden, Tuberkulösen) abge- 
sehen, zwischen 1,5 und 2,7%, des Gesamtstickstoffes. Anders beim Karzinom. 
Es wurden insgesamt 42 sichere Karzinomfälle untersucht, die Diagnose bei 
21 durch die Obduktion verifiziert. Bei 35 von diesen lag der Oxyproteinsäurewert 


238 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


zwischen 2,8 und 4,7%, bei 5 Fällen, also 12%, fanden sich niedrigere Werte. In 
der vom Verf. geschilderten Methodik der Oxyproteinsäurebestimmung wird ein 
äußerst wertvolles Mittel zur Diagnose des Karzinoms gesehen. 


Seifert (Würzburg). 


15. Wissing (Kopenhagen). Zur Meiostagminreaktion bei bös- 
artigen Geschwülsten. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) 

Die Meiostagminreaktion geht darauf aus, die Herabsetzung der Oberflächen- 
spannung, die durch Zusetzen von passenden »Antigenen« in den Sera von Kreb:- 
patienten erscheint, zu messen. Die Reaktion kann zur Diagnostik der malignen 
Geschwülste gebraucht werden. Positive Reaktion geben alle febrilen Zustände, 
fast alle Graviditäten in den letzten 3—4 Monaten, Morbus cordis mit Inkor- 
pensation, Cirrhosis hepatis und Icterus gravis, einige große, aber afebrile Lungen- 
phthisen, einzelne Fälle von starkem Diabetes mellitus, einzelne Fälle von Polv- 
arthritis chronica rheumatica, einzelne Fälle von ausgesprochener chronischer 
Nephritis und Urämie. Reckzeh (Berlin). 
16. S. Cytronberg (Berlin). Zur Karzinomdiagnose mittels des 

Abderhaldenschen Dialysierverfahrens. (Mitteilungen a. d. Grenz- 

gebieten Bd. XXVIII. Hft. 2. S. 243—283. 1914.) 

Die Methodik des Abderhalden’schen Verfahrens wird genau angegeben 
und über das Resultat derselben in 97 Fällen berichtet. Unter diesen fanden sich 
35 Fälle von sichergestelltem Karzinom. Von den Seren dieser Fälle bauten 
33 mindestens ein Karzinomsubstrat ab. Die Karzinomreaktion erwies sich in 
hohem Grade als spezifisch. Wegen häufiger Fehlresultate ist die praktische 
Verwertbarkeit der Reaktion in der Tat beschränkt. Aber die Richtigkeit de‘ 
Prinzips der Abderhalden’schen Reaktion kann nach dem vorliegenden Material 
nicht angezweifelt werden. Robert Lewin (Berlin). 





17. C. V. Weller (Ann-Arbor). Age incidence in sarcoma. (Arch. 
of internal med. 1915. April.) 

Nach Feststellungen an 265 hintereinander im pathologischen Institut der 
Universität Michigan 1895—1913 beobachteten Fällen von Sarkom ergibt sich. 
daß die Jahre vom 48. zum 52. am stärksten befallen sind; nach dem letzterer 
sinkt die Häufigkeit allmählich ab. Beide Geschlechter sind ungefähr gleich stark 
beteiligt. Abgesehen davon, daß die Jugendjahre vom Sarkom schwerer Dr- 
troffen sind, zeigen die Sarkomkurve und Karzinomalterskurve einen deutlicher 
Parallelismus. F. Reiche (Hamburg). 


18. Royale H. Fowler. Carcinoma in the young. (Med. record 1915 
Nr. 18.) 


F. berichtet ausführlich über drei Fälle: Bei einem 15jährigen Knaben ent 
wickelte sich ein Mastdarmkrebs, der rapid wuchs und in kurzer Zeit zum Tod 
führte; die Mutter dieses Knaben war an Magenkrebs gestorben. — Bei einen 
17t/,jährigen Mädchen zeigte sich ein Knoten in einer Brust, der stationär blie 
bis es sich im 20. Jahre verheiratete und schwanger wurde. Von jetzt an wuch 
der Tumor sehr schnell, rezidivierte nach einer Exstirpation sofort wieder un 
bildete verschiedene Metastasen in der anderen Brust, Lunge und dem Humerus. — 
Bei einem 14jährigen Knaben, der einen heftigen Stoß auf die rechte Brustwarz 


Zentralblatt für: innere Medizin.. Nr. 14. 239 


erlitten hatte, bildete sich ein Adenokarzinom, das durch Operation definitiv 
entfernt werden konnte. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


19. C. A. Verryn Stuart. Niederländische Karzinomstatistik. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1914. I. S. 1457—63.) 

Ungeachtet der wegen der gleichmäßigen Bevölkerungszunahme der ver- 
schiedenen Altersstufen in den Niederlanden seit 1875 nahezu konstant ge- 
bliebenen Gruppierung der Bevölkerung nach dem Alter derselben ergab die Kar- 
zinommortalität jeglicher Gruppe ein bei den jüngeren Personen um das 3fache, 
bei 20- bis 65jährigen um das 21/,fache, bei noch älteren Personen um das 4- bis 
fache betragende Zunahme. Die totale Sterblichkeit der gesamten Bevölkerung — 
bei jungen Menschen immer heruntergehend — bietet zwar bei steigendem Alter 
auch in der Neuzeit einen Zuwachs dar (Abnahme derselben im Alter O bis 20 von 
51,3 bis auf 38,1, 20 bis 49 von 16,9 bis auf 19,6; Zunahme im Alter von 50 bis 64 
von 11,7 bis auf 13,2; 65 bis 79: 15,5 bis auf 23,8; 80 und höher 5,1 bis auf 10,3). 
Letzterer bleibt indessen bedeutend hinter der Alterszunahme der Karzinom- 
mortalität zurück. Die Karzinommortalität spielt also in der Neuzeit in allen 
Altersgruppen eine ungleich bedeutendere Rolle unter der Gesamtzahl der Ver- 
storbenen als vorher (pro 1000 Sterbefälle im Alter 0—20 früher 0,43, jetzt 2,05; 
24-49 früher 24,77, jetzt 77,53; 50—64 früher 82,57, jetzt 216,21; 65—80 früher 
38,12, jetzt 147,10; 80 und höher früher 11,02, jetzt 54,55), und zwar im ganzen 
in den Jahren 1875—79: 21,49, in 1911 bis 1912: 81,37, also auf das 4fache ge- 
stiegen. Zeehuisen (Amsterdam). 


&. A. Sc. Warthin (Ann-Arbor). The occurrence of malignant 
neoplasms in the young as shown by an analysis of 2000 
cases of malignant neoplasms examined in the pathological 
laboratory of the university of Michigan. (Arch. of internal med. 
1915. März.) 

Unter 2000 im pathologischen Institut in Michigan histologisch festgestellten 
malignen Tumoren traten 9,75%, in den ersten 3 Lebensjahrzehnten ein, 108 bei 
Männern und 87 bei Frauen; 39,5%, waren Karzinome, 47,3%, Sarkome und 9,7% 
sartige Teratome. Sitz der verschiedenen Neoplasmen und die Altersverteilung 
wird eingehend besprochen. Für die malignen Neubildungen im 1. Lebensjahre 
spielen kongenitale Momente mit. Die Zahl der Karzinome und Sarkome nahm 
in obiger Reihe mit dem Alter in gleichem Maße zu. 

F. Reiche (Hamburg). 


21. Pel (Amsterdam). Familien-Magenkrebs. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 12.) 

In einer Familie, in welcher bisher niemals Krebsfälle vorkamen, starben von 
TKindern 5 durch Magenkrebs, ohne daß für die Entwicklung der Krankheit dispo- 
nierende Momente (Alkoholmißbrauch, Trauma) mitwirkten. Der Verf. behandelte 
sußerdem eine Kranke, welche mit Symptomen von Ösophaguskrebs kam, von 
deren 8 Geschwister eine Schwester im Alter von 66 Jahren an Magenkrebs und 
tin Bruder, 68 Jahre alt, an Ösophaguskrebs starben; von der gesundgebliebenen 
Schwester starb gleichfalls eine Tochter, 40 Jahre alt, an Magenkrebs und zwei 
Brüder ihrer Mutter an Carcinoma faciei und Carcinoma faciei et linguae, während 
der Vater (40 Jahre alt) an Magenkrebs und 3 Brüder des Vaters gleichfalls an 


240 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


Krebskrankheit gestorben sind; das sind also 9—10 Fälle von Krebs in einer 
Familie, davon 6 in zwei Generationen. Bekannt ist außerdem die Disposition 
zu Krebs in der Familie Bonaparte. Die statistische Krebsuntersuchung (1% 
in Holland 878 Personen) konnte in 10°, der Fälle bei den Eltern und Großeltern 
Krebs nachweisen, und in 18,1°, in der Familie überhaupt. 

Reckzeh (Berlin). 


22. Peiser (Blankenfelde). Zur familiären Häufung des Karzinoms. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 7.) 

Mitteilung einer außergewöhnlichen Häufung von Krebserkrankungen in 
einer Familie durch mehrere Geschlechter, und zwar mit besonderer Bevorzugung 
eines und desselben Körperteils. Reckzeh (Berlin). 
23. Peyton Rous. Histologische Variationen eines Hühnersarkoms 

mittels filtrierbarem Agens erzeugt. (Berliner klin. Wochenschrift 
1914. Nr. 27.) 

Im Laboratorium des Rockefeller-Institus befinden sich zurzeit drei Arten von 
Hühnersarkom von verschiedenen Typen, nämlich ein einfaches Spindelzellensar- 
kom, ein ebensolches mit zahlreichen fissuralen Blutgefäßen und ein Osteochondrc- 
sarkom. Jeder Typusließsich durch sterile Berkefeldfiltrate vonTumorbrei erzeugen. 
Die Geschwülste zeigen im allgemeinen die Eigenschaften echter Spindelzellen- 
sarkome. Der Verf. weist auf das Vorkommen gewisser kleiner Herde von neuem 
Gewebe hin, welche zuweilen in den Lungen, der Leber und Milz von gewissen Hit- 
nern vorkommen, welche wachsende und weitmetastasierende Tumoren aufgewiesin 
haben. Die genaue Beschaffenheit dieser besonderen Herde ist nicht ganz urd 
gar erkannt; doch sind dieselben in der Leber und Milz offenbar von neoplastischeni 
Charakter, und sie sind alle so verschieden von dem gewöhnlichen Sarkom, dab 
man geneigt ist, an die Möglichkeit einer Lokalisation des tumorerzeugenden 
Agens in Zellen von verschiedenen Entwicklungsarten zu glauben, was der Ver.. 
für wahrscheinlich hält. Die histologische Beschaffenheit dieser Herde beeinträch- 
tigt aber den Status des Sarkoms als eines wahren Neoplasmas nicht. 

Lohrisch (Chemnitz). 


24. Schmey (Berlin). Das perirenale Cystoid bei Mensch und 
Tier. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 9.) 

Es darf als vollkommen sicher angenommen werden, daß in keiner dieser dro: 
Beobachtungen ein Hämatom, dessen Blutfarbstoff allmählich zur Resorption g- 
langt ist, als Quelle dieser Cystenbildung angesehen werden kann. 

Reckzeh (Berlin). 


25. A. A. Hymans van den Bergh. Hypernephrom- Hypergeni- 
talismus. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2217—25.) 
3jähriges Mädchen ohne anamnestische Daten mit hochgradig aufgetnc- 

benem Bauch und linkseitigem, nicht fixiertem Hydronephrom. Fiebertempera- 

turen, starkes Schwitzen, eiweiß-, leukocyten- und hyaline Zylinder haltig:: 

Harn führte eine Körperschwäche mit sekundärer Anämie herbei. Stimme tii 

weiblich (alt), Körperlänge 1,01 m, Körpergewicht 19,2 kg, außerordentliche Eni- 

wicklung der äußeren Genitalien; Augenhintergrund und Sella turcica norma!. 

Gewicht der Geschwulst bei der den Tod herbeiführenden Operation 2 kg; dit: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 241 


selbe ergab sich als ein Hypernephroma carcinomatosum. Von 18 in der Literatur 
vorhandenen Fällen waren 12 linkseitig, 3 rechtseitig, 3 ohne nähere Andeutung; 
15 betrafen Mädchen, nur 3 Knaben. Die bei Erwachsenen auftretenden Hyper- 
nephrome gingen nicht mit Veränderungen in den Genitalien einher; ebensowenig 
mit Riesenwuchs. Die Glynn’sche Auffassung, näch welcher bei Hyperfunktion 
der Nebenniere die weiblichen Geschlechtscharaktere zugunsten der männlichen 
zurückgedrängt seien, trifft für obigen Fall nicht zu. 
Zeehuisen (Utrecht). 


26. Bruno Quarella. Über eine seltene Blutgefäßgeschwulst des 
„Solum unguis“. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. 


Hit. 7.) 

Verf. beschreibt eine Neubildung, welche von normal erhaltenem Endothel 
ausgeht. Für die endotheliale Natur der Geschwulst sprechen die vorhandenen 
Zellformen, sowie die Verwandtschaft derselben zur Bindegewebssubstanz, ferner 
die fehlende deutliche Abgrenzung zwischen Parenchym und Stroma, sowie haupt- 
sächlich das kollagene Zwischenzellennetz, welches von den Geschwulstzellen ge- 
bildet wird, auch spricht das nur spärliche Vorhandensein von Kernteilungsfiguren 
gegen die epitheliale Natur. Es handelt sich um ein extravaskuläres Hämangio- 
endotheliom. Kreuzer (Zell i. W.). 


27. M. Lüdin. Die Mikuliczsche Krankheit und ihre Behandlung. 

(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 32.) 

Bei einem 6ljährigen Pat. entwickelte sich im Laufe von 2 Jahren eine sym- 
metrische Schwellung der Tränendrüsen, Parotiden, Submaxillar- und Sublingual- 
drüsen. Während dieser Zeit zweimal hämorrhagische Pleuritis; es bestanden 
außerdem multiple Lymphdrüsenschwellungen, Milztumor und Lebervergrößerung. 
Wassermann negativ. Blut 60% Hämoglobin, 3,4 Millionen rote, 12000 weiße 
Blutkörperchen. Blutbild: 57,2%, Polynukleäre, 29,2%, Lymphocyten, 6,6% große 
Mononukleäre, 6,6%, Eosinophile, 0,4%, Basophile. Die histologische Unter- 
suchung der Tränendrüse (Probeexzision) ergab das Bild eines Lymphoms. Dia- 
gnsse: Mikulicz’scher Symptomenkomplex mit Cohnheim’scher Pseudo- 
leukämie. Therapie: Röntgenbestrahlung. Die Schwellung der Tränendrüsen 
und Speicheldrüsen verschwand nach der Bestrahlung vollständig. Die Milz ging 
unter der Bestrahlung zurück. Jetziger Blutbefund: 100% Hämoglobin, 4,5 Mil- 
ionen rote, 4100 weiße Blutkörperchen. Biutbefund: 72% Polynukleäre, 149; 
Lymphocyten, 8°, große Mononukleäre und Übergangsformen, 5% Eosinophile, 
I’, Basophile. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


28, Joseph R. Losse and Albert H. Ebeling. The cultivation of 
human sarcomatous tissue in vitro. (Journ. of exp. med. 20. 
1914. S. 140.) 

Es gelang den Verff., auf mit Ringerlösung verdünntem menschlichen Plasma 
menschliches Sarkomgewebe zu kultivieren. Es hält sich aber nicht so lange am 
Leben, wie normales menschliches Gewebe, nämlich nur 52 Tage statt 68 Tage. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


242 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


29. S. S. Chalatow. Zur Frage über die metastatische Geschwulst- 

bildung in der Milz. (Virchow’s Archiv 1914. Bd. CCXVII. Hit. 1.) 

Schlüsse: 

Die Milz wird durch Metastasen bösartiger Neubildungen außerordentlich 
selten infiziert, und die wenig zahlreichen Geschwülste, die Metastasen in der 
Milz bilden, weisen ein außerordentlich bösartiges Wachstum auf und werden 
von der Bildung von umfangreichen Metastasen auch in vielen anderen Organen 
begleitet. | 

Die Bildung von Metastasen, von Geschwülsten in der Milz wird sowohl in 
Gestalt von isolierten, scharf abgegrenzten Knoten als auch in Form einer diffusen, 
mehr oder weniger reichen Infiltration der Milz durch Geschwulstzellen beobachtet, 
wobei in diesen letzten Fällen zuweilen stellenweise die Bildung umfangreicherer 
Wucherungen der Geschwulstzellen mit dem Entstehen nicht scharf begrenzter 
und relativ nicht großer Knötchen beobachtet wird. 

In denjenigen Fällen, in welchen die Geschwulstzellen sich zum Milzgewebt 
außerordentlich aggressiv verhalten, und, nachdem sie in dasselbe hingelangt 
sind, sofort zu wuchern beginnen, indem sie isolierte Knoten bilden, wird von 
seiten des Milzgewebes eine mehr oder weniger energische Reaktion beobachtet, 
die sich hauptsächlich in einem Wuchern der Fibroblasten und einer Verdickung 
der Trabekeln äußert, die an den Knoten grenzen. Diese Reaktionserscheinungen 
des Milzgewebes bedingen die Abgegrenztheit der Knoten, die in diesen Fällen 
beobachtet wird. 

Bei dem weniger aggressiven Verhalten der Geschwulstzellen zu der Milz 
wird eine diffuse, reiche Infiltration der Hohlräume der Milz durch Geschwulst- 
zellen beobachtet, die ein sehr begrenztes Infiltrationswachstum aufweisen. 

‘Die Venen- und augenscheinlich auch die Lymphhohlräume der Milz sind in 
diesen Fällen von Zellen der Neubildung ausgefüllt und stellenweise werden Ab- 
schnitte einer begrenzten Wucherung der Geschwulstzellen beobachtet. In diesem 
Falle wird trotz der Anfüllung der Milz mit Zellen der Neubildung ein Wuchern 
der Zellelemente der Milz nicht beobachtet, wie diese Erscheinung bei der Bildung 
abgegrenzter Knoten stattfand. Dieses Fehlen der Reaktion des Milzgewebes in 
Verbindung mit einigen regressiven Erscheinungen, die an die Milz diffus infil- 
trierenden Geschwulstzellen beobachtet werden, bieten Anlaß zur Annahme, daß 
diese letzteren in diesen Fällen irgendwelche schädigende Einflüsse von seiten der 
Fermente der Milz erfahren, die ihre Lebensfähigkeit bedeutend beeinträchtigen. 

Den Grund der geschützten Lage der Milz in bezug auf die Entwicklung von 
Metastasen bösartiger Geschwülste in ihr muß man augenscheinlich nicht in ana- 
tomisch-physiologischen Bedingungen suchen, die das Hineingelangen von Ge- 
schwulstzellen in ihr Gewebe erschweren, oder die das Aufgehaltenwerden der schon 
in dieses hineingelangten Zellen bösartiger Geschwülste behindern, sondern eher 
in den Eigenschaften ihrer Fermente, die auf die Geschwulstzellen schädlich wirken. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


30. v. Baumgarten (Tübingen). Primäres generalisiertes Spindel- 
zellsarkom der Lymphdrüsen. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 47.) 
Es ist bisher große Neigung zur Ausbreitung auf dem Lymphwege mit Zurück- 
treten der Ausbreitung auf dem Blutwege als eine Eigentümlichkeit des sogenannten 
Lymphosarkoms gegenüber dem echten Sarkom beobachtet worden. Der be- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 243 


schriebene Fall aber lehrt, daß auch ein typisches Sarkom ganz das gleiche Ver- 
halten zeigen kann. In dieser Feststellung ist die Bedeutung der vorliegenden 
Beobachtung begründet. Die Kliniker und die pathologischen Anatomen werden 
künftig in Fällen von allgemeinen geschwulstförmigen Erkrankungen des Iympha- 
tischen Systems, welche von den bekannten Lymphomatosen (Lymphadenosen, 
Lymphosarkomatose, Lymphogranulomatosen, Lymphomatosis tuberculosa) kli- 
nisch und makroskopisch anatomisch mehr oder weniger abweichen, an ein primäres 
generalisiertes Spindelzellensarkom der Lymphdrüsen zu denken haben. 
Reckzeh (Berlin). 


31. Kuznitzky und Bittorf (Breslau). Boecksches Sarkoid mit 
Beteiligung innerer Organe. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 40.) 


Bedeutung gewinnt der Fall nicht nur durch seinen klinischen, von dem bisher 
gewohnten abweichenden Symptomenkomplex, sondern auch durch den negativen 
Ausfall der diagnostischen Tuberkulininjektion und durch die Beteiligung der 
inneren Organe an der Erkrankung. Reckzeh (Berlin). 

32. Fr. K. Bartlett (Chicago). Multiple primary malignant tumors. 

(Arch. of internal med. 1914. April.) 

B. bespricht das Vorkommen multipler primärer maligner Neoplasmen und 
klassifiziert ihre verschiedenen Typen; er berichtet dazu über Befunde an zwei 
sonst normal entwickelten Hunden, die neben einem Schilddrüsenkarzinom der 
eine ein doppelseitiges Nebennierenmesotheliom, der andere ein Chondrosarko- 
endotheliom der Mamma und mehrere Nebennierenadenome hatten. 

F. Reiche (Hamburg). 


33. Koblanck. Weiche Karzinome eignen sich zur Behandlung 
mit radioaktiven Stoffen? (Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 17.) 
Am günstigsten sind nach den Erfahrungen des Verf.s die oberflächlichen 
Cancroige des Gesichts, die Karzinome des Uterus, der Scheide und der Vulva, die 
Krebse der Tonsillen und der Parotis. Recht ungeeignet erscheinen weit vor- 
geschrittene Geschwüre der Kopfhaut, tiefgreifende Gesichtskarzinome, Ovarial- 
karzinome und in den Knochen eingedrungene Neubildungen. Die bösartigen 
Neubildungen der übrigen Organe: der Mamma, des Respirations- und Digestions- 
traktus usw., bieten eine zweifelhafte Prognose bezüglich der Bestrahlung. Zur 
Heilung der Karzinome mit radioaktiven Stoffen stellt der Verf. folgende For- 
derungen auf: Die Substanz muß möglichst nahe an die Neubildung gebracht 
werden. Die Strahlen müssen hauptsächlich die in der Peripherie der Neubildung 
befindlichen jungen Karzinomzellen treffen. Der Austritt weicher Strahlen aus 
den Röhrchen muß vermieden werden. In der Umgebung des Karzinoms, und 
besonders am Geschwürsgrund, muß genügend regenerationsfähiges Gewebe vor- 
handen sein. Die lokale Ausbreitung darf weder zu groß sein, noch dürfen Meta- 
stasen in anderen Geweben bestehen und es darf keine Kachexie bestehen. 
Lohrisch (Chemnitz). 
34. H. Johnson. On the respective advantages and disadvantages 
of x-rays and radium in the treatment of cancer. (Brit. med. 
journ. 1914. Mai 9.) 


Durch die Radiumtherapie des Karzinoms ist die Röntgentherapie zu Unrecht 


244 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


in den Hintergrund gedrängt. Bei wirksamer Behandlung mit Radium findet 
stets auch ein unerwünschter Reiz auf das gesunde Gewebe statt. Durch kom- 
binierte Radium-Röntgenbehandlung (Radium für das Zentrum, Röntgenstrahlen 
für die Umgebung der Geschwulst und die Metastasen) vermag man eher Neben- 
erscheinungen zu vermeiden. Die Röntgentherapie des Karzinoms sollte schon 
wegen der leichteren Zugänglichkeit mehr ausgebaut werden. In eventuell zu 
operierenden Frühfällen sollte, sei es post-, sei es präoperativ, die Röntgenröhr: 
dem Radium vorgezogen werden. Auel (Halle a. S.). 


35. L. Arzt und M. Schramek (Wien). Zur intratumoralen Ra- 
diumbestrahlung maligner Geschwülste. (Fortschritte a. d. Ge- 
biete d. Röntgenstrahlen Bd. XXII. Hft. 2.) 

A. und S. berichten über Radiumbestrahlung bei inoperablen Tumoren. Neu 
ist die Anwendung der Randbestrahlung und der Einführung der Radiumträge: 
(spitz-stumpfe stilettähnliche Instrumente). Die Randbestrahlung beruht auf der 
Beobachtung, daß bei intensiver Bestrahlung zentraler Partien peripheres Wachs- 
tum statthaben kann. Nächst der Randbestrahlung erfolgt erst die zentrale Be- 
strahlung. Unterbrechungen der Bestrahlungen erfolgen je nach den sich ein- 
stellenden Nebenwirkungen. Im allgemeinen erfolgte Bestrahlung in zwei Zykler., 
zunächst Randbestrahlung ohne Filterung an fünf einander folgenden Tagen 
während der Nachtzeit. Nächstdem erfolgte im zweiten Zyklus Bestrahlung mit 
Bleifilterung von 3 mm. — Bei dem Fehlen einer exakten Meßmethode ist für die 
Dosierung der Einzelfälle die Erfahrung mit klinischer Beobachtung ausschla;- 
gebend. Die Schwierigkeiten der Radiumtherapie besteht zurzeit in der Fragt 
der Dosierung. Abgesehen von der Radiummenge kommt dabei Dauer der Bt- 
strahlung, Intervall, Filter in Betracht. Carl Klieneberger (Zittau). 


36. Ernst v. Seuffert. Radio- und Radiumtherapie des Krebses. 
(Arch. d’electr. med. 382.) 


S. legt seiner Besprechung im besonderen die Erfahrungen bei der Behandlung 
des Uteruskrebses zugrunde. Die Radiotherapie muß bei inoperablen Fällen 
versucht werden. Für den Erfolg der Radiumtherapie ist die Tiefenwirkung maß- 
gebend. Es gelingt bei geeigneter Technik die tiefst gelegenen Karzinomkeim: 
durch Strahlenwirkung zu erreichen. Die bleibenden Erfolge der Strahlen- und 
der Operationsbehandlung sind analog. Für eine zweckmäßige Tiefentherapie 
kommt die Gefahr der Verbrennung nicht mehr in Betracht, vorausgesetzt, dat 
man das Instrumentarium kennt. Es kommt nicht auf die Erythemdosenleistune. 
sondern mehr auf den Nachweis der biologischen Wirkung der erzeugten 
Strahlung an. Gefährdet sind Pat. mit lokaler erworbener Überempfindlich- 
keit, sowie Pat. mit verminderter Restitutionsfähigkeit der Haut. Bestrah- 
lungen von Regionen, deren Haut eine radiologische Schädigung zeigt, sind be- 
sonders gefährlich. Die Bestrahlung von jungen Personen ist deshalb gefähr- 
licher, weil auch die gesunden Zellen radiosensibler sind. Die Röntgenwirkung ist 
übrigens eine rein lokale (penetrierende Strahlen und x-Strahlen).. Ob die anderen 
Strahlungen besondere Tiefenwirkungen ausüben können, ist zweifelhaft. Diese 
Frage spielt übrigens für die Krebsbehandlung keine Rolle. Es ist noch nicht ent- 
schieden, ob die biologische Wirkung der harten Strahlen eine primäre ist oder 
durch Sekundärstrahlen vermittelt wird. Den Wert der Sensibilisation hält S. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 245- 


für zweifelhaft, die berichteten Wirkungen und die Abstufbarkeit für unsicher. 
Die verabfolgte Energiegröße hängt ab von der Absorption und dem Verhältnis 
der für die Oberfläche und Tiefe zur Wirkung kommenden Strahlung (Härtungs- 
größe). Eine Wirkung in 8 cm Tiefe wird am besten erreicht, wenn die Absorption 
durch die Zwischenschicht ?/, beträgt. 

Für die Behandlung des Krebses kommt zunächst in Betracht, daß 50 bis 
100 mmg Mesothorium z. B. die Krebszellen bis zu einer Tiefe von 4 cm vernichten 
(Bumm). Dabei ist zu berücksichtigen, daß bei ungenügender Filterung gesundes 
Gewebe einer zu starken Strahlung ausgesetzt werden kann. Bei zu ausgedehnten, 
bzw. zu tief eingehenden Neubildungen müssen chirurgische Eingriffe (Einführung 
von Radiumträgern usw.) unterstützen. Für die Behandlung des Uteruskrebses 
sind Mesothorium-, Radium- und X-Strahlen einander gleichwertig. Für andere 
Krebse setzt die Strahlenbehandlung chirurgische Eingriffe voraus, schon um den 
Transport der Zerfallsprodukte durch Blut- und Lymphbahnen zu hindern. Ganz 
abgesehen davon, daß die massive Bestrahlung durch gesundes Gewebe in größere 
Tiefe nicht möglich ist. Carl Klieneberger (Zittau). 


37. H. Chöron und Rubens-Duval (Paris). Der Wert der Radium- 
behandlung des Gebärmutter- und Scheidenkrebses. (Strahlen- 
therapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 

Die Untersuchungen und Erfahrungen bestätigen die guten Unterlagen der 
Methode der ultrapenetrierenden Strahlen von Dominici im allgemeinen und der 
Grundprinzipien der Radiumbehandlung der Gebärmutter und Scheidenkrebse im 
besonderen. 

Selbst wenn die Radiumbehandlung nicht mehr Heilungen ergeben sollte als 
der chirurgische Eingriff, bringt sie doch nicht, wie dieser, das Risiko der Opera- 
tiöonsmortalität mit sich. Im übrigen hat Verf. nur inoperable Karzinome be- 
handelt, und man kann nicht die Resultate der Radiumbehandlung inoperabler 
. Krebse, d. h. schlechter Fälle, einerseits und die der chirurgischen Behandlung 
öperabler Krebse, d. h. besserer oder weniger ungünstiger Fälle andererseits, mit- 
einander vergleichen. Die Cervixkarzinome, die klinisch und histologisch gut 
charakterisiert sind, scheinen vorzugsweise mit Radiumbestrahlung behandelt 
werden zu müssen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


38. L. Heidenhain. Aussichten der Strahlentherapie wider die 
Karzinome. (Strahlentherapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 

Die Hauptfrage, wie die Dinge heute stehen, ist nicht die, sollen wir operieren 
oder nicht operieren und vielmehr bestrahlen, sondern die, ob die Ergebnisse der 
Operation sich durch zweckmäßige Kombination mit Strahlung und Nachbestrah- 
lung bessern lassen. Man darf es nicht aufgeben zugunsten von Hoffnungen und 
Versuchungen, aber man ist verpflichtet zu versuchen, ob man die Ergebnisse 
der Operationen nicht durch die neuen Versuche noch bessern kann. Es droht 
eine große Gefahr für die nächste Zukunft, die nämlich, daß das Publikum dem- 
nächst vom Strahlentaumel erfaßt wird. Man kann den Kranken keinen größeren 
Dienst erweisen, als wenn man immer und immer wieder betont, daß frühzeitige 
Operation zurzeit das einzige erfolgversprechende Mittel gegen Neoplasmen sei, 
daß die Strahlentherapie für die Folge sehr Gutes verspreche, zurzeit aber nur in 
gewissen Fällen und zur Unterstützung der Operation angewendet werden könne 
und dürfe und auch müsse. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


246 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


39. A. Bayet. Die Grenzen der Radiumtherapie für den tief- 
liegenden Krebs nach dem heutigen Stande der Wissenschaft. 
(Strahlentherapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 


Verf. ist dafür, daß man alle diejenigen Fälle, bei denen ein gründlicher opera- 
tiver Eingriff möglich ist, zuerst der Chirurgie überlasse, um dann die Operations- 
wunde präventiv zu bestrahlen, um so möglichst Rezidive zu verhindern. 

Man könne die Grenzen für die Wirkung radioaktiver Substanzen erweitern, 
wenn man die Chirurgie mit der Radiumtherapie kombinierte. Diese Verbindung 
müßte von drei großen Gesichtspunkten aus gemacht werden: 

1) Der chirurgische Eingriff geht der Radiumbestrahlung voraus und öffnet 
ihr die Zugänge. 

2) Der chirurgische Eingriff geht der Radiumbestrahlung voraus, um den 
größten Teil des Tumors zu entfernen (wenn die totale Exstirpation unmöglich ist); 
der Rest des Tumors wird dann mit Radium bestrahlt. 

3) Der chirurgische Eingriff kann durch die Bestrahlung ermöglicht werden. 
Es sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen inoperable Uteruskrebse mit Erfolg 
nach der Bestrahlung entfernt werden könnten. Dasselbe gilt auch für die Prostata. 

Wenn sich die Radiumchirurgie entwickeln soll, kann es nicht geschehen, 
indem man radioaktive Substanzen nach einer Operation gewissermaßen als An- 
hängsel benutzt, sondern indem man Chirurgie und Bestrahlung mit Absicht und 
Überlegung kombiniert. Es wären neue Methoden zu schaffen, die dieser neuen 
Indikation gerecht würden. Die radioaktiven Behandlungsmethoden sind die 
schönste Errungenschaft, welche die Wissenschaft für einst so vernachlässigte 
Krebstherapie gezeitigt hat. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


40. Barcat. Die Radiumtherapie maligner Tumoren. (Strahlen- 
therapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 

Die Radiumtherapie maligner Tumoren stellt allein ein nur sehr begrenztes 
Gebiet dar. In Verbindung mit der Chirurgie dagegen vermag sie ihren Wirkungs- 
kreis bedeutend zu vergrößern. 

Die Radiumchirurgie, die sich heut noch in den Anfangsstadien befindet, hat 
bereits ungeahnte Resultate gezeitigt. Sie bietet die Aussicht, daß in Zukunft 
die Chirurgie und die Radiologie das wechselseitige Gebiet ihrer Tätigkeit wesent- 
lich werden vergrößern können. Dabei ist zu bemerken, daß es mit Rücksicht 
auf die noch sehr beschränkten Radiummengen, über die man heute verfügt, noch 
nicht möglich ist, die Bedeutung der Rolle dieser Radiumchirurgie in ihrem ganzen 
Umfange zu ermessen, welche Rolle eben das Radium bei der Behandlung der 
Tumoren spielen kann, wenn man z. B. Zentigramme, Gramme Radium zur Ver- 
fügung hätte. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


41. D. v. Hansemann. Über Veränderungen der Gewebe und der 
Geschwülste nach Strahlenbehandlung. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1914. Nr. 23.) l 

Die mitgeteilten beiden Fälle beweisen, daß klinisch geheilte Fälle rezidi- 
vieren können. Sie beweisen ferner, daß es nicht durch die Verbrennung ent- 
standene Schwarten sind, die die späteren ausgedehnten Ulzerationen bewirken. 

Nach Ansicht des Verf.s ist durch die Radiumbehandlung ein Reiz entstanden, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 247 


der die Krebsproliferation gesteigert hat. Man wird dadurch zu der Frage ge- 
fuhrt, ob es vorteilhaft ist, mit so großen Dosen zu behandeln und dadurch die 
Zerstörung mehr ausgedehnter Geschwülste möglichst in die Tiefe zu beschleunigen. 
H. schlägt eine fraktionierte Behandlungsmethode mit kleineren Dosen vor, die 
sich besonders basiert auf die Erfahrungen, daß die älteren Krebszellen leichter 
zerstört werden als die jungen, und daß man die jungen erst zu alten werden 
lassen muß, um sie mit Erfolg vernichten zu können. 
Lohrisch (Chemnitz). 


42. Müller. Operation oder Bestrahlung. (Münchener med. Wochen- 

schrift 1914. Nr. 22. S. 1226.) 

Verf. wünscht, daß auch operable Fälle von Karzinom der Strahlentherapie 
in größerem Maße als bisher unterzogen werden. Schädigungen sind bei der 
heutigen Durchbildung der Methoden auszuschließen, eine Verschleppung kann 
nichtstattfinden, da selbst bei Versagen der Strahlentherapie eine Verschlimmerung 
des Leidens während der Bestrahlung nicht vorkommt und das Messer des Chirurgen 
dann immer noch eingreifen kann. F. Berger (Magdeburg). 

43. Ch. Vermeulen. Die Chemotherapie des Karzinoms. (Nederl. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1914. I. S. 238—48.) 

Empfehlung der intramuskulären Enzytolbehandlung mit einleitender Novo- 
xs@in-Adrenalinapplikation zur Umgehung der heftigen Schmerzen und der Ne- 
xr.<e, und der intravenösen Injektion des Enzytols; erstere für klinische Zwecke, 
«tztere für die poliklinische Behandlung; vorläufige Mitteilung über die intra- 
venose gleichzeitige Applikation der Cholinverbindungen und Metallkolloide 
'Sccm 10°,iger Enzytollösung, I ccm Selenid und 16 ccm physiologische Koch- 
alziysung). Die Ergebnisse dieser nach Verf. unschädlichen Maßnahme werden 
vorläufig nur als ergänzende der operativen Behandlung angesehen, dann auch in 
‚-ıperablen Fällen nützlich erachtet. Zeehuisen (Amsterdam). 





4. R. Krym. Zur Chemotherapie maligner Tumoren. (Russk. 
Wratsch 1914. Nr. 9.) 

Bei acht Fällen von inoperablem Karzinom wurde Elektroselenium-ß-colloidale 
‘Chin, Paris) verwandt. Es ist dies eine korallenrote, nicht ganz durchsichtige 
F ussigkeit von alkalischer Reaktion. Dieselbe wurde 2—3mal wöchentlich zu 
ie 5ccm subkutan oder intravenös injiziert. Bei letzterer Applikationsart trat 
«ine stärkere Reaktion auf, die sich in Temperatursteigerung, Schüttelfrösten, 
_Selkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen äußerte; bei subkutaner Anwendung war 
te Reaktion eine schwächere. Das Körpergewicht verhielt sich verschieden: 
dild fiel es, bald blieb es konstant. Die Tumoren fuhren zu wachsen fort. Das 
Scen wird durch die Nieren entfernt, ruft aber in denselben keine Veränderungen 
acrvor. Von einer Heilung der Pat. durch Kolloidmetalle kann zurzeit keine 
Xede sein; auch die Schmerzen vergehen nicht. Eine etwaige Besserung ist nur 
durch psychische Beeinflussung zu erklären. S. Rubinstein (Riga). 


45. Rudolf Klotz (Dresden). Zur Frage der intravenösen Metall- 
kolloidinjektion bei der Karzinombehandlung. (Strahlentherapie 
Bd. IV. Hft. 2.) 
Erfahrungen über die Injektion kleiner Mengen von Metallkolloiden (alle 


248 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 14. 


9 Tage 5 ccm einer 0,02°,igen Metallkolloidlösung, z. B. Kobalt). Gleichzeitig 
wird das Karzinomgewebe bestrahlt. K. bekämpft die Ansicht, daß die intra- 
venöse Injektion von Metallkolloid (langsame Injektion, unverdorbenes Präparat. 
geringe Menge) irgendwelche Komplikationen hervorrufe. Es empfiehlt sich die 
zu injizierenden 5ccm mit 50 ccm Kochsalzlösung zu verdünnen und innerhalb 
10—20 Minuten zu injizieren. Die Injektionen werden ebenso wie die Bestrah- 
lungen ambulant angewandt. Als applizierte Strahlendosis kommen pro Feld 
10—12 X, ausnahmsweise 20—25 X (3 mm Aluminium) zur Anwendung. Die 
intravenösen Metallkolloidinjektionen, welche die Karzinomzellen infolge ihrer 
Tumoraffinität schädigen, machen sie der zerstörenden Wirkung gleichzeitig an- 
gewandter Radiotherapie leichter zugänglich. 
Carl Klieneberger (Zittau). 


46. A. v. Wassermann. Analyse der Wirkung radioaktiver Sub- 
stanzen auf Mäusekrebs. (Deutsche med. Wochenschrift 1914. Nr. 11.) 
Mäusetumoren, die in feine Stückchen zerschnitten in Ringer’scher Lösung 
außerhalb des Organismus mehrere Stunden lebend erhalten wurden, verloren 
durch 3stündige Einwirkung einer in das Reagensglas eingelegten Mesothorium- 
kapsel, die sich in einer vernickelten Messingröhre befand, ihre Transplantations- 
fähigkeit, während mit dem in gleicher Weise angesetzten Material der Kontro:l- 
gläschen, von denen das eine eine leere Messingröhre, das andere nur die Tumir- 
zellen enthielt, fast regelmäßig noch positive Transplantationsergebnisse erzie:t 
wurden. Es muß demnach die Wirkung der Strahlen auf die Tumorzellen cirt 
direkte sein, die ohne Mitwirkung des Blutes und anderer Zellen zustande komm: 
Daß diese Wirkung auf die Zellen indes keine abtötende ist, sondern daß nur d«r 
Fortpflanzungsapparat der Zelle (Genozeptoren Ehrlich’s) nicht aber der Er- 
nährungsapparat (Nutrizeptoren) betroffen wird, ergibt sich aus weiteren Ver- 
suchen des Verf.s, in welchen es gelang, durch die infolge der Bestrahlung tran:- 
plantationsunfähig gewordenen Zellen, Methylenblaulösungen zu entfärben, ei: 
Beweis, daß die Zellen noch lebten und durch ihren Sauerstoffverbrauch d:: 
Methylenblau reduzierten (bioskopische Methode von M. Neisser). Die eigen:- 
liche Abtötung der Zellen nach Bestrahlung von Tumoren erfolgt demnach nich: 
durch die Strahlenwirkung selbst, die Zellen werden nur sterilisiert und ihr Av- 
sterben erfolgt dann durch das Altern oder die normalen zelltötenden Kräfte dt- 
Organismus. Aus dieser Art der Strahlenwirkung erklärt sich die elektive Beeir- 
flussung der verschiedenen Gewebsarten, wofür das Gesetz gilt, daß ein Geweb: 
um so empfindlicher gegen radioaktive Agentien ist, je reicher es an Genozeptore: 
ist, d. h. je regenerationsfähiger und proliferationsfähiger seine Zellen sind. Wii 
gewinnen damit das Verständnis dafür, daß gerade die Keimzellen, die besondtr: 
Schnell wachsenden bösartigen Geschwülste und schließlich der auch unter phvsi: 
logischen Verhältnissen schon außerordentlich regenerationsfähige hämatopoetisch. 
Apparat der Beeinflussung durch Bestrahlung so besonders leicht zugänglich sind 
Mannes (Weimar). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mar 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an di: 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


249 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jakach, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 15. Sonnabend, den 15. April 1916. 








Inhalt. 

H. Pribram, Über die Morbidität im Hinterlande. 

Referate: 1. Polák, 2. Lunckenbein, 3. Frankl und Kimball, 4. Schmidt, 5. Fowler, 
6. Barlow, 7. Decker und v. Bomhard, 8. v. Seuffert, 9. Graff, 10. Werner, 11. Harmer, 
12. v. Pfungen, 13. Rapp, 14. MeClurg, Sweek, Lyon, Fleisher und Loeb, 15. u. 16. Fränkel 
und Fürer, 17. S. und J. Nordentoft, Karzinom und Geschwülste. 

18. Oswald, Beziehungen zwischen endokrinen Drüsen und Blutkreislauf. — 19. Scheltema, 
Abweichungen im Blutbild der Erkrankungen der Drüsen mit innerer Sekretion. — 3%. Ollino, 
Vasemotorische Wirkung des venösen Nebennieren-, Pankreas-, Thyreoides-, Testikelblutes. — 
21. Berg, Beziehungen der inneren Sekretion zur Urogenitalsphäre und ihre therapeutische Ver- 
wertang — 22. Jungmann, Beziehungen des Zuckerstiches zum sog. Salzstich. — 28. Freund 
und Marehand, Wirkungen des Zuckerstiches nach Nebennierenexstirpation. — 24. und 25. Inde- 
mans, Hypertrophie der Speicheldrüsen und des Lymphgefäßsystems des Halses. — 26. Strauss, 
SQiPsche oder Mikulicz’sche Krankheit? — 237. Hammersehlag, Emigration der Lymphe aus den 
Lrmpbdrüsen. — 28. Gardiner, Adenitis cervicalis. — 29. Bloomfield, Mikroorganismen in den 
Lrmphdrüsen. — 30. Pappenheimer, Rachitische Veränderungen in den Knochen junger weißer 
Ratten. — 31. Hart, 32. Weiland, 83. Rautmann, 34. Rothacker, 35. de Vries Reilingh, 
%. Bumsted, 37. Klinger und Montigel, 88. Oswald, 39. Mori, Basedow’sche Krankheit. — 
$0. Romsis, Wirksamkeit verschiedener Thyreoidpräparate. — 41. Wyeth, Kropfbehandlung durch 
Injektionen von kochendem Wasser. 





Aus der med. Klinik R. von Jaksch in Prag. 
Über die Morbidität im Hinterlande.' 


Von 


Doz. Dr. Hugo Pribram. 


Die Frage des Einflusses des Krieges auf. die Gesundheitsver- 
hältnisse der im Felde stehenden Soldaten hat schon zahlreiche Autoren 
beschäftigt. 

Ich möchte mich in folgenden Ausführungen mit der Frage der 
Gesundheitsverhältnisse der vom Kriege nur indirekt betroffenen 
Hinterlandsbevölkerung beschäftigen. Von meinen Betrachtungen, 
denen das Material der Ambulanz der Klinik v. Jaksch zugrunde 


1 Nach einem in der wissenschaftlichen Gesellschaft deutscher Ärzte in Böhmen am 
23.1.1916 gehaltenen Vortrage, 


15 


250 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


liegt, sind natürlicherweise die Infektionskrankheiten ausgeschlossen. 
Zu verwerten waren bloß die Kranken aus der Weiberambulanz, weil 
die Männerambulanz infolge Einrückens zahlreicher Männer, der 
Rückkehr Erkrankter oder Verwundeter viel mehr direkte Folgen 
des Krieges aufwies. A priori war zu erwarten, daß bei den Frauen 
als Einwirkung des Krieges eine große Zahl von Krankheiten in ver- 
mehrter Menge auftreten würde. Die Schädigungen der Frauen durch 
den Krieg konnten bedingt sein 1) durch die zahlreichen Aufregungen 
und Sorgen, 2) durch die Erschwerung der Ernährung, und die geänderte 
Kost. Es waren also besondere Ausschläge in der Gruppe der Nerven- 
krankheiten und der Erkrankungen des Verdauungsapparates zu er- 
warten. Das Krankenmaterial, an 10000 Fälle in den 3 letzten 
Jahren, ist fast durchwegs von mir selbst untersucht worden. Die 
 Krankenzahl in der Frauenambulanz im Friedensjahre. 1913, im 
Jahre 1914, das zur Hälfte dem Frieden, zur Hälfte dem Kriege an- 
gehörte, und im Kriegsjahr 1915 betrug 3462, bzw. 3153 und 3211. 
Zieht man von diesen Zahlen die nicht intern Kranken ab, so bleiben 
als verwertbar in den 3 Jahren zurück: 2707, 2508 und 2554, also 
Gesamtzahlen, die einander sehr nahe stehen. Ich habe nun die 
Frequenz der in Betracht kommenden Krankheitsgruppen in Prozent- 
zahlen bezogen auf die reduzierte Gesamtzahl berechnet. Die Er- 
gebnisse sind im wesentlichen folgende: Die Fälle von Lungentuber- 
kulose waren in den 3 Jahren ziemlich gleich häufig, d. h. 24, 24, 22°,. 
Dasselbe gilt für die Darmkrankheiten (5, 4 und 5%). Die Magen- 
katarrhe betrugen desgleichen stets 11—12%. Betrachtet man jedoch 
die einzelnen Formen der Magenkatarrhe, so findet man freilich Dif- 
ferenzen. Die saueren Magenkatarrhe nahmen in den letzten Jahren 
zu: 2,5, 3,6, 6,7%, und die Magenerkrankungen mit Subazidität etwas 
ab. Von 0,5 auf 0,35%. 


Es ist dies ganz interessant und diese Änderung in den Aziditäts- 
verhältnissen dürfte mit der Kost zusammenhängen. Wenigstens ist 
mir stets aufgefallen, daß bei Magensaftuntersuchungen besonders an- 
fänglich nach einem Probefrühstück mit Kriegsbrod relativ hohe 
Werte zu finden waren. Nebenbei bemerkt, scheint das Kriegsbrod 
auch relativ rasch den Magen zu verlassen. Sehr zugenommen hat 
ferner die Zahl der funktionellen Störungen seitens des Nervensystems, 
von 12 auf 16%. Gleich geblieben sind in ihrer Frequenz die Neuralgien, 
die übrigen Erkrankungen des Nervensystems und die Erkrankungen 
der anderen Systeme. Ganz auffallend, weil in ihrer Entstehung sicher 
mit psychischen Momenten zusammenhängend, ist das Gleichbleiben 
der Frequenz des Diabetes und der Basedow’schen Krankheit. Das 
Material der Ambulanz hat in seiner Zusammensetzung insofern eine 
Änderung erfahren, als zahlreiche galizische Flüchtlinge als fremdes 
Element dazu kamen. Betrachtet man unter diesen die Morbiditäts- 
frequenz, so findet man, daß die einzelnen Erkrankungen so ziemlich 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 251 


dieselben Prozentverhältnisse aufweisen, wie bei der hierortigen Be- 
völkerung mit folgenden Ausnahmen: 

Magenkatarrhe, die meist schon durch Jahre bestanden hatten, 
sind etwas häufiger, und auch hier überwiegen die sauren Katarrhe 
über die subaziden; die Zahl der funktionellen Nervenstörungen ist 
eine doppelt so große als bei den hiesigen Frauen, während die anderen 
Nervenkrankheiten erheblich an Zahl zurücktreten. 

Fassen wir unsere Resultate kurz zusammen, so müssen wir 


| sagen, daß sie erfreulicherweise sehr mager sind, d. h. der Krieg hat 


unsere Hinterlandbevölkerung bezüglich der Gesundheit nur wenig 
betroffen. Wir können mit Freuden konstatieren, daß soweit von 


dem einseitigen Material eines Einzelnen ein allgemeiner Schluß ge- 


zogen werden kann, im wesentlichen, besonders was irreparable Stö- 


tungen betrifft, das Hinterland durch den Krieg gar nicht gelitten hat. 


Es ist mit Zuversicht zu erwarten, daß wir wie in anderer Hinsicht, 


auch bezüglich der Gesundheit des vom Kriege nicht direkt betroffenen 
Bevölkerungsteiles mit der Gegenwart zufrieden sein und mit Zuver- 


sicht in die Zukunft blicken können. 





Referate. 


.1.0. Poläk. Behandlung maligner Tumoren mit Dialysat. (Ca- 


sopis lekaruv ceskych 1914. Nr. 33.) 
Teile des Tumors und der regionären Drüsen wurden zermahlen, durch 2 Tage 


, a physiologischer Lösung mazeriert, hierauf filtriert und zweimal bei 56° C steri- 


isiert. Die Flüssigkeit wurde teils intramuskulär (5—10—15 ccm jede Woche), 
eils intravenös (1—5 ccm jeden Tag oder jeden 2. Tag) injiziert. Die Resultate 


- Xi 8 Karzinomen und einem Sarkom waren schlecht; trotzdem werden die Ver- 


uche fortgesetzt. Außer einer rasch vorübergehenden Schmerzhaftigkeit an der 


- njektionsstelle und subfebrilen Temperatursteigerungen wurden keine Folge- 
. sstände konstatiert. G. Mühlstein (Prag). 


| è Lunekenbein. Die Behandlung maligner Geschwüre mit 


oe 
» 


Tumorextrakt. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 19. S. 1047.) 

Die von Verf. bereits früher angegebene Methode der Behandlung maligner 
fumoren mit intravenösen Injektionen von Tumorextrakt hat in einer weiteren 
teihe von Fällen auffallend gute Resultate gezeitigt. 

Wie Verf. annimmt, wird durch Einverleibung der Geschwulsteiweißkörper die 


n äldung spezifischer, auf das Substrat eingestellter Fermente im Körper hervor- 
gerufen. F. Berger (Magdeburg). 


j X Frankl und Kimball. Über die Beeinflussung von Mäuse- 


tumoren durch Röntgenstrahlen. (Wiener klin. Wochenschrift 1914. 
Nr. 45.) 
Aus den Experimenten geht hervor, daß die harte X-Strahlung nicht nur 


15* 


252 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


die Tumorzelle selbst, sondern auch den Nährboden des Tumors zu beeinflussen 
vermag, woraus eine bedeutsame Hemmung des Tumorwachstums resultiert. 
Seifert (Würzburg). 


4. Hugo Schmidt (Straßburg i. E.). Über Heilung entzündliche 
Beckentumoren mittels galvanischer Schwachströme. (Therapie 
der Gegenwart 1914. Nr. 12.) 


Der galvanische Schwachstrom verhält sich gewissen sarkomatösen, karzi- 
nomatösen und entzündlichen Neubildungen gegenüber ganz ähnlich wie die 
Röntgen-, wie die Radium- und Mesothoriumstrahlen. Mit diesen zusammen 
bildet er eine fortlaufende Reihe von wirkungsvollen elektrotherapeutischen Nar- 
kosen, welche untereinander fließende Übergänge aufweisen und imstande sind, 
sich gegenseitig zu ergänzen und zu ersetzen. 
| M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


5. F. Fowler. The place of x-rays in the treatment of cancer. 
(Brit. med. journ. 1914. Juni 13.) 


Auf Grund 4jähriger guter Erfahrungen werden folgende Forderungen awf- 
gestellt: Alle Fälle von Brust-, Lippen- und Zungenkrebs sollten unmittelbar nach 
der Operation prophylaktisch mit Röntgenstrahlen bestrahlt werden. Bei der 
Behandlung sekundär metastatischer Drüsen sollten X-Strahlen der Exzision 
vorgezogen werden. Genügende Bestrahlung vermag Lokalexzision und Ulzera- 
tion zu verhindern und setzt die Häufigkeit der Ergreifung des Mediastinums beim 
Brustkrebs wesentlich herab. Auel (Halle a. S.). 


6. L. Barlow. The cause and cure of cancer viewed in the light 
of recent radiobiological research. (Brit. med. journ. 1914. Mai 9.) 

Die Ursache des Krebses ist chronischer Reiz; biologische Experimente haber 
gezeigt, daß geringste Radiummengen als Reiz auf die Zelle wirken, Teilung und 
Wachstum anregen. Radium ist in kleinsten Mengen in der ganzen Natur ver- 
breitet, besonders sammelt es sich, wie experimentell erwiesen wurde, da, wi 
Bakterien anwesend sind. Radium findet sich in geringsten Mengen im normalen 
Gewebe, in wesentlich größeren Mengen in karzinomatösenm Gewebe und im Gr- 
webe von Karzinomkranken. Während für gewöhnlich Gallensteine kein Radium 
enthalten, ist es in relativ großen Mengen in Gallensteinen von Krebskranker: 
zu finden. 

Karzinom als Folge von Röntgenstrahlen ist eine bekannte Tatsache. Also: 
Strahlen, besonders solche, die von geringsten Radiummengen ausgehen, führer 
zum Initialstadium der Krebsbildung. 

Bei der Krebsbehandlung vermögen Radium und andere Strahlen in gt 
nügender Dosis Krebszellen zu töten. Nicht alle Zellarten sind gleich leicht ar: 
greifbar, vielmehr wirken die Strahlen selektiv. Außer der direkten Wirkung au 
die Zellen wird wahrscheinlich durch die Radiumbestrahlung der malignen Zelle: 
eine aktive Immunität hervorgerufen, wofür Verf. mehrere Beobachtungen un: 
Experimente anführt. 

Bei der Behandlung ist wichtig, mikroskopische Untersuchung des Gewebe: 
Kontrolluntersuchungen der Radiumröhrchen auf ihren Radiumgehalt, Vorsicht 
in der Dosierung, da durch Aufnahme des durch die Strahlen zerstörten Geschwuls: 
materials in den Körper toxische Erscheinungen, ja Tod hervorgerufen werde 


-q 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 253 


können. Aus diesem Grund sollen chirurgische Eingriffe nicht zu bald nach der 
Bestrahlung folgen. Ebenso soll Radiumtherapie sich nicht unmittelbar an Opera- 
tionen anschließen. | 

Radiumtherapie ist auf solche Fälle zu. beschränken, die chirurgischer Be- 
handlung nicht zugängig sind. Durch die Bestrahlung soll nicht das ganze Ge- 
schwulstgewebe entfernt werden, weil Geschwulstzellen zur Bildung der aktiven 
Immunität zurückbleiben sollen und normales Gewebe nicht angegriffen werden 
darf. — Drei Tabellen. Auel (Halle a. S.). 


nr 


7. Deeker und v. Bomhard (München). Die Röntgentiefenbe- 
strahlung bei Magen- und Darmkarzinomen. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 3.) 

Die bisher angewandten geringen Strahlenmengen sind bei tiefsitzenden Kar- 
zinomen wirkungslos. Größere Mengen harter Röntgenstrahlen in kürzeren Zeit- 
räumen gegeben, haben zweifellos auf tiefliegende (inoperable) Karzinome zer- 
störende Wirkung. Die bisherigen Bedenken bezüglich der Hautschädigung bei 
dieser intensiven Bestrahlung scheinen unbegründet zu sein. Auf Grund dieser 
Erfahrungen besteht für uns die Pflicht, bei jedem inoperablen Magen- und Darm- 
karzinom die intensivste Strahlentherapie zu versuchen. 

Reckzeh (Berlin). 


8. v. Seuffert (München). Zur Frage der Tiefenbestrahlung von 
Karzinomen mittels Röntgenmaschinen, (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 19.) 

Zweck der Arbeit ist, zu zeigen, wie ganz unzulänglich für die Erfordernisse 
der Karzinombehandlung alle bisherigen Kontrollmittel sind, und wie dringend 
das Bedürfnis nach brauchbaren ist. Reckzeh (Berlin). 


9. Erwin Graff. Über die bisherigen Erfahrungen mit Radium- 
| und Röntgenstrahlen bei der Krebsbehandlung. (Strahlentherapie 
1915. Bd. V. Hft. 2.) 

G. steht auf dem Standpunkte, der Strahlentherapie nur inoperable Karzinome 
zuzuführen — von den operablen nur jene, bei denen die Operation aus irgend- 
welchen Gründen nicht durchgeführt werden kann. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


10. R. Werner (Heidelberg). Die Strahlenbehandlung der bös- 

artigen Neubildungen innerer Organe. (Strahlentherapie 1915. 

Bd. V. Hft. 2.) 

W. formuliert sein Urteil über den gegenwärtigen Stand der Radiotherapie 
der malignen Tumoren innerer Organe kurz folgendermaßen: 

1) Bei inoperablen Geschwülsten, sowie auch bei den operablen, die sich in 
der Tiefe des Thorax lokalisieren, und bei denen die Chirurgie bisher machtlos 
ist, erscheint die Strahlenbehandlung als die Methode der Wahl. 

2) Bei tiefsitzenden Rektumkarzinomen kann sie im Hinblick auf die un- 
günstigen Dauererfolge der operativen Behandlung als Konkurrenzverfahren an- 
gewendet werden, doch muß es natürlich noch dahingestellt bleiben, ob sie auf 
die Dauer Besseres leisten wird als die Operation, vor der sie jedenfalls den Vorzug 


254 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


größerer Bequemlichkeit und geringerer Gefahr besitzt. Dasselbe gilt auch von 
den Hypophysistumoren. 

Bei den übrigen Lokalisationen wird noch immer der Grundsatz aufrecht zu 
erhalten sein, daß alle operablen Neoplasmen operiert werden müssen und der 
Radiumtherapie die Rolle einer Nachbehandlung zur Verhütung der Rezidive 
zuzumessen ist. 

Als vorbereitende Behandlung soll die Radiotherapie nur bei sicher inoperablen 
Tumoren dienen, sonst ist die sofortige Operation vorzuziehen. 

Die Kombination mit chemotherapeutischen Methoden verdient eingehende 
Prüfung, da ermutigende Resultate vorliegen. 


M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


11. Torr Wagner Harmer. A Study of the efficiency of mixed 
toxins (Coley) in inoperable sarcoma; a critical analysis of 
134 microscopically proven cases. (Boston med. surg. joum. 
1915. Nr. 9. S. 331.) 

Die Behandlung inoperabler Sarkome mit gemischten Toxinen von Strepto- 
kokkus und B. prodigiosus (Coley) ist ohne Zweifel bei gewissen Formen von Wert. 
Diese Therapie muß intensiv und lange durchgeführt werden, trotzdem ist siz 
unsicher und für den Pat. oft mit größeren Unannehmlichkeiten verbunden. Wo 
immer ein chirurgischer Eingriff sicherer erscheint, soll dieser zuerst gemacht 
werden; führt er nicht zum Ziel, so soll sofort die Toxinbehandlung angeschlossen 
werden. Von 134 behandelten Fällen sind 73 geheilt worden und bisher geblieben. 
obwohl bei manchen schon mehrere Jahre seit Beginn der Behandlung verflossen 
sind. Der Kleinrundzellentypus und das Spindelzellensarkom sind der Behandlung 
am meisten zugängig, doch auch bei Riesenzellen — melanotischen — und gemischt- 
zelligen Sarkomen sind einige Heilungen registriert. Bezüglich des Entstehungs- 
ortes sind die Sarkome der Knochen, Muskeln und Fascien, und der cervicalen 
Lymphdrüsen die prognostisch günstigsten Fälle. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 





12. v. Pfungen. Über die Röntgentherapie maligner Neoplasmen 
nach den Erfahrungen der letzten Jahre. (Wiener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 27.) 

Übersichtsvortrag über die bisherigen wesentlichen Erfahrungen der Tiefen- 
therapie und ihrer weiteren Aussichten. Verf. erörtert dann noch das Wesen der 

Röntgen- und Radiumstrahlung. Feith (Nürnberg). 


13. Rapp (Heidelberg). Unsere Erfahrungen mit „Kankroin“. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 


Das Präparat erwies sich als unwirksam. Reckzeh (Berlin). 


14. C. B. McClurg, W. 0. Sweek, H. N. Lyon, M. S. Fleisher and 
L. Loeb (St. Louis). A study of general and localized effects 
of intravenous injections of colloidal copper and casein in 
cases of human cancer. (Arch. of internal med. 1915. Juni.) 

Die Verff. besprechen eingehend die vor allem aus theoretischen Gesichts- 
punkten wichtigen verschiedenen allgemeinen — besonders in der Temperatur- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 255 


kurve und auf rote und weiße Blutzellen sich äußernden — und lokalen Wirkungen 
der Injektionen von kolloidalem Kupfer und von Kasein und die nur zum Teil 
Heilungsvorgänge bedeutenden Einwirkungen dieser Substanzen auf Neubildungen. 
Bei krebskranken Menschen wurde gelegentlich deutliche Besserung aber selbst in 
den günstigsten Fällen keine Heilung damit erzielt. Von großem Interesse sind 
die reaktiven zu einer spezifischen Immunität führenden Vorgänge, die im Orga- 
nismus der injizierten Tiere und in den Tumorzellen selbst erfolgen. Durch das 
kolloidale Kupfer werden verschieden schwere Veränderungen in den Endothelien 
der Venen, in die eingespritzt wurde, herbeigeführt. 
F. Reiche (Hamburg). 


15. S. Fränkel und Edine Fürer. Zur Frage der aktiven und 
passiven Immunisierung und Therapie mit Krebssaft. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 52.) 

Der Tumorpreßsaft aus malignen Neoplasmen besitzt keine therapeutische 
Wirkung, ebensowenig eine immunisierende Wirkung. Das Serum von mit Preß- 
saft vorbehandelten Tieren hat keine therapeutische Wirkung. Die Tumorzellen, 
einem Druck von 450 Atmosphären ausgesetzt, scheinen nicht mehr transportabel 
zu sein. Seifert (Würzburg). 


16. Fränkel und Fürer. Kritische Studien zur experimentellen 
Therapie maligner Neoplasmen. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 3.) 

Das Resultat der Versuche war, daß in keinem Falle irgendein versuchtes 
~ artfremdes Serum in der Lage war, das Tumorwachstum völlig zu verhindern oder 
den Tumor zur Einschmelzung zu bringen. Ineinigen wenigen Fällen wurde Wachs- 
tumsverzögerung beobachtet, welche man aber durchaus nicht auf die Injektionen 
des artfremden Serums beziehen kann, da solche Wachstumsdifferenzen auch 
normal vorkommen. Seifert (Würzburg). 


— mn nn 


17. S. und J. Nordentoft. Om Roentgenbehandling af onclartede 
Svulster. (Ugeskr. f. laeger 1915. Nr. 34.) 
Die Verff. beschreiben 24 Fälle von bösartigen Geschwülsten, die mit Röntgen- 
strahlen behandelt wurden. Einer war gänzlich refraktär (Pleuraendotheliom); 
sonst erzielten sie Besserungen und Heilungen, selbst bei ausgedehnten Metastasen 
»vorläufige Heilung«. Besonders wichtig erscheint dem Ref., daß sie bei zwei 
Fällen von Tumor cerebri ohne Operation die Stauungspapille zum Verschwinden 
bringen und die anderen neurologischen Symptome beseitigen konnten. 

F. Jessen (Davos). 





18. Adolf Oswald. Über die Beziehungen zwischen endokrinen 
Drüsen und Blutkreislauf, (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 
1915. Nr. 20.) 

m Adrenalin reizt sowohi die sympathischen Fasern bzw. Endapparate, wie auch 

- die herzhemmenden autonomen (Vagus-) Fasern. Durch überwiegende Vasokon- 

striktorenreizung erhöht es den Blutdruck; seine Wirkung ist jedoch nur temporär, 

d.h. es verliert an Wirksamkeit bei mehrmaliger, kurz aufeinander folgender 

Applikation. — Das Hypophysin bewirkt Blutdruckerhöhung durch Kontraktion 


256 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


der peripheren Gefäßmuskulatur; es erregt ebenfalls die herzhemmenden Vagus- 
fasern, verstärkt die Adrenalinwirkung bedeutend und hebt die durch Ergotoxin 
bewirkte Lähmung der Vasokonstriktoren auf. — Das Jodthyreoglobulin macht 
die das Herz und Gefäßsystem beherrschenden Nerven für äußere und innere Reize 
ansprechender und hebt überhaupt den Tonus des Nervensystems in ausgespro- 
chener Weise, d.h. es ist ein Reizverstärkungsmittel. Die schon erloschene Wir- 
kung vorher gegebener Mittel (Adrenalin, Morphium usw.) flammt durch Jod- 
thyreoglobulindarreichung wieder auf. — Thymusextrakt setzt den Blutdruck 
herab durch Reizung der Vasodilatatoren. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


19. M. W. Scheltema. Die Abweichungen im Blutbild der Er- 
krankungen der Drüsen mit innerer Sekretion. (Nederl. Tijdschr. 
v. Geneesk. 1915. I. S. 1767—86.) 

Bei allen Erkrankungen der endokrinen Drüsen erscheinen in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle Abweichungen im Blutbilde, und zwar eine relative und öfters 
auch eine absolute Lymphocytose oder mehr im allgemeinen eine Mononukleose; 
weniger frequent sind Leukopenie und Eosinophilie. Die nämlichen Blutverände- 
rungen trifft man beim Status Iymphaticus. Indem letzterer sehr vielen Erkran- 
kungen der Drüsen mit innerer Sekretion gemeinsam ist, so ist man berechtigt 
zur Annahme eines Zusammenhangs beider in dem Sinne, daß die Blutverände- 
rungen sekundär bei denselben vorhanden sind. Die Erscheinungen des Status 
Iymphaticus entwickeln sich meistens im Anfang oder im Verlauf der betreffenden 
Erkrankungen; manche der zu letzteren Krankheitsfällen gehörenden schwer zu 
deutenden Erscheinungen sollen diesem Status zugerechnet werden. Zur genauen 
Untersuchung der von Affektionen einer oder mehrerer Blutdrüsen verdächtigen 
Pat. gehört auch die Prüfung des sogenannten »weißen Blutbildes«. In den- 
jenigen Fällen, in denen die erwähnten Blutabweichungen vorgefunden werden 
bei einer Erkrankung, von welcher ein etwaiger Zusammenhang mit Blutdrüsen- 
funktion nicht bekannt ist, sollen dieselben die Anstellung eingehender Unter- 
suchung veranlassen und vielleicht zu einer opotherapeutischen Behandlung 
führen. In 100 einschlägigen Fällen werden die weißen Blutbilder festgestellt 
und genau auseinandergesetzt. Zeehuisen (Utrecht). 


20. Giov. Ollino. Über die vasomotorische Wirkung des venösen 
Nebennieren-, Pankreas-, Thyreoidea-, Testikelblutes.! (Spe- 
rimentale Jahrg. 18. Hft. 6.) 

Versuche mit einem von Ghedini angegebenen (abgebildeten) Apparat: 
Zwei, in !/,. ccm graduierte Büretten von I cm Durchmesser laufen an ihren 
unteren Enden in je zwei Kanülen aus, an deren einer ein Gummischlauch mit 
Quetschhahn angebracht ist; die anderen, in ihrer Dicke dem zu untersuchenden 
. Arterienstücke entsprechend, werden in die beiden Enden dieses letzteren einge- 
bunden. — An einem getöteten, mittelgroßen Kaninchen werden rasch die Seiten- 
äste der Bauchaorta abgebunden, die Aorta am Zwerchfell und an der Bifurc. 
iliac. gefenstert; eine der Büretten wird nun eingebunden und die Aorta durch 
Ausspülen mit physiologischer NaCli-Lösung gereinigt, dann die andere Kanüle 
eingebunden. Auf eine der beiden, nun kommunizierenden Büretten wird, zur 
Verlangsamung des Durchströmens, ein perforierter Gummistopfen aufgesteckt. 
Bei äußerer Berieselung der Aorta und innerem Durchströmen mit physiologischer 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 257 


NaCl-Lösung von 3—4°, wird ein viel langsameres Durchfließen beobachtet als 
bei gleicher Anwendung von 45—50°, ebenso wenn bei Zimmertemperatur Adre- 
nalinlöung anstatt NaCl-Lösung durchfließt. Beim Vergleich frisch entnom- 
menen (vom lebenden Hund oder Kaninchen) und defibrinierten Venenblutes (das 
die Produkte der Drüsensekretionen enthält) von Nebennieren, Pankreas, Thy- 
reoidea, Testikel untereinander und mit pheripherem Venenblut oder mit Adrenalin- 
lösung wurde aus dem mehr oder weniger beschleunigten Durchfließen die vaso. 
dilatatorische Wirkung am stärksten beim Pankreas-, dann beim Thyreoidea- 
und beim Testikelblute festgestellt, aus der Verlangsamung eine vasokonstrik- 
torische Wirkung bei Nebennierenblut und bei Adrenalinlösung. Auch wurde 
Pankreas- mit peripherem oder mit Nebennierenblut gemischt verwendet. — 
. Nach diesen Experimenten glauben wir, behaupten zu können, daß das venöse 
Pankreasblut mehr oder weniger die vasokonstriktorische Wirkung des venösen . 
Nebennierenblutes aufheben kann. Und wenn letzteres seine Wirkung auf die 
Blutgefäße schon entfaltet hat, könnte diese Wirkung durch Pankreasblut re- 
duziert werden. « Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


21. + Georg Berg. Über die Beziehungen der inneren Sekretion 
zur Urogenitalsphäre und ihre therapeutische Verwertung. 
(Würzburger Abhandlungen 15. 3. 19S. Würzburg, Kurt Kabitzsch, 
1915.) 

In der kleinen Schrift gibt Verf. gestützt auf die Forschungen anderer und 
eigener Untersuchungen seine Gedanken wieder über die wechselseitigen Bezie- 
hungen der Drüsen mit innerer Sekretion. Er betont, daß es sich bei Erkrankungen, 
die auf Störungen der Drüsen mit innerer Sekretion zurückgeführt werden können, 
häufig um einen Ausfall mehrerer in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis 
zueinander stehender Drüsen handelt und daß bei einer rationellen Organtherapie 
darauf Rücksicht genommen werden muß. Er hat sich nun besonders mit der 
sexuellen Neurasthenie und ihren Beziehungen zu den Drüsen mit innerer Sekre- 
tion.beschäftigt. Dementsprechend sucht er eine therapeutische Beeinflussung 
der Erkrankung dadurch zu erreichen, daß er ein Organpräparat gibt, das nicht ein 
bestimmtes Hormon allein, sondern eine Anzahl solcher in Beziehung stehender 
enthält. Ein derartiges, aus mehreren Drüsen zusammengesetztes Präparat hat 
sich nun Verf. konstruiert und mit günstigem Erfolge im Tierversuch und am Men- 
schen erprobt. Die nähere Zusammensetzung will er in einer späteren Arbeit 
geben. Ruppert (Bad Salzuflen). 


2, Jungmann. Über die Beziehungen des Zuckerstichs zum 

sogenannten Salzstich. (Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. 

S. 122.) | 

Ebenso wie die Pigüre an einer bestimmten Stelle des Funiculus teres (Salz- 
stich) beim Kaninchen eine Zunahme der Harnmenge mit Steigerung der pro- 
zentualen und absoluten Chlorausscheidung bedingt, führt auch die Claude 
Bernard’sche Pigüre in der Medianlinie der Rautengrube zur Polyurie und 
Hyperchlorurie. Diese Änderungen in der Harnzusammensetzung sind auf eine 
nervöse Beeinflussung der Nierenfunktion zurückzuführen, die unabhängig ist von 
der gleichzeitig durch den Zuckerstich hervorgerufenen, ebenfalls nervösen Wir- 
cung auf die Funktion der Leber, die eine Störung im Kohlehydratstoffwechsel 


258 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


zur Folge hat. Die Wirkung des Zuckerstichs verläuft ebenso wie die des Salz- 
stichs über die Bahn des Sympathicus. Durch periphere Durchschneidung des- 
selben (Nierenentnervung) läßt sich die Wirkung des Zuckerstichs auf die Nieren- 
funktion ausschalten. Alleinige Durchschneidung des linken Splanchnicusstammes 
verhindert nur die Wirkung der Zuckerpigüre auf die Funktion der Leber. 
Diese Resultate bestätigen die früheren Untersuchungen des Verf.s über die 
Wirkung des Salzstiches. Histologische Untersuchungen müssen zeigen, ob sich 
die Beziehungen zwischen Zuckerstich und Salzstich auch durch den anatomischen 
Faserverlauf bestätigen. Bachem (Bonn). 


23. Freund und Marchand. Über die Wirkungen des Zucker- 


stiches nach Nebennierenexstirpation. (Archiv f. exp. Path. u. 
Pharm. Bd. LXXVI. S. 324. 1914.) 


Die Verff. konnten bei Kaninchen feststellen, daß der Zuckerstich auch nach 
Exstirpation der Nebennieren sich in der Blutzuckerkurve äußert und sogar hohe 
Hypergiykämie zur Folge haben kann. (Im Harn wurde nie Zucker gefunden.) 
Daraus geht mit Sicherheit hervor, daß der Zuckerstich nicht in dem oben an- 
geführten Sinne über die Nebennieren wirkt, sondern direkt an der Leber angreift. 

Wenn die Wirkung beim nebennierenlosen Tiere geringer und weniger regel- 
mäßig ist, als beim normalen Tier, so ist das wohl auf den Wegfall eines tonischen 
Einflusses des Adrenalins auf das sympathische Nervensystem zurückzuführen. 

Bachem (Bonn). 


24. Indemans (Maastricht). Hypertrophia congenita glandularum 


salivarium cum Iymphomate colli congenito. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 


25. Indemans (Maastricht). Angeborene und erworbene symme- 
trische Hypertrophie der Speicheldrüsen und des Lymph- 
gefäßsystems des Halses. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 24.) 
Das Krankheitsbild kennzeichnet sich dadurch, daß es angeboren war, daß 

die Tränendrüsen nicht in Mitleidenschaft gezogen waren, daß das ganze zum 
Speicheldrüsensystem gehörende Lymphgefäßsystem hypertrophisch entwickelt 
war, daß eine scheinbare Hypertrophie der Zunge bestand, die ihre Ursache nicht 
hatte in einer Hypertrophie des Muskelgewebes, sondern in der der Speicheldrüsen 
selbst, sowie der Balgdrüsen, der Papillae fungiformis, filiformis und circumvallatae 
und der Drüsen der Zungenbasis, ferner durch stertoröses Atmen, das wiederum 
auf ein Hemmnis in den Luftwegen hinwies und eine Cyanose des Kindes bei de: 
geringsten Anstrengung, beim Schreien und Weinen erregte, ohne daß das Her: 
dabei eine Abweichung zeigte, und die wahrscheinlich beruhte auf einem Druck 
auf die Trachea, entweder durch eine vergrößerte Thymusdrüse oder durch ver- 
größere Lymphdrüsen. Reckzeh (Berlin). 


26. Strauss (Berlin). Still’sche oder Mikulicz’sche Krankheit? 
(Med. Klinik 1915. Nr. 21.) 
Es scheint am richtigsten, die Fälle von Still’scher Krankheit vorerst unter 
dem Gesichtspunkt einer chronischen Infektionskrankheit zu betrachten, bei 
welcher besonders die Gelenke und das Iymphatische Gewebe beteiligt sind. Viel- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 259 


leicht kommt den Gelenkaffektionen dabei mehr eine koordinierte oder sekundäre 
als primäre Stellung im Krankheitsbilde zu. Reckzeh (Berlin). 


27. R. Hammerschlag. Über die Emigration der Lymphe aus 
den Lymphdrüsen. (Frankfurter Zeitschrift f. Pathologie 1915. 
Bd. XVIII. Hft. 1.) 

H. sieht die Einsprossung und Emigration als zwei nebeneinander bestehende 
Funktionen des Iymphoiden Gewebes an. 

Die Lymphocyten verlassen nicht bloß mittels der Vasa efferentia die Lymph- 
. drüsen, sondern sie wählen neben den Hilusgefäßen einen Weg ins Freie, hierbei 
dem retikulären Balkenwerke folgend, und weiter wandern sie direkt durch das 
Kapselgewebe in gerader zentrifugaler Richtung, oder sie bewegen sich in tan- 
gentieller Richtung mit zentrifugaler Tendenz. 

Es ist bei pathologischen Lymphdrüsen der perkapsuläre Emigrationsvorgang 
normaler Drüsen wiederzufinden, nur ist er durch Veränderungen der Drüsen- 
bestandteile in mannigfacher Weise alteriert. . 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


28. H. Gardiner (London). Tonsils and chronic cervical adenitis. 

(Lancet 1915. Oktober 2.) 

G. behandelt die Beziehungen der Adenitis cervicalis zu Veränderungen in 
den Tonsillen; letztere wurden enukleiert und kulturell und mit Hilfe von Tier- 
- experimenten untersucht. Viermal wurden Tuberkelbazillen so nachgewiesen, 
sonst vorwiegend Pneumokokken, Streptokokken, Staphylokokken und der Micr. 
catarrhalis. Sie saßen in 80%, der Fälle in den tiefsten Teilen der Mandeln — eine 
Tatsache, die zugunsten der Ausräumung und gegen die Kappung der Tonsillen 
spricht. Für bakterielle Invasionen sind große hyperplastische Tonsillen nicht 
annähernd so disponiert wie atrophische, an Iymphatischem Gewebe arme fibröse 
mit großen Krypten. F. Reiche (Hamburg). 


29. A. L. Bloomfield (Baltimore). The bacterial flora of Iymphatic 
glands. (Arch. of internal med. 1915. August.) 

Durch viele Arbeiten ist festgestellt, daß in den Lymphdrüsen auch bei nicht 
entzündlichen Krankheiten lebende Mikroorganismen nachgewiesen werden 
können, von denen die bei Hodgkin’scher Krankheit gefundenen diphtheroiden 
Bazillen das größte Interesse beanspruchten. B. untersuchte frisch nach der Ent- 
nahme 7 anscheinend normale und 25 krankhaft veränderte Drüsen, unter ihnen 
6 Fälle von Morbus Hodgkin. In beiden Gruppen, zumal der letzteren, wurden 
Mikroben kulturell konstatiert, es handelte sich zum Teil um die saprophytären 
Mikroorganismen der Körperoberfläche, zum Teil um den Staphylokokkus aureus, 
hämolytische Streptokokken und einen grampositiven chromogenen Diplobazillus, 
zum Teil um zwei verschiedene parasitäre, nicht pathogene Mikroben, deren 
einer ein pleomorpher diphtheroider Bazillus war. F. Reiche (Hamburg). 


260 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


30. Alwin M. Pappenheimer. Further experiments upon the effects 
of the thymus in rats, with special reference to the alleged 


production of rachitis lesions. (Journ. of exp. med. 20. 1914. 
S. 477.) 


In den Knochen junger weißer Ratten kommen rachitische Veränderungen 
als Folgen einer spontanen Erkrankung vor, die wahrscheinlich infektiöser Natur 
ist. Manchmal besteht gleichzeitig Verminderung des Wachstums und Rückgang 
der Ernährung. Es besteht kein Grund, diese Veränderungen auf eine Minder- 
funktion der Thymus zurückzuführen, das einzige Auffallende war eine Vermehrung 
der Mitosen in der Drüse, aber ohne sonstige Veränderungen der Struktur. Der 
Befund von Klose und Magnini, daß die Entfernung der Thymus bei Ratten 
fatale Störungen hinterlasse, konnte nicht bestätigt werden. 


Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


31. Hart (Berlin-Schöneberg). Über die Basedow’sche Krankheit. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 14.) 


Verf. unterscheidet drei große Formengruppen; der reine thyreogene Morbus 
Basedowii beruht nicht auf einer pathologischen, hypoplastischen Konstitution, 
eine pathologische Thymus läßt sich bei ihm nicht nachweisen, und seine Ätiologie 
dürfte, soweit die Störung in Bau und Funktion der Schilddrüse zu erklären ist, 
eine mannigfaltige sein. Der reine thymogene Morbus Basedowii, der auf dem 
Boden einer pathologischen Konstitution entsteht, ist selten, kommt aber zweifellos 
vor und zeigt dann einen besonders bösartigen Charakter. Daß hier die Thymus 
allein das Krankheitsbild beherrscht, lehren die Erfahrungen der Chirurgen, die 
Schilddrüsenoperationen ohne jeden Erfolg vornahmen, dann aber mit der Re- 
sektion der Thymus alle Krankheitserscheinungen wie mit einem Schlage zum 
Schwinden brachten. Der thymo-thyreogene Morbus Basedowii ist die häufigste 
Form, bei der Thymus und Schilddrüse in gleicher Weise toxisch auf den Organis- 
mus wirken und entsprechend an der Erzeugung der klinischen Erscheinungen 
beteiligt sind. Die Thymus ist das primär veränderte Organ und Stigma der 
abnormen Konstitution. Reckzeh (Berlin). 





32. W. Weiland (Kiel). Gesichtspunkte zur Behandlung des Morbus 
Basedowii. (Therapie der Gegenwart 1915. Mai.) 

Man muß durch Bekämpfung der Schilddrüsenerkrankung das Herz in seiner 
Funktion bessern; vielleicht ist im Kalzium ein Mittel gegeben, das einen gewissen 
Erfolg verspricht. Die »Organotherapie« des Basedow’schen Symptomenkom- 
plexes ist inihren Erfolgen verhältnismäßig dürftig. Eine erfreuliche Bereicherung 
der internen Maßnahmen ist die Anwendung der Röntgenstrahlen auf die Basedow- 
kranken. Es sollte kein einziger Fall von Basedow operiert werden, bei dem nicht 
vorher ein energischer Versuch mit Röntgenbehandlung gemacht wurde. 

Reckzeh (Berlin). 


33. Hermann Rautmann (Chemnitz). Pathologisch-anatomische 
Untersuchungen über die Basedow’sche Krankheit. (Mitteilungen 
a. d. Grenzgebieten Bd. XXVIII. Hft.3. S. 489—615. 1915.) 
In dieser umfassenden Arbeit mit weitgehender Berücksichtigung der Literatur 
kommt Verf. auf Grund eigener Untersuchungen zu dem Schluß, daß alle Basedow- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 261 


Schiliddrüsen histologisch von infantilem Typ sind. Der schwerere Basedow zeigt 
einen um so ausgeprägteren infantilen Charakter der Schilddrüse. Eine Hyper- 
trophie der Thymus kann Verf. nicht konstant beim Basedow finden. Doch kann 
es bei dieser Krankheit zu einer Erkrankung mehrerer oder aller endokriner Drüsen 
kommen. Dabei weisen die Drüsen je nach der Schwere der Erkrankung einen 
mehr oder weniger ausgesprochenen infantilen Typus auf. Sehr häufig sind auch 
die im Stromgebiet der Schilddrüseniymphe gelegenen Lymphdrüsen erkrankt. 
Verf.erklärt dielymphatische Hyperplasie damit, daß zunächst die perithyreoidalen 
Drüsen sich vergrößern, später aber auch die entfernteren Lymphdrüsen, nachdem 
die Schilddrüsenstoffe in größerer Menge in den Kreislauf gelangt sind. 

Die pathologisch-anatomischen Veränderungen in den endokrinen Drüsen 
sind entweder hypertrophisch-hyperplastischer Natur oder haben atrophisch- 
hypoplastischen Charakter. In der Schilddrüse, dem Thymus, den Epithelkörper- 
chen und der Hypophyse finden wir hauptsächlich die hypertrophisch-hyper- 
plastischen Prozesse, ebenso im Iymphatischen und myeloischen Gewebe, sowie 
- imHerzmuskel. Atrophisch-hypoplastisch-degenerative Veränderungen sind vor- 
wiegend in den Nebennieren, den Keimdrüsen, den Nieren, in Leber, Pankreas 
und im Knochenmark, im autonomen und vegetativen Nervensystem und in den 
Sinnesorganen. Beim Basedow scheint eine Hyperfunktion der Schilddrüse sowie 
der Thymus die Basis zu sein. Zuweilen sind auch die Epithelkörperchen und 
die Hypophyse in Hyperfunktion. Aber es kann daneben eine Hypofunktion der 
Nebennieren, der Ovarien, sowie der Langerhans’schen Inseln bestehen. 

Für die Ätiologie des Basedow kommt nach Verf. weit mehr eine Intoxikation 
als eine Infektion in Frage. Die Intoxikation dürfte nur in der Funktionsstörung 
der inneren Sekretion ihre Ursache haben. Daher auch der Wechsel im Sym- 
ptomenbilde des Basedow, der durch das wechselnde Auf- und Zurücktreten der 
Funktionsstörung in den verschiedenen endokrinen Drüsen bedingt ist. Nach 
Verf. gibt es vermutlich gar keine Basedowsymptome, die nur auf einer Funktions- 
störung einer einzigen innersekretorischen Drüse beruhen. Aber für das Zustande- 
kommen oder die Rückbildung der Symptome ist wohl nur ein endokrines Organ 
verantwortlich. Verf. glaubt also beim Basedow von Schilddrüsen-, Thymus-, 
Nebennierensymptomen sprechen zu dürfen. Robert Lewin (Berlin). 


34. Rothacker (Jena). Einige Fälle von Hyperthyreoidismus, 
darunter drei von akutem Basedow bei Kriegsteilnehmern, 
zur Stütze der neurogenen Entstehung dieser Krankheit. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

Mindestens eine große Zahl von Basedowfällen kann auf neurogener Basis 
entstanden sein. Reckzeh (Berlin). 


35. D. de Vries Reilingh. Eine seltene Störung der Herzwirkung 


beim Morbus Basedowii. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 1. 
S. 1425—29.) 


Eine 45jährige, verheiratete, von hervorragenden Ärzten verschiedener Na- 
tionalitäten erfolglos behandelte Basedowpatientin bot eine durch vergleichende 
Aufnahme der Jugularvenen- und A. radialis-Kurven illustrierte vollkommene 
Dissoziation der Vorkammer- und Kammerkontraktionen dar, nicht nur innerhalb, 
sondern auch außerhalb der Schwindelperioden, also ein Herzblock mit Adam- 
Stokes und ohne letztere. Die sehr geringe Kammerfrequenz (32) wurde innerhalb 


262 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


der Schwindelanfälle noch erheblich geringer. Die Deutung dieser Abnahme , 
gelingt nicht vollkommen mit Hilfe einfacher Leitungsstörung durch das His- 
sche Bündel, sondern der Schilddrüsenvergrößerung kommt noch ein weiterer 
toxischer Einfluß entweder auf die Herznerven oder auf die Muskulatur dieses 
Organs zu Schulden. Vagusdruck wurde aus humanitären Gründen nicht an- 
gestellt. Die Erscheinungen des Herzblocks und des Adam-Stokes wurden durch 
zeitweilige Ausschaltung des Magens mit Rektalernährung und Verabfolgung 
geringer Atropinmengen erheblich gebessert. Zeehuisen (Utrecht). 


36. C. V.R. Bumsted. Some clinical features of exophthalmic 

goiter. (Med. record 1915. Nr. 12. S. 467.) 

Die Basedow’sche Krankheit kommt bei normaler, hyperplastischer und 
atrophischer Schilddrüse, bei Kolloidkropf und Tumoren der Schilddrüse vor. 
Die Funktionsstörungen der Schilddrüse bestehen wahrscheinlich in einer Hyper- 
funktion, möglicherweise ist auch das Sekret der Schilddrüse qualitativ verändert 
und bei atrophischer und degenerierter Schilddrüse kann wohl auch eine Hypo- 
funktion vorliegen. Jedenfalls nimmt man allgemein an, daß ein im Blut krei- 
sendes Produkt der Schilddrüse die hauptsächlichste Krankheitsursache sei. Ob 
die Schilddrüse aber die alleinige Ursache ist oder nicht, ist noch ungewiß. Viele 
nehmen an, daß der Thymus eine wichtige Rolle beizumessen sei, auch andere 
Drüsen mit innerer Sekretion, wie Nebenschilddrüse, Nebenniere, Zirbeldrüse 
sprechen hier mit. Heredität und der Einfluß akuter Infektionskrankheiten 
sind deutlich erkennbar. Krankheiten der Tonsillen, Influenza, Typhus, Rheuma- 
tismus, akute Thyreoiditis sind besonders hervorzuheben, auch die Lungentuber- 
kulose ist nicht zu vergessen, jedenfalls ist gleichzeitiges Vorkommen und Basedow 
nichts Ungewöhnliches. Anklänge an Basedow sind beim weiblichen Geschlecht 
in der Pubertätszeit häufig; die Schilddrüse, besonders deren rechter Lappen ist 
etwas vergrößert und auf Druck schmerzhaft, es besteht leichter Tremor der 
Finger, Herzklopfen, Chlorosis, Nervosität und schlechter Schlaf; viele derartige 
Fälle werden unrichtig diagnostiziert und laufen unter dem Namen Neurasthenie 
oder Hysterie; die Pathologie dieser juvenilen Form besteht in einer Hyperämie 
der Schilddrüse. Überhaupt sind beim Basedow atypische Fälle häufig; die 
kardiovaskulären Symptome sind die frühesten, wichtigsten und fehlen nie. 
Exophthalmus ist kein frühes Zeichen, fehlt häufig, ebenso die anderen vier klassi- 
schen Augensymptome; Glykosurie kann vorhanden sein oder fehlen. Alle Sym- 
ptome sind schwankend in ihrer Intensität, sie bilden keine Einheit, sind nicht 
der Ausdruck eines einzigen Einflusses. Der Basedow ist die Äußerung einer 
Gleichgewichtsstörung in einem System vieler Drüsen. Die Therapie besteht in 
körperlicher und geistiger Ruhe, Hydrotherapie, Bettruhe; von den Sedativa 
hat sich Chinin. hydrobromicum, 4mal 0,30 täglich, in der Hälfte der Fälle be- 
währt, ferner Calcium lacticum. Für die meisten Fälle ist Jod gefährlich, aber 
bei einzelnen hat es gute Wirkung gezeigt, es scheint bei nicht hyperplastischen 
und kolloid entarteten Strumen indiziert zu sein. Am unrechten Ort, also bei 
Hyperplasie, angewendet, vermag Jod direkt einen Basedow hervorzubringen. 
Jeder Fall sollte zuerst 3—6 Monate medikamentös und hygienisch behandelt 
werden, bevor man ihn dem Chirurgen, und zwar nur dem sehr erfahrenen, über- 
antwortet. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. : 263 


37. R. Klinger und Th. Montigel. Weitere epidemiologische Unter- 
suchungen über den endemischen Kropf. (Korrespondenzblatt 
f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 17.) 

H. Bircher hat bekanntlich eine Theorie aufgestellt, nach welcher endemi- 
scher Kropf in den im Gebiet der Urgesteine gelegenen Ortschaften nicht vor- 
kommen sollte. Das Bestehen einer deutlich ausgesprochenen Endemie in den 
am Nordfuß des Gotthards gelegenen reinen Urgesteinsiedelungen Andermatt 
und Hospental ist aber ein Beweis mehr für die Unabhängigkeit der Kropfnoxe 
von der geologischen Beschaffenheit des Terrains und Quellgebietes. Auch von 
anderen Untersuchern wurde der endemische Kropf im Gebiet des kristallinischen 
-~ Gesteins beobachtet, so im Kanton Bern, in Sachsen und Bayern. Für das Dorf 
Hospental konnte die Unabhängigkeit der Endemie auch von der Trinkwasser- 
versorgung festgestellt werden, womit keineswegs gesagt sein soll, daß nicht in 
anderen Orten das Wasser eine Rolle bei der Verbreitung des Kropfes spielen kann. 
Jedenfalls steht soviel fest, daß sich der Erreger unabhängig vom Wasser aus- 
breiten und auf andere Weise als durch das Wasser in den Organismus gelangen 
kann. Auffällig und wichtig ist das gehäufte Vorkommen von Kropffällen in 
. gewissen Häusern, weil es zeigt, daß es im Gebiet der Endemie bestimmte, enger 
. umschriebene Lokalitäten gibt, welche besonders stark befallen sind. Ob hierbei 
der meist innigere Kontakt, welcher zwischen den im gleichen Hause Wohnhaften 
in der Regel besteht, eine Rolle spielt, ist vorläufig noch unentschieden. : Schon 
frühere Untersuchungen hatten ergeben, daß Wohlstand vor endemischem Kropf 
= zwar nicht schützt, daß derselbe aber in solchen Familien seltener auftritt als in 
ärmlichen, kinderreichen. Die bekannte Tatsache, daß Kropf in gewissen Fa- 
milien gehäuft vorkommt, konnte auch in Hospental durch die nähere Unter- 
suchung der verwandtschaftlichen Beziehungen der einzelnen positiven Fälle 
bestätigt werden; eine erhöhte Reaktionsfähigkeit auf die Kropfnoxe, die nur 

exogen sein kann, scheint demnach vererbt werden zu können. 
f P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


38. Oswald (Zürich). Zur Theorie des Basedow. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 27.) 
Das Schilddrüsensekret erhöht den Tonus weiter Abschnitte des viszeralen 
- und zerebrospinalen Nervensystems. Es fördert auch den Stoffwechsel. Da die 
Nebenniere eine sympathikotonische Substanz liefert, so kann man ihr an der 
Sympathicusreizung einen Anteil zusprechen. Thymushyperplasie, die in einer 
großen Anzahl von Basedowfällen leichten und schweren Grades auch bei ge- 
= wöhnlicher nicht komplizierter Struma sehr häufig vorkommt, gehört zu dem 
Basedowsyndrom als solchem nicht, sondern stellt den Ausdruck einer bedeutenden 
. kKonstitutionellen Anlage dar, auf der sich Basedow leicht entwickelt. 
Reckzeh (Berlin). 


. 3. Takeyoshi Mori. Experimentelle Beiträge zur Erzeugung von 
thyreotoxischen Symptomen. Ein Beitrag zum Basedow- 
Problem. (Frankfurter Zeitschrift f. Pathologie 1915. Bd. XVI. Hft. 2.) 
Durch Injektion von Paraffin und 1% iger Chlorkalziumlösung in die Schild- 

Grüse kann man eine parenchymatöse und interstitielle Thyreoiditis erzeugen. 
Erwärmung und Jodkaliverabreichung nach der Paraffininjektion setzen keine 

besondere Veränderung, es bleibt immer bei der Thyreoiditis. 


264 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 15. 


Die experimentell erzeugte Thyreoiditis kann ebenso wie die infektiöse Thy- 
reoiditis bei Menschen thyreotoxische Symptome hervorrufen. 

Die thyreotoxischen Symptome sind eine Folge der Hyperresorption eines 
qualitativ und quantitativ veränderten Bläscheninhalts. Der einfache Druck 
der Bläschen — ohne entzündliche Erscheinungen — kann thyreotoxische Sym- 
ptome nicht erzeugen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


40. Benno Romeis. Experimentelle Untersuchungen über die 
Wirkung innersekretorischer Organe. Ill. Biologische Ver- 
suche über die Wirksamkeit verschiedener Thyreoidpräparate. 
(Zeitschrift f. d. gesamte exp. Medizin 1916. Bd. IV. Hft. 6.) 

. Die Präparate der einzelnen Firmen sind hinsichtlich der Stärke ihrer Wirkung 

nicht gleichwertig. Die Wirkungsweise ein und derselben Fabrikmarke bleib: 

dagegen bis auf geringe Schwankungen bei den einzelnen Versuchen relativ be- 
trachtet, ziemlich gleich. 

Das Jodothyrin hat den raschesten Abbau von Körpersubstanz hervor- 
gerufen. Nach ihm folgen die Thyreoidtabletten von Merck. Ähnlich, aber 
etwas schwächer erwiesen sich die Opothyreoidintabletten von Poehl. In einigem 
Abstand folgen die Tabletten von Knoll (Thyraden), Burroughs, Hoffmann- 
La Roche (Aiodin), Dr. Freund und Dr. Redlich (Degrasin). Noch schwächer 
wirken. die Präparate der Hofapotheke in Dresden und die von Engelhardt. 
Während aber auch diese immerhin noch einen deutlichen charakteristischen Ein- 
fluß auf die Entwicklung und den Stoffwechsel ausüben, ist bei den Thyreoidea- 
präparaten der Kurprinzenapotheke in Leipzig und von Struve in Görlitz beinahe 
jegliche Wirkung ausgeblieben. Wenn man nun bedenkt, durch welch gering: 
Mengen von Thyreoidea bei Kaulquappen schon deutliche Entwicklungsbeschlev- 
nigung hervorgerufen wird, so ergibt sich, wie wenig von dieser wirksamen Sub- 
stanz in den letzten genannten Präparaten enthalten ist. Kleine Mengenunter- 
schiede bei den einzelnen Tabletten können für den Ausfall des Versuches nicht 
so sehr von Belang sein, da die Tiere in keinem Falle die verfütterte Tablette ganz 
auffraßen. Es liegt nahe, daß der Unterschied in der mehr oder weniger grobe: 
Wirksamkeit des Ausgangsmaterials zu suchen ist. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


41. John A. Wyeth. The cure of goiter by the injection of boiling 
water into the substance of the enlarged thyreoid. (Med. 
record 1915. Nr. 22.) 

W. behandelt Kröpfe mit Injektionen von kochendem Wasser. An 3 bi: 

4 Stellen werden 10—20 Tropfen injiziert. Die Haut wird vorher mit Kokain 

anästhesiert und mittels Gaze vor Verbrühung geschützt. Dieses Verfahre 

muß etwa alle 2 Wochen wiederholt werden, innerhalb einiger Monate verschwindt! 
der Kropf. Die Schmerzhaftigkeit ist gering. Die Injektionen sollen tief gemach! 
werden, damit keine Hautnekrose und sekundäre Infektion von außen eintrete: 

Obacht vor Gefäßen, Nerven, Trachea. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 

PESSE EEA S E E EAEE E 
Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 

an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 

Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


— 





265 


Zentralblatt für iniere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, vV. Jaks aksch, v. „Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, tuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 
nee von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 


Nr. 16. Sonnabend, den 22. April 1916. 


Inhalt. 


G. V. Frank, Erfahrungen mit Optochin bei croupöser Pneumonie. 

Referate: 1. v. Haberer, Therapeutische Mißerfolge bei Morbus Basedowii. — 3. Holmgren, 
Einwirkung von Schilddrüsenpräparate und Antithyreoidin. — 8. Messerli, Behandlung von 
Kropfigen mit Darmdesinfizienten. — 4. Fisher, Anwendung der Röntgenstrahlen bei Kropf. — 
5. Weiland, Gesichtspunkte zur Behandlung des Morbus Basedowii. — 6. Merhaut, 7. Glaser- 
feld, Operative Behandlung des Morbus Basedow. — 8. Brünger, Beziehungen zwischen Base- 
dow’scher Erkrankung und Thyreoiditis. — 9. v. Korezynski, Infantile Hypothyreose. — 10. Kraus, 
Rosenbuseh und Maggio, Kropf, Kretinismus und die Krankheit von Chagas. — 11. Oswald, 
Schilddräsenfanktion und thyrogene Erkrankungen. — 13. Pesina, Kongenitales Myzödem. — 
13. Peters, Hypopinealismus. — 14. Dandy, Exstirpation der Glandula pinealis. — 15. Fitz, 
16. Kieeblatt, 17. v. Meyenburg, Diabetes insipidus. — 18. Anders und Jameson, 19. Dunn, 
%. Reber, 21. Kraus, 23. Boorstein, 38. Timme, 24. Cushing und Goetseh, Hypophysenerkran- 
kungen. — 26. Hussy und Wallart, Interstitielle Drüse und Röntgenkastration. — 26. Donath, 
Eiafus der Nebennierenexstirpation und des d-Suprarenins auf die Blutkonzentration. — 27. Hos- 
kins und Lovellette, Nebennieren und Pulszahl. — 38. Eigart, Einfluß der Nebennieren auf den 
frühzeitigen Tod durch Verbrennung. — 29. Beckmann, Lumina in den Zellkomplexen der Neben- 
njere und ihre Genese. — 80. Sternberg, Nebenniere bei physiologischer (Schwangerschaft-) und 
artiizieller Hypercholesterinämie. — 81. Beumer, Chemie der Lipoidsubstanzen in den Neben- 
nieren. — 83. Harbitz, 83. Glomset, Maligne Geschwülste bei Kindern. 

Ss. van Woerkom, Störungen im Zustandebringen einfacher willkürlicher Bewegungen. — 
5. Baumann, Rachitische Muskelerkrankung. — 86. Kosh, Experimentelle Rachitis. 





Aus der I. Medizinischen Klinik der Akademie zu Cöln. 
Direktor: Geh. Rat Prof. Hochhaus. 


Erfahrungen mit Optochin bei croupöser Pneumonie. 


Von 


Dr. G. V. Frank, 


Assistenzarzt. 


Die bekannten experimentellen Forschungsergebnisse Morgen- 
roth’s und Wright’s zeigten, daß das Optochin, ein Chininderivat, 
am Tierversuch hervorragende spezifische Wirkung auf die Pneumo- 
kokkeninfektionen ausübt. Die Anwendung des neuen Mittels auf 
die menschliche Pathologie ergab bei den Pneumokokkeninfektionen 
vielversprechende Erfolge. Glänzend waren dieselben bei der Pneumo- 
kokkeninfektion der Cornea, dem Ulcus serpens. Lokale Anwendung 
brachte sofort Stillstand des Prozesses, schnelle Heilung mit einem 


16 


266 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


Minimum von Schädigungen des Sehvermögens (Carara)!. Auch 
bei der croupösen Pneumonie zeigte das Mittel nach der Erfahrung 
vieler Autoren recht befriedigende Resultate. Fränkel, Vetlesen, 
Lenné, Mendel, Bieling, Hess u.a. sahen nach Optochinmedi- 
kation eine frühzeitige Entfieberung eintreten, beobachteten zum 
Teil den Rückgang der lokalen Entzündungsprozesse. Diese Autoren 
nehmen eine spezifische Wirkung des Mittels bei der Pneumonie an 
und glauben schon jetzt, daß es in der Lage sein werde, die Mortalität 
der Pneumonie wesentlich herabzusetzen. 

Wenn wir Gelegenheit nehmen, auch kurz von unseren Erfahrungen 
über Optochin zu berichten, so tun wir dies, weil unsere Beobachtungen 
in einzelnen Punkten die anderer Kliniker ergänzen, zum Teil aber 
davon abweichen. 

Unserer Beobachtung liegen 80 Fälle echter croupöser Pneu- 
monie zugrunde, die wir seit Mai 1915 in unserer Klinik behandelten. 
Nur die eine Hälfte der Fälle wurde mit Optochin behandelt. Zur 
Optochinbehandlung wählten wir vor allem diejenigen Pat. aus, die 
möglichst frühzeitig, am 1.—3. Tage, in unsere Behandlung kamen. 
Nur in Ausnahmefällen gaben wir auch später das Mittel. 

Da wir bis Ende des Jahres 1915 40 Fälle ohne Optochin, aber 
noch keine 40 Vergleichsfälle mit Optochin hatten, mußten wir noch 
einige wenige Fälle vom Januar 1916 hinzunehmen. 

Da unsere Fälle alle aus einem Stadtbezirke (Altstadt) sind und 
alle in demselben Zeitraum und unter denselben äußeren Bedingungen 
behandelt wurden, glauben wir unserer vergleichenden Beobachtung 
einen gewissen Wert beimessen zu dürfen. Der Übersicht halber 
schicken wir eine Zusammenstellung unserer 40 Optochinfälle voraus. 


Aus der Tabelle 1 ist die von uns angewandte Dosierung des Mittels 
zu ersehen. Wir gaben anfangs 3mal 0,5 der Optochinbase, sind dann 
zu öfteren Gaben kleinerer Dosen übergegangen und gaben in den 
letzten Monaten 6mal 0,25 auf 24 Stunden verteilt. Auf Rosen- 
thal’s Publikation hin ließen wir Kampfer als Herzstimulans weg, 
um, keine antagonistische Wirkung dem Optochin gegenüber hervor- 
zurufen. Infolge der schweren toxischen Erscheinungen in Fall 32 
und 35 bei dieser Ordination, habe ich die Dose etwas verringert und 
in den folgenden Fällen 4—5mal 0,25 Optochin gegeben, ohne Neben- 
wirkungen zu sehen. Auch konnte die letztere Dosierung sehr lange 
fortgesetzt werden, ohne daß unangenehme Nebenwirkungen auf- 
traten. Die Optochinpulver wurden auch von Kindern gut vertragen. 
Wegen ihres kleinen Volumens sind die Pulver sehr gut zu nehmen. 

Unsere Beobachtung stimmt mit der anderer Kliniken darin 
überein, daß das Optochin in manchen Fällen eine frühzeitige Ent- 
fieberung herbeiführen kann. Der Vergleich der Fieberkurven unserer 


1 Siehe Literatur am Schluß. 


. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 





"Name und Alter 


1. | C., Theodor, 16 Jahr 
2| K, Anna, 12 Jahr 
3 | Sch., Gertrud; 50 Jahr 


4, 


Sch.,Henriette,48Jahr 


T., Catharina, 14 Jabr 
Th., Paul, 27 Jahr 
M., Albert, 37 Jahr 

D., Catharina, 19 Jahr 
D., Peter, 59 Jahr 


O P u My 


10. | Pf., Max, 16 Jahr 


11. | Se., Hilarius, 56 Jahr 


St., Anna, 32 Jahr 
13. | T., Helene, 33 Jahr 


| 
14. F» Heinrich, 15 Jahr 
15. | G., Gertrud, 17 Jahr 


16. | K., Christian, 53 Jahr 
17. ; L., Heinrich, 15 Jahr 


18. | Sch., Josef, 11 Jahr 
19. | P., Gustav, 31 Jahr 


D. ! M., Margarete, 41 Jahr 


21. © Chr., Christian, 
26 Jahr 

22, G., Anna, 12 Jahr 

23. | L., Christine, 20 Jahr 

24. | R., Regina, 21 Jahr 


25. : M., Antonie, 45 Jahr 
28. | R., Josefine, 22 Jahr 


9o = N 


aa 


PPPA A 


a 


>N NØ 


w e 


[3 jms 
e . 


Tabelle 1. 
Vierzig mit Optochin behandelte Pneumonien. 


3x 0,5 
3x0,5 - 
3x0,5 


Lysis 
Krisis 2 T. 
remittierend 

Lysis 
Pseudokris. 

Lysis 
3x0,5 |remittierend 
3x0,5 > 
4x0,25| Continua 
4x 0,25 Lysis 
3x0,5 |remittierend 
Lysis 


3x0,5 |Pseudokrisis 
Lysis 
remittierend 

3x0,5 |Pseudokrisis 
Krisis 8. Tag 


4x 0,25 |remittierend 


4x0,25 |Pseudokrisis 

5. Tag 

Krisis 6. Tag 

Continua 
Lysis 

4x025| Continua 

Krisis 7.Tag 


3x0,5 


N 3 Fe 3 TED BL 


3x0,5 


4x 0,25 Lysis 
4x0,25| Continua 
Krisis 9. Tag 

3x 0,25 Lysis 

4x 0,25 3 

4x 0,25 = 

4x0,25| Continua 
Lysis 


4x0,25 | Krisis 5. Tag 


6x 0,25 | remittierend 
Lysis 

6x0,25| Continua 

4x 0,25 | remittierend 


6x 0,25 |remittierend 
Lysis 


|, 


vu Q3) 


— Q) 


D m 


ua ms 


W Qò ma 


U) m 


geheilt 


+ 
+ 


geheilt 


+ 


geheilt 


t 
+ 


geheilt 


16* 


267 


Schwere 
Amblyopie 


—— 


Leichte 
Amblyopie 


268 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 








Nr. Name und Alter 





handlung 


Tag d. Be- 














27. | Sch., Reiner, 18 Jahr 6x 0,25 Krisis 3. Tag | geheilt! — 


PN 





28. B., Carl, 43 Jahr 6x0,25 |remittierend| 1 = Leichte 
Lysis Amblyopie 
29. | M., Catharine, 25Jahr 6 x0,25 |Pseudokrisis| 1 = & 
| Lysis 
H., Sofla, 43 Jahr 6x0,25| Continua 1 > — 
Lysis 
31. | L., Josefine, 18 Jahr 6x0,25| Continua 2 = — 
Lysis 
32. |Sch.‚Wolfgang,Si Jahr 6x0,25 Pseudokrisisi 3 + Totale 
remittierend Amaurose 
33. | Fr,Catharina,28Jahr | 3. |6x0,25| Continua 2 + — 
34. | H., Hugo, 28 Jahr . |6x0,25 j 2 + — 
35. | Fr., Anton, 45 Jahr . |6 x0,25 |remittierend| 3 +  |Fastvollkom. 
Taubheit 
36. | M., Gertrud, 19 Jahr 6x0,25|Krisis3.Tag| 1 |geheilt — 
37. Kl, Wilhelmine, .14x0,25 |remittierend| 3 + — 
59 Jahr 
38. | K., Heinrich, 7 Jahr 3x0,25| Continua 1 |geheilt — 
Krisis 
39. K., Karl, 50 Jahr 5x0,25 jremittierend| 1 à Leichte 
Lysis Amblyopie 
40. | St, Ignaz, 29 Jahr 5x0,25 iPseudokrisis| 3 5 _ 
Lysis 


Optochinpneumonien mit den Kontrollfällen zeigt zunächst, daß das 
gewöhnliche Fieberbild der croupösen Pneumonie, die Febris continua, 
bei den ersteren Fällen weit seltener beobachtet wurde. Wir fanden 
bei den Optochinfällen in 22%, bei den Vergleichspneumonien in 45% 
eine Febris continua (Durchschnittswert der Febris continua sonst 
50%). 

Einen klaren Aufschluß über den Fieberablauf beider Beobach- 
tungsgruppen gibt uns Tabelle 2. 


Tabelle 2, 
Art der Entfleberung mit und ohne Optochin. 










Ohne Optochin Mit Optochin 


Krisis Lysis | Pseudokrisis 






Krisis | Lysis | Pseudokrisis 


2% | a | mm | 233% | sun | 2 


Wir sehen also bei den Optochinpneumonien die Lysis weit 
häufiger als eine regelrechte Krisis eintreten. Etwas häufiger treten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 269 


auch Pseudokrisen ein, denen dann meist eine Lysis folgt. In den 
Fällen, in denen eine Krisis eintrat, fand dieselbe im Durchschnitt 
früher statt, als bei den ohne Optochin behandelten Pneumonien. 
Bei der ersten Gruppe trat dieselbe durchschnittlich am 5., bei der 
letzten am 7. Tage auf. Dieser frühzeitige Auftritt der kritischen 
Entfieberung bei Optochinmedikation erinnert an das, was Beltz 
bei Anwendung des Pneumokokkenserums sah. Er wies an Be- 
obachtungen aus hiesiger Klinik nach, daß bei frühzeitiger intravenöser 
Anwendung des Pneumokokkenserums die Krise durchschnittlich 
am 3., ohne dasselbe am 7. Tage eintrat. Ob diese gleichlaufende 
Wirkung von Serum und Optochin aus derselben inneren Kausalität 
entspringt, wäre zu erwägen. 


Als ein sehr wichtiges Moment erachten wir es hervorzuheben, 
daß mit dem Fieberabfall oft die objektiven Erscheinungen auf der 
Lunge in keiner Weise beeinflußt waren, wie die physikalische Unter- 
suchung ergab und wie der Sektionsbefund an vielen Fällen bestätigte; 
vielmehr konstatierten wir noch während der Entfieberung, daß der 
Prozeß auf den nächsten Lappen übergriff. Die Einwirkung des 
Optochins ist ähnlich wie sie Geronne bei Anwendung des Neu- 
feld-Händel’schen Pneumokokkenserums beobachtet. Serum wie 
Optochin sind imstande, eine Abkürzung der Fieberperiode in einzelnen 
Fällen zu erzwingen und damit eine günstige Einwirkung auf das 
Allgemeinbefinden zu entfalten. 


In dieser Beobachtung stehen wir im Gegensatz zu denen, die 
glauben, daß das neue Mittel einen sicheren Einfluß auf die patho- 
logisch-anatomischen Vorgänge in der Lunge auszuüben imstande ist 
und ein Fortschreiten des Prozesses verhindere. 


Wenn wir mit der Optochintherapie auch spezifisch gegen die 
Pneumokokken wirken, so haben wir, wie Fritz Meyer betonte, noch 
den großen Teil derjenigen Symptome zu behandeln, die nichts mit 
den Pneumokokken direkt zu tun haben und mehr als eine Wirkung 
derselben zu betrachten sind. 


Es ist streng zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden, 
töten wir die Pneumokokken, die Erreger der Pneumonie, ab, so ist 
damit noch nicht der Prozeß, den sie veranlaßt, zum Abschluß ge- 
bracht, gerade so wenig, wie ein Brand durch das Abfassen der Brand- 
stifter gelöscht wird. Bei der Septikämie der Mäuse im Tierversuch 
wie beim Ulcus serpens in der Ophthalmologie wird durch die Ver- 
nichtung der Erreger an sich schon der Grund zur Heilung gelegt. 
Nach dieser Überlegung ist es auch nicht zu verwundern, wenn einzelne 
Fälle vollkommen refraktär verlaufen, ohne auch nur eine Beeinflus- 
sung der Fieberkurve zu zeigen. Es spielen hier noch andere Gründe 
wesentlich mit, so der Boden der Entzündung, die Disposition des 
Lungengewebes. Bei den Fällen, die durchaus nicht auf Optochin 


270 -Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


reagierten, achteten wir besonders darauf, ob vielleicht Komplika- 
tionen vorhanden waren, fanden dies aber in der Regel nicht. 
Die Herabsetzung des Fiebers und die manchmal frühzeitige voll- 
kommene Entfieberung wirkt auf das Allgemeinbefinden des Pa- 
tienten günstig ein, so daß die Erkrankung für ihn leichter verläuft, 
da der Kräfteverbrauch ein geringerer ist. Dies ist ein Erfolg des 
Mittels. . Dieser tritt jedoch nur bei den leichteren Infektionen auf 
und ist eine spezifische Wirkung des Optochins. Bei anderen Infek- 
tionen sahen wir sie nicht. 

Ausgezeichnet wirkt manchmal die fieberbekämpfende Eigen- 
schaft bei den von vornherein unruhigen, zu Delirien neigenden 
Kranken, da schon höhere Temperaturen den Ausbruch eines De- 
liriums ja begünstigt. In 2 Fällen war diese Einwirkung ganz mar- 
kant. Die Pat., die sich vorher unruhig im Bett hin- und her- 
gewälzt und starke Zeichen von Potatorium zeigten, wurden bald 
nach der Herabsetzung der Temperatur auffallend ruhiger, das be- 
fürchtete und für die Prognose immer ungünstige Delirium blieb aus. 

Öfter sahen wir, daß der Puls der Entfieberung nicht gleichlaufend 
folgte, vielmehr blieb derselbe trotz normaler Temperatur längere 
Tage abnorm frequent, manchmal ein Zeichen dafür, daß mit der 
Optochinkrise die definitive Krise noch nicht eingetreten war. Für 
diese Fälle gab uns der Puls einen zuverlässigeren Maßstab zur Be- 
urteilung der Vorgänge in der Lunge als die Temperatur. 

In einzelnen Fällen hatte ich den Eindruck, daß die Rückbildung 
des Prozesses auf der Lunge abnorm protrahiert war; es trat 
erst spät nach der Entfieberung normaler Puls und Knisterrasseln 
auf. Dann erst ließ der rostfarbene Auswurf, der bis dahin ständig 
vorhanden war, nach. Dieselbe Beobachtung machte Geronne bei 
Anwendung des Neufelder’schen Serums. In einem Falle beobach- 
tete er noch 14 Tage nach der Entfieberung rostfarbenen Auswurf. 
Er rechnete mit der Möglichkeit, daß durch die Serumbehandlung der 
Ablauf der pathologisch-anatomischen Vorgänge im Lungengewebe 
verzögert wird. Die Möglichkeit eines verzögerten Ablaufs der ana- 
tomischen Vorgänge auf der Lunge bei Behandlung mit Optochin ist 
jedenfalls zu erwägen?. 

Ehe ich die toxischen Wirkungen des Optochins bespreche, will 
ich zwei in dieser Richtung sehr markante Fälle anführen. Beide 
beobachteten wir vom ersten Beginn der Erkrankung an, behandelten 
sie sofort mit Optochin und konnten seine Wirkung genau studieren. 
Sie lagen nur durch ein Bett getrennt in demselben Krankensaal 
und hatten vorher eine leichte Bronchitis ohne Temperaturerhöhung 


durchgemacht. Beide klagten sie kurz vor dem Schüttelfrost über 
Schmerzen im Hals. 


2 Wir beobachteten in letzter Zeit auffallend viel Rezidive und Nachschübe bei den 
Optochinpneumonien. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 271 


Fall I. Fr., Anton, 45 Jahre, Tagelöhner. 
25. XIL 1915. Anamnese: ohne Belang. 
Seit 8 Tagen Schmerzen auf der Brust und Husten, kommt daher zur Klinik. 


Status: Pat. ist von untersetztem, kräftigen Körperbau in gutem Ernährungs- 
zustand. Brustkorb gut gewölbt, dehnt sich bei der Atmung beiderseits gleich 
gut aus. Lungengrenzen normal, ausreichende Verschieblichkeit bei der Atmung. 
Klopfschall überall sonor. Atmung allenthalben vesikulär. Diffus mäßig starkes 
Brummen und Knarren, vereinzeltes Giemen, Auswurf gering, schleimig, zäh. 
- Sonst innere Organe ohne Besonderheit. Urin: eiweiß- und zuckerfrei. 


4.1. 1916. Wegen Klagen über Herzbeschwerden Röntgenaufnahme. Die- 
selbe zeigt keinen pathologischen Befund. Im Blut 5700 Leukocyten. Über den 
Lungen nur noch ganz spärlich auf den unteren Partien leichtes Giemen. Pat. 
nimmt an Gewicht zu. 


11.1. Während der Morgenvisite bekommt Pat. einen heftigen Schüttelfrost. 
Steiler Temperaturanstieg. Er klagt über Halsschmerzen; nach einer Stunde 
gibt er heftiges Stechen in der rechten Seite an. Es ist außer auffälliger Ab- 
schwächung des Atmungsgeräusches rechts hinten unten kein sicherer Befund zu 
erheben. Anstieg der Leukocytenzahl ums Fünffache (25 000 Leukocyten). Dia- 
enose: Pneumonie. Ordination: 6mal 0,25 Optochin. 


12.1. Klopfschall rechts hinten unten stark gedämpft, Pectoralfremitus ver- 
stärkt, lautes Bronchialatmen, kein Rasseln. Über dem rechten Mittellappen ist 
keine sichere Dämpfung, jedoch deutlich abgeschwächtes Atmen zu konstatieren. 
Gegen Abend auch dort Bronchialatmen bei jetzt auch dort deutlicher Dämpfung. 
Im Blut: 34 000 Leukocyten. Auswurf: schleimig-eitrig, rostfarben; in demselben 
Pneumokokken (Prof. Küster). Gegen 7 Uhr abends klagt Pat. über Taubheit; 
Auf dem linken Ohr keine Hörfähigkeit. Durch schriftliche Verständigung wird 
er aufgefordert eine Zahl nachzusprechen. Trotz sehr lauten Sprechens dicht 
vor dem äußeren Gehörgang gibt Pat. die Zahl falsch an. Er klagte außerdem, 
er habe einen Schleier vor den Augen. Augenhintergrund: ohne Befund. Optochin 
abgesetzt. Die Blutkultur ergibt grampositive Doppelkokken. Eine geimpfte 
Maus geht in kaum 24 Stunden zugrunde, im Herzblut massenhaft Pneumokokken. 


13.1. Temperatur vorübergehend abgesunken, dann wieder steiler Anstieg; 
zunehmende Dyspnoe. Kilopfschall rechts hinten unten und über dem rechten 
Mittellappen stark gedämpft, sehr lautes Bronchialatmen, links hinten unten 
deutlich Rasselgeräusche vorhanden. Leukocytenzahl 15100. 


14.1. Besserung des Hörvermögens. Bei scharfer Aussprache kann Pat. 
virgesprochene Zahlen nachsagen. Lungenbefund unverändert. Leukocyten 
15 500. 


15.1. Über der ganzen rechten Lunge feuchtes Rasseln. Pat. ist leicht 
benommen, links hinten unten intensive Dämpfung mit lautem Bronchialatmen, 
6 Uhr abends Lungenödem. Aderlaß 300 ccm mit Digaleninjektion (3 ccm). Deut- 
licher Erfolg, vorübergehende Besserung der Dyspnoe, Leukocytenzahl 13 500 
unter rapidem Verfall 9 Uhr Exitus. 


Sektion: Rechte Mittel- und Unterlappen im Stadium der grauen Hepatisa- 
tion, starr infiltriert, im linken Unterlappen rote Hepatisation, sonst kein beson- 
derer Befund, Nieren leicht trüb geschwellt, Milz nicht vergrößert. 


272 . Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


Darum EFA EEE ae 





120 39 


1710 38 


7100 J7 


Fall II. Schw., Wolfgang, 51 Jahre, Fabrikarbeiter. 

30. XII. 1915. Anamnese: Vater lungenkrank, Mutter litt an Struma. Pat. 
selbst hat über 30 Jahre eine starke Halsstruma. 

Seit 8 Tagen klagt Pat. über Schmerzen auf der Brust und kommt deshalb 
zur Klinik. Appetit gut, Stuhi geregelt. 

Status: Pat. ist von mittlerer Körpergröße, mäßig kräftiger Körperbau, 
Haut und Schleimhäute blaß, starke Struma am Hals, Halsumfang 47'/, cm. 
Brustkorb gut gewölbt. Genügende Ausdehnungsfähigkeit; Klopfschall überall 
sonor. Atmung vesikulär. Über der Lunge diffus geringes Brummen und Giemen. 
Auswurf ganz gering. Herzgrenze normal, Herztöne rein, keine Tachykardie, 
Puls regelmäßig, mittelkräftig, nicht beschleunigt, Temperatur nicht erhöht. 
Blutdruck 180 : 110 Wasser. Digestions- und Nervenapparat ohne Befund. Urin: 
ohne Eiweiß und Zucker. 

5.1. 1916. Röntgenaufnahme des Herzens und der Lunge ohne Besonder- 
heit, die Struma reicht in einem kleinen Lappen substernal. 

12.1. Nachdem die Bronchitis fast vollkommen abgeheilt, tritt heute 
mittag plötzlich ein heftiger Schüttelfrost auf mit stärkerem Temperaturanstieg. 
Pat. klagt über heftige Schmerzen in der linken Seite und Halsschmerzen. Links 
hinten unten Klopfschall etwas kürzer wie rechts hinten unten, man hört deutlich 
an einer Stelle, dem Ohre fernklingend, bronchiales Atmen. Im Blut 18 000 Leuko- 
cyten, kein Auswurf. Diagnose: Pneumonie. Ordination: 6mal 0,25 Optochin. 

13.1. Pat. macht einen schwerkranken Eindruck. Die Atmung ist leicht 
dyspnoisch, links hinten unten heute eine kompakte Dämpfung mit lautem Bron- 
chialatmen zu hören, kein Auswurf, im Blut 29 200 Leukocyten. 

14.1. Diese Nacht fiel die Temperatur unter sehr starkem Schweißausbruch 
ab, um aber dann wieder anzusteigen. Die Pulsfrequenz nimmt sehr zu, links 
hinten unten Lungenbefund unverändert, heute auch über dem linken Oberlappen 
Schallabschwächung und Bronchialatmen. Bei der Abendvisite gibt Pat. unter 
großer Bestürzung und sehr ängstlich an, er sei blind geworden, es sei ganz dunkel 
vor seinen Augen. Das Licht einer vor seinem Auge angesteckten hellen elektri- 
schen Lampe erkennt er nicht. Kein Unterscheidungsvermögen zwischen hell 
und dunkel. Pupillen maximal erweitert, ohne Lichtreaktion. Keine Reaktion 
auf Akkomodation, Augenhintergrund: deutlich verengte Arterien, sonst ohne 
Besonderheiten. Im Blut 21500 Leukocyten. Die Blutkultur ergibt gram- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 273 


positive Doppelkokken, eine geimpfte Maus geht im Laufe von 24 Stunden 
zugrunde, im Herzblut massenhaft Pneumokokken. Optochin wird abgesetzt. 

15.1. Unter sehr starkem Schweißausbruch (Pat. ist buchstäblich in 
Schweiß gebadet) wieder Abfall der Temperatur und Puls, im Blut 22 000 Leuko- 
cyten. Das Infiltrat auf der linken Lunge unverändert, noch immer lautes Bron- 
chialatmen über der ganzen linken Lunge. Besserung des Sehvermögens. Pat. 
hat einen ganz geringen Lichtschein vor den Augen, er will jedoch noch nicht sicher 
unterscheiden können, ob es Tag oder Nacht ist. 

16.1. Wieder Temperaturanstieg, rechts unterhalb des Schulterblattes 
deutliche Dämpfung mit feuchten Rasselgeräuschen; reichlich rostfarbener Aus- 
wurf. Pat. kann hell und dunkel unterscheiden. | 

17.1. Pat. erkennt heute den Schimmer des weißen Mantels des Arztes bei 
der Visite, kann jedoch deutlich noch nichts Sicheres unterscheiden, die Pupillen 
reagieren auf Lichteinfall und sind weniger stark erweitert. 

20.1. Ausgedehnte Rasselgeräusche über der ganzen linken Lunge, lautes 
Bronchialatmen unterhalb der Scapula, rechts im Bereich des rechten Mittellappens. 
Im Blut 11500 Leukocyten. Die Pupillen sind noch erweitert, reagieren auf 
Lichteinfall; Pat. kann Gegenstände deutlich unterscheiden, jedoch nicht sicher 
sehen. Es zeigt sich eine deutliche Gesichtsfeldeinschränkung. 

21.1. Exitus unter zunehmender Herzschwäche. 

Sektion: Auf der ganzen linken Lunge findet sich eine sehr ausgedehnte 
Infiltration. Die ganze linke Lunge starr grau hepatisiert. Graue Hepatisation 
des rechten Mittellappens. Die übrige Lunge lufthaltig. Es besteht eine link- 
seitige Pleuritis fibrinosa. Große Kolloidstruma. Cor. ohne Befund, Aorta glatt, 
Milz nicht vergrößert, Nieren leicht getrübt (Prosektor Dr. A. Frank). 





: 


| AN 
l 
ER I To 
TH RTT, 
' `~ ` = 
9 N x ~ N 
Q S 
9 


Schuttelfrost +, Leucocyten *L°’ 

In beiden Fällen traten schon am Ende des 2. Tages die be- 
kannten Komplikationen (Seh- und Hörstörungen) auf, und gleich 
nach dieser offensichtlichen Optochinwirkung fiel auch die Tem- 
peratur mit starkem Schweißausbruch ab, in dem einen Fall kurz, 
in dem anderen für längere Stunden. Was die Sehstörungen angeht, 
so sahen wir nur im obigen Falle eine totale Amaurose, die von kurzer 
Dauer war, aber einen sehr niederschmetternden Eindruck auf den 
Pat. ausübte. In einem anderen Falle, den wir ebenfalls von Beginn 


16** 










274 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


der Erkrankung an mit Optochin behandelt, trat am 2. Tage eine 
starke Amblyopie mit maximaler Erweiterung der Pupillen, starker 
Gesichtsfeldeinschränkung und starken Sehstörungen auf. Die spezial- 
ärztliche Augenuntersuchung (Prof. Pröbsting) ergab: 

Pupillen beiderseits normal, jedoch sind die Arterien weit enger 
wie in der Norm; schätzungsweise etwa !/, so breit wie die Venen, 
rechts weiter wie links, dort Arterie 1/, so weit wie die Venen, Pu- 
pillen beiderseits maximal weit, ohne Reaktion auf Licht. Eine Spur 
Reaktion auf Akkomodation. Rechtes Auge beim Blick nach oben 
etwas tiefer wie das linke. 

Die Sehstörung ging im Laufe von einigen Tagen zurück, doch 
war das Sehvermögen noch nach 14 Tagen nicht voll normal, die Pu- 
pillen waren noch etwas erweitert, aber reaktionsfähig. 

Die Vermutung Morgenroth’s, daß gerade bei Pat., die in den 
späteren Tagen mit Optochin behandelt werden, wegen der größeren 
Empfindlichkeit des Sehvermögens Sehstörungen eintreten, trifft nicht 
zu; das Gegenteil ist der Fall, die schwersten Störungen traten bei 
den Pat. auf, die wir von Anfang an behandelt hatten? und bei diesen 
auffallend schnell. Bei anderen Fällen, die wir vom 3. Tage ab be- 
handelten, trat keine stärkere Sehstörung auf. Gerade im Beginn der 
Erkrankung wirken manchmal selbst kleinere Dosen toxisch. War- 
burg berichtet von einem Falle, bei dem bei einer Ordination von 
 2stündlich 0,2 Optochin im Laufe eines Tages eine totale Amaurose 
auftrat, die erst nach 4 Wochen sich zu bessern begann. 

Die für die Diagnostik wichtige Hyperleukocytose wird, wie wir 
an vielen Fällen beobachteten, durch Optochin nicht beeinflußt. Eine 
von der gewöhnlichen Beobachtung bei Pneumonie abweichende 
Nierenkomplikation sahen wir nicht. 

Zum Schluß haben wir noch die Resultate der Optochinbehand- 
lung zu besprechen. 

Ein objektiver Vergleich könnte durch die Mertalitätsverhältnisse 
bei und ohne Anwendung des Mittels gewonnen werden, jedoch ist 
eine solche Statistik sehr mit Vorsicht zu verwenden. Bei den Autoren, 
die nur Soldaten zu behandeln hatten, mag der Vergleich von einiger 
Bedeutung sein, doch auch hier sind noch andere Gesichtspunkte in 
Betracht zu ziehen. Naturgemäß werden mit Optochin die frühzeitig 
in geordnete Krankenhausbehandlung kommenden Pat. behandelt, 
verspätete und verschleppte, die vielleicht vorher in ungünstigen 
Verhältnissen untergebracht waren und an und für sich eine schlechtere 
Prognose geben, fallen der Gegenseite zur Last. Unter diesen Um- 
ständen ist ein geringer Unterschied von 12,3% Mortalität der Optochin- 
fälle und 17,2% der ohne Optochin behandelten, die Hesse beob- 
achtete, ohne große Bedeutung. Noch ungünstiger wird das Verhält- 


3 Dieselbe Beobachtung machte Hess. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 275 


nis, wenn man in einem allgemeinen Krankenhaus eine Mortalitäts- 
statistik aufstellt. 

Von unseren 40 mit Optochin behandelten Fällen starben 10 =25 %, 
von den 40 ohne dasselbe behandelten Fällen ebenfalls 10. 

Also in beiden Versuchsreihen absolut genommen dieselbe Mor- 
talität (25%). 

Wenn wir nun aber die Altersstatistik beider Kategorien be- 


| trachten : 
Tabelle 3. 


Altersstatistik der Fälle mit und ohne Optochin. 


Alter | Mit Optochin | Ohne Optochin 


— 


unter 30 Jahren | 23 Fälle 15 Fälle 
30—40 Jahre 4 y 6 „ 
40—50 ” 7 „ | 8 ”„ 
50—60 ” 6 ”„ 7 „ 
60-70 „ — 2 š 
über 70 , — 2 


so ist ohne weiteres klar, daß dann die Wagschale sich mehr der nicht 
spezifisch behandelten Gruppe zuneigt, weil sie, was das Alter angeht, 
die prognostisch ungünstigeren Fälle hatte, zumal 2 Fälle dieser 
Gruppe moribund eingeliefert wurden und 3 in so vorgeschrittener 
Erkrankung ankamen, daß sie innerhalb 24 Stunden starben. 

Überhaupt werden die ganz schweren Fälle, die in benommenem 
Zustand oder in Delirien eingeliefert werden, im allgemeinen nicht 
mit Optochin behandelt und belasten unverhältnismäßig die Mortalität 
der ohne Optochin behandelten Fälle. 


Zusammenfassung. 

l. Bei den weniger schweren Infektionen vermag das Optochin 
den Verlauf der Pneumonie günstig zu beeinflussen. 

2. Einen Einfluß desselben auf den Lungenprozeß als solchen 
übt es nicht aus. 

3. In manchen Fällen, vor allem bei den zu Delirien neigenden 
Kranken, ist die fieberherabsetzende Wirkung des Optochins von 
gutem Einfluß auf die nervösen Erscheinungen. 

‘4. Seh- und Hörstörungen treten bei den frühzeitig behandelten 
Fällen am leichtesten auf. 

ó. Es ist nicht erwiesen, daß das Optochin in der bisher üblichen 
Art der Ordination die Mortalität der Pneumonie wesentlich herab- 
setzt, 

Literatur: 
Beltz, Deutsche med. Wochenschrift 1912. Nr. 1. 
Bieling, Therapie der Gegenwart 1915. Hft. 6. 


276 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


V. Cavara, Klin. Monatsblätter f. Augenheilkunde 1915. Bd. LIV. 

Geronne, Berliner klin. Wochenschrift 1912. Nr. 36. 

Fränkel, Berliner klin. Wochenschrift 1912. Nr. 14. — Therapie der Gegen- 
wart 1915. Hft. 1. 

Hess, Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 45. 

Lenné, Münchener med. Wochenschrift 1913. Nr. 43. 

I. Morgenroth, Berliner klin. Wochenschrift 1912. Nr. 14. 

Mendel, Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 22. 

F. Meyer, Berliner klin. Wochenschrift 1912. Nr. 14. 

Rosenthal, Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 27. 

Vetlesen, Berliner klin. Wochenschrift 1913. Nr. 32. 

Warburg, Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 46. 





Referate. 


1. v. Haberer. Kasuistisches zur Frage therapeutischer Mil- 

erfolge bei Morbus Basedowii. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 1 u. 2.) 

Der Verf. gibt der Überzeugung Ausdruck, daß die Zukunft der Basedow- 
behandlung der kombinierten Verkleinerung der Schilddrüse und Thymus gehört. 
Es muß unsere nächste Aufgabe darin bestehen, daß wir im Einzelfalle die 
Größe des Organes, sei es auch erst intra operationem, mit möglichster Genauig- 
keit feststellen lernen, damit die notwendige Verkleinerung richtig bemessen 
werden kann. 

Die Röntgenbestrahlung des Basedow wird vom Verf. auf Grund seiner jüng- 
sten Beobachtung nicht für berechtigt gehalten. Seifert (Würzburg). 


2. I. Holmgren. Experimentelle Studien über die Einwirkung 
von Schilddrüsenpräparaten und Antithyreoidin auf das 
Wachstum bei jungen Hunden und bei Meerschweinchen. 
(Nord. med. Archiv Abt. Il. 1914/15. Hft. 1 u. 2.) 

Als Hauptresultat der Untersuchung ergibt sich, daß bei gesunden jungen 
Hunden und jungen Meerschweinchen die Fütterung mit Thyreoideatabletten 
keinen nachweisbaren Einfluß auf das Skelettwachstum oder die Ossifikation 
gehabt hat. Jacobaeus (Stockholm). 


3. Fr. Messerli. Le traitement du goitre par la desinfection 
intestinale continue. (Rev. med. de la Suisse romande 1915. Nr. 3.) 
M. hat neuerdings eine Reihe von Kropfigen mit Darmdesinfizienten be- 
handelt und will gute Erfolge erzielt haben. Er gibt täglich mehrmals Thymel 
oder Salol, Benzo-Naphtol, Kreosot in Verbindung mit einem pflanzlichen Ab- 
führmittel und hat nach Verlauf von 5—6 Wochen Verkleinerung des Halsum- 
fanges von 2—4 cm beobachtet. Diese Resultate stimmen mit denjenigen von 
Mc. Garrison überein, der in Indien die gleichen Erfahrungen gemacht habe. 
Beide nehmen als Ursache des Kropfes einen unbekannten Darmparasiten an. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 277 


:. 4 Mulford K. Fisher. The x-ray treatment of exophthalmic 


wi 


goiter. (New York med. journ. 1915. Nr. 10. S. 455.) ` 

Das erste Zeichen des Morbus Basedowii ist die allmähliche Zunahme der 
Schilddrüse, dann folgen Herzsymptome, Dyspnoe, Zittern, Schweiße und all- 
gemeine Schwäche. Der Exophthalmus kommt gewöhnlich spät. Remissionen 
im Verlauf, die mitunter jahrelang dauern, sind auf das Aufhören des Hyper- 
thyreoidismus, auf die Umwandlung des hyperplastischen Kropfes in einen ein- 
fachen oder kolloiden Kropf zurückzuführen. Diese Umwandlung kann aber 
auch künstlich, durch Anwendung der Röntgenstrahlen, herbeigeführt werden. 
F. hat eine Reihe von 23 Fällen derart behandelt und sehr zufriedenstellende 
Resultate erzielt; einzelne wurden nach wenigen Sitzungen gebessert, andere 
brauchten 12—20 Sitzungen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


5 W. Weiland. Gesichtspunkte zur Behandlung des Morbus 
Basedowii. (Therapie der Gegenwart 1915. Nr. 5.) 
Verf. gibt einen kurzen Abriß über die neueren Gesichtspunkte bei der Be- 


z handlung des Morbus Basedowii. 


Was die medikamentöse Therapie anlangt, so empfiehlt er besonders das 


Natrium phosphoricum in Mengen von 3—4 g täglich in 10% iger Lösung. Er 


.. begründet diese Verordnung mit dem von A. Kocher behaupteten Antagonismus 
z- Tischen Jod und Phosphor derart, daß durch P-Zufuhr der verminderte J-Gehalt 


~ er Basedowstruma gesteigert werden kann. 


Bei nervösen Herzstörungen sah er vom Calcium lacticum in Mengen von 


3 34g pro die einige schöne Erfolge. Digitalis ist erst bei Insuffizienzerscheinungen 


ds motorisch überanstrengten Herzens zu geben. In der Diäto- und Elektro- 


. therapie des Leidens gibt Verf. die bekannten Vorschriften. Von der Röntgen- 
- behandlung verspricht sich Verf. große Erfolge. Nach ihm kann man alle Fälle 


ausnahmslos mit Röntgenstrahlen behandeln. Das an der Klinik übliche Ver- 


„ fahren ist folgendes: Er verwendet harte Strahlen, wie sie erzeugt werden bei 
> Röhren, die mit 3'/, Milliampere und 8—9—10 Heinz Bauer laufen; er filtert 
- durch 3 mm Aluminium und bestrahlt drei Felder des Halses mit variabler Seiten- 
: länge der Quadrate je nach dem Strumaumfang. Als Maximaldose nimmt er 


auf jedes Feld 16 X, gemessen nach der Tabelle von Hans Meyer mit den Ta- 


~ DettenvonSabouraud und Noire. Gewöhnlich appliziert er diese Dose auf jedes 


Feldin zwei Sitzungen, unter Umständen mit einigen Tagen Zwischenraum, selten 
die ganze Dose bei der ersten Bestrahlung auf einmal. In letzter Zeit nimmt er 
stets halbe Dosen, denn auch ihm sind Reizerscheinungen bei Anwendung großer 
Dosen, auf die neuerdings Kienhöck aufmerksam macht, begegnet, die man 


„lieber vermeidet. 


Erst wenn alle internen Mittel und die Röntgenbehandlung erschöpft sind, 
dann erst hat ein chirurgischer Eingriff zu erfolgen. Bei der Röntgenbehandlung 
sollen wenigstens 2—4 Monate vergehen, ehe man den Versuch als aussichtslos 
aufgibt. Während dieser Zeit bestrahlt Verf. in anfänglich 14tägigen Intervallen 
mit halben, später in 4wöchigen Zwischenräumen mit ganzen Dosen. Spätwir- 
kungen können eben auch bei der Röntgentherapie eintreten. 

J- Ruppert (Bad Salzuflen), 


278 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


6. K. Merhaut. Operative Resultate beim Morbus Basedowii. 

(5, Kongreß tschechischer Naturforscher u. Ärzte 1914.) 

Von 61 operierten Hyperthyreosen wurden 30 kontrolliert; von diesen sind 
vollkommen gesund 14 = 40%, gebessert 7 = 20%, unverändert 2 = 5,7°;, (von 
diesen starb 1 Fall nach 5 Monaten), tot 2 = 5,7%, Rezidive 5 = 14,3°,, von 
denen 3 zum zweitenmal operiert wurden. — Die konservative Behandlung vermag 
einzelne Fälle zur Besserung und Heilung zu bringen, aber die Mortalität ist bei 
der internen Therapie sehr hoch. Die operative Therapie weist einen größeren 
Prozentsatz von Besserungen, speziell von Heilungen auf und einen kleineren 
Prozentsatz von Mißerfolgen, speziell von Todesfällen; die Besserung tritt bei 
operativer Behandlung rascher ein als bei interner. Die Ursache der Mißerfoige 
der operativen Therapie liegt teils in zufälligen Komplikationen, teils in unge- 
nügender Entfernung des Schilddrüsenparenchyms, teils darin, daß der Fall zur 
Operation ungeeignet war. Akute und subakute Fälle sind von der Operation 
prinzipiell auszuschließen; bei chronischen Fällen hängt der Erfolg von der Dauer 
der Krankheit und von der Operationsmethode ab. G. Mühlstein (Prag). 


7. Bruno Glaserfeld. Die Erfolge der operativen Behandlung 
des Morbus Basedow. (Mitteil. a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. 
Chirurgie Bd. XXVIII. Hft. 1. S. 92—140. 1914.) 

Der Gegenstand wird unter umfassender Berücksichtigung der Literatur be- 
handelt. Besprechung der operativen Technik, Mortalität, des Thymustodes 
und Statistik der Operationsresultate. Verf. kommt zu dem Schluß, daß nicht 
allzu schwere Fälle, deren Nervensystem nicht zu sehr in Mitleidenschaft gc- 
zogen ist, erfolgreich operiert werden können und daß die Rezidive relativ gering 
sind. Die Mortalität ist bei leichten Fällen gleich Null und steigt mit der Schwere 
des Falles auf höchstens 5,496. In vier Fünftel aller Fälle erfolgt Heilung oder 
wesentliche Besserung. Geringe Besserung, Mißerfolge und Rezidive ergeben 
zusammen nur 18,16%,. Tremor und Tachykardie werden in mindestens vier 
Fünftel aller Fälle dauernd beseitigt. Hautsymptome werden meist günstig 
beeinflußt. Psychosen, Diarrhöen und Amenorrhöe verschwinden meistens nach 
der Operation. Der Exophthalmus geht aber nur in 53,2%, der Fälle vollkommen 
zurück. Schließlich bespricht Verf. die Indikationen und berichtet über eine Um- 
frage, die er an die Internen bezüglich ihres Urteiles über das chirurgische Ver- 
fahren richtete. Die Anschauungen der inneren Ärzte sind zu widersprechend, 
um von dieser Seite eine Entscheidung zu gestatten. In einem zweiten Teil der 
Arbeit bespricht Verf. die Thymus- und Sympathicusoperationen und deren Re- 
sultate, die Indikationsstellung und die Operationen an anderen Organen zur 
Heilung des Morbus Basedow. Robert Lewin (Berlin). 


8. H. Brünger (Jena). Über Operationstod bei Thyreoiditis 
chronica. Gleichzeitig ein Beitrag zu den Beziehungen 
zwischen Basedow’scher Erkrankung und Thyreoiditis. (Mit- 
teil. a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. Chirurgie Bd. XXVIII. Hit. 2. 
S. 213—242. 1914.) 

Die Arbeit bringt zunächst die ausführliche Darstellung zweier einschlägiger 

Fälle. In dem einen Falle handelte es sich um einen klinisch abgeheilten Basedow. 

Die Schilddrüse bot außer Spuren der für Basedow typischen Veränderungen das 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 279 


Bild einer alten, fast diffusen chronischen Entzündung, die zur cirrhotischen 
" Schrumpfung führte. Das Krankheitsbild zeigte auch noch die nicht seltene Kom- 
bination des Basedow mit Status Iymphaticus. Der zweite Fall einer 35jährigen 
_ Frau kam wegen basedowartiger Beschwerden zur Operation, während der Pat. 
“starb. Auch hier fanden sich in der Schilddrüse die Zeichen einer chronischen Ent- 
Zündung., Beide Fälle sind pathologisch-anatomisch als Thyreoiditis anzusprechen. 

Im letzteren Falle bestand statt des Status Iymphaticus ein Status thymicus mit 
_ Tiymuspersistenz. Die pathologischen Befunde am Herzen werden mit der Thy- 
tenditis in Zusammenhang gebracht. 

Was nun die Beziehungen des Basedow zur Thyreoiditis betrifft, so kommt 
Vert. nach gründlicher Durchsprechung der pathologischen Bilder zu der Anschau- 
ung, daß die histologischen Veränderungen der Schilddrüse bei der Basedow’schen 
Krankheit durchaus entzündlicher Natur sind. In der Kombination von Basedow 
‘ und Thyreoiditis muß man sonach mehr als ein zufälliges Zusammentreffen er- 
Blicken, wenn auch nicht in allen Fällen die entzündlichen Erscheinungen besonders 
auffallen. In diesem Sinne möchte Verf. den Morbus Basedow in Analogie setzen 
Zum Morbus Brightii, denn auch klinisch kann man häufig die Basedow’sche 
Krankheit als eine Art chronischer Entzündung der Schilddrüse ansehen. 

Robert Lewin (Berlin). 


B.L R, v. Korezynski. Beiträge zur Klinik infantiler Hypo- 
thyreose, (Med. Klinik 1915. Nr.31 u. 32. S. 888.) 

=. Verf. gibt die Krankengeschichte eines Falles von infantiler Hypothyreose 
 keieinem 15 Jahre alten Mädchen, dessen Vater an Syphilis gelitten hatte und bei 
en der Wassermann positiv ausfiel. Es gelang durch eine kombinierte Kur 
n Quecksilber und Salvarsan und Thyreoidin eine ganz erhebliche Besserung 
“vorzurufen. Die Besserung zeigte sich in einem rascheren Wachstum, größerer 
sestiger Regsamkeit, Zunahme der Intelligenz und Zunahme der roten Blutkör- 
Perchen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


i 10. Kraus, Rosenbusch und Maggio. Kropf, Kretinismus und die 
Krankheit von Chagas. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 
PA Chagas aufgestellte klinische Differenzierung einer chronischen 
ns von dem endemischen Kropf und Kretinismus ist fast unmöglich. Es 
ankungen der Provinz Salta zweifellos dieselben chronischen Formen von Er- 
il ne wiesie Chagas in den Minas Geraes beschreibt, vor, diese Krankheits- 
Gegenden Ka sach Beschreibung von Chagas überein. Es gibt in Argentinien 
ih Ken infizierten Wanzen (Schizotryponosoma Cruzi), in welchen Kropf 
tankheit mus endemisch vorkommt, ohne daß es bisher gelungen wäre, diescs 
sbild als eine chronische Form der Trypanose nach Chagas zu erklären. 

Seifert (Würzburg.) 


(2 


= Be 
2 Oswald (Zürich). Zur Theorie der Schilddrüsenfunktion und 


d 
ne 1 ogenen Erkrankungen. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. 


Das 
t: hon yreoglobulin ist eine exquisit Nerventonus erhöhende Substanz; 
e Ansprechbarkeit der vegetativen wie des animalen Nervensystems. 
Reckzeh (Berlin). 


280 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


12. M. Pesina. Kongenitales Myxödem. (5. Kongreß tschechischer 
Naturforscher u. Ärzte 1914.) 


Ein gegenwärtig 3'/, Jahre alter Knabe steht seit 3 Jahren in klinischer Be- 
handlung. Gegen Thyreoidin bestand eine ausgesprochene Intoleranz (Diarrhöen, 
stürmische Herzaktion). Deswegen kombinierte der Autor die Therapie mit 
Hypophyse und gab dem Kind kleine, mit Arsen versetzte Dosen von Thyreoidir 
und Tabletten aus Hypophyse. Binnen 2 Monaten bekam das Kind 72 Thyreoidin- 
und 886 Hypophysistabletten. Diese Therapie wurde vorzüglich vertragen und 
täglich ohne Unterbrechung fortgesetzt. Der Erfolg war überraschend: trotzdem 
das Gewicht rapid abnahm (3 kg in einem Monat), war das Kind sehr agil; als 
das Gewicht wieder stieg, war der therapeutische Effekt sowohl in motorischer, 
als auch besonders in psychischer Hinsicht ein offenkundiger: das Kind ist lebhaft, 
spricht einfache Worte, die Ödeme sind verschwunden, die Haut ist weich, hat 
sich an den Handflächen und Fußsohlen geschält, das Haar ist schmiegsam und 
glänzend, die Zunge flach und kleiner geworden. Das Radiogramm beweist Fort- 
schritte in der Ossifikation. Die Körperlänge hat um 3 cm zugenommen. 

G. Mühlstein (Prag). 


13. J. Th. Peters. Ein Fall von Hypopinealismus. (Nederl. Tijdschr. 

v. Geneesk. 1915. I. S. 1189—93.) 

Knabe im Alter von 4!/, Jahren, Körperlänge 1,22 m, Körpergewicht 29 kg. 
aus gesunder Familie, mit männlicher Stimme, beginnendem Bartwuchs und 
Macrogenitosomia praecox. Oberarme kurz, Unterarme normal, Muskelkraft be- 
sonders entwickelt; Thymus nichts Besonderes. Hämorrhagische Nephritis ohn: 
Ödeme; Lymphdrüsenabszeß unterhalb des linken Unterkiefers seit 3 Wochen: 
nach Entleerung des Streptokokkeneiters Besserung der Nephritis. Geringe 
Drüsenschwellungen in Achseln und Leistengrube.. Wassermann und Pirque! 
negativ. Mit Ausnahme geringer Ataxie keine Hirnerscheinungen. Das Körper- 
wachstum war seit 3 Monaten besonders auffällig. Die differentielle Diagnost 
gegenüber Chondrodystrophie s. Achondroplasie und Akromegalie wird behandelt. 

Zeehuisen (Utrecht). 


14. Walther E. Dandy. Exstirpation of the pineal body. (Journ. 
of exp. med. 22. 1915. S. 237.) 


Nach Exstirpation der Glandula pinealis bei jungen Hunden konnte Ver. 
weder eine gesteigerte Sexualität noch Abmagerung oder Fettleibigkeit kon- 
statieren; auch war keine Veränderung im Ablauf der geistigen Funktionen zu er- 
kennen. Danach finden also die Beobachtungen am Menschen, welche der Glandul: 
pinealis eine wichtige aktive endokrine Funktion zuschreiben, im Experimen! 
keine Stütze. Bei Tieren scheint die Drüse ohne Bedeutung für die wichtigere: 
Lebensprozesse zu sein. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


15. R. Fitz (Boston). A case of diabetes insipidus. (Arch. of interna: 
med. 1914. November.) 

F. ventiliert die drei verschiedenen Theorien über die Entstehung des Dia- 
betes insipidus und die Therapie, die stets Syphilis berücksichtigen, sonst aber 
immer individuell sein soll je nach der Ausscheidungskapazität der Nieren unč 
unter Vermeidung der die Polyurie steigernden Substanzen. Er berichtet übt! 
eine Beobachtung bei einem 12jährigen Knaben; die Nierenfunktion war normal, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 281 


nur schien eine vaskuläre Hyposthenurie vorzuliegen mit gegen Chloridreizung 
überempfindlichen Gefäßen; kleine Mengen Salz und andere diuretische Substanzen 
waren inaktiv. Die Konzentrationsfähigkeit der Nieren war nicht ganz aufge- 
hoben. Variationen in der Diät brachten starken Wechsel in den objektiven und 
subjektiven Symptomen zuwege; Lumbalpunktion, ein interkurrentes Fieber bei 
Tonsillitis und antiluetische Behandlung waren ohne sichtbaren Einfluß. 

F. Reiche (Hamburg). 


16. F. Kleeblatt. Diabetes insipidus nach Schädelverletzung. (Med. 

Klinik 1915. Nr. 34. S. 915.) 

Bei einem bis dahin körperlich und geistig gesunden Menschen waren nach 
einer schweren Schädelverletzung (Impression des Stirnbeins und Schädelbasis- 
bruch, Commotio cerebri) am 3. Tage nach der Verletzung großer Durst und 
stark vermehrte Urinmengen aufgetreten, die dauernd bestehen blieben. Bei der 
ersten Aufnahme fand sich psychisch nichts Abnormes. Bei der zweiten 
Aufnahme jedoch war der Pat. sehr leicht aufgeregt, zitterte leicht und neigte 
zu haltlosem Weinen. Auch intellektuell erschien er minder leistungsfähig wie 
früher. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es sich hier um 
einen fortschreitenden Hirnprozeß handelt, womit die Prognose des ganzen Falles 
und damit des Diabetes insipidus als sehr zweifelhaft erscheint. Therapeutisch 
ist bis jetzt bei dem Pat. nichts erreicht. Auch Hypophysenpräparate blieben 
ohne Wirkung. Er bevorzugt instinktiv eine reizlose Kost, da er dann weniger 
Durst hat. Eine Schädeloperation, die infolge der Verletzung der motorischen 
Zone in Betracht käme, wäre immerhin von sehr zweifelhafter Aussicht. Die 
Röntgenphotographie ergab nichts Bestimmtes, was zu einer Lokalisation der 
Hirnsymptome hingewiesen hätte, vor allem war die Hypophysengegend ganz 
intakt. Die Niere war auch bei stärkster Flüssigkeitseinschränkung nicht imstande, 
einen normal konzentrierten Urin zu liefern, die Salzausscheidung ging aber trotz- 
dem unter starker Heranziehung des Blutwassers weiter vor sich, infolgedessen 
trat eine starke Bluteindickung, sowohl was die morphologischen Bestandteile 
als auch den Eiweißgehalt betrifft,ein. Der Durstversuch scheint dafür zu sprechen, 
daß es sich hier um eine primäre Polyurie handelt. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


17, H. v. Meyenburg. Diabetes insipidus und Hypophyse. (Beiträge 

Z. path. Anatomie u. z. allg. Pathologie 1916. Bd. LXI. Hft. 3.) 

Dem hypophysären Diabetes insipidus liegt nicht eine Hyper- oder eine Hypo- 
-unktion des einen oder des anderen Hypophysenanteiles zugrunde, sondern eine 
Dysfunktion der ganzen Drüse, die darauf beruht, daß durch Erkrankung eines 
der beiden Teile das Zusammenwirken beider gestört und somit die Funktion der 
ganzen Drüse beeinträchtigt wird. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


18. J.M. Anders and H. Leon Jameson. The relation of glycosuria 
to pituitary disease and the report of a case with statistics. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1914. S. 323. September.) 

Verf. beschreibt einen Fall von Hypophysentumor kompliziert mit Basedow. 
Eine 46jährige Köchin kam wegen einer durch einen Fischknochen verursachten 
Handverletzung ins Spital. An die Verletzung schloß sich eine progrediente bis 
zum Tode andauernde Nekrose an. Nebst der Verletzung zeigte die Pat. folgenden 


282 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


Symptomenkomplex: Polydipsie, Polyurie, Giykosurie, Bulimie, Akromegalie, 
welch letztere vor 4 Jahren eingesetzt hatte. Die radiologische Untersuchung 
ergab einen Hypophysentumor mit Zerstörung der Proc. clinoides; das Basedow- 
sche Syndrom war das gewöhnliche: Vergrößerung der Schilddrüse, Tachykardie, 
Exophthalmus und Tremor. Autopsie nicht gestattet. Der Zusammenhang 
zwischen Hypophysen- und Schilddrüsenerkrankung ist unklar. Verf. wendet 
sich gegen die Behauptung von Kollaritz, daß pituitäre Glykosurie immer mit 
Akromegalie verbunden sei. Er analysiert 28 neuere Fälle von pituitärer Gly- 
kosurie und findet bei 16 Akromegalie, bei 2 ist das Verhältnis zweifelhaft und bei 
10 Fehlen jeglicher Akromegalie. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


19. Arthur D. Dunn. Pituitary disease; a clinical study of three 
cases. (Amer. journ. of the med. sciences 1914. S. 214. August.) 

Nach einer kurzen Einführung in die Symptomatologie der Hypophysenerkran- 
kungen schildert der Verf. drei eigene Fälle; jedem ist ein Radiogramm der Sella 
turcica beigefügt. Die Röntgenologie spielt in der Diagnosestellung die wichtigste 
Rolle; doch ist die Deutung der Radiogramme oft sehr schwierig. Die Ursache 
der Hypophysenerkrankungen sind Neubildungen, diese verändern die Form der 
Sella. Der Wert guter Röntgenplatten ist sehr groß; Sehstörungen, Migräne, 
epileptische Anfälle, psychische Anomalien, trophische Störungen wie Obesitas, In- 
fantilismus, Impotenz, Gigantismus, Zwergwuchs, menstruelle Störungen ohne 
gynäkologische Veränderung verlangen röntgenologische Untersuchung der Sell: 
turcica. Auch der Diabetes insipidus steht in Verbindung mit Hypophysenerkran- 
kung. Frank geht so weit, jeden Diabetes insipidus auf Hyperfunktion de: 
hinteren Teiles der Hypophyse zurückzuführen, was sich übrigens an operierten 
Tieren erweisen lasse. An solchen ist in den ersten Tagen post operat. Glykosurie 
und später das Gegenteil vermehrte Zuckertoleranz zu beobachten; in gleiche: 
Weise findet man bei Akromegalie im Entwicklungsstadium Glykosurie und später 
das Gegenteil. Zum Schluß gibt Verf. eine schematische Einteilung der Funk- 
ODESIOLUNBEN der Hypophysenerkrankungen und deren Folgen. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


20. Wendell Reber. The medical treatment of pituitary disease. 
(New York med. journ. 1915. Nr. 9. S. 392.) 


Ein 35jähriger Mann mit klassischer bitemporaler Hemianopsie und anderen 
Zeichen des Hyperpituitarismus zeigte skiagraphisch eine Vergrößerung der 
Zirbeldrüse. Zuerst wurde ein Schilddrüsenpräparat ohne nennenswerten Erfolg 
gegeben; hierauf fügte man ein Präparat, hergestellt aus der ganzen Hypophysis, 
bei. Innerhalb 4 Monaten waren die Gesichtsfelder wieder vollkommen normal; 
der Mann blieb hierauf 4 Jahre ohne Medikation. Er kam dann zurück mit einer 
ausgesprochenen Gesichtsfeldeinengung des linken Auges. Jetzt wurde zuerst 
ein Hypophysenpräparat für sich allein gegeben, jedoch ohne Besserung zu erzielen: 
hierauf kombinierte man dieses mit einem Thyreoidinpräparat — innerhalb 
12 Monaten war das Gesichtsfeld für Formen und Farben wieder normal. Da 
die chirurgischen Eingriffe an der Zirbeldrüse bisher noch eine Mortalität von 
11% aufweisen, so soll immer zuerst eine organo-therapeutische Medikation ver- 
sucht werden. Wir werden aber noch lernen müssen zu entscheiden, wann diese 
mono- oder pluriglandulär sein muß. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 283 


21. Walter Max Kraus. Pituitary cerebral adiposity: a new syn- 
drome. (Amer. journ. med. scienc. 1915. Nr. 5.) 

Ein jetzt 31jähriger Mann erlitt in seinem 4. Lebensjahr einen Sturz auf den 
Kopf; er blieb nach dem Unfall 14 Stunden ohne Bewußtsein. Im Alter von 
13 Jahren traten Anfälle von Jackson’scher Epilepsie auf, die per Jahr ungefähr 
3—6mal wiederkehrten und im 25. Lebensjahre wieder gänzlich verschwanden. 
Im Alter von 27 Jahren begann er fettleibig zu werden; jetzt wiegt er 282 Pfund 
und zeigt außerdem folgende Symptome, die man in drei Gruppen teilen kann: 
I) Hypophysiale: Fettsucht, sehr hohe Toleranz gegen Kohlehydrate, Hyper- 
ymnia, plötzliche Anfälle von Schlafsucht und Atrophia genitalis. 2) Hirndruck- 
vmptome: Jackson’sche Epilepsie, Tachykardie, Tachypnoe und 3) unklassier- 
nare: Hypertrichosis, Bromidrosis und Blutveränderungen, 110%, Hämoglobin, 
5,12 Millionen rote Blutkörper. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


22. S. W. Boorstein. Dystrophia adiposogenitalis (Froehlichs 

Syndrom). (Journ. amer. med. assoc. 1914. Bd. LXIII. Nr.2. S. 148.) 

Bericht über einen von dem durch Froehlich 1901 aufgestellten Typus — 
Fettsucht des Rumpfes, Atrophie der Genitalien, Hypotrichose, Fehlen der sexuellen 
Libido bei Veränderungen im hinteren Hypophysenlappen — etwas abweichenden 
Fall, offenbar ein Hypophysen-Geschlechtsdrüsensyndrom, ein »polyglanduläres 
Syndrom« mit Schädigung vorwiegend des Vorderlappens der Hypophyse, worauf 
die kurzen Daumen und verkürzten Großzehen direkt hinweisen. 

Meinhof (Halle a.S.). 


23. Walter Timme. Pituitary disease. (New York med. journ. 1915. 
Oktober 16.) 

Es sei keine Kunst ausgesprochene Fälle der Hypophyseerkrankungen zu 
disgnostizieren, denn deren Symptome seien ja prägnant genug. Es müsse aber 
verlangt werden, daß diese Affektionen auch frühzeitig erkannt werden, auf daß 
die Therapie noch etwas leisten könne. Man hüte sich also, einen jugendlichen 
Pat. nur als schwächlich oder überarbeitet anzusehen, man frage nach Kopfweh, 
Schläfrigkeit, man forsche nach subnormaler Temperatur, Nasenbluten, Mangel 
an Schweiß auch in der heißen Jahreszeit, man sehe danach, ob die Augen und 
Zihne nicht zu nahe beieinander oder zu weit auseinander stehen, wie der Haar- 
wuchs beschaffen sei. Wenn man warte bis die Gesichtsfelder eingeengt seien, 
Sehnervenatrophie drohe, die Akromegalie bereits zu einer ausgesprochenen Dif- 
formität geworden und alle Welt und alle Lehrbücher den Fall für eine Hypophyse- 
erkrankung erklären, dann sei es zu spät und der Pat. jenseits der Grenze, wo 
itm noch Hilfe gebracht werden könne. Also früh diagnostizieren! 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


24. Harwey Cushing und Emil Goetsch. Hibernation and the 
pituitary body. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 25.) 

Die Hypophyse spielt beim Winterschlaf der Tiere eine wichtige Rolle. Sie 
zcigt eigentümliche Veränderungen ihrer Struktur, besonders in der Pars anterior 
und nimmt ganz erheblich an Größe ab, um gleich nach Beendigung des Winter- 
:chlafes wieder ihre normale Beschaffenheit zu gewinnen. Da die Entfernung der 
Hypəphyse bei Hunden und anderen Laboratoriumstieren Erscheinungen her- 


284 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


vorruft, welche in vieler Beziehung denen des Winterschlafes gleichen, so ist der 
Schluß der Autoren berechtigt. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


25. Paul Hussy und J. Wallart. Interstitielle Drüse und Röntgen- 
kastration. (Zeitschrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie 1915. Bd. LXXVII. - 
Hft. 1.) i 


Die Röntgenstrahlen haben eine elektiv zerstörende Wirkung auf den Follike!- 
apparat des Ovariums. Immerhin können einige Primärfollikel der Degeneration 
entgehen und intakt bleiben. 

Die interstitielle Drüse wird nicht nur nicht geschädigt, sondern scheint eter 
zu hypertrophieren. 

Wir haben es daher bei der Radiumbestrahlung der Myome nicht mit einer 
reinen Kastration, d. h. mit Vernichtung des Ovarialparenchyms zu tun. Daras 
könnten sich vielleicht die von verschiedenen Autoren beobachteten weniger 
heftigen Ausfallserscheinungen erklären. 

Im Endometrium finden sich vor allem Gefäßschlingen. Ob dieselben auf 
Kosten der Strahlen zu setzen sind, muß nach den Erfahrungen älterer Autoren 
bei der Operationskastration und nach den Arbeiten Pankow’s u.a. fraglich 
erscheinen. 

Rezidive nach Bestrahlung lassen sich nicht ganz sicher ausschließen, weil 
mit der heutigen Technik bei der gebotenen Vorsicht nicht unbedingt und in jedem 
Falle sicher alle Follikel zerstört werden. Die Rezidive sind als Follikelrezidive 
anzusehen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


26. Donath. Über den Einfluß der Nebennierenexstirpation und 
des d-Suprarenins auf die Blutkonzentration bei Katzen. 
(Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. S. 1.) 

Für die Änderung der Blutkonzentration nach Nebennierenexstirpation, bzw. 
nach abnormer Anreicherung des Blutes mit Nebennierensubstanz kommen wii 
Faktoren in Betracht: Einerseits die Änderungen des Blutdrucks und andererseits 
die wahrscheinlich durch den Tonuszustand ihrer kontraktilen Substanz bedingte 
Permeabilität der Blutgefäße und Kapillaren. Ausfall der Nebennieren erhirt 
letztere, ein dauernder Überschuß an wirksamer Nebennierensubstanz (im Ex- 
periment d-Suprarenin) setzt sie herab. Im ersten Falle kann daher auch bei 
normalem oder erniedrigtem Blutdruck Flüssigkeit aus dem Blut in die Gewib: 
übertreten (Bluteindickung), im letzteren Falle wird der Übertritt von Flüssigktit 
aus dem Blut in die Gewebe erschwert (Blutverdünnung); akute Blutdrucksteige- 
rung (im Experiment durch I-Suprarenin, in manchen Fällen auch durch d;Supra- 
renin) bewirkt sofortigen Übertritt von Blutflüssigkeit in die Gewebe (Eindickunz), 
wofern nicht schon die erwähnte Abdichtung eingetreten ist. 

Bachem (Bonn). 


27. Hoskins und Lovellette. Nebennieren und Pulszahl. (Journ. 

amer. med. assoc. 1914. Bd. LXIII. Nr. 4. S. 316.) 

An 28 Hunden wurden Versuche gemacht mit Injektionen von 3 bis 8 ccm 
Epinephrin (Adrenalin in Lösung 1 : 50000) in die Schenkelvene mittelgroßer 
Hunde unter Äthernarkose. Sorgfältige Beobachtung der rasch vorübergehenden 
Epinephrinwirkung widerlegt die verbreitete Ansicht, daß Pulsverlangsamung 
charakteristisch für sie sei. Es ist vielmehr nicht nur regelmäßige Erhöhung des 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 285 


Biutdruckes, sondern meistens (bei 27 von 38 Ablesungen) auch Pulsbeschleunigung 
zu beobachten. Pulsbeschleunigung also ist eine der Funktionen, mit denen die 
Nebennieren sich anzupassen vermögen. Meinhof (Halle a.S.). 


28. J. Eigart. Einfluß der Nebennieren auf den frühzeitigen Tod 
durch Verbrennung. (Casopis lékaru ceskych 1915. Nr. 24.) 

Bei der Sektion zweier Fälle von Verbrennung fand der Autor eine deutliche 
Ayperämie der Nieren und Nebennieren und Blutungen in das die Nebennieren 
ımgebende Gewebe, in einem Falle auch große Hämatome in den Nebennieren. 
xr Autor hält die Hyperämie der Nebennieren für den primären Faktor, die 
ivperämie der Nieren für eine sekundäre Erscheinung und glaubt, daß die intra- 
:apsulären Hämatome zu einer Kompression des Parenchyms der Nebennieren 
uhrten, worauf die ursprüngliche Hyperfunktion der Nebennieren in eine Insuf- 
:zienz derselben überging; diese Insuffizienz war die Ursache des frühzeitigen 
odes (6 bzw. 24 Stunden nach der Verbrennung); dafür spricht auch der Um- 
tand, daß in dem zweiten Falle nur !/, der Körperoberfläche verbrannt war und 
or dem Tode Krämpfe und Erbrechen auftraten, die als Folge einer Autointoxi- 
ation nach Nebenniereninsuffizienz aufzufassen sind. Eine Bestätigung dieser 
Ivpothese würde das Problem des Todes durch Verbrennung in folgender Weise 
ereinfachen: Die Verbrennung führt durch Hämorrhagien in den Nebennieren 
nd deren Umgebung zur Insuffizienz der Nebennieren, Autointoxikation, Sinken 
es Blutdrucks, Herzlähmung. Therapeutisch empfiehlt der Autor bei schweren 
erbrennungen die Darreichung von Adrenalin. G. Mühlstein (Prag). 


09. Richard Beckmann. Die Lumina in den Zellkomplexen der 
Nebenniere und ihre Genese. (Beiträge z. path. Anatomie u. z. 
allg. Pathologie 1914. Bd. LX. Hft. 1.) 

Verf. teilt einen Befund drüsenartiger Lumina in einer Nebenniere mit. Es 
andelt sich um die Nebenniere eines an Diphtherie gestorbenen Kindes. Es 
tlen bei der mikroskopischen Untersuchung diese Hohlräume bei dem sonst 
akroskopisch intakten Aussehen sofort auf. 

In neun Schnitten, die eine Gesamtdicke von ca. 42 Mikron haben, traten 
utten im Epithel massiv Lücken auf und verschwanden; sie können zum Teil 
en Charakter eines drüsenartigen Lumens annehmen. Das Lumen ist teils leer, 
ls enthält es Reste eines zerwühlten Zellmassivs, Epithelzellen oder Epithel- 
:listücke, gelegentlich auch zackige Schollen, die an albuminoide Ausscheidungen 
enken lassen. Wichtig ist, daß es nirgends gelang, im Innern dieser Spalten 
'zendwelche Bestandteile des Stromas nachzuweisen, es handelt sich also um echte 
ishiräume, die durch ein flüssiges Material in dem Epithelmassiv ausgebreitet 
wurden. 

In einer zweiten Serie von sechs Schnitten, die mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt 
«aren, sah man folgendes: Mitten in einem Epithelmassiv wird durch ein Fluidum 
in Spaltwerk hergestellt. Zunächst konstatierte man zwei kleine ausgewählte 
alten und ein größeres Lumen, die alle drei leer erschienen. Die zwischen ihnen 
stehende Epithelbrücke wird nun zerwühlt und bildet eine Kette von aneinander- 
reihten Epithelzellen, die sich schließlich nur noch in drei anscheinend frei im 
-:men schwebende Epithelzellen zu erkennen geben. Endlich ist im folgenden 
:chnitt das drüsenartige Lumen fertig. Dieser ganze Vorgang hat sich vollzogen 


286 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


in sechs aufeinanderfolgenden Schnitten von 50 Mikron Gesamtbreite. Nirgend: 
trat in diesen Spalträumen ein morphologisches Element aus dem Stroma ein. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


30. Hermann Sternberg. Die Nebenniere bei physiologischer 
(Schwangerschaft-) und artifizieller Hypercholesterinämie. (B:i- 
träge z. path. Anatomie u. z. allg. Pathologie 1914. Bd. LX. Hft. 1.) 

Für die Nebenniere in der Schwangerschaft und bei Cholesterinfütterung ıt 
die auf einer Fettanreicherung beruhende Vergrößerung der Rinde das wesentlich: 
Charakteristikum. Die Lipoidspeicherung erfolgt hauptsächlich in der Fasc- 
culata und verliert in der Reticularis an Intensität. 

Beide Zustände, Schwangerschafts- und Fütterungs-»Hypertrophie«, &:d 
auf die gleiche primäre Ursache, auf die Hypercholesterinämie zurückzuführen. 

Diese Befunde lassen sich nur mit der Annahme einer fettspeichernden Furk- 
tion der Nebennierenrindenzellen in Einklang bringen. 

Ein qualitativer Unterschied zwischen den beiden Zuständen ist nur in c:# 
Hyperplasie der Glomerulosa der Schwangerschaftsnebennierenrinde gegeben, 
während es bei sehr starker Cholesterinfütterung zu dieser morphologischen Rz- 
aktion nicht kommt und nur eine Überladung der Zellen mit Fett zu beò- 
achten ist. 

Die auf eine vermehrte funktionelle Inanspruchnahme (z. B. in der Gravidi:ät) 
mit echter Hyperplasie reagierende Schicht ist die Glomerulosa, die man demn:ch 
mit Keimschicht der Nebennierenrinde ansprechen muß. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdort). 


31. H. Beumer. Ein Beitrag zur Chemie der Lipoidsubstanzer 

in den Nebennieren. (Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXVII. 

S. 305.) 

In den Nebennieren des Hammels und des Ochsen sollen eine Reihe gleich 
artiger Phosphatidgruppen vorkommen. Darunter finden sich zwei Monamic:- 
monophosphatide, Lezithin und Kephalin, wahrscheinlich ein Monamidodiph.:- 
phatid (Cuorin), ein ätherunlösliches Diamidophosphatid, Sphingomyelin, ti: 
äther- und alkohollösliches Diamidomonophosphatid und ein Jekorin. 

In den Ochsennebennieren wurde eine zweite jekorinartige Substanz vir 
besonderem Charakter gefunden. Cholesterin kommt größtenteils frei vor, nur : 
sehr geringen Mengen in Form von Estern. Zwischen dem Cholesteringehalt dt 
Blutserums und dem der Nebennieren bestehen keine direkten Beziehungen. D 
Cholesterinester der Nebennieren können nicht als Quelle der Cholesterinester c:: 
Serums angesehen werden. Die Nebennieren haben die Fähigkeit, subkutan c:r- 
gespritzte Cholesterinester zu speichern; sie sind reich an freien Fettsäuren. 

| Bachem (Bonn). 


32. F. Harbitz (Christiania). Tumors of the sympathetic nervous 
system and the medulla of the adrenal glands, especially 
malignant neuroblastoma. (Arch. of internal med. 1915. August.) 

Zwei Fälle von genuinem malignen Neuroblastom bei Kindern und einer vo: 

Teratom bei einem Neugeborenen, das mikroskopisch ebenfalls ein Neuroblastan 


. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 287 


war. Ineinem vierten Falle wurden bei einem 47jährigen Mann multiple Tumoren 
aufgedeckt: ein Hypernephrom in der einen Niere, ein Cystadenom des Pankreas 
und zwei chromaffine Neoplasmen — Paraganglioma, Struma suprarenalis me- 
dullaris — in der Region einer Nebenniere und in der einen Niere. 

F. Reiche (Hamburg). 


33. D. J. Glomset (des Moines). Malignant sympathicus tumor 
in the right suprarenal. (Arch. of internal med. 1915. März.) 

Ein Fall von Neuroblastoma sympathicum, das bei einem 2jährigen Knaben 
aus der Marksubstanz der rechten Nebenniere seinen Ausgang genommen. Exitus 
erfolgte nach der Operation des bei dem anämischen Kinde zwischen Leber und 
Crista ilei gefühlten Tumors. Metastasenbildung war schon eingetreten. Diese 
malignen Sympathicustumoren sind: bislang fast nur bei ganz kleinen Kindern 
beobachtet worden. F. Reiche (Hamburg). 


ren 





34. W. van Woerkom. Über einige Störungen im Zustandebringen 
einfacher willkürlicher Bewegungen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. 11. S. 1579—89 u. S. 1671—77.) 

I. Die Arbeit enthält Ausführungen über eine Muskelarbeitstörung, bei 
weicher das Vermögen zur Umwandlung des zur Auslösung einfacher aktiver 

Bewegungen vorhandenen Willensimpulses in die richtige Innervationsformel 

vermißt wird. In dieser Weise wird der Verlauf der zwei von Woodworth an- 

gegebenen Phasen, und zwar der Einleitung der Handlung in dem Bewegungsplan 
entsprechender Weise einerseits, derjenigen der Beendigung derselben ohne Stö- 
rung andererseits erheblich gestört. Diese Störung soll indessen nicht als eine 

‚absolute, konstante aufgefaßt werden, indem sie in hohem Maße von den Um- 

` stånden, von der im Zeitpunkt der Handlung vorliegenden psychischen Lage des 

Individuums abhängig ist. Eine ihre adäquate Wirkung zur Auslösung einer 

bestimmten einfachen Handlung nicht erfüllende Muskelgruppe kann bei anderer 

- innervatorischer Konstellation ihrer Funktion leidlich gut nachkommen, wie an 

einigen Pat. mit Chorea minor, Athetose und Gehirnerweichung ausgeführt wird, 

Diese Störung soll nicht mit echter Lähmung und Apraxie verwechselt werden, 

= woselbst die Auslösung der einfachen Bewegungen ungestört ist, ebensowenig 

- mit hysterischen Lähmungen; letztere haben mit der obengenannten Störung 

. den psychischen Faktor gemeinsam. Anatomisch wurden Substrate in den Linsen- 

. kernen und in der Regio subthalamica vorgefunden; unter Umständen scheinen 

- isolierte Linsenkernherde allein diesen Erfolg herbeizuführen, während in anderen 

: Fällen zu gleicher Zeit die Anwesenheit etwaiger Abweichungen in der Rinde der 

vorderen Gehirnpartien, im Nucleus ruber oder im Zerebellum festgestellt werden 

- konnte. 

lI. Nach Sherrington’s Versuchen ist der dynamische Erfolg der aktiven 

- Muskelzusammenziehung in hohem Maße und von Anfang ab von der etwaigen 

tonischen Phase des Muskels abhängig. Bei den genannten Pat. nun besteht eine 

„ Dystonie, ein schon in der Ruhe und bei passiven Bewegungen deutlicher abnormer 

Tonuszustand (Hypo-, Hyper- usw.) der Muskeln. Dieselbe ist zentralen Ur- 

“ sprungs, soll aber nicht mit der Atonie des Tabetikers verwechselt werden, bei 

welcher der Anfang der Bewegung stets ermöglicht ist; ebensowenig mit der 

Hypertonia des Spasmuspatienten, indem bei letzterem die Rigidität einen ganz 


288 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 16. 


anderen Charakter hat. Die statische Funktion steht so sehr im Vordergrund, daß 
Pat. kaum imstande ist, eine dynamische Wirkung zu entwickeln, nicht aber zur 
Superponierung des tonischen Komponents auf die gewonnene Haltung zur Fest- 
haltung des Erreichten. — Bei den betreffenden Pat. waren die Reflexe zwar ge- 
wöhnlich normal, dennoch lehrt die klinische Prüfung, daß auch die Sehnenreflexe 
einen deutlich dystonischen Charakter tragen können. Wiederholte Male wird 
ein spontanes Auftreten bestimmter statischer Funktionen alter phylogenetischer 
Bedeutung wahrgenommen. Die anatomischen Abweichungen können stark aus- 
geprägt sein in denjenigen Gehirnteilen, deren symmetrischer Charakter von 
anderen Forschern in den Vordergrund gezogen wird. 
Zeehuisen (Utrecht). 


35. Erwin Baumann. Beitrag zur rachitischen Muskelerkrankung. 

(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1569.) 

Die paretischen und atrophischen Störungen der Muskulatur bei rachitischex 
Kindern beruhen nicht in einer sekundären Muskelschwäche, wie bisher angenon- 
men wurde, sondern in einer spezifischen primären Muskelerkrankung, welche de: 
Knochenerkrankung parallel geht. Das histologische Bild der rachitischen Muskel- 
fasern zeigt Ablagerung von lipoiden Substanzen in der Muskelfaser, wahrschein- 
lich ist der Prozeß eine regressive Metamorphose. Neben chronischen und sub 
akut verlaufenden Fällen gibt es auch solche, die ziemlich akut beginnen und 
febril verlaufen. Differentialdiagnostisch kommen in Betracht: akute Poly- 
myositis, Polyneuritis, Poliomyelitis anterior acuta, Lähmungen nach Infektions- 
krankheiten, sekundäre Muskelatrophie infolge von Inaktivität und Marasmu:. 
Die Therapie ist dankbar, Phosphoremulsion, keine Kindermehle. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


36. Jos. Koch. Über experimentelle Rachitis. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1914. Nr. 17—19.) 


Der Verf. stellte umfassende Versuche an Hunden an und kommt zu dem Re- 
sultat, daß immer Bakterien (Streptokokkus longus) und Infektionsprozes:, 
keineswegs aber Stoffwechselerkrankungen, die Störung der Ossifikation aufrecht 
erhalten und deren Ausheilung verhindern. Er konnte bei Hunden typische 
rachitische Krankheitsbilder erzielen. Er faßt die eigentlichen rachitischen Ver- 
änderungen, die man auf dem Höhestadium der Erkrankung findet, als das End- 
produkt eines unvollkommenen und vielfach gestörten Regenerationsprozess& 
auf, der sich an der durch die Infektion primär geschädigten Knorpel-Knochen- 
grenze, im angrenzenden Mark und dem übrigen Knochen während des Wachs- 
tums des Tieres abspielt. Bemerkenswert war, daß diejenigen Tiere besonders 
leicht an Rachitis erkrankten, welche durch enge Käfige in ihrer Bewegungsfreiheit 
beschränkt waren. Lohrisch (Chemnitz). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


289 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. „Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





~- Nr. 17. Sonnabend, den 29. April 1916. 








Deutscher Kongreß für innere Medizin 


in Warschau. 


Die Außerordentliche Tagung, die der Deutsche Kongreß für innere 


Medizin am 1. und 2. Mai 1916 in Warschau abhalten wird, soll einen streng 
. vissenschaftlichen und den Kriegsverhältnissen angepaßten Charakter tragen. 


Bei der starken Inanspruchnahme der Quartiere durch die Besatzung 


‚. und durch durchreisende Militärs müssen die Ansprüche auf die Unterkunft 
auf ein bescheidenes Maß eingestellt werden. Voraussichtlich müssen sogar 


Massenquartiere herangezogen werden. 
Dienstlich zur Tagung kommandierte Militärärzte werden einquartiert. 
Für alle übrigen Teilnehmer werden Quartiere gegen angemessenen Satz 
bereitgestellt. 
Die Quartierzettel liegen bei der Ankunft am Bahnhof zum Empfang bereit. 
Nach den Bestimmungen des Generalgouvernements ist die Ankunft in 


i Warschau nicht vor dem 30. April erlaubt. Die Abreise hat bis zum 3. Mai 


abends zu erfolgen. 

Auf den Eisenbahnen des Heimatgebietes findet keine Fahrpreisermäßigung 
‘statt. Für die Bahnen ges besetzten Gebietes sind die Unterhandlungen noch 
im Gange. 

Gegen Einsendung von 10 Mk. (an Prof. Weintraud, Wiesbaden, Post- 


7 seheckkonto 2892 Frankfurt a. M.) werden die Teilnehmerkarten versandt. Im 


Interesse der Quartierbesorgung ist die Einsendung des Teilnehmerbetrages 


.. bis zum 20. April erforderlich. 


Die Einreiseerlaubnis wird den Zivilärzten von der Paßzentrale in Warschau 


_ übermittelt. Den vorschriftsmäßigen Paß müssen sich dieselben bei ihrer 


Kd 


N 


Orts-Polizeibehörde selbst beschaffen. Für Militärärzte in Uniform, wozu 
such die vertragsmäßig angestellten Ärzte gehören, bedarf es nur eines Aus- 
weises ihrer vorgesetzten Dienstbehörde. 


en 


17 


200 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


Inhalt. 


Deutscher Kongreß für innere Medizin in Warschau. 

Referate: 1. Lapinsky, Organerkrankungen im kleinen Becken. — 2. Poynton, 3. Freund, 
4. Kockerbeck, Rheumatismus. — 5. Sachs, Myositis gonorrhoica. — 6. Hauber, Myositis essi. 
ficans traumatica circumscripta. — 7. Strauss, Still’sche oder Mikulicz’sche Krankheit? — 8. Faber, 
9. Simmonds und Moore, 10. Sever, Arthritis. — 11. Axhausen, Arthritis deformans. — 12. Ser- 
smith, Bence-Jones-Eiweißkörper. — 18. Schepelmann, Trauma und akute und chronische 
Knochen- und Gelenkentzündungen. — 14. Hart, Osteogenesis imperfecta. — 15. Nikolai, Fett- 
embolie. 

16. Wolff und Mulzer, Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten zum Gebrauch für 
Studierende und Ärzte. — 17. Blaschko, Welche Aufgaben erwachsen dem Kampf gegen die Ge- 
schlechtskrankheiten aus dem Kriege? — 18. Touton, Geschlechtsleben und Geschlechtskrankkheiten 
in den Heeren, im Kriege und Frieden. — 19. Adrian, Nichtgonorrhoische Urethritis beim Manse. 
— 2. Nordmann, Gonorrhoische Gelenkentzündungen. — 31. Müller und Weiss, Fieberbehani- 
lung gonorrhoischer Komplikationen. — 23. Bruck, Vaccinebehandlung der Gonorrhöe. — 
88. Schmidt, Spezifische Behandlung der Gonorrhöe. — 24. Bernart, Intravenöse Einspritzunge 
bei Gonorrhöe. — 25. Überschwefelsäure und ihre Salze als Antigonorrhoika. — 26. Dufaux, Anti- 
gonorrhoisches Injektionsmittel Choleval. — 27. Clausz, 28. Wolff und Zeeman, 29. Schippees, 
80. Vedder und Borden, 31. Fagliuoli und Fisichella, 32. Fleischmann, Luetin-Noguebi. — 
88. Hennig, 34. Capello, 85. Cole und Eng-Kiu Chiu, 36. Stümpke, 37. Zadek, 38. Grünbaum, 
89. Baeslack, 40. Orkin, 41. Pfeiler und Scheyer, 42. Frühwald, 43. Luithlen, 44. Grulee, 
45. Neisser, 46. Fonss, 47. Stoekes, 48. Wile und Elliott, 49. Marogna, 50. Skillem, 51. Hunt, 
52. Cones, 53. Alexander, 54. Nonne, 55. Engelbreth, 56. Fabry und Selig, 57. v. Szily und 
Friedenthal, 58. Werther, 59. Hoffmann, 60. Lesser, 61. v. Zeissl, 62. Lommen, 63. Bineh, 
64. Grosglik, 65. Finger, Jadassohn, Ehrmann, Gross, Syphilisbehandlung. 

66. Möllers, Kriegsseuchen im Weltkrieg. — 67. Helly, Pathologische und epidemiologische 
Kriegsbeobachtungen. — 68. Bardaeh, Tertiäre Lues nach Typhusschutzimpfung. — 69. Baecher, 
Virulenzsteigerung und Virulenzprüfung. — 70. Grundmann, Kriegserfahrungen über Infektions 
krankheiten. — 71. Aronson, Kriegsseuchen. 





Referate. 


1. Lapinsky. Über Nacken- und Schulterschmerzen und ihre 
Beziehungen zu Affektionen der im kleinen Becken liegenden 
Organe. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LII. Hft.5 u. 6.) 

Verf. fand in allen Fällen von Organerkrankungen im kleinen Becken Ver- 
änderungen der Hautdecken und der Muskulatur des Nackens, welche im 1. Sta- 
dium in Druckschmerz und erhöhtem Dermographismus, im Il. Stadium in Stase 
und Ödem in der Muskulatur und im III. Stadium in Verfärbung und Trockenheit 
der Haut und Muskeldegeneration bestanden. Er erklärt diese Erscheinungen 
durch einen in den sympathischen Bauchgeflechten entstandenen Reiz, welcher, 
auf die oberen Abschnitte des Dorsalmarkes übertragen, hier eine Hemmung der 

Funktion der Vasomotoren des Halses und der Schultern bewirkt, ihren Tonus 

herabsetzt und so in dem entsprechenden Gebiete eine Gefäßerweiterung bedingt. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


2. F. J. Poynton (London). Upon spasmodic symptoms in 

rhumatism. (Lancet 1915. Oktober 9.) 

P. bespricht vasomotorische Erscheinungen bei Kranken, die an rheuma- 
tischen Affektionen leiden oder gelitten haben. Sie sind analog den bei Arthrit:s 
deformans beobachteten. Hierher gehören Migränen, vor allem aber angiospasti- 
sche Phänomene, muskuläre Spasmen und paroxysmale Sensibilitätsstörungen. 
Neuralgien und schließlich Angina pectoris-ähnliche Attacken, die vorwiegend 
Pseudanginen sind. F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 291 


3. E. Freund. Die rheumatischen Erkrankungen im Kriege. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 12.) 

Bei der Beurteilung der aus dem Felde mit der Diagnose »Rheumatismus« 
wrückkehrenden Krieger fällt gegenüber der Friedenspraxis ein weitgehender 
Unterschied auf sowohl in dem quantitativen Anteil der einzelnen Krankheits- 
gruppen als in dem klinischen Bilde des vorherrschenden Krankheitstypus. Das 
Krankheitsbild kann als eine besondere Form des Muskelrheumatismus bezeichnet 
werden, hervorgerufen durch Einwirkung von Nässe und Kälte, charakterisiert 
durch Druckempfindlichkeit ganzer Muskelgruppen, des Periosts und der Gelenke, 
Behinderung der Beweglichkeit, Fehlen von Schwellungen, normale Sensibilität 
der Haut, normale Reflexe, relativ geringe Atrophie. Die Krankheit entsteht 
allmählich, verläuft ungemein schleppend. Besserung durch physiko-therapeu- 
tiche Maßnahmen, lauwarme Bäder, Gymnastik, Faradisation, Massage. 

Seifert (Würzburg). 


4. + C. Kockerbeck. Die Therapie des Rheumatismus und der 
Krieg, mit besonderer Berücksichtigung der manuellen Be- 
handlung. Zweite, erweiterte Auflage. Preis Mk. 1,—. Leipzig, Joh. 
Ambr. Barth, 1915. 

Der Verf., welcher sich selbst als Spezialarzt für gichtische und rheumatische 
Krankheiten bezeichnet, hat es hauptsächlich auf eine Beschreibung und Emp- 
Ichlung der Massagebehandlung abgesehen. Dementsprechend finden sich eine 
richt geringe Anzahl von Abbildungen im Text, welche die einzelnen Handgriffe 
erläutern. Anfechtbar sind in vieler Beziehung die theoretischen Ausführungen 
im ersten Abschnitt. Die irreguläre Gicht kann nach Verf. fast alle Organe be- 
teiligen. »Chronischen Muskelrheumatismus gibt es nicht, die Erkrankung der 
Muskulatur ist eine gichtische, indem sich zahlreiche Depots aus kristallisierter 
Harnsäure in den Muskeln, in den Muskelsepten und in den Fascien bilden.« 
Diese neue Entdeckung hat der Verf. offenbar mit der massierenden Hand ge- 
macht. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


5. Sachs. Über einen durch Arthigon geheilten Fall von Myositis 
gonorrhoica der beiden Musculi sternocleidomastoidei und 
cucullares. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 6.) 

Eine im Verlaufe einer blennorrhoischen Urethral- und Prostatainfektion akut 
auf metastatischem Wege zustande gekommene primäre Myositis wurde durch 
drei jeden 3. Tag verabfolgte intramuskuläre Arthigoninjektionen (0,5—1,0— 
1,5ccm) völlig geheilt, in 8 weiteren Tagen trat eine vollständige Heilung der Ure- 
thritis und Prostatitis ein. Seifert (Würzburg). 


6. Hauber (Amberg). Über Myositis ossificans traumatica circum- 

scripta.. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

Die Krankheitsursache liegt in einem einzigen größeren Trauma oder in mehr- 
maligen Beleidigungen der Muskulatur. Die Prognose der Myositis ossificans 
traumatica ist im allgemeinen eine gute, insofern ein spontaner Rückgang mög- 
lich ist. Reckzeh (Berlin). 


17* 


292 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


7. H. Strauss. Still’sche oder Mikulicz’sche Krankheit? (Med. 
Klinik 1915. Nr. 21. S. 590.) 

In dem vorliegenden Falle lag die Still’sche Trias, nämlich chronische Ge- 
lenkerkrankung, allgemeine Drüsenschwellung und Milztumor, in ausgeprägter 
Form bei einem 59jährigen Pat. vor, derin seiner Jugend an Syphilis gelitten hatte, 
aber zur Zeit der Beobachtung eine negative Wasser mann’sche Reaktion darbet. 
Bei dem betreffenden Pat. bestand ferner leichtes Fieber, und es waren an den 
Fingern sklerodermoide Veränderungen in ähnlicher Weise vorhanden, wie sie 
Still und Pollitzer angegeben haben. Außerdem bestand noch eine hochgradige 
Pharyngitis atrophicans mit Zerklüftung der Tonsillen, sowie eine chronische 
indurative Entzündung beider Parotiden und Submaxillares. Weiter fand sich 
eine Anämie. Die Röntgenuntersuchung ließ keine Veränderungen an den Hand- 
und Fußknochen und an den betreffenden Gelenken erkennen. Eine Kur mit 
Neosalvarsan führte zu keiner nennenswerten Veränderung des Krankheitsbildes. 
Trotzdem meint Verf., daß zwischen Mikulicz’scher Krankheit und Still’schem 
Symptomenkomplex eine gewisse Ähnlichkeit besteht, die eine gemeinschaftliche 
Ursache voraussetzen läßt. Auf solche Erfahrung scheint ihm die Erklärung der 
Entstehung dieser Krankheit die Annahme einer chronischen Infektion am nächsten 
zu liegen. Die 'Koinzidenz von generalisierter Drüsenschwellung und Milztumor 
im Zusammenhange mit Fieberzuständen, sowie der nicht ganz seltene Befund 
von Perikarditis und Pleuritis, läßt sich wenigstens unter einem solchen Gesichts- 
punkt am leichtesten verstehen. Gegen eine solche Auffassung spricht auch nicht 
die Tatsache, daß die bakteriologische Untersuchung des Falles negativ verliet. 
Es scheint dem Verf. am richtigsten, die Fälle von Still’scher Krankheit vorerst 
unter dem Gesichtspunkt einer chronischen Infektionskrankheit zu betrachten, 
bei welcher besonders die Gelenke und das Iymphatische Gewebe beteiligt sind. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


8. Harold Kniest Faber. Experimental arthritis in the rabbit. 
A contribution to the pathologeny of arthritis in rheumatic 
` fever. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 615.) 

Wenn man durch eine vorausgehende Einspritzung einer virulenten Art von 
Streptokokken die Kaninchen »sensibilisiert«, läßt sich durch Einspritzungen von 
Kulturen geringerer Virulenz eine Arthritis erzeugen, welche bei alleiniger Ver- 
wendung der letzteren Art nur nach wiederholten Einspritzungen in die Erschei- 
nung tritt. Verf. macht auf die Analogie mit den rezidivierenden Gelenkent- 
zündungen nach früher überstandener akuter Polyarthritis aufmerksam. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


9. W. E. Simmonds and J. J. Moore (Chicago). The effect of 
continuous electric light in experimental arthritis. (Arch. of 
internal med. 1916. Januar.) 

S. und M. suchten den Nutzen des elektrischen Lichtes bei rheumatischen 
Schmerzen und Gelenkaffektionen dadurch zu illustrieren, daß sie Kaninchen mit 
experimenteller Arthritis der dauernden Bestrahlung aussetzen; die so hervor- 
gerufene Arthritis entstand schwerer und verlief leichter unter dieser Behandlung 
als bei den Kontrolltieren. F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 293 


10. James Warren Sever. Pneumococcic arthritis with report of 
6 cases. (Boston med. surg. journ. 1915. September 5.) 
Krankengeschichten von sechs operierten eitrigen Arthritiden, bei denen als 

Erreger der Pneumokokkus gefunden wurde. Bei drei war kürzlich eine lobäre 

Pneumonie, je einmal eine Bronchopneumonie mit eitriger Otitis media, eine 

Zahnwurzeleiterung und ein kleines Hauttrauma vorausgegangen. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


11, Axhausen (Berlin). Die deformierende Gelenkentzündung 
(Arthritis deformans) im Lichte neuer Forschung. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 

In der Existenz der Knorpelnekrosen ist das Primäre des histologischen 

Prozesses bei der menschlichen Arthritis deformans zu erblicken. 

Reckzeh (Berlin). 


12. George H. Sexsmith. Diagnostic value of Bence- Jones Albumin 
in the early stages of a case of multiple myeloma. (Med. 
record 1915. Oktober 9.) 

Krankengeschichte eines Falles, bei dem das Auftreten von Bence-Jones- 
Eiweißkörpern im Urin die frühzeitige Diagnose von multiplem Myelom, trotz 
Fehlen der sonst typischen Spontanfrakturen am Thorax, ermöglichte. Spontane 
Schmerzen in den Wirbeln, Kreuzbein, Rippen waren vorhanden, ebenso Druck- 
schmerz über diesen Stellen. Außerdem bestand, wie nicht selten beim multiplen 
Myelom, auch in diesem Falle eine chronische Nephritis. Bei der Autopsie fand 
man außerdem degenerative Veränderungen in den Nebennieren, im Pankreas; 
die Knochenveränderungen waren besonders im Sternum und in den Rippen aus- 
geprägt. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


13. EmilSchepelmann. Trauma und akute undchronischeKnochen- 
und Gelenkentzündungen. (Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 587.) 
Verf. gibt in der Arbeit einen Überblick über die Beziehungen zwischen 

Trauma und akuten und chronischen Knochen- und Gelenkentzündungen. Osteo- 

myelitis, der akute und chronische Gelenkrheumatismus, die Arthritis adhaesiva, 

die A, ulceriosicca, sowie die A. deformans werden in ihren Beziehungen zum 

Trauma des näheren untersucht. Ruppert (Bad Salzuflen). 


14. Carl Hart. Über die anatomische Grundlage der Osteopsa- 
thyreosis idiopathica, insbesondere die Osteogenesis imper- 
fecta. (Beiträge z. path. Anatomie u. z. allg. Pathologie 1914. Bd. LIX. 


Hft. 2.) 

Verf. hat einen 12 Jahre alten, geistig vollkommen gesunden, seit etwa 
> Jahren dem Schnapsgenuß ergebenen Knaben mit starker Fettleibigkeit, Gly- 
kosurie, auf deren Boden wohl chronische Furunkulose entstanden war, und 
huchgradige Porosität des Skelettes, insbesondere der Rippen und der Wirbel- 
kurper, zu beobachten Gelegenheit gehabt. Das Fehlen eines ausgeprägten Halses 
und relative Kürze des Rumpfes sind deutlich zu erkennen. Die Atrophie der 
Knochen machte sich schon zu Lebzeiten des Knaben bemerkbar. Während 
sines Krankenhausaufenthaltes sank er immer mehr in sich zusammen, wurde 
iner, hielt sich immer mühsamer aufrecht, bis er schließlich ans Bett gefesselt 


294 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


war. Der Pat. hatte viele asphyktische Anfälle, die dadurch entstanden sein 
dürften, daß die zeitweise durch die Muskulatur wohl nur notdürftig aufrecht 
erhaltene Steifung der erweichten Wirbelsäule nachließ und ein Druck auf die 
Medulla oblongata ausgeübt wurde. 

Aus den Angaben der Literatur ergibt sich, daß immer Schädigungen ali- 
mentärer Natur krankhafte Störungen am Knochensystem hervorbringen können, 
die gelegentlich auch einmal dem Bilde der Osteogenesis imperfecta ähneln können. 
In Verf.s Fall war offenbar der intermediäre Stoffwechsel gestört. Es liegt nicht 
allzufern, das Knochenleiden als ein auf abnormer Konstitution beruhendes auf- 
zufassen, das erst infolge der unzweckmäßigen Lebensweise bzw. der toxischen 
Wirkung des Alkohols zum Ausbruch kam. Das würde auf eine primäre Schwäche 
der knochenbildenden Zellen hinweisen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


15. A. Nikolai. Über Fettembolie. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1914. 
IH. S. 1605—17.) 

40jähriger Arbeiter wurde 24 Stunden nach schwerem Brust- und Bein- 
trauma mit multipeln Knochenbrüchen, benommen und kurzatmig, mit Erhöhung 
der Körpertemperatur und der Pulsfrequenz eingeliefert. Exitus am 3. Tage ohne 
deutliche Todesursache. Bei der Leicheneröffnung wurden zahlreiche kleine Blu- 
tungen in der Haut und in der weißen Hirnsubstanz, multiple Rippenbrüche, 
komplizierte Unterschenkelfraktur, Herzhypertrophie mit parenchymatöser Herz- 
muskeldegeneration vorgefunden neben Lungenödem und geringer Lungenentzün- 
dung. Mikroskopisch Fett in den Lungen und in den Körperkapillaren und 
Arteriolis; die Hirnbefunde waren von anämischen Nekrosen mit hämorrhagischem 
Hof abhängig; Verfettung der Herzmuskulatur. Auch das Lungenödern war von 
der Fettembolie abhängig, wie.näher ausgeführt wurde. Das Foramen ovale 
war geschlossen, so daß die Annahme, nach welcher massige Fettembolie im 
großen Kreislauf an das Geöffnetbleiben desselben gebunden ist, nicht zutrifft. 

Zeehuisen (Utrecht). 





16. + A. Wolff und P. Mulzer. Lehrbuch der Haut- und Ge- 
schlechtskrankheiten zum Gebrauch für Studierende und Ärzte. 

2. Aufl. I. Bd. Geschlechtskrankheiten. 602 S. mit 152 Textabbil- 

dungen und 2 farbigen Tafeln. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1914. 

W.’s kurzes »Lehrbuch der Haut und Geschlechtskrankheiten«, dessen 1. Aufl. 
vor 21 Jahren erschien, ist jetzt in 2. Aufl. unter Mitarbeit von M. zu einem 
zweibändigen Werk geworden. Der vorliegende I. Band behandelt in drei um- 
fangreichen Kapiteln die Geschlechtskrankheiten Gonorrhöe, Ulcus molle und 
Syphilis. Die Beschreibung der verschiedenen Krankheitsbilder entspricht im 
wesentlichen der in der 1. Aufl., während Ätiologie, Therapie und vor allem die 
Diagnose an der Hand der neueren biologischen Untersuchungsmethoden eine 
vollkommen neue Darstellung erfahren haben. Entsprechend den Aufgaben eines 
Lehrbuchs ist nur das wiedergegeben, was wissenschaftlich einwandfrei feststeht, 
therapeutisch erprobt ist und sich praktisch bewährt hat. Das fast vollständig 
neue Kapitel über die syphilitischen Krankheiten des Nervensystems, gewürdigt 
an der Hand der neuesten Forschungsergebnisse, verdient wegen seiner Vollständig- 
keit und Klarheit besonders hervorgehoben zu werden. Erschöpfend ist die 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 295 


moderne Syphilistherapie behandelt, wobei verständlicherweise in dem Abschnitt 
über Salvarsan der besondere Standpunkt der Autoren bei der Bewertung des 
Neosalvarsans betont ist. Die dem I. Band des Werkes beigegebenen Abbildungen 
sind sehr anschaulich. Das Buch kann bestens empfohlen werden. 

Sowade (Halle a. S.). 


17. + Blaschko. Welche Aufgaben erwachsen dem Kampf gegen 
die Geschlechtskrankheiten aus dem Kriege? Nebst einem 
Anhang: Vorschlag einer neuen Organisation des Prostitutions- 
wesens. Von Dr. Sarason. Preis 1 Mk. Leipzig, Ambrosius 
Barth, 1915. 

Der auf dem Gebiet der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten wohl- 
bekannte Verf. faBt die uns während des Krieges erwachsenden Aufgaben auf 
diesem Gebiet in folgenden Forderungen zusammen: Aufklärung der Soldaten 
über die Gefahren der Geschlechtskrankheiten, über die Mittel zu ihrer Verhütung, 
Einschränkung und Überwachung der Privatquartiere, des Abendurlaubs, des 
Alkoholkonsums, Schaffung von Soldatenheimen, Überwachung der Prostitution, 
Bereitstellung von Schutzmitteln, häufige Gesundheitsrevisionen der Mannschaften, 
Behandlung der venerisch Erkrankten, Einstellung beratender Dermatologen, 
dauernde Überwachung der aus dem Lazarett Entlassenen, Verbot der Behand- 
lung Venerischer durch Kurpfuscher. Die nach dem Kriege an uns herantretenden 
Aufgaben auf diesem Gebiet bestehen in Untersuchung aller während des Feld- 
zuges an venerischen Krankheiten Behandelten, serologischer Untersuchung der 
Syphilitiker, Zurückbehaltung der floriden und ansteckungsfähigen Kranken bis 
zur Heilung, Überweisung der übrigen an die Landesversicherungsanstalten bzw. 
Krankenkassen zur weiteren Beobachtung und eventuellen Behandlung, Reform 
der Prostitutionsüberwachung. Die Begründung der Vorschläge des Verf.s ist 
klar und für Ärzte und Nichtmediziner überzeugend. Anhangsweise gibt Sarason 
Vorschläge für eine neue Organisation des Prostitutionswesens, die in folgenden 
Forderungen gipfeln: Jede Großstadt stellt in verschiedenen Gegenden ihres 
Bezirkes unter behördlicher Verwaltung Häuser bereit, die den verschiedenen 
Ansprüchen gemäß ausgestattet sind und ausschließlich zur Ausübung des Ge- 
schlechtsverkehrs jedem offen stehen. Grundbedingung für die Zulassung ist 
ärztliche Untersuchung jedes Besuchers, außerdem Kauf eines Schutzmittels 
und Desinfektion nach dem Koitus durch Angestellte des Hauses. Der Verf. ist 
zich selbst bewußt, daß seine Vorschläge zahlreichen Einwänden begegnen werden. 
Richtig ist jedenfalls seine Forderung, geschlechtskranke Männer vom Sexual- 
verkehr fernzuhalten. Reckzeh (Berlin). 


18. Touton (Wiesbaden). Gseschlechtsileben und Geschlechts- 
krankheiten in den Heeren, im Kriege und Frieden. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 2—4.) 

In den Anstrengungen, Entbehrungen und starken Affekten, welche der 
Krieg mit sich bringt, ist eine der wesentlichsten Hemmungen des Geschlechts- 
ebens zu erblicken, während die Truppen in eroberten Städten ganz besonders 
den Gefahren der Infektion ausgesetzt sind. Verf. bespricht die Entstehung und 
Bedeutung sadistischer und masochistischer Neigungen, die Verbreitung der 
venerischen Krankheiten in unserem Heere und in der Marine im Kriege und im 
Frieden sowie ihre Prophylaxe, bei welcher die Belehrung der Mannschaften, die 


296 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


Schilderung der Gefahren und die Erziehung zur Sauberkeit eine große Rolle 
spielen. Schließlich erfahren die Prophylaxe und Therapie der Geschlechts- 
krankheiten für den Krieg in der Landarmee und die Verbreitung und Prophylaxe 
der Geschlechtskrankheiten in unserer Marine eine eingehende Besprechung. 
Reckzeh (Berlin). 


19. Adrian. Die nicht gonorrhoische Urethritis beim Manne. 
(Sammi. Abh. d. Derm. Bd. Ill. Hft. 7.) 

Verf. gibt in dem Hefte eine erschöpfende Zusammenstellung unserer Kennt- 
nisse von der nichtgonorrhoischen Urethritis, aus der vor allem hervorgeht, wie 
wichtig eine gewissenhafte mikroskopische Untersuchung des Harnröhrensekrtt: 
ist. Eigene Untersuchungen und Beobachtungen werden vom Verf. nicht an- 
gegeben. 

Wer sich mit dem Gegenstande eingehender beschäftigen will, findet am 
Schluß der Arbeit ein ausführliches Verzeichnis der seit dem Jahre 1912 darüber 
erschienenen Literatur als Fortsetzung des Königstein’schen im Handbuch der 
Geschlechtskrankheiten von Finger, Jadassohn, Ehrmann und Gross. 

Schnell (Halle a.S.). 


20. Nordmann (Berlin). Die gonorrhoischen Gelenkentzündungen. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 8.) 

Zur Behandlung der gonorrhoischen Gelenkentzündung stehen folgende 
Maßnahmen zur Verfügung: Die Stauung, die Immobilisation, die Extension und 
der Heißluftkasten. Medikamente leisten nichts, höchstens ist ein Versuch mit 
Arthigon zu machen. Reckzeh (Berlin). 


21. R. Müller und A. Weiss. Fieberbehandlung gonorrhoischer 
Komplikationen. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Zur Behandlung kamen 32 Fälle von Epididymitis, zum Teil vergesellschaftet 
mit Funikulitis oder Prostatitis, 8 Fälle von gonorrhoischer Prostatitis, zum 
Teil mit schweren parenchymatösen Schwellungen, 2 Fälle von Arthritis gonorrhoica, 
3 Fälle von Periurethritis, 2 Fälle von akutester Gonorrhoea anterior und 4 Fäll: 
unkomplizierter Gonorrhöe. 40 Fälle wurden mit Milchinjektionen und 11 Fälte 
mit Natrium nucleinicum behandelt, die Erfolge waren zufriedenstellend. 

Die Milchinjektionen wurden 4mal in 2—3tägigen Zwischenräumen intra- 
gluteal, die Injektionen von Natr. nucleinicum intramuskulär 2—3mal vorge- 
nommen. Die Verff. nehmen an, nachgewiesen zu haben, daß durch die Injekticn 
unspezifischer, fiebererzeugender Eiweißkörper ein eklatanter Erfolg bei gonor- 
rhoischen Komplikationen zu erzielen ist. Seifert (Würzburg). 


22. Carl Bruck. Die Vaccinebehandlung der Gonorrhöe. (Med. 
Klinik 1914. Nr. 2.) 

Verf. gibt in großen Zügen einen Überblick über das Anwendungsgebiet der 
Vaccinetherapie bei Gonorrhöe. Er faßt seine Ausführungen dahin zusammen, 
daß die spezifische Behandlung die Methode der Wahl bei Arthritis und Epi- 
didymitis darstellen sollte, daß sie zuweilen außerordentlich Günstiges bei Pro- 
stata- und Adnexerkrankungen leistet, daß die Erfolge bei Cervicalgonorrhöe und 
Vulvovaginitis etwa den Mißerfolgen die Wagschale halten und daß schließlich 
bei einfachen Urethralprozessen die Resultate sehr unsicher sind. Die Vaccine- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 207 


therapie soll in jedem irgendwie komplizierten oder renitenten Falle entweder 
allein oder in Kombination mit der sonst üblichen Behandlung zur Anwendung 
gebracht werden. Nach seinen Erfahrungen sind intravenöse Arthigoninjektionen 
von hohem diagnostischen Werte. Die Behandlung und Bekämpfung des Trippers 
wird sich in Zukunft nach zwei Richtungen bewegen: einerseits in einer aus- 
giebigen Behandlung mit Gonokokkenvaccine und andererseits in einer weiteren 
Verbesserung der antiseptischen Lokalbehandlung. Ruppert (BadSalzuflen). 


23, Artur Schmidt. Die spezifische Behandlung der Gonorrhöe. 

(Beiträge z. Klinik d. Infektionskrankheiten 1915. Bd. IV. Hft. 1.) 

Die Zusammenfassung der bisherigen Erfahrungen mit Gonokokkenvaccine 
ergibt, daß sie nicht nur in theoretischer Beziehung unsere Kenntnis vertieft, 
sondern auch in praktischer Beziehung uns um ein wertvolles Heilmittel bereichert 
hat. Übertriebene Erwartungen haben sich allerdings ebensowenig erfüllt wie 
ein übertriebener Skeptizismus berechtigt erscheint. Die Anwendung richtig 
hergestellter Vaccine ist im großen und ganzen als unschädlich anzusehen. In 
diagnostischer Beziehung kann sie uns in manchen Fällen im Verein mit den ein- 
fachen klinischen Untersuchungsmitteln ein diagnostisches Hilfsmittel sein. In 
therapeutischer Beziehung kann sie in einer ganzen Reihe von Fällen neben den 
anderen therapeutischen Maßnahmen die wertvollsten Dienste leisten. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


24. William F. Bernart. The intravenous use of antiseptics in 

gonorrhea. (New York med. journ. 1915. Nr. 23.) 

Acidum borophenylicum in wäßriger Lösung 1:30 und Natrium benzoicum 
I:2 oder schwächer wurden bei 50 Tripperkranken intravenös in Anwendung 
gebracht neben der gewöhnlichen lokalen Behandlung mit Kalium permang. oder 
Zinkpräparaten. Die intravenösen Einspritzungen wurden täglich Imal ge- 
macht. Je früher begonnen, um so besser waren die Resultate; nur bei 2 von 
50 Behandelten entwickelte sich eine Urethritis posterior; die Zahl der notwen- 
pigen Einspritzungen schwankte zwischen 3—11. P.Meyer (Kilchberg b. Z.). 


25. Die Überschwefelsäure und ihre Salze als Antigonorrhoika. 
(Dermatol. Wochenschrift 1916. Bd. LXII. Nr. 5.) 

Die freie Überschwefelsäure, herstellbar durch schwache Ansäuerung der 
Ammoniumsulfatlösungen mit Natriumbisulfat kommt in der Desinfektions- 
kraft und -Schnelligkeit den Silberpräparaten völlig gleich und übertrifft in der 
Wirkung das neutrale Ammoniumsalz um ein Vielfaches. Die das Gonotoxin 
zerstörende Eigenschaft, die absolute Reizlosigkeit und die große Billigkeit der 
Überschwefelsäure bei bakteriologisch und klinisch völlig gleichen Leistungen 
‘ind unbestreitbar Vorteile der Überschwefelsäure gegenüber den Silberpräparaten. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


26. Dufaux (Berlin). Über das neue antigonorrhoische Injektions- 
mittel Choleval in fester, haltbarer Form. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Auch das neue Choleval gehört zu der Gruppe der antigonorrhoischen In- 

!ektionsmittel, deren heilende Wirkung vornehmlich auf ihrer gonokokkentötenden 

Ligenschaft beruht. Deshalb ist sein Anwendungsgebiet natürlich auf die akute, 


179°% 


298 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


subakute und die noch gonokokkenhaltige chronische Urethralgonorrhöe bde- 
schränkt, und zwar bei Anwendung mittels der Tripperspritze lediglich auf die 
unkomplizierte Urethritis anterior. Reckzeh (Berlin). 


27. Max Clausz. Diagnostische Versuche mit Luetin- Noguchi. 

(Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 37.) 

Die Versuche fielen günstig aus, so daß Verf. in dem Luetin ein der Wasser- 
mann’schen Reaktion gleichwertiges diagnostisches Hilfsmittel erblickt. Sehr 
wertvoll ist, daß das Luetin gerade dort ein positives Resultat ergibt, wo da: 
Komplementverfahren im Stiche läßt. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


28. L. K. Wolff und W. P. C. Zeeman. Über die Noguchi’sche Kuti- 
reaktion bei Lues. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1914. II. S. 811—117.) 

29. J. C. Schippers. Der Wert der Luetinreaktion für die Kinder- 
praxis. (Ibid. S.817—24.) 

I. Verff. vermissen bei dem Noguchi’schen Verfahrenseine ihres Erachten: 
schwer zu entbehrende — analog der bei Anstellung der Pirquet’schen Prob: 
gebräuchlichen — Kontrollflüssigkeit; dadurch wird die Abschätzung der Re- 
sultate in zu hohem Maße dem subjektiven Ermessen des Beobachters überlassen. 
Die Beurteilung der Pallidinreaktion (Merck’s Pallidin) ergab sich als im gleicher 
Maße schwierig als diejenige der mit Hilfe des von Noguchi zur Verfügung gè- 
stellten Luetins. Skrofulöse Kinder reagierten nicht mit Luetin. Nach mehreren 
orientierenden Proben wurden 39 luetische und 20 nichtluetische Augenkrank? 
injiziert; bei 2 der letzteren war die Reaktion unzweideutig positiv. Eins der- 
selben war ein 1Ojähriges Mädchen mit Spina ventosa ohne hereditär luetisch? 
Stigmata, mit negativem Wassermann und positiver Pallidinreaktion, der zweit: 
Fall betraf eine Frau mit tuberkulöser Keratoskleritis und ebenfalls negativem 
Wassermann. In 2 der 39 positiven Luesfälle war Wassermann negativ unc 
dennoch Lues anderweitig sichergestellt; in diesen Fällen war also die Probe seht 
wertvoll. Für allgemeine Verwendung in der Praxis wird die Reaktion von den 
Verff. noch nicht ohne weiteres geeignet erachtet. 

Il. S. setzt die technischen Besonderheiten der Probe genau auseinander. 
erhält in 20% der Luesfälle nach dieser Methodik negativen, in 6%% der Nichtlues- 
fälle positiven Ausschlag. Die Diagnosenstellung nach Noguchi’s Probe erfordert 
zu lange Zeit, mindestens 8 Tage; die Abschätzung des Ausschlages erheischt zu 
lange fortgesetzte Vorübung, so daß auch nach S. die Probe noch nicht brauchba: 
sei für den praktischen Arzt. Jeder seiner Fälle wird im Original absonderlich 
abgehandelt, wo nötig zu gleicher Zeit Wassermann vorgenommen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


30. Vedder und Borden. Vergleich zwischen Wassermann- und 
Luetinprobe bei 744 Personen. (Journ. amer. med. assoc. 1914. 
Bd. LXIII. Nr. 20. S. 1750.) 

Wenn auch die Verwendung eines cholesterinisierten Antigens die Wasser- 
mann’sche Reaktion empfindlicher als sonst macht, so ist doch die Luetinprobt 
in tertiären, latenten und schon behandelten Fällen beträchtlich leistungsfähiger 
in der Erkennung einer Syphilis. Die Luetinprobe sollte darum bald der allge- 
meinen Praxis zugänglich gemacht werden. Meinhof (Halle a.S.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 209 


31. Fagiuoli und V. Fisichella. Weitere Beobachtungen über die 
Intrakutanreaktion mit dem Luetin von Noguchi. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1914. Nr. 10.) 

Die Kutanreaktion von Noguchi hat eine hervorragend praktische Bedeu- 
tung speziell bei den syphilitischen Spätformen. Lohrisch (Chemnitz). 


32. R. Fleischmann (Hamburg). Die Luetinreaktion. (Hamburger 
med. Überseehefte V. 8.) 

F. beschreibt die Herstellung des Luetin und die Technik der damit vorgenont- 
menen, mit Nachweis des spezifischen Immunkörpers zur Feststellung der Syphilis 
ungemein wichtigen und bei allen ätiologisch nicht geklärten Erkrankungen zu 
empfehlenden Kutanreaktion, sowie deren Ergebnisse bei Nichtsyphilitischen und 
bei spätluetischen Affektionen. Von 27 Fällen von Tabes und Paralyse reagierten 
26 stark positiv, ebenso alle sechs Fälle von Lues cerebri und zwei von gummösen 
Periostitiden. Vollkommen sicher ist die Probe ferner bei Lues congenita und, 
als Zeichen luetischer Keimschädigung, bei Psychopathen, in deren Aszendenz 
Syphilis war, sowie schließlich von großer Bedeutung bei der Lues latens, wo sie 
das Spezifische der Wassermannreaktion feststellt. 

F. Reiche (Hamburg). 


33. Hennig. Die Bedeutung der Serodiagnose der Syphilis für 
die Erteilung des Heiratskonsenses. (Fortschritte der Medizin 
1914. Nr. 31.) 

Der positive Ausfall der Wassermann’schen Serodiagnose bei sonst feh- 
enden Krankheitssymptomen ist dem Arzte ein nicht zu unterschätzendes Merk- 
zeichen, bei Erteilung des Heiratskonsenses vorsichtig zu sein, der negative Aus- 
fall aber, selbst in wiederholtem Ergebnis, soll in seinem Werte jedoch nicht über- 
schätzt werden. Verf. stellt folgende These auf: 

Die Wassermann’sche Diagnose ist ein wertvolles Hilfsmittel für die Be- 
urteilung der Heiratsfähigkeit eines Syphilitikers, jedoch nicht für sich allein, 
wohl aber im Verein mit den bisher geübten und durch die Erfahrung erprobten 
Gesichtspunkten. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


34. Cappello. Contributo allo studio della reazione di Landau 
nella sifilide. (Gazz. degli osped. 1915. Nr. 27.) 

C. vergleicht nach seinen im Stadtkrankenhause Venedigs gemachten Er- 
fahrungen die von Landau (Wiener klin. Wochenschrift 1913, Nr. 42) angegebene 
Reaktion auf luetische Blutbeschaffenheit mit der Wasser mann’schen Reaktion. 
Landau benutzt eine Mischung von 0,025g Jod in 50 ccm reinem Vaselinöl. 
Mischt man mit einer Pipette 0,20 Blutserum mit 2,5 ccm der Reaktionsflüssigkeit 
und hebt die Probe 5—15 Stunden an einem dunklen Orte auf, so entfärbt sich 
das luetische Blutserum vollständig, während normales Blutserum eine rotgelbe 
Farbe annimmt. 

Die vollständige Entfärbung betrachtet Landau als positive Reaktion, und 
C. will dieselbe sensibler als die Wassermann’sche gefunden haben. 

C. berichtet über 41 Fälle, die er nach der Landau’schen Methode unter- 
sucht hat, und wenn er auch diese Anzahl noch nicht für genügend hält zu einem 
endgültigen Urteil, so hält er doch die Vorzüge dieser einfacheren Untersuchungs- 
methode für sehr beachtenswert. 


300 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


Die verhältnismäßig geringe Anzahl der Fälle, wo das Untersuchungsresultat 
ein entgegengesetztes war, sprechen in ihrem klinischen Befunde zugunsten der 
Landau’schen Methode. 

. Ein anderer Autor, Bovi, spricht sich auf Grund seiner Resultate im Findel- 
hause und der Entbindungsanstalt in Verona zugunsten des Landau’schen 
Reagens aus (Rassegno d’ostetricia e ginecologia 1915, Nr. 1). 

Hager (Magdeburg). 


35. H. N. Cole and S. Eng-Kiu Chiu (Cleveland). The coagulation 
test for syphilis as devised by Hirschfeld and Klinger. (Arch. 
of internal med. 1915. November.) 

Nach Untersuchungen an 548 Pat. ist die Hirschfeld-Klinger’sche Koa- 
gulationsprobe in Fällen von behandelter, von latenter und von cerebrospinaler 
Syphilis ebenso spezifisch wie die Wassermann -Reaktion und noch empfindlicher 
als diese. Nach langer und wirksamer Behandlung geben Syphilitiker mit beiden 
Proben negative Resultate. Einzelne frühe Fälle hatten schon vor dem positiven 
Wassermann eine positive Koagulationsprobe.” Liquor spinalis, der bei 58°C 
über eine halbe Stunde inaktiviert wurde, gibt mit letzterer gute Resultate, wenn 
Mengen von 0,4 ccm verwandt wurden. F. Reiche (Hamburg). 


36. Stümpke (Hannover). Über Ergebnisse der Hermann-Perutz- 
Reaktion bei Syphilis. (Med. Klinik 1915. Nr. 19.) 

Es wurde eine positive Hermann-Perutz-Reaktion in einer großen Reihe 
von Fällen (ca. 20) beobachtet, in denen die anamnestischen Erhebungen, der 
klinische Befund, die Wassermann -Reaktion, der Verlauf der Krankheit und die 
weitere Beobachtung absolut gegen Syphilis sprachen. 

Reckzeh (Berlin). 


37. Zadek (Neukölln). Unter welchen Bedingungen hat die Her- 
mann-Perutz’sche Luesreaktion Anspruch auf Gleichberech- 
tigung und praktische Anwendung wie die Wassermann’sche 
Reaktion. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Die Ausflockungsreaktion verdient dieselbe Verbreitung und praktische An- 
wendung wie die Komplementablenkungsmethode, weil sie, wie diese keine streng 
spezifische Reaktion darstellend, ihre »klinische Spezifität« hinreichend bewiesen 
hat, in den Ausführungsbedingungen sich erheblich einfacher gestaltet und vor 
allem in der serologischen Luesdiagnostik insofern Vorteile in sich birgt, als sie 
die Syphilis im frühesten (Primäraffekt) wie im spätesten (Latenz) Stadium auf- 
deckt und sich therapeutischen Maßnahmen gegenüber resistenter erweist als die 
Komplementbindungsmethode. Reckzeh (Berlin). 


38. H. Grünbaum (Prag). Über den Wert der v. Dungern’schen 

Syphilisreaktion. (Prager med. Wochenschrift 1914. S. 577.) 

G. hat an Münzer’s Abteilung die Dungern’sche Modifikation der Wasser- 
mann-Methode, wie sie die Firma Merck liefert, bei 54 Fällen geprüft und mit 
der an Kreibich’s Klinik gleichzeitig angestellten Original-Wassermann- 
Reaktion verglichen. Es zeigte sich hierbei eine verblüffende Übereinstimmung, 
so daß dieses auch für den praktischen Arzt ohne Schwierigkeiten durchführbare 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 301 


Verfahren einen sehr brauchbaren Ersatz der Wassermann’schen Reaktion 
darstellt. Friedel Pick (Prag). 


39. F. W. Baeslack. Die Seroenzymprobe auf Syphilis. (Journ. 
amer. med. assoc. 1914. Bd. LXIII. Nr.7. S. 559.) 

Auf Grund von 200, in einer umfangreichen Tabelle niedergelegten Serum- 
untersuchungen ergibt sich für den Verf.: Mit Iuetischem Hodengewebe angestellt, 
st die Probe offenbar spezifisch, da die hochdifferenzierten somatischen Zellen 
für ihren Abbau ein spezifisches Serum verlangen. Bei Anwendung von durch 
Innkulation gewonnenem Kaninchengumma haben wir einen Vorteil gegenüber 
dem Gewebe syphilitischer Pat., das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch 
bi anderen Krankheiten positiv reagiert. — Nicht anwendbar ist die Reaktion 
uf Liquor, Überlegen ist sie der Wassermann-Reaktion, daß sie bei Tabikern 
rzgelmäßig, die Wassermann-Reaktion dagegen nur in 60% der Fälle positiv 
susfällt und außerdem letztere 9mal bei Tuberkulose positiv war ohne irgendwelche 
Zeichen von Lues. Endlich wurden acht Fälle beobachtet mit negativer Wasser- 
mann-Reaktion und positiver Enzymprobe. — Sorgfältigste Technik ist Pflicht. 
Mit wachsender Übung wächst das Vertrauen. Meinhof (Halle a.S.). 


40. Georg Orkin. Erfahrungen mit dem Sachs’schen Cholesterin- 
alkohol- und dem Lesser’schen Ätherextrakt bei der Wasser- 
mann’schen Reaktion. (Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 15.) 

Der Sachs’sche Extrakt bringt bei Lues I und II keine vermehrten positiven 

Resultate, eher das Gegenteil. Ebenso bei den metasyphilitischen Erkrankungen. 

Dagegen scheint er bei der tertiären und der latenten Lues noch manchen posi- 

tiven Fall ans Tageslicht zu bringen. Der Lesser’sche Extrakt hingegen ist 

besonders fein auf die Frühsyphilis und die Metasyphilis eingestellt, auf die latente 

Lues nicht so gut wie der Sachs’sche Extrakt. Man könnte also bei Lues I und II 

und den metasyphilitischen Fällen dem Lesser’schen Ätherextrakt, bei Lues 

:atens dem Sachs’schen erhöhten Wert beimessen. Lohrisch (Chemnitz). 


41. Pfeiler und Scheyer (Bromberg). Über die gleichzeitige Ver- 
wendung des Hämolysins und Hämagglutinins als Indikatoren 
bei der Komplementablenkungsreaktion zur Feststellung der 
Syphilis. (Münchener med. W ochenschrift 1915. Nr. 12.) 

Die Versuche ergaben, daß bei der KH.-Reaktion der Antikörpernachweis 
“hl ausnahmslos bei allen positiven Seris noch bei bedeutend kleineren Serum- 
mengen erkennbar wird, als dies bei der Ablenkung allein der Fall ist. 

Reckzeh (Berlin). 

42. R. Frühwald. Über Infektiosität des Blutes bei latenter (er- 
worbener) Syphilis mit negativer Wassermann’scher Reaktion. 
(Dermatol. Wochenschrift 1915. Nr. 22.) 

Verf. fügt seinen früheren Fällen von erfolgreicher Übertragung von Blut 
eines latent syphilitischen Pat. mit positivem Wassermann auf Kaninchen einen 
weiteren Fall an. Bedeutungsvoll in dem Falle ist der experimentell nachge- 
wiesene Spirochätengehalt des Blutes. Besonders hervorzuheben ist, daß das 
Blut im Augenblick der Verimpfung negative Wassermann’sche Reaktion auf- 





302 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


wies. Für das latente Stadium ist ein derartiger Befund noch nicht erhoben. 
Somit ist die Möglichkeit der Infektiosität des Blutes bei absoluter Syphilislatenz 
erwiesen. Der Fall scheint die Annahme, daß Spirochäten im Blute eines latent 
Syphilitischen die Vorboten eines Rezidivs sind, zu bekräftigen. Der Impfversuch 
erwies das Vorhandensein von Spirochäten im Blute, und genau 4 Wochen später 
hatte die Pat. ein klinisches Rezidiv. Der Fall scheint auch für einen ursächlichen 
Zusammenhang zwischen den Spirochätenschüben im Blute und dem klinischen 
Rezidiv zu sprechen. Hinsichtlich der Kaninchensyphilis bemerkt Verf., da, 
seitdem er Impfungen mit einem Material vornimmt, das offenbar spirochäten- 
arm ist, sich die Impfaffekte nicht so schön und deutlich darstellen. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


43. Luithlen. Zur Kenntnis der Einwirkung fieberhafter Tempe- 
raturen auf den Verlauf der Syphilis. (Wiener klin. Wocher- 
schrift 1915. Nr. 52.) 

Die Methode der kombinierten Behandlung mit Tuberkulin und antisyphi- 
litischen Mitteln bietet vielleicht zwei Vorteile, den sofort zutage tretenden, da’ 
die syphilitischen Produkte sich rascher zurückbilden als bei der gewöhnlichen 
Behandlung, und den freilich erst in Jahren sich erweisenden Vorteil, daß vielleich! 
diese Fälle, der Beobachtung von Pilcz und Mattauschek entsprechend, spått 
nicht an Spätlues des Nervensystems erkranken werden. 

Seifert (Würzburg). 


44. Clifford G. Grulee. Laboratory diagnosis in the early stages 
of congenital syphilis. (Amer. journ. of the med. sciences 1914. No- 
vember. S. 688.) 

Um die kongenitale Syphilis ganz früh, vor dem Auftreten der ersten sypki- 
litischen Zeichen, diagnostizieren zu könner, fehlt es bisher an einer zuverlässiger 
Erkennungsmethode. Die Untersuchung des Urins eines kongenital luetischer 
Kindes zeigt mitunter das Vorhandensein einer chronischen Nephritis, doch is: 
dieser Befund diagnostisch nicht zu verwerten. Die Untersuchung des Liq. cerebro- 
spinalis auf Globulin und Zellenzahl liefert in diesem frühen Stadium ebenfall: 
keine verwendbaren Resultate. Auch die Wassermann’sche Reaktion ist hier 
unzuverlässig, denn eine Reihe von Neugeborenen mit deutlichen syphilitischer. 
Symptomen gab eine negative Reaktion. Zurzeit berechtigt die Lange’sch: 
Reaktion mit kolloidalem Goldchlorid vielleicht zu etwas besseren Hoffnungen. 
Die Noguchi’sche Serumprobe hat einen negativen Wert, indem sie bei aller: 
nicht syphilitischen Kindern negativ ausfiel, der positive Wert ist zweifelhaft. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


45. Neisser (Breslau). Wann soll bei Syphilitikern die Spinal- 

flüssigkeit untersucht werden? (Berliner klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 19.) 

Man soll jeden Pat., dessen Syphilis bekannt ist und der mit einigermaßen 
syphilisverdächtigen nervösen Symptomen sich vorstellt, trotz negativen Blut- 
und Liquorbefundes, antisyphilitisch behandeln, und zwar kombiniert mit Sal- 
varsan + Hg + Jod. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 303 


46. Ange L. Fonss. Manifest ubehandlet Syfilis med negativ 
Wassermanns Reaction. (Ugeskr. f. laeger. 1915. Nr. 45.) 
Ausführliche kritische Besprechung der Wassermann’schen Reaktion mit 
reicher Literaturberücksichtigung. Verf. selbst hatte unter 172 Fällen von un- 
behandelter Syphilis 5 Fälle mit inkomplett positiver und 10 Fälle mit ganz ne- 
gativer Wassermann’scher Reaktion. Unter 20 Fällen von Tertiärsyphilis war 
die Reaktion 4mal ganz negativ. Unter 51 Fällen monoregionärer Lues von 
tertiirem Charakter fand sich I1mal negativer Wassermann. Es folgt also, daß 
klinisch sichere Syphilisdiagnose durch eine negative Wassermann -Reaktion 
nicht erschüttert wird. F. Jessen (Davos). 


47. John H. Stockes. Generalized teleangiectasia in association 

with syphilis. (Amer. journ. med. sciences 1915. Nr. 5.) 

Bei einer Frau traten im Alter von 28 Jahren Teleangiektasien auf dem 
Fußrücken auf, die sich allmählich im Laufe von 5 Jahren über den ganzen Körper 
ausbreiteten, nur die Handflächen und das Gesicht blieben frei. Außerdem be- 
stand Syphilis in Form einer unvollständigen Tabes mit Neuroretinitis und posi- 
tivem Wassermann. Der verstorbene Ehemann war ebenfalls luetisch gewesen. 
Der Autor ist der Ansicht, daß wohl bei vielen sogenannten essentiellen, idiopathi- 
schen oder primären Teleangiektasien die Syphilis eine bedeutende ätiologische 
Rolle spielen dürfte. Auch Blei, Alkohol und Hyperthyreoidismus sind als ätio- 
logische Faktoren immer in Betracht zu ziehen. Im vorliegenden Falle konnten 
diese indessen mit Sicherheit ausgeschlossen werden. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


48. Udo J. Wile and Joseph A. Elliott. A study of splenic enlarge- 
ment in early syphilis. (Amer. journ. med. sciences 1915. Vol. CL. 

S. 512.) 

Unter 100 frischen Syphilitikern fanden Verff. 36mal eine akute Milzvergröße- 
rung; dieselbe erscheint häufig vor dem Exanthem und ist wahrscheinlich das 
früheste Symptom von Eingeweidesyphilis. Die vergrößerte Milz fühlt sich bald 
weich, bald fest und derb an und ist mitunter sehr druckempfindlich. Man findet 
diese Milzvergrößerung gern, wo das Allgemeinbefinden durch die Infektion er- 
heblich gestört ist und das Zentralnervensystem frühzeitig affiziert wird. Leber- 
vergröBerung wurde gleichzeitig nie beobachtet. Unter spezifischer Behandlung 
geht die Milzvergrößerung meist rasch zurück, Ausnahmen von dieser Regel sind 
jedoch nicht selten. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


#. Marogna. Perinefrite cronica sclerosa sifilitica a fenomeno- 
| logia calculosa. (Gazz. degli osped. etc. 1914. Nr. 80.) 
Unter den Formen schmerzhafter chronischer Perinephritiden ist die syphi- 
- litische keineswegs häufig, und wie andere Formen von Perinephritiden kann sie 
eine Calculosis renalis vortäuschen. 

M. berichtet über einen in der Klinik Pisas beobachteten Fall, der mit gutem 
Erfolg laparotomiert wurde. Es,handelte sich um eine beträchtliche Leberver- 
grußerung, normale Gallenblase. Die rechte Niere war vergrößert in ein hartes, 
fbrolipomatöses Narbengewebe von graugelbem Aussehen und mit der Niere zu- 
sammen eine Masse bildend. Auf stumpfem Wege wurde das ausgedehnte sklero- 
tische Gewebe, das einen Tumor vortäuschte, entfernt und der Hilus der Niere 


304 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


freigelegt. Die Niere zeigte sich vergrößert, von weinroter Farbe, war im übrigen 
gesund. Die Operation war sehr mühsam, nach sorgfältiger Blutstillung wurde 
das Abdomen geschlossen, die Anfälle kehrten nicht wieder, der Wundverlauf 
war normal, ohne urämische Erscheinungen. Hager (Magdeburg). 


50. P. G. Skillem. Syphilis in the etiology of fibrous osteitis. 
(Proc. of the path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Bei einem 22jährigen Manne ließ sich eine an die Stelle einer alten Fraktur 
lokalisierte Osteitis fibrosa eines Femur durch die positiveWassermann -Reaktion 
als hereditär-luetischer Natur erweisen. Andere Zeichen von Syphilis fehlten. 

F. Reiche (Hamburg). 


51. J. Ramsay Hunt. Syphilis of the vertebral column: its 
symptomatology and neural complications. (Amer. journ. of th: 
med. sciences 1914. August. S. 164.) 

Knochensyphilis sieht man hauptsächlich in der Tibia, Clavicula und am 
Schädel, dagegen ist sie in der Wirbelsäule sehr selten. Verf. hat bisher in de! 
Literatur ca. 100 Fälle gefunden. Drei ältere Statistiken aus den Jahren 1%. 
1909 und 1911 werden angeführt; aus allen geht hervor, daß der Halsteil de 
Wirbelsäule am häufigsten, in über 50°; der Fälle, ergriffen wird. Hierfür lieg! 
der Grund vermutlich darin, daß in der Nachbarschaft (Rachen und Schädel) 
häufig tertiäre Syphilide vorkommen, von denen aus sich die Krankheit auf die 
benachbarte Halswirbelsäule ausdehnt. Bei der Diagnosestellung spielt d:t 
Röntgenuntersuchung eine sehr wichtige Rolle; die pathologischen Veränderung:!! 
bestehen in gummatöser Periostitis mit Exostosenbildung, Osteomyelitis, selten in 
Nekrose, Sequesterbildung und Eiterung. Die Symptomatologie der syphilitische? 
Spondylitis ist die gleiche, wie bei anderen Ursachen der Spondylitis. Von H.: 
100 Fällen wiesen 26 Fälle auch Symptome von seiten des Rückenmarks auf, un! 
zwar 14in Form der Kompressionsmyelitis, 9 zeigten Wurzel- und Plexussymptomi 
in Form von Monoplegien einer Extremität, 2 Fälle von syphilitischer Osteit:: 
des Os sacrum und der unteren Lumbalwirbel wiesen Caudasymptome auf. Plötz- 
licher Tod erfolgte einmal durch Erosion der Art. vertebralis, ein andermal durch 
Ulzeration der Carotis interna. Kompression des Halsmarks nach Spontanfraktu: 
des Proc. odont. oss. epistroph. kommt ebenfalls vor. 4 eigene Fälle werden eir- 
gehend beschrieben. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


52. Wm. Pearce Cones. Luetic bursopathy of Verneuil; report of 
a case of the congenital type. (Boston med. surg. journ. 1915. 
Juli 1.) 

Primäre Bursitis bei kongenitaler Syphilis ist außerordentlich selten; in dvr 
Literatur finden sich nur wenige Fälle. Sie befällt mit Vorliebe diejenigen Bursat, 
die Traumen am meisten ausgesetzt sind, also Ellbogen und Knie. Die Affektiön 
ist immer sehr indolent, spezifische Behandlung führt jedoch zu rascher und dt- 
finitiver Heilung. C.’s Fall betrifft einen 13jährigen Knaben, dessen Kranken- 
und Familiengeschichte frei von Syphilis sind. Die Bursitis stellte sich hier nach 
einem Fall auf den rechten Ellbogen ein. Die richtige Diagnose wurde nicht gt- 
macht und der Kranke operiert. Die Operationswunde verhielt sich lange Zeit 
schlecht und heilte erst als spezifische Behandlung eingeleitet wurde. Die Was- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 305 


sermann-Reaktion war in diesem Falle — entgegen der allgemeinen Ansicht, 
daß sie bei kongenitaler Lues immer positiv sei — negativ. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


53. + Bela Alexander. Die ostealen Veränderungen bei kongeni- 
taler Syphilis im intra- und extrauterinen Leben. Preis 10 Mk. 
Leipzig, Joh. Ambrosius Barth, 1915. 

Die vorliegende Arbeit bildet eine zusammenfassende Registrierung der 
syphilitischen Veränderungen des sich entwickelnden Knochensystems auf Grund 
genauer Untersuchungen mit Röntgenstrahlen, die sich auch auf die Entwicklung 
der pathologischen Veränderungen bis zur normalen Geburt der ausgetragenen 
Frucht und bis weit hinaus in das extrauterine Leben erstreckt. Zahlreiche Zeich- 
nungen nach Plattenbildern und überaus klare Röntgenbilder bilden eine wertvolle 
- Ergänzung des Textes, der namentlich den Pathologen viel Interessantes bietet. 
Schnell (Halle a. S.). 


54. + Max Nonne. Syphilis und Nervensystem. 19 Vorlesungen f. 
| prakt. Ärzte, Neurologen u.Syphilidologen. 3.neubearbeitete Auflage. Mit 
155 Abbildungen im Text. 30 Mk. Berlin, S. Karger, 1915. 

In den 5 Jahren, welche zwischen 2. und 3. Auflage des vorliegenden Buches 
verlaufen sind, hat sich das Thema durch die Entdeckung der Spirochäte, durch 
die Wassermann’sche Reaktion und durch die Untersuchungen im Liquor 
spinalis so erheblich erweitert, daß eine fast völlige Neubearbeitung notwendig 
. war. Trotzdem hat Verf. die allgemeine Einteilung und den Charakter des Buches 
nicht verändert, er betont nach wie vor, daß es aus klinischen Beobachtungen 
. hervorgegangen ist und sich auf dem praktischen Bedürfnis aufbaut. Es soll ein 
Buch »aus der Praxis für die Praxis« sein und bleiben. 
| Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet muß es allerdings als ein meister- 
- haftes Werk gelten, denn die Schwierigkeit, allen wissenschaftlichen Anforderungen 
. gerecht zu werden, ohne in das Dogmatische zu verfallen, hat es überwunden. Es 
= trägt den Charakter einer zusammenhängenden Serie wissenschaftlicher Vorträge 
- mit Demonstrationen, der besten Art des Unterrichtes auf dem Gebiet der Me- 
- dizin. Jeder Fachgenosse weiß, welchen großen Anteil N. an der Entwicklung 
. dieses Arbeitsgebietes gehabt hat und noch hat, und man läßt sich gern aus der 
Fülle seiner Erfahrungen belehren, die er mit großer Exaktheit gesammelt und 
. verarbeitet hat. Zahlreiche gute Abbildungen erleichtern das Verständnis. 

Wir wünschen dem Buche auch in dem neuen Gewande weiteste Verbreitung 
„zum Segen der Menschheit. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


55. C. Engelbreth. Emikuren. (Ugeskr. f. laeger. 1914. Nr. 24.) 
| Verf. betont die Unsicherheit der Hg-Resorption bei der alten Schmierkur 
und ihre relative Gefährlichkeit. Er berichtet über Versuche, eine wissenschaft- 
lich genaue, dosierbare Inhalationstherapie von reinen Hg-Dämpfen an ihre 
Stelle zu setzen. E. Merkur-Inhaltaion = »Emi«. Ein auf 50°C erwärmter 
Luftstrom streift durch eine Baumwollpatrone, die mit präzipitiertem reinen Hg 
imprägniert ist. In jeder Minute gibt sie 1,5 mg Hg ab. Bei primärer Lues sah 
er in einigen Fällen kein Auftreten von sekundären Symptomen; die sekundären 
Erscheinungen gingen sehr rasch völlig zurück. Tertiäre Formen heilten manchmal 
ohne Jod; eine maligne Lues konnte er nur mit der Emikur heilen. Auch bei 


306 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


Tabes erhielt er erhebliche Besserungen, soweit es sich nicht um irreparable Stò- 
rungen handelte. F. Jessen (Davos). 


56. Fabry und Selig (Dortmund). Über die Behandlung der Syphilis 
mit Kupfersalvarsan. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr.5) 

Das Präparat wurde von allen Pat. sehr gut vertragen. Die Heil- 
resultate sind, bemessen nach dem Umschlag der Wassermann’schen Reaktion, 
nicht so gut als bei Altsalvarsan. Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir in dem 
Kupfersalvarsan ein Mittel besitzen, das in der Lage ist, schnell und sicher alle 
Stadien der Lues zu beeinflussen, obgleich die angewandte Arsenmenge eine be- 
deutend geringere ist, als bei allen anderen Salvarsanpräparaten. Aber gerad 
den geringen Arsengehalt darf man als einen ganz besonderen Vorzug hinstellen. 

Reckzeh (Berlin). 


57. P. v. Szily und H. Friedenthal.e. Chemotherapie der Syphilis 
mittels anorganischer Kombination von Quecksilber, Arsen 
und Jod. (Therapeutische Monatshefte 1915. Februar.) 

Die Verff. haben den Versuch gemacht, ohne die Anwendung der hochwertigen 
aromatischen Arsenpräparate, speziell des Salvarsans, überflüssig machen z: 
wollen, durch eine anorganische Kombination die bekannten Antiluetika Queck- 
silber, Arsen und Jod zu vereinigen, um solcherart bei zweckmäßiger Mischung 
derselben in einer Lösung die wirksamste Kombinationstherapie zu bewerk- 
stelligen. 

Ihre mehrfachen Beobachtungen über raschen Rückgang namentlich frischer 
Luessymptome, über promptes Schwinden der Wassermann’schen Reaktion, 
scheinen für die Brauchbarkeit und Zweckmäßigkeit des Verfahrens zu sprechen. 
Das Weitere kann sich erst durch eine über ein größeres Material sich erstreckend: 
Behandlungsserie ergeben. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdort). 


58. Werther. Über Abortivheilungen und Neurorezidive bei der 
modernen Syphilisbehandlung. (Deutsche med. Wochenschrift 1914. 
Nr. 22.) 


Die Spirochaeta pallida ist ein Lymph- und Gewebsparasit und wird im 
Blute verhältnismäßig selten und spärlich nachgewiesen. Auf dem Wege der 
Lymphspalten gelangen die Spirochäten vermöge ihrer Eigenbewegung schon 
ziemlich früh in die Nerven und insbesondere auch bis an das Gehirn bzw. in die 
Gefäßscheiden der Gehirngefäße. Andererseits ist das Salvarsan mehr ein Blut- 
desinfiziens als ein Gewebsdesinfiziens. 

Wird es in großen Dosen angewendet, bevor sich die Spirochäte in den für 
das Mittel schwer zugänglichen Lymphspalten der Gewebe angesiedelt haben kann, 
so ist eine Abortivheilung möglich. Verf. schätzt den Prozentsatz der Abortiv- 
heilung der primären Lues mit großen Dosen auf 50%; er bemerkt dabei, d:î 
Primäraffekte mit positivem Wassermann ohne sonstige Erscheinungen bereits 
zur sekundären Lues zu rechnen sind. Mißlingt die Abortivbehandlung, so kann 
es von der Narbe des Primäraffektes aus, in der vereinzelte, nicht abgetötet 
Spirochäten zurückbleiben können, zu einem lokalen Rezidiv (sogenannte »Mono- 
rezidive«) kommen; Verf. empfiehlt deshalb die Exzision des Primäraffektes. 

Im Sekundärstadium ist eine Vorbehandlung mit Quecksilber und dann erst 
Salvarsan unter allmählicher Steigerung von kleineren und größeren Dosen an- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 307 


gezeigt, weil sonst die Gefahr einer durch die Herxheimer’sche Reaktion be- 
dingten Hirnschwellung entstehen kann. Andererseits kann die Behandlung 
genügend lange fortgesetzt und später mit größeren Dosen durchgeführt werden, 
weil nach einer ungenügenden Behandlung die gefürchteten und viel besprochenen 
Neurorezidive zustande kommen können. Dieselben entstehen dadurch, daß 
von den in den Lymphspalten des Nervengewebes zurückgebliebenen und für 
das Salvarsan aus den oben erwähnten Gründen schwer zugänglichen Spirochäten 
örtliche Rezidive ausgehen. Verf. führt eine größere Reihe Krankengeschichten 
als Beispiele für die verschiedenen Formen der Neurorezidive an, darunter auch 
zwei Fälle, in denen nur mit Quecksilber behandelt worden war, zum Beweise 
dafür, daß diese Erscheinungen mit dem Salvarsan als solchem nichts zu tun haben, 
und an sich keine Normen in der Pathologie der Syphilis darstellen. Keinesfalls 
sind sie als Giftwirkungen des Salvarsans aufzufassen. 

Die Erscheinungen bestehen in den leichteren Formen in Kopfschmerz, 
Schwindel und Ohrensausen, eine vierte Form ist durch lokalisierte Erscheinungen 
von seiten der Hirnnerven, besonders der Augennerven, des Acusticus und des 
Facialis charakterisiert, und schließlich kommt es in schwereren Fällen zu Dämmer- 
zuständen und epileptiformen Anfällen. Die Neurorezidive treten meist 6 bis 
8 Wochen nach Beendigung der ersten Kur auf. 

Die Verhütung erfordert deshalb, den Pat. im Sekundärstadium nicht eine 
zu lange Zeit ohne Behandlung zu lassen; die Behandlung muß chronisch und 
genügend intensiv sein; sie besteht wegen der raschen Ausscheidung des Salvarsans 
außerdem zweckmäßig in einer Kombination mit schwerlöslichen, lange im Körper 
zirkulierenden Quecksilberpräparaten. Mannes (Weimar). 


59. Erich Hoffmann. Der Wert des Salvarsans für die Abortiv- 
heilung der Syphilis. (Deutsche med. Wochenschrift 1914. Nr. 23.) 
Seitdem durch den Spirochätennachweis die Frühdiagnose der Syphilis auch 

bei den kleinsten beginnenden Schankern möglich ist, istdie sofortige Abortiv- 

kur auf eine sichere wissenschaftliche Basis gestellt und in allen Fällen unbedingt 
angezeigt, da sie eine endgültige Heilung in der großen Mehrzahl der Fälle er- 
möglicht. ; 

Die Abortivbehandlung hat in einer möglichst energischen kombinierten 
Salvarsan-Hg-Behandlung zu bestehen. Verf. gibt 4—6, manchmal auch 7 bis 
8 Altsalvarsaninjektionen zu 0,4 (nicht mehr!) neben einer starken Quecksilberkur. 
Für letztere bevorzugt er die Einreibungen, von denen er 36—42 zu 4—5 g machen 
läßt; statt dessen können auch 15 Hg-salicylic.-Spritzen zu 0,1, in hartnäckigen 
Fällen einige Kalomelinjektionen zu 0,05 gegeben werden. Einen Anhalt für in-- 
dividualisierendes Vorgehen gibt dabei die Kurve der Wassermann’schen 
Reaktion, die während der Behandlung ständig kontrolliert werden muß. In der 
Regel scheint eine Kur zu genügen, wenn es vielleicht auch vorsichtiger ist, in 
jedem Falle zwei Kuren zu machen. 

Daß bei einem derartigen Vorgehen in der Tat in weitaus den meisten Fällen 
ein Dauererfolg zu erreichen ist, glaubt Verf. aus seinen Erfahrungen auf Grund 
folgender Tatsachen schließen zu können: 

Die frische Syphilis hat nach kombinierter Hg-Salvarsanbehandlung bei nicht 
gelungener Abortion erfahrungsgemäß die Neigung, innerhalb spätestens eines 
Jahres zu rezidivieren; die Fälle H.’s zeigten aber auch nach 1!/,, zum Teil nach 
2-31/, Jahren bei genauer klinischer und serologischer Überwachung keine Re- 


308 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


zidive. In den nach Beendigung der Kur exzidierten Schankernarben wurden 
weder im Dunkelfeld noch durch Impfung Spirochäten nachgewiesen. Schließlich 
wiesen auch provokatorische Salvarsaninjektionen negative Resultate auf, und 
die Prüfung des Lumbalpunktates ergab bei den nachuntersuchten Pat. in bezug 
auf Zellen, Eiweißgehalt und Wasser mann’sche Reaktion normale Verhältnisse. 
Für die Bekämpfung der Weiterverbreitung der Syphilis ist selbstverständlich 
die möglichst weite Verbreitung der Kenntnis von der Möglichkeit der Abortiv- 
heilung unter den Ärzten und ihre strikte Durchführung von der allergrößten 
Bedeutung. Es werden dadurch nicht nur die Ansteckungsquellen ausgeschaltet, 
sondern es wird auch die Übertragbarkeit auf die Nachkommenschaft sehr bz\ü 
eingeschränkt und aufgehoben. Mannes (Weimar). 


60. E. Lesser. Die Fortschritte der Syphilisbehandlung. (Berliner 

klin. Wochenschrift 1914. Nr. 11. Festschriftf. Ehrlich und v. Behring.) 

Die Fortschritte der Diagnostik durch die Entdeckung derSpirochaeta pallida 
und der Wassermann’schen Reaktion ermöglichen eine frühe und daher wir- 
kungsvollere Behandlung. Wir dürfen hoffen, in frischen Fällen öfter, als es früher 
möglich war, die Syphilis kupieren zu können. Die Entdeckung des Salvarsan: 
hat uns eine weitere Möglichkeit gegeben, kräftig zu behandeln und uns in de! 
Hoffnung bestärkt, durch eine kräftigere Behandlung mehr zu erreichen, als das 
bisher möglich war. Die Wassermann’sche Reaktion gewährt uns einen wich- 
tigen, wenn auch wohl nicht allein und an und für sich ausschlaggebenden Faktor 
für die Einrichtung unseres therapeutischen Vorgehens. Die Wassermann’sch? 
Reaktion ist ferner von der größten Bedeutung für die Beurteilung des Heilerfolg. 
Wir dürfen auch hoffen, durch die schnellere Heilung des einzelnen Kranken, 
durch die Verkürzung der Zeit, in der er durch infektiöse Symptome imstande 
ist, die Krankheit weiter zu verbreiten und durch die Verlängerung der symptom- 
freien Intervalle der Ausbreitung der Syphilis im ganzen besser und wirksamer 
entgegentreten zu können als bisher. Denn die Verminderung der Zahl der In- 
fektionsmöglichkeiten führt in einer ganz selbstverständlichen Weise auch zu 
einer Verminderung der Zahl der wirklich stattfindenden Infektionen. Und da: 
ist das große Ziel, die Ausbreitung der Syphilis einzuschränken. 

Lohrisch (Chemnitz). 


61. v. Zeiss. Behandlung der Syphilis mit Salvarsan und Queck- 
silber. (Berliner klin. Wochenschrift 1914. Nr. 11. Festschrift f. Ehrlich 

u. v. Behring.) 

Der Verf. stellt für die Luesbehandlung folgende Sätze auf: Lösung des Sal- 
varsans in sterilem destillierten Wasser. Bereitung der Lösung so kurze Zeit 
als möglich vor der Inkorporierung des Salvarsans. Strengste Aseptik. Wenn 
der Primäraffekt kurze Zeit besteht, ist eine Abortivbehandlung der Syphilis 
möglich. Nach Salvarsanbehandlung sind Rezidive und Spätformen der Syphilis 
sehr selten. Gleichzeitige Anwendung von Merkur und Salvarsan sind nach Mög- 
lichkeit zu vermeiden. Salvarsan veranlaßt nie Nervenerkrankungen, diese werden 
vielmehr durch Syphilis bedingt und durch Salvarsan geheilt. Die Dosierung 
richtet sich nach der Körperbeschaffenheit des Kranken. Anwendung des Sal- 
varsans begünstigt die Kräftigung des Körpers und veranlaßt sehr oft grobe 
Gewichtszunahme. Vor jeder Salvarsananwendung untersuche man genau den 
ganzen Körper (namentlich Herz, Niere, Leber und Augenhintergrund). Nach 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 309 


der Salvarsaninkorporation lasse man wenigstens 1—2 Tage das Bett hüten und 
verbiete alle Nahrungs- und Genußmittel, die sich mit Arsen nicht vertragen. Die 
Intervalle zwischen zwei Salvarsaninjektionen sollen wenigstens 8 Tage betragen. 
Die Behandelten sind gewissenhaft 2—3 Jahre zu beobachten und deren Zustand 
durch wiederholte Wassermannuntersuchungen zu kontrollieren. 

Lohrisch (Chemnitz). 


62. A. H. M. E. Lommen. Über Salvarsanbehandlung der Syphilis. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1914. II. S. 525—41, 593—608.) 

Die über 3 Jahre umfassenden Erfahrungen über die intravenöse Salvarsan- 
applikation — anderweitige Applikation führte unerwünschte lokale Neben- 
wirkungen herbei, die Wirkung des Neosalvarsans stand derjenigen des Salvarsans 
nach — bei 28 in regelmäßigen intervallen mit Wassermann kontrollierten Fällen 
lauten besonders günstig. Wenngleich man in der Mehrzahl der frischen Fälle 
vielleicht mit einigen Salvarsaninjektionen auskommen dürfte, hat Verf. mit dieser 
Behandlung allmählich eine energische Quecksilberapplikation kombiniert. Die 
von Sor mani mit bekannter Sorgfalt vorgenommenen, graphisch ausgearbeiteten 
Wassermann’schen Reaktionen illustrieren die glänzenden Erfolge in sogar 
ieder Behandlung anscheinend trotzenden Fällen. Die Geburt eines gesunden, 
6 Monate nach Geburt Wassermann-negativen Kindes aus zwei seit 2 Jahren 
:vphilitischen, vom Verf. behandelten Eltern wird nebenbei erwähnt. Die Be- 
nandlung älterer Fälle sei kräftig und intermittierend. Verf. bediente sich stets 
alkalischer, 1 : 50%,iger Salvarsanlösungen; die Venapunktion erfolgte ohne Frei- 
gung der Vene. Womöglich soll in frischen Fällen: der Primäraffekt heraus- 
seschnitten oder kauterisiert werden. Nur in den wenigen Fällen, in welchen 
üte intravenöse Applikation des Salvarsans nicht ertragen wurde, können ebenso 
wie bei Kindern intramuskuläre Neosalvarsaninjektionen (150—300 mg; 1,5 bis 
3ccm physiologische Kochsalzlösung, frisch bereitet, sterilisiert) angestellt werden. 
Die Quecksilberapplikation geschieht entweder in Form einer Inunktionskur 
(83—12 Wochen Intervall) oder einer Inunktionskur mit Kalomel (10—20mal 
51—100 mg). Im floriden Stadium soll Quecksilber den Salvarsaninjektionen 
vorangehen. Nur in der tertiären Periode wird der kombinierten Hg-Salvarsan- 
behandlung noch Jodkalium zugegeben. — Die Nebenwirkungen des Ehrlich- 
schen Mittels werden genau auseinandergesetzt; es boten sich 2 Neurorezidive 
und 3 vasomotorische Symptomenkomplexe dar. Die Kontraindikationen sollen 
wəser berücksichtigt, technische Fehler peinlichst umgangen werden, mit kleinen 
salvarsanmengen fange man zur Feststellung der Toleranz an, die Folgeerschei- 
ungen soll man genay verfolgen und die Behandlungspausen wo nötig verlängern. 
Nach 1500 Infusionen war kein auf das Salvarsan zurückzuführender Todesfall 
zu verzeichnen. — Die Bedeutung der Lumbalpunktion wird eingehend gewürdigt, 
diese Operation zur Kontrollierung des endgültigen Erfolges dringend empfohlen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


83. Biaeh. Die Tuberkulinbehandlung der Frühlues. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Das Tuberkulin beeinflußt in günstiger Weise gleichsam mehr die mit Gewebs- 
vergrößerung und -anreicherung einhergehenden luetischen Prozesse. Auffallend 
war der Einfluß auf den Drüsenapparat. Ein Mann mit einer sehr derb infil- 
trierten Sklerose und einer stark hervortretenden linkseitigen Sklerodenitis wurde 


310 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


mit Salvarsan und Tuberkulin behandelt, nach der ersten Salvarsaninjektion war 
der Befund klinisch unverändert; zwischen diese und die nächstfolgende Salvarsan- 
injektion wurden zwei Tuberkulininjektionen eingeschaltet. Binnen 2 Tagen war 
die Drüse ganz auffallend zurückgegangen, nach der zweiten Salvarsaninjektion 
überhaupt nicht mehr zu fühlen. Seifert (Würzburg). 


64. A. Grosglik (Lodz). Immunotherapeutische Versuche bei 
Syphils. (Dermatol. Wochenschrift 1914. Nr. 32.) 

Der (spirituöse) Lues-Fötal-Leberextrakt wirkt spezifisch auf Produkte der 
Syphilis ein in allen Stadien der Krankheit, ähnlich dem Quecksilber, dem Jod- 
kali, dem Salvarsan. 

Er steht jedoch den erprobten Spezifika, was Schnelligkeit, Intensität un: 
Zahl der beeinflußten Fälle anbelangt, unvergleichlich nach. 

Sollen lediglich die sogenannten günstigen Fälle berücksichtigt werden, <o 
war die Wirkung des Extraktes am auffallendsten bei sekundär rezidivierendtr, 
viel geringer bei tertiärer, am geringsten bei rezenter Lues. 

Unter den sekundären Erscheinungen ließen sich die an der Haut lokalisierten 
in höherem Maße beeinflussen durch den Extrakt, als die an den Schleimhäuteo 
lokalisierten. 

Unter den tertiären Erkrankungen traten die ulzerierten Gummata unver- 
gleichlich leichter zurück als die geschlossenen, am hartnäckigsten aber wider- 
standen die syphilitischen Erkrankungen des Periosts und der Knochen der Ein- 
wirkung des Extraktes. 

Die Dosierungsmethode hatte keinen sichtbaren Einfluß auf die Erfolge der 
Behandlung bei sekundär rezidivierender Lues, während bei tertiärer mit den 
geringen Dosen günstigere Resultate gezeitigt wurden als mit den hohen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


65. + E. Finger, J. Jadassohn, S. Ehrmann, S. Gross. Handbuch 
der Geschlechtskrankheiten. 23. u. 24. Lieferung. Wien u. Leipzig, 
Alfred Hoelder, 1914. 

Die beiden neuen Lieferungen bringen die Besprechung der Syphilis des 
Gehörgangs (Alexander) zum Abschluß und beginnen mit der Syphilis des Nerver- 
systems (Hirschl-Marburg). Gustav Alexander geht des genaueren auf diè 
Salvarsanbehandlung und die Neurorezidive ein mit dem Ergebnis, daß die Sai- 
varsanmedikation einen bedeutsamen Fortschritt in der Therapie der Ohrenheil- 
kunde verheißt (cf. Wechselmann). Wertvoll für Vergleich und Nachunter- 
suchung ist die große ausführlich mitgeteilte Kasuistik. Hirschi (Marburg) 
bringt unter Berücksichtigung der ophthalmologischen und neurologischen L- 
teratur eine epigrammatische Systematik der syphilitischen Affektionen des Zen- 
tralnervensystems, zunächst ohne erschöpfende pathologische Anatomie. 

Carl Klieneberger (Zittau). 





66. Möllers. Die Kriegsseuchen im Weltkrieg. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 8.) 
Die Typhusschutzimpfung ist zwar kein Universalschutzmittel gegen jede, 
noch so intensive Typhusinfektion, sie übt aber einen unleugbar günstigen Ein- 
fluß aus auf die Ausbreitung des Typhus als Kriegsseuche. Bei durchgeimpften 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 311 


Truppenteilen ist die allgemeine Empfänglichkeit gegen Typhus so weit herab- 
gesetzt, daß gehäufte Massenerkrankungen, die die Truppe gefechtsunfähig machen 
könnten, dadurch ausgeschlossen erscheinen. Außerdem ist der Verlauf des 
Typhus bei den Geimpften in der Regel viel leichter und die Sterblichkeit eine 
viel geringere als bei den ungeimpften Mannschaften. Dauernde Gesundheits- 
schädigungen infolge der Typhusschutzimpfung sind nie eingetreten. Ähnlich 
wie beim Typhus haben sich auch bei der Cholera in hervorragender Weise die 
Schutzimpfungen bewährt, welcher alle Mannschaften des deutschen Feldheeres 
unterzogen wurden. Obwohl die Cholera in einzelnen Gegenden unseres östlichen 
Kriegsschauplatzes unter der Bevölkerung verbreitet war, ist die deutsche Armee 
im gegenwärtigen Weltkriege dank der getroffenen Maßnahmen von der Cholera 
verschont geblieben, abgesehen von vereinzelten Infektionen, die meist einen 
leichten Verlauf nahmen. Auf Grund der günstigen, in den Gefangenenlagern 
durch die Entlausung gemachten Erfahrungen, sind hinter unserer gesamten 
Kampffront in Ost und West zahlreiche Entlausungsanstalten eingerichtet worden, 
die uns im Verein mit den sonstigen bei der Seuchenbekämpfung erprobten all- 
gemeinen Maßnahmen die sicherste Gewähr dafür bieten, daß unsere Armeen 

gegenüber durch Ungeziefer übertragbaren Krankheiten aufs beste gewappnet sind. 
| Reckzeh (Berlin). 


67. Helly (Würzburg). Pathologische und epidemiologische Kriegs- 
| beobachtungen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr.3.) 

Unter den Gesichtspunkt der abnormen Verhältnisse gehört die Beobachtung 
einer außerordentlichen Bösartigkeit der Masern. Eine andere Beobachtung 
- betrifft die Frage des Obduktionsbildes bei Tetanus. Bei völlig unkomplizierten 

Fällen findet sich bei der Obduktion typisch Hirn- und besonders Meningealödem 
bei großem Blutreichtum der inneren Organe, ferner eine meist beiderseitige 
 Unterlappenpneumonie im Stadium der roten Anschoppung in Form zahlloser 
 zerstreuter kleiner Herdchen, die durch ihre dunkelrote Farbe deutlich auffallen 

und endlich sehr häufig Muskelzerreißungen mit mehr oder minder ausgebreiteter 
 Hämorrhagie, besonders im Bereich der Oberschenkelstreckmuskulatur und nicht 
selten auch des Zwerchfells. Reckzeh (Berlin). 


‘68. Bardach (Namen). Ein Fall von teritärer Lues nach Typhus- 
| schutzimpfung. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 
Das Neue an diesem Falle ist, daß bei demselben die Typhusschutzimpfung 
“ zweifellos als Trauma gewirkt hat. Inwieweit sie allein die Schuld an der Eruption 
- trägt, ob ohne den Anstoß die Krankheit noch weiter latent geschlummert hätte, 
: oder ob auch ohne diese äußere Veranlassung sich Gummen, vielleicht an einer 
anderen Körperstelle gebildet hätten, entzieht sich unserer Beurteilung. 
Reckzeh (Berlin). 


69. Baecher. Eine neue Methode der Virulenzsteigerung und 
Virulenzprüfung. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 

Durch fortgesetzte Passagekulturen auf überlebendem Gewebe gelingt es bei 
Pneumokokken mittlerer Virulenz regelmäßig, diese maximal zu steigern, bzw. 
die zurückgegangenen, früher hochvirulenten Stämme zu restituieren. Bei aviru- 
lenten Stämmen von Pneumokokken, Streptokokken und Diphtheriebazillen ist 
es durch eine große Zahl von Passagekulturen nicht möglich, eine im Tierversuch 


312 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 17. 


nachweisbare Virulenz zu erzielen, doch erwerben solche Passagestämme stets 
erhöhte Fähigkeit, das überlebende Gewebe beim Infektionsversuch in vitro ab- 
zutöten. Bei hochvirulenten Pneumokokken kommt es nach den ersten Passagen 
auf überlebendem Gewebe zu einer ausgesprochenen, echten Virulenzverminderung, 
die aber nach einer weiteren größeren Anzahl von Passagen überwunden wird. 
Außer durch Passage auf artgleichem lebenden Gewebe kommt auch eine Virulcnz- 
steigerung auf artfremdem lebenden Gewebe sowie auf eventuell artfremdem 
Plasma allein zustande. Diese mehr oder weniger allgemeine Virulenz ist vielleicht 
als »Gruppenvirulenz« zu bezeichnen. Analog der nach Passagen auf artfremdem 
Gewebe oder in Plasma auftretenden Gruppenvirulenz läßt sich auch eine Wirk- 
samkeitssteigerung gegenüber heterologen, nicht zur Passage verwendeten Gewet+- 
kulturen nachweisen. Seifert (Würzburg). 


70. Grundmann. Meine Kriegserfahrungen über Infektionskrank- 
heiten. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 42—44.) 

Auffallend waren der schwere Verlauf der Kriegstuberkulosen und die Häufis- 
keit der Miliartuberkulose. Die Kriegsstrapazen oder eine schwere Verwundunz 
oder Operation waren die Ursachen dafür, daß latente Tuberkulosen zum Ausbruc? 
kamen. 

Die Genickstarrekranken boten folgende Symptome: Plötzliches Auftreten 
von Kopfschmerzen und hohem Fieber, relativ verlangsamten Puls, Erbrecher. 
Schwindel, Nackenstarre, Herpes labialis, allgemeine Haut- und Reflexerregbar- 
keit, Kernig’sches Symptom, Störungen der Hirn- und Spinalnerven und Me- 
ningokokken in der Lumbalflüssigkeit. Das quälendste Symptom war der Kopf- 
schmerz, der nur durch Lumbalpunktion oder durch Morphiuminjektion zu be 
einflussen war. Die Kopfschmerzen dürften wohl auf Druckschwankungen it 
Liquor cerebrospinalis zurückzuführen sein. Die Behandlung der Ruhrfälle b- 
stand in folgendem: Anfangs Rizinusöl, vom 2. Tage an heiße Breiumschläge av’ 
den Leib und dreimal täglich 1 g Tannalbin mit je zwei EBlöffel Bolus alba in Te: 
bis zum Aufhören der Durchfälle. Bei Tenesmus, der namentlich besonders nacht: 
stark hervortrat, gab ich Belladonnazäpfchen. Am schwierigsten war die Dii- 
ferentialdiagnose zwischen Fleckfieber und Typhus abdominalis. Diagnastisc' 
sehr wichtig dürfte bei Flecktyphusverdacht eine Probeexzision von Roseolen ode’ 
Petechien sein, denn die von E. Fränkel beschriebene kleinzellige Infiltration de‘ 
Wandungen der kleinsten Arterien wird allgemein bestätigt. 

Reckzeh (Berlin). 


71. Hans Aronson. Bakteriologische Erfahrungen über Kriegs 
seuchen. (Med. Klinik 1915. Nr. 47 u. 48. S. 1318.) 
Es werden die bakteriologischen Erfahrungen des Verf.s über Typhus, Dys 
enterie, Cholera asiatica, Typhus exanthematicus, epidemische Genickstärt 
wiedergegeben. Ruppert (Bad Salzuflen). 





. Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


313 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 
Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Boas, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 18. Sonnabend, den 6. Mai .. 1916. 


Inhalt. 


0. Seifert, Sammelreferat aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 

Referate: 1. Boehme, 2. Menzer, Kriegsseuchen. — 8. Hagiwara, Plasmazellen in den 
ntschiedenen Organen bei Infoktionskrankheiten. — 4. Most, Rezidivierende und »ruhende« Infek- 
tionen bei Kriegsverletzungen. — 5. Schepelmann, Trauma und chronische Infektionskrankheiten. 
- €. Loewy, 7. Blassberg, 8. Gröbl und Xever, 9. Basten, 10. Frieboes, 11. Gorter und ten 
Bokke! Huininki, 12. Dünner, 13. Foster, 14. Cahn-Bronner, 15. Koenigsfeld, 16. Pulay, 
11. Engländer, 18. Mahn 19. Dakeyne, 20. Wiltshire und MacGillyeuddy, 21. Halbey, 
2. Ne Williams, 23. Kuhn, 34. Pick, 25. Mayer, 26. Seiffert, 27. Hueppe, 28. Stepp, 29. Seiffert, 
N. Hoyer, 81. Holler, 82. Snijders, 83. Lyon, 384. Rhese, 85. White und Whaland, 86. Mayor- 
tofor, 37. Emsheimer, 88. Kilgore, Typhus. 


Sammelreferat 
aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
(Januar bis April 1916.) 


Von 


Prof. Dr. Otto Seifert in Würzburg. 


a. Allgemeines. 

In den Fällen, in welchen eine Atmungsbehinderung nach Unter- 
kiefer-, Zungen- und Mundbodenschußwunden durch das Zurücksinken 
oder Zurückgedrängtwerden der geschwollenen Zunge bedingt wird, 
empfiehlt Bundschuh (1) einen Zungenbügel schon bei dem ersten 
Verbande auf dem Truppen- oder Hauptverbandplatz anzulegen, um 
gerade für den Transport der Verwundeten in das Feldlazarett die 
Pat. nicht der Gefahr der Erstickung auszusetzen. 

Bei einer großen Anzahl von Typhuskranken fiel Eggebrecht (2) 
auf, daß katarrhalische Erscheinungen von seiten der Mund-, Rachen-, 
Kehlkopf- und Luftröhrenschleimhaut bis tief in die Rekonvaleszenz 
anhielten, wieder auftraten oder ganz neu sich herausbildeten. Ge- 
Rauere Untersuchungen stellten fest, daß Typhusbazillen oft lange 
Zeit in den betreffenden Partien nachweisbar waren, es fanden sich 
nicht nur Bazillenausscheider nach der Krankheit, sondern auch 


18 


314 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


Bazillenträger ohne vorherige Krankheitserscheinungen. Für die 
Lehre von der Verbreitung und Verhütung des Typhus sind diese 
Befunde von großer Wichtigkeit. 

: Jedes Jahr, ungefähr zwischen Ende Mai und Ende Juni, wird 
in Shanghai eine große Anzahl von Europäern von einer Krankheit 
heimgesucht, die man nach W. Fischer (3) klinisch als Heuasthma 
bezeichnen kann. Die Krankheit beginnt mit Hustenreiz und Husten, 
anfangs ohne Niesreiz, Schnupfen, Konjunktivalreiz. Bisweilen be- 
steht eine leichte Pharyngitis, ganz typisch ist jedoch schon ganz 
zu Anfang ein eigenartiger subjektiver Geschmack im Munde. Wahr- 
scheinlich ist die einige Wochen dauernde Krankheit durch eine 
Ligusterart bedingt (L. sinense mit Blütezeit von Mitte Mai bis Mitte 
Juni). 

An einer Stirnbinde kann eine elektrische Taschenlampe mit 
frontal angebrachter Glühbirne ‚befestigt werden. Durch eine ein- 
fache Vorrichtung hat J. Katz (4) die Lampe beweglich machen 
lassen, so daß der Lichtstrahl genau auf den zu untersuchenden 
Körperteil eingestellt werden kann. 

Unter mehr als 100 Fällen von luetischen und metaluetischen 
Erkrankungen des Nervensystems beobachtete Kraupa-Runk$) 
bei einer Anzahl von Fällen ausgesprochene Geruchs- und Geschmacks 
störungen während und nach der Neosalvarsaninjektion, in manchen 
Fällen mehrere Stunden anhaltend. 

Aus seinen rhino-laryngologischen Erfahrungen bringt Onodi (0) 
Mitteilung über Gesichts- und Schulterschüsse, 1 Ictus laryngis, 
1 Halsschuß mit Verletzung der Luftröhre, 1 hysterische Aphonie 
und hysterische Stummheit, parodoxe Bewegungen der Stimmlippen, 
Hämatom des Larynx, 26 Fälle von Nasennebenhöhleneiterungen. 

In seinem klinischen Vortrage bespricht Peiper (7) die akute 
Rhinitis, die Nasendiphtherie, die Rhinopharyngitis, das Pfeiffer- 
sche Drüsenfieber, die Rhinitis syphilitica, die akute Laryngitis, den 
Pseudokrupp, den Retropharyngealabszeß. 

Unter Laryngol bezeichnet Stupnicki(8) eine Inhalations- 
emulsion (Kampfer, Menthol, Chloreton, Eukalyptol, Ol. Pini), von 
welcher bei Katarrhen der Luftwege !/, Teelöffel voll auf ein Giss 
Wasser zur Inhalation verordnet wird. 

Unter 45 Schußverletzungen der Gesichtsknochen heben Vinar 
und Lasek (9) hervor einen Fall von Durchschuß des Oberkiefers mit 
Gesichtsphlegmone und hartnäckiger Sekundärblutung aus der A 
maxillaris interna, die eine Unterbindung der A. carotis externa er- 
forderte. Bei 21 Durchschüssen des Halses war ein Fall von Nach 
blutung aus der rechten Fossa pterygoidea bemerkenswert, Unter- 
bindung der Art. carotis communis, Heilung nach 3 Monaten. Außer- 
dem wurden zwei glatte Schüsse durch den Kehlkopf und die Luftröhre 
beobachtet. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 315 


b. Nase. 

Drei Fälle von schwerer Stirnhöhlenschußverwundung wurden 
durch Albert (10) trotz komplizierten Heilungsverlaufes der Heilung 
zugeführt. Bei der Operation von Stirnhöhlenschußverwundungen 
wird man wohl stets kosmetische Rücksichten außer acht lassen und, 
um mit Sicherheit eine vollkommene Ausheilung zu erreichen, auch 
nen etwa erhalten gebliebenen Rest der vorderen Stirnhöhlenwand 
resezieren müssen. 

Eine knöcherne linkseitige Choanalatresie wurde von Behr (11) 
in der Weise operiert, daß er mit einer Trephine eine Öffnung in 
den Verschluß legte und dann mit Hilfe von Knochenstanzen das Loch 
erweiterte, schließlich wurde eine ausgiebige Resektion des hinteren 
Septumendes vorgenommen. Guter Erfolg. In einem zweiten Falle 
handelte es sich um membranösen Verschluß der rechten Seite, Ent- 
fenung der Membran mit Messer und schneidenden Zangen, ebenfalls 
guter Erfolg. 

Aus einer Tabelle, die Bergh (12) über seine 35 Beobachtungen 
an primärer Nasendiphtherie aufgestellt hat, geht hervor, daß eine 
geringe Zahl dem 1. Lebensjahre und dem Alter über 10 Jahre an- 
gehört, während die große Mehrzahl auf die dazwischen liegenden 
Jahre trifft. Die Anwesenheit von Membranen wurde nur in 13 Fällen 
konstatiert. Von Komplikationen kamen hauptsächlich in Betracht 
Albuminurien und Gaumensegelläihmungen. Behandlung: Heilserum. 
Die größte Bedeutung der Nasendiphtherie liegt darin, daß sie Ba- 
zillenträger erzeugt. 

Die Angina retronasalis tritt als fieberhafte Erkrankung epi- 
demisch auf, sie äußert sich, abgesehen von lokalen Erscheinungen, 
m Fieber, Stirn- und Hinterhauptskopfschmerz, starker Abgeschlagen- 
ieit, leicht nasaler Sprache. Als charakteristisch bezeichnet Blu men- 
-hal (13) und so gut wie immer vorhanden die Schwellung der Drüsen 
im hinteren Ende des Kopfnickers oder unter ihm etwa in der Höhe 
des Ohrläppchens. 

Die knollige, kartoffelähnliche Geschwulst hing über den Mund 
herab und mußte beim Essen sowie beim Reinigen der Nase immer 
erst in die Höhe gehoben werden. Brohl(14) nahm die Exzision 
vor, glatte Heilung. 

Bei einigen Heufieberkranken sah Goenner (15) gute Erfolge 
von der Behandlung mit Chlorkalzium, er benutzte aromatische Chlor- 
kalziumtabletten, empfiehlt mit dieser Medikation Ende April zu 
beginnen mit 3,0 p. die und ca. 4 Wochen später auf 5,0 oder mehr 
zu gehen. 

In dem ersten Falle, Mukokele der linken Stirnhöhle, erreichte 
Imhofer (16) durch Operation von der Nase aus Entleerung des 
Sekretes, bedeutende Verminderung des Exophthalmus und Schwinden 
der vorher vorhanden gewesenen Zirkulationsstörungen. Ein zweiter 


18* 


316 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


Fall betrifft eine Schußverletzung des linken Siebbeins. Entfernung 
des Projektils durch Operation von außen. Heilung. 

Bei einem 7jährigen Kinde wurde von Levinstein (17) aus der 
linken Nase ein außerordentlich großer Polyp entfernt, der aus dem 
hinteren Teile des mittleren Nasenganges stammte. Da die Kieferhöhle 
bei der Eröffnung von der Fossa canina aus sich als normal erwies, 
konnte dieser primäre solitäre Polyp nur aus dem Siebbein her- 
kommen. 

. Die vier von Plessner (18) demonstrierten Pat. hatten sich ihre 
Krankheit bei der Fabrikation von Granatzündern akquiriert. In 
der betreffenden Fabrik wird bei dem Mangel an Benzol, Spiritus u. dgl. 
als Ersatzmittel zur Abspülung von Feilspänen und Schmieröl das 
Trichloräthylen verwendet. Die Krankheitserscheinungen zeigten 
sich als völlige Empfindungslähmung des sensiblen Trigeminus aller 
drei Äste auf beiden Seiten. Bei den drei ersten Fällen vollkommene 
sekundäre Anosmie, bei dem vierten nur halbseitig. 

Ein Gewehrschuß hatte bei einem Soldaten fast den ganzea 
Unterkiefer mit Mundboden, Kinn und Unterlippe fortgeschossen, 
so daß die Zunge ihren Halt verlor und nach unten gesunken war. 
Ernährung nur durch die Sonde möglich. Im Oberkiefer waren die 
Zähne teilweise ausgeschossen, der harte Gaumen an der Grenze zum 
weichen durchlöchert. Durch Prothesen und konservierende Be 
handlung der Zähne und Wurzeln des Oberkiefers wurde ein sehr gutes 
Resultat erzielt, wie die fünf Abbildungen von Schopper (19) et- 
weisen. 

Ein 14 g schwerer, 6 cm langer Granatsplitter hatte die Nasen- 
spitze wie eine scharfe Messerklinge glatt durchtrennt, von der rechten 
Seite her das Septum cartilagineum glatt durchschnitten, die hinteren 
Zweidrittel der linken unteren Muschel amputiert und sich schräg in 
den seitlichen Teil des Nasen-Rachenraumes festgekeilt. Seifert (2) 
versuchte den Splitter zu extrahieren, ohne Erfolg. In der chirurgischen 
Klinik temporäre Oberkieferresektion und Extraktion des Splitters. 
Nach 4 Wochen tödliche Blutung aus einem falschen Aneurysma aM 
Ende des Canalis caroticus. 

Unter dem Namen »Rhinovalin« wird von der Firma Zimmer 
& Co. in Frankfurt a.M. eine Lösung von Validol in Ol. Paraffini 
(10 Tr. Validol : 10,0 Ol. Paraff.) in den Handel gebracht. Diese 
Konzentrationsgrad wird von Seifert und Como (21) als die zweck- 
mäßigste Form der Applikation, Schnupfenmittel im weiteren Sinne. 
bei den trockenen Katarrhen der oberen Luftwege bezeichnet. Über 
die Verwendung von Rhinovalin als Schnupfenmittel im engeren 
Sinne, bei der akuten Rhinitis, sprechen sich die Verff. noch reserviert 
aus, immerhin ermutigen ihre bisher damit gemachten Erfahrungen 
zu weiteren therapeutischen Versuchen nach dieser Richtung. 

Die Versuche von Spitzer (22), Prothesen für Lupusverstümme- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 317 


lungen anzufertigen, haben zur Ausbildung einer unschwer von jedem 
Arzt nachzuahmenden Methode geführt, nach der auch den Pat. 
Anweisung gegeben werden kann, sich die (alle 2—3 Tage) öfter zu 
wechselnden Prothesen selbst anzufertigen und anzulegen. 

In erster Linie bespricht Zimmer mann (23) leichte Verletzungen 
der Nase (Schußwunden des Septums und der Muscheln), welche schon 
in frischem Zustande spezialärztliche Behandlung wegen der zu 
fürchtenden schweren sekundären Veränderungen erfordern. Eine 
zweite Gruppe betrifft die gefürchteten Zertrümmerungen der Nasen- 
nebenhöhlen mit intrakraniellen Früh- und Spätkomplikationen. 


c. Mund — Rachen. 

Die merkurielle Wirkung in der Mundhöhle ist in Übereinstim- 
mung mit der merkuriellen Wirkung im Darme eine gefäßlähmende 
und eine geschwürsbildende. Möglicherweise ist auch die Salivation 
eine Folge von Gefäßlähmung in den Speicheldrüsen. Die geschwürs- 
bildenden Veränderungen in der Mundhöhle beruhen nicht auf der 
Quecksilberwirkung allein, sondern auf einer Kombinationswirkung 
von Quecksilber und lokalen Eiweißzersetzungen, welche H,S ent- 
wickeln. Diese letzteren treten zuerst nur in der Gingivaltasche, den 
Krypten und Lakunen der Tonsillen und im pharyngogingivalen 
Winkel auf, daher diese »Schlupfwinkel« die primären stomatitischen 
Lokalisationen darstellen, von denen aus sekundär teils durch Kon- 
taktwirkung, teils durch Wundinfektion, teils durch Flächenausbrei- 
tung andere stomatitische Veränderungen entstehen (Almkvist, 24). 

Die Erkrankung bei der 26jährigen Pat. begann vor 21/, Jahren 
mit Schwellung des Nasenrückens, Bildung von knotigen Tumoren 
an der Wange, an den Extremitäten. Die Knoten von bräunlich- 
bläulichroter Farbe. Am harten Gaumen fand Bloch (25) unregel- 
mäßig zerstreute stecknadelkopfgroße, graugelbliche Knötchen. Histo- 
logische Untersuchung ergab das Bild des Boeck’schen Sarkoids. 

Nach der Israel’schen Melanoplastik hat v. Hacker (26) eine 
Methode ausgebildet, die in zwei Akten innerhalb 14—17 Tagen be- 
endet ist. 

Eine kirschgroße Geschwulst am aufsteigenden Kieferast, derb, 
schwärzlich, bei einem 58jährigen Manne wurde von Hop mann (27) 
mit dem Galvanokauter exzidiert, kleine schwärzliche Stellen im 
Velum in den folgenden Wochen noch nachträglich zerstört, außerdem 
Salvarsan und Radiumbestrahlung. Nach 5 „Jahren Abmagerung, 
schwarzbraune Streifen im Sputum, über dem Oberlappen der linken 
Lunge katarrhalische Erscheinungen, wahrscheinlich Lungenmetastase. 

Mit besonders gebogenen, flachenSpritzenkanülen spritzt Ku h n(28) 
reines Wasserstoffsuperoxyd (Perhydrol) unter Anwendung mög- 
licht hohen Druckes in die Tiefe der Alveole ein. Das dabei ent- 
stehende Brennen und Spannungsgefühl verschwindet nach wenigen 
Minuten. Als Reaktion tritt 2—4 Tage lang eine geringe seröse Aus- 


318 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


scheidung aus der Alveole aus. Nach einigen Wochen, während 
deren alle 4—5 Tage die Einspritzungen wiederholt werden, versiegt 
die Eiterung, die Zähne werden wieder fest. 

Aus der von Levinstein (29) mitgeteilten Krankengeschichte 
(35jährige Frau) geht hervor, daß es sich um eine Angina Vincenti 
desrechtenSeitenstranges handelte: Leichtes Fieber, Schluckschmerzen, 
ł cm langes, mit schmierig-graulichem Belag bedecktes, kraterförmiges 
Geschwür auf dem rechten Seitenstrang, etwas unterhalb der Höhe 
des Gaumensegels. Im Abstrich fusiforme Bazillen. Gurgelungen 
mit H03, Anästhesinbonbons, Prießnitz’sche Umschläge, Heilung. 

Vielfach findet man bei Kindern als Ursache der Fortdauer der 
Mundatmung nach Entfernung der adenoiden Vegetationen einen 
engen hohen Gaumen. Lublinski (30) empfiehlt zur Beseitigung 
dieses Übelstandes die kieferorthopädische Dehnung des Gaumens. 

Gewehrprojektil auf der linken Halsseite unterhalb der Basis des 
Unterkiefers eingedrungen und auf der rechten Halsseite in gleicher 
Höhe etwas weiter nach hinten ausgetreten. Doppelseitige periphere 
Verletzung des N. hypoglossus. Bei der elektrischen Untersuchung 
gelang es Maas (31) nicht, den N. hypoglossus faradisch zu reizen, die 
faradische Erregbarkeit der Zungenmuskulatur war erhalten, galva- 
nisch deutlich träge Zuckung nachweisbar. 

Die Knochennaht, die anfangs in diesem Kriege mehrfach bei 
Schußfrakturen des Unterkiefers angewandt wurde, hat sich nicht 
bewährt, so daß Mayrhofer (32) vor deren Anwendung dringend 
abrät, zumal es sich fast ohne Ausnahme um schwer infizierte Splitter- 
frakturen handelt. Für den Transport ins Kieferspital stehen eine 
Anzahl von Notverbänden, extraorale und intraorale, zur Verfügung. 

Bei einem 11 Tage vorher mit Erfolg geimpften 2jährigen Knaben 
fand Ochsenius (33) außer sekundären Impfpusteln an den Augen- 
lidern, am Hals, am Ohre, am Ellbogen, Oberschenkel, Gesäß auch 
vier Pusteln auf der Zunge, und zwar zwei an der Zungenspitze, eine 
an der linken Seite und eine auf der Oberfläche der Zunge. 

Gegen einfache katarrhalische Stomatitis empfiehlt Peiper (3%) 
20% iges Boraxglyzerin oder Wasserstoffsuperoxydlösungen, bei Soor 
Vermeidung mechanischer Entfernung, eventuell Anwendung eines 
Borsäureschnullers, bei Stomatitis aphthosa Pinseln mit 2®%iger 
Höllensteinlösung, bei Stomatitis ulcerosa innerlich Gebrauch von 
Kali chloricum (1,0 .:100,0 2stündlich 5 ccm). Die mechanische 
Reinigung des Mundes bei Neugeborenen und Säuglingen schädlich. 

In Hunderten von Fällen konstatierte Pichler (35) bei Tabak- 
kauern Pigmentflecke an der Wangenschleimhaut, die als bräunliche, 
stecknadelkopf- bis linsengroße, teils scharf umrandete, teils ver- 
schwommene bräunliche Flecke erscheinen. Der Farbenton ist manch- 
mal auch ein ausgesprochen braunschwarzer oder bläulichgrauer. 
Niemals fand P. solche Flecke bei lichthaarigen Männern, stets handelte 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 319 


es sich um Personen mit dunkelbraunem oder schwarzem Haupthaar. 
Bei den histologischen Untersuchungen wurde körniges, gelbbraunes 
Pigment in den tiefsten Schichten des Epithels sowie in den obersten 
Lagen des Bindegewebes der Schleimhaut nachgewiesen. 

In einem Russenlager, das 900 Gefangene beherbergte, trat eine 
Mundseuche auf, die in wenigen Tagen 200 Mann befiel. Dann klang 
die Epidemie, die im ganzen 420 Fälle betraf, langsam ab und erlosch 
nach 5 Wochen. Die Krankheitserscheinungen bestanden in Zahn- 
fleischschwellungen und Eiterungen mit qualvoller Salivation, Fötor, 
Ulzerationen an verschiedenen Stellen des Mundes und Rachens, be- 
gleitet von Fiebererscheinungen mit Störungen des Allgemeinbefindens. 
Pinselungen mit Pyoktanin und Höllenstein fand Rumpel (36) sehr 
wirksam. 3 Monate später kam es in einem anderen Gefangenenlager 
zu einer 100 Fälle betragenden leichteren Epidemie. 

Bei einer 30jährigen Frau, die in ShanghaiSprue akquiriert hatte, 
erzielte A. Schmidt (37) völlige Heilung durch O,-Einläufe in einer 
jedesmaligen Menge von ca. I Liter. Anfangs wurde die Applikation 
wöchentlich imal, später alle 14 Tage vorgenommen. 

Bei einer ungeheuer schweren Granatsplitterverletzung des Ge- 
sichtes war auch der Ductus Stenonianus aufgerissen, Schmieden (38) 
nahm die Freilegung und zirkuläre Naht des Ductus Stenonianus vor 
und leitete dadurch den Speichel wieder in den Mund. 


d. Stimme und Sprache. 

An der Hand einer Reihe von Schädel- bzw. Gehirnschüssen be- 
sprieht Binswanger (39) die Anarthrie bzw. Dysarthrie, die sich im 
Anschluß an Verletzungen der linken motorischen Rindenregion ein- 
stellt. Unsere Kriegserfahrungen weisen darauf hin, daß auch link- 
seitige Hirnrindenverletzungen, die- das untere Drittel der vorderen 
Zentralwindung mitbetroffen haben, solche anarthrische und dys- 
arthrische Störungen hervorrufen. Sehr lehrreich ist die gemachte 
Erfahrung, daß durch methodische Sprechübungen eine weitgehende 
Verbesserung der Sprache erzielt werden kann. Es darf dies als 
Beweis für die Anschauung betrachtet werden, daß die der Läsions- 
stelle benachbarten Rindenteile durch funktionelle Übung einen 
teilweisen Ersatz bieten. 

Eine Reihe von hysterischen Sprachstörungen vom einfachen 
affektiven Stottern bis zu völliger Taubstummheit wird von Bins- 
wanger (40) demonstriert. In einem Falle von seit Monaten be- 
stehender Taubstummheit gelang es, innerhalb 8 Tagen auf psycho- 
therapeutischem Wege Heilung zu erzielen. Nur völlige Isolierung 
der Kranken mit Fernhaltung aller psychischen Reize, die Erinnerungs- 
bilder an überstandene schreckhafte Ereignisse wecken, kann zum 
Liele führen. 

Um die durch eine Schußverletzung entstandene Lähmung des 
weichen Gaumens zu bessern, verwendete Fröschels (41) seinen 


320 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


Palatoelektromasseur, Artikulationsüäbungen und Paraffininjektion 
in die hinter der gelähmten Gaumenhälfte liegende Seite der Rachen- 
wand. Ausgezeichnetes Resultat. 

Der Krieg hat reichlich Gelegenheit geboten, Stottern im Anschluß 
an Traumen zu beobachten, dabei haben sich Fröschels (42) in 
der sprachärztlichen Abteilung des k. k. Kriegsspitals Nr.4 in Wien 
Unterschiede im Verlaufe der Krankheit gegenüber dem Stottern, 
das man als »Entwicklungsstottern« sonst am häufigsten sieht, auf- 
gedrängt, über welche unter Beigabe von Krankengeschichten be- 
richtet wird. 

Die im Felde oft vorkommenden leichteren und vorübergehenden 
Stimm- und Sprachstörungen nach starken, meist kurzen Affektwir- 
kungen werden in dem Bericht von Gutz mann (43) nicht besprochen, 
sondern die schweren, langdauernden oder bleibenden Kriegsschädi 
gungen an Stimme und Sprache. Das Zahlenverhältnis der verschie- 
denen Entstehungsursachen zueinander, die Behandlung der einzelnen 
Arten der Stimm- und Sprachstörungen ergibt sich aus den an über 
200 Kriegern gemachten Beobachtungen. Den Schußverletzungen 
des Schädels mit verschiedenen Formen der Aphasien sowie solchen 
der Dysarthrien, der Schußverletzungen der peripheren Nerven, sowie 
des peripheren Sprechmechanismus werden einzelne prägnante Kranken- 
geschichten beigefügt. 

Aus den Untersuchungen von Re&thi (44) geht hervor, daß die 
im Kehlkopf erzeugten Schallwellen der Luft nicht oder in nicht nach- 
weisbarem Maße die Knochen und Weichteile der Sprachorgane gegen 
die Nasenhöhle hin passieren, daß hingegen die im Kehlkopfe durch 
die Vibrationen der Stimmlippen erzeugten Schallwellen sich in den 
festen und weichen Teilen der Sprachorgane in solchem Maße auf die 
Nasenhöhle fortpflanzen, daß die in derselben entstandenen Luft- 
erschütterungen nachgewiesen werden können. Von Bedeutung ist, 
daß die in den Stimmlippen entstandenen Schallvibrationen nicht nur 
auf die Knorpel, bzw. Knochen des Kehlkopfes übertragen werden, 
sondern ihre Leitung findet auch auf größere Strecken statt, die teils 
aus Weichteilen, teils aus Knochen bestehen. Auf diese Weise wird 
auch der Scheitel durch den tönenden Kehlkopf in Mitschwingung 
gebracht. 

In den beiden von Scholz (45) mitgeteilten Fällen von durch 
Schrecklähmung im Felde entstandenen Sprachstörungen war die 
Ursache Granatexplosion in unmittelbarer Nähe der Betroffenen. 
Bei beiden Soldaten bestand vollkommener Mutismus, beide wurden 
geheilt, der eine vollständig, bei dem anderen besteht noch ziemlich 
heftiges Stottern, sobald er sich aus irgendeinem Grunde erregt, im 
übrigen spricht auch er jetzt wieder ziemlich geläufig und mit lauter 
Stimme. 

Unter 14 Fällen von hysterischer Taubstummheit von Soldaten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 321 


zeigte sich Urbantschitsch (46) als häufigste Ursache Granat- 
explosion in unmittelbarer Nähe, häufig Kombiniert mit Verschüttung 
der betreffenden Pat. In einem Falle löste »Hitzschlag« die Hysterie 
aus, in einem Falle trat die besonders schwere Hysterie nach Typhus 
auf. Dauer des Leidens zwischen 1 —4 Monaten schwankend. Hei- 
lung in allen Fällen durch faradischen Schlag durch den Kehlkopf. 


c. Larynx und Trachea. 

Aus dem Kapitel Tracheotomie bespricht Chiari (47) die be- 
sonderen Schwierigkeiten und selteneren Ereignisse bei der Tracheo- 
tomie: Tracheotomie bei drohender Erstickung, sehr starke Infiltration 
der Weichteile des Halses in der Gegend von Larynx und Trachea, 
Schwierigkeiten von seiten der Schilddrüse, Gefäße und Anomalien, 
Verkalkung der Trachealringe. Einige Bemerkungen treffen die 
Kunstfehler bei der Tracheotomie, dann die Tracheotomie mit dem 
‘ Galvanokauter oder Thermokauter, die Punktion der Membrana 
 cricothyreoidea, die Resektion der Trachealknorpel, die Tracheotomie 
ohne Kanüle und die quere Tracheotomie, die an seiner Klinik 3mal 
ausgeführt wurde. Aus der Statistik der Tracheotomie geht hervor, 
daß die Mortalität nach der Tracheotomie bei nichtdiphtherischen 
Pat. seit 1880 von 29,5 auf 20,5 und 15,8% zurückging. 
| Bei einer Tracheotomie wegen diphtherischer Stenose fand 
Cohnen (48) als Ursache der trotz Tracheotomie fortbestehenden 
= Stenoseerscheinungen einen 10 cm langen Spulwurm in der Trachea. 

In dem ersten der von Hajek (49) mitgeteilten seltenen Kehl- 
kopftumoren handelte es sich bei einem 32jährigen Manne um ein etwa 
walnußgroßes gelapptes Fibrom im oberen Kehlkopfraum. Verlegung 
der Glottis bis auf einen kleinen Rest, geringe subjektive Atem- und 
-© Stimmstörung, enorme Hypästhesie der Kehlkopfschleimhaut, endo- 
. laryngeale Operation ohne Anästhetikum, Heilung. Der zweite Fall 
. betrifft ein 17jähriges Mädchen mit einem großen submukösen, leicht 
. ausschälbaren Fibrom, von den linkseitigen Weichteilen der supra- 
. glottischen Partie des Larynx ausgehend. Tracheotomie, später 
. Laryngofissur mit dauernder Heilung. Im dritten Falle (erwachsener 
. Mann) große, gelblich durchscheinende Cyste der Vorderfläche der 
- Epiglottis. Anscheinend vollkommene Verlegung des Larynxeinganges, 
endolaryngeale Operation. Heilung. 
| Die experimentellen Ergebnisse an Hundekehlköpfen rechtfertigen 
< nach Ansicht von Hoessly (50) den Versuch, auch beim Menschen 
: unter gewissen Bedingungen eine Nervenimplantation bei Recurrens- 
- lähmung vorzunehmen; z.B. in Fällen von beiderseitiger Paralyse 
.. und bei einseitigen Lähmungen, die keine Besserung der Stimme auf- 
. weisen. 

In dieser vierten Reihe bringt Körner (51) fünf neue Beobach- 
tungen von Schußverletzungen des Kehlkopfes, die von neuem mahnen, 
mit einem abschließenden Urteil über ihre Symptomatologie und 


189%% 


322 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


Prognose zurückzuhalten. 1) Schuß von der Seite her in die hintere 
Wand des Kehfkopfes. Dislokation und Fixation des Gießbecken- 
. knorpels und Lähmung des Ramus muscul. n. laryngei super. 2) Quer- 
schuß durch den Kehlkopf. Heilung. 3) Gewehrschuß von rechts 
hinten in den Hals und durch den Hypopharynx bis in die linke Ring- 
knorpelhälfte. Perichondritis am Ringknorpel und narbige Fixation 
des linken Gießbeckens. Tracheotomie. Laryngofissur. Heilung. 
4) Schrägschuß durch den oberen Teil des Kehlkopfs. Heilung. 
5) Schrapnellkugelsteckschuß im Halse mit Schädigung des Kehl- 
kopfes. Extraktion der Kugel. Heilung. | 

Die ersten beiden Mitteilungen von Litthauer (52) beziehen 
sich auf Halsschüsse. a. Gewehrschuß durch den Hals, in der darauf- 
folgenden Nacht Tracheotomie wegen plötzlicher Atemnot. Nach 
12 Tagen ergab die Röntgenaufnahme ein Spitzgeschoß fast quer 
vor der Wirbelsäule (VI. —V Il. Halswirbel) mit nach rechts gerichteter 
Spitze liegend, obgleich der Einschuß von rechts her gekommen war. 
es mußte sich das Projektil also gedreht haben. Laryngoskop.: 
Perichondr. arytaenoidea rechts. Operation, Entfernung des fran- 
zösischen, wohlerhaltenen Infanteriegeschosses. 

b) Gewehrschuß am Halse rechts, ausgedehntes Hautemphysen. 
Röntgenaufnahme läßt ein Geschoß nicht erkennen. Operation, Wurd- 
höhle im zerfetzten linken Schilddrüsenlappen gelegen, Riß in dır 
Luftröhre, Geschoß nicht zu finden in der Wunde. In der Nacht 
vom 4. zum 5. Krankheitstage schwere Blutung aus der Wunde. 
Exitus. 

Sektion: Geschoß war mit seiner Spitze in der linken Vena ano- 
nyma stecken geblieben. | 

Ein Geschoß war dicht unterhalb des rechten Auges eingedrungen. 
hatte die Molaren des Ober- und Unterkiefers herausgeschleudert, war 
dann quer durch den Hals gegangen und im Hals stecken geblieben. 
Tracheotomie. Kehlkopf stark hyperämisch, linkes Stimmband in 
Mittellinie stillstehend. Bei einer zweiten Röntgenaufnahme tt- 
kannte Lubinski (53) das Geschoß direkt vor der Speiseröhre, Opera- 
tion, Heilung. 

Das von Marchand (54) demonstrierte und durch drei Abbil- 
dungen illustrierte Präparat stammt von einem 25jährigen Mann, de! 
plötzlich unter Erstickungserscheinungen gestorben war. Am hinteren 
Umfange des Larynx fand sich bei der Autopsie eine Geschwulst, di: 
mit dem rechten Lappen der Schilddrüse zusammenhing. Am unteren 
und seitlichen Umfang der letzteren kamen einige mit Geschwulst- 
massen gefüllte Venen zum Vorschein. Das Verhalten der Geschwulst- 
masse zu den Schleimdrüsen macht die Annahme einer Entstehung 
von den letzteren selbst oder von ihren Ausführungsgängen am meisten 
wahrscheinlich. 

Bei drei Soldaten mit schwerer Schrecklähmung der Kehlkopf- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 323 


muskulatur (funktionelle Aphonie) suchte Muck (55) Heilung dadurch 
herbeizuführen, daß er die Pat. in Erstickungsangst brachte. Zu 
diesem Zwecke wurde eine an einem sondenähnlichen Instrumente | 
angebrachte Metallkugel (mit einem Durchmesser von 1 cm) plötzlich 
in den Kehlkopf für einige Sekunden eingeführt mit einem kurzen, 
kräftigen Druck auf die hintere Kommissur. Auf der Höhe der Schreck- 
emotion wurden die Pat. aufgefordert zu sprechen, die Stimme erschien 
sofort. 

In zwei Fällen von diphtherischer Larynxstenose, die schon zur 
Tracheotomie bestimmt waren, sah Pfister (56) nach je einer In- 
jektion von Kampferöl die bedrohlichen Erscheinungen verschwinden. 

In dem ersten der von Zange (57) demonstrierten Fälle von 
Schußverletzungen, der Schuß war dicht an der Schädelbasis vorbei- 
gegangen, war der Mundfacialis, Accessorius und Laryngeus inferior 
gelähmt. Im zweiten Falle (Einschuß rechtes Auge, Ausschuß Nacken 
in der Höhe der Vertebra prominens) Gaumensegel-, totale Recurrens- 
Hypoglossuslähmung. Dritter Fall: Einschuß im linken Rücken 
zwischen Schulterblatt und Wirbelsäule, Ausschuß linker Sinus pyri- 
formis. Linkseitige Recurrenslähmung, Hypoglossus-, Sympathicus- 
und Gaumensegellähmung. 


Literatur. 


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l) Bundschuh, Wie beugen wir bei Unterkiefer-, Zungen- und Mund- 
böodenschußwunden der Erstickung vor? Münchener med. Wochenschrift 1916. 
Nr. 11. Feldärztl. Beil. 11. 

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schrift 1916. Nr. 11. Feldärztl. Beil. 11. 

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den Säuglingen. Deutsche med. Wochenschrift 1916. Nr. 8. 

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11) Behr, Ein Beitrag zur Klinik und Behandlung der knöchernen und 
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12) Bergh, Über primäre Nasendiphtherie. Monatsschrift f. Ohrenheilk. 
195. Hft.9 u. 10. 


324 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


13) W. Blumenthal, Über die infektiöse Entzündung des Nasen-Rachen- 
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14) Brohl, Ein Rhinophyma von seltener Art. Dermatol. Zentralbl. XIX. 
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15) Goenner, Chlorkalziumbehandlung des Heufiebers. Schweiz. Korre- 
spondenzblatt 1916. Nr. 11. S. 351. 

16) Imhofer, Zur Kasuistik der Nebenhöhlenaffektionen. Monatsschrift f. 
Ohrenheilkunde 1916. Nr. I u. 2. 

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Bd. VIII. Hft. 1. 1916. 

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Medizin 1916. Nr. 16. 

20) Seifert, Großer Granatsplitter im Nasen-Rachenraum. (Mit 1 Tafel und 
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Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 10. 

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Hft. 4. 

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24) Almkvist, Über die primären Ursprungsstellen und die sekundäre Aus- 
breitung der merkuriellen ulzerösen Stomatitis und über die Entstehung der Sali- 
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25) Bloch, Boeck’sches Sarkoid mit Beteiligung der Knochen und der 
Schleimhaut des harten Gaumens. Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1916. 
Nr.9. S. 273. 

26) v. Hacker, Beitrag zur Plastik bei penetrierendem Wangendefekt mit 
nachfolgender narbiger Kieferklemme, insbesondere nach Schußverletzungen. 
Beiträge z. klin. Chirurgie 1916. 12. kriegschirurg. Heft. 

27) Hopmann, Melanosarkom der Mundschleimhaut. Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr.9. S. 322. 

28) Kuhn, Heilung der Zahnpyorrhöe durch Einspritzung von reinem Wasser- 
stoffsuperoxyd. Med. Klinik 1916. Nr. 8. 

29) Levinstein, Die Angina Vincenti der Seitenstränge (Pharyngitis lateralis 
acuta ulcero-membranacea). Zeitschrift f. Laryngol. Bd. VIII. Hft. 1. 1916. 

30) W. Lublinski, Gaumenhochstand und adenoide Vegetationen. Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 4. 

31) O. Maas, Doppelseitige Hypoglossusverletzung. Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 1. S. 26. | 

32) Mayrhofer, Zur primären Knochennaht bei Schußfrakturen des Unter- 
kiefers. Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 8. 

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med. Wochenschrift 1916. Nr. 2. 

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Deutsche med. Wochenschrift 1916. Nr. 7. 


3 


wrk 


al 


ca 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 325 


%) Pichler, Typische Pigmentierung der Wangenschleimhaut bei Tabak- 


co kaem. Wiener med. Wochenschrift 1916. Nr. 6. 


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- chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3. 


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Wochenschrift 1916. Nr. 7. 


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-~ Cenzblatt d. allg. ärztl. Vereins v. Thüringen 1915. Nr. 11 u. 22. 


40) Binswanger, Kriegsneurologische Demonstrationen. Korrespondenz- 


.. Matt d. allg. ärztl. Vereins v. Thüringen 1916. Nr. 1 u. 2. 


4) Fröschels, Über die Behandlung von Gaumenlähmungen mit kom- 


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42) Fröschels, Zur Klinik des Stotterns.. Münchener med. Wochenschrift 


‚ 1916. Nr. 12, 


8) Gutzmann, Stimm- und Sprachstörungen im Kriege und ihre Behand- 


. Jung. Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 7. 


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i = W. Scholz, Funktionelle Sprachlähmung im Felde. Med. Klinik 1915. 
r. 52, 


%) Urbantschitsch, Hysterische Taubstummheit. Wiener med. Wochen- 


schrift 1916, Nr. 7. 


e. Larynx und Trachea. 

41) Chiari, Aus dem Kapitel Tracheotomie der bei Ferdinand Enke in 
Druck befindlichen »Chirurgie des Kehlkopfes und der Luftröhre«. Monatsschrift 
Ohrenheilkunde 1915. Nr. 11 u. 12. 

48) Cohnen, Seltene Komplikation einer diphtherischen Tracheal- und 
Larynxstenose. Deutsche med. Wochenschrift 1916. Nr. 14. 
191 a Seltenere Kehlkopftumoren. Monatsschrift f. Ohrenheilkunde 

Nr] u.2. 

0) Hoessiy, Über Nervenimplantation bei Recurrenslähmungen. Beiträge 
lin. Chirurgie Bd. XCIX. Hit. 1. 
A pep, Körner, Beobachtungen über Schußverletzungen des Kehlkopfes. 

Be Zeitschrift f. Ohrenheilk. Bd. LXXIII. Hft. 4. 1916. 

2) Litthauer, Kasuistische Mitteilungen zur Kriegschirurgie. Berliner 


ein. Wochenschrift 1916. Nr. 1. 


Woch Lubinski, Ein Fall von Steckschuß im Kehlkopf. Deutsche med. 
enschrift 1916. Nr. 4. 
au Chand, Ein Fall von Zylindrom des Kehlkopfes. Münchener med. 
schrift 1916. Nr. 11. S. 395. 
TARAN k, Heilungen von schwerer funktioneller Aphasie. Münchener med. 
se) pr. 1916. Nr. 12. Feldärztl. Beil. S. 193. 
.Wo 'ster, Zur Behandlung der Laryngitis diphth. (croup.). Münchener 
henschrift 1916, Nr. 5. 
blatt q, Be Recurrenslähmungen nach Schußverletzungen. Korrespondenz- 
8- ärztl. Vereins v. Thüringen 1916. Nr. 1 u. 2. Ä 
mer En 


Woche 


326 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


Referate. 


1. A. Boehme. Einige Beobachtungen über Kriegsseuchen im 
Balkankriege 1913. (Med. Klinik 1915» Nr. 48. S. 1320.) 

In der Arbeit sind die Beobachtungen des Verf.s über die Kriegsseuchen im 
Balkankriege 1913 niedergelegt. Verf. hatte damals im Dienste des Deutschen 
roten Kreuzes am Serbjschen Feldzuge teilgenommen. Er gibt seine Erfahrungen 
über Typhus, Ruhr, Flecktyphus, Recurrens und Cholera in dem nur mit mangel- 
haften hygienischen Einrichtungen versehenen Lande wieder. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


2. Menzer. Über die Kriegsseuchen und die Bedeutung der 
Kontaktinfektionen. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 48—51.) 
Die Entstehung von Kriegsseuchen, besonders da, wo sie zu bestimmten Zeiter. 
plötzlich in größerer Zahl oder auch an manchen Stellen ganz vereinzelt sich ent- 
wickeln, wird allein durch die Annahme von Kontaktinfektionen durch Bazillen- 
träger nicht befriedigend erklärt. So wenig letztere geleugnet werden können, 
so beruht doch das massenhafte Auftreten von Kriegsseuchen in erster Linie au! 
Schädigung der Konstitution durch die verschiedenartigen Einwirkungen de: 
Kriegslebens. Bei der Unsicherheit, die sich neuerdings vielfach in der Unter- 
scheidung der verschiedenen Gruppen der Typhus-, Paratyphus-, Dysenterie- und 
Coliarten gezeigt hat, erhebt sich wieder mit besonderem Nachdruck die Frage. 
inwieweit es möglich ist, daß im Anschluß an konstitutionelle Schädigung in de: 
Darmschleimhaut normale Darmbewohner und auch ihnen verwandte, in der 
Außenwelt lebende Saprophyten pathogen werden und die Eigenschaften der al: 
spezifisch geltenden Krankheitserreger annehmen können. Die Diagnose des 
Flecktyphus ist vorläufig eine sehr unsichere. Sie ist mit großer Zurückhaltun: 
und nur nach Erschöpfung aller differentialdiagnostischen Merkmale zu stellen. 
Die Behandlung der Kriegsseuchen muß von dem Grundsatz ausgehen, daß ver- 
ständige Pflege und Erhaltung der Kräfte der Kranken obenan stehen und Stv- 
rungen des naturgemäßen Krankheitsverlaufes durch differente Mittel, Fieber- 
mittel u. dgl. und vor allem jegliche Polypragmasie zu vermeiden sind. 
Reckzeh (Berlin). 


3. Ryoichiro Hagiwara. Über das Vorkommen von Piasmazellen 
in den verschiedenen Organen bei Infektionskrankheiten. 
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 28.) 

Schlüsse: 

Plasmazellen finden sich nicht nur bei chronischen und subakuten, sondern 
auch bei akuten Infektionskrankheiten. 

VonBedeutung für ihr Auftreten ist vor allem die Art desErregers, und zweiten: 
scheint die Gewebsschädigung eine Rolle zu spielen. 

Die Plasmazellen haben wahrscheinlich die Aufgabe, Gewebstrümmer zu re- 
sorbieren. 

Die Lokalisation der Plasmazellen ist in allen Organen im Interstitium, be- 
sonders um die Gefäße und fast nie in denselben. Am stärksten befallen scheint 
stets die Milz. 

Die Toxine sind nicht die einzige Ursache der Plasmazellenbildung. 

Die Antikörperbildung hat mit der Plasmazellenbildung wohl nichts zu tun. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 327 


Falls sich auffallend viel Plasmazellen im Interstitium der Niere oder des 
Herzens einstellen, dürfte eine akute Infektionskrankheit mit ziemlich bestimmter 
Sicherheit vorausgesetzt werden. 

Plasmazellen in großer Menge in der Uterusmucosa lassen nicht die Diagnose 
Gonorrhöe zu, während sie in der Tubenschleimhaut bis zu einem gewissen Grade 
für die Diagnose Gonorrhöe verwertet werden Können. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4. Most (Breslau). Zur Frage der rezidivierenden und „ruhenden“ 
Infektionen bei Kriegsverletzungen. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 34.) 

Lange dauernde und sorgfältigste Immobilisierung solch schwer infizierter 
Gliedmaßen ist dringend erforderlich. Wundrevisionen sind tunlichst hinaus- 
zuschieben, ebenso werden größere Transporte möglichst zu vermeiden sein. 

Reckzeh (Berlin). 


5. Schepelmann (Bochum). Trauma und chronische Infektions- 

krankheiten. (Med. Klinik 1915. Nr. 18.) 

Sieht man schon wenige Tage nach dem Trauma, etwa 4 bis 5 Tage, eine 
Lokaltuberkulose auftreten, so kann es sich selbstverständlich nur um die Ver- 
schlimmerung einer bereits floriden Tuberkulose handeln (Thiem); denn die Ent- 
wicklung des Tuberkels beginnt erst 3—4 Tage nach der Infektion, und befindet 
sich nicht vor dem 12. bis 14. Tage auf der Höhe der Entwicklung. Bei Wirbel- 
verletzungen werden sogar Monate bis Jahre vergehen, ehe es zur Ausbildung 
des Buckels oder der Senkungsabszesse kommt. Es werden auch bei langem 
Intervall stets gewisse Brückensymptome bestehen, die eine im wesentlichen fort- 
laufende Symptomenkette zwischen Trauma und späterem Leiden bilden, wie 
Schmerzen, Wirbelsäulenversteifung, Abmagerung, Fieber usw. Das Intervall 
zwischen Trauma und Sichtbarwerden des Gummas ist verhältnismäßig kurz, 
im höchsten Falle 4—6 Wochen. Bei späterem Auftreten wird man sich wohl 
ablehnend verhalten können, weil dann die durch das Trauma gesetzten Schädi- 
gungen so weit repariert sind, daß ein Locus minoris resistentiae nicht mehr vor- 
handen ist. Reckzeh (Berlin). 

6. Julius Loewy. Zur Symptomatologie der Typhusschutz- 

impfung. (Med. Klinik 1915. Nr. 26. S. 728.) 

Verf. teilt einen von ihm beobachteten Fall mit, bei dem einen Monat nach 
der Typhusschutzimpfung ein Typhus ausbrach, der in seinem Verlauf keinen 
Unterschied zeigte gegenüber dem bei Nichtgeimpften. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


7. Blassberg. Positive Typhusbazillenkultur und Typhusagglu- 
tination bei Miliartuberkulose. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 48.) 

Ein 22jähriger gefangener Russe (Gruzine) wurde in das Epidemiespital Nr. 1 
in Krakau als typhusverdächtig eingeliefert und starb dort nach 8 Tagen. Es 
gehört dieser Fall zu den sehr seltenen, vereinzelt dastehenden Beobachtungen, in 
denen Typhusbazillen, bzw. Agglutination bei einem Pat. festgestellt wurden, 
während klinisch und anatomisch kein Bauchtyphus vorlag. Von den bisher 


328 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


in der Literatur bekannten Fällen unterscheidet sich dieser dadurch, daß 1) Typhus- 
bazillen bei Lebzeiten in der Pleurahöhle entdeckt wurden, 2) daß gleichzeitig 
die Gruber-Widal’sche Agglutination stark positiv ausgefallen ist, 3) daß die 
bestehende Tuberkulose bei Lebzeiten mit Sicherheit festgestellt werden konnte, 
4) daß außer der positiven Bazillenkultur bei Lebzeiten noch das der Leiche ent- 
nommene Blut und die Galle positiven Bazillenbefund ergaben. 

Seifert (Würzburg). 


8. Gröbl und Xever. Über die Immunkörperbildung bei Impfungen 
mit verschiedenen Typhusimpfstoffen. (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 50.) 

Aus dem verschiedenen Ausfall der Komplementablenkungsversuche bei An- 
wendung sensibilisierter und nicht sensibilisierter Bakterien geht hervor, daß es 
nicht gleichgültig ist, welchen Impfstoff man anwendet. Da es vorderhand nicht 
feststeht, welcher Immunkörper für die bezweckte Immunität der wichtigste ist, 
glauben die Verff. auf Grund des vorliegenden Materiales berechtigt zu sein, den 
Vorschlag zu machen, die Schutzimpfung mit einem Gemisch verschiedener Impf- 
stoffe vornehmen zu lassen, damit auf diese Weise möglichst alle für den Impf- 
schutz in Betracht kommende SENDIAENIDEN in gleicher Weise zur Ausbilduns 
gelangen. Seifert (Würzburg). 

9. Jos. Basten. Über klinische serologische Beobachtungen bei 
der Typhusschutzimpfung. (Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 583.) 

Das augenfälligste Ergebnis der vorliegenden Beobachtungen war die Tat- 
sache, daß in einer Reihe von Fällen im Anschluß an die Impfung Typhus ent- 
stand bei Mannschaften, die vorher keinerlei Krankheitserscheinungen gezeig: 
hatten. Verf. nimmt an, daß diese Fälle zur Zeit der Impfung sich im Inkuba- 
tionsstadium befunden haben. Ruppert (Bad Salzuflen). 


10. Frieboes. Über eigenartige, meist skarlatiniforme Spätexantheme 
nach Typhus- und Choleraimpfung. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 7.) 

Der Ausschlag kann verschieden aussehen. Während die wenig entwickelter. 
Exantheme mit ihren relativ spärlichen follikulär- und perifollikulär angeordneten 
Flecken und auf Grund der eigenartigen gelblichrötlichen oder gelblichrosa Farre 
mit keinem anderen Exanthem außer einem toxischen oder Arzneiexanthem zi 
verwechseln sind, bieten die stark entwickelten Fälle in einer gewissen Anzar.: 
große differentialdiagnostische Schwierigkeiten gegenüber Scharlach, zumal i 
auch die sonstigen Begleiterscheinungen (Lokalisation, Erbrechen, Fieber, Bron- 
chitis, Freibleiben der Mundpartie usw.) dieselben sein können wie beim Scharlach. 
Es ist wichtig, daß auch in den stärksten Fällen das Exanthem stets marmorier! 
bleibt, d. h. rötliche Flecke in einem Maschenwerk weißlicher Streifen. 

Reckzeh (Berlin). 


11. E. Gorter und A. ten Bokkel Huininki. Die Kontrollierung 
der Typhusimpfsubstanz. (Folia microbiologica 1915. IV. 1. S.#! 
bis 45.) 
Verff. haben den Versuch einer Prüfung des von ihnen hergestellten Vaccin: 
vorgenommen. Meerschweinchen werden — ein einziges Mal — subkutan mi! 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 329 


100 bis 1000 Millionen Bazillen pro Kilogramm Körpergewicht, also mit der 5 bis 
50maligen menschlich@®n pro Kilogrammgabe beteiligt. Einen Monat nachher wird 
von einer bekannten hochvirulenten Typhuskultur 5mal die minimale tödliche 
Menge intraperitoneal bei einer gleichen Zahl geimpfter und nicht geimpfter Tiere 
eingeführt. Letztere gingen nach 26 bis 30 Stunden ein, während erstere am Leben 
verblieben. Selbstverständlich wird bei dieser Prüfung die Übertragbarkeit der 
Ergebnisse des Meerschweinchenversuchs auf den menschlichen Organismus 
vorausgesetzt. Diese Annahme bietet erhebliche Übelstände dar, indem schon 
beim Menschen die individuellen Schwankungen recht bedeutend sind und von 
den übrigen Säugetieren nur Menschaffen einen regulären Typhus akquirieren 
können. Andererseits wird die Sicherheit, daß eine gewisse Impfsubstanz auch im 
Körper dieser niederen Säuretiere die Entstehung guter Antikörper auszulösen 
vermag, gewissermaßen als ein guter Zeuge zugunsten des Vaccins dienen können 
und anderweitigen Kennzeichen in vitro (Agglutinierung, Bakterizidie, Komple- 
mentbindung usw.) vorzuziehen sein. Zeehuisen (Utrecht). 


12. Dünner. Neuere Arbeiten über Typhus. (Therapie der Gegen- 
wart 1915. Hft.4. S. 144.) 

In diesem Sammelreferat schildert Verf. eingehender das Verfahren von 
Lüdke, betreffend die Behandlung des Abdominaltyphus mit intravenösen Injek- 
tionen von Albumosen. Weiter erwähnt er näher die Arbeit von Königsfeld: 
Ein neues Prinzip der Serumtherapie bei Infektionskrankheit, mit besonderer 
Berücksichtigung des Typhus abdominalis. Ferner gibt er einen Auszug der Arbeit 
von Grober über Besonderheiten in Verlauf und Behandlung des Typhus im Felde. 
Schließlich teilt er noch mit die Modifikation der Gallenvorkultur zur Züchtung von 
Typhusbazillen aus Blut, welche Prof. Schmidt (Gießen) ersonnen hat. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


13. &. B. Foster (Washington). Endemic typhus fever in the 

Philippine islands. (Arch. of internal med. 1915. September.) E 

F. beobachtete in Camp Keithley 23 Fälle von dem sonst auf den Philippinen 
unbekannten Fleckfieber, die mit einer Ausnahme dem milden, von Brill be- 
schriebenen Typus der Krankheit glichen, nur daß die Inkubationszeit länger, 
die mittleren Leukocytenwerte geringer und ausgesprochene nervöse Erschei- 
nungen, vor allem schwerer, die ersten Tage beherrschender Kopfschmerz, dabei 
nicht selten waren; vom mexikanischen Fleckfieber unterschieden sie sich durch 
den akuten Anstieg und Abfall der Fieberkurve. Die Erkrankten waren sämtlich 
jugendliche Erwachsene; der Einschleppungsweg der Krankheit blieb unbekannt, 
sie trat in zwei Herden und nur an hygienisch tiefstehenden Plätzen auf, und gegen 
die Läuse gerichtete Maßnahmen brachten sie zum Schwinden. F. beschreibt das 
klinische Bild; 21mal leitete ein Schüttelfrost die Krankheit ein, das Gesicht zeigte 
im Beginn eine intensive Kongestion, das Exanthem fehlte nur selten und trat in 
zwei Dritteln der Fälle am 5., vereinzelt am 4. oder bis zum 8. Tage auf, und es 
besann an Brust- und Bauchhaut. Die bei 16 Kranken bestimmten Leukocyten- 
zahlen schwankten zwischen 4000 und 18 000; das durchschnittliche prozentarische 
Verhältnis der weißen Blutzellen war 55% polymorphonukleäre Leukocyten, 25% 
Lymphocyten, 16% große Mononukleäre, 0,8%, Eosinophile und 0,2%, Basophile. 
Der Puls war uncharakteristisch, früh im Krankheitsverlauf verhältnismäßig 
langsam. Ein Rückfall kam zur Beobachtung. In 15 Fällen ergaben aerobe und 


330 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


anaerobe — durch Überschichten der Dextrosebouillon mit sterilem Öl herge- 
stellte — Kulturen negative Resultate. Auf 3 Affen usd 10 Meerschweinchen 
wurde Blut von Pat. überimpft: in etwas über der Hälfte der Tiere trat nach 8 bis 
10 Tagen eine fieberhafte, 3mal zum Tode führende Erkrankung ein. | 

F. Reiche (Hamburg). 


14. C.E.Cahn-Bronner. Typhusschutzimpfung und Typhusdiagaose 
bei Geimpften. (Med. Klinik 1915. Nr. 35. S. 964.) 

Bei Schutzgeimpften kann die Agglutination als diagnostisches Hilfsmittel 
nur mit größter Vorsicht angewendet werden, und nur ein hoher Titer von über 
1 : 200, und auch der nur in 89% der Fälle, kann den Typhusverdacht erhärten. 
Ganz auf die Agglutination zu verzichten, dazu können sich Verff. nicht ent- 
schließen, da man aus ihr, wenn ihr Verhalten bekannt ist, immerhin gewisse 
Schlüsse ziehen und-sie als ein Symptom unter anderen benutzen kann. Der 
steigende Titer ist, unabhängig vom absoluten Werte, beweisend für eine Infektion, 
allerdings erst nach Verlauf eines Monats nach der Impfung. Die Typhusdiagnos 
nach Impfung muß sich wesentlich auf die klinischen Erscheinungen stützen. Wenn 
auch die Agglutinin- und Antikörperbildung im großen und ganzen parallel laufen, 
auch offenbar bei der Antikörperabsättigung, so müssen wir uns doch unbedingt 
davor hüten, aus dem Verhalten der Agglutination einen bindenden Schluß aní 
die Immunitätswirkung der Impfung zu ziehen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


15. Harry Koenigsfeld. Über Mischinfektionen bei Typhus b 
dominalis. (Med. Klinik 1915. Nr. 34. S. 913.) 

Es konnten aus dem Blut eines Typhuskranken mit einer Schußwunde in vivo 
gleichzeitig nebeneinander Streptokokken und Typhuskazillen gezüchtet werden. 
Die Sektion bestätigte das gleichzeitige Bestehen eines Typhus abdominalis und 
einer Streptokokkensepsis. Bemerkenswert ist, daß die Streptokokken anscheinene 
in viel größerer Zahl im Blute kreisten als die Typhusbazillen, und daß letztere 
auf’ den Blutagarplatten erst 24 Stunden später zur Entwicklung kamen als dit 
Streptokokken, und daß mit dem Galleanreicherungsverfahren die Streptokkoken 
überhaupt nicht gefunden wurden. Wahrscheinlich ist diese Tatsache auf die von 
manchen Seiten bestrittene bakterizide Fähigkeit der Galle gegenüber Kokker. 
zurückzuführen. Es ist anzunehmen, daß von der Wunde, in deren Sekret ja 
ebenfalls Streptokokken nachgewiesen werden konnten, diese Keime resorbiert 
wurden und so zu der Sepsis geführt haben. Beieinem zweiten unter dem typischer. 
klinischen Krankheitsbild eines Typhus abdominalis erkrankten Pat. konnten 
aus dem Blute gleichzeitig Typhus und Paratyphus B-Bazillen gezüchtet werder. 
In der Rekonvaleszenz wurden einmal im Stuhle Paratyphus B-Bazillen nach- 
gewiesen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


16. Pulay. Diagnostische Hautreaktion bei Typhusrekohvales- 
zenten, Typhuskranken und Schutzgeimpften mit „Typhin‘ 
nach Gay und Force. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 44.) 

Soweit sich aus dem vorliegenden Materiale ersehen läßt, dürfte bei Berück- 
sichtigung der Zeitdauer der Reaktion die Typhinimpfung ein geeignetes Hilts- 
mittel zur Erkennung des Immunzustandes von Schutzgeimpften sein, vielleicht 
auch in zweifelhaften Fällen ein Mittel zur Erkennung eines abgelaufenen Typhus. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 331 


Auch als Hilfsmittel zur Diagnostik des Typhus bei nicht Schutzgeimpften wäre 
die Reaktion verwertbar. Ob auch eine Frühdiagnose mit Hilfe des Typhins 
möglich ist, werden spätere Untersuchungen entscheiden müssen. Ein nach Ab- 
schluß der Arbeit zur Beobachtung gelangter Fall von Hausinfektion (Kranken- 


=- wärter) mit positivem Ausfall der Reaktion zu einer Zeit als die Widal’sche 


Reaktion noch negativ war, macht es wahrscheinlich, daß eine Frühdiagnose mög- 


. lich sei. Seifert (Würzburg). 


17. Engländer. Über intravenöse Kochsalzinfusionen bei Typhus 
abdominalis. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 
Speziell für die schwereren Fälle des Typhus sind die intravenösen Kochsalz- 


- infusionen zu empfehlen, durch welche der Organismus derart stimuliert werden 
o kann, daß dieser besser imstande ist, sich gegen Infektionskeime und Toxine zu 


wehren. Wenn auch keine Viskositätsbestimmungen des Blutes vorgenommen 


wurden, so ist doch bekannt, daß der Organismus beim Typhus durch das Fieber 
Ausscheidungen verschiedener Art viel Wasser verliert. Durch die Kochsalz- 


. infusion wird das Blut wasserreicher, und damit ist ein wichtiges Moment gegeben. 


Seifert (Würzburg). 


18. Mahn (Niesse). Über einen bemerkenswerten Fall von Unter- 


leibstyphus. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 
Der lebensrettende Erfolg der Operation liefert einen weiteren wichtigen Teil 


“ für die Notwendigkeit eines möglichst frühzeitigen chirurgischen Eingriffes bei 
-. der typhösen Darmoperation. Reckzeh (Berlin). 


19. D. J. Dakeyne (Manchester). Observations on some of the 
agglutination reactions of the blood of soldiers inoculated 
against typhoid fever. (Lancet 1915. September 4.) 

Von 280 im Lauf der letzten 12 Monate gegen Typhus ein- oder zweimal prä- 


 sentiv geimpften Personen boten 46 einen negativen Widal bei 1 : 20 Verdünnung. 
“ Zweimalige Impfung erwies sich hinsichtlich Vorhandensein und Dauer der Ag- 
: glutinationsreaktion wirksamer als einmalige; aus ersterer Gruppe waren nach 
` 8—12 Monaten bereits 42, aus letzterer 30%, negativ geworden. 


F. Reiche (Hamburg). 


' 2%. H. W. Wiltshire and A. R. N. MacGillycuddy. Experiences in 


the treatment of typhoid fever by stock typhoid vaccine. 
(Lancet 1915. September 25.) 

50 Fälle von Typhus bei Soldaten, von denen 12 im Laufe der letzten 2 Jahre 

zwei und 13 eine prophylaktische Impfung erhalten hatten, wurden mit zwei- oder 


. mehrmaligen Einspritzungen einer Typhusvaccine behandelt. W. und MacG. 


.? 


E 


- 


sind angesichts der Schwere dieser Verlaufsformen mit dem Erfolge sehr zufrieden; 
7, darunter 6 durch schwere Bronchopneumonie komplizierte, starben. Die Pat. 


` kamen meist erst spät, durchschnittlich am 11. Krankheitstage, zur Behandlung. 
Die Anfangsdosis betrug 250 Millionen Typhusbazillen. 3 Tage Intervall sind 


zwischen zwei Injektionen einzuhalten, kürzere Zeiträume sind ungünstig, bei 
4 Tagen darf die Dosis nicht mehr gesteigert, bei 5 muß sie verringert werden. 
F. Reiche (Hamburg). 


332 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


21. Kurt Halbey. Die Bedeutung der Weiss’schen Urochre- 
mogenprobe und ihr Wert besonders für die Typhusdiagnose 
(Med. Klinik 1915. Nr. 30. S. 833.) 

Verf. ist der Ansicht, daß die positive Urochromogenreaktion ein relativ 
sicheres Frühsymptom für Typhus abdominalis darstellt, das in zweifelhaften 
Krankheitsfällen zur Sicherung der Diagnose vor dem Ergebnis der bakteriologi- 
schen Untersuchung herangezogen werden muß. Der positive Ausfall der Uro- 
chromogenreaktion ist sicher für die Wahrscheinlichkeit eines vorliegenden Typhus 
abdominalis zu verwerten, wenn eine septische Erkrankung nicht vorliegt. Für 
die Ausführung der Urochromogenreaktion ist es dringend notwendig sich genau 
an die Vorschriften des Autors zu halten. Ruppert (Bad Salzuflen). 


22. Helen McWilliams. Treatment of typhoid fever with typhoid 

vaccine administered intravenously. (Med. record 1915. Oktober 16.) 

Bei mehr als der Hälfte von 550 mit Vaccine behandelten Typhusfällen wurde 
die Krankheit um eine bis mehrere Fieberwochen abgekürzt. Es wird zugegeben, 
daß unzweifelhaft einige vorgekommene Todesfälle direkt diesen intravenöses 
Vaccineinjektionen zugeschrieben werden müssen; indessen werden sich solche 
Zufälle in der Zukunft vermeiden lassen, wenn die Kontraindikationen und Do- 
sierung besser studiert sein werden. Bisher werden 100—250 Millionen als ge- 
eignete Dosis angesehen, alle Vaccinepräparate leisten ungefähr gleich viel. Nach 
der Injektion beobachtet man eine rasch eintretende Leukopenie, die nach einigen 
Stunden einer hochgradigen Leukocytosis Platz macht, die hauptsächlich durch 
starke Vermehrung der Polynukleären zustande kommt. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


23. Philalethes Kuhn. Die Verwendung der Tierkohle zum Nacb- 
weis von Typhusbazillen. (Med. Klinik 1915. Nr. 48. S. 1323.) 
Verf. konnte durch Verwendung von Tierkohle in vielen Fällen noch Typhus- 
bazillen im Stuhl nachweisen, wo andere Methoden versagten. Sein Verfahren 
bestand in folgendem: Es wurden in Kochsalzlösung dünne Aufschwemmungen 
von Stühlen durch Schütteln mit Glasperlen gemacht und durch watteverstopfte 
Trichter von den groben Bestandteilen befreit. In Röhrchen mit 8—10 ccm der 
Flüssigkeit wurde 0,04 bis 0,08 g Tierkohle hineingetan und durch Schütteln ver- 
teilt. Nach dem Absetzen wurde die Flüssigkeit mittels Gummiballs und Pipette 
abgesaugt, worauf von dem Bodensatz Ausstriche auf Endoplatten angefertigt 
wurden. Der Urin wurde ohne weiteres mit Kohle versetzt. Die Versuche mit 
sicheren Typhusstühlen ergaben sofort ein überraschendes Aussehen der Platten. 
Die Colikolonien waren gegenüber den Kontrollplatten sehr spärlich, die Typhus- 
kolonien waren sehr zahlreich. Ruppert (Bad Salzuflen). 


24. Karl Pick. Über den Nachweis, das Herkommen und die 
klinische Wertung von Urobilinogen und Diazo im Harıe 
Typhuskranker. (Med. Klinik 1915. Nr. 47. S. 1292.) 

Urobilinogen und Diazo finden wir beim Typhus selten durch längere Zeit 
nebeneinander und gleichzeitig. Ein wechselndes oder gleichzeitiges Auftreten 
von Diazo und Aldehyd bei sicher gestellter Typhusdiagnose soll an die Möglich- 
keit einer Mischinfektion denken lassen, wobei Krankheitserscheinungen def 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 333 


» Diazoperiode mit der Typhusinfektion, solche in der Zeit der vorwiegenden Uro- 
„. bilinogenausscheidung mit anderen, Nichttyphustoxinen in Zusammenhang zu 
bringen sind, Ruppert (Bad Salzuflen). 


25. Karl Mayer. Zur Vaccinetherapie des Typhus abdominalis 
bei den prophylaktisch Geimpften. (Med. Klinik 1916. Nr. 1. 
S. 13.) 
Verf. berichtet über 16 Typhusfälle, die 1 bis 4 Monate vor der Erkrankung 
prophylaktisch und die gleich in den ersten Krankheitstagen mit Bujwid’scher 
Vaccine subkutan immunisiert wurden. Bei allen diesen Fällen wurde die Fieber- 
. und Krankheitsdauer auf 21/, bis 3 Wochen reduziert. Verf. hat erfahren, daß 
beiden prophylaktisch geimpften Typhuskranken, die gleichzeitig mit seinen Fällen 

auf eine andere Abteilung geliefert und ohne Vaccinetherapie behandelt wurden, 
.. das Fieber 3 bis 5 Wochen dauerte und die Krankheit im allgemeinen schwerer 
- verlief. Ruppert (Bad Salzuflen). 


- 28. Seiffert (Lager Lechfeld). Kombinierte Schutzimpfung gegen 

Typhus und Cholera. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 

Die mitgeteilten Untersuchungen zeigen, daß die bei der kombinierten Impfung 

- ausgelösten örtlichen und allgemeinen Reaktionen in keiner Weise stärker sind als 

bei der Einzelimpfung, daß die Bildung der Antikörper gleichmäßig erfolgte, daß 

demnach der durch die kombinierte Impfung verliehene Schutz der bei der Einzel- 
Impfung erzeugten Immunität als gleichwertig angesehen werden darf. 

Reckzeh (Berlin). 


27. Hueppe (Dresden). Schutzimpfung bei Typhus und Cholera, 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 

j Wenn wir die Schutzimpfung richtig werten und keine unbilligen Anforde- 
tungen an dieselbe stellen wollen, so müssen wir diese bedeutenden Fortschritte 
der allgemeinen Hygiene in erster Linie richtig würdigen. Nur in diesem Rahmen 
sind die Schutzimpfungen voll zu begreifen. Die Schutzimpfungen gegen Typhus 
und Cholera sind ein wertvolles weiteres Kampfmittel gegen die Kriegsseuchen, 

Reckzeh (Berlin). 


28. Stepp. Die Duodenalsonde zum Nachweis der Typhusbazilien 
in der Galle von Typhusrekonvaleszenten. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Bei einem Typhusbazillendauerausscheider wurde zweimal mittels der Duo- 
denalsonde Galle entnommen. Beide Male wurden in ihr reichlich Typhusbazillen 
nachgewiesen. Gleichzeitig untersuchte Stuhlproben enthielten im Gegensatz zur 
Galle nur spärlich Typhuskeime. Reckzeh (Berlin). 


29. Seiffert. Die Mitagglutination der Gärtnerbazillen, ein Hilfs- 
mittel zur Typhusdiagnose. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 51.) 
Auf Grund der vorliegenden Ergebnisse kann die Heranziehung der Gärtner- 
mitagglutination zur Typhusdiagnose bei Schutzgeimpften als ein einfaches und 
brauchbares Hilfsmittel angesehen werden. Reckzeh (Berlin). 


334 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


30. Meyer (Berlin). Fieberloser Typhus. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 40.) 


Die Krankengeschichten zeigen, daß Typhuserkrankungen mit gleichzeitigem 
Vorhandensein von Bazillen im Blut ohne Fiebererscheinungen vorkommen 
können. Es bleibt als wahrscheinlichste Erklärung dafür, daß Typhusbazillen bei 
geringfügigen klinischen Erscheinungen ohne Temperatursteigerung in der Blut- 
bahn kreisen können, die Annahme einer natürlichen oder künstlich geschaffenen 
(Impfung) Immunität übrig. Reckzeh (Berlin). 


31. Gottfried Holler. Erfahrungen über Bakteriotherapie des 
Typhus abdominalis. (Med. Klinik 1915. Nr. 23 u. 24.) 

Die Erfahrungen des Verf.s beziehen sich hauptsächlich auf die Anwendung 
der Äthervaccine nach Vincent. Er gab mit gutem Erfolge in unkomplizierten 
Fällen möglichst am Beginn der Erkrankung 50—100 Millionen Keime intravenös. 
Kontraindikationen für die intravenöse Injektion waren unter anderem: Schwäche- 
zustände, Herz-, Gefäß- und Lungenerkrankungen, Blutungen (vor allem Darm- 
Blutungen) und allzu hohe Temperaturen (über 39,2°). In allen derartigen kom- 
plizierten Fällen ist die subkutane Therapie zu bevorzugen. Sie besteht in der 
Verabfolgung von erst kleinen, nach der Art des Krankheitsprozesses sich, wenn 
möglich täglich, steigernden Vaccinedosen. Eventuell folgt, wenn es der Zustand 
des Pat. erlaubt, im Anschluß an die subkutane Behandlung, wenn diese keinen 
vollen Erfolg gebracht hat, eine intravenöse Injektion. Sehr wichtig ist nach ge- 
Jungener Entfieberung die Nachbehandlung. Rezidive treten zu leicht auf. Eine 
gleichzeitige Blutkohleverabfolgung hat sich als sehr lohnend erwiesen. Mit 
größter Vorsicht und Strenge ist gleichzeitig die Diät im Rekonvaleszenzstadium 
zu handhaben. Ruppert (Bad Salzuflen). 


32. E. P. Snijders. Über Febris typhoidea und die Bedeutung 
der neueren Untersuchungsverfahren. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. II. S. 2102—10, 2194—211.) 

Es werden die diagnostischen Schwierigkeiten bei 29 positiven und 21 nega- 
tiven Fällen auseinandergesetzt. Bei zweifelhaften tuberkulösen Erscheinungen 
bietet der negative sero-bakteriologische Befund ein wertvolles Hilfsmittel, ebenso 
in schweren Influenzafällen. In sämtlichen nicht typhösen Fällen waren Blut- 
kultur und Widal (Fieber) negativ; ebensowenig wurden Colibazillen vorgefunden 
oder eine Leukopenie festgestellt. — Kopfschmerzen und Unlustgefühl waren in 
den positiven Fällen konstant; Bauchschmerzen mehr bei Frauen und Kindem, 
ebenso wie Nasenblutung und Erbrechen. Die Mandelschleimhaut lieferte auf 
Endoplatten zwar Coli- niemals aber Typhusbazillen. Darmblutungen erfolgten 
in 21,4%,, Diarrhöen bei 65%, der Fälle, meistens nur vorübergehend, nur in 21,4% 
für längere Zeit. Die Phillipowicz’sche Erscheinung war nur bei nicht arbel- 
tenden Personen zu konstatieren. Ausgebreitete Roseolen wurden nur in schweren 
Fällen gesehen; nur einmal wurde eine leichte Leukocytose vorgefunden; dit 
niedrigste Leukocytenzahl war 3800. Bei Frauen und Kindern fehlte konstant dit 
Pulsverlangsamung. Bronchitiden waren zahlreich, der klinische Verlauf im 
allgemeinen ziemlich ernst. — Serologische und bakteriologische Prüfung führte 
zu folgenden Schlüssen: Die ätiologischen Erscheinungen sind für die sichert 
Diagnosenstellung unumgänglich, und zwar ist Widal die konstanteste Erscheinung; 
die Bakteriämie führt maximale Sicherheit herbei. Andererseits darf die Diagno® 


i Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 335 


ge: memalseinseitig-bakteriologisch sein. Die Blutkultur ist zwar für die Frühdiagnose 

sche wertvoll, Widal ist aber in dieser Beziehung höher anzuschlagen als bisher 
„= lich war. Klinisch geheilte Fälle dürfen nicht ohne negativen Fäcesbefund auf 
nas Qe Gesellschaft losgelassen werden. Zeehuisen (Utrecht). 


..& Emst Lyon. Wirbelerkrankungen in der Typhusrekon- 
= nleszenz. (Med. Klinik 1915. Nr.51. S. 1399.) 
qx: Schwere Wirbelerkrankungen nach Typhus sind selten, dagegen sind leichte 
Wirdelaffektionen bei Typhusgenesenden häufig. Ehe man Klagen über Rücken- 
ig SChmerzen in der Typhusrekonvaleszenz mit der Diagnose Neurasthenie abtut, 
a ist eine genaue Untersuchung der Wirbelsäule erforderlich. Die leichten post- 
Er typhösen Wirbelerkrankungen können mit heftigen subjektiven Beschwerden ein- 
o hergehen. Trotzdem die Wirbelaffektionen monatelang andauern können, ist 
... ihe Prognose im allgemeinen recht günstig und lassen in allen Fällen Dauer- 
Me keilung erhoffen. Ruppert (Bad Salzuflen). 
"' 4.Rhese, Die Typhusschwerhörigkeit. (Med. Klinik 1915.Nr.45.5.1225.) 
„s Der Typhus abdominalis führt seltener zu Mittelohrerkrankungen wie zu 
„.„.hwerhörigkeit bei intaktem Mittelohre. Die Typhusschutzimpfung setzt die 
“.. Häufigkeit von Ohrenkomplikationen und ihre Schwere herab. Die Thyphus- 
<- fwerhörigkeit bei intaktem Mittelohre beginnt meistens im Höhestadium der 
p Typhuserkrankung, seltener in den späteren Wochen beziehungsweise in der Re- 
konvaleszenz. Die stets beiderseitige Erkrankung äußert sich in schnell zuneh- 
n Wender Schwerhörigkeit für die Sprache, Verkürzung der Knochenleitung, Beein- 
i trächtigung der Hörfähigkeit in Luftleitung für den gesamten Tonbereich. Sub- 
„ktive Geräusche und vestibuläre Störungen können ohne Beeinträchtigung der 
à Diagnose vorhanden sein oder fehlen. Das pathologisch-anatomische Substrat 
jt „atam häufigsten eine Neuritis des Hörnerven, seltener eine Labyrinthitis. Auch 
e bei der Typhusschwerhörigkeit mit Mittelohrerkrankung fällt bezüglich der Hör- 
= Ahigkeit der gleichzeitigen Neuritis oder Labyrinthitis die Hauptbedeutung zu. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


ir _— 
i > C. Y. White and B. Whaland. Comparative studies of labora- 
i tory methods in typhoid fever. (Med. and surg. rep. of the Episc. 
Hosp. Philadelphia Vol. II.) 
mr a Aufnahmeuntersuchungen bei 54 Typhen, von denen 9 vor dem 7. Tage 
k cyt obachtung gelangten, ergaben bei ungefähr 80% durchschnittliche Leuko-. 
: Menke zwischen 6000 und 7000, bei 20% um 12000 im Kubikmillimeter. 
r azoreaktion war in 2/, der Fälle positiv, in 77,7% der Fälle aus der 1., in 
j ak ra 2. Woche. Die Russo-Reaktion war in 39 Fällen und in der 1. Woche 
in Ben, die Widal’sche in 47 Fällen, eine positive Blutkultur in 24% 
* Auspes 3% der 1. Krankheitswoche. Eine positive Komplementfixation war 
s prochen in 79,6% zugegen. F. Reiche (Hamburg). 


: a: Nayerhofer, Die künstliche petechiale Umwandlung der 
we als ein diagnostisches Hilfsmittel. (Münchener med. 

2 renschrift 1916. Nr. 5.) 
u diesem seola kann durch Druck leicht in eine Petechie umgewandelt werden. 
wecke nimmt man die zu prüfende Hautstelle zwischen vier Finger 


336 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 18. 


(Daumen und Zeigefinger), hebt sie etwas auf, so daß der zu prüfende Fleck an die 
Spitze der kegelförmigen Hautfalte zu liegen kommt, und übt nun rasch eimen 
mäßig starken Druck auf die Roseola aus. Sofort entsteht an der Stelle der trag- 
lichen Roseola eine subkutane Blutung, die viel besser zu sehen und sogar zu 
tasten ist als die zartgefärbte, vorher kaum elevierte Roseola. 

Ä Zu ` Reckzeh (Berlin). 


37. H. W. Emsheimer. The value of petechiae in diagnosis and 
prognosis. (Amer. journ. of the med. science 1914. September. S. 4%.) 
Jeder Fall mit unsicherer Diagnose soll sorgfältig auf Petechien in der Haut, 
den Konjunktiven und der Mundhöhle untersucht werden. Das Auffinden solcher 
wird nicht sofort die Stellung einer bestimmten Diagnose ermöglichen, ist aber 
immer ein wertvoller Schlüssel zur Lösung des Problems. Petechien kommen 
vor bei: 1) infektiösen Krankheiten: Pneumonia, bakterieller Endokarditis, Sepsis, _ 
Malaria, Typhus, gelbem Fieber, Zerebrospinalmeningitis und den akuten Exan- 
themen; 2) durch Drogen: Chinin, Belladonna, Copaivbalsam, Kal. jodat., Al- 
kohol, Ergotin, Chloral, Salizylsäure, Benzindämpfe; 3) bei Urämie und nach 
Operationen am uropoetischen System; 4) Schlangenbiß; 5) Gelbsucht; 6) Blut- 
krankheiten: Leukämie, perniziöser Anämie, rheumatischer Purpura und Erythema 
nodosum et multiforme; 6) durch mechanische Ursachen bei Caissonkrankheit, 
Keuchhusten, Konvulsionen jeder Art; 7) Erschöpfungszuständen bei Krebs, 
Tuberkulose, Hodgkin’scher Krankheit; 8) Nervenkrankheiten: Myelitis, Tabes, 
Hysterie. Aber auch bezüglich der Prognose ist das Auffinden von Petechien von 
großer Wichtigkeit, da jeder Fall mit größtem Argwohn betrachtet werden muß. 
Immerhin soll man sich vor Augen halten, daß, wie obige Aufzählung darlegt, 
nicht jeder Fall auf Bakteriämie beruht. Blutuntersuchungen sind immer sehr 
wünschenswert. Bei Pneumonie, Typhus, den akuten Exanthemen, chronisch 
Nephritis gestalten Petechien die Prognose immer ernst, doch nicht hoffnungio. 
Verf. beschreibt ausführlich 10 Fälle außergewöhnlichen Vorkommens von Pet- 
echien. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


38. E. S. Kilgore (San Francisco). The typhoidin quotient. (Arch. 
of internal med. 1916. Januar.) 

Die von Gay und Force vorgeschlagene Prüfung auf Typhusimmunität mit 
der kutanen Typhoidinprobe leidet an der Unsicherheit einer exakten Bestimmung: 
K. schlägt nach Beobachtungen an 155 Fällen vor, die Intensität der lokalen bio- 
logischen Reaktion auf das Tyhoidin danach zu messen, um wieviel größer im 
Durchmesser die durch dasselbe bedingte reaktive Areola ist, als die in der Kon- 
trollimpfstelle entstandene, wo nur Glyzerinbouillon inokuliert wurde. Wenn der 
so gewonnene Quotient unter 1!/, beträgt, so spricht das dagegen, wenn darüber. 
für Immunität. F. Reiche (Hamburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


337 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 19, Sonnabend, den 13. Mai. 1916. 











Inhalt. 


L. R. Grote, Über myogene Temperatursteigerung. 
Referate: 1. Kolmer, Williams und Raiziss, 3. Robinson, 3. Mayerhofer, 4. Klinger, 
5. Ball, 6. Schmitz und Kirschner, 7. Hornemann, 8. Doeleman, 9. Lehmann, 10. Oesterlin, 
11. Kalberlah, 12. Karell und Lucksch, Typhusbebandlung. — 13. Heusner, 14. Swellengrebel, 
13. Bohlmann, 16. da Rocha-Lima, 17. Busson, 18. Fränkel, 19. v. Prowazeck, Bekämpfung 
dar Kleiderlaus. — 20. Eckert, Ein neues Entlausungsverfahren. — 21. Habetin, Zur Differential- 
diagnose zwischen Typhus exanthematicus und abdominalis. — 22. Wolter, 23. Matthes, 
% Pope, 25. Wagener, 26. Kyrie und Morawetz, 27. Bäumler, 28. Aschoff, 29. Spät, 
K Müller, 31. Gotschlieb, Schürmann, Bloch, 82. v. Waldheim, 33. Coglievina, 34. Well 
and Felix, 35. v. Waldheim, 36. Dietsch, 37. Poindecker, 38. Meyer, Klink, Schlesies, 
8. Kaup, Fleckieber. — 40. Jürgens, Besteht ein Zusammenhang der Ödemkrankheit in den 
efangenenlagern mit Infektionskrankheiten. — 41. Bendix, Gelenkrheumatismus und seine 
Komplikationen im Kindesalter. — 43. Lipowski, Melubrin, ein neues Spezifikum gegen Gelenk- 
Taeumalismus. — 48. V6esel, Epidemiologie der Pest. — 44. Swellengrebel, Pestübertragung mit 
Umgebung blutsaugender Insekten. — 45. Falk, Beitrag zum Blutbilde der Pocken. — 46. No- 
guchl, Vaccinevirus. — 47. Sehllling, Leukocytenbild bei Variola vera. — 48. Luithlen, Vaccine- 
wirkung. — 49. Schroeder und Umnus, Bakteriologische Erfahrungen bei Untersuchungen an 
Darminfektionen leidender Soldaten. — 50. Soldin, 51. Gleszezykiewiez, 53. Sehuetze, 53. Raueh, 
s. Klesk, 55. Matthes, 56. Dünner, 57. Seligmann, 68. Kittsteiner, Ruhr. — 59. Flexner 
uad Amoss, 60. Ghigoff, 61. v. Neustädtl, 62. Adler, 63. Strauss, 64. Stern, 65. v. Wasser- 
Mann und Sommerfeld, 66. Roggers, Dysenterie und Cholerabehandlung. 


Aus der medizinischen Universitätsklinik Halle a. S. 
(Geh. Rat Adolf Schmidt.) 


Über myogene Temperatursteigerung. 
| Von 


Dr. L. R. Grote, 


Assistenzarzt. 


Die normale Körpertemperatur ist das Produkt aus Wärme- 
bildung und Wärmeabgabe im Körper, die durch regulierende Me- 
chanismen derart gegeneinander eingestellt sind, daß ein konstanter, 
für den Ablauf der Lebensvorgänge optimaler Wert gewährleistet 
wird. Eine Temperaturverschiebung kann demnach durch Änderung 
jedes dieser drei Hauptfaktoren bedingt sein. Da nun weiterhin diese 
drei Faktoren in sich uneinheitlich sind, die Wärmeproduktion z, B. 
in dem Kalorienwert des Stoffwechsels und in der Muskelarbeit zum 

19 


338 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


Ausdruck kommt, so erhellt, daß auch isolierte Störungen innerhalb 
eines Hauptfaktors zu Temperaturänderungen führen können. Beim 
gesunden Menschen wird eine Wärmeüberproduktion durch Muskel- 
arbeit regulatorisch durch Schweißabsonderung in der Regel prompt 
ausgeglichen, und zwar so, daß diese Überproduktion thermometrisch 
kaum zum Ausdruck kommt. Das charakteristische Merkmal des 
normalen Vorganges hierbei ist in der Schnelligkeit, mit der der Aus- 
gleich erfolgt, zu suchen. Einen anomalen Ablauf sehen wir dann, 
wenn die Regulation durch den entsprechenden entgegenwirkenden 
Faktor überhaupt nicht erfolgt (wie im Fieber, wo der durch erhöhten 
Stoffumsatz gesteigerten Wärmeproduktion durch Wärmeabgabe nicht 
die Wage gehalten werden kann) oder wenn die Regulation einer 
isolierten Mehrproduktion an Wärme seitens einer Komponente durch 
Wärmeabgabe zwar folgt, aber so langsam, daß die thermometrischen 
Ausschläge deutlicher werden und der Allgemeinzustand des Orga- 
nismus mehr wie normal leidet. 

Ein Fall dieser letzteren Art soll in folgendem mitgeteilt werden. 

Aus der Krankengeschichte gebe ich folgende Daten: 


Pat. ist 22 Jahre alt (Soldat). 

Die Eltern leben beide, sind gesund. In der Verwandtschaft des Vates 
sind mehrere Fälle von Tuberkulose vorgekommen. Der Pat. selber hat vo 
6 Jahren eine Pneumonie und eine Appendicitis durchgemacht, die beide gi! 
überstanden wurden. Im Januar 1916 fand er wegen einer Influenza Aufnahm: 
in ein Lazarett. Während der Rekonvaleszenz von der Krankheit wurde sein 
eigentümliches Wärmeverhalten festgestellt. Er wurde dann unserer Klinik zu 
Behandlung überwiesen. Der Pat. hat selbst seit mehreren Jahren Kenntnis 
von seiner Anomalie. In der Ausübung seiner zivilen Tätigkeit als Gerichts- 
referendar hat er aber wesentliche Störungen dadurch nicht empfunden. 

Körperlich macht Pat. einen wenig kräftigen Eindruck: Sehr blasse Gesichts- 
farbe, ganz leidlich entwickelte Muskulatur, geringes Fettpolster. Herz zegt 
keinen krankhaften Befund. Töne rein, Rhythmus regelmäßig, nur starke rë- 
spiratorische Schwankungen. Über den Halsvenen Nonnensausen. Lung:r 
normal; auch vor dem Röntgenschirm zeigen die Spitzen keine Verdichtungt*. 
Urin frei von Eiweiß und Zucker. Nervensystem intakt. Alle Reflexe vor- 
handen. Leichter Dermographismus. Blutuntersuchung ergibt: Sahli 90, Leuk- 
cyten 6100, Erythrocyten 5710000. Leichte Lymphocytose (45%). 


Wir ließen den Pat. erst einige Tage ruhig im Bett. Hierkü 
zeigte sich, daß die Abendtemperaturen ohne jede körperliche Arbei: 
sich zwischen 37,3° und 37,5° hielten. Die rektalen Temperaturer: 
waren stets nur um 0,1° bis 0,2° höher als die axillaren. Dies Ver- 
hältnis erwies sich auch späterhin als gleichbleibend, während docli 
in der Norm die Differenz der Rektum- und Axillartemperatur (.: 
bis 0,5° beträgt. Die morgendlichen Temperaturen dagegen waren 
verhältnismäßig tief, meist kaum 36°, so daß die Tagesschwankun: 
im Durchschnitt 1,5° betrug. Um zunächst Tuberkulose tunlich® 
auszuschließen, injizierten wir Alttuberkulin, ohne Allgemeinreaktion 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 339 


-~ ndohne die Temperatur höher hinauf zu bringen. Die Pirquet’sche 


Reaktion und die Ophthalmoreaktion nach Wolff-Eissner ergaben 
-gleichfalls kein Resultat. 


Ließen wir den Pat. nun außerhalb des Bettes, so ergaben sich die 


i gleichen Verhältnisse, es wurden sogar Abendtemperaturen bis 37,8° 
erreicht, 


Es erschien, wesentlich noch eine vielleicht vorhandene neurogene 


“Ursache der Wärmesteigerung auszuschließen. Die Prüfung wurde 


“vorgenommen durch Alkaloidinjektionen. Döblin! beobachtete nach 


~ Injektionen von Adrenalin und Atropin ganz erhebliche Temperatur- 
 steigerungen von fast 2°, mit starken Allgemeinerscheinungen. Ähn- 
-iche Beobachtungen sind in der Literatur, die sich an die Veröffent- 


> lichungen von Eppinger und Hess über den Vago-Sympathikotonus 
anschließt, häufiger zu finden (Bauer?®, Lehmann? u.a.m.). In 


unserem Falle erwies sich der Pat. gegenüber den in Betracht kom- 
“ menden Alkaloiden als ziemlich refraktär. Nach Pilokarpin ergab 


sich bei Bettruhe nach 3 Stunden eine T emperatur von 37,4°, ohne 


‘> wesentlich vermehrte Schweiß- oder Speichelabsonderung. Der Puls 
“war von 84 zu Beginn des Versuches auf 76 heruntergegangen. Nach 


Atropin kam es innerhalb der ersten 3 Stunden zu keinen besonderen 


„.Encheinungen, außer einer leichten Trockenheit im Munde. Nach 


+ un Fer] ` 


: 4 Stunden stieg die Temperatur auf 37,7°, der Puls, der zu Beginn 


in der Minute und voll und kräftig war, stieg auf 90; gleichzeitig 


“It Hitzegefühl und starker Schweißausbruch auf. Die Dauer des 


witzens betrug eine halbe Stunde. Der Puls war etwas irregulär 


: ind blieb noch 2 Stunden hoch, während die Temperatur langsam 


K er und am Abend des Tages 37,5° betrug. Es war 0,5 mg Atrop. 
“alii 


njiziert worden. Adrenalininjektion ergab nach 1 Stunde starkes 


i iezklopfen, Oppressions- und Hitzegefühl, das 2 Stunden lang an- 
"net, 


Die Temperatur stieg bis auf 37,9°, um gegen Abend auf 37,4° 


;; Md am frühen Morgen (3 Uhr) des folgenden Tages bis auf 35,8° 


- zufallen, T 


- Mgedeutet, Kontrollinjektionen von Kokain und Morphium ergaben 


j Temperaturen von 37,4° bzw. 37,6° nach 3—4 Stunden ohne Puls- 
= ränflussung 


‚ katuren im Si 
„Asen diese B 
‚. .Mperaturen 
Chritten, die 
 *sitiven Falle 


remor war an Händen und Augenlidern nur ganz leicht 


Einen Schluß auf ein neurogenes Entstehen der abnormen Tem- 
nne einer bestehenden Vago- oder Sympathikotonie 
eobachtungen jedenfalls nicht zu, da die erreichten 
das bei dem Pat. »physiologische« Maß nicht über- 
Kontrollen ein gleichsinniges Ergebnis hatten und im 
die Temperaturen sich wohl kumuliert hätten. 


Weiterhj ’ 
~ Wurde das Verhalten der Temperatur bei Veränderung 
1 2 
Deu A öthenschr 1912. Nr. 44. 

? Ztschr, f. kil ; Mea a Mea Bd. CVII. 
PA LXXXI. 


19* 


340 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


der Außenwärme untersucht. Der Pat. wurde in ein Bad von 42°C 
gebracht und 10 Minuten darin gehalten. Zu Beginn war die rektale 
Temperatur 37,1°, nach 10 Minuten 38°, 10 Minuten später 37,6‘, 
nach einer halben Stunde 37,3°. Das Bad war subjektiv ohne Be- 
schwerden. Die geringfügige Wärmestauung wurde demnach in 
kurzer Zeit regulatorisch wieder ausgeglichen. Ein Abkühlung- 
versuch im Bad von 22°C ergab folgendes: Zu Beginn 37,5°, nach 
l Minute 37,3°, nach 10 Minuten 37°, 10 Minuten später 36,8°, nach 
einer halben Stunde 37°. Im Bade »Gänsehaut« Auch hier also 
rasche Wiedereinstellung auf die Norm. Ein weiterer Versuch zur 
Wärmezuführung von außen wurde mit Diathermie gemacht. Nach 
15 Minuten langer Einwirkung eines mäßig starken Stromes ergab 
sich eine Temperatursteigerung um 1,0°, von 36,9° auf 37,9°, die 
ebenfalls nach kurzer Zeit sich ausglich. 

Wir gingen zu Versuchen über, durch Muskelarbeit die Tem- 
peratur zu steigern. Es wurden folgende Resultate erhalten: 









Arbeit von 4600 kgm 
in 7 Minuten 


vorher | nachher 


Arbeit von 3000 kgm 
in 4 Minuten 


vorher | nachher 


Arbeit von 4000 kgm 
in 4 Minuten 


vorher | nachher 










Temperatur 37,1° 37,8° 37,0° 379 
Puls 12 120 90 13 
Atmung 19 30 20 30 
Blutdruck in 


mm Hg 125 130 128 136 


Der Ausgleich zu normalen Werten vollzog sich nach Muskelarbtit 
etwas langsamer, als bei den ersten Versuchen, so wurde in Fall 3 
eine Temperatur von 37,5° erst nach einer Stunde erreicht. Nach 
allen Versuchen (es wurden mehrere außer den angeführten ange- 
stellt) fühlte sich der Pat. sehr erschöpft. Die Hautfarbe war äußerst 
blaß, der Puls leicht arhythmisch, weich, starkes Herzklopfen, 
starker Schweißausbruch, Neigung zu Übelkeit und Schwindel trat 
ein. Die Erholung nahm immer längere Zeit in Anspruch. Es ist; 
vielleicht bemerkenswert, daß geistige Arbeit (mehrstündiges Lesen: 
wissenschaftlicher Bücher) bei dem Pat. nie Anlaß gab zu cn 





peratursteigerungen. Daß passive Muskelbewegungen den gleichen 
Erfolg hatten, zeigte uns eine Behandlung im Bergoniestuhl, die 
in 10 Minuten die Temperatur um 1,1° steigen ließ. Auch nach diesem 
Versuch trat bedeutende Mattigkeit und Ermüdungsgefühl auf. Ähn 
liche Temperatursteigerungen konnten durch längeres Gehen aui 
ebener Erde und auch durch kurzdauerndes Treppensteigen erzielt 
werden. 

Durch neuere Untersuchungen von Weiland* und Lichtwitz® 






* Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. XCII. S. 223. 
5 Berl. klin. Wochenschr. Jahrg. 51. S. 1018, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 341 


ist nachgewiesen worden, daß der Blutzuckergehalt durch Muskel- 
arbeit herabgesetzt wird. Die erhöhte Muskelarbeit fordert erhöhten 
Muskelnährstoff, d. h. Zucker, der durch erhöhte Glykogenolyse in der 
Leber geliefert wird. Das Produkt aus diesen beiden Faktoren ist 
der normale Gehalt an Zucker im Blut von 0,0786%. Die Untersuchung 
in unserem Falle durch Titrierung nach Bertrand ergab einen Gehalt 
an Zucker im Blut von 0,073% morgens nach Bettruhe in nüchternem 
Zustand. Bei einer zweiten Untersuchung fand sich 0,075%. Der 
Pat. leistete unmittelbar darauf eine Muskelarbeit am Ergostaten von 
ungefähr 4000 kgm in 5 Minuten. Der Blutzuckerwert fiel innerhalb 


dieser kurzen Zeit auf 0,0502% — also auf einen unternormalen Wert, 


wi 


wenn wir die Grenzwerte des normalen Blutzuckers mit Lief mann 
und Sterns bei 0,105 als Maximum bzw. 0,065 als Minimum an- 
nehmen. Unmittelbar nach dieser geleisteten Arbeit hob sich die 
Körpertemperatur des Pat. von 36,9 auf 37,7°, also um 0,8°. Be- 
rücksichtigen wir, daß nach Beobachtungen Hollinger’s? mit 
steigender Körpertemperatur auch der Blutzucker sich hebt, so ist 


in unserem Falle der Differenzbetrag von 0,025% der Ausdruck 
_ mehrerer einander entgegen arbeitender Vorgänge. Es wäre anzu- 
` nehmen, daß, wenn die Temperatur auf gleicher Höhe geblieben wäre, 
- der Blutzucker einen noch tieferen Wert erreicht hätte. Auf diese 
Konkurrenz konträr gerichteter physiologischer Prozesse 
‚ ist vielleicht die sehr erhebliche körperliche Erschlaffung 


zu beziehen, die den Pat. nach jeder körperlichen Leistung 


‘ befällt, die in keinem Verhältnis steht zu der geleisteten Arbeit, 


auch nicht zu der immerhin ausreichend entwickelten Muskulatur. 


. Inder angeführten Arbeit von Lichtwitz sind Differenzen zwischen 
den Zuckerwerten vor und nach Arbeit von rund 0,1% zur Beobach- 


tung gekommen. Der niedrigste Zuckerwert, den dieser Autor erhielt, 


= war 0,018%. In der Beurteilung dieser Fälle ist auf Temperaturunter- 
. schiede keine Rücksicht genommen worden. Um Fehlerquellen aus- 
 äuschließen, erscheint dies aber für weitere Untersuchungen geboten. 


Weiland (l. c.) weist auf die Möglichkeit hin, daß der Ort der 


- Blutentnahme nach der Arbeit auf den erhaltenen Blutzuckerwert 
. von Einfluß sein könne, in dem Sinne, daß Blut, das aus der Nähe 
stark arbeitender Muskeln stammte (V. cubitalis bei Arbeit der Arme), 


einen möglicherweise zu tiefen Zuckerwert ergeben könne. Wir haben 


‚ daraufhin folgenden Versuch angestellt: Es wurde dem nüchternen 


Pat. morgens nach Bettruhe aus der linken Vena cubitalis Blut ent- 
nommen. Darauf arbeitete er an einem kleinen Dynamometer nur 


_ mit der rechten Hand, im Bett liegend, bis starkes Ermüdungsgefühl 


in der Muskulatur des rechten Armes auftrat. Dann wurde aus diesem 


Am Blut entnommen. Die Arbeitszeit betrug etwa 12 Minuten, die 


* Bioch. Zeitschr. Bd. L S. 299. 
' Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. XCII. S. 217. 


312 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


Temperaturdifferenz 0,1°. In der ersten Blutprobe betrug der Zucker- 
gehalt 0,0721%, in der nach der Arbeit aus dem ermüdeten Arm 
entnommenen 0,0727% — also eine geringe Erhöhung des Gehalte 
sogar. Es darf dies wohl so gedeutet werden, daß der relativ geringen 
Muskelarbeit und dem geringen Zuckerverbrauch von der Leber durch 
Glykogenolyse ausreichend und sofort entsprochen werden konnte. 
Mit anderen Worten: in der Größe der Differenz der Blutzuckerwerte 
vor und nach Muskelarbeit gewinnen wir in erster Linie ein Maß für 
den Nährstoffverbrauch des arbeitenden Muskels. Weiterhin liegt 
hierin vielleicht die Möglichkeit, einen exakteren Ausdruck für die 
Funktion der Leber, wenigstens in einer bestimmten Richtung, zu 
erhalten, als dies bisher geschehen konnte. Lichtwitz spricht in 
diesem Zusammenhange von einer »gesteigerten Erregbarkeit der 
Gliykogenolyse« der Leber beim Diabetiker. Er fand bei Diabetikern 
nach Muskelarbeit den Blutzuckergehalt in der Regel erhöht. Ein 
Kontrollversuch bestätigte mir diese Auffassung. Ein mittelschwerer 
jugendlicher Diabetiker, der durch die Therapie von seiner Glykosurie. 
aber noch nicht von der Azidose befreit war, wies nüchtern einen 
Blutzuckergehalt von 0,058% auf. Nach einer ermüdenden Arbeit am 
Ergostaten von 25 Minuten Dauer stieg dieser auf 0,099%,. Weitere 
Untersuchungen in dieser Richtung werden hier nach genauere Daten 
bringen müssen. 

Über den Eiweißverbrauch des arbeitenden Muskels gehen die 
Meinungen noch sehr auseinander. Während manche maßgebliche 
Autoren (Voit u. a.) einen erhöhten Eiweißumsatz nach Muskelarbeit 
nicht finden, glauben andere (Pavy u.a.) diesen doch postulieren 
zu müssen. Mit aller in dieser schwierigen Frage nötigen Reserve 
möchte ich hier noch eine 5tägige N-Bilanz unseres Falles wieder- 
geben, der allerdings schon wegen der kurzen Beobachtungszeit keine 
allzu große Beweiskraft zugesprochen werden kann. Der Pat. wurde 
in diesen Tagen mit einer gleichbleibenden Kost ernährt, deren N-Ge- 
halt teils jedesmal analysiert (Brot), teils (Eier, Milch, Fleisch) 
den Tabellen von Schall-Heisier entnommen wurde. Die Durch- 
schnittszahl der N-Einfuhr betrug 18,94 g Stickstoff am Tage. 

Es ergab sich folgendes Resultat: 











Datum Urin Faces | Gesamt re 
21. 3 1725 | +169g N 
22, 3 17,79 +120g8 » 
23. 3 15,81 | +313g » 
24. 3 28,47 | — 7008 „ 
25. 3 2165 | —87Ig. 


An den ersten 3 Tagen der Untersuchung hielt sich der Pat. 
ruhig im Zimmer, an den beiden letzten Tagen leistete der Pat. durch 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 343 


größere Spaziergänge eine erhebliche Muskelarbeit. Die abendlichen 
Temperaturen der Versuchstage waren: 37,0, 37,3, 37,2, 37,9, 37,9°. 

Es sei noch erwähnt, daß das Blutbild in unserem Falle nach 
Muskelarbeit mit einer relativen Lymphocytose, die ziemlich erheblich 
war (von 45% auf 55%) und mit einer Abnahme der eosinophilen 
Zellen von 8% auf 5,5% reagierte. Nach der Arbeit wurden Mast- 
zellen gefunden, die vor der Arbeit fehlten. 

Zusammenfassend läßt sich über unseren Fall folgendes sagen: 
Es handelt sich um eine Überproduktion von Wärme durch die Tätig- 
keit der Skelettmuskulatur. Die normalen Regulationsmechanismen 
sind zwar vorhanden, reichen aber zur prompten Wiederherstellung 
der gewöhnlichen Körpertemperatur nicht aus. Falls Wärme von 
außen zugeführt wird, durch Wärmestauung im heißen Bade oder 
durch Diathermie, wird der Ausgleich viel rascher vollzogen als nach 
Temperaturerhöhung durch Muskelarbeit. Die Muskelarbeit führt 
zu einer Erniedrigung des Blutzuckerwertes. Die Befunde von Wei- 
land und Lichtwitz werden bestätigt. Die Ausfuhrzahlen für Stick- 
stoff im Urin und den Fäces stiegen bei gleichbleibender Nahrung mit 
erhöhter Muskeltätigkeit. 





Referate. 


1. J. B. Kolmer, W. W. Williams and A. M. Raiziss. A study of 
the typhoid-colon intermediate group of bacilli, with special 
reference to complement-fixation reactions. (Proc. of the path. 
soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Die Untersuchung von 14 intermediären Bazillenstämmen aus der Typhus- 
Kolongruppe ergab, daß eine absolute Differenzierung mit Hilfe von Komplement- 
fixationsreaktionen bei solchen einer Gruppe zugehörigen Mikroorganismen 
nicht möglich ist, wie sie zur Trennung verschiedener Bazillengruppen das beste 
uns zur Verfügung stehende Verfahren ist. Zur Identifizierung verschiedener 
Mikrobenspezies sind Komplementfixationsreaktionen schärfer als Agglutinations- 
reaktionen, die wieder den Vorzug leichterer Ausführbarkeit besitzen. 

F. Reiche (Hamburg). 


2. H. Robinson. Notes on the clinical characteristics of cases 

treated as paratyphoid fever. (Lancet 1915. Oktober 16.) 

Unter 47 Fällen von Paratyphus waren die Infektionen mit Paratyphus B- 
Bazillen mehr als doppelt so häufig wie die mit Paratyphus A-Bazillen. Der 
klinische Verlauf zeigt in beiden Formen keine Verschiedenheiten. Kein Todes- 
fall. Die Affektion ist viel benigner und kürzer als der lleotyphus. Ihr Beginn 
kann ein allmählicher oder ein mäßig plötzlicher sein. Kopf- und Leibschmerz 
‘ind die konstantesten Symptome, darauf folgen in ihrer Häufigkeit initiale 
Fröste, Husten, Glieder- und Rückenschmerzen, Diarrhöe, Obstipation und Nasen- 
bluten, die alle in 30—60 %, der Beobachtungen sich zeigten. Erbrechen im Be- 
ginn und Angina im weiteren Verlauf sind nicht selten. Die Pulsverlangsamung 


344 ' Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


ist noch deutlicher wie beim Typhus. Kurzdauernde Rückfälle treten nicht selten 
ein. Die Paratyphusbazillen werden zuweilen erst nach Schwinden der klinischen 
Symptome aus den Fäces isoliert. Diagnostisch am wichtigsten sind die sero- 
logischen Proben. F. Reiche (Hamburg). 


3. Ernst Mayerhofer. Ein Fall von Paratyphus B im Säuglings- 
alter. (Med. Klinik 1915. Nr. 51. S. 1398.) 

Es handelte sich um einen während des Lebens diagnostizierten und bakterio- 
logisch sichergestellten Fall von Paratyphus B bei einem 5!/, Monate alten, 
künstlich ernährten Säuglinge. Die Erkrankung verlief unter dem Bilde einer 
schweren, akuten Magen-Darmerkrankung mit anfänglich blutig-eitrigen Stühlen, 
die im ersten Augenblick an Dysenterie denken ließen. Ungewöhnlich war der 
therapeutisch absolut durch nichts zu beeinflussende bösartige Verlauf der Er- 
krankung, die in einem Monate unter vollkommener Inanition zum Exitus führte; 
der Verlust des Körpergewichts betrug in 3 Wochen 26,5°, ; auffallend war der 
Mangel an Erbrechen und die stets klein gebliebene Milz, die auch bei der Sektion 
sich als klein erwies. Ruppert (Bad Salzuflen). 


4. Klinger. Paratyphus A-Erkrankungen im Felde. (Münchene: 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 
Zweck der Mitteilung ist, auf das Vorkommen des Paratyphus A bei dir 
fechtenden Truppe aufmerksam zu machen. Reckzeh (Berlin). 


5. Hall (Kopenhagen). Untersuchungen über die Bedeutung 
des Perroläthers für den Nachweis von Typhus- und Para- 
 typhusbakterien im Stuhl. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr.52.) 
Aus den Versuchen geht hervor, daß die Kohlenwasserstoffe der Paraffinreihe 
in betreff der niedrigen Glieder eine spezifisch colitötende Wirkung besitzen, di? 
aber, dem steigenden Kochpunkt der Kohlenwasserstoffe parallel, allmählich ver- 
loren geht. Eine elektive Wirkung auf die Colibazillen konnte nicht nachgewiesen 
. werden, indem sowohl die Coli- wie Typhusbazillen, wenn sie der Wirkung dieser 
Stoffe ausgesetzt waren, sehr schnell getötet wurden. Reckzeh (Berlin). 


6. Schmitz und Kirschner (Troppau). Beiträge zur Klinik und 
Bakteriologie des Paratyphus A-Bazillus. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 1.) 

Es würde sich empfehlen, den Gruber-Widal nicht allein mit Typhus und 
Paratyphus B, sondern stets auch mit Paratyphus A-Stämmen anzustellen, da 
in allen Paratyphus A-Fällen der auffallend hohe Titer des Patientenserums schon 
auf die Diagnose hindeutet. Reckzeh (Berlin). 


7. B. Hornemann. To Tilfaelde af Paratyphus, formentlig Kal- 
reked forgiftning. (Ugeskr. f. laeger. 1916. Nr. 2.) 

Zwei Knechte eines Hofes erkrankten unter schweren gastrischen Erschä- 
nungen nach Genuß von Fleisch eines notgeschlachteten Kalbes, das an Diarrhöe 
erkrankt war. In beiden Fällen fand sich der Widal 1 : 500 auf Paratyphus positiv. 
-Verf. plädiert daher für energische Fleischkontrolle im ganzen Lande. 

F. Jessen (Davos). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 345 


8 F. P. J. Doeleman. Ein seltener Fall von Hydrops genu para- 
typhosus bei einem Säugling. (Nederl. Tijdschr, v. Geneesk. 1915. 

11. S. 1762—6.) 

Ein ohne nachweisbare Ursache bei einem 5 Monate alten Kinde auftretender 
Fall. Der neben der Brustnahrung gebotene Reismilchbrei wurde nur bis zur 
Siedehitze erwärmt, nicht im Sieden gehalten, und löffelweise gereicht. Voran ging 
ein unter Fieber, Erbrechen und Anorexie einsetzender Paratyphusanfall; dann 
stellte sich Schwellung und Schmerzhaftigkeit des linken Knies ein. Heilung 
nach zwei Punktionen. Graue, ölige, opaleszierende Flüssigkeit mit vielen Lympho- 
und Leukocyten, einzelnen Diplokokken, keinen Tuberkelbazillen; bei Mäuse- 
Impfungen ergab sich Paratyphus B. Meerschweinchen wurden nicht tuber- 
kulös infiziert. | Zeehuisen (Utrecht). 


9. Lehmann (Tübingen). Paratyphus A im Felde. (Münchener 

med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

Para A ist kein Nahrungsmittelvergifter. Die Para A-Bazillen werden viel- 
mehr, jedenfalls in unseren Breiten, in erster Linie durch Kontakt und vor allem 
durch Bazillenträger verbreitet. Paratyphus A ist sowohl nach seinen biologischen 
Charakteren als nach seinen epidemiologischen Verhältnissen aufs schärfste von 
Paratyphus B zu trennen. Reckzeh (Berlin). 


i0. Oesterlin. Erkrankungen an Paratyphus A in Galizien. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Wie alle Infektionskrankheiten, ist auch Paratyphus während des Krieges 
instärkerem Maße als in Friedenszeiten aufgetreten. Die Zahl der in M. (Galizien) 
zur Beobachtung gelangten Fälle = 23 ist zu klein, um von einer Epidemie sprechen 
zu können. Noch mehr spricht dagegen der Umstand, daß höchstens zwei oder 
drei aus einer Gegend stammten. Dafür, daß der Paratyphus A meist durch 
Kuntakt und besonders durch Bazillenträger verbreitet wird, nicht durch Speisen 
und Getränke, scheint auch der Umstand zu sprechen, daß von den 13 kurz mit- 
geteilten Fällen eine Infektion bei einem Wärter bei Typhuskranken, eine zweite 
bei einem Wachposten kriegsgefangener Russen, eine dritte bei einem Pat. des 
Spitals keobachtet wurde. Seifert (Würzburg): 


11. Fritz Kalberlah. Die Behandlung der Typhusbazillenträger. 

(Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 581.) 

Verf. gab Typhusbazillenträgern täglich 3—5mal 7—10—15 Tropfen alkoho- 
ische Jodtinktur in einem Glase Wasser !/, Stunde nach der Mahlzeit. Außerdem 
3—5mal einen Teelöffel der Merck’schen, mit Säure gereinigten trockenen Blut- 
kohle, Sowohl die sehr hohen Joddosen als auch die Kohle wurden ohne jeden 
Schaden vertragen. Die angeblich bei Verabfolgung der Kohle durch Adsorption 
der Fermente und Verdauungssäfte entstehende Appetitlosigkeit wurde nie be- 
«bachtet. Die Kombination von Kohle und Jod — Kohle allein blieb wirkungs- 
los — führte nun merkwürdig rasch zum Erfolg, und zwar wurde in einzelnen 
Fällen bereits nach 8 Tagen Keimfreiheit erzielt, die auch weiter fortbestand, 
nachdem das Mittel fortgelassen wurde. Der Erfolg hat jetzt bei einzelnen Fällen 
uber 4 Monate vorgehalten, bestätigt durch sorgfältige, in regelmäßigen, 5—8tägigen 
Zwischenräumen vorgenommene Stuhluntersuchungen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


19** 


346 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


12. Karell und Lucksch. Die Befreiung der Bazillenausscheider 
von ihrem Übel durch Behandlung mit homologem Impf- 
stoffe. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 7.) 

In 35 von 92 Fällen ist es gelungen, bei hartnäckigen Dysenterie- bzw. Typhus- 
bazillenausscheidern durch Behandlung mit homologem Impfstoff die Bazillen 
aus dem Stuhle zum Verschwinden zu bringen. Seifert (Würzburg). 


13. Heusner (Gießen). Bemerkungen zur Bekämpfung der Läuse- 
plage. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 
Ein Mittel, welches ausgezeichnete Dienste getan hat, ist das Xylol. 
Reckzeh (Berlin). 


14. N. H. Swellengrebel. Einige Bemerkungen über die Kleider- 
läusebekämpfung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1734—60.) 
Unter den vielseitig empfohlenen Entlausungsverfahren ist nach S. das in 
heißer Luft (70°) oder im Rubnerapparat das einfachste, indem die Desinfektion 
schon innerhalb 2 Stunden abgelaufen ist. Schwefeldioxyd ist der Unzuverlässig- 
keit seiner Wirkung halber und wegen der schädlichen Einwirkung auf die Kleidung 
nicht empfehlenswert; besser ist das im Desinfektionswagen verwendbare Am- 
moniakgas. Vernichtung der Läuse auf der menschlichen Haut wurde nach 
Autoversuchen des Verf.s mit Hilfe des Anisols, Lausofans und Globols erzieit: 
Vertilgung der Eier konnte nur schnell mittels Essigsäure und Kreolin erreicht 
werden. — Verf. setzt seine Kulturerfahrungen und die aus denselben resultie- 
renden entomologischen Einzelheiten in seiner breiten, reichlich illustrierten 
Arbeit auseinander. Die Fütterung der Tiere erfolgte mit menschlichem Blut 
des Verf.s, der Fütterungsakt und die mit demselben einhergehenden perista!- 
tischen Erscheinungen werden eingehend verfolgt. Ebenso enthält die Arbeit 
für die Praxis der Läusevertilgung wertvolle Beobachtungen über das Widerstands- 
vermögen und das Wachstum der Eier innerhalb des verstorbenen, in Glyzerii 
eingeschlossenen Muttertieres. Zeehuisen (Utrecht). 


15. Bohlmann (Dortmund). Imprägnierte Schutzringe gegen Un- 
geziefer. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 

Die imprägnierten Schutzringe dienen nicht nur als Entlausungsmitte!, 
sondern auch als Schutz- und Vorbeugungsmittel, sowohl den Soldaten im Felde. 
wie auch den Ärzten und dem Sanitätspersonal in den Lazaretten, Lazarettzügen, 
Gefangenenlagern usw. Reckzeh (Berlin). 


16. H. da Rocha-Lima. Beobachtungen bei Flecktyphusläusen. 

(Archiv f. Schiffs- u. Tropenhygiene 1916. Bd. XX. Hft. 2.) 

Verf. konnte fast bei jeder Flecktyphuslaus eine starke Infektion mit winziger. 
bazillenartigen Körperchen feststellen, die nicht als normale Darmflora des Ir- 
sektes aufgefaßt werden können, weil dieselben sich in ungeheuren Mengen in 
den Magenzellen ansiedeln und bei diesen sichtbare Veränderungen verursacher. 
Sie werden außerdem nicht nur im Magen-Darmkanal, sondern auch in den Speiche!- 
drüsen gefunden. Ein gleicher oder ähnlicher Befund konnte bis jetzt bei nor- 
malen Läusen nicht erhoben werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 347 


17. Busson. Zur Frage der Entlausung im Felde. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 

Im Verlaufe der Versuche zeigte sich, daß ein großer Unterschied darin besteht, 
ub man ein Entlausungsmittel im Laboratorium oder direkt in der Praxis erprobt. 
Die günstigen Erfahrungen bei der Verwendung trockener Hitze kommen für 
unsere Truppenkörper kaum ernsthaft in Betracht, da diese Entlausung zu langsam 
vor sich geht. Auch die Verwendung des heißen Wasserdampfes begegnet den 
mannigfachsten Schwierigkeiten. Bei den im Kampfe stehenden Truppen wird 
man sich auf lausvertreibende und prophylaktische Mittel (Petroleum, Naphthalin, 
Schwefelfässer) beschränken müssen, wogegen den Reserven und Formationen 
des Etappenraumes, Anstalten usw. eine reichlichere Auswahl der Mittel zur 
Verfügung steht. Besonders Petroleum und Naphthalin scheinen der Verwendung 

im großen wert zu Sein. Seifert (Würzburg). 


18. S. Fränkel. Über ein neues, sehr wirksames Mittel gegen 
die Kleiderlaus (Methylphenyläther). (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 12.) 

Durch eine Verwechslung mit Anisöl experimentierte Verf. zufällig mit Anisol 
(Methylphenyläther) und konstatierte, daß diese Substanz die Kleiderläuse sehr 
rasch tötet. Dabei ist Anisol eine für den menschlichen Organismus unschädliche 
Substanz, erzeugt, auf die Haut gebracht, keinerlei Ekzeme oder Reizwirkungen. 
Versuche über die praktische Durchführung und Anwendung stehen noch aus. 

Seifert (Würzburg). 


19. v. Prowazeck. Bemerkungen über die Biologie und Be- 
kämpfung der Kleiderlaus. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 2.) 

Die Kleiderlaus, welche im gegenwärtigen Krieg eine ungeahnte Rolle spielt, 
wird nach Versuchen des Verf.s zweckmäßig bekämpft mit Anisöl-Alkoholein- 

reibungen (1 : 60—70). Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


20. Eckert. Ein neues Entlausungsverfahren. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1915. Nr. 16.) 

Eine Blechkanne (die übliche Ölkanne für 25 kg Öl) wird bis zu drei Viertel 
ihres Rauminhaltes mit Schwefelkohlenstoff gefüllt, dessen Menge ungefähr 
25—27 kg wiegen dürfte. Dazu werden pro Kilogramm Schwefelkohlenstoff 
150g Paprika und 250g Schwefelblüte hinzugesetzt, das Gemenge gut durch- 
geschüttelt und dann 2 Stunden stehen gelassen. Die zu entlausenden Kleidungs- 
stücke werden in einem Raume aufgehängt, Fenster und Türen verdichtet, die 
Masse auf Blechpfannen aufgeschüttet und angezündet. Nach 2 Stunden sind alle 
Läuse und Nissen abgetötet. 

In einem kurzen Anhang teilt Fuchs mit, daß durch dieses Verfahren nicht 
nur tierische Parasiten, sondern auch pathogene Mikroorganismen vernichtet 
werden. Seifert (Würzburg). 


21. Habetin. Zur Differentialdiagnose zwischen Typhus exan- 
thematicus und abdominalis. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 2.) 

Die gleiche Unstimmigkeit zwischen dem klinischen Bild und dem sero- 
logischen Verhalten beim Typhus exanthematicus, welche Spät und Weil am 


348 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


galizischen Kriegsschauplatz beobachtet haben, war auch bei Hinterlandsfäller. 
anzutreffen, darin bestehend, daß das klinische Bild und besonders die Fieber- 
kurve für exanthematicus charakteristisch erschien, daß aber andererseits di: 
Agglutinationsprobe einwandfrei für abdominalis sprach. Eine Bereicherung 
unserer Kenntnisse des serologischen Verhaltens dieser unklaren Fälle bedeutet 
die Beobachtung, daß neben den Agglutininen auch der komplementbindend: 
Antikörper der Abdominalisinfektion nachweisbar war. Auch durch die Ob- 
duktion konnte diese Unstimmigkeit nicht ganz beseitigt werden. 
Seifert (Würzburg). 


22. Wolter (Hamburg). Über das Auftreten von Flecktyphus- 
epidemien in Truppen- und Gefangenenlagern. (Berliner kiin. 

- Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 

Das rätselhaft erscheinende Verhalten der Seuche bezüglich ihrer Infektiosität 
findet seine Erklärung darin, daß man nur dort erkrankt, wo sich die miasmatischt 
Flecktyphusursache der Raumatmosphäre mitgeteilt hat, wie das in einem ver- 
seuchten Lager aus dem siechhaften Boden geschehen kann, oder in einem Kranken- 
zimmer, in dem die den Kleidern und Effekten der Pat. anhaftende miasmatisch: 
Krankheitsursache in die Raumatmosphäre übergeht. So liegt also in der Auf- 
fassung von der örtlich-zeitlichen Bedingtheit der Seuchenentstehung der Schlüsse! 
zum Verständnis für das verschiedene Verhalten der Infektiosität des Flecktyphu:. 
Reckzeh (Berlin). 


23. Matthes. Über die Zahl. und die Formen der weißen Blut- 
-  körperchen beim Fleckfieber. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 

Nr. 40.) | 

Der gewöhnliche Befund beim Fleckfieber — mäßige Leukocytose mit Über- 
wiegen der polynukleären Zellen — spricht im Zweifelsfalle für Fleckfieber und gegen 
Typhus abdominalis. Die Fälle von Fleckfieber, die niedrige Leukocytenzahlen 
aufweisen (20%,), sind in ihrem Blutbild von dem der Masern nicht zu unter- 
scheiden. Gesamtzahlen von nur 3000 und darunter sprechen ohne weiteres im 
Zweifelsfall für Typhus abdominalis. Reckzeh (Berlin). 


24. G. F. Pope. Spotted fever of the Rocky Mountains. (Boston 

. med. surg. journ. 1915. Juli 29.) 

Diese flecktyphusartige Krankheit ist in Montana seit ungefähr 30 Jahre: 
bekannt, sie kommt jetzt auch in Idaho, Nevada und Oregon vor und hat sich 
ganz kürzlich auch im Staate Washington zum ersten Male gezeigt. Sie tritt nur 
im Frühling und etwa bis anfangs August auf und scheint an das Vorhandensein 
einer Zeckenart, Dermacentor Verrustus, die hauptsächlich auf dem Schaf lebt, 
gebunden zu sein. Nördlich von 47° und südlich von 40° ist die Krankheit bisher 
nie beobachtet worden. Sie befällt Menschen, die dem Biß der Zecken ausgesetzt 
sind, also hauptsächlich Leute, die mit Schafen zu tun haben. Auch auf Kühen, 
Pferden, Kaninchen soll die Zecke leben können. Der Verlauf der Krankheit ist 
ernst; die Mortalität hoch; das beste prophylaktische Mittel scheint im Tauchen 
der Schafe zu oestEREN, wodurch die im Schaffell hausenden Zecken vernichtet 
werden. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 349 


25. H. Wagener. Zur Differentialdiagnose des Fleckfiebers. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 25. S. 691.) | 
Verf. bespricht die Differentialdiagnose zwischen Flecktyphus einerseits und 

Masern, Influenza und Typhus andererseits. Ruppert (Bad Salzuflen). 


26. Kyrle und Morawetz. Zur Histologie des Fleckfieberexanthems, 
nebst Mitteilung eines ungewöhnlichen Falles von postexan- 
thematischen Hautveränderungen. (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 47.) _ = 
Bei einer 26jährigen Pat. bildete sich auf dem Boden der makulösen Fleck- 

!iebereffloreszenz allmählich ein Infiltrat, das große Ähnlichkeit mit dem papulo- 

nekrotischen Tuberkulid aufwies. Das makulöse Exanthem war schon völlig 

geschwunden, als diese papulösen Umwandlungsprodukte, in einer beiläufigen 

Zahl von 100—120 Effloreszenzen, noch in voller Blüte standen und sich auch in 

der Folgezeit durch große Persistenz auszeichneten. Prädilektionsstellen für dieses 

Exanthem gab es nicht, die Effloreszenzen waren wahllos über Stamm und Ex- 

tremität ausgestreut. 

Bei den (in 14 Fällen) während des Lebens exzidierten Fleckfieberroseolen 
wurden in allen Fällen die spezifischen histologischen Veränderungen, wie sie 

Fraenkel beschrieben hat, angetroffen. Seifert raue): 


27. Ch. Bäumler. Diagnose und Krankheitsbild des Fleckfiebers 

auf Grund eigener Erfahrungen. (Med. Klinik 1915. Nr. 29. S. 795.) 

Verf. gibt ein Bild des Fleckfiebers auf Grund seiner Erfahrungen. Was die 
Therapie anbetrifft, so legen ihm die Erscheinungen am Kreislauf bei dieser Krank- 
heit den Gedanken nahe, daß durch hydropathische Beeinflussung des Blutgefäß- 
systems manche Gefahren verhütet, Beschwerden des Kranken verhindert und 
die Genesung gefördert werden kann. Die hydropathische Behandlung hat neben 
anderen wichtigen Vorteilen vor allem auch einen großen Einfluß auf die Verhütung 
der Austrocknung der Zunge und der Rachengebilde mit ihren gefährlichen Folgen 
und von Dekubitus, von denen namentlich die erstere eine der wichtigsten, zugleich 
aber auch schwierigsten Aufgaben der Pflege des Kranken bildet. 

Ruppert (Bad Salzuflen), 


28. L. Aschoff. Über anatomische Befunde bei Fleckfieber. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 29. S. 798.) 

Verf. gibt eine Darstellung der wesentlichen anatomischen Befunde bei Fleck- 
fieber. Sehr bunt und mannigfaltig sind die schon von Fraenkel in den verschie- 
densten Organen gefundenen Gefäßerkrankungen und entzündlichen Herdbildungen. 
Diese ließen sich in Haut, Herz, Nieren, Hoden, Gehirn, verlängertem Marke 
nachweisen. Wichtig war noch die oft recht ausgesprochene Beteiligung der Pia. 
In allen entzündlichen Herden überwiegen adventitielle und Iymphocytäre Ele- 
mente mit Plasmazellen. Aber auch Leukocyten fehlen in frühen Stadien nicht. 
Neben diesen. Herdbildungen ist als zweite wichtige Veränderung die besonders 
in Milz und Leber sich abspielende Phagocytose roter Blutkörperchen zu erwähnen. 
Das Bild erinnert an die Veränderungen beim Abdominaltyphus, nur daß die 
Schwellung der Milz trotz der enormen Phagocytose keine so umfangreiche wird 
wie beim Abdominaltyphus. Als dritter wichtiger Befund ist die Hämoglobin- 


350 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


ausscheidung in den Nieren, die schließlich mit Hämosiderinpigmentierung be- 
stimmter Kanälchenabschnitte verbunden ist, hervorzuheben. Diese Hämosidenin- 
ablagerungen finden sich natürlich in gröberer Form in der Milz, weniger umfang- 
reich in der Leber. Als letzte, anscheinend häufigere Veränderung sind die myel» 
cytären Wucherungen im Gebiete des Nierenmarkkapillarsystems zu erwähner, 
welche durchaus an die Bilder akuter Leukämie erinnern. Neben den für Fleck- 
fieber anscheinend charakteristischen Veränderungen spielt nach klinischen Er- 
fahrungen, wie auch nach den Beobachtungen am Sektionstische die Diphthenk. 
ferner die eitrige Parotitis eine Hauptrolle. Wie weit die beobachteten Fälle von 
valvulärer und parietaler Endokarditis mit der Hauptkrankheit, wie weit sie mit 
Sekundärinfektionen in Beziehung zu setzen sind, steht noch dahin. Auch über 
die Ursache einer relativ häufigen Komplikation, nämlich der Gangrän gipfelnder 
Körperteile, läßt sich noch nichts Sicheres aussagen. Auch die Beziehung der in 
manchen Fällen gefundenen gangränösen bzw. käsigen ‚Prozesse in den Lungen zu: 
spezifischen Krankheit bzw. Tuberkulose müßte noch weiter erforscht werden. 
Auch die Deutung der gelegentlich gefundenen Darmgeschwüre und Schwü- 
lung der mesenterialen Lymphdrüsen, die ein vom Typhus abdominalis verschi- 
denes Aussehen zeigen, unterliegt noch der Diskussion. 


Ruppert (Bad Salzuflen). 


20. Spät. Zur Frage des Flecktyphus auf dem galizischen Kriegs- 


schauplatze. (Zweite Mitteilung.) (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 49.) 


Die Ergebnisse der bakteriologischen und serologischen Untersuchung: 
von S. zeigen, daß es Erkrankungen gibt, die klinisch dem Flecktyphus va 
ständig gleichen und doch Abdominaltyphus sind. Die Bekämpfung solcher Fali 
muß naturgemäß eine andere sein (Desinfektion der Exkrete usw.) als die geger- 
wärtig beim Flecktyphus gepflogene (Entlausung). Hiermit ist auch die groß: 
Bedeutung der bakteriologischen und serologischen Untersuchungen bei den i- 
Rede stehenden Erkrankungen zum Ausdruck gebracht. 

Seifert (Würzburg). 
30. Otfried Müller. Über Fleckfieber. (Med. Klinik 1915. Nr. 459". 

Verf. gibt eine ausführliche Darstellung des klinischen Verlaufes, der Prognosi, 
Diagnose und Therapie des Fleckfiebers, die sich in der Hauptsache auf eigene Er- 
fahrungen stützt. Ruppert (Bad Salzuflen). 
31. E. Gotschlich, W. Schürmann, Bloch. Über Serumreaktioneı 

bei Fleckfieber. (Med. Klinik 1915. Nr. 48. S. 1310.) 

Weder durch Anwendung der spezifischen Fällung noch der spezifischen Kor: 
plementbindung ließ sich eine für die Frühdiagnose des Fleckfiebers praktisc 
brauchbare serologische Untersuchungsmethode ausfindig machen. Die Fälluni®- 
reaktionen gaben gänzlich negative Resultate. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


32. Schürer v. Waldheim. Zur Behandlung des Flecktyphus 
(Med. Klinik 1915. Nr. 23. S. 643.) 
Täglich einmal eine Ganzpackung (Einhüllen des nackten Körpers in čin 
nasses, kaltes Leinentuch und zwei bis drei Wolldecken) von I—1!j, Stunden 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 351 


Dauer, dazu eine Schale heißen Tees, um Schweiß zu erzeugen. Nachher eine 
kalte Abreibung und Anlegen eines Dunstumschlags um den Stamm (feuchtkaltes, 
zut ausgewundenes Tuch, darüber Flanell, mit Patentsicherheitsnadel stramm 
befestigt), der nach einer kalten Abreibung am Tage alle 2 Stunden, nachts alle 
3 Stunden gewechselt wurde. Zimmertemperatur 20°C, gute Lüftung. Wenn 
nicht täglich mindestens eine Darmentleerung eintrat, so Nachhilfe mittels Seifen- 
wasserirrigation und Pulv. liquir. compos., oder Rizinusöl. Zur Ernährung heiße 
Milch, warme Limonade, Orangen, Kompotte, Pflaumenmus, Krondorfer, alles 
nur löffelweise gegeben. Für 24 Stunden nicht mehr als I—1!/, Liter Flüssigkeit. 
Wenn die Temperatur 40° erreichte oder überschritt, wurden die Packungen und 
Umschläge alle Stunden gewechselt, auch nachts, und die Abreibungen mit mög- 
lichst kaltem Wasser gemacht, was stets die Hochfiebernden sichtlich kräftigte 
und erfrischte, Ruppert (Bad Salzuflen). 


33. B. Coglievina. Neuere Behandlungsmethoden des Fleckfiebers. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 49. S. 1351.) 

Verf. gibt zunächst eine Zusammenstellung der verschiedenen bisher geübten 
Methoden; und zwar erwähnt er die direkte Sonnenbestrahlung nach H. Wert- 
heimer, die Behandlung mit normalem Pferdeserum nach R. Roubitschek, 
die Behandlung mit sensibilisierter Txphusvaccine und die mit Jod nach Ouf- 
tugeaninoff. Er selbst hat mit gutem Erfolge Hexamethylentetramin gegeben, 
ınd zwar erhielten die Kranken am ersten Tage 3mal, am zweiten 4mal und von 
da an 5mal je 1 g des Mittels per os. Nach Verf. wirkte das Mittel sehr günstig auf 
die Bronchitis der Fleckfieberkranken, ebenso auf die schweren Störungen des 
Zentralnervensystems und die Durchfälle. Gegen die hohen Temperaturen wurden 
aur kühle Packungen verordnet. Ruppert (Bad Salzuflen). 


34. Weil und Felix. Zur serologischen Diagnose des Fleckfiebers. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 

Aus dem Urin eines an Fleckfieber erkrankten Arztes wurde ein Mikroorga- 
nismus gezüchtet, der weder von Typhus-, Paratyphus A- und B-, noch von den 
Dysenterieseren agglutiniert wurde, jedoch mit dem Eigenserum in der Verdün- 
nung 1: 200 Agglutination gab. Auch die Sera von 9 anderen Fleckfieberkranken 
zeigten Agglutination mit diesem Stamme. Wenn auch dieser Mikroorganismus 
nicht für den Erreger des Fleckfiebers angesehen werden kann, so scheint es doch 
čin Hilfsmittel für die Fleckfieberdiagnose darzustellen. Seifert(Würzburg). 


35. Schürer v. Waldheim. Die Bilurknötchenkrankheit (Purpura 

haem. papulosa et pustulosa). (Med. Klinik 1915. Nr. 34. S. 945.) 

In dem Lager von Mauthausen, in dem flecktyphuskranke gefangene Serben 
untergebracht waren, beobachtete Verf. ein eigentümliches Krankheitsbild, das 
meist erst einige Wochen nach dem Überstehen eines Flecktyphus auftrat. Der 
ganze Stamm und noch mehr die Arme waren bedeckt mit zahllosen tiefvioletten, 
Airsekorn- bis linsengroßen, derben balbkugeligen oder spitzen Knötchen auf 
violettem oder braunem Grunde, dessen Farbe sich nicht wegdrücken ließ. Ein- 
zelne Knötchen trugen an ihrer Spitze ein kleines weißes Bläschen, andere eine 
größere Pustel mit oder ohne Delle. Die Knötchen waren gewöhnlich auf Beine 
und Arme beschränkt, dabei Knie- und Ellbogenbeuge sowie Hände und Füße 
Ireilassend. Mitunter, besonders in den schweren Fällen, waren auch Bauch, Brust, 


352 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


Kreuz und Rücken von ihnen bedeckt. Ihre Farbe war rot oder rotbraun, violett 
oder braun, je nach der Länge des Bestandes. In der Regel entwickelten sich 
die Knötchen zuerst und am stärksten an den Oberschenkeln, dann an den Unter- 
schenkeln, Ober- und Unterarmen, so daß die ersteren schon violett oder braun 
waren, während die letzteren noch rotbraun oder rot erschienen. Es waren immer 
follikuläre Knötchen, oft sehr derb und hart, oft so zahlreich beieinander stehend, 
so daß man beim Darüberstreichen das Gefühl eines Reibeisens hatte. In den 
schwersten Fällen bestand zugleich große Schwäche und Hinfälligkeit, Gesicht 
fahl, Lippen bläulich, Puls fast unfühlbar, heftige Schmerzen in Händen und 
Füßen. Viele Serben zeigten diese Knötchen auf blasser, meist trockener, schup- 
pender Haut und fühlten sich ganz wohl. Krank wurden sie erst, wenn um diese 
hämorrhagischen Knötchen Blutungen in der Haut auftraten, die zuerst hellrot 
waren und später braunrot, violett, braun oder gelb wurden. Mit dem Eintritt 
der braunen und gelben Farbe zugleich mit dem trockenen Abfallen der Knötchen 
schwänden die sonstigen Begleiterscheinungen der Krankheit wieder. Die groß 
Neigung zu Blutungen jeder Art kam bei den vielen Kranken in mannigfaltige 
Weise zum Ausdruck. Schuhdruck, Reibung, Massieren, ja schon das Überein- 
anderlegen der Füße, das Aneinanderliegen der Knöchel und Knie genügte, ur 
daselbst Blutblasen in der Haut erstehen zu lassen. Mehrere Fälle starben gan: 
plötzlich unter starken Blutungen innerhalb einiger Minuten. Noch zwei davon 
starben an Magenblutungen, zwei andere an Lungenblutung (bei fehlender Tuber- 
kulose), und drei Fälle hatten sehr zahlreiche schleimige und blutige Entleerungen. 
in denen Ruhrbazillen nicht nachgewiesen werden konnten. Außerdem kam t: 
zu Blasenblutungen und zu Blutungen der Augenbindehaut, die Schleimhaut de: 
Mundes hingegen blieb immer frei. Die Sektion ergab, daß weder ein Lungenleiden, 
noch ein Magengeschwür vorhanden war. Der Magen enthielt noch frisches Blut, 
die Magenschleimhaut zeigte zahlreiche punktförmige Blutungen. Also Tod durch 
innere Verblutung infolge von Purpura haemorrhagica. Folgen dieser vielfachen 
Blutverluste und einer wahrscheinlich sehr daniederliegenden Blutbildung waren 
Blutarmut, Schwäche, Abmagerung, geringe Eigenwärme, Kältegefühl. Wen 
Fieber hinzutrat, so war es durch Nebenkrankheiten hervorgerufen, dagegen kam 
es in vielen reinen Fällen zu abendlichen Schweißen. Hunger war meistens vor- 
handen, Durst groß, Harn ungemein hell und farblos, ohne Eiweiß. Nicht selten 
bestanden Anschwellungen der Füße, Unterschenkel, des Gliedes und Hodensack:, 
der Hände, Unterarme, Wangen und Tränensäcke, oft nur auf eine Seite beschränkt. 
Bauchwassersucht war stets durch miliare Tuberkulose des Bauchfells erzeugt. 
Der Puls war immer sehr weich, oft kaum fühlbar, bei scheinbar ganz gutem 
Befinden, doch lehrte die Erfahrung, daß dann das Ende schon nahe bevorstanc. 
Über Schmerzen wurde fast immer geklagt. Um die Neigung: zu Blutungen 71 
beseitigen, wurde täglich außer einer sehr kräftigen Kost verabreicht: Eine ar: 
den Blättern von Brunnenkresse, Spitzwegerich, Sauerampfer und Wicke her- 
gestellte grüne Suppe, Sauerkraut, rote Rüben und Limonade. Leichte Fäik 
wurden durch diese Kost ziemlich rasch geheilt, und bei den übrigen Krieg- 
gefangenen sind neue Fälle von Purpura nur mehr ganz vereinzelt aufgetreten, 
seitdem der allgemeinen Kost tägliches Gemüse hinzugefügt werden konnte. Inde: 
auf die schweren Fälle hatte die Kostveränderung leider so gut wie keinen Ein- 
druck. | | Ruppert (Bad Salzuflen). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 353 


%. Dietsch (Triest). Die künstliche Stauung als diagnostisches 
und differentialdiagnostisches Hilfsmittel beim Fleckfieber. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 

Bei deutlich ausgesprochenen Exanthemen und auf der Höhe derselben ge- 
lang es, 2—3 Minuten an der Haut der Extremitäten unzählige Petechien hervor- 
zurufen. | Reckzeh (Berlin). 


37, Poindecker. Zur Diagnose des Fleckfiebers im Felde. (Mün- 

chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 

Die Roseola des Fleckfieberexanthems ist, abgesehen von eventuell vor- 
handenen Blutungsherden, durch zwei auffallende Erscheinungen charakterisiert: 
I) Nekrose der Gefäßwände, hauptsächlich die Präkapillaren und kleineren Ar- 
terien des Papillarkörpers, des Retikularanteiles und mitunter auch kleine Gefäße 
der Subcutis betreffend. 2) Perivaskuläres Infiltrat auf einem durch zartfaseriges 
Bindegewebe gebildeten, von den derben Bindegewebszügen der Umgebung durch 
den lichten, bläulichen Ton abstechenden Grunde. Reckzeh (Berlin). 


38. Meyer, Klink, Schlesies. Fleckfieberbeobachtungen. (Berliner 

klin. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 

Das zusammenfassende Urteil über die kleine Epidemie muß dahin lauten, 
daß die Bösartigkeit der Krankheit bei gleichzeitiger Berücksichtigung des 
schlechten Ernährungszustandes der Pat. außergewöhnlich gering war, daß neben 
Bädern und Herzbehandlung die Optochindarreichung wenn auch kein sofort 
entfieberndes, so doch den Allgeimeinzustand außerordentlich günstig beeinflus- 
‘ndes Mittel darstellt, und ferner die Schutzvorrichtungen, die in einem energi- 
hen Kampf gegen die Läuse gipfelten, sich hinsichtlich der Sicherheit gegen 

Übertragungen vollkommen bewährten. Reckzeh (Berlin). 


3. Kaup. Zur Frage des Flecktyphus auf dem galizischen Kriegs- 
schauplatze. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß typisches Fleckfieber endemisch auf 
dem galizischen Kriegsschauplatze vorkommt, die Spezifität hat vor kurzem 
Weil mit einer besonderen Agglutinationsmethode nachgewiesen. Hierbei wurde 
der Nachweis erbracht, daß auch alle klinisch-bakteriologisch von den Epidemie- 
ärzten in der letzten Zeit und auch offenbar während des letzten Winters als 
Fleckfieber bezeichneten Fälle die typische Reaktion zeigten. Für das Vor- 
kommen des Fleckfiebers in Galizien ist der Untersuchungsring geschlossen durch 
die neuerliche Reinzüchtung des von Bähr und Plotz entdeckten Erregers. 
Hoffentlich gelingt es bald, aus den Reinkulturen eine genügende Menge von 
Fleckfiebervaceine zu gewinnen, um die in den Epidemiespitälern und namentlich 
bei den Entlausungsaktionen tätigen Kollegen und Pflegepersonen vor dieser 
typischen Kriegsseuche zu schützen. Seifert (Würzburg). 


4. Jürgens. Besteht ein Zusammenhang der Ödemkrankheit in 
den Kriegsgefangenenlagern mit Infektionskrankheiten? (Berlin. 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Aus den vergleichenden Beobachtungen in verschiedenen Lagern, und ins- 
besondere aus dem Vergleich der Verhältnisse in den Arbeitslagern mit denen in 
den Stammlagern, ergibt sich mit Sicherheit, daß die Ödemkrankheit nicht in ur- 


354 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


sächlicher Abhängigkeit von den Infektionskrankheiten, und besonders nicht von 
einer bestimmten Infektionskrankheit, auftritt, sondern daß es sich hier um ein: 
Stoffwechselstörung handelt, die in verseuchten Lagern neben der Infektions 
krankheit auftritt, in seuchenfreien Lagern sich aber ebenso geltend machen kann, 
und in beiden Fällen bei sorgsamer Ernährung beseitigt wird und beseitigt bleibt. 
auch wenn das Rückfallfieber oder andere Infektionskrankheiten von neuem ins 
Lager geschleppt werden. Reckzeh (Berlin). 


41. Bernhard Bendix. Der akute Gelenkrheumatismus und seine 

Komplikationen im Kindesalter. (Med. Klinik 1915. Nr. 43. S. 1173.) 

Verf. gibt eine kurze Darstellung des Verlaufs des akuten Gelenkrheumatismt:- 

bei Kindern, seiner Verlaufseigentümlichkeiten und seiner Komplikationen. Ir 

der Behandlung beschränkt er sich auf die üblichen inneren und äußeren Mitte‘. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


42. Lipowski. Melubrin, ein neues Spezifikum gegen Gelenk- 
rheumatismus. (Med. Klinik 1915. Nr. 41. S. 1133.) 

Melubrin ist ein verbessertes Ausbaupräparat des Antipyrins und Pyramidon:. 
Nach Verf. haben wir in der Amidomethansulfogruppe des veränderten Antipynr- 
kerns die besonders glückliche Erfolgskomponente zu sehen. Das Mittel stell: 
ein weißes, kristallinisches, bitter schmeckendes Pulver dar, welches in Wasse' 
in jedem Verhältnis löslich ist. Die zuerst wasserhellen Lösungen nehmen sehr 
bald eine braungelbliche Färbung an, was den therapeutischen Wert nicht im 
geringsten beeinträchtigt. Die hervorragende spezifische Wirkung gegen der 
Gelenkrheumatismus entfaltet das Melubrin nur bei intravenöser Applikaticn. 
und zwar gibt er das Mittel mit Aqua dest. steril. áà 0,5, entweder täglich odir 
jeden 2. Tag je nach der Schwere des Falles. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


43. Vécsei. Beitrag zur Epidemiologie der Pest. (Die Pest in 

Shanghai.) (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 52.) 

Die im Süden Chinas herrschende Pest verbreitete sich gegen Norden. Durc: 
den Schiffsverkehr wurden die Pestratten nach Shanghai eingeschleppt, was aT 
besten dadurch zu beweisen ist, daß die ersten Pestratten am Anlegeplatz de: 
betreffenden Dampfer gefunden wurden. Die Sanitätsbehörde der Niederlassun: 
begann nach Feststellung der Rattenpest die Assanierungsarbeiten, die gegen gi: 
Lebensbedingungen der Ratten gerichtet worden sind. Der breite Gürtel de 
umgebenden Chinesenstadt, speziell Chapei, war in erster Linie schuld darsr. 
daß die Ausrottung der Rattenpest nicht gelang. Die Ratten Chapeis wurden seh 
rasch infiziert und bildeten von nun an den Herd für die Neuinfektion der Ratte: 
der Niederlassung. Seifert (Würzburg). 


44. N. H. Swellengrebel. Über Pestübertragung mit Umgehung 
biutsaugender Insekten. (Nederl. Tijdschr. v.Geneesk. 1915. H. S. 2262 

bis 2270.) i 
S. hat die erhebliche Bedeutung der Übertragung der Pest durch Berührung 
in größeren Versuchsreihen mit Meerschweinchen erwiesen. Die Möglichkeit der- 
selben stellte sich bei den Versuchstieren als eine geringe heraus bei unmittelbare? 
Berührung, sogar in denjenigen Fällen, in denen die kranken Tiere an mit Hart- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 355 


erscheinungen einhergehender Pestsepsis, oder an sekundärer Lungenpest litten. 
Nur bei sehr energischer Bespritzung mit pestbazillenreichem Harn erkrankten 
gesunde Tiere. Während also die Übertragung durch hochgradigste Berührung 
nur Imal in 8 Versuchen zutraf, war die Zahl der mit Hilfe des Floh zustande 
gekommenen Infektionen (45 Versuche) 95%. Im Gegensatz zu der sich als gering 
herausstellenden Übertragbarkeit sekundärer Lungenpest konnte ein Übergang 
experimentell erzeugter primärer Lungenpest bei Caviae untereinander leicht 
ausgelöst werden. Sehr hochgradige Verunreinigung der Behälter mit virulentem 
Material führte ohne Substanzverlust der Haut niemals zur Erkrankung des Tieres; 
ebensowenig konnte ein schädigender Einfluß des sogar nach Berührung haut- 
pesterkrankter Tiere gereichten Futters nachgewiesen werden. Die Annahme, 
nach welcher an der Pestübertragung Ameisen beteiligt seien, wird nach Vornahme 
zahlreicher einschlägiger Versuche mit aggressiven Spezies verworfen. — Aus diesen 
Experimenten wird vonS.noch kein unmittelbares Gesetz für menschliche Verhält- 
nisse deduziert;; die Übertragungsversuche mit Flöhen führen indessen zur Annahme 
einer gewissen, nicht mit morphologischen Veränderungen vergesellschafteten Auf- 
- frischung der Glossine innerhalb des Flohkörpers, welche ihrerseits eine Erhöhung 
der Virulenz derselben zustande bringt. Zeehuisen (Utrecht). 


45. J. Falk. Ein Beitrag zum Blutbilde der Pocken. (Med. Klinik 
1915. Nr. 34. S. 919.) 

Bei mehreren Pockenfällen, bei denen das Blut von Beginn der Krankheit 
an untersucht wurde, fanden sich Leukocytose und die anderen charakteristischen 
Blutveränderungen erst zu einer Zeit, wo die klinische Diagnose einwandfrei fest- 
stand. Aus dem folgt der Schluß, daß das Blut bei der Variola zweifelsohne eine 
sehr charakteristische Veränderung erfährt, daß diese Veränderung aber erst zu 
einer Zeit bemerkbar wird, wo die Diagnose bereits auf Grund der klinischen 
Symptome mit Sicherheit gestellt werden kann. Ruppert (Bad Salzuflen). 


46. Hideyo Noguchi. Pur cultivation in viro of vaccine virus 
| free from bacteria. (Journ. of exp. med. 21. 1915. S. 539.) 

N. reinigt das Vaccinevirus durch Glyzerin und Äther soweit als möglich 
von allen fremden Beimengungen und verimpft es dann in die Hoden von Ka- 
ninchen und Bullen. Es kann von hier aus unbegrenzt auf andere Tiere über- 
tragen werden und bleibt dabei vollständig rein. Innerhalb eines Jahres wurden 
6) Passagen bei Kaninchen vorgenommen. Während der ersten Übertragungen 
von Hoden zu Hoden ist die Virulenz verhältnismäßig gering, jedenfalls geringer 
als bei Übertragung auf die Haut, steigert sich dann aber allmählich und erreicht 
vollständig die des früheren Übertragungsmodus. Am 4.—5. Tage nach der Ver- 
impfung ist das Wachstum des Virus im Hoden am größten, bleibt dann stationär 
bis zum 8. Tage und verringert sich von da ab. Die Impfungen mit dem Hodenvirus 
ergeben genau dieselben Veränderungen an der Haut, der Cornea usw. wie die 
Übertragungen von der Haut. Jedenfalls bietet der neue Übertragungsmodus 
eine Reihe von Erleichterungen und eine Verbilligung für die Praxis. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


47. Schilling. Über das Leukocytenbild bei Variola vera. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 
Die Hyperleukocytose fällt in schweren Pockenfällen nicht aus, sondern sie 
sinkt regelrecht unter zunehmender Verschiebung der Neutrophilen zur Aniso- 


356 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


hypoleukocytose. Die Hauptmasse der eigenartigen großen Zellen der Pocken- 
blutbilder sind typische große Mononukleäre und Übergangsformen, in schweren 
Fällen auch ihre jugendlichen Vorstufen. Die Verschiebung im System der Groß- 
mononukleären erscheint ganz unabhängig; die neutrophile Verschiebung kann 
fast fehlen und ist sicher nicht so stark, daß die abnormen Zellen durch Reizung 
des neutrophilen Zellsystems erklärt werden könnten; gleiches gilt vom lympha- 
tischen System. Reckzeh (Berlin). 
48. Luithien. Zur Kenntnis der Wirkung der Vaccine. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 9. | 
Die Ergebnisse der Versuchsreihen, zusammengehalten mit den klinischen 
Beobachtungen bei Anwendung der Gonokokkenvaccine, gestatten die Annahme, 
daß diese drei Komponenten in der Wirkung aufweist: 1) Als artfremdes Eiweiß, 
2) als die Körpertemperatur erhöhendes Mittel, 3) als spezifische, aus Gonokokken 
bestehende Substanz. Auf Grund der experimentellen Untersuchungen und der 
‘bei Gonorrhöe erhobenen klinischen Beobachtungen erscheint die Forderung be- 
rechtigt, bei jeder Vaccinetherapie nicht nur der spezifischen Komponente der 
Vaccine, den Bakterien als solchen, sondern auch den anderen beiden Kompo- 
nenten (1 und 2) Beachtung zu schenken. Seifert (Würzburg). 


49. Heinrich Schroeder und Otto Umnus. Über bakteriologische 
Erfahrungen bei Untersuchungen an Darminfektionen lei- 
dender Soldaten. (Med. Klinik 1915..Nr. 23. S. 637.) 

| Verf. fand bei Ruhr und Typhus die entsprechenden Krankheitserreger. Er 

betont die Wichtigkeit der mikroskopischen und kulturellen Untersuchung, trotz 

Eintritts von Agglutinationen mit einem spezifischen Serum. Für die Infektions- 

quelle bei der Dysenterie kommt nicht allein Wasser in Frage. In vielen Fällen 

konnte nachgewiesen werden, daß die Leute besonders in dem russisch-polnischen 

Orte M. von kleinen Händlern Wurst und Käse gekauft hatten, nach deren Genub 

sie bald erkrankten. Ruppert (Bad Salzuflen). 


50. Soldin (Berlin-Wilmersdorf). Über Mischinfektion von Ruhr 
und Typhus. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 

Es handelt sich im besprochenen Falle um einen Pat., der plötzlich mit akuten 
Magen-Darmerscheinungen erkrankt, zu denen sich sehr bald typhöse Erschei- 
‚nungen, Benommenheit und Milzschwellung hinzugesellen. Die Stuhlgänge sind 
aber von Anfang an ruhrartig und enthalten Schleimfetzen. Im Stuhlgang werder. 
zweimal, und zwar am 5. und 8. Krankheitstage, Typhusbazillen, und ebenfalis 
zweimal, am 12. und 15. Tage, Pseudoruhrbazillen nachgewiesen. 

Reckzeh (Berlin). 


51. Marian Gieszezykiewiez. Über die Ruhrepidemie 1914/15 auf 
Grund des Spitalmaterials. (Med. Klinik 1915. Nr. 43. S. 1184.) 
Verf. gibt einen Bericht über den Verlauf der Ruhrepidemie 1914/15 in einem 

Krakauer Ruhrspital. Neben einer diätetischen Behandlung wurde ausschließlich 

‘das polyvalente Serum aus dem serotherapeutischen Institut Prof. Dr. O. Buj- 

wids verwendet. Bei den mittelschweren Fällen war die Wirkung besonders 

günstig. Schon am Tage nach der Einspritzung ließ der Stuhldrang nach, und 
nahm die Zahl der Stühle bedeutend ab, später verschwanden Blut und Schleim. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 357 


In leichten Fällen wurden 20 ccm, bei schweren Fällen 30—60 ccm eingespritzt. 
Bei den schwersten Fällen wurde nur ein geringer Nutzen der Einspritzungen ge- 
sehen. Die Ursache davon lag darin, daß zwei Drittel dieser Fälle nach Ablauf 
der 1. Krankheitswoche und mit einer zu geringen Dosis gespritzt wurden. Als 
Nebenerscheinungen der Serotherapie sind angegeben: 5mal eine starke Urtikaria 
am ganzen Körper, 6mal Erythem an der Injektionsstelle.. Die Gesamtsterblich- 
keit betrug durchschnittlich 5,4%, in 7 Monaten. Es folgen dann noch Angaben 
über Züchtung und Isolierung der verschiedenen Ruhrstämme. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


52. Karl Schuetze. Klinische Beobachtungen über Ruhr. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 25. S. 702.) 

Verf. wendet zur Ruhrbekämpfung die etwas modifizierte Methode von A. 
Polilow an. Neben der Diät verordnete er anfänglich 0,2 Kalomel, und zwar 
in Zwischenräumen von 2 Stunden, bis zur Entleerung eines grünlichen Stuhles. 
Dann wurde eine Lösung Ammonium-sulfo-Ichthyolicum 5 : 1000 mit 20 Tropfen 
Tinct. opii spl., das Ganze von 38° C, als hoher Einlauf in den Darm gegossen und 
von dem Pat., so lange wie er konnte, festgehalten, wenn auch nur einige Minuten. 
Diese Prozedur wurde meist einmal am Tage, selten zweimal vorgenommen, bis- 
weilen wechselte Verf. auch mit Catani’schen Darmspülungen ab (auf 1 Liter Ka- 
millentee 15g Tannin, 30g Gummi arab., 30 Tropfen Tinct. opii). Zeigte sich 
innerhalb der 24 Stunden trotzdem noch einmal leichter Tenesmus, dann benutzte 
er auch Belladonna-Opiumzäpfchen (Extr. bellad. 0,03, Extr. mecon. 0,01, Butyr. 
cac. q. s. ad. supp. tal. dos.). Ruppert (Bad Salzuflen). 


53. Janina Rauch. Über periostale Späterkrankungen nach Ruhr. 

(Med. Klinik 1915. Nr. 24. S. 672.) 

Die wesentlichen Symptome, um die es sich hier handelt, sind starke Schmerz- 
haftigkeit der Vorderfläche der Tibien, in einem Falle auch der Fibula, während’ 
die Muskulatur, Nerven und Gelenke vollkommen frei sind. Die lokalisierte 
Schmerzhaftigkeit hat, wie die Röntgenuntersuchung lehrte, auch eine positive 
Grundlage. Die Aufnahmen ergaben, daß an den in Betracht kommenden Stellen 
leichte Auflagerungen am Periost erkennbar waren. In diesen Fällen war auch 
die Verdickung tastbar. Diese Befunde stimmen mit denen überein, die man bei 
vorausgegangenem Typhus gefunden hat. Ruppert (Bad Salzuflen). 


54. Adolf Klesk. Über die Serumbehandlung der Ruhr. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 42. S. 1157.) | 
Verf. gibt eine zusammenfassende Übersicht, der mit dem Serum von Bujwid 
oder Paltauf behandelten Ruhrfälle. Die Serumeinspritzungen wirken am besten 
in den ersten ein bis drei Tagen der Krankheit, sind dagegen in späteren Tagen wir- 
kungslos. Das Serum kann den Ausbruch der Krankheit im Inkubationsstadium 
nicht mehr aufhalten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß das Serum gesunde Leute 
schützt; wie lange aber diese eventuelle Immunität dauert, konnte nicht kon- 
statiert werden. Nach Injektion des Serums im Anfangsstadium kann man sehr 
oft eine deutliche Verkürzung des Krankheitsverlaufes erreichen. Die Größe der 
Schmerzhaftigkeit an der Infektionsstelle steht im geraden Verhältnis mit der 
Schwere des Verlaufes. Ruppert (Bad Salzuflen). 


358 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


55. Matthes. Zur Klinik der Bazillenruhr. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 45.) 
Weitaus die meisten Fälle besserten sich unter Bettruhe, Wärmeapplikation 
auf den Leib, blander Diät auch ohne medikamentöse Behandlung. 


Reckzeh (Berlin). 


56. Dünner (Moabit-Berlin.. Die Agglutination bei Ruhr und 
ruhrartigen Erkrankungen. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr.46.) 
Eine feinkörnige Agglutination des Dysenteriebazillus ist, auch wenn sie in 
höheren Verdünnungen auftritt und vollständig ist, diagnostisch nicht verwertbar. 
Bei Verwendung des Kruse-Shiga-Stammes ist eine grobklumpige Agglutination 
- bei einer Verdünnung von 1 : 50 und mehr als für Ruhr spezifisch zu betrachten. 
Reckzeh (Berlin). 


57. Seligmann. Zur Bakteriologie der Ruhr im Kriege. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 

Wir sind gezwungen, die Y-Flexner-Agglutination als diagnostisch nicht ver- 
wertbar anzusehen. Reckzeh (Berlin). 
58. Kittsteiner (Hanau a. M.). Erfahrungen über leichte Ruhr- 

fälle. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 

Von Beginn der Krankheit an wurden eigentümliche Gärungsstühle beobachtet, 
welche mit anderen Symptomen für eine Störung in der Dünndarmfunktion 
sprechen, die neben dem Dickdarmkatarrh besteht. Die Nachgärung der Stühle 
wird im Anfang der 2. Krankheitswoche, wenn die Temperatur wieder steigt, 
ebenfalls wieder stärker. Durch kohlehydratfreie Kost tritt rasch eine Besserung, 
oft sogar Heilung der Fälle ein. Reckzeh (Berlin). 


59. Simon Flexner und Harold L. Amoss. The rapid production 
of antidysenterieserum. (Journ. of exp. med. 21. 1915. S. 515.) 
Durch drei intravenöse Einspritzungen von lebenden Kulturen oder Toxin 

abwechselnd des Shiga- und des Flexner-Bazillus kann man von Pferden 

innerhalb von 10 Wochen ein wirksames, polyvalentes antidysenterisches Serum 

erhalten. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


60. Ghigoff. Über die Behandlung der Dysenterie und Cholera 

mit Natrium sulfuricum. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Bei 286 Fällen von Dysenterie und Cholera wurde Natrium sulfuricum in Form 

20% iger wäßriger Lösung mit Zusatz von etwas Opium und von einigen Tropfen 

30%, iger Weinsteinlösung in 2stündlichen Intervallen eBlöffelweise gegeben. 

Unter 128 Fällen von mittelstarker und sehr starker Form der Cholera nur 38 Todes- 
fälle. Seifert (Würzburg). 


61. Czyhlarz v. Neustädtl. Aus der Ill. med. Klinik des k. k. 
Franz Joseph-Spitals. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 36 u. 37.) 
Verff. kommen auf Grund ihrer Erfahrungen zu dem Resultat, daß in den Fällen 
von Dysenterie, bei denen zweifelsfrei Shiga-Kruse nachgewiesen ist, die spezifische 
Therapie einzusetzen hat. Andere dysenterische Infektionen, für welche Spezifika 
vorerst nicht existieren, sind mit Erfolg mit Normalserum zu behandeln. 
Feith (Nürnberg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 358 


62. Adler. Die Behandlung der Cholera asiatica im Felde. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 

Nachdem sich der Kranke nach einigem Verweilen im gewärmten Bette von: 
dem Shock des Transportes einigermaßen erholt hat, wird eine Magenspülung 
mit warmer (ca. 42°) wäßriger Tierkohleaufschwemmung (ein gehäufter EBlöffel' 
Tierkohle auf einen Liter Wasser) vorgenommen und danach eine Aufschwemmung 
von etwa 5g Tierkohle in einem Trinkglas Wasser durch den Magenschlauch ein-. 
segossen. Weiterhin kommt in Seitenlage (wie bei der Magenspülung) eine Dauer- 
spülung mit wäßriger Tierkohleaufschwemmung. Wenn die Kranken sich einiger- 
maßen erholt haben, bekommen sie Tierkohleaufschwemmung schluckweise zu 
vinken. Im Stadium der Kreislaufschwäche erscheint die intravenöse Infusion 
von reiner Kochsalzlösung das geeignete Mittel, um das vergiftete und erlahmte 
Herz zu neuer Arbeit anzuregen. In drei Fällen im komatösen Stadium wurden 
durch die Lumbalpunktion 30—40 ccm Liquor tropfenweise abgelassen und dann 
20—25 ccm steriler, körperwarmer physiologischer Kochsalzlösung in den Lumbal-. 
sack allmählich infundiert. Der Erfolg war ein sehr guter. 

Seifert (Würzburg). 


63. H. Strauss. Zuckerinfusionen bei Cholere. (Therapie der Gegen- 

wart 1915. Hft. 10. S. 370.) 

Verf. empfiehlt bei Cholera die intravenösen Infusionen von isotonischen 
(4'/,°.igen) Traubenzuckerlösungen an Stelle von physiologischen Kochsalz-. 
sungen, weil bei den schweren Nierenveränderungen der Cholera die Zuführung 
von großen Kochsalzmengen gefährlich ist. Die Infusion der Zuckerlösungen 
kat eine die Zirkulation anregende und die Giftstoffe verdünnende Wirkung. Da- 
neben werden dem Organismus durch den Zucker eine gewisse Menge von Kalorien 
(2 Liter 41/,°%,iger Traubenzuckerlösung etwa 360 Kalorien) an Nährstoff zuge- 
‘uhrt. Zur Erleichterung der Infusion, die er ohne Freilegung der Vene macht, 
hat Verf. eine Kanüle mit Bajonettverschluß und Fußplatte angegeben. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


64. Stern. Vergleichende Untersuchungen mit festen Cholera- 
Elektivnährböden. Ergänzung zur Aronson’schen Methode. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 

Der nach Aronson hergestellte Cholerafuchsinagar übertrifft die Anreiche- 
rungsfähigkeit der von Dieudonné und Esch beschriebenen alkalischen Nähr- 
böden, des Blutalkaliagars, bzw. Fleischnatronagars, weil seine Hemmungsfähig- 
keit, seine Anreicherungsfähigkeit größer ist und weil die Cholerakolonien leicht 
zu erkennen und die Choleravibrionen gut zu agglutinieren sind. Das Fuchsin- 
Peptonwasser ist als Ergänzung der Aronson’schen Methode bei Identifizierung 
der auf Platten gewachsenen Kolonien mit Nutzen zu verwenden. 

Seifert (Würzburg). 


65. v. Wassermann und P. Sommerfeld. Experimentelle Unter- 
suchungen über die Wirksamkeit der Typhus- und Cholera- 
schutzimpfung. (Med. Klinik 1915. Nr. 48. S. 1307.) 

In den in der Arbeit geschilderten Experimenten wurde ein Zusammenhang 
zwischen Gehalt des Blutes an bakteriziden Substanzen und Invadierbarkeit des 
Darmgewebes seitens Typhus- und Cholerabakterien nachgewiesen. Da wir nun 
durch unsere Schutzimpfung eine starke Erhöhung der spezifisch bakteriziden 


30. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 19. 


Kräfte des Blutes erzielen, so ist der zwingende Schluß erlaubt, daß dieser Schutz- 
impfungsvorgang auch einen Einfluß auf die Verminderung der natürlichen An- 
steckungsmöglichkeit, die die Invasion des Darmgewebes zur Voraussetzung hat, 
ausübt. Durch allerlei Einflüsse, wie ungenügende Ernährung, andersartige In- 
tektion kann die Blutschranke bis zum Versagen herabgesetzt werden. Daraus ist 
die mit den bisherigen Erfahrungen übereinstimmende Tatsache abzuleiten, daß 
die Schutzimpfung gegen Typhus und Cholera von direktem Einfluß auf die natür- 
liche Ansteckungsgefahr ist, aber keinen undurchbrechbaren Schutz verleiht. Sie 
stellt einen ausgesprochenen Schutz dar, aber einen Schutz, der mehr labil ist im 
Vergleiche mit dem stabilen Schutz der Pockenimpfung. Unter denjenigen Ein- 
Tlüssen, welche die labile Schutzschranke aufzuziehen vermögen, spielen die nicht 
genügende Ernährung und andersartige Infektionen eine besonders wichtige Rolle. 
Wir dürfen also aus diesem Grunde trotz Durchführung der Schutzimpfung gegen 
Typhus und Cholera die allgemein hygienischen Maßnahmen in keinerlei Weise 
vernachlässigen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


66. Sir L. Rogers (Calcutta). The results of the hypertonic and 
permanganate treatment in 1000 cases of cholera. (Lancet 
1915. Juli 31.) 

In 1003 Fällen von Cholera, die intravenös mit hypertonischer Kochsalz- 
lösung und per os — zur Zerstörung der Toxine im Darm vermittels Oxydisation 
mit großen Mengen von Permanganaten behandelt wurden, erzielte R. in den 
Jahren 1905—15 eine Mortalität von 25%, während 1895—1904 bei rektaler und 
subkutaner Zuführung von Salzlösung unter 1243 Fällen eine Sterblichkeit von 
59% bestand. In schweren zur Heilung gebrachten Fällen wurden im Laufe von 
3—4 Tagen 12 Liter der Lösung in die Venen eingespritzt, 2 erhielten je 16,5 Liter, 
einer 20,4. Die niedrigste Mortalität bot mit 14%, die Altersklasse zwischen 10 
und 20 Jahren, die höchste die Kinder unter 5 und die Pat. oberhalb des 40. Le- 
bensjahres. Vielleicht lassen sich die Erfolge noch durch kontinuierliche, langsame, 
subkutane Infusionen der hypertonischen Lösung steigern. — Von schlechter 
Prognose ist bei eingetretenem Kollaps ein — trotz des großen Flüssigkeitsver- 
lustes — niedriges spezifisches Gewicht des Blutes von 1057, wo schwere Cholera- 
fälle 1064 und mehr zeigen. Die Pneumonie bei Cholerakranken ist, wie der ge- 
legentliche Nachweis von Cholerabazillen in letalen Fällen erwies, zuweilen eine 
septikämische Komplikation. Bei urämisch zugrunde gehenden Pat. ist nicht 
die Vasomotorenlähmung Todesursache, sondern eine Acidosis (Sellards), wie 
auch die Erfolge bei früher und wiederholter Zufuhr von Alkalien beweisen. Die 
Alkaleszenz des Blutes war nach Beobachtungen an 62 Kranken stark, und zwar 
entsprechend der Schwere der Attacke herabgesetzt. In der Therapie bewährt? 
sich intravenöse Einbringung von Natr. bicarbonicum, das der Kochsalzlösung 
zu 4 g in 0,6 Liter zugesetzt wurde. Die Menge des doppeltkohlensauren Natrons, 
die in geheilten Fällen zur Anwendung kam, schwankte zwischen 10,6 und 74,6 g. 
Das von L. Brunton auf Grund physiologischer Erwägungen bei Cholera emp- 
fohlene Atropin schien sich als wirksam zu erweisen. F. Reiche (Hamburg). 
PERS a a a a 

Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mas 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandiung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle, 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


361 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
g 37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 








Nr. 20. Sonnabend, den 20. Mai 1916, 
Inhalt. 


C. Bachem, Sammelreforat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
Referate: 1. Franki und Wengraf, Choleraepidemie in Brcka. — 2. Kraus, Busson 

und Rumpf, Cholera asiatica und Cholera nostras. — 8. van Loghem, EI-Tor-Frage in der 
Bakteriologie. — 4. Würtzen, 5. Cayet, 6. Reiche, Recurrenserkrankungen und ihre Behandlung 
mit Salvarsan. — 7. Lesohke, 8. van Riemsdijk, 9. Schmitz, 10. Fox, 11. Sturtevant, Diphtherie- 
behandlang. — 12. Stepp, Grippe. — 13. Wollstein, Influenza — 14. Bray, Meningokokken- 
septikämie. — 15. Lewkowiez, Behandlung der epidemischen Genickstarre. — 16. Pribram, An- 
aerobensepsis. — 17. Taylor, Gasgangrän. — 18. Janusehke, Pyramidon. — 19. Lawson, 20. Lief- 
mann, 21. Vandenhoff, 22. van der Heyden, Malaria. — 23. Riegel, Halbmondfieber. — 
4 Borger, 25. Rosznowski, 26. Eppenstein, 27. v. Eisler, 28. Kocher, 29. Löwy, 30. Aschoff, 
Robertsohn, 31. Wintz, Tetanus. — 32. Owen und Newham, Autogene Vaccinebehandlung bei 
Maltafieber. — 38. Nicholls, Orchitisepidemie. — 34. Fraser und Fletscher, 35. Rivas, Lepra. — 
%. Plaut, Sporotrichose. — 37. Arnstein, Anguillulaerkrankung. — 38. Kokoris, Splenektomie 
bei Kalaazar. — 39. McDonald, Salvarsanbehandlung von Framboesia. — 40. Nash, Angina- 
epidemie. — 41i. Grätzer, Eigenartige Schützengrabenerkrankung. — 43. Stárka, Lysss, — 
#4 Ashhurst und Wadsworth, Wirbelsäulenosteomyelitis. — 44. Weichardt, Unspezifische 
Therapie von Infektionskrankheiten. — 45. Gellhaus, Collargolinjektionen. — 46. Reichmann, 
Therapeutischer Wert des Collargols. — 47. Jessen, Behandlung der Biutinfektion, — 48. Taschen. 
bach des Feldarztes. 

#. Psychose im Anschluß an Typhus. 





Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
(Januar bis März 1916.) 


Von 
Prof. Dr. Carl Bachem in Bonn. 


Pharmakologische Versuche, die Meissner (l) am überlebenden 
Kaninchendarm anstellte, ergaben, daß die Phenanthrenabkömm- 
linge unter den Opiumalkaloiden am isolierten Darm durchaus nicht 
einheitlich hauptsächlich lähmend wirken. Eine strenge Scheidung 
zwischen Phenanthren- und Isochinolinabkömmlingen auf Grund der 
angestellten Untersuchungen ist abzulehnen. Bringt man die zu 
' prüfenden Substanzen mit der Innenseite des Darmes in Berührung, 
s0 bleibt die Wirkung die gleiche, tritt aber später ein. Beeinflussung 
des isolierten Darmes durch gewisse Pflanzenextrakte geht nicht 
immer der Beeinflussung des lebenden Darmes parallel. Einige Ex- 


20 


362 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


trakte, die den lebenden Darm erregen, wirken am isolierten lähmend. 
Kondurangoextrakt wirkt genau wie Uzaron auf den isolierten Darm. 
Der Darm eines stark mit Papaverin vergifteten Tieres, der im eben 
getöteten Körper völlige Ruhesteliung zeigte, schreibt isoliert wie 
ein normaler. 


Über Erfolge der klinischen Pharmakologie bei funktionellen 
Nervenkrankheiten berichtet Januschke (2) in fünf Fällen: im 
ersten handelte es sich um die Heilung einer hysterischen Lähmung 
durch Beeinflussung der Erregbarkeit durch Physostigmin; die Hei- 
lung erfolgte binnen weniger Tage. Der zweite betraf die akute Ruhig- 
stellung und Heilung einer tobsüchtigen Manie mittels Kodein. Im 
dritten Falle gelang es bei einem Knaben mit Anfällen von Bewußt- 
seinsstörungen, die ihrerseits auf Gefäßkrämpfen im Gehirn beruhten, 
mittels Kalziumlaktat die Anfälle zu beseitigen. Ein weiterer Fall 
betraf einen Pat. mit chronischen Magenkrämpfen, wo der Heilerfolg 
des Atropins durch Gastroenterostomie ermöglicht wurde. Endlich 
ein Fall von Kreislaufschwäche mit Gehirnanämie als Folgen latenter 
Obstipation: Die Anfälle wurden durch Verbesserung der Hirnzirkula- 
tion mittels Theobromin vorübergehend behoben. Der alsdann er- 
zielte Dauererfolg einer Trinkkur mit isotonischer Lösung von Karls- 
bader Salz trotz täglicher Stuhlentleerungen ließ erkennen, daß eine 
maskierte Obstipation zur Hirnzirkulationsstörung geführt hatte. 

Über den heutigen Stand der physikalischen und chemischen 
Antipyrese unterrichtet uns in übersichtlicher Form eine Abhand- 
lung von Grafe (3). Nach Darlegung der allgemeinen pathologischen 
und experimentellen Gesichtspunkte über den heutigen Stand des 
Wesens des’ Fiebers nennt er die Indikationen für eine antipyretisch: 
Behandlung; diese sind: Temperaturen von über 41°, lange dauernd? 
Temperaturen mit starker Appetitlosigkeit und Kräfteverfall, Benom- 
menheit und oberflächlicher Atmung, sowie andere Komplikationen 
von seiten der Atmungsorgane; endlich starke subjektive Beschwerden 
durch das Fieber (Kopfschmerzen, starke Schweiße, Unruhe, Schlaf- 
losigkeit, Herzklopfen usw.). Nach eingehender Besprechung hydro- 
therapeutischer Maßnahmen behandelt Grafe die einzelnen chemi- 
schen Fiebermittel und präzisiert seinen Standpunkt für eine chemo- 
therapeutische Fieberbehandlung. 


Eine neue Arzneiform, die bereits praktische Verwendung ge- 
funden hat, bilden die sog. Ultrafiltrate. Unter Ultrafiltration ver- 
steht man die Filtration durch dünne Membranen, wie Kollodium- 
häutchen unter Druck. Die Kolloide werderi dabei auf dem Filter 
zurückgehalten, während die Kristalloide durchgehen. Ultrafiltration 
ist gewissermaßen eine Dialyse unter Druck, ohne daß das Ultrafiltrat 
eine Verdünnung erleidet. Es ist nun, wie Blumenthal (4) berichtet, 
gelungen, wäßrige pflanzliche Auszüge von störenden Ballaststoffen 
zu befreien und ein Ultrafiltrat zu erhalten, das die wirksamen Be- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 363 


standteile der betreffenden Droge enthält. Von den bis jetzt her- 
gestellten Ultrafiltraten hat das Holopon sich bereits in der Praxis 
eingeführt. Die im Handel befindlichen Lösungen sind so eingestellt, 
daß 10 Teile einem Teil Opium entsprechen, jede Tablette enthält 
0,5 Holopon, entsprechend 0,05 Opium. Die Mengen- und Mischungs- 
 verhältnisse der Alkaloide sind die gleichen wie in der Droge. Holopon 
kommt in Ampullen, Tabletten und Suppositorien in den Handel und 
kann subkutan, intramuskulär und intravenös verabfolgt werden. Bei 
der Anwendung erwies es sich nach Mayer (5) als vollwertiges Mor- 
phiumpräparat, dessen Nebenwirkungen nur gering sind. 


Dünner und Eisner (6) haben 100 Fälle von Pneumonie mit 
Optochin behandelt. Es soll sowohl die kritische wie auch die 
Iytiche Entfieberung vor dem 7. Tage häufiger sein als. bei sympto- 
matischer Behandlung. Nach allen ihren Beobachtungen kommen die 
Verff. zu dem Schluß, daß das Optochin für die Pneumoniebehandlung 
ein wertvolles Mittel ist, das um so besser wirkt, je früher es gegeben 
wird, das aber auch noch im Spätstadium Vorteile bietet. Beweisend 
‚hierfür ist nach D. und E. die große Zahl von früh entfieberten Fällen 
und solchen mit früh einsetzender Lysis, ferner prognostisch un- 
günstige Fälle, die dennoch zur Heilung kamen. In einer verhältnis- 
mäßig kleinen Zahl von Fällen scheint das Mittel zu versagen. Neben- 
wirkungen seitens des Magens, der Ohren und der Augen wurden in 
wechselnder Intensität beobachtet. In solchen Fällen gehe man auf 
b—8mal täglich 0,125 —0,15 zurück. Nach vollkommener Entfiebe- 
rung muß man das Mittel noch 24—36 Stunden weiter geben. Ein- 
gehend verbreitet sich Morgenroth (7) über die Dosierung des 
Optochins bei der Pneumoniebehandlung unter besonderer Berück- 
sichtigung der von früheren Autoren angewandten Gaben. Seine 
Ausführungen gelten besonders der Kritik einer Veröffentlichung von 
Feilchenfeld (8), welcher einen Kranken sah, der nach einer Gabe 
von 5 g in 30 Stunden eine Amaurose nach Optochin davontrug. Von 
12 Fällen, die Manliu (8a) mit Optochin behandelte, starben 2. Die 
Nebenwirkungen waren vorübergehender Natur (leichte Sehstörungen, 
Ohrensausen usw.). Für die Vermeidung derselben ist zu beachten, 
daß man sich an entsprechend niedrig bemessene Dosen hält und auf 
die Art der Applikation Rücksicht nimmt. Auch eine entsprechende 
Diät ist insofern von Nutzen, als das Mittel Bedingungen zu gleich- 
mäßiger Resorption finden soll. Zur Behandlung der Nebenwirkungen 
scheint sich Kampfer zu empfehlen. 

Ein dem Optochin chemisch nahestehendes Präparat, das Iso- 
amylhydrocuprein, besitzt die dem Chinin eigene lokalanästhe- 
tische Wirkung in weit höherem Maße, ja, diese soll sogar der des 
Kokains um ein Bedeutendes überlegen sein, da bereits eine 0,1 %ige 
Lösung genügt, um am Kaninchenauge eine länger dauernde Anästhesie 
hervorzurufen. In 2—5%iger öliger Lösung erwies sich das Mittel 


20* 


364 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


Tugendreich (9) als schmerzstillend bei Karzinomkranken; ferner 
wurden die Geschwulstulzerationen günstig beeinflußt. Auch Röntgen- 
schädigungen der Haut sowie ein Fall von Herpes zoster wurden er- 
folgreich behandelt. 


Verschiedene Arbeiten von Grumme haben die Pharmakologie 
des Jods zum Gegenstand. Die eine (10) erstreckt sich auf die Wir- 
kung intern gereichten Jods auf die Hoden. Als Versuchstiere dienten 
Kaninchen, von denen das eine längere Zeit hindurch größere Gaben 
Jodtropon ins Futter geknetet erhielt, während das andere als Kon- 
trolle diente. Trotz der hohen Joddosen konnte kein Hodenschwund 
beobachtet werden. — In einer weiteren Arbeit (11) stellt Grumme 
Betrachtungen an über die Vermeidung des Jodismus; er kommt zu 
dem Schluß: Tierisches Schilddrüsenjod hat andere therapeutische 
Eigenschaften als anorganisches Jod; gleichzeitig sind sowohl die 
obligatorischen Nebenwirkungen (= Jodismus) wie auch ein Teil der 
fakultativen Nebenwirkungen (bei Idiosynkrasie) des anorganischen 
Jods im Schilddrüsenjod beseitigt. Es erscheint theoretisch möglich, 
dem arzneilichen Jod die obligatorischen Nebenwirkungen künstlich 
zu nehmen bei Erhaltung der gewöhnlichen Jodheilwirkung. Höchst- 
wahrscheinlich ist das der Fall bei künstlich intramolekulär an Eiweib 
gebundenem Jod; dagegen wird ein solches Präparat die fakultativen 
Nebenwirkungen aufweisen. — Die dritte Mitteilung (12) betrifft einen 
Fall von Bronchialasthma, wobei durch regelmäßige Aufnahme von 
Jodtropon (während eines Jahres 660 Tabletten) die Anfälle dauernd 
ausblieben. 


In einer polemisch gehaltenen Abhandlung wendet sich Fi- 
scher (13) nochmals gegen die von Lube vertretene Ansicht, die in 
dem von ihm (Lube) veröffentlichten Falle bei der Sektion gefundene 
diphtherische Enteritis sei als Symptom einer Salvarsan vergiftung 
aufzufassen. — Schmitt (14) teilt seine Erfahrungen mit Salvarsan- 
natrium in konzentrierter Lösung mit: er injizierte mit einer 10 ccm- 
Spritze bis zu 0,45 g Salvarsannatrium in frisch destilliertem Wasser. 
Abgesehen von geringen subjektiven Beschwerden und ganz verein- 
zeltem Temperaturanstieg, wurde diese Art der Injektion gut ver- 
tragen. Prüssian (15) sah von Neosalvarsan sehr günstige Re- 
sultate bei einer Recurrensepidemie; es gelang, nach einer einmaligen 
intravenösen Verabfolgung von 0,45 g Neosalvarsan in 94,4°, der 
Fälle eine Dauerheilung zu erzielen. Ein Todesfall wurde überhaupt 
nicht beobachtet, ebensowenig wird über nennenswerte Nachteile des 
Mittels berichtet. Die Technik der Injektion war die gleiche wie die 
von Schmitt (14) angegebene. — Perverse Geruchs- und Geschmacks- 
empfindungen nach Neosalvarsaninjektionen sah Kraupa-Runk (16); 
besonders gaben die Pat. an, daß sie einen Geruch nach Hoffmanns- 
tropfen verspürten neben einem undefinierbaren Geschmack. Worauf 
diese Erscheinungen zurückzuführen sind (direkte chemische Rei- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 365 


zungen der Geruchs- und Geschmacksnerven?), ist einstweilen noch 
~ völlig unbekannt. 


Über das Solarson, ein wasserlösliches Arsenpräparat aus der: 


“ Elarsongruppe, berichten Klemperer (17), Joseph und Arnson ed 


. wwie Mackenrodt (19). Solarson ist das Monoammoniumsalz der 
© Heptinchlorarsinsäure. Tierversuche ergaben, daß diese Säure relativ 


- ungiftig und ziemlich gut resorbierbar ist. Die subkutane Injektion 
- der 1%igen Lösung des genannten Salzes war schmerzlos und rief 


- keine Reizerscheinungen hervor. Die Kur besteht nach Klemperer 


~ in der täglichen Einspritzung von I ccm einer 1%igen Lösung etwa 


10-12 Tage hindurch (eventuell nach 8tägiger Pause zu wiederholen). 


= Bei Anämien, Schwächezuständen, Neurasthenie, Neuralgien usw. 
scheint sich das Mittel zu bewähren; es trat sowohl eine subjektive 


- wie objektive Besserung (Vermehrung der Blutkörperchen, Gewichts- 


Ea zew 


zunahme) ein. Joseph und Arnson haben günstige Resultate bei 
der Behandlung der Psoriasis und des Lichen ruber gemacht. Sie 


- fanden, daß Solarson auch intramuskulär gut vertragen wurde und 


© daß die Injektionsdosis auf 3 ccm gesteigert werden kann (1 ccm = 
< 0003 As. — Mackenrodt konnte die guten Eigenschaften be- 


> stätigen und wandte Solarson ebenfalls intramuskulär an: jeden 
2 Tag Iccm der 1%igen Lösung. 20 Spritzen genügten, nach den 
: ersten 10 erfolgte eine 10tägige Pause. Gute Erfolge sah er bei Anämie, 


i Chlorose, anämischen Neuralgien, Struma, Karzinom, Morbus Base- 


+ dowii und Ischias. ° 


y 


Als neues brauchbares Diuretikum wird das Theazylon oder 
Azetylsalizyltheobromin empfohlen. Radwansky (20) gab das Mittel 


„In Dosen von 1 g dreimal täglich an 6 aufeinander folgenden 
» Tagen. Wenn auch das Mittel im allgemeinen gut vertragen wurde, 
:-% empfiehlt es sich doch, mit Gaben von 0,5 zu beginnen. Eine 
„ Steigerung des Eiweißgehaltes des Harns war in den beobachteten 
‚acht Fällen nicht nachzuweisen; der Eiweißgehalt erschien um so 
. geringer, je größer die Harnmenge war. Erbrechen wurde nur in 
< den Tagen vor dem Tode beobachtet, an denen allerdings alles er- 
:: brochen wurde. — Auch der von Feldheim (21) mitgeteilte Fall 
: illustriert gut die starke diuretische Wirkung. Im Verlaufe der Krank- 
. keit wurden einmal an 15 Tagen 58 Liter Harn ausgeschieden. Die 
. Gabe betrug 2mal täglich 0,5. Auffallend war, daß sich nach der 
. Entwässerung des Organismus eine erhebliche Appetitsteigerung ein- 
. telte. — Auch Bergmann (22) lobt das Mittel, das noch in ver- 
: eifelten Fällen, wo alles andere im Stich ließ, geholfen habe. 


Die örtliche Reizwirkung der zur Injektionsbehandlung emp- 


‚ fohlenen Digitalispräparate behandeln Loeb und Loewe (23). Als 
Versuchsobjekt diente die Haut junger Schweine. Aus den zahlreichen 


Versuchsprotokollen und Tabellen geht hervor, daß die geringste 
eizwirkung dem Digifolin und dem Dialysat Golaz zukommt, 


366 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


während Digalen und Digitoxin von den untersuchten Präparaten 
den stärksten Reiz im Unterhautzellgewebe hervorrufen sollen. Da- 
zwischen stehen die übrigen Präparate: Digipuratum, Digitalisinfus, 
Digitalysatum, k- und g-Strophanthin. — Über die Methode der Wert- 
bestimmung von Digitalispräparaten am Frosch äußert sich Loewe (24) 
im Sinne seines verstorbenen Kollegen Loeb, der sich durch die An- 
zweiflung seiner Befunde durch Gottlieb »besonders gekränkts 
fühlte. | 

Cymarin, das bereits mehrfach in diesen Sammelberichten er- 
wähnt wurde, hat v. Noorden (25) bei Kreislaufstörungen geprüft. 
Bei innerlichem Gebrauche — pro dosi 3/,, mg — erwies es sich bei 
subakut einsetzender Herzschwäche mit Stauungserscheinungen, 
kleiner Diurese usw. nicht als brauchbar; es steht hier hinter der Di- 
gitdlis zurück. Bei chronischer Herzmuskelschwäche waren die Er- 
folge bei akuten Verschlimmerungen ebenfalls unbefriedigend; da- 
gegen waren bei chronischer Herzmuskelschwäche ohne stürmische 
akute Erscheinungen die Erfolge höchst befriedigend; es trat Nach- 
lassen der subjektiven und objektiven Beschwerden ein. Der Erfolg 
wurde immer zwischen dem 4. und 6. Tage deutlich. In 12 Fälen 
chronischer Herzmuskelschwäche (ausschließlich Myokarditis) wurde 
Cymarin im Anschluß an Digitalis gegeben; die Digitaliswirkung 
wurde hierbei trefflich vervollständigt, bzw. eine Wiederholung der 
Digitaliskur unnötig gemacht. Cymarin wurde vom Magen stets gut 
vertragen. Die einzelnen Cymarinperioden sind nicht über 2 Wochen 
auszudehnen, weil dann die Pulsfrequenz wieder zu steigen beginnt; 
nach 2 Wochen erscheint eine 5—8tägige Pause am Platze. — Bei 
3—5maliger innerlicher Darreichung der genannten Gabe kann man 
Wochen und Monate hindurch einen erträglichen Zustand schaffen. 


Volland (26) betont die blutstillende Wirkung subkutan an- 
gewandten Kampferöls. Er konnte aus eigener Erfahrung an sich 
selbst beobachten, daß subkutane Kampferinjektionen bei Nasen- 
bluten günstig wirken. Der Autor empfiehlt das Verfahren auch gegen 
andere Blutungen und rät zu hohen Dosen: 10—30 ccm des offizinellen 
Öls. Er hält das Verfahren auch im Felde bei parenchymatösen und 
anderen Blutungen für angebracht. 

Bei erregbaren, erschöpfbaren und kraftlosen Kindern hat 
Langstein (27) gute Erfolge von einer mehrwöchigen Kalzium- 
therapie gesehen. Am besten schien sich das Calcium chloratum zu 
bewähren, das 3—6jährigen Kindern zu 2g pro die, älteren Kindern 
zu 3g gereicht wird. Kinder nehmen das Mittel gern in Wasser mit 
Himbeersaft. Die kleinen Pat. werden ruhiger, schlafen leichter, und 
ihre Erschöpfbarkeit nimmt ab. Nebenwirkungen sind meist ohne 
Belang; doch kommt es gelegentlich zu Kalkariurie und selten zu 
Erbrechen. — Kalziumchlorid wurde von Peperhowe (s. Sammel- 
referat in Nr. 9) als wirksam bei Nachtschweißen der Phthisiker an- 


Zentralblatt für innere Medizin.‘ Nr. 20. 367 


gegeben. In einer weiteren Mitteilung empfiehlt er (28) als geeignetes 
Präparat die Chlorkalziumkompretten »MBK«, von denen 1—2 bis 
3 Stück genügen, um Schweißunterdrückung hervorzurufen. 

Eine Chlorkalziumdiglykokollverbindung, Calciglycin genannt, 
wurde von Loewy (29) hinsichtlich ihres Verhaltens im Stoffwechsel 
untersucht. Es scheint, wie Tierversuche ergaben, bezüglich der 
Resorption und Kalkverwertung im Körper ein guter Ersatz des 
Chlorkalziums zu sein, dem es aber in praktischer Hinsicht (kein un- 
angenehmer Geschmack, nicht hygroskopisch) überlegen ist. Es 
kommt in Tabletten in den Handel. 

Bei seinen weiteren Studien über die Verteilung und das Schicksal 
des kolloiden Silbers im Säugetierkörper kommt Voigt (30) zu fol- 
genden Ergebnissen: Ein Schutz eines Silberhydrosols gegen das Aus- 
flocken im Organismus ist zurzeit noch. nicht möglich. Sowohl nach 
intravenöser, wie intramuskulärer oder intraperitonealer Injektion 
fällt das kolloide Silber aus. Nach der intravenösen Injektion wandert 
es besonders nach Leber, Milz und Knochenmark, wo es zunächst 
abgelagert wird; von hier aus wird es aber allmählich wieder nach 
anderen Stellen transportiert. Die Ausscheidung scheint sehr langsam 
vor sich zu gehen oder ganz allmählich zu erfolgen, da 8 Tage nach 
der Injektion weder im Harn noch im Kot analytisch nachweisbare 
Spuren zu finden waren. Die hieraus sich ergebenden Richtlinien für 
die praktische Verwendung des kolloiden Silbers wurden von V. 
bereits früher (s. Sammelref. in Nr. 49, 1915) erörtert. — Gell- 
haus (31) teilt einige Beobachtungen bei Collargolinjektionen in 
kleinen Dosen mit. Es gelangten nur wenige Milligramm zur intra- 
venösen oder intraglutäalen Injektion. Worauf die günstige Wirkung 
solch kleiner Mengen beruht, ist nicht mit Sicherheit zu sagen; nach 
Ansicht des Verf.s soll es die Lebensenergie der Krankheitskeime 
schädigen und auf die Leukocyten anregend im Sinne einer Verjüngung 
wirken. 

Da infolge des Krieges die Einfuhr zahlreicher abführenden 
Drogen unterbunden ist, sind wir auf einheimische Drogen (Faul- 
baumrinde usw.) oder Chemikalien angewiesen. Mit dieser Frage be- 
schäftigen sich die Arbeiten von Benecke (32) und Kroeber (33). 

Jaeger (34) berichtet über synthetisch hergestellte Wehen- 
mittel, unter besonderer Berücksichtigung des Tenosins, einer Mi- 
schung der wirksamen basischen Bestandteile des Mutterkorns (p-Oxy- 
phenyläthylamin und #-Imidazolyläthylamin).. Am besten schien sich 
eine Mischung zu bewähren, die 0,002 g der ersten und 0,3—0,5 mg 
der zweiten Substanz enthielt. Weiterhin werden die Ergebnisse 
anderer Autoren kritisch erörtert und als Forderungen aufgestellt, 
daß derartige Präparate subkutan oder intramuskulär, aber nicht 
intravenös anzuwenden sind, sowie bei der Herstellung solcher syn- 
thetischer Körper mit größter Sorgfalt zu Werke zu gehen. Als 


368 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


Hauptvorzug der synthetischen Präparate werden angesehen: die 
Möglichkeit einer genauen Dosierung, die rasch eintretende und gleich- 
mäßige Wirkung und die Entfernung schädlicher oder mindestens zur 
Wirkung unnötiger Bestandteile (»Ballaststoffe «). 

Eukalyptol-Mentholinjektionen zur Behandlung postopera- 
tiver Bronchitiden und Pneumonien empfiehlt Bode (35). Die ur- 
sprünglich von Technau angegebene Vorschrift lautet: Menthol. 10,0, 
Eucalyptoli puriss, 20,0, Ol. Dericini 50,0. — M.D.S. Täglich I cem 
intramuskulär zu injizieren. Auch zur Nachbehandlung tracheoto- 
mierter Diphtheriekinder eignet sich das Verfahren, da die Katarrhe 
der oberen Luftwege dabei schneller als sonst verschwinden. 


Thurner und Münzer (36) empfehlen eine neue Art der Tier- 
kohle, Carbovent genannt. Die Autoren geben zunächst einen 
historischen Überblick über den Gebrauch der Tierkohle in der Me- 
dizin und zählen die von Wiechowski genannten Anforderungen an 
ein gutes Präparat auf. Im Carbovent soll eine Kohle geboten werden, 
die allen Anforderungen entspricht. Nach Ansicht der Verff. soll 
Typhus unter Kohlebehandlung milder verlaufen. 

Die Behandlung des Asthma bronchiale mittels des Endobronchial- 
sprays befürwortet Stephan (37). Technische Einzelheiten sind im 
Original nachzulesen. Zur Verwendung kamen ausschließlich Novo- 
kain und Adrenalin; auf die Dosierung des letzteren legt Verf. be- 
sonderen Wert. Die Gabe schwankte zwischen 5—10ccm einer 
1/,—1 %igen Novokainlösung und 20 Tropfen einer 1%/ „igen Adrenalin- 
lösung. Kann auch dieses Verfahren die anderen therapeutischen 
Maßnahmen nicht ersetzen, so wirkt es doch in der Mehrzahl der Fälle 
als Beruhigungsmittel. 

Über die Beziehung des Diabetes insipidus zur Hypophyse und 
seine Behandlung mit Hypophysenextrakt äußert sich Hoppe- 
Seyler (38). Er erwähnt kurz die Ergebnisse neuerer Autoren auf 
diesem Gebiete. 

Nach Angaben Bloch’s (39) scheint die Therapie der sexuellen 
Insuffizienz mit den Sexualhormonen Testogan und Thelygan recht 
aussichtsreich zu sein. Innerlich und subkutan verabreicht, waren 
diese Mittel von Nutzen bei sexueller Schwäche im männlichen »Kli- 
makterium«, ferner bei endokrinen Störungen, Infantilismus, weib- 
licher Frigidität, manchen Fällen von (weiblicher) Adipositas usw. 
Die Ausfallserscheinungen wurden zurückgedrängt, die Menses wieder 
regelmäßig. Vielfach bewährte sich ein mit Schilddrüsensubstanz 
kombiniertes Präparat, das Thyreotestogan und Thyreothelygan. 
Testogan soll auch bei der Sexualneurasthenie der Kriegsteilnehmer 
wirksam gewesen sein; es ist hier den reinen Aphrodisiacis vorzuziehen. 
— Um eine Belastung des Magens zu umgehen, kommen die genannten 
Präparate in Suppositorien in den Handel. 

Nach dem Vorgang holländischer Ärzte empfiehlt Moszkowsk: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 369 


(40) zur Bekämpfung blutiger Stühle bei ruhrartigen Krankheiten das 
in Niederländisch-Indien zur Behandlung der Tropenruhr gebräuch- 
liche Jodoform, und zwar rektal nach dem Rp. Jodoformii 80,0, 
Gummi arab. 100,0, Aqu. dest. 180,0. Mittels einer weichen Schlund- 
sonde werden hiervon 45—50 ccm etwa 50 cm tief in den Mastdarm 
eingeführt. Diese Klysmen werden meist 2—3 Stunden zurück- 
sehalten. Obschon die Menge Jodoform eine recht beträchtliche ist, 
wird diese Medikation gut vertragen; solche Klysmen können an 
mehreren Tagen wiederholt werden. Die Blutungen ließen nicht nur 
nach, sondern der Stuhl wurde auch fester, das subjektive Befinden 
besserte sich. 


Pinselungen mit,einer 5%igen alkoholischen Lösung von Pro- 
vidoform bei Diphtheriebazillenträgern hat Klemperer (41) auf 
Grund der Empfehlungen Leschke’s angewandt. Eine große Anzahl 
der Gepinselten wurde bazillenfreiÄ, andere wieder nicht. Als ein in 
allen Fällen wirksames Mittel ist das Providoform also nicht zu be- 
zeichnen. Klemperer glaubt es nach der in Betracht kommenden 
Anwendung der Jodtinktur gleichsetzen zu dürfen. (Sollte nicht auch 
der Alkohol der Providoformtinktur an der bakteriziden Wirkung 
mitbeteiligt sein? Ref.) 

Das zuerst »Granulierendes Wundöl« genannte Präparat heißt 
nunmehr Granugenol und wird von Seubert (42) zur Heilung von 
Röntgenverbrennungen empfohlen; die beiden mitgeteilten Fälle 
scheinen die Brauchbarkeit bei mehrwöchiger Anwendung darzutun. 


Acetonalhämorrhoidalzäpfchen bestehen aus Trichlorbutyl- 
salizylsäureester (Acetonal) und Alsol. Sie wirken anästhesierend 
(vorübergehendes Brennen bei Rhagaden wird mitunter beobachtet), 
desinfizierend und adstringierend. An 2 Tagen sind je drei Zäpfchen 
einzuführen, prophylaktisch genügt täglich ein Stück (Beuster, 43). 


Lewin (44) erörtert die Gefahr der Bleivergiftung durch ganze 
oder zersplitterte, im Körper lagernde Geschosse. Er legt die ver- 
schiedenen Arten der Möglichkeit der Giftresorption dar: diese kann 
auch intermittierend erfolgen. Die Frage der chronischen Bleiver- 
ziftung ist auch bei Lebensversicherungsabschlüssen von Wichtigkeit, 
da ein Mensch mit einem Bleigeschoß im Körper anders zu beurteilen 
sei als ein normaler. Eine empfindliche Methode des Bleinachweises 
wird angegeben. — Fälle von außergewöhnlicher Art von Bleiver- 
äiftung teilt Kutschera (45) mit; es handelte sich um eine ökono- 
mische Bleivergiftung, entstanden durch einen locker haftenden, sich 
ablösenden Überzug von Bleioxyd in einem Wasserleitungsrohr. 


Nicol (46) berichtet über zwei Fälle von Azetylenvergiftung, 
die sich bei zwei Soldaten im Unterstand dadurch ereigneten, daß 
eine Büchse mit Karbid feucht wurde. Es bestand in beiden Fällen 
Koma, dem alsbald Erregungszustände folgten, die aber bald wieder 


20** 


370 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


von tiefem Schlaf abgewechselt wurden. Die (erfolgreiche) Behand- 
lung bestand in Sauerstoffinhalationen und Exzitantien. 

Anknüpfend an eine Massenvergiftung, hervorgerufen durch 
Platzen von Ballons mit unreiner Salpetersäure, beschreibt Za- 
dek (47) ausführlich die Nitritintoxikation, wie sie meistens durch 
Einatmen von salpetrigsauren Dämpfen zustande kommt. 

Birch-Hirschfeld (48) bespricht die Schädigung des Auges bei 
Methylalkoholvergiftung, wobei der nervöse Apparat des Auges 
durch schnell auftretende Degeneration schwer geschädigt werden 
kann. Bei plötzlich schwerer Sehstörung mit zentralem Skotom und 
peripherer Gesichtsfeldeinengung unter dem Bilde der Neuritis optica 
und gleichzeitigen gastrointestinalen Erscheinungen ist stets an Me- 
thylalkoholvergiftung zu denken. 

Ein Fall von Anilinölvergiftung durch Einatmen der Dämpfe 
von rohem Anilin beschreibt v. Torday (49). Die Symptome dieser 
nach 24 Stunden in Genesung ausgehenden Vergiftung werden im 
einzelnen mitgeteilt. 

Literatur. 


1) Meissner, Biochem. Zeitschrift LXXIII. S. 236. 
2) Januschke, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 84. 
3) Grafe, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 1 u. 113. 
4) Blumenthal, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 36. 
5) Mayer, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 224. 
6) Dünner und Eisner, Therapie der Gegenwart LVII. S. 41. 
7) Morgenroth, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 388. 
8) Feilchenfeld, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 320. 
8a) Manliu, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 58. 
9) Tugendreich, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 242. 
10) Grumme, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXIX. S. 412. 
11) Grumme, Med. Klinik XII. S. 316. 
12) Grumme, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 256. 
13) Fischer, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 106. 
14) Schmitt, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 270. 
15) Prüssian, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 344. 
16) Kraupa-Runk, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 46. 
17) Klemperer, Therapie der Gegenwart LVII. S. 18. 
18) Joseph und Arnson, Therapie der Gegenwart LVII. S. 80. 
19) Mackenrodt, Therapie der Gegenwart LVII. S. 119. 
20) Radwansky, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 271. 
21) Feldheim, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 272. 
22) Bergmann, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 16. 
23) Loeb und Loewe, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 74. 
24) Loewe, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 424. 
25) v. Noorden, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 14. 
26) Volland, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 91. 
27) Langstein, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 16. 
28) Peperhove, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 47. 
29) Loewy, Therapie der Gegenwart LVII. S. 96. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 371 


30) Voigt, Biochem. Zeitschrift LXXIII. S. 211. 

31) Gellhaus, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 191. 
32) Benecke, Therapie der Gegenwart LVII. S. 78. 

33) Kroeber, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 422. 
34) Jaeger, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 194. 

35) Bode, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 310. 

36) Thurner und Münzer, Therapie der Gegenwart LVII. S. 16. 
37) Stephan, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 102. 

38) Hoppe-Seyler, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 47. 
39) Bloch, Med. Klinik XII. S. 73. 

40) Moszkowski, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 114. 
41) Klemperer, Therapie der Gegenwart LVII. S. 40. 

42) Seubert, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 422. 
43) Beuster, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 18. 

44) Lewin, Med. Klinik XII. S. 31. 

45) Kutschera, Wiener klin. Wochenschrift XXIX. S. 135. 
46) Nicol, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 193. 

47) Zadek, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 246. 

48) Birch-Hirschfeld, Med. Klinik XII. S. 227. 

49) v. Torday, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 289. 





Referate. 


1. Frankl und Wengraf. Über die Choleraepidemie in Brcka. 

Juni bis Juli 1915. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Im Juni 1915 brach in Brcka, einer am Zusammenfluß der Baha und Save 
in Nordostbosnien gelegenen Handelsstadt, unter den Truppen und der Zivil- 
bevölkerung eine Choleraepidemie aus, die Weiterverbreitung der Cholera geschah 
fast ausschließlich durch Kontaktinfektion. Die Landesregierung ließ zwar kurz 
nach dem Ausbruch der Seuche die Bevölkerung durchimpfen, jedoch waren zur 
Zeit des Höhepunktes der Seuche nur Bruchteile der Bewohnerschaft erst einmal 
geimpft, so daß die Zivilbevölkerung füglich als nicht mit genügendem Impfschutz 
versehen angesehen werden konnte. Die Choleraschutzimpfung schützt den ein- 
zelnen nicht sicher vor schwerer Erkrankung, doch hat es den Anschein, als ob 
die Impfung einen Schutz für größere geimpfte Verbände bildet. Bei Auftreten 
von Cholera in einem geimpften Truppenkörper wäre derselbe, wenn möglich, 
von ungeimpften Personen abzusondern, die Quarantäne ist das beste Mittel 
zur Eindämmung der Seuche, doch verliert sie ohne bakteriologische Untersuchung 
jeden Wert. 

Bei subkutaner Infusion von Kochsalzlösung wurde einer 16%igen Kochsalz- 
“sung 0,3—0,4 Coffein. natrobenz. oder natrosalicyl. sowie einige Tropfen Ad- 
renalin und 3—5% Calcium chloratum zugesetzt. Wo Kalzium angewandt wurde, 
kamen die Wadenkrämpfe nach der Injektion zum Verschwinden. 

Seifert (Würzburg). 


372 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


2. œ R. Kraus, B. Busson und Th. Rumpf. Die Cholera asiatica 
und die Cholera nostras. Wien u. Leipzig, Alfred Hölder’s Ver- 
lag, 1915. 

Das vorliegende Buch dürfen wir mit besonderem Dank schon aus dem Grund: 
begrüßen, als in der gegenwärtigen Zeit, wo die epidemischen Darmerkrankungen, 
u. a. Cholera asiatica und Cholera nostras Gegenstand eingehender Beobachtur: 
werden, dem Forscher und Kliniker damit ein praktisches und wissenschaftliche: 
Sammelwerk geboten ist. Es findet sich inhaltlich eine umfassende Bearbeiturs 
der wertvollsten, auf dem Gebiet vorhandenen Originalien kritisch gesichtet usi 
gepaart mit den reichen Erfahrungen der Verff. Bakteriologie und Klinik sirc 
gleich wertvoll dargestellt, die pathologische Anatomie umfangreich, jedoch klär 
zusammenfassend eingefügt. Der Pathologie und Klinik der Cholera nostras is: 
noch ein Teil des Werkes gewidmet. Auch hier gewinnt man den Eindruck eint: 
vorzüglichen Lehrbuches, das in allen Teilen dem Leser reiche Belehrung urd 
Anregung bietet, somit ein ausgezeichneter Berater ist. 

Feith (Nürnberg). 


3. J. J. van Loghem. Die EI-Tor-Frage in der Bakteriologie. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. Il. S. 2384—96.) 

Das hämotoxische (hämolytische) Vermögen der El Tor-Stämme wird mit 
hämodigestiven Eigenschaften der Choleravibrionen verglichen. Letztere kenz- 
zeichnen sich durch Protoplasmadigestion und Zersetzung des Blutfarbstoffs ohr: 
Austritt desselben, wie durch Versuche mit Eykman’schen Bilutagarplatten 
festgestellt wurde. In ersterem Falle findet Austritt des Blutfarbstoffs statt. 
Choleravibrionen sind niemals hämolytisch, sondern, vor allem in frischer Kultı. 
hochgradig hämodigestiv; EI Tor-Vibrionen sind ebenso wie die Mehrzahl d 
Wasservibrionen hämolytisch und zu gleicher Zeit hämodigestiv. Letztere Eigei- 
schaft ist im Gegensatz zu ersterer vergänglich, ähnelt in dieser Beziehung den 
gelatinverflüssigenden Vermögen. Sehr hochgradig hämodigestive Stämme ver- 
flüssigen in hohem Maße das Gelatin und digerieren kräftig das Kasein. Di 
Hämodigestion wird ebenso wie die Gelatinverflüssigung durch Säurebildung ge 
hemmt. Infolgedessen ist die Identität der diese Erscheinungen auslösenden Fei- 
mente wahrscheinlich, obgleich der endgültige Beweis dieser Identiät durch dèr 
störenden Einfluß mehrerer Nebenumstände (Beschaffenheit des Nährbodens, in- 
dividuelle Eigenschaften) noch nicht erbracht werden kann. 

| Zeehuisen (Utrecht). 


4. C. H. Würtzen. Et Tilfaalde af febr. recurrens behandlet med 

Neosalvarsan. (Ugeskr. f. laeger. 1915. Nr. 50.) 

Beschreibung eines Falles von Recurrens mit nachgewiesenen Spirochāten. 
der auf 0,45 Neosalvarsan intravenös abfieberte und genas. 

F. Jessen (Davos) 

5. Cayet (Diedenhofen). Beitrag zur Differentialdiagnose des 

Rückfallfiebers. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 

In besprochenem Falle war es vor aliem die Kombination von Recurrens mit 
Tuberkulose, welche das Krankheitsbild verschleierte und die Diagnosenstellung 
in hohem Maße erschwerte. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 373 


6. Reiehe (Hamburg-Barmbeck). Recurrenserkrankungen und 
ihre Behandlung mit Salvarsan. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 40.) 

Die vorsichtige Dosis von 0,3 g Salvarsan, die nur einmal versagte, würde im 
allgemeinen ausreichend sein. Reckzeh (Berlin). 


7. Leschke (Berlin). Über die lokale Behandlung der Diphtherie 
mit Tribrom-Naphthol (Providoform). (Münchener med. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 41.) 

Für die Form der Anwendung des Providoforms bei der Rachendiphtherie 
kamen mehrere Möglichkeiten in Betracht: 1) Die Einstäubung des Providoforms 
in Substanz mit einem Pulverbläser, 2) die Einpinselung mit der alkoholischen 
oder wäßrigen Lösung, 3) die Einatmung von fein zerstäubter Providoformemul- 
sion oder -lösung. Die Vorzüge der lokalen Behandlung der Diphtherie mit Pro- 
vidoform liegen darin, daß die Beläge sich rascher abstoßen, wodurch sowohl das 
subjektive Befinden, wie der objektive Krankheitsverlauf günstig beeinflußt 
werden, sowie in der rascher erzielbaren Bazillenfreiheit und der dadurch gewähr- 
leisteten Verhütung weiterer Ansteckungen. Reckzeh (Berlin). 


8. M. van Riemsdijk. Die Frage der Diphtherie- und Pseudo- 

diphtheriebazillen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 11. S. 1252—66.) 

R. erachtet den Diphtheriebazillus als einen echten, für den Diphtheriepatienten 
und die mit demselben in Berührung gewesenen Personen spezifischen Parasiten. 
Diese Personen lösen die Entstehung neuer Krankheitsfälle und neuer Bazillen- 
träger aus, so daß ein strenger, durch die jeweilige Intensität des Verkehrs bedingter 
Parallelismus zwischen den Zahlen ersterer und letzterer festgestellt werden kann. 
In denjenigen Fällen, in denen jegliche diphtherische Berührung ausgeschlossen 
werden kann, konnten keine Bazillen vorgefunden werden. Die Bekämpfung der 
Seuche gelingt durch Isolierung der die Bazilfen beherbergenden Personen konstant. 

Der Bacillus Hoffmanni s. Pseudodiphtheriebazillus ist nach R. ein zu den 
normalen Insassen der Nasenschleimhaut, gelegentlich auch der Rachenschleim- 
haut, gehörender Saprophyt. Das Auftreten desselben bietet keinen Parallelismus 
mit demjenigen des Diphtheriebazillus dar, hat gar keinen epidemiologischen Wert; 
dieser Bazillus tritt in denjenigen Fällen, in denen jegliche Berührung mit Diph- 
therie ausgeschlossen werden kann, vor allem unter weniger günstigen sozialen 
und hygienischen Verhältnissen, und bei Säuglingen, auf. Die beiden Bazillen- 
gruppen sollen also nicht nur epidemiologisch, sondern auch biologisch in zwei 
. absonderlichen Systemen eingereiht werden. Die bakteriologische Prüfung typi- 
scher akuter Diphtheriefälle kann also der dualistischen Stellungnahme der Ver- 
fasserin halber in ungleich einfacherer Weise vorgenommen werden als diejenige 
der atypischen Fälle, sowie der Rekonvaleszenten und der Bazillenträger. Niemals 
wurden im akuten Stadium typischer Diphtheriefälle zu gleicher Zeit echte und 
Pseudodiphtheriebazillen vorgefunden. Typische Diphtheriefälle ergaben in 
80°,, atypische nur in 14%, echte Diphtheriebazillen. Nasendiphtherie ist nach 
- Verf. eine sehr seltene Erkrankung; die primäre Form derselben tritt nur in 0,5% 
der Fälle in die Erscheinung; bei der seltenen Rhinitis fibrinosa konnte in 64% 
der Fälle die Anwesenheit des Diphtheriebazillus sichergestellt werden. Von den 
Diphtheriepatienten wurden 66%, nach 2 bis 3 Wochen bazillenfrei, die übrigen 
nach 6 Wochen bis 2 Monaten, Ausnahmefälle erst nach I Jahre. In der'Groß- 


374 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


stadt fanden sich konstant Bazillenträger, in kleineren Ortschaften, woselbst in 
den letzten Jahren Diphtherie nicht auftrat, gar keine. 
Zeehuisen (Utrecht). 


9. Schmitz (Greifswald). Ergebnisse der Diphtherieuntersuchung 
mittels des Galle-Serumnährbodens (v. Drigalski und 
Bierast). (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 

Durch den von v. Drigalski und Bierast angegebenen Gallezusatz zu dem 
Löffler’schen Diphtherienährboden läßt sich eine nicht unerhebliche Verstärkung 
der Diphtheriebazillenanreicherung erzielen, die stärkere Anreicherung ermöglicht 
eine schnellere Diagnose, da das Durchsuchen der Präparate abgekürzt wird. 

Reckzeh (Berlin). 


10. H. Fox (Philadelphia). Studies in diphtheroids. Bacteria 
isolated from enlarged glands, especially in Hodgkins disease. 
(Arch. of internal med. 1915. September.) 

Bakteriologische Untersuchung der Drüsen in 12 Fällen von Drüsentumorer. 
darunter 4 Fälle von Hodgkin’scher Krankheit, ergab, daß bei letzterer, aber auc 
bei anderen Adenopathien, diphtheroide Bazillen zuweilen isoliert werden. Si: 
verhalten sich jedoch bei Hodgkinkranken biologisch und morphologisch seh: 
verschieden, andererseits wurden gleich charakterisierte diphtheroide Mikroben 
wie bei Morbus Hodgkin auch in den vergrößerten Drüsen bei chronischer atroph'- 
scher Arthritis und anderen Affektionen gefunden. Große Ähnlichkeit bestcht 
zwischen ihnen und den sog. Pseudodiphtheriebazillen. In einem Falle ve: 
Hodgkin’scher Krankheit war die Behandlung mit einer autogenen Vaccine 
aus diesen Mikroorganismen ohne Erfolg, in einem anderen wurde dadurch ein: 
durch Röntgenbehandlung eingeleitete Besserung weiter geführt. Gewisse Auf- 
besserungen erfuhren auch die Arthritisfälle durch solche Vaccine. In den mikr- 
skopischen Präparaten aus den Hodgkin’schen Lymphgranulomen wurden keiz: 
Much’schen Granula entdeckt. F. Reiche (Hamburg). 


11. M. Sturtevant (New York). Serum sickness in a series of 
five hundred patients treated with diphtheria antitoxin. (Arc: 
of internal med. 1916. Januar.) 

Unter 422 mit Diphtherieantitoxin behandelten Fällen zeigten sich allergisch: 
Erscheinungen, meist in Form von Exanthemen, zu 18,8%, und zwar anscheinend 
gleich häufig, ob die Serummenge in einer Dosis oder in mehreren gegeben wurce: 
je größer sie war, um so zahlreicher waren diese Reaktionen. Sie treten zwischen 
1. und 17., aber meist zwischen 5. und 9. Tag ein, ihr zeitliches Erscheinen ist ohr: 
Beziehungen zur Höhe der Serumdosis. Die Exantheme sind erythematös oder 
eine Urtikaria, welche gelegentlich, jedoch selten, als eine U. vesiculosa sich pra- 
sentiert; die urtikariellen Eruptionen schließen sich mehr an die höheren Do: 
an. Übelkeit und Erbrechen war in !/, der reagierenden Fälle zugegen, Albu- 
minurie und Ödem nur gelegentlich, Gelenkerscheinungen aber zu ungefähr I£.. 

F. Reiche (Hamburg). 


12. Stepp. Über die Grippe. (Med. Klinik 1915. Nr. 49. S. 1351.) 
Verf. unterscheidet scharf zwischen Influenza und Grippe. Letztere Er- 
krankung besteht darin, daß ein infektiöser Katarrh des Nasen-Rachenraums umd 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 375 


des Bronchialtraktus das Krankheitsbild kennzeichnet. Diese Brusterscheinungen 
dauern 2 bis 3 Wochen an, aber der nasopharyngeale Zustand bleibt bestehen und 
erstreckt sich bei häufigem Niesen oft bis weit über die Rekonvaleszenz hinaus. 
Bemerkenswert erscheint die langbestehende Benommenheit des Kopfes und der 
.. Stirnkopfschmerz. Die Temperaturen sind zumeist nicht hoch. Der Appetit 
`~ läßt in den meisten Fällen nichts zu wünschen übrig. Aber gleichwohl ist die Ab- 
"> magerung oft beträchtlich, und eine Hinfälligkeit nach Verlassen des Bettes macht 
` sich längere Zeit geltend. Ruppert (Bad Salzuflen). 


13, Martha Wollstein. An immunological study of bacillus in- 

fluenzae. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 445.) 

Influenzabazillen von verschiedenen menschlichen Prozessen variieren außer- 
ordentlich in ihrer pathogenetischen Kraft gegenüber Tieren. Sehr pathogen sind 
. die Kulturen von den Meningen und aus dem Blut, weniger die aus der Lunge, 
© fast gar nicht diejenigen aus den Schleimhäuten des Respirationstraktus. Es 
= handelt sich aber nur um Gradverschiedenheiten, nicht um Artverschiedenheiten. 
Die virulenten Kulturen zeichnen sich außerdem durch die Fähigkeit der Autolyse 
aus und durch die Erzeugung von Antikörpern. Kaninchen, welche mit nicht- 
- Virulenten Stämmen geimpft sind, besitzen keine Immunität gegen die hoch- 
-< Wirulenten Stämme. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


14, H. A. Bray (Ray Brook). Chronic meningococcus septicemia 
associated with pulmonary tuberculosis. (Arch. of internal med. 
1915. September.) 


B. bereichert die noch spärliche Literatur der Meningokokkenseptikämien um 
eine neue Beobachtung bei einem 39jährigen Phthisiker; die in Genesung endende, 
mit septischem Fieber, multiformen Eruptionen und zeitweisen Herzgeräuschen 
verlaufende Affektion dauerte über 5 Monate, die Bazillämie sicher 3, und in 
dieser Zeit lieferten 15 Blutentnahmen allemal den Weichselbaum’schen Me- 
ningokokkus. Die Spinalflüssigkeit war steril, aus dem Sputum und dem Rachen- 
schleim ließen jene Mikroben sich nicht züchten. Antimeningokokkenserum, von 
dem über 12 Tage 260 ccm zugeführt wurden, war anscheinend ohne Einfluß auf 
p- den Krankheitsgang und auf den Gehalt des Blutes an Kokken, führte aber zu 
„. anaphylaktischen Erscheinungen. F. Reiche (Hamburg). 


IS. Lewkowicz. Über die Behandlung der epidemischen Genick- 
starre mit epizerebralen und intrakameralen Seruminjektionen. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr.7 u. 8.) 

Die intraspinale Serumeinspritzung wird als nicht rationell bezeichnet und 
sollte aufgegeben werden oder höchstens in Kombination mit den epizerebralen 
und intrakameralen Injektionen zur Anwendung gelangen. Die leicht ausführ- 
- baren intrakameralen Injektionen von großen Serummengen (40—80 ccm) auf 
einmal oder von täglich zu wiederholenden kleineren Gaben (10—20 ccm) bieten 
gegenüber den intraspinalen Injektionen bedeutende Vorteile. Die epizerebralen 
Injektionen sind mit einer gewissen Gefahr der Läsion der Gehirnsubstanz ver- 
bunden und können vorläufig nicht zur allgemeinen Anwendung vorgeschlagen 
werden, sie sind aber wenigstens in jedem schweren und vernachlässigten Falle zu 
versuchen. Seifert (Würzburg). 


376 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


16. Pribram. Über Anaerobensepsis. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 41.) 

Der Zweck der vorliegenden Mitteilung ist, die Berechtigung dieses Namen: 
für die schwersten Formen der Gasphlegmonen zu erweisen und zu zeigen, da£ 
es zu einer echten anaeroben Bakteriämie kommt, und daß die Eigenart und 
Foudroyanz dieser Sepsis ihre volle Erklärung in der bakteriologischen Eigenart 
der Anaerobier findet. Reckzeh (Berlin). 


17. K. Taylor. The use of quinine in the treatment of experi- 
mental gaseous gangrene; with notes on the value of quinine 
hydrochloride as a general antiseptic. (Lancet 1915. September 4.) 

Chinin zeigt ausgesprochene bakterizide Eigenschaften gegen den Gasbazillus, 
hemmt dessen Wachstum in vitro und reduziert im Tierexperiment die Mortalität 
an Gasgangrän von 100 auf 41%. Auch sonst zeigt Chininum hydrochloricum hohe 
keimtötende Kraft, und seine Lösungen in wirksamer Konzentration schädigen 
bei örtlicher Injektion gesunde Gewebe nicht; es bedingt lokale Anästhesie und 
führt nicht zu Vergiftungserscheinungen. In vitro hat es starke antitryptisch? 

Fähigkeiten. F. Reiche (Hamburg). 


18. Januschke. Pyramidon als entzündungsbeschränkendes Mittel 
bei Erysipel. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 

Eine fortlaufende interne Pyramidonbehandlung bei einigen Erysipelkranken 
in Dosen bis zu 6mal 0,3 p. Tag 2stündlich per os ergab eine schnelle und dauernd: 
Verminderung der Schmerzen, eine Abschwächung oder Beschleunigung des Ent- 
zündungsablaufes, eine rasche Senkung der Fieberkurve zu sub- oder afebrilen 
Graden, welche die Kranken sichtlich erfrischte und ihnen den Genuß gemischte! 
Kost ermöglichte. Eine etwaige Kollapsgefahr kann durch fortlaufende Stützunz 
des Vasomotorenzentrums mittels Coffeinum natriobenzoicum (4mal 0,1 im Tage! 
erfolgreich verhütet werden. Äußerlich Umschläge von essigsaurer Tonerde ode! 
Borvaseline. Seifert (Würzburg). 


19. Mary R. Lawson. Adult tertian malarial parasites attached 
to peripheral corpuscular mounds. (Journ. of exp. med. 21. 1915. 
S. 584.) 

Der Malariaparasit ist während seines ganzen Lebens extrazellulär entweder 
frei im Blutserum oder an der Oberfläche der roten Blutkörperchen festgesaugt. 
Erwachsene Parasiten verhalten sich gegenüber roten Blutkörperchen ebenso wir 
junge, indem sie sich denselben außen anlegen und sie allmählich zerstören. Wird 
der Versuch außerhalb des lebenden Körpers gemacht, so heften sich die Parasiten 
nur an solche Körperchen, welche noch genug Hämoglobin enthalten. Die Kerre 
der Parasiten ragen dabei über das Niveau der Kugel hervor. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


20. Emil Liefmann (Frankfurt a. M.). Ein Beitrag zur Chemo- 
therapie der chronischen Malaria. (Therapeutische Monatshefte 
1915. Mai.) 

Ein Fall von Malariaanämie mit sehr großem Milztumor und Dauerfolgen im 

Blut wurde durch Äthylhydrokuprein innerhalb 3 Wochen unter Schwinden des 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 377 


Milztumors und bedeutender Besserung der Blutbeschaffenheit so wiederhergestelit, 
daß subjektiv und objektiv von einer Heilung gesprochen werden konnte. Ob 
dieselbe eine vollkommene im Sinne einer Sterilisatio magna ist, kann schwer 
beurteilt werden, da der Pat. sich von neuem der Infektionsgefahr ausgesetzt hat. 
Doch war die Wirkung des neuen Mittels auf den Krankheitszustand, der als ein 
schwerer und erfahrungsgemäß chininrefraktärer anzusehen war, eine so eklatante, 
daß dasselbe als eine wirkliche Bereicherung der Malariatherapje zu bezeichnen 
ist. Bemerkt sei noch, daß die Nebenwirkungen in Zittern, Ohrensausen, Augen- 
fimmern und bei dreimaliger Tagesgabe in einem rauschartigen Zustande be- 
standen. Doch klangen dieselben längstens 1 Stunde nach Einnahme des Mittels ab. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


21. Vandenhoff (Germersheim). Neosalvarsanbehandlung bei 
15 Fällen von Malaria tertiana. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 43.) 

Das Mittel ist als eine wesentliche Bereicherung der Malariatherapie zu be- 
zeichnen. Abgesehen von den Fällen von Chininidiosynkrasie und Chininresistenz 
verdient das Neosalvarsan den Vorzug, wo eine möglichst schnelle Entfieberung 
:rstrebenswert ist; denn das Chinin führte in einer größeren Reihe von Kontroll- 
fällen nicht so rasch zum Verschwinden des Fiebers und der Plasmodien. 

Reckzeh (Berlin). 


22. J. van der Heyden. Rezidiv eines Malariafiebers vom quar- 

tanen Typus nach 42 Jahren. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 

II. S. 1680—2.) 

Klassischer Fall bei einem vom 20. bis zum 22. Lebensjahre als Feldarbeiter 
an Quartana leidenden Manne zu Rotterdam. Der typische Malariaanfall, der 
Fieberverlauf, die Quartanparasiten und der Erfolg der Behandlung sind be- 
weisend. Pat. hat nie außerhalb der Niederlande gewohnt, so daß eine Aktivierung 
längere Zeit im Knochenmark unbemerkt liegender Malariaplasmodien die nahe- 
liegende Annahme ist. Zeehuisen (Utrecht). 


23. Riegel. Halbmondfieber. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr.45.) 
Bei einem Fall von unzweifelhaftem Halbmondfieber ist die Ansteckung mit 
Sicherheit in Polen nördlich des 54. Breitengrades erfolgt. Reckzeh (Berlin). 


24. W. A. Borger. Einiges über Tetanusserum. (Geneesk. Tijdschr. 

v. Nederl. Indië LV. 5. 1915. S. 521—32.) 

Das amerikanische Verfahren der Standardisierung des Antitoxin im Anti- 
tetanusserum hat sich auch im tropischen Klima bewährt. Das karbolisierte 
Serum war sogar nach 2jähriger Aufbewahrung bei 8 bis 9° C noch unversehrt; 
etwaiger Karbolzusatz hatte keinen nachteiligen Erfolg für die betreffenden 
Personen. Zeehuisen (Utrecht). 


25. Rosznowski. Einige klinische Beobachtungen über Tetanus 
und praktische Gesichtspunkte bei seiner Behandlung. (Therapie 
der Gegenwart 1915. Hft. 4. S. 147.) 
Diese Arbeit stellt eine Übersicht von Abhandlungen von Goldscheider, 
Meltzer und Grundmann dar. Das Wesentliche der Tetanusbehandlung soll 


378 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


sein: Prophylaxe, Frühdiagnose, konservative Wundbehandlung. Sofortige Anti- 
toxinanwendung etwa 4 bis 7 Tage dauernd; und endlich sofortige und Dauer- 
behandlung mit Magnesium sulfuricum bis zum Verschwinden der Muskelzuckungen 
und Muskelstarre. Von der Behandlung mit Magnesium sulfuricum, wie sie von 
Meltzer geübt wird, gibt Verf. eine genaue Darstellung. Nur Goldscheider 
sah von einer Magnesiumsulfatbehandlung bei Tetanus keinen Nutzen. 

N Ruppert (Bad Salzuflen). 


26. Eppenstein. Serumexanthem nach Tetanusantitoxininjektionen. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Ein 31jähriger Offizier wurde durch eine einschlagende Granate verschüttet 
und im Gesicht stark verletzt. Nach Reinigung der sehr stark mit Erde be- 
schmutzten Wunden Einspritzung von 20 A.-E. Tetanusantitoxin in die Um- 
gebung der Wunden. Nach 6 Tagen unter Temperatursteigerung trat Urticara 
porcellanea über den ganzen Körper verbreitet auf, nach 2 Tagen Abheilung, und 
nach weiteren 3 Tagen übernahm der Pat. wieder seinen Dienst. 

Seifert (Würzburg). 


27. v. Eisler. Über Immunisierung mit durch Formaldehyd ver- 
ändertem Tetanustoxin. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 
Aus den Protokollen geht hervor, daß durch Formaldehyd entgiftete Tetanu:- 
bouillon sehr gut zur Immunisierung von Pferden sich eignet, da von allen drei 
damit behandelten Pferden ein brauchbares Heilserum gewonnen werden konnte. 
Nicht nur zur raschen Erreichung einer beträchtlichen Grundimmunität nach 
deren Eintritt die weitere Immunisierung mit dem durch Ammonsulfatlösung her- 
gestellten Gift fortgesetzt werden kann, sondern auch zur vollständigen Durch- 
führung der Immunisierung der Pferde kann das Formaldehydtoxin verwendet 
werden. Es kann durch Einspritzungen von 250—300 ccm in Abständen vo 
etwa 6 Tagen schon nach 6—8wöchiger Vorbehandlung ein brauchbares Tetanus 
heilserum erhalten werden. Seifert (Würzburg). 


28. Theodor Kocher. Zur Tetanusbehandlung. (Korrespondenzbiatt 

für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 40.) 

Das Magnesiumsulfat hat eine symptomatische kurative Wirkung, das Te- 
tanusserum eine prophylaktische. Letzteres ist in jedem Falle von Tetanıs- 
infektion verdächtiger Wunde sofort anzuwenden, und zwar alle 5—12 Tage z: 
wiederholen. Dosis 10 ccm in subkutaner Anwendung. Bei den Anfangssym- 
ptomen des Tetanus ist sofort eine subkutane Injektion einer 25° ,igen Magnesium- 
sulfatlösung zu machen. Die Maximaldosis pro die beträgt !/,g per Kilogramı 
Körpergewicht. Die durchschnittliche Dosis braucht nicht mehr als ?/, der Voll- 
dosis zu betragen, letztere muß aber in der Regel durch 4malige Wiederholung ın 
24 Stunden erreicht werden (in den ersten Tagen). Die Wiederholung ist an- 
gezeigt durch das Auftreten von anfallsweisen Krämpfen. Bei schweren Fäll:a 
darf die intramuskuläre Injektion benutzt werden, die Dosis ist 2/ der subkutanen. 
Da hier die Wirkung rascher vergeht, muß eventuell 6mal wiederholt werden. 
Bei den schwersten Fällen, wo die Atemmuskulatur ergriffen wird, muß von An- 
fang an sehr energisch vorgegangen werden. Hierfür sind drei Methoden gt- 
eignet: 1) Straub’s intravenöse Injektion, innerhalb 2 Minuten läßt man 100 ccm 
einer 21/,.% igen Lösung einfließen, mit !/,—Istündiger Wiederholung, die Kanu! 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 379 


bleibt in der Vena cubitalis eingebunden. 2) Die Meltzer-Auer’sche Kom- 
hination von Äthernarkose mit intramuskulärer Magnesiumsulfatlösung;; erst gute 
Äthernarkose, darauf Injektion von 2 ccm einer 25%igen Lösung per Kilogramm 
Körpergewicht; Äthernarkose wird noch 20 Minuten fortgesetzt; Weiterbehand- 
lung mit Ätherinhalation und intramuskulären oder bloß subkutanen Injektionen 
von Sulfat. Bei diesen beiden Methoden ist die Gefahr der Atemlähmung nicht 
groß. Tritt sie ein, so injiziert man intramuskulär 50—60 ccm einer 2% igen 
isotonischen Chlorkalziumlösung (CaCl,). 3) Die intraspinale Injektion gibt bei 
den kleinsten Dosen den sichersten und anhaltendsten Erfolg; die Dosis beträgt 
l ccm 25°,iger Lösung pro 10 kg Körpergewicht. Die Injektion muß in kurzer 
Äthernarkose gemacht werden, bei Kindern ist sie nicht zweckmäßig. Der Körper 
soll ganz horizontal gelagert werden, bloß der Kopf sei von einem Kissen unter- 
stützt. Tritt aber die krampflösende Wirkung für die Thoraxmuskulatur nicht 
ein, so muß auch der Kopf horizontal oder tiefer gelagert werden. Muß man dies 
tun, so hat man zu gewärtigen, daß eine tiefe und viele Stunden dauernde, mit 
der Gefahr des rasch eintretenden Atemstillstandes verbundene Narkose eintritt. 
Strenge Überwachung und Bereitstellung des Apparates zur künstlichen Lungen- 
lüftung mit Luft oder besser mit Sauerstoff. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


29. Löwy. Zur Tetanusimmunität des Menschen. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 47.) =“ 
Manche Tetanuskranke bilden spezifische Immunkörper. Die Antikörper- 

produktion ist unabhängig von Schwere, Verlauf, Sitz der Verletzung und Dauer 
der Erkrankung. Manchmal scheint die Immunkörperproduktion  auszubleiben 
oder es werden die gebildeten Antikörper (speziell Antitoxine) wieder rasch aus- 
geschieden. Eine Parallelität zwischen den Mengen einzelner Immunkörper 
besteht nicht. . Seifert (Würzburg). 


3. L. Aschoff, H. E. Robertsohn. Über die Fibrillentheorie und 
andere Fragen der Toxin- und Antitoxinwanderung beim 
Tetanus. (Med. Klinik 1915. Nr. 27. S. 744.) = 
Verff. geben ihre Erfahrungen in folgenden Schlußfolgerungen wieder. Bei 

bereits eingetretener Tetanuserkrankung, das heißt bei der gewöhnlichen, durch 

Trsmus charakterisierten, deszendierenden Form ist eine sofortige intravenöse 

sruminjektion von 20 A.-E. geboten. Wenn der Zustand des Verwundeten es 

gestattet, kann daran eine subarachnoideale, cervicale oder lumbale Injektion von 

20 bis 100 A.-.E. angeschlossen werden, welch letzterer eine Beckenhochlagerung 

folgen muß, wenn sie überhaupt Bedeutung haben soll. Alle subkutanen Injek- 

tionen, auch in mehrstündlichen Wiederholungen, sind entweder zwecklos oder 
ersetzen wenigstens die sofortige intravenöse Injektion in ihrer Wirkung nicht, 
bedeuten daher, besonders bei Anwendung großer Dosen, eine nach unseren bis- 
herigen Kenntnissen der Toxin- und Antitoxinwanderung nicht gerechtfertigte 

Verschwendung des kostbaren Materials. Dagegen kann gegen eine etwa in wö- 

chentlichen Zwischenräumen vorgenommene, wiederholte Injektion von 20 A.-E., 

diesmal subkutan, oder gegen die Anwendung von Antitoxinverbandstoffen nichts 

eingewendet werden. Vielmehr ist eine solche Wiederholung aus prophylaktischen 

Gründen immer geboten, wenn etwa ein späterer chirurgischer Eingriff an der 

verletzten Extremität geplant wird. Für die prophylaktische Injektion des Te- 

tanusantitoxins gilt als erste Vorschrift, daß dieselbe so früh wie irgend möglich, 


380 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


wenn angängig noch innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Verletzung, sub- 
kutan oder intravenös gegeben wird. Im Notfalle kann die Injektion durch Be- 
gießen des Verbandstoffs mit Antitoxin ersetzt werden. Die Herstellung und 
Benutzung von gebrauchsfertigem, trockenem Antitoxinverbandstoff ist wünschens- 
wert und nicht aussichtslos. Sie würde die Wirkung der späteren Injektion nur 
unterstützen. Der Schutz einer prophylaktischen Antitoxininjektion dauer: 
praktisch eine Woche. Wunden, die sich bis dahin nicht gereinigt haben, würden 
am 8. Tage mit Antitoxinverbandstoff zu verbinden sein. Jedem am 8.Tag 
oder später vorzunehmenden chirurgischen Eingriff an einer verletzten Extre- 
mität mit ungereinigter Wunde sollte eine erneute Antitoxininjektion von 20 A.-E. 
entweder subkutan 24 bis 48 Stunden oder intravenös kurz vor der Operation 
vorausgehen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


31. Wintz (Erlangen). Untersuchungen über den Antitoxingehalt 
‘im Serum Tetanuskranker. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 46.) 

Das Serum Tetanuskranker enthält Antitoxin, das in vitro Tetanusgift zı 
paralysieren vermag. Der antitoxische Titer ist verschieden je nach dem Stadium 
der Erkrankung, gewöhnlich am höchsten in oder kurz nach beginnender Rekor- 
valeszenz. Ein Schutzwert für Mäuse kann festgestellt werden, dagegen kein Heil- 
wert. Selbst die höchsten Antitoxinwerte sind so gering, daß jegliche thers- 
peutische Verwertung aussichtslos ist. Reckzeh (Berlin). 


32. S. A. Owen and H. B. Newham (London). Notes on a case 
of undulant fever treated by an autogenous vaccine. (Lanet 
1915. September 4.) 

In einem Fall von Maltafieber wurde nach 2monatigem Bestehen der Krank- 
heit eine Behandlung mit einer autogenen Vaccine eingeleitet; im ganzen wurden 
im Laufe eines Monats vier Injektionen bis zur völligen Entfieberung gemacht. 
ausgeprägte konstitutionelle Symptome traten nicht danach auf. Kennedy 
hatte dieselbe Therapie der Krankheit erfolgreich angewandt. 

F. Reiche (Hamburg). 


33. L. Nicholls. An epidemic of acute hydrocele and orchitis in 
British East Africa. (Lancet 1915. August 21.) 

Unter einer Truppe von 400 als Träger verwendeten Sansibarnegern wurde 
in Ostafrika eine Epidemie von Orchitis und akuter Hydrokele beobachtet. Vor 
12 Hospitalpatienten boten 2 sehr schwere, 3 schwere und 7 relativ leichte Ver- 
laufsformen, während unter den übrigen Trägern noch fast 14% an Hydrokei 
und 6% an Orchitis litten. Im Blut von obigen 12 Kranken und 16 weiteren mi! 
Hydrokele wurden zu 57%, Microfilariae nocturnae nachgewiesen, so daß dar- 
auf wohl der Wasserbruch zurückgeführt werden muß; er gab die Prädispositiön 
ab für die akute Erkrankung, bei der in 9 Fällen grampositive Streptokokken, dit 
kulturell dem Streptokokkus pyogenes glichen, gezüchtet wurden. 

F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 381 


34. H. Fraser and W. Fletcher (Kuala Lumpur). Leprosy and 

Kedrowsky’s bacillus. (Lancet 1915. Juli 3.) 

In einer Nachprüfung der von Bayon anfänglich bestätigten Angabe Ke- 
drowsky’s über die ihm geglückte Kultivierung des Leprabazillus kommen F. 
und F. zu dem Schluß, daß noch kein Beweis dafür geliefert ist, daß der säurefeste 
Bazillus Kedrowsky’s der Leprabazillus ist, F. Reiche (Hamburg). 


35. D. Rivas. Bacillus leprae in human blood. (Proc. of the path. 

soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

In dem durch Hautpunktion gewonnenen und einer Vene entnommenen Blut 
eines Leprakranken konnte R. intrazelluläre und frei in unregelmäßigen Bündeln 
gelagerte Leprabazillen mikroskopisch nachweisen, 

F. Reiche (Hamburg). 


3%. H. C. Plaut (Hamburg). Merkblatt für Ärzte im Felde betreffs 
Sporotrichose. (Hamburg. med. Überseehefte Nr. 14 1915. Juli.) 

Bei der großen Verbreitung der — durch energische Jodmedikation zu be- 
kämpfenden — Sporotrichose in Frankreich und den in Schützengräben besonders 
erhöhten Übertragungsbedingungen sind Infektionen damit bei unseren Truppen 
wahrscheinlich; so sind alle der spezifischen Therapie widerstehenden syphilis- 
ähnlichen Affektionen und alle tuberkuloseverdächtigen Erkrankungen ohne 
Tuberkelbazillen daraufhin mit Kultivierung des Eiters bei Zimmertemperatur 
auf I°,igem Traubenzuckeragar zu untersuchen. Es können die Haut in Form von 
Knoten und kalten Abszessen und die Schleimhäute ergriffen werden, Broncho- 
pneumonien, Ostitiden und Arthritiden dadurch entstehen, sowie Pyelonephritiden 
und eine generalisierte fieberhafte Sporotrichose. F. Reiche (Hamburg). 


37. Arnstein. Über Anguillulaerkrankung. (Wiener klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 49.) 

In Galizien wurde bisher noch kein Fall von Anguillulaerkrankung beobachtet, 
es wäre möglich, daß der vom Verf. mitgeteilte Fall, einen 25jährigen Infanteristen 
aus Biala bei Rzeszöw (Galizien) betreffend, durch russische, vielleicht sibirische 
Truppen infiziert wurde. Im Interesse der Verhütung der Weiterverbreitung 
durfte auch auf diese Erkrankung in den Gefangenenlagern geachtet werden. 
In den Stühlen des mangelhaft ernährten Mannes ließen sich außer Eiern von’ 
Ascaris und Trichocephalus zahlreiche Anguillulalarven nachweisen. Auffallend 
war die starke Eosinophilie. Seifert (Würzburg). 


38, Kokoris (Athen). Über die Splenektomie bei Kala-azar. (Mün- 

chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 30.) 

Nachdem die Kenntnis der Krankheit sich jetzt unter den Ärzten überall 
verbreitet hat, wird man vielleicht durch die frühzeitige Diagnose des Leidens 
sfters in der Lage sein, die Splenektomie auch in früheren Stadien des Kala-azar 
auszuführen, und so wird aus zahlreichen Fällen eine genügende Erfahrung ge- 
sammelt werden, um eine Meinung über den Wert der Operation bei dieser Krank- 
heit sich zu bilden. Reckzeh (Berlin). 


382 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


39..W. M. McDonald (Antigua). Salvarsan in the treatment of 
yaws. (Lancet 1915. September 18.) 

Mc D. hat 400 Fälle von Framboesia in Westindien mit Salvarsan behandelt 
und nur bei zwei eine zweite intramuskuläre Injektion des Mittels nötig gehabt. 
Die Heilung war nach den bisherigen Ermittelungen eine dauernde; schlechte 
Nebenwirkungen traten nicht hervor. F. Reiche (Hamburg). 


40. J. T. C. Nash (Norfolk). An atypical epidemic with a note on 
the evolutionary etiological factors in disease. (Lancet 1915. 
August 21.) 

In Norfolk wurde im Herbst und Winter 1914 vorwiegend unter Kindern eine 
ausgebreitete Epidemie beobachtet mit Angina, mäßigem Fieber, gelegentlichen 
skarlatiniformen und papulösen Erythemen und leichten Drüsenschwellungen ar 
Halse. F. Reiche (Hamburg). 


41. Grätzer. Über eine Erkrankung des Schützengrabens. (Wiene 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 10.) 

Die ersten Fälle einer eigenartigen Schützengrabenerkrankung gelangten End: 
Dezember 1914 während der monatelangen Stellungskämpfe an der Nida zur 
Beobachtung, sie wurde (Grätzer und Zanko) als »Influenza polonica« bezeichnet. 
Beginn der Erkrankung plötzlich mit hohem Fieber, Kopfschmerzen, Schmerzen 
in der Milzgegend, Obstipation, objektiv nachweisbar außer der Temperatur- 
steigerung eine auffallend harter, druckempfindlicher Milztumor. Nach wenigin 
Tagen treten heftige Schmerzen in den Beinen auf. Salizylpräparate wirkungslos, 
dagegen große und lange fortgesetzte Gaben von Chinin von gutem Erfolge. 

Seifert (Würzburg). 


42. K. Stárka. Lyssa unter dem Bild der absteigenden Lähmung. 
(Landry’sche Paralyse.) (Casopis lékaruo ceskych 1915. S. 1505.) 
Eine 32jährige Gravida wurde (am 28. VIII.) von einem tollen Hunde in: 

linke Ellbogengelenk gebissen, wurde am nächsten Tage ins Pasteurinstitut nac 

Wien geschickt und bekam dort vom 3. bis zum 17. Tage nach der Verletzung 

14 Injektionen. Während dieser Zeit gebar sie ein gesundes Kind, das ebenso 

wie ein älteres, ebenfalls von demselben Hund gebissenes Kind gesund blieh. 

Nach der Heimkehr blieb die Frau bis auf Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit 

gesund. Am 28. IX. traten Schmerzen in der Narbe auf, die nach aufwärts aus- 

strahlten und eine große Intensität erreichten. Bei der Aufnahme (4. X.) Trocken- 
heit im Mund, Schluck- und Atmungsbeschwerden, ängstlicher Gesichtsausdruck. 

Zittern des Kopfes und Rumpfes; Zunge trocken, belegt, wie tot, schwer be- 

weglich, Hitzegefühl im Mund; der Anblick des Wassers löst Krämpfe der Schluck-, 

Atmungs- und Sprechmuskeln aus, verbunden mit Erstickungsgefühl und Tode:- 

angst; Parese der verletzten Hand und Parästhesien der Finger, Zittern der Lipper: 

Stehen und Gehen unsicher, Patellarreflexe fehlend; kein Babinski, kein Fub- 

klonus. Am nächsten Tage sind beide Unterextremitäten total paralytisch. 

die Parese der linken Hand schreitet nach aufwärts fort; am 3. Tage zunehmenit 

Temperatur, starke Salivation, mit Schaumbildung, Erbrechen, zunehmende 

Schluckbeschwerden, dabei Hunger. Zittern der Lippen stärker. Die Parese dë! 

linken Oberextremität hat auch auf die rechte Seite übergegriffen. Plötzliche! 

Verlust des Bewußtseins, Kollaps und Exitus. Die Therapie bestand ausschlied- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 383 


tich in Morphiuminjektionen. Sektionsbefund: Hyperämie der Meningen; flecken- 
‘örmige Hämorrhagien im Pons Varoli, in den Ammonshörnern und im verlängerten 
Mark. Parenchymatöse Degeneration der Organe. G. Mühlstein (Prag). 


43. A.P. C. Ashhurst and W. H. Wadsworth. Acute osteomyelitis 
of the lumbar vertebrae; death from pyemia. (Med. and surg. 
rep. of the Episc. Hosp. Philadelphia Vol. II.) 

Ein in etwas über 5 Wochen unter dem Bilde der Pyämie verlaufener Fall 
derseltenen Wirbelsäulenosteomyelitis. Donati konnte 1906 nur 56 Beobach- 
tungen aus der Literatur sammeln, von denen 75% Pat. unter 20 Jahren betrafen. 
Hier waren bei dem 39jährigen Manne die unteren Lumbalwirbel befallen, ein 
Trauma war nicht voraufgegangen, wohl aber Furunkel. 

| F. Reiche (Hamburg). 


44. Weichardt (Erlangen). Über die unspezifische Therapie von 
Infektionskrankheiten. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 
Was die gesteigerte oder verminderte Antikörperproduktion nach Einver- 

eibung unspezifischer Mittel anbetrifft, so sind aus dem Fehlen der leichter nach- 

xeisbaren Agglutinine und Präzipitine bereits Folgerungen auf den übrigen Gehalt 
in Abwehrstoffen gezogen worden. Die derzeitigen Nachweismethoden lassen auf 
liesem Gebiete zu weitgehende Schlüsse nicht zu. Das Kymographionkurven- 

ld zeigt uns eine Mehr- oder Minderleistung bewegter Organe direkt an und ist 

deshalb ein ausgezeichnetes exaktes Hilfsmittel für die Beurteilung leistungs- 

steigernder Maßnahmen. Reckzeh (Berlin). 


#5. Gellhaus. Einige Beobachtungen bei Collargolinjektionen in 

kleinen Dosen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 6.) 

Als Allgemeinwirkung bei sämtlichen Fällen konnte festgestellt werden, daß 
jas Collargol desto besser wirkte, je eher es angewandt wurde. Bei genügend 
rühzeitiger Behandlung trat in fast allen Fällen Restitutio ad integrum ein, nur 
xi hochvirulenten Infektionen war es machtlos. Im vorgerückten Stadium der 
Krankheit wurde nur eine eindämmende Wirkung gesehen, dazu bei mehreren 
Fällen eine beschleunigte Eiterschmelzung. Wiederholte kleine und auch etwas 
zesteigerte Dosen brachten nicht die gute Wirkung hervor, wie die erste Ein- 
pritzung. Eine sehr schöne Wirkung hat Collargol auf alle Anfangsentzündungen 
der Organe der Bauchhöhle. Vorzeitiger Eintritt der Menses wurde einige Male 
beobachtet. Auf die Herztätigkeit wirken wiederholte Dosen Collargol sehr ver- 
langsamend ein. Reckzeh (Berlin). 


46. Reichmann (Jena). Über den therapeutischen Wert des Collar- 
gols beiSepsis und einigen anderen fieberhaften Erkrankungen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 

In weniger heftigen Formen von Sepsis und überhaupt von Allgemeininfek- 
tionen ist das Collargol — aber immer nur bei intravenöser Anwendung — das- 
jenige Mittel, das uns am wenigsten-im Stiche läßt. Der beachtenswerte Erfolg 
in manchen Fällen von chronischem Rheumatismus, insbesondere der atypischen 
Form, ist vielleicht deren bakterieller Natur zuzuschreiben. 

Reckzeh (Berlin). 


384 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 20. 


47. Jessen (Davos). Zur Behandlung der Blutinfektion. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 

Intravenöse Einspritzungen von Milchsäure in starker Verdünnung heilen die 
Infektionen des Blutes und solcher Körpergewebe, in denen das Blut noch mit 
den Infektionserregern in Berührung kommt. Zur Behandlung eignen sich die 
Blutsepsis und die »rheumatischen« Krankheiten, Gelenkrheumatismus, Endo- 
karditis und die »Rheumatoide«, die man lieber septoide Erkrankungen nennen 
sollte. Ferner bietet die beginnende Tuberkulose ein dankbares Objekt. Unter 
anderem hat Verf. drei Fälle von tuberkulöser Nebenhodenentzündung entfiebert 
und zur Sklerose gebracht. Reckzeh (Berlin). 


48. + Taschenbuch des Feldarztes. II. Teil. Mit einer Tabelle u. 
12 Abbildungen. 238S. München, J. F. Lehmann’s Verlag, 1914. 

Es ist der II. Teil des »Vademekum für den Feldarzt« und gibt in knappste: 
Form eine recht umfassende Darstellung der wichtigsten im Felde auftretende: 
inneren Erkrankungen. Naturgemäß nimmt den breitesten Raum die Besprechung 
der übertragbaren Krankheiten und ihrer Behandlung ein; es folgen dann häufiger: 
Erkrankungen der Brustorgane, ein kurzer Abriß der Erkrankungen des Zentral- 
nervensystems und der peripheren Nerven, sowie der Geistesstörungen. Rech: 
gut gelungen ist auch die Darstellung der Krankheiten der Sinnesorgane, sowei! 
sie für den Feldarzt von Wichtigkeit sind. Die Halskrankheiten sind dabei der 
Nasen-Ohrenerkrankungen, die der Harn- und Geschlechtsverletzungen den Haut- 
krankheiten angegliedert. 

Den Beschluß macht ein Mahnwort, welches die Bedeutung der Geschlechts- 
krankheiten und des Alkoholmißbrauchs für die Schwächung der Volkskraf: 
hervorhebt. | 

Als Anhang findet sich ein Verzeichnis der Arzneimittel der Kriegssanität:- 
ordnung und einiger weiterer Arzneimittel und ein gutes alphabetisches Schlag- 
wörterverzeichnis. ' 

Es ist den Verff. gelungen, ein für rasche Orientierung durchaus geeignetes, 
dabei nur geringen Raum einnehmendes Taschenbuch herzustellen. 

J. Ruppert (Bad Salzuflen). 





49. Aus der med. Abt. d. k. k. Militärbeobachtungs-Spitals Mäh- 
risch-Weißkirchen. (Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 
Verf. bespricht ca. 70 Fälle von Psychosen im Anschluß an Typhus, wob. 
er die verschiedenen Kennzeichen und unterschiedlichen Merkmale hervorhebt. 
Es wechseln Wahnideen mit Zuständen von Verirrtheit, Verstumpfung, epilept:- 
formen Erregungszuständen dabei ab. Typhusrezidive ohne Psychosen kommen 
vor. Feith (Nürnberg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle m21 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle, 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Me dizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
| 37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 21. Sonnabend, den 27. Mai 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. Lorand, Die menschliche Intelligenz und ihre Steigerung — 3. Enge, Be- 
zidfangen zwischen körperlichen Erkrankungen und Geistesstörungen. — 3. Frets, Alzheimer’sche 
Krankheit — 4. Boumann, Organische Nervenkrankheiten. — 5. Mayer, 6. Sztanojevits, Kriegs- 
senrologische Erfahrungen. — 7. Dexter und Cummer, 8. Swift, Behandlung von Syphilis 
des Zeatralnervensystems mit autosalvarsaniertem Blutserum. — 9. Goldstein, Zerebellarer 
Sımptomenkomplex. — 10. Kafka, Ninhydrinreaktion. — 11. Frühwald und Zalozieeki, Infek- 
üosität des Liquor cerebrospinalis bei Syphilis. — 12. Fuchs-Reich, Meningitis. — 13. Pfister, 
Glatäalklonus. — 14. Hedde, 15. Würtzen, Reflexe. — 16. van Rijnberk, Muskeltonus und 
Suskeltonusinnervation. — 17. Geigel, Kompressionsreaktion. — 18. Bornstein und Saenger, 
Imor. — 19. Dusser de Barenne, Lokalisation der Sensibilität in der Großhirnrinde — 
%. Gans, Tastblindheit. — 31. Kaspar, Gehirntumor. — 22. Reichmann, Meningitis tuber- 
:alesa, — 28. Szpanbock, Hemiplegische Lähmungen. — 24. Castere und Bolo, Angioma 
venosum racemosum. — 25. Morita, Untersuchungen an großhirnlosen Kaninchen. — 26. Oppen- 
heim, Kriegsneurologische Forschungen. — 37. Hayward, Schädelschüsse. — 28. Sharp, Aphasie, 
Monoplegie, Hemiplegie und Hemiparesis. — 29. Forteseue-Brickdale, Hemihypertrophia dextra. 
— %. Rossi, Symptomatologie der Balkenerweichung. — 31. Rossi, Angeborene Muskelhyper- 
plasie — 32. Read, Intralumbale Injektion von Neosalvarsan bei Paralytikern. — 83. Strümpell, 
Nearitis optica. — 84. Margulis, 35. Karplus, Syringomyelie. — 36. Langer, Spinalparalyse. — 
%. Margulis, Amyotrophische Lateralsklerose. — 88. Rausch und Schilder, Pseudosklerose — 
39. Epkes, Manuelle Expression der Blase. — 40. Kaplan, 41. Behr, 42. Jacobsohn, 43. Bouman, 
H. Sopp, Tabes. — 45. Sylvester, 46. Flexner und Amoss, 47. Halbey, Poliomyelitis. — 
+4. Edsall und Moans, Periodische Paralyse. — 49. Leegaard, Poliomyelitis in Norwegen. — 
. Quensel, Posthemiplegische Pseudomyotonie. — 51. Curschmann, Atrophische Myotonie. — 
5i Oppenheim, Myotonoclonia trepidans. — 53. Ingebrigtsen, Homoplastische Beintransplan- 
tation. — 54. Auerbach, Galalith. — 55. Axhausen, Irreparable Radialislähmung. — 56. Cassierer, 
5. Loewenthal, 58. Oppenheim, Operative Behandlung der Kriegsverletzungen des peripheren 
N — 59. Klinkert, Lähmung des rechten N. phrenicus und Halssympathicus. — 
%. van Rijnberk, Muskeltonus. — 61. Spielmeyer, Zur Klinik und Anatomie der Nervenschuß- 
verlstzungen. — 62. Blind, Ischias und Krieg. — 63. Zuelzer, Reizung des Nervus pudendus. — 
%. Löwenstein, Vaccineurin. — 65. Budde, Herpes zoster. 





Referate. 


1. + A. Lorand. Die menschliche Intelligenz und ihre Steigerung. 

Eine Anleitung zum rationellen Denken. Preis geh. 4 Mk. Leipzig, 

Dr. Werner Klinkhardt, 1914. 

Ein temperamentvolles, flüssig geschriebenes und für Laien verständlich ge- 
haltenes Buch. L, holt weit aus, in neun großen Kapiteln erörtert er die Be- 
einflussung der Denkfähigkeit durch verschiedene Faktoren, den Einfluß der 
:exuellen Momente, die schädlichen Einflüsse auf die Denkfähigkeit und ihre 
Behandlung, sowie die Erhöhung der Denkfähigkeit durch hygienische und thera- 
pzutische Maßnahmen. Er fordert energisch eine Übung der Sinne, behandelt 


21 


386 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


in einem weiteren Kapitel das Gedächtnis und seine systematische Entwicklung, 
stellt Betrachtungen über die rationelle geistige Arbeit und die rationelle Ent- 
wicklung der Intelligenz bei den Kindern an und bringt schließlich im letzten 
Kapitel hygienische Grundlagen für eine Reform des Schulunterrichtes, besonders 
in den Mittelschulen. 

L. stützt die in dem Buche niedergelegten Ansichten und Forderungen auf 
ein reiches Tatsachenmaterial, das durch Lektüre und eine offenbar sehr groß: 
eigene Erfahrung zusammengebracht wird. In der Verwertung und Deutung der 
Tatsachen für seine Anschauungen wird der Fachmediziner ihm in vielen Punkten 
nicht folgen können, insbesondere auf psychiatrischem Gebiet macht es sich der 
Verf. mit der Erklärung von Krankheitszuständen oft recht leicht, hier bringt er 
auch Tatsachen als feststehend, die einer strengen Kritik nicht standhalten. Da: 
die Drüsen mit innerer Sekretion einen gewaltigen Einfluß auf die Gehirntätigkeit 
haben, wird kaum jemand leugnen; der Verf. macht es sich aber doch etwas leicht, 
wenn er in jedem Kapitel darauf zurückkommt, daß der größte Teil der Intelligenz- 
störungen auf Schilddrüsenstörungen zurückzuführen sei, und Schilddrüsentherapie 
vorschlägt. 

Alles in allem: Ein Buch, das man mit viel Interesse liest und das manch: 
Anregung gibt, wenn auch der Autor gelegentlich für seine Grundanschauungtt, 
die der Ref. fast alle teilt, und die im wesentlichen durchaus anerkannt sind, bis 
weilen Material zur Begründung heranzieht, das wenige als Tatsachen anerkennen, 
. oder aber das nichts beweist. R. Jaeger (Halle a.S.) 


2. Enge. -Die Beziehungen zwischen körperlichen Erkrankungen 
und Geistesstörungen. (Med. Klinik 1915. Nr.25 u. 26. S. 722.) 
In allen diesen Fällen kann eine wirkliche Funktionsstörung des betreffenden 
Organs wenigstens die Richtung und den Inhalt der krankhaft veränderten Gò 
fühls- und Vorstellungstätigkeit bestimmen. Die eigentliche oder einzige Ursache 
der betreffenden Psychosen sind diese Organveränderungen nicht. Das gett 
schon daraus hervor, daß die so entstehenden Wahnideen, oft weit den Rahmen 
der durch die Organstörung überhaupt möglichen Beschwerden überschreite:. 
Auch bedingt selbst die Heilung des betreffenden körperlichen Leidens höchstens 
eine vorübergehende Besserung, selten nur Heilung der Geistesstörung. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


3. G. P. Frets. Die Alzheimer’sche Krankheit. (Nederl. Tijdschr. 
v. Geneesk. 1915. II. S. 2459—70.) 

Konstant wurden von F. bei seniler Demenz nekrotische Herde vorgefunden, 
zahlreich z. B. bei einer 87jährigen dementen Frau, vor allem in Gyrus frontalis 
und parietalis. Dieselben fehlten konstant in einem Falle von Dementia para- 
lytica, von Lues cerebrospinalis, von Dementia praecox und bei Apoplexia cerebri. 
Die mikroskopischen Präparate werden eingehend beschrieben; neben dem Biel- 
schowsky’schen Verfahren ist auch das Mann-Alzheimer’sche empfehlens- 
wert. Aus einigen Fällen ergibt sich der Schluß, daß die Charakterisierung de! 
Alzheimer’schen Erkrankung noch wenig scharf ist. In einem von F. als Alz- 
heimer’sche Erkrankung aufgefaßten Falle: klinisch präsenile Demenz mit Herd- 
erscheinungen, ergaben sich anatomisch die Zellen mit Fibrinentartung ohne 
anderweitige anatomische Abweichungen. Eiri zweiter Fall: nach Apoplexie im 
präsenilen Alter auftretende Demenz, und ein dritter: präsenile Demenz bei einer 


Zentralblatt für. innere Medizin. Nr. 21. 387 


debilen Frau mit nachfolgendem Bild der D. praecox, boten beide nekrotische 
Herde und Fibrillenentartung dar, ersterer mit deutlichen klinischen Erschei- 
nungen der Alzheimer’schen Erkrankung, während. von den beiden anatomi- 
schen Abweichungen nur eine vorlag. Zeehuisen (Utrecht). 


4. L. Bouman. Die initialen Erscheinungen organischer Nerven- 
krankheiten. (Vortrag.) BL Tijdschr. v. Geneesk. 1915. H. S. 1401 

— 1416.) 

Die Bedeutung der durch neuere Untersuchungsmethoden sich heraus- 
stellenden subjektiven und objektiven Erscheinungen für die Diagnostik der 
Erkrankungen des Zentralnervensystems wird auseinandergesetzt, vor allem 
hinsichtlich der frühzeitigen Differenzierung der organischen Fälle und der 
sogenannten Psychoneurosen. Beginnende .Syringomyelie, Hirngeschwulst, mul- 
tiple Sklerose gaben bei gleichzeitigem Auftreten psychogener Störungen wieder- 
holt zu Fehlschlüssen Anlaß, wie B. in selbsterlebten Fällen auseinandersetzt. 
Andererseits betont B. die Schwierigkeiten der Ausschaltung organischer Stö- 
rungen bei der Diagnostik der psychogenen Erkrankungen, insbesondere in den- 
jenigen Fällen, in denen im späteren Verlauf eine organische Erkrankung sich 
hinzugesellt. Mit Erhöhung der Sehnenreflexe einhergehende Amyotrophie oder 
Entartungsreaktion und ohne fibrilläre Kontraktionen oder Paralysen ergaben 
sich fast stets als Folgen einer Knochen- oder Gelenkaffektion. — Unter den zahl- 
reichen interessanten Einzelheiten dieses Vortrags sei die eingehende Behandlung 
der Reflexe, vor allem des Babinski’schen Reflexes, dann der Pupilienreaktion 
und die genaue Prüfung der Sinnesorgane, der Rigidität und der Mitbewegungen, 
bervorzuheben. Zeehuisen (Utrecht). 


5. C. Mayer. Kriegsneurologische Erfahrungen. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 37. S. 1017.) 

Verf. gibt eine zusammenfassende Übersicht über die bisher in dem von ihm 
geleiteten Lazarette behandelten Verletzungen peripherischer Nerven. Im wesent- 
lichen beschränkt er sich dabei auf die Beschreibung der durch die Verletzung 
bedingten motorischen, sensiblen und trophischen Ausfallserscheinungen, während 
er auf die häufig mit der organischen Läsion einhergehenden psychogenen Stö- 
rungen nur kurz eingeht. Ruppert (Bad Salzuflen). 


6. L. Sztanojevits. Neurologisches während des Feldzuges. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 42. S. 1155.) 

Verf. schildert in der Arbeit kurz erwähnenswerte neurologische Fälle seiner 
Beobachtung. Er erwähnt einen Fall von Meningitis serosa nach Masern und 
einen Fall von reiner Wortblindheit und Farbenagnosie, der wahrscheinlich auf 
eine subkortikale, durch luetische und arteriosklerotische Gefäßveränderung be- 
dingte miliare Blutung, bzw. Erweichung zurückgeführt werden müßte. Weiter 
gibt er eine Symptomatologie der von ihm beobachteten Schußverletzungen des 
Rückenmarks. Ruppert (Bad Salzuflen). 


21? 


388 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


7. R. Dexter and C. L. Cummer (Cleveland). The intraspins 
treatment of syphilis of the central nervous system, accordizg 
to the method of Swift and Ellis. (Arch. of internal med. 1916. 

: Januar.) 

D. und C. behandelten mit intraspinalen Injektionen von autosalvarsanı- 
siertem Blutserum (nach Swift-Ellis) 10 Fälle von Syphilis des Zentrainerven- 
systems, darunter 7 von Tabes und 1 von frühzeitiger progressiver Paralyse; im 
ganzen wurden 59 gemacht, üble Zufälle wurden nie dadurch beobachtet. Bei 
6 obiger Kranken wurde eine ganz augenfällige Besserung erzielt, es waren dieses 
Fälle von Lues cerebrospinalis und nicht zu vorgeschrittener Tabes. 

F. Reiche (Hamburg). 


8. H. F. Swift. The onset and development of syphilis of the 
central nervous system.. (Proc. of the path. soc. of Philadelphia 
Vol. XVI.) 

S. wiesen in 36% ihrer Fälle von primärer und früher sekundärer Syphilis 
Pleocytose oder Globulinvermehrung im Liquor spinalis oder diese beiden Anc- 
malien zusammen nach. In sekundären Fällen mit zentralen Symptomen ist die 
Pleocytose ausgesprochener und ein positiver Wassermann in der Regel zugegti. 
während bei der zerebrospinalen Lues des dritten Stadiums einschließlich der 
Tabes Pleocytose, Globulinexzeß und Wassermannreaktion die konstantester. 
Symptome sind, das Blutserum jedoch nur in 62% der Fälle einen positiven 
Wassermann gab; bei Pat. mit syphilitischer Endarteriitis ist der Liquor gewöhr- 
lich normal oder der Globulingehalt nur gering erhöht. Der Grad der Pleocystex 
ist um so höher, je früher und je aktiver bei Tabikern der Prozeß ist. Bei pr 
gressiver Paralyse ist die Wassermannprobe im Liquor oft eine sehr starke, eben“ 
die Globulinvermehrung eine sehr intensive, dahingegen der Gehalt an Zellen rur 
mäßig erhöht; je vorgeschrittener das Krankheitsbild, desto konstanter der fi 
sitive Wassermann. F. Reiche (Hamburg). 


9. Goldstein (Frankfurt a. M.). Über den zerebellaren Symptomen- 
komplex in seiner Bedeutung für die Beurteilung von Schädel- 
verletzten. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

‚Es ist zu achten auf das Vorhandensein des typischen zerebellaren, breit- 
beinigen Ganges, auf abnorme Kopf- und Rumpfhaltung, sowie ein allgemeine: 
Schwanken beim Stehen, auf Nystagmus, auf Ataxie, auf eine leichte Schwäch: 
und eine gewisse Schlaffheit der Extremitäten. Weiter zu achten ist auf dit 
sog. Adiadochokinesis, die Verlangsamung der Aufeinanderfolge antagonistischer 
Bewegungen, die Störung in der Schätzung von Gewichten, auf das Fehlen des 
Rückschlages bei der Widerstandsprüfung. Reckzeh (Berlin). 


10. Kafka (Hamburg-Friedrichsberg). Untersuchung tuberkulös 
meningitischer Punktionsflüssigkeiten mit Hilfe der Ninhydrin- 
reaktion. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 40.) 

Die Ninhydrinprobe mit der Spinalflüssigkeit ist zur Differentialdiagnose der 
tuberkulösen von anderen akuten Meningitiden nicht, von anderen mit Vermeh- 
rung des Liquoreiweißes einhergehenden Erkrankungen des Zentralnervensystern 
nur mit größter Vorsicht zu verwerten. Die Differentialdiagnose gegen die zuletzt 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 389 


erwähnten Erkrankungen läßt sich durchführen, wenn man den Liquor gegen 
destilliertes Wasser dialysiert und mit dem Dialysat die Ninhydrinreaktion ansetzt. 
Reckzeh (Berlin). 


11. Frühwald und Zaloziecki (Leipzig). Über die Infektiosität 
des Liquor cerebrospinalis bei Syphilis. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 1.) 

Der Spirochätennachweis im Liquor cerebrospinalis ist verhältnismäßig selten. 

Aus den bisher erhobenen Befunden läßt sich eine Gesetzmäßigkeit für die Infek- 

tiosität des Liquors nicht herausfinden. Der Liquor kann schon sehr bald oder 

auch sehr spät nach der Infektion Spirochäten enthalten. Bei Syphilis ohne 

Nervensymptome kommt wohl das 1. Krankheitsjahr am meisten in Betracht. 

Unter welchen Umständen aber die Infektiosität eintritt, ist noch nicht klar. 

Reckzeh (Berlin). 


12. F. Fuchs-Reich. Zur Kasuistik der Meningitis purulenta. 
. (Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 597.) 

Die Verfasserin teilt einen Fall von Meningitis purulenta mit, in dessen Ver- 
lauf ein über den ganzen Körper ausgebreitetes kleinfleckiges Exanthem auftrat. 
Der Tod erfolgte schon 3 Tage nach der Aufnahme. Anfänglich bestand daher 
Verdacht auf Fleckfieber, welchen der weitere Verlauf nicht rechtfertigte. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


13. H. Pfister. Der Gilutäalklonus ein Pyramidenzeichen. (Med: 
Klinik 1915. Nr. 22. S. 616.) 

Vier Fälle von multipler Sklerose zeigten ein Symptom, das bisher nicht oder 
doch jedenfalls nicht genügend beachtet wurde. Es ist dies der Glutäal- oder 
Gesăßklonus. Er wird folgendermaßen nachgewiesen. Der Kranke liegt mit 
:usgestreckten Beinen flach auf dem Bauche. Man umfaßt nun mit der Hand, 
dicht an der Rückseite des Oberschenkels, von unten her die Hinterbacke und 
crängt sie mit kurzem, kräftigem Rucke nach oben beziehungsweise nach oben 
und etwas nach außen. Dann treten, wenn das Zeichen vorhanden und typisch 
eusgeprägt ist, dem Patellar- und Fußklonus nach Rhythmus analoge Zuckungen 
im Glutaeus maximus auf, die, bei den genannten Phänomenen, andauern, solange 
die Hand mit dem Druck auf den Muskel (mit der Zerrung seiner distalen Partie) 
nicht nachläßt. Der Glutäalklonus ist, wenn ausgeprägt vorhanden, jedenfalls 
als Pyramidenzeichen aufzufassen. Ob es außerdem auch einen hysterischen 
(Pseudo-) Gesäßklonus gibt, oder ob er nur bei organischen Erkrankungen des 
Zentralorgans vorkommt, muß erst die weitere Beobachtung lehren. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


14. Karl Hedde. Beitrag zur Kenntnis der Abdominal-Cremaster- 
und Plantarreflexe. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LII. 
Hft. 1 u.2. 1914.) 

Verf. berichtet über das Verhalten der Hautreflexe bei 65 Fällen von mul- 
tipler Sklerose. Dabei beobachtet er vollständiges Fehlen der Bauchdeckenreflexe 
in 55,424 der Fälle, teilweises Fehlen in 30,8%. Bei 38 Fällen fehlt der Cremaster- 
reflex in 34,4%, (bei diesen allen auch die Bauchdeckenreflexe); die Plantar- 
reflexe fehlen bei 43 Fällen nur in 7%,. Die Beobachtung bei 120 Fällen der ver- 


300 Zentralblatt für innere Medizin: Nr. 21. 


schiedensten Nervenkrankheiten ergibt, daß am frühesten und konstantesten die 
Bauchdeckenreflexe beeinflußt werden, dann die Cremaster- und zuletzt die Plan- 
tarreflexe. Isoliertes Fehlen des Cremaster- oder Plantarreflexes bei vorhandenen 
Bauchdeckenreflexen ist äußerst selten. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


15. C.H. Würtzen. Einige Reflexuntersuchungen, die namentlich 
die Konstanz gewisser Reflexe betreffen. (Deutsche Zeitschrit 

für Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft. 1 u. 2.) 

Verf. fand bei einem Material von 2000 Kranken, die kein nachweisbare: 
Nervenleiden hatten oder sonstige Störungen aufwiesen, welche ein Fehlen de: 
Reflexe erklärlich machten, den Biceps-, Triceps- (einmal nur einseitig) und Pa- 
tellarreflex immer auslösbar, den Achillesreflex in 0,35%,, den Abdominalreflex 
in 1,61%, fehlend und den Plantarreflex absolut konstant. 

L. Kreuzer (Zell i. W.) 


16. G. van Rijnberk. Untersuchungen über Muskeltonus und 
Muskeltonusinnervation. (Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1915. 11. 
S. 1184—39.) 

Die Wiederholung des Rogowicz’schen (1885) Versuches über die »Lippen- 
erscheinung« führte zum Schluß, daß letztere ebenso wie die in der vorigen Arbeit 
studierte Zungenerscheinung der Ausdruck einer Reizung der die Ringmuskeln der 
Lippen innervierenden sympathischen Tonusfasern ist, und daß die diese Erscha- 
nung kennzeichnende Lippenbewegung ihren Grund findet in einer tonischen 
Verkürzung der Muskeln. Auch für diese Erscheinung gilt das Gesetz, nach 
welchem zur richtigen Auslösung der Reizwirkung der Tonusfasern der eigentliche 
motorische Nervus (facialis) entartet sein soll. Zeehuisen (Utrecht). 


17. Richard Geige. Meine „Kompressionsreaktion“. (Deutsch 
Zeitschrift für Nervenheilkunde 1914. Bd. XLII. 1. u. 2. Hft.) 

Unter »Kompressionsreaktion« versteht Verf. die Änderung des normal: 
Zuckungsgesetzes im Sinne einer Steigerung der Öffnungszuckungen infolge Kom- 
pression des Nerven und der Gefäße. Diese Reaktion ist nicht physikalisch be- 
dingt, denn sie tritt sowohl bei Anämie wie bei Hyperämie der geprüften Abschnitt: 
auf, sondern sie beruht auf der Übererregbarkeit gegen Öffnung des Stromes durch 
schlechte Blutversorgung des Nerven, nicht auf dem Druck auf den letzterer. 
Verf. glaubt, daß eine Steigerung der KOZ. peripherer Nerven, als ein Maßstit 
für deren Blutversorgung, diagnostische Bedeutung gewinnen könne in der Lehr: 
von der Anämie und den Kreislaufstörungen. E. Kreuzer (Zell i. W.). 


18. A. Bornstein und A. Saenger. Untersuchungen über den 
Tremor und andere pathologische Bewegungsformen mittels 
des Saitengalvanometers. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde 
Bd. LII. Hft. 1 u.2. 1914.) 

Die Untersuchungen der elektrischen Erscheinungen am menschlichen Muskt: 
beim Tremor zeigen, daß nicht ein einzelner Innervationsimpuls die Zitterte- 
wegung hervorruft, sondern daß jeder Tremorstoß durch mehrere, meist 3 bi: 
6 Innervationsimpulse bedingt ist; es handeltsich also um Tetanie. Dabei können 
die Impulse sich im normalen Rhythmus folgen, und die Ausbreitung der Erregung; 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 391 


im Muskel kann mit der normalen Geschwindigkeit geschehen, d. h. der Tremor 
ist zentral. Wenn der Muskel selbst Zeichen pathologischen Funktionierens zeigt, 
wie es neben einer mangelnden zentralen Innervation in manchen Fällen wahr- 
scheinlich ist, kann man von einem myogenen Tremor sprechen. 

Bei den echten Reflexen handelt es sich um Einzelzuckungen. Bei der Kon- 
traktur sind mit dem Einthoven’schen Saitengalvanometer keine Aktionsströme 
“im Muskel nachweisbar. Kreuzer (Zell i. W.). 


19. J. G. Dusser de Barenne. Experimentelle Untersuchungen über 
die Lokalisation der Sensibilität in der Großhirnrinde. (Nederl. 
Tijdschrift v. Geneesk. 1915. II. S. 2014—23.) 

Diese Versuche sind den früher am Rückenmark vorgenommenen über die 

_ Ausbreitung der Rückenmarkfühlsphäre der linken grauen Hintersäule des Lenden- 

. marks bei der Katze analog. Die Berührung der Katzenhirnrinde und insbesondere 

` des Gyrus sigmoideus posterior sinistri, wird mit einem in 1%,iger Strychninum 

Sulfuricum-Lösung getränkten, durch Methylenblau gefärbten Wattepinsel vor- 

- genommen, so daß die Größe des vergifteten Rindenbezirks nach der Ausbreitung 

- des blauen Feldchens abgeschätzt werden kann. An der rechten Vorderpfote trat 

sehr deutliche Erhöhung der Berührungsreflexe auf, neben mit Hauthyperästhesie 

- and Hyperalgesie einhergehenden Parästhesien. In der linken Vorderpfote sind 

- die gleichsinnigen Erscheinungen in geringerem Grade vorhanden. Nach Spaltung 

. aller Hautnerven der rechten Vorderpfote, oder nach Wegnahme der Haut beider 

._ Vorderpfoten, traten die Parästhesien ebenfalls in die Erscheinung, so daß in der 

. Tat auch die tiefe Gefühlsempfindung im gekreuzten Glied Störungen darbot. 

. Die bei den Rückenmarksversuchen vorgefundenen Hyperreflexe und Muskel- 

. ackungen — also die motorischen Reizerscheinungen — fehlten in diesen Hirn- 

. findenversuchen nahezu konstant. Bei Vergiftung des linken Gyrus sigm. ant. 

traten den obigen Gefühlsstörungen analoge Erscheinugnen, vor allem am Kopfe, 

„in geringerem Maße an den Vorderpfoten, auf, ebenfalls doppelseitig, am aus- 

“ geprägtesten an der der Vergiftungsstelle entgegengesetzten Körperhälfte. — In 

dieser Weise wird von Verf. die ganze sensible Rindensphäre verfolgt, wie nebst 

: inareichen Deutungsversuchen der betreffenden Ergebnisse im Original aus- 

- tinandergesetzt ist. Bei dieser Strychninvergiftung, bei welcher auch die ge- 

- kreuzte Symptomatologie in den Vordergrund des Interesses tritt, hat man 

- mit sich in deutlichen subjektiven Angaben des Versuchstieres sich offenbarenden 

“ Reizerscheinungen zu tun. Wahrscheinlich spielt dieser Gefühlsmechanismus der 

“ Vierfüßler bei dem natürlichen Gang dieser Tiere eine Rolle. 

| Zeehuisen (Utrecht). 


` 2. + A. Gans. Über Erlöschung des Tastgefühls (Tastblindheit) 
und über die Störungen des Raumsinnes der Sensibilität. 
1035. Inaug.-Diss., Amsterdam, F. van Rossen, 1915. 

| Verf. führt aus, daß der »Tastblindheit« keine besondere Bedeutung zuge- 
' mutet werden darf; dieselbe ist also analog dem Begriff einer Lähmung, einer 
Taubheit, so daß der Name nichts über den Ursprung des Komplexes voraussetzt. 
; Anläßlich 13 genau beschriebener Krankengeschichten werden die verschiedenen 
Variationen dieser Erscheinung behandelt, und zwar werden Körpertastblindheit 
: ansich und Formtastblindheit auseinandergehalten. Bei der sehr seltenen ersteren 
Störung werden die Formen noch gedeutet und können Gefühlsstörungen vermißt 


392 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


werden. Die Formtastblindheit kann nicht durch eine motorische Lähmung her- 
vorgerufen werden, ebensowenig durch den Verlust des Schmerzsinnes oder des 
Temperatursinnes; sogar kann eine geringe Hypästhesie vorhanden sein, ohne daß 
Tastbindheit auftritt. Für die Auslösung letzterer soll immer eine Störung der 
räumlichen Gefühlsbeobachtung vorhanden sein; nichtsdestoweniger hat die Er- 
scheinung keinen die Lokalisation fördernden diagnostischen Wert. 
Zeehuisen (Utrecht). 


21. F. Kaspar. Ein Fall von Gehirntumor. (Revue 1915. Nr.7 u.?. 
S. 276.) | 

Bei einem 39jährigen Manne, der die Symptome des Gehirntumors aufwies 
— anfangs Ohnmachten, Krämpfe, später hartnäckige Kopfschmerzen, beider- 
seitige Stauungspapille, Hemiparese, Strabismus convergens, Schwindel, Sprach- 
störungen, Singultus — brachte eine Lumbalpunktion vollständige Euphorie. Di: 
5 Tage später vorgenommene Trepanation ergab einen inoperablen Tumor de: 
Gehirns, aber wiederum fühlte sich der Pat. nach dem Eingriff vollkommen wohl, 
so daß er seinen Beruf wieder aufnahm. Eine zweite Lumbalpunktion, die nach 
etwa 5 Wochen wegen Wiederkehr der schweren Erscheinungen vorgenommen 
werden mußte, war wiederum von bestem subjektiven Erfolg begleitet. Noch 
am Abend desselben Tages trat der Exitus ein. Die Sektion des Gehirns ergab 
ein Gliosarkom des ganzen rechten Schläfelappens. G. Mühlstein (Prag). 


22. V. Reichmann. Über zwei unter dem Bilde einer Hirnge- 
schwulst verlaufende tuberkulöse Hirnhautentzündungen, nebst 
Bemerkungen zur Frage über die Entstehung und Ausbreitung 
der Meningitis tuberculosa. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheil- 
kunde Bd. LII. Hft. 1 u. 2. 1914.) 

Im ersten Fall handelt es sich um eine Meningitis tuberculosa mit sehr lanz- 
samem Verlauf, welche, von der Gegend der Großhirnstiele und des Pons avus 
gehend, erst spät klinisch verwertbare Erscheinungen gemacht hat. Der zweitt 
Fall zeigt das seltene Bild einer Konglomerattuberkulose der weichen Hirnhäute 
der Basis, des Gehirns und der Adergeflechte. In beiden Fällen fehlen die charak- 
teristischen Erscheinungen der Meningitis tuberculosa; es kommt frühzeitig zur 
Stauungspapille, und beide Prozesse sind streng an die Hirnbasis lokalisiert. 

Aus dem konstanten klinischen wie anatomischen Bild der Meningitis tuber- 
culosa an der Hirnbasis, gleichviel ob dieselbe hämatogen oder Iymphogen ent- 
standen ist, schließt Verf., daß in jedem Falle, auch bei hämatogener Infektion des 
Gehirns, die Ausbreitung auf dem Lymphwege erfolgt, und zwar findet an dem 
Zusammenfluß des im Gehirn fächerförmig angeordneten Lymphgefäßsystems, 
nämlich hauptsächlich zwischen Chiasma opticum und Pons, eine Anhäufung de: 
Infektionsmaterials statt, wo die Bazillen einen guten Nährboden finden. 

Kreuzer (Zell i. W.). 


23. Szpanbock. Über die Beteiligung der dynamischen Eigen- 
schaften der Nervenapparate im Verlaufe der motorischen 
Erscheinungen nach hemiplegischen Lähmungen. (Deutsche 
Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 5. u. 6.) 

Nach Verf. sind die nach einer Hemiplegie auftretenden Erscheinungen nach 

Grad und Intensität abhängig von den dynamischen Eigenschaften der Zentral- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 393 


neuronen in den verschiedenen Organen, und zwar bilden die Mechanismen, welche 
eine größere Erregbarkeit bedingen, auch die Grundlage größerer Widerstands- 
ähigkeit gegen die schädlichen Lähmungsursachen und somit den Grund zu un- 
gleichmäßig ausgebreiteter Lähmung. Ebenso ist auch die ungleichmäßig zu- 
rückkehrende Funktion der einzelnen Nerveneinheiten durch deren verschiedene 
dynamischen Eigenschaften bedingt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


24. Castere und Bolo. Angioma venosum racemosum der linken 
motorischen Region. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde 
Bd. LII. Hft.5 u. 6.) 

Verf. berichten über einen Fall, der die klinischen Erscheinungen einer recht- 
seitigen Jackson’schen Epilepsie bietet. Bei der Trepanation über der linken 
motorischen Region zeigen sich zahlreiche, erweiterte, vielfach anastomosierende, 
dünnwandige Venen, welche unterbunden werden. Nach der Operation sind 
die Anfälle ausgebiieben. (Die Beobachtung umfaßt jedoch nur einen Zeitraum 
von ®/, Jahren! Der Ref.) L. Kreuzer (Zell i. W.). 


25. S. Morita. Untersuchungen an großhirnlosen Kaninchen. 
(Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 1915. Bd. LXXVIII. S. 188, 208, 218, 223.) 
Diese Serie von vier Arbeiten befaßt sich mit dem Verhalten der Blutzucker- 

xonzentration, mit der Wirkung verschiedener Krampfgifte, mit der Einwirkung 


„ientraler Erregungsmittel auf den Chloralschlaf sowie mit quantitativen Unter- 


‚suchungen über die schlafmachende Wirkung von Chloral und Urethan an groß- 


` imlosen Kaninchen. Die Methodik der Großhirnexstirpation wird eingehend 
` nitgeteilt. 


Im einzelnen ergab sich folgendes: Zur Hypergliykämie führende Reize, wie 
\derlaß, Fesselung, Äthernarkose, Diuretin,schmerzhafte Reizung sensibler Nerven- 


- lemente versagen auch bei den der Großhirnhemisphären beraubten Kaninchen 
- licht. Da bei großhirnhemisphärenlosen Kaninchen nicht mehr von psychischer 
: Iyperglykämie gesprochen werden kann, so muß gefolgert werden, daß Affekte, 


vie Schreck, Angst, Schmerzempfindung eine nur untergeordnete Rolle bei der 


- “uckermobilisierung spielen können. Die Angriffspunkte zentraler, zur Hyper- 
- iykämie führender Reize, wie Diuretin, sowie der Verlauf der entsprechenden 


teflexbogen, sind daher nicht in den Hemisphären, sondern in den Stammganglien 
ks Großhirns oder im Mittelhirn anzunehmen. 
Die Wirkung verschiedener Krampfgifte äußerte sich wie folgt: die Toleranz 


“ker großhirnhemisphärenlosen Kaninchen ist gegenüber Kokain erhöht. Die 
` tlonischen Muskelzuckungen nach Kampfer sind an das Vorhandensein der Groß- 


lirnhemisphären gebunden. Die Phenolwirkung an Kaninchen ohne Großhirn- 


: imisphären unterscheidet sich dagegen in nichts von der an normalen Tieren. 

: Der bei Apomorphininjektion bei normalen Kaninchen stets auftretende Nage- 

- nieb fehlt bei Tieren, die der Großhirnhemisphären beraubt sind; er hat demnach 
nen kortikalen Angriffspunkt. 


Von den untersuchten vier Substanzen: 8-Tetrahydronaphthylamin, Ephedrin, 


‚ Giffeino-natrio-benzoicum und Kokain erwiesen sich nur die beiden ersten im- 
“Sande, einen nicht zu tiefen Chloralschlaf bei großhirnhemisphärenlosen Tieren 
tu durchbrechen und das Tier zu wecken. Kokain, das normale Tiere aus dem 


Chloralschlaf erweckt, versagte bei großhirnhemisphärenlosen Tieren. In gleicher 


i Weise verhielt sich das Koffein. 


2199 


394 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


Bei großhirnhemisphärenlosen Kaninchen ist die Wirkung der Schlafmitte 
Chloralhydrat und Urethan viel intensiver als bei normalen Tieren. Die Beein- 
flussung der Atmung durch die genannten Mittel in schlafmachenden Dosen ist 
bei beiden Kategorien von Kaninchen annähernd die gleiche. 

Bachem (Bonn). 


26. Oppenheim. Ergebnisse der kriegsneurologischen Forschung. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 

In der Symptomatologie der Schußverletzungen des Gehirns sind folgenc: 
Tatsachen auffallend: Die Geringfügigkeit der Erscheinungen, namentlich de 
Herdsymptome, in vielen Fällen im Vergleich zu der Ausdehnung der Geschot- 
bahn. 2) Demgegenüber die Mannigfaltigkeit und Multiplizität der Herdsympton: 
in einzelnen Fällen, entsprechend der Vielheit von Zentren und Leitungsbahne". 
die die Kugel auf ihrem Wege getroffen und lädiert hat. 3) Das von vielen Be- 
obachtern betonte Moment, daß entsprechend der Häufigkeit von Streif-, Tanger- 
tial- und oberflächlichen Durchschüssen die kortikalen Symptome überwieger. 
die Häufigkeit der Bilateralität der Erscheinungen. In symptomatologischer Hir- 
sicht ist die nicht so seltene Form der Brown-Sequard’schen Lähmung m! 
homolateraler Anästhesie eine bis da kaum beobachtete Folgewirkung der Kriez:- 
verletzungen des Rückenmarks. Bei den Schußverletzungen des Ischiaditis- 
stammes können die sensiblen Bahnen, z. B. die der Planta pedis, isoliert, anderes- 
seits auch ausschließlich die motorischen Bahnen der Sohlenmuskeln befallen sei. 
Die Kriegserfahrung hat bewiesen, daß die Varietäten der Muskelinnervation e::: 
noch weit größere Rolle spielen, als man früher angenommen hatte. Die psychisch: 
Erschütterung kann schwere Veränderungen nichtorganischer Natur im zentral” 
Nervensystem hervorbringen, die sich in Reiz- und Ausfallserscheinungen äukt'r. 
Man darf nicht in den Fehler verfallen, diese Folgeerscheinungen der Gemüt: 
erschütterung deshalb schlechtweg für hysterisch zu halten, weil bei der Hyster: 
das Kommen und Gehen der Symptome meist auf seelische Vorgänge zurückzu- 
führen ist. Auch die vielunterschätzte Bedeutung der mechanischen Erschütt:- 
rung ist durch den Krieg wieder in ein helleres Licht gerückt worden. Eine di 
überraschenden Wahrnehmungen der neurologischen Kriegsforschung ist die Hät- 
figkeit der Verknüpfung von organischen und funktionellen Nervenkrankheiten. 

Reckzeh (Berlin). 


27. Hayward (Frohnau). Beitrag zur Klinik und Schädelschüsse 
nach den Erfahrungen im Heimatlazarett. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 46 u. 47.) 

Die Forderungen nach operativer Behandlung auch des Segmentalschuss:: 
erscheint durchaus berechtigt, und wir dürfen nur dann davon Abstand nehme. 
wenn bei der Aufnahme des Kranken die Wunden reaktionslos verheilt sind und iz 
monatelanger Beobachtung keine zerebralen Erscheinungen auftreten. 

Weichteilschüsse bedürfen nicht der Operation, solange sich ihr Verlauf fieber- 
frei und ohne Gehirnerscheinungen gestaltet. Tangentialschüsse bedürfen sämtl:c" 
der Operation, auch wenn sie mit verheilter Wunde in das Lazarett eingeliefe:: 
werden, sofern nicht schon im Felde ein operativer Eingriff vorangegangen it“. 
Segmentalschüsse bleiben nur dann unoperiert, wenn sie in verheiltem Zustanü: 
eingeliefert werden und bei monatelang fortgesetzter Beobachtung keine Hirr- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 395 


symptome oder Temperaturveränderungen gezeigt haben. Durchschüsse bedürfen 
nicht der Operation, falls nicht die Symptome einen Abszeß vermuten lassen. 
Steckschüsse werden wie Durchschüsse behandelt. Reckzeh (Berlin). 


28. J. G. Sharp (Leeds). A serie of cases of transient aphasia, 
hemiplegia and hemiparesis due to arterial spasm. (Lancet 
1915. Oktober 16.) 

Die mitgeteilten sechs Fälle von vorübergehender Aphasie, Monoplegie, Hemi- 
YYegie und Hemiparesis wurden lange Zeit, meist über Jahre, beobachtet. S. nimmt 
icht thrombotische, embolische oder hämorrhagische Vorgänge als ursächlich an, 
3ndern arterielle Spasmen. Betroffen wurden mit einer Ausnahme ältere Per- 
onen, bei denen arteriosklerotische Veränderungen anzunehmen waren; erhöhter 
vstolischer Blutdruck war nicht immer zugegen. Psychische Emotionen können 
‚uslösend wirken, ebenso im Blute zirkulierende Toxine. Zwei seiner Kranken 
atten zeitlebens an schwerer Migräne gelitten, doch nur einer hatte dabei erhöhten 
‚stolischen Blutdruck. Der Babinski’sche Reflex war oft positiv. In der 
'herapie kommt es auf Vermeidung von Exzitantien und Erregungen an, auf 
‚äder, Sorge für ausgiebige Darmentleerung und entsprechende Diät, besonders 
‚usschluß alles tierischen Proteins; vielfach ist Jodkali am Platze und bei hohem 
lutdruck Natriumnitrit. Die Literatur dieser transitorischen Affektionen ist 
it Peabody’s, Bastian’s und Daly’sersten Publikationen erst in den letzten 
5 Jahren weiter ausgebaut. F. Reiche (Hamburg). 


9. J. M. Fortescue-Brickdale (Bristol). A case of congenital hemi- 
hypertrophy. (Lancet 1915. Juli 3.) g 
Ein Fall von echter, röntgenographisch so erwiesener Hemihypertrophia 
extra bei einem 9monatigen Kinde gesunder Eltern gibt F.-B. Anlaß zu kurzer 
ritischer Revue dieser seltenen kongenitalen Affektion. 
F. Reiche (Hamburg). 


0. 0. Rossi. Beitrag zur Kenntnis der Symptomatologie der 
Balkenerweichung. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LII. 
Hft. 5 u. 6.) 

Der vom Verf. beobachtete Fall zeigte bei der Autopsie eine streng auf den 
alken beschränkte Erweichung, welche makroskopisch 8/,, desselben umfaßte. 
‚uch die normaler scheinenden 2/,, boten mikroskopisch ebenfalls derart erheb- 
che Veränderungen, daß man nach den allgemeinen Erfahrungen auch eine 
zeinträchtigung der Leitungsfähigkeit dieser Fasern annehmen mußte. Klinisch 
'ar bei dem Kranken ein eigentümlicher Torporzustand gefunden worden, welcher 
:doch nur die höchsten psychischen Funktionen beeinträchtigt hatte, ferner 
3rübergehende Anisokorie, leichte Facialisparese rechts und spastische Tetra- 
arese rechts stärker wie links, welche auf eine indirekte Reizung der motorischen 
gion zurückzuführen ist. Die Sehnenreflexe waren gesteigert, Babinski und 
npenheim positiv. Apraxie bestand nicht, was sich vielleicht daraus erklären 
:5t, daß der Kranke, wie aus der Anamnese hervorgeht, mit beiden Händen 
:leich geschickt« war. Letzterem Umstand ist es vielleicht auch zuzuschreiben, 
‘aB eine vollständige Aphasie, wie sie in anderen Fällen von Balkenläsion gefunden 
sorden ist, fehlte. Eslagim vorliegenden Falle nureine ausgesprochene amnestische 


396 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


Aphasie vor, die etwa so zu erklären wäre, daß die von der rechten Ill. Frontal- 
windung zur linken homonymen Windung durch den Balken ziehenden, der Sprach? 
dienenden Fasern unterbrochen waren. Der Fall ist deshalb von großem Werte, 
weil nur auf den Balken beschränkte Läsionen selten sind. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


31. 0. Rossi. Angeborene Muskelhyperplasie. (Deutsche Zeitschritt 
für Nervenheilkunde Bd. LII. Hft.5 u. 6.) 

Verf. beschreibt einen Fall, in welchem der partielle Riesenwuchs des rechter 
Armes nur durch Muskelvolumzunahme bedingt ist, und zwar durch Vermehrur: 
der Muskelfasern (keiner Vergrößerung derselben), also einer echten Hyperplasie. 
Knochen und Haut des Armes sind normal. Ätiologie und Pathogenese ist nech 
nicht geklärt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


32. Charles F. Read. Treatment of paresis. (New York med. journ. 
1915. September 11.) 

Zwanzig Paralytiker wurden mit 123 intralumbalen Injektionen von 0,003 b:: 
0,006 Neosalvarsan behandelt, das Medikament wurde jeweils in mindesten: 
10 ccm Liquor cerebrospinalis gelöst, der vom Pat. selbst geliefert wurde. Ur- 
günstige Resultate: Während dieser Behandlung starben drei, bei zweien trat l1- 
kontinenz hinzu, und bei einem entwickelte sichCharcot’s Arthropathie. 9 pes- 
tive Blut-Wassermann blieben 4 plus, I negativer und I schwach positiver Liqucr- 
Wassermann wurden während der Behandlung stark positiv. Günstige Resultate: 
2 Kranke traten in eine Remission, mehreren ging es körperlich besser, in 3 Faler 
wurde der positiv@ Liquor-Wassermann schwächer. Zusammengefaßt läßt sich 
sagen, daß Neosalvarsan in kleinen Dosen unnütz ist und in großen leicht Schad:7 
stiften kann. Sein Gebrauch ist nicht zu empfehlen. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


33. Adolf Strümpell (Leipzig). Über heilbare schwere Neuritis 
optica, verbunden mit zerebellarer Ataxie beim Keuchhusten 
(Keuchhusten-Encephalitis). (Zeitschrift für Nervenheilkunde 1915. 
Bd. LIII. Hft. 3 u. 4.) 

Verf. berichtet über einen Fall von Keuchhusten, bei welchem sich plötzlich. 
aber nicht in apoplektiformer Weise, totale Blindheit und zerebellare Rumpi- 
ataxie eingestellt hat. Diese Erscheinungen sind unabhängig von einem Hustt?- 
anfall aufgetreten, so daß eine Stauungsblutung als Ursache ausgeschlossen werden 
kann. Ferner spricht das Fehlen stärkerer zerebraler Allgemeinerscheinung:! 
dafür, daß die Opticuserkrankung (Stauungspapille) keine Hirndruckerscheinun: 
darstellt, sondern als örtlich entzündlicher Vorgang in den Nervenstämmen selbst 
oder deren primären Ursprungsstätten (Vierhügelgegend) anzusehen ist. Ver. 
hält deshalb die Bezeichnung »Neuritis optica« für zutreffender als »Stauune‘- 
papille«, zumal die anatomische Veränderung im Opticus in diesem Falle so schw:i 
gewesen ist, daß daraus totale Amaurose und völlige reflektorische Lichtstar? 
resultiert hat. Für den Sitz der Entzündung in der Vierhügelgegend spricht di 
zerebrale Rumpfataxie, als Ausdruck einer Mitbeteiligung des roten Kernes, sow 
auch die anfangs scheinbar deutliche Beschränkung der Augenbewegungen. Di: 
Prognose der Keuchhustenencephalitis ist günstig; zu einer Trepanation ist nich! 


‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 397 


zu raten, da die Ursache örtlich-entzündliche Prozesse sind, und mit dem Ab- 
klingen der Entzündung die Erscheinungen spontan zurückgehen. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


34. M. S. Margulis. Über pathologische Anatomie und Pathogenese 
der Syringomyelie. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LII. 
Hft. 1 u. 2. 1914.) 
Die Syringomyelie verdankt ihre Entstehung einer Entwicklungshemmung 
im Rückenmark während des intrauterinen Lebens. Nach Verf. ist die Ursache 
derselben wahrscheinlich ein chronisch entzündlicher Prozeß im Gebiete des sich 
bildenden Zentralkanals, vielleicht des Ependyms selbst. Es kommt dadurch zum - 
Offenbleiben des Zentraikanals dorsalwärts und so zu Hydromyelie und Divertikel- 
bildung. Auch die niedriger liegende Neurogliaschicht und die Gefäße nehmen 
an dem entzündlichen Prozeß teil, wodurch die normale Entwicklung gestört 
wird und Flüssigkeitsansammlungen im Zentralkanal auftreten. Die Folge der 
Flüssigkeitsansammlung ist eine ständige Erweiterung des Zentralkanals und 
seiner Divertikel. Durch den erhöhten Druck atrophiert das Epithel und stößt sich 
ab, und die Höhlen verbinden sich untereinander; ebenso kommt es durch den 
Druck zur Atrophie und Degeneration der Nervenfasern und -zellen, wodurch dann 
das klinisch charakteristische Bild der Syringomyelie entsteht. Für das Glia- 
gewebe bedeutet der erhöhte Druck einen beständigen Reiz zur Proliferation. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


35. J. P. Karplus. Syringomyelie bei Vater und Sohn. (Med. Klinik 
1915. Nr. 49. S. 1344.) 

Verf. berichtet über zwei Fälle von Syringomyelie bei Vater und Sohn. Bei 
letzterem handelte es sich um einen 33jährigen Soldaten, der etwa seit 2 Jahren 
mit zunehmender Schwäche im rechten Arm erkrankt war. Das Bemerkenswerte 
bei diesem Falle war, abgesehen von einer ausgedehnten dissoziierten Empfindungs- 
störung der Haut mit stärkerer Störung des Schmerz- und Temperatursinnes, eine 
. Sympathicuslähmung mit Hyperhydrosis des Gesichtes. Letztere ließ sich auch 


.. reflektorisch durch saure Geschmacksreize auslösen. Beim Vater bestand das 


Leiden bereits 13 Jahre. Bei diesem fehlte die Hyperhydrosis. Bei beiden Pat. 
war der Wassermann negativ. Ruppert (Bad Salzuflen). 


36. Erich Langer. Kasuistischer Beitrag zur pathologischen Ana- 
tomie der akuten, aszendierenden Spinalparalyse (Landry’sche 
Paralyse). (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft. 1 
u. 2. 1914.) 

Verf. nimmt auf Grund von Literaturangaben und eines selbst beobachteten 
Falles an, daß der eigentlichen Spinalparalyse meist ein durch chronische Intoxi- 
kation bedingtes und durch Degenerationsprozesse gekennzeichnetes Stadium 
vorangehe, und daß zur Auslösung des stürmisch verlaufenden Endstadiums eine 
neue Schädigung durch Bakterien oder Toxine notwendig sei. Die peripheren 
Nerven können mitbeteiligt sein, müssen es jedoch nicht. Die Landry’sche 
Paralyse kann so schnell zum Tode führen, daß morphologisch akute Veränderungen 
des Rückenmarks kaum nachweisbar sind. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


398 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


37. Margulis. Über pathologische Anatomie und Pathogenese der 
amyotropischen Lateralsklerose. (Deutsche Zeitschrift für Nerven- 
heilkunde Bd. LII. Hft.5 u. 6.) 

Die amyotrophische Lateralsklerose stellt pathologisch-anatomisch einen 
chronisch entzündlichen Prozeß der Rückenmarkshäute und des Rückenmarks 
dar. Es findet sich dabei eine chronisch hyperplastische Entzündung der weichen 
Häute; exsudativ entzündliche Veränderungen in den perivaskulären Räumen; 
diffuse degenerative Atrophien der Fasern im Vorderseitensegment mit haupt- 
sächlicher Beteiligung der schon kongenital geschwächten Pyramidenbahnen, 
Atrophie der Vorderhornzellen und sekundäre Atrophie der Vorderwurzein und 
der Fasern der peripheren Nerven. Daß der Prozeß meist auf das Vorderseiten- 
segment beschränkt bleibt, ist bedingt durch das selbständige, in keiner Ver- 
bindung miteinander stehende .Lymphsystem des Hinter- und Vorderseiten- 
segments des Rückenmarks. Es kann auch das Hinterseitensegment ergriffen 
werden, wobei dann Schmerzen undSensibilitätsstörungen auftreten, die in manchen 
Fällen sogar das Krankheitsbild derart beherrschen, daß die äußere Ähnlichkeit 
mit einer Systemerkrankung der motorischen Bahnen völlig verschwindet. Pathe- 
genetisch ist die Erkrankung als eine infektiös-toxische aufzufassen, welche, auf 
dem Lymphwege sich verbreitend, diffus das ganze Vorderseitensegment des 
Rückenmarks ergreift, in selteneren Fällen sich jedoch auch über den ganzen 
Rückenmarksquerschnitt verbreiten kann. Die klinischen Erscheinungen hängen 
von den Ausfallserscheinungen der erkrankten Bahnen ab, also meist der moto- 
rischen Bahnen mit ihren beiden Neuronen, vereinzelt auch der sensibeln Bahnen. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


38. Rausch und Schilder. Über Pseudosklerose. (Deutsche Zeit- 

schrift für Nervenheilkunde Bd. LII. Hft.5 u. 6.) 

Die Pseudosklerose ist eine heredodegenerative Erkrankung, welche gleich- 
zeitig Leber und Gehirn befällt. In einzelnen Fällen beherrschen die Erschei- 
nungen von seiten des Linsenkerns das Krankheitsbild (Wilson’s Fälle). Meist 
handelt es sich um eine Schädigung des ganzen Gehirns, wobei hauptsächlich der 
subkortikale motorische Apparat betroffen ist. Klinisch findet man bestimmt 
charakterisierte Hypertonien, einen eigenartigen Schütteltremor, Ataxie und 
Adiadochokinese, welche einer allmählich sich steigernden Herabsetzung der 
Innervationsfähigkeit gleichzusetzen ist; ferner einen bräunlich-grünen Hornhaut- 
ring und häufig psychische Störungen. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


39. Erkes (Krakau). Zur manuellen Expression der Blase bei 
Rückenmarksverletzungen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. 
Nr. 7.) 


Das Anwendungsgebiet der manuellen Expression der Blase ist einzuschränken 
auf die Fälle in der allerersten Zeit nach der Verletzung, bei denen noch keine 
Cystitis mit konsekutiven Veränderungen der Blasenwand besteht. Bei diesen 
mag der einfache Handgriff gute Dienste leisten, zumal unter den oft primitiven 
Verhältnissen im Felde ein Katheterismus lege artis oft schwer, wenn nicht un- 
möglich ist. Bei allen späteren Fällen ist die manuelle Expression der Blase wegen 
der großen Gefahr der Perforation zu unterlassen. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 399 


40. D. M. Kaplan. Die „Wassermann-feste Tabes“. (Ein sero- 
logischer Vorläufer der Taboparalyse.) (Deutsche Zeitschrift für 
Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 1 u. 2. 1914.) 

Mit »Wassermann-fester Tabes« bezeichnet Verf. die Fälle, welche trotz 
energischer Anwendung spezifischer Kuren beständige positive Wasserman- 
Reaktion des Serums zeigen. Diese Fälle sind prognostisch äußerst ungünstig, 
da sich stets im Laufe der Zeit eine Taboparalyse entwickelt, deren frühzeitiges 
Erkennen von großer sozialer Bedeutung für die Familie des Erkrankten ist. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


41. Karl Behr. Zur Behandlung der tabischen Sehnervenatrophie. 

(Klin. Monatsblätter für Augenheilkunde 1916. Bd. LVI. Januar.) ` 

Verf. stellt drei Typen von tabischer Sehnervenatrophie auf, in denen eine 
energische antisyphilitische Behandlung kontraindiziert ist. 

1) Herabsetzung der zentralen Sehschärfe, frühzeitiger Verlust des Farben- 
sinnes bei normalen oder fast normalen Weißgrenzen. 

2) Hochgradige konzentrische Einengung, mit den Weißgrenzen zusammen- 
fallende Farbengrenzen, normale oder fast normale Sehschärfe. l 

3) Geringfügige Gesichtsfeldstörungen, die mehr die Weißvalenz als die 
Farben betreffen (auch hier also eventuell Zusammenfallen der Grenzen), normale 
oder fast normale Sehschärfe, dabei jedoch ophthalmoskopisch bereits ausge- 
sprochene Atrophie. Starke subjektive Lichterscheinungen. 

-Als das Empfehlenswerte erscheint in diesen Fällen zunächst, abzuwarten und 
durch höhere Joddosen den Stoffwechsel im ganzen anzuregen. Wenn man mit 
dieser abwartenden Therapie wahrscheinlich den Eintritt der Amaurose nicht 
verhindert, so dient man doch damit dem obersten Grundsatz der ärztlichen 
Kunst: nil nocere. Außerdem darf man bei der Neigung der Tabes zu Remissionen 
auch für den Sehnervenprozeß auf einen zeitweiligen Stillstand hoffen, in welchem 
die Aktivität des Prozesses nachläßt und dadurch die Vorbedingungen für unsere 
Therapie günstiger werden. In allen anderen Fällen ist eine spezifische Behandlung 
des Sehnervenprozesses nicht nur nicht erlaubt, sondern dringend indiziert, und 
zwar so energisch und langdauernd wie möglich. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


42. Leo Jacobsohn. Alte und neue Übungsbehandlung der Tabes. 

(Therapie der Gegenwart 1915. Hft. 10. S. 373.) 

Verf. gibt eine kurze Darstellung der Grundsätze der Tabesbehandlung nach 
Leyden, Goldscheider, Frenkel. Er bespricht hierauf die Foerster’sche 
Behandlungsmethode, die sich durch das Moment der genauen Analyse und will- 
kürlichen Korrektur jeder einzelnen Komponente der Gesamtstörung wesentlich 
von der bisher geübten Methode der Ataxiebehandlung unterscheidet. Zweck 
dieser Ausführung ist, die Aufmerksamkeit des ärztlichen Praktikers auf ein ein- 
faches und dankbares Betätigungsfeld zu lenken, das keinesfalls eine Domäne 
des Nervenspezialisten bildet. Ruppert (Bad Salzuflen). 


43. L. Bouman. Die Erfolge der Behandlung der Dementia pa- 
ralytica und der Tabes. (Handelingen van het XV. Nederl. Natuur- 

en Geneeskundig Congres 1915. S. 397—410.) 
Unter Demonstration einiger Präparate werden die negativen Erfahrungen 
des Verf.s über die Erfolge der Behandlung mit Tuberkulin, Natrium nucleinicum, 


400 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


Quecksilber, Salvarsan und Neosalvarsan auseinandergesetzt; insbesondere werden 
die üblen Zufälle nach endolumbaler Applikation des Salvarsans betont. Die 
anderweitigen in den Niederlanden publizierten Erfolge werden kritisch beleuchtet 
und auf vorübergehende, auch ohne Verabfolgung von Heilmitteln gelegentlich 
auftretende Besserungen zurückgeführt. Beide Krankheiten werden von B. al: 
selbständige degenerative Veränderungen der nervösen Substanz aufgefaßt; die 
Erfahrungen über die Unwirksamkeit der antiluetischen Therapie sollen nicht 
übersehen werden. Die betreffenden Krankheiten sind also nicht als einfache 
Nachkrankheiten der Syphilis, sondern als syphilitische Prozesse sui generis zu 
betrachten. — Die serologischen Ausführungen ergeben einen ablehnenden Stand- 
punkt gegenüber der dominierenden Serologie. Nur in sehr rezenten Fällen er- 
wartet B. irgendwelchen Erfolg von der Salvarsanbehandlung. Die Gefahren für 
das Auftreten psychogener Störungen bei zu intensiver Behandlung sollen in 
manchen Fällen nicht unterschätzt werden. — Die Erfahrungen der sich an der 
Diskussion beteiligenden Neurologen (Wertheim-Salomonson, Meyers, 
Langelaser) sind ebensowenig ermutigend für die Salvarsantherapie bei De- 
mentia paralytica. Zeehuisen (Utrecht). 


44. Eugen Sopp. Über die Pathogenese der Tabes. (Deutsch: 

Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 1 u. 2. 1914.) 

Die Ätiologie der Tabes ist durch den Nachweis der Spirochaeta pallida im 
Zentralnervensystem festgestellt. Die Spirochäten scheiden diffusible Toxine 
aus, die eine elektive Degeneration der für Tabes charakteristischen Nerven- 
elemente bewirken. Die Tabes ist also als eine parasyphilitische Krankheit im 
Sinne einer Nebenkrankheit aufzufassen. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


45. Philip H. Sylvester. A case of anterior poliomyelitis with 
multiple paralyses including the hitherto unrecorded invol- 
vement of the left diaphragma. (Boston med. surg. journ. 1915. 
September 16.) 

Ein 4jähriges Kind mit einer alten Poliomyelitis anterior und verschiedenen 
Paresen erkrankte an einer linkseitigen Unterlappenpneumonie. Während de! 
Krankheit war der Stand des Diaphragma auf beiden Seiten gleich, der Norm 
entsprechend. Nach langsam erfolgter Lösung und Resorption der Pneumonie 
steht das Diaphragma links vorn und seitlich auf der Höhe der IV. Rippe, hinten 
ebenfalls zwei Interkostalräume höher als früher, im Röntgenogramm eine groß? 
Luftblase unter der emporgedrängten Zwerchfellhälfte; rechts Stand des Dia- 
phragma wie früher. Verf. nimmt an, daß seit der Poliomyelitis eine Lähmung 
der linken Diaphragmahälfte bestanden habe, daß dieser Zustand während dei 
Lungenentzündung durch die Ausdehnung des entzündeten Organs maskiert wurde 
und erst nach der Resorption des pneumonischen Exsudates wieder in die Er- 
scheinung trat. Die Ursache des Empordrängens der gelähmten Zwerchfells- 
hälfte ist Meteorismus intestinalis. Unikum in der medizinischen Literatur. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


46. Simon Flexner und Harold L. Amoss. Diffusion and survival 
of the poliomyelitic virus. (Journ. of exp. med. 21. 1915. S. 509.) 
Das Virus der Poliomyelitis im Gehirn gelähmter Affen lebt, wenn es in 
Ascitesflüssigkeit mit Nierengewebe übertragen wird, bei 37° mindestens 20, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 401 


höchstens 30 Tage. Es findet dabei nur ein sehr langsamer Übergang aus dem 
unzerkleinerten Gehirngewebe in die Flüssigkeit statt, derart, daß mit der Ascites- 
flüssigkeit keine wirksame Impfung bewerkstelligt werden kann. Der spezifische 
kleine Mikroorganismus, welcher sich im Gewebe selbst vorfindet, ist die alleinige, 
spezifische Ursache der Poliomyelitis. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


47. Kurt Halbey. Zur Frage der Bauchmuskellähmungen bei 
Heine-Medin’scher Krankheit (Poliomyelitis anterior acuta). 
(Med. Klinik 1915. Nr. 38. S. 1051.) 

Verf. beschreibt zwei Fälle von Bauchmuskellähmung bei Heine-Medin- 
scher Krankheit. Den einen Fall, einen 2jährigen Knaben, sah Verf. 1 Jahr nach 
der Erkrankung. Das rechte Bein war erheblich dünner als das linke; der Knabe 
konnte ohne Hilfe gehen, aber schlecht die Treppen steigen; beim Gehen klebte 
der rechte Fuß am Boden. Bei der Untersuchung fiel, als das Kind zu schreien 
anfing, auf, daß der Bauch vorgetrieben war und in der rechten Unterbauchgegend 
eine ballonartige Vorwölbung des Bauches von der Größe eines Kinderkopfes in die 
Erscheinung trat, die auch der Mutter bereits im Jahre 1912 nach der Erkrankung 
aufgefallen war. Die eingehende Untersuchung ergab eine Lähmung der quer- 
verlaufenden Bauchmuskeln im Bereiche der beschriebenen hernienartigen Vor- 
wölbung, der Bauchdeckenreflex war nicht auszulösen. Elektrisch bestand kom- 
plette Entartungsreaktion. Lordose konnte nicht festgestellt werden, auch konnte 
sich das lebhafte Kind gut aus der liegenden Lage aufrichten, ohne die Hände 
zu Hilfe zu nehmen. 

Bei dem zweiten Falle, einem 4 Jahre alten Kinde, lag die Erkrankung mehrere 
Jahre zurück. Bei der Untersuchung ergab sich eine schlaffe Lähmung des linken 
Beines mit Aufgehobensein der Knie- und Achillessehnenreflexe. Das Kind konnte 
icht allein gehen und war dauernd auf Wartung angewiesen. Beim Schreien des 
Kindes trat eine hernienartige Vorwölbung der linken Unterbauchgegend ein, 
vun der Größe eines Kindskopfes, eine Erscheinung, die den Eltern schon lange auf- 
gefallen war. Der Abdominalreflex war auf der linken Seite aufgehoben, die 
:lektrische Erregbarkeit war in den querverlaufenden Bauchmuskeln und in einem 
Teile des Rectus abdominis (obere Zweidrittel) im Sinne der kompletten Ent- 
artungsreaktion verändert. Es bestand eine ausgesprochene Lordose, und ferner 
konnte sich das Kind ohne Hilfe kaum aus der liegenden Lage aufrichten. 

| Ruppert (Bad Salzuflen). 


48. D. L. Edsall and J. H. Means. Observations on a case of fa- 

mily periodic paralysis. (Amer. journ. med. sciences 1915. August.) 

Der beobachtete Kranke ist ein 35jähriger Mann, in dessen Familie die perio- 
dische Paralyse in sechs Generationen vorgekommen ist. Die Krankengeschichte 
st typisch: Anfälle von schlaffer Lähmung aller Muskeln, mit Ausnahme der 
Gesichts-, Augen- und Schlingmuskulatur, Dauer der Anfälle 6—48 Stunden, 
:wischen den Anfällen unregelmäßige Intervalle von selten über 6 Tage Dauer. 
Sphinkteren und Diaphragma bleiben frei, Reflexe vermindert oder aufgehoben, 
in den Intervallen vollkommenes Wohlbefinden. Nach vielseitigen chemischen 
Untersuchungen des Luftstoffwechsels, Blutes, Urins kommen die Verff. zum 
Schluß, daß die Affektion wahrscheinlich keine nervöse, sondern eine Stoffwechsel- 
xtankheit sei. Die Frage, ob eine CO,-Acidosis vorliege, sei weiterer Unter- 
:ıchungen wert; ebenso könnten Untersuchungen über die Wasserstoffionkon- 


402 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


zentration bedeutungsvollen Aufschluß geben. Therapeutisch ist der große Nutzen 
fleischloser Diät hervorzuheben, wodurch auch in diesem Falle bedeutende Bes- 
serung erzielt wurde. P. Meyer (Kilchberg b.Z.). 


49. Chr. Leegaard. Die akute Poliomyelitis in Norwegen. (Deutsch: 
Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft.3 u. 4. 1915.) 

Verf. berichtet über das Auftreten der Poliomyelitis seit ihrem Bekannt- 
werden im Jahre 1842 bis zum Jahre 1914. Im ganzen sind es 3290 Fälle, davor 
55,57%, männliche und 44,43%% weibliche. In Heilung gingen aus 26,2°,, in In- 
validität 56,7%, die Mortalität betrug 17,1°%,. Gezählt sind dabei nur die aus- 
gesprochenen Fälle; über die Häufigkeit der abortiven Formen sind die Meinungen 
sehr geteilt. Hervorgerufen wird die Poliomyelitis durch die von Flexner und 
Noguchi gefundene Mikrobe, welche sich in allen Gegenden verbreiten kann, un- 
abhängig von klimatischen und anderen Verhältnissen. Hauptsächlich jedoch 
tritt die Krankheit auf dem Lande auf und verbreitet sich meist entlang den Ver- 
kehrsstraßen, besonders Eisenbahn- und Dampfschifflinien. Ihr Auftreten ist in 
jedem Monat beobachtet, am meisten aber in den Sommer- und Spätsommer- 
monaten. Die Übertragung geschieht von Person zu Person, eine andere An 
durch Tiere oder durch das Wasser ist nicht erwiesen, dagegen soll die Infektic: 
durch Milch und Obst verschleppt worden sein. Als Eintrittspforte gilt der Ver- 
dauungskanal. Es ist bis jetzt nicht bekannt, ob sich die Mikrobe auch außerhaih 
des menschlichen Körpers in der Natur findet, doch ist sie im Staub gefunden 
worden. Gegen die Ansteckung durch Poliomyelitis, die nicht leicht erfolgt, gi! 
als Hauptmaßregel: Reinlichkeit mit Bezug auf Person, Eßwaren und Kleider; 
dadurch wird die Verbreitung verhindert. Besondere Vorsicht ist geboten bi 
Benutzung von Eisenbahnen, Dampfschiffen und sonstigen Verkehrswegen. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


50. F. Quensel (Leipzig). Posthemiplegische Pseudomyotonie. 

(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 1 u. 2.) 

Es handelt sich um einen Kranken, welcher 1899 eine Hemiplegie erlitten ha‘. 
Nach den anfänglichen Ausfallserscheinungen muß der Sitz des Herdes im Pe- 
dunculus cerebri in der Nähe der Pyramidenbahn liegen, wo auch die frontopontir: 
Bahn, das Arnold’sche Bündel verläuft. Die Lähmung ist fast ganz verschwur- 
den, Spasmen sind nicht zurückgeblieben. Es besteht noch eine leichte Hemi- 
parese und als bemerkenswerteste Erscheinung tonische Krampfzustände am linke: 
Arm und linker Hand, welche, hervorgerufen durch aktive Bewegung, stets in gleiche‘ 
Form und Weise ablaufen. Diese Krämpfe haben teils myotonischen Charaktt!. 
teils ähneln sie einem tetanischen Anfall. Nach Verf. sind diese myotonieartigt 
Anfälle nicht funktioneller Natur, sondern anzusehen als ein Lokalsymptom eint: 
organischen Veränderung, und zwar spricht die große Konstanz des Bildes geze” 
multiple Herde (multiple Sklerose). Eigenartig erscheint im vorliegenden Falk 
nicht allein das Zusammentreffen einer pedunkulären Hemiplegie mit myoten:- 
schen Erscheinungen, sondern besonders das stets in gleicher Art und Form anfall- 
weise Ablaufen der letzteren. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 403 


51. Hans Curschmann. Beobachtungen und Untersuchungen bei 
atrophischer Myotonie. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde 
Bd. LIII. Hft. 1 u. 2.) 

Verf. teilt wiederum einen Fall mit, in welchem die myotonischen Erschei- 
nungen nur sehr gering sind und ganz zurücktreten gegen die dystrophischen und 
tabiformen Symptome. Er sieht darin einen klaren Beweis dafür, daß die myo- 
tonische Dystrophie eine selbständige Erkrankung, neben der Thomsen’schen 
Mvotonia congenita ist. Dagegen besteht seiner Ansicht nach ein ursächlicher 
Zusammenhang zwischen Tetanie und atrophischer Myotonie. Als auslösendes 
Moment für die letztere Krankheit kommen eventuell Traumen in Betracht. Die 
Pathogenese ist noch unklar; jedoch fehlen bei den zwei daraufhin untersuchten 
Fällen körperliche und pharmakologische Symptome der Vagotonie und Sym- 
pathikotonie, so daß bis jetzt Störungen der Drüsen mit innerer Sekretion oder 
deren Nervensystem für die Entstehung der atrophischen Myotonie nicht ver- 
antwortlich gemacht werden können. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


52. H. Oppenheim. Über Myotonoclonia trepidans. (Med. Klinik 
1915. Nr. 47. S. 1279.) 

Myotonoclonia trepidans nennt Verf. ein Krankheitsbild, das von Fürstner 
and Nonne als pseudospastische Parese mit Tremor bezeichnet wird. Die mo- 
torische Störung besteht aus drei Komponenten: aus einer Neigung zu tonischer 
Muskelanspannung oder Crampus, zu klonischen Zuckungen und zu Zittern. 
Hinzu kommt noch eine Neigung zu fibrillärem Zittern in den Muskeln der unteren 
Extremitäten schon bei leichter Abkühlung. Die Sehnenphänomene sind ge- 
:teigert, auch die mechanische Muskelerregbarkeit ist oft erhöht. Es läßt sich 
Slutäalklonus auslösen. Die durch die Myotonoclonia trepidans bedingte Geh- 
:törung ähnelt dem spastischen Gang durch das Hervortreten der Crampi. Wo 
sie klonischen Zuckungen im Vordergrunde stehen, ist eine Verwechslung mit 
lem spastischen Gange nicht möglich, da sich diese Zuckungen von Schritt zu 
schritt steigern und in ein lebhaftes Schütteln der Beine oder selbst des ganzen 
Körpers übergehen, das schließlich die Fortbewegung unmöglich macht. Das 
Leiden tritt häufig bei Männern im Anschluß an Verletzungen auf, und zwar im 
Geleite der nervösen Allgemeinerscheinungen, auf die wir die Bezeichnung der 
Hysteroneurasthenie und Neurose anzuwenden pflegen. Die Myotonoclonia tre- 
pidans kann die einzige Krankheitsäußerung bilden. Meist liegen noch andere 
Beschwerden und Erscheinungen vor. Über Rückenschmerz, Kopfschmerz, 
Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Herzklopfen wird von der Mehrzahl der Pat. geklagt. 
Das Wesen der Erkrankung sieht Verf. in einer zentralen Innervationsstörung 
zerebraien, aber nicht psychischen Ursprungs. Ruppert (Bad Salzuflen). 


53. Ragnald Ingebrigtsen. A contribution to the biology of pe- 
ripheral nerves in transplantation. (Journ. of exp. med. 22. 1915. 
S. 418.) 

Carrellist es bekanntlich gelungen, bei Hunden ein ganzes Bein homoplastisch 
zu transplantieren. Keiner der Hunde lebte aber lange genug, um eine Funktion 
des überpflanzten Beines zu zeigen. J. zeigt nun, daß bei homoplastischer Über- 
tragung von Nerven eine sehr langsame Regeneration in dem zunächst der Waller- 


404 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


schen Degeneration anheimfallenden Transplantat stattfindet, welche zu weiterer. 
Versuchen aufmuntert. Jedenfalls besteht die Möglichkeit, daß in transplantierten 
Gliedern derselben Spezies langsam auch die Funktion wiederkehrt. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


54. Auerbach (Frankfurt a. M.). Galalith zur Tubulisation der 
Nerven nach Neurolysen und AERYERDANIEN: (Münchener mtd. 
Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 

Einen großen Vorzug erblickt Verf. in der Eigenschaft der Röhrchen, cat 
sie, unmittelbar vor dem Gebrauche 5 Minuten in gewöhnlichem Wasser (nicht in 
Sodalösung) gekocht, so weich werden, daß man sie der Länge nach aufschneiden 
und um den Nerven herumlegen kann. Man kann sie also auch nach der bloben 
Neurolyse leicht an Ort und Stelle bringen. Reckzeh (Berlin). 


55. Axhausen. Zur operativen Behandlung der irreparablen Ra- 
dialislähmung. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 7.) 

Da das Handgelenk zur Vermeidung des störenden Herunterhängens de: 
Hand ohnehin in Streckstellung versteift werden muß — die Fixierung in dieser 
Stellung erfolgt auch in den Apparaten —, so bleiben die kräftigen Flexoren ia 
der Hand zum Ersatz der wichtigen Fingerstrecker zur Verfügung; und es erg 
sich aus der anatomischen Lage der Gebilde, daß der Flexor carpi ulnaris zum E:- 
satz der Fingerstrecker, der Flexor carpi radialis zum Ersatz des Extensor ur 
Abductor pollicis gewählt werden wird. Reckzeh (Berlin). 


? 


56. Cassierer (Berlin). Indikation und Erfolge bei der operativen 
Behandlung der Kriegsverletzungen des peripheren Nerven- 
systems. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr.8 u. 9.) 

Für die Annahme einer Nervenzerreißung ist die völlige Aufhebung der s- 
siblen Funktion im Gesamtgebiet der Nerven in der späteren Zeit nach der Ver- 
letzung nicht erforderlich. 

Vor der Operation muß absolut genau fixiert sein, welche Funktionen wied.:- 
gekehrt sind, wie sich die elektrische Erregbarkeit in den einzelnen Muskelgebietc 
verhält. Das weitere Vorgehen ist von dem Befund bei der Operation abhängi:- 
In einzelnen Fällen findet man partielle Zerreißungen des Nerven. Das vi 
häufigere Vorkommnis ist Narbenbildung, die einen Teil des Querschnitts ver- 
schont. Hier hat man zunächst durch die elektrische Untersuchung festzustellct. 
welche Partien noch erregbar sind. Reckzeh (Berlin). 


57. Loewenthal. Über die Behandlung der Nervenverletzungen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Schmerzen und Lähmungen sind die beiden Symptome, die das Interesse d:: 
Arztes bei den Nervenverletzungen in besonderem Maße wachrufen. Die Ursach? 
der Schmerzen ist keine einheitliche. Wahrscheinlich entstehen sie zum Teil im 
Nervenstamm selbst (durch Blutungen, Ödeme), zum Teil durch die Eiterung i3 
der Nähe, oder durch Narbenzusammenziehung, aber auch wohl sekundär durch 
den Vorgang des Absterbens oder der Regeneration von Nervenfasern. Zur Be- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 405 


urteilung des Verlaufes ist zwei- bis dreimalige genaue neurologische Aufnahme 
des Befundes mit Abständen von 4 Wochen unerläßlich. Was die elektrische 
Untersuchung anbetrifft, so ist nach Ablauf der durchschnittlichen Wartezeit von 
3 Monaten die galvanische Prüfung entscheidend. Ist Nerv und Muskel galva- 
nisch unerregbar, so liegt eine schwere, spontan wahrscheinlich unheilbare Läh- 
mung zugrunde. Besteht, wie meistens, nach 3 Monaten noch träge galvanische 
Zuckung im gereizten Muskel, so liegt jedenfalls keine totale ZerreißBung oder 
Quetschung im Nerven vor; man darf also weiter abwarten. Nimmt aber die 
galvanische Erregbarkeit in der Folgezeit (1—2 Monate) weiter ab, so deutet dies 
mit Sicherheit auf Narbenschnürung oder Callusdruck; also operiere man! Für 
die Frage der Operation ist die faradische Prüfung im allgemeinen unbrauchbar; 
für faradischen Strom erregbar bleiben nur die leichter geschädigten Fälle, bei 
denen man auch sonst kaum an Operation denken würde. Aber es kommen Fälle 
von scheinbar schweren Funktionsstörungen vor (Hysterie, Ehret’sche Gewohn- 
heitslähmung, Simulation), die zur Operation drängen. Wo die faradische Er- 
regbarkeit gut ist, darf nie operiert werden. Reckzeh (Berlin). 


58. Hermann Oppenheim. Beitrag zur Beurteilung und Behandlung 
der Schußverletzungen peripherischer Nerven. (Therapie der 
Gegenwart 1915. S. 201.) 

Verf. zeigt, wie die Beurteilung der Nervenverletzungen und der Heilresultate 
bei denselben durch verschiedene Umstände erschwert wird. Bei den peripheri- 
schen Nervenlähmungen wird das Bild häufig kompliziert und verwischt durch 
die Verknüpfung mit Lähmungszuständen, bzw. Reiz- und Ausfallserscheinungen, 
div nicht als die direkte Folge des lokalen Verletzungsprozesses im peripherischen 
Nerven angesehen werden können, sondern auf nicht organische zentrale (zerebrale 
und wahrscheinlich auch spinale) Vorgänge zurückgeführt werden müssen. Er 
tabt hier alle die Zustände, die als psychogen-hysterische, als Gewohnheitsläh- 
mung, als Akinesia amnestica(Oppenheim), als Reflexlähmung, in dem von ihm 
"äher bezeichneten Sinne gedeutet werden, zusammen, ohne hier auf die Frage 
'hkrer Differenzierung näher einzugehen. Für die Erkenntnis und Unterscheidung 
deser Zustände leistet die elektrische Untersuchung das Wesentliche durch den 
Nachweis der Entartungsreaktion in dem Gebiete der echten Nervenlähmung. 
Nur einmal hat er ein Verhalten der elektrischen Erregbarkeit dabei beobachtet, 
das mit allen Erfahrungen in Widerspruch stand: Bei einer Schußverletzung des 
N. radialis am Oberarm, nahe der Achselhöhle, reagierte bei sonst kompletter 
Entartungsreaktion (außer dem Triceps) der Supinator longus bei faradischer 
Reizung vom Nerven aus, und doch fand sich der Nerv zerrissen mit beträcht- 
icher Diastase. Ob der Supinator hier ausnahmsweise Zweige von einem anderen 
Nerven (N. musculo-cutaneus?) erhielt, die durch Stromschleifen bei starker 
Reizung getroffen wurden, läßt er dahingestellt sein. Sehr schwer ist es oft zu ent- 
scheiden, ob ein kleiner Rest aktiver Beweglichkeit in einer Muskelgruppe oder 
in einem Muskel vorhanden, beziehungsweise wieder zum Vorschein gekommen ist, 
oder ob diese Bewegung nur durch das Spiel anderer, von vornherein unbeschädigter 
Muskel vorgetäuscht wurde. In dieser Hinsicht erwähnt er, daß bei Lähmung 
des Adductor pollicis (N. ulnaris) eine Adduktion noch durch den Extensor pollicis 
longus, ferner daß die Beugung der Hand, bis zu einem gewissen Grade, durch den 
Adductor pollicis longus die Streckung der Endphalanx des Daumens bei Beugung 
der ersten Phalanx durch den Adductor pollicis brevis und Flexor brevis (auch 


406 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


wohl durch den Adduktor) vermittelt werden kann. Diese Neben- und Ersatz- 
funktionen können durch Übung und Energie so weit gefördert werden, daß die 
Lähmung des Hauptagonisten mehr oder weniger völlig ausgeglichen wird. Bei 
kompletter Lähmung der Fingerbeuger kann durch Überstreckung der Hand eine 
leichte Fingerbeugung rein mechanisch bewerkstelligt werden; bei vollständiger 
Radialislähmung kann durch extreme Beugung der Finger, mittels des Drucks 
der Fingerkuppen gegen die Hohlhand, die Hand mechanisch etwas gestreckt 
werden. Der Ersatz des Deltoideus durch andere Muskel ist bekannt. Nach 
Rückbildung der Nervenlähmung können in der Muskulatur dadurch Kontrak- 
turen entstehen, daß am Stelle der regenerativen Atrophie entzündliche Ver- : 
änderungen in dem von dem verletzten Nerven versorgten Muskelgewebe eintreten, 
die einerseits zu Schwellung und Infiltration, andererseits zu Schrumpfung und 
Induration des verletzten Muskels führen und ein dauerndes Bewegungshindemis 
bilden. Weiter wird noch auf die Entstehung von Muskelkontrakturen durch 
Ischämie nach Druckverbänden und auf die Wichtigkeit einer zweckmäßigen 
Lagerung der betroffenen Glieder bei Muskelerschlaffung und -dehnung, um der 
Überdehnung der Muskeln entgegenzuwirken, hingewiesen und auf die Gefahr 
der Spitzfußstellung, wenn bei schlaffen Lähmungen nicht beizeiten die schädliche 
Muskeldehnung durch Lagerung und zweckmäßige Hilfsapparate ausgeschaltet 
wird. Ruppert (Bad Salzuflen). 


59. D. Klinkert. Lähmung des rechten N. phrenicus und Hals- 

sympathicus. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 884—887.) 

Eine vor 3 Jahren wegen Brustdrüsenkarzinom operlerte 59jährige, abge- 
magerte Frau erkrankte unter subjektiven Klagen über Ermüdungsgefühl im Ober- 
arm und Halsschmerzen, und objektiven Erscheinungen von Heiserkeit, Dyspm& - 
und leichtem inspiratorischen Stridor, Untere rechte Lungengrenze V. Rippe 
vorn, VIII. hinten, unbeweglich. Bei Röntgenbeleuchtung wird die vermutliche 
Diagnose rechtseitiger Mittelfelläihmung durch Karzinommetastendruck auf den , 
Phrenicus sichergestellt; bemerkenswert ist die paradoxe Bewegung des gelähmten 
rechtseitigen Mittelfells; bei Inspiration wird dasselbe durch den negativen Druck 
in den Brustkasten eingesaugt, mit Beihilfe der erhöhten Bauchpresse. Die zahl- 
reichen, zum Teil die Luftröhre und die Lungenspitzen umhüllenden und um . 
greifenden Geschwulstmetastasen sind deutlich sichtbar; die verschiedenen Lh- 
mungen des Phrenicus, Recurrens und Sympathicus werden durch dieselben 
ausgelöst. Die Heiserkeit und der inspiratorische Stridor rührten von enë 
linkseitigen Recurrensläihmung — kein Oliver-Cardarelli — her. Das rechte Auf 
bietet die Erscheinungen einer Sympathicuslähmung dar: rechte Pupille und rechte 
Augenliderspalte enger als linke, leichter Exophthalmus, Termperaturerhöhung 
der rechten Gesichtshälfte, keine Schweißdrüsenabweichung. Ein Schmerzdruk . 
punkt des Phrenicus war an der Eintrittsstelle des Phrenicus über dem vordere! 
Scalenus hinter der V. anonyma in die Brusthöhle vorhanden. 

| Zeehuisen (Utrecht). 


60. G. van Rijnberk. Untersuchungen über Muskeltonus und übt 
die Innervation desselben. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk, 1915. Il. 
S. 1021—40.) 
Der alte Vulpian’sche Zungenversuch ist durch den Boeke’schen Betund 
desVorhandenseins akzessorischer (Chorda-) Fasern in der Zungenmuskulatur dè! 


- Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 407 


Deutung zugänglicher geworden. Indem nach den de Boer’schen Forschungen 
die akzessorischen Nervenfasern als Tonusfasern aufgefaßt werden sollen, erscheint 
also die nach Hypoglossusdurchschneidung durch gleichseitige Lingualisreizung 
hervorgerufene Lungenkontraktion als ein besonderes Beispiel tonischer Muskel- 
kontraktion. Die wegen des Nichtauftretens (tonischer) Muskelverkürzung nach 
Reizung der Rami communicantes noch nicht vollkommen feststehende Lehre der 
Tonusverkürzung wird, ihrerseits wieder durch diese Fakta gestützt; das Ver- 
halten der Zunge nach Hypoglossusdurchschneidung bietet nun eine vorläufige 
befriedigende Deutungsmöglichkeit dar, und zwar einer auf dem Wege der zerebro- 
spinalen motorischen Nervenfasern die Muskeln erreichenden kontinuierlichen 
tonushemmenden Wirkung. Erst nach Aufhebung dieser Hemmung tritt nach 
einiger Zeit der Reizerfolg der Tonusfasern in die Erscheinung. — Diese Ausfüh- 
rungen ergeben den Schluß, nach welchem die in morphologischer Beziehung als 
eine zweiteilige — durch zerebrospinale markhaltige und thorakalautonome mark- 
lose Fasern — bekannte Innervation quergestreifter Muskeln in physiologischem 
Sinne eigentlich als eine dreiteilige betrachtet werden soll: erstens als eine motorisch 
kräftig wirkende Innervation für die schnelle Zuckung, zweitens als eine tonische 
für die allmähliche Zusammenziehung und drittens als eine kontinuierliche, den 
Tonus hemmende. Diese tonischen Funktionen sind denjenigen der glatten Mus- 
kulatur und des Herzens verwandt. Zeehuisen (Utrecht). 


61. + W. Spielmeyer. Zur Klinik und Anatomie der Nerven- 
schußverletzungen. Mit 18 Textfiguren u. 3 mehrfarbigen Tafeln. 
Berlin, Julius Springer, 1915. 

In diesem 68 Seiten starken Sonderdruck aus der Zeitschrift für die gesamte 
Neurologie und Psychiatrie berichtet S. über seine Erfahrungen auf der Nerven- 
abteilung des Reservelazaretts München, und zwar legt er 297 Fälle zugrunde, 
dieer bis zum 1. Mai 1915 gesehen hat. Er behandelt in sechs Kapiteln die Sym- 
ptomatologie, die Frage der Kontinuitätstrennung, die Diagnose, den anatomischen 
Befund, die Frage der Operation, die Wiederkehr der Funktion. Ihren Wert erhält 
cie Schrift durch die anatomischen Bilder und Abhandlungen, dem eigentlichen 
Arbeitsgebiet des Verf.s, während der klinische Teil im wesentlichen ein zusammen- 
fassender Bericht ist. Eine Lösung der klinischen Probleme der Verletzungen des 
peripheren Nervensystems kann um so weniger erwartet werden, als dazu die Fälle 
— was Verf. selbst zugibt — nicht lange genug beobachtet worden sind 

R. Jaeger (Halle a.S.). 


62. Blind (Straßburg i. E.). Ischias und Krieg. (Münchener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 52.) | 
Es mag wohl der Krieg eine gewisse Zunahme der reinen Ischias im Vergleich 
zur Friedenszeit bringen — nichtsdestoweniger bleibt es auf Grund der Friedens- 
erfahrungen sicher, daß die Ischias vielfach nicht Krankheit, sondern lediglich 
Symptom ist. Wir dürfen nicht nach starrem Schema, sondern nur von Fall zu 
Fall behandeln. Reckzeh (Berlin). 


408 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 21. 


63. Zuelzer. Reizung des Nervus pudendus (Neuralgie). (Berliner 

klin. Wochenschrift 1915. Nr. 49.) | 

Die Pat. klagen in übereinstimmender Weise über einen außerordentlich 
häufigen Urindrang, verbunden mit schmerzhaftem Druck in der Blasengegend 
und Schmerzen beim Urinlassen. Der Urin ist ausnahmslos klar, sayer, frei von 
Eiweiß, ohne Sedimente. Die einzelnen entleerten Urinportionen sind gering. 
Versucht man mit der Nadel das Gebiet der Schmerzhaftigkeit abzugrenzen, so 
ließ sich, ganz regelmäßig in allen beobachteten Fällen, feststellen, daß ein Haut- 
gebiet, das den Damm rhomboidartig umgrenzt, eine außerordentliche Über- 
empfindlichkeit zeigt. Reckzeh (Berlin). 


64. Kurt Löwenstein. Vaccineurinbehandlung der Neuritis. (Thr- 
rapie der Gegenwart 1915. Hft.9. S. 331.) 


Verf. gibt sein Urteil zusammenfassend dahin ab: Das Vaccineurin ist eine 
Mischung von Autolysaten des Bacillus prodigiosus und des Staphylokokkus. Es 
wird intramuskulär in steigenden Dosen von !/,oo—!/s cem 3mal wöchentlich 
injiziert. 

Durch die Vaccineurinbehandlung wurden bei einer ziemlich großen Anzahl 
von Pat. mit Schußverletzungen peripherer Nerven und auch.bei einigen Poly- 
neuritiden die lange bestehenden heftigen, anderer Behandlung trotzenden 
Schmerzen gebessert und bei einem Teil dieser Pat. auch völlig beseitigt. Eint 
Besserung der objektiven Symptome wurde von Verf. nicht beobachtet. Die 
von Döllken angegebenen Reaktionen traten oft auf, besaßen aber nicht die an- 
gegebene Regelmäßigkeit. Nachteilige Folgen wurden von der Behandlung nicht 
gesehen. Unter Berücksichtigung dieser Momente soll das Vaccineurin dort, wo 
es sich um die Beseitigung heftiger Schmerzen bei Neuritiden handelt, angewandt 
werden. Die Injektionen sind 3mal wöchentlich in steigender Dosis mit };, ccr 
beginnend vorzunehmen. Nach zehn erfolglosen !/1ọ ccm- Injektionen ist ein 
Erfolg wohl nicht mehr zu erwarten. Bei Besserung der Schmerzen sind die In- 
jektionen bis zu 5mal ?!/, ccm, bei völliger Beseitigung der Schmerzen bis zu dra 
reaktionslosen Injektionen fortzusetzen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


65. Budde. Ein Fall von Herpes zoster im Gebiete des Plexus 
cervicalis nach Typhusschutzimpfung. (Münchener med. Wocher 
schrift 1916. Nr. 3.) 

Das Antigen ist längs des an der Impfstelle gelegenen Supraclavicularnerven 
nach oben gewandert und hat in ihm gewisse Veränderungen gesetzt. Da diese 
nicht einem Cervicalganglion entstammt, sondern aus den vier oberen durch d 
Plexusbildung Fasern bezieht, so wurden diese alle in Mitleidenschaft gezogen. 
und zwar um so mehr, je stärker sie an der Entsendung von Fasern zu ihm beteilig‘ 
sind. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an di: 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für i innere Me lizin - 


in Verbindung mit 


Brauer, V. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, "Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 





37. Jahrgang. | 
VERLAG von JOKANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 2 
Nr. 22. ‚Sonnabend, den 3. Juni 1916. 








Inhalt. 


Außerordentliche Tagung des Deutschen Kongresses für innere Medizin zu Warschau. 
Reterate: 1. von den Velden, 2. Müller, 8. Mönckeberg, 4. Siegmund, 5. Savini, 6. Gor- 
hartz, 7. Dietlen, 8. Mönckeberg, 9. Hoffmann, 10. Voss, 11. Mönckeberg, Herzkrankheiten. 





Außerordentliche Tagung des Deutschen Kongresses 
für innere Medizin zu Warschau 
vom 1. bis 3. Mai 1916. E 
Berichterstatter: Dr. K. Reicher (Bad Mergentheim). 


Sitzung vom 1. Mai 1916. 


Unter außerordentlich lebhaftem Andrang — man spricht v von 1500 Teil- 
nehmern — beginnt die Tagung des Kongresses. Zahlreiche Kollegen aus Ost 
und West sind herbeigeeilt, um an dieser historisch denkwürdigen Sitzung teil- 
zunehmen. Auch Österreich-Ungarn hat diesmal ein außergewöhnlich starkes 


Kontingent gestellt, desgleichen haben unsere Verbündeten, die Türkel und Bul- 
garien, Abordnungen entsendet. 


Se. Exz.Generalgouverneur von Warschau, General der Infanterie v. Beseler: 
Es gereicht mir zur besonderen Freude, den Deutschen Kongreß für innere Me- 
dizin in den Mauern Warschaus bewillkommen zu können. Da wir uns hier im 
Kriegszustande befinden, wird sich manches nicht in den Formen abspielen können, 
wie bei sonstigen Kongressen in Friedenszeiten. Ich hoffe jedoch, daß viele von 
Ihnen mit besonderem Interesse die Stadt betrachten werden, die in vieler Be- 
ziehung politisch, wirtschaftlich und wissenschaftlich nach wie vor den Mittel- 
yunkt des Polenlandes bedeutet und eine Fülle alter Schönheit in ihren Mauern 
irgt. Noch mehr wird es Sie interessiert haben, auch einen Teil des weiten Landes 
"u durcheilen, das wir Schulter an Schulter mit unseren Bundesgenossen von einem 
Sinde gesäubert haben, der es seit mehr als einem Jahrhundert gedrückt und 
eknechtet hat. Wir Soldaten gedenken in tiefer Dankbarkeit der unermeß- 
chen Hilfe, die uns gerade von den Ärzten in diesem Kriege geleistet wurde, 
icht nur auf dem Schlachtfelde, sondern auch gegen den schleichenden Feind 
er Seuchen. Mancher Ihrer Berufsgenossen ist als treuer Kamerad an der Seite 


22 


ur? 
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ge mtl rs a Kavs] 


PJA PE 


410 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


seiner soldatischen Mitstreiter im Kampfe dahingesunken. Aber es wäre un- 
dankbar, wenn wir die braven Ärzte vergessen wollten, die in der Pflege der 
Kranken ihr Leben hingegeben haben. Am Schluß wünsche ich, daß Ihre Arbeit 
gesegnet und fruchtbringend sein möge! 

Se. Exz. Generalstabsarzt derArmee und Feldsanitätschef Prof Dr. v.Schjer- 
ning begrüßt freudig die zahlreichen Herren, die aus ganz Deutschland und den 
verbündeten Ländern zum Kongreß gekommen sind, insbesondere die Herren, 
die mit ihm und unter ihm für das Gesundheitswesen des Heeres ihre Kräfte ein- 
gesetzt haben. Mehr als 24 000 Ärzte stehen in dem Dienste des Heeres, davon 
sind 2/3 im Felde und !/, in der Heimat beschäftigt. 3000 Ärzte widmen sich 
der Tätigkeit des Roten Kreuzes, daneben dienen bei uns 400 Zahnärzte und 
1800 Apotheker, ferner 92000 Sanitätsmannschaften und Militärkrankenwärter. 
Außerdem unterstützt uns die freiwillige Krankenpflege in der Heimat durch 
72000 und im Etappengebiet durch 22000 Mitglieder, von denen besonders 
rühmend 6800 Krankenschwestern hervorgehoben werden. Tausende von Kranker- 
kraftwagen und bespannten Krankenwagen befördern die Verwundeten urd 
Kranken von der Truppe und denVerbandplätzen in die Feld- und Kriegslazarette. 
von wo sie in 238 Lazarett- und Leichtkrankenzügen der Heimat zugehen. Über- 
aus zahlreiche Einrichtungen zum Keimfreimachen des Wassers, zur Desinfektion 
und zum Röntgenisieren sind bei unseren Truppen in Gebrauch, 26 große fahrbert 
Lazarettkriegswäschereien dienen in der Etappe zur Reinigung der Wäsche für 
unsere Feldlazarette. Überall sind Vorkehrungen zur Bekämpfung der Seuchen 
getroffen, u. a. bestehen an der Grenze 18 große Sanierungsanstalten, von derer 
täglich 100000 Mann mit ihren sämtlichen Sachen gereinigt und desinfiziert 
werden können. Täglich gehen waggonweise von den Hauptsanitätsdepots, sowie 
den Sammel- und Etappensanitätsdepots Verbandmittel und ärztliche Gerät: 
in die Etappen und an die Front, um das Verbrauchte zu ersetzen. Aber alle die® 
Einrichtungen würden nichts nützen, wenn nicht der Geist der Vaterlandsliet: 
und treuester Aufopferung, der Geist echter Wissenschaftlichkeit und das B- 
wußtsein, daß es um die Existenz unseres Vaterlandes geht, in den Herzen alit: 
unserer Ärzte walten würde. Es ist bezeichnend für unsere ärztliche Wisst- 
schaft, daß wir und die Vertretung aller befreundeten Nationen und Heere si 
hier versammelt haben, um ihre Erfahrungen auszutauschen und das Neuesit 
und Beste ihren Heeren zuführen zu können. So werden auch sicherlich neu: 
Erfolge den alten sich anreihen zum Besten unserer Völker und zum Wohle unser?! 

. Heere. Das walte Gott! 

Eröffnungsrede des Vorsitzenden Geh. Med.-Rat Generaloberarzt H:s- 

Redner widmet der außerordentlich zahlreich besuchten Tagung der innere? 
Mediziner schwungvolle Begrüßungsworte. Die Versammlung bezweckt, in gt- 
meinsamer Beratung die Ergebnisse bisheriger Arbeit auf dem Gebiete der Kriess- 
.krankheiten festzustellen und daraus Anregung und Anleitung zu weiterem Handèir 
zu gewinnen. Dazu liegen nach 2 Kriegsjahren genügende Erfahrungen vor. 
Trotz Typhus und Ruhr, Fleckfieber und Cholera, denen die heldenhaften Truppe?! 
auf ihrem siegreichen Vormarsch ausgesetzt waren, war dank den hygienischen. 
Maßnahmen niemals die Schlagfertigkeit eines Truppenteils ernstlich durci 
Seuchen gefährdet. Der Geist Pettenkofer’s und Koch’s, Ehrlich’s und 
v. Behring’s leitete unser Handeln. Ihnen und nicht minder der Leitung de: 
Heeressanitätswesens, Exz. v.Schjerning, gebührt aufrichtiger Dank, de 
durch sofortige Verwertung jeder neuen Erkenntnis eine unvergleichliche Orgar- 
sation geschaffen. Dank gebührt auch all den Truppenführern, die stets der 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22, 411 


ärztlichen Vorschlägen Verständnis entgegengebracht haben. Leider haben auch 
berühmte Gelehrte im Kampfe gegen die unsichtbaren Feinde ihr Leben lassen 
müssen, so Cornet, Jochmann, Lüthje, Prowazek, Römer, Tily; andere 
wie Kirchheim, Loeb, Meyer-Beetz sind vor dem Feinde gefallen. 

Ganz neue Krankheiten sind vor uns aufgetaucht, so das Fünftagefieber 
undandere Fieberformen. Bekannte Seuchen sind zum ersten Male in ausgedehnten 
Epidemien den deutschen Ärzten vor Augen getreten. Typhus und Ruhr er- 
schienen unter dem Einfluß der Schutzimpfung in neuer, kaum kenntlicher 
Form. Der Erreger der Weil’schen Krankheit wurde gefunden, vielleicht auch 
der des Fleckfiebers. Vom Knaben bis zum Greis ist alles freudig dem Rufe des 
Kaisers gefolgt, übermenschliche Anstrengungen wurden geleistet im Bewußtsein, 
einer das Einzelschicksal überragenden Sache zu dienen. Jeder Arzt, der das 
Glück hat, im Heeresdienste zu stehen, kommt als anderer zurück. 

In Gefahren und Anstrengungen haben die Ärzte ihren Mann gestellt, wie 
von alterhöchster Stelle wiederholt anerkannt wurde. 

Am Schluß seiner mit großem Beifall aufgenommenen Rede spricht His 
dem Feldsanitätsschef Sr. Exz. Prof. v.Schjerning für das außerordentliche 
Interesse und Beteiligung an den Vorarbeiten sowie die weitgehende Überlassung 
amtlichen Materials seinen innigsten Dank aus und bittet ihn, den Ehrenvorsitz 
zu übernehmen. 

Es erfolgt noch die Danksagung an den Generalgouverneur von Warschau, 
General v. Beseler, Gouverneur v. Etzdorf und den Kommandanten von 
Warschau, Generalmajor v. Kinzelbach. 

Aus Österreich-Ungarn werden begrüßt Generaloberstabsarzt Thurnwald, 
der Chef des k. u. k. militärärztlichen Offizierskorps, Exz. Ritter v. Töply 
und der Vertreter Ungarns, Oberstabsarzt Harosty, aus der Türkei die ärztliche 
Mission unter Führung des Chefs des türkischen Sanitätswesens, Exz. Suleiman 
Numan Pascha, und aus Bulgarien der Chef des bulgarischen Sanitätswesens, 
erst Bazaroff. Wie die Truppen, Schulter an Schulter im Felde kämpfend, 
sollen auch die Ärzte der verbündeten Armeen im Wetteifer und gegenseitiger 
„.nterstützung arbeiten. 


Hoffmann: Schutz des Heeres gegen Cholera. 

Seit 1904, wo die Cholera sich am Schwarzen Meer zeigte, ist die Seuche 
a Rußland seitdem nicht wieder völlig erloschen, und bedrohten häufig aus- 
«dehnte Choleraepidemien gelegentlich auch die deutsche Grenze. Vor und bei 
\usbruch des Krieges hatte sie sich in Konstantinopel und Adrianopel gezeigt 
nd auch die an Galizien angrenzenden russischen Gouvernements Wolhynien 
nd Podolien ergriffen. Im August 1914 brach die Cholera auch in Warschau 
ıs, und im September 1914 hatte das serbische Heer bereits 12000 Cholerafälle. 
\us Podolien wurde durch eindringende russische Truppen die Cholera auch nach 
salizien eingeschleppt. Während nun im Kriege 1866 über 100 000 Menschen 
er vom Heer in die Heimat eingeschleppten Cholera zum Opfer fielen, sind dies- 
1al in der deutschen bürgerlichen Bevölkerung bis Januar 1916 im ganzen 
ur 78 Erkrankungen beobachtet worden. Dieser glänzende Erfolg ist vor 
lem der systematischen Durchführung der Schutzimpfung zuzuschreiben, 
ie bereits fast vollendet war, als im November 1914 die ersten Choleraerkran- 
ungen im Ostheer und in den russischen Gefangenenlagern auftraten. Zu dieser 
Aaßregel hatte man sich nach den in Japan und während der Balkankriege na- 
rentlich in Griechenland gemachten günstigen Erfahrungen entschlossen. Wäh- 


22* 


412 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


rend in der griechischen Armee die Gesamtmorbidität noch 1,9% betrug, wurde 

bei den in den stark choleraverseuchten Gebieten, vor allem im Buggebiet, in 

den heißen Sommermonaten unablässig bis zu den Rokitnosümpfen vorrückenden 

Truppen nur 0,52%, Morbidität beobachtet, also etwa ?/, der prozentuellen Er- 

krankungen in der griechischen Armee. Auch die Sterblichkeitsziffer hat sich 

nach erfolgter Impfung von 50 bis 35%, auf 20 bis 10%, gebessert. Infolge der 

Abtötung der Kulturaufschwemmungen bei um 3—5* niedrigerer Temperatur, 

als es früher üblich war, ließ sich die zweimalige Schutzimpfung meist ohne jede 

nennenswerte Reaktion durchführen, Die Wiederholung der Schutzimpfung 

wird fast allgemein nach einem halben Jahre empfohlen, da der Impfschutz nach 

7—9 Monaten erlischt. Der Vollzug der Impfung wird zur Kontrolle in das Sold- 
buch eingetragen. Selbstverständlich wurden außer der Schutzimpfung die 
üblichen hygienischen Sanierungsmaßnahmen, wie Latrinenhygiene, Verbot des 
Genusses von ungekochtem Wasser, unermüdliche Fliegenbekämpfung, auch 
weiterhin strengstens beachtet. Vom Kriegsbeginn bis zum 1. Januar d. J. er- 
krankten beim Feldheer bloß 0,065% der durchschnittlichen Kopfstärke, beim 
Besatzungsheer im ersten Kriegsjahre 0,005%, bei der deutschen Zivilbevölke 
rung 78 Personen. Ebenso segensreich erwies sich die Choleraschutzimpfung bei 
der Zivilbevölkerung und den Flüchtlingen in den stark verseuchten Ortschaften. 
in Russisch-Polen und Wolhynien, durch besonders ernannte Truppenärzte. % 
ließ in Uhnow die Seuche nach 8 Tagen bereits nach und war nach 1 Monat völlig 
erloschen. Alle vom Ostheer ankommenden Kranken, deutsche wie russische, 
wurden längere Zeit abgesondert untergebracht und unmittelbar nach ihrer An 
kunft Wäsche und Kleidung desinfiziert. Bei den vereinzelten Fällen, die in der 
Zivilbevölkerung Deutschlands auftraten, ließen sich immer die Einschleppungt! 
bzw. Verbreitung auf dem Wasserwege nachweisen. Beim Auftreten von Cholera 
im Heere müssen mehrere tragbare bakteriologische Laboratorien der beratencen 
Hygieniker beigestellt und eine bestimmte Zahl von Feldlazaretten als Seuchen- 
lazarette besonders ausgestattet werden. Auch die Bedeutung der gesunden 
Bazillenträger ist nicht zu unterschätzen, so wurden in einem Kriegsgefangentt- 
lager unter 600 gesunden Mannschaften 5 Vibrionenträger gefunden. 

Aussprache: Schemensky hebt unter anderem den Vorzug der Bett- 
behandlung gegenüber der Lagerung zu ebener Erde hervor. Im ersteren Faii 
betrug die Sterblichkeit 30%, in letzterem 45%. 

Marcovici (Prag) verabreicht mit gutem Erfolge per os und als Klysm: 
Alphen (Salol-Knoblauch). 

Paltauf (Wien): Die Sterblichkeitsziffer schwankt außerordentlich, jè 
nachdem man nur die klinisch ausgesprochenen Fälle oder auch die leichten Dis- 
rhöen in die Statistik einbezieht. P. betont ferner die Notwendigkeit, die a»! 
der bakteriologischen Diagnostik begründeten Bekämpfungsmaßregeln aufrec!! 
zu erhalten. 

Unger mann (Berlin-Lichterfelde): Die gegen Choleraschutz geimpften Per- 
sonen weisen im 3. Monat den Gipfelpunkt der Bakteriolysine vielfach auf, a! 
bei einer nicht unbeträchtlichen Zahl konnte weder zu dieser optimalen Zeit nx? 
auch vorher eine spezifische bakterizide Wirkung des Serums im Plattenversuc? 
nachgewiesen werden. Trotzdem scheint auch bei diesen Personen ein latente’ 
Sensibilisierungszustand zu bestehen, wie aus der Immunität von Meerschweinche! 
gegen peritoneale Infektion mit hochvirulenten Choleravibrionen deutlich h:- 
vorgeht. Denn wenn sich bei ihnen nach der Schutzimpfung Bakteriolysine aut" 
nicht nachweisen ließen, zeigten sie sich dennoch gegen die sicher tötende Ir- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 413 


fektion sehr gut geschützt. U. versucht nun durch orale Impfstoffverfütterung 
einen derartigen Sensibilisierungszustand bei Meerschweinchen zu erzielen und 
kann auf diesem Wege die Tiere 2—3 Wochen nach der letzten Impfstoffütterung 
gegen intraperitoneale Infektionen noch vollkommen schützen. Vielleicht bietet 
dieser neuartige Weg die Möglichkeit einer bequemen Immunisierungsform. Der 
bei Impfungen manchmal störende schleimige Bodensatz läßt sich durch Er- 
wärmen der Fläschchen auf 45° und nachheriges Schütteln gleichmäßig verteilen. 
Kaup (Prof. St.-A. Hygienereferent beim österr.-ungar. Armee-O.-Kdo.): 
Die Choleraschutzimpfung hat sich bei der österr.-ungar. Armee vorzüglich be- 
währt. Bei schnell ansteigenden Erkrankungsziffern sind die Erkrankungen 
5—8 Tage nach der letzten Impfung wie abgeschnitten. Bei durchgeimpften 
Truppenkörpern kamen bei starker Verseuchungsgefahr höchstens 1—5% Er- 
krankungen vor, doch mit auffallend mildem Verlauf und einer Mortalität von 
20%, hingegen erreichte die Sterblichkeit bei Ungeimpften 40—60%,. Die 
Dauer der Schutzwirkung ist auf 3—4 Monate zu veranschlagen, gefährdete Trup- 
penkörper werden daher nach 3 Monaten wieder geimpft. Dazu genügt eine 
einmalige Impfung mit 2 ccm Impfstoff. 


Wenckebach (Wien): Herzkrankheiten bei Kriegsteilnehmern. - 
W. berichtet nur über eigene Erfahrungen, die er in zahllosen Fällen von 
Herzkrankheiten gesammelt hat. . Infolge der angestrengten Tätigkeit im Felde 
kommen bei den Soldaten zahlreiche Fälle von reiner Hypertrophie des linken ' 

Ventrikels vor, so daß man schon deswegen bei den aus dem Felde Zurückkehrenden 
‘ehr häufig große Herzen findet. Genesung, Verlauf und Behandlung der Herz- 
rankheiten unterscheiden sich nicht wesentlich von dem, was man in Friedens- 
iten zu sehen gewohnt ist. Daß Endokarditis im Felde häufig entsteht, ist nicht 
vahrscheinlich. Arteriosklerose, besonders der Aorta, findet man häufig bei 
urückkehrenden Kriegern der älteren Jahrgänge. Jedenfalls wirken die großen. 
trapazen sowie der starke Kaffee- und Tabakgenuß ungünstig auf die großen 
\rterien ein. Bedeutende Herzerweiterungen wurden besonders bei und nach 
chweren Infektionskrankheiten, namentlich nach Typhus, beobachtet. Häufig. 
ertragen Leute mit kompensiertem Herzklappenfehler die Kriegsstrapazen 
adellos, andererseits können sie sich aber auch im Felde bedeutend verschlimmern. 
zinen großen Verlust für die Armee und eine bedeutende Belastung für die Staats- 
inanzen bilden die zweifelhaften Herzerkrankungen. Man nimmt viel zu häufig 
ine wirkliche Herzkrankheit an, wo nur subjektive Beschwerden vorhanden sind. 
jer Ursprung dieser Fälle liegt vielfach darin, daß Leute mit sitzender Lebens- 
“ise oder ungeeignetern Körperbau oder allgemeiner Nervosität für die Strapazen 
es Felddienstes sich weniger eignen und erst an die viele Bewegung sich ge- 
‚öhnen müssen. Auch Tiefstand des Zwerchfells mit folgender unzweckmäßiger 
-gerung des Herzens, dem sog. Pendelherz, erzeugt bei größerer Anstrengung 
benfalls Beschwerden. Es sind nicht alle diese Fälle, sondern nur die schwersten, 
as Hinterland abzuschieben, die leicht heilbaren dagegen im Etappengebiet einer 
teigneten Behandlung zu unterziehen. 

Aussprache: v. Romberg (München) bestätigt, daß die Mehrzahl der als 
erzkrank zugehenden Heeresangehörigen nicht herzkrank sind. Die Beschwerden 
trden unerwünscht fixiert, wenn die Diagnose eines Herzleidens gestellt wird. Die 
Jache der häufigen Fehldiagnosen ist die Schwierigkeit der physikalischen 
Nagnose. Das gilt besonders auch für die Röntgenuntersuchungen, deren absolute 
“Ahlen schon bei Gesunden viel zu wechselnd sind. Ganz übermäßige Anforde- 


414 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


rungen können eine vorübergehende Herzerweiterung verursachen, dauernde 
Herzstörungen aber nur bei bereits bestehenden organischen oder funktionellen 
Erkrankungen zustande bringen. 

Aug. Hoffmann (Düsseldorf): Die Schwierigkeit der Beurteilung sog. 
funktioneller Herzbeschwerden überwiegt bedeutend die der organischen Erkrar- 
kungen. Eine anhaltende Tachykardie braucht ihre Ursache gar nicht im Herzen 
selbst zu besitzen. Viele der Herzneurosen werden sicher durch eine falsche Dia- 
gnose an der Heilung gehindert. Die Prognose derselben hält H. für mindestens 
é/ der Fälle durchaus günstig. 

Erich Meyer (Straßburg i. E.) hat an einem ganz anderen Material wi: 
Wenckebach dieselben Feststellungen machen können. Außerordentlich selten 
findet man pathologische Herzvergrößerungen. Die Differenzen bei verschiedenen _ 
Untersuchern erklären sich aus der Verschiedenheit der Methoden der Herz- 
untersuchung an den verschiedenen Universitäten. Hier ist Abhilfe dringend 
notwendig. Bei stark Erschöpften sind namentlich im Beginn des Krieges hoch- 
gradige Bradykardien mit 30—40 Pulsschlägen und sehr niedrige Blutdruckwert 
beobachtet worden. 

Gerhardt (Würzburg) betont die Gefahr einer übereilten Diagnose eine: 
Herzkrankheit und die Bedeutung der Hyperthyreoidie. Für die Beurteilun 
der Leistungsfähigkeit des Herzens soll man sich auf das Verhalten von Herz. 
Puls und Atmung, vor allem aber auf das des Gesamtorganismus bei anfänglicht 
Ruhe und daran anschließender Übungsbehandlung stützen. 


R. Kaufmann (Wien) vergleicht zur Beurteilung der Frage, ob und wit 
häufig Herzvergrößerungen im Felde entstehen, 1000 Soldaten, die noch nicht 
im Felde waren, und 850, welche aus dem Felde zurückkehren. In der niedrigsten 
Altersklasse zeigen unter 100 Fällen 37 eine Herzdiagonale von über 12cm ki 
ersteren, dagegen 57 bei letzteren. Unter 400 einrückenden Soldaten haben 
209 Herzdiagonalen über 12 cm, unter 400 aus dem Felde zurückkehrenden 2%. 
28 der ersten Gruppe eine Diagnoale über 14, andererseits bei den zurückkehren- 
den 50. K. mißt körperlicher Überanstrengung eine geringere Rolle bei der Ent- 
stehung der Herzvergrößerung bei als Infektionskrankheiten, besonders Ruhr 
und Typhus. Die radiologischen Untersuchungen wurden unabhängig voneinankt 
von Schwarz und Haudek ausgeführt. 


Dietlen (Straßburg): Nach Schieffer besitzen die Soldaten namentli 
solche des zweiten Dienstjahres durch die systematische Herzübung etwas größer: 
Herzen, als es der Norm entspricht. Bei monatelang andauernden schweren utt 
großen Märschen kann jedenfalls noch eine weitere Zunahme der Herzmaße eit- 
treten als Ausdruck einer Art »Herzerstarkung«. 


Steyrer (Innsbruck): In Tirol führen die so häufigen Kröpfe scheinba: 
äußerst selten zu nennenswerten Kreislaufstörungen. Das Versagen der Her- 
kraft ist vielfach auf den ungewohnten Tabakgenuß an der Front zurückzuführe”. 
Bei willensschwachen Personen muß der Wille, wieder gesund zu werden, durc 
kräftigen Zuspruch unterstützt werden. 


H. Zondeck (Berlin) hat eine besondere Art von Herzstörungen gemein” 
mit Ka miner bei Kriegsteilnehmern in der Rekonvaleszenz nach Lungenschüsst! 
beobachten können. Es treten da Herzklopfen, Atemnot und Stiche in der Herz- 
gegend infolge von Verwachsungen des Herzbeutels mit dem Zwerchfell auf. 


R. Lennhoff (Berlin) hatte in einer Anstalt hinter der östlichen Front ve- 
zügliche Erfolge bei Behandlung von nervösen Herzbeschwerden. Es empfiet!' 


Zenträlblatt für innere Medizin. Nr. 22. 415 


sich deren Behandlung in der Nähe der Front mehr als in der Heimat, wo eventuell 
bei mißlichen häuslichen Verhältnissen die Erregung eher gesteigert wird. 

Goldscheider (Berlin): Tachykardie tritt häufig primär auf. Bei der Ent- 
wicklung spielt die Disposition zu nervösen Schwäche- und Reizzuständen des 
Herzens eine große Rolle. 

Schütze (Bad Kösen) teilt seine Erfahrungen über die Behandlung von 
Herzkrankheiten mit. 
| Lichtwitz (Göttingen) hat Übungsgruppen für Herzkranke unter Leitung 

von Offizieren und Akademikern eingeführt, welche bei den Leichtkranken Märsche, 

Turnspiele und Schwimmen nebst geeigneter psychischer Behandlung durch- 
führen. 

v.Schulten, Generalarzt, Chef der Medizinalabteilung im Kriegsministerium 
zu Berlin, teilt mit, daß die beratenden inneren Mediziner anläßlich ihrer Be- 
suche in den Heimatlazaretten vielfach bis zu 25%, der angeblich Herzkranken als 
dienstfähig bezeichnen konnten.. Das ist für die Beurteilung dieser Leute nach 
dem Kriege zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Belastung der Reichskasse 
durch Rentenansprüche sehr wichtig. Die Errichtung besonderer Herzabtei- 
lungen oder gar von Herzlazaretten würde nur hindernd für die Heilung der be- 
treffenden Kranken wirken und wird daher nicht zugegeben. 


II. Sitzung vom 1. Mai, nachmittags. 


Flecktyphus. 


l. Berichterstatter Gen.-O.-A. Prof. Brauer (Hamburg): Das Fieckfieber 
ist ein scharf umschriebenes, selbständiges, epidemisch und endemisch auftretendes 
Leiden. Die Inkubation dauert in der Regel 12—14 Tage, selten 3 Wochen. Es 
beginnt in der Hälfte der Fälle mit einem Schüttelfrost, an den sich eine 10—12 Tage 
i. a. andauernde hohe Continua mit einem influenzaartigen ersten Stadium an- 
schließt. Prodromale Erscheinungen fehlen oder sind geringfügig. In leichtesten 
Fällen beschränkt sich die Temperatursteigerung auf nur 1—3 Tage. Das zweite 
Stadium, der eigentliche Status typhosus, ist durch ein ungemein charakteristi- 
sches Exanthem, das die von Fraenkel nachgewiesenen typischen Veränderungen 
der Kapillargefäße zeigt, und durch eine starke Schädigung des Zentralnerven- 
systems und des Herzens ausgezeichnet. Es handelt sich bei den Gefäßen in 
gewissem Sinne um eine Periarteriitis nodosa mit Bildung multipler umschrie- 
bener, knötchenartiger, allerdings nur mikroskopisch nachweisbarer Verdickungen. 
Diese Veränderungen treten oft herdförmig auf und führen durch Stenosierung 
bzw. durch Thrombenbildung zu umschriebenen Zirkulationsstörungen und ferner 
zu Blutungen, die schließlich zur petechialen Umwandlung der anfänglich rein 
entzündlichen Roseolen Anlaß geben. Wichtig ist eine gleich zu Beginn der 
Erkrankung einsetzende, möglichst intensiven Reinigung der Haut, um das 
später aufschießende Exanthem und die nachträglich auftretende, feinkleiige 
Hautabschuppung besser beurteilen zu können. Es kommt dann zu dem dia- 
gnostisch wichtigen Radiergummiphänomen. Infolge von organischer Schädi- 
gung des Herzmuskels entsteht häufig auffällige Bradykardie und Arhythmie 
während der Rekonvalenszenz. Aus dem Blutbilde ergeben sich keine diagnostisch 
entscheidenden Anhaltspunkte. Im Status typhosus kommt-es oft bei völliger 
Schlaflosigkeit zu geistiger Stumpfheit oder zu feinschlägigem Schüttelkrampf 
der ganzen Körpermuskulatur, der an die Zitterzustände der multiplen Sklerose 


416 Zentralblatt für innere Medizin. ‘Nr. 22, 


oder der Paralysis agitans erinnert. Die wichtigste Nachkrankheit des Fleck- 
fiebers als einer anatomischen Gefäßkrankheit ist die besonders häufig an den 
Füßen auftretende Gangrän. Mischinfektionen mit Recurrens, Typhus abdo- 
minalis und Influenza sind beobachtet worden. Übertragung erfolgt ausschließ- 
lich durch die Kleiderläuse. Epidemien treten häufig explosionsartig und gleich 
in erschreckender Ausbreitung auf. In Serbien war zur Zeit des Einzuges der 
verbündeten Truppen bereits die epidemische Durchseuchung des Volkes abge 
klungen, und es bestand nur noch in abgelegenen Tälern und Gebirgsorten eine 
milde Epidemie. Von dort aus fanden vereinzelte Einschleppungen teils durch 
Soldaten, teils durch infiziertes Pelzwerk statt. 

2. Berichterstatter O.-St.-A. Prof. Dr. Jürgens (Berlin): Während früher 
der Flecktyphus als unerbittlich ihre Opfer fordernde, unheimliche Seuche ganze 
Völker dahinraffte, haben wir heute das Recht, zu sagen, wir beherrschen die 
Seuche; wann und wo auch das Fleckfieber auftreten mag, mit Sicherheit halten 
wir es nieder, es gibt keine Seuchengefahr mehr. Aus dem ansteckenden Fleck- 
typhus ist somit eine nicht ansteckende Krankheit geworden. Das Fleckfieber 
ist nicht.von Mensch zu Mensch, sondern nur durch Vermittlung der Läuse über- 
tragbar. Der kranke Mensch kann nur die Läuse, nicht aber einen anderen Men- 
schen anstecken. Die Vorgänge, die sich im menschlichen Organismus vom 
Augenblick der Infektion durch die Laus bis zum Beginn der Erkrankung ab- 
spielen, liegen noch völlig im Dunkeln. Es liegt die Annahme nahe, daß mit dem 
Beginn der Krankheit sich Parasitenformen bilden, die nur in der Laus ihre Ent- 
wicklung vollenden können. Jedenfalls kann eine Laus sich nur am kranken 
Menschen infizieren und nicht bereits im Inkubationsstadium. Könnten sich die 
Läuse schon in diesem am Menschen infizieren, so würde die Entlausung von 
kranken Menschen nicht genügen, denn Läuse von den noch in der Inkubations- 
zeit stehenden Menschen würden die Krankheit weiter verbreiten, das ist aber 
nicht der Fall. Ebensowenig sind die Läuse eines Fleckfieberrekonvaleszenten 
infektiös, denn Infektionen sind noch nie durch einen verlausten Fleckfieber- 
rekonvaleszenten entstanden. All diese Beobachtungen lassen vermuten, daß 
die Parasiten zu bestimmten Zeiten im menschlichen Blute Formen bilden, die 
nur in der Laus ihre Entwicklung vollenden und, zu bestimmten Formen heran- 
gereift, den Menschen wieder infizieren können. Daher wird auch die Laus erst 
einige Tage nach dem Blutsaugen am kranken Menschen infektiös, und verliert 
diese Ansteckungsfähigkeit bereits wieder nach einigen Tagen. Ob zur Infektion 
ein Stich notwendig ist, oder eine Übertragung auch durch Nisse oder sonst zer- 
drückte Läuse erfolgen kann, ist noch nicht klargestellt. Der gewöhnliche und 
natürliche Ansteckungsweg ist aber nur der Läusestich. Jedenfalls können auch 
Eier einer Fleckfieberlaus infiziert sein, wobei die Infektion der Eizelle von den 
Muttertieren aus erfolgt. Das Fleckfieber zeigt eine auffallende Gleichmäßigkat 
im klinischen Bilde im Gegensatze zum Bauchtyphus, es befällt ferner wahllos 
alle Altersstufen infolge der außerordentlich hohen Empfänglichkeit des Menschen 
für diese Seuche. Die Seuche tritt niemals dort auf, wo es keine Fleckfieberläuse 
gibt. Ineinem Falle wurden Fleckfieberkranke mit Gesunden in derselben Baracke 
läusefrei untergebracht, und es erfolgte keinerlei Ansteckung, obwohl die Epidemie 
draußen unverändert ihren Gang ging. Auch die Vorliebe der Epidemien für 
den Winter und den Vorfrühling hängt mit den Beziehungen der Seuche zu den 
Läusen zusammen. Die einzelnen Epidemien zeigen Schwankungen in ihrer 
Bösartigkeit sowohl im kleinen, als auch wenn sie ganze Völker befallen. Die 
erschreckenden Zahlen in Serbien sind darauf zurückzuführen, daß die Strapazen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 417 


des Krieges, Hunger und Entbehrungen aller Art das serbische Volk in seiner 
Widerstandskraft stark herabgesetzt haben. In einem anderen Falle stieg die 
Mortalität einer Epidemie durch eine gleichzeitig eingeschleppte Diphtherie be- 
deutend an. 

Diese Eigentümlichkeiten lassen sich nicht durch Änderungen in der Giftig- 
keit der Parasiten, sondern nur durch individuelle Verhältnisse erklären. 


Prof. Dr. Hase: Die Biologie der Kleiderlaus. 

Nach Darstellung ihrer Lebensweise und Vermehrung hebt Vortr. die außer- 
ordentliche Widerstandsfähigkeit der Läuse und ihrer Eier gegen chemische und 
physikalische Einflüsse hervor, die ihre Bekämpfung so schwierig macht. Kälte 
bis zu 5° unter Null halten sie 3—4 Tage aus. 5%iges Formol tötet selbst nach 
24 Stunden die Nissen nicht ab, heiße Formalindämpfe müssen eine Stunde ein- 
wirken, um die Läuse sicher abzutöten, desgleichen 3—5°% ige Kresolseifenlösung. 
Am empfindlichsten ist die Laus und ihre Eier gegen höhere Wärmegrade. Die 
Laus vermag nur strömendes warmes Blut aufzunehmen. Der Stich wird nicht 
immer gespürt. Nicht jeder Stich ist erfolgreich. Das Saugen dauert oft stunden- 
lang. Während des Saugens sind die Läuse gegen das Abschneiden der Fühler 
und Beine ganz unempfindlich. Als Höchstzahl wurden bei einem Russen 
3% Läuse bei einer Reinigung abgelesen. Merkwürdigerweise tritt bei vielen 
Personen eine derartige Gewöhnung an die Läusestiche auf, daß sie sie nicht mehr 
spüren. : 

Aussprache: Munk (Berlin) hat in den von ihm beobachteten Fällen von 
Fleckfieber eine annähernd einheitlich lange Fieberperiode ohne Rücksicht auf 
die Schwere der Fälle feststellen können, sogar bei den bekanntlich überaus leichten 
Erkrankungen der Kinder. Das Fleckfieber ist eine Gefäßerkrankung mit ubiqui- 
tárer Lokalisation der Krankheitsherde. Dieselben feinen Gefäßveränderungen, 
welche in der Haut das Exanthem hervorbringen, finden sich in den feinen Ge- 
:ißchen aller Organe, so daß wir heute imstande sind, mehr als bei anderen In- 
irktionskrankheiten jeder einzelnen Krankheitserscheinung bestimmte anatomische 
Veränderungen zugrunde zu legen. Die schwere Blutdrucksenkung erklärt die 
livide Verfärbung und die charakteristische Veränderung des Exanthems in den 
prognostisch ungünstigen Fällen. Nicht selten werden Sprachstörungen auf 
Orund eigenartiger Muskelhemmungen sowie Trismus und starke Kontrakturen 
zanzer Muskelgruppen beobachtet. 

Toepfer konnte bei eingehender Nachprüfung die bisher gemachten An- 
gaben über den Erreger des Flecktyphus bei mehr als 400 Kranken nicht be- 
stätigen. Dagegen gelang es ihm unabhängig von Rocha (Lima) in infizierten 
Läusen eigentümliche bakterienähnliche Körperchen nachzuweisen, die in mehr 
als 500 gesunden Läusen niemals zu finden waren. Die Infektion der Läuse wurde 
in der Weise vorgenommen, daß sie tagelang unter aufgeklebtem Stoff auf der 
Haut von Fleckfieberkranken sitzen blieben. In den ersten Tagen abgenommene 
enthielten noch keine Parasiten, vom 4. Tage ab war ein Teil und vom 7. und 8. Tage 
an sämtliche Läuse stark infiziert. Mit derartigen Läusen konnte T. bei Meer- 
schweinchen charakteristische Fiebererscheinungen hervorrufen, wie sie sonst nach 
Verimpfung von Krankenblut beobachtet werden. 

Rocha (Lima) teilt seine bereits in der Deutschen pathologischen Gesell- 
:chaft demonstrierten Befunde mit, welche den Zusammenhang zwischen dem 
Fleckfieber und dem von ihm Rickettia Provazekii genannten Mikroorganismus 
erweisen. 


229%% 


418 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


Stempel (Münster i. W.) konnte bei einwandfreier Konservierung mittels 
der Serienschnittmethode und Giemsafärbung im Darminhalt einiger Fleck- 
fieberläuse eigenartige, meist spindelförmige, braun pigmentierte, höchstens 2 u 
große, mit kernähnlichen Einschlüssen versehene Gebilde nachweisen. S. häl; 
sie für Protozoen, nicht für Zerfallsprodukte von Blutkörperchen. Ähnlich. 
Gebilde will Vortr. in Fleckfieberleukocvten in Vukuolen intrazellulär gefunden 
haben. 

Matthes (Königsberg) erzielte mit Optochin bei Fleckfieber nur tiefe Re- 
missionen der Temperatur, sonst jedoch keinen Einfluß auf den Verlauf der 
Krankheit. Ebenso blieb frisches Rekonvaleszentenserum in Dosen bis zu 10s 
intravenös und intramuskulär völlig wirkungslos. 

Paneth fand den Höhepunkt der Agglutination bei der Gruber-Wida!- 
schen und Weil’schen Reaktion 10—12 Tage nach Beginn der Erkrankung wäh- 
rend der Entfieberung, während die Plotz-Olitzky-Baehr’sche Agglutinatis‘ 
erst in der 3. Woche der Rekonvaleszenz ihren Höhepunkt erreicht. 

Schittenhelm (Kiel) bespricht die Eigentümlichkeiten des Blutbildes b 
Fleckfieber. Die Gesamtleukocytenzahl ist zunächst normal oder erhöht. Die 
Eosinophilen sinken anfangs ab, steigen dann wieder an, die Polymorphkernig:n 
gehen zunächst in die Höhe und sinken dann langsam zugunsten der Lymph» 
cyten ab. Ordnet man die Fälle einer Epidemie der Zivilbevölkerung nach den 
Lebensalter, so fallen mehr als 50% in das Alter vom 12.—20. Jahre. 

v. Jaksch (Prag) hebt die Fälle mit Zirkulationsstörungen an der Na: 
(Blaunasentypus) und diejenigen mit fehlendem Exanthem hervor. 

Grober (Jena): Bei Flecktyphus ist noch am 2. oder 3. Tage nach dem 
plötzlichen hohen Fieberanstieg ein eintägiges Absinken der Körperwärme hervor- 
zuheben, ferner im typhösen Stadium, besonders vom 10. Tage ab, Atempausen, 
während welcher auffälligerweise Zucker im Urin nachzuweisen war. Es läft 
dies jedenfalls auf lokale Gefäßveränderungen am Boden des IV. Ventriki: 
schließen. 

Rostoski (Dresden) hat die Blutstauung nach Dietsch besonders gut? 
Dienste zur Feststellung geleistet, ob ein Pat. Fleckfieber überstanden hat odë 
nicht. Pigmentflecke werden nach erfolgter Stauung wieder bläulich und treten 
dort wieder auf, wo sie schon verschwunden waren. Par- und Anästhesien an der 
Hand können monatelang nach Überstehen der Krankheit nachweisbar bleiben. 

Nordt (Bialystock) warnt vor der Anwendung von Optochin, hat dagege: 
von Rekonvaleszentenserum (60—80 ccm intravenös) und großen Dosen von 
Urotropin Gutes gesehen. 

Lucksch (Prag-Teschen) hat vor 10 Jahren die Leukocytenzählung zu! 
Differentialdiagnose bei Flecktyphus empfohlen. 

Eliar (Wien) kann aus den bakteriologischen Armeelaboratorien durchs: 
Günstiges über die Weil-Felix’sche Reaktion berichten. 

Zülzer (Berlin) hebt im Gegensatz zu den Erfahrungen anderer Autore 
eine Vergrößerung der Milz und Leber zu Beginn des Fiebers, ja sogar auch bei 
anscheinend gesunden Angehörigen von Fleckfieberkranken hervor. Trotzdem 
diese meistens nicht manifest erkrankten, trat doch bei ihnen ein Exanthem ohne 
Fieber auf und wurden bei den Läusen dieser Personen abnorme Einschlüsse gë- 
funden. Vielleicht handelt es sich um sog. Zwischenträger, welche die Krankheit 
weiter verbreiten Können. Chinin verkleinert bei diesen latenten Fleckfieber- 
kranken Milz und Leber auffällig schnell und läßt das Exanthem in Erscheinun2 
treten. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 419 


Paltauf (Wien) spricht über Mischinfektionen bei Fleckfieber. 

Meinicke (Worms) über Gruber-Widal- Reaktion. 

Helly (Würzburg) verbreitet sich über die Klinik des sog. bosnischen Fiebers, 
bei dem stets eine vielfach bis zur Bronchopneumonie sich steigernde Bronchitis 
auftritt. Die Krankheit ergreift nur Männer, niemals Frauen. H. trägt Be- 
denken, sie als Fleckfieber zu bezeichnen. 

Besserer (Münster i. W.) hebt auch den Wert der Weil-Felix’schen Re- 
aktion für die Diagnose des Fleckfiebers hervor. 

Detre (Pest) berichtet über interessante Erfahrungen in bezug auf die Über- 
tragungsart des Flecktyphus und über die Bekämpfungsmaßregeln in Ungarn. 

Rösler (Troppau) führt Injektionen von Rekonvaleszentenserum aus und 
reinjiziert 5—10 ccm des auf der Fieberhöhe entnommenen Serums demselben 
Kranken täglich intravenös mit durchgehend gutem Erfolge. 

Kyrie (Wien) und Morawitz (Wien) konnten die Fraenkel’schen Wand- 
schädigungen der Kapillaren und Präkapillaren der Haut zu einer diagnostischen 
Methode ausarbeiten, bei der die Roseola nach Aufhebung einer leichten Haut- 
falte mittels eines Scherenschlages exzidiert wird. Binnen 48 Stunden hat man 
hereits die Schnitte, an denen die spezifischen, herdförmigen Wandläsionen mit 
perivaskulären Anhäufungen von großen, plasmareichen Zellen mit großem, meist 
rundem Kern und halbmondförmige, wandständige, hyaline Thromben regel- 
mäßig wiederkehren. 

Knack (Hamburg) demonstriert einen Schutzmantel für Ärzte und Pflege- 
personal in Form eines Taucheranzuges, dessen Verschlüsse derartig konstruiert 
ind, daß ein von außen einkriechendes Insekt stets auf einen Filzstreifen gerät 
und zugrunde geht. 


III. und IV. Sitzung vom 2. Mai 1916. 


Bauchtyphus im Kriege. 


I. Berichterstatter: Generalarzt Geheimrat Prof. Dr. v. Krehl (Heidelberg): 
Nach eingehender Würdigung der verschiedenen Verlaufsformen des Typhus 
werden diejenigen Merkmale besonders besprochen, welche die Erkrankungen im 
Felde von denen im Frieden unterscheiden. Die Milz scheint in manchen Fällen 
eine erheblichere Vergrößerung zu zeigen, als man es bisher zu finden gewohnt 
war. Ihr Härtegrad ist dabei wenig ausschlaggebend. Sie scheint auch schon 
nach wiederholten Schutzimpfungen bisweilen geschwollen zu sein und überhaupt 
det viel mehr Krankheitszuständen im Kriege mit fühlbaren Vergrößerungen zu 
reagieren als im Frieden. Der Krieg führt uns überhaupt eine unendliche Fülle 
von Verlaufsbildern aus der Gruppe der Infektionskrankheiten vor, wie sie vorher 
xwiß keiner vor uns sah. Es wird aber auch der Organismus selbst im Felde 
schweren nervösen und seelischen Erschütterungen, mechanischen Verletzungen 
und Anstrengungen jeder Art von höchster Stärke ausgesetzt, die Ernährungsart 
tur viele ganz verändert und dadurch an alle Körperzellen ganz neue Ansprüche 
zestellt, die trotz der bewunderungswürdigen Ausgleichungsfähigkeit unseres 
Kurpers nicht übersehen werden dürfen. Wichtig ist, daß der Typhus jetzt nur 
an Geimpften abläuft. Die bakteriologische Erkennung des Typhus im Felde 
ware daher nie so prompt erfolgt, wenn wir nicht einen Teil unserer besten Spe- 
zalisten auf diesem Gebiete zur Hilfe gehabt hätten. Die Erhöhung des Agglutina- 
tionstiters für Typhusbazillen bleibt nur bei den leichtesten Fällen aus. Nach der 
Typhusschutzimpfung steigt merkwürdigerweise desgleichen der Agglutinations- 


420 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


titer des Blutes für die Typhuserreger. In schweren Fällen von Typhus werden 
von Anfang an bis weit in die Krankheit hinein zweifellos häufig Bazillen im 
Blut gefunden. Das gilt für Nichtgeimpfte wie für Geimpfte. Die Dauer des 
Bauchtyphus schwankte zwischen 4 bis 8 Tagen und vielen Monaten, so daß man 
in letzteren Fällen von einer chronischen Form sprechen kann. Als Nachkrankhet 
machten sich besonders häufig Störungen des Herzmuskels bemerkbar. Rück- 
fälle des Typhus schienen häufiger vorzukommen alsim Frieden. Milzschwellungen 
blieben nicht selten zurück, auch wenn die Leute nach unseren bisherigen Begriffen 
schon völlig geheilt waren. Die Ernährung der Typhuskranken soll im wesent 
lichen aus Milch, Eiern, Mehlspeisen, Butter, Zucker und Wein bestehen, um 
starke Gewichtsverluste zu vermeiden. Über die Behandlung des Typhus mit 
abgetöteten oder abgeschwächten Typhusbazillen ist ein abschließendes Urteil 
noch nicht möglich, zumindest kann man sie noch nicht befürworten. Mit Re- 
konvaleszentenserum und Albumosen scheint es nicht anders zu sein. 
Der 2. Bericht von Generalarzt Dr. Hünermann, Armeearzt einer Armee, 
beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Einfluß der Schutzimpfung auf Ver- 
hütung und Verlaufsweise des Unterleibstyphus. Auf Veranlassung des Herm 
Feldsanitätschefs wurden zunächst die vom Typhus bedrohten oder bereits 
befallenen Truppen und später das gesamte Feldheer, sowie auch die Besatzung- 
truppen und die Ersatzmannschaften in der Heimat, vor allem auch das Sanitäts- 
personal, einer Schutzimpfung gegen Typhus mit dem Impfstoff von Pfeiffer- 
Kolle, der bloß auf 53—55° erwärmt war, unterzogen. Die Wiederholung: 
impfung erfolgte 6 Monate später. Bei vielen Millionen Impfstoffeinspritzungen 
sind nur ganz vereinzelte Schädigungen, niemals ein Todesfall, zu verzeichnen 
gewesen. Wichtig ist die Kenntnis der Tatsache, daß die Schutzimpfung ähnlich 
wie die Typhuserkrankung selbst eine mehrere Wochen andauernde Milzschwel- 
lung und eine Veränderung des mikroskopischen Blutbildes nebst einer positiven 
Gruber-Widal’schen Reaktion hervorruft, d. h. das Blutserum der betreffenden 
Impflinge hat Monate, ja bei einzelnen sogar bis zu einem Jahre lang eine erhöhtt 
Fähigkeit, Typhusbazillen zu agglutinieren. Wir können daher die sonst zu! 
Erkennung des Typhus verwendete Gruber-Widal’sche Reaktion bei Geimpfter 
nicht verwerten, wenn sie von einem verdächtigen Fieber ergriffen werden. Auch 
die Züchtung der Typhuserreger gelingt aus dem Blute von Schutzgeimpften 
nicht so leicht wie bei Nichtgeimpften. Eine Impfung, die im Inkubationsstadun 
erst ausgeführt wird, beeinflußt den Krankheitsverlauf nicht ungünstig, im Gegen 
teil, ein leichter Verlauf ist in derartigen Fällen die Regel. Die Zahl der Erkran- 
kungen im Heere sank sofort, als die Schutzimpfung durchgeführt wurde. De 
stärkste Zugang an Kranken im Dezember 1914 war noch immer 14mal klein! 
als der Oktober 1870. Im Dezember 1915 hatten Armeen, welche in der Kopt- 
stärke der Bevölkerung einer Großstadt entsprachen, bereits keinen einzig? 
Typhusfall. Auf die Wirkung der Schutzimpfung ist es auch zurückzuführen, 
daß wir im Sommer 1915 eine verhältnismäßig große Zahl von Ruhrerkrankurg?! 
hatten, aber vom Typhus verschont blieben. Ferner sprechen für ihren günstige? 
Einfluß das Gesundbleiben gut durchgeimpfter Truppenteile beim Beziehen 
verseuchter Frontabschnitte, und der Umstand, daß trotz der ungünstigen äußer® 
Verhältnisse im Kriege nicht halb so viel Sanitätspersonal bei 1000 Typhusfallt! 
erkrankte als im Frieden. Ferner sinkt die Sterblichkeit von 9,6% bei sicher nicht 
geimpften Kranken auf 6,6% bei Kranken mit zwei Injektionen und auf 2,5 ® 
wiedergeimpften Kranken. Aus allen Berichten, die ein riesiges Material üb! 
blicken lass en, geht hervor, daß der Typhus in den allermeisten Fällen, namentlic 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 421 


seit der Wiederimpfung, außerordentlich leicht verläuft. Ja, die ganz leichten 
Fälle häufen sich selbst in den Orten des besetzten feindlichen Gebietes, wo die 
nichtschutzgeimpften Landesbewohner die schwersten Erkrankungen aufweisen, 
ganz auffällig, so daß die Diagnose auf Typhus nur äußerst schwer zu stellen ist. 
Auch die Zahl der Dauerausscheider von Typhusbazillen, d.h. der Personen, 
welche noch lange Zeit nach dem Überstehen des Typhus Bazillen ausscheiden, 
ist bei den Geimpften erheblich geringer als sonst. Die Dauer des Impfschutzes 
wird meistens auf 1/, Jahr veranschlagt. Nach alledem müssen wir dem Herrn 
Feldsanitätschef Exz. v.Schjerning dankbar dafür sein, daß er rechtzeitig uns 
ein Mittelan die Hand gegeben, der früher mit Recht so gefürchteten Heeresseuche 
ihren Schrecken zu nehmen. 

Nunmehr schildert Generalarzt Geh.-Rat Prof. Dr. Stintzing (Jena) die 
Klinik des Paratyphus, der vor allem durch den Paratyphus-B-Bazillus, sel- 
tener durch den Bazillus Paratyphus A verursacht wird, die sich bloß durch ge- 
wisse Kultureigentümlichkeiten unterscheiden. Viele Fälle sind wohl unter der 
Maske von echtem Typhus, Ruhr, Darmkatarrhen oder Influenza verborgen ge- 
blieben. Die Ansteckung erfolgte meist von Mann zu Mann, denn es fanden sich 
auch unter gesunden Mannschaften Bazillenträger. Die Fälle blieben aber im 
Heere meist vereinzelt. In einem Falle wurde die Krankheit durch einen ehe- 
maligen Fremdenlegionär aus Nordafrika eingeschleppt. Vergiftungen durch 
Nahrungsmittel kamen wohl sehr selten vor. Besonders sorgfältig wurde stets 
das Küchenpersonal auf Bazillenträger untersucht. Bevorzugt werden von der 
Erkrankung die Monate Juni bis August. Die Paratyphus-B-Bazillen gelangen 
rascher ins Blut als die echten Typhusbazillen, daher vergeht auch eine kürzere 
Zeit bei dem ersteren zwischen Infektion und Beginn der Erkrankung und ist 
erstere auch eine akutere. Der Verlauf entspricht einem mittelschweren Typhus. 
Die Rekonvaleszenz und Bazillenausscheidung nach überstandener Krankheit 
dauert durchschnittlich mindestens !/, Jahr, häufig auch länger. Der Ausgang 
ist im allgemeinen ein günstiger, und berechnet sich bei Paratyphus B die Sterb- 
lichkeit auf 1,2%, bei A etwas höher. S. schlägt vor, künftighin mit der Typhus- 
schutzimpfung diejenige gegen Paratyphus A und B zu verbinden. 

In der nun folgenden Aussprache teilt Generalarzt Schultzen, Chef 
der Medizinalabteilung des Kriegsministeriums, mit, daß er nach eingehender 
Beratung mit seinen Mitarbeitern und einer Reihe anerkannter Hygieniker sich 
entschlossen habe, die Dauerausscheider des Paratyphus B nicht zu berück- 
sichtigen, da deren Ausschaltung wegen ihrer großen Zahl praktisch unmög- 
lich wäre. 

Stabsarzt und Hygienereferent beim österr.-ung. A.O.K., Prof. Dr. Kaup, 
faßt die bei der österreichisch-ungarischen Armee mit der Typhusschutzimpfung 
gemachten Erfahrungen folgendermaßen zusammen: Durch eine zweimalige 
Impfung wird die Erkrankungsziffer bei den einer Verseuchung ausgesetzten 
Truppenkörpern herabgesetzt, jedoch nicht in dem Umfange wie bei der Cholera- 
schutzimpfung. Die Erkrankungen bei Schutzgeimpften zeigen im allgemeinen 
einen milderen Verlauf. Bei Nichtgeimpften verlief die Krankheit in 44%, der 
Fälle schwer, bei einmal Geimpften in 29%, und bei zweimal Geimpften in 11%. 
Am bedeutungsvollsten ist die Herabsetzung der Sterblichkeit bei schutzgeimpften 
Erkrankten. Für alle Armeen zusammengenommen betrug die Sterblichkeit vor 
der Durchimpfung 13—16% , nach der Durchimpfung ging sie bei einzelnen Armeen 
bis auf 2—3% , für die Gesamtheit auf 5—6%, herunter. Die relative Immunität 
scheint erst einige Wochen nach der Impfung am stärksten entwickelt und nach 


422 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


7 bis 8 Monaten ziemlich erloschen zu sein. Bei den österr.-ung. Armeen wird nach 
7 Monaten wiedergeimpft. Die Erkrankungen am Bauchtyphus sind unter dem 
Einfluß der Schutzimpfung von Monat zu Monat zurückgegangen und betragen 
im letzten Vierteljahr etwa 0,25% des Verpflegstandes bzw. pro Monat 0,$:.. 
Der Anteil der Schutzimpfung an diesem Rückgang ist unbestreitbar. 


O.-St.-A. Prof. Krause (Bonn) berichtet über die Nachkrankheiten bei 
Bauchtyphus. Dauerausscheider von Typhusbazillen wurden in 4,1°, der 
Erkrankungen gefunden, und zwar konnten als Ursache ihrer Ausscheidung mi: 
dem Stuhle Gallenblasenleiden, chronische Darmgeschwüre oder Blinddarment- 
zündung, bei Ausscheiden der Bazillen im Urin Nierenbeckenentzündungen nach- 
gewiesen werden. Dauerausscheider von echten Typhusbazillen sind von de: 
Truppe strengstens zu isolieren. Bei den im Gefolge von Typhus auftretenden 
Herzkrankheiten spielt die Beschleunigung der Herztätigkeit eine große Rolle. 
Der Ausgang ist bei richtiger Behandlung in der Regel ein günstiger. Bei de: 
Erkennung spät auftretender, durch Typhusbazillen verursachter Knochenmark: 
erkrankungen leistet die Röntgenuntersuchung vorzügliche Dienste. 


Generaloberarzt Geheimrat Prof. Dr. Goldscheider (Berlin) beschreibt d2: 
Krankheitsbild der seit den Schutzimpfungen uns so geläufigen leichtesten Typhus- 
fälle. Die Sterblichkeit ist seit der Impfung von 12% auf 4—59% bei den 2— 3m: 
Geimpften herabgesunken. Nach vollendeter Durchimpfung und Wiederimpfuns 
verringerte sich die Mortalität noch weiter auf 2,3%. Zur Unterscheidung ven 
Influenza ist darauf zu achten, daß bei derselben bloß leichte, schnell vorüber- 
gehende Milzschwellungen, niemals jedoch solche von der Größe und Andauer 
wie bei Typhus vorkommen. Es könnte allerdings der Fall sein, daß bei mehr- 
fach Geimpften die Milz die Fähigkeit erworben hat, bei den verschiedensten 
fieberhaften Infektionen leichter anzuschwellen. 


Als letztes Referat gelangt in der Vormittagssitzung die 


Ruhr (Dysenterie) 


zur Besprechung in der Weise, daß Generaloberarzt Geheimrat Matthes (Könie:- 
berg) das Krankheitsbild zunächst schildert. Die Bezeichnung Ruhr ist ein 
klinischer Begriff, dem ganz verschiedene Ursachen zugrunde liegen können. 
Die Ruhr trat bei den Truppen zunächst in gehäuften Diarrhöen auf, so daB die 
Erkrankten meist bei der Truppe bleiben konnten. Bald gesellten sich aber 
schwere Erkrankungen mit ausgesprochenem ruhrartigen Charakter dazu. Zu- 
nächst wurden keine Ruhrbazillen gefunden, später in einer immerhin geringen 
Zahl von Fällen anfangs sog. Pseudoruhrbazillen, später auch echte Ruhrbazilier. 
Es gab Todesfälle ohne und ganz leichte Fälle mit Bazillenbefund. Gerade für 
die anfänglichen leichten Diarrhöen wurden von einzelnen Autoren Erkältunge:. 
Nahrungsschädlichkeiten oder Übermüdung als Ursache angesprochen. M. 
kann dies jedoch für ansteckende Massenerkrankungen nicht anerkennen, um 
so mehr, als nach der Aufnahme derartiger Durchfallkranker im Lazarett auch 
Schwestern und Krankenwärter an diesen infektiösen Diarrhöen erkrankten. 
Andererseits lassen sich, ähnlich wie im Frieden, durch das Überführen von 
Übungsplatz in die Heimat Ruhrepidemien auch im Felde durch Ortswechsei 
zum Erlöschen bringen. Mangelhafte Beseitigung von Abfallstoffen und Ür- 
tragung durch Fliegen spielen jedenfalls bei den Epidemien eine Rolle. Der 
Nachweis der Bazillen mißlingt vielfach, weil das Material zu spät an die Unter- 
suchungsstellen gelangte. Diese müssen daher derart angesetzt werden, daß die 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 423 


Aussaat der Bazillen zur Züchtung direkt am Krankenbette erfolgen kann. Bei 
den leichten Formen ist meist nur anfangs ein kurzer Temperaturanstieg vor- 
handen, späterhin sind die Kranken fieberfrei. Die lange andauernden Fälle 
zeigen gewöhnlich ein unregelmäßiges auf- und absteigendes Fieber. Die Stühle 
sind vielfach im Anfang Gärungs- oder grüngefärbte Dünndarmstühle. Der 
Schmerz bei der Ruhr wird meist durch den kontrahierten Dickdarm verursacht, 
den man oft in ganzer Länge oder in einzelnen Abschnitten tasten kann. Die 
bis in die Rekonvaleszenz andauernde Druckempfindlichkeit in der Magengrube 
ist auch zum Teil auf den Querdarm und nicht auf den Magen zu beziehen. Wichtig 
für die Diagnose ist die Mastdarmspiegeluntersuchung, welche uns über die ana- 
tomischen Veränderungen der Darmschleimhaut direkte Aufklärung gibt. Sie 
erscheint anfangs glasig geschwollen und stark von Flüssigkeit durchtränkt,: 
später samtartig, bereits blutig gefärbt und mit blutigem Schleim bedeckt. Vom 
8. Tage an können Geschwüre in großer Ausdehnung auftreten und heilen im 
weiteren Verlauf von oben nach unten ab. Singer (Wien) hat daher recht, daß 
man durch die Mastdarmspiegeluntersuchung oft zu einem sichereren Urteil 
uber den Stand der Heilung gelangen kann, als durch die bakteriologische Unter- 
suchung. Milzschwellung wird in der Regel vermißt. Die Diazoreaktion ist 
regelmäßig positiv. Auffällig ist die Neigung zu Rückfällen bei Kältewirkung 
und Diätfehlern. Die leichten Fälle heilen oft ohne Arzneien bei Bettruhe und 
leichter Diät. Sonst werden auch Weißkäse, Joghurtmilch und Bananenmehl 
sowie Molke mit Hafergrütze empfohlen. Die Serumbehandlung wurde im Felde 
intravenös in größerem Umfange, und zwar mit günstiger Wirkung bei Verwen- 
dung von 100ccm Serum und darüber durchgeführt. Auffallenderweise läßt 
ich auch mit normalem Pferdeserum der gleiche Erfolg erzielen. Merkwürdiger- 
weise wirken die verschiedenen Heilmittel, die empfohlen wurden, auf anscheinend 
gieiche Krankheitsbilder nicht gleichmäßig. Auch muß man öfters mit ihnen 
wechseln. Gute Erfolge sieht man von Rizinus, Tonerde, Tierkohle, Toxodesmin, 
Bulusal, Ratanhia- und Campeche-Abkochungen, Etelen, Kalzium-Tannin und 
untergalligsaurem Wismut. Auch Jodtinktur (20 Tropfen auf 200 Wasser) mit 
Papaverin wird empfohlen. Betäubungsmittel sind vielfach unentbehrlich. Darm- 
auswaschungen, regelmäßig durchgeführt, erwiesen sich M. stets als das wirk- 
samste Mittel. Auch Bleibeeinläufe von 10%igen Dermatolaufschüttelungen 
eigenen sich gut. 

Daran schließt sich die Erörterung der bakteriologischen und epidemiologi- 
schen Verhältnisse bei der Ruhr durch Geheimrat Prof. Kruse (Berlin). Die 
Opfer der Ruhr waren in diesem Kriege erheblich geringer wie in früheren, weil 
die Pseudoruhr diesmal besonders häufig neben der Ruhr autrat. Unrichtig ist 
ès, von einer vollständig neuen Erkrankung zu sprechen oder an ihrer ansteckenden 
Natur zu zweifeln. Die Entleerungen müssen möglichst von frischen Fällen und 
in frischem Zustand untersucht werden, weil die Pseudoruhrbazillen leicht durch 
Überwucherung anderer Bakterien unterdrückt werden. Vermag das Serum 
eines Ruhrkranken nicht bei mindestens 50facher Verdünnung echte Ruhrbazillen 
zu agelutinieren, so ist mit Wahrscheinlichkeit Pseudoruhr anzunehmen. Gegen 
die Verursachung von Ruhr durch Colibazillen oder Streptokokken sprechen bisher 
alle Momente. Die Unterscheidung der einzelnen Rassen der Pseudoruhrbazillen 
ist durch einen gewissen Grad von Veränderlichkeit derselben erschwert und für 
den Arzt auch unnötig. Die Ansteckung erfolgt in erster Linie von Person zu 
Person oder durch Vermittlung von Abfallstoffen, nur ausnahmsweise durch 
Wasser und Nahrungsmittel. Bazillenträger sind hierbei von geringerer Wichtig- 


424 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


keit als beim Typhus. Auffallend ist die Neigung der Soldaten zu Pseudodysenterie 
und die Begünstigung der Ruhr durch die Hitze; Schutzimpfungen gegen die 
Ruhr sind wenig empfehlenswert. 

Aussprache über Typhus, Paratyphus und Ruhr. 

Lucksch (Teschen) empfiehlt gegen Ruhr einen polyvalenten Impfstoff zur 
Schutzimpfung. Er untersuchte auch die Veränderungen des Blutbildes nach 
Typhusschutzimpfungen und konnte ferner feststellen, daß von 42 Bazillenträgern 
35 mittels Impfungen bei Typhus und Ruhr geheilt wurden. Auf Grund vier ver- 
schiedener Reaktionen ließ sich nachweisen, daß nach 6 Monaten der Schutz 
nach der ersten Typhusschutzimpfung fast geschwunden ist. 

Jürgens (Berlin): Paratyphus ist klinisch vom Typhus nicht zu trenner., 
.nur die akute Form der paratyphösen Magen-Darmerkrankungen. 

Munk (Berlin) weist die günstige Wirkung der Schutzimpfung bei einer 
großen Zahl von Bauchtyphusfällen nach. Bei Nichtgeimpften war der Verlau! 
des Typhus in 57% schwer, in 12% leicht; bei den Geimpften dagegen in 24. 
schwer und in 38% leicht. Die Seltenheit des Bazillenbefundes im Blute vor. 
Typhuskranken im Kriege gegenüber den Friedenserfahrungen ist auf die übers- 
durchgeführte Impfung gegen Typhus zurückzuführen. 

Friedberger (Greifswald) betont, daß die Typhusdiagnose seit der Ein- 
führung der Typhusschutzimpfung sehr erschwert, ja serologisch unmöglich g?- 
macht worden ist; aber auch klinisch wichtige Merkmale lassen jetzt im Stich. 
wie Milzvergrößerung und Zählung der weißen Blutkörperchen. Ein wichtig: 
Phänomen ist daher bei Geimpften, daß bei Ausbruch einesTyphus an der frühere: 
Impfstelle eine Rötung und Druckempfindlichkeit auftritt. 

Prof. v. Drigalski (Brüssel) hebt u. a. den Umstand hervor, daß Mehl un: 
Fett bei reichlicher Darreichung die Dauerausscheidung von Typhusbazil:? 
herabdrücken und andererseits auch für diese keine brauchbaren Nährböden liefert. 

Friedel Pick (Prag) bespricht die Eigentümlichkeiten der vom galizischen 
Kriegsschauplatz stammenden Typhuserkrankungen. 

Schittenhelm (Kiel) konnte feststellen, daß in einem Armmekorps, be 
dem eine Division gut durchgeimpft war, die andere nicht, fast alle Erkrankung:” 
an Typhus aus der schlecht durchgeimpften stammten. Zu warnen ist vor Impi- 
behandlung, besonders vor der intravenösen Injektion größerer Impfdosen bi: 
frischen, hochfiebernden Fällen Dagegen scheinen kleine Dosen in steigenden 
Mengen (0,01, 0,03, 0,05 usw.) bei 3—4 Wochen weiter fiebernden Typhusfälkr. 
die Entfieberung einzuleiten. 

Prof. Conradi konnte durch Verfeinerung seiner Anreicherungsmethode de! 
Typhusbazillen in Gallenröhrchen aus den bei Typhus auftretenden Rosec!: 
auch dann noch Bazillen züchten, wenn die Kultur aus dem Blute ergebnis) 
verlief. 

Lippmann (Frankfurt a.M.): Wird die Typhusschutzimpfung bei einen 
Menschen vorgenommen, der zwar mit Typhusbazillen infiziert ist, aber noc? 
keine klinischen Symptome aufweist, so beschleunigt dies den Ausbruch des Typhu:. 
ohne auf den Verlauf desselben einen schädlichen Einfluß auszuüben. Dahe 
kann auch bei Personen, die der Ansteckung besonders ausgesetzt sind, die Impfun: 
jederzeit ohne Bedenken vorgenommen werden. 

O.-St.-A. Prof. Singer (Wien) betont, schon im Jahre 1896 den Nachwe': 
geführt zu haben, daß die Roseolen Typhusbazillen beherbergen. 

O.-St.-A. Prof. Benario (Frankfurt a. M.) hat im Gegensatz zu Schitten- 
helm mit großen Dosen von Typhusimpfstoff vielfach einen kaum bestreitbarer 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 425 


Erfolg gesehen. Für eine definitive Beurteilung dieser spezifischen Behandlung 
ist die Zahl der Kranken allerdings noch zu klein. 

Honved-Oberarzt Dr. Unterberg (Pest) beschreibt eigentümliche Fälle von 
Gelbsucht mit Milz- und Leberschwellung sowie Druckempfindlichkeit in der 
Gallenblasengegend, die manchmal auch typische Roseolen zeigen. In einzelnen 
Fällen entwickelten sich auch sonstige Typhussymptome, doch scheinen Typhus- 
bazillen nicht nachgewiesen worden zu sein. 

Auch über die Ruhr äußern sich mehrere Forscher noch ausführlich, so 
Prof. Schittenhelm (Kiel), der bei den Ruhrerkrankungen einer Armee 4,47%, 
Todesfälle beobachtete. Er erörtert dann eingehend die Beziehungen zwischen 
dem anatomischen Verhalten des Darmes und den klinischen Befunden. Be- 
merkenswert sind Fälle von Spättod. Zur Behandlung werden Seruminjektionen 
von 80—100 ccm empfohlen. 

Prof. A. Schüller (Wien) macht auf das lästige Symptom von Unterschenkel- 
:chmerzen nach Ruhr bei Kriegsteilnehmern aufmerksam. Sie sind streng an die 
Tibia gebunden, objektive lokale Befunde fehlen. Sie stellen sich oft im Verlaufe 
:iner akut fieberhaften Erkrankung mit Nierenentzündung oder Milzschwel- 
ung ein. 

Gen.-Ob.-A. Ziemann (Berlin) empfiehlt Kombination von Karlsbader Salz 
mit Wismut bei der Ruhr und ruhrähnlichen Darmkatarrhen. 

Gen.-Ob.-Ä. Geh.-Rat His (Berlin): In der zweiten Masurenschlacht erkrankten 
nehrere Mann an Ruhr. Von den frisch untersuchten Proben wurden nur in 
33% Ruhrbazillen nachgewiesen. Es erhob sich nun die Frage, ob man diese 
Truppe als eine schwer infektiöse aus der Schlachtlinie zurückziehen sollte oder 
icht, H. entschloß sich, die Belassung der Truppe im Kampfraum zu befür- 
sorten. Die Kranken wurden in einem Dorfe gut untergebracht und entsprechend 
pflegt. Nach 8 Tagen war die ganze Epidemie vorüber. Was die spezifische 
Therapie mit Serum bei der Ruhr anbelangt, so sprechen sich erfahrene Autoren 
lagegen aus, wieder andere glauben Gutes davon gesehen zu haben. 

; Rakus (Salzburg) befürwortet Einläufe mit salpetersaurem Silber bei der 
uhr. 

Gotschlich (Saarbrücken) berichtet über eine mit Börnstein beobachtete 
-pidemie von echter Ruhr mit 10% Sterblichkeit, bei der die echten Ruhrbazillen 
nerkwürdigerweise auch durch Pseudoruhrbazillenserum (Flexner) in hohem. 
irade mitagglutiniert wurden. Es handelt sich um eine Variationserscheinung, 
ie nach mehrmonatiger Fortzüchtung verschwand. Ebenso fiel die Widal’sche 
teaktion, mit dem Serum der Erkrankten angestellt, nicht nur mit echten 
tuhrkulturen, sondern auch mit Flexnerkulturen positiv aus. l 

Kauffmann (Halle a. S.) äußert sich zur Frage der chronischen Ruhr 

m Auftrage von Geh.-Rat Ad. Schmidt dahin, daß in ca. 5% der Ruhrfälle ein 
hronischer Erschöpfungszustand sich ausbildet, bei dem man eine chronisch- 
itarrhalische rezidivierende, eine dyspeptische mit fehlendem Magensaft und 
‘orwiegender Dünndarmerkrankung und eine spastische Form unterscheiden 
“ann. Bei letzterer fehlen Durchfälle völlig. Im Röntgenbilde sieht man dann 
"üllungsdefekte, oft sogar handbreite Unterbrechungen des Darmschattens. 
F. Pick (Prag) hatte bei einem Transport von Ruhrkranken 10—25% posi- 
"ve bakteriologische Untersuchungen erhalten. Als durch Brotverkauf die Epi- 
imie in die Zivilbevölkerung eingeschleppt wurde, fand sich in 75% der Kruse- 
che und in 4%, der Flexner’sche Ruhrbazillus. Dabei wechselten die beiden 
Stämme in derselben Familie manches Mal ab. 


426 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


In seinem Schlußwort findet Kruse die von Schmidt gefundene Prozentzah! 
von chronischen Ruhrfällen sehr groß, da man sie gewöhnlich mit 3°, annimmt. 
Es wird daher angesichts des Umstandes, daß die Befunde von einem Spezialister. 
herrühren, die bisherige Meinung zu revidieren sein. Im übrigen bleibt Kruse 
dabei, daß jede klinische Form von Ruhr ansteckend ist. 


Oberstabsarzt Geheimrat Prof. Dr. Hirsch (Göttingen) erstattet seinen Bs- 
richt über Nierenentzündungen im Felde. 

Im Gegensatz zum Feldzuge von 1870/71 kann nach den bis jetzt vorliegenden 
Berichten deutscher, österreichisch-ungarischer und englischer Ärzte an de 
relativen Häufigkeit der Nierenerkrankungen im Felde nicht gezweifelt 
werden. Ein Bruchteil der nierenkranken Soldaten war schon jedenfalls vor 
Eintritt in die Feldarmee nierenleidend. Hinsichtlich der Beteiligung der ver- 
schiedenen Lebensalter zeigt sich eine größere Disposition der höheren Jahrgänge. 
also der Leute zwischen 35 und 40 Jahren. Die Zahl der Nierenkranken ist ferner 
im Osten entschieden größer als im Westen, und zwar weist die fechtende Front- 
truppe, vor allem also die Infanterie, die größte Zahl an Nierenkranker 
auf, während wir auffallend wenige Nierenleidende bei der Artillerie und der 
Pionieren finden. Im Bewegungskrieg schädigen am meisten außerordentlich: 
Marschleistungen, mangelhafte Ernährung, wiederholte Durchnässungen und E:- 
kältungen (Schlafen auf nassem Erdboden) die Nieren. Im Stellungskri:z 
spielen Feuchtigkeit bzw. Nässe der Schützengräben und Schlafen in nassen Unte:- 
ständen neben vielleicht einseitiger Ernährung eine große Rolle beim Zustand: 
kommen des Nierenleidens. 

Daher zeigt sich eine besonders deutliche Zunahme der Erkrankungen in de 
naßkalten Jahreszeit von Oktober bis Dezember, sowie März und April. Aut 
die Erkrankten selbst glauben meist mit Bestimmtheit Erkältung oder Duri- 
nässung als ursächliches Moment ansehen zu können. Infektionen verschiederer 
Art, wie Angina, Furunkel und Streptokokkenhauterkrankungen, gingen jedenfals 
auch in einer Reihe von Fällen voraus, bei anderen Typhus oder Ruhr. Håuig 
trat Fieber bei Beginn und bei Steigerung der Nierensymptome auf. Bei sehr 
vielen Fällen kam es zu rasch ansteigender Flüssigkeitsansammlung (Ödem) ir. 
Unterhautzellgewebe, im Bauche und in der Pleurahöhle. Bei einer deutscher 
Armee wurde häufig eine gleichzeitige Milzschwellung festgestellt. Die Ham- 
menge ist zunächst hochgradig vermindert, in mindestens 50%, der Fälle wiri 
Blutbeimengung angegeben; die Eiweißmengen waren relativ sehr hoch, 6—8" ;. 
und mehr. Die Blutdrucksteigerung bewegt sich meist zwischen 140 und 180 mr. 
Quecksilber. Bei Anfangswerten von über 200 mm oder, wenn erhöhte Blut- 
druckwerte das Schwinden der schweren Krankheitssymptome überdauern, hand‘! 
es sich nicht um eine frische Erkrankung, sondern um ein Wiederaufflackern ein“ 
älteren Nierenprozesses. Am Augenhintergrund fanden sich in keinem Fall 
typische Veränderungen (Retinitis albuminurica). Die hochgradige Ödement- 
wicklung, die für die Kriegsnierenerkrankung ebenso charakteristisch ist wie d: 
Neigung zu Rezidiven, läßt schon erkennen, daß es sich im wesentlichen ur 
eine Erkrankung der Glomeruli der Niere handelt, die jedoch mit Epitheldegener:- 
tionen der Tubuli kombiniert ist. Die Nierenentzündungen im Felde entsprech® 
also durchaus keinem neuen, eigenartigen anatomischen Bilde. 

Mit Schutzimpfungen hat das Auftreten der Nierenerkrankunge" 
nichts zu tun, sonst müßten sie in der Etappe und in den Garnisonen häufig?! 
auftreten. Ebensowenig ist ein Zusammenhang mit chemischen, die Niere reizende: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 427 


Läusemitteln, mit Rückfallfieber oder mit rheumatischen Erkrankungen erwiesen. 
Dagegen scheint, ähnlich dem sog. Hafermehlödem der Zuckerkranken, nach 
schwerer Ruhr und infolgedessen lange fortgesetzter einseitiger Schleimsuppen- 
ernährung die Ödemkrankheit der Soldaten aufzutreten. Die gemeinsame Schä- 
digung scheint in diesen beiden Fällen im Quellgebiet der Nierentätigkeit, in den 
Kapillaren der Haut, zu liegen. Da die Kriegsnephritis in erster Linie eine Zurück- 
haltung von Stickstoff im Körper, dann auch von Salz und Flüssigkeit bedingt, 
sind Fleisch, Salz und Flüssigkeit bei der Nahrungszufuhr einzuschränken, doch 
ist vor einer lange Zeit fortgesetzten Unterernährung oder gedankenloser monate- 
langer Verabreichung von 3 und mehr Litern Milch und Schleimsuppen zu warnen. 
Zu verwerfen ist ferner das planlose Durchspülen der kranken Niere mit großen 
Mengen sog. Nierenheilwässer. Es gibt keine Nierenheilbäder,:und es hat 
deshalb auch keinen Zweck, alle Nierenkranke in sog. Nierenheilbädern zu kon- 
zentrieren. Solange Blut und reichliche Eiweißmengen ausgeschieden werden, 
muß der Kranke das Bett hüten. Die Krankheit sieht bei ihrem Beginn weit 
schlimmer aus, als sie es in Wirklichkeit und im weiteren Verlaufe ist. Die Pro- 
gnose ist günstig, die Sterblichkeit erreicht nicht 1% der Fälle. 


Aussprache: St.-A. Prof. Bruns (Marburg): Im Stadium der wachsenden 
und beharrenden Öderne hatten über die Hälfte der Kranken Erhöhungen des 
Reststickstoffs im Blute zwischen 50 und 187 mg auf 100 ccm Blut. Nur zwei 
Drittel der Urämiker hatte Rest-N-Erhöhung. Die durchschnittliche Kochsalz- 
ausscheidung ist auch im Ödemstadiumn leidlich. Von 5g Kochsalz der Nahrung 
werden ca. 2,7 g wieder ausgeschieden. Die Analyse der Ausscheidungsverhält- 
nisse der Nephritiden im Felde ergibt demnach auch dasselbe Bild wie die Glo- 
merulonephritis. E 

O.-A. Jungmann (Berlin): Der Kriegsnephritis scheinen angesichts des ge- 
häuften Auftretens, des Beginnes und Verlaufes mit Fieber, der fettigen Degenera- 
tionen des Herzens und der echten Infektionsmilz mit Vergrößerung der Follikel 
infektiöse Ursachen zugrunde zuliegen. In der Auffassung der Nierenerkrankungen 
im Felde als Glomerulonephritiden begegnen sich fast alle Diskussionsredner, so 
auch Jung mann, Prof. O.-St.-A. Henke (Breslau) u. a. 

Das Moment der Durchnässung bei kühler, regnerischer Witterung hebt 
Geh. Rat Stintzing (Jena) hervor, ebenso den Umstand, daß die Höchstzahl der 
Erkrankungen in die Zeit von November bis März fällt. Infektion und besondere 
mitwirkende Ursachen bedingen die Kriegsnephritis. 

Prof. Otfried Müller (Tübingen) kann mit einer neuen Methode die Haut 
des lebenden Menschen durchsichtig machen und bei chronischer Nephritis Ab- 
weichungen von der Norm an den Hautkapillaren nachweisen, die in stärkerer 
Schlängelung und Anastomosierung bestehen. Man sollte mit dieser Methode 
auch bei den akuten Nierenerkrankungen die Kapillaren der Haut studieren. 


Geh. Rat Goldscheider (Berlin) beschreibt eingehend die Klinik der Kriegs- 
nephritis, für die er eine Sterblichkeitsziffer von 1,3%, angibt. Bei etwa 25% der 
Fälle kommt Erkältung als Ursache nicht in Betracht. Es handelt sich bei dem 
gehäuften Auftreten wahrscheinlich um eine Infektion. Als Maßnahmen gegen 
die Verbreitung der Nephritis empfehlen sich sorgfältige Hygiene der Schützen- 
gräben, Entwässerung, warme Unterstände, warme Kleidung und Hautpflege. 
Im akuten Stadium sind Transporte zu vermeiden, sämtliche Nierenkranke sollen 
in der Etappe verbleiben. In einer Reihe von Fällen wurden stumpfe Total- 
exstirpationen der Gaumenmandeln vorgenommen. 


428 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


Prof. Matthes (Königsberg) stimmt mit mehreren Rednern darin überein, 
‚daß Offiziere nur in Ausnahmefällen an akuter Nephritis erkranken. 


Th. Rumpel (Hamburg) konnte bei einem Armeegepäckmarsch folgende 
interessante Feststellungen machen. Bei 24%, traten nachweisbare Eiweiß- 
mengen auf, in 80%, hyaline und granulierte Zylinder, davon im vierten Teile 
der Fälle mit roten Blutkörperchen. Die Benzidinprobe auf Blut fiel in 35°, 
positiv aus. Als Folge der körperlichen Überanstrengung stellt sich Hämoglobin- 
ämie und dann auch Hämoglobinurie ein. Nach dem Marsche zeigte sich auch 
in 20% der Fälle Azeton und Azetessigsäure. 


Prof. Neisser (Stettin) und W. Reimann (Stettin) beschreiben die ver- 
schiedenen Formen der Kriegsnephritis von den leichtesten, mit Unterschenkel- 
anschwellung, Urinbeschwerden, Atemnot und unmotivierten Gewichtsabnahmen 
einhergehenden, oft leicht zu übersehenden, bis zu schwersten Formen von hämor- 
rhagischen Glomerulonephritiden. Bei allen besteht eine Zurückhaltung von 
Chlor und Wasser, nicht von Stickstoff. Vor Entstehung der Nierenerkrankung 
scheint es zunächst zu langdauernden Gefäßkontraktionen mit Ischämie und dann 
reaktiv zu Lähmung der Gefäße mit Stauuung und Hyperämie zu kommen. 

Prof. Strassburger (Frankfurt a.M.) beschuldigt toxische Stoffe, welche 
die Hautgefäße und die Nieren für sich schädigen, eines ursächlichen Zusammen- 
hanges mit der Kriegsnephritis. Interessanterweise tritt sie auch in der Rekon- 
valeszenz nach akuten Darmerkrankungen auf. 

Prof. Rostoski (Dresden) hat in 50%, von Nierenerkrankungen Typhus- 
bazillen im Urin nachweisen können. 

Prof. Dr. Julius Citron (Berlin) konnte weitaus in den meisten Fällen voa 
Nephritis eine 5—14 Tage vorher auftretende kurze fieberhafte Erkrankung fest- 
stellen. Auch die schwersten Fälle zeigten eine sehr große und rasche Besserungs- 
fähigkeit. In 89,3%, der Erkrankungen trat zu Beginn eine Infektion der oberen 
Luftwege, und zwar stets Streptokokkentonsillitiden auf. Ein Zusammenhang 
zwischen diesen und der Nephritis scheint sicher zu bestehen. Durch Heraus- 
nahme der Mandeln (Tonsillektomie) läßt sich in einer ganzen Anzahl von 
Fällen erhebliche Besserung erzielen. Im Anschluß an Läuseekzeme eni- 
stehende Furunkel scheinen auch zur Nephritis in Beziehung zu stehen. 

F. Munk (Berlin) demonstriert eine Methode zur Unterscheidung der Krieg:- 
nephritis von dem ähnlichen Krankheitsbilde, das die große weiße Niere bietet. 
Bei der letzteren finden sich im Urinsedimente doppelbrechende Lipoidstoffe, bei 
der ersteren niemals. 

Prof. Dr. Volhard (Mannheim): Die akute, diffuse Nephritis zeigt groß: 
Neigung zur Ausheilung, so lange die Gewebsveränderungen in der Niere rück- 
bildungsfähig sind. Es muß daher die Heilbehandlung so frühzeitig wie möglich 
einsetzen. Das Wesen der akuten Nephritis besteht in einer zu Blutdrucksteigt- 
rung führenden Drosselung der Nierengefäße und Behinderung des Blutumlaufe: 
in den Schlingen aller Glomeruli, die bis zur Blutleere sich steigern kann. Di: 
Heilung besteht in Wiederherstellung des normalen Blutumlaufes daselbst. V. 
erörtert dann ausführlich die Behandlung der einzelnen Formen und betont 
die Notwendigkeit der Errichtung von Sonderlazaretten für Nierenkrank:. 

Knack (Hamburg) konnte keine Bevorzugung bestimmter Altersklassen oder 
Truppengattungen bei der Nephritis herausfinden, ebensowenig eine jahreszeitlich® 
Häufung. Die Reststickstoffwerte waren meist mäßig erhöht, die Wasserau‘- 
scheidung erheblich, die von Kochsalz nur wenig gestört. Die Konzentrations- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 429 


fähigkeit war stark herabgesetzt. Endgültige Heilung erfolgte in der Mehrzahl 
der Fälle zwischen dem 6. und 7. Monat. 

C. Kayser (Berlin) beschreibt 50 Fälle, welche in frappanter Weise an das 
Bild der Scharlachnephritis erinnern. Zwei Drittel der Pat. zeigten gegen Ende 
der 3. Beobachtungswoche eine kleienförmige Schuppung der Stirn- und Kopf- 
haut, nach deren Beendigung etwa in der 7. Behandlungswoche eine lamellöse 
Schuppung an den Händen sich einstellte, die mit Scharlachschuppung verwechselt 
werden kann. Als Überträger der epidemisch auftretenden Krankheit kommen 
vielleicht Läuse in Betracht. 

Dozent Porges (Wien) konnte in einer Anzahl von Nephritiden durch Über- 
gießen des steril dargestellten Harnsedimentes mit Bouillon Streptokokken züchten. 
P. bevorzugt 2—3 Wochen hindurch stickstoff- und salzarme Diät (pro Tag 500 g 
Kartoffel, 200 g Brot, 150 g Zucker, 50 g Reis oder Gries, 50 g Fett, Tee, Frucht- 
säfte). Alle Fälle von akuter Nephritis waren in ca. 2 Wochen ödemfrei, ca. 80% 
waren in 6—8 Wochen bis auf geringe Eiweißausscheidung symptomfrei. 

Prof. Schittenhelm (Kiel) hebt als Besonderheiten im Verlaufe der Kriegs- 
nephritiden folgendes hervor: In ca. 6%, trat Milzschwellung, bisweilen Eosinophilie 
bis zu 10%, im Blute, Lipoide in etwa ein Drittel der Fälle auf. Die Sterblichkeit 
betrug 0,7%, die Heilung 80%. In 70% werden Erkältung und Durchnässung 
in der Krankengeschichte angegeben. Vom 35. Lebensjahre an ist die Erkran- 
kung bedeutend häufiger, die höchste Prozentzahl stellen die 41jährigen. 





Referate. 


1. R. von den Velden. Diagnostische und therapeutische Memo- 
randa bei Kreislauferkrankungen. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäß- 
krankheiten 1915. Nr. 21 u. 22.) 

Als häufige Fehldiagnose auf Grund von Klagen über Brustschmerzen, Atem- 
not und vielfachem Räuspern wird Lungenspitzenkatarrh gestellt, während alle 
diese Beschwerden vom Herzen ausgehen; besonders oft verführt dazu die blasse 
G:sichtsfarbe, welche in den meisten Fällen nur als periphere oder nervöse Anämie 
anzusehen ist. — »Brustschmerzen« können verschiedenste Ursachen haben, 
wie: Auftreibung der Rippenknorpel (zweiter rechter besonders), lokalisierte Be- 
ruhrungshyperästhesie besonders bei Kreislaufsneurose; krampfartige retrosternale 
Sensationen weisen auf die Aorta hin (Angina spuria s. vasomotorica), während 
Lungenhilusschmerzen meist im Interskapularraum oder vom Iil.—VI. Brust- 
wirbel gürtelrosenartig ausstrahlend angegeben werden. — Hinter »rheuma- 
tischen Schmerzen« verstecken sich oft Gefäßspasmen und lokale Ischämien in 
den Extremitäten, oft auch vom Stamm ausstrahlend infolge atherosklerotischer 
Veränderungen der Gefäße. Bei Brustkorbverletzungen sollen genaue Röntgen- 
diagnosen unter besonderer Berücksichtigung von eventuellen Verwachsungen 
und Beweglichkeit des Zwerchfells gestellt werden; auch sollen die perkutorischen 
und auskultatorischen Befunde im Stehen und Liegen, in der Ruhe und nach be- 
stimmten Bewegungen genau fixiert werden. — Therapeutisch kommen haupt- 
sächlich Sedativa in Betracht, da es sich in den meisten Fällen zurzeit nicht um 
wirkliche Herzmuskelinsuffizienzen handelt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


430 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


2. J. Müller. Muskelarbeit und Herztätigkeit. (Zentralblatt für Herz- 

u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 21 u. 22.) 

Nicht jede Muskelarbeit wirkt in gleicher Weise auf das Herz. Während 
durch rhythmische Bewegungen nach Art des Ruderns der venöse Rückstrom 
durch Auspressen des Blutes aus den Muskelvenen erleichtert und so die Herz- 
arbeit unterstützt wird, bedingt eine im Kauern ausgeübte Dauerleistung eine 
Erschwerung und Schädigung der Herzarbeit, durch Verkürzung und Volumver- 
minderung der dabei in Betracht kommenden Muskelvenen. Bei der ersteren 
Arbeit wird das Herz ein wenig größer, nach der Arbeit plötzlich kleiner, woraus 
folgt, daß normalerweise ein Restvolum im Herzen vorhanden ist, als Reserve für 
plötzlich gesteigerten Blutbedarf irgendeines Organs. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


3. J. G. Mönckeberg. Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des 
Atrioventrikularsystems und zu seinem Verhalten bei schwerer 
Mißbildung des Herzens. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 
1915. Nr. 18.) 

Auf Grund eines in Serienschnitten mikroskopisch untersuchten Cor pseudi- 
triloculare biatriatum kommt Verf. zu dem Schluß, daß das Atrioventrikularsysteni 
entsteht durch Differenzierungsvorgänge in der persistierenden Ohrkanalnı:- 
kulatur, welche an der hinteren Herzwand in ihrer Kontinuität nicht (durch 
Klappenbildung) unterbrochen wird, sondern als Hauptverbindung zwischen 
Vorhof- und Kammermuskulatur bestehen bleibt. In dem untersuchten Falle 
besteht noch ein vorderes Atrioventrikularbündel, welches bei normaler Ent- 
wicklung im weiteren Verlaufe durch Verschmelzung des Trigonum fibrosun 
dextrum mit der Aortenwurzel wieder verschwindet, während es hier infel:? 
Ausbleibens der Verschmelzung persistiert. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


4. G. R. Siegmund. Die mechanische und die neurogene Her- 
stoßtheorie. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 23.) 
Nach Verf. genügt zur Erklärung des Herzstoßes eine mechanische Ursach? 
allein nicht; seiner Ansicht nach gibt es noch eine neurogene Herzstoßform unt 
Mitbeteiligung der Zwischenrippennerven und Zwischenrippenmuskulatur, wodurch 
auch der oft auffallend lebhafte und scharf gezeichnete Herzstoß bei geschwächt‘ 
Herzkraft zu erklären wäre. Das physiologische Optimum stellt bei einem gè- 
sunden Menschen die Stoßlosigkeit dar. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


5. Emil Savini. Über die radioskopische Diagnose der Pulmonal- 
arteriensklerose. (Ztrbl f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 12u. 13.) 

Die primäre Pulmonalarteriensklerose ist selten; sie verdankt ihre Entstehung 

in wenigen Fällen einer luetischen Infektion, meist jedoch angeborenen Mängein, 
wie Verengerung der Aorta und der Lungenvenen durch fötale Endokarditis ode! 
angeborene Veränderungen der Lungengefäßwandung, welche schon bei normalem 
Blutdruck zu vorzeitiger Schädigung führen. Röntgenologisch findet man ein 
hochgradige Dilatation des rechten Herzens. Für die sekundäre Lungenarterier- 
sklerose ist nach Verf. die Tuberkulose die häufige Ursache, insofern dieselbe in 
ihrem Verlaufe oft zu Lungenemphysem, Lungensklerose, fibrösen Prozessen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 431 


Pleuraverwachsungen oder sogar Mitralstenose führen kann, welche wiederum 
Stauung und Blutüberdruck im Pulmonalisgebiet zur Folge haben. Klinisch 
läßt sich die Lungenarteriensklerose nicht mit Sicherheit nachweisen; das einzige 
dırekte, objektive Symptomist das vom Verf. angegebene »radioskopische Zeichen«, 
welches darin besteht, daß man bei der Durchleuchtung auf dem Röntgenschirm 
ein oder mehrere vom Hilus ausgehende, schräg nach außen unten verlaufende, 
spindelförmige, deutlich und stark mit der Pulmonalis gleichzeitig pulsierende 
Schatten sieht, welche nach Verf. allein den Pulmonalisverzweigungen entsprechen. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


6. H. Gerhartz. Die diagnostische Bedeutung der röntgenologisch 
sichtbaren Lungengefäßpulsation. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäß- 
krankheiten 1915. Nr. 17.) 

Nach Verf. kommt die von Savino als für Pulmonalarteriensklerose charak- 
:eristisch beschriebene, auf dem Röntgenschirm sichtbare Pulsation der Hilus- 
zefäße auch bei anderen Herzfehlern vor. Er selbst hat sie bei Mitralfehlern in 
verbindung mit Mitralstenose oder mit Aortenfehler, bei Basedowkrankheit, 
Xi Emphysem, sogar bei größeren Kindern mit lediglich erregter Herztätigkeit, 
joch sonst normalem Herz- und Lungenbefund gesehen. Es ist also die Hilus- 
wilsation kein eindeutiges Zeichen für Pulmonalarteriensklerose, auch nicht bei 
progredienz. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


7. Dietlen (Straßburg). Zur Frage der akuten Herzerweiterung 

bei Kriegsteilnehmern. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 7.) 

Das akut dilatierte Herz im Gefolge von Infektionskrankheiten erscheint 
twas unförmig. Es fehlt ihm, im Gegensatz zu den chronisch dilatierten Herzen 
wi Klappenfehlern und bei Hypertonie, eine gewisse Formenbestimmtheit durch 
ypische Ausbildung einzelner Herzabschnitte. Es erinnert an die ebenfalls unbe- 
timmten Formen des Herzens bei chronischer Myokarditis, mit denen es ja auch 
das ätiologische Moment bis zu einem gewissen Grade gemeinsam hat. Stark di- 
atierte Herzen ohne entsprechende Hypertrophie oder im Zustand der Dekom- 
%*nsation zeigen auffallend kleine Pulsationsbewegungen entsprechend dem ver- 
seinerten Auswurfsvolumen, das sie zu fördern vermögen. 

Reckzeh (Berlin). 


8. J. G. Mönckeberg. Anatomische Veränderungen am Kreislauf- 
system bei Kriegsteilnehmern. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrank- 
heiten 1915. Nr. 21 u. 22.) 

Bei Sektionen von 75 Kriegsteilnehmern, welche teils durch Verwundungen, 
teils durch verschiedenste Erkrankungen zum Tode gekommen sind, finden sich 
n 57,3%, der Fälle atherosklerotische Veränderungen, und zwar wiederum ent- 
sprechend den früheren Untersuchungen hauptsächlich im absteigenden Ast der 
inken Kranzarterie. Bei diesen Atherosklerosen sind ferner in 88,4% der Fälle 
Residuen früher überstandener Infektionen nachweisbar; wieder ein Beweis dafür, 
daß Infektionskrankheiten das Entstehen der Atherosklerose begünstigen. — Der 
Zirkulationsapparat zeigt noch verschiedene Veränderungen, wie offenes Foramen 
ovale (14,3%), Hypoplasie des Aortensysterns, Endokarditis, epi- und endokardiale 
Blutungen, Hypertrophie, Dilatation und braune Atrophie des Herzens, Fettherz, 


432 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 22. 


Pericarditis exsudativa, Gefäßthrombosen, Embolien, welche zum Teil angeboren 
oder früher erworben, zum Teil im Verlaufe der zum Tode führenden Krankheit 
entstanden sind. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


9. A. Hoffmann. Zur Beurteilung und Behandlung von Herz- 


 störungen bei Kriegsteilnehmern. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäß- 
. krankheiten 1915. Nr. 21 u. 22.) 


Die bei den Kriegsteilnehmern hauptsächlich beobachteten Herzstörunger. 
bestanden in Funktionsstörungen des Herzens ohne Vergrößerung, Geräusche und 
schwere Insuffizienzerscheinungen. Meist hört man Klagen über Herzklopfen, 
Herzdruck und Schmerzen in der Herzgegend, es findet sich objektiv lediglich 
erhöhte Pulsfrequenz und ab und zu ein systolisches Geräusch über der Pulmo- 
nalis, daneben noch häufig nervöse Erscheinungen wie Lidflattern, Zittern der 
Zunge und der vorgestreckten Hände. Nach Verf. sind diese Störungen aufzufassen 
als Herzneurosen, die hauptsächlich durch psychische Behandlung, Ruhe und 
Sedativa gebessert werden, nicht aber durch Digitalispräparate und Kohlensäurt- 
bäder. Die leichten Fälle bedürfen meist nur weniger Wochen, die schwere: 
Fälle oft langer Zeit zur ii doch ist die Prognose günstig. 


L. Kreuzer (Zell i. W.). 


10. G. Voss. Psyche und Gefäßsystem. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäß- 
krankheiten 1915. Nr. 21 u. 22.) 


Es scheinen die mechanischen und affektiven Erschütterungen des Gehirn: 
dieselben vasomotorischen Störungen im Gefäßsystem hervorzurufen. Immer 
wiederkehrend sind Kopfschmerz, Kopfdruck, unangenehme Empfindungen durch 
sensorielle Reize (grelles Licht, Geräusche) und eine auffallend große geistige Er- 
müdharkeit, welche oft auch auf das körperliche Gebiet übergreift. Bei dr 
Psychosen sind es hauptsächlich die mit gesteigerten Affekten einhergehenden. 
welche besonders auf das Gefäßsystem wirken; die stärksten Schwankungen 
zeigen die Manisch-Depressiven, L. Kreuzer (Zell i. W.). 


11. J. G. Mönckeberg. Über die subendokardialen Blutungen. 
Sammelreferat. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 2. 
Der charakteristische Sitz der subendokardialen Blutungen ist nach Aschot' 
das Gebiet des linken Schenkels im linken Ventrikel, die sog. Aortenausflußbai.. 
und die derselben zugekehrten Flächen der Papillarmuskeln. Pathogenetisch 
kann man zwei Gruppen mit je gleicher Ätiologie unterscheiden: zu der erster 
Gruppe zählen alle die Fälle, in welchen die Blutungen sog. dyskrasische (Orti 
sind, bedingt durch allgemeine Veränderung des Blutes, durch Infektion oder durci: 
Intoxikation. Bei den Fällen der zweiten Gruppe ist die Ursache der Blutungen 
eine Vagusreizung wahrscheinlich durch mechanische Einwirkung (Aschoff). 
L. Kreuzer (Zell i. W.), 


a ee SS N ee m a 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mar 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


433 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Lenbe, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, tuttgart, Baden-B,., Bonn, Charlottenburg, 


aa von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 23. Sonnabend, den 10. Juni 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. Rothberger und Winterberg, 2. Eyster und Evans, 3. Landsgaard, 4. Auer, 
3. Fraser, 6. Enthoven, 7. Hinsmann, 8. Schulthess, 9. Schram, 10. Willison, 11. Godfrey, 
12 Levine und Frothingham, 13. Riesman und Austin, 14. Krumbhaar, 15. Thayer, 16. Levine, 
17. Herz, 18. Sakai und Saneyoshi, 19. Saltikow, 20. Tiemann, 21. Rosenow, Herz. 

32. Blumenthal, Angina retronasalis. — 23. Lublinski, Gaumenhochstand und adenoide Vege- 
tionen. — 24. Urbantsehitseh, Hyperkeratosis lacunaris. — 35. Wingrave, Tonsillenulzerationen. 
- %. Weil, Behandlung von Parotisgeschwülsten mit Radium. — 37. Berger, Osophagusschuß. 
- 3. Axhausen, Totale Osophagoplastik. — 29. Zweig, Militärärztliche Konstatierung von Magen- 
ınd Darmkrankheiten. — 30. Sternberg, Kardioskopie. — 81. da Silva Mello, 32. Fowler, Reh- 
uss und Hawk, 33. Egan, 34. van Spanje, 35. Smithies, 86. Gasbarrini, 37. Hamburger, 
# Kelling, 39. Egan, 40. Carman und Müller, 41. Bles, 42. Kakals und Baseh, 43. Grey, 
H. Gross und Held, 45. Giaessner, Magen- und Darmerkrankungen. 





Referate. 


l. C. J. Rothberger und H. Winterberg. Das Flimmern der Herz- 
kammern. (Weiterer Beitrag zur Pathogenese des Flimmerns.) 
(Zeitschrift f. d. ges. experim. Medizin 1916. Bd. IV. Hft. 6.) 

Das von der Spitze der linken Kammer während des Flimmerns abgeleitete 
Aferentialelektrogramm besteht aus Einzelkomplexen, welche in der Regel in 
“orm, Richtung und Größe unregelmäßig, mitunter aber auch regelmäßig wechseln, 
nanderen Fällen aber auch in allen Beziehungen gleich sein können. 

Die Frequenz der elektrischen Oszillationen im Differentialelektrogramm 
wwegt sich beim Flimmern des Katzenherzens zwischen 400—800 pro Minute. 
‘ie ist gewöhnlich auch nach dem Beginn des Flimmerns am höchsten und nimmt 
lann allmählich ab. Das Flimmern kann in jedem Moment unvermittelt und 
plötzlich aufhören, worauf nach Einschaltung einer Pause der normale Herz- 
chlag wieder beginnt. Ist die Oszillationszahl auf 400 oder darunter gesunken, 
geht das Flimmern der Kammern in Flattern bzw. in Wogen und Wühlen über. 

Die vom Konusteile des rechten Herzens beim Flimmern wahrgenommenen 
Suspensionskurven bestehen aus gleich- oder ungleich großen, bisweilen in ihrer 
Jtube regelmäßig alternierenden Erhebungen. Ihre Frequenz liegt innerhalb der- 
len Grenzen wie jene der elektrischen Oszillationen. 

Die Größe der mechanischen Ausschläge ist der Oszillationsfrequenz umge- 
xehrt proportional. Sie nimmt ferner mit der Dauer des Flimmerns bei gleich- 
titiger Dilatation der Herzkammern ab. Die Frequenz und Stärke der Flimmer- 


23 


434 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 
bewegung bestimmen in ihrer gegenseitigen Beziehung die als Flimmern, Flattern, 
Wogen und Wühlen bezeichneten Zustände. 

Die Zahl der elektrischen und mechanischen Ausschläge in der Zeiteinheit 
beim Flimmern der Kammern ist gleich. Trotz dieser ersten zahlenmäßigen Bt- 
ziehung findet sich häufig eine geringe, ungleichmäßige zeitliche Verschiebung 
beider, und zwar namentlich bei Bestehen von in Form und Richtung wechselnden 
elektrischen Oszillationen. Formgleiche Komplexe stehen dagegen zu den zu- 
gehörigen mechanischen Ausschlägen gewöhnlich in dem gleichen Verhältnis. 

Die elektrischen und mechanischen Ausschläge können während des Flim- 
merns vollkommen rhythmisch sein. Eine geringe, die Fehlergrenze der Messung 
kaum übersteigende Unregelmäßigkeitist häufig. Auch höhere Grade von Arhyth- 
mie kammen vor, werden aber oft durch starken Wechsel in Form, Richtung und 
Größe der elektrischen Oszillation nur vorgetäuscht,. keinesfalls sind sie für da 
Flimmern charakteristisch. 

Die Frequenz der Flimmerbewegung wird durch Vagusreizung nicht be- 
einflußt. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


2. J. A. E. Eyster and J. S. Evans (Madison, Wis.). Sino-aun- 
cular heart-block, with report of a case in man. (Arch.of interra 
med. 1915. November.) 

Der in seinen elektrokardiographischen Einzelheiten mitgeteilte sinoaurikulitt 
Herzblock wurde bei einem 31jährigen, anscheinend gesunden Manne mit mäßig: 
Herzhypertrophie über 10 Wochen verfolgt, bestand aber wahrscheinlich sch“ 
Jahre. Der Typus des Blockes variierte von einem 2 : 1 partiellen sinoauriku:ären 
Block zu einem nur gelegentlichen Ausfall von Systolen. Hin und wieder wurd: 
ein sinoaurikulärer oder nodaler Rhythmus für sich oder zusammen mit den 
Sinusblock beobachtet. Atropin, rasches tiefes Atemholen, Schluckbewegun:? 
und Anstrengungen heben den Block auf, Druck auf den rechten Vagus in d 
Halsregion rief ihn hervor bzw. steigerte ihn. Die Verff. nehmen einen anorma!:1 
Tonus im Vagus als ursächlich an. Ein aurikuloventrikulärer Block war nich! 
dabei vorhanden. Die Schlagfolge schwankte zu verschiedenen Zeiten zwisch. 
rund 30 und 60 Schlägen in der Minute und zeigte einen langsamen und eirs 
schnellen regulären Typus und zwischen diesen beiden stets arhythmische Kurven: 
ersterer wird als ein 2 : 1 sinoaurikulärer Block, letzterer als ein normaler Rhythr:: 
ohne Block angesehen. Ein zeitweise auftretender, etwas langsamer regelmäßig? 
Puls wurde als aurikuloventrikulärer oder nodaler Typus gedeutet. 

F. Reiche (Hamburg). 


3. Chr. Landsgaard. Akut Hjerteblok. (Ugeskr. f.laeger. 1915. Nr.43' 
Beschreibung von drei Fällen von akutem Herzblock. Einer vorübergeh:!« 
bei Gelenkrheumatismus, einer vorübergehend bei Aneurysma aortae und Atrei- 
flimmern, der dritte kurz vor einem Pneumonietod. Die Diagnose ist auch 0 
Elektrokardiogramm durch Pulskurve plus Herzuntersuchung zu stellen. Toxisch 
Schädigung des His’schen Bündels kann die Ursache sein, oft ist auch Vag: 
störung anzuschuldigen. Therapeutisch soll Sauerstoffinhalation gelegentiiä 
nützen, wofür Tierversuche sprechen. F. Jessen (Davos). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 435 


4, J. Auer. Anaphylactic alterations of the heart. (Proc. of the 
path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Nach Versuchen an Meerschweinchen, Kaninchen und Hunden können bei 
ler Serumanaphylaxie mehr oder weniger deutliche, leicht elektrokardiographisch 
emonstrable Alterationen der Herzaktion auftreten, die bei intakten und durch- 
'ennten Vagi sich einstellen und daher wohl wahrscheinlich peripherer Natur sind; 
erfür sprechen auch die im Kaninchenherz sich entwickelnden groben ana- 
mischen Veränderungen. Diese Reaktion von seiten des Herzens ist, zum min- 
sten bei Kaninchen und Hunden, anscheinend eine primäre und nicht von dem 
bsinken des Blutdruckes abhängige, ebensowenig wie dieses — beim Hunde — 
if die Herzläsion bezogen werden kann. F. Reiche (Hamburg). 


‚ Francis R. Fraser. Changes in the electrocardiogramms accom- 
panying experimental changes in rabbits hearts. (Journ. of the 
exp. med. 22. 1915. S. 292.) 

Durch intravenöse Einspritzung von Adrenalin, Spartein, Diphtherietoxin 
d von Streptokokken kann man Herzvergrößerungen bei Kaninchen erzielen. 
im wesentlichen nur der linke Ventrikel vergrößert, so vermindert sich im 
;ktrokardiogramm die Größe aller aufwärts gerichteten Zacken bei Ableitung II, 
d die abwärts gerichteten vergrößern sich. Bei Vergrößerungen des rechten 
ntrikels ist das Ergebnis ein umgekehrtes. Treten degenerative Veränderungen 
Herzmuskel auf, so vermindert sich die Größe aller Zacken, schließlich wird 
:h die Überleitungszeit wesentlich vergrößert. Bei Streptokokkeneinspritzungen 
rden auch ventrikuläre ektopische Reize beobachtet. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


P. H. Enthoven. Das Elektrokardiogramm bei angeborenen 

Herzfehlern. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 8.) 

Eine »Umkehrung« des Elektrokardiogramms (E.K.) ist bei angeborenen 
rzfehlern, wie Offenbleiben des Ductus Botalli, Pulmonalstenose und Defekten 
Septum atriorum oder ventriculorum, stets vorhanden. Die Umkehrung kann 
aer verursacht werden durch die Tricuspidalinsuffizienz, manche Mitralstenosen 
àd solche Lageveränderungen, welche den rechten Ventrikel der Brustwand 
er bringen, wobei das E.K. zugunsten dieses Ventrikels überwiegt. Liegt der 
te Ventrikel der Brustwand mehr an, sei es infolge von Hypertrophie durch 
rtenklappenerkrankungen, Atherosklerose und Schrumpfniere, sei es infolge 
| Verlagerungen durch Exsudate im linken Pleuraraum, rechtseitige Lungen- 
tumpfung u. a., so zeigt das E.K. ein sehr großes C.R.S. (ein hohes R). Ein 
:zelbild des E.K. kommt nur bei Situs inversus vor. Verf. beschreibt sodann 
en Fall, bei welchem mit Hilfe des E.K. die Diagnose auf Pulmonalstenose 
:Septumdefekt gestellt wird. Wie dann die Autopsie des 4!/ ‚jährigen Knaben 
ab, handelte es sich um eine fehlerhafte Entwicklung der großen Gefäße und 
en Klappen. Die Pulmonalis besitzt nur zwei Klappen und ein kleineres 
men wie die Aorta, welch letztere auf dem Septum ventriculorum reitet, so daß 
\beiden Ventrikeln das Blut in die Aorta getrieben wird. Es besteht ein offener 
ct. Bot. und zwei Öffnungen im Septum ventriculare), ein abnormer Verlauf 
großen Gefäße, welcher sich ebenfalls durch eine falsche Entwicklung erklären 
t, indem hier nicht wie gewöhnlich die linke embryonale Aorta, sondern die 
hte die Hauptarterie geworden ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


23° 


436 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


7. L. Hinsmann. Die Verwendung meines Telekardiographen. 

(Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 16 u. 17.) 

Der Apparat ersetzt den Orthodiagraphen; ferner ist er geeignet zur Prüfung 
der Herzfunktion und zur Kontrolle bei Herzkuren, weil mit diesem Apparat da; 
Herz in jeder beliebigen gewollten Phase photographiert werden kann. 

L. Kreuzer (Zell i.W.). 


8. Hermann Schulthess. Eine neue Sphygmophotographie zur 
Blutmessung und Herzprüfung, kontrolliert durch Modell- 
versuche. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr.14 u. 15.) 

Verf. hat einen Apparat angegeben, welcher, angeschlossen an den phit« 
graphischen Registrierapparat V. Frank’s, Pulskurven wiedergibt, die direkt 

diagnostisch verwertbar sind durch den exakt aufgezeichneten Druckablauf d:: 

untersuchten Arterien. In Verbindung mit einem Kreislaufmodell, in welcher 

sich die bestimmenden Kreislauffaktoren beliebig variieren lassen, erhält mar. 
dann ein sicheres Bild von der Wirkungsweise dieser Faktoren und somit ein: 

Grundlage zur Beurteilung der menschlichen Pulse. Es kann so gemessen werd". 

der diastolische Arteriendruck regulärer wie auch irregulärer Pulse; ferner karz 

man eine Aorteninsuffizienz erkennen, auch ist eine Funktionsprüfung des Herzer: 
insofern ermöglicht, als man sich durch Gegenüberstellung von Ruhepuls-, Arbeit:- 
puls- und Erholungspulskurven ein Urteil über die Leistungsfähigkeit des Herzen: 
bilden und eventuell organische Fehler desselben erkennen kann, wo die übn:: 
physikalische Untersuchung versagt hat. L. Kreuzer (Zelli. W.). 


9. P. W. Schram. Die Dynamik des Säugetierherzens bei Aortı- 

insuffizienz. 295S. Inaug.-Diss., Utrecht, 1915. Amsterdam, A.H.Kruvi 

In dieser unter Aufsicht Magnus’ hergestellten, breit angelegten Art! 
wird der Herzmechanismus mit Hilfe des genau beschriebenen Star ling -Apparet 
geprüft. Das Herz wird mit einem einfachen Skelettmuskel verglichen, und &: 
in der allgemeinen Muskelphysiologie für letztere gültigen Gesetze werden auf &: 
Herzkontraktion übertragen. In normalen Fällen ist die Herzarbeit einer Untt!- 
stützungszuckung analog, d.h. das Herz zieht sich in derselben Weise zusamr? 
wie der nur zum Teil durch ein Gewicht ausgedehnte Muskel. Die diastolisc® 
Füllung und Spannung des Herzens stellen die Länge und Spannung des Musk: 
vor, während der Aortendruck das durch die Aortenklappen unterstützte 33- 
hängende Gewicht substituiert. Schlagvolumen und systolisches Residuum s7- 
die Parallele des Kontraktionsgrades und des Längenüberschusses über die 2-- 
sammenziehung des Skelettmuskels. Die Versuchsanordnung ermöglichte &- 
Aufnahme der plethysmographischen Kammerveränderungen, des Kammerdruxk: 
des arteriellen Blutdrucks, des Drucks in der Vena cava und in der linken V:i- 
kammer. — Die Herzdynamik wurde zuerst am normalen, dann am künstlich 
Aorteninsuffizienzherzen studiert. Es ergab sich, daß das unversehrte Hsi 
höheren Anforderungen (Füllungszunahme, Widerstandserhöhung) besser £: 
wachsen war als das künstlich erkrankte Herz, wie zahlenmäßig klargelegt wv: 
Die durch Verarbeitung des »Pendelblutes« gegebenen höheren Anforderun::! 
sind in den veränderten Volumkurven der Kammern und in den Druckkun:. 
wiedergegeben. Letztere entsprechen selbstverständlich nicht den menschii:r..: 
Verhältnissen, woselbst die Hypertrophie zum Teil oder ganz kompensateon::' 
wirkt, so daß das Studium letzterer noch aussteht. Die erhebliche Bedeutung 4: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 437 


Muskeltonus wird von S. im dritten Kapitel durch Messung des minimalen dia- 
:tolischen Kammerdrucks verfolgt. Endlich wird die Wirkung des Adrenalins 
‚uf das Herz vor und nach Anstellung der Aorteninsuffizienz behandelt; die in- 
ulge der Adrenalinwirkung auftretende Besserung der mechanischen Eigenschaften 
ier Herzmuskelelemente wird analysiert, und zwar der Einfluß des Adrenalins 
uf Druck- und Volumkurve, Zeitvolum und minimalen diastolischen Druck. 
ie vielfach erörterte Beobachtung der ungleich kräftigeren Wirkung eines Heil- 
»ttels unter pathologischen wie auch unter physiologischen Bedingungen be- 
vährte sich besonders. Zeehuisen (Utrecht). 


0. R. N. Willson. Rupture of an aneurysm in a child aged four 
years. (Proc. of the path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Bei einem 4jährigen, kongenital syphilitischen Kinde, das an monatelanger 
:hwerer Anämie mit Drüsenschwellungen gelitten und bei stark vergrößerter 
lerzdämpfung ein lautes raspelndes systolisches Geräusch über dem ganzen 
rustkorb geboten hatte, fand sich als Todesursache ein in den Herzbeutel rup- 
riertes Aneurysma im Anfangsteil der Aorta neben hochgradiger Stenose der 
orten- und der Tricuspidalklappen und beträchtlicher Obstruktion und Insuf- 
jenz der Mitralis. F. Reiche (Hamburg). 


1. H. G. Godfrey. Bone conduction of the auscultatory signs of 

aneurysm. (Med. and surg. rep. of the Episc. Hosp. Philadelphia Vol. 11.) 

Fünf Fälle von Aortenaneurysma. G. macht auf die gute Fortleitung ihrer 

eräusche durch die Knochen — Wirbel, Rippen, Sternum — aufmerksam. Die 

nochenleitung für solche Geräusche ist eine sehr erhebliche, in einem Falle von 

ngenitaler Erweiterung der Arteria occipitalis bei einem Kinde wurde das über 
r fühlbare und hörbare kontinuierliche Geräusch noch am Sakrum gehört. 
F. Reiche (Hamburg). 


2. S. A. Levine and C. Frothingham (Boston). A study of a case 
of auricular flutter. (Arch. of internal med. 1915. November.) 

Bei einem 35jährigen Mann mit Stenose und leichter Insuffizienz der Aorten- 
appen wurde zweimal Vorhofsflimmern beobachtet, wobei die Vorhöfe zwischen 
5 und 350 und die Herzkammern meist halb so viel Kontraktionen in der Minute 
igten und ein leichter Pulsus alternans in dem Elektrokardiogramm und der 
urve von der Brachialis hervortrat. Während der Anfälle waren die Vorhöfe 
r Vaguskontrolle fast ganz entzogen, obwohl tiefes Atemholen ihre Frequenz 
ı wenig beeinflußte; Druck auf eins der Augen brachte nur auf die Herzkammern 
ıen hemmenden Einfluß zuwege. Bezüglich der Einzelheiten der Elektrokardio- 
amme sei auf das Original verwiesen. Die Herzform blieb bei den Attacken 
ıch Röntgenbildern die gleiche, der schon normalerweise in diesem Falle niedere 
ulsdruck wurde zur Zeit des Vorhofsflimmerns noch kleiner. 

F. Reiche (Hamburg). 


3, D. Riesman and J. H. Austin. Polygraphic tracing of complete 
heart block with rapid ventricular rate. (Proc. of the path. soc. 


of Philadelphia Vol. XVI.) 
Bei einer jungen Frau mit mehrere Jahre bestehendem leichten Morbus 
3sedowii trat unter Dyspnoe und rapider Pulsbeschleunigung mit zeitweiser 


438 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


Arhythmie ein vollständiger Herzblock ein; am Radialpuls wurden 107, in den 
Jugularvenen 204 Kontraktionen gezählt. _ F. Reiche (Hamburg). 


14. E. B. Krumbhbaar. A pathological study of two cases of heart 
block with Adams-Stokes syndrome. (Proc. of the path. sx. 
of Philadelphia Vol. XVI.) 

Eine 43jährige Frau mit Myokarditis und dekompensierter rheumatisch: 
Endokarditis bekam 2 Tage sub finem typische Adams-Stokes’sche Attack: 
mit Rückgang des Pulses von 60 auf 24; das Überleitungssystem war bei der 
Autopsie stark fibrös verändert, mit geringer Rundzelleninfiltration, der rechi 
Schenkel war in Narbengewebe untergegangen. In dem zweiten Falle traten b 
einer Frau mit einer von einer chronischen Salpingitis ausgehenden Septikän:: 
am Todestage vier typische Adams-Stokes’sche Anfälle auf, die auf ak: 
myokarditische Läsionen analog dem Gerhardt’schen Falle bezogen werden. 

F. Reiche (Hamburg). 


15. W. S. Thayer (Baltimore). Adams-Stokes syndrome-per- 
sistent bradycardia involving both auricles and ventricles. 
(Arch. of internal med. 1916. Januar.) 

Bei einer 55jährigen Frau — bei der eine Erkrankung des His’schen Bündt: 
angenommen werden muß — wurden durch 2!/, Jahre gelegentliche synkop:: 
undeklamptische Attacken mit extremer Bradykardie und Irregularität beobacht:'. 
wobei zwischen ihnen der Puls regelmäßig war, aber wenig über 30 betrug. Pei 
graph und Elektrokardiograph zeigten synchrone Verlangsamung beider Vork: 
und Herzkammern und eine ganz ungewöhnliche Verlängerung des As-\* 
Intervalis. 

In einem zweiten Falle, bei einem anscheinend gesunden 35jährigen Mar. 
bestand eine reine Sinusbradykardie; die Pulsfrequenz war seit mindestens 5 Jarre: 
in der Ruhe 30—40, das As—Vs-Intervall ist nicht prolongiert, Körperanstr:- 
gungen, tiefes Atmen und Atropin wirken in der gewöhnlichen Weise, aber eni- 
sprechend den niedrigen Anfangswerten auf Herzrhythmus und Pulszahl. 

F. Reiche (Hamburg). 


16. S. A. Levine (Boston). Observations on sino-auricular hear 
block. (Arch. of internal med. 1916. Januar.) 

L. teilt vier Fälle von sinoaurikularem Herzblock mit; drei stellten n:t' 
Digitalis sich ein, in dem vierten trat die Reizleitungsstörung zwischen det ° 
Sinus der oberen Hohlvene gelegenen Bildungsstätte der Ursprungsreize der Hez: 
kontraktionen und dem Vorhof nach Anstrengungen ein; über viele Monate sic 
erstreckende Beobachtungen zeigten, daß der Block auf einer leichten Sin: 
arhythmie beruhte, derart, daß die Fortleitung zum Vorhof aufhörte, wenn 3 
Sinusschlagfolge eine gewisse Frequenz überschritt. 

F. Reiche (Hamburg). 


17. Herz. Über Lues und Aorta. (Wiener klin.Wochenschrift 1916. Nr.i 

Bei einer Durchsicht von 7000 Krankengeschichten von Pat. mit Her: 
beschwerden ergaben sich betreffs Zusammenhang zwischen der Syphilis und z 
wissen Erkrankungen der Aorta folgende Zahlen: Aortenveränderungen bei Lu: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 439 


430 Fälle (darunter Aorteninsuffizienz 96, Aneurysmen 26), Lues ohne Aortitis 122, 
Aortendilatation ohne Lues 249, Aorteninsuffizienz ohne Lues 251 Fälle. Die 
Summe der Fälle, bei welchen die Lues ernstlich in Erwägung gezogen werden 
mußte, ergab 1025, also 15%, und zeigt durch diesen hohen Prozentsatz, welche 
ungeheuere Rolle diese Krankheit auch unter einem Materiale zählt, dessen Haupt- 
masse doch von der gewöhnlichen Arteriosklerose, von Klappenfehlern und Neu- 
rosen gestellt wird. Seifert (Würzburg). 


18, Sakai und Saneyoshi. Über die Wirkung einiger Herzmittel 
auf die Koronargefäße (Strophanthin, Koffein, Diuretin). (Archiv 

f. exp. Pathol. u. Pharm. Bd. LXXVIII. S. 331. 1915.) 

Die Versuche wurden nach der von Morawitz und Zahn angegebenen Me- 
thode an Katzen angestellt. Hinsichtlich des Strophanthins ergab sich, daß hohe 
toxische Dosen meist bei gesteigertem Blutdruck eine Kontraktion der Kranz- 
gefäße bewirken; bisweilen tritt der Tod unter Herzstillstand und sinkendem 
Blutdruck ein. Mitunter kommt es nach hohen Strophanthindosen zu einer 
sekundären Gefäßerweiterung (Lähmung). Gaben, die etwa den therapeutischen 
beim Menschen entsprechen, zeigen keine Konstriktion der Kranzgefäße. — Bei 
den Koffein- und Diuretinversuchen ergab sich, daß bei keiner Konzentration 
dieser Mittel die Kranzgefäße verengt werden. Hohe toxische Gaben führen 
sogar häufig, jedoch nicht regelmäßig, zu einer sehr starken Vermehrung des 
Stromvolumens der Kranzgefäße bei nur wenig gesteigertem oder gar vermindertem 
Blutdruck. Kleine, den therapeutischen Gaben entsprechende Mengen, bewirken 
ebenfalls eine Zunahme der Durchblutung der Koronararterien, indessen gehen 
hier die Werte kaum über das hinaus, was nach dem gesteigerten Blutdruck er- 
wartet werden darf. Die günstige Wirkung des Diuretins bei Angina pectoris 
durfte kaum auf die Erweiterung der Kranzarterien zurückzuführen sein. 

Bachem (Bonn). 


10. S. Saltikow. Über die Häufigkeit der Atherosklerose. (Korre- 
spondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1377.) 
Auf Grund seiner letzten 1200 Autopsien hat der Verf. gefunden, daß rund 

Ti1/,°, sämtlicher Menschen, die Tot- und Neugeborenen inbegriffen, athero- 

sklerotische Veränderungen aufweisen. Rechnet man die Neugeborenen und. 

Kinder unter 3 Monaten ab, so steigt die Zahl auf rund 91!/,% (929 positive 

Fälle unter 1015). Nach dem Alter von 8 Jahren sind alle Menschen mit Athero- 

sklerose behaftet. Eine Bevorzugung bestimmter Infektionskrankheiten durch 

die Atherosklerose, so besonders der Tuberkulose, ist deutlich zu konstatieren. 

Die geringsten gelblichen Fleckchen auf den Herzklappen und der Arterienintima 

sind als Atherosklerose aufzufassen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


20. Paul E. Tiemann. Arterial tension in connection with cardiac 
murmurs. (Med. record 1915. Vol. LXXXVIII. S. 822.) 

Nach F. A. Faught gibt der Pulsdruck ein besseres Kriterium ab zur Be- 
urteilung der Herzkraft als der systolische Blutdruck allein. Bei normalen und 
gut kompensierten Herzen soll nach seiner Ansicht das folgende Verhältnis be- 
stehen: Systolischer Blutdruck : diastolischer Blutdruck : Pulsdruck = 3:2: 1; 
oder D = 2/3 S und P = !/, D. Bei 20 normalen Herzen fand Faught folgende 
Mittelzahlen 125—85—43; bei 17 Fällen mit funktionellen Geräuschen 126—76—50, 


440 Zentralblatt für. innere Medizin. Nr. 23. 


bei 50 Aortenstenosen 135—79—54, bei 8 Mitralstenosen 126—77—48, also alles 
Zahlen, welche der Formel 3 :2 : 1 und den angegebenen Mittelwerten ungefähr 
entsprechen. Bei 68 unkomplizierten Mitralinsuffizienzen bestimmte Verf. nach- 
stehende Werte 144—82—62, nach der Formel 3:2 :1 sollte es lauten: 144— 
96—48. Der Pulsdruck ist also nicht unerheblich erhöt. Bei 29 Aorteninsuffi- 
zienzen wurde gefunden: 152 : 68 : 75, nach der Formel müßte es heißen 152: 
101 : 50, also eine hochgradige Herabsetzung des diastolischen Blutdrucks. Hirsch- 
felder unterscheidet zwei Typen von Aorteninsuffizienzen: den endokarditischen 
mit stark reduziertem diastolischen Blutdruck, z. B. S. 150, D. 50 und den arterio- 
sklerotischen mit beispielsweise S. 170, D.90. Bei dieser letzteren Form dürfen 
Zahlen für den systolischen Blutdruck bis zu 200 nicht als Hypertension an- 
gesehen werden. = P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


21. Georg Rosenow. Der Einfluß parenteraler Kalziumzufuhr auf 
die Durchlässigkeit der Gefäßwand. (Zeitschrift f. d. ges. experim. 

‘Medizin 1916. Bd. IV. Hft. 6.) 

Eine Beeinflussung der Gefäßwand im Sinne einer Verringerung ihrer Durch- 
lässigkeit durch Kalziumchlorid kann erzielt werden. Diese »Gefäßwanddichtung: 
gelingt sowohl bei normalen Gefäßen, was mit der Fluoreszinmethode nach- 
gewiesen wurde, wie auch bei Gefäßen, die durch lokale aseptische Entzündung- 
reize alteriert sind; im letzteren Falle wird die Exsudatbildung mehr oder weniger 
gehemmt. Bei subkutaner Vorbehandlung mit Kalziumchlorid und subkutaner 
Farbstoffinjektion kommt zur Gefäßwanddichtung der Irisgefäße (Austrittsstelle 
des Farbstoffes) eine starke Behinderung der Resorption aus dem Unterhautzell- 
gewebe hinzu. Aber auch nach Ausschaltung dieses Faktors (Fluoreszein intra- 
venös) ist eine abdichtende Wirkung des Kalkes vielfach erkennbar. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 





22. Blumenthal (Charlottenburg). Über die infektiöse Entzündung 
des Nasen-Rachenraums (Angina retronasalis). (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Die Angina retronasalis tritt als fieberhafte Erkrankung epidemisch auf. Sie 
äußert sich, abgesehen von lokalen Erscheinungen, in Fieber, Stirn- und Hinter- 
hauptskopfschmerz, starker Abgeschlagenheit, leicht nasaler Sprache. Charak- 
teristisch und so gut wie immer vorhanden ist die Schwellung der Drüsen am 
hinteren Rande des Kopfnickers oder unter ihm etwa in Höhe des Ohrläppchen:. 

Reckzeh (Berlin). 


23. Lublinski. Gaumenhochstand und adenoide Vegetationen. 

: (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 4.) | 

Eysell wies zuerst auf die Möglichkeit hin, vom Mund aus das Naseninnere 
zu weiten; einige Jahre später führte Schroeder-Benseler diese Aufgabe tech- 
nisch einwandfrei durch. Infolge der Weitung verlieren sich nach und nach die 
Beschwerden; die Nasenatmung stellt sich allmählich wieder ein, das Gaumen- 
segel verliert seine Schlotterbewegung und seinen Tiefstand, die Sprache bessert 
sich, der Breitendurchmesser des Schädels und des Näseninnern nimmt zu, die 
‚Kiefer fangen wieder an sich günstig zu entwickeln. Die Behandlung besteht 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 441 


darin, daß nach Beseitigung der Vegetationen eine kleine federnde Spange um 
die Zähne gelegt wird, die von den Kindern kaum als Belästigung empfunden wird. 
Reckzeh (Berlin). 


24. Ernst Urbantschitsch. Über Hyperkeratosis lacunaris. (Med. 

_ Klinik 1915. Nr. 45. S. 1228.) 

Bei dieser Entzündung scheinen in der Regel beide Gaumenmandeln mit 
einem scheinbaren Belag bedeckt; bei näherer Untersuchung zeigt sich jedoch, 
daß die weißlichen »Punkte« mehr als bei der gewöhnlichen lakunären Angina 
über die Oberfläche hervorragen und schärfer konturiert sind. Die Sondenunter- 
suchung ergibt, daß sich der Belag nicht abstreifen läßt und eine auffallende 
Härte aufweist. Bemerkenswerterweise finden sich einzelne Punkte auch an 
anderen Stellen des Mund-Rachenraumes, insbesondere an der hinteren Pharynx- 
wand. Anamnestisch fällt auf, daß höhere Temperaturen weder beim Beginn 
noch beim weiteren Verlaufe vorhanden waren und daß die subjektiven Beschwer- 
den mit dem objektiven Befunde (für eine Angina lacunaris) kontrastieren. Patho- 
logisch-anatomisch läßt sich sagen, daß es sich bei dieser Erkrankung um einen 
ungewöhnlich intensiven Verhornungsprozeß des lakunären Epithels, also um eine 
wirkliche Stachelbildung handelt. Über die Ursache der Erkrankung nehmen 
die einen an eine bazilläre Basis, die anderen machen den Leptothrix verant- 
wortlich. Die Behandlung ist symptomatisch. In einem Falle sah Verf. dadurch 
einen Erfolg, daß er nach Entfernung der Hornstacheln eine 2% ige Methylenblau- 
Silberlösung unmittelbar aufpinselte. Den Schluß seiner Ausführungen bildet die 
genaue Beschreibung nebst Mitteilung des Untersuchungsbefundes von einem 
Falle von Hyperkeratosis lacunaris. Ruppert (Bad Salzuflen). 


25. W. Wingrave (London). Spirochaetal ulceration of the tonsils 
in soldiers. (Lancet 1915. Juli 24.) 

W. sah in einer großen Reihe von Fällen bei Soldaten, Offizieren wie Ge- 
meinen, fusibazilläre, stets einseitige, tiefkraterförmige Tonsillenulzerationen, 
die anscheinend nicht infektiös und in erster Linie durch Überanstrengung und 
herabgesetzte Vitalität bedingt waren. In der Therapie war Jod ohne Nutzen, 
es bewährten sich Formalin, Trikresol in 5% iger alkoholischer Lösung und Lyso- 
form in 25% ,iger Solution zur 3—4mal täglichen lokalen Behandlung neben häu- 
gen Mundspülungen. Pyorrhoea alveolaris war häufig gleichzeitig neben dieser 
Vincent’schen Angina zugegen. F. Reiche (Hamburg). 


26.R. Weil. Die Behandlung von Parotisgeschwülsten mit Radium. 

(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 25. S. 2138.) 

Bei einer Kranken entwickelte sich mit 31 Jahren, 1906, eine Geschwulst vor 
und hinter dem rechten Ohr, 1912 Facialisschwäche, dann Protrusio bulbi. 1913 
war die Geschwulst hart, knotig, die Haut nur an einer Stelle unverschieblich und 
hier verfärbt. Vollständige Facialislähmung und Lagophthalmus, rechts Abducens- 
'ähmung. Die Probeexzision Dezember 1913 ergab »adenoides Cystadenom«- 
Ein benachbarter Lymphknoten war noch frei, die Muskeln aber ausgedehnt in- 
fitriert und zerstört. Von den gewöhnlichen Merkmalen der Parotismischge- 
schwülste war nichts zu finden. 

Trotz Ähnlichkeiten mit dem Basalzellenkrebs Krompecher’s ist die Ge- 


442 . Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


schwulst doch abzuleiten von »kongenital ektopischer« (Ribbert) Speichel- 
drüsensubstanz, die später stark, aber nicht maligne wächst. 

Januar 1914 wurde in Tiefe von Icm ein Radiumröhrchen versenkt mit 
10 mg Radiumbromid, geschützt durch I mm Blei. Verweildauer 4 Stunden, 
im ganzen 18 Applikationen, anfangs alle 3—4 Tage, später seltener. Nach 
2 Wochen verkleinerte sich die Geschwulst und wurde weicher. Februar 191 
wurde die Kranke entlassen, fast geheilt. Alle 2—4 Wochen kam sie wieder zur 
Röntgen- bzw. Radiumbestrahlung. Die Facialislähmung ist nicht zurückgt- 
gangen. Die Vortreibung beider Augäpfel, besonders des rechten, blieb ebenfalls 
unbeeinflußt. Die in 6 Wochen verschwundene Geschwulst ist in 2jähriger Be- 
obachtung nicht wiedergekommen. — Eine Mikrophotographie und vier klinisch? 
Bilder. Meinhof (Halle a. S.). 


27. Berger. Ein Fall von Ösophagusschuß. (Münchener med. Wocher- 
schrift 1915. Nr. 45.) 


Der Schluckschmerz kann bei Speiseröhrenverletzungen fehlen, und dit 
anderen Erscheinungen weisen nicht eindeutig auf die Speiseröhre. Verf. rät, 
den Halsschuß, namentlich jeden Halssteckschuß, wie den Bauchschuß zu w- 
handeln und das strenge Verbot, Speise und Trank zu verabreichen, den Hilis- 
kräften auch für diese Verletzung einzuschärfen. Die Aussichten auf einen asep- 
tischen Schluß der Speiseröhrenwunden im Halsteil und damit die Aussichten au! 
Erhaltung des Lebens bleiben bei der Nähe der keimreichen Mundhöhle und dem 
ständigen Speichelfluß gleichwohl immer sehr geringe. 

Reckzeh (Berlin). 


28. Axhausen (Berlin). Zur totalen Ösophagoplastik. (Berliner 

klin. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

Die Operation ist in drei Akten zu erledigen. Erster Akt: Herstellung di 
unteren Endes der neuen Speiseröhre mittels der ausgeschalteten Düni- 
darmschlinge. Zweiter Akt: Bildung des Hautschlauches bis herauf zin 
Jugulum und Herstellung der Verbindung zwischen unterem Ende des Hau!- 
schlauchs und dem oberen herausgelagerten Ende des Dünndarms. Dritter Akt: 
Breite Ösophagotomie und Herstellung der Verbindung zwischen Ösophagu:- 
öffnung und oberem Ende des Hautschlauchs durch Lappenplastik. 

Reckzeh (Berlin). 


29. Zweig. Die militärärztliche Konstatierung von Magen- und 
Darmkrankheiten. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 

Eine Anregung, deren Befolgung der Heeresverwaltung zahlreiche Individut! 
wenigstens zu Hilfsdiensten erhalten könnte, geht dahin, organisch Magen- bzw. 
Darmleidenden in größeren Garnisonorten eine Schonungsdiät zu verschaffe". 
Solche Kranke könnten in der Rekonvaleszentenabteilung mittags und abenė- 
verköstigt werden und tagsüber ihren Hilfsdienst versehen. In solchen Abtä- 
lungen ließe sich unschwer eine unter ärztlicher Kontrolle stehende Schonung:- 
kost einführen. Außerdem wären solche Magen- und Darmkranke in Sanitat:- 
anstalten als Pfleger w. zu verwenden, wobei es eine Leichtigkeit wäre, ihn: 
aus der Spitalsküche die für sie passende Diät zu verabfolgen. Dasselbe gilt vən 
leichteren Fällen von chronischer Nephritis und Diabetes. 

Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 443 


3%. Sternberg (Berlin). Die Kardioskopie. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 11.) 


‚Zur Kardioskopie eignet sich die für die ösophagoskopische Untersuchung 
angegebene Position, Bauchlage in Knie-Ellbogenstellung, besonders. Sie macht 
den Stark’schen verstellbaren Tisch überflüssig, ebenso auch jede Assistenz, 
alles Auspumpen und Austupfen des Ösophagus. Für die Technik der Einführung 
des Kardioskops ist die Ausgleichung der beiden Deviationen des Ösophagus im 
Auge zu behalten. Reckzeh (Berlin). 


31. A. da Silva Mello (Brasilien). Das Alkoholprobefrühstück nach 
Ehrmann als Normalverfahren zur Prüfung der Magenfunktion. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Der Ehrmann’sche Probetrunk besteht aus 300 ccm einer 5%igen Äthyl- 
alkohollösung mit Zusatz von 0,05% Natrium salicylicum. Die Ausheberung 
erfolgt !/, Stunde nach Darreichung der Flüssigkeit. Die Ausheberung wird 
nach kürzerer Zeit und mit bleistiftdünnen Sonden ausgeführt, die dem Pat. 
kaum Beschwerden verursachen. Die Probe ist also für die Sprechstunde des 
Arztes ganz besonders geeignet. Die Resultate der Titration entsprechen, was 
die freie HCI anbetrifft, durchaus denen des Ewald-Boas’schen Probefrühstücks. 

Reckzeh (Berlin). 


32. Ch. C. Fowler, M. E. Rehfuss und Ph. B. Hawk. Magen-Darm- 
untersuchungen. X. Untersuchung des Magenrückstandes 
in über 100 Normalfällen. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. 
Nr. 12. S. 1021.) 

Als Durchschnittswert sind 52,14 ccm anzusehen, nicht wie bisher 20 ccm. 
Der Rückstand zeigte in allen Fällen der Verff. alle Eigenschaften einer in physio- 
logischen Grenzen lebhaften Absonderung. Die Magendrüsen sondern beständig 
ab, auch wenn Reize fehlen. Es besteht ein bestimmtes Verhältnis zwischen der 
Natur des Rückstandes und der Art, wie die Magenabsonderung anspricht auf 
einen Reiz, wie etwa die Probemahlzeit. — Es kommen farblose und gallengefärbte 
Rückstände vor, letztere mehr bei höheren Säurewerten, da bei diesen die Re- 
gurgitation häufiger ist. Sie tritt eben ein zur Neutralisation des hohen Säure- 
gehaltes. Durchschnittlich betrug die Gesamtsäure 29,9, die freie Säure 18,5. 
Säure über 70, verbunden mit vermehrtem Rückstand, ist diagnostisch wichtig. 
Für niedrige Säurewerte besteht zwischen Pepsinmenge und Gesamtsäure eine 
feste Beziehung, die bei hohen Säurewerten verschwindet. Trypsin, immer vor- 
handen, ist umgekehrt proportional der freien Säure. Der Pylorusschluß ist bei 
hoher Säure vollständiger, infolgedessen auch der zerstörende Einfluß der Säure 
auf das Trypsin. Der gefundene kryoskopische Index legt eine Osmose von 
Stoffen aus dem Blute in den Magen nahe. Der Rückstand ist eine der leichtesten 
Körperflüssigkeiten. Er hat ein spezifisches Gewicht von 1,0056. 

Meinhof (Halle a.S.). 


33, Egan (Pest). Über das Schicksal und die Wirkung heißer 
und kalter Getränke im Magen. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 2.) 

Die Geschwindigkeit, mit welcher Getränke kurz nachdem sie in den voll- 
ständig nüchternen Magen gelangt sind, den Magen wieder verlassen, hängt ledig- 


444 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


lich von der dem betreffenden Magen eigenen Art der Anfangsentleerung ab. Diese 
wird selbst durch extreme Temperaturen der Getränke nicht beeinflußt, daher 
können in gewissen Fällen Flüssigkeiten, zu 0 Grad getrunken, ebenso sofort in 
den Darm gelangen, wie solche, die so heiß als möglich (55—57 Grad) getrunken 
wurden. Der Magen ist im Gegensatz zu bisherigen Annahmen keine Vorwär- 
mungseinrichtung. Es gibt sowohl unter vollkommen Gesunden als auch unter 
Pat. mit verschiedenen Erkrankungen des Magens Personen, die auf warme Ge- 
tränke anders reagieren als auf kalte. Reckzeh (Berlin). 


34. U. P. van Spanje. Die Bestimmung des Magenvolumens. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1539—42.) 

S. betont und demonstriert die Gefahren künstlicher CO,-Entwicklung im 
menschlichen Magen an frischen Leichen; in der Wandung derselben wurden, 
vor allem in der von Meinert als maximal resistent bezeichneten Curvatura 
minor, schon bei 15 mm Hg-Druck Risse wahrgenommen; die optimale Gasmenge 
stellte sich als nicht dosierbar heraus, dadurch, daß von S. eine einfache Hebervor- 
richtung mit Manometer zur Magenfüllung mit Luft hergestellt wurde, bei welcher 
unter Berücksichtigung der Aspiration und der Luftverdünnung die Messung der 
unter sehr niedrigem Druck eingeführten Luft vorgenommen wird. Derselbe 
Apparat wird zur langsamen und sorgfältigen Aspiration des Probefrühstücks, 
des nüchternen Mageninhalts, und zur Insufflierung bei der Diagnostik etwaiger 
Magengeschwülste verwendet, letztere unter 8 mm Hg-Druck. Der Apparat 
gestattet die beliebige augenblickliche Aussetzung des Luftzutritts zum Magen 
einerseits, der Aspiration andererseits. Bei Pat. mit hysterischem Erbrechen 
wurde Erhöhung der Pylorusspannung wahrgenommen; Hypermotilität auch für 
Luft in einigen Achyliafällen festgestellt; Perigastritis vermutet bei Nichtent- 
faltung des Magens unter gewöhnlichen Spannungsverhältnissen bei der Luft- 
füllung. Zeehuisen (Utrecht). 


35. F. Smithies. A study of the value of the quantitative esti- 
mation of dissolved albumin in gastric extracts (Wolff- 
Junghans’ test) in the diagnosis of gastric cancer. (Amer. 
journ. med. sciences 1914. Nr. 5. S. 713.) 

Die Anwendung der Wolff-Junghans’schen Probe auf gelöstes Eiweiß 

im Magensaft bei Krebsverdacht auf 747 Fälle ergab, daß sie bei sorgfältiger 

Ausführung und Deutung in 80% nachgewiesen karzinomatöser Fälle positiv oder 

zweifelhaft ausfiel. Freie Salzsäure fehlte in 52,2%, Milchsäure ergab sich in 

48,8%, , okkulte Blutungen in 75%, die Glyzyltryptophanprobe war in 40% positiv. 

Und nur die Prüfung des Formolindex (Sorenson und Schiff), sowie der Nach- 

weis von Organismen der Boas-Oppler-Gruppe gab höhere Werte (93,8°,). 
Daneben steht freilich ein recht inkonstantes Verhalten der Probe bei allen 

möglichen anderen Magen-, ja selbst Duodenal-, Leber- und Gallblasenaffek- 
tionen. Verwirrende Resultate ergab namentlich das einfache Magengeschwür 

(66,5%, positiv!). Blutungen aus irgendwelchen Gründen trüben ebenfalls das 

Resultat, vor allem aber tun das alle motorischen Insuffizienzen. Die Methode 

hat also nur in Verbindung mit anderen klinischen und laboratorischen Methoden 

Wert. Meinhof (Halle a.S.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 445 


36. Gasbarrini. Sulla concentrazione ionica del contenuto gastrico 
in alcune malatti dello stomaco. (Internat. Beiträge z. Pathologie 
d. Therapie d. Ernährungsstörungen 1915. Bd. V. Hft. 4.) 

Die kolorimetrische Methode von Sörensen eignet sich auch für die Bestim- 
mung der lonenkonzentration des Mageninhalts. Der Verf. bearbeitete mit 
dieser Methode 36 Magensäfte, die von Pat. stammten, welche an verschiedenen 
Magenkrankheiten litten. Auf Grund der erlangten Resultate kommt Verf. zu 
dem Schluß, daß die kolorimetrische Methode eine für klinische Untersuchungen 
ausgezeichnete Methode darstellt, In der Tat, die titrimetrische Methode erweist 
sich manchmal als ungenügend, um die Ionenkonzentration des Magensaftes zu 
messen, weil während der Titrierung unmeßbare dissoziative und hydrolytische 
Phänomene stattfinden können, mehr oder weniger erheblich, je nach der Art 
und Menge von Substanzen, welche an denselben teilnehmen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


37. W. H. Hamburger (Chicago). The inactivation of pepsin by 
sodium chlorid: its clinical significance. (Arch. of internal med. 
1915. September.) 

Nach H.’s Untersuchungen, welche die Angaben von Schütz und Lavites 
bestätigen, hebt Chlornatrium die eiweißverdauende Kraft des in Wasser gelösten 
Pepsins auf. Diese Hemmung und die von H. und Jobling gefundene, dauernd 
die Eiweißverdauung hemmende Bindung des Pepsins durch Blutserum sind der 
Schlüssel für sehr viele, wenn nicht alle bisher durch ein Antipepsin erklärte Be- 
obachtungen. Die durch Kochsalz erfolgende Aufhebung der verdauenden Wir- 
kung des Pepsins ist eine dauernde, denn das einmal so inaktivierte Ferment wird 
durch nachherigen Zusatz von Salzsäure nicht reaktiviert; die Inaktivierung läßt 
sich verhindern, wenn das Pepsin in verdünnter Salzsäure gelöst wird. Neutra- 
lisierung der Pepsinlösung, der Salzsäure zugefügt wurde, hemmt das Ferment 
ebenfalls, da sich dabeiCINa bildet; völlige Neutralisierung des Magensaftes in- 
aktiviert das Pepsin in gleicher Weise. Dieses läßt sich bei manchen Magenaffek- 
tionen, bei denen eine zeitweise Aufhebung der peptischen Verdauung erwünscht 
ist, vor allemin der Behandlung des Ulcus ventriculi chronicum, durch bestimmte 
Diät und Ernährungsweise und verschiedenerlei Alkalien erreichen. 

F. Reiche (Hamburg). 


38. G. Kelling (Dresden). Über Röntgenuntersuchungen des Magens 
mittels einer Tastsonde. (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXI. 
Hft. 5. S. 335—352.) 

Verf. veröffentlicht Untersuchungen, die mittels einer Tastsonde (hergestellt 
von Herrn Mechaniker Eugen Albrecht, Dresden-A., Circusstr. 40) an einigen 
Magenkranken ausgeführt wurden. 

Der äußere Teil des Apparates besteht aus einer geflochtenen gewachsten 
Sonde mit metallenem Kopfstück, das mit Hilfe eines Bajonettverschlusses be- 
testigt ist. Das Kopfstück trägt ein Ansatzstück, an welches ein Doppelballon 
zur Luftaufblasung kommt. Durch die ganze Sonde geht ein Spiraldraht; im 
Innern der Spirale befindet sich ein Seidenfaden, der am Mundstück an einem 
Stäbchen, das in einem Knopf endigt, befestigt ist. Durch Ziehen am Kopf kann 
man verschiedene Krümmungen der Spirale hervorrufen. Die Sonde wird bis 
zur Cardia eingeführt, dann der Magen mit Luft gefüllt und die Spirale an der 
großen und kleinen Kurvatur entlang geführt. Auf diese Weise wird die Magen- 


446 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


wand abgetastet (auf Resistenzen — Tumoren oder Unebenheiten). Kontraindika- 
tionen sind floride Ulcera, blutende Karzinome. Es empfiehlt sich, den Pat. 
2 Tage vorher mit der Rieder’schen Wismutmahlzeit zu untersuchen und den 
erhobenen Röntgenbefund mit demjenigen mit Hilfe der Tastsonde gefundenen zu 
kontrollieren. Vor dem Gebrauch der Tastsonde muß der Magen von Flüssigkeit 
leer sein. Um eine konstante Luftfüllung zu gewährleisten, wird eine einfache 
Vorrichtung empfohlen (Sicherheitsventil mit einem T-Strich, durch das über- 
flüssige Luft fortgeleitet wird). Die Untersuchung wird am stehenden Pat. aus- 
geführt. An der Hand verschiedener Skizzen (Röntgen- und Tastsondenbefund) 
wird die Brauchbarkeit der letzten Methode illustriert. Es gelingt, Unebenheiten 
mit der Sonde wahrzunehmen. 

In zwölf mitgeteilten Fällen, deren Diagnose durch Autopsie in vivo erhärtet 
wurde, gab die Untersuchung mit der Tastsonde mit dem Röntgenresultat über- 
einstimmende, dasselbe zum Teil ergänzende Befunde. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


39. Ernst Egan (Budapest). Azidität und Entleerung. Unter- 
sucht mittels Dauermagensonde und Durchleuchtung. (Archiv 
f. Verdauungskrankheiten Bd. XXI. Hft.6. S. 479—496.) 

Ausgehend von der Frage, ob Salzsäure auf die Magenentleerung verzögernd 
bzw. Alkali beschleunigend wirkte, ist es gelungen, in einer Kombination des 
Dauerverweilschlauches (Gross) mit der Röntgendurchleuchtung eine Methode 
zu finden, die für die Beantwortung verschiedener Fragen auf dem Gebiete der 
Magenentleerung und Sekretion wertvoll ist. 12 Gesunde und 5 Magenkranke 
wurden in der Weise untersucht. In keinem Falle gelang es, die Magenentleerung 
durch Einführen von Salzsäure zu verzögern, bzw. durch Neutralisieren der je- 
weilig nachweisbaren freien Salzsäure mittels Sodalösung abzukürzen. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


40. R. D. Carman und A. Müller (Rochester). The roentgenologic 
determination of gastric motility with a comparison of the 
results obtained in a series of cases examined both by the 
roentgen ray and the test-meal. (Arch. of internal med. 1915. 
September.) 

Von 4118 im Jahre 1914 wegen gastrointestinaler Erkrankungen röntgeno- 
logisch untersuchten Pat. wurden 1140 operiert und bei 950 auch die Magenmoti- 
lität vermittels Probemahlzeit geprüft. Nach diesen Untersuchungen ist das 
von C. und M. verwandte Kohlehydratmahl eine empfindlichere Probe für die 
Magenmotilität als die von ihnen modifizierte Riegel’sche Mahlzeit, und ferner 
gibt die röntgenologisch verfolgte zweimalige Magenfüllung mit 6 Stunden Pause 
bessere Auskunft als Aushebern nach einer Probemahlzeit, da durch jene nicht 
nur eine Verzögerung in der Entleerung, sondern auch eine Hypermbotilität er- 
kannt wird und sie oft sowohl die aktiven wie die passiven Faktoren der Motilität 
darlegt. Ein deutlicher Sechsstundenrest nach einer Bariummahlzeit, den C. und 
M. als das sicherste und vorstechendste Zeichen einer gastrointestinalen Affektion 
ansehen, weist in 9 unter 10 Fällen auf schwere pathologische Zustände und gê- 
wöhnlich auf eine Obstruktion am oder nahe dem Pylorus. Mit dem röntgeno- 
logischen Verfahren läßt sich ferner die Magenmotilität für verschiedene Nah- 
rungsstoffe feststellen und somit die Diagnostik gastrischer Störungen erweitern. 

F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 447 


41. Ch. Bles. Wird durch die Einnahme einer Kontrastmahlzeit 
ein abnormer Mageninhalt gebildet? (Nederl. Tijdschrift v. Ge- 
neesk. 1915. II. S. 2291—94.) 

Von mehreren wird die Erhöhung des spezifischen Gewichts einer Kontrast- 
mahlzeit fälschlich in dem Sinne gedeutet, daß die Einnahme derselben eine 
künstliche Gastroptose vortäusche. Weder das Volumen noch das spezifische 
Gewicht — Griesbrei mit 10%, Wismutkarbonat hat spezifisches Gewicht 1,14, 
ohne solche 1,10 — derselben können als abnorm angesehen werden, indem 
eine gewöhnliche Hauptmahlzeit mindestens 750g beträgt. Es handelt sich 
beim Röntgenbild ja nur um die Vergleichung der nach Breizunahme gewonnenen 
normalen und pathologischen Magenform, analog der ebensowenig mit den nor- 
malen Verhältnissen sich deckenden perkutorischen Herzfiguren. Wegen dieses 
vergleichenden Verfahrens bleibt auch die Reizwirkung des Wismutkarbonats 
auf die Magenschleimhaut außer Betracht; dieselbe hat andererseits nur unter- 
geordnete Bedeutung, der nachfolgenden, die Magenschleimhaut gegen weitere 
Reizung schützenden Schleimbildung halber. Das Wismutsalz soll zur Um- 
gehung etwaiger Schichtung des Breies bei längerem Verweilen desselben im Magen 
gründlich mit demselben verarbeitet werden. Das Wismutsalz soll vorher mit 
Wasser zu einem dünnen Brei zerrieben werden, dann mit dem aus 30 g Griesmehl, 
3g Zucker (oder mit höherer Zuckermenge und einigen Tropfen Zitronensaft) 
und 300 ccm Milch hergestellten Brei gemischt; von Kakaozusatz ist wegen des 
trheblichen Fettgehalts abzusehen. Mit dieser Fürsorge kann man obige Frage 
verneinend beantworten. Zeehuisen (Utrecht). 


42. M. S. Kakals und Seymour Basch (Neuyork). Zwerchfellhernie 
des Magens und großen Netzes, mit Bericht über einen 
Fall von angeborener Hernie, deren Sack mit Inhalt in die 
rechte Brusthöhle wanderte. (Archiv f. Verdauungskrankheiten 
Bd. XXI. Hft.6. S. 466—478.) 

Ausführliche Mitteilung der Krankengeschichte mit Röntgenbildern. 
F. W. Strauch (Halle a. S.). 


43. Ernest G. Grey. An experimental study of the effect of chole- 
cystgastrostomie on gastric acidity. (Journ. of exp. med.23. 1916. S. 15.) 
Die Ableitung der Galle in den Magen bei Hunden verursacht keinen nennens- 

werten Schaden in bezug auf die Azidität des Mageninhaltes und seine sonstigen 

Eigenschaften. Nur in zwei Fällen entstand kurze Zeit Anorexie und Erbrechen. 

Die Schleimhaut des Magens wird nicht geschädigt. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


44. M. H. Gross und J. W. Held. Kardiospasmus. (Journ. amer. med. 

assoc. LXVI. Nr. 4. S. 233.) 

Nach einem Überblick über Anatomie und Physiologie des vegetativen Nerven- 
‘ystems teilen die Verff. die Gründe der Vagusüberregbarkeit, die zu Kardio- 
‘pasmus führt, in fünf Gruppen ein: erbliche Schwäche des vegetativen Systems, 
Status asthenicus oder thymico-Iymphaticus, reflektorischen Reiz von einer 
anderen Organerkrankung aus (Magengeschwür, -Krebs, Gallen-, Nierensteine, 
erkrankte Harn- oder Geschlechtswerkzeuge, chronische Pankreatitis oder link- 
scıtige Pleuritis diaphragmatica), viertens toxische oder Stoffwechselschädigungen 


448 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 23. 


(Nikotin, Blei, Urämie, Parasiten, Gicht, Chorea, Wut), fünftens endlich eine 
örtliche Erkrankung der Speiseröhre (Fissur, Erosionen, Narbenbildung, Ulcus 
pepticum oesophagi). Abgesehen vom Globus hystericus ist der Kardiospasmus 
bei Mann und Weib gleich häufig. 

Bei der Sondierung fällt der Wechsel des Befundes auf. Manchmal befördert 
Leerschlucken die Passage, manchmal ist Öl per os oder gar 1 mg Atropin oder 
15 mg Papaverin in mehreren Dosen, 1—2 Tage vorher, nötig. Im Röntgenbild 
unterscheiden sich zwei Arten von Spasmus: unvollständiger und vollständiger. 
Im ersten Falle tritt einige Minuten gar nichts hindurch. Danach sieht man einen 
band- oder spindelförmigen Strom die Krampfstelle überwinden. Oberhalb der 
verengten Stelle sieht man Peristaltik, die aber bei langem Bestehen des Krampfes 
allmählich verschwindet, so daß dann die Unterscheidung von Cardiakrebs un- 
möglich wird. 

Die Differentialdiagnose zwischen der Krebsverengerung, der idiopathischen 
Erweiterung der Speiseröhre (Atonie des Ösophagus), syphilitischen Kontrakturen 
usw. macht eine umfassende Berücksichtigung von Röntgenbild und klinischer 
Befund nötig. 

Die Behandlung geht von der Ursache aus. Systemerkrankungen (Vag- 
tonie) werden günstig mit Hydrotherapie, Klimawechsel, Ruhe, Psychotherapi: 
behandelt. Zusammensetzung, Menge und Temperatur der Kost ist immer wichtiz. 
Alle Reize sind zu meiden. Medikamentös hat Atropin den Vorrang, !/,—Img 
1—3mal täglich; später !/, mg Atropinsulfat. Verbietet sich subkutane An- 
wendung, so kann man Extract. Belladonnae bis zu 3 mg als Stuhlzäpfchen geben. 

Ihre besondere Indikation haben Brom, Valeriana, Arsen, Eisen, Anästhesit. 

In hartnäckigen Fällen steht noch die Sondierung oder gar die Ernährun 
mit dem Magenschlauch zur Verfügung. Gewaltsame Dehnung, Gastrostomit 
und endlich Vagolyse (W. Meyer) sind die äußersten Mittel. 

Meinhof (Halle a. S.). 


45. Glaessner. Eine neue Therapie der Hyperazidität des Magens, 
insbesondere bei ulzerösen Prozessen. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 5.) 


Die zehn Krankengeschichten, welche nur die länger beobachteten Fälle ent- 
halten, zeigen, daß von zehn Fällen von Ulcus ventriculi und duodeni nach länge: 
dauernder Behandlung mit Natrium glycocholicum im Verein mit einer säufe- 
bindenden Diät acht beschwerdefrei geworden sind, einer gebessert wurde, eine! 
refraktär blieb. Wichtig ist, daß in dieser kleinen Statistik auch zwei Fälle vor 
Rezidiv nach Ulcus duodeni-Operation figurieren, die sich rasch besserten. Ferne: 
waren auch zwei Fälle von Ulcus penetrans darunter, welche sonst eine recht 
ungünstige Prognose für die interne Behandlung geben. Fast alle behandelter 
Fälle hatten schon vorher alle möglichen Behandlungsmethoden hinter sich un! 
stellten sich erst in recht chronischem Zustande vor. Das Natrium glycocholicur 
wurde in Gelatinekapseln zu 0,25 gegeben, und zwar 3—9 Stück pro Tag. 

Seifert (Würzburg). 


a——————————————————————n 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mad 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel In Leipzig. 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. „Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, tuttgart, Baden-E,, Bonn, Charlottenburg, 


a von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 24. | Sonnabend, den 17. Juni 1916. 
Inhalt. 


F. Hoffmann, Quantitative Schätzung des Azetongehaltes im Harn. 

1. MeClure, Neurasthenia gastrica. — 2. Thaysen, 3. Stierlin, 4. Bardachzi, 5. Faulhaber, 
6 Baum, 7. Kusnezoff, 8. Sehütz, 9. Ochsner, 10. Sehütz, Magenkrebs. — 11. Gienn, 
12. Sebiller, Magengeschwülste. 

13. Hertz, Duodenumsondierung nach Hess. — 14. Rubens, Ulcus duodeni. — 15. Lameris, Opera- 
tionen beim Duodenalgsschwär. — 16. Sehleicher, 17. Kobzarenko, 18. Diena, 19. a. 20. Einhorn, 
n. Wijnhausen, Pankreaserkrankungen. — 322. Lenz, Abdominale Röntgendurchleuchtung — 
3. Strasburger, Darmerkrankungen im Felde. — 24. v. Wiesner, Colienteritis. — 25. v. Kop- 
ezynsky, Paratyphöse Enteritis. — 26. Arneth, 27. Thomayer, 28. Wipple, Rodenbaugh und 
Kilgore, 29. Mayerhofer, Magen- und Darmerkrankungen. — 80. Barlow, 31. Brünauer, 
32. Kutseher und Peters, 33. Wagner, 84. Verzar und Weszeczky, 35. Seiffert und Niedieck, 
%. Hammacher, 37. Dirks, Dysenterie und Ruhr. — 38. Outerbridge, Operative Entfernung 
«ner decidusähnlichen Appendix. 





Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium 
von Prof. Dr. Georg Rosenfeld in Breslau. 


‚Quantitative Schätzung des Azetongehaltes im Harn. 
Von | 
Frieda Hoffmann in Breslau. 


Auf Veranlassung des Herrn Prof. Dr. Rosenfeld habe ich in 
seinem Laboratorium die quantitative Schätzung des Azetongehaltes 
im Harn ausgearbeitet. Der Zweck war der, eine Methode zu finden, 
die Menge des vorhandenen Azetons in kurzer Zeit annähernd zu 
bestimmen, da ja die quantitativen Bestimmungen alle mehrere Stun- 
den in Anspruch nehmen. 

Den Ausgang bildet die Legal’sche Probe, der Nachweis des 
Azetons durch Nitroprussidnatrium. Folgende Lösungen sind er- 
forderlich: 

1) Lösung von Nitroprussidnatrium, etwa 5°,ig. 

2) Annähernd 25 %ige Natronlauge. 

3) Eisessig. 

Die Lösung 1 muß jedesmal frisch bereitet sein. 

Zur Ausführung der Reaktion füllt man in ein Reagenzglas mitt- 
lerer Stärke 5ccm des zu untersuchenden Harnes, dazu 2ccm der 


24 


450 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


Lösung 1, dann 2 ccm Natronlauge, nach deren Zusatz sich die Flüssig- 
keit dunkelrot färbt. Hierauf fügt man 2 ccm Eisessig hinzu, schüttelt 
um und beobachtet nun alsbald die Reaktion, da die Farbe sich nach 
kurzer Zeit verändert. 

Bei Abwesenheit von Azeton verschwindet die rote Farbe sofort _ 
und geht ins Bräunliche über, bei Gegenwart von Azeton wird die 
Lösung schwach rosa bis undurchsichtig rot, je nach der Menge des 
Azetons. 

Bei der quantitativen Bestimmung des Azetons durch Schätzung 
habe ich mich an jene Skala der fünf Nuancen gehalten, wie sie Rosen- 
feld schon seit seiner ersten Azetonarbeit aus dem Jahre 1885 (Deutsche 
med. Wochenschrift Nr. 40 »Über die Entstehung des Azetons «) an- 
gewendet hat. 

Eine gewisse Schwierigkeit bietet ein Urin mit hohem Azeton- 
gehalt, der nach Zusatz der Reagenzien die Stufe V liefert, denn diese 
Stufe ist das Maximum der Reaktionsstärke, braucht aber nicht das . 
Maximum des Azetongehaltes zu bezeichnen; vielmehr kann ein ' 
solcher Urin 0,1 %, aber auch viel mehr Azeton enthalten. In solchem 
Falle verdünne man den Urin auf das Doppelte oder mehr, bis er nicht 
mehr die Reaktion V liefert, sondern Stärke IV; und zwar verdünn: 
man besser nicht mit Wasser, da dann die zu helle Farbe des Unns 
bei der Reaktion täuschen könnte, sondern mit einem anderen azeton- 
freien Harn, bei dem man die Abwesenheit von Azeton zunächst 
durch dieselbe Probe feststellt. ; 

Nach der Intensität der Rotfärbung sind fünf Stufen zu unter- : 
scheiden: 


Nr. I der Skala ist ein Erhaltenbleiben der ganz hellen Rot- 
färbung unter langsamem Abblassen nach Essigsäurezusatz. : 
Nr. II zeigt eine leichte Verdunkelung, die Flüssigkeit ist noch 
sehr durchsichtig. 


Nr. III. Stärkere Verdunkelung, die Farbe ist etwa wie beim 
Himbeersaft. 

Nr. IV. Stärkere Verdunkelung — aber die Flüssigkeit ist, gegen 
das Tageslicht gehalten, noch durchsichtig. 

Nr. V. Verdunkelung bis zur völligen Undurchsichtigkeit. 

Bei einer großen Anzahl von Proben habe ich gleichzeitig da: 
Azeton quantitativ bestimmt nach Messinger und fand für die cin- 
zelnen Farbennuancen folgenden Prozentgehalt: 

‘Stufe I entspricht 0,0016 —0,004%, Azeton, d.h. im Liter Urin 
im Maximum 40 mg. 

Stufe II entspricht 0,004—0,015% Azeton, d.h. im Liter im 
Maximum 150 mg. 


Stufe III entspricht 0,015 —0,03% Azeton, d. h. im Liter im 
Maximum 300 mg. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 451 


Stufe IV entspricht 0,03 —0,1 — Azeton, d. h. im Liter im Maxi- 
mum 18. 

Stufe V entspricht einem Gehalt über 0,1%. 

Bei einiger Übung kann man sogar bei jeder Stufe noch schwä- 
chere und stärkere Färbung unterscheiden. Bei Stufe I und II ist 
dies wenig bedeutungsvoll, da der Prozentgehalt höchstens 0,015 
beträgt. Wichtiger ist es bei Stufe III, festzustellen, ob 0,015 oder 
0,03% Azeton vorhanden ist, und so ist es praktisch, auf diese Stufe 
zu verdünnen. 

Wenn man also an einem Urin mehrere Proben macht, zunächst 
unverdünnt, dann auf verschiedene Stufen verdünnt, findet man 
Zahlen, die dem wirklichen Werte sehr nahe kommen, wie folgende 
Beispiele zeigen: 

l. Urin unverdünnt: Stufe l entsprechend 0,0016 —0,004%. 
Die quantitative Bestimmung ergab 0,0032% Azeton. 

ll. Urin unverdünnt: Stufe II entsprechend 0,004 —0,015 %. 
Die quantitative Bestimmung ergab 0,008% Azeton. 

III. Urin unverdünnt: Stufe IlI, aber die obere Grenze, ent- 
sprechend 0,03 %. 

Derselbe Urin verdünnt 1:1 liefert auch Stufe III, die untere 
grenze, 2.0, 0,015%, der Verdünnung wegen mit 2 zu mul- 
iplizieren = 0,03%. 

Die quantitative Bestimmung ergab 0,033% Azeton. 

IV. Urin unverdünnt: Stufe IV entsprechend 0,03 —0,1 %. 

Urin verdünnt: 1 :1 liefert Stufe Ill, und zwar die mittlere 
Nuance, entsprechend etwa 0,022 %, mit 2 zu multiplizieren = 0,044 %,. 

Die quantitative Bestimmung ergab 0,05% Azeton. 

V. Urin unverdünnt: Stufe V entsprechend mehr als 0,1%. 

Urin verdünnt 1:2 Stufe IV entsprechend 0,03—0,1% mit 
ı multipliziert = 0,09 —0,3 %. 

Derselbe Urin verdünnt 1:4 Stufe III (obere Grenze) ent- 
prechend 0,03 mit 5 multipliziert = 0,15%. 

Derselbe Urin verdünnt 1:7 Stufe IHI (untere Grenze) ent- 
prechend 0,015 mit 8 multipliziert = 0,12%. 

Derselbe Urin verdünnt 1:9 Stufe Il (obere Grenze) entspre- 
hend 0,015 x 10 = 0,15%. 

Die quantitative Bestimmung ergab 0,15%, Azeton. 

Mit Hilfe der Beziehungen zwischen Reaktionsstärke und ab- 
olutem Azetongehalt lassen sich durch diese Stufenabschätzung 
irognostisch wichtige Einblicke gewinnen. 

Bei Stufe I sind im Liter in maximo 40 mg, bei 3 Litern also 
20 mg vorhanden; das sind geringe Mengen, die nicht besonders 
ns Gewicht fallen. 

Stufe II mit 150 mg im Liter, in 3 Litern mit fast 1/, g ist schon 
nehr zu beachten. 

24* 


452 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


Stufe III ist aber noch bedeutungsvoller mit 200 g in maximo 
im Liter, also fast 1 g in 3 Litern. 

Stufe IV deutet auf 1 g im Liter, das sind 3 g in 3 Litern, 

Stufe V auf noch größere Mengen. 

So wird durch die Reaktionen die Schwere der Prognose offen- 
bar. Es bedarf nun für den Praktiker zur Kennzeichnung dieser 
praktisch wichtigen Grade von Azetonurie nicht mehr des Apparates 
einer komplizierten Destillation, sondern mit dem Auflösen von 
Nitroprussidnatrium, und durch eine wenig mühsame Ver- 
dünnung des zu untersuchenden Urins ist eine quantitative 
Bestimmung des Azetons mit der Schätzung nach Reak- 
tionsstufen in für die Zwecke der Behandlung völlig aus- 
reichender Genauigkeit zu erreichen. 

Nur in ganz seltenen Fällen wurden die Reaktionen beeinträchtigt, 
anscheinend durch das Vorhandensein großer Mengen von Azetessis- 
säure, doch im allgemeinen sind ‚gute Resultate durch die Methode 
zu erzielen. 





Referate. 


1. J. C. McClure (London). Neurasthenia gastrica. (Lancet 1915. 
September 25.) 

Mc C. zeichnet an der Hand von 100 binnen 4 Jahren beobachteten Fālen 
ausführlich das Bild und die Therapie der Neurasthenia gastrica. Der Mas:7- 
inhalt bei 20 daraufhin untersuchten Fällen zeigte bei 2 normale Salzsäurewerte. 
bei 2 nahezu ganz fehlende Salzsäure, bei 16 eine sehr verschieden starke Er- 
höhung der Gesamtazidität, aber nur bei 3 von diesen eine ausgesprochene Hype- 
chlorhydrie und bei den übrigen normale oder verringerte Salzsäuremengen. Ir 
allen Fällen bestand eine verschieden starke Magendilatation. Bei funktion: 
atonischem Magen mit spastischem Pylorusverschluß kann man vermittels ds 
Hautmagenreflexes (Mitchell, Wethered) einen Austritt von Inhalt und eize 
Verkleinerung erzielen. Schwere nervöse Strapazen mit ungenügender Ernähr:n; 
sind ätiologisch von Bedeutung. Die Magenneurasthenien zerfallen in zwei Klasscr. 
solche mit primärer Atonia gastrica und sekundärer Neurasthenie und solch:, 
bei denen die Magendilatation ein Teil einer allgemeinen Neurose ist. 

F. Reiche (Hamburg). 


2. Th. E. Hess Thaysen (Kopenhagen). Das Ventrikelkarzinom it 

typischenRöntgenbildern. (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXi. 

Hft. 1. S. 47—71.) 

An der Hand von zwölf sehr schönen Röntgenbildern wird die Diagnose ur: 
Differentialdiagnose des Magenkarzinoms (Pylorus-, Funduskarzinom — Scirrhu:- 
Übergangsform) besprochen. Die Röntgenuntersuchung des Magens stellt ir 
Zusammenhang mit der übrigen klinischen Untersuchungsmethode eine ser: 
wesentliche Bereicherung unseres diagnostischen Rüstzeuges dar. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 453 


3. Ed. Stierlin. Differential- und Fehldiagnosen beim Magen- 

krebs. (Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Nr. 17.) 

Nach den röntgenologischen Erfahrungen der Basler chirurgischen Klinik 
stellt S. folgenden Satz auf: Das Magengeschwür bedingt in den meisten Fällen 
eine Verzögerung der Magenentleerung (für den Kontrastbrei), welche sich als 
Sechsstundenrest äußert; beim Magenkrebs dagegen findet man den Magen nach 
6 Stunden gewöhnlich leer, Er zeigt nur dann einen Sechsstundenrest, wenn das 
Karzinom primär oder sekundär am Pylorus sitzt und denselben erheblich verengt, 
Fur den Sechsstundenrest beim Ulcus scheint in manchen Fällen ein Pyloruspasmus 
verantwortlich zu sein. Dies trifft besonders zu, wenn das Ulcus am Pylorus 
sitzt, wahrscheinlich aber auch bei manchen pylorusfernen Geschwüren. Beim 
Karzinomfehlt fast immer sowohl der Pylorospasmus als auch der Sanduhrspasmus, 
Warum macht nicht auch ein karzinomatöses Ulcus einen Spasmus? S. glaubt, 
daß beim Ulcus die spastische Disposition das Primäre ist und daß sie die Dis- 
>ssition zum Ulcus schafft, Rütimeyer wundert sich, daß bei Magenkrebs 
aach dem Ausfall der Röntgenaufnahme die Motilität des Magens meist nicht 
gestört ist, während bei der Sondenuntersuchung nach der Leube’schen Probe- 
nahlzeit das Gegenteil der Fall ist. de Quervain erklärt sich dieses Verhältnis 
auszwei Momenten: Die Leube’sche Probemahlzeit verläßt überhaupt den Magen 
weniger rasch als eine reine Kohlehydratmahlzeit. Schon aus diesem Grunde 
wirdalso eine Ausheberung nach 6 Stunden unter Umständen einen Rest ergeben, 
wọ die Kohlehydratkontrastmahlzeit schon entleert ist. Ferner verläßt selbst 
bi relativ engen Stenosen die dünnflüssige Kontrastmahlzeit den Magen noch in 
dernormalen Zeit, ja abnorm rasch, während die festere Bestandteile enthaltende 
Leube’sche Probemahlzeit längere Zeit zurückgehalten wird. Schwieriger ist 
de Divergenz der Untersuchungsresultate bei pylorusfernem Geschwür zu er- 
slaren. Auch nach den Erfahrungen der Basler chirurgischen Klinik ist das 
Vorhandensein eines Sechsstundenrestes unterhalb des Geschwürs so häufig, daß 
geradezu von differentialdiagnostischer Bedeutung ist. Da der Vorgang hier 
in im wesentlichen reflektorischer ist, so könnte die Erklärung in einer verschie- 
!enen Reaktion des Magens bei Magengeschwür auf Leube’sche Probemahlzeit 
‚nd auf Kohlehydratbrei beruhen, und zwar in dem Sinne, daß die letztere um- 
sekehrt wie beim Karzinom länger zurückgehalten wird. 

Röntgenfehldiagnosen kommen dadurch zustande, daß ein karzinomatöser 
Fullungsdefekt vorgetäuscht wird; dies ist möglich durch: 1) Verdrängung des 
Magens durch das gasgeblähte Colon descendens. 2) Verdrängung durch einen 
‘xtraventrikulären Tumor. 3) Perigastritis. 4) Gastrospasmus. Wichtig ist also 
die gründliche Entleerung des Kolon, die Darreichung von Papaverin 0,03 sub- 
“utan, besonders aber die Aufnahme mehrerer Bilder in verschiedenen Körper- 
agen, vor allem im Stehen und Liegen, aber auch in rechter Seitenlage im Profil. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


4. Fr. Bardachzi (Prag). Die Frühdiagnose des Magen-Darm- 
karzinoms. (Prager med. Wochenschrift 1914. S. 97.) 
Zusammenfassender Vortrag. Bezüglich des Begriffes der Frühdiagnose 

schließt sich der Verf. der Auffassung Boas’ an. Der Untersuchung des Magen- 

Inhaltes nach einer Retentionsmahlzeit ist großer Wert beizumessen. Fehlen 

der Retention spricht mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit gegen Karzinom. 

Dem Nachweise der Milchsäurebazillen wird häufig etwas zu hoher Wert beis 


454 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


gelegt, denn sie kommen vereinzelt auch bei gutartigen Magenerkrankungen vor, 
ihr reichliches Vorkommen ist aber an schwere Retention geknüpft. Die Sa- 
lomon’sche Probe steht in enger Beziehung zur motorischen Funktion; sie kann 
einerseits bei benignen Erkrankungen positiv ausfallen, andererseits bei Karzinon 
keine abnormen Eiweiß- bzw. Stickstoffwerte ergeben. Von größer Wichtigkeit 
ist die Stuhluntersuchung mit der Benzidinprobe. Bei mehrmaligem negativen 
Ausfallkann man Karzinom mit großer Sicherheit ausschließen, falls eine genügend 
große Stuhlmenge verwendet wurde. Der Wert der Röntgenuntersuchung für 
die Frühdiagnose des Karzinoms wird häufig überschätzt. 
Friedel Pick (Prag). 


5. œ Faulhaber. Die Röntgendiagnostik beim Magenkarzinom. 
Preis Mk.3,—. Halle a.S., Mahrhold, 1914. 

Die neue Auflage ist den jüngsten Erfahrungen entsprechend überarbeitet 
und erweitert. Zwei sehr gute Kupferdrucktafeln von Röntgenbildern sind neu 
hinzugefügt. Das anspruchslose Büchlein erfüllt in hervorragendem Maße seine 
Aufgaben; in kurzer, prägnanter, didaktisch wohlgegliederter Weise werden di: 
wichtigsten röntgenologischen Magenbefunde abgehandelt. Auch der persönlicher 
Ansicht des Verf.s, in bezug auf die Wichtigkeit der Röntgendiagnose beim Magen- 
karzinom können wir rückhaltslos beistimmen. David (Halle a.S.). 


6. H. L. Baum. Diagnostische Eigentümlichkeiten der Karzinome 
des Magenkörpers. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 31.) 
Die Symptome eines Korpuskarzinoms sind oft sehr undeutlich, so daß Feh!- 
diagnosen leicht möglich sind. Verf. empfiehlt deshalb, mit der Probelaparotom:: 
nicht zurückzuhalten, wenn auch die Operationschancen keine glänzenden sirü. 
Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


7. M. Kusnezofl. Die Frühdiagnose des Magenkarzinoms ver- 
mittels der Wolff-Junghans’schen Reaktion. (Russki Wratsı 
1914. Nr. 11.) 

Bei elf Fällen gutartiger Achylie schwankte der Eiweißgehalt im auszè- 
heberten Mageninhalt zwischen 20 und 100; in acht Fällen von Magenkarzinur: 
betrug der Eiweißgehalt ca. 200, in einem Falle mehr als 400. Es sprechen Eiweis- 
quanten von 80 für eine gutartige Achylie, Ziffern von 200—400 für eine maligr: 
Neubildung. Nach einer eingehenden Kritik der Wolff-Junghans’schen Me- 
thode gelangt Verf. zu folgenden Schlußsätzen: 

1) Die von Wolff-Junghans zur Differenzierung gutartiger von maligne‘ 
Achylie vorgeschlagene Reaktion mit Phosphor-Wolframsäure ist neben andere: 
Symptomen von Wert. 

2) In Anbetracht der Schwierigkeiten, völlig geeignete Fälle zu erhalten, ::! 
ihr Anwendungsgebiet begrenzt. 

3) Ein positives Resultat dieser Reaktion läßt sich zur Frühdiagnose dö 
Magenkrebses nicht verwerten. S. Rubinstein (Riga). 


8. E. Schütz. Ergebnisse neuerer klinischer Erfahrungen über 
Magenkarzinom. (Archiv f. Verdauungskrankheiten. Bd. XXI. Hft.6. 
S. 421—465.) 
Unter 222 Fällen von Magenkarzinom befanden sich 152 Männer und 70 Frauen: 
bevorzugt war das Alter von 50—60 Jahren. Meist bestanden seit längerem 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 455 


Beschwerden. In bezug auf den Sitz der Erkrankung war Pylorus und Korpus 
nahezu gleich häufig; freie HCI fehlte in 90%, der Fälle; in 17 Fällen freie HCI; 
die meisten Fälle mit freier HCI waren Pylorustumoren; Milchsäure war in 33°/, 
vorhanden, ausschließlich bei am Pylorus lokalisierten und gegen diesen hin sich 
erstreckende, vom Korpus ausgehende Tumoren. Der positive Ausfall der lege artis 
ausgeführten Milchsäureprobe ist ein sicheres Zeichen von Magenkarzinom. Re- 
tention war in 43%, der Fälle nachzuweisen. 

in 88%, der Fälle war die Diagnose Karzinom mit Sicherheit zu stellen; in 
l6 Fällen war die Röntgenuntersuchung allein entscheidend für die Diagnose 
Karzinom. Die absolute Indikation zu einem operativen Eingriff muß sich auf 
alle Fälle von Pylorusstenose, dann auf kallöse und penetrierende Ulcera er- 
strecken. F. W. Strauch (Halle a.S.). 


9. A. J. Ochsner. Beziehung zwischen Magengeschwür und Krebs. 

(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 13. S. 1073.) 

In allen kürzlich oder früher vom Verf. beobachteten Krebsfällen wuchs er 
am Rande eines Geschwürs. Hatte der Krebs das Geschwür schon überwachsen, 
so ließ es sich doch anamnestisch noch feststellen. Im Magen wie auch sonst im 
Körper wächst der Krebs am Ort eines lange einwirkenden Reizes. Verf. ist der 
Ansicht, daß das lange Verweilen der die Krebskeime enthaltenden Nahrung im 
Magen das Eindringen der Keime begünstige. Möglicherweise komme ihnen dabei 
das saure Medium zu Hilfe. Die große Mehrheit der Fälle des Verf.s haben ge- 
wöhnheitsmäßig und reichlich Nahrungsmittel genossen, die mit Sicherheit durch 
Dünger verunreinigt waren: Kopfsalat, Sellerie, Radieschen. Damit erkläre sich 
die Verpflanzung der Krebskeime in die offene Wunde des Magengeschwürs. 
cs kann auch ein Krebskeim, der schon im Blute kreist, sich an diesem Orte ge- 
ringeren Widerstandes einnisten. Führt auch nicht jedes Geschwür zum Krebs, 
soist dem ersteren doch volle Aufmerksamkeit zu widmen. Der Genuß unsauberer 
und ungekochter Nahrungsmittel ist zu vermeiden. — In der Diskussion wird dem 
verf. wiederholt und kräftig widersprochen. Meinhof (Halle a.S.). 


I0. Emil Schütz. Weitere klinische Erfahrungen über Magen- 
karzinom. (Wiener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

In nahezu der gleichen Anzahl der Fälle war der Sitz der Erkrankung Pylorus 
und Korpus. In 180 unter 222 Fällen fehlte die freie HCl. Milchsäure fehlte in 
33°, der Fälle. In 100 unter 130 Fällen, die röntgenologisch untersucht wurden, 
war der Befund positiv mit einem für Karzinom typischen Bilde. Unter den 
3% Fällen mit ungenauem Röntgenbefund waren 25 durch anderweitige klinische 
Methoden sicher als Karzinom diagnostiziert. Charakteristische Röntgenbefunde 
ohne Tumor in 23 Fällen. In den meisten Fällen kann die Diagnose ohne Röntgen- 
befund gestellt werden, dort wo röntgenologisch Pylorusstenose sicher ist, kann 
man mit Hilfe der übrigen Methoden zur Diagnose gelangen. Die Röntgenunter- 
suchung ist besonders von Wert, um Tumor oder Ulcus zu unterscheiden; in einem 
Falle Aussparung, im anderen Ausstülpung des Bi-Schattens. Das Resultat der 
eisher angewandten Methodik muß uns auch der Frühdiagnose näher bringen; 
hier spielt eine geübte Palpationstechnik die Hauptrolle; dann der Nachweis der 
’kkulten Blutungen und schließlich die Röntgenuntersuchung. Hat man die 
Diagnose, so kommt die Indikation zur Operation in Frage. Absolute Indikation: 
Pylorusstenose, bewegliches Pyloruskarzinom und nicht ausgedehnte skirrhöse 


456 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


Formen. Diagnostische Probelaparotomie in den meisten Fällen unnötig, da 
wir mit unserer klinischen Methodik ohnedies in den meisten Fällen zum Ziele 
kommen. Soll unterschieden werden, ob eine benigne oder maligne Pylorusstensse 
vorliegt, so ist ja ohnedies eine Indikation zur Operation vorhanden. Schließlich 
soll eine Probelaparotomie Aufschluß geben, ob der Fall noch operabel ist oder 
nicht, da mit Hilfe der klinischen Methoden nicht immer gesagt werden kann, ob 
Metastasen oder Komplikationen vorliegen. Feith (Nürnberg). 


11. R. A. Glenn. Uicerating myoma of the stomach. (Proc. of the 
path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Die 40jährige Pat. mit, wie die Sektion ergab, ulzeriertem Magenmyom kam 
nach’6monatigen leichten Appetitstörungen wegen Blutbrechen und Blutstühlen 
ins Krankenhaus; Tod nach 2!/, Wochen unter zunehmender Anämie. 

F. Reiche (Hamburg). 


12. Max Schiller. Über einen klinisch und histologisch eigen- 
artigen Fall von primärem Magensarkom. (Archiv f. Verdauung- 
krankheiten Bd. XX. Hft.2.) 

Ausführliche Mitteilung des im Titel genannten Falles. Bei einem 67jährigen 
Manne, bei dem bereits vor 9 Jahren eine hühnereigroße Geschwulst in der Ober- 
bauchgegend festgestellt war, treten erst 7 Wochen vor seinem Tode ernstere, 
nicht auf den Magen hinweisende Symptome auf. Magenchemismus und Röntgen- 
befund normal. Der Tumor stellt sich als ein Leiomyoma sarcomatosum heraus. 
| F. W. Strauch (Altona). 


re) GE 


13. Porl Hertz. Duodenal sondering hos spaede bern. (Ugskr. f. 
laeger 1916. Nr. 6.) 

Verf. hat in einer Reihe von Fällen bei Säuglingen nach der Hess’ scha 
Methode das Duodenum sondiert und gibt außer den bekannten Methoden an, 
daß Einspritzungen von Wasser durch die Sonde ohne Regurgitationen als Beweis 
für die gelungene Sondierung gelten kann. Er beobachtete, daß Pylorospasmen 
durch Sondierung manchmal in wiederholten Versuchen überwunden und geheil: 
werden kann. Außer in diesen Fällen kann man die Duodenalsondierung in solchen 
Fällen von Gastritis anwenden, in denen der Magen nicht einmal Wasser ver- 
trägt; blutiges Erbrechen bildet keine Gegenanzeige. 

F. Jessen (Davos). 


14. Rubens. Die Behandlung des Ulcus duodeni mit Diathermie. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 43. S. 1188.) 

Verf. hat eine Reihe von Fällen, bei denen er die Diagnose auf Ulcus duodeni 
gestellt hat, durch Anwendung von Diathermie geheilt. Der einzelne Fall brauchte 
10—23 Sitzungen zur Heilung. Verf. legte vorn auf den Leib die eine Platte und 
auf den Rücken, gerade gegenüber, die andere. Die Dauer jeder Sitzung währte 
eine halbe Stunde. Nach seinen Erfahrungen, die sich auf einen Zeitraum von 
9 Monaten erstrecken, besteht die Gefahr einer Blutung nicht. Die Wirkung dit 
Diathermie erklärt er sich damit, daß den inneren Organen eine vermehrte Wärme 
und dadurch ein gesteigerter Stoffwechsel zugeführt wird. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 457 


15. H. J. Lameris. Erfolge der Operationen beim Duodenal- 

geschwür. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2169—73.) 

Von 46 vor mehr als 1 Jahre operierten Fällen wurden 7 durch einfache 
Gastroenterostomie nicht geheilt; in 5 letzterer fand sich der Pylorus sehr weit 
nach rechts von der Medianlinie; diesem Faktum kann die Herstellung einer 
neuen Verbindung zwischen Magen und Jejunum in zu kardialer Richtung zu- 
grunde liegen, so daß die Entfernung der Anastomose von dem Pylorus zu 
groß wird, und eine zweite Operation vorgenommen werden soll. L. vermutet, 
daß die Ursache des Mißerfolgs in diesen Fällen durch diesen Umstand und nicht 
durch die Unterlassung des Pylorusverschlusses gedeutet werden kann. In der 
Diskussion dieses Vortrages sind die Auffassungen über den Nutzen des Pylorus- 
verschlusses bei der Operation geteilt; 57 von van Lier mit gleichzeitigem Pylorus- 
verschluß behandelten Fälle ergaben nur 3 Rezidive. 

Zeehuisen (Utrecht). 


16. Jos. J. Schleicher. Die Methoden zur Prüfung der äußeren 
Pankreassekretion. (Archiv f. Verdauungskrankheiten 1915. Bd. XXI. 
Hft. 4.) 

Als zuverlässig können jetzt die Methoden zum Trypsinnachweis von Gross 
und Müller, die Diastaseprobe nach Wohlgemut gelten. Die Schmidt’sche 
Kernprobe scheint nach den Berichten der Autoren weniger sicher zu sein, zu einem 
endgültigen Urteil über das Winternitz’sche Diagnostikum und die Ehrmann- 
sche Probe, die sich beide bis jetzt gut bewährt haben, liegen noch zuwenig Nach- 
prüfungen vor. Auch das Boldireff-Vollhard’ sche Ölfrühstück hat immer 
gute Resultate ergeben. 

Die Geloduratprobe nach Schlecht und die Sahli’schen Glutoidkapseln sind 

nicht in gleichem Maße zuverlässig. 

Ä Für akute Fälle empfiehlt sich also der qualitative und quantitative Trypsin- 

und Diastasenachweis aus Fäces und Urin nach Gross und Wohlgemut. Diese 

beiden Proben, die noch nie versagt haben, werden sicher für sich allein über die 
funktionelle Tüchtigkeit des Pankreas Aufschluß geben. 

Erlaubt es die Zeit und der Zustand des Kranken, so läßt sich der Ferment- 
befund nach Gross und Wohlgemut durch das Ölfrühstück nach Boldireff- 
Vollhard, die Serumplatte von Müller, die Kernprobe nach Schmidt und die 
Lipaseprobe nach Winternitz und Ehrmann ergänzen. 

Erwecken die klinischen Symptome auch nur einen Verdacht auf Beteiligung 
der Bauchspeicheldrüse, so geben unsere heutigen Fermentproben einen sicheren 
Entscheid, ob eine gestörte Pankreasfunktion vorliegt oder nicht. 

Der mikroskopische Stuhlbefund und die übrigen Symptome des pestonten 
‚Stoffwechsels bestehen dabei natürlich nach wie vor zu Recht. 

Der Fermentbefund bei 22 untersuchten Fällen bot nichts wesentlich Neues. 
Für dieintakte Pankreassekretion bei Achylia gastrica haben Stepp und Schlag- 
intweit schon eine genügende Erklärung gegeben, daß nämlich auch die Seifen 
der Neutralfette die Pankreassekretion anregen können. Der abnorme Ferment- 
befund bei Gastroenteritisistleichterklärlich. Interessant ist der Fall von Pylorus- 
karzinom, wo auf Grund der Pankreasprobe vorausgesagte Ränkreasafiektion 
durch die Operation bestätigt wurde. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


458 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


17. Kobzarenko. Über die Wirkung von Aminosäuren auf die 
Pankreassekretion. (Internat. Beiträge z. Pathologie u. Therapie d. 
Ernährungsstörungen 1915. Bd. V. Hft.4.) 

Per os gegebene Aminosäuregemische sind schwache Erreger der Pankerea:- 
sekretion. 

Etwas energischer wirken Aminosäuregemische aus vorher fermentativ 
peptonisierten Stoffen. 

Aminosäuregemische, bzw. Abbauprodukte verschiedener Stoffe und Organe 
enthalten keine Elemente, die vom Blut aus die Pankreassekretion anregen. 

Eine Ausnahme bilden die Abbauprodukte von Spinat, welche bei Einfüh- 
rung ins Blut eine sehr starke Pankreassekretion veranlassen, während der Spinät 
selber ohne Wirkung bleibt. 

Eine ähnliche Wirkung wie die Abbauprodukte von Spinat besitzt das mit 

HCI behandelte Erepton. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


18. G. Diena (Torina). Sul comportamento di alcuni fermenti 
pancreatici nel sangue dopo la legatura dei dotti pancreatici. 
(Internat. Beiträge z. Pathologie u. Therapie der Ernährungsstörungen 1915. 
Bd. V. Hft. 4.) 

Es war die Absicht des Verf.s, festzustellen, ob außer der Diastase aw: 
andere pankreatische Fermente nach Unterbindung der Bauchspeicheldrüsengärg: 
im Blute zunehmen. 

Verf. bestimmte in dem gleich nach der Entnahme durch Zentrifugieren ab- 
geschiedenen Serum das amylolytische, lipolytische und esterasische Ferment vèr 
und nach der Operation. 

Was die Amylase betrifft, so haben die Untersuchungen des Verf.s wiederum. 
die Feststellungen Wohlgemuth’s bestätigt. Die Lipase hat Verf. mit der von 
ihm erwählten Methode (Extraktion der durch Einwirkung des zu untersuchenden 
Serums auf Mandelöl gebildeten Fettsäuren mittels Petroleumäther) vor dë: 
Operation nicht darzustellen vermocht, wohl aber stets nach der Operation. 

Ebenso beobachtete Verf. stets nach derselben eine starke Zunahme d: 
Esterasis im Serum. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


19. Max Einhorn. Observations on pancreas stone colic. (Net. 
record 1915. Oktober 23.) 

Zwei Krankengeschichten von Pankreolithiasis; Diagnose: Periodisch wiedr- 
kehrende kolikartige Schmerzen im Epigastrium und hiermit verbundene, ab! 
vorübergehende Glykosurie sprechen für Pankreassteine. Hören die Kolik: 
plötzlich auf und kehren nicht wieder, so muß an Abgang des Steines gedacht 
werden. Findet man in den Fäces einen Stein, der hauptsächlich aus Kalzium- 
karbonat und Phosphat ohne Cholestearin und Gallenfarbstoff besteht, so wa: 
dies auf pankreatischen Ursprung des Steines hin. Die Funktionen der Bauch- 
speicheldrüse werden offenbar durch einen Stein erst spät gestört. Das Haupt- 
moment zur Diagnostizierung liegt in der Kolik mit vorübergehender Glykosun:. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


20. Einhorn. Zur Klinik der Pankreassteinkolik. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 
Periodisch auftretende, kolikartige Schmerzen im Epigastrium, die mit einer 
vorübergehenden Zuckerausscheidung im Urin einhergehen, können leicht von 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 459 


einem Pankreasstein herrühren. Ein plötzliches Sistieren der Attacken spricht 
für den wahrscheinlichen Abgang eines derartigen Steines. Das Auftreten eines 
Calculus in den Fäces, der hauptsächlich aus Kalziumkarbonat und Phosphat 
besteht, ohne Cholestearin und Gallenpigment zu enthalten, weist auf einen 
pankreatischen Ursprung des Steines hin. Ähnlich wie bei Gallensteinkoliken 
wird man während und kurz nach einem akuten Anfall zunächst die Ruhe als 
das notwendigste Prinzip aufstellen. Somit wird Pat. bei knapper leichter Kost 
zu Bett gehalten, warme Umschläge appliziert und sodann, wenn die Schmerzen 
heftig sind, Opium, Atropin, oder beides kombiniert, verabreicht. 
Reckzeh (Berlin). 


21. 0. J. Wijnhausen. Über rezidivierende Pankreatitis. (Nederl. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1466—70.) 

Bci einem fettreichen, sich zu reichlich ernährenden, von mütterlicher Seite 
schwer diabetisch und fettsüchtig belasteten, 29jährigen Manne traten nach zwei 
ziemlich schweren Magentraumen (1 Jahr, und 4 Monate vor dem ersten Anfall) 
zahlreiche Xantheme auf, dann auch Zuckerharn; 2 Monate später plötzliche, mit 
Erbrechen einsetzende heftige Magenschmerzen mit Druckschmerz; Zuckergehalt 
8°%/,; auch war der Harn eiweißhaltig und uratreich; der Stuhl fettreich, entfärbt, 
die Körpertemperatur bis auf 40°C gestiegen. Diese Erscheinungen gingen, 
mit Ausnahme des Zuckerharns, sämtlich zurück, wiederholten sich 2monatlich 
zu wiederholten Malen, anfallsweise; einmal wurde im Anfall 12%, Zucker im Harn 
vorgefunden, auch die Xantheme erneuerten sich jedesmal, der Stuhl wurde vor 
jedem Anfall fettreich, fötiden Geruchs, makroskopisch viel Muskelfasern; zu 
geringe Mengen diastatischen und tryptischen Ferments. Magensäure und Speichel- 
flußtraten mitunter in die Erscheinung. Dann bot Pat. auch eine Hypercholesterin- 
ämie dar; 3 Tage vor einem Anfalle war der Gehalt im Serum 8,6, im Intervall 
4,4g pro Liter Sagum, normaliter 4,8. Blutzuckergehalt im Anfall 0,19%, Blut 
sehr lipämisch. Der Einfluß des Trauma wird als wahrscheinlich erachtet. Bei 
der Operation: vergrößertes, hartes, mit nekrotischen Knoten ausgefülltes Organ; 
Dekapsulierung, Entnahme eines Bruchteils. Nach der Operation haben die 
Anfälle noch nicht vollkommen nachgelassen; auch ist der Harn 1 Jahr nach 
Operation noch zuckerhaltig.. Die Cholesterinämie und die Bedeutung dieser 
Substanz für den Stoffwechsel werden eingehend behandelt. 

Zeehuisen (Utrecht). 


22. Lenz. Zur Methodik der abdominalen Röntgendurchleuchtung. 

(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 

Die Methode der Autopalpation erleichtert die abdominale Schirmunter- 
suchung dadurch, daß sie palpatorische Eingriffe unter größeren Röntgenschutz- 
garantien ermöglicht und daß sie den palpatorischen Effekt stabilisiert und in 
gewissen Fällen das objektive Ergebnis bereichert. Der »Bleiknopfzeiger« leistet 
als Führer bei der Autopalpation brauchbare Hilfsdienste, sowie zur Organmar- 
kierung und bei der Projektion von subjektiven und objektiven Schmerzpunkten 
auf das Schirmbild. Er eignet sich ferner als Zeigerinstrument in Röntgenkursen, 
indem er die Aufmerksamkeit der Kursteilnehmer auf interessante Stellen hin- 
lenkt, die Strahlenexposition der Untersucherhand dabei vermeidend. Es wird 
eine einfache, stabile Vorrichtung zur Fixation des Leuchtschirmes beim Zeichnen 
beschrieben. Reckzeh (Berlin). 


460 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


23. J. Strasburger. Akute Darmerkrankungen im Feld und ihre 
Behandlung, insbesondere mit Suprarenin. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 42. S. 1147.) 

Folgenden, mit Durchfällen einhergehenden akuten Darmstörungen ist Verf, 
bis jetzt im Felde begegnet: 1) Indigestionen, 2) Typhus abdominalis, 3) Darm- 
störungen bei Grippe, 4) Ruhr, bzw. ruhrähnliche Erkrankungen mit mildem 
Verlaufe, 5) Erkrankungen mit hohem, rasch abfallenden Fieber und anderen 
Störungen des Allgemeinbefindens, die am meisten an Enteritis paratyphasa 
erinnerten, aber nicht durch Paratyphusbazillen hervorgerufen waren. In einigen 
dieser Fälle fanden sich zu Beginn Reizerscheinungen an den Meningen, 6) Fälle 
von Brechdurchfall. Bei der Prüfung der Frage, ob Appendicitis oder Typhiitis 
(Coecalkatarrh) vorliegt, kann Untersuchung der Fäces auf Anwesenheit von fein 
verteiltem Schleim Aufklärung bringen. In einer Reihe von von ihm untersuchten 
Fällen von sicherer Appendicitis destructiva fehlte fein verteilter Schleim vell- 
kommen. Die Behandlung mit Bolus alba hat sich bei den meisten Arten von 
Darmstörungen mit Durchfall gut bewährt. Verf. empfiehlt, große Dosen (2% 3) 
auf einmal zu geben. Hervorragende Wirkung entfaltete in vielen Fällen Supra- 
renin, in der üblichen in Ampullen vorrätigen Lösung 1 : 1000, 15—20 Tropfen, 
3mal täglich, wenn man es innerlich eingab, oder als Zusatz zu Einläufen — 
20 Tropfen auf !/, Liter Wasser — benutzte. Der Erfolg ist am ausgesprochensten, 
wenn die Stühle Schleim, oder Schleim und Blut enthalten, am wenigsten vat- 
handen bei einfachen Diarrhöen. Suprarenin wirkt unter anderem entzündungs- 
widrig und hemmt die Schleimabsonderung. Ruppert (Bad Salzuflen). 


24. v. Wiesner. Über Colienteritis. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 
Nr. 47.) 

Aus den Untersuchungen geht hervor, daß Kokkenenteritiden, durch in grofen 
Mengen auftretenden Streptokokkus lacticus bedingt, sowoRl selbständig als 
auch häufig mit anderweitigen spezifischen Darmprozessen kombiniert oder in 
deren Gefolge auftreten kann (z. B. Typhus, Dysenterie), daß jedoch nicht jeder 
mit profusen Diarrhöen verbundene Darmprozeß zu einem Kokkenstuhl Ver- 
anlassung gibt. Man kann sich vorstellen, daß der Lacticuskokkus erst durch die 
Masse, bzw. durch ein potenziertes Gift entzündungserregend wirkt und demnat! 
der Streptokokkus lacticus als ein toxigener Saprophyt anzusehen ist. 

Seifert (Würzburg). 


25. v. Korezynski. Letal verlaufene paratyphöse Enteritis. (Wiene: 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 

In allen Fällen von paratyphöser Enteritis finden sich gemeinschaftlich 
Züge. Zu allererst wird auf den Umstand hingewiesen, daß es sich um herab- 
gekommene und unterernährte Individuen gehandelt hat. Für die zwei ersten 
Fälle sind die überstandenen Kriegsstrapazen, die Anstrengungen und Entbeh- 
rungen, die vielen ungünstigen psychischen Einflüsse, denen sie durch längere 
Zeit ausgesetzt waren, von nicht zu unterschätzender Bedeutung gewesen. Bei 
den übrigen wäre mit unzureichender und ungeeigneter, zum Teil direkt gesund- 
heitsschädlicher Nahrung zu rechnen. Es sind damit für die Infektion günstige 
Vorbedingungen geschaffen worden. Ist die Infektion einmal erfolgt, so fehite 
dem Organismus die Möglichkeit, geeignete Abwehrkräfte zu schaffen und zu 
mobilisieren zur Bekämpfung der Krankheit. Und ohne daß unbedingt eine 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 461 


überaus große Giftigkeit der Krankheitserreger angenommen werden müßte, ist 
es erklärlich, warum die Infektion derart schwere -Formen angenommen hat. 
In einem Teil der Fälle handelte es sich ausschließlich um den Dünndarm, bei 
anderen Kranken traten in den Vordergrund die Entzündungserscheinungen das 
Dickdarms, und zwar dessen absteigenden Astes. Seifert (Würzburg). 


26. Arneth (Münster). Über Darmkatarrh, fieberhaften Darm- 
katarrh, Typhus, Ruhr und Mischinfektionen. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Es kamen alle Variationen zur Beobachtung: von akutem Darmkatarrh und 
infektiösem Dickdarmkatarrh bis zu Typhus und reiner Ruhr, sowie Mischinfek- 
tionen von beiden, bald mit Überwiegen des einen, bald mit Überwiegen des 
anderen Typus. Die Ruhrfälle waren weitaus in der Mehrzahl. Ätiologisch 
spielte die von den Kranken meist angegebene Erkältung (speziell die des Unter- 
leibes), zu der in Wetter-, Stellung-, Straßen- und Unterkunftsverhältnissen alle 
Bedingungen gegeben waren, die größte disponierende Rolle. Eskann den Truppen, 
ganz besonders in seuchenverdächtigen Gegenden, in dieser Hinsicht nicht genug 
ans Herz gelegt werden, für das gleichmäßige Tragen einer guten Leibbinde Sorge 
zu tragen. Reckzeh (Berlin). 


27. J. Thomayer. Zur Therapie der Darmundurchgängigkeit. (Casopis 
lekaruv ceskych 1916. Nr. 6.) 

Bei gewissen Arten des Ileus scheint die gewöhnte Körperlage dem günstigen 
Verlauf hinderlich zu sein. Beim Volvulus der Flexura sigmoidea z. B. sinkt der 
obere, horizontalere Teil dieses Darmabschnitts hinab, dreht dadurch den Darm 
an einer bestimmten Stelle, und die gedrehte Partie hat unter gewöhnlichen Ver- 
hältnissen offenbar keine Tendenz zur Rückkehr in die normale Lage. Bei hori- 
zintaler Lage des Pat. wird dem Volvulus keine Gelegenheit zur Wiederherstellung 
der physiologischen Lage der Flexur geboten; noch weniger ist dies der Fall, wenn 
der Kranke die übliche Lage mit erhöhtem Oberkörper einnimmt. Etwas ganz 
Analoges gilt für die innere Inkarzeration durch einen Bindegewebsstrang oder 
etwas Ähnliches. T.nahm nun an, daß eine erhöhte Lagerung der unteren Körper- 
hälfte die Rückkehr der gedrehten bzw. inkarzerierten Darmschlinge in die normale 
Lage am besten unterstützen konnte. Seit 7 Jahren lagert er daher in geeigneten 
Fällen den Pat. in der Weise, daß er das untere Bettende um 30 cm erhöht. Er 
D:schreibt sodann 5 hintereinander eingebrachte Fälle, die nach seiner Methode 
b:handelt wurden; 4 Fälle genasen; bei 2 derselben konnte keine Diagnose gestellt 
werden, bei 1 schien eine Inkarzeration durch einen Narbenstrang nach spezifischer 
Peritonitis und bei einem Fall ein Volvulus der Flexura sigmoidea vorzuliegen. 
Beim 5. Falle mußte die Therapie wegen blutiger Stühle unterbrochen werden; 
man hatte Verdacht auf ein tiefsitzendes Dickdarmkarzinom, das aber per rectum 
zicht nachgewiesen werden konnte. Bei der Operation fand sich eine Intussus- 
zeption. — T. läßt die Möglichkeit eines bloßen Zufalls bei einer so geringen An- 
zahl von Fällen nicht außer acht, wünscht aber doch, daß seine neue Methode 
2ıprüft werde, da sie dem Pat., wenn sein Allgemeinzustand gut ist, nicht schaden 
konne. G. Mühlstein (Prag). 


462 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


28. Wipple, Rodenbaugh and Kilgore. Intestinal obstruction, (Joum, 
of exp. med, 23. 1916. S. 123.) 

In einer abgebundenen Duodenalschlinge sammelt sich bekanntlich toxisches 
Material an, welches resorbiert wird und den Tod verursacht, Man kann aus dem 
Inhalt solcher Schlinge eine toxische Substanz gewinnen, welche der Autolyse und 
der Pankreas-, sowie der Erepsinverdauung widersteht. Durch fünf Volumina 
Alkohol oder durch Halbsättigung mit Ammoniumsulfat kann man die Substanz 
aus ihrer Lösung gewinnen. Sie ist löslich in Wasser und wird durch Kochen zer- 
stört. Sie dialysiert nicht, Es kann sich demnach nur um eine primäre Proteose 
handeln. Proteosevergiftung bei Hunden ist in der Tat sehr ähnlich den Sym- 
ptomen der Strangulationsvergiftung. Die fragliche Proteose wird übrigens mit 
dem Urin ausgeschieden. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


29. Ernst Mayerhofer. Zur Klinik, Diagnose und Therapie des 
mesenterialen Darmverschlusses im Kindesalter. (Med. Klinik 
1915. Nr. 23. S. 642.) 

An der Hand eines einschlägigen Falles, von dem ein genauer Obduktiors- 
befund gegeben wird, zeichnet Verf. die Symptomatologie des Leidens wie folgt: 
Beginn nach Verdauungsstörungen leichter oder schwerer Art. Neigung zu Re 
zidiven. Unstillbares, zuweilen peritoneales Erbrechen (kein Appetit, unlösch- 
barer Durst). Obstipation; kein Blut im Stuhle. Kein Fieber. Neigung zu 
Untertemperaturen. Toxisches Aussehen, halonierte Augen. Absolutes Fehlen 
von Meteorismus, keine oder fast keine sichtbare Peristaltik, der erweiterte Magen 
nur selten perkutorisch nachweisbar. Typischer Teigbauch, der vor oder im 
Anfalle bretthart ist. Palpationsbefunde: a. Druckpunkt rechts und aufwärt 
vom Nabel, b. kein großer Tumor, sondern bisweilen Stränge oder kleine Res- 
stenzen zu tasten (kontrahierte Darmschlingen). Puls klein, zuweilen beschleunigt, 
selten unregelmäßig. Lordose der Wirbelsäule. Harnbefund wie bei der Jehle- 
schen lordotischen Albuminurie. Schmerzparoxysmen oft wildester Art; vom 
beschriebenen Schmerzpunkte nach rechts ziehende Schmerzen. Unverkennbart! 
Einfluß der Lage des Pat.: Seitenlage oder Sitzen bevorzugt; Rückenlage schaktt, 
Pendelbewegungen im Sitzen (gegen die Lordose), aktive Kyphose (gegen dit 
Lordose), Knie-Kopfstellung (gegen die Enteroptose und gegen die Lordose). 

In Differentialdiagnose kommen: Bleivergiftung, Invagination, spastische 
Zustände (wie Pylorospasmus), Strangulationsverschluß, Fremdkörperverschluß, 
Appendicitis, chronische Peritonitis (Zug durch tuberkulöse Drüsen, Verwath- 
sungen), Hysterie (bei Nabelkoliken), alimentäre Intoxikation. Zur Prophylaxe 
empfiehlt Verf.: 1) Das Jehle’sche Lordosemieder, 2) Vermeidung alimentärt! 
Schädigungen. Als Therapie kommt in Betracht: a. Bei leichten Fällen: Opium. 
flüssige Nahrung, rektale Ernährung, Kochsalzlösung als Klysma oder subkutan, 
Beckenhochlagerung, Kyphose (am besten in der Form der Knie-Stimlage): 
b. bei schweren, noch nicht kachektischen Fällen: möglichst rasche Gastroentef> 
stomie. Ruppert (Bad Salzuflen). 


30. Nathan Barlow. Endamebic dysentery, (New York med. jour. 
1915. Vol. CII. S. 845.) 
Behandelt man die Amöbenruhr mindestens 10 Tage lang mit intravenöst 
Einspritzung von Emetin, so bleiben die Kranken für mindestens 7 Monate 1è- 
zidivfrei; dauert die Behandlung weniger lang, so ist ein Rezidiv fast unvermeid- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 463 


lich; die tägliche Dose soll auf einmal gegeben werden und darf nicht unter 0,06 
betragen. Nachbehandlung mit Ipecacuanha ist zweckmäßig, bei starken Diar- 
rhöenist Opium notwendig. Der Pat.sollfür eine Reihe von Monaten seinen Stuhl 
nach Einnahme eines Abführmittels monatlich untersuchen lassen. Die zweite 
Emetinbehandlung erzielt meist bleibende Heilung. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


31. Brünauer. Über Allgemeininfektion mit Dysenteriebazillen, 

(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 

Wenn auch meistens die Dysenterie als ein ziemlich scharf lokalisierter Prozeß 
(Coecum und regionäre Lymphdrüsen) aufritt, so scheinen doch die Allgemein- 
infektionen mit Dysenterieerregern öfter vorzukommen, als bisher angenommen 
wurde (von 54 bakteriologisch sichergestellten Fällen 4 Fälle von Dysenterie- 
bakteriurie, 1 Fall von Dysenteriebakteriämie); dafür sprechen auch die früher 
meist als Toxinwirkungen erklärten, jedoch akut-entzündliche Prozesse darstel- 
lenden Komplikationen der Dysenterie. Seifert (Würzburg). 


32, Kutscher und Peters (Mainz). Der Nachweis eines Vibrio in 
ruhrverdächtigem Stuhl, (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 
Es traten auf den Endoplatten zahlreiche glashelle, den Endoagar nicht ver- 
färbende Kolonien auf, die zunächst als Ruhrkolonien imponierten. Die nähere 
Untersuchung zeigte, daß es sich um einen Vibrio handelte, der morphologisch 
und in seiner Bewegung Ähnlichkeit mit dem Choleravibrio zeigte. 
Reckzeh (Berlin). 


3. Wagner (Kiel). Ein Bakterium dysenteriae mutabile. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916, Nr. 8.) 

Daß im vorliegenden Falle sich schon im Körper des Kranken Mutations- 
vorgänge abspielten, scheint daraus hervorzugehen, daß sich in den ersten Aus- 
saaten sofort zwei offenbar der Ruhrgruppe angehörige Typen zeigten, die, wie 
schildert, schon durch ihre Fähigkeit bzw. Unfähigkeit, Wälle zu bilden, deutlich 
voneinander zu unterscheiden waren. Reckzeh (Berlin). 


4. Verzar und Weszeczky. Über Bazillenträger bei Flexner- 

Dysenterie. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 

Bei einer Zusammenstellung über mehr als 400 Dysenterieuntersuchungen 
'anden sich 13%, Bazillenträger, die Flexner-(Pseudo-)Dysenteriebazillen min- 
destens einmal nach vollkommener Fieberlosigkeit ausschieden. Die Zahl der 
Flexner-Bazillenträger ist also recht groß. Bei einer kleinen Epidemie konnten 
zwei chronische Bazillenträger als Ursache entdeckt werden, die unter anderen 
auch ihre Bettnachbarn infizierten. Sehr häufig wechseln positive und negative 
bakteriologische Befunde bei ein und demselben Individuum ab, so daß eine min- 


dstens I3malige Untersuchung durchaus berechtigt ist. 
Reckzeh (Berlin). 


484 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 24. 


'35. Seiffert und Niedieck. Schutzimpfungen gegen Ruhr. [Meier 
l med. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Es ist möglich, eine Schutzimpfung gegen giftarme Ruhrstämme ohne größ:r: 
Impfreaktionen unter genügender Bildung von Antikörpern durchzuführen. Di: 
Impfung scheint einen ausreichenden Schutz gegen Ansteckung mit Ruhrbazille: 
zu gewähren. Reckzeh (Berlin). 


‘36. J. Hammacher. Die Behandlung der Amöbendysenterie mit 
subkutanen Tannininjektionen. (Geneesk. Tijdschr: v. Nederl. Indië LY. 
S. 510— 32. 1915.) 

Wegen Emetinmangels hat Verf. obiges Heilverfahren an einem grt: 
Material geprüft: sterile 2%,ige Tanninlösungen, anfänglich I ccm, später bi: 2: 
tägliche Einspritzungen 5 bis 7 Tage hintereinander in der Glutäalgegend. (Eigert- 
lich werden also intramuskuläre Injektionen angestellt. Ref.) Es wurde nı: 
2mal geringe Erhöhung der Körpertemperatur nach der Injektion verzeichne: 
Nur bei Amöbendysenterie wurde diese Behandlung vorgenommen, nicht bei dx 
Bazillenform, welche ebensowenig durch Tannin wie durch Emetin beeinflußt wir 
In keinem der Fälle konnten nach I—2wöchiger Behandlung Amöben ı7. 
Stuhl vorgefunden werden. Keine Rückfälle. Emetineinspritzungen ers’ 
sehr auseinandergehende Resultate; Dosierung über 60 mg täglich subkutan I: 
Vergiftungserscheinungen (Muskelnervenvergiftung) aus. 

Zeehuisen (Utrecht). 


37. Dirks (Bad Pyrmont). Beitrag zur Bolus alba- Behandlung. 

‘(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 

Für die leichteren und mittelschweren Fälle wurde eine einheitliche Behand- 
lung durchgeführt, die sich folgendermaßen gestaltete: In den ersten 3 Tagen Ri- 
zinusöl, 3mal 1 Teelöffel, bei blander, flüssiger Diät. In einer Reihe von Fäll: 
wurde an dessen Stelle Suprarenin gegeben. Weiter wurden die Kranken m: 
Tanninpräparaten behandelt. Dauerten die Ruhrstühle dennoch an, wurd 
größere Einläufe einer 2—3°%igen Lösung von Acidum tannicum täglich od! 
jeden 2. Tag angewandt. Reckzeh (Berlin). 


38. G. W. Outerbridge. Appendix showing decidual reaction it 
wall. (Proc. of the path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Bei einer 37jährigen Frau wurde 14 Stunden nach ihrer Entbindung, an & 
sich eine enorme Auftreibung des Leibes And Kotbrechen bald anschloß, ein Ap- 
pendix mit akut entzündlichen Veränderungen entfernt, die zumeist auf si® 
ödematöse und stark verdickte Serosa beschränkt waren. Mikroskopisch fane:! 
sich in den entzündlichen Alterationen Inseln von Decidualgewebe, wie es währe: 
Gravidität an verschiedenen Stellen des Beckenperitoneums beschrieben worden! 

F. Reiche (Hamburg). 


LE | 


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an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an & 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 25. Sonnabend, den 24. Juni 1916. 











Inhalt. 


Referate: 1. Samberger, 2. Schepeimann, 3. Eiehhorst, Appendicitis. — 4. Hada, Karzi- 
nome des Warmfortsatzes. — 5. Schmidt, Entzündliche Dickdarmerkrankungen. — 6. Lahm, Poly- 
posis adenomatosa intestini. — 7. Münzer, Sigmoskop. — 8. Falk, Seltsamer Befund im Mastdarm 
eines Mannes. — 9. Grosser, Azetonal-Hämorrhoidalzäpfchen. — 10. Trebing, Hämorrhoidal- 
therapie. — 11. Sehilling, Afterfissuren. — 12. Wohl, Myosis intestinalis. — 13. Austin und Car- 
penter, Eosinophilie. — 14. Moszkowski, Mittel zur Bekämpfung blutiger Stühle. — 15. Schmidt, 
Oxyuriasis. — 16. Seifert, Etelen. — 17. Bachem, Noventerol. — 18. v. Korezynski, Anguillu- 
lasis intestinalis. — 19. Minot und Rasckemann, 20. Lipowski, Trichinose. — 21. Jung, Behand- 
lang von Verdauungskrankheiten im Vereinslazarett. — 23. Strauss, Hungerkrankheit. — 23. Adler, 
Ziegenmilch. — 24., 25. und 26. Hinhede, 27. Rubner, 28. Schrumpf, 29. Salomon, 80. Wintz, 
31. und 38. Rubner, 33. Jürgensen, 34. Röhmann, 35. Begtrup, 36. Sternberg, 37. Klose, 
3. van Leersum, 39. Boas, Ernährung. — 40. Egan und Porges, Diätbehandlung des Ulcus 
ventriculi bzw. duodeni. — 41. Bornträger, Diätvorschriften für Gesunde und Kranke — 
41. Bleyor, 43. Marx, Sommerdarchfälle. — 44. Bernheim-Karrer, Akute Verdauungsstörungen 
der Säuglinge. — 45. Smiley, Bac. bulgaricus. — 46. Lambert, Larosan. — 47. Willson, Abbau- 
produkte der Nahrung als Horz- und Gefäßgifte. — 48. Jadassohn, 49. Meredith, Pellagra. 





Referate. 


1. F. Samberger. Zur Ätiologie der Appendicitis. (Casopis lékaruv 
ceskych 1915. Nr. 46.) 

Ein Pat. des Autors litt viele Jahre an den Erscheinungen der Appendicitis; 
später verschwanden dieselben ohne irgendeine Behandlung. Der Pat. erklärte 
sich dies in der Weise, daß er früher infolge der Lage seines Schlafzimmers durch 
die StraBenbeleuchtung gezwungen war, beim Schlafen auf der rechten Seite zu 
liegen; als er die Wohnung wechselte, konnte er auch links liegen; und von da an 
schwanden die Beschwerden. S. akzeptiert diese Hypothese und versucht sie 
wissenschaftlich zu stützen. Er geht von der Ansicht zahlreicher Autoren aus, daß 
in der Ätiologie der Appendicitis die Kotstauung eine große Rolle spielt. Die rechte 
Seitenlage begünstigt nun die Stagnation des Darminhalts in außerordentlicher 
Weise. Schon unter normalen Verhältnissen enthält das Querkolon vom ganzen 
Dickdarm die größte Kotmenge; der Übertritt derselben ins absteigende Kolon 
ist durch die Flexura coli sinistra erschwert; dieselbe ist nämlich durch das Lig. 
Phrenicocolicum vom ganzen Dickdarm am festesten fixiert, so daß ihre Wand 
an der konkaven Seite nach Art einer halbmondförmigen Klappe hervorspringt, 
die ein Hindernis für die Darmpassage abgibt. Bei der rechten Seitenlage wird 


25 


466 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


das Ligament durch die Schwere des Querdarms noch mehr angespannt, die Klappe 
schließt dann noch besser ab, der Übertritt des Kotes ins Colon descendens ist noch 
mehr erschwert, der Kot staut sich noch mehr im Querkolon und im aufsteigenden 
Kolon. Außer dieser anatomischen Stütze bringt S. eine statistische. Von 53 wegen 
Appendicitis behandelten Pat. schliefen 42 = 79% ausschließlich auf der rechter 
Seite, dagegen von 75 an anderen Krankheiten leidenden Pat. nur 34 = 6,3°,, 
und von diesen litten 13 an Symptomen der Kotstagnation. Schließlich führt der 
Autor einzelne Fakta an, die durch die bisherigen Kenntnisse nicht, dagegen 
durch seine Hypothese wohl erklärt werden können, und zwar das hereditäre bzw. 
familiäre Vorkommen der Appendicitis: in manchen Familien besteht die Ansicht, 
daß das Schlafen auf der rechten Seite am gesündesten sei; ferner das seltene Vor- 
kommen der Appendicitis bei Wilden: diese sind durch ihr hartes Lager gezwungen, 
die Lage zu wechseln, was bei dem weichen Bett des Kulturmenschen wegfällt: 
schließlich das häufigere Vorkommen bei Städtern: diese sind nervöser als die 
Landbewohner und fürchten durch die dauernde Lage auf der linken Seite ih 
Herz zu schädigen. G. Mühlstein (Prag). 


2. Emil Schepelmann. Trauma und Appendicitis. (Med. Klinik 
1915. Nr. 25. S. 687.) 

Verf. kommt zu dem Schluß, daß ein Trauma niemals eine Entzündung it 
dem gesunden Wurmfortsatze primär einleitet, daß aber durch die dabei gesetzt 
Blutung oder Zerreißung entweder sofort eine allgemeine Peritonitis folgen od: 
später auf Grund der traumatisch verursachten Verwachsungen, Knickungen usw. 
sich eine sekundäre Appendicitis entwickeln kann. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


3. Hermann Eichhorst. Eitrige Pneumokokkenmeningitis im Gè- 
folge von Pneumokokkenappendicitis und Periappendicitis 
(Med. Klinik 1915. Nr. 37. S. 1015.) 

Bei einer an Pneumokokkenmeningitis verstorbenen Frau fand sich bei di! 
Leichenöffnung ein Durchbruch des entzündeten Wurmfortsatzes, welcher ein: 
umschriebene und abgesackte Periappendicitis bedingt hatte. In dem Eiter fandtr 
sich Pneumokokken, so daß man annehmen muß, daß die Pneumokokken &r 
Entzündungsherd in der Bauchhöhle aus den Meningen durch die Blutbahn?! 
oder Lymphbahnen zugetragen worden war. Ruppert (Bad Salzuflen). 


4. Benzo Hada (Sapporo, Japan). Zur Frage der Karzinome des 
Wurmfortsatzes. (Prager med. Wochenschrift 1914. S. 263.) 
Mitteilung eines Falles von sogenanntem »kleinem Karzinom« der Appendix: 
dasselbe wurde bei einem 17jährigen Mädchen durch Operation entfernt, welch: 
seit 3 Wochen Schmerzen in der rechten Unterbauchgegend mit Erbrechen hatt? 
und angeblich früher nie krank war. Diese merkwürdigen Tumoren zeigen alve- 
lären Bau und enthalten fast immer doppelt brechende Lipoide. Der Wurt- 
fortsatz zeigte außer dem Tumor auch noch deutliche entzündliche Veränderung“. 
Friedel Pick (Prag). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 467 


5. Ad. Schmidt. Die schweren entzündlichen Erkrankungen des 
Dickdarmes. Vortrag, gehalten anläßlich der I. Tagung über Verdauungs- 
und Stoffwechselkrankheiten zu Homburg v. d.H. (Archiv f. Verdauungs- 
krankheiten. Bd. XXII. Hft. 1. S. 1—25.) 

Ausführliche Darstellung der Klinik, Diagnostik und Therapie der schweren 
entzündlichen Dickdarmerkrankungen unter Heranziehung eigener Beobach- 
tungen, wie Berücksichtigung der fast gesamten einschlägigen Literatur. S. teilt 
die mannigfachen, oft schwer voneinander abzugrenzenden Krankheitserschei- 
nungen in ein Schema und unterscheidet 1) Entzündungen der Ileocoecalklappe 
(Typhlitis — Appendicitis). 2) Entzündungen des Kolons (Colitis mucosa, sup- 
purativa, infiltrativa und specifica); unter Colitis specifica wäre die Dysenterie, 
die Colitis mercurialis einzugliedern. 3) Entzündungen des Mastdarms (Proctitis 
mucosa, infiltrativa, specifica). Es werden eingehend die in Gruppe 2 aufge- 
‘ührten Krankheitsbilder entwickelt. 1) Die Colitis suppurativa stellt eine schwere, 
ft mit geschwürigem Zerfall einhergehende, nicht spezifische Entzündung der 
Dickdarmschleimhaut dar, die bald akut oder chronisch einsetzt, sich bald auf 
ln ganzen Darmabschnitt oder nur auf die distalen Teile erstreckt. Durch be- 
tändige Absonderung von Blut und Eiter kommt es zu fortschreitender Ab- 
nagerung und Anämie. Besonders gefährlich ist die Möglichkeit der Blutinfek- 
Ian. Prognose ernst; 7 unter 36 Fällen verliefen letal; 14 Fälle geheilt. Therapie 
ach wenig gefestigt. Neben diätetischen Maßnahmen, eventuell HCI, Pankreon 
der Magenspülungen kommen Medikamente per os wie per rectum in Anwendung 
Kalomel; O, als Gas oder in Form dünner Lösung von H,O, durch den Duo- 
enalschlauch ; ozonisierten O, per rectum, Adstringentien nur von vorübergehender 
\irkung, Emetin subkutan empfohlen; am wirksamsten Einläufe, Einblasung 
om Rektum aus (Jodoform, Dermatol, Argent. nitric., H,O, und andere); erst 
ach Versagen einer zielbewußt durchgeführten inneren Behandlung kommt 
irurgische Therapie in Betracht. 2) Colitis infiltrativa (circumscripta), ein wenig 
nheitliches klinisches Bild(bald tumorartige Anschwellungen umschriebener Darm- 
bschnitte [Stenosen], bald fieberhafte und schmerzhafte Verdickungen, bald 
ritonitische Symptome im Sinne der Pericolitis verursachend). Diagnostisch 
erden solche Fälle bisweilen als Karzinom, appendicitische Abszesse, Peri- 
etritis und ähnliches angesprochen. Prognose meist gut, besonders bei den 
tuten Fällen. Therapie symptomatisch. 3) Übergangsfälle. 

Verf. schält aus der Fülle der Einzelbeobachtungen zwei gut charakterisierte 
sankheitsbilder heraus, die Colitis suppurativa, eine schwere, flächenhafte, 
ım Zerfall neigende Schleimhauterkrankung (blutig-eitrige Absonderungen — 
achexie — Blutinfektion) und die Colitis infiltrativa, eine entzündliche Darm- 
anderkrankung, die am häufigsten in der Flexura sigmoidea lokalisiert ist (Ste- 
senerscheinungen, Mitbeteiligung des Peritoneums). 

F. W. Strauch (Halle a. S.). 


. Wilh. Lahm. Ein Fall von Polyposis adenomatosa intestini, 
zugleich ein Beitrag zur Histogenese des Schleimhautkarzi- 
noms. (Beiträge z. path. Anatomie u. z. allg. Pathologie 1914. Bd. LIX. 
Hit. 2.) 

Schlüsse: 
Die Polyposis adenomatosa intestini gehört zu den präkanzerösen Erkran- 
ungen und kann dadurch, daß in sehr vielen oder in den meisten der Polypen 


25* 


468- Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


karzinomatöses Wachstum des Epithels auftritt, zu multipler Krebsentwicklung 
Veranlassung geben. 

Die Beurteilung des gut- oder bösartigen Charakters eines atypischen Wachs- 
tums des Epithels, wie es gerade bei den Polypen des Intestinaltraktus vorkommt, 
wird erleichtert und oft erst dadurch ermöglicht, daß man als Grenze zwischen 
Mucosa und Submucosa nicht die Epithel-Bindegewebsgrenze, sondern die Mus- 
kulatur-Bindegewebsgrenze annimmt. Jedes Überschreiten dieser Grenze be- 
zeichnet ein Karzinom. 

Als ursächliches Moment für ein Tiefenwachstum des Epithels kommt in 
manchen Fällen vielleicht eine Schleimansammlung in der Submucosa in Betracht, 
doch ist eine solche kein regelmäßiger Befund. 

Eine lebhaftere Wachstumsenergie — erkennbar an dem Einwachsen dès 
Epithels in die Submucosa — kommt nicht allein dem indifferenten Epithel zu. 
Auch morphologisch unverändertes Drüsenepithel kann ein solches Wachstum 
zeigen. 

Außer den beiden, im allgemeinen in adenomatösen Polypen beschriebenen 
Epithelarten — dem normalen und dem indifferenten — gibt es auch noch solche, 
diein Form und Funktion wesentlich von denselben abweichen. Dieselben kommer. 
in erheblicher Ausdehnung vor und sind daher nicht einfach als Übergangsti- 
dungen anzusehen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


7. Egmont Münzer (Prag). Ein modifiziertes Sigmoskop. (Archiv 
f. Verdauungskrankheiten Bd. XXI. Hft. 5. S. 363—368.) 

Beschreibung eines in Anlehnung an die bisherigen gebräuchlichen Rektoskope 
nach Law-Strauss und Foges konstruierten neuen Sigmoskops, welches ar:- 
gezeichnet ist durch vollkommen isolierte Leitung zum Glühlämpchen, drehbar:s 
Licht innerhalb des Rohres; Behinderung des Herabsinkens der Glühlamp:; 
Möglichkeit vorübergehender oder dauernder Einschaltung der Lichtquelle, Schut 
vor zu großem Innendruck beim Lufteinblasen in das Rektum und Möglichkeit 
der Einschaltung einer Vergrößerungslinse. Das Instrument ist zu beziehen durti 
Herrn Ingenieur A. Vogl oder das Medizinische Warenhaus in Berlin. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


8. J. Falk. Ein seltsamer Befund im Mastdarm eines Mannes. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 42. S. 1158.) 

Im Mastdarm eines 36jährigen Landsturmmannes, der seit 3 Wochen üher 
Darmstörungen klagte, indem er anfangs an Stuhlverstopfung litt, seit einiger 
Tagen aber zahlreich auftretende diarrhoische Entleerungen hatte, wurden zunáchs: 
manuell 897 Kirschkerne, am nächstfolgenden Tage nochmals 399 Kerne entfemt. 
und schließlich fanden sich bei einer spontanen Stuhlentleerung noch weite”? 
578 Kirschkerne. Diese Anzahl von 1874 Kirschkernen wog 700 g und entspract. 
etwa den Kernen von 8kg Kirschen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


9. Grosser. Die Behandlung der Hämorrhoidalbeschwerden mit 
Azetonal-Hämorrhoidalzäpfchen. (Med. Klinik 1915. Nr. 32. 5.8. 

Sie bestehen aus Azetonchloroformsalizylsäureester 10%, Alsol 2°, in Olur: 
cacao. In den After eingeführt, stillten sie in kurzer Zeit selbst bedrohliche BŁ- 
tungen, die Schmerzen ließen nach, und auch die bisweilen walnußgroßen Tumore? 
verkleinerten sich und schrumpften zusammen. Es blieben dann kleine säckchen- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 460 


artige Beutelchen zurück, die keine Störungen oder Schmerzen verursachten und 
die den Eindruck machten, als wären es trockene Schleimhautfalten. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


10. Trebing. Beitrag zur Hämorrhoidaltherapie. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 7.) - 
In den Bismolansuppositorien sind alle Eigenschaften eines gut wirksamen 

Antihämorrhoikums enthalten. Reckzeh (Berlin). 


~ 11, F. Schilling. Die nichtchirurgische Behandlung der After- 

fissuren. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft.9. S. 340.) 

Die stärkeren Grade von Afterfissuren, die indurierten Ulcera mit Schädigung 
des allgemeinen Befindens behandelt Verf. folgendermaßen. Er spritzt anfangs 
einige Male Novokain- oder Eukain-Kochsalzlösung unter den Riß bis in die Mus- 
 kulatur und sorgt täglich für breiigen Stuhlgang dadurch, daß er 2mal täglich 
die eingedickten Kotmassen nach Einführung eines weichen mehrfensterigen 
. Mastdarmrohres mit ?/, Liter Seifenwasser oder Sodaölemulsion erweicht und 
 ausspült. Die Symptome des Afterkrampfs schwinden hierdurch sehr bald. So- 

dann injiziert er 2mal am Tage, später nur einmal mit der Handspritze 150 ccm 
einer schwachen Tanninlösung oder Abkochung von Eichenrinde auch I ccm 
Ratanhiatinktur in 200 ccm warmem Wasser, seltener 0,25%,ige Kupfer- oder 
- Zinklösung in das untere Rektum, während der Kranke auf der linken Seite liegt, 
und läßt die Flüssigkeit unmittelbar hinterher in ein vorgehaltenes Becken wieder 
; Merauspressen. Hierdurch erreicht er, daß das Erschlaffen des Schließmuskels 
. ind die Tätigkeit der Bauchpresse geübt wird, daß das Geschwür von oben her 
- tin gespült und adstringierend auf die Wundfläche gewirkt wird. Das Geschwür 
. ftibst behandelt er, wenn notwendig, mit Perubalsam oder 10—25% iger Ichthyol- 
‚ Ösung, die er nur aufstreicht. Ruppert (Bad Salzuflen). 


ü 12 N. Y. Wohl. Myosis with report of case. (Proc. of the path. soc. 

of Philadelphia Vol. XVI.) 

Ein Fall von Myosis intestinalis durch Sarcophaga sarracinae. Bei dem jungen 
Manne wurden die Fliegenlarven in den Stühlen gefunden, als nach plötzlich ein- 
; etendem Leibschmerz profuse Diarrhöen einsetzten. Sistierung der Beschwerden 
durch Behandlung mit Santonin und Kalomel. F. Reiche (Hamburg). 





i , 13. J, H. Austin and J. S. Carpenter. Larva of Linguatula rhinaria 
recovered from human feces. (Proc. of the path. soc. of Phila- 
delphia Vol. XVI.) 

- A, und C. fanden bei einem 26jährigen Seemann mit unbestimmten abdomi- 
-talen Schmerzen in der Anamnese eine dauernde Eosinophilie von 8—10% bei 
; mgefähr 2000 Leukocyten, 75% Hb und 4000000 Erythrocyten und neben 
Eiern von Trichocephalus dispar in den Darmentleerungen lebende Larven von 
` dnguatula rhinaria. Ä F. Reiche (Hamburg). 


M, Moszkowski. Ein Mittel zur Bekämpfung der blutigen Stühle. 
| (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 
Es besteht in einer hohen Darmeingießung, einer Emulsion von Jodoform in 
Jummiarabikum. Es wurde folgende Konzentration benutzt: Jodoform 8,0, 


470 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


Gumniarabikum 100,0, Aqu. dest. 180,0. Eine weiche Schlundsonde wird etwa 
50cm weit in den Darm eingeführt. Bei stark pressenden Pat. nimmt man di: 
kleine Operation eventuellin Knie-Elibogenlage vor. Dann wird mit einer kleinen 
Gliyzerinspritze mit kräftigem Druck 45—50 ccm der vorher gut umgeschüttelten 
Flüssigkeit eingespritzt. Ein vorheriges Reinigungsklistier ist wegen der damit 
verbundenen Reizung des Darmes und Anregung der Peristaltik nicht angezeigt. 
Reckzeh (Berlin). 


15. W. Th. Schmidt. Gelonida Aluminii subacetici (Goedecke) 
und Oxyuriasis. (Med. Klinik 1915. Nr. 27. S. 753.) 

Verf. gibt bei Oxyuriasis innerlich 3mal täglich eine Tablette Gelonida Alu- 
minii subacetici bei Erwachsenen, außerdem täglich ein Klysma von einem Liter 
Wasser, in dem 1,0g Gelonida Aluminii subacetici gelöst ist. Das Wasser sc: 
stubenwarm sein, weil bereits Temperaturen unter 30° C die Würmer töten. Der 
Pat. soll den Einlauf am besten 5 Minuten lang bei sich behalten. Vorher wird 
ein Reinigungsklistier verabfolgt. Die Therapie hat sich in allen Fällen auf eine: 
Zeitraum von mindestens 8—10 Tagen zu erstrecken. Sie mag alsdann aufhören, 
falls sich im Stuhlgange und am After- bzw. im Analabschabsel (wie vom Arzt 
festzustellen ist) keine Wurmeier mehr befinden. Anderenfalls ist die Kur ® 
lange fortzusetzen, bis diese beiden Forderungen erfüllt sind. Bei Kindern gitt 
man als Einlauf !/, Liter stubenwarmes Wasser mit !/, g Gelonida Aluminii sub- 
acetici und innerlich 3mal täglich 0,5g. Ruppert (Bad Salzuflen). 


16. Seifert (Würzburg). Über Etelen. (Münchener med. Wochenschrit: 
1915. Nr. 51.) 
Etelen wirkt als Darmadstringens bei akuten (chronischen) Enteritiden ver- 
schiedenartigen Ursprungs in Tagesdosen von 1,5—20 g günstig. 
Reckzeh (Berlin). 


17. C. Bachem. Noventerol ein neues Darmadstringens. (Met. 
Klinik 1915. Nr. 29. S. 808.) 


Wir haben im Noventerol ein neues Darmadstringens aus der bewährt: 
Gruppe der Tannin-Eiweißpräparate, das sich vor den vorhandenen durch f»:- 
gende Vorzüge auszeichnet: 1) Seine Resistenz gegenüber dem Magensaft is- 
wesentlich höher. Hieraus ergibt sich eine besondere Bekömmlichkeit, da de: 
Magen mehr geschont wird. 2) Die Löslichkeit im Darme ist durch die erhöht? 
Resistenz gegenüber dem Magenssafte nicht herabgesetzt, so daß sich ein wesentlich 
günstigeres Verhältnis zwischen Unlöslichkeit im Magen und Löslichkeit im Darm: 
ergibt als bei den bisherigen Tannin-Eiweißpräparaten. 3) Die adstringierend- 
bzw. desinfizierende Wirkung wird durch die Aluminiumkomponente erhöht. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


18. L. R. v. Korezynski. Sporadischer Fall von Anguillulasis in- 
testinalis. (Med. Klinik 1915. Nr.29. S.805.) _ 

Verf. gibt die Krankengeschichte eines Falles von Anguillulasis intestina‘:- 
Anscheinend hatte sich die Infektion im Anschluß an eine überstandene Ruhr- 
erkrankung entwickelt. Bemerkenswert war an dem Falle eine Leber- und Milz- 
schwellung und eine herabgesetzte Zuckertoleranz außer erheblicher Anämi:. 
Verf. führt diese Erscheinungen zurück auf die hämolytische Wirkung gewisser, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 471 


von den Parasiten ausgehenden Reizstoffe. Die Therapie bestand in Farrenkraut- 
extrakt und Pulver je 10 g zu Pillen verarbeitet; 200 Pillen in 4 Tagen zu nehmen; 
dabei je 1,5 g Thymol täglich. Das Mittel wirkte sehr rasch. Aus dem Stuhle 
schwanden vollständig die Parasiten, und gleichzeitig verlor sich der Darmkatarrh, 
die Fäces nahmen normales Aussehen und normale Konsistenz an und enthielten 
keinen Schleim und kein Blut mehr. Ruppert (Bad Salzuflen). 


19. George R. Minot and Francis Minot Rackemann. Respiratory 
signs and symptoms in trichinosis. (Amer. journ. med. sciences 
1915. Vol. CL. S. 571.) 

Verff. beobachteten 5 Fälle von Trichinosis, bei denen die Symptome der 
komplizierenden Respirationsstörungen so sehr in den Vordergrund traten, daß 
sie primäre Pneumonie und Bronchitis vortäuschten, während die Trichinosis 
selbst anfänglich übersehen wurde; in allen 5 Fällen war starke Eosinophilie vor- 
handen, wodurch die richtige Diagnose bald ermöglicht wurde. Aus den Kranken- 
geschichten von weiteren 97 Trichinosisfällen ergab sich, daß bei der Hälfte der- 
selben Störungen von seiten des Respirationstraktus notiert waren. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


20. Lipowski. Über Trichinose. (Med. Klinik 1915. Nr.34. S. 943.) 
Verf. gibt seine Beobachtungen von zwölf an Trichinose erkrankten Soldaten 
wieder. In der Mehrzahl begann die Erkrankung schleichend. Ein Kranker 
gab an, daß er ganz plötzlich beim Pferdeputzen besinnungslos umgefallen wäre. 
Erbrechen und Durchfall wurden niemals angegeben. Das Krankheitsbild wurde 
in allen Fällen beherrscht von Fieber und Muskelschmerzen. Ein mehrfach 
beobachtetes Wiederansteigen der Temperatur nach völliger Entfieberung führt 
Verf. zurück auf die Entwicklung einer neuen Trichinengeneration. Von den 
Muskeln der Gliedmaßen waren die Beuger stärker befallen als die Strecker. 
Besonders schmerzhaft waren die Ansatzstellen der Sehnen, namentlich am Biceps. 
In zwei Fällen wurde über eine große Schmerzhaftigkeit in den Brustmuskeln ge- 
«dagt, in zwei anderen Fällen in der Lebergegend, wohl sicher als Ausdruck einer 
Jiaphragmaerkrankung. Die beiden Kranken mit besonderer Affektion der Brust- 
nuskulatur litten schwer unter bronchitischen Erscheinungen, die entweder durch 
Behinderung der Expektoration verursacht waren, oder durch trichinöse Er- 
rankung der Bronchialmuskeln, deren Entzündung nicht ohne Einfluß auf die 
Bronchialschleimhaut sein konnte. Denselben Zusammenhang zwischen Mus- 
<ulatur und Schleimhaut fand Verf. in drei Fällen der Beteiligung der Augen- 
nuskeln, deren Erkrankung eine ziemlich schwere Entzündung der Conjunctiva 
m Gefolge hatte, ebenso wie die Erkrankung der Kehlkopfmuskeln die Entzün- 
Jung der Stimmbänder (in zwei Fällen) verursachte. In einem Falle, dem klinisch 
:chwersten, war der Herzmuskel ernstlich trichinös erkrankt. Starke Schmerzen 
n der Herzgegend, Anfälle von Asthma cardiale und Angina pectoris, kleiner, 
ıussetzender, unregelmäßiger und inäqualer Puls gaben Kunde von dem ver- 
"ängnisvollen Wege, den die Parasiten genommen hatten. Diagnostisch ungemein 
wertvoll ist nach des Verf.s Erfahrungen der positive Ausfall der Diazorektion des 
Urins, der in keinem einzigen Falle fehlte. Zur Stellung der Diagnose wurde in 
allen Fällen ein kleines Stückchen Muskelfleisch unter Lokalanästhesie aus dem 
Biceps am Übergang in die Sehne entnommen. Die Prognose ist nach seinen Er- 
fahrungen gut. Selbst die Schwerkranken wurden alle gesund. In drei Fällen 


4,2 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


versuchte Verf. die Trichinose durch Neosalvarsan 0,3 zu bekämpfen. Der gün- 
stigste Termin der Salvarsanbehandlung wäre der 7. bis 9. Erkrankungstag, da 
die junge Brut die Wanderung durch den Blut- und Lymphstrom beginnt. Verf. 
konnte in allen drei Fällen eine deutliche Beeinflussung der Temperatur feststellen, 
in dem Sinne, daß die ungemein gleichmäßig abfallende Temperatur durch die 
Salvarsaninjektion plötzlich herabgesetzt wurde, nicht etwa als Zeichen eine: 
Kollapses. Die Temperatur stieg in den nächsten Tagen zwar wieder etwas an, 
blieb aber entschieden dauernd günstig beeinflußt. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


21. Jung. Die Behandlung von Verdauungskrankheiten im Vereins- 
lazarett. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 

Eine reizlose Kost ist durch etwas mechanische Mehrarbeit in der Küche 
leicht herzustellen. Das Hauptgewicht ist nicht immer nur auf die sogenannte 
Leichtverdaulichkeit der Speisen und ihre Auswahl zu legen. Durch feinstes Zer- 
kleinern wird manches auch einem schwächeren Verdauungssaft zugänglich ge- 
macht, was in großen Bissen absolut verweigert wird. Diese Erkenntnis ist zur- 
zeit wichtig, wo unsere Auswahlliste beträchtlich verkleinert worden ist. Auch 
bei Achylien und Subaziditäten braucht man nicht zugleich auf eine chemisch: 
Reizlosigkeit zu achten, sondern kann Bouillon und Salze geben. 

` i ' Reckzeh (Berlin). 


22. Strauss. Die Hungerkrankheit. (Med. Klinik 1915. Nr.31. S. 854.) 
Die Hungerkrankheit ist ein schwerer Erschöpfungszustand, der Erschzi- 
nungen macht, die uns an das Bild eines unkompensierten Herzfehlers erinner:. 
Wir sehen an den Füßen Ödeme stärkster Art. Dazu gesellt sich in weitester 
Ausdehnung Ascites. Neben diesen Erscheinungen, die uns bei erstem Betracht: 
ein Herzleiden wahrscheinlich machen, sehen wir auch das Bild des renalen Hydro. 
Der Oberkörper ist gleichfalls in stärkster Art von Ödemen betroffen. Wir seber. 
im Gesichte die Lidgegend prall gespannt wie bei den stärksten Formen von Ne- 
phritis. Bemerkenswert ist dabei, daß die Urinmenge vermindert, das spezifisch? 
Gewicht erhöht ist, daß jedoch im Urin weder Eiweiß noch Zylinder gefunden 
werden. Dabei fehlen auch beim stärkst ausgeprägtesten Falle alle Anzeichen 
eines Herzfehlers, bei älteren Erkrankten sieht man gelegentlich eine Herzdilatatior, 
die linke Herzkammer zeigt ab und zu eine starke Erweiterung. Die Töne sint 
durchweg rein, der Puls klein und regelmäßig, nirgends Extrasystolen. Nebe? 
diesen Erscheinungen sehen wir Symptome anämischer Art. Weniger drastisc 
ist der Blutbefund, der nur ein Sinken des Hämoglobingehalts bis 70°, aufweist, 
als andere Dinge, die eben als eine Beteiligung der Blutgefäße gedeutet werd: 
müssen. Wir sehen zahlreiche Fälle von Hemeralopie bei den Erkrankten. Des- 
gleichen sind Hornhautgeschwüre und Xerosis conjunctivae zu beobachten. Al: 
Komplikationen kommen Skorbut, Peliosis und Werlhof’sche Krankheit vo. 
Die Erkrankten sind gänzlich apathisch und gehen, sich selbst überlassen, z3- 
grunde. Bei entsprechender Behandlung, d.h. bei richtiger Ernährung, ver- 
schwinden langsam die Ödeme, die Kranken erholen sich, und die Wiederherstellun; 
beginnt. Ruppert (Bad Salzuflen). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 473 


23. Adler (Paretz). Für die Ziegenmilch. (Berliner klin. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 15.) | 

Die Ziegenhaltung ist für sehr viele Mütter ohne größere Umstände durch- 
führbar. Die Ziegenmilch ist leicht so zu gewinnen, daß sie als einwandfrei be- 
zeichnet werden kann. Da die Ziege von den epidemischen Krankheiten der 
Kühe meist verschont bleibt, ist ihre Milch auch bei Kindern zum Genuß in rohem 
Zustande zu empfehlen. Seitdem man imstande ist, von Ziegen durch das ganze 
Jahr frischmelke Milch zu gewinnen, wird man immer mehr in die Lage kommen, 
die Ziegenmilch je nach dem vorliegenden Falle zu »individualisieren«. 

Reckzeh (Berlin). 


24. Hindhede. Die Ernährungsfrage. (Berliner klin. Wechenschrift 1916. 
Nr. 17—19.) 

Man kann wahrscheinlich sagen: Wenn man 3,60 g N = 22,5 g Eiweiß bei. 
310) Nettokalorien annimmt, dann setzt man den Minimumbedarf nicht zu 
niedrig an. 22,5 g repräsentieren 22,5 x 4,1 = 92 Kalorien; die Eiweißkalorien 
machen also nur !/,, = 2,4°% der Totalkalorien aus. Nach den früheren Ansichten 
lite das Eiweiß !/, der Totalnahrungsmenge ausmachen. 

Mit einer Brotkost von 7 bis 7,5 g N = 44—47 g verdaulichem Eiweiß kann 
das Gleichgewicht erreicht werden. Eiweißminimum für 3000 Kalorien liegt 
etwa bei 20 g verdaulichem Eiweiß. Da nach Rubner das Eiweißminimum für 
Milch und Fleisch bei 4g Urin-N = 25 g verdaulichem Eiweiß liegt, kann weiter 
daraus geschlossen werden: Eiweiß in Kartoffeln, Brot, Milch und Fleisch hat 
wesentlich denselben Wert. 

Soviel kann mit Sicherheit gesagt werden, daß eine eiweißBarme Kost nicht die 
cute körperliche und geistige Entwicklung der Kinder verhindert. Die Sterblich- 
seit unter den Kopenhagener Arbeitern ist weit größer, als unter den reichen 
Leuten. Aber daß die Ursache daran nicht Eiweißmangel, besonders nicht Fleisch- 
mangel ist, geht daraus hervor, daß die Sterblichkeit unter dem allerärmsten Teil 
der Bevölkerung Dänemarks, den Landarbeitern, wieder viel kleiner ist, als unter 
den Kopenhagener reichen Leuten. Die Landleute aßen nämlich in der Zeit, 
welche die Statistik umfaßt, sozusagen gar kein Fleisch. 

Reckzeh (Berlin). 


25. + M. Hindhede. Moderne Ernährung. 

26. Derselbe. Praktisches Kochbuch zum System von Dr. Hind- 
hede. Berlin, Leipzig, Wien u. Zürich, Vobach & Co. (Ohne Jahres- 
angabe.) 

Beide Bücher, das erste als theoretischer, das zweite als praktischer Teil 
gedacht, geben eine eingehende Darstellung der eigenartigen und in den letzten 
Jahren viel umstrittenen Lehre des nordischen Ernährungstherapeuten. Wie 
schon der Übersetzer, v. Düring, in der Vorrede betont, ist der Charakter des 
theoretischen Teiles vornehmlich der einer Polemik gegen Rubner und andere 
Gegner der als einseitig und fanatisch gescholtenen Ernährungsmethode des 
Autors, die bekanntlich weniger auf den Grundsätzen des Vegetarismus als auf denen 
der Einfachheit und Billigkeit der Nahrung aufgebaut ist. Folgende Tafel möchte 
er über jeden EBtisch aufhängen lassen: »Keine Mahlzeit ohne Hunger; hört auf 
zu essen, sobald der Hunger gestillt ist; bei Tisch wird nicht geredet, sondern 
gekaut; eBt Brot, eBt Kartoffeln!« Es ist natürlich, daß H., dessen Erfahrungen 


474 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


rein empirische sind, gegenüber der wissenschaftlichen Medizin einen nicht leichten 
Stand hat. Das gilt namentlich für die Frage von den Differenzen zwischen der 
Wertigkeit des vegetabilen und animalen Eiweißes, die neuerdings durch die 
Ernährungsversuche mit künstlich abgebautem Eiweiß in den Vordergrund de 
Interesses gerückt sind, ferner in bezug auf die Darmgifte, die Vitaminlehre und 
anderes. Immerhin muß anerkannt werden, daß die Bücher, mit der Kraft der 
Überzeugung geschrieben, auf jeden Leser Eindruck machen. Mir willscheinen, da? 
die Lehren des Krieges in den Ernährungsfragen den Anschauungen H.'s aufer- 
ordentlich förderlich sind, und wir können es erleben, daß sein System, wenn auch 
nicht in der utrierten Form des Verf., selbst, nach dem Kriege den schon lang: 
ein schwaches Dasein fristenden Vegetarismus ablöst. Daß es das allein Selig- 
machende in der Ernährungslehre bildet, ist freilich höchst unwahrscheinlich: 
Der Mensch vermag sich eben allen Ernährungsweisen anzupassen, und darin liegt 
‚gerade seine Stärke. Durch Festlegung auf eine Form der Ernährung würd 
seine Anpassungsfähigkeit und damit auch seine Leistungsfähigkeit im Kampi: 
ums Dasein leiden. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


27. Rubner. Die Ernährung der kurfürstlich bayerischen Sol- 
daten im Jahre 1795. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 17. 
Die Veränderung der Soldatenernährung im Zeitraum von 121 Jahren b- 
trifft nicht die Masse des Energiewertes der Kost überhaupt — die Menschen habe: 
wahrscheinlich sich darin zu allen Zeiten nicht unterschieden — als vielmehr di 
Kochweise, d.h. die Änderung in den Gerichten, und damit in den Nahrung: 
mitteln. Die Soldatenkost hat sich hierin natürlich auch der anderweitigen Ver- 
änderung der Eßweise anpassen müssen. Reckzeh (Berlin). 


28. Schrumpf. Die Nährhefe als Nahrungsmittel. (Münchener mèi. 
Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Nährhefe vielleicht in bescheidene! 
Mengen als Eiweißnährpräparat, d.h. als Zusatz zur Ernährung für den wen: 
Wählerischen gelten kann, ähnlich wie so viele andere im Handel befindlich 
Präparate, aber keineswegs als Nahrungsmittel, als Ersatz für Fleisch. Von seite: 
der Nahrungsmittelchemie ist auch der Fehler begangen worden, zu vergessen, 
daß nicht allein der absolute, chemisch-analytisch festzustellende Nährwert eine! 
Substanz dieselbe zum Nahrungsmittel stempelt, sondern, daß auch ein Wohi- 
geschmack oder zum mindesten das Fehlen eines unangenehmen Nebengeschmack® 
nötig sind. Reckzeh (Berlin). 


29. Salomon (Wien). Über den Einfluß der Hefe, speziell Nähr- 
hefe, auf die Harnsäureausscheidung. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 13.) 

Es entsteht sowohl durch die Darreichung des Hefebrotes, wie durch die dè: 
reinen Nährhefe, eine deutliche Erhebung der Harnsäureausfuhr im Harne. E: 
folgt daraus, daß Gichtiker oder Leute mit Harnsäuresteinen sich jedenfalls det 
hohen Nährhefemengen enthalten sollen. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 475 


30. Wintz. Die Bedeutung der Nährhefe als Nahrungsmittel. 


(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 13.) 
Technisch im großen Nährhefe herzustellen, war erst möglich, als der rationelle 
Ausbau des Haber’schen Verfahrens die Erzeugung von Ammoniak direkt aus 


. der Luft unter hohem Druck und hoher Temperatur aus kostenlosem Ausgangs- 


: material erlaubte. Der aus der Luft gewonnene Stickstoff wird als Ammoniak in 


die als Nährlösung dienende, 50% Zucker enthaltende Melasse eingeleitet, und in 
den großen Gärbassins wächst dann die eingesäte Hefe sehr schnell. Schließlich 


‘ wird sie noch einem ausgiebigen Trockenverfahren unterworfen. 


Reckzeh (Berlin). 


31. Rubner. Die Resorbierbarkeit der Nährhefe. (Münchener med. 


Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 
Das Gesamtresultat der Resorption der Hefe ist nicht ungünstig, es mahnte 


i aber auch der Versuch am Hunde zur Vorsicht oder doch zur Zurückhaltung in 


. der Menge der gefütterten Substanz, da der erwähnte breiige und gasige Kot nicht 


u 
X 


als etwas Normales betrachtet werden darf. Von geschmackgebenden Stoffen läßt 
sich in der Hefe nichts empfinden, was dem Fleischextrakt gleichwertig wäre. 


.. Von Hefe kann man keine Suppen oder Braten herstellen, und deswegen kann sie 
‚ auch nie für die Kochzwecke und die Herstellung einer Kost die Rolle des Fleisches 
_ übernehmen. Sie ist also weder Fleisch noch Pflanzenfleisch, denn letzteres gibt 
es bis jetzt überhaupt nicht. Reckzeh (Berlin). 


.3%, Rubner. Über Nährwert einiger wichtiger Gemüsearten und 


deren Preiswert. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 
Die nutzbaren Kalorien oder Reinkalorien sind pro 100 Teile Trockensubstanz 
sehr verschieden. Am gehaltvollsten sind wegen des hohen Fettgehaltes die Nuß- 


arten, das Minderwertigste ist der Spinat, einmal, weil er sehr N-haltig ist, also 
weil sich viel Abfall an Energie ergibt und wegen des zum Teil enormen Asche- 


gehaltes. Der Gehalt an Protein ist ungemein wechselnd, die Obstarten, wie 


: Äpfel, Birnen usw. sind praktisch so gut wie eiweißfrei, denn sie enthalten nur 
n 137% Protein, das Maximum des Proteins kommt dem Spinat zu mit 36,44%, 
- Protein. Ein Unterschied im Proteingehalt ist zwischen Wurzel und Blattgemüsen 
vorhanden, die ersteren sind proteinarm, die letzteren im allgemeinen proteinreich. 
: Unter den Blattgemüsen sind Blaukohl und Wirsing die proteinärmsten und stellen 
: die Übergangsgrenze zu den Wurzelgemüsen dar, die höchsten Proteinwerte haben 
‚ Steinpilze und Spinat. Im Hinblick auf die Verbrennungswärme sind die Unter- 
. Schiede der Vegetabilien nicht sehr bedeutend. Den niedrigsten Wert hat Wirsing, 
; den höchsten Grünkohl, einen Einfluß übt auf den Verbrennungswert der Gehalt 


an Nichtproteinstickstoff, derihn herabdrückt, der Gehalt an Ätherextrakt anderer- 


© Mits derihnerhöht. Alle hier interessierenden Nahrungsmittel fallen innerhalb des 
 Geltungsbereiches des Preiswertes von animalischen Nahrungsmitteln mit Aus- 


nahme der Kohlrüben, die billiger, und des Spinates, der teurer ist als animalische 
Produkte. Reckzeh (Berlin). 


3. Chr. Jürgensen. Schonungsdiät. Ein Beitrag zur Reform der 
Diätverordnungsformen. (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXII. 

Hft. 1. S. 26-61.) 
Verf. stellt ein ganz ins Einzelne gehendes Schema einer Schonungsdiät auf. Er 
unterscheidet die mechanische Schonungsdiät nicht nach Konsistenz oder Flüssig- 


476 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


keitsgrad, sondern nach Zerteilungsgrad (Kristalloide, kolloide Lösung, Emulsion, 
Suspension, mehlige, püreeförmige Zerteiltheit usw.); ausführliche, nach diesen 
Gesichtspunkten aufgestellte Diätschemata. F. W. Strauch (Halle a.S.). 


34. Röhmann (Breslau). Zur Frage nach dem Nährwert des Voll- 
kornbrotes. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 

Die Rückkehr zu einem geeigneten Vollkornbrot würde von selbst dem über- 
mäßigen Fleischgenuß entgegenwirken. Die breiten Schichten des Volkes würden 
bald erkennen, daß eine Nahrung, die aus Vollkornbrot, Kartoffeln und Fett 
unter Zugabe von Obst und Gemüsen besteht, also tatsächlich eine vegetarianische 
‚Lebensweise, billiger und mindestens ebenso gesund ist, wie eine Ernährung mit 
weißem Brot und dem teueren Fleisch. Reckzeh (Berlin). 


35. Erik Begtrup. Untersuchungen über die Rektalernährung. 
(Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXI. Hft.5. S. 369—400.) 

Nach historischem Überblick über die von verschiedenen Autoren verschiede 
gewürdigte Rektalernährung veröffentlicht Verf. 16 Stoffwechselversuche (Rekta- 
klistierernährung meist Magenkranker, die wegen Hämatemesis nicht. per os ernäht 
werden konnten). Die Klistiere wurden 2—3mal täglich mit Wasser zu 200 bi: 
250 ccm verdünnt gegeben. Es wurde Fleisch-Milch und gemischte Fleisch- und 
Aminosäure verabfolgt. Die Fleischaminosäure wurde durch Trypsin und Erepiir- 
verdauung von Ochsenfleisch hergestellt. Außer Aminosäure wurde Trauben- 
zuckerin den Klysmen gegeben (25—30 g). Die Pat. (nach frischen Hämatemesn) 
wurden 2—7 Tage auf Inanition gehalten, danach die Klysmen gegeben. Aufer 
dem zugeführten N wurde der Stickstoff im Harn und in den Fäces (nach Kjel- 
dahl und Kroghs), Ammoniak und Aminosäurestickstoff (nach Henriques und 
Sörensen) bestimmt; ferner die tägliche Diurese festgestellt. Die N-Bilanz 
war fast durchweg eine negative; bei Verabfolgung von Riba und Ribamalz war 
die Tendenz zu positiver N-Bilanz zu konstatieren. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


36. W. Sternberg. Sinneseindruck und Appetit. (Internat. Beiträg: 
z. Pathologie u. Therapie d. Ernährungsstörungen 1915. Bd. V. Hft. 4.) 

Schlüsse: 

1) Brennwert der Diät und Nährwert der ungekochten Nahrungsstoffe odet 
der rohen Nahrungsmittel reichen nicht aus zur Bewertung der Nahrung. 

2) Der Qualitätswert der fertigen Speisen der Garküche, der Genußwen 
darf fernerhin nicht vergessen werden. 

3) Der Genuß ist ein sinnlicher und ästhetischer. Dabei kommen der Seh- 
sinn und die drei niederen Sinne: Geschmack, Geruch und Gefühl in Frage ftr 
Genußsucht. Das ist der Appetit. 

4) Der Appetit ist nicht eine Funktion des Magens und nicht eine Funktion 
der Drüsen, wie der Russe Pawlow mit Laboratoriumsversuchen am Tier glaube: 
machen will. Das ist eine Irrlehre. 

5) Der Appetit ist Bewegung, und zwar in den ersten iEingane weoi Af- 
petit ist Eröffnung und Erschließung des Mundes, des Racheneinganges und dt: 
Ösophagusmundes. Der höchste Grad der Appetitlosigkeit, der Ekel oder Ab- 
scheu, ist Verschließung dieser natürlichen Eingangspforten. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 477 


6) Der Schlüssel zum Schloß, zur Erschließung und zur Verschließung ist 
der Sinnesreiz. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


37. Erich Klose. Über den Mehlnährschaden. (Med. Klinik 1915. 
Nr. 32. S. 881.) 
Verf. geht näher auf die Symptomatologie des Mehlnährschadens ein und 
gibt einen kurzen Abriß des Krankheitsbildes. Ruppert (Bad Salzuflen). 


38. E.C. van Leersum. Über den Nährwert und die diätetische Ver- 
wendung der Kleie. (Nederl. Tijdschr. v.Geneesk. 1915. II. S. 1417—25.) 
Richtigstellung der Prioritätsansprüche Donders’ gegenüber Rubner be- 
treffs der schon vor 66 Jahren — gegen 32 bei Rubner von ersterem angestellten 
Untersuchungen über die Verdaulichkeit der Kleie und über die Zweckmäßig- 
keit energischer Vermahlung derselben. Es werden die von Fles und Donders 
in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts angestellten Versuche, deren 
Schlüsse sich vollständig mit den Rubner’schen decken, nochmals auseinander- 
gesetzt. L. befürwortet die von den Engländern vertretene Auffassung, nach 
welcher die Beseitigung einer etwaigen Stuhlträgheit durch Verabfolgung einer 
zellulosereicheren, mehr unverdauliche Stoffe enthaltenden Beköstigung vielen 
Pat. großen Nutzen zu bieten vermag. »Stuhllosigkeit« ist ja nicht immer die 
Hauptsache bei der Verstopfung, die Bildung toxischer Fäulnisprodukte inner- 
halb des Darmrohrs soll bei der klinischen Begriffsbildung der Stuhlverstopfung 
nicht außer acht gelassen werden. In dieser Beziehung werden von den Vege- 
tariern die richtigen Schranken einerseits erheblich überschritten, während die 
begüterten Fleischkonsumenten andererseits an Zellulosemangel leiden. 
Zeehuisen (Utrecht). 


3. Boas (Berlin). Das Ernährungsproblem für Kranke während 
der Kriegszeit. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Wir sehen uns einem entschieden ausreichenden und materiell auch für die 
Volksernährung erschwinglichen Vorrat pflanzlicher Nahrungsmittel gegenüber, 
während ein entschiedener Mangel an wohlfeilen animalischen Produkten zu ver- 
zeichnen ist. Nicht nur für Gesunde, sondern auch für Kranke der verschiedenen 
Kategorien unterliegt die Fleischabstinenz, nicht nur gelegentlich, sondern auch 
fürlange Zeit hindurch, durchaus keinen Bedenken. Wichtige und überall leicht 
erhältliche, dabei nicht übermäßig gestiegene Fett- und Eiweißträger sind neben 
den Weichkäsen die Hartkäse (Schweizer, Edamer, Holländer). Sie repräsentieren 
inzerriebener Form auch für Magen- und Darmkranke in den verschiedenen Varia- 
tionen, besonders in Form von Zusätzen zu Milch, Suppen (die französischen 
Käsesuppen), als Zusatz zu Nudeln und Makkaroni, auch in Form von Puddings 
(Käsepuddings u. a.) ein außerordentlich nahrhaftes und dabei wohlschmeckendes 
Nährmittel. Reckzeh (Berlin). 


40. Egan und Porges. Eine Mehlbuttersuppe in der Diätbe- 
handlung des Ulcus ventriculi bzw. duodeni. (Wiener med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 48.) 

Die Verff. empfehlen zur Diätbehandlung von Magenerkrankungen, speziell 
des Ulcus, anstatt der Milch, die vielfach nicht gut vertragen wird, eine Hafer- 


478 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


mehlbuttersuppe mit Zusatz von Fortose. Verff. schildern die Verträglichkeit 
der Suppe, wie ihren höheren Kaloriengehalt als den der Milch, ebenso die günstig 
wirkende Sekretionsbeschränkung durch den Fettzusatz. Somit ist die Empfeh- 
lung zu begrüßen, als Ersatz für Milch auch deswegen, da in der jetzigen Zeit die 
Ernährung mit Milch infolge des vielfach herrschenden Mangels manchmal aut 
Schwierigkeiten stößt. Feith (Nürnberg). 


41. + J. Bornträger. Diätvorschriften für Gesunde und Kranke 
jeder Art. Sechste, verbesserte u. erweiterte Auflage. Würzburg, Kurt 
Kabitzsch, 1916. 

Bei den Diätvorschriften werden in Form von abreißbaren Zetteln Zusammen- 
stellungen von Ernährungsformen für 40 verschiedene Krankheitszustände ge- 
geben. Den Ratsuchenden wird je nach ihrem Zustande ein bestimmter fertiger, 
gedruckter Diätzettel übergeben, welcher das, was sie essen und trinken und sonst 
tun dürfen und sollen, und das, was sie meiden müssen, möglichst vollständig 
aufzählt, dabei aber dem Arzte die Möglichkeit zu Änderungen gibt. Außerdem 
sind komplizierte Diätkuren (Mast-, Entziehungs-, Trocken-, Obst-, Bandwurm-, 
Brunnen- und Badekuren, vegetarische Diät, Ernährung Schwangerer zweck: 
Erzielung schlanker Kinder) ausführlich angegeben. Immer eine Anzahl Zette! 
mit den Diätverordnungen für eine bestimmte Krankheit sind in Blocks gebunden, 
einzeln käuflich zu erhalten. Der vom Verf. eingeschlagene Weg bedeutet für dei 
Arzt und für den Pat. eine große Vereinfachung und Erleichterung bei der Ver- 
ordnung und bei der Befolgung von Diätkuren. Die einzelnen Vorschriften sird 
mit Sorgfalt und Sachkenntnis zusammengestellt. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


42. A. Bleyer. Die Beziehung der Hitze zu den Sommerdiarrhöt 
der Kinder. (Journ. amer. med. assoc. LXV. Nr. 25. S. 2161.) 

Die Art des Einflusses der Hitze gelang es zwar nicht zu ergründen, aber ein 
große Reihe von poliklinisch beobachteten Kindern (222) mit akuten Anfällen 
von Diarrhöe zeigte doch eine unmittelbare Beziehung zwischen Hitzegrad un‘ 
Durchfall. 51,4%, der Säuglinge erkrankte an Tagen, an denen die Hitze a; 
90° F. stieg, obwohl nur 31% solcher Tage in den zwei Sommern vorkamen. — 
Säuglinge der armen Klasse kamen zur Beobachtung, meist vernünftig genäht, 
gewöhnlich mit einer Mischung kontrollierter Milch, wenn die Brust nicht aus 
reichte. Die Hausbesuche der Pflegerinnen ergaben, daß die große Mehrheit 
der Kinder zu warm angezogen war und unter dem Mangel an Reinlichkeit und 
den üblichen Begleiterscheinungen der Armut litt. 

Meinhof (Halle a.S.). 


43. Marx. Über Sommerdurchfälle. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. 
Nr. 50.) 

Daß man bei Sommerdurchfällen auch nach einem Erreger sucht, äst sicher 
richtig, fehlerhaft aber, dabei stehen zu bleiben. Die zweite zu lösende Frag? 
muß die sein, ob, und falls ja, welche Bedingungen der Ernährung usw. den Grund 
abgeben für das Auftreten solcher Erkrankungen unabhängig von einer exogent? 
Infektion. Die Frage ist nicht eine einfach bakteriologische, sondern eine hy- 
gienische. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 479 


44. Bernheim-Karrer. Über den Einfluß der Milchzersetzung auf 
die Entstehung akuter Verdauungsstörungen der Säuglinge. 
(Zeitschrift f. Kinderheilkunde 1916. Bd. XHI. Hft. 6.) 

Es wurden 80 Säuglinge mit normaler, in der Milchküche aufbewahrter Milch 
ernährt. 45%, zeigten, trotzdem die Milch öfters zersetzt war, keine Störungen. 
30°, wiesen Durchfälle auf, deren Ursache eine parenterale Infektion war. 15%, 
hatten alimentär bedingte Dyspepsien, und nur bei 9%, konnte die Säuerung der 
Milch für die Darmstörung verantwortlich gemacht werden. 

Es ergibt sich daraus, daß die Milchzersetzung im Haushalt zum mindesten 
keine ausschlaggebende Rolle bei der Auslegung der Sommerdurchfälle spielen 
kann. ` M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


45. 0. Smiley. Die Gefahr kritikloser innerlicher Anwendung des 

Bac. bulgaricus. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 12. S. 1025.) 

In einem Falle von Lungen-, Darm- und Bauchfelltuberkulose, einem zweiten 
Falle von Magen- und Pankreaskrebs und einem dritten Falle von Phthise war 4, 
bzw. 3 Tage lang Bac. bulgaricus genommen. Es kam zu schweren Zufällen mit 
illen Zeichen der Azidose, die prompt auf Alkaliverabfolgung verschwand. Zu 
vermeiden ist der Bac. bulg. selbstverständlich erst recht bei schon bestehender 
Azetonurie. Die von ihm gebildete Säure wird eben nur bei sicherem chemischen, 
xw. lonengleichgewicht des Körpers vertragen. Meinhof (Halle a. S.). 


16. Marie Lambert. Klinische Erfahrungen mit Larosan. (Korre- 

spondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 16.) 

Im Züricherischer Säuglingsheim wurden Versuche mit Larosan gemacht. 
Dieses weiße geschmacklose, in heißem Wasser lösliche Pulver besteht aus CaO 
ind Kasein, welches aus Magermilch ausgefällt wird. Bei Dyspepsien und leichten 
md mittelschweren alimentären Intoxikationen und Dekompositionen kann La- 
osan empfohlen werden. Es wurde meist nach folgender Formel gegeben: 
' Milch, 2/3 Wasser, 11/,% Larosan und 1—5% Soxhlet’s Nährzucker. Von 
lô Fällen wurden 12 geheilt, 4 zeigten sich refraktär, von denen 3 durch Eiweiß- 
niich und 1 Fall durch Frauenmilch geheilt wurden. l 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


17. R. N. Willson. Die Abbauprodukte der Nahrung als Herz- und 

Gefäßgifte. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 13. S. 1077.) 

Die schädlichen Einflüsse der Zerfallsprodukte der Nahrungsmittel auf das, 
wie wir jetzt wissen, an Nerven überreiche Herz sind von der Kindheit an am 
Werk. Auf die allgemein übliche Überernährung der Kinder, die mechanisch und 
‘hemisch schadet, folgt die unvernünftige Ernährung der Erwachsenen. Die 
Stauung und Zersetzung führt zu chemischer Schädigung der Gewebe, zu Bakteri- 
:mien (Colibazillen) und zu Bildung chemisch und mechanisch schädlicher Gase. 
Betroffen werden sehr frühzeitig Herz und Gefäße. Versuche mit Katzen ergaben, 
aß zwar das verfütterte tierische Eiweiß giftiger wirkt als Vegetabilien, daß 
er in der Hauptsache doch die Menge des Futters die Schädigung bedinge. 
xibstbeobachtungen bestätigten das: vermehrte Pulsspannung und erhöhte 
Hirztätigkeit kehrtenimmer wieder (als Zeichen der intestinalen Autointoxikation). 


480 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 25. 


Sind von anderer Seite namentlich die Wirkungen der Proteine, der Abbau- 
produkte des Leucin und Tyrosin beschrieben, so beobachtete Verf. das Gleiche 
an stark sauren Vegetabilien: Tomaten, Rhabarber, aber auch Äpfel, Pfirsich, 
Erdbeeren usw. 

Verhaltungsmaßregeln zur Verhütung einer Dauerschädigung im Sinne der 
Arteriosklerose und Myokarddegeneration ergeben sich von selbst. 

Meinhof (Halle a. S.). 


48. J. Jadassohn. Über den pellagrösen Symptomenkomplex bei 

Alkoholikern in der Schweiz. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 

1915. Vol. XLV. S. 164 u. 1916. Vol. XLVI. S. 15.) l 

Verf. hat im Laufe mehrerer Jahre vier Pellagrafälle auf der Klinik in Berr 
beobachten können; es waren drei Frauen und ein Mann, alle waren Schnapstrinker. 
Die beiden ersten Fälle wurden erst nachträglich als Pellagröse richtig erkannt. 
Der Symptomenkomplex war typisch: Hautaffektion mit charakteristischer Li- 
kalisation, Diarrhöe, Stomatitis, Prostration, psychische Störungen, Fieber. Ws 
die Ätiologie anbelangt, so sind ganz allgemein gesprochen drei Gruppen vor 
pellagrösen Erkrankungen zu unterscheiden: 1) die großen, längst bekannten En- 
demien in Italien, Rumänien usw. 2) Die sporadischen Fälle, welche oft bei ir. 
Elend Lebenden, speziell Alkoholikern, beobachtet werden und 3) die endemische 
Formen in Irrenhäusern, speziell in Nordamerika. Das Bestreben muß darä:: 
gerichtet sein, wenn möglich eine einheitliche Ätiologie für diese Gruppen ai= 
findig zu machen. Bisher muß man für alle den Mais im Mittelpunkt der Bz- 
trachtung lassen. Auch bei den Irrenhausendemien spielt höchstwahrscheinlich 
die Maisernährung die Hauptrolle. Was die interessanteste Gruppe, die der spar3- 
dischen Fälle bei Alkoholikern betrifft, so weist hier vieles daraufhin, daß ĉi: 
Pellagra nur bei Trinkern auftritt, die viel Maisschnaps zu sich nehmen. Au 
bei diesen Berner Fällen, wo Maisernährung nicht nachweisbar stattgefunden hatte. 
ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß der genossene Schnaps Maisspiritus war. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


49. Duane Meredith. A further report upon the etiology of pel- 
lagra. (Med. record 1915. August 21.) 

Verf. hält die Pellagra für eine bakterielle Krankheit. Das Virus ist wahr- 
scheinlich eine Streptothrixart, die durch Stechfliegen, Mücken, Läuse auf den 
Menschen übertragen werden. Nach der Infektion bildet sich ein Mycelium 'r 
den tiefsten Schichten der Haut; die sehr kleinen Sporen gelangen in den Lymr*- 
und Blutstrom und aus den Sporen bilden sich wieder Myzelien, die sich zu b:- 
zillenartigen Körpern mit aktiver Beweglichkeit auswachsen. M. hat diese zwc 
Zyklen beobachtet, es gelang ihm auch die Organismen zu züchten und an Tier: 
erfolgreiche Impfungen vorzunehmen. In Maiskörnern findet sich häufig üm 
Wurmart, die ihrerseits wieder mit Streptothrix infiziert ist. 


P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mar. 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


481 


Imtralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 


Nr. 26, Sonnabend, den 1. Juli 1916, 











Inhalt. 

Referate: 1. Knowles, 2. Shaw, Pellagra. — 8. van den Bergh und Snapper, 4. Baueh, 

. k Hooper und Whipple, 6. van den Bergh und Snapper, 7. Polimanti, 8. Uhlmann, 9. Kahn 
W Johnston, 10. Hartelust, 11. Niewerth, 12. Feldmann, 13. Wohl, 14. Lameris, 15. Kebr, 
1 Balbey, 17. Cuwschmann, 18. de Jongh, 19. Gamwa, 20. Hopkins, 21. Abels, 22. Uhlenhuth 
ui Fromme, 28. Herxheimer, 24. Beitzke, 25. Uhlenhuth und Fromme, 26. Grover, Erkran- 
ten der Leber und Galle. — 37. Lewis und Margot, 28. Goldschmidt und Pearce, 29. Syllaba 
Berner, 30. Goldschmidt, Pepper und Pearce, 31. Wahl, und Richardson, Milzerkran- 


ww. Krobi und Marchand, Handbuch der allgemeinen Pathologie. — 88. v. Hovorka. Geist 
Medizin. Analytische Studien über die Grundideen der Vormedizin, Urmedizin, Volksmedizin, 

4 edizin, Berufsmedizin. — 34. Schmidt und Lütbje, Klinische Diagnostik und Propädeutik 
ameer Krankheiten. — 85. Abderhalden, Lehrbuch der physiologischen Chemie in Vorlesungen. 
ee und Hetsch, Experimentelle Bakteriologie und die Infektionskrankheiten, Immuni- 
2 Br re. — 87. Ribbert, Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der pathologischen Anatomie. 

| Rosemann, L. Landois’ Lehrbuch der Physiologie des Menschen. — 39. v. Merings, Lehr- 
der inneren Medizin. — 40. Zeehuisen und Aldershoff, Medizinische Vorträge für Militär- 

ichk ait t. Boas, Kriegskrankheiten der Zivilbevölkerung. — 42. Kleinschmidt, Sommersterb- 

der Säuglinge. — 43. Oppermann, De Gamles Laur. 


Referate. 


I. Frank Crozer Knowles. Pellagra in childhood. (Amer. journ. 
med. sciences 1915. Nr. 6.) 

In den Südstaaten der Vereinigten Staaten, wo Pellagra stellenweise endemisch 
er fallen ca. 10%, aller Erkrankungen in das Kindesalter, unter 2 Jahren 
als die nn Krankheit selten. Die Neger zeigen sich viel weniger empfänglich 
ee e Bevölkerung; es gibt Familien, wo die Eltern und alle Kinder erkrankt 
den Mase Aahlreichen Fällen folgte die Pellagra den akuten Exanthemen, besonders 
die Kae Die Hauteruption ist bei Kindern immer sehr ausgeprägt, während 

"Wachsene: und Sastrointestinalen Störungen häufig viel milder auftreten als bei 
Krankheit . Früher war die Mortalität auch bei Kindern groß, jetzt tritt die 
Erblichkeit pe nigner Form auf, Unter den ätiologischen Momenten spielt die 
nicht selten ĉine Rolle, dagegen werden Kinder an Pellagra erkrankter Eltern 

zwergwüchsig, anämisch oder mit Mißbildungen behaftet geboren. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


vork 
ISt j 


26 


482 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


2. Thad Shaw. Causation and treatment of pellagra. (Med. recor 
1915. August 14.) 

Pellagra ist eine Krankheit, die auf einer Störung des Kohlehydratstoffwechk!: 
beruht; ärmliche und schlechte hygienische Verhältnisse befördern das Zustandt- 
kommen der Erkrankung; alle Pellagrakranke sind Vegetarier, vielleicht spielt 
das hierdurch bedingte Fehlen der Vitamine eine Rolle. Heredität, Beschäftigung, 
Bakterien sind keine ätiologischen Faktoren. Die amerikanische Form der Pe- 
lagra ist schwerer als die in Westindien und Ägypten. Bei Kindern ist die Pro- 
gnose besser als bei Erwachsenen. Die milderen Fälle werden durch Bettruk. 
Spitalaufenthalt mit guter Fleischkost günstig beeinflußt; nach Rückkehr in die 
alten Verhältnisse kehrt aber auch die Krankheit wieder. Schwere Fälle sollen 
womöglich während der heißen Jahreszeit in ein kühles Höhenklima verbracht 
werden, z. B. von Texas in die Berge von Colorado. Medikamentös haben sich 
Arsenikpräparate, Chinin. hydrobromic., Urotropin von Nutzen erwiesen; günstiz 
wirken auch die Bluttransfusion, Tonika, vor allem Fleischkost. Die Progncsè 
der langdauernden Fälle ist schlecht. P. Meyer (Kilchberg b.Z.). 


3. van den Bergh und Snapper (Groningen). Über anhepatische 
Gallenfarbstoffbildung. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 42) 
Aus den Versuchen geht hervor, daß.die Toluylendiaminvergiftung sich i1 
mancher Beziehung bedeutend von der perniziösen Anämie unterscheidet, dab 
dahingegen die Phenylhydrazinvergiftung mit ihr eine treffende Ähnlichkeit 
aufweist, insbesondere, daß die Phenyihydrazinvergiftung mit einer lokai: 
anhepatischen Gallenfarbstoffbildung in der Milz einhergeht. 
Reckzeh (Berlin). 


4. B. Bauch. Zur Frage der Leberfunktionsstörung während der 
Gravidität. (Monatsschrift f.Geburtshilfe u. Gynäkologie 1915. Bd. XLI. 
Hft. 3.) 

Von 22 gesunden Graviden schieden nach 40 g Galaktose 14 (= 63°,) keinet 
oder nur Spuren Zucker im Harn aus. 

8 Schwangere (37%,) schieden Zuckermengen aus (0,4—1,8), die aber da: 
Maß des auch bei gesunden nicht Graviden gefundenen Harnzuckers nach Zucke- 
fütterung nicht überschritt, mithin nicht als pathologisch anzusehen sind. 

Der Zuckergehalt des Blutes entspricht den auch bei anderen Gesunden gê- 
fundenen Werten und erfuhr durch Galaktose eine ganz unbedeutende Steigerunz- 
Hyperglykämie wurde nicht beobachtet. 

Ein Fall mit Symptomen leichter Schwangerschaftstoxikose hatte schon vo 
Galaktosedarreichung einen hyperglykämischen Blutzuckerwert, der sich nath 
Galaktosezufuhr noch deutlich steigerte. 

Inwieweit man nun berechtigt ist, auch bei gesunden Frauen eine Lebe- 
schädigung a graviditate anzunehmen, hängt außer von dem pathologisch-ans 
tomischen Substrat wesentlich von unseren Fortschritten auf dem Gebiete de! 
funktionsprüfenden Methoden ab. Wenn daher nach neueren Arbeiten Galaktö&- 
versuche ganz besonders geeignet erscheinen, uns einen tieferen Einblick in ds 
Wesen bestimmter mehr oder weniger toxischer Lebererkrankungen zu verschaffen 
und auch in diagnostischer Hinsicht uns vielleicht größere Sicherheit zu gede? 
vermögen, so läßt sich auf Grund vorliegender Untersuchungen nur sagen, dad 
es unter Berücksichtigung der Harn- und Blutzuckerverhältnisse vor und naci 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 483 


Galaktosezufuhr nicht gelungen ist, bei gesunden Schwangeren eine Leberschä- 
digung nachzuweisen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


5, Hooper and Whipple. Icterus. A rapid change of hemo- 
globin to bile pigment in the pleural and peritoneal cavities. 
(Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 137.) 

Hämoglobin kann auch ohne Mitwirkung der Leber in Gallenpigment um- 
gewandelt werden, so z. B. bei einer auf Kopf, Hals und Brust beschränkten 
Zirkulation. Ebenso kann man eine sehr schnelle Umwandlung dieser Art erzielen 
iurch Einführung von Hämoglobin in die Pleura oder Peritonealhöhle. Schon 
ach 8 Stunden kann man sie entdecken, nach 24 Stunden ist sie quantitativ ab- 
chätzbar. Wahrscheinlich kommt die Fähigkeit der Umwandlung sowohl den 
:ndothel- wie den Mesothelzellen zu. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


; A. A. Hijmans van den Bergh und J. Snapper. Studien über 
anhepatische Gallenfarbstoffbildung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. 11. S. 491—500.) 

Die von Verff. in Fällen progressiver Anaemia gravis wahrgenommene Zer- 
törung der Erythrocyten in der Milz erlaubt nicht den Schluß, nach welchem die 
filz der einzige Sitz der Blutdestruktion und der lokalen Gallenfarbstoffbildung 
i. Ein Fall perniziöser Anämie bot nach Entmilzung im Blutbilde die klassi- 
‘hen Veränderungen dar mit abnorm heftiger Blutzerstörung und Bildung erheb- 
cher Hämatin- und Bilirubinmengen, so daß auch in anderen Organsystemen 
è Organismus eine hochgradige Blutzerstörung vor sich gehen kann. In einem 
weiten Falle stellte sich die Anwesenheit des Trichocephalus dispar in den Fäces 
eraus nebst tödlich verlaufender progressiver Anämie mit sehr kleiner Milz und 
ormal großer Leber, ohne erhebliche Bilirubinämie, und ohne in der Milz sich 
bspielender Gallenfarbstoffbildung. 

Injektion alkoholischer 0,5—1%iger o-p.-Toluylendiaminlösung führte im 
rsten Vergiftungsstadium, nach 72 Stunden, eine Bilirubinämie herbei; letztere 
onnte nicht als Folge einer abnormen Blutzerstörung aufgefaßt werden, indem 
ine anhepatische Gallenfarbstoffbildung in der Milz bei derselben nicht oder nur 
1 sehr geringem Maße wahrgenommen werden konnte. Der Ikterus bei den 
ben Versuchstieren war offenbar die Folge einer unmittelbaren Einwirkung des 
iftes auf die Leber, während die Anämie erst später in die Erscheinung tritt, und 
warnach 5 Tagen.— Zehn mit Phenylhydrazin injizierte Hunde boten das mikro- 
kopische Blutbild der perniziösen Anämie dar: erhebliche Blutzerstörung mit 
biger Bilirubinämie; das Milzvenenblut war viel bilirubinreicher als das Milz- 
rterielle Blut. Eine anhepatische, in der Milz vor sich gehende Gallenfarbstoff- 
"dung kann also kurze Zeit nach der Phenylhydrazininjektion des Hundes 
alt Sicherheit festgestellt werden; Entmilzung führte, ebenso wie im klinisch 
tobachteten Falle beim Menschen, keine Modifikation dieser mit Bilirubinämie 
ergesellschafteten Blutzerstörung herbei. Die Phenylhydrazinvergiftung erzeugt 
"so ein der menschlichen perniziösen Anämie sehr ähnelndes Krankheitsbild 
xim Hunde. Zeehuisen (Utrecht). 


26* 


484 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


7. 0O. Polimanti. Über Kurarevergiftung am Hunde mit partieller 
Leberausschaltung (Eck’scher Fistel). (Archiv f. exp. Pathol, u, 
Pharmak. Bd. LXXVIII. S. 17. 1915.) 

Aus den an Hunden angestellten Versuchen ergibt sich, daß die Leber zweifel;- 
ohne eine (wenn auch leichte) Schutzwirkung gegenüber dem Kurare ausübt. Es 
wird also dadurch die Hypothese derjenigen Autoren bestätigt, die der Leber eine 
sehr wichtige Wirkung zum Schutz des Organismus den Giften gegenüber zu- 
schreiben. Bachem (Bonn). 


8. R. Uhlmann. Über Funktionsstörungen der Leber bei konsti- 
tutioneller Asthenie. (Archivf. Verdauungskrankheiten Bd. XXI. Hft.5. 
S. 353—362. 1915.) 

Es wurde in einer größeren Anzahl bei Astheniefällen (reine Asthenie, mit 
beginnender, fortgeschrittener Lungentuberkulose und Nierenerkrankung , orthot. 
Albuminurie) die Galaktose- und Lävuloseprobe angestellt. 

Die Galaktoseprobe wurde vorgenommen, indem der Pat. nüchtern die 
Galaktose (30 g) in !/, Liter Tee bekam. Der Kranke mußte innerhalb der fol- 
genden 6 Stunden 2stündlich Urin entleeren. In den einzelnen Portionen quali- 
tativer (Nylander und Trom mer) und quantitativer Zuckernachweis. Während 
von 42 Gesunden nur bei 2 Personen im Urin Galaktose (0,2 g nach Polarisation 
berechnet) nachgewiesen wurde, fiel von 19 Astheniefällen bei 10 Pat. der Versuch 
positiv aus, d.h. 0,2 g Galaktoseausscheidung im Urin. Bei Asthenikern zeist 
die Leberfunktion häufiger eine Insuffizienz als bei Gesunden Nichtasthenikern. 
Unter 13 Fällen, denen 40 g Galaktose dargereicht wurde, zeigte nur einer eine 
Zuckerausscheidung von 23 und mehr Gramm; von 16 Fällen schieden 12 Galak- 
tose aus, davon 6 in Mengen von 1g und mehr (auf Traubenzucker berechnet). 
Unter 17 Fällen, denen zum Vergleich noch 100g Lävulose gereicht wurden. 
waren 3 Fälle, die Lävulose von 0,2 g und mehr ausschieden. Bereits der Nach- 
weis geringer Galaktosemengen im Urin spricht nach Ansicht des Autors für 
eine Leberschädigung. F. W. Strauch (Halle a. S.). 


9. Max Kahn and James R. Johnston. The Phenoltetrachlor- 
phthalein test of the liver function. (New York med. journ. 1915. 
Vol. CII. S. 848.) 

Die Prüfung der Leberfunktion mittels intravenöser Einspritzung von Phenol- 
tetrachlorphthalein, das durch die Galle wieder ausgeschieden wird, wurde vor. 
den Verff. an 34 Pat., welche zum Teil leberkrank, zum Teil an anderen Krank- 
heiten litten, vorgenommen. Das Resultat über den Wert dieser Methode ist ein 
ungünstiger. Leberkranke zeigten zum Teil eine sehr gute Ausscheidung, während 
andere Kranke mitunter niedrige Ausscheidungswerte lieferten. Außerdem i:t 
die Probe schwierig auszuführen, da zu einem genauen Resultat die Gesamtheit 
der Fäces zur Untersuchung benötigt wird, was in praxi oft nicht ausführbar ist. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


10. R. Hartelust. Emetin bei Leberabszeß. (Nederl.Tijdschr. v.Geneesk. 
1915. II. S. 1045—9.) 

Ein gesunder Beamter eines Ozeandampfers, in dessen Anamnese nur geringe, 

bald vorübergehende Diarrhöe verzeichnet werden konnte, erkrankte unter inter- 

mittierenden, mit Schüttelfrost einsetzenden heftigen, auf ausgiebigem Chinin- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 485 


gebrauch gar nicht reagierenden Fieberanfällen. Der sehr heruntergekommene 
Pat. bietet eine sehr vergrößerte rechtseitige Zirkumferenz der Brust in der Leber- 
gegend mit Vorwölbung dar, polynukleäre Leukocytose, eiweißhaltigen Harn, 
typischen perkutorischen und auskultatorischen Befund, erhebliche Leberver- 
größerung, Schmerzpunkt im VI. Zwischenrippenraum. Subkutane Injektionen 
zu 60 und 120 mg Emetin führten nur mäßige Besserung herbei, sogar nach zwei 
an einem Tage vorgenommene Injektionen zu je 120 mg wurde die Körpertem- 
peratur nicht normal. Sofortiger Temperaturabfall nach zwei intrahepatischen 
Injektionen zu je 60 und 120 mg Emetin, baldige Heilung; im Sputum keine Leber- 
bestandteile. Ein zweiter, noch nicht so weit vorgeschrittener Fall wurde nach 
zehn subkutanen Einspritzungen zu je 30 mg vollkommen und dauernd geheilt. 
Zeehuisen (Utrecht). 


11. Niewerth. Gallensteinmonstrum mit monströser Geschichte. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Gallenstein von 10?/, cm Länge und 70 g Gewicht. An seiner dicksten Stelle 
hat dieser Gallenstein einen Umfang von 110 mm. Er ist in sciner Form cin ge- 
treuer Ausguß einer großen Gallenblase und perforierte entsprechend der Gestalt 
der Gallenblase mit dem dicken Ende voran. Reckzeh (Berlin). 


12. Feldmann. Beiträge zur Bakteriologie der Gallenblasen- 
entzündungen. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 48.) 

Der bakteriologisch untersuchte Inhalt (meist wegen Cholelithiasis exstir- 
pierter) entzündlicher Gallenblasen erwies sich unter 28 Fällen 16mal eitrig; der 
eitrige Gallenblaseninhalt wurde 4mal, der nichteitrige Ilmal steril gefunden. In 
den meisten Fällen (5mal) konnten aus dem eitrigen Inhalte Typhusbazillen in 
reiner Kultur gezüchtet werden. 2mal fanden sich pathogene Colibazillen, in 
einem Falle Staphylokokkus pyog. albus und Streptokokkus zusammen, Imal 
Mikrokokkus tetragenus. Im Gallenblaseneiter einer Leiche konnte im Anschluß 
an einen durch Echinokokkusblase verursachten Verschluß des Ductus chole- 
dochus Diplokokkus pneumoniae nachgewiesen werden, was um so auffallender 
erscheint, da doch die Galle den Pneumokokkus zur Auflösung bringt (Neufeld). 
Aus einem Gallenblaseneiter wurde eine der Coligruppe anzugliedernde, aber be- 
sondere Art kultiviert, für welche Verf. die Benennung »Paracolibazillus B« 
vorschlägt. 

In einem Falle von akuter diphtheritischer Cholecystitis ohne Steinbildung 
(Exitus durch Perforation der Gallenblase) war der Erreger der Gallenblasenentzün- 
dung ein Stäbchen, das sich von dem typischen Colibazillus nur dadurch unter- 
scheidet, daß es Milch nicht zur Gerinnung bringt und in Neutralrot-Agar kein 
Gas entwickelt. Seifert (Würzburg). 


13. Michael G. Wohl. Gallbladder disease. (New York med. journ. 

1915. September 25.) 

Bei der Bildung von Gallensteinen spielen Bakterien sicher eine wichtige 
Rolle, besonders der Typhus-, Paratyphus-, Colibazillus, der Pneumo- und Strepto- 
kokkus, so ist es auch verständlich, warum gelegentlich eine Myokarditis oder 
Arthritis nach einer Cholecystektomie besser werden kann. Abgesehen von den 
bekannten Komplikationen, wie Empyem, Obstruktion des Ganges, Verwach- 
sungen, ist als von Wichtigkeit die nachfolgende Entzündung des Pankreas und die 


486 ` Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


Wahrscheinlichkeit einer späteren malignen Erkrankung der Gallenblase hervor- 
zuheben. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


14. H. J. Lameris. Wiederholung des Gallensteinleidens nach 
Operation. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2166—9.) 
Im ersten und zweiten Stadium (Gallenblase, Ductus choledochus) hat die 
Operation endgültigen Erfolg, im dritten (intrahepatische Cholelithiasis) nicht 
mehr. L. teilt seine bei 219 Pat. in 228 Operationen gewonnenen Erfahrungen 
mit: Heilung erfolgte anfänglich in 88, in der letzten Zeit sogar in 91°% der Fälle: 
Cholecystektomie, Choledochotomie und Hepaticusdrainierung. Die echten Re- 
zidive werden nach L. durch Zurückbleiben etwaiger Gallensteine ausgelöst, wie 
an schlagenden Beispielen eigener Erfahrung erläutert wird. Form, Farbe und 
Beschaffenheit der bei der zweiten Operation vorgefundenen Konkremente waren 
dieselben wie bei der früheren Operation. Die Gefahr des Zurückbleibens eines 
Steines erscheint im D. choledochus unter Umständen relativ am häufigsten. 
Bei der ersten Operation war in letzteren Fällen ein technischer Fehler begangen. 
Zeehuisen (Utrecht). 


a 


15. Kehr (Berlin). Die Schwierigkeiten der Erkennung des Gallen- 
blasenkrebses am Anfang und Ende dieser Krankheit. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 

Das Gallenblasenkarzinom fördert im Beginn der Erkrankung sehr ver- 
schiedenartige Krankheitsbilder zutage. In dem einen Falle ist der Verlauf so 
milde, daß ein gewöhnlicher Magenkatarrh angenommen wird, das andere Ma! 
dagegen ist er so heftig, daß man die schwerste eitrige Gallenblasenentzündung 
vor sich zu haben glaubt. Die Verschiedenartigkeit in beiden Fällep hängt von 
dem Sitz des Karzinoms (Fundus, Leberbett, Hals) und dem Vorhandensein von 
Steinen bzw. Entzündungsprozessen in der Gallenblase ab. Bei den mit entzünd- 
licher Cholelithiasis einhergehenden Fällen von Gallenblasenkrebs kann nun der 
Arzt meist nur die Cholecystitis und Cholangitis diagnostizieren, während der 
Krebs der Diagnose völlig unzugänglich bleibt. Nicht das Karzinom als solches 
macht Schmerzen, sondern die begleitende Entzündung, die Cholecystitis und das 
Empyem. Das sicherste und oft einzige Mittel, das Vorhandensein eines Krebses 
an der Gallenblase festzustellen, ist die Besichtigung der Gallenblase nach Er- 
öffnung der Bauchhöhle. Zurzeit ist eine Besserung der Operationsresultate beim 
Gallenblasenkrebs, da unsere diagnostischen Maßnahmen versagen, nur dadurch 
zu erzielen, daß wir die chronische Cholecystitis nicht gar zu alt werden lassen, 
sondern beim Versagen einer verständigen inneren Kur chirurgische Hilfe zu Rate 
ziehen. Reckzeh (Berlin). 


16. Halbey. Zur Klinik der akuten gelben Leberatrophie mit Be- 
rücksichtigung der Ätiologie. (Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 593.) 
Ein 20jähriger Mann hatte sich am 22. September 1914 luetisch infiziert. Erste 
Erscheinungen Anfang November 1914. Am 26. November 1914 wurde eine kom- 
binierte Salvarsan-Kalomelkur eingeleitet, nachdem die Serumreaktion positiv aus- 
gefallen war. Am 22. Dezember 1914 Entlassung ohne Zeichen von Syphilis: 
Serumreaktion negativ. Am 21. Januar Wiederaufnahme im Lazarett wegen 
Ikterus, nachdem 8 Tage vorher bereits eine Gelbfärbung des ganzen Körpers 
aufgetreten war. Bereits am 24. Januar erfolgte der Tod im komatösen Zustande. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 487 


Als Todesursache wurde durch die Sektion subakute gelbe Leberatrophie fest- 
gestellt. Verf.ist der Ansicht, daß diese verursacht worden sei durch die Salvarsan- 
einverleibung. Pat. hatteim ganzen 2,33 g Altsalvarsan, das 34%, Arsenik enthält, 
innerhalb 3—4 Wochen bekommen. Deswegen empfiehlt Verf., vor jeder Salvarsan- 
einspritzung genau zu untersuchen, ob klinische Verdachtsmomente auf eine be- 
stehende Lebererkrankung vorhanden sind und dementsprechend vorsichtig zu 
dosieren. Das gilt auch dann, wenn zwar die Leber nachweisbar nicht krank ist, 
aber gewisse Herzstörungen vorhanden sind, die durch chronische Stauungen die 
Funktionsfähigkeit der Leber beeinflussen. Ruppert (Bad Salzuflen). 


17. Curschmann (Mainz). Akute gelbe Leberatrophie (nach Un- 
fall?). (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 52.) 

Dadurch, daß der Obduktionsbefund die Annahme der klinischen Beobachtung 
bestätigte, daß es sich in der Tat um einen ganz rasch verlaufenen Krankheits- 
prozeß handelte, vermindert sich das Bedenken, das man gegen den so kurzen 
Termin zwischen dem ätiologisch angeschuldigten Unfall und dem Eintritt und 
tödlichen Verlauf des Leidens in 6 bis 7 Tagen hegen mußte. Der Umstand, daß 
nur drei Fälle existieren, in denen eine akute gelbe Leberatrophie nach einem Un- 
fall beobachtet wurde, fordert jedenfalls von jetzt ab die Beachtung der Unfall- 
- pathologen; vielleicht wird man, wenn man mehr auf Traumen in der Anamnese 
der Erkrankung achtet, diese auch häufiger finden, als dies bisher geschehen ist. 

Reckzeh (Berlin). 


18. C. J. de Jongh. Akute gelbe Leberatrophie und funktionelle 
Leberdiagnostik. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1486—94.) 
Klassischer, innerhalb 10 Tagen tödlich verlaufender Fall akuter, gelber 

Leberatrophie bei einem 22jährigen Manne. Der Tod trat unter soporöser Er- 

scheinungen und leichtem Ikterus ein; Erhöhung der Körpertemperatur fehlte, 

Erbrechen war 2mal erfolgt. Vater an Zerebrallues gestorben; Pat. selber war 

vor seiner Erkrankung einige Male mit äußerst langsam, nur nach Jjk-Verab- 

folgung geheilten Hautwunden behandelt; Wassermann war kurz vor dem Tode 
stark positiv, Widal negativ. Augenhintergrund, Reflex und Motilität normal. 

Bei der Leicheneröffnung zahlreiche retroperitoneale Blutungen; kleine schlaffe, 

etwas knotige Leber mit leichten Verwachsungen mit Duodenal- und Pylorus- 

serosa; Gallenwege frei, ausgebreitete Zerstörung der Leberzellen. Der Harn war 
eiweiß- und zuckerfrei, gallenfarbstoff- und urobilinhaltig; Stickstoff in den dem 

Tode vorangehenden 24 Stunden 5,6 g; 36%, desselben in Form des Harnstoffs, 

3%% des Ammoniaks; der Alkoholauszug desselben ergab zahlreiche Leucinkugeln 

und Tyrosinnadeln. Die Ausführungen über diesen Fall führen zur Stellung- 

nahme gegen die Auffassung, nach welcher nicht nur bei chronischen Leberkrank- 
heiten, sondern auch bei dieser schnellen und allgemeinen Leberzellenzerstörung 
die klinischen und chemischen Erscheinungen nicht durch die Annahme einer 

Leberinsuffizienz gedeutet werden können. Zeehuisen (Utrecht). 


19. C.Gamwa. Über die beim Menschen vorkommenden Fälle 
von sogenannter- Teleangiectasia hepatis disseminata. (Zentral- 
blatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 16.) 

Die Erkrankung ist eine erworbene; sie entsteht wahrscheinlich durch rasch 

ĉinsetzende Leberstauung infolge einer akuten oder subakuten Herzinsuffizienz 


488 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


toxischen und mechanischen Ursprungs. Die Einwirkung auf die Leber ist be- 
günstigt durch die ungleichmäßige Widerstandsfähigkeit des Parenchyms gegen- 
über der starken Stauung in den Lebervenen, welch letztere entweder durch 
Toxine oder vielleicht schon in ihrer Anlage (angeboren) geschwächt sind. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


20. A. H. Hopkins. Two instances of chronic family jaundice. 
(Proc. of the pathol. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

Von zwei Familien mit chronischem familiären, nicht auf Gallengangsverschiuß 
beruhenden Ikterus ließ sich die Affektion durch drei Generationen verfolgen. In 
der einen Familie waren fünf Kinder ergriffen; in der anderen hatten vier Mit- 
glieder wechselnd schwere, jedesmal mit Milzvergrößerung und einem mäßigen 
Grad von Anämie einhergehende Attacken, die aber im Alter nach Schwere und 
Zahl abnahmen. Mit ihnen und dem Grad der Gelbsucht parallel ging die Fra- 
gilität der Erythrocyten in dem einen am ausführlichsten verfolgten Falle. Im 
Gegensatz zu Tillston und Griffin konnte H. im Serum mehrerer dieser Kranken 
wiederholt Isohämolysine nachweisen. F. Reiche (Hamburg). 


21. Hans Abels. Neues zur Klinik des Icterus neonatorum. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 78. S. 1324.) 

Wir werden den Icterus neonatorum als eine Folge des Geburtsvorgangs im 
weiteren Sinne auffassen bzw. als eine Folge der denselben begleitenden, den 
fötalen ebenso wie den mütterlichen Organismus betreffenden Veränderungen und 
Schädigungen, wobei wir als ursächlich an die wechselseitigen, stofflichen Beein- 
flussungen, in erster Linie wohl von seiten der Placenta zu denken haben. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


22. Uhlenhuth und Fromme. Zur Atiologie der sog. Weil’schen 
Krankheit (ansteckende Gelbsucht). (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 11.) 

Der Verlauf der Erkrankung beim Menschen ist in der Regel so charakter- 
stisch, der Beginn durch plötzlichen Ausbruch mit heftigen Kopfschmerzen, aus- 
gesprochenem Krankheitsgefühl, Muskel- und vor allem Wadenschmerzen und 
Schüttelfrost zumeist so unverkennbar, daß die Erkennung der Weit schen 
Krankheit keine großen Schwierigkeiten macht. Es gibt aber zweifellos eine Reihe 
von Erkrankungen, die weniger typisch verlaufen, bei denen dieses oder jenes 
sonst so charakteristische Symptom weniger ausgesprochen ist oder fehlt. Wie 
die Beobachtung gezeigt hat, ist der Nachweis der Spirochäten im Blute des Kranken 
nur in den ersten Tagen der Krankheit aussichtsreich. Am Krankenbett hat bei 
der Behandlung mit Rekonvaleszentenserum die intravenöse Einspritzung von 
10 bis 20ccm keinerlei Unzuträglichkeiten gezeigt. Reckzeh (Berlin). 


23. Herxheimer. Kurzer Beitrag zur Pathologie der Weil’schen 
Krankheit. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
Es gelang der Nachweis der von Uhlenhuth-Fromme und Hübener- 
Reuter in Ausstrichen und im Tierexperiment gefundenen Spirochäte in Schnitt- 
präparaten der menschlichen Organe. Der Nachweis direkt in den Organen selbst 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 489 


spricht entschieden zugunsten der Auffassung, daß hier der spezifische Erreger 
vorliegt. Reckzeh (Berlin). 


24. Beitzke. Über die pathologische Anatomie der ansteckenden 
Gelbsucht (Weil’scheKrankheit). (Berliner klin. Wochenschrift 1916- 
Nr. 8.) 

Es handelt sich um eine septische Allgemeinerkrankung, die ihr besonderes 
Gepräge durch allgemeine Gelbsucht, massenhafte kleine Blutungen, eine schwere 
Nierenerkrankung und Entartung der Skelettmuskulatur erhält. 

Reckzeh (Berlin). 


25. Uhlenhuth und Fromme. Weitere experimentelle Unter- 
suchungen über die sog. Weil’sche Krankheit (ansteckende 
Gelbsucht. 2. Mitteilung. (Med. Klinik 1915. Nr. 46 u. 47.) 

Verff. haben beim Tierexperiment in der Leber von Meerschweinchen, welche 
mit ansteckender Gelbsucht infiziert worden waren, einen Mikroorganismus nach- 
gewiesen, der zu den Spirochäten gehört und der als Erreger der Weil’schen Krank- 
heit angesehen werden muß, zumal es gelungen ist, diese Spirochäten auch in der 
menschlichen Leber von Erkrankten nachzuweisen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


26. A. L. Grover (Iowa City). Experimental alcoholic cirrhosis 
of the liver. (Arch. of internal med. 1916. Februar.) 

G. legt in einer Reihe von Experimenten an Kaninchen die Möglichkeit dar, 
durch über lange Zeiträume fortgeführte Alkoholzufuhr eine Lebercirrhose her- 
vorzurufen; die Bindegewebswucherung schließt sich an eine albuminoide und 
fettige Degeneration und Vakuolisation der Leberparenchymzellen an. 

F. Reiche (Hamburg). 


27. Paul A. Lewis and Arthur Georges Margot. The intoxication 
of splenectomised mice by feeding fresh spleen and other 
organs. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 359.) | 

Wenn man Mäuse, denen die Milz entfernt ist, mit frischer Milz einige Tage 
nach der Operation füttert, so entsteht eine Vergiftung, welche sich in leichteren 
Fällen lediglich in einer Verminderung der Blutkoagulation äußert. Auch bei 
der Fütterung mit Schleimhaut des Magens und des oberen Darmes, mit trockenem 
Blut und mit Knochenmark entsteht dasselbe Krankheitsbild. Die übrigen Organe 
haben keine derartigen Folgen. Nur bei Fütterung mit Schilddrüsen und anderen 
Blutdrüsen entstehen Krankheitserscheinungen, die aber einen anderen Charakter 
zeigen. Die Empfänglichkeit für die Vergiftung nimmt mit der Zeit nach der 
Operation ab. 

Die Verff. haben ferner gezeigt, daß mit der Milzexstirpation eine vermehrte 
Widerstandsfähigkeit gegen Infektion mit Tuberkelbazillen bei Mäusen geschaffen 
werden kann, die aber durch Fütterung mit frischer Milz aufgehoben wird. Offen- 
bar handelt essich dabei um die Wirkung einer besonderen, an die Milz gebundenen 
Substanz, welche die Verff. mit dem Namen Tuberkulosplenatin belegen. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


490 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


28. Samuel Goldschmidt and Richard M. Pearce. Studies of meta- 
bolism in the dog before and after removal of the spleen. 
(Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 319.) 

In 4 Fällen von Entfernung der Milz bei Hunden konnten keinerlei Störungen 
des N-Stoffwechsels beobachtet werden, weder nach wenigen Tagen, noch nach 
3 Monaten. Auch der Fettstoffwechsel und die Eisenausscheidung waren unver- 
ändert geblieben. In 2 Fällen bestand auch keine Anämie. Bei dem 4. Tier ent- 
stand eine deutliche Anämie, ein geringer Gewichtsverlust und eine leichte Störung 
des N-Gleichgewichtes mit einer deutlichen Zunahme der Eisenausscheidunge. 
Danach hat die Milz keinen ausgesprochenen Einfluß auf den Stoffwechsel. Die 
vermehrte Eisenausscheidung im 4. Falle wird auf die Anämie bezogen. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


29. Syllaba und Weigner. Die anatomische Grundlage der Milz- 
dämpfung. (5. Kongreß tschechischer Naturforscher u. Ärzte 1914.) 
Durch Vergleichung des Perkussionsergebnisses mit dem topographisch- 
anatomischen Befund bei 32 Leichen fanden die Autoren, daß die Perkussion der 
Milz behufs Konstatierung ihrer Größe eine unverläßliche Methode ist. Durch die 
Perkussion bestimmt man im günstigsten Falle die Lage des unteren Endes mit 
den angrenzenden Partien des vorderen und hinteren Randes, etwa 1/5 bis !’z ihrer 
Ausdehnung. Die oberflächliche Perkussion in toto, d.i. etwa 2/3 der Facies dia- 
phragmatica, zu konstatieren, dürfte selten gelingen; die tiefe Dämpfung heraus- 
zuperkutieren dürfte kaum möglich sein. Die Hauptmasse derMilz erstreckt sich 
hinter der Dämpfung in der Richtung nach hinten gegen die Wirbelsäule in einer 
viel größeren Ausdehnung als man allgemein annimmt; im für die Perkussion 
günstigsten Falle sind es 2/,, im weniger günstigen Falle 3/, bis */, des ganzen 
Organs, oft wird eine durch ein anderes Organ (fettes Omentum) bedingte Dämp- 
fung auf die Milz bezogen. — Da beim Lebenden die Perkussionsverhältnisse der 
Milz günstiger sind, da die Milz mehr nach vorn geschoben ist und in verschiedenen 
Körperlagen und bei verschiedenem Füllungszustande des Magens und Kolons 
untersucht werden kann, nahmen die Autoren die Röntgenstrahlen zu Hilfe, ohne 
aber ein sicheres Resultat zu erzielen. G. Mühlstein (Prag). 


30. S. Goldschmidt, 0. H. P. Pepper and R. M. Pearce. Metabolism 
studies before and after splenectomy in congenital hemolytic 
icterus. (Arch. of internal med. 1915. September.) 

Bei einem 5jährigen Kinde mit kongenitalem hämolytischen Ikterus verlor 
sich nach der Milzexstirpation die Hautverfärbung, und es setzte eine rasche Auf- 
besserung des Blutes und ein sehr erheblicher Anstieg des Gesamtbefindens ein. 
Durch 8 Tage nach dem Eingriff bestand eine N-Retention, die ausgeschiedene 
Harnsäuremenge nahm um 47%, nach der Operation ab, und in der Zeit unmittelbar 
nach der Operation veränderte sich die Verteilung der Creatinin- und Creatin- 
abgabe, wobei die Gesamtcreatininausscheidung aber nur eine geringe Veränderung 
erfuhr. Andere Harnbestandteile zeigten keine Abweichungen von der Norm, 
und ebenso blieb die N-Ionkonzentration die gleiche. Die N-Ausnutzung war eine 
gute und der Fettstoffwechsel normal. Die vor der Operation erhebliche Eisen- 
abgabe mit den Fäces ging um 40%, zurück, desgleichen, und zwar um 89°, die 
Urobilinogen- und Urobilinausscheidung im Kote. F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 491 


31. H. R. Wahl and M. L. Richardson (Cleveland). A study of 
the lipin content of a case of Gaucher’s disease in an infant. 
(Arch. of internal med. 1916. Februar.) 

Nach Untersuchungen an einem Iimonatigen Kinde mit dem klinischen 
Bilde der Gaucher’schen Splenomegalie, bei dem neben den bekannten Ver- 
änderungen in Milz, Leber und Lymphdrüsen ein fast völliger Ersatz des Neben- 
nierenmarks durch Anhäufungen der großen, blassen, vakuolisierten Zellen vorlag 
und diese letzteren auch in den Peyer’schen Plaques, in den Därmen und der 
Thymusdrüse gefunden wurden, zeigten Leber und Milz nicht nur eine ausge- 
sprochene Zunahme des Lipingehalts, sondern auch eine erhebliche Verschiebung 
im normalen Verhältnis der Fettsubstanzen zueinander: die Lipoide — in diesem 
Falle ein lecithinähnlicher Körper — waren stark vermehrt, die anderen Fette 
stark vermindert. Jene sammeln sich in Form von kleinen Tröpfchen im Cyto- 
plasma der Gewebszellen an und bilden so die charakteristischen großen, blassen 
Zellen. Soist die Gaucher’sche Krankheit der Ausdruck einer Störung im Lipoid- 
und Fettstoffwechsel und sie gehört zur Gruppe der xanthelasmatischen Affek- 
tionen. F. Reiche (Hamburg). 





32. + L. Krehl und F. Marchand. Handbuch der allgemeinen Patho- 
logie. III. Bd. I. Abteilung. Preis 21 Mk., geb. 23 Mk. Leipzig, S. Hirzel, 
1915. 

Es ist ein erfreuliches Zeichen für den wissenschaftlichen ‚Fleiß und die Kon- 
zentrationsfähigkeit, die trotz der Kriegswirren in Deutschland herrschen, daß 
in dieser Zeit ein neuer Band des großzügigen Handbuches von K. und M. 
erscheint. Derselbe enthält » die Pathologie der Zelle« von Paul Ernst, 
worin namentlich die Kapitel über Aufnahme und synthetische Bildung von 
Stoffen aus der Nährflüssigkeit und die Beziehungen der Ernährungsvorgänge zur 
Funktion auch für den Kliniker Interesse haben. Dieses Kapitel, welches mit 
Worten Goethe’s anfängt und endet, ist durch 108 teilweise farbige Abbildungen 
illustriert. Ihm schließt sich »Atrophie und Aplasie« von Mönckeberg an, 
worin vielfach klinische und experimentelle Tatsachen über Inanition, Inakti- 
vität usw. erörtert und die neurotische Atrophie kritisch besprochen wird. So 
schließt sich auch dieser gutausgestattete Band seinen Vorgängern, siehe dieses 
Zentralblatt 1908, S.621 und 1914, S.837 würdig an und läßt den Wunsch und 
die Hoffnung rege werden, daß es den Herausgebern gelingen möge, ihr groß 
angelegtes Unternehmen, welches wohlgeeignet ist, dem wissenschaftlich inter- 
essierten Praktiker die Ergebnisse moderner, theoretischer Forschung zugänglich 
zu machen, recht bald zum Abschluß zu bringen. Friedel Pick (Prag). 


33. + Oskar v. Hovorka. Geist der Medizin. Analytische Studien 
über die Grundideen der Vormedizin, Urmedizin, Volks- 
medizin, Zaubermedizin, Berufsmedizin. 364S. 6Mk. Wien u. 
Leipzig, Wilh. Braumüller, 1915. 

H., der 1910 mit Kronfeld zusammen die »vergleichende Volksmedizin« 
geschrieben hat, beschenkt uns jetzt mit einem neuen Werk, das Sudhoff ge- 
widmet ist. Nach H. fallen die Anfänge der Medizin mit der Menschwerdung 


492 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


zusammen, bauen sich zunächst auf den einfachsten Reflexvorgängen auf, er- 
weitern sich auf Grund einer jahrhunderttausendlangen Erfahrung zu empirischen 
Leitmotiven und wachsen schließlich mit den komplizierten Vorgängen des ent- 
wickelten menschlichen Geistes innig zusammen. Indes sind die Elementarmotive 
der Heilkunde, die Grundsätze der allgemeinen Therapie, die den Hauptinhalt 
der Medizin bilden, seit Urzeiten dieselben geblieben. Und so führt uns H. ein 
gutes Stück Therapie vor und geleitet uns aus der Vor- und Urmedizin in das große 
Gebiet der Volks- und Zaubermedizin, um uns mit dem Anfang der Schul- und 
wissenschaftlichen Medizin zu verabschieden. Besonders die Abschnitte über 
Litho-, Phyto- und Zootherapie, Blutstillung, Blutentziehung, Skarifizieren, 
Schröpfen, Blutegel, Aderlaß, Fontanelle, Glüheisen, Akupunktur und über 
spezielle chirurgische Operationen werden das Interesse auch des praktischen 
Arztes finden. — So wie das Buch von Jul. Petersen (Kopenhagen 1877) uns 
die Hauptmomente der geschichtlichen Entwicklung der medizinischen Therapie 
in klassischer Weise vorführte, so hat uns H. in dankenswerter Weise dasselbe 
für die Urzeiten gezeigt; rieb sich der Vormensch z. B. die schmerzhafte Stelle 
mit dem Mohnsafte ein, so greift der moderne Arzt zur Morphiumspritze; was ist 
der Baunscheidtismus anderes als die aus China stammende uralte Akupunktur! — 
Eingedenk des Goethe’schen Wortes, das den Titel ziert, erinnere man sich dabei 
des wahren Satzes: »Die Medizin beschäftigt den ganzen Menschen, weil sie sich 
mit dem ganzen Menschen beschäftigt« aus Wahrheit und Dichtung. In diesem 
Sinne wird das Buch hoffentlich viele Leser unter den Ärzten finden. Wer etwas 
nachschlagen will, wird vergeblich nach einem Sachregister suchen! 
Erich Ebstein (Leipzig). 


34. + Ad. Schmidt und H. Lüthje. Klinische Diagnostik und Pro- 
pädeutik innerer Krankheiten. Zweite, verbesserte u. vermehrte Auf- 

lage. 617 S. Preis brosch. 18,50 Mk. Leipzig, F. C. Vogel, 1915. 

Das Vorwort zu der vorliegenden zweiten Auflage ist von Sch. allein 
unterzeichnet; L. ist im Dienste des Vaterlandes dahingegangen. Mit stiller 
Wehmut wird man daher dieses Buch zur Hand nehmen, um so mehr, je eifriger 
man sich in den in geradezu klassisch klarem Stile abgefaßten Inhalt vertieft 
haben wird. 

Was diese Diagnostik schon in ihrer ersten Auflage beliebt gemacht hat — 
und bei der bald notwendig gewordenen, nur, wie S. sagt, durch den Krieg und 
durch andere ungünstige Umstände um mehr als ein Jahr verzögerten zweiten 
Auflage wird das infolge der vorgenommenen Ergänzungen noch mehr der Fall 
sein —, das ist die Abrundung jedes einzelnen Kapitels zu einem geschlossenen 
Ganzen. Die normal- und pathologisch-physiologischen Einleitungen sowie die 
anatomischen Ausführungen geben die sichere Grundlage für das Verständnis, und 
gute Skizzen und Abbildungen, von denen vor allem die Röntgenbilder und die 
Abbildungen der wichtigsten Exantheme hervorgehoben seien, werden insbesondere 
dem Anfänger das Verständnis erleichtern und dadurch die Freude am Studium 
erhöhen. 

Der Titel Propädeutik darf nun aber nicht zu der Annahme führen, als ob 
das Buch nur für den Anfänger, den Medizin-Studierenden, bestimmt wäre; er 
ist vielmehr im weitesten Sinne aufzufassen, so daß das Buch gerade für den Arzt, 
dereine kurze, kritisch geklärte Belehrung sucht, diese sicherlichin der gewünschten 
Weise bringen wird. F. Berger (Magdeburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 493 


35. & Emil Abderhalden. Lehrbuch der physiologischen Chemie in 
Vorlesungen. II. Teil. 3. vollständig neubearbeitete u. erweiterte Auf- 
lage. Mit 28 Fig. Berlin u. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1915. «| 
Der zweite Teil der dritten Auflage folgt dem ersten in einem bei dem Autor 

sonst ungewohnten Abstande, den er mit dem Ausbruch des Krieges entschuldigt. 

Der bedeutend größere Umfang, den das Werk gegenüber der vorigen Auflage an- 

genommen hat, veranlaßt A., in der Vorrede eingehend die Gründe auseinander 

zu setzen, weshalb er sich nicht hat entschließen können, den vielfachen 

Anregungen, einen kurzen Leitfaden der physiologischen Chemie herauszugeben, 

zu folgen, sondern den unbeliebten und undankbaren Weg beschritten hat, sein 

Buch noch zu erweitern und dadurch vielleicht den Kreis der Leser zu beschränken, 

Wenn er dabei den Standpunkt einnimmt, daß ein Auswendiglernen des Stoffes 

keinen Sinn habe, daß vielmehr der Studierende das Tatsachenmaterial nicht bloß 

kennen, sondern auch verstehen müsse, um es zu assimilieren, so ist das gewiß 
richtig. Aber es ist die Frage erlaubt, ob ein solches Verstehen nicht auch durch 

Beschränkung des Umfanges erreicht werden kann. Multum, non multa! Im 

übrigen hat das nichts mit dem Wert des A.’schen Buches zu tun, das zweifellos 

durch seine Ausdehnung noch gewonnen hat. Der zweite Teil enthält die an- 
organischen Nahrungsstoffe, die Bedeutung des Zustandes der Zellen für ihre 

Funktion, die Fermente und den Gesamtstoffwechsel in 38 Vorlesungen. Auf 

Einzelheiten einzugehen, ist nicht möglich. Aber hervorzuheben verdient neben 

der klaren Diktion, die auch dem schwierigsten Problem gegenüber nicht versagt, 

die Übersichtlichkeit der Stoffanordnung und die Sachkritik aller wichtigen 

Fragen, die nur eine überlegene Erfahrung und Kenntnis zu verleihen vermag. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


3. $ Kolle und Hetsch. Die experimentelle Bakteriologie und die 
Infektionskrankheiten mit Berücksichtigung der Immunitäts- 
lehre. Ein Lehrbuch für Studierende, Ärzte und Medizinal- 
beamte. 4. erwziterte Auflage. 1. Bd. mit 46 farbigen Tafeln, 113 Ab- 
bildungen im Text u. 7 Kartenskizzen. Preis 18 Mk. Berlin u. Wien, 
Urban & Schwarzenberg, 1916. 

Auch dieses Buch hat viel unter dem Kriege gelitten. Nicht nur, daß sein 
Erscheinen verzögert wurde, es war auch bereits vor dem Kriege schon fertig 
gestellt und konnte deshalb, zumal beide Verff. im Kriegsdienst tätig waren, nur 
in beschränktem Umfange nach den Kriegserfahrungen ergänzt werden. Das 
ist sehr bedauerlich, denn gerade auf dem Gebiete der Infektionskrankheiten 
erweist sich der Krieg als ein großer Lehrmeister. Immerhin ist die Basis des ganzen 
Unternehmens eine so gute, daß wir nicht zu befürchten brauchen, an irgendeiner 
Stelle etwas zu vermissen, zumal einige wichtige Abschnitte gegenüber der vorigen 
Auflage eine völlige oder fast völlige Neubearbeitung erfahren haben. Es ist gut, 
daß die Verff. auch in der neuen Auflage an dem Lehrbuchcharakter ihres Werkes 
festgehalten haben. Bei der Literaturflut der Kriegsjahre würde ein Handbuch 
jetzt gar keine Neubearbeitung vertragen. Wir verzichten darauf, Einzelheiten 
hervorzuheben und wünschen der Neuauflage eine ebenso gute Aufnahme in den 
Kreisen, für die sie geschrieben ist, wie die früheren sie genossen haben. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


494 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


37. & Hugo Ribbert. Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der 
pathologischen Anatomie. 5. Auflage. Mit 864 Figuren. 797 S. Preis 
16 Mk. Leipzig, F.C.W.Vogel, 1915. 

Das rühmlichst bekannte Buch R.’s liegt jetzt in der 5. Auflage vor, die sich 
wegen des Krieges schon um !/, Jahr verzögert hat. Der Verf. hat in dankens- 
werter Weise einige Umarbeitungen vorgenommen, indem er das Kapitel der Ge- 
schwülste gekürzt und dafür an anderen Kapiteln eine Reihe von Vervollstän- 
digungen und Ergänzungen eingefügt hat. Prinzipiell wichtig erscheint, daß er 
die früher im ersten Abschnitt des allgemeinen Teiles behandelte Vererbung nun- 
mehr an späterer Stelle eingereiht hat, und zwar unter einem neuen Gesichts- 
punkte (»Zeitpunkt, in welchem die verschiedenen Schädlichkeiten auf den Körper 
einwirken können«). Jedenfalls ist das Buch von neuem allen inzwischen erfolgten 
Fortschritten der Wissenschaft angepaßt worden. 

Die Lektüre gestaltet sich infolge des flüssigen, klaren Stiles zu einer sehr 
angenehmen und wird außerdem durch die zahlreichen Abbildungen erleichtert, 
welche, nach impressionistischer Manier gezeichnet, das Charakteristische scharf 
hervorheben. Daneben finden sich eine größere Anzahl halbschematischer Dar- 
stellungen, nirgends farbige Bilder. In dem letzten Punkte unterscheidet sich das 
Buch von den meisten übrigen modernen Lehrbüchern der Medizin, und zwar 
nicht zu seinem Nachteil. 

Es ist kein Zweifel, daß sich auch diese Auflage zahlreiche Verehrer erwerben 
wird. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


38. & R. Rosemann. L. Landois’ Lehrbuch der Physiologie des 
Menschen, mit besonderer Berücksichtigung der praktischen 
Medizin. 14. Auflage. 2 Bd. mit 178 Abbild. im Text und 1 farbigen Tafel. 
Berlin u. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1916. 

Die neue Auflage des beliebten Lehrbuches folgt der alten inkurzem Abstande. 

Sie ist gegenüber der letzteren nicht wesentlich verändert, aber durch »Nach- 

tragungen und Änderungen mit dem heutigen Stande des Wissens in Übereinstim- 

mung gebracht worden«. Einen der Hauptvorzüge des Lehrbuches bilden bekannt- 
lich die den einzelnen Kapiteln eingefügten Ausblicke in die Pathologie. Hier 

hätte vielleicht das eine oder andere mehr berücksichtigt werden können, z.B. 

bei der Pulsbeschreibung die Frank’sche Spiegelmethode und die Sphygmo- 

bolometrie nach Sahli, bei der Atmung die Bedeutung der inspiratorischen 

Mittellage, beim Verdauungskanal und beim Herzen die Ergebnisse der Röntgeno- 

graphie. Die Stoffanordnung und die Übersichtlichkeit der Darstellung verdienen 

dagegen uneingeschränktes Lob. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


39.& v. Merings. Lehrbuch der inneren Medizin. Herausgegeben 

von L. Krehl. 9.Auflage. 2 Bde. Preis 16 Mk. Jena, Fischer, 1915. 

Eine Neubearbeitung des mit Recht hochgeschätzten und weitverbreiteten 
Lehrbuches während der Kriegszeit stieß naturgemäß auf Schwierigkeiten, $0 
blieb nur die Möglichkeit, daß jeder Autor seinen Anteil durchsah. Wenn das 
gewiß auch für die meisten Kapitel ausreichte, da die letzte Auflage nur kurze 
Zeit zurückliegt, so wäre es doch erwünscht gewesen, daß die durch den Krieg 
in den Vordergrund gerückten Infektionskrankheiten, speziell das Fleckfieber, 
den neuesten Erfahrungen gemäß etwas eingehender korrigiert worden wären. 
Die Angaben, daß Handteller und Fußsohlen vom Exanthem frei bleiben, dürfte 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 495 


nicht stehen bleiben; auch wäre eine Abbildung, welche die Unterschiede des 
Typhus und Fleckfieberexanthems erläutert, für die Studierenden und die im Felde 
stehenden jungen Ärzte gewiß sehr lehrreich gewesen. 

In der therapeutischen Technik vermisse ich eine ausführliche Darstellung der 
»offenen Pleurapunktion«, die ebenfalls gerade jetzt in Kriegszeiten vielen jüngeren 
Ärzten von Nutzen werden kann. 

Abgesehen von diesen Kleinigkeiten, wirkt das Buch durch seine Exaktheit 
und Knappheit wie stets vorzüglich auf den Leser und wird gewiß dazu beitragen, 
den Ruf der deutschen ärztlichen Wissenschaft in diesen schweren Zeiten hoch- 
zuhalten. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


40. & H. Zeehuisen und H. Aldershoff. Medizinische Vorträge für 

Militärärzte. 233S. Leiden, S. C. van Doesburgh, 1916. 

Die seit mehreren Jahren von Z. gehaltenen militärärztlichen Vorträge sind 
in neuer Bearbeitung erschienen; insbesondere zur Verwendung durch die erheb- 
liche Zahl der jüngeren, gelegentlich des Krieges mobilisierten Militärärzte. Die 
Physiologie und Pathologie des Marsches, sowie die Garnisonspflichten werden 
in den ersten Vorträgen auseinandergesetzt; dann folgt die Prüfung der Respira- 
tions- und Zirkulationsorgane, die Harnuntersuchung (lordotische Albuminurie 
und ihre Bedeutung, Hühnereiweiß- und künstliche Zuckerharne, intra- und 
extrarenale Albuminurien), sowie die Prüfung der Bauchorgane. Der erste, von 
Z.bearbeitete Teilfindet seinen Abschluß mit der Begutachtung des Nervensystems, 
unter besonderer Berücksichtigung des Alkoholismus, der Hysterie und der Si- 
mulation. A. hat die Behandlung der Infektionskrankheiten und der Trink- 
. wasserfrage übernommen, vor allem anläßlich seiner sero- und bakteriologischen 
Typhusstudien und seiner reichhaltigen praktischen Erfahrungen über die Typhus- 
impfung. Den während der niederländischen Mobilisierung gemachten Erfah- 
rungen ist besonders Rechnung getragen, so daß der hiesige Militärarzt in diesen 
18 Vorträgen sich über den heurigen Stand mancher wichtigen Frage schnell die 
nutigen Vorkenntnisse aneignen dürfte. Zeehuisen (Utrecht). 


4. L. Boas. Über Kriegskrankheiten der Zivilbevölkerung. (Med. 
Klinik 1915. Nr.51. S. 1396.) 

Eine Häufung von chronischen Verdauungsstörungen organischer Art, speziell 
soweit Magen- und Darmkatarrhe in Frage kommen, wurde nicht beobachtet. 
Ebenso wichen die Resultate bei Mastkuren trotz der Knappheit der hier in Frage 
kommenden Nahrungsmittel gegenüber den normalen Zeiten nicht sehr erheblich 
ab. Es nahmen nicht zu die Fälle von nervösen Magen- und Darmerkrankungen. 
Auch der Diabetes mellitus nahm nicht zu. Beträchtlich häuften sich die Fälle 
-= vonCholelithiasis. Es unterliegt keinem Zweifel, daß hierbei psychische Emotionen 
eine erhebliche auslösende Rolle spielen. Frauen von Soldaten wurden häufiger 
als andere von schweren Arten von Gallensteinkoliken betroffen. Sehr viel ernster 
als die Zunahme von Gallensteinerkrankungen ist aber die überraschende Häufig- 
keit an Karzinomen der Verdauungsorgane. Sehr auffallend war unter den bös- 
artigen Neubildungen des Magen- und Darmkanals die abnorm hohe Frequenz 
im jugendlichen Alter. Sehr oft kam es vor, daß namentlich männliche Individuen 
im besten Alter seit der Kriegszeit über Gewichtsabnahme zu klagen hatten, ohne 
daß bei sorgfältiger Untersuchung Störungen der lebenswichtigen Organe oder 
solche des Stoffwechsels zu verzeichnen gewesen wären. Zweifellos liegt hier 


496 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 


mangelhafte quantitative oder qualitative Nahrungszufuhr, etwa durch Reduktion 
des Appetits oder aus ökonomischen Gründen vor. Noch ein günstiger Umstand 
fiel auf: Die überaus geringe Zahl von Besuchern der bekannten Kurorte für Ver- 
dauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Zweifellos mögen hier sehr viele, nicht 
zum wenigsten auch ökonomische Gründe eine Rolle mitspielen, aber Verf. glaubt 
mit der Annahme nicht fehlzugehen, daß hierbei auch die vereinfachte, natur- 
gemäße Lebensweise, der sich die bessersituierten Volksklassen teils aus eigener 
Einsicht, teils unter dem Zwange der Ernährungsverschiebung, unterworfen 
haben, einen erheblichen Anteil hat an der fehlenden Indikation für Mineralwässer 
und Badekuren. Ruppert (Bad Salzuflen). 


42. H. Kleinschmidt. Die Sommersterblichkeit der Säuglinge. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 28.) 


Es ist ein Unterschied zwischen der Früh- und Spätsommersterblichkeit zu 
machen. Im Frühsommer überwiegen als Todesursache die Krämpfe ohne Er- 
scheinungen von seiten des Magen-Darmkanals, im Spätsommer die Ernährungs- 
störungen. Krämpfe gehören zu den Symptomen eines Krankheitsbildes, das 
sich aus den Folgeerscheinungen einer Wärmestauung zusammensetzt. Unter 
Umständen kann es zu Erscheinungen kommen, die man kurzweg als Hitzschlag 
bezeichnet hat. Die Voraussetzung zu einer solch schweren Erkrankung des 
Kindes geben neben einer Disposition des Kindes ungünstige äußere Verhältniss 
der Wohnung und Kleidung ab, die eine Durchlüftung hindern und eine Wärme- 
stauung begünstigen. Ähnliches gilt von der zu beobachtenden sommerlichen 
Häufung eitriger Hautaffektionen. Die Ernährungs- und Stoffwechselstörungen, 
die hauptsächlich im Spätsommer auftreten, haben wir als Folgen einer Reihe 
langdauernd einwirkender Schädlichkeiten anzusehen, wie sie die Milchverderbnis, 
Überfütterung und unzureichende Pflege neben der Hitze gewöhnlich bei solchen 
Kindern darstellen, deren Größe, Gewicht und Allgemeinzustand unmittelbar auf 
eine chronische Störung des Stoffwechsels hinweist. Die Sommersterblichkeit 
kann nur durch Prophylaxe wirksam bekämpft werden. Es ist daher weiter eine 
energische Stillpropaganda und eine besondere Beachtung des künstlich ernährten 
Kindes zu fordern. Diese hat sich namentlich auf Pflege und Ernährung zu er- 
strecken, die sich ohne große Umwälzungen verbessern lassen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


43. R. Oppermann. De Gamles Laur. (Ugeskr. f. laeger. 1916. Nr. 2.) 
Verf. bringt interessante Daten über die Sterblichkeit der Bewohner von 
Laesö, einer isolierten dänischen Insel. Die Gesamtsterblichkeit entspricht durchaus 
der von ganz Dänemark, d. h. 120/00, aber 54% sterben über 70 Jahre alt, während 
sonst nur 30% dieses Alter beim Tode überschritten haben. Verf. nimmt al: 
Ursache das ungeheuer regelmäßige, von den Einflüssen des modernen Lebens 
freie Leben dieser isolierten Bevölkerung an. F. Jessen (Davos). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prot. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 27. Sonnabend, den 8. Juli 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. Goldscheider, Aufgaben und ProbJeme der inneren Medizin im Kriege. — 
2 Scehlesinger, Die Krankheiten des höheren Lebensalters. — 8. Muntendam, Säuglingssterblich- 
keit. — 4. Rubner und Langstein, Energie und Stoffwechsel zweier frühgeborener Säuglinge. — 
ó. Thiele, Wachstum und Ernährungszustand der Schulkinder. — 6. van Eijk, Sexualverhältnis 
in der Bevölkerungsstatistik. — 7. Ellermann, Schwankungen der physiologischen Schwanger- 
schaftsdauer. — 8. Holzkneeht, Weissenberg, und Mayer, Gasfreie Röntgenröhre nach J. E. 
Lilienfeld. — 9. Walther, Grundlagen der Strahlentherapie. — 10. Wachtel, Schwebemarken- 
lokalisator. — 11. Holzkneeht, Fremdkörperlokalisation. — 12. Löwenthal, 13. Pagenstecher, 
14 Reifferscheid, 15. Löwenthal, Röntgenologisches. — 16. Külbs, Arbeitsleistung und Organ- 
entwicklung. — 17. Sehanz, Beziehungen des Lebens zum Licht. — 18. Oeder, Gärtner’sche Nor- 
malgewichtstabelle. — 19. Zsako, Muskelmechanische Erscheinungen. — 20. Gross und Vorpahl, 
Verfettung parenchymatöser Organe. — 21. Hammersehlag, Speichelkörperchen. — 22. Plimmer, 
Eiweißkörper. — 28. Wacker und Hueck, Cholesterin im Organismus. — 24. Frank, Kapsel- 
bazilleninfektion. — 25. Castelli, Technische Bemerkungen zum graphischen Verfahren. — 
». Faustka und Kucera, Blutdruckveränderungen. — 27. Petri, Neue Probleme des parenteralen 
Eiweißabbaues. — 28. Resch, Lipase und Lymphocyten. — 29. Fürbringer, Temperaturbestim- 
mung. — 30. Wintritz, Temperaturmessung. — 31. Welzel, Körpertemperatur. — 32. Mayer, 
Hungerfieber des Neugeborenen. — 83. Knoblauch und Quineke, Kryptogenes Fieber. — 34. Bittorf, 
%. Sehanz, Sonnenstich und Hitzschlag. — 86. Saxl, Morgendliche Remission. — 87. Hashimoto, 
Fieberstudien. — 38. Isensehmid, Wirkung der die Körpertemperatur beeinflussenden Gifte auf 
Tiere ohne Wärmeregulation. — 89. Kuhn und Möllers, Hygienische Erfahrungen im Felde. 





Referate. 


l. Goldscheider. Aufgaben und Probleme der inneren Medizin 

im Kriege. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 44 u. 45.) 

Wir haben nach unseren jetzigen Kenntnissen über die Herzinnervation 
eine sehr innige Beziehung zwischen nervösen und muskulären Störungen an- 
zunehmen. Feinere Schädigungen der Herzmuskulatur mögen auch bei den 
sogenannten funktionellen Störungen öfters vorkommen. Pulsbeschleunigung 
kann sowohl Ermüdungs- wie Reizungssymptom sein. Es wird im Einzelfall 
bezüglich der Frage der Herzmuskelschädigung auf die Feststellung von Dilata- 
toren, erheblicher Blutdrucksenkung, stärkerer Arhythmie, abnorm starker Re- 
aktion auf dosierte Bewegung mit langer Erholungszeit ankommen. Inwieweit 
die Lungentuberkulose durch den Krieg eine wesentliche Zunahme erfahren hat, 
wird sich erst später, wenn das ganze Material vorliegt, beurteilen lassen. Die 
ärztliche Behandlung erfolgt bis auf die vorgeschritteneren Fälle, welche eventuell 
als dienstunbrauchbar zu entlassen und den bürgerlichen Fürsorgeanstalten zu 
übergeben sind, tunlichst in Lungenheilstätten. Beim Typhus wurde die klinische 


27 


498 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


Diagnose meist früher gestellt als die bakteriologische. Der springende Punkt 
bei der Bekämpfung des Typhus im Felde ist neben der Ortshygiene und Des- 
infektion die Feststellung der Typhusverdächtigen und ihre möglichst schnell: 
Herausziehung aus der Truppe. Eines der wichtigsten Symptome ist und bleibt 
der Milztumor. Von der 3. Krankheitswoche ab sollten Transporte möglichst 
ganz vermieden werden. Außer den Herzmitteln kommt nur Pyramidon in kleinen 
Dosen bei Benommenheit in Betracht. Über die spezifische bakterielle Therapie 
kann man etwas Abschließendes noch nicht sagen; sie kann unter gewissen Um- 
ständen eine Heilwirkung entfalten und verdient weiteres Studium. Vorsichtige 
Dosierung und Vorsicht bei bestehenden Komplikationen ist geboten. An der 
günstigen Wirkung der Schutzimpfung ist selbst bei größter Skepsis nicht zu 
zweifeln. Leichte Rheumatismen der Muskeln sowie der Gelenke kamen vor- 
wiegend bei solchen vor, die schon in Friedenszeiten rheumatische Beschwerden 
gehabt hatten. Die Widerstandsfähigkeit gegen Erkältungsschädlichkeiten wa 
geradezu erstaunlich. Die Gesamtkonstitution ist die Summe der Teilkonstitu- 
tionen der einzelnen Organe bzw. Organsysteme; je nach der vorhandenen Ver- 
anlagung kann das eine und das andere versagen. Die örtlichen Dispositionen 
spielen eine große Rolle, so z. B. bei der Tuberkulose. Die gesunden Bestrebungen 
der letzten Jahre auf dem Gebiete der Wohnungshygiene, der Körperkultur, der 
Abhärtung, der Wanderungen in die freie Natur u. dgl. sind zu befördern, dagegen 
der Sport in seinen Auswüchsen zu bekämpfen. Die Bedingungen des Erfolges 
sind: Wille, Organisation, Disziplin. Reckzeh (Berlin). 


2. + H. Schlesinger. Die Krankheiten des höheren Lebensalters. 
Zwei Teile: Verdauungstrakt, Peritoneum, Leber, Pankress, 
Urogenitalapparat, tierische Schmarotzer, Vergiftungen, lnfel- 
tionskrankheiten. 541S. Preis 12 Mk. Wien u. Leipzig, A. Hölder, 


1915. 

Der zweite Teil des ausgezeichneten Buches hält durchaus, was der erste 
versprach. Er ist nicht nur kritisch sehr sorgfältig durchgearbeitet, sondern auch 
durch eigene Erfahrungen gewürzt und zu einem grundlegenden Werk gestaltet. 
Überall, wo der spezifische Einfluß des Alters sich bemerkbar macht, beim Magen. 
Darm, bei der Leber, dem Urogenitaltrakt usw., schickt S. eine sehr gediege® 
Einleitung über die Altersveränderungen des betreffenden Organes voraus, um 
daran anknüpfend die besonderen Verhältnisse der klinischen Bilder zu besprechir. 
Die Symptomenlosigkeit mancher Alterserscheinungen: des Magenkrebses, di! 
Gallensteinerkrankung, der Urosepsis usw. werden gebührend betont und di 
Schwierigkeiten der Diagnose, die bekanntlich um so größer werden, je älter die 
Pat., eingehend erörtert. An verschiedenen Stellen bemerkt man, wie schwieng 
es war, das Wichtige von dem Nebensächlichen zu trennen, aber überall ist dm 
Verf. seine Aufgabe gelungen. Wir zweifeln nicht, daß das nunmehr vollständist 
Buch seinen Weg in die Bibliotheken aller wissenschaftlich gebildeten Ärzte 
finden wird. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


8 
3. P. Muntendam. Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit. (Ned! 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 2051—15.) 
Bericht über eine die Frage der Säuglingssterblichkeit behandelnde Schrift 
des Säuglingsschutzbundes, aus welchem hervorgeht, daß während die mittleren 
Zahlen in den Niederlanden von 1909—13: 10,4 pro 100 betragen haben, die 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 409 


Mortalität in den einzelnen Provinzen sehr auseinandergeht: Holland (Nord- und 
Südholland) 8,1—9, Groningen 9, Gelderland 10,5, Utrecht 10, Overyssel 10,2 
nähern sich dem mittleren Wert; nördlich ist Friesland vertreten mit nur 6,6, 
südlich Nordbrabant und Limburg mit 15,8 und 15,9. Die ungünstigsten Ver- 
hältnisse sind also in den südlichen Partien des Reiches vorherrschend, Indessen 
hat im ganzen die 1871 22,5% betragende Säuglingssterblichkeit bis auf 9,14 
(1913) abgenommen. Die früher besonders hohe Sterblichkeit in den städtischen 
Gemeinden ist jetzt bis weit unterhalb derjenigen der übrigen Ortschaften herab- 
gesunken. Im allgemeinen sollen also für die Dorfgemeinden nach Aufsuchung 
lokaler Ursachen energische Maßnahmen getroffen werden. 
Zeehuisen (Utrecht). 


4. Rubner und Langstein. Energie und Stoffwechsel zweier 
frühgeborener Säuglinge. (Archiv f. Anatomie u. Physiologie, physiol, 
Abteil. 1915. Hft, 1.) 

Die beiden Frühgeborenen haben bei einer im allgemeinen ungünstigen ka- 
lorischen Ausnutzung der Nahrung, insbesondere bei schlechter Fettausnutzung, 
das ihnen mit der Nahrung gereichte Eiweiß sehr gut zum Aufbau ihrer Zellen ver- 
wertet. Vom energetischen Standpunkt ist die Tatsache bedeutungsvoll, daß 
fast der gesamte Nahrungsüberschuß zum Anwuchs verbraucht wurde. Die 
Wärmebildung war nicht gesteigert. 

M, Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


5. Thiele (Chemnitz). Der Einfluß von Krankheiten, insbesondere 
der Tuberkulose, auf das Wachstum und den Ernährungs- 
zustand der Schulkinder. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

Die Kinder kommen mit verhältnismäßig geringem Körpergewicht zur 

Schule, die Knaben auch etwas kleiner; bei den Knaben sehen wir dann ein auf- 

fallendes Zurückbleiben von Größe und Gewicht durch die ganze Schule hindurch. 

Auch bei den Mädchen ist ein Zurückbleiben bis in die Mitte der Schulzeit ersicht- 

lich, dann jedoch beginnt gerade bei ihnen ein schnelleres Wachstum, ohne daß 

das Körpergewicht des Gesunden erreicht wird. Reckzeh (Berlin). 


6. H. H. van Eijk. Das Sexualverhältnis (numerische Verhältnis 
der Geschlechter) in der Bevölkerungsstatistik. (Nederl. Tijdschr. 
v. Geneesk. 1915. I. S. 1847—65.) 

Seit 1840 nähert sich die unterhalb der Einheit liegende Quotient M : W, 
d.h. das Verhältnis der gesamten männlichen und weiblichen Bevölkerung in 
den Niederlanden, allmählich zum Wert eins. Verf. verfolgt die Art und Weise, 
in welcher diese Veränderung zustande kommt, sowie die möglichen Ursachen und 
Foigen derselben. Der Fülle der bei Berücksichtigung der Jahreszahlen noch 
besser als bei Vergleichung der Dezennien zutage tretenden interessanten Tat- 
sachen kann folgendes entnommen werden: Das M : W-Verhältnis hat sich durch 
relativ größere Abnahme der männlichen Geburt und der männlichen Sterblich- 
keit, und bis 1900 auch der Migrationsverhältnisse, in nicht unerheblicher Weise 
umgestaltet. Für das 20. Jahrhundert ergab sich, daß die Migration ausgeschaltet 
werden konnte. Zur Vergleichung der Zahlen mehrerer Staaten sollen dieselben 
für die Totgeborenen und Fehlgeburten von den lebendig Geborenen abgesondert 
gehalten werden, von beiden wieder die unehelichen Geburten von den ehelichen 


27° 


500 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


getrennt werden, indem in ersteren z. B. die männlichen Fehl- und Totgeburten 
über die weiblichen prävalieren. Die Sterblichkeit der Männer stieg unterhalb des 
14. Lebensjahres gegenüber W. an, nahm oberhalb desselben bis zum 64. Lebens- 
jahre in höherem Maße ab. Zum Teil wird letzteres Faktum von Verf. den hin- 
sichtlich der männlichen Bevölkerung gesetzlich getroffenen Fürsorgemaßnahmen 
zugemutet. Die Verordnung analoger Schutzmaßnahmen zugunsten der beruflich 
arbeitenden weiblichen Personen liegt also nahe. 


Zeehuisen (Utrecht). 


7. V. Ellermann. Om Svangerskabstiden og dens Svingninger. 
(Ugeskr. f. laeger 1915. Nr. 31.) 


Verf. hat vier große Statistiken anderer Autoren (Enge, Schlichting, 
Périer, Stinnerbeck) mathematisch nachgerechnet und findet, daß die Schwan- 
kungen der physiologischen Schwangerschaftsdauer dem experimentellen Fehler- 
gesetz folgen. Die »Standardabweichung« beträgt 10 Tage. 997 von 1000 Fällen 
liegen innerhalb der dreifachen »Standardabweichung«; so kann man für Kinder 

von 3—3,5 kg Gewicht die Grenze der menschlichen Schwangerschaft zwischen. 

240 und 300 Tage setzen; berücksichtigt man die selteneren Fälle, so muß man 

230—310 sagen. Für Kinder über 4 kg heißen die Zahlen 248 (238) bis 308 (318). 
F. Jessen (Davos). 


8. Holzknecht, Weissenberg und Mayer (Wien). Die gasfreie 


Röntgenröhre nach J. E. Lilienfeld. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 25.) 


Die Lilienfeldröhre stellt die Erzeugung der Röntgenstrahlen auf eine pnn- 
zipiell neue physikalische Grundlage und übertrifft die gebräuchlichen Röhren an 
Zuverlässigkeit, Konstanz, Tiefenleistung, Lichtausbeute und Brenndauer, als: 
in jedem Belange, um das Zwei- bis Fünffache. Reckzeh (Berlin). 


9. H. E. Walther. Die physikalischen und biologischen Grund- 
lagen der Strahlentherapie. (Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 
1914. Nr. 30.) 

W. gibt ein Referat darüber, was man unter den verschiedenen, allgemein 
als »Strahlen« bezeichneten physikalischen Vorgängen versteht, was von ihrem 
Einfluß auf gesunde und kranke Gewebe bekannt ist, und wie weit sich die moderne 
Technik die verschiedenen Formen strahlender Energie als Heilfaktoren nutzbar 
zu machen weiß. Ein Eingehen auf die Einzelheiten würde zu weit führen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


10. Wachtel. Der Schwebemarkenlokalisator (ein einfacher und 


exakter Fremdkörpersucher). (Münchener med. Wochenschrift 1914. 
Nr. 47.) 


Das Instrument besteht in einem Schwebemarkenträger, durch welchen die 
Zentralstrahlen der Röntgenröhre auf den betreffenden Körperteil fallen. Unter- 
halb des Körpers ist ein Brett angebracht, welches durch eine Stange fest mit 
dem Träger verbunden ist. Es werden zwei Aufnahmen auf dieselbe Platte ge- 


macht, wobei eine kleine Verschiebung der Röhre erfolgen muß. Nachdem die 
Platte entwickelt ist, mißt man auf ihr 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 501 


1) die Größe eines der Bilder der Schwebemarke, 

2) die Entfernung der beiden Bilder der Schwebemarke voneinander, 

3) die Entfernung des Bildes des Fremdkörpers der ersten Belichtung von 
der Mitte des Schwebemarkenbildes der ersten Belichtung, 

4) die Entfernung beider Bilder des Fremdkörpers voneinander. 

Die Ausrechnung geschieht mittels einer dem Apparat beigegebenen scheiben- 
artigen Kurventafel und ist sehr einfach. Der Apparat ist mit allem Zubehör zu 
beziehen von der Firma O. Sommer, Wien VII, Werkstätten für Wiener Röntgen- 
modelle. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


11. Holzkneeht. Fremdkörperlokalisation. (Münchener med. Wochen- 

schrift 1914. Nr. 45.) 

Die landläufige Auffassung, daß es durch zwei im Winkel von 90° zueinander 
gekreuzte Aufnahmen gelingt, einen Fremdkörper im Körperinnern genau zu 
lokalisieren, ist irrig, wie H. an einem praktischen Beispiel demonstriert. Als 
zum richtigen Ziel führend erkennt H. nur folgende Verfahren an: Durchleuch- 
tung bei stetiger Rotation mit Messung des größten und kleinsten Abstandes des 
Fremdkörpers von einem auf die Oberfläche gehaltenen Markierstift; Durch- 
leuchtung in zwei einander schräg kreuzenden Richtungen mit Markierung der 
vier Hauptpunkte, und die Doppelaufnahme nach Wachtel, über die der Autor 
später selbst berichten wird. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


12. S. Löwenthal (Braunschweig). Über Schwerfitertherapie. 
(Strahlentherapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 

Man kann eine sehr durchdringende Röntgenstrahlung herstellen, welche in 
großen Gewebstiefen denselben Absorptionsgesetzen unterliegt, wie die radio- 
aktive Strahlung. Der Absorptionsverlust der Mesothoriumstrahlung durch 
10cm Wasser wird nur annähernd von der durch 1 mm Blei gefilterten Röntgen- 
strahlung erreicht, wobei natürlich das gesamte Strahlengemisch der Röntgen- 
röhre dem p- und Y-Strahlengemisch des Radiums oder Mesothoriums gegenüber- 
gestellt wird. Die von der Röntgenröhre in die Tiefe dringende Energie ist von 
einer viel beträchtlicheren Größenordnung, als selbst die eines starken Radium- 
präparats. Läßt doch eine Röntgenröhre durch 1 mm Blei so viel harte Strah- 
lung hindurchtreten, daß sie 1600 mg Radiumbromid bei gleicher Entfernung 
von der Haut äquivalent ist. Und nur durch diese Überlegenheit der Röntgen- 
röhre an Intensität kann man hoffen, den schweren Übelstand auszugleichen, daß 
man mit der radioaktiven Substanz in nächste Nähe des Krankheitsherdes vor- 
dringen kann, aber nicht mit der Röntgenröhre. Über die endgültige Wahl der 
Schwerfiltersubstanz wird man sich aber erst dann schlüssig werden können, 
wenn sichere Anhaltspunkte dafür gefunden sein werden, an welchen Substanzen 
des Gewebes die harte Strahlung ihren Angriffspunkt findet; insbesondere wird 
erst die Frage entschieden werden müssen, ob diese Strahlen am Protoplasma 
selbst oder am Eisenmolekül des Zellkernes angreifen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


13, Alexander Pagenstecher. Über Dauertherapie. (Strahlentherapie 
1914. Bd. V. Hft. 1.) 
Verf. berichtet über die Dauerbehandlung mit hartgefilterten Röntgenstrahlen. 
Seine bisherigen Mißerfolge in Fällen von Tumoren des Mediastinums und des 


502 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


Magen-Darmtraktus glaubt Verf. den jetzt üblichen kurzen Intensivbestrahlungen 
in längeren Zwischenräumen unter Leichtfiltern zur Last legen zu müssen. Die 
augenblicklich vom Verf. angewandte Methode besteht darin, statt der bisherigen 
kurzzeitigen Intensivbestrahlung die Dauerbestrahlung mit geringeren In- 
tensitäten zu verwenden und zur weiteren Härtung der Strahlen statt der 
bisherigen Leichtfilter Schwerfilter vorzuschalten. Verf. erzielte in einem aus- 
sichtslosen Falle Heilung durch Röntgenbehandlung ohne Radiumauflegen und 
ohne Chemotherapie. Ferner hat Verf. vier Fälle der Dauerbehandlung unterzogen. 
Zunächst wurden sie einer kurzzeitigen Intensivbestrahlung unterzogen, nach an- 
fänglichem Stillstand kam es bei allen Fällen zu rascherem Wachstum; wurden 
diese Fälle der Dauerbestrahlung zugeführt, so verschwanden die Tumoren oder 
verkleinerten sich zusehends. Dann wurde die Dauerbehandlung abgebrochen 
und nur noch in großen Zwischenräumen bestrahlt. Alle Tumoren wuchsen und 
gingen erst unter erneuter Dauerbestrahlung wieder zurück, die noch dadurch 
verstärkt wurde, daß in den Zwischenzeiten kleine Dosen Radium oder Meso- 
thorium dauernd aufgelegt wurden. Es handelt sich nur um inoperable Fälle, 
deren Operation von chirurgischer Seite abgelehnt wurde. 
M. Lubowski Kern WME dor); 


14. Carl Reifferscheid. Die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf 
tierische und menschliche Eierstöcke. (Strahlentherapie 1914. 
Bd. V. Hft. 1.) 

Um die Frage zu klären, ob beim Menschen eine wirksame Beeinflussung der 
Ovarien durch die Bestrahlung möglich sein würde, hat Verf. eine größere Reihe 
experimenteller Untersuchungen vorgenommen. Zunächst hat er, um die durch 
Röntgenstrahlen gesetzten Veränderungen im einzelnen zu studieren, größe:e 
Versuchsreihen an weißen Mäusen unternommen, die sich ja schon aus äußeren 
Gründen besonders dazu eigneten. 

Wurden die Mäuse mit hohen Dosen bestrahlt, so gingen die Tiere in den 
nächsten Tagen zugrunde. Es fanden sich ganz enorme Zerstörungen des Ovarial- 
gewebes. Bei schwächerer Bestrahlung blieben die Tiere sämtlich am Leben. Sie 
wurden nach und nach in Zwischenräumen von 24 Stunden getötet und die Ovarier 
in Serienschnitten untersucht. Schon 18 Stunden nach der Bestrahlung fanden 
sich sichere und auffallende Degenerationserscheinungen an den Ovarien. In 
erster Linie ist das Follikelepithel betroffen. Man findet die Kerne pyknotisch, 
das Protoplasma gar nicht oder kaum gefärbt, vielfach sind nur noch Kerntrümmt! 
vorhanden oder die Kerne völlig geschwunden und nur noch hyaline Schollen al: 
Reste der Zellen vorhanden. Die Eizellen zeigen fädige Gerinnung, sind vielfach 
stark geschrumpft, das Keimbläschen ist oft ohne scharfe Begrenzung, der Keim- 
fleck meist erhalten, aber vielfach nur schwach gefärbt. Bei den später getöteten 
Tieren sind die Degenerationserscheinungen zum Teil noch stärker ausgesprochen. 

Besonders interessant ist, daß schon nach wenigen Stunden mikroskopisch 
deutliche Degenerationserscheinungen der Eizellen nachweisbar waren. Stärker 
ausgesprochene Schädigungserscheinungen fanden sich auch. Die Pyknosen der 
Follikelepithelien sind ausgedehnter, die Zellgrenzen undeutlich, zwischen den 
Kernen finden sich fädige Gerinnsel, und die Eizellen zeigen Schrumpfungs- und 
Gerinnungserscheinungen. 

So interessant und wichtig diese Experimente an Kaninchen und Mäusen 
für das Studium der biologischen Wirkung der Röntgenstrahlen sind, so lassen sie 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 503 


doch noch keinenSchluß darauf zu, daß bei größeren Tieren, und besonders auch 
beim Menschen, gleichartige Veränderungen infolge der Bestrahlung auftreten, 
zumal Roulier bei seinen Versuchen an Hunden an den Ovarien weder mikro- 
noch makroskopisch Veränderungen erzielen konnte. Verf. hat deshalb mehrfache 
Experimente an Affen und Hunden gemacht und hat auch bei diesen größeren 
Tieren ganz die gleichartigen Veränderungen der Ovarien nach der Bestrahlung 
feststellen können wie bei Mäusen, 


Am wichtigsten war die Beantwortung der Frage, ob sich beim Menschen 
deutlich nachweisbare Veränderungen an den Ovarien bei Röntgenbestrahlung 
finden lassen würden. Verf. konnte die Ovarien von sieben Frauen histologisch 
untersuchen, bei denen vor einer aus anderen Gründen dringend nötigen Operation 
Röntgenbestrahlungen vorgenommen worden waren. Das Alter der Frauen 
schwankte zwischen 35 und 52 Jahren, die angewandte Dosis betrug !/,—3 Ery- 
themdosen. 


Übereinstimmend fand sich bei der mikroskopischen Untersuchung dieser 
Ovarien, die zum Teil in Serienschnitten vorgenommen wurde, daß sämtliche 
Primordialfollikel degeneriert waren. Das Follikelepithel war teils noch gut 
erhalten, teils nur mehr blaß gefärbt, teils völlig zugrunde gegangen, die Eizellen 
geschrumpft mit zuweilen noch erkennbaren Keimbläschen, meist war aber von 
dem Keimbläschen nichts mehr zu entdecken. In den größeren Follikeln fand sich 
das Follikelepithel in allen Stadien der Degeneration, teilweise blasig aufgetrieben 
mit geschrumpftem Kern, teilweise der Kern nur noch schwach gefärbt, schließlich 
der Kern ganz geschwunden und an Stelle der Zellen hyaline Schollen. In den 
selten sich findenden Graaf’schen Follikeln ist das Epithel oft noch leidlich er- 
halten, aber an Stelle der Eizelle fand man nur noch eine hyaline Scholle oder die 
Eizelle frei im Follikel schwimmend, noch von einzelnen Follikelepithelien um- 
geben, die Eizelle meist auch in Degeneration und nur selten mit noch er- 
kennbaren Keimbläschen und Keimfleck. 


Um die Frage zu beantworten, wie die Ovarien sich längere Zeit nach der 
Einwirkung der Röntgenstrahlen verhalten, und ob die Möglichkeit einer Re- 
generation des geschädigten Gewebes gegeben ist, untersuchte Verf. eine Serie 
von Mäusen. Es fand sich dabei, daß die anfangs beobachteten Degenerations- 
erscheinungen in der Folgezeit noch stärker zunahmen und schließlich in völliger 
Schrumpfung des Ovariums endeten. Auch bei größeren Tieren fand sich keine 
Spur von Regeneration, vorausgesetzt, daß bei der ersten Bestrahlung alle Follikel 
zerstört worden waren. Anders natürlich, wenn ein Teil der Follikel erhalten 
geblieben war. Man kann, führt Verf. aus, bei dem Ovarium nicht eigentlich 
von einer Regeneration sprechen, denn für eine solche liegt keine Möglichkeit vor, 
sondern nur von einer teilweisen Schädigung. Follikel, die einmal zerstört sind, 
werden sich nicht wieder ersetzen können. Man kann also auch nicht von einer 
vorübergehenden Atrophie sprechen, die von einer vollkommenen Regeneration 
gefolgt ist, sondern es kann eine solche nur vorgetäuscht werden, wenn durch die 
Bestrahlung gerade alle der Reife nahen Follikel zerstört werden und nun einige 
Zeit vergeht, bis von den ungeschädigt gebliebenen Follikeln einer zur Reife ge- 
langt ist. Eine einmalige Bestrahlung des Ovariums übt eine Wirkung aus, die 
sich in einer über viele Monate fortschreitenden Schädigung kundgibt. Die Zellen 
des Corpus luteum zeigen eine ganz auffallende Widerstandsfähigkeit gegenüber 
der Einwirkung der Strahlen, und erst ganz allmählich fallen auch sie der Degenera- 
tion anheim. Es läßt sich daraus schließen, daß durch die Röntgenbestrahlung 


504 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


selbst bei völliger Zerstörung der Follikel und völliger Aufhebung der Ovulation 
doch die innere Sekretion längere Zeit erhalten bleibt. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


15. S. Löwenthal (Braunschweig). Über sekundäre Elektronen- 
bildung. (Strahlentherapie 1914. Bd. V. Hft. 1.) 

Der Unterschied, der die y-Strahlen in ihrer Tiefenwirkung von den här- 
testen Röntgenstrahlen auszeichnet, ist der, daß die von den letzteren erzeugten 
Elektronen weit geringere Durchdringungsfähigkeit besitzen als die von der 
y-Strahlung erzeugte Elektronenemission. Es wäre zu verstehen, wenn sich 
einmal herausstellen sollte, daß auch bei ganz gleicher zeitlicher und Intensitäts- 
verteilung die y-Strahlen eine stärkere Tiefenwirkung auf Gewebe ausüben als 
die härtesten Röntgenstrahlen. Indessen ist man von einer solchen exakten Fest- 
stellung noch sehr weit entfernt. Vorläufig muß man aus der Anschauung, dad 
nicht die y-Strahlung und nicht die durchdringende Röntgenstrahlung selbst, 
sondern erst die von ihnen ausgelösten Elektronen die biochemische Wirkung er- 
zeugen, möglichsten Nutzen für die Forschung ziehen. Zunächst in der Weise, 
daß man noch intensiver als bisher nach Substanzen sucht, die man als Trar:- 
formatoren der Strahlung in die Zellen hineinbringen kann. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


16. Külbs. Weitere Beiträge zur Frage: Arbeitsleistung und 
Organentwicklung. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 
In Westflandern gebraucht man Hunde der verschiedensten Rasse und Größe 
als Zugtiere. Die Leistungsfähigkeit der Tiere, die offenbar seit Hunderten von 
Jahren von Jugend auf an das Ziehen gewöhnt werden, ist eine enorm großt. 
Von einem mittleren Hunde verlangt man z. B., daß er 250 bis 350 kg sicher und 
schnell vorwärts bewegt. Beobachtungen an 10 Ziehhunden hatten folgende: 
Ergebnis: Die inneren Organe waren gut und gleichmäßig entwickelt. Dies ga! 
besonders vom Herzen und von der Leber. Eine durch die Zieharbeit bedingt? 
Veränderung in der Konfiguration des Brustkorbes ließ sich nicht nachweisen. 
Reckzeh (Berlin). 


17. Schanz (Dresden). Über die Beziehungen des Lebens zum 
Licht. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Bei den Tieren ist das ganze Integument für Lichtwirkung empfänglich, bei 
niederen Tieren bildet sich das Integument zu einem Lichtsinnesapparat aus da- 
durch, daß das ganze Integument mit einem Photokatalysator versehen ist. Wir 
nehmen an, daß sich in der Netzhaut Sehstoffe, wie der Sehpurpur, finden, die 
durch das Licht zersetzt werden. Wir kennen Pigmente, die die Lichteinwirkuns 
hemmen. Seit wir wissen, daß die Eiweißstoffe photosensibel sind, müssen wir 
auch annehmen, daß die Fiweißstoffe dieser Sinnesepithelzellen durch Licht 
direkte Veränderung erleiden, und es liegt nahe, anzunehmen, daß die Sehstoffe 
und das Pigment der Netzhaut dabei als positive und negative Photokatalysatoren 
wirken. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 505 


18. Oeder (Niederlösnitz). Die Gärtner’sche Normalgewichts- 

tabelle für Erwachsene. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

Die männlichen Gärtner-Gewichte sind bei 150 cm um etwa 2,0 kg zu niedrig, 

bei 192 cm um etwa 8,5 kg zu hoch, die weiblichen sind bei 142 cm um etwa 4,0 kg 
zu niedrig, bei 192 cm um etwa 10 kg zu hoch. Reckzeh (Berlin). 


19. Zsako (St. Martin). Die Bestimmung der Todeszeit durch 
die muskelmechanischen Erscheinungen. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 3.) | 
Die beschriebenen muskelmechanischen Erscheinungen sind in allen Fällen, 

wo keine peripherische (Peroneus, Radialis usf.) Lähmung vorhanden ist, bei 

lebenden oder toten Individuen auslösbar; aber bei Lebenden sind sie nicht so 
deutlich (wegen des Muskeltonus). Reckzeh (Berlin). 


20. 0. Gross und E. Vorpahl. Beitrag zur Lehre von der Ver- 
fettung parenchymatöser Organe. (Archiv f. exp. Path. u. Pharm. 

Bd. LXXVII. S. 317.) 

In künstlich körperwarm durchspülten Nieren läßt sich nach der Methode 
von Kımagawa-Suto, aber auch nach Rosenfeld (einfache Ätherextraktion), 
eine sichere Fettvermehrung nachweisen. Diese Fettvermehrung kann nicht eine 
scheinbare, durch relative Vermehrung des Fettgehaltes der Organe infolge von 
Ausschwemmung von Eiweißsubstanz sein. Das gebildete Neutralfett ließ sich 
inmanchen Fällen mikroskopisch nachweisen. Dies ist stets der Fall, wenn man 
der Durchspülungsflüssigkeit Glyzerin zusetzt. Die Verff. glauben den Beweis 
erbracht zu haben, daß die Zelle sehr wohl imstande ist, aus Eiweiß Fettsäure 
zu bilden. Bachem (Bonn). 


21. R. Hammerschlag. Die Speichelkörperchen. (Frankfurter Zeit- 

schrift für Pathologie 1915. Bd. XVIII. Hft. 1.) 

Die Herkunft der Speichelkörperchen ist nicht ganz aufgeklärt. Sie sind 
einkernig bis fünflappig, gelangen schon mehrlappig in die Mundhöhle, sanfte 
Übergänge vom Lymphocyten zu den polymorphkernigen Leukocyten. Die Ne- 
krose findet erst im Munde statt. Bei Spülungen überwiegen die mehrgelappten. 
Durchschnittliche Zahl im Kubikmillimeter 2—3000. Strömungsgeschwindig- 
keit in der Sekunde 70000, Gesamtmenge pro Tag 4 Milliarden, was einem 
Volum von 2cbm entspricht. An der Gesamtdiapedese im ganzen Darmkanal 
beteiligt sich ein mächtiges Zellmaterial. Vakuolen in den Speichelkörperchen 
sind Sekretionsprodukte der Kerne. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


22. È$ R. H. A. Plimmer. Die chemische Konstitution der Eiweiß- 
körper. Nach der 2. Auflage des englischen Originals deutsch heraus- 
gegeben von J. Matula. Zwei Teile in einem Band mit 5 Abbildungen. 
276 S. Dresden u. Leipzig, Theodor Steinkopff, 1914. 

Durch den außerordentlichen Aufschwung, den die Chemie der Eiweißver- 
bindungen in den letzten 20 Jahren genommen hat und nicht zuletzt durch die 
in den weitesten Kreisen Aufsehen erregenden Entdeckungen von Fischer und 
Abderhalden, hat sich naturgemäß eine ganz besonders umfangreiche Literatur 


506 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


über diesen so außerordentlich interessanten, ungeahnte Perspektiven eröffnenden 
Zweig der neuzeitigen Chemie entwickelt. 

Es ist daher gewiß mit Freuden zu begrüßen, wenn der Verf. auf Grund der 
so überaus zahlreichen, für den Fachmann mehr oder weniger wichtigen Ver- 
öffentlichungen, so weit das möglich war, einen kurzen, sehr sachlichen und vor 
allem übersichtlichen Auszug über die Konstitution und Synthese der Eiweiß- 
körper zusammengestellt hat. Das Werk gliedert sich in zwei Teile: 1) Die che- 
mische Konstitution des Eiweißmoleküls, die chemische Konstitution seiner Bau- 
steine. 2) Die Synthese der Eiweißkörper. Es setzt beim Leser eine ziemlich hohe 
chemische Kenntnis und Erfahrung voraus, andererseits ist es so klar und über- 
sichtlich verfaßt, daß es auch dem weniger Eingeweihten die Mittel in die Hand 
gibt, in die hochinteressante Materie einzudringen und sich ein umfassendes Bild 
über den Bau, die Art und die Zerlegung der Eiweißkörper zu machen. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


23. Wacker und Hueck. Chemische und morphologische Unter- 
suchungen über die Bedeutung des Choleresterins im Orga- 
nismus. (VII. Mitteil.) (Archiv f.exp. Pathol. u. Pharmak. Bd. LXXVII 


S. 432.) | 

Aus diesen an Kaninchen angestellten Versuchen ergab sich, daß diese Tier: 
nur kurze Zeit die Nebennierenexstirpation überlebten, und zwar zweizeiti: 
operierte etwa 2 Tage, einzeitig operierte 9 Stunden. Alle anderen Befunde bė- 
ruhen entweder auf mangelhafter Operationstechnik oder auf dem Vorhandensein 
von akzessorischen Nebennieren. 

Nach Nebennierenexstirpation schwindet auch bei Kaninchen der Glykogen- 
gehalt der Leber, und zwar um so mehr, je länger das Tier die Operation überlebt. 
Bei nebennierenlosen Kaninchen sinkt der Blutzucker nach einer anfänglich 
kurzdauernden Erhöhung allmählich auf abnorm tiefe Werte. 

Nach allen vorliegenden Untersuchungen ist für die Annahme, der Zucker- 
stich wirke durch Ausschüttung des Adrenalins der Nebenniere, kein sicherer 
Beweis erbracht. Traubenzuckerzufuhr vermag die letale Folge der Nebennieren- 
exstirpation nicht aufzuhalten, Adrenalinzufuhr verzögert das Eintreten der Aus- 
fallserscheinungen und das Eintreten des Todes. Der Cholesteringehalt des Blute: 
epinephrektomierter Kaninchen ist bedeutend erhöht, wobei eine Anreicherung 
von Cholesterin in einzelnen Organen, wie z. B. in der Leber und Galle, zu beob- 
achten ist. Um freies Cholesterin zu esterifizieren, ist die Nebenniere nicht not- 
wendig. Bachem (Bonn). 


24. Frank. Die amyloide Degeneration als der Ausdruck einer 
primären oder sekundären Infektion mit Kapselbazillen (Gruppe 
Friedländer). (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 13.) 

Verf. macht einen Kapselbazillus, der vielleicht mit dem Friedländer identisch 
ist, oder die ganze Gruppe Kapselbazillus Friedländer für die Amyloidentartun: 
bei Mensch und Tier verantwortlich, und zwar in dem Sinne, daß es sich in den 
meisten Fällen um eine sekundäre Infektion von Zerfallshöhlen usw. besonders 
im Bereiche der Luftwege handelt, sehr selten um eine primäre Infektion, eventuell 
unter dem Bilde einer lobulären Pneumonie usw. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 507 


25. Guido Castelli (Florenz). Zwei technische Bemerkungen zum 
graphischen Verfahren. (Riv. crit. di clin. med. 1914. Nr. 49.) 

1) Um positive Kurven (schwarz auf weißem Grunde) zu erhalten, verwendet 
C. direkt das gewöhnliche lichtempfindliche photographische Papier in folgender 
Weise: Man schneidet Bogen von glänzendem Zelloidinpapier in der erforderlichen 
(z.B. zum Jacquet’schen Apparat) Breite zu und berußt es mit der Terpentin- 
lampe ziemlich stark (in einem wenig erleuchteten Zimmer); hiernach braucht 
man nur die Streifen an einem dunklen Orte aufzubewahren bis zum Moment 
des Gebrauches; die Kurve nimmt man in der gewöhnlichen Weise auf und ex- 
poniert sie danach bei starkem Licht einige Minuten lang, bis sie völlig schwarz 
und unsichtbar geworden ist; in einem Zimmer bei künstlichem (oder sehr rasch 
auch bei gewöhnlichem) Licht entfernt man dann den Ruß vollständig vermittels 
eines trockenen Wattebausches; schließlich wird das Stück wie ein gewöhnliches 
Positiv im Tonfixierbade fixiert. 

2) Um Kurven polygraphischer Apparate auf genauesten Synchronismus zu 
studieren: Man nimmt einen Streifen Ölpapier, Seidenpapier, Celloidin (Zelluloid? 
Ref.) oder einer anderen, in dünner Schicht durchscheinenden Substanz etwa 
von der Höhe des Kurvenpapiers und wenige Zentimeter breit, und zieht darauf 
eine gerade Linie, die man auf eine horizontale Gerade der Kurve auflegt (z. B. 
auf die Zeitenlinie). Wenn die verschiedenen Kurven genau synchron sind, genügt 
nun eine auf der ersteren errichtete Senkrechte, um die synchronen Punkte anzu- 
zeigen; anderenfalls zieht man, indem man die Orientierungspunkte am Anfang 
oder am Ende der Kurve benutzt, ebenso viele, diesen genau entsprechende Senk- 
rechte. Handelt es sich nun um Apparate, bei denen die verschiedenen Schreib- 
stifte Bogen mit verschiedenen Zentren und von verschiedener Krümmung be- 
schreiben, dann läßt man einfach die Schreibstifte an irgendeinem Punkte der 
Kurve Bogen aufzeichnen, deren Sehnen mindestens den Höhen der einzelnen 
Kurven gleich sind: man paust dann eine Horizontale und die verschiedenen 

rientierungslinien durch und braucht jetzt nur das Ölpapier usw. längs der 
Kurven zu verschieben, um diese an jedem ihrer Punkte mit der größten Ge- 
neuigkeit studieren zu können, und ohne daß das Gesamtbild irgendetwas von seiner 
Klarheit einbüßt, z. B. in Fällen, wo die zu untersuchenden Abschnitte nur in 
sehr geringer Entfernung voneinander stehen und es bei dem gewöhnlichen Ver- 
fahren leicht zu Konfusion kommt. Diese einfache Methode beschleunigt und 
arleichtert das Studium einer beliebigen Kurve auch in Büchern und Zeitschriften, 
welche dabei keinerlei Schaden erleiden. 

Paul Hänel (Bad Nauheim-Bordighera). 


26. 0. Faustka und V. Kucera. Bilutdruckveränderungen beim 
Kaninchen unter dem Einfluß von Glühlicht- und Warmluft- 
böden. (Casopis lekaruv ceskych 1915. Nr. 15—17.) 

Die Versuche hatten den Zweck, festzustellen, ob die erwähnten Bäder bei 
Arteriosklerose die Gefahr einer Gefäßruptur in sich bergen. Die Autoren kon- 
statierten, daß die Glühlichtbäder in der Mehrzahl der Versuche den Blutdruck 
steigerten; manchmal folgte der Steigerung eine Senkung, manchmal eine Sen- 
kung und nochmalige Steigerung des Blutdrucks; manchmal ging der Steigerung 
eine Senkung voran. Nur in 2 unter 20 Fällen konnte nur eine Senkung des Blut- 
drucks nachgewiesen werden. — Den Warmluftbädern, der ausgestrahlten Wärme, 
ist eine ähnliche Wirkung nicht zuzuschreiben. G. Mühlstein (Prag). 


508 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


27. Th. Petri. Neue Probleme des parenteralen Eiweißabbaues in 
ihrer Beziehung zur Geburtshilfe und Gynäkologie. Experi- 
menteller Beitrag. tMonatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie 1915. 
Bd. XLI. Hft. 5.) 

Zusammenfassung: 

1) Durch parenterale Zufuhr von art- und individuumeigenem Eiweiß treten 
beim Tier, in Analogie mit den Verhältnissen nach parenteraler Zufuhr artfremden 
Eiweißes, im Blute Fermente auf, denen die Fähigkeit zukommt, arteigenes Eiweiß 
zu spalten. Diese Fermente sind in ihrer Wirkung nicht spezifisch auf das zur 
Injektion benutzte art- bzw. individuumeigene Serumeiweiß eingestellt, sondern 
auch anderes arteigenes Organgewebe (Muskel, Placenta usw.) wird von ihnen 
angegriffen. 

2) Die gleichen Bedingungen wie bei parenteraler Zufuhr individuumeigenen 
Serumeiweißes lassen sich beim Tier durch künstliche Erzeugung eines Hämatoms 
herbeiführen. Auch hier sind nach der Resorption der in dem Bluterguß ent- 
haltenen unzerlegten Serumeiweißkörper im Blute Fermente wirksam, welche 
ebenfalls verschiedene arteigene Organgewebe, und zwar auch Placenta, abzubauen 
vermögen. 

3) Beim Menschen ergab sich nach intravenöser Zufuhr von individuum- 
eigenem Serumeiweiß das gleiche Verhältnis wie beim Tier. Die nach der In- 
jektion auftretenden Fermente sind in ihrer Wirkung gegen arteigenes Eiweiß der 
verschiedensten Organgewebe gerichtet, vor allem gegen Placentaeiweiß. 


4) Die im Schwangerenserum vorhandenen Fermente sind nicht nur gegen 
Placenta, sondern auch gegen andere arteigene Organgewebe wirksam. Eine 
Organspezifität der Fermente, welche während der Schwangerschaft im Blut? 
nachweisbar sind, besteht nicht. 

5) Nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch bei pathologischen 
Zuständen und durch parenterale Injektion individuumeigenen Eiweißes küntt- 
lich herbeigeführten Verhältnissen, unter denen unzerlegte, blutfremde Eiweib- 
körper in die Blutbahn gelangen, treten Fermente auf, welche ganz allgemein art- 
eigenes Gewebe, also auch Placentaeiweiß, abzubauen imstande sind. 


6) Aus 1—5 resultiert: Die Abderhalden’sche Reaktion wird bei der 
Schwangerschaft stets positiv ausfallen; sie kann jedoch nicht beweisend für die 
Schwangerschaft sein. Sie wird auch bei Nichtschwangeren auftreten, wenn durch 
pathologische oder mechanische Vorgänge (Quetschungen mit Blutaustritt ins 
Gewebe) Bedingungen zur Aufnahme von körpereigenem Eiweiß ins Blut gegeben 
sind, da die danach auftretenden Fermente neben anderen arteigenen Organ- 
geweben auch Placenta abzubauen vermögen. 

7) Die Mobilisierung der nach intravenöser Einführung von unzerlegtem art- 
und individuumeigenem Eiweiß beim Tier und Menschen nachweisbaren eiweib- 
spaltenden Fermente setzt mit größter Wahrscheinlichkeit unmittelbar nach der 
Injektion ein. Die Wirkungsdauer der Fermente ist ziemlich beschränkt. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


28. Alfred Resch. Lipase und Lymphocyten. (Deutsches Archiv für 
klin. Medizin 1915. Bd. CXVIII. Hft. 2.) 
Die Lymphocyten sind die Bildungsstätte des lipolytischen Ferments, das 
sich in artifiziell erzeugten Exsudaten von serösen Höhlen vorfindet. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 509 


Dieses Ferment hat seine optimale Wirkung im Bereich des wahren neutralen 
- Punktes und der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes. 
Morphologisch sind die im Exsudat vorhandenen mononukleären Zellen als 
Lymphocyten anzusprechen und hämatogener Provenienz. 
M. Lubowski (Berlin- Wilmersdorf). 


29. Fürbringer (Berlin). Zur Temperaturbestimmung in der 

Achselhöhle. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Die Versuche lehren, daß die Wärmeleitung sich in höherem Maße geltend 
zu machen pflegt als die Verdunstungskälte. Eine Mitwirkung vermehrten Blut- 
gehalts der schwitzenden Haut ist nicht ausgeschlossen. 

Reckzeh (Berlin). 


30. Wintritz (Zehlendorf- Berlin). Die ärztliche Temperatur- 

messung. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Die Temperaturmessung ist nur zuverlässig, wenn sie rektal oder vaginal 
ausgeführt wird. Es besteht der Verdacht eines fieberhaften Zustandes, wenn 
diese Messung einer Temperatur von mehr als 37 Grad ergibt. Der Kranke soll 
im allgemeinen das Bett nicht verlassen, solange seine Körperwärme erhöht ist. 
Die Ausnahmen, zu denen höheres Alter, sehr lange Dauer der Krankheit, andere 
gelegentliche Umstände zwingen mögen, bestätigen nur diese Regel. Erst ein 
sicherer Verbleib der Temperatur unter 37°, innerlich gemessen, gibt uns die 
Gewähr für die Rückkehr des Körpers zu normalem Befinden. 

Reckzeh (Berlin). 


31. Richard Welzel. Einseitige Steigerung der MOrPeNEmperätur, 

(Med. Klinik 1915. Nr. 47. S..1288.) 

Ein 43jähriger Mann wurde von einem nahe vorbeifahrenden Wagen an eine 
Mauer gedrückt und von dem sich weiter bewegenden Wagen mehrere Male um 
seine Achse gedreht. Abgesehen von einer Kontusion, vorwiegend der rechten 
Schädelhälfte und der rechten Schulter, hatte er Verletzungen nicht davongetragen. 
Im Krankenhause fanden sich deutliche Zeichen von Hysterie, es bestand Mu- 
tismus, konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung, Hypästhesie der Konjunktiven, 
Fehlen des Würgreflexes und Herabsetzung der Sensibilität der Haut und der 
rechten Körperseite. Das Merkwürdigste war ein auffallender Temperaturunter- 
schied, der beim gleichzeitigen Messen der beiden Körperseiten konstatiert werden 
konnte. Er maß in der linken Achselhöhle 36,5° C, in der rechten 39,5°C. Sehr 
eigentümlich war das rasche Auftreten des Fiebers, das nachweislich bereits eine 
Stunde nach dem Unfalle 39,5° betrug. Eine innere Verletzung oder eine entzünd- 
liche Erkrankung lag nicht vor. Unterstützt durch das Vorhandensein anderer 
hysterischer Stigmata, kam man also zur Annahme einer beträchtlichen Tem- 
peraturerhöhung auf hysterischer Basis. Die einzigen somatischen Schäden, die 
der Pat. durch den Unfall davongetragen hatte, waren Exkoriationen und die 
Schwellung der Haut im Bereiche der rechten Schulter. Dazu gesellte sich Druck- 
schmerz der rechten Schädelhälfte und eine auffallend niedrige Pulsfrequenz. Die 
letztere legt den Gedanken nahe, daß der Mann durch den Unfall auch eine Hirn- 
läsion erlitten habe. Die Angaben von Augenzeugen über Bewußtlosigkeit nach 
dem Unfalle sprechen nicht gegen diese Vermutung. Der Gedanke an eine vorüber- 
gehende Gehirnstörung, etwa eine Commotio cerebri, die entsprechend der vor- 


510 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


wiegend rechts sitzenden Läsion mehr die rechte Hirnhemisphäre betroffen hätte, 
war also nicht von der Hand zu weisen. Ruppert (Bad,Salzuflen). 


32. A. Mayer. Über Entstehung und Bedeutung des sog. Hunger- 
fiebers beim Neugeborenen. (Med. Klinik 1915. Nr.34. S. 933.) 
Unter dem sogenannten Hungerfieber des Neugeborenen versteht man rasch 
vorübergehende Temperatursteigerungen, die unter Gewichtsabnahme einher- 
gehen. Temperaturmaximum und Gewichtsminimum stellen sich gewöhnlich am 
3.—4, Tage, spätestens am 6. Tage ein. Die Dauer des Fiebers ist auffallend kurz. 
Die befallenen Kinder gehören keineswegs in der Hauptsache zu den geborenen 
Schwächlingen, vielmehr fanden sich unter ihnen auffallend oft Sieben- bis Acht- 
pfünder. Sie bieten meistens sonst keine nachweisbaren Krankheitserscheinungen 
und gedeihen nach der Fieberattacke ganz gut. Als wahrscheinlichste Ursache 
erscheint eine abnorme Durchlässigkeit des Darmes, die es ermöglicht, daß Be- 
standteile einer an sich normalen Nahrung abnormerweise die Darmschutzwehr 
durchbrechen und unabgebaut ins Blut gelangen. Die Wirkung des Geboren- 
werdens setzt ja Zirkulationsveränderungen, venöse Stauungen auch am Darme. 
die zu jener angenommenen abnormen Durchlässigkeit führen können. Anderer- 
seits ist aber auch eine besondere Beschaffenheit der Nahrung des Säuglings, der 
Milch, anzunehmen. Esist wohl nicht ganz gleichgültig, wenn ein auf Kolostrum- 
milch eingestellter Säugling in den ersten 4 bis 5 Lebenstagen, wo seine Darm- 
schutzwehr noch nicht funktioniert, anstatt der adäquaten Kolostrummilch die 
Milch einer Amme aus späterer Zeit bekommt und damit Substanzen, die eigentlich 
im Darme vor dem Übertritt in die Körpersäfte abgebaut werden müßten. Der 
klinischen Bedeutung ist nur wenig hinzuzufügen. Die Stühle zeigen nicht: 
Charakteristisches. Zuweilen soll die Milz palpabel sein. Während des Fieber: 
zeigen die Kinder sich teils matt und schläfig, teils schreien sie in vermehrtem Maß. 
Aber sonst macht ihr Allgemeinbefinden kaum den Eindruck einer ernsten Störung. 
Die Prognose des Hungerfiebers ist also günstig. Die Therapie hat meistens kan 
großes Feld. Ruppert (Bad Salzuflen). 


33. Knoblauch und Quincke (Frankfurt a. O.). Über kryptogene 
Fieber. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 

Wenn auch einzelne Autoren für unklare Fieberfälle eine einheitliche Ursach? 
festzuhalten sich bemühen, so ergibt sich doch, daß die in der Gruppe einbe- 
griffenen Fälle durchaus nicht gleichartig sind, sondern daß die einzelnen in ihren 
Symptomen mannigfach voneinander abweichen, daß also eine Anzahl von Zv- 
ständen, die nach Wesen und Ursache ganz verschieden voneinander sind, darin 
unter Verlegenheitsbenennungen zusammengefaßt werden; allen gemeinsam ist 
außer dem Fieber nur, daß wir über Wesen und Entstehungsweise nicht recht 
Bescheid wissen. Reckzeh (Berlin). 


34. Bittorf (Leipzig). Über Folgezustände des Hitzschlages. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 25.) 
Verf. sah jeden schweren Hitzschlag gefolgt von hysterischen Nachkrank- 
heiten. Bemerkenswert ist die in allen Fällen relativ ungünstige Prognose. 
Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 511 


35. Schanz (Dresden). Sonnenstich — Hitzschlag. (Münchener med, 

Wochenschrift 1915. Nr. 29.) 

Das Licht verändert die Struktur der Eiweißkörper in dem Sinne, daß aus 
leicht löslichen schwer lösliche werden. Alkohol ist auch in geringen Mengen ein 
mächtiger Photokatalysator. Wir wissen jetzt, wie der Alkoholgenuß den Sonnen- 
stich und den Hitzschlag beschleunigt. Die Kenntnis dieser Tatsache dürfte 
für die hygienischen Maßnahmen zur Vorbeugung dieser Lichtschädigungen von 
großer Wichtigkeit sein. Alkohol ist sicher nicht das einzige Genußmittel, dem 
diese Eigenschaft zukommt. Reckzeh (Berlin), 


3%. Saxl. Fieberstudien. I. Die morgendliche Remission. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 7.) 

Der Hauptfaktor, der die morgendliche Remission bedingt, dürfte die Er- 
müdung des wärmebildenden und wärmeregulierenden Apparates des Organismus, 
bzw. seiner Zentren sein. So wie andere Zentren am späten Abend und des Nachts 
ermüdet sind, so dürften auch die Wärmezentren und die ihnen nahestehenden 
Organe ermüden und als ihre Folgeerscheinung eine langsame Temperatursenkung 
nach sich ziehen. Diese Ermüdung ist eine streng periodische, stets an die Nacht, 
nicht an den Schlaf gebundene. In dieser (narkotischen) Einwirkung der nächtlich 
auftretenden Ermüdung auf die Wärmezentren ist die Erklärung für das Auf- 
treten der morgendlichen Remissionen sowohl des Normalen als des Fiebernden 
zu suchen. Seifert (Würzburg). 


37. Hashimoto. Fieberstudien. I. Mitteil.: Über die spezifische 
Überempfindlichkeit des Wärmezentrums an sensibilisierten 
Tieren. (Archiv f. exp. Pathol. u. Pharmak, Bd. LXXVIII. S.370. 1915.) 
Mittels einer neuen, ausführlich beschriebenen Methode gelingt es, mit Um- 

gehung der Blutbahn intrazerebral beliebig kleine Serummengen in der Gegend 

des Wärmestichzentrums bei Kaninchen und Meerschweinchen einwirken zu 
lassen. 

Während bei normalen Tieren die intrazerebrale Einspritzung geringer Mengen 
(9,2ccm) Pferdeserums oder physiologischer Kochsalzlösung auf die Körper- 
temperatur ohne Einfluß bleibt, bewirkt bei sensibilisierten Kaninchen 0,2 ccm 
Pferdeserum einen typischen Temperatursturz, der im Anschluß an die intra- 
zerebrale Injektion eintritt und nach I—1!/, Stunden das Maximum (bis zu 3°) 
erreichen kann. Die Dauer und Stärke des Temperaturabfalls ist bis zu einem 
gewissen Grade von der eingeführten Pferdeserummenge abhängig. Außerdem 
besteht ein strenger. Parallelismus zwischen der Sensibilisierungsperiode und der 
Intensität der Reaktion. Diese tritt schon am 3. Tage spurweise auf, ist am 6. bis 
8. Tage deutlich, erreicht am 14.—20. Tage ihr Maximum und klingt allmählich 
bis zur Höhe der Reaktion des 8.—10. Tages ab; sie ist noch nach 45 Tagen nach- 
weisbar. Eine intrazerebral gut wirkende Pferdeserummenge bleibt, intravenös 
injiziert, ohne Einfluß auf die Körpertemperatur oder bewirkt ganz leichte Steige- 
rung derselben; erst durch größere Gaben (2—3 ccm) kann man auf intravenösem 
Wege eine mit der intrazerebral erzeugten vergleichbare Temperatursenkung 
herbeiführen. 

Pferdeserum in sehr geringen Mengen (0,0005—0,01 ccm) in die Wärmestich- 
ktgend injiziert, bewirkt einen etwa 1° betragenden Fieberanstieg; bei intravenöser 
Injektion sind zur Erreichung des gleichen Effektes 10—30fache Mengen nötig. 


512 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 27. 


Der Fieberanstieg beginnt nach ?/, Stunde und dauert 2—3 Stunden. Die be- 
schriebenen Temperaturveränderungen bei sensibilisierten Tieren können durch 
den Citron-Leschke’schen Zwischenhirnstich völlig unterdrückt werden. Bei 
immunisierten Tieren bleibt die Temperaturänderung, die sich bei sensibilisierten 
Tieren immer zeigt, nach direkter Zufuhr des betreffenden Antigens in die Wärme- 
stichgegend völlig aus. Dies weist auch darauf hin, daß sich die Temperaturände- 
rung nach intrazerebraler Zufuhr des Pferdeserums als eine typische anaphylak- 
tische Erscheinung herausstellt, weilsie nur an sensibilisierten Tieren vor sich geht. 
Ebenso werden sensibilsierte Tiere, die wiederholt Pferdeserum intrazerebral er- 
halten haben, völlig refraktär bezüglich der Temperaturreaktion und verhalten 
sich schließlich wie Immuntiere. Die durch intrazerebrale Pferdeseruminjektion 
ausgelöste Temperaturänderung kann man nach 3 Stunden durch Eingabe der 
gleichen Menge Pferdeserums nicht wiederholen. Bachem (Bonn). 


38. R. Isenschmid. Über die Wirkung der die Körpertemperatur 
beeinflussenden Gifte auf Tiere ohne \Wärmeregulation. 
(Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXV. S. 10.) 

Bei Kaninchen, die nach Ausschaltung der zentralen Wärmeregulation ir 
gleichmäßiger Temperatur gehalten werden, sind die auf toxische Einwirkungen 
stattfindenden Temperaturschwankungen ein direkter Ausdruck der Schwankungen 
der Wärmebildung, bzw. des Energieumsatzes. 

Natriumsalizylat ruft auch in kleineren Gaben regelmäßig eine erheblich: 
Steigerung der Wärmebildung hervor, und zwar unabhängig von einer etwa auf- 
tretenden motorischen Erregung. Antipyrin bringt bei gelähmten Tieren keine Ver- 
änderung des Energieumsatzes hervor, bei nicht gelähmten dagegen meisten: 
eine geringe Steigerung, welche durch die motorische Unruhe der Tiere zu erklären. 
ist. Auf Chinin in mittleren Dosen findet in allen Versuchen eine Abnahme der 
Wärmebildung statt. Bei höheren Dosen wird diese Abnahme oft durch di: 
Folgen der motorischen Erregung auf den Stoffumsatz verdeckt. Morphin setzt 
schon in kleinen Dosen die Wärmebildung herab. Da diese Wirkung bei gelähmten 
Tieren viel geringer ausfällt, ist sie wahrscheinlich eine Folge der Herabsetzung 
der Motilität. Bachem (Bonn). 


39. Kuhn und Möllers. Hygienische Erfahrungen im Felde. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 20.) 

Die Hygiene der vordersten Linien im Stellungskrieg ist einer der schwierigsten 
Teile der modernen Militärhygiene. Um ein einwandfreies Trinkwasser zu ef- 
halten, ist die Anlage von Abessinierbrunnen zu empfehlen. Zur Verhütung vor 
ansteckenden Darmkrankheiten ist die Anlage von Latrinengruben innerhalb der 
Deckungsgräben notwendig, zu denen ein besonderer Gang vom Schützengrabe? 
aus führt. Der Inhalt der Grube, deren Boden tiefer als die Sohle des Schützen- 
grabens liegen muß, soll möglichst oft mit Chlorkalk oder Kalkmilch bedeckt 
werden. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


N 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 28. Sonnabend, den 15. Juli 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. Hashimoto, Fiberstudien. — 2. Engländer, Rektale Hyperthermie. — 8. Boas, 
Okkulte Blutungen beim Ulcus ventriculi und duodeni. — 4. Walbaum, Hyperthermisch gemachte 
Kaninchen. — 5. Sehmidt, Aseptische und septische Fieberzustände. — 6. Beckmann, Alveolar- 
gasanalysen. — 7. v. Behring, Gesammelte Abhandlungen. — 8. v. Oettingen, Leitfaden der 
praktischen Kriegschirurgie, nebst einem Anhang: Die Heereskrankheiten von Dr. Scheurlen. — 
9. Paneth, Feldmäßige Bakteriologie. — 10. Friedenthal, Massendesinfektion im Felde. 

11. Blum, 12. Stiefler und Volk, 13. Schwarz, Erkältungskrankheiten der Harnorgane. — 
15. Sauer, Enuresis und Hypnose im Felde. — 15. Newman, Cystitis. — 16. Dünner, Zur 
Phosphaturie. — 17. Rosenberger, Lymphurie. — 18. Sanes und Kahn, Chylurie. — 19. Hel- 
mann, Bestrahlungserfolge beim inoperablen Uteruskarzinom. — 20. Schoenenberger und Seba- 
pira, Radium bei Blasenkrebs. — 321. Casper, Prostatahypertrophie und Prostatatumoren. — 
22 Scheltema, Neue Alkaptonreaktionen. — 23. Perelstein und Abelin, Nachweis des Queck- 
silbers im Urin. — 24. Myers, Stickstoffbestimmung im Harn. — 25. Farr und Williams, Ge- 
samtreststickstoff bei insuffizienten Nieren und Eklampsie. — 26. Woods, N-haltige Verbindungen 
im Blut und in der Spinalflüssigkeit. — 27. Indemans, Benzidinprobe. — 28. Fischer, Porphyrin- 
urie. — 29. Posner, Viskosität des Harnes. — 30. Autenrieth und Mink, 3t. Norgaard, Kolori- 
metrische Eiweißbestimmungsmethoden. — 38. Edgeworth, 33. Brasher, Renale Kongestion nach 
Kältewirkung. — 34. Reber und Lamner, Albuminurie. — 85. Palmer, Paroxysmales Ödem. — 
3. Weber, 37. Lifschütz, 38. Fonio, 39. Wildbolz, 40. Kornmann, Hämaturie. — 41. Rosen- 
berg, Iadikanämie und Hyperindikanämie. — 42. Detwiler und Griffith, Creatinin. — 43. Potter, 
Akute Nephritis. — 44. Robertson, Klauder und Longaker; 45. Jones, Phenolsulfonephthalein- 
probe. — 46. Fine und Chace, 47. Eisner, Atophan. 





Referate. 


i. Hashimoto. Fieberstudien. II. Mitteil. (Arch. f. exper. Pathol. u. 
Pharm. Bd. LXXVIII. S. 394. 1915.) oo. 

Diese Arbeit befaßt sich mit dem Einfluß unmittelbarer Erwärmung und 
Abkühlung des Wärmezentrums auf die Temperaturwirkungen von verschiedenen 
pyrogenen und antipyretischen Substanzen. Es wurde festgestellt, daß Wärme 
ein zentral wirkendes Antipyretikum ist, während Kälte dagegen ein »Kältefieber« 
erzeugt. Die Temperaturwirkung der Kälte und Wärme bleibt bei denjenigen 
Kaninchen gänzlich aus, bei denen die Wärmezentren zerstört worden sind; bei 
diesen vermag das Tetrahydro-%-Naphthylamin kein Fieber mehr zu erzeugen, und 
auch die Wärmeregulation ist völlig ausgeschaltet. 

Im Hungerzustand tritt das sog. Kältefieber ähnlich wie die Gehirnstichhyper- 
ämie kaum ein, während die Wärme bei demselben Kaninchen einen gleichen 
Effekt wie am normal genährten Tiere erzeugt. Die Kältewirkung nimmt immer 
mehr ab, je höher die Körpertemperatur eingestellt ist; umgekehrt verhält sich 
die Temperaturwirkung durch die Wärme: sie ist um so intensiver, je höher die 
Körpertemperatur. Zweiseitiger Gehirnstich verstärkt die Wirkung des einseitigen, 


28 


514 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


Durch eine besondere Versuchsanordnung gelang es, zu zeigen, daß die Wärme- 
zentren auf beiden Seiten des Corpus striatum existieren und daß das linke Wärme- 
zentrum das Übergewicht über das rechte gewinnen kann, vermutlich also stärker 
entwickelt ist (ähnlich wie das Sprachzentrum beim Menschen). 

Auf das Fieber, das durch die Sympathicusgifte, Tetrahydro-8-Naphthylamin, 
Adrenalin, Ephedrin verursacht wird, hat die Abkühlung und Erwärmung der 
Wärmezentren keinen Einfluß; ebensowenig auf das durch große Gaben Kokain 
erzeugte Fieber. 

Kälte- und Wärmeapplikation auf das Winen sind imstande das 
Fieber zu beeinflussen, welches durch intravenöse Injektion abgetöteter Typhus- 
bazillen oder Kochsalzlösung bedingt ist. Ebenso wird auch das anaphylaktische 
Fieber durch Abkühlung bzw. Erwärmung der Wärmezentren deutlich verstärkt 
oder abgeschwächt. Das durch Typhustoxin, Kochsalz und Anaphylaxiegift er- 
zeugte Fieber ist also ebenso wie das »Stichfieber« der Ausdruck einer gesteigerten 
Erregbarkeit der Wärmezentren. 

Die Antipyrinwirkung wird durch Wärmeapplikation auf das Wärmezentrum 
bedeutend verstärkt und durch Kälteeinwirkung wieder ausgeglichen. Ebenso 
verhält sich Natrium salicylicum, Dagegen erweist sich bei der Chininwirkung die 
Kälteapplikation als unwirksam; die fieberwidrige Chininwirkung ist also nicht 
so sehr durch Beeinflussung der Wärmezentren als durch andere Momente (anti- 
fermentative Stoffwechselhemmung) bedingt. Durch Morphium in kleinen Gaben 
wird die Temperaturwirkung der Kälte und Wärme auf das Wärmezentrum stark 
abgeschwächt, in großen Dosen völlig aufgehoben. Die durch verschiedene 
Krampfgifte (Pikrotoxin, santoninsaures Natrium, Veratrin und Digitalin) herab- 
gesetzte Körpertemperatur zeigt nach Erwärmen der Gehirnzentren einen weiteren 
Abfall, bei der Abkühlung aber kein Ansteigen. Diese Gifte scheinen also nicht 
direkt die Wärmezentren zu betäuben, sondern indirekt zu hemmen, indem sie dit 
antagonistischen »parasympathischen Kühlzentren« primär und unmittelbar er- 
regen. Der Kampfer verhält sich als Antipyretikum auch insofern anders, a: 
Abkühlung und Erwärmung des Wärmezentrums fähig ist, die durch den Kampfer 
herabgesetzte Körpertemperatur zu erhöhen oder zu erniedrigen; der Angrifi:- 
punkt liegt also beim Kampfer (wie beim Antipyrin) in den Wärmezentren, nich‘, 
wie beim Pikrotoxin, in den »Kühlzentren«. Bachem (Bonn). 


2. Martin Engländer. Fieber und rektale Hyperthermie. (Achsel- 
höhlen- und Beckentemperatur.) (Deutsche med. Wochenschrift 
1914. Nr. 21.) 

Wenn es auch als feststehende Tatsache anzusehen ist, daß es nach Körper- 
bewegung, insbesondere nach Märschen, zu erheblichen Erhöhungen der Becken- 
temperatur ohne gleichzeitige Erhöhung der Achselhöhlentemperatur kommen 
kann und wenn es sich auch zweifellos bei diesen rektalen Hyperthermien nich! 
um Fieber handelt, so wäre es doch irrig, daraus den Schluß zu ziehen, daß die 
rektale Messung nicht als die exakteste Temperaturbestimmung anzusehen und 
die Achselhöhlenmessung für die Entscheidung der Frage, ob Fieber vorliegt ode! 
nicht, genügend sei. Das Wesen der Thermometrie liegt vielmehr darin, zu wissen, 
unter welchen Umständen die Achselhöhlenmessung genügt und wann die Be- 
stimmung der Beckentemperatur als maßgebend betrachtet werden muß. Ebenso 
wie die Tatsache, daß erhöhte Beckentemperatur nicht Fieber bedeuten muß, ist 
auch die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß die mit großen Fehlerquellen be- 


Zentralblatt für innere Medizin, Nr. 28. 515 


haftete Achselhöhlenmessung wirklich fieberhafte Temperatursteigerungen bei 
Erkrankungen nicht anzeigt. 

Verf. weist die Wichtigkeit rektaler Messungen für verschiedene Erkrankungen 
imbesonderen nach. So können Bestimmungen der Beckentemperatur bei Gelenk- 
rheumatismus und auch bei Herzfehlern subfebrile Temperatursteigerungen auf- 
decken. Diese rektalen Temperaturerhöhungen, die bei Bettruhe eintreten, sind 
im allgemeinen als echt fieberhafte anzusehen. 

Anders, d.h. als nicht fieberhaft, zu beurteilen sind allerdings die in ihrer 
Deutung noch zweifelhaften Beckenhyperthermien, die man in Fällen von ortho- 
tischer Albuminurie manchmal schon beim Stehen und Knien feststellen kann, und 
deren diagnostische Bewertung unter Berücksichtigung der gleichzeitig bestehenden 
eigenartigen Puls- und Respirationsverhältnisse, auf die Verf. besonders hinweist, 
zu erfolgen hat; jedenfalls besteht aber auch hier kein Grund, nun gerade die 
Achselhöhlentemperatur als den richtigeren Ausdruck der jeweiligen Temperatur 
des Blutes anzusehen. 

Besonders interessant sind mit Bezug auf die Frage der rektalen Hyperthermie 
die Temperaturverhältnisse bei der Tuberkulose. Verf. steht auf dem Standpunkt, 
daß das Penzold’sche Phänomen trotz der Feststellung des Vorkommens er- 
nöhter Rektaltemperaturen nach Bewegungen auch bei Gesunden keineswegs alle 
Bedeutung verloren habe, da die bei Tuberkulösen häufig zu findenden Werte 
von 38,5—39° zu hoch sind, um als reine Bewegungshyperthermien aufgefaßt 
zu werden; es sind zweifellos Bewegungshyperthermien, die aber auf subfebriler 
Basis erhöht sind. Ferner kommen auch morgens nach Bettruhe subfebrile 
Beckentemperaturen bei normaler Achseltemperatur vor; auch zu anderen Tages- 
xiten kann die Rektummessung subfebrile Temperaturen aufdecken, die durch 
die Achselmessung nicht angezeigt werden. Für die Frühdiagnose kommt diesen 
Verhältnissen eine große Bedeutung zu. 

Verf. schließt mit der Forderung, sich nicht auf die Axillarmessung allein zu 
verlassen, sondern daneben auch die Beckentemperatur zu bestimmen. Die Ein- 
wertung der Temperaturverhältnisse in das diagnostische Kalkül fordert ebenso 
persönliche Erfahrungen wie andere klinische Methoden, wie z.B. die Auskul« 
tation und Perkussion. Mannes (Weimar). 


3, J. Boas. Über das Vorkommen und Verhalten der okkulten 
Blutungen beim Ulcus ventriculi und duodeni. (Deutsche med. 
Wochenschrift 1914. Nr. 23.) 

B. steht jetzt auf dem Standpunkt, daß ein florides oder unvollständig ver- 
narbtes Ulcus mehr oder weniger regelmäßig okkultes Blut in den Fäces erscheinen 
lassen muß und daß ein dauerndes Fehlen okkulter Blutungen das Vorhandensein 
eines floriden Ulcus ausschließt. Diese Schlußfolgerung hat allerdings die An- 
wendung der allerempfindlichsten katalytischen Blutproben zur Voraussetzung. 
Die alte Weber’sche Guajakprobe, auch in der vom Verf. angegebenen Modifika- 
tion, ist für diesen Zweck unzulänglich und nicht einmal die Benzidinprobe und die 
vom Verf. früher empfohlene Phenolphthaleinprobe in der alten Form sind aus- 
reichend. B. ist von der früher auch von ihm geteilten Ansicht, daß die allzu 
empfindlichen Proben wegen der zahlreichen Täuschungsmöglichkeiten praktisch 
nicht brauchbar seien, auf Grund seiner neueren Erfahrungen abgekommen und 
verwendet jetzt eine Modifikation der Phenolphthaleinprobe (Verrühren mit Al- 
kohol und Zusatz von 3 Tropfen Eisessig), die alle übrigen Reaktionen an Emp- 
findlichkeit übertrifft und noch bei einer Verdünnung von 1 : 3 000 000 und darüber 


28* 


516 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


deutliche Resultate ergibt. Bei genauer Beobachtung aller Kautelen ist mit 
Hilfe dieser Probe eine sichere Diagnose im positiven oder negativen Sinne in viei 
zahlreicheren Fällen als früher möglich. Ein abgeheiltes Geschwür und Kom- 
plikationen desselben sind natürlich bei negativem Ausfall nicht ausgeschlossen. 
Die zur Differentialdiagnose zwischen Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni bisher 
vorgeschlagenen Methoden, welche den Nachweis okkulter Blutungen unter be- 
stimmten Bedingungen zu Hilfe nehmen, entbehren bisher noch der sicheren 
Grundlagen. Mannes (Weimar). 


4. H. Walbaum. Hirnbefunde an durch Hirnreizung hyperther- 
misch gemachten Kaninchen und ihre Beziehungen zur Hy- 
perthermie. (Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXV. S. 423.) 

Die zur Erzeugung der Hyperthermie geübte Technik ist im Original nach- 
zulesen. — Die Versuche wurden an Kaninchen angestellt und ergaben etwa 
folgendes: Die Ventrikel fanden sich fast stets mehr oder weniger erweitert, oft 
auch mit Blut gefüllt, aber der Grad der Erweiterung ließ nicht unbedingt auf de1 
Grad und die Dauer der Hyperthermie schließen. Die Plexus chorioidei zeigten 
meist einen veränderten Zustand (Hämorrhagie, ödematöse Schwellung usw.) 
aber der Grad dieser Veränderungen ließ sich nicht in direkte Beziehungen bringer 
zu dem Grade der hyperthermischen Wirkung. Das Quecksilber, das bei der 
Reizung benutzt wurde, fand sich in verschiedenen Hirnteilen; lag es im oder un- 
mittelbar am Infundibulum, so war mit Regelmäßigkeit eine hochgradige und 
meist auch lange dauernde Hyperthermie am lebenden Tiere vorhanden gewesen. 
Eine Ausnahme bezüglich des letzteren Punktes machen nur die Befunde an &- 
schorenen Tieren, bei denen auch dann, wenn das Quecksilber im oder unmittelbar 
am Infundibulum lag, keine Hyperthermie am lebenden Tier beobachtet war. 

Nach dem Ergebnis früherer Untersuchungen und den jetzigen Befunden ist 
die ausschlaggebende Bedeutung der Hautgefäße für die Entstehung der Hyper- 
thermie nach Gehirnreizung nach Ansicht der Verfasser zweifellos dargetan. Des- 
halb sei an der alten Anschauung festzuhalten, daß die künstliche Hyperthermie 
nach dem Wärmestich beim Kaninchen in erster Linie abhängt von einer Ver- 
minderung der Wärmeabgabe und nicht von einer primären Vermehrung der 
Wärmeproduktion. 

Den strikten anatomischen Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht zu 
erbringen, ist schwierig wegen der zurzeit noch mangelhaften anatomischen Kennt- 
nisse jener in Betracht kommenden Hirnteile. Bachem (Bonn). 


5. R. Schmidt (Prag). Zur Klinik okkulter »aseptischer« und 
‚septischer« Fieberzustände. (Prager med. Wochenschrift 1915. S. 1.) 
An der Hand kurzer kasuistischer Skizzen bespricht S. die wichtigen usö 
schwierigen Probleme okkulter Fieberzustände, d. h. solche Hyperthermien, deren 
Ursachen gelegentlich nur mit großer Schwierigkeit nachgewiesen und leicht ver- 
kannt werden können. An Beispielen von paroxysmaler Hämoglobinurie, ham 
Iytischem Ikterus und perniziöser Anämie erörtert er das aseptische Hämolyx- 
fieber, dassich gelegentlichin heftigen Schüttelfrösten und Temperatursteigerungen 
bis zu 42°C äußert. 
Es wird auf die verschiedenen Möglichkeiten, aseptisches Fieber experimenttl: 
auszulösen, hingewiesen; so unter anderem auf das Auftreten von Temperatur- 
steigerungen im anaphylaktischen Syndrom bei subkutaner und intravenvstt 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 517 


Injektion von Paraffinemulsion, Aloin, Adrenalin, Kokain, kolloidalen Metallen, 
defibriniggtem Blute, Albumosen, arteriellem Blut, Hefefermenten und dergleichen. 

Soweit Vergiftungen Hämolyse bedingen, z. B. Vergiftung mit Kal. chlor., 
kann es zu starker Leukocytose (in einem Falle bis 44 000) kommen, so daß auch 
aseptisches Fieber von Leukocytose begleitet sein kann. Es wird weiter hin- 
gewiesen auf das Syndrom: Innere Blutung mit Fieber und die Möglichkeit einer 
Erklärung besprochen. 

Bezüglich des Krebsfiebers ist Verf. der Anschauung, daß es sich hier nicht 
um Autolyse, sondern um sekundäre Infektionen handelt; deshalb verlaufen bei- 
spielsweise Pankreaskarzinome meist afebril, während Karzinome der Papilla 
Vateri sehr oft unter mehr oder minder heftigem Fieber einhergehen. 

Besondere Aufmerksamkeit soll bei okkulten Fieberzuständen der Unter- 
suchung des Iymphatischen Systems zuteil werden, da Lymphadenosen ver- 
schiedener Genese die Tendenz zeigen, sich mit eigenartigen atypischen Infek- 
tionsprozessen zu komplizieren. Weiterhin werden neurogen bedingte Hyper- 
thermien in ihrer Pathogenese besprochen; so Fieberzustände bei Hysterie, Crises 
gastriques, Ventrikelblutungen, Epilepsie. 

Es finden weiterhin Erörterung die Beziehungen der Wärmeregulation zur 
jeweiligen Blutdrüsenkonstellation, wie Basedowfieber, Hypophysenhypother- 
mie u. dgl. 

Der Verf. verweist auf Beziehungen zwischen Pulszahl und Temperatur. 
Bradykardien sind im allgemeinen hypothermisch. Bei paroxysmaler Tachykardie 
kommt es gelegentlich zu Hyperthermie. Besprechung finden weiterhin die ver- 
:chiedenartigen, oft sehr verwirrenden kutanen Manifestationen bei Strepto-, 
Staphylo- und Diplokokkenmykosen, weiterhin die kutanen und pleuralen Äqui- 
valente des akuten Gelenkrheumatismus. Der Verf. betont die Schwierigkeit 
der Entscheidung in jenen Fällen, wo sich an sonst rasch ablaufenden Erkrankungen, 
2. B. Angina, ein lang dauerndes Fieber anschließt. Auch die Seltenheit mancher 
Infektionsprozesse, so Fälle von stomachalem Milzbrand, grampositiver ulzeröser 
Mykose des Magens usw., kann dazu beitragen, daß Fieberzustände in ihren Ur- 
sachen okkult bleiben. Friedel Pick (Prag). 


6. K. Beckmann. Alveolargasanalysen. II. Über Änderungen 
in der Atmungsregulation durch psychische und pharmako- 
logische Einflüsse. (Deutsches Archiv f. klin. Medizin 1915. Bd. CXVII. 
Hft. 4 u. 5.) 

Unter dem Einfluß seelischer Erregung durch Ereignisse des täglichen Lebens, 
durch klinische Vorstellung bei Personen, durch die bevorstehende Prüfung bei 
Examenkandidaten wird die normalerweise konstante Kohlensäurespannung der 
Alveolarluft regelmäßig herabgesetzt. 

Diese Senkung der Kohlensäurespannung während seelischer Erregung ist 
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu beziehen auf eine Erhöhung der Erreg- 
barkeit des Atemzentrums gegenüber dem physiologischen Reiz. 

In einem Falle von hysterischer Tachypnöe wurde keine Änderung der Kohlen- 
äurespannung gefunden. 

Die Änderung der Kohlensäurespannung der Alveolarluft muß zu einem 
Sinken der Wasserstoffionenkonzentration des ganzen Körpers führen. Die Funk- 
tion zahlreiche Organe wird dadurch beeinflußt. 

Durch pharmakologische Agenzien läßt sich auch beim Menschen die Emp- 
indlichkeit des Atemzentrums gegenüber dem physiologischen Reiz beeinflussen. 


518 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


Nach Genuß von Colapastillen findet sich eine Senkung der Kohlensäure- 
spannung. Im Ermüdungsstadium der Alkoholwirkung steigt die Kohlensäure- 
spannung. Veronal bedingt eine Erhöhung der Kohlensäurespannung, deren 
Maximum nach ca. 1 Stunde erreicht wird. Im späteren Stadium der Veronai- 
wirkung weist starkes Schwanken der CO -Spannung darauf hin, daß die Sicherheit 
der Atmungsregulation beeinträchtigt ist. Morphin erhöht die Kohlensäure- 
spannung lang anhaltend um sehr beträchtliche Werte. 

In Fällen der Veronal-Morphiumvergiftung werden ebenfalls erhöhte Kohlen- 
säurewerte gefunden. | M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


7. + E. v. Behring. Gesammelte Abhandlungen. Neue Folge 1913. 
10 Mk. Bonn, A. Marcus & E. Weber, 1915. 

Der neue Band umschließt eine Fülle wertvoller und lehrreicher Publikationer, 
die unter vier große Rubriken geordnet sind. Sie bringen Aufsätze zur Tetanus- 
frage, vor allem zur kurativen Bekämpfung mit Tetanusantitoxin und zur pro- 
phylaktischen mit Hilfe von Tetanusimmunserum, und weiterhin zur Diphtheri:- 
bekämpfung, wobei beonders B.’s neues Diphtherieschutzmittel »TA« hinsichtlich 
seiner Aufgaben und Leistungen, seiner Indikationen und Kontraindikationin 
gewürdigt wird und zahlreiche Arbeiten über die bisherige praktische Verwendung 
dieses Vaccins angefügt sind. Ein weiteres Kapitelenthält Beiträge über Geschicht- 
liches und Allgemeines zur Krankheitsentstehung und Krankheitsbekämpfung: 
zumal B.’s Erörterungen über antitoxische Immunität, über Idiosynkrasie, Asa- 
phylaxie, Toxinüberempfindlichkeit und Disposition fordern hier unser Interess. 
Den Schluß bilden B.’s Aufsätze zur Tuberkulosebekämpfung und über Säu:- 
lingsmilch, F. Reiche (Hamburg). 


8. + W. v. Oettingen. Leitfaden der praktischen Kriegschirurgie, 
nebst einem Anhang: Die Heereskrankheiten von Dr.Scheurlen. 
4. wesentlich erweiterte Auflage. Preis12 Mk. Dresden u. Leipzig, Theodor 
Steinkopff, 1915. 

Die schnelle Wiederholung der Auflagen dieses praktischen Vademekums für 
Feldärzte beweist besser als alle Empfehlung seine Brauchbarkeit. Es zeichnet 
sich, kurz gesagt, dadurch aus, daß es nicht zuviel und nicht zuwenig bietet. Dir 
von demGeneraloberarzt Scheurlen verfaßte Anhang über die Seuchen des Krieg:: 
erhöht seinen Wert. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


9. + Paneth. Feldmäßige Bakteriologie. Preis 3 Mk. Berlin u. Wies, 
Urban & Schwarzenberg. 

Das Taschenbüchlein gibt eine abgekürzte und für die Zwecke des Kriege: 
übersichtlich geordnete praktische Bakteriologie; sie wird hauptsächlich dem noch 
wenig in derartigen Untersuchungen geübten Feldarzt zugute kommen. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


10. Friedenthal (Nikolassee bei Berlin). Über Massendesinfektion 
im Felde mit Hilfe von Heißdampflokomobilen. (Münchener 
med. Wochenschrift 1915. Nr.8. Feldärztl. Beil. 8.) 
Der Seuchenarzt kann sich in bequemer Weise mit den Hilfsmitteln, die er 
im Felde vorfindet, einen sehr wirksamen und fast beliebig großen Desinfektion:- 
apparat improvisieren durch Zuhilfenahme der fast überall erhältlichen und auci 
gut transportablen Heißdampflokomobilen. Reckzeh (Berlin). 


E 0 Gene —n 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 519 


il. Blum. Kriegserfahrungen über Erkältungskrankheiten der 

Harnorgane. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 

Die Fälle von Erkältungspollakisurie und Dysurie, welche während des Krieges 
so überaus häufig gefunden werden, werden vom Verf. nach ihrer symptomatischen 
Erscheinungsweise gruppiert in: 1) Änderungen des Harndranges ohne nach- 
weisbare anatomische Läsion (einfache Kältepollakisurie, Erkältungsharndrang), 
2) Erkältungsharndrang mit kompletter oder inkompletter Harnverhaltung, 
3) Pollakisurie bei pathologischer Harnbeschaffenheit. 

Die Erkältungskrankheiten der Harnorgane wurden am häufigsten bei solchen 
Soldaten beobachtet, die noch nicht lange im Felde standen, die den Unbilden 
der Witterung kurz nach ihrer Einrückung ins Feld ausgesetzt waren, die nach 
großen Ermüdungen und heißen Gefechtstagen im Regen marschieren oder durch 
Sümpfe waten mußten, kalte und nasse Füße bekamen und keine Gelegenheit 
hatten, trockene Fußbekleidung zu bekommen. Seifert (Würzburg). 


12. Stiefler und Volk. Über Störung der Harnentleerung infolge 
Erkältung. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 34.) 

Mit Eintritt der kühleren und kalten Jahreszeit war reichlich Gelegenheit 
(im Garnisonsspital in Przemysl) geboten, Fälle mit verschiedenartigen Störungen 
der Harnentleerung zu beobachten, deren einzelne Symptomenkomplexe an sich 
im wesentlichen nichts Neues bieten, aber rücksichtlich ihrer Entstehung und 
Entwicklung Bemerkenswertes bringen, insofern derartige Beobachtungen in der 
Friedenspraxis selten gemacht werden. Es handelte sich um Störungen in der 
Blasenfunktion, die ausnahmslos unter die nervösen Erkrankungen der Blase 
einzureihen sind, bei welchen erlittene schwere Erkältung als ursächliches Moment 
im engeren und weiteren Sinne in Frage kommt. Die 49 Fälle nervöser Erkran- 
kungen der Blase verteilen sich auf 26 Fälle von Pollakisurie (reine Pollakisurie = 
8 Fälle, Pollakisurie und falsche Inkontinenz = 14 Fälle, Pollakisurie als Rezi- 
div= 4 Fälle), auf 16 Fälle von Enuresis (reine Enuresis = 2 Fälle, Enuresis als 
Rezidiv = 4 Fälle, Enuresis und Pollakisurie = 6 Fälle, Originäre und Spät- 
enuresis = 4 Fälle), auf 7 Fälle von Dysurie (reine Dysurie = 4 Fälle, Dysurie bei 
Tabes dorsalis = 3 Fälle). Im Anhange werden die Untersuchungsergebnisse der 
Blasenkapazität und Faradosensibilität der Blase und Harnröhre in tabellarischer 
Zusammenstellung angefügt. Seifert (Würzburg). 


13. Schwarz. Versuch einer Analyse der Miktionsanomalien nach 

Erkältungen. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Die betreffenden Beobachtungen ergeben eine Bestätigung der Befunde von 
Stiefler und Volk über das Auftreten von Miktionsanomalien nach Erkältungen. 
Für einzelne Fälle glaubt Verf. eine periphere infektiöse Nervenaffektion als 
Ursache annehmen zu müssen, die durch Detrusorhypertonie Pollakisurie erzeugt, 
das andere Mal Retention durch Aufheben der aktiven Dilatationsfähigkeit des 
Sphinkters neben einer Parese des Detrusors. Seifert (Würzburg). 


14, Sauer (München). Enuresis und Hypnose im Felde. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 
Die Erfolge der hypnotischen Behandlung im Felde sind vielleicht noch 
günstiger als im Frieden. Mitunter genügten schon drei Hypnosen, um eine seit 
frühester Kindheit bestehende Enuresis zu beseitigen. Reckzeh (Berlin). 


520 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


15. D. Newman (Glasgow). The treatment of cystitis. by intra- 
vesical injections of lactic bacillus cultures. (Lancet 1915. August 14.) 
N. hat, da die Anwesenheit von Milchsäurebazillen in flüssigen Kulturmedien 
die Vermehrung von Staphylokokkus aureus und albus, von Streptokokken und 
Colibazillen beeinträchtigt und selbst aufhebt und die Giftigkeit ihrer Toxine 
verringert, mit guten Erfolgen Milchsäurebazillen verwendet zur Behandlung 
von Cystitis mit Pyurie und Harnstoffzersetzung, bei der das gtark irritierende 
Ammonium carbonicum sich bildet. Die Blase wird vorher, unßallen Schleim zu 
entfernen, mit Kaliumhydratlösung und dann mit sterilem Wasser ausgewaschen. 
Die sich bildende Milchsäure ist nebenbei ein gutes Lösungsmittel für Phosphate. 
Auch bei der inkrustierenden Cystitis mit Ulzerationen der Schleimhaut und 
Hämaturie ist diese Therapie nach suprapubischer Eröffnung und Drainage der 
Blase am Platze. F. Reiche (Hamburg). 


16. L. Dünner. Zur Kenntnis der Phosphaturie. (Deutsche med. 
Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

Die Phosphaturie kommt entweder zustande durch Mangel an Phosphorsäure, 
wodurch der sonst als doppeltphosphorsaures Salz in löslicher Form ausge- 
schiedene Kalk als unlöslicher, einfach phosphorsaurer Kalk im Urin auftritt oder 
durch Vorhandensein einer das physiologische Maß überschreitenden Kalkmenge, 
zu deren Bindung als doppeltsaures Salz die zur Verfügung stehende, an sich 
normale Phosphorsäuremenge nicht ausreicht. Unter pathologischen Verhält- 
nissen kommt der erstere Modus zustande bei Hyperchlorhydrie des Magens auf 
dem Boden allgemeiner Neurasthenie; durch die überreichliche Salzsäurebildung 
werden der Niere die zur Produktion einer genügenden Phosphorsäuremenge 
nötigen H-Ionen entzogen. Außerdem muß für andere, ohne Hyperchlorhydrie 
verlaufende Fälle eine direkte Beeinflussung der Nierenepithelien im Sinne einer 
Verminderung der Säuresekretion angenommen werden. Auch die zweite Mög- 
lichkeit, die vermehrte Kalkausscheidung durch die Nieren, ist als pathologisches 
Vorkommnis zweifellos beobachtet worden, ohne daß bisher die Ursachen dieser 
Erscheinung ausreichend erklärt werden können. Verf. teilt als Beitrag zu dieser 
Frage zwei Fälle mit, in denen eine zu Phosphaturie führende vermehrte Kalk- 
ausscheidung während der Dauer einer multiplen Neuritis beobachtet wurde und 
nach Heilung der Neuritis wieder aufhörte.e. Wenn auch auf Grund einzelner 
Fälle keine Erörterungen über ätiologische Beziehungen berechtigt sind, wird 
doch in Zukunft auf derartige Fälle zu achten sein, um vielleicht auf diese Weise 
dem Wesen der Phosphaturie näher zu kommen. 

Für die Therapie läßt sich eine strenge Trennung der beiden Arten der Genese 
nicht durchführen. Es ist immer die Verminderung der Calcariurie und die Er- 
höhung der Azidität des Urins zu versuchen. Die Bekämpfung der Hyperchlor- 
hydrie ist eine sehr schwierige Aufgabe und wesentlich abhängig von der erfolg- 
reichen Behandlung der allgemeinen Neurasthenie. Atropin kann nur für vorüber- 
gehende Anwendung in Frage kommen. Zur Erhöhung der Azidität des Urins 
ist die Verabfolgung von Säuren (Oxalsäure, Benzoesäure und vor allem Phosphor- 
säure) versucht worden. Die Bekämpfung der echten Calcariurie ist noch nicht 
über das Stadium tastender Versuche hinausgekommen; die empfohlene Verab- 
reichung kleiner Mengen Oxalsäure und Quecksilber kann ebenso wie die Atropin- 
behandlung in Anbetracht der differenten Natur dieser Mittel nur als vorüber- 
gehende Maßnahme in Betracht kommen. Mannes (Weimar). 


. Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 521 


17. Randle C. Rosenberger. Filariasis associated with schistoso- 

miasis. (New York med. journ. 1915. Vol. CII. S.883.) 

Ein 31jähriger, in Kairo geborener Mann, der auch seine Jugendzeit in Ägypten 
verlebt hatte und in dessen Anamnese Bilharziasis und Chylurie figurierten, zeigte 
einen sauren, milchigen, eiweißhaltigen, wolkigen Urin von 1025 spezifischem Ge- 
wicht. Seinstarkes Sediment bestand aus roten, hauptsächlich weißen Blutkörper- 
chen und Epithelzellen; es handelte sich nicht um eine Chylurie, sondern eine 
Lymphurie. Bakterien waren nur sehr wenige anwesend, dagegen eine große 
Menge von Mikrofilaria Bancrofti neben Schistosoma haematobium, auch im 
Blute wurden Mikrofilarien gefunden. Die Zellenzahl des Blutes war normal. 
Außergewöhnlich ist diese kombinierte Infektion. Die Behandlung wird mit Sal- 
varsan versucht. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


18. K. J. Sanes and M. Kahn (Pittsburgh). On nonparasitic chy- 

luria. (Arch. of internal med. 1916. Februar.) | 

S. und K. beschreiben einen Fall von 3 Wochen nach einer Entbindung ein- 
getretener und nach den Befunden in Blut und Urin nichtparasitärer Chylurie 
bei einer 42jährigen Frau, die an Abmagerung bei sehr gesteigertem Hunger- und 
Durstgefühl litt und bei der eine eingehende klinische Untersuchung einschließlich 
Probelaparotomie keinerlei Nierenveränderungen aufdeckte; es wird eine funk- 
tionelle Störung des Nierenparenchyms angenommen, derart, daß das Fett direkt 
aus dem Blut durch das Nierenepithel in den Harn übertritt. 

F. Reiche (Hamburg). 


19, Heimann. Cystoskopie und Bestrahlungserfolge beim inope- 
rablen Uteruskarzinom. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 
Wir sehen den Nutzen der Strahlen erst nach der Bestrahlungspause; erst 

wenn 3 bis 4 Wochen nach der ersten Serie vergangen sind, können wir den Ein-. 

fluß der Strahlen konstatieren, und nach dieser Zeit wird es uns also erst möglich 
sin, eine Änderung im Blasenbefund festzustellen. Eine dauernd fortgesetzte, 
tystoskopische Untersuchung der inoperablen Uteruskarzinome stellt sicher eine 

Kontrolle über den Einfluß der Bestrahlung dar. Reckzeh (Berlin). 


2%. Schoenenberger und Schapira. Radium bei Blasenkrebs. (Journ. 

amer. med. assoc. Bd. LXIII. Nr. 21. S. 1852.) 

Ohne Gefahr, ja ohne Beschwerden kann man 15 mg Radium in die Blase 
einführen und 12 Stunden dort belassen. V. glaubt, den Beweis geliefert zu haben, 
daß sich je ein Blasen- und ein Prostatakrebs in 2 Monaten entfernen ließ; in 
einem Falle sogar, daß eine benachbarte Metastase sich verkleinerte. Vorherige 
Exzisionen aus dem Tumor erschienen belanglos. Das eigentümliche Fieber in 
beicen Fällen ist wohl auf Kosten der Absorption zerstörten Gewebes zu setzen. 
Eine andere Ursache ließ sich nicht finden. Meinhof (Halle a. S.). 


ĉl. L. Casper. Prostatahypertrophie und Prostatatumoren. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 23. S. 633.) 
Die symptomatischen Maßnahmen sind vorerst bei beiden Affektionen die 
gleichen. Bei Harndrang und Schmerzgefühl, Wärme in allen erdenklichen 


522 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


Formen. Man läßt die Kranken heiße Sitzbäder (nicht Volibäder) nehmen, deren 
Temperatur, von 28° R beginnend, im Laufe von 20 Minuten allmählich bis zu 33, 
ja 35° R gesteigert wird. Zum Bade setzt man Kamillen oder Heusamen, Fichter- 
nadelextrakt oder Fluinol. Die Bäder können ein bis zweimal täglich wiederholt 
werden. Ähnlich wirken heiße Umschläge oder besser Thermophore auf die Blase 
und die Gegend des Dammes, die man bei Tag und Nacht anwendet. Auch Darm- 
injektionen von heißem Öl sind sehr ratsam. Man verordne abends Sesamöl % bi: 
50 g von 35° R mit einer kleinen Afterspritze ins Rektum zu injizieren und steigere 
die Temperatur des Öles jeden Tag um ein geringes bis zu dem Höhepunkte, der 
ohne Reizung ertragen wird. Die Ölklistiere verbleiben während der Nacht im 
Darme. Sie bewirken eine Herabsetzung des Harndrangs und beeinflussen neber.- 
bei noch die Darmtätigkeit günstig. Dazu kommt Regelung der Diät. Wenn das 
nicht der Fall ist oder die Beschwerden sich gar akzentuieren, dann muß man zu 
Analgeticis, Narkoticis oder einer Kombination beider greifen. Suppositorien von 
Antipyrin 1 bis 2g, Pyramidon 0,3 bis 0,5 g, Phenacetin 0,25 bis 0,5, Aspirin 0,5 
bis 1,0 wirken beruhigend auf die Blase. Noch schneller ist die Wirkung, wen: 
man die genannte Menge dieser Drogen als kleines Klistier (in 10 bis 20 heißem 
Wasser gelöst) in den Mastdarm bringt. Kommt man damit nicht aus, so ge: 
man Suppositorien aus Morphium 0,015 bis 0,03 Pantopon 0,01 bis 0,03, Heroin 
0,003 bis 0,01, Narkophen usw. Am vorteilhaftesten ist es, beide Arten von Me- 
dikamenten zu kombinieren, indem man mit den Dosen etwas herabgeht. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


22. M. W. Scheltema. Einige neue Alkaptonreaktionen. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2659—63.) 

Die schon früher von S. angestellte Jodreaktion — dunkelrote Färbung de 
Harns durch Sieden desselben mit einigen Jod-Na oder K-Kristallen — wird ın 
demjenigen Sinne gedeutet, daß aus der Homogentisinsäure durch Essigsäure- 
abspaltung und Oxydation des Hydrochinons Chinon gebildet wird, dessen H- 
Atome durch das Jod unter Bildung des Jodanils ersetzt werden. Chlorate ur: 
Bromate ergeben diese Reaktion nicht. Bei Zimmertemperatur entstehen durch 
Jodatzusatz und nachträgliches Versetzen mit Alkali rote Jodanilsäuresalz. 
Jodsäure, Bromsäure und Chlorsäure (KCIO, +HCI) oxydieren schon bei Zimmer- 
temperatur das Hydrochinon zu dem die Halogene aufnehmenden Chinon; letzteres 
bildet bei Alkalizusatz dieselben rotgefärbten Salze. Chlor, Brom und Jod 
(J-Tinktur) ergeben unter Alkalizusatz dieselbe Reaktion. 1%,ige Natriumnitro- 
sumlösung und Salzsäure führen eine Oxydation zu Chinonoxime herbei; letztere 
werden durch nachträglichen Alkalizusatz zum roten Alkalisalz des Oxims um- 
gewandelt. — Erhitzung alkaptonhaltiger Harne mit 3% iger H,O,-Lösung führt 
durch Bildung eines Zwischenprodukts zwischen Chinon und Hydrochinon (Chin- 
hydron) eine dunkelrote Färbung herbei; letztere tritt ebenso durch Erhitzune 
des Harns mit FeCl; in die Erscheinung; in letzterem Falle stehen indessen etwaige 
Phosphatfällungen der schönen Farbenreaktion öfters störend im Wege. — In 
denjenigen Fällen also, in denen die durch Verabfolgung des Hydrochinons, des 
Dekokts von Uva Ursi usw. hervorgerufene Anwesenheit des Hydrochinons im 
Harne nicht vorliegt, sind diese Reaktionen für die Prüfung des Harns auf das 
Vorhandensein des Alkaptons empfehlenswert. Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 523 


23. Perelstein und Abelin (Bern). Über eine empfindliche kli- 
nische Methode zum Nachweis des Quecksilbers im Urin. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) 

Aus den Versuchen folgt, daß 1 dmg Quecksilber in ca. 500 ccm Flüssigkeit 
sowohl durch Mitreißen des Metalles durch Eisenhydroxyd, als auch durch basi- 
sches Eisenazetat sich sicher nachweisen läßt | Reckzeh (Berlin). 


24. Myers (Neuyork). Eine einfache Methode der Stickstoffbe- 
stimmung im Harn. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 
Die Methode ist eine Vereinfachung der kolorimetrischen Methode nach 
Folin und Farmer. Technisch unterscheidet sie sich von dieser dadurch, daß 
die Verdunstung des Ammoniaks vor der Neßlerbehandlung — um Trübungen 
zu verhindern — nicht nötig ist wegen der kleinen Mengen von Säure, die bei der 
Digestion gebraucht werden. Reckzeh (Berlin). 


25. C. B. Farr and P. F. Williams. The total non-protein nitrogen 
of the blood in pregnancy and eclampsia. (Proc. of the path, 
soc, Philadelphia Vol. XVI.) 

Nach Untersuchungen an sieben gesunden Schwangeren stieg der Gesamtrest- 
stickstoff in der Regel nicht über 30 mg in 100 ccm Blut, während bei 13 Graviden 
mit insuffizienten Nieren oder Eklampsie nahezu ausnahmslos eine geringe, meist 
jedoch eine beträchtliche Zunahme desselben nachzuweisen war. Die Phenol- 
sulfonephthaleinausscheidung ging diesen Befunden nicht völlig parallel und 
- scheint nur geringen diagnostischen Wert zu besitzen; sie ist in dieser Hinsicht 
der Bestimmung des Blutdrucks, dem Gehalt des Urins an Eiweiß und Zylindern 
und dem klinischen Bilde unterlegen. F. Reiche (Hamburg). 


26. A. C. Woods (Boston). Studies of the nitrogen partition in 
the blood and spinal fluid. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 
W. suchte festzustellen, ob bei Nephritis ein Zusammenhang zwischen N-Zu- 
rückhaltung und Eintritt einer Retinitis besteht, die letztere auf Harnstoff oder 
nahverwandte N-haltigen Verbindungen zurückzuführen ist. In 18 Fällen von 
Nephritis, von denen 3 Netzhautblutungen und 6 eine ausgesprochene Retinitis 
albuminurica zeigten, wurde der Reststickstoff, der N des Ammoniaks und des 
Harnstoffs, die Harnsäure, Creatinin und Creatin und der N der Aminosäuren im 
Blut sowie Reststickstoff und Harnstoff der Spinalflüssigkeit bestimmt. Ein Zu- 
sammenhang in obigem Sinne ließ sich nicht erweisen, nur zwischen Reststickstoff 
und klinischer Schwere des Falles bestanden Beziehungen. Mit steigendem Rest- 
stickstoffgehalt wächst ferner die Menge auch der anderen N-Verbindungen. Die 
Untersuchung der Spinalflüssigkeit fördert Diagnose und Prognose nicht mehr 
als die des Blutes. Die Veränderungen der Chloridkonzentration des Blutes sind 
so geringfügig, daß sie keinen Rückschluß auf die Salzretention gestatten. 
F. Reiche (Hamburg). 


27. J. W. M. Indemans. Die Benzidinprobe zum Blutnachweis in 
Fäces und Harn. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. S. 2077—79.) 
Betonung der Notwendigkeit vorheriger Erhitzung des mit Fäces, Sputum usw. 

beteiligten Objektträgers sowie des nach Zentrifugierung des Harns gewonnenen 

Rückstandes. Die in zahlreichen biologischen Körperflüssigkeiten und Ausschei- 


524 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


dungen positiv verlaufende Benzidinreaktion wird durch Erhitzung negativ, indem 
die in denselben vorhandenen Oxydasen und Peroxydasen bei 80°C zerstört 
werden; die Reaktion im Blut bleibt hingegen auch nach Erhitzung unver- 
ändert; die Proben sollen also sogar bis zur Siedehitze erwärmt werden. Dessen- 
ungeachtet erwähnt I. auch bei Innehaltung dieser Fürsorge noch verdächtige 
Fälle, so daß auch von I. der Nachweis des Blutspektrums zu Hilfe genommen 
wird. Zeehuisen (Utrecht). 


28. Fischer. Über Porphyrinurie. (Münchener med. Wochenschrift 1916. 
Nr. T1.) | 

Auch bei Menschen kommen physiologisch Spuren von Porphyrin vor, die 
vorhandenen Mengen sind jedoch so gering, daß an eine erfolgreiche chemische 
Untersuchung nicht zu denken wäre. Unter pathologischen Verhältnissen hin- 
gegen kann die Porphyrinausscheidung einen solchen Grad annehmen, daß der 
Urin eine burgunderrote Farbe annimmt. Man spricht dann von Porphyrinurie, 
und diese ist am bekanntesten nach gewissen Vergiftungen, von denen obenan 
die mit Sulfonal und Trional stehen. Auch nach Veronal soll gelegentlich Por- 
phyrinurie beobachtet’sein, während sie bei Bleivergiftung eine nahezu konstante 
Begleiterscheinung sein soll. Reckzeh (Berlin). 


29. Posner. Die Viskosität des Harnes. (Berliner klin. Wochenschrift 
1915. Nr. 43.) 

Nach den Ergebnissen scheint es, daß trotz der geringen Unterschiede, die 
der Harn gegenüber dem Wasser aufweist, doch Beziehungen zum Verständnis 
mancher krankhafter Vorgänge erkennbar werden. Das gilt weniger vielleicht 
für die Albuminurie und Nephritis, obwohl auch hier sicherlich die Abscheidung 
von Zylindern und sonstigen geformten Elementen einen Einfluß übt. Aber in 
anderer Hinsicht können selbst geringe Erhöhungen der Viskosität bereits Folgen 
haben. Wir müssen den Harn auffassen als eine Lösung von Kristalloiden und 
Kolloiden; wir wissen, daß diese beiden sich sehr leicht mit Kristalloiden durch- 
setzen, wie auch das umgekehrte Verhalten statthaben kann. 

| Reckzeh (Berlin). 


30. Autenrieth und Mink. Über kolorimetrische Bestimmungs- 
methoden: Die quantitative Bestimmung von Harneiweil. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

In der Mehrzahl der Fälle reichen 10 ccm Harn für eine einzelne kolorimetrische 
Eiweißbestimmung aus. Der Zahlenwert, der der Eichungskurve des Vergleichs- 
keils entnommen wird, gibt die Milligramme Eiweiß an, die in 10 ccm des unter- 
suchten Harns enthalten sind. Reckzeh (Berlin). 


31. A. Norgaard. Om Claudius’ kvantitative Aeggehvide bestem- 

melse. (Ugeskr. f. laeger 1915. Nr. 47.) 

Verf. hat die Claudius’sche kolorimetrische Eiweißbestimmung mit Ge- 
wichtsanalyse verglichen und gefunden, daß die Fehler fast stets unter 10°, 
liegen, wenn der Harn über 1°/,o Albumin enthält, bei geringerem Gehalt betrug 
der Fehler durchschnittlich 29%. Die Methode eignet sich also nur für stark 
eiweißhaltige Urine. Temperatur, Salzgehalt des Urins, Schutzkolloide sind 
schuld an den Fehlern. F. Jessen (Davos). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 525 


32. F. H. Edgeworth (Clifton). On transient renal congestion. 
(Lancet 1915. Juli 10.) 


33. C. W. J. Brasher (Clifton). »Transient renal congestion«. (Ibid. 
August 7.) 

Vier Beobachtungen an Pat. von 21—38 Jahren, die nach Kältewirkung oder 
starken Körperanstrengun-en oder im Anschluß an diese beiden Schädlichkeiten 
zusammen eine verminderte Urinmenge mit roten Blutkörperchen und Erythro- 
cytenzylindern über 6—12 Stunden ausschieden, wonach durch 2—3 Tage eine 
Albuminurie mit hyalinen, einmal auch epithelialen Zylindern sich anschloß. 
Ein akutes oder chronisches Nierenleiden lag weder vor noch entwickelte es sich 
aus obiger Störung, die E. als temporäre renale Kongestion anspricht. 

B. bringt drei analoge Fälle bei und zeigt an einem vierten, daß bei Fort- 
führung der starken Körperanstrengungen trotz eingetretener Nierenschädigung 
anscheinend eine chronische Nephritis sich daraus entwickeln kann. 

F. Reiche (Hamburg). 


34. Max Reber und Paul Lamner. Albuminurie bei gesunden 

Soldaten. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 30.) 

Verff. untersuchten 528 gesunde Soldaten eines schweizerischen Gebirgs- 
infanteriebataillons, das Alter der Untersuchten schwankte zwischen 20 und 
32 Jahren. Sie fanden bei ca. 10% derselben, vorwiegend aber bei jüngeren, eine 
Albuminurie. Die Zahl der Albuminuriker ist nach der Arbeit größer als nach 
der Nachtruhe. Die Art der Arbeit ist für die Eiweißausscheidung von Bedeu- 
tung, solche mit intensiver Anspannung der Körpermuskulatur fällt besonders ins 
Gewicht. Vor allem nach längerem Stehen (!/ —!/, Stunde) mit lordotisch 
gekrümmter Wirbelsäule, aber auch nach gewöhnlichem Stehen stellte sich die 
Albuminurie ein. Die Zahl der Albuminuriker und die Menge des ausgeschiedenen 
Eiweißes nimmt mit der Dauer der Lordose zu. Interessant war, daß nach Stehen 
mit kyphotisch gekrümmter Wirbelsäule leichte Albuminurien, die nach flacher 
Rückenlage vorhanden waren, verschwanden. Liegen in lordotischer Stellung 
schien umgekehrt wie im Stehen zu wirken. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


35. W. W. Palmer (Boston). Studies in paroxysmal edema. (Arch. 
of internal med. 1915. Februar.) 

Zwei Fälle von periodischen Attacken von allgemeinem Ödem, ohne auf eine 
Nierenaffektion hinweisende Symptome. Bei der einen Kranken hatte eine 
Schwangerschaftsnephritis bestanden; bei den Anfällen von Ödem half eine salz- 
arme Diät, und es ließ sich bei ihr eine starke Herabsetzung der Fähigkeit, Chlor- 
natrium auszuscheiden, feststellen. In dem anderen Falle schien die Zirkulation 
eine bedeutsame Rolle zu spielen, und auch hier war anscheinend ein gewisser 
Grad von Impermeabilität der Nieren für Kochsalz vorhanden; das Ödem verlor 
sich unter Ruhe und knapper Kost unter hochgradiger Polyurie mit sehr reich- 
licher Chlornatriumabgabe. F. Reiche (Hamburg). 


36. Weber (Davos). Ein Beitrag zur Kenntnis der Hämaturie ohne 
bekannte Ursache. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 46.) 
Der Begriff der »essentiellen Hämaturie« ist ausschließlich für jene Nieren- 

blutung zu reservieren, bei der auch nach genauester mikroskopischer Unter- 

suchung der blutproduzierenden Niere keinerlei Ursache für die Entstehung der 


526 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


Hämaturie gefunden werden kann, Alle übrigen Fälle sollten als »Hämaturie 
mit unbekannter Ursache« bezeichnet werden. Reckzeh (Berlin). 


37. Leon Lifschitz. Die Nierenblutung durch Überanstrengung. 
(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1473.) 


38. A. Fonio. Über vergleichende Blutplättchenuntersuchungen. 
(Ibid. S. 1564.) 


39. Wildbolz. Über Nierenblutung durch Überanstrengung. (Ibid. 
S. 1586.) 


Nierenblutungen infolge von Überanstrengung bei Gesunden sind selten. 
L. hat aus der Literatur elf Fälle zusammengestellt und fügt diesen drei eigene bei. 
Das Ereignis betraf meist durch Märsche überanstrengte Soldaten. Die Blutung 
ist in der Regel nicht stark, wiederholt sich nicht, und die Dauer ist kurz. Das 
Allgemeinbefinden ist häufig gar nicht gestört, auch Schmerzen sind bei der 
Blutung selbst nicht immer vorhanden. Der Urin wird intensiv rot gefärbt, im 
Sediment findet man Blutzylinder. Bei der Differentialdiagnose müssen Ne- 
phritis, Nephrolithiasis, Trauma, Infarkt, Wanderniere, Tuberkulose, Filariasis 
ausgeschlossen werden können. Die Frage, wie kann aus einer gesunden Niere 
eine Blutung infolge von Überanstrengung erfolgen, ist schwer zu beantworten. 
Man muß annehmen, daß Anhäufung von Stoffwechselprodukten hier eine Role 
spiele und ähnlich gewisser Arzneiintoxikationen eine Nierenblutung verursachen 
könne. 

F. hält es für wahrscheinlich, daß die von Lifschitz beschriebenen renalen 
Hämaturien auf latenten Purpurazuständen beruhen. Das klinische Bild der 
hämorrhagischen Diathesen zeige verschiedene Abstufungen von einer benign 
verlaufenden haemorrhagica bis zum tödlich endigenden Morbus maculosus Werl- 
hofi; die Schwere des Zustandes stehe mit dem Verhalten der Blutplättchenzahl 
in engster Verbindung; je niedriger die Zahl, desto schwerer der Fall. Hierher 
gehörten auch die Darmblutungen bei Leukämie, der Icterus neonatorum, die 
profusen, rezidivierenden Uterusblutungen. Hämophilie dürfe nur da diagnosti- 
ziert werden, wo der Pat. einen typischen hämophilen Stammbaum besitze und 
andere zweifellos hämophile Symptome aufweise. 

W. warnt vor der Diagnose; Blutung aus gesunden Nieren. Die Kasuistik 
dieser sog. essentiellen Hämaturie ging in die Hunderte von Fällen, aber je mehr 
sich die Diagnostik schärfte, um so häufiger zeigte es sich, daß die Blutungen aus 
scheinbar gesunden Nieren doch meist ihre Ursachen in recht greifbaren ana- 
tomischen Veränderungen dieser Organe hatten. Er teilt einige derartige Fällt 
aus seiner Praxis mit. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


40. Kornmann (Davos). Über einen Befund von Erythrocytes 
und Erythrocytenzylindern (leichte Hämaturie) im Harn bei 
Keuchhusten vor Ausbruch des spasmodischen Stadiums. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

Unter 5 Fällen trat 4mal, durchschnittlich 5 Tage vor dem ersten Krampf- 
hustenanfall, leichte Hämaturie in sonst ganz normalem Harn, bei gesunden 
Nieren auf. Es ist wahrscheinlich, daß für das zu Spasmus führende Krankheits- 
gift die Nierengefäßwandungen besonders empfindlich sind. 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin, Nr. 28. 527 


41, Rosenberg (Charlottenburg-Westend). Über -Indikanämie. und 
Hyperindikanämie bei Nierenkranken und Nierengesunden. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 4.) 

Aus den mitgeteilten Untersuchungen ergibt sich, daß der Indikangehalt des 
Serums, wie der des Urins bei Gesunden und bei Kranken mit gesunder Niere 
innerhalb recht weiter Grenzen schwankt. Es zeigte sich, daß ein ungefähres, 
wenn auch kein absolutes Parallelgehen des Harnstoff- und Indikanspiegels im 
. Blute besteht. Die Grenze, von der ab die Hyperindikanämie unbedingt für 
Niereninsuffizienz spricht, liegt etwa an dem Punkt, wo sich das Blutindikan mit 
der Obermeyer-Tschertkoff’schen Methode nachweisen läßt. 

Reckzeh (Berlin). 


42. A. K. Detwiler and Mary L. Griffith. Creatinine as a test for 

renal function. (New York med. journ. 1915. Oktober 16.) 

Verff. empfehlen diese Probe warm, sie ziehen sie jeder anderen mit einem 
der körperfremden Stoffe wie Kal. jodat. oder Phthalein vor. Vorteile: Man 
benötigt nur 5cem Urin, eine zufällige Blutbeimischung stört die Probe nicht, 
die Diät ist gleichgültig, denn die Creatininausscheidung ist bei Fleischdiät nur 
um ein Minimum größer als bei fleischloser Kost, diese sehr kleine Differenz 
brauche nicht berücksichtigt zu werden. Am 1. Tage wird der Creatiningehalt der 
ôstündigen Urinentleerungen kolorimetrisch bestimmt; die Technik ist leicht, 
kann hier aber nicht näher beschrieben werden. Am 2. Tage gibt man morgens 
eine Tablette von 1,5 g Creatinin innerlich oder 1 g subkutan und bestimmt die 
Ausscheidung wiederum alle 6 Stunden. Bei gesunden Leuten steigt die Creatinin- 
ausscheidung in den ersten 6 Stunden stark an und ist nach 24 Stunden schon 
beendigt. Bei Nierenkranken ist der Anstieg weniger hoch und weniger rasch, und 
die Elimination braucht bedeutend mehr als 24 Stunden. Diese Probe halten die 
Verff. für die beste, sie zeige krankhafte Veränderungen frühzeitiger als andere 
an, sie erlaubt aber nicht die Natur der vorliegenden Nierenläsion näher zu er- 
kennen. Zwischen Albumin- und Creatininausscheidung besteht keine Parallele. 
Bei der Stauungsniere ist auch die Creatininausscheidung bedeutend gestört, hier 
leistet diese Probe nicht mehr als die anderen. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


43. A. C. Potter. Functional tests in experimental tartrate ne- 
phritis. (Amer. journ. med. sciences 1915. Februar. S. 236.) 

Mittels subkutaner Einspritzung von Acid. tartaric. läßt sich beim Kaninchen 
eine Form von akuter Nephritis erzeugen, bei welcher die Mehrzahl der gewundenen 
Harnkanälchen nekrotisch wird und der Rest derselben fettig oder körnig ent- 
artet. Die Glomeruli und geraden Harnkanälchen zeigen sich dagegen anatomisch 
intakt. Bei solchen Versuchstieren ist die Ausscheidung von Phenolsulfonphtha- 
lein, Indiko-Karmin, Methylenblau vollständig unterdrückt, während Kal. jodat. 
und Laktose ausgeschieden werden, indes braucht es beim ersteren eine 4mal 
längere, bei letzterem eine 2mal längere Ausscheidungszeit als unter normalen 
Verhältnissen. Aus den gemachten Versuchen ergibt sich als wahrscheinlich, daß 
Phthalein usw. ausschließlich von den gewundenen Harnkanälchen, Kal. jodat. 
und Laktose von den Glomeruli ausgeschieden werden. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


528 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 28. 


44. W. E. Robertson, J. V. Klauder and E. P. Longaker. Kidney 
disease, with special reference to the test for functional capa- 
city. (Med. and surg. rep. of the Episc. Hosp. Philadelphia Vol. 11.) 

45. J. P. Jones. A clinical study of the renal functional activity 
by means of phenolsulphonephthalein. (Ibid.) 


Beide Arbeiten berühren die Schwierigkeit einer richtigen Abschätzung der 
Nierenfunktion und heben den Nutzen der Phenolsulfonephthaleinprobe in dieser 
Hinsicht hervor. J. fand bei 20 Gesunden, daß von 6 mg 30—40°% in der ersten, 
15—20% in der 2. Stunde ausgeschieden wird. Alle 18 Fälle von chronischer 
diffuser Nephritis zeigten eine ausgesprochene, in einigen schweren Fällen dem 
klinischen Bilde parallel gehende Verringerung der Ausscheidung, alle 15 von 
chronischer interstitieller Nierenentzündung hatten ebenfalls eine geringe, cft 
nur spurweise Ausscheidung, — im Durchschnitt 16% binnen 2 Stunden; die 
Pat., bei denen sie am niedrigsten stand, waren jeder Therapie unzugänglich. 
Bei 2 Kranken mit schwerer akuter hämorrhagischer Nephritis war die Ausschi- 
dung a in anderen leichten Formen jedoch beschleunigt. 

F. Reiche (Hamburg). 


46. M. S. Fine and A. F. Chace (New York). Diminished power 
of the nephritic kidney for eliminating uric acid as exem- 
plified by the use of atophan. (Arch. of internal med. 1915. Sept.) 


Atophan regt die Nierenzellen zu erhöhter Harnsäureausscheidung an mit 
entsprechender Verringerung der Konzentration des Blutes. F. und C. fanden 
in 6 Fällen von Nephritis, daß bei geschädigten Nieren diese Wirkung des Mitteis 
auf den Harnsäuregehalt des Blutes ausbleibt bzw. vermindert ist. 

F. Reiche (Hamburg). 


47. Georg Eisner. Wirkung des Atophans auf die Nierenfunktionen. 
(Deutsches Archiv f. klin. Medizin 1915. Bd. CXVIII. Hft. 2.) 


Der Ausfall der Nierenfunktionsprüfung bei Atophangaben war unbestimmt 
und schwankend. Eine sichere Analogie in der Wirkung des Kalkes und des 
Atophans auf die Nieren ist daher nicht festzustellen. Beim Kalk fand sich ein: 
ziemlich konstante Funktionsherabsetzung. 

Die Ausscheidung von Kochsalz und Stickstoff war bei Atophandarreichurz 
in mehreren Fällen deutlich vermindert. Nach der Atophanperiode stiegen die 
Werte wieder an. In einigen Fällen kam es zu einer kompensatorischen Mehr- 
ausscheidung. Die Harnsäureausscheidung stieg unter Atophangaben deutlich an. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. | 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt In Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel In Leipzig. 


529 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Maunya; Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Bona, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 29. Sonnabend, den 22. Juli 1916. 





Inhalt. 

A. Lebndorff, Über Exanthem bei Fleckfieber. l 
Referate: 1. Greinert, Diazoreaktion im Atophanharn. — 3. Peabody, 8. Noorden, 
4 Smule, 5. Myers, und Longh, 6. und 7. Mosenthal und Richards, 8. Underhill, 9. Tileston 

und Comfort, 10. Palmer u. Henderson, 11. Klinkert, 12. Meyer, 13. Zondek, 14. Schneyer, 
15. Wechselmann, 16. Karsner, Bunker und Grabfeld, 17. Albu und Schlesinger, 18. Wilk, 
19. Hirschfeld, 20. Olgaard, 21. Macdonald und Phillips, 22. Schneider, 23. Hügelmann, 
` Nierenerkrankungen. 
24. Jetel, Ischias. — 25. Geuken, Radiographische Prüfung eines Tabetikers. — 26. Weber, 
>- Gehirnerschütterung. — 37. Mann, Granatexplosionsstörungen. — 28. Nonne, Traumatische Neu- 
.. Tose. — 29. Mohr, Nervöse und depressive Zustandsbilder bei Kriegsteilnehmern. — 30. Bon- 

hoeffer, Hebephrenie im Felde. — 31. Dornblüth, Gesunde Nerven in Frieden und Krieg. — 
, 3% Marbarg, 33. Oppenheim, Neurosen. — 84. Nonne, Hypnose bei Kriegshysterie. 85. Horn, 

Begutachtung nervöser Unfallfolgen. — 86. Jolly, Dienstfähigkeit und Rentenfrage. — 37. Bolten, 
Erklärung der Erscheinungen bei Epilepsie. — 38. Rascher, Atropin bei Eclampsia infantum. — 
. 39. Sehoosdermark, Luminalbebandlung. — 40. Tsiminakis, Carotidenkompression. 





Aus einem k. u. k. Feldspital (etabliert als Epidemiespital) 
Kommandant Stabsarzt Dr. Sigismund Herbatschek. 


Über Exanthem bei Fleckfieber. 


Von 


Dr. Arno Lehndorff, 
Assistenten der medizinischen Klinik R. v. Jaksch in Prag, 
k. u. k. Regimentsarzt i. d. R. 


Ich habe unter 49 sicheren Fällen von Fleckfieber (Diagnose 
klinisch und epidemiologisch gestellt, serologisch durch den negativen 
Ausfall der Widal’schen Reaktion und zum großen Teil durch den 
positiven Ausfall der Felix-Weil’schen Reaktion bestätigt) bei 
6 Fällen ein wohlcharakterisiertes Exanthem im Bereiche 
, des hinteren Teiles des harten Gaumen, der Uvula und der Gaumen- 
bögen feststellen können. 

Es fanden sich multiple (etwa 2—4), über linsengroße, häufig 
länglich geformte, zackig begrenzte Erythemfleckchen von bläulich- 
roter Farbe an den angegebenen Stellen. Im Zentrum dieser Fleckchen, 
aber auch exzentrisch gelegen, sah ich einen solitären, mehr kreis- 


29 


530 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


runden, schwärzlichblauen Fleck, der etwas kleiner als erbsengroß 
war, Bei Druck mit dem Spatel blieb dieser kleine runde Fleck be- 
stehen, während das ihn umgebende Erythemfleckchen verschwand, 
um nach Aufhören des Druckes bald wieder aufzutauchen. In der 
Umgebung dieser Fleckchen war die Schleimhaut, besonders am 
harten Gaumen, eher auffällig blaß. brape 

In allen diesen 6 Fällen zeigte die Haut des Rumpfes, des Halses 
und der Extremitäten ein ungewöhnlich reichlich ausgebreitetes 
Exanthem, größtenteils mit petechialer Umwandlung. Das oben 
beschriebene Exanthem war ungefähr am 8. Krankheitstage am deut- 
lichsten ausgebildet. In den darauffolgenden Tagen verschwand es 
rasch, ohne Spuren zu hinterlassen. 

Auf der Haut der Fleckfieberkranken zeigten sich gewöhnlich 
die Roseolen von einem kleinen, zackig begrenzten, häufig dreieckig 
geformten Erythemfleckchen umgeben. Die Roseole liegt dabei häufig 
exzentrisch.. Wenn die petechiale Umwandlung eintritt, färbt sich 
die Roseole dunkelviolett und verschwindet nicht mehr auf den 
Fingerdruck, während das umgebende Erythemfleckchen noch immer 
auf Druck verschwindet. 

Ich glaube, daß das von mir beobachtete Exanthem den der Bil- 
dung der Hautroseole analogen Prozeß an der Rachenschleimhatt 
darstellt. 

Bei Typhus abdominalis und bei anderen exanthematischen In- 
fektionskrankheiten habe ich ein ähnliches Exanthem nie gesehen. 
Es könnte also differentialdiagnostisch verwertet werden. 
Das Fehlen dieses Exanthems spricht selbstverständlich nicht gegen 
Typhus exanthematicus. Wie R. v. Jaksch in jüngster Zeit auf dem 
Kongreß für innere Medizin in Warschau hingewiesen hat, sind ja 
Fälle von Fleckfieber auch ohne Hautexanthem keine Seltenheit. 
Die 6 Fälle, bei denen ich es vorfand, waren durchweg schwerere 
Fälle; einer endete tödlich. 





Referate. 


1. E. Greinert. Die Diazoreaktion im Atophanharn. (Archiv f.exp. 
Pathol. u. Pharmak. 1914. Bd. LXXVII. S. 458.) 

Obwohl die Diazoreaktian im Atophanharn der echten Diazoreaktion in ver- 
schiedenen Punkten auffallend ähnelt, läßt sich dennoch die Abwesenheit von 
Urochromogen mit Sicherheit ausschließen. Das Urochrom (Weiss) ist im Diazo- 
harn nicht vermehrt. Trotzdem weist die Vermehrung des Neutralschwefels auf 
die vermehrte Ausscheidung eines Körpers aus der Proteinsäurefraktion hin. Viel- 
leicht liegt hier eine Beziehung der Harnsäurewirkung des Atophans vor. 

In dem veränderten Ablauf gewisser chemischer Vorgänge im Organismus 
nach Atophandarreichung eine schädigende Nebenwirkung des Mittels zu er- 
blicken, liegt nach den Befunden G.’s kein Grund vor. Atophan darf also als 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29, 531 


harmloses Mittel angesehen werden. Selbst nach monatelangem Gebrauch zeigen 
die Pat. subjektiv und objektiv Wohlbefinden, Bachem (Bonn). 


2. F. W. Peabody. The acidosis of chronic nephritis. (Archiv of 
internal med. 1915. Dezember.) 

P. fand in leichten Fällen von unkomplizierter chronischer Nephritis, bei 
denen die Phenolsulfonephthaleinprobe eine normale Nierenfunktion erweist, in 
der Regel keine oder nur eine geringfügige Acidosis, die aber in vorgeschrittenen 
Fällen mit mäßiger oder starker Beeinträchtigung der Phenolsulfonephthalein- 
ausscheidung mit Hilfe der von Sellard und Palmer empfohlenen Alkalitoleranz- 
probe sich deutlich feststellen läßt, doch braucht ein Absinken der alveolären 
CO,-Spannung dabei nicht vorhanden zu sein. Diese zeigt sich nur in sehr vor- 
jeschrittenen Fällen. Wenn die alveoläre CO,-Spannung subnormal ist, beträgt 
ie Phenolsulfonephthaleinausscheidung meist unter 10%, binnen 2 Stunden, 
sährend umgekehrt auch bei noch normaler alveolärer CO,-Tension die Phenol- 
ulfonephthaleinausscheidung bereits ganz schwer gestört sein kann. Bei der 
Acidosis der chronischen Nephritis handelt es sich um Retentionserscheinungen 
iurch ungenügende Nierentätigkeit; sie ist wahrscheinlich eine sehr konstante 
-rscheinung bei der Urämie, doch selten eine so hochgradige, um durch sich selbst 
‚inische Symptome zu bedingen oder eine Therapie mit Alkalien zu erfordern. 

F. Reiche (Hamburg). 


). Carl Noorden. Erfahrungen über funktionelle Nierendiagnostik. 
(Med. Klinik 1916. Nr. 1. S. 5.) 

Verf. gibt zunächst eine Zusammenstellung von den verschiedenen Methoden, 
ie der funktionellen Nierendiagnostik dienen. Von diesen sind nach seinen und 
:iner Schüler Versuchen und Erfahrungen die folgenden am wichtigsten Die 
vdkaliprobe, die Wasserprobe, die Kochsalzbelastung, die Harnstoffbelastung 
nd die Reststickstoffbestimmungen im Blute. 

Wenn man die bisher erwähnten fünf Proben zusammenlegt, erfährt man 
ist alles, was für Beurteilung der augenblicklichen Lage und für die einzuschlagende 
handlung wichtig ist; aber auch darüber hinaus ergeben sich brauchbare und 
erläßliche Anhaltspunkte für die Prognose. Ruppert (Bad Salzuflen). 


» W. G. Smillie (Boston). Potassium poisoning in nephritis. 

(Arch. of internal med. 1915. August.) 

Kaninchen mit einer so starken Uraniumnephritis, daß es zu einem Rest- 
tickstoffgehalt des Blutes von 100 mg in 100 ccm gekommen war, starben plötzlich 
ach Zufuhr von 1 gKaliumchlorid, und zwar nicht durch eine Salzwirkung, son- 
ern durch Wirkung des Kaliums auf den Herzmuskel. Bei Menschen mit chro- 
scher Nephritis muß Kaliumchlorid in Dosen, die Gesunde nicht beeinflussen, 
u akuten Vergiftungen führen, da die bei Gesunden vorhandene rasche Aus- 
cheidung des leicht resorbierten Salzes bei ihnen aufgehoben ist und es sich so 
m Blute anhäuft. F. Reiche (Hamburg). 


29* 


532 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


5. W. C. Myers and W. G. Longh (New York). The creatinin of 
the blood in nephritis: its diagnostic value. (Arch. of internal 
med. 1915. Oktober.) 

Bei Nephritis hat eine Zurückhaltung von Creatinin im Blute statt; sie ist 

‚von diagnostischer und erheblicher prognostistischer Bedeutung. Ein Anstieg au: 

über 5 mg in 100 ccm Blut ist von übelster Vorhersage, ein solcher über 2,5 mz 

kommt fast nur bei Nierenaffektionen vor. Das Material M. und L.’s umschließt 

30 Fälle von Nierenkrankheit; neben dem Creatiningehalt werden Urinbefund, 

Harnstoff- und Harnsäuregehalt des Blutes, Blutdruck und Phenolsulfonephthaleir- 

ausscheidung berücksichtigt. F. Reiche (Hamburg). 


6. H. O. Mosenthal (Baltimore). Renal function as measured by 
the elimination of fluids, salt and nitrogen, and the specific 
gravity of the urine. (Arch. of internal med. 1915. November.) 
Nach M.’s Beobachtungen an über 100 Fällen bewährt sich die Hedinger- 

Schlayer’sche Probemahlzeit bei Nephritis — akute Formen kamen nicht zur 

Untersuchung — vortrefflich zur Prüfung der Nierenfunktion und in der Diagn;x 

von kardiorenalen und anderen Affektionen. Es handelt sich bei dieser Pror. 

die das spezifische Gewicht, die Salze, den N-Gehalt und die Wassermenge de: 

Urins in Rechnung zu ziehen hat, um eine qualitative. Funktion der Nieren u:ü 

anatomische Läsion brauchen nicht parallel zu gehen. 

F. Reiche (Hamburg). 


7. H. O. Mosenthal and A. E. Richards. The interpretation of: 
positive nitrogen balance in nephritis. (Arch. of internal med. 1%::. 
Februar.) | 

Nach diesen Untersuchungen führt ein ausgesprochener N-Überschuß ben 

Vergleich der Aufnahme mit der Gesamtabgabe des N in Fällen von Nephnt:s, 

die auf gemischter Kost gehalten werden, nicht notwendig zu einer entsprechend: 

Zunahme des Reststickstoffs im Blute. So läßt sich aus normalen Reststicksti't- 

werten nicht ohne weiteres schließen, daß eine N-Retention nicht statt hatte, nu:d 

unbedingt aus solchem Überschuß auf eine Unfähigkeit der Nieren, diese Substing 
auszuscheiden. F. Reiche (Hamburg). 









8. Albert J. Underhill. Blood urea in renal conditions. (New Y-: 
med. journ. 1915. September 25.) 

Der normale Blutgehalt von Harnstoff wurde von Widal und Javalı 
0,15—0,50 per Liter Blut bestimmt. Verf. nimmt als obere Grenze 0,60 an. W: 
darüber ist, bedeutet Harnstoffretention. Eine solche braucht aber nicht €: 
zutreten, wenn auch ein großer Teil der Nieren in seinen Funktionen geschäS: 
ist, so lange noch ein funktionstüchtiger Rest vorhanden ist und nichts Besond:" 
hinzutritt. Kommt aber eine übermäßige Zufuhr von stickstoffhaltiger Nat: 
oder infolge anderer Krankheit ein lebhafter Zerfall von viel Proteinstoffen is 
Körper hinzu, so kann sich Harnstoffretention einstellen. In vielen Fällen ist 4 
möglich, durch geeignete Diät die Retention zu korrigieren. Diuretika und anJ 


indiziert. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


-Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 533 


9. W. Tileston and C. W. Comfort jr. (New Haven). The total 
non-protein nitrogen and the urea of the blood in health 
and in disease. (Arch. of internal med. 1914. November.) 

Die nach der Folin’schen Methode durchgeführten Bestimmungen des ge- 
samten Reststickstoffs und des Harnstickstoffs im Blute von 5 Gesunden und 
142 Kranken ergaben, daß bei fastenden gesunden Erwachsenen der erstere zwischen 
22,9—25 mg, der letztere zwischen 12 und 14 mg in 100 ccm Blut schwankt und 
daß nach einer vollen gemischten Mahlzeit jener um 4,7, dieser um 2,5 mg durch- 
schnittlich ansteigt. Sowohl bei chronischer interstitieller wie chronischer diffuser 
Nephritis zeigen die Fälle ohne urämische Symptome normale oder mäßig erhöhte 
Werte, Urämische fast durchweg einen großen Anstieg jener beiden Zahlen. Die 
Phenolsulfonephthaleinausscheidung war dem Grad der Retention im großen 
und ganzen proportional; alle Fälle mit 100 mg oder mehr Gesamtstickstoff boten 
5%, oder weniger Phenolsulfonephthaleinausscheidung, demgegenüber hatten 
aber viele Fälle mit stark geschädigter Phenolsulfonephthaleinausscheidung 
keinerlei Retentionszeichen, und ein mäßiger Grad von Reststickstoffzurück- 
haltung fiel oft mit normaler Ausscheidung des Phenolsulfonephthaleins zu- 
sammen. Das Verhältnis des Harnstickstoffs zum gesamten Reststickstoff bewegt 
sich in Krankheiten zwischen 32 und 85%. Die Bestimmung des letzteren ist 
von größter Bedeutung für die Diagnose der Urämie; unter 8 Fällen war er nur 
in | nicht erheblich vermehrt, und Mengen von 100 mg oder mehr fanden sich sonst 
nur noch in je 1 Falle von akuter Darmobstruktion und tiefer Anämie durch 
Hämolyse. Ferner ist jene Bestimmung von hohem prognostischen Wert bei 
chronischer Nephritis und ein Fingerzeig für die Diät dieser Pat. hinsichtlich 
Eiweißzufuhr; auch vor manchen operativen Eingriffen ist es gut, den Grad der 
Retention festzustellen und eine etwa vorhandene zu beseitigen. Bei chronischer 
passiver Nierenkongestion ist wenig oder keinerlei Zurückhaltung von Stickstoff- 
wechselendprodukten zugegen; sie weist bei Pyelitiden auf eine Mitbeteiligung 
des Nierenparenchyms hin; sie war in allen Fällen von chronischer Bleivergiftung 
zugegen, fehlte jedoch — im Gegensatz zur Urämie — fast immer in ausgesprochener 
Form in den Eklampsien des Wochenbetts. Ungewöhnlich hohe Werte ergaben 
sich in 3 Fällen von akutem Darmverschluß, normale hingegen bei kompensierten 
Herzklappenfehlern, Aortenaneurysmen, akuten Perikarditiden und akuten 
Endokarditiden ohne Nierenbeteiligung, bei Typhus, Polyarthritis acuta und 
Skarlatina, bei Gehirnblutungen, Hysterie, Neurasthenie und Morbus Basedowii ; 
beträchtlich gesteigert war sie in den meisten Fällen von akuter lobärer Pneumonie 
sowie bei schweren hämolytischen Anämien. 36%, aller Syphilitiker in den ver- 
schiedenen Stadien der Krankheit boten eine erhebliche Retention. 

F. Reiche (Hamburg). 


10, W. W. Palmer and L. J. Henderson. A study of the several 
factors of acid excretion in nephritis. (Arch. of internal med. 
1915. Juli.) | 
P. und H.’s Beobachtungen über die Säureausscheidung in 58 Fällen von 

Nephritis lassen zwei Gruppen von Fällen erkennen 1) Solche mit abnorm reich- 

lichen Mengen von Urin und abnorm hoher Azidität bei stark herabgesetzter 

Gesamtsäureausscheidung durch Defizit im Harnammoniak. In dieser Gruppe 

herrschen die späten Stadien von Glomerulonephritiden vor, und gewöhnlich findet 

man hohe Werte von Reststickstoff, stark verminderte Phenolsulfonephthalein- 


534 ‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


ausscheidung, erhöhten Blutdruck, reichliche Albumenmengen und niedrige; 
spezifisches Gewicht des Urins, 2) Solche mit durchschnittlich normalem Urin- 
volumen, hoher Azidität und oft niedriger, nicht selten jedoch normaler Gesamt- 
säureausscheidung. In dieser Gruppe finden sich wechselnd hohe Grade ven 
Acidosis, aber nie so hohe, wie in der erstgenannten. Degenerative Nephritiden 
und frühe Stadien von Glomerulonephritis trifft man häufiger in ihr an. Der 
Reststickstoff ist nicht immer erhöht, die Phenolsulfoneausscheidung mäßiz 
reduziert oder stark verringert; der Blutdruck wechselt sehr, das mittlere spezi- 
fische Gewicht ist höher als in der ersten Gruppe, und Eiweiß ist in geringen Menge: 
zugegen. F. Reiche (Hamburg). 


11. D. Klinkert. Die klinische Bedeutung der Widal-Ambard’schen 
Prüfungsmethoden bei chronischen Nierenkrankheiten, (Neger. 
Tijdschr. v. Geneesk, 1915. II, S. 1567—79, 1658—71.) 

Die Widal-Ambard’schen Bestimmungen sind von K. bei zahlreichen Pat. 
nachgeprüft; für klinische Zwecke reicht die Bestimmung der Ambard’schir 
Konstante vollständig aus; normaliter wurden zwischen 0,058 und 0,093 schwar- 
kende, im höheren Alter ungefähr 0,1 betragende Werte erhalten, höhere Zahle: 
sind verdächtig im Sinne eines ungenügenden Harnstoffausscheidungsvermögen: 
des Harns. Der Wert dieser Beobachtungen für das Auftreten etwaiger Uräm!: 
wird an zahlreichen Beispielen herausgestellt; K. verabfolgte Nierenkranken m:: 
steigendem Harnstoffspiegel eine Diät mit eingeschränktem Eiweißgehalt; dasselt: 
setzte diesen Spiegel für längere Zeit bedeutend herab, beeinflußte auch etwaige? 
Netzhautveränderungen mitunter in günstigem Sinne. Von den eiweißhaltigen 
Nährstoffen wird das Milcheiweiß besser ertragen als jedes andere Eiweiß; di? 
Nahrung bestand in diesen Fällen in Milch, Rahm, Weißbrot, Trauben, Kartoffe:- 
brei, Kompotten, Gemüse und leichten Reis- und Mehlspeisen. Bei vollständis 
kompensierten Schrumpfnieren sind diese Maßnahmen nicht erforderlich; auf 
jeden Fall sollte eine zu energische Eiweißbeschränkung unterlassen werden. I: 
den drei Fällen orthostatischer Albuminurie vermochte das Ambard’sche Ver- 
fahren nicht die Ausschaltung eines beginnenden Nierenleidens sicherzustellen, 
sogar nicht nach je zwei 1 Jahr hintereinander angestellten Proben. H. stelit 
heraus, daß im Gegensatz zur akuten Urämie (Anurie), zum Coma carcinomatosum 
und diabeticorum die chronische Urämie nicht nur mit andauernder Harnstoff- 
retention, sondern zu gleicher Zeit mit akuter Eiweißzerstörung einhergeht. 

Zeehuisen (Utrecht). 


12. Meyer. Über Nierenödem. (Münch. med. Wochenschr. 1916. Nr. 16.) 

Bericht über einen Fall, in dessen Verlauf die Bedeutung des Nierenödem: 
besonders deutlich hervorgetreten ist. Die Funktion der Nieren selbst muß unter 
der Ödemstauung, deren letzte Ursache sicherlich in der Niere selbst lag, gelitten 
haben, so daß sich ein Circulus vitiosus zwischen Nierenstörung und allgemeine 
Ödem entwickelte, der nur durch das grobe Mittel des Ablassens der Ödemflüssig- 
keit unterbrochen werden konnte. Wenn wir sehen, daß die Eiweißmenge im Urin 
parallel der Menge der sich ansammelnden und entleerten Ödemflüssigkeit steigt 
und fällt, wenn die Diurese unter der allgemeinen Entlastung sich einstellt, so 
kann das kaum anders gedeutet werden, als daß die funktionierenden Elemente 
der Nieren durch die Ödemstauung selbst gestört sein müssen. 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 535 


13. Zondek. Funktionsprüfungen bei der hämorrhagischen Nieren- 
entzündung von Kriegsteilnehmern. (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 17.) 

Was für die in Frage stehende spezielle Form von Nephritis besonders er- 
wähnenswert ist, ist der Umstand, daß ihre funktionelle Wiederherstellung erfolgt 
bzw. erfolgen kann zu einer Zeit, wo der Harn noch einen Eiweißgehalt von etwa 
1779/00 neben einer geringgradigen Zylindrurie und einer mäßigen Ausscheidung 
roter Blutkörperchen aufweist. Reckzeh (Berlin). 


14. Schneyer. Erfahrungen über akute Nierenentzündungen im 

Kriege. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 16.) 

Die erhöhte Disponibilität der Nieren zur Erkrankung, die in den Verhält- 
nissen des Kriegslebens ihre Begründung hat, erklärt das gehäufte Auftreten der 
Nephritis im Kriege. Die auslösenden Ursachen sind, neben Durchnässung und 
Erkältung, hauptsächlich fieberhafte Grippen. Der Harn der akuten Nephritiker 
istin der Regel steril, es scheinen demnach die Bakterien der Grippe mittels ihrer 
Toxine die Krankheit zu erzeugen. Eine wirksame Prophylaxe gegen Nieren- 
erkrankung im Felde gibt es derzeit nicht. Seifert (Würzburg). 


15. Wechselmann (Berlin). Über reaktionslos verlaufende intra- 
venöse Einverleibung von Milchzuckerinjektionen (Schlayer- 
sche Funktionsprüfung der Nieren). (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 4.) 

Die Schlayer’sche Funktionsprüfung der Niere mittels intravenöser Ein- 
verleibung von Milchzucker wird vom Verf. in allen irgendwie verdächtigen Fällen 
vor Anwendung intravenöser Salvarsaninjektionen geübt, da sie ein vorzügliches 
Bild über das Funktionieren des Glomerulusapparates gibt; dieses ist aber für 
die ordnungsgemäße Ausscheidung des Salvarsans von grundlegender Bedeutung. 

Reckzeh (Berlin). 


16. H. T. Karsner, H. A. Bunker and G. P. Grabfield. A note on 
the immediate effects of reduction of kidney substance. (Journ. 

of exp. med. 22. 1915. S. 544.) 

Nach Entfernung einer Niere tritt nur eine ganz vorübergehende Anhäufung 
des Rest-N im Blute auf. Auch wenn von der übrigen Niere noch ein Teil ent- 
fernt wird, ändert sich das Verhältnis nicht. Dagegen steigt der Rest-N sofort 
und unaufhaltsam bis zum Tode an, wenn beide Nieren völlig entfernt werden. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


17. Albu und Schlesinger. Über Nierenerkrankungen bei Kriegs- 
teilnehmern. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 6.) 
Die beobachtete Nierenerkrankung bei Feldzugteilnehmern ist als eine akute 
hämorrhagische Nephritis mit sekundärer lipoider Infiltration der Nierenepithelien 
aufzufassen. Reckzeh (Berlin). 


536 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


18. Wilk (Mediasch). Chirurgische Behandlung der Nieren- 

entzündung. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

In vier Fällen wurde je eine Niere entkapselt. Indem diese nun die ver- 
mehrte Harnausscheidung besorgte, schien die nicht entkapselte ihre Stauung, 
ihre Cyanose verloren, sich auf ihre gewöhnliche Größe verkleinert und ebenfalls 
ihre normale Tätigkeit wieder aufgenommen zu haben. 

Reckzeh (Berlin). 


19. Hirschfeld (Berlin). Beiträge zur Behandlung der Nieren- 
kranken. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 46.) . 

Durch eine sehr eiweißarme Kost, die etwa 40 g Eiweiß im ganzen und 30: 
resorbierbares Eiweiß und ungefähr 5g Kochsalz enthält, gelingt es bei Nieren- 
‘kranken, und zwar besonders in Fällen von Schrumpfnieren, eine weitgehende 
Besserung zu erzielen. Die Nahrung besteht vorzugsweise aus Vegetabilien, Kar- 
toffeln, Reis, grünem Gemüse, Sahne, Zucker und großen Mengen von Obst in 
jeder Form. Reckzeh (Berlin). 


20. A. Oigaard. Nephritis syphilitica. (Zentralblatt f. Herz- u. GŁ- 
fäßkrankheiten 1915. Nr.19.) 

Der syphilitischen Nephritis liegt nicht eine für alle Fälle gleiche, bestimmte 
pathologisch-anatomische Veränderung zugrunde, sondern wie alle anderen Orgar: 
können wahrscheinlich auch die Nieren in mehrfacher Weise affiziert werden. 
Die dem Leiden eigentümliche große Eiweißausscheidung (15 —20° /,o) und geringe 
Zellenmenge läßt auf eine Erkrankung der Glomerulusschlingen schließen. D:: 
- Prognose ist günstig; therapeutisch sind die üblichen antiluetischen Kuren in An- 
‘wendung zu bringen, da Quecksilber bei dieser Form der Nephritis nicht nur nich 
schadet, sondern dieselbe zur Ausheilung bringt, was unter Umständen awi 
differentialdiagnostisch verwertbar ist. L., Kreuzer (Zell i. wW.) 


21. N. Macdonald and S. Phillips (London). A case of syphilitic 
nephritis treated by salvarsan. (Lancet 1915. September 25.) 

Bei einem 24jährigen Pat., bei dem 5 Monate nach der syphilitischen Infektion 
"fast symptomlos beginnend eine Nephritis mit hohen Albumenmengen und großer 
Tendenz zu ausgedehnten Ödemen sich entwickelte, die jedoch das Gesamtbefindes 
auffallend wenig schädigte, wurde Salvarsan gegeben, nachdem eine lange fort- 
geführte Arsenbehandlung nicht angeschlagen hatte. Die Wassermannreaktiö1 

wurde negativ, der Eiweißgehalt des Harns ging bis auf Spuren zurück. 
l F. Reiche (Hamburg). 
22. Schneider (Wiesbaden). Nierentuberkulose bei Feldzugs- 
| soldaten. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 47.) 

Die Blasentuberkulose heilt nach Entfernung der tuberkulös veränderten 
Niere in den meisten Fällen von selbst aus. Will man spülen, so nehme man leicht: 
Sublimatlösungen (1 : 10 000 bis 1 : 5000), ohne die Blase selbst viel zu dehnen. 

Reckzeh (Berlin). 


v Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 537 


io, 2. Hügelmann (Hohenmölsen). Ein Fall von intermittierendem 

-~ lleus bei Wanderniere. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 33.) 

n- hndiesem Falle bildete nicht die Niere selbst die Ursache des Kompressions- 

„- ikus, sondern die in regelmäßigen Zeitintervallen auftretende Hydronephrose. 
Reckzeh (Berlin). 


EL ren Da 


.. 4 Fr. Jetel. Meine Therapie der Ischias. (Casopis lekaruv ceskych 
s 1915. Nr. 44 u. 45.) 
| Der Autor behandelt die idiopathische Ischias lokal, und zwar mit Applikation 
: ~ nes Medikaments auf den dem Verlauf des N. ischiadicus und seiner Äste ent- 
‚=. Spfechenden Hautbezirk. Das Medikament heißt Orbisan (orbis = Bezirk) und 
=+ ist eine Salbe, deren wirksamer Teil ein nicht näher bezeichnetes Derivat des 
>= Krotonöls in einer Menge von 2 bis 10%, darstellt, das »die wirksamen Substanzen 
nn des Krotonöls enthält, während die unwirksamen Substanzen und die Substanzen 
mit den bekannten unangenehmen Eigenschaften vollständig entfernt sind«. Das 
Orbisan wird in die (eventuell rasierte und) mit Benzin oder Äther-Alkohol ge- 
= Wäschene Haut längs der schmerzenden Partie des Nerven leicht und nicht länger 
als $ Minuten eingerieben, bis Reaktionserscheinungen auftreten: Rötung, Wärme, 
ıı Brennen oder Jucken. Verband. Achtung, daß die Salbe nicht auf Stellen gelangt, 
„Wo keine Schmerzen bestehen! Diese Orbisaneinreibungen werden täglich vor- 
yı- nommen, bis ein Exanthem auftritt, bestehend aus Papeln oder Bläschen, die 
„i ên die Follikel gebunden sind. Das Exanthem ist in der Regel wenig schmerzhaft. 
„z Nitseinem Erscheinen verschwinden die ischiadischen Schmerzen vollständig und 
dauernd; hierauf wird das Exanthem behandelt, wobei eine zweite, ebenfalls vom 
Autor angegebene Salbe, das Auroresin, eine Kombination von Extractum hyos- 
y~ Yami und Belladonna eine wichtige Rolle spielt. Zuerst kommt immer ein heißes 
Ban Papulöse Exanthem heilt sodann gewöhnlich ohne jede weitere Behand- 
= a = unter der allgemein üblichen; die Blasen werden aufgemacht und mit 
es be bedeckt; willigt der Pat. zum Aufmachen der Pusteln nicht ein, wird 
gegen sin appläziert. Dieses wirkt vorzüglich auch gegen Scoliosis ischiadica und 
in Fe ar Krämpfe. — Außer diesem typischen Verlauf kommen manchmal 
Re = Verläufe vor. Zu diesen gehören jene Fälle, in denen auch nach dem 
a = des Orbisanexanthems die Schmerzen fortdauern; da verordnet der 
ie Nee Bäder, die, früher unwirksam, nunmehr gut wirken. Bleiben trotzdem 
auch era bestehen, wird Auroresin auf das Exanthem appliziert, und wenn 
wie H h 1 noch kein Erfolg auftritt, wird nach Abheilung des Exanthems die Kur 
di F t. Dieser Behandlung hat noch kein Fall von Ischias getrotzt. = Bleibt 
mit a im Bereiche eines Nervenastes bestehen, wird diese Partie wiederum 
verwendet: behandelt; im Falle ungenügenden Erfolges werden der Reihe nach 
resin ahi mechanische Eingriffe (Acupunctor, Dermocurette, Abrasor), Auro- 
scheinbar eißem Bad, Emplastrum cantharidum. — Rezidive kommen nicht vor; 
holung = Rezidive sind ein Zeichen einer unvollkommenen Kur. Eine Wieder- 
abnorme u beseitigt sie sicher. — Bei konstitutionellen Erkrankungen kommen 
Gicht or Asa des Exanthems vor: bei Diabetes hämorrhagische Pusteln, bei 
Schä He der Pusteln in Gewebsnekrose, bei Lues größere Gewebsnekrosen. 
Manchmal re des Allgemeinbefindens kommen nach Orbisan nicht vor. 
Starker Er Chwellen die regionären Lymphdrüsen an, die selten vereitern. Bei 
uption des Exanthems entsteht eine Dermatitis. 


TI. 


538 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


Die Erfolge der Kur sind glänzend. Der Autor versandte Fragebogen an 
1613 Pat., von denen 937 antworteten. Es waren vollkommen geheilt 73°., 
nahezu vollkommen geheilt 6!/,%,, wesentlich gebessert 14°, und ungeheilt 6!',°,. 
Die Mißerfolge erklärt der Autor dadurch, daß die unvollkommen Geheilten di: 
Kur vorzeitig unterbrachen und unter den Ungeheilten mindestens einige Fällt 
von symptomatischer Ischias vorhanden gewesen sein dürften. (Anmerkung des 
Ref.: Ich vermisse eine Angabe darüber, ob der Autor sein Mittel auch bei anderen 
Neuralgien angewendet hat oder ob dasselbe spezifisch für Ischias ist.) 

G. Mühlstein (Prag). 


25. H. C. Geuken. Radiographische Prüfung eines Tabetikers im 
präataktischen Stadium. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. I. 

S. 422—24.) 

Einige Aufnahmen beider Knie- und Fußgelenke einer 88 kg schweren, 42jäh- 
rigen Pat. mit beiderseitiger Knochen- und Gelenkaffektion, mit nur mäßig!r 
Funktionsstörung der affizierten Gelenke. Das rechte Knie des noch gar nich: 
ataktischen Pat. bietet deutliche Überstreckung dar. Die primäre Abweichur; 
des Knochenbaues spricht zugunsten des neurotischen Ursprungs der Knochen- 
erkrankung. Zeehuisen (Utrecht). 


26. Ernst Weber. Die Behandlung der Folgezustände von Ge- 
hirnerschütterung. (Med. Klinik 1915. Nr. 17. S. 474.) 

Des Verf.s Untersuchungsmethode besteht in der Registrierung der Ver- 
änderungen der Blutverteilung im Körper, die bei gewissen äußeren Einwirkungen 
auf das Gehirn bei Gesunden in ganz bestimmter Weise eintreten müssen. Bei 
Kranken benutzt er der Einfachheit halber nur die Registrierung der Gefäßweit: 
an der Hand oder am Vorderarm, und es hat sich herausgestellt, daß am besten, 
ja ausschließlich als äußerer Reiz bei den hier behandelten Fällen die kurzdauerndt 
Ausführung einer völlig lokalisierten Muskelarbeit (Dorsalflexion des in bestimmter 
Lage gehaltenen Fußes) angewendet wird. Das Instrumentarium besteht aus dem 
verbesserten Armplethysmograph von Mosso-Lehmann, einem Kymographir, 
einem Registrierapparat für Atmungsgröße und zwei Marey’schen Registrier- 
kapseln. Nach seinen langjährigen Feststellungen treten bei nicht ermüdeten 
Personen die auf einzelne äußere Reize zu erwartenden vasomotorischen Ver- 
änderungen nur bei bestimmten Krankheiten nicht in richtiger oder gar in völlig 
umgekehrter Weise ein. Noch monatelang nach dem Erleiden einer Gehirn- 
erschütterung trat die Änderung der Blutverteilung im Körper bei Muskelarbeit 
in umgekehrter Weise ein, anstatt einer verstärkten Blutzufuhr zu sämtlichen 
äußeren muskulären Teilen. Während der Ausführung einer lokalisierten Muskel- 
arbeit trat eine Verminderung ein, wodurch ein Zustand geschaffen wurde, der 
dem bei völliger Erschöpfung gleicht. Es gelang nun dem Verf., zu beweisen. 
daß bei Kranken, die an den Folgen einer Gehirnerschütterung leiden, die Gefäb- 
reaktion ebenfalls umgekehrt ist, und daß die Ursache des Kopfschmerzes und 
Schwindels nach Gehirnerschütterung wirklich in einer Störung der Innervation 
der Hirngefäße liegt. Er sucht nun die Störungen der Gefäßinnervation, die er 
als Ursache der Beschwerden selbst erkannte, therapeutisch zu beeinflussen. Ein: 
erstaunlich gute Wirkung erzielte er dabei mit der Anwendung von Wechsel- 
duschen, die er in der Weise gab, daß etwa 6—7 Minuten lang abwechselnd, jè 
eine halbe Minute lang, heiße und kalte Dusche (14°C und 45° C mit Übergängen) 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 539 


gegeben wurde, wobei die kalte eher etwas an Dauer die heiße übertreffen und in 
jedem Falle den Abschluß bilden muß. Durch die konsequente Anwendung 
dieser Behandlungsmethode schwanden die Beschwerden der Kranken mit Ge- 
hirnerschütterung nicht nur auffallend rasch, sondern der erzielte Erfolg zeigte- 
sich auch in einem Normalwerden der früher umgekehrten Gefäßreaktion. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


27. Ludwig Mann. Über Granatexplosionsstörungen. (Med. Klinik 

1915. Nr. 35. S. 963.) 

Verf. bringt eine Zusammenstellung von 23 Fällen, bei denen nervöse Stö- 
rungen unmittelbar nach Granatexplosion, ohne daß es zu körperlichen Ver- 
letzungen kam, eintraten. Am häufigsten waren Lähmungszustände, darunter 
Iimal Lähmungen der Sprache, 2mal mit Taubheit, bei 3 Fällen körperliche 
Lähmungszustände. In den Fällen von Lähmungen der Sprache und des Gehörs 
ist durchweg die Erschütterung, Detonation und der Luftdruck als ursächliches 
Moment für etwaige körperliche Störungen auszuschalten. Die Sprachstörungen 
waren alle rein psychisch entstanden. Zwei Fälle betrafen Lähmungszustände 
der Gliedmaßen, ein dritter Fall zeigte eine mehr tikartige Erkrankung. Psy- 
chische Erkrankungen wurden sechs beobachtet. Es handelte sich bei ihnen 
um Därmmer-, Verwirrungs- und Angstzustände mit großer motorischer Un- 
ruhe usw. Rein neurasthenische Störungen sah Verf. nur in einem Falle. Sie 
äußerten sich in hochgradiger Ermüdbarkeit, Reizbarkeit, Zittern, Kopfdruck 
und vasomotorischen Reizerscheinungen. Ein Fall leidet seit der Erschütterung 
an typischen Crampuszuständen am ganzen linken Bein. Was die Entstehung 
dieser Krankheitsbilder betrifft, so wurden diese zweifellos begünstigt durch den 
Zustand der Erschöpfung, da Pat. bereits monatelang im Felde gewesen waren 
und große Entbehrungen bei körperlicher und psychischer Höchstleistung hinter 
sich hatten. Zur Erklärung des psychologischen Mechanismus kann man entweder 
nach Bonhoeffer eine Fixierung der Symptome annehmen, die bei der plötz- 
lichen Schreckwirkung in Erscheinung treten. Nach Verf. ist aber auch die Er- 
klärung möglich, daß beim Zusammentreffen besonderer Umstände der Erschöp- 
fung, Überraschung, Schreck, akustische Reize, ein so starker zentripetaler Reiz 
so plötzlich ins Hirn gelangt, daß die Sperrvorrichtung versagt und der Reiz 
subkortikal auf die motorische Bahn überspringt. Die Kranken erholen sich oft 
auffallend rasch. Ruppert (Bad Salzuflen). 


28. M. Nonne. Soll man wieder „traumatische Neurose“ bei 

Kriegsverletzten diagnostizieren? (Med. Klinik 1915. Nr.31. S. 849.) 

Es ist auffallend, wie verhältnismäßig selten bei unseren Soldaten nach 
schweren Körperverletzungen Symptome von Neurose auftreten. Die Neurosen, 
die wir sehen, stellen sich am häufigsten als lokale Hysterie, als allgemeine Hysterie, 
als Neurasthenie, als Erschöpfungsneurose und als Kombination dieser Neurosen 
dar. Die im Krieg erworbene Hysterie ist auffallend häufig mit vasomotorischen 
Erscheinungen verbunden. Das aus hysterischen, neurasthenischen und hypo- 
chondrischen Symptomen kombinierte, mit vasomotorischen Anomalien ver- 
bundene Krankheitsbild mit dem Namen »traumatische Neurose« zu bezeichnen, 
ist objektiv nicht begründet, denn dasselbe Bild kommt auch ohne Trauma vor. 
Die häufigste Ursache der Neurosen nach Trauma im Kriege sind Granatexplo- 
sionen. Der psychische Shock und die Luftdruckwirkung sind die Ursache der 


540 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


nervösen Störungen, das erste Moment ist von größerer ursächlicher Bedeutung 
als das zweite. Die Möglichkeit, durch geeignete suggestive Therapie in vielen 
Fällen plötzliche Heilung und auch bei schweren und ganz schweren Komplexen zu 
erreichen, spricht gegen die Annahme, daß es sich bei diesen Fällen um anatomische 
Veränderungen irgendwelcher Art im Zentralnervensystem handelt. Bei der 
akuten Entstehung des Krankheitsbildes spielen irgendwelche Begehrungsvor- 
stellungen keine Rolle. Bei der Fixierung bzw. Überführung desselben zur Un- 
beeinflußbarkeit durch ärztliche Therapie spielen Begehrungsvorstellungen ein: 
Rolle, und zwar in der durch den Krieg bedingten Modifikation. Die Prognose 
der Neurose ist nicht nur bei nicht belasteten und konstitutionell vorher gesunden 
Pat. gut, wenn bei Fehlen von Begehrungsvorstellungen energisch suggestiv vor- 
gegangen wird; die Hypnose erzielt auffallend häufig Heilung. Die Prognose ist 
auch dann gut, wenn die durch den Krieg bedingten Begehrungsvorstellungen be- 
seitigt sind, das heißt nach Entlassung aus dem Frontdienst oder nach Beendigung 
des Krieges. Ruppert (Bad Salzuflen). 


29. Fritz Mohr. Zur Entstehung, Vorhersage und Behandlung 
nervöser und depressiver Zustandsbilder bei Kriegsteil- 
nehmern. (Med. Klinik 1915. Nr. 22. S. 607.) 

Verf. verlangt für die Behandlung nervöser und depressiver Zustandsbilde: 
bei Kriegsteilnehmern zuerst durch möglichst exakte Untersuchung das Bestehen 
einer in der Peripherie oder im Körperinnern gelegenen Erkrankung auszuschlieben 
und solche Kranke dann einer konsequenten systematischen Psychotherapie, für 
die schwereren Fälle in eigens dazu bestimmten Krankenanstalten oder Erholungs- 
heimen, die unter sachverständiger Leitung stehen müßten, zuzuführen. D: 
von ihm geforderte Höchstzahl von 20 bis 30 Pat. pro Tag für den behandelnden 
Arzt erscheint dem Ref. noch immer zu hoch, weil mit der großen Belastung mi 
Schreibwerk bei allen mit der Militärbehörde in Verbindung stehenden Anstalten 
zu rechnen ist. Ruppert (Bad Salzuflen). 


30. K. Bonhoeffer. Die Differentialdiagnose der Hysterie und 
psychopathischen Konstitution gegenüber der Hebephrenie 
im Felde. (Med. Klinik 1915. Nr. 32. S. 877.) 

Bei Fällen, in denen zu Anfang noch keine groben hebephrenischen Wahr- 
bildungen, keine ausgesprochene schizophrene Zerfahrenheit und keine groben 
katatonischen Symptome vorlagen, werden ernsthafte Schwierigkeiten sich er- 
geben können. Bei allen diesen Fällen ist der springende Punkt der Differential- 
diagnose im Verhalten der Affektreaktion und der damit im engsten Zusammen- 
hange stehenden geistigen Aktivität gelegen. Diese Beurteilung erfordert aber 
eine oft immerhin Tage, mitunter auch Wochen dauernde Beobachtungszeit. E: 
wäre deshalb für die im Felde wünschenswerte schnelle Sicherung der Diagnos: 
wichtig, objektive Maßstäbe für das Verhalten der Affektivität zu haben. Der- 
artige Methoden gibt es. Vor allem kommt in Betracht die Messung des die 
psychische Bewegung begleitenden Pupillarspiels (Bu mke) und die plethysm:- 
graphischen Schwankungen bei zentripetalen und psychischen Reizen. Leider 
versagen aber die Methoden oder sind jedenfalls ganz unsicher gerade in der für 
uns wichtigen Zeit der beginnenden Erkrankung. Unsicher in den Ergebnissen 
sind auch die Methoden, die sich auf das Blutbild der Dementia praecox beziehen. 
Wir bleiben also vorläufig auf die Beurteilung des psychischen Bildes angewiesen, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 541 


und es wird für den Arzt im Felde immer eine Anzahl von Fällen übrig bleiben, 
in denen er zu keinem definitiven diagnostischen Ergebnis kommt. _ 
Ruppert (Bad Salzüflen). 


31. + Otto Dornblüth. Gesunde Nerven in Frieden und Krieg. 
Fünfte, völlig neu bearbeitete Auflage. Würzburg, Kurt Kabitzsch. 

Verf. geht von der Ansicht aus, daß eine Vorbeugung und Behandlung der 
funktionellen Nervenschwäche nur dann wirklich Erfolg haben kann, wenn den 
Laien Gelegenheit gegeben wird, das Leiden kennen und sein Wesen verstehen 
zu lernen. Er gibt dazu Gelegenheit in seiner 144 Seiten umfassenden, sehr klar 
und allgemein verständlich geschriebenen Broschüre, die zwar inhaltlich kaum 
etwas Neues aufweist, doch dafür den Stoff in solcher Form bringt, daß Neurasthe- 
niker das Buch nach Beendigung der Lektüre wohl mit Beruhigung und Befrie- 
digung aus der Hand legen werden. Daß sich das Buch schon Freunde erworben 
hat, dafür spricht die Auflagezahl. 

Die fünfte Auflage bringt in einem Schlußkapitel — der Zeit Rechnung 
tragend — eine Behandlung der Frage »Krieg und Neurosen«. Leider steht dieses 
Schlußkapitel meines Erachtens nicht auf der Höhe der vorhergehenden, und ich 
möchte vorschlagen, in der nächsten Auflage die Kriegsneurosen — soweit nötig — 
mit in den vorhergehenden Kapiteln unterzubringen. Ein selbständiges Kapitel 
in einem für Laien bestimmten Buche über dieses Thema zu schreiben, erscheint 
mir jetzt, wo alles noch im Fluß und noch nicht zu übersehen ist, nicht unbe- 
denklich. R. Jaeger (Halle a.S.). 


32. Marburg. Zur Frage der Beurteilung traumatischer Neurosen 
im Kriege. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 10.) 

Die hysterischen, hypochondrischen und neurasthenischen Erscheinungen, 
die allerdings häufiger ohne Kommotion auftreten, sind vielleicht am besten als 
Psychogenien zusammenzufassen, um den vielsagenden und unbestimmten Be- 
griff der Hysterie zu vermeiden. Charakteristisch für diese Amaurosen, Mutismen, 
Astasien, Abasien, Tremores usw. ist die relativ leichte suggestive Beeinflußbar- 
keit undihre dementsprechend rasche Heilung. Bei der Beurteilung der Neurosen 
gelegentlich der Versorgung haben wir in der Trennung in Kommotionsneurosen 
mit schlechterer Prognose und Psychogenien mit relativ guter Prognose einen 
wesentlichen Anhaltspunkt. Seifert (Würzburg). 


33. + H. Oppenheim. Die Neurosen infolge von Kriegsverletzungen. 

Mit 20 Abbild. im Text. Preis Mk. 10,—. Berlin, S. Karger, 1916. 

Die klinische Studie O.’s, welche seine früheren Vorträge und Veröffent- 
lichungen über den gleichen Gegenstand zusammenfaßt und ergänzt, kommt 
recht gelegen. Denn gerade die hier besprochenen Krankheitsbilder sind für viele 
Lazarettärzte eine wahre Crux, nicht bloß hinsichtlich der Behandlung, sondern 
auch hinsichtlich der Beurteilung. 

O. führt an der Hand einer großen Anzahl sorgfältig beobachteter Krankheits- 
fälle die Trennung der traumatischen Hysterie, Neurasthenie und Hystero- 
Neurasthenie von der eigentlichen traumatischen Neurose mit großer Geschick- 
lichkeit durch. Die Merkmale der letztgenannten Form, bei deren Entstehung 
neben den psychischen Faktoren die mechanische Erschütterung des Nerven- 
systems eine Rolle spielt, sind eigenartige Formen von Lähmungen und Krämpfen, 


542 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 
welche sich in kein bisher bekanntes System fügen wollen. Insbesondere die Läh- 
mungen, welche den arthrogenen Atrophien verhältnismäßig am nächsten stehen, 
werden eingehend besprochen und als »Reflexlähmungen« von den übrigen Formen 
der Lähmung getrennt. Das hat seine Berechtigung, denn jeder erfahrene Lazarett- 
arzt hat heute wohl schon eine Anzahl derartiger Lähmungen gesehen, welche ihm 
Kopfzerbrechen gemacht haben bei der Differenzdiagnose: arthrogene Atrophie 
oder aufsteigende Neuritis oder psychische Lähmung. Sie hat von allen einige 
Züge und steht in der Mitte. 

Zum Schluß werden noch die Fälle von Kombination organischer Störung 
mit Neurosen und die Frage der Simulation behandelt. 

Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


34. M. Nonne. Zur therapeutischen Verwendung der Hypnose 
bei Fällen von Kriegshysterie. (Med. Klinik 1915. Nr.51 u.52.) 
Verf. bezieht in die Bezeichnung Hysterie jene mannigfaltigen motorischen 
Lähmungs- und Reizerscheinungen und sensiblen Lähmungserscheinungen ein, 
mit und ohne Störung des Allgemeinbefindens, der Stimmungslage, der Vaso- 
motoren, insoweit die Symptome selbst oder ihr Ablauf an der Richtigkeit der An- 
nahme, daß es sich um eine funktionelle Erkrankung handelt, keinen Zweifel zu- 
läßt. Während in seinen 63 Fällen von Kriegshysterie nur einmal eine Schnell- 
heilung spontan und nur 5mal eine solche durch Wachsuggestion eintrat, erfolgte 
in allen anderen (28) Fällen die Schnellheilung durch hypnotische Suggestion. In 
allen diesen Fällen war die Hypnose eine tiefe. In den 23 Fällen von allmählicher 
Heilung war die Hypnose ebenfalls eine tiefe. Tiefe Hypnose ist keine absolute 
Gewähr für Eintreten der Heilung, beziehungsweise Annahme der Suggestion. In 
den gegen Hypnose refraktären Fällen kann die Heilung ganz ausbleiben, sie kann 
aber auch durch Wachsuggestion zustande kommen. Die häufigsten Ursachen der 
Entstehung der hysterischen Symptomenkomplexe waren Granatkatastrophen 
(21mal), Strapazen aller Art, protrahierte Angst. Neuropathische Belastung und 
nervöse Antezedentien im Vorleben bei Kriegern mit hysterosomatischen Krank- 
heitserscheinungen sind keineswegs Vorbedingung zur Auslösung von hysterischen 
Erscheinungen nach Kriegsschäden, sondern im Gegenteil überwiegen unter 
solchen Kranken die unverdächtigen Fälle bei weitem. Das heißt Fälle, bei denen 
neuropathische Züge oder eine neuropathische Belastung nicht nachzuweisen 


waren. Man kann sagen, daß die Hypnotisierbarkeit eine normale Funktion des 


Menschen mit normalem Nervensystem ist. Unterschiede in der Hypnotisier- 
barkeit in Rücksicht auf die verschiedenen Teile des Deutschen Reiches lassen 
sich nicht feststellen. Auch Städter und Landbewohner unterscheiden sich nicht. 
Die hysterischen Stigmata verhielten sich wie folgt: In Fällen von motorischer 


u. _. 
. > 


Lähmung war eine Störung der Sensibilität ausnahmslos vorhanden. Die Be- 


grenzung der Sensibilitätsstörung entsprach fast immer der funktionellen Einheit. 
Fast immer verschwand die Sensibilitätsstörung nach Heilung der motorischen 
Lähmung spontan, das heißt ohne in Hypnose oder außerhalb der Hypnose ge- 
gebene Suggestion. Das Verhalten des Gesichtsfeldes ist verschieden. Auffallend 
häufig waren hochgradige vasomotorische Störungen. Das waren fast durchweg 
Fälle von Monoplegie, Hemiplegie, Paraplegie, und lokalen Gelenkkontrakturen. 

Verf. zieht aus seinen Erfahrungen den Schluß, daß die Behandlung der 
Krankheitsbilder der Kriegshysterie mit Suggestion in Hypnose zweckmäßig und 
empfehlenswert ist. Erstens, sie ermöglicht eben durch die Demonstration der 
sofortigen Heilung beziehungsweise Schnellheilung für einzelne Fälle die Dif- 


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Her -. ti: Kis a FER ire g WE 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 543 


ferentialdiagnose. Zweitens, die Rente wird ganz anders ausfallen, wenn die 
Suggestion in Hypnose die Möglichkeit der schnellen Rückkehr der Funktionen 
beziehungsweise der schnellen Beseitigung funktioneller Störungen vor Augen führt. 
Die Behandlung der Kriegshysterie mit Hypnose ist als eine geradezu spezifische 
Behandlung zu bezeichnen. Der intensive Wunsch, in Hypnose zu verfallen, ist 
oft ebenso ein wirksames Gegenmittel gegen das Beeinflußtwerden wie die Angst 
davor. Fast ausnahmslos fallen gerade diejenigen Pat. in Hypnose, beziehungs- 
weise in tiefe Hypnose, die völlig unvorbereitet und unbefangen zum Arzt kommen. 
Die Hauptsache, vielleicht das einzig wirklich Wesentliche scheint zu sein, daß 
der Kranke das Gefühl der Überlegenheit des Arztes hat. 
| Ruppert (Bad Salzuflen). 


35. Horn (Bonn). Zur Begutachtung nervöser Unfallfolgen. (Mün- 

chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 

Die erste Rentenfestsetzung bei Arbeitern mit Unfallneurose soll sich in 
näßiger Höhe halten (etwa 30 bis 60%, ige Teilrenten, nur in Ausnahmefällen 
vollrente). Wiederaufnahme einer regelmäßigen Betätigung ist das beste Mittel 
‚ur Bekämpfung nervöser Unfallneurosen und vor allem hypochondrischer Vor- 
tellungen. Übertragung des Abfindungsverfahrens unterschiedslos auf alle Fälle 
st bei den gewerblichen Arbeitern noch verfrüht. Nach den bisherigen Erfah- 
ungen ist aber Erhöhung der Abfindungsgrenze von 20%, auf mindestens 331/3% 
ter Vollrente unbedenklich und im sozialen Interesse geboten. 

Reckzeh (Berlin). 


6. Jolly (Halle a. S.) Über die Dienstfähigkeit und Rentenfrage 
bei nervenkranken Soldaten. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 50.) 

Um zu vermeiden, daß nicht ein großer Teil derjenigen, die wegen nervöser 
krankungen auf Versorgung Anspruch machen können, zu unzufriedenen 
wntenempfängern wird, wäre das beste Mittel die Einführung der einmaligen 
apitalabfindung. Die Kapitalabfindung würde sich am besten eignen für die 
inktionellen Zwangshaltungen und Lähmungen und die meisten übrigen hysteri- 
'hen Erkrankungen, für die Neurasthenien und ferner auch für manche Fälle 
:ripherer organischer Lähmung, hier jedoch nicht aus therapeutischen Gründen. 

Reckzeh (Berlin). 


7. G. C. Bolten. Die Erklärung der Erscheinungen bei Epilepsie. 
(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft. 1 u. 2. 1914.) 
Genuine und zerebrale Epilepsie lassen sich meist aus ihren Erscheinungen 
neinander nicht unterscheiden. Genuine Epilepsie beruht auf einer Autointoxi- 
tion infolge Hypofunktion der Schilddrüse und der Epithelkörperchen, wodurch 
e Fermentabscheidung im Tractus intestinalis und deren intermediären Stoff- 
schsels vermindert und so die Nahrungsabbau- und Stoffwechselprodukte zu- 
:nig entgiftet werden. Auch die zerebrale Epilepsie beruht auf einer Toxin- 
kung; die Toxine entstammen der Gehirnrinde, in welcher infolge gestörter 
rkulation venöse Stauung auftritt, mit Anhäufung der Stoffwechselprodukte 
t dem gestauten Gebiet. Alle Erkrankungen der Meningen, Hirnrinde oder 
eier gelegenen Teile, welche ausgedehnte Zirkulationsstörungen in der Hirnrinde 
tursachen, können zerebrale Epilepsie hervorrufen. Gerade die Hirnrinde besitzt 


544 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 29. 


für viele Gifte große Affinität. Der epileptische Anfall stellt eine Abwehrmaßregel 
des Körpers dar, sich der angehäuften Gifte zu entledigen. Das Blut sondert die 
Toxine durch Niere, Haut und Lungen ab und kann dann wieder neue Gifte aus 
der Hirnrinde aufnehmen. Die Behandlung bei genuiner Epilepsie besteht in 
rektaler Eingabe von Preßsaft aus Schilddrüse und Epithelkörperchen, die der 
zerebralen Epilepsie in einer eventuellen »Ventil«-Trepanation oder nach Tou- 
louse-Richet. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


38. Rascher (Fischen). Atropin bei ScAmpsid infantum. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 1.) 


Anregung, an einem größeren Material die Anwendung von Atropin be: 
Kindereklampsie auf seine Brauchbarkeit nachzuprüfen. 


Reckzeh (Berlin). 


39. A. Schoondermark. Luminalbehandlung der Epilepsie. (Neder. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2482—92.) 

Vergleichendes Studium der Wirkung des Broms und des Luminals — erstere: 
mit Kochsalzarmut — bei 27 Fällen; von letzteren waren 12 genuinen, 6 mit 
Sicherheit organischen Charakters. Das Luminal vermochte das Brom länger: 
Zeit zu ersetzen; in einigen Fällen, vor allem bei sog. »Petit mal« war dasselbe 
sogar wirksamer, beeinflußte das Allgemeinbefinden in günstigem Sinne. Di: 
Nebenwirkungen waren bei Verabfolgung geringer Dosen — 250 bis 300 mg täglich 
in Pulverform — nicht störend, es trat gelegentlich eine Gewöhnung an das Mitte! 
ein, so daß die Menge desselben etwas erhöht werden mußte. Nach Aussetzuns 
der Luminalkur traten ebenso wie bei der Brombehandlung die Anfälle in frühere: 
Heftigkeit wieder auf. In den organischen Fällen war die Wirkung um so geringer— 
ebenso wie beim Brom — je sicherer die organische Natur des Leidens festgestel.: 
werden konnte. Zeehuisen (Utrecht). 


40. Tsiminakis. Die Carotidenkompression bei Epilepsie und 
Hysterie. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 44.) 

- Die durch Carotidenkompression hervorgerufenen epileptischen Anfälle hab: 
nicht die Dauer und die Intensität der spontan bei demselben Pat. auftretenden. 
auch die postepileptische Bewußtseinstrübung ist gewöhnlich nicht von so langer 
Dauer, wie bei den spontan auftretenden, sie ist aber so charakteristisch, daß ihr: 
diagnostische Bedeutung nicht zu verkennen ist. Bei den 42 hysterischen Fraue: 
trat ohne Ausnahme durch die Carotidenkompression der hysterische Anfall oder 
das Äquivalent ein, genau so wie bei den spontan auftretenden, d.h. charak- 
teristischen Anfällen mit der charakteristischen Allgemeinermüdung und dtz 
übrigen Erscheinungen nach dem Anfall. 

Die Resultate dieser Versuche tragen bei zur Diagnostik der Epilepsie und 
der Hysterie. Seifert (Würzburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 

Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 30. Sonnabend, den 29. Juli | 1916. 


Inhalt. 


M. Papendieek, Die serologische Diagnose des Typhus abdominalis mit Hilfe des Ultramikro- 
skops. 

Referate: 1. Römer, Hämatologie als Hilfsmittel zur Diagnostik tropischer Krankheiten. — 
2. Keith, Rowntree und Geraghty, 3. Hake, 4. Klinger, Blutuntersuchungen. — 5. Fonio, 
6. Taylor, 7. Evans, 8. Levy, Rowntree und Marriott, 9. Smith und Brown, 10. Miescher, 
11. Hill, Vergleichende Blutplättchenuntersuchungen. 





Die serologische Diagnose des Typhus abdominalis 
| mit Hilfe des Ultramikroskops'. 


Von 


Rudolf Max Papendieck in Halle a. S., 


z. Z. Stabsarzt am Reservelazarett Schönebeck a.E. 


M. H.! Nach Einführung der Typhusschutzimpfung bei unseren 
Truppen versagten die Laboratoriumsuntersuchungsmethoden, die 
sonst zur Stützung der klinischen Diagnose herangezogen wurden, 
mit Ausnahme des Bazillennachweises. Da bei Schutzgeimpften 
Agglutinationen bis zur Verdünnung 1 :800 auftraten, mußte man 
die Gruber-Widal’sche Methode vollkommen aus der Reihe der 
diagnostischen Hilfsmittel streichen?. Ebenso wurde positive Diazo- 
reaktion bei Typhusschutzgeimpften, die nicht an Typhus litten, fest- 
gestellt. Es blieben somit als Laboratoriumsuntersuchungsmethoden 
nur noch der Nachweis von Typhusbazillen im Urin und Stuhl und 
nach Anreicherung mit Rindergalle im Blut. 


1 Nach einem in der Magdeburger Medizinischen Gesellschaft am 28. Oktober 1915 ge- 
haltenen Vortrage. 

2 H. Königsfeld, Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 4. — A. Wolff-Eisner, 
Ibid. Nr. 7. — Stursberg und Klose, Ibid. Nr. 11. — W.Löwenfeld, Ibid. Nr. 13. — 
Hohlweg und H. Lipp, lbid. Nr. 16. — Felke, Ibid. Nr. 17. — Stuber, Ibid. Nr. 35. — 
E. Reiss, Ibid. Nr. 38 — P. Ziersch, Ibid. Nr. 39. — Seiffert, Ibid. Nr. 51. — L. Dün- 
ner, Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 26. l 


30 


546 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 


Bei dem Studium von Abwehrfermenten im Sinne Abderhalden’s 
war ich bereits im Frühjahr 1914 zur Anwendung des Ultramikroskops 
gekommen und konnte auf dem 31. Kongreß für innere Medizin Dia- 
positive vorführen, die eine streng spezifische Einstellung der Fermente 
des Serums auf körperfremde oder zerfallende Eiweißstoffe im mensch- 
lichen Organismus zur Anschauung bringen?. 


Ich kämpfte damals hauptsächlich mit der Schwierigkeit der 
Isolierung von Eiweiß einzelner Zellarten, doch war es mir gelungen, 
meine Methode sowohl zur Diagnose der Schwangerschaft wie zur 
Diagnose von Hirnrindenerkrankungen und Syphilis zu benutzen. 


Die Methode selbst ist denkbar einfach und ermöglicht eine 
objektive Ablesung unter Vermeidung aller Fehlerquellen: Das Blut 
wird am Morgen dem nüchternen Menschen aus einer Armvene 
entnommen. 10 ccm, in einem sterilen Gläschen aufgefangen, genügen 
zur Anstellung des Versuches. Ich verwende jetzt für diesen Zweck 
die für Kotuntersuchungen in Blechkapseln und Holzgehäuse ge- 
bräuchlichen Glasröhrchen. Zur Blutentnahme empfiehlt es sich. 
Blutentnahmenadeln mit Griffläche zu benutzen, die neuerdings 
zweckmäßigerweise versilbert geliefert werden. Das Röhrchen mit 
dem entnommenen Blut stelle ich im Holzgehäuse in einem Winkel 
von ungefähr 45 Grad auf die Fensterbank, drehe es nach 3 Stunden 
um 180 Grad und fülle nach abermals 3 Stunden 2 ccm blutfarbstuff- 
freies Serum in ein kleineres Röhrchen ab, wie es wohl zum Versand 
von Blutproben zur Anstellung der Wassermann’schen Reaktion 
verwandt wird. Dieses Röhrchen bleibt senkrecht bei Zimmertem- 
peratur ungefähr 3 Stunden stehen, und dann fülle ich die oberste 
Schicht des durchweg klaren Serums in ein drittes Röhrchen. Auf 
diese Weise kann auch Serum zum Versand gewonnen werden. Ich 
habe gefunden, daß die Gefahr der Hämolyse beim ruhigen Abstehen 
geringer ist als beim Zentrifugieren. 

Die Herstellung von isoliertem Bazilleneiweiß ist sehr einfach, 
da das über eine Agarkultur gespülte destillierte Wasser genügend 
Bakterien mitnimmt, die nach Koagulation durch Erwärmen ab- 
getötet werden. Ein Zusatz von 0,5 Phenol : 100 beeinträchtigt den 
Versuch nicht. Die bakteriologische Untersuchung und Bestätigung 
in jedem Typhusfalle verdanke ich Herrn Oberstabsarzt Dr. Aron- 
sohn, Magdeburg. 

Die Kulturen entstammen zum Teil dem Serumwerk von Ruete 
& Enoch, Hamburg, zum Teil eigener Züchtung. 

Der Versuch selbst besteht darin, daß ich das zu untersuchende 
Serum mit kleinsten Partikelchen von Zelleiweiß, in diesem Falle 
mit Typhusbazilleneiweiß, unter dem Deckglas zusammenbringe. Es 


3 E. Abderhalden, Abwehrfermente, 4. Aufl. S. 359. — R. M. Papendieck, in den 
Verhandlungen des XXXI. Kongresses für innere Medizin S. 489. 


— ww u 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 547 


genügt eine Platinöse einer wäßrigen Zelleiweißaufschwemmung und 
eine Platinöse des zu untersuchenden Serums. Dann wird der Rand 
des Deckglases gut umwachst, und das ultramikroskopische Präparat 
ist fertig. 

Ich arbeite mit einem Zeiss-Mikroskop mit Paraboloidkondensor 
und einem 3 mm Apochromaten mit Ölimmersion als Objektiv, dem 
sog. Objektiv X. 

Die nun folgende Beobachtung Kann auf zwei Arten geschehen: 


1) Man nimmt von dem genau mit Nonius 1, 2 und 3 eingestellten 
Gesichtsfeld eine Skizze und beobachtet in Pausen, in denen das 
Präparat im Brutschrank bei 37°C aufbewahrt wird. 

2) Man macht photographische Aufnahmen von dem mit Hilfe 
der Nonii 1, 2 und 3 genau eingestellten Gesichtsfeld in Zwischen- 
räumen von 24 Stunden. In dieser Zeit bringt man die Präparate 
in einen Brutschrank von 37°C. 

Die letzte Methode hat sich als die sicherste bewährt und ist von 
mir in der letzten Zeit ausschließlich geübt worden. Die Belichtungs- 
dauer schwankte je nach dem Brechungsvermögen des Objektes 
zwischen 1/, und 2/, Sekunden. 

Aus einer großen Anzahl von Versuchen, die, wie ich hervorheben 
will, zum Teil von meinem Laboratoriumsgehilfen, Herrn stud. chem. 
Reissmann, z. Z. Militärkrankenwärter-Gefreiter am Reservelazarett 
Schönebeck a. Elbe gemacht worden sind, ohne daß ihm die erwarteten 
Ergebnisse bekannt waren, führe ich die folgenden im Bilde vor. 





Fig. 1. 


I. Versuch Schnei. II. 
23. VII. 1915. 24. VII. 1915. 


Fig. 1. Ultramikrophotogramm vom Serum Schnei. und Typhusbazilleneiweiß. 
Schnei. ist weder gegen Typhus schutzgeimpft noch hat er Typhus überstanden. 
| Rechts: vor der Bebrütung, links: nach 24stündiger Bebrütung. 


30* 


548 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 





Fig. 2. 


I. Versuch Wa. lI. 
30. VII. 1915. 31. VII. 1915. 


Fig.2. Ultramikrophotogramm vom Serum Wa. und Typhusbazilleneiweiß, 
dem von Schnei. ähnlich. Wa. ist 3mal, zum letzten Male im Februar 1915, in der 
für Militärpersonen vorgeschriebenen Weise gegen Typhus schutzgeimpft worden. 
Das Photogramm ist im August 1915 gemacht worden. 


Das gleiche Ergebnis wie bei I und 2 erhielt ich auch bei sämt- 
lichen Versuchen, die ich mit dem Serum von Menschen anstellte, 
die keinen Typhus überstanden hatten, auch wenn sie gegen 
Typhus schutzgeimpft waren. 

Anders ist das Ergebnis der folgenden Versuche, die ich aus der 
Gesamtmenge der angefertigten Photogramme ausgewählt habe. 





Fig. 3. 


l. Versuch Fö. II. 
12, IX. 1915. 13. IX. 1915. 


Fig. 3. Bei Serum Fö. und Typhusbazilleneiweiß konnte am 6. Krankheits- 
tage die Typhusdiagnose auf diesem Wege gesichert werden. Sie ist wie bei allen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 549 


» folgenden Versuchen durch Typhusbazillennachweis im Blut, Stuhl oder Urin 
bestätigt worden. Bei diesem Versuche wurde nicht nur, wie das Photogramm 
zeigt, die Auflösung der vorgelegten Eiweißscholle in eine kolloide Lösung erreicht, 
sondern auch ein weiterer Abbau der kolloiden Teilchen. 





Fig. 4. 


I.. Versuch Ba. lI. 
15. IX. 1915. 16. IX. 1915. 


Fig. 4. Der Versuch Ba. ist am 8. Krankheitstage angestellt. Die Bewe- 
gungen der kolloiden Teilchen haben bei 1/, Sekunde Belichtungsdauer auf Photo- 
gramm II die strichförmigen Figuren gezeichnet. 





Fig. 5. 


j I. Versuch Ku. II. 
19. VIII. 1915. 20. VIII. 1915. 


Fig.5. Der Versuch Ku. ist in der Rekonvaleszenz, 6 Wochen nach der 
Entfieberung angestellt. Hier hatte das Serum eine relativ große Eiweißmenge 
zur Lösung zu bringen. 


550 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 





Fig. 6. 


I. Versuch Ka. lI. 
19. VIII. 1915. 20. VIII. 1915. 


Fig. 6. Der Versuch Ka. stammt gleichfalls aus der Zeit der Rekonvaleszenz, 
8 Wochen nach der Entfieberung. Ku. sowohl wie Ka. erholten sich sehr schwer 
von ihrer Erkrankung. 





Fig. 7; 


I. Versuch Hi. Il. 
3. VII, 1915. - 4. VII. 1915. 


Fig. 7. Das Ultramikrophotogramm Hi. ist insofern von Interesse, als hier 
eine sehr feine Verteilung der Eiweißpartikelchen stattgefunden hat. Hi. litt seit 
März 1915 an einer Osteomyelitis typhosa. Ob die starke Reaktion des Serums 
hierauf zurückzuführen ist, kann ich bei der Seltenheit dieser Fälle nicht ent- 
scheiden. Da hier die Belichtungszeit ? 3 Sekunden betrug, sieht man die kolloiden 
Teilchen, welche sich stets in Bewegung befinden, auf dem Photogramm wiederum 
strichförmig. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 551 





Fig. 8. 


I. Versuch Do. II. 
12. IX. 1915. 13. IX. 1915. 





Fig. 9. 


I. Versuch Do. lI. 
16. IX. 1915. 17. IX. 1915. 


Fig. 8 und 9. Die Ergebnisse der beiden Versuche mit Serum Do. haben 
mich zur Aufgabe der klinischen Diagnose Typhus abdominalis geführt. Do. 
wurde mit rheumatischen Beschwerden eingeliefert, hatte während des Hertrans- 
portes einen Schüttelfrost gehabt, zeigte dann hier eine typische Typhuskurve, 
Vergrößerung der Milz, Belag der Zunge, der die Ränder freiließ, den Puls möchte 
ich mehr als toxisch, nicht als doppelschlägig bezeichnen. Am 4. Krankheitstage 
trat eine sehr spärliche Roseola, vielleicht 20 linsengroße Flecken auf der Brust, 
auf, die in 3 Tagen verschwand. Die Kurve und der Krankheitsverlauf zeigten 
sonst nichts Abweichendes von der Typhuserkrankung, nur war der Stuhl stets 
fest geformt. Die Rekonvaleszenz war eine auffallend leichte. Die Rückbildung 
der Milz erfolgte bereits in den letzten Fiebertagen. Typhusbazillen konnten bei 


552 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 


mehrfachen Untersuchungen weder im Blut noch Stuhl oder Urin nachgewiesen 
werden. 





Fig. 10. 


I. Versuch Wo. lI. 
26. X. 1915. 27. X. 1915. 





Fig. 11. 


I, Versuch Kle. ll. 
26. X. 1915. 27. X. 1915. 


Fig. 10 und 11. In den weiteren Versuchen Wo. und Kle. ist das Serum 
von Ruhrkranken (Stäbchenruhr) mit Typhusbazilleneiweiß zusammengebracht. 
Aus den Photogrammen ist zu ersehen, daß das Überstehen einer Ruhr das Serum 
nicht befähigt, Typhusbazilleneiweiß abzubauen. 


Auch ist auf diesem Wege die Differentialdiagnose zwischen Para- 
typhus B und Typhus, wie aus dem folgenden Photogramm hervor- 
geht, gelungen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 553 





Fig. 12. 


| ki 3 Versuch Tra. lII. 
14. XII. 1915. 15. XII. 1915. 


Fig. 12. 'Serum Tra., der an Paratyphus B erkrankt ist, und Typhusbazillen- 
eiweiß. 


Kollege X. hatte sich seit November 1914 7mal mit Typhus- 
j impfstoff verschiedener Herkunft, wie er von der Heeresverwaltung 
geliefert wird, in der vorgeschriebenen Weise geimpft. 





Fig. 13. 


I. Versuch X. lI. 
24. VIII. 1915. 25. VIII, 1915. 


Fig. 13. Der erste Versuch mit seinem Serum, am 24. VIII. 1915 angestellt, 
zeigt Ihnen nur eine sehr geringe Einwirkung des Serums auf die Typhuseiweiß- 
scholle, 


554 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 





Fig. 14. 


I. Versuch X. II. 
26. X. 1915. 27. X. 1915. 


Fig. 14. Der zweite Versuch, den ich mit am 21. X. entnommenem Serum an- 
stellte, zeigt eine deutliche Veränderung der Typhuseiweißscholle durch sein Serum. 

Er hatte sich nämlich am 10. X. 1915 2 ccm Blut, das der Armvene eines 
Typhuskranken entnommen war, und in dem Typhusbazillen durch das Galle- 
anreicherungsverfahren nachgewiesen waren, sogleich nach der Entnahme auf 
der linken Brustseite unter die Haut gespritzt. Die Krankheitserscheinungen, 
die darauf folgten, waren zunächst geringfügig, auch stieg die Temperatur in den 
ersten 10 Tagen nicht über 37 Grad. Am 24. X. wurde er bei einer Reise unter- 
wegs ohnmächtig, hatte während der ganzen Folgezeit nur geringe Eßlust und 
häufige Übelkeit. Am 28. X. erkrankte er unter den Erscheinungen einer schwerer 
Ohnmacht und hatte bis zum 15. XI. häufig an Benommenheit, Herzmuske!- 
schwäche, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit und Mangel an EBßlust zu leiden. 
Vom 20. XI. an stellten sich Stühle ein, die in Konsistenz und Farbe Typhusstühlen 
glichen. Da auch im Dezember noch einige Male Übelkeit und Durchfälle haupt- 
sächlich nach Fleischgenuß auftraten, wurde am 17. XII. 1915 noch einmal sein 
Serum untersucht. 





Fig. 15. 


A Versuch X. lI. 
17. XII. 1915. 18. XII. 1915. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 555 





Fig. 15. 


III. 
19. XII. 1915. 


Fig. 15. Es fand, wie die einzelnen Photogramme nach 24 bzw. 36 Stunden 
zeigen, nicht nur eine Auflösung von Typhuseiweißschollen in kolloide Teilchen, 
sondern auch nach 36 Stunden ein Abbau dieser Teilchen in weitere Abbau- 
stufen statt. 





Fig. 16. 


I. Versuch X. II. 
17. XII. 1915. 18. XII. 1915. 


Fig. 16. Ein zur Kontrolle angesetzter Versuch mit Paratyphuseiweiß 
und dem gleichen Serum zeigt keine Veränderung der Eiweißschollen. 


Zusammenfassung. 


Die Beobachtung dieser Vorgänge im Ultramikroskop ermöglicht 

I) die Feststellung einer Typhuserkrankung auf serologischem 
Wege am 6. Kankheitstage, 

2) beweist sie, daß durch die bis jetzt angewandte Typhusschutz- 
impfung, bei der wohl der Agglutinationstiter erhöht wird, nicht der 


556 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 


Immunschutz erreicht wird wie durch eine ‚überstandene Typhus- 
erkrankung. 

Die Methode kann somit dienen: 

1) Zur Bewertung neuer Impfmethoden, 

2) zur Feststellung der Dauer des Immunschutzes. 

Zahlenmäßiger Nachweis der Versuchsergebnisse. 

Zahl der angestellten ultramikroskopischen Versuche zur Fesi- 
stellung von Typhus oder zur Beurteilung der Wirksamkeit ver 
Schutzimpfungen: 128. 

Hierbei wurde das Serum von 86 verschiedenen Menschen ver- 
wandt. 


Untersuchungsergebnisse: 


Keine Einwirkung des Serums auf Typhusbazilleneiweiß: 

Bei 31 Seren, von denen 10 Menschen entnommen waren, die 
weder gegen Typhus schutzgeimpft noch Typhus überstanden hatter. 
21 gegen Typhus in irgendeiner der gebräuchlichen Formen geimpft 
waren. Von letzteren Seren wirkte eins in geringem Grade auf Typhus- 
bazilleneiweiß ein. Die Nachfrage ergab, daß der Betreffende vor 
11/, Jahren einen fieberhaften Magen-Darmkatarrh durchgematlt 
hatte. 

Deutlicher Abbau erfolgte bei Verwendung des Serums vun 
54 Menschen in 68 Versuchen. Von diesen litten, wie auch der, tak- 
teriologische Nachweis ergeben hatte, an Typhus am 
6. Tage 8. Tage i.d. 2. Woche 3.u.4. Woche 5.u. 6. Woche, 

1 2 2 10 13 
lag der Beginn der ebenfalls bakteriologisch nachgewiesenen Typhus- 
erkrankungen zurück, 
7—8 Wochen, 8—10 Wochen, 10—12 Wochen 20—52 Wochen 
8 10 6 12 
1 Jahr und mehr 
3—4, siehe oben. 


Referate. 


1. R. Römer. Einiges über Hämatologie als Hilfsmittel zur Diagno- 

stik tropischer Krankheiten. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. Il. 

S. 841—56.) 

Betonung der Notwendigkeit der Vornahme wenigstens einmaliger Bhx- 
prüfung der Pat. tropischer Gegenden. Eine geringe Lymphocytose findet sich 
bei der Mehrzahl der im heißen Klima längere Zeit sich aufhaltenden Europärr. 
Eine frühzeitige Karzinomdiagnose offenbart sich entweder durch das Auftreten. 
sekundärer Anämie oder bei Knochenmarkkarzinom durch das dıfferentir'i. 
Verhältnis der weißen Blutkörperchen. Die Abnahme des Trockenrückstan: 
von 22—209% bis auf 10, sowie die Erhöhung des Färbeindex, deutet auf pei- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 557 


niziose Anämie. Bei der Vornahme intravenöser Injektionen, z. B. bei Cholera, 
S:hwarzwasserfieber, soll die Frage der Blutalkaleszenz und diejenige des labilen 
Gleichgewichts der Erythrocyten berücksichtigt werden. — Es werden des weiteren 
die typisch pathologischen Rückschläge ins Embryonale, namentlich die Ver- 
setzung des Blutbildes nach links oder die Schwankung desselben nach rechts 
nach der Arneth’schen Formel, die Abschätzung der Reizungs-, Überreizungs- 
und Erschöpfungszustände des hämatopoetischen Organs aus den morphologischen 
Biutbestandteilen selber behandelt. Das sich dem Beobachter darbietende Blut- 
bild ist die Resultante einer regenerativen und degenerativen Wechselwirkung, 
also nur die Erscheinung eines augenblicklichen Zustandes des hämatopoetischen 
Organs. Der Grad dieses Blutbildes entzieht sich durch die ungleiche Verteilung 
der Blutzellen in der perpherischen Blutbahn und in den inneren Organen vor- 
läufig noch zu sehr der Beurteilung. Eigentliche Blutkrankheiten im Sinne einer 
Hämatitis sind unbekannt; das Blutbild ist durchaus von primärer oder sekun- 
därer Affektion des hämatopoetischen Organs abhängig, abgesehen von der un- 
mittelbar schädigenden Wirkung der Blutgifte. — Die Anwesenheit pathologischer 
Farbstoffe, z.B. des Urobilins, und ein erheblicher Bilirubingehalt des Serums, 
sind Fingerzeige zur Fahndung nach etwa vorhandener Leberinsuffizienz. 

Verf. gibt zum Schluß Leukocytenkurven und Tabellen zur hämatologischen 
Diagnose 20 tropischer und 10 nichttropischer Affektionen als Beleg der noch 
dringenderen Notwendigkeit eingehender Blutmikroskopie für den tropischen 
we für den europäischen Arzt und bedauert die Einführung immer zahlreicherer 
exstischer, dem Allgemeinverständnis dieses Zweiges des medizinischen Wissens 
immer mehr im Wege stehenden Bezeichnungen und Personennamen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


2. N. M. Keith, L. G. Rowntree and J. T. Geraghty (Baltimore). A 
method for the determination of plasma and blood volume. 
(Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

K., R. und G. bestimmen das Blutplasma durch intravenöse Einbringung des 
ungiftigen, von den Blutkörperchen nicht aufgenommenen und nur langsam 
wieder aus der Blutbahn verschwindenden Vitalrots und seinen nachherigen 
k'lorimetrischen quantitativen Nachweis. Aus Plasmavolumen und dem mit 
dem Hämokrit festgestellten Volumen der Blutzellen kann das Blutvolumen er- 
schlossen werden. Die Methode ist zuverlässig, die Schwankungen in letzterem 
durch Blutverluste und durch intravenöse Infusion von Salzlösungen werden durch 
sie exakt nachgewiesen. Veränderungen im Blutvolumen sind geringfügig bei 
experimentell erzeugter Hypertension und Hypotension und ohne ätivlogische 
Beziehung zu ihnen. Das Plasma macht normalerweise ungefähr 5°, des Körper- 
wwichts aus, Gesunde haben zwischen 42 und 56, im Mittel 50 ccm Plasma pro 
Kilogramm. Nach Bestimmungen mit dem Hämokrit bilden die Erythrocyten 
in der Norm 43°,, das Plasma 57°, des Blutes. Das Blut stellt physiologisch 
^8: des Körpergewichts dar, Gesunde haben zwischen 78 und 97, im Durchschnitt 
55ccm Blut pro Kilogramm. In vorgerückter Schwangerschaft ist Blut- und Plasma- 
volumen vermehrt, eine seröse Plethora besteht, die I—2 Wochen nach der Ent- 
Yindung sich wieder verliert. Bei Obesitas sind beide Werte verhältnismäßig 
niedrig, in manchen Formen von Anämie relativ groß. Polycytämie kann auf 
vermindertem Plasmavolumen beruhen, aber auch bei erhöhtem als echte Plethora 
sich finden. Hyperglykämie kommt ohne gesteigertes Blutvolumen vor. Es kann 


558 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 
bei Anasarka im Gefolge von Herzmuskelschwäche absolut vermehrt sein. Es 
war gering in vielen Fällen von ausgesprochener Hypertension. 

F. Reiche (Hamburg). 


3. H. W. Hake (London). The action of chlorine on the blood. 
(Lancet 1915. Juli 10.) 
Untersuchungen über die Wirkung von Chlorgas auf Blut ergaben, daß e- 
das Hämoglobin völlig zerstört und gleichzeitig die Albuminate niederschlägt. H. 
macht auf Kobert’s Vorschlag, Natriumhyposulfid als Antidot zu verwenden, 
aufmerksam. F. Reiche (Hamburg). 


4. R. Klinger. Zur Methodik gerinnungsphysiologischer Studien. 
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1622.) 
Verf. wendet sich gegen die Anschauungen von A. Fonio und stellt über der 

Gerinnungsvorgang folgende Gleichung auf: 

Serozym (Thrombogen) + Ca-Salze + Cytozym (Thrombozym) = Thrombin 
| (Fibrinferment) + Fibrinogen = Fibrin. 

Der für die Gerinnung wesentliche Faktor ist das Serozym (Thrombnagen'. 
das nach dem Austritt des Blutes aus den Gefäßen entsteht und allem Ansche'n 
nach ein polypeptidartiges Abbauprodukt gewisser Eiweißkörper des Plasmas 
vorstellt. Dieses verbindet sich mit den im Blute stets in genügender Menge vet- 
handenen Ca-Salzen und ist als Ca-Serozym bereits für sich alfkin (ohne Throm- 
bozym) imstande, Fibrinogen aus seinen Lösungen auszufällen. Die Bildung unü 
Wirksamkeit dieses Ca-Serozyms kann durch gewisse Stoffe sehr gesteigert werden: 
Verf. hat dieselben im Anschluß an die Arbeiten von Fuld, Spiro und Bordet 
alsCytozyme bezeichnet und gezeigt, daß sehr verschiedene Substanzen, keines- 
wegs nur solche, die aus Blutplättchen erhalten wurden, eine derartige Wirkung 
auszuüben vermögen. Durch den Eintritt des Cytozyms wird das Ca-Serozym 
in seinen Eigenschaften etwas modifiziert; Verf. bezeichnet es mit dem bishtr 
üblichen Ausdruck als Thrombin, betont aber, daß das Ca-Serozym schon alleir. 
thrombinartige Eigenschaften besitzt; beide Körper bringen das Fibrinogen dë- 
durch zur Koagulation, daß sie sich mit gewissen Bestandteilen desselben verbinder.. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


5. A.Fonio. Über vergleichende Blutplättchenuntersuchungen. (K::- 
respondenzblatt für Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1505.) 
F. stellt als Schema für den Gerinnungsvorgang folgende Gleichung auf: 
Thrombozym -- Thrombogen + Fibrinogen + Kalk = Fibrin — Thrombin. 
Das Thrombozym ist in den Blutplättchen enthalten; Thrombogen und 
Fibrinogen befinden sich gelöst im Blutplasma. Um die Ursache einer Gerinnungs- 
änderung zu eruieren, ist es notwendig, jeden einzelnen Gerinnungsfaktur für sich 
zu prüfen. Die separierende Methode ist in der Tat auch praktisch durchführbar, 
dagegen bietet die Frage der Prüfung noch große Schwierigkeiten. Die Haupt- 
schwicrigkeit liegt in der Wahl des Indikators, d.h. der gerinnenden Flüssisktit. 
an welcher wir den Einfluß des Zusatzes des zu untersuchenden isolierten Ge- 
rinnungsfaktors auf die Gerinnung prüfen wollen. F. wählte als Indikatoren da: 
hämophile Blut, das bekanntlich eine äußerst träge Gerinnung besitzt, ferner 
Purpura- und normales Blut und prüfte an denselben dıe Wirksanıkeit der Blut- 
plättchen verschiedener pathologischer Zustände und verglich sie mit derjenigen 


= Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 559 


von normalen. Als Zusätze verwendete er Blutplättchen von Purpura-, Basedow-, 
hämophilem und normalem Blut. Es ergaben sich folgende Untersuchungsresul- 
tate: Während das hämophile Blut normale, ja übernormale Plättchenzahlen 
besitzt bei Insuffizienz des einzelnen Gebildes, hat das Purpurablut zuwenig 
Plättchen bei normalem Verhalten des einzelnen. Auch die Gerinnungszeit 
des Purpurablutes ist abnormal verlängert, aber bei weitem nicht wie beim hämo- 
philen Blut. Die bisher unaufgeklärten Zustände des Skorbuts, der Melaena 
neonatorum und anderer Blutkrankheiten harren noch dieser speziellen Unter- 
suchungen. Verf. empfiehlt bei Thrombozymdefekten Einspritzungen von Coa- 
gulen Fonio-Kocher. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


6. F. E. Taylor (London). The relationship between nuclear di- 
vision and phagocytic power in polymorphonuclear leuco- 
cytes. (Lancet 1915. Juli 10.) | 
In einer Reihe von Bestimmungen des opsonischen Index im Verlauf einer 

Infektion mit Staphylokokkus aureus ergab sich, daß die Leukocyten mit unge- 

twiltem oder einmal geteiltem Nukleus eine mäßige phagocytische Kraft zeigen, 

die bei den mit zweifach geteiltem Kern ihr Maximum erreicht, um dann in 

Klasse IHI bis V (nach Arneth) progressiv wieder abzusinken. Nimmt man dieses 

phagocytische Vermögen als Ausdruck der funktionellen Aktivität an, so ergibt 

sich, daß die Klasse I noch nicht voll ausgereifte Leukocyten enthält und eine pro- 
gressiv zunehmende Kernteilung vorschreitendem Alter und zurückgehender 

{iunktioneller Kraft entspricht. F. Reiche (Hamburg). 


7. F. A. Evans (Baltimore). An oxydase reaction on blood smears, 
a valuable test in the identification of white blood cells of 
uncertain origin. (Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

E. beschreibt eine Oxydasereaktion mit Indophenolblau in Blutausstrichen, 
die deshalb bei Identifizierung von weißen Blutzellen von Wert ist, weil die Zellen 
myeloider Abkunft solche Fermente enthalten, die Lymphocyten hingegen nicht. 

F. Reiche (Hamburg). 


8. R.L. Levy, L. G. Rowntree and W. McKim Marriott (Baltimore). 
A simple method for determining variations in the hydrogen- 
ionconcentration of the blood. (Arch. of internal med. 1915. Sept.) 

L., R. und M. veröffentlichen eine durch ihre Einfachheit, Schnelligkeit und 

Zuverlässigkeit für klinische Zwecke geeignete Methode, die H-Ionkonzentration 

des Blutes und Blutserums vermittels Dialyse durch eine Kollodiummembran zu 

bestimmen. In manchen Fällen von Acidosis ergaben sich Abweichungen von den 
als physiologisch ermittelten Werten. F. Reiche (Hamburg). 





9. H. L. Smith and A. C. Brown. Direct haemolysis: a test for 
bacterial toxins and for estimation of dosage in vaccine therapy. 
(Lancet 1915. August 7.) 

S. und B. haben mit einer im Vergleich zu anderen serodiagnostischen Unter- 
“uchungen verhältnismäßig einfachen Methode in vielen Fällen die Reaktion der 
Erythrocyten des Pat. selbst auf Bakterienemulsionen geprüft, um so den Krank- 
keitserreger zu eruieren; trügerische Spontanlysis der roten Zellen muß bei allen 


560 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 30. 


diesen Versuchen mit in Rücksicht gezogen werden. Es scheinen sichere Be- 
ziehungen zu bestehen zwischen den Toxinen der Bakterien und einer sensibil.- 
sierenden Substanz in den Blutzellen von Individuen, welche durch akute oder 
chronische Infektionen mit den gleichen Mikroben sensibilisiert wurden. Auf 
Grund dieser durch direkte Hämolyse gewonnenen Feststellungen lassen sich 
Vaccinebehandlungen einleiten. F. Reiche (Hamburg). 

10. G. Miescher. Die Trichophytinreaktion im Blutbild. (Derma- 

logische Wochenschrift 1915. Bd. LXI. Hft. 4.) 

Die tiefen Formen der Trichophytie (Kerion Celsi, Sycosis trichophytica. 
Folliculitis agminata) zeigen auf der Höhe der Krankheit eine mehr oder weniger 
ausgesprochene Leukocytose. Die oberflächlichen Formen lassen keine Berin- 
flussung des Blutbildes durch den Krankheitsprozeß erkennen. 

Zum Bilde der spezifischen Trichophytinreaktion gehört als hämatolngisc": 
Komponente eine polynukleäre neutrophile Leukocytose. Meist kombiniert sic: 
damit eine absolute Abnahme der Lymphocyten. Die Reaktion tritt sowon 
nach intrakutaner als nach subkutaner Injektion von Trichophytin auf. Sie ist 
entsprechend der Bedeutung der Mykose für die Entstehung einer spezifischen 
Allergie bei den tiefen Formen der Trichophytie quantitativ und qualitativ ar 
stärksten. Bei den oberflächlichen, ohne intensivere Entzündungserscheinung?”. 
verlaufenden Formen ist ihr Ausfall weniger konstant. Doch verrät er in de 
positiven Fällen noch deutlich den spezifischen Charakter. 

Nichttrichophytiker, d. h. Individuen ohne spezifische Allergie, vermügen at! 
Trichophytin zwar auch mit einer Leukocytose zu reagieren, allein es hand 
sich dabei stets um eine vornehmliche Vermehrung der Lymphocyten. 

Der Grad der Leukocytose steht in keinem direkten Abhängigkeitsverhältni: 
zu den übrigen lokalen und allgemeinen Reaktionserscheinungen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


11. L. W. Hill (Boston). The resistance of the red blood cells to 
hypotonic salt solutions in the various anemias. (Arch. of ir- 
ternal med. 1915. November.) 

Während die Resistenz normaler roter Blutzellen gegenüber hypotonisch 
Salzlösung eine recht konstante ist, ergaben die Untersuchungen bei 24 Pat. m: 
sekundärer und 13 mit perniziöser Anämie, daß eine solche Konstanz hier nic 
vorlag, daß die Resistenz eine hohe, normale oder niedrige war, und daß Unter- 
schiede zwischen der sekundären und der perniziösen Form sich nicht ermitte'' 
ließen; nur ganz allgemein zeigte sich, daß bei beiden die Hämolyse meist frübr" 
beginnt und später endet als bei normalem Blut. Der Hämoglobingehalt ós 
Erythrocyten scheint ohne Bezichung zu seiner Resistenz zu sein. Sie wird dur“ 
Arsen in medikamentösen Dosen deutlich erhöht, nach Beobachtungen an d% 
Kranken mit Anaemia perniciosa steigert die Splenektomie die maximale Resiste”. 
sie kann aber die minimale herabsetzen. F. Reiche (Hamburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 





Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 31. Sonnabend, den 5. August 1916. 


Inhalt. 


Referate: 1. Sehultz und Chariton, 2. Rous und Turner, 3. Burmeister, 4. Evans, 
5. Smith und Denney, Blutkörperchenuntersuchungen. — 6. Duker, Seniles Blut. — 7. Reiche, 
Osteosklerose und Anämie. — 8. Frank, Aleucia hasemorrhagica. — 9. Dennie und Robertson, 
Paroxysmale Hämoglobinuriee — 10. Fraenkel, Skorbut der Kinder. — 11. Martin, 12. Hess, 
Himophilie. — 13. Kellogg, 14. Emsheimer, Purpura haemorrhagica. — 15. Cook und Meyer, 
16. Austin und Pepper, 17. Pearce, Austin und Pepper, 18 Krumbhaar, Musser jr. und Peet, 
19. Krumbhaar und Musser jr., Anämie. — 20. Schneider, 21. 22. 23. Robertson, 24. Blitstein, 
25. van Spanje, Perniziöse Anämie. — 26. Sauerbruch, Einfache Technik der arteriovenösen 


Biuttransfusion. — 27. Lewisohn, Bluttransfusion bei Kindern. — 28. Linser, Xanthom. — 
29. Brandenburg, Familiäres Auftreten von Bluterkrankungen im Kindesalter. — 30. Bockhorn, 
Unbekannte Filariablutbefunde — 81. Jung, Polycythämie. — 33. Mellon, Erythrämie — 


3. de Negri, Untersuchungen über die Atiologie des malignen Granuloms. — 34. Schaeffer, 
Übertragung von Lymphogranulomatosis auf Meerschweinchen. — 35. Dold, Leukocytose nach 
inneren Blutungen. — 36. Suter, Hämatologische Diagnostik der Leukämien. — 87. Camp und 
Baumgarten, Durch Benzol leukopenisch gemachte Kaninchen. — 38. Lipmann und Piesch, 
Stadien an aleukocytären Tieren. — 89. Weinberg, Aleukämische Myelose. — 40. Hirschfeld, 
Chronische Iymphatische Leukämie. — 41. Scheltema, 42. Sitsen, 43. Schlesinger, 44. Orth, 
6. Meyer, 46. Kreinermann, Tuberkulose. 





Referate. 


1. Schultz und Charlton. Bemerkungen zur Erythrocytenresistenz- 
bestimmung gegenüber anisotonischer Kochsalzlösung. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Schwankungen der Anzahl von Erythrocyten mit Substantia granulo-fila- 
mentosa in gewissen Grenzen sind von bestimmendem Einfluß auf die Erythro- 

Cytenresistenz. Reckzeh (Berlin). 


2. Peyton Rous and J. R. Turner. The preservation of living red 
blood cells in vitro I and II. (Journ. of exp. med. 23. 1916. S.219 
u. 239.) 

Um die Erythrocyten bei den üblichen Methoden der Behandlung mit Koch- 
salzlösung vor Schaden zu bewahren, muß man !/,°%, Gelatine hinzusetzen. Auch 
das Plasma hat erhebliche schützende Eigenschaften. Immerhin genügt das nicht, 
um sie dauernd zu konservieren. Zu diesem Zwecke muß man die Zellen zunächst 
in Locke’scher oder Ringer’scher Lösung waschen und dann in eine Mischung 
von Locke mit einer isotonischen Zuckerlösung tun. Für die einzelnen Spezies 
sind verschiedene Mischungen notwendig, die ausprobiert werden müssen. Bei 


31 


562 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


Kaninchen kann man feststellen, daß Blutkörperchen derselben Spezies, welche 
in Mischungen von Natriumzitrat, Saccharose und Wasser 14 Tage aufbewahr: 
wurden, wenn sie in das Gefäßsystem wieder eingeführt werden, keinerlei Stö- 
rungen verursachen. Die Versuche sind äußerst wichtig für die Frage der Trans- 
fusionen beim Menschen. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


3. W. H. Burmeister. Wiederbelebung durch lebend konservierte 
rote Blutkörperchen bei experimenteller Leuchtgasvergiftung. 
(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 3. S. 164.) 

Aus dem von der Hundefemoralis bzw. aus dem Rattenherz gewonnenen Blet 
ließen sich die Erythrocyten 3—17 Tage lebend erhalten. 20 Ratten, einschließlich 
Kontrolltiere, und 15 Hunde erhielten nach der Vergiftung eine Transfusion 
solcher Erythrocyten. Ergebnis: Die Blutkörperchen können in einem anderen 
Tiere der gleichen Spezies ihre physiologische Funktion wieder aufnehmen. Der 
Tod durch Kohlenoxyderstickung kann verhütet werden in 75°, der Fälle, in 
denen die indirekte Transfusion noch vor Aufhören der Herzkontraktionen vor- 
genommen wurde. — Wie man Pulmotorstationen eingerichtet hat, sollte mar. 
auch Rettungsstationen haben, in denen menschliche Erythrocyten vorrätig g- 
halten werden. Manche EUENNERFVETBIIFUNG wäre dann noch zu retten. 

Meinhof (Halle a. S.). 


4. Fr. A. Evans (Baltimore). Observations on the origin and 
status of the so-called »transitional«e white blood cell. (Arch 
of internal med. 1916. Januar.) 

E. beobachtete bei einem 29jährigen Manne mit luetischer Aortitis im An- 
schluß an zwei Salvarsaninjektionen von 0,3 und 0,45 g im weißen Blutbild ohre 
gleichzeitige Vermehrung der Gesamtleukocyten einen Anstieg der Übergangs- 
zellen auf 40 und dann auf 54,8%, worauf ihre Zahl langsam wieder zurückgits, 
während die polymorphonukleären Neutrophilen zuerst stark vermindert, später, 
bei gleichzeitiger leichter Leukocytose, erheblich vermehrt waren. Er konnte in 
den Übergangszellen nach Formaldehydfixation und Färbung der Präparate mit 
alkalischen Lösungen sehr reichliche Oxydasegranula feststellen, was sie im Gegen- 
satz zu den Iymphoiden und endothelialen Zellen den myeloiden nahe rückt. X 
sieht er. in ihnen weder unreife noch degenerierte Formen eines anderen Ze!l- 
typus, sondern eine völlig selbständige Zellart, deren Produktionsstätte den 
polymorphonukleären System nahe steht, aber, wie obige spezifische Reizbarke:t 
erweist, von ihm unabhängig ist. F. Reiche (Hamburg). 


5. A. J. Smith and 0. E. Denney. Further note on the extra- 
corporeal production of eosinophilic granulations in leuco- 
cytes. (Proc. of the path. soc. of Philadelphia Vol. XVI.) 

S. und D. weisen nach, daß das Blut mancher Menschen nach der Entnahme 
aus dem Körper eine ausgesprochene Zunahme grob- und feingekörnter eosin- 
philer Zellen zeigt, bei anderen erst nach Hinzufügung toxischer Substanzen, wie 
schwacher Tuberkulindosen, stark verdünnten Bouillonkulturen verschiedent! 
Mikrorganismen u.a. m. Hiernach entstehen sie also nicht ausschließlich durch 
Vermehrung eosinophiler Stammzellen im Knochenmark. 

F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 563 


6. P. G. J. Duker. Das senile Blut. (Handelingen van het XV. Nederl. 
Natuur- en Geneesk. Congres 1915. S. 385—92.) 

Bei 25 gesunden 60—90jährigen Personen schwankte der nach Sahli-Hayem 
festgestellte Erythrocytengehalt zwischen 4,7 und 5,1 Millionen; derselbe stand 
bei den Greisinnen demjenigen der männlichen nicht nach. Mit Hilfe des neuen 
Sahli’sche Hämometers wurde ein Hämoglobingehalt von 80% vorgefunden 
(normal erwachsene Männer 80—90, Frauen 70—80% ); Leukocyten 6500 
gegen 7650 pro Icmm bei Erwachsenen (nüchtern). Die Zahl der großen mono- 
nuklearen Zellen übertraf diejenige des Erwachsenen bedeutend (16 gegen 4%), 
während die Lymphocyten etwas gegen die Erwachsener zurückblieben (16,5 
gegen 21%). Neutrophile Leukocyten nicht höher wie von Jolly vor- 
gefunden, sondern eher niedriger (64 gegen 71%). Die neutrophilen Leuko- 
cyten ergaben in mehreren Beziehungen (biologisch und morphologisch) eine 
Minderwertigkeit: nach Arneth starke Verschiebung nach Klasse IV und V; 
normale reichliche Granula waren nur in 60% anstatt in 93 % derselben erhalten, 
diese Körner sind nach Pappenheim der Ausdruck des in der Zelle vorhandenen 
proteolytischen Ferments. Diese Minderwertigkeit stellt sich wahrscheinlich 
klinisch bei der Heilung kruppöser Lungenentzündung durch Verzögerung der 
Resorption heraus. Die Funktion der Blutplättchen ist normal, während die 
Blutgerinnung etwas schneller als bei Erwachsenen vor sich geht. Diese Prüfungen 
erfolgten nicht in vitro, sondern in vivo, nach der amerikanischen Methode (Duke). 
Das Blutserum älterer Personen bot fremdartigen Blutzellen gegenüber ein ge- 
ringeres aggressives Vermögen dar (hämolytischer Index 21/3 gegen 6 bei Erwach- 
senen nach Weinberg). Zeehuisen (Utrecht). 


7. Reiche (Hamburg-Barmbeck). ÖOsteosklerose und Anämie. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 28.) 

Nicht so sehr eine Besonderheit im Blutbilde läßt uns Fälle von osteosklero- 
tischer Anämie schon zu Lebenszeiten erkennen als das röntgenographische Ver- 
fahren, das die charakteristische Marmordichte der Knochen aufdeckt. 

Reckzeh (Berlin). 


8. Frank (Breslau). Aleucia haemorrhagica. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1915. Nr. 37 u. 41.) 

Die aplastische Anämie, die viel besser als Aleucia haemorrhagica zu bezeichnen 
wäre, ist keine primäre hämolytische Erythrotoxikose mit sekundärem Fehlen der 
Regeneration, sie ist vielmehr eine Leuko-Myelotoxikose mit sekundärer, teils 
posthämorrhagischer, teils myelophthisischer Anämie. Eine posthämorrhagische 
Anämie beliebiger Ätiologie führt niemals zur Aleukie; starke Blutverluste, die 
etwa als Ursache einer Markerschöpfung gedeutet worden sind, sind Symptome 
der bereits bestehenden Aleukie, Folge des Plättchenmangels. 

Der Fall führt dazu, der Milz unter Umständen eine eigenartige Funktion 
zuzuschreiben, die als Hemmung und Schädigung der Knochenmarkstätigkeit 
sich äußert. Diese Funktion der Milz tritt nicht nur unter dem Einfluß der 
Röntgenstrahlen, sondern auch bei mancherlei Erkrankungen des Organs hervor. 
Indem wir den Symptomenkomplex der Splenopathie mit Hypoleukie und Hypo- 
thrombie aus seinen pathologischen Verkleidungen herausschälen, gelangen wir 
allmählich wenigstens bis zum Orte der Giftbildung bei der hämorrhagischen 
Aleukie. Reckzeh (Berlin). 


31* 


564 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


9. Ch. C. Dennie and 0. H. Robertson (San Francisco). Study of 
a case of paroxysmal hemoglobinuria. (Arch. of internal med. 1915. 
August.) 

Der 12jährige, kongenital syphilitische Knabe litt an typischen, durch Kälte- 
reiz ausgelösten und jederzeit auslösbaren Attacken von paroxysmaler Hämo- 
globinurie. In vitro trat Hämolyse nur ein, wenn des Pat. Serum, rote Blutzellen 
und Komplement zugegen waren; daß eine Kältewirkung zum Gelingen der Re- 
aktion notwendig ist, beruht in der Eigenart des hämolytischen Ambozeptors. 
Die auf mäßig starken Kältereiz eintretende Hämaturie war bedingt durch den 
Untergang von nur ungefähr 6,3 ccm Blut; über 90% des freigewordenen Hämo- 
globins wurde in 4!/, Stunden ausgeschieden. Diese rasche Ausscheidung durch 
die Nieren erklärt den Mangel eines erhöhten Urobilingehalts der Fäces. 

F. Reiche (Hamburg). 


10. E. Fraenkel (Hamburg). Über den gegenwärtigen Stand der 
Lehre vom Skorbut der Kinder. (Hamburger med. Überseehefte 
Nr. 12. 1914. Juli u. Nr. 14. 1915.) 

Ätiologie, klinisches Bild, pathologisches Verhalten und Diagnose der Möller- 
Barlow’schen Krankheit werden eingehend abgehandelt und bei letzterer das 
Röntgenverfahren als für die klinische Erkennung unschätzbares, durch nichts 
zu ersetzendes Mittel in die richtige Beleuchtung gerückt. Charakteristisch ist 
der der jüngsten Diaphysenzone entsprechende, verschieden breite, zackige Schatten. 
daneben finden sich gelegentlich, aber nicht notwendig mantelartige, durch sub- 
periostale Hämatome gebildete Schatten. Das Wesen der mit schweren Störungen 
der endochondralen Ossifikation einhergehenden Knochenerkrankung ist eine 
vor allem an der Knorpel-Knochengrenze lokalisierte Knochenmarksaffektion, 
bei der eine sehr dünne, bisweilen unterbrochene Corticalis mit schmächtigen, 
abnorm brüchigen Spongiosabälkchen resultiert, wodurch Infraktionen und Frak- 
turen und subperiostale Blutergüsse entstehen. Vorzugsweise sind die Ripper 
und Röhrenknochen, wesentlich dahinter zurückstehend die platten Knochen 
ergriffen. Es handelt sich um eine klinisch, anatomisch und ätiologisch von de: 
Rachitis durchaus zu trennende Erkrankung sui generis, die völlig identisch mit 
dem klassischen Skorbut ist. Ätiologisch ist dem Ernährungsmodus, fehlerhafter 
oder einseitiger Kost, ausschlaggebende Bedeutung zuzuerkennen. F. sah auch 
bei mit Perhydrasemilch — der durch Zusatz von Perhydrol steril erhaltenen 
rohen Milch, der das Wasserstoffsuperoxyd durch Hinzufügung von Hepin ent- 
zogen wird — ernährten Kindern den infantilen Skorbut sich entwickeln. 

F. Reiche (Hamburg). 


11. Charles Martin. De l’arthropathie hemophilique. (Revue méd. 
de la Suisse romande 1915. Vol. XXXV. S.547.) 

Verf. beschreibt zwei Fälle von Hämarthros bei Hämophilen. Er weist auf 
die Wichtigkeit hin, daß die richtige Diagnose, welche sich aus der Anamnese er- 
geben müsse, frühzeitig gemacht werde und ferner auf die Gefährlichkeit einer ; 
Operation. Differentialdiagnostisch kommen die tuberkulösen und gonorrhoischer. 
Gelenkentzündungen und der akute Gelenkrheumatismus in Betracht. Wieder- 
holte Gelenkblutungen führen zu Zuständen, die mit dem Tumor albus oder einer 
Koxitis verwechselt werden können. Die Funktionsstörung der betroffenen 
Gelenke ist immer bedeutend, die Behandlung soll immer eine orthopädische, nie 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 565 


eine chirurgische sein. Die beste Behandlung der Hämophilie ist die Injektion mit 
frischem Pferdeblutserum; sie wirkt zwar nur momentan blutstillend, ein Mittel, 
das die Koagulabilität des Blutes bleibend steigert, ist bisher unbekannt. Die 
Hämophilie bessert sich mit dem Alter von selbst, vom 25. Lebensjahre an ist 
sie selten mehr lebensgefährlich, allerdings erreichen nur wenige Prozente der 
Hämophilen dieses Alter. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


12. A. F. Hess (New York). The blood and the blood vessels in 
hemophilia and other hemorrhagic diseases. (Arch. of internal 
med. 1914. Februar.) 

H. betont, daß bei der Hämophilie das veranlassende Moment im Blute selbst 
zu suchen ist, mag nun ungenügendes Prothrombin (Howell) oder ein Mangel 
an Thrombokinase (Morawitz) als ursächlich angenommen werden. Die Koa- 
gulationszeit des Plasmas ist bei diesem Leiden sehr verzögert; sie kann aber 
zeitweise normal werden, ohne daß eine Blutung (Sahli) oder eine andere offen- 
kundige Veränderung in dem Verhalten des Pat. vorherging. Die Bestimmung 
der Zahl der Blutplättchen erwies sich von großem Wert zur Unterscheidung 
zwischen Purpura und Hämophilie; in H.’s Fällen von dieser Krankheit war ihre 
Zahl nie unter 320 000 im Kubikmillimeter und stieg zuweilen bis über 500 000, 
während sie bei seinen Purpurakranken niemals 200 000 überschritt. In manchen 
Fällen von Purpura waren sie abnorm, man konnte große und kleine Blutplätt- 
chen trennen. Ein weiteres diagnostisches Hilfsmittel ist die auf Punktion der 
Subcutis erfolgende Reaktion, da bei Hämophilie ein hämorrhagischer Hof selten, 
bei Purpura in der Regel danach sich einstellt, ein ferneres die durch Abschnürung 
des Oberarms erfolgende, die kapillare Resistenz anzeigende Reaktion, die aus- 
schließlich bei Purpura in Form eines petechialen Exanthems am Unterarm sich 
zeigt. Die Gerinnungsdauer des Plasmas ist bei Purpura nahezu normal. Ebenso 
wie es eine hereditäre Hämophilie gibt, gibt es eine hereditäre Purpura. H. sah 
in zwei Familien ein Glied an Hämophilie, ein anderes an Purpura leiden. Es 
finden sich atypische Formen von Hämophilie, H. beobachtete einen mit Kalzium- 
mangel einhergehenden Fall: H. calcipriva. In manchen mit Hämorrhagien ver- 
laufenden Krankheitsbildern scheinen die Gefäße primär ergriffen zu sein, ent- 
weder durch kongenitale Bedingungen oder aber im Anschluß bald an Infektions- 
krankheiten oder Ernährungsstörungen wie an den infantilen Skorbut. 

F. Reiche (Hamburg). 


13. P. M. Kellogg. Purpura haemorrhagica (Morb. Maculos. Werlh.). 
Bericht über einen tödlich endenden Fall unbekannten Ur- 
sprungs. (Journ. amer. med. assoc. LXVI. Nr. 4. S. 271.) 
Bemerkenswert an dem Falle war der plötzliche Anfang ohne feststellbare 
Neigung zu Hämorrhagien bis 4 Tage vorher. Ferner das Fehlen einer erkenn- 
baren Ursache, vollkommenes Fehlen von Fieber bis zum Tode, gänzliche Un- 
beteiligung der Gelenke, abgesehen von einer leichten Steifigkeit in den Knien. 
Darmerscheinungen, Schmerzen oder auch nur Unbehagen fehlten ebenfalls, und 
der 20jährige Kranke war bis 2 Stunden vor seinem Tode außer Bett. In An- 
wendung kam Epinephrin, Kalziumchlorid und 2mal Diphtherieserum (nach 
Goldstein), ohne erkennbaren Einfluß. Meinhof (Halle a. S.). 


566 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


14. H.W. Emsheimer. Intramuskuläre Einspritzungen von Blut in 
der Behandlung der Purpura haemorrhagica. (Journ. amer. med. 
assoc. Bd. LXVI. Nr. 1. S. 20.) 

Aus einem beobachteten Falle wird geschlossen, daß die beste Behandiungs- 
art, in Verbindung mit der sonst immer schon üblichen, ist: a. Subkutane oder 
intravenöse Einspritzung menschlichen Blutserums; b. Transfusion und c. intra- 
muskuläre Einspritzung des ganzen, frischen menschlichen Blutes. Diese Mab- 
regel ist einfach, ungefährlich, wirksam und sollte in schweren Fällen immer an- 
gewendet werden, auch bei Hämophilie und anderen Blutkrankheiten. 

Meinhof (Halle a. S.). 


15. J. E. Cook and J. Meyer (St. Louis). Severe anemia with re- 
markable elongated and sickle-shaped red blood cells and 
chronic leg ulcer. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

Bei einer 21jährigen Mulattin wurden die schon von Herrick und von Wash- 
burn ebenfalls bei Negerabkömmlingen beschriebenen Veränderungen der roten 
Blutzellen beobachtet: ungefähr !/, von ihnen war ausgezogen und haferkorn- 
oder sichelähnlich gestaltet. Die Erythrocyten zeigten starke Schwankungen 
in ihrer Größe, kernhaltige waren stets und zeitweise reichlich zugegen. Die Menge 
der roten Blutkörperchen bewegte sich zwischen 1 800 000 und 3 100 000, daneben 
bestand eine leichte Leukocytose und wechselnde Eosinophilie, die 26° erreichte. 
Parasiten wurden nicht entdeckt. Die Wassermannreaktion war negativ. Sal- 
varsan beeinflußte das Blutbild nicht, ebensowenig das rekurrierende indolente 
Ulcus cruris, das diese Pat., wie jeder der beiden anderen oben erwähnten avf- 
wies. Sie alle drei litten an ausgesprochener Anämie und grünlicher bzw. gelb- 
licher Verfärbung der Skleren, ein Milztumor lag nicht vor, die Alterationen der 
roten und weißen Blutzellen waren bei allen drei identisch. 

F. Reiche (Hamburg). 


16. J. Harrold Austin and 0. H. Perry Pepper. The relation of the 
spleen to blood destruction and regeneration and to hemo- 
lytic jaundice. XII. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 675.) 

17. Richard M. Pearce, J. Harrold Austin and O. H. Perry Pepper. 
Idem. XIII. (Ibidem S. 682.) 

18. Eduard B. Krumbhaar, H. Musser jr. and Max M. Peet. Idem. 
XIV. (Ibidem 23. 1916. S. 87.) 

19. Eduard B. Krumbhaar and John H. Musser jr. Idem. XV. 
(Ibidem S. 97.) 

Wenn Hämoglobin frei in der Blutbahn zirkuliert, macht es einen Unterschied, 

ob es im Pfortaderkreislauf entstanden ist oder in dem großen Kreislauf. Im 
ersteren Falle wird das Hämoglobin in größerem Umfang von der Leber festgehalten 
und in Gallenfarbstoff verwandelt. Es entsteht dann natürlich auch leichter 
Gelbsucht. Da nach Splenektomie eine verminderte Neigung zur Entwicklung 
von Gelbsucht nach Blutzerstörung vorhanden ist, kann man dies so erklären, 
daß die definitive Vernichtung der Blutzellen, welche sonst in der Milz vor sich 
geht und deren Produkte von hier direkt in die Pfortader geschwemmt werden, 
nunmehr in anderen Organen vor sich geht (Knochenmark, Lymphknoten), so 
daß das Hämoglobin in die allgemeine Zirkulation gelangt. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 567 


Nach Splenektomie entsteht auch Anämie. Diese Blutarmut ist wahrschein- 
hch nicht bedingt durch das Fehlen von leicht assimilierbarem Eisen in der Nah- 
rung, denn sie entsteht auch bei einer Kost, welche Eisen genug in leicht auf- 
nehmbarer Form enthält. Sie ist aber größer bei den Tieren, welche gekochte 
Kost erhalten, als bei denen, welche rohe Kost erhalten. Möglich ist, daß die 
Hitze eine Substanz vernichtet, welche der Körper bei Abwesenheit der Milz nicht 
verwerten kann. 

Wenn bei Tieren die Milzvenen unterbunden werden oder das Milzblut in 
die Vena cava abgeleitet wird, unter Umgehung der Leber, entstehen dieselben 
Folgezustände, wie bei Milzexstirpation, nämlich: Blutarmut, Erhöhung der Re- 
sistenz der roten Bluzkörperchen gegen hypertonische Salzlösungen, anfängliche 
Leukocytose, verminderte Neigung zur Gelbsucht bei Anwendung blutzerstörender 
Mittel. Ferner entsteht beträchtliche Atrophie der Milz nach der Ligatur der 
Venen. Vermutlich beruhen diese Veränderungen auf dem Verlust des Hormons 
der Milz, welches erst bei der Passage durch die Leber aktiviert wird. Die ver- 
minderte Neigung zur Gelbsucht ist wahrscheinlich nur abhängig von dem mecha- 
nischen Faktor, von dem verminderten Blutzufluß zur Leber. Die Blutarmut 
ist bei Ligatur geringer als bei Entfernung der Milz. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


20. J. P. Schneider (Minneapolis). The splenic pathology of per- 
nicious anemia and allied conditions. (Arch. of internal med. 1916. 
Januar.) 

S. sieht in dem frühzeitigen Ikterus mancher Formen von perniziöser Anämie 
einen Ausdruck der primären exzessiven Hämolyse, die schließlich zur Erschöpfung 
des roten Markes führt und die von Eppinger auf eine Hypersplenie zurück- 
geführt wird. Sie bedingt eine Pleochromie und Urobilinocholie, von denen erstere 
stets, auch zur Zeit der Remissionen, vorhanden ist, während letztere großen 
Schwankungen unterliegt. Normalerweise enthält der mit der Duodenalsonde 
gewonnene Duodenalsaft Bilirubin in gewissen Mengen, gelegentlich Urobilin, aber 
nie Urobilinogen in nennenswerten Quantitäten, während bei der oft das Blutbild 
der genuinen perniziösen Anämie vortäuschenden Anämie im Gefolge chronischer 
gastrointestinaler Blutungen diese Untersuchung eine Abwesenheit von Pleio- 
chromie und Urobilinocholie ergibt. — DE konstanteste Blutbefund bei der 
essentiellen Anaemie perniciosa ist der hohe Index. 

F. Reiche (Hamburg). 


21. 0. H. Robertson (Boston). Urobilin in the stool in pernicious 
anemia as influenced by splenectomy, transfusion and sal- 
varsan. (Arch. of internal med. 1915. September.) 

R., der früher nachgewiesen hatte, daß die Menge des in den Fäces ausge- 
schiedenen Urobilins direkt von dem Untergang von Blut abhängig ist und daß 
nur bei primärer, nicht bei sekundärer Anämie ein erhöhter Urobilingehalt der 
Stühle angetroffen wird, untersuchte daraufhin 9 Fälle von perniziöser Anämie. 
In 6 trat unmittelbar nach der Milzexstirpation eine ausgeprägte Verringerung 
der vorher hohen Urobilinausscheidung ein; die beiden Fälle, in denen sie später 
wieder anstieg und einer mit dauernd gesteigerter Urobilinabgabe wurden weniger 
deutlich gebessert als die beiden, in denen die Urobilinmenge normal blieb. Bei 
3 von den 4 mit Transfusion behandelten Kranken ließ sich ein Anreiz der Knochen- 


568 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


markstätigkeit nachweisen mit gleichzeitiger temporärer Steigerung der Urobilin- 
ausscheidung; dieses blieb bei dem einen Pat. aus, der nicht gebessert wurde. 
Bei 3 mit Salvarsan behandelten Kranken trat weder eine Einwirkung auf den 
Krankheitsverlauf noch auf die Urobilinabgabe zutage. So weist R. auf diese 
Bestimmungen der Urobilinveränderungen als Index für gleichzeitige Wandlungen 
im Gang der Krankheit hin; sie sollen eher sich zeigen, als Alterationen in der 
Zahl der Erythrocyten hervortreten. F. Reiche (Hamburg). 


22. 0. H. Robertson (Boston). Urobilin in the stool — an index 
to blood destruction. (Arch. of internal med. 1915. Juni.) 
Vermehrter Gehalt der Fäces an Urobilin, nach der Methode von Wilbur 

und Addis bestimmt, fand sich konstant in 11 Fällen von perniziöser Anämie — 

abgesehen von Remissionen — und ebenso bei kongenitaler hämolytischer Gelb- 
sucht, Malaria und in einem Falle von sekundärer Anämie mit regenerativem 

Blutbilde; durchweg bestanden klinisch die Anzeichen erhöhten Blutzerfalls, und 

wo letzterer am ausgesprochensten war, fanden sich auch die höchsten Urobilin- 

werte. In Fällen von Leukämie, sekundärer Anämie, chronischer passiver Kon- 
gestion, Pneumonie mit Ikterus und Leberleiden war die Urobilinausscheidung in 
physiologischen Grenzen. Umgekehrt wurden bei keinem Pat. mit normaler 

Urobilinausscheidung Anzeichen gesteigerter Hämolyse festgestellt. So läßt sich 

aus dem Urobilingehalt der Stühle ein ungefährer Schluß auf den Grad des Blut- 

zerfalls im Körper ziehen und auch der Charakter mancher Anämien mit größerer 

Sicherheit erkennen. F. Reiche (Hamburg). 


23. 0.H. Robertson (Boston). A study of the hemolytic activity of the 
spleen in pernicious anemia. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 
Alkoholische und mit physiologischer Kochsalzlösung gewonnene Extrakte 
der frischen, durch Splenektomie entfernten Milzen von sechs Pat. mit perniziöser 
Anämie zeigten keine, ein ätherischer eine ausgesprochene hämolytische Eiger- 
schaft; die hierbei wirksame hämolysierende Substanz gehört zu den ungesättigten 
Fettsäuren und läßt sich auch aus normalem Leberparenchym und Intestinum 
darstellen. Demgegenüber zeigten die Zellen des bei der Operation entnommenen 
venösen Milzblutes eine im Vergleich zu den dem peripheren Blut dieser Kranken 
und auch Gesunder entnommenen ®rythrocyten herabgesetzte Resistenz, was 
darauf hinweist, daß die Milz bei dieser Krankheit eine toxische Substanz oder 
ein Enzym produziert. F. Reiche (Hamburg). 


24. Blitstein. Perniziöse Anämie. (Archiv f. physik.-diätet. Therapie 
1915. Nr. 9.) 

Als Hauptursache der perniziösen Anämie wird von vielen Autoren die intesti- 
nale Autointoxikation beschuldigt. Verf. teilt zwei Fälle mit, von denen der eine 
tödlich verlief. In beiden Fällen machte sich eine Schwäche des Darmes schen 
in der Pubertätszeit bemerkbar. Beide hatten Blinddarmentzündung durch- 
gemacht. Bei dem Verstorbenen mag wohl die ungewohnte Feldkost, das Kriegs- 
brot, der überreichliche Fleischgenuß zur Erkrankung beigetragen haben, und ein? 
interkurrente fieberhafte Pharyngitis hat dann den Stein ins Rollen gebracht. 

Bei dem zweiten Kranken hat das sehr schlechte Gebiß wohl der Darm- 
autointoxikation noch Vorschlub geleistet. Der Aufmerksamkeit wert erscheint 
die Tatsache, daß bei der Blinddarmentzündung, die beide durchgemacht haben, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 569 


der Verstorbene durch Operation seines Blinddarmes bzw. Wurmfortsätzes ver- 
lustig ging, der andere aber seinen Darm unversehrt behielt. Man weiß noch nicht 
sicher, welcher Funktion jener Darmadnex dient. Daß er absolut überflüssig 
ist, kann bei der teleologischen Betrachtung, die jetzt unser Denken beherrscht, 
nicht mehr aufrecht erhalten werden. Vielleicht dienen auch seine Epithelien 
und die zwischen ihnen eingelagerten Leukocytennester gerade der entgiftenden 
Funktion des Darmes in nicht unerheblicher Weise. Vielleicht wird auch dort 
auf dem Wege der inneren Sekretion ein Produkt gebildet, das bei der Entgiftung 
eine wesentliche Rolle spielt. Es würde sich wohl der Mühe lohnen, bei einer 
größeren Zusammenstellung von perniziösen Anämien die Fälle daraufhin zu 
untersuchen, bei wievielen eine Blinddarmoperation vorausgegangen ist. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


25. N. P. van Spanje. Perniziöse Anämie. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. II. S. 1543—48.) | 
Kasuistische Beiträge: 5ljähriger Mann ist schon 8 Jahre intermittierend 
behandelt; nach der ersten Behandlung waren Allgemeinbefinden und Blutkörper- 
chenzahl 7 Jahre hintereinander normal, nicht aber die Achylia gastrica, die Er- 
höhung der Magenmotilität und der Farbenindex des Blutes. Lipasewirkung im 
Mageninhalt deutlich, niemals Diarrhöe. Die Prognose dieses dritten Anfalls 
wird wieder günstig erachtet. Der zweite, 4 Jahre alte Fall (29jähriger Mann) 
verlief im Gegensatz zum ersten mit Hypocholie und Darmstörungen, vor allem 
Diarrhöe ohne Magenhypermotilität. Der dritte Fall wieder mit Achylie, nebenbei 
aber Diarrhöe. Im Harn dieser Pat. geringe Eiweißmengen; das Blutbild wird 
mit demjenigen sekundärer Anämien bei karzinomatösen Achylien verglichen. 
Therapeutisch wird strenge Bettruhe und genaue Pflege als die Hauptsache emp- 
fohlen; nebenbei können Pepsinsalzsäure, Jodkalium (bei + Wassermann), ge- 
legentlich Arsen gereicht werden. Intravenöse Bluttransfusion wird widerraten. 
Steensma empfiehlt in der Diskussion intramuskuläre Bluteinverleibung; bei 
der Pepsinbestimmung achylischer Mageninhalte sollten letztere möglichst wenig 
verdünnt werden, also mit geringer Menge Normalsalzsäure.. Schrijver be- 
streitet die von Röntgenologen geäußerten Beschwerden gegen die Lufteinblasung 
unter niedrigem Druck, indem der Magen, im Gegensatz zur durch Nahrungs- 
mittel erzeugten Streckung, durch Lufteinfuhr allseitig entfaltet wird. 
Zeehuisen (Utrecht). 


26. Sauerbruch (Greifswald). Eine einfache Technik der arterio- 

venösen Bluttransfusion. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr.45.) 

Nach Vorbereitung der beiden Operationsgebiete wird zunächst die Vena 
mediana cubiti freigelegt und ähnlich wie zur Kochsalzinfusion vorbereitet. Dann 
wird die Arteria radialis des Spenders in einer Ausdehnung von 5—6 cm freigelegt 
und möglichst weit distal durchschnitten. Das distale Ende wird unterbunden, 
das proximale läßt man offen. Man läßt in ein kleines Maßgefäß etwa I ccm Blut 
abfließen, unter Kontrolle der dazu notwendigen Zeit. Die vordere Wand der 
Vena cubiti wird dann schlitzförmig eröffnet. Durch 2 oder 3 Haltefäden kann 
man den Eingang in das Gefäß klaffend erhalten und nunmehr mit einer Pinzette 
das blutende Ende der Arteria radialis 1—2 cm einfach in die Vene hineinschieben. 

| Reckzeh (Berlin). 


570 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


27. Richard Lewisohn. The citrate method of blood transfusion 

in children. (Amer. journ. med. sciences 1915. Vol. CL. S. 886.) 

Die vom Verf. vor 2 Jahren empfohlene Methode hat Anerkennung gefunden. 
Er hebt wieder hervor, daß es durchaus unnötig ist, 1%, Natrium citricum zur 
Verhütung der Blutgerinnung zu gebrauchen, 0,2%, genügen; größere Infusionen, 
z.B. von einem Liter mit 1%, würden Exitus verursachen. Verf. gebraucht 
Natr. citric. in der Form einer 2%igen Lösung, welche dem Blut im Verhältnis 
von 1 : 10 beigemischt wird. Bei 7 Kindern ist diese Methode mit ausgezeichnetem 
Erfolg verwendet worden, die Menge des transfundierten Blutes schwankte zwischen 
80—450 g. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


28. Linser. Über das Xanthom. (Med. Klinik 1915. Nr. 30. S. 832.) 
Eine kurz gefaßte Beschreibung des Xanthoms. Über die chemische Natur 
dieser offenbar fettähnlichen Substanz schließt sich Verf. den neuesten Unter- 
suchungen an, die das Xanthom als Einlagerungen von Cholesterinfetten in das 
Bindegewebe ansehen, während zu gleicher Zeit bei dem Kranken ein gesteigerter 
Cholesteringehalt im Blute sich nachweisen läßt. Als wichtigstes ursächliches 
Moment erscheint ihm der Diabetes. Ruppert (Bad Salzuflen). 


29. Fritz Brandenburg (Wien). Über familiäres Auftreten von 
Bluterkrankungen im Kindesalter. (Korrepondenzblatt f. Schweizer 
Ärzte 1915. Nr. 34.) 

Seinem früher im Archiv für Kinderheilkunde veröffentlichten Fall von 
Winkel’scher Krankheit fügt Verf. einen neuen bei. Diesem Falle ist trotz der 
fehlenden oder besser gesagt, nicht beobachteten, Hämoglobinurie eigentümlich, 
daß in der gleichen Familie zwei Todesfälle bei gesunden, kräftigen Kindern unter 
gleichen Erscheinungen vorgekommen sind. Nicht nur in bezug auf die Zeitdauer 
der Erkrankung stimmen diese Todesfälle miteinander überein, sondern auch in 
bezyg auf die von den Eltern genau beobachteten Krankheitssymptome. 

Den infektiösen und toxischen Ikterusformen geht ein ausgedehnter Zerfal: 
roter Blutkörperchen voraus. Es handelt sich daher um hämato-hepatogenen 
Ikterus. In diesem Sinne hält Verf., wie schon in seiner ersten Arbeit betont, 
das Auftreten des Ikterus bei der Winkel’schen Krankheit als eine Folgeerschei- 
nung der Hämolyse, der Ikterus geht nicht, wie andererseits betont wurde, als 
Symptom der Krankheit voraus. 

Die Winkel’sche Krankheit (die als Icterus gravis beschriebenen Fälle und 
wohl auch die Buhl’sche Krankheit) dürfte am häufigsten als durch Infektion 
oder Toxine bedingte Hämolyse aufgefaßt werden. Für die erstgenannte Er- 
krankung ist der Beweis dieser Auffassung durch das Auftreten von Epidemien 
erbracht, für die einzeln auftretenden Fälle kann sie vorderhand nur des gleichen 
Verlaufes der Krankheit wegen angenommen werden. 

So könnten diese Krankheiten unter den von Reuss »Krankheiten des Neu- 
geborenen« für die Buhl’sche Krankheit vorgeschriebenen Titel »Akute hämor- 
rhagische Szpsis« eingereiht werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 571 


30. M. Bockhorn. Über bisher unbekannte Filariablutbefunde bei 

gefangenen Russen. (Med. Klinik 1915. Nr. 37. S. 1029.) 

In dem Blute von Ödemkranken aus russischen Gefangenenlagern fand Verf. 
eine Filariaart, deren Gestalt nach seiner Angabe etwas Ähnlichkeit mit der Filaria 
perstans hat, wie sie in den einschlägigen Lehrbüchern abgebildet ist. Die von 
ihm beobachtete Form zeigt ein deutliches lang und spitz ausgezogenes Ende und 
ein stumpfes. Die Körnelung und Punktierung des ganzen Parasiten ist in allen 
Präparaten gleichmäßig. Bei einzelnen Präparaten ließ sich etwa in der Mitte 
des Parasiten ein eosinophil gefärbter Körper unterscheiden, der vielleicht dem 
von Fülleborn bei der Filaria loa beobachteten Manson’schen Innenkörper 
entspricht. Die meisten Parasiten lagen wie in Kringelform angeordnet. Eine 
Form lag wie eine Schlange in ihrem Neste. Ein einheitliches Blutbild war bei 
den verschiedenen Fällen nicht vorhanden. Mehrfach fehlte die Eosinophilie. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


31. Kurt Jung. Über einen Fall von Polycythämie mit Ausgang 
in Myeloblastenleukämie. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 
1915. Nr. 9—12.) 

Die Polycythämie entsteht durch eine primäre Knochenmarkserkrankung 

im Sinne einer Überbildung von roten Blutkörperchen. Bei der Autopsie zeigte 

sich, daß das Knochenmark kein Fettmark wie normalorweise ist, sondern daß 

dasselbe hauptsächlich aus roten Blutkörperchen und deren Vorstufen besteht. 

Die Vergrößerung und Stromahyperplasie der Milz erklärt sich in einer vermehrten 

Tätigkeit des Organs, die überproduzierten Erythrocyten zu vernichten. Bei 

dieser Erkrankung sind auch die weißen Blutkörperchen, und zwar die granu- 

lierten, vermehrt — während die Lymphocyten eher eine Verminderung zeigen —, 
ein Zeichen dafür, daß auch der myeloide Apparat des Knochenmarks mitbeteiligt 
ist. Im beschriebenen Falle überwog gegen Lebensende die Hyperplasie des 
myeloischen Gewebes, und das erythroblastische Gewebe trat ganz zurück, so daß 
das Blut das Bild der Myeloblastenleukämie darbot. Die Ätiologie der Erkran- 
kung ist noch unbekannt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


32. Ralph R. Mellon. Erythraemia, a report of a case. (New York 
med. journ. 1915. September 25.) 

Krankengeschichte eines 50jährigen Mannes mit dem typischen Symptomen- 
komplex: Nephritis und kardiovaskuläre Störungen, mittelgroße Splenomegalie, 
Blutbefunde: 10—12 Millionen rote Blutzellen, leichte Leukocytose, Hämoglobin 
140, Färbungsindex 0,6. Viskosität des Blutes stark erhöht, ebenso systolischer 
und diastolischer Blutdruck; im Urin granulierte und hyaline Zylinder, Spur 
Albumen. Der Mann fühlte sich im ganzen ordentlich wohl, mit Ausnahme bei 
Anfällen von starker Gasbildung im Magen und Darm, die unabhängig vom Essen 
waren. Während derselben traten starker Schwindel und Kopfweh auf. Die 
Zahl der roten Blutkörperchen schwankte stark, keine Mikrocyten. Die Viskosität 
war außerordentlich deutlich, die Blutstropfen dick, klebrig, schwer durch die 
Nadel gehend. Benzol innerlich, das von anderer Seite empfohlen, war hier ohne 
Wirkung auf die Zahl der roten Blutkörperchen, dagegen erwies sich Nitroglyzerin 
als nützlich gegen Vertigo und Kopfweh. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


572 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


33. E. E. A. M. de Negri. Beitrag zur Kenntnis der Corynebakterien 
im Zusammenhang mit Untersuchungen über die Atiologie 
des malignen Granuloms. Inaug.-Diss., 75 S. u. 8 Taf. (mit 79 Fig.). 
Utrecht, 1915. 

Es wird die Polymorphie der aus malignen Granulomgeweben gezüchteter. 
verschiedenen Corynestämme nachgewiesen; Verf. betrachtet dieselben als Va- 
rianten der in diesen Geweben vorkömmlichen Blastomyceten. Der in den 
untersuchten Fällen vorgefundene und gezüchtete Mikroorganismus wird vom 
Verf. mit dem Namen Mykobakterium bezeichnet; derselbe wird vom Verf. 
in einer Übergangsklasse zwischen den Schizomyceten einerseits und den Fung: 
andererseits eingereiht. Die Gründe der Annahme, nach weicher das Mycobak- 
terium granulomatis maligni als die Ätiologie des malignen Granuloms betrachtet 
werden soll gegenüber derjenigen anderer Forscher, von denen ein ätiologischer 
Zusammenhang zwischen dem malignen Granulom und der Tuberkulose ange- 
nommen wird, werden eingehend auseinandergesetzt. Auch der Tuberkelbazillu: 
wird vom Verf. zu den Mykobakterien gerechnet, ebenso wie der Diphtherie-. 
Malleus- und Leprabazillus. — Diese Schlüsse fußen auf der Obduktion 16 ein- 
schlägiger Fälle und eingehenden Züchtungsversuchsreihen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


34. Eduard Schaeffer. Übertragung von Lymphogranulomatosis 
(Hodgkin’scher Krankheit) auf Meerschweinchen. (Beriner 
klin. Wochenschrift 1914. Nr. 26.) 

Durch Injektion einer Iymphogranulomatösen Drüse, in welcher weder säzrt- 
feste noch Much’sche granulierte Stäbchen nachzuweisen waren, entstand b: 
einem Meerschweinchen ein Granulationsgewebe mit Riesenzellen vom Stern- 
berg-Paltauf’schen Typus, welches am Injektionsort als hühnereigroßer Tumor 
auftrat. Granulomherde fanden sich in den Lymphdrüsen, der Leber, Milz un! 
Lunge; in letzterer ließen sich intrazelluläre säurefeste Stäbchen in den Gre- 
nulomherden nachweisen. Lohrisch (Chemnitz). 


35. H. Dold. Lokale und allgemeine Leukocytose nach inneren 

Blutungen. (Mitteilungen a. d. Grenzgebieten d. Medizin u. Chirurg? 

Bd. XXIX. Hft. 1.) 

Durch die Methode der Kniegelenkinjektion konnte gezeigt werden, das 
steriles art- und körpereigenes, defibriniertes Blut beträchtliche leukotaktische 
Wirkungen besitzt. 

Nach intraartikulärer und intraperitonealer Einverleibung von sterilem art- 
und körpereigenem defibrinierten Blute konnte eine Leukocytose im strömenden 
Blute nachgewiesen werden. 

Nach künstlich verursachten inneren Blutungen konnte bei den Versuchs- 
tieren (Meerschweinchen) regelmäßig eine beträchtliche Leukocytose im strömende: 
Blute festgestellt werden, welche sich wohl diagnostisch verwerten läßt. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


36. A. Suter. Über die hämatologische Diagnostik der Leukämien. 
(Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1915. Vol. XLV. S. 1281.) 
Die moderne Hämatologie faßt die Leukämien auf als Erkrankungen zweir! 
durch den ganzen Körper verbreiteter, aber voneinander getrennter Zellsysteme, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 573 


von denen bald das eine, bald das andere durch ein krankhaftes Agens betroffen 
wird. Dementsprechend unterscheidet man zwei Leukämiearten, die nach der 
Zusammensetzung des Blutbildes und dem Verlauf wieder in Unterarten zerfallen: 
Myeloische und Iymphatische Leukämie, beide akut oder chronisch verlaufend. 
Die Einteilung in akute und chronische Formen geschieht weniger nach der Zeit- 
dauer als nach dem Beginn und den Symptomen, ferner nach dem hämatologischen 
Befund. Die akuten Leukämien setzen häufig ein unter den Erscheinungen einer 
akuten Infektionskrankheit mit Fieber und Schüttelfrost, oft auch mit den Sym- 
ptomen einer hämorrhagischen Diathese. Auf die Form der Leukämie schließen 
wir aus dem Blutbild. Bei der akuten myeloischen Leukämie findet man das 
Präparat überschwemmt von unreifen Vorstufen der Leukocyten, den sog. Myelo- 
blasten, sehr große, granulafreie Zellen, während die chronische Form ein überaus 
buntes Bild von allen normalen und pathologischen Blutzellen darbietet. Bei der 
akuten Iymphatischen Leukämie herrschen die großen Lymphocyten (Lympho- 
blasten) vor, bei der chronischen dagegen mehr die kleinen Lymphocyten in allen 
Übergangsstadien. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


37. W. E.Camp und E. A. Baumgarten. Inflammatory reactions in 
rabbits with a severe leucopenia. (Journ. of exp. med. 22. 1915. 
S. 174.) 

Bei Kaninchen, welche durch Benzol leukopenisch gemacht worden sind, 
erzeugt ein Entzündungsreiz wohl Ödeme und Erweiterung der Blutgefäße, aber 
keine Auswanderung von Leukocyten durch die Gefäßwand. Dagegen zerstört 
das Benzol nicht die Eiterkörperchen in bereits vorhandenen Abszessen. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


38. H. Lipmann und J. Plesch. Studien an aleukocytären Tieren: 
Experimentelle und klinische Untersuchungen über die Ent- 
stehung und Bedeutung der Exsudatlymphocyten. (Deutsches 
Archiv f. klin. Medizin 1915. Bd. CXVIII. Hft. 3.) 

I) Beim aleukocytären Tiere bringt ein sonst für polynukleäre Leukocyten 
chemotakter positiver Reiz ein rein monocytäres Exsudat hervor, in dem sich alle 
Übergänge von den Endothelzellen zu solchen, die den kleinen Lymphocyten 
gleichen, finden. 

2) Beim aleukocytären Tiere ruft ein Entzündungsreiz, der in die Muskulatur 
gesetzt wird, keine einzige Entzündungsstelle herbei. Man sieht nur Muskel- 
nekrosen. 

3) Kombination des Thoriumexperiments mit der Aschoff’schen Karmin- 
‘Speicherung erwies, daß von den im subpleuralen Gewebe liegenden Karminzellen 
keine einzige in das Pleuraexsudat übergeht. Die Pleuradeckzellen, die ungefärbt 
sind, liefern das Exsudat. 

4) Somit können die »kleinen Lymphocyten« weder hämatogen sein (aleuko- 
tytäres Blut), noch von den Adventitialzellen (Muskelnekrose; Karminversuch), 
noch von den Milzflecken (taches laiteuses, Experimente an der Pleura!) stammen. 
Sie sind Abkömmlinge des Serosaendothels. 

5) Die Fähigkeit, lokal mit Bildung kleiner einkerniger, blutzellenähnlicher 
Zellen zu reagieren, ist wahrscheinlich Eigenschaft vieler Gewebe. Nachgewiesen 
ist sie experimentell bisher für die Deckzellen der Pleura und des Peritoneums, für 


574 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


das Netz und die Adventitialzellen, sowie für die Cornea-Endothelzellen und fü: 
die Iris-Stromazellen. 

6) Die uns in der Klinik im Liquor cerebrospinalis und in Pleuraergüssen ent- 
gegentretenden »kleinen Lymphocyten« sind ebenfalls Abkömmlinge des Sercsa- 
endothels. Lymphocytose in Serosaergüssen beweist nur chronischen Serosareiz, 
keine Spezifität des Antigens. 

7) Bei abklingenden, zuerst polynukleären Entzündungen tritt allmählich 
eine Mononukleose der Ergüsse auf. Für Infarktpleuritis ist die schnelle Um- 
wandlung polynukleärer in monocytäre Sedimentbilder diagnostisch wichtig. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


39. Fritz Weinberg. Beitrag zur »aleukämischen Myelose«. (Med. 
Klinik 1915. Nr. 36. S. 1001.) 

Ein 50jähriger Mann klagte seit etwa 1 Jahre über Stiche in der Seite und 
Völlegefühl und fühlte sich sehr matt und elend und vollkommen ohne Kräfte. 

Die Vorgeschichte hat keine Besonderheiten. Vom Untersuchungsbefunde i= 
hervorzuheben: Das Gesicht durch Erweiterung der kleinsten oberflächlichen 
Gefäße stark blaurot verfärbt, die Skleren subikterisch. Schon bei der Besich- 
tigung sah man eine sehr starke Vorwölbung der linken Hälfte des Bauches. Dir 
Milztumor reichte bis an das kleine Becken, nach rechts bis 2cm an den Nakt: 
er zeigte scharfe Ränder und war bei der Palpation unempfindlich. Leber ùbe:- 
ragte fingerbreit den Rippenbogen. Inguinaldrüsen klein, sonst keine Drüsen- 
schwellungen. Augenhintergrund normal. Trotz Fehlens einer Anämie — č 
fand sich eine normale bis leicht erhöhte Leukocytenzahl, darunter eine greèe 
Zahl pathologischer Formen — zeigte das rote Blutbild eine ziemlich deutich 
Aniso- und Poikilocytose. Daneben starke Polychromasie. Der Hämoglobingebz' 
war leicht erhöht, die Zahl der Erythrocyten etwas vermindert, der Färbeind\ 
also immer über 1. Irgendein Anhaltspunkt, die Splenomegalie anders zu erklärtt, 
wurde nicht gefunden. Auch ohne Milzpunktion glaubt daher Verf. annehm: 
zu können, daß es sich um eine aleukämische bzw. subleukämische Myelose handt':. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


40. Hirschfeld. Chronische Iymphatische Leukämie, im Anschlu 
an eine langdauernde Eiterung entstanden, mit Infiltraten der 
Nase und der angrenzenden Gesichtshaut. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 14.) 

Eine Mitbeteiligung der Haut ist bei der myeloiden Leukämie eine grüßt 
Seltenheit, und fast alle in der Literatur mitgeteilten Fälle betreffen Iymphatisct 
Leukämien oder Aleukämien. Mit Vorliebe pflegt die Gesichtshaut befallen zu 
sein. Immerhin sind auch diese Fälle selten. Reckzeh (Berlin). 


41. G. Scheltema. Erblichkeitsfragen betreffs der Tuberkulose. 
Leiden, S. C. van Doesburgh, 1915. Sonderabdruck a. Nederl. Tijdsch. 

v. Geneesk. 1916. I. S. 496. 

Bekämpfung der Annahme, nach welcher eine durch Mikroorganismen au 
gelöste Erkrankung sich durch Erblichkeit fortzupflanzen vermöge. Die undt- 
dingte Notwendigkeit des infektiösen Agens schließt Erblichkeit sensu strict»? 
aus. Es kann sich in diesen Fällen nur um eine frühzeitige oder eine später auf- 
tretende Infektion handeln. Die Möglichkeit einer unmittelbaren Übertragurs 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 575 


des Virus mit dem Keim, sowie die antenatale Infektion während einer späteren 
Entwicklungsperiode, werden verworfen, erstere unbedingt, letztere hinsichtlich 
ihrer praktischen Bedeutung, indem zwar sichere intrauterine Infektionsfälle be- 
kannt seien, die Entstehung der Erkrankung im späteren Lebensalter als Folgen 
dieser Infektion noch nicht erwiesen sei. In Analogie mit den Erfahrungen bei 
anderen Infektionskrankheiten und in Übereinstimmung mit den heurigen Erb- 
lichkeitstheorien wird auch die Möglichkeit erblich übertragener erhöhter Dis- 
position angezweifelt. Der praktische Wert dieser Ausführungen liegt nach S. in 
dem Schluß, nach welchem eine erfolgreiche Tuberkulosebekämpfung beim Kinde 
anfangen soll. Die Frage nach dem familiären und hereditären Auftreten dieser 
Erkrankung neben demjenigen anderweitiger Leiden — erhöhter Beanlagung 
infolge Erkrankung der Eltern, oder nur infolge erblich übertragener Konstitution — 
wird von S. nicht in genügender Weise behandelt. Zeehuisen (Utrecht). 


42. A. E. Sitsen. Ist es dem Arzte gestattet, Personen mit tuber- 
kulöser Anamnese eine Übersiedelung zum malaiischen 
Archipel nicht zu widerraten? (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. 11. S. 1337—41.) 

Entgegnung der van Loghe m’schen Voraussetzung über die großen Getahren 
des dauernden Aufenthalts des Europäers mit anamnestischer aktiver Tuber- 
kulose im malaiischen Archipel. Die von L. ausgeführten statistischen Er- 
hebungen über die bedeutende Tuberkulosesterblichkeit der »weißen« Bevölke- 
rung im tropischen Klima wird von S. angefochten und zum Teil entkräftet, die 
bessere gesellschaftliche Lage des Europäers in tropischen Gegenden im Gegensatz 
zu derjenigen seiner Heimat betont. Das Fehlen zuverlässiger statistischer Grund- 
lagen über die Zahl der »Vollblut«-Europäer usw. steht einer richtigen Beant- 
wortung der Frage im Wege. S. erachtet den Schaden der Übersiedelung der 
betreffenden Personen äußerst gering. Zeehuisen (Utrecht). 


43. Schlesinger (Berlin). Einiges über den Zusammenhang von 
Klima und Tuberkulose. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 44.) 
Uralte empirische Beobachtungen und zahlreiche Untersuchungen haben er- 

wiesen, daß ein Zusammenhang zwischen Klima und Tuberkulose besteht, welcher 

jedoch nur durch planmäßige systematische Untersuchung zu ergründen ist. Bei 
der Betrachtung der klimatischen Einflüsse auf die Tuberkulose sind alle anderen 

Einflüsse (Beruf, soziale Stellung usw.) auszuschalten. 

Reckzeh (Berlin). 


44, J. Orth (Berlin). Trauma und Lungentuberkulose. (Zeitschrift 

f. Tuberkulose Bd. XXV. Hft. 1. 1915.) 

Es werden vier Obergutachten über angebliche Fälle von traumatischer 
Lungentuberkulose, die von dem bekannten pathologischen Anatom in neuerer 
Zeit erstattet sind, abgedruckt. In dreien wird der Zusammenhang ab- 
gelehnt, in einem wird er bejaht. Es wird namentlich davor gewarnt, solche 
Krankheitserscheinungen, die mehr als 1 Jahr nach dem Unfall auftreten, für 
eine ursächliche Rolle des Traumas zu verwerten. Traumatische Mißstaltung des 
Brustkorbes kann eher als tuberkuloseverhütend, denn als befördernd angesehen 
werden. Verwachsungen der Lunge an sich sind kein Grund auf traumatische 
Entstehung des Lungenleidens zu schließen. Ein längeres Krankenlager nach 


576 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 31. 


dem Unfall kann im Vergleich zu den sonstigen Berufsgefahren eines Tagelöhner: 
nicht als tuberkulosefördernd angesprochen werden. 
Gumprecht (Weimar). 


45. Meyer (Leysin). Tuberculose d’origine traumatique. (Revue méd. 

de la Suisse romande 1915. Nr. 9.) 

Ein großer, kräftig gebauter Mann von 25 Jahren, der mit Ausnahme, daß 
ihm eine Schwester an einer Meningitis wahrscheinlich tuberkulöser Natur ge- 
storben war, eine gute Familiengeschichte besitzt und nie krank gewesen war, 
wird unter die Fahnen gerufen; bei der Mobilisation ist er vollkommen gesund. 
5 Wochen später platzt in einer Schlacht ein großes Geschoß in seiner Nähe. Er 
wird umgeworfen und bleibt einige Stunden bewußtlos liegen. Er erwacht in einer 
großen Blutlache und hat eine starke Lungenblutung. Nirgends die geringste 
Verletzung, die Lungenblutung dauert 3 Tage an. Im Spital wird tuberkuli 
Bronchitis diagnostiziert, und 2 Monate später gelangt der Pat. in ein Lungensans- 
torium, wo im Sputum Tuberkelbazillen nachgewiesen wurden. Wahrscheinlich 
war der Mann, trotz seines blühenden Aussehens, ein latenter Bazillenträger, 
Lungenblutung und Ausbruch der Tuberkulose infolge von heftiger Erschütterung 
des Körpers. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


46. Schamschen Kreinermann. Über das Verhalten der Lungen- 
tuberkulose bei den Juden. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 
1915. Vol. XLV. S. 1546.) 

Die geringe Mortalität der Juden an Lungentuberkulose ist eine feststehende 
Tatsache, die durch statistische Angaben aus vielen Städten erwiesen ist. Auch 
die Morbidität ist bei den Juden eine geringere als bei den Nicht- Juden; z.B. 
fand Biegansky im Jahre 1909 in Czenstochau unter 421 Lungentuberkulösen 
343 Nicht- Juden und nur 78 Juden bei einer Bevölkerung, die fast zur Hälfte avs 
Juden besteht. Es wäre aber unrichtig, anzunehmen, daß die Juden weniger 
disponiert zur Tuberkulose wären als die Nicht-Juden. Betrachtet man die ein- 
zelnen Dispositionsfaktoren, so muß man zum Schluß kommen, daß bei den Jude: 
sogar eine hochgradige Veranlagung zur Tuberkulose besteht. Habitus phthisicıs, 
exsudative Diathese kommen sehr häufig vor, die berufliche Beschäftigung de: 
Juden, die Wohnungsverhältnisse, die allgemeine ökonomische Lage, das Zv- 
sammendrängen in den Städten, all dies disponiert in hohem Maße zu Tuberkulose. 
Auf der einen Seite hochgradige Disposition, auf der anderen verhältnismäßig 
geringe Morbidität und Mortalität, dieses paradoxe Verhältnis wird von Fish- 
berg durch die Annahme einer erworbenen Immunität erklärt. Der Jude habe 
seinen Organismus an das Leben im geschlossenen Raum Jahrhunderte hindurch 
angepaßt. Andere Ärzte suchen die Ursache in den rituell jüdischen Speise- 
gesetzen, häufigen Waschungen, dem geringen Alkoholgenuß und der häufigen 
und frühzeitigen Benutzung ärztlicher Hilfe und Fürsorge für die Armen und 
Kranken. Es scheint, daß eine Summe von Faktoren zusammenwirkt; weitere 
Forschungen sind indes wünschenswert. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. | 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 32. Sonnabend, den 12. August 1916. 


Inhalt. 


0. Seifert, Sammelreferat aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 

Referate: 1. Stern, 2. Simon, 3. Thiele, 4. Orth, 5. Rieder, 6. Schröder, 7. Grau, 
8. Götzi, 9. Petroff, 10. Virchow, 11. Riviere, 13. Burgess, 13. Sinelair, 14. Gerhartz, 
15. v. Szily und Luciani, 16. Oori, 17. Sehneider, 18. Leichtweiss, 19. Hart, Tuberkulose. 


Sammelreferat 
aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
(April bis Juli 1916.) 
Von 
Prof. Dr. Otto Seifert in Würzburg. 


a. Allgemeines. 

Bei 11 Fällen von Lupus erytemathosus verzeichnete Culver (1) 
19 Schleimhautläsionen, an der Wangenschleimhaut 3, am Zahn- 
fleisch 3, am harten Gaumen 1, an den Lippen 4, an der Nase 2 und 
am Rande der Augenlider 4. Von den 11 Kranken waren 9 weiblichen 
Geschlechtes, das Alter variierte von 16 bis 67 Jahren. Nur in 1 Falle 
war die Schleimhaut allein affiziert (Backentaschen und linke Seite 
des Zungenrückens). Die Affektion stellt Flecken dar, rötlich oder 
gelblich oder leukoplakieartig, manchmal erodiert, außerordentlich 
hartnäckig. 

Eine Schrapnellkugel war bei einem Soldaten 5 cm hinter dem 
Mundwinkel in die rechte Gesichtshälfte eingedrungen, Heilung der 
Wunde nach 4 Wochen. Pat. wieder dienstfähig. 5 Monate nach 
der Verletzung Schwellung der linken Gesichtshälfte, Wunde in der 
Nähe des linken äußeren Gehörganges, aus welcher Eckstein (2) 

die deformierte Schrapnellkugel extrahierte, die offenbar im unteren 
Teile des Masseter stecken geblieben und schließlich durch die Kon- 
traktionen des Masseters nach oben gedrängt worden war. 

Bei jeder richtig ausgeführten intravenösen Injektion einer kon- 
zentrierten Lösung von Neosalvarsan oder Salvarsan-Natrium haben 


32 


578 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


die Pat. spezifische Geruchs- und Geschmacksempfindungen, die auf 
Bestandteile des Salvarsans zurückzuführen sind. Die Empfindungen 
treten nach Forchheimer (3) nur auf, wenn die Injektionsnadel 
richtig in der Vene liegt, daher läßt sich mit ihrer Hilfe die technisch 
einwandfreie Durchführung einer intravenösen Injektion kontrol- 
lieren. 

In einer technisch relativ einfachen, jedenfalls gegenüber groben 
Knochenplastiken ungefährlichen Weise macht Johnson (4) nach 
Lokalanästhesie an der Seite der Nase einen scharf gebahnten Kanal 
unter die Haut und führt auf einer Hohlsonde eine vorher von der 
Rippe entnommene Knochenspange ein. 

Häufiger als Streif-, Prell- und Abschüsse wurden in der Frei- 
burger Klinik von Kahler und Amersbach (5) Durch- und Steck- 
schüsse der Nase beobachtet. Von den 55 Fällen reiner Nasenschüsse 
mußten in 25 Fällen die in verschiedenen Abschnitten der Nase ein- 
getretenen Synechien operiert werden. Nicht selten blieb das Pro- 
jektil in der Nase stecken. Nur in einem Falle trat Tetanus nach 
Verletzung der Nase auf. Unter den Komplikationen der Nas:- 
verletzungen spielte auch hier die Hauptrolle die Beteiligung di 
Nebenhöhlen, unter 25 Fällen traumatischer Nebenhöhlenerkrankuns 
betrafen 20 die Kieferhöhle allein. Unter den Verletzungen des Hals: 
waren es vor allem Verwundungen des Larynx, Pharynx und Ọs- 
phagus, vereinzelt kamen auch Verletzungen der großen Gefäße m: 
nachfolgender traumatischer Aneurysmabildung zur Beobachtung. 

Für die Anfertigung von Gesichtsprothesen werden genaue Vor- 
schriften angegeben. Klocke (6) macht auch zuerst einen Gipsabgu:. 
benutzt ebenfalls wie Zinsser, Warnekros u. a. eine Gelatinema:s. 
die von dem Pat. selbst immer wieder zur Erneuerung der Prothese 
verwendet werden kann. 

Wie die Beobachtungen von Landau (7) zeigen, sind die Lepto- 
thricheen zweifellos sehr wandlungsfähig, vermutlich ähnlich wie di 
Streptothricheen. 

Durch seine Ausführungen glaubt Mink (8) gezeigt zu haben. 
daß den Tonsillen im Haushalte unseres Organismus eine bedeutend: 
Rolle zukommt, die weder von den Physiologen noch von den Kliniker 
die nötige Berücksichtigung findet. 

Mit der Spraybehandlung des Asthmas nach Ephraim erzielte 
Noltenius (9) gute Erfolge, zumal mit einem von ihm angegebenen 
Instrument, dessen Handhabung als eine sehr einfache bezeichnet wird. 

Die Infektionsquelle bei dem aus Bosnien stammenden Pat. 
war nicht zu ermitteln. Es handelte sich um Lepra der Lunge, def 
Tonsillen, der hinteren Gaumenbögen, der Uvula, des Kehlkopfes und 
des Gesichtes. Die Diagnose sicherte Onodi (10) durch den Nachweis 
von Leprabazillen. Therapeutisch wurde Chaulmoograöl, Airol, Re- 
sorzin und Lepraserum ohne nachweisbaren Erfolg angewandt. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 579 


Ausgehend von der Beobachtung bei seinen Vergiftungsfällen mit, 
Trichloräthylen, daß bei diesen die Sekretion der Nasenschleimhaut 
derartig herabgesetzt war, daß völlige Anosmie die Folge war, machte 
Plessner (11) in zwei Fällen von krankhafter Hypersekretion der 
Nase Inhalationsversuche mit Trichloräthylen (je 5 Tropfen). Aus 
dem guten Erfolge im ersten Falle, Morbus Basedow, glaubt P. die 
Hoffnung schöpfen zu dürfen, daß sich Trichloräthylen bei Heufieber 
als ein außerordentlich wirksames Mittel, ja vielleicht als ein Spezi- 
fikum erweisen wird. | 

Für die Behandlung der Halsverletzungen, namentlich der Hals- 
schüsse, fordert Zeller (12), falls aus der Schußrichtung, aus Schluck- 
beschwerden, Heiserkeit, Aphonie, Schwellung und Druckempfind- 
lichkeit neben Kehlkopf und Trachea auf eine Speiseröhrenverletzung 
zu schließen ist: 1) Zunächst Verbot jeder Nahrung, 2) schleunige 
breite Eröffnung des periösophagealen Raumes, 3) Verbot der Ein- 
führung einer Schlundsonde vor der Operation, während sie nach der 
Operation unter Umständen eingelegt werden darf, 4) bei gleichzeitiger 
Durchbohrung des Kehlkopfes oder der Luftröhre Tracheotomie mit 
Einlegung einer Tamponkanüle. 


b. Nase. 

Nach mehrfacher Sondierung der betreffenden Nasennebenhöhlen 
führt Diebold (13) eine entsprechend gebogene Sonde ein, an welche 
ein Körnchen amorphkristallinischen Hexaäthyls angeschmolzen ist. 
Das flüssige Sekret, welches durch die Reizung des in die Höhle ein- 
geführten Farbstoffes sich ergossen hat, löst beständig Farbstoff auf, 
$9 daß auf diese Weise sich das aus der Nebenhöhle stammende Sekret 
erkennen läßt. 

Das Verfahren von Eysell (14) beruht auf einer Auswärtsdrän- 
gung der Muscheln durch einen Sperrer, welcher dem Heister’schen 
Mundsperrer nachgebildet ist. Operation in Lokalanästhesie, einer 
besonderen Nachbehandlung bedürfen nur wenige Fälle. 

Ein Mann mittleren Alters hatte vor 7 Jahren durch einen Huf- 
schlag gegen den linken Unterschenkel eine komplizierte Fraktur er- 
litten, daran anschließend 3 Jahre lang Knocheneiterungen. Noch 
während des Bestandes der Eiterung Drüsenschwellungen, allmählich 
seneralisiert. Eine leukämische Infiltration der Haut der Nase und 
der angrenzenden Gesichtshaut entwickelte sich seit etwa !/, Jahre. 
Wenn sich die Erkrankung der Haut wie in diesem Falle bei einer 
ausgebildeten Leukämie entwickelt, hält Hirschfeld (15) die Dia- 
snose für sehr leicht. | 

In dem ersten der von Killian (16) vorgestellten Fälle hatte sich 
nach der Radikaloperation (es lag der rechte Stirnlappen vor und 
sranulierte) ein Stirnlappenabszeß in die Nase entleert, im zweiten 
Falle, der eine Zertrümmerung des Stirnbeins zeigte, konnte ein in der 
ersten Stirnwindung gelegener Abgzeß entleert werden, nachdem ein 


32* 


580 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


derartiger in der zweiten Stirnwindung gelegener beseitigt war. Trotz 
Drainage der beiden Abszesse war ein Gehirnprolaps eingetreten. Im 
dritten Falle schwere Schußverletzung beider Stirnhöhlen mit Fistel- 
bildung. Bei der doppelseitigen Radikaloperation kam ein großer 
Sequester zum Vorschein. 

In einem Falle von Verlust der Nasenspitze durch einen russischen 
Kavalleriesäbel deckte v. Lesser (17) den Defekt durch einen Haut- 
lappen aus der Nasenhaut und erzielte (s. Abbildung) einen sehr guten 
kosmetischen Effekt. | 

Um nach den Verletzungen die so schwere Störungen bedingenden 
und oft nur durch langwierige Behandlung zu beseitigenden Verwach- 
sungen zu verhüten, fordert Schlesinger (18) möglichst frühzeitige 
Tamponade, auch wenn keine stärkere Blutung besteht. Jedoch 
müssen die Tampons derart angelegt sein, daß sie ohne Schwierig- 
keiten täglich einmal gewechselt werden können. 

Ein an der Nasenspitze (12jähriger Knabe) sich entwickeinder 
Furunkel wurde anfänglich als Folge eines Mückenstiches aufgefaßt. 
Am 6. Tage nach Beginn der Erkrankung Aufnahme (in die Sieben- 
mann’sche Klinik) mit hohem Fieber, Somnolenz, Schwellung des 
Gesichtes, Vortreibung des linken Bulbus. Diagnose: Orbitalphleg- 
mone, Thrombophlebitis, Meningitis. Eine von Wacker (19) vor- 
genommene ausgiebige Inzision deckt eine diffuse gangräneszierende 
Phlegmone des orbitalen Zellgewebes auf. 7 Tage nach Beginn der 
Erkrankung Exitus. Sektion ergibt eine von einem Nasenfurunkel 
ausgehende Staphylokokkämie, Orbitalphlegmone, Thrombophlebitis 
beider Sinus cavernosi und der anstoßenden Venengebiete, Meningitis 
purulenta. 

Nach einer an 455 Operationen gemachten Erfahrung behauptet 
West (20), daß man, wo die Operation indiziert ist, in über 90°; der 
Fälle dauernde Heilung erzielen könne, worunter zu verstehen ist, 
daß nicht nur die Eiterung einer Dakryocystitis beseitigt oder eine 
Tränenfistel zur Schließung oder eine Phlegmone zur Heilung ge- 
bracht wird, sondern eine dauernde Verbindung, eine künstliche Fistel 
zwischen Bindehautsack und Nase geschaffen wird, die nachher physio- 
logisch funktioniert und die Tränenflüssigkeit nach der Nase zu ab- 
leitet, wie unter normalen Verhältnissen. 

Die von Zinsser (21) seinerzeit gegebene Anleitung zur An- 
fertigung künstlicher Nasen (s. d. Zentralblatt 1914, Nr. 7, Sammel- 
referat des IV. Quartals 1913) wird noch weiter ausgeführt und ergänzt. 
Die Abbildungen einer durch Granatschuß zerstörten Nase zeigen 
den ausgezeichneten kosmetischen Ausgleich. 


c. Mund — Rachen. 
Unter 610 Mandelentzündungen, hauptsächlich neu eingestellte 
Schiffsjungen betreffend, stellte sich bei 10% akuter Gelenkrheuma- 
tismus als Folgekrankheit ein. Es bedeutet demnach die Tonsillitis 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 581 


wegen der schweren Folgeerscheinungen eine Gefahr für unseren jungen 
Marineersatz. Brodzki (22) fordert, daß schon bei der Einstellung 
der Schiffsjungen außer der Prüfung des Gebisses auch eine genaue 
Untersuchung der Tonsillen vorgenommen werde. Jeder Marinesoldat, 
der große Tonsillen hat oder bereits eine Tonsillitis durchgemacht hat, 
soll in der Zwischenzeit chirurgisch so weit behandelt werden, daß er 
über bakteriendichte Tonsillenschleimhäute verfügt. 

Eine besondere Form rezidivierender Angina bei Kindern ist 
nach Döbeli(23) intestinalen Ursprunges und von ihm besonders häufig 
bei Kindern mit exsudativer Diathese beobachtet worden. Behand- 
lung besteht hauptsächlich in der Verordnung jener Vorschriften, die 
Czerny für die exsudative Diathese gibt, nur soll man Vorsicht in der 
Darreichung von rohem Obst walten lassen, nie bei nüchternemMagen, 
sondern nur als Nachspeise genießen lassen. 

Das Subkutinmundwasser wirkt nach Floer (24) in einer Ver- 
dünnung von 1:3 Wasser schmerzstillend, adstringierend und des- 
infizierend bei völliger Ungiftigkeit. 

Vor Ausführung der Tonsillektomie soll man nach Kofler (25) 
darauf sehen, daß beim Pat. und in dessen nächster Umgebung keine 
akuten oder subakuten Erkrankungen der oberen Luft- und Speise- 
wege vorliegen, gegebenenfalls ist eine geraume Zeit vom Tage des 
Ablaufens solcher Erkrankungen bis zum Tage der Operation zu 
warten. Vor der Operation einige Tage lang möglichste Desinfektion 
von Mund und Rachen (Formamint), während der Wundheilung fü: 
möglichste Reinheit der Nahrung zu sorgen, verbunden mit gleich- 
zeitiger Mund- und Zahnpflege und Rachendesinfektion. 

Die »probatorische Mandelmassage« wird von Müller (26) unter 
Kontrolle von Temperatur und Puls mit dem Finger vorgenommen. 

In einem Falle (30jährige Frau), bei dem fast jeder Backzahn mit 
einer großen, bis unter das Zahnfleisch reichenden Amalgamfüllung 
gefüllt war, hatte sich eine typische Stomatitis mercurialis entwickelt. 
Nach Entfernung der Amalgamfüllung und Ersatz durch Goldkronen 
und Goldeinlagefüllungen war mit Beendigung der Behandlung die 
Stomatitis verschwunden. Wolff (27) ist der Meinung, daß das Amal- 
gam fehlerhaft zusammengesetzt war. 


d. Stimme und Sprache. 

In dem vorliegenden Aufsatze werden von Grossmann (28) die 
in Betracht kommenden anatomischen und physiologischen Verhält- 
nisse in Kürze rekapituliert und die Methoden zur Verbesserung der 
Stimme bei einseitiger Stimmbandlähmung besprochen. 

Der erste Fall von Gutzmann (29) betraf einen Offizier, bei dem 
eine Schrapnellkugel zum rechten Auge hinein und quer an der Schädel- 
basis durchgegangen war. Der rechte Recurrens war vollständig 
durchrissen, ebenso der rechte Hypoglossus und Glossopharyngeus. 
Ähnlich waren die Verletzungen bei dem 2. Falle: Kugel unmittelbar 


582 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


unter dem linken Auge hinein- und am Nacken herausgegangen. Läh- 
mung des linken Recurrens, Hypoglossus und Accessorius. 3. Fail: 
Linkseitiger Tangentialschuß, ‘der gerade durch die Sprachregion 
gegangen ist, motorische und sensorische Aphasie. Nach Wiederher- 
stellung der Sprache Krampfanfälle, Operation: Entleerung einer 
Cyste und Abmeißelung eines scharfen Knochenrandes. Aufhören 
der Krampfanfälle. 4. Fall: Offizier, der als Kind gestottert hatte, 
bekam im Felde sehr schweres Stottern. Heilung. 


Nach seiner (s. dieses Zentralblatt 1916, Nr. 18, Sammelreferat 
Nr. 55) Methode behandelte Muck (30) 12 weitere Fälle von Schreck- 
lähmungen der Stimme bei Soldaten. 


In einem Falle von hysterischer Anhoniea erzielte Pollak (31) 
prompten Erfolg nach dem Urbantschitsch’schen Verfahren (s. 
Sammelreferat I. Quartal 1916, Nr. 46), das in der Friedenspraxis 
auf jene hartnäckigen Fälle beschränkt werden soll, die mit anderen, 
schonenderen Methoden nicht geheilt werden können. Für die kriegs- 
ärztliche Praxis dürfte die Urbantschitsch’sche Methode zur 
Methode der Wahl erhoben werden. 


Die experimentellen Untersuchungen von L. Rethi (32) konnten 
den strikten Beweis für die Besserung der Resonanz Busen Wegsan- 
machen der Nasenhöhlen erbringen. 


Die Untersuchungen von Weinberg (33) in den Stockholmer 
Volksschulen beziehen sich auf den Stimmumfang in den verschiedenen 
Altersstufen, sowie auf das Vorkommen von Heiserkeit, besonders 
chronischer Natur. Bei der Untersuchung wurden auch die ver- 
schiedenen Vokaleinsätze berücksichtigt und dabei gefunden, daß nur 
207, d.h. ein Viertel der Kinder, beim Sprechen unbewußt den leisen 
Vokaleinsatz gebrauchten, beim Singen 182. Alle übrigen, also 66. 
verwendeten beim Sprechen den scharfen Einsatz. In diesem ist eir. 
beträchtlicher Faktor zu erblicken, wenn es sich darum handelt, die 
Entstehung des großen Prozentsatzes chronisch Heiserer, die vor 
allen während des ersten Schuljahres gefunden werden, zu erklären. 
Die Aufmerksamkeit der Schulärzte soll auf diese Verhältnisse g:- 
richtet werden. 


c. Larynx und Trachea. 

Der Bericht von Amersbach (34) bezieht sich auf 107 Fälle von 
funktioneller Aphonie, die in der Kahler’schen Klinik bei Heeres- 
angehörigen beobachtet wurden. Dem Alter nach kamen 2 auf das 
Alter unter 20 Jahren, 53 auf des Alter 20—30, 43 auf das Alter 30—49. 
9 auf das Alter über 40. Die Aphonie trat unter den verschiedensten 
Formen auf. Unter den therapeutischen Maßnahmen behauptete die 
endolaryngeale Faradisation ihre prädominierende Stellung. 

Ein Fall von multipler Sklerose mit beiderseitiger Porticuslähmung 
wurde angefügt. 


Zentralblatt für innere Medizin, Nr. 32. 583 


Eine Reihe von Fällen, über welche v. Bokay (35) berichtet, 
zeigt, daß selbst massigere, mehr als 3cm lange Fibrinmembranen 
durch die Intubationstube ausgestoßen werden können, wenn die 
Expulsionskraft des Hustens genügend groß ist. 

Für größere Kehlkopf-Luftröhrendefekte empfiehlt Capelle (36) 
unter Mitteilung eines Falles von Schrapnellverletzung eine Methode 
mit Bildung eines nach innen geschlagenen einfachen Hautlappens 
aus der Oberschlüsselbeingegend und eines darübergelegten Haut- 
Periost-Knochenlappens aus dem Sternum, in dessen Spongiosa eine 
längsgestielte Hohlrinne gegraben wird, die ihrer Form entsprechend 
imstande ist, die rundliche Lichtung der im Beriche des Defektes 
fehlenden Kehlkopf-Luftröhrenwand bis über die Hälfte der Zirkum- 
ferenz zu ersetzen. | 

Die Verletzungen sind fast immer nur einseitig. Dringt der Schuß 
durch das Auge oder unterhalb des Auges ein, so wird gewöhnlich 
gleichzeitig mit dem Stimmnerv auch der Geschmacks- und Schluck- 
nerv verletzt, sowie der gleichseitige Zungennerv und der entsprechende 
Schulternerv. Dringt der Schuß durch Hals oder Brust ein, so kann 
nach Gutzmann (37) der Stimmnerv allein verletzt werden. 

Ein Soldat verschluckte eine Nähnadel, die sich in sagittaler 
Richtung derart einspießte, daß sie die Speiseröhre und den Kehl- 
kopf dicht oberhalb der Stimmlippe von vorn nach hinten symmetrisch 
durchquerte. Die Nadel wurde von Kirschner (38) durch die Öso- 
phagotomie leicht entfernt. Dann Magensonde durch die Nase. 
Heilung. | 

3Yjährige Pat. mit Schlingbeschwerden infolge eines Karzinoms 
des Ösophagus in der Höhe der Cartilago cricoidea. Kirschner (39) 
führte die Resektion des Ösophagus und des Kehlkopfes aus. Peri- 
pherer Luftröhrenstumpf und Ösophagusstumpf werden in die Haut 
eingenäht, der Pharynx primär verschlossen. 

Bei einem tot eingelieferten Flieger fand Reinhardt (40) bei 
der Autopsie außer geringer Leberzerreißung, großem Bluterguß in 
der Umgebung der rechten Niere infolge teilweiser Abreißung der 
rechten Nierenarterie, Quetschung des Kinns, der Lippen und der 
Nase, Blutung in die Nasennebenhöhlen. Die Trachea quer durch- 
tissen im obersten Abschnitt, Aspiration von Blut in die Luftröhre, 
Bronchien und in die Lunge. Der Ringknorpel zerbrochen, ein Teil 
desselben, noch mit der Schleimhaut zusammenhängend, steckt im 
obersten Teil der Trachea. Der Flieger war aus dem Apparat heraus- 
geschleudert worden und auf Gesicht und Stirn gefallen, die Trachea 
durch den Riemen der festgeschnallten Kopfschutzkappe eingeschnürt, 
gequetscht und subkutan durchrissen worden. 

‚ Bei einem Soldaten entstand infolge von übermäßigem Ex- 
Spirationsdruck bei tetanischem Glottiskrampf ein kleiner Riß der 
Trachea, der zu subkutanem Emphysem in der linken Supraclavicular- 


584 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


grube führte. Nach der Tracheotomie hörten die Tetanuserscheinungen 
innerhalb 4 Tagen vollständig auf. 6 Tage nachher Prieumonie, 
Exitus. Bei der Sektion konnte Walcher (41) den Riß in der Trachea 
nicht mehr finden. 


Die geeignetste Methode für die Entfernung sowohl der intra- 
wie der extrapharyngealen Fibrome scheint Wolffheim (42) die 
breiteste Eröffnung der Oberkieferhöhle unter Narkose mit peroraler 
Tubage zu sein. Diese Methode bietet möglichst gute Aussicht für 
radikale Heilung, es werden die schweren Eingriffe der früher üblichen 
»Präliminaroperationen«e umgangen und kosmetisch störende Haut- 
schnitte vermieden. Die prophylaktische Tracheotomie wird durch 
perorale Tubage überflüssig gemacht. 


Literatur: 


a. Allgemeines. 

1) Culver, Lupus erythematosus der Schleimhäute. Dermat. Zeitschrift 
1916. 16. 

2) Eckstein, Zur Ätiologie der Ortsveränderung der Projektile bei Steck- 
schüssen. Militärarzt 7. 1916. S. 135. 

3) Forchheimer, Geruchs- und Geschmacksempfindungen nach intrz- 
venösen Injektionen von Salvarsan. Derm. Zentralblatt 1916. März. 

4) Johnson, Neue Wege für die Plastik mit subkutanen Knorpel- urd 
Knochenspangen. Zentralblatt für Chirurgie 1916. 20. 

5) Kahler und Amersbach, Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem 
Gebiete der Rhino-Laryngologie im ersten Kriegsjahre. Archiv f. Laryngelog: 
Bd. XXX. Hft.2. 1916. 

6) Klocke, Herstellung künstlicher Gesichtsprothesen. Med. Klinik 
21. 1916. 

7) Landau, Über diphtherieähnliche Stäbchen in der normalen Mundhöt!: 
und ihre Beziehungen zur Leptothrix. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 26. 

8) Mink, Der Weg des Inspirationsstromes durch den Pharynx im Zu- 
sammenhange mit der Funktion der Tonsillen. Archiv f. Laryngologie Bd. XXX. 
Hft. 2. 

9) Noltenius, Zur Technik der Asthmabehandlung mittels biegsamen 
Spray nach Ephraim. Archiv f. Laryngologie Bd. XXX. Hft. 2. 

10) Onodi, Leprader oberen Luftwege. Archivf.Ohrenheilkunde Bd. XCIX. 
Hft.1 u. 2. 

11) Plessner, Vorläufige Mitteilung über Behandlungsversuche der Trige- 
minusneuralgie mit Trichloräthylen. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 19. S. 514. 

12) Zeller, Zur Behandlung der Speiseröhrenverletzungen am Halse. Mün- 

chener med. Wochenschrift 1916. 25. 


b. Nase. 
13) Diebold, Sekretfärbung als Hilfsmittel zur Diagnose der Nasenneben- 
höhleneiterungen. Archiv f. Laryngologie Bd. XXX. Hft. 2. 
14) Eysell, Ein einfaches Verfahren zur Beseitigung der Nasenenge. Deutsche 
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Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 585 


15) Hirschfeld, Chronische Ivmphatische Leukämie, im Anschluß an eine 
langdauernde Eiterung entstanden, mit Infiltration der Nasc und der angrenzenden 
Gesichtshaut. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 14. 

16) Killian, Vorstellung dreier Fälle von Stirnbein- bzw. Stirnhöhlenschuß. 
Berliner klin. Wochenschrift 1916. S.548. 20. 

17) v. Lesser, Plastischer Ersatz der verlorenen Nasenspitze aus der Haut 
des Nasenrückens selbst. Münchener med. Wochenschrift 1916. 14. 

18) Schlesinger, Über die erste Versorgung bei Nasenverletzungen. Mün- 
chener med. Wochenschrift 1916. 14. 

19) Wacker, Furunkel der Nase mit Exitus letalis infolge septischer Throm- 
bose des Sinus cavernosus. Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1916. 14. 
20) West, Resultate der intranasalen Eröffnung des Tränensackes in Fällen 

von Dakryostenose. (Erfahrung an über 400 Operationen.) Archiv f. Laryngo- 
logie Bd. XXX. Hft. 2. 

21) Zinsser, Zur Technik der Anfertigung künstlicher Nasen. Münchener 

med. Wochenschrift 1916. 14. 


c. Mund — Rachen. 


22) Brodzki, Beitrag zur Kenntnis des kausalen Zusammenhanges zwischen 
Angina und Gelenkrheumatismus und deren mögliche Folgen auf die Wehrfähig- 
keit. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 16. 

23) Döbeli, Zur Ätiologie der Angina der Kinder. Korrespondenzblatt f. 
= Schweizer Ärzte 1916. 15. 

24) Floer, Ein schmerzstillendes Gurgel- und Mundwasser. Deutsche med. 
Wochenschrift 1916. 23. 

25) Kofler, Phlegmonen nach Tonsillektomie. Monatsschrift f. Ohrenheil- 
kunde 1916. Hft.3 u. 4. 

26) Müller, Der klinische Nachweis der okkulten Herdquelle bei Infektions- 
krankheiten durch Tonsillenmassage. Med. Klinik 1916. 19. 

27) W. Wolff, Stomatitis mercurialis durch Amalgamfüllungen. Dermat. 
Zentralblatt 1916. 7. 
d. Stimme und Sprache. i 


28) Grossmann, Heilmethoden zur Verbesserung der Stimme bei einseitiger 
Stimmbandlähmung. Monatsschrift f. Ohrenheilkunde 1916. Hft. 3 u. 4. 

29) Gutzmann, Vorstellung einiger Fälle von Stimm- und Sprachstörungen 
durch äußere Verletzungen. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 20. S. 549. 

30) O. Muck, Psychologische Beobachtungen bei Heilungen funktionell 
stimmgestörter Soldaten. Münchener med. Wochenschrift 1916. 22. 

31) L. Pollak, Zur Behandlung der hysterischen Aphonie Kriegsverletzter. 
Med. Klinik 1916. 20. 

32) L. Rethi, Untersuchungen über den Einfluß der Weite der Nasenhöhle 
auf die Resonanz. Wiener med. Wochenschrift 1916. 14. 

33) Weinberg, Studien über das Stimmorgan bei Volksschulkindern. (Aus 
einer schulhygienischen Untersuchung.) Archiv f. Laryngologie Bd. XXX. Hft. 2. 


e. Larynx und Trachea. 


34) Amersbach, Erfahrungen über funktionelle Larynxstörungen bei 
Heeresangehörigen. Archiv f. Laryngologie Bd. XXX. Hft. 2. 

35) v.Bokay, Können Pseudomembranen durch die O’Dwyer’sche Tube 
eliminiert werden? Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. LXXXIII. Hft.2. 1916. 


586 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


36) Capelle, Über plastischen Ersatz von Kehlkopf-Luftröhrendkfekten. 
Beiträge z. klin. Chirurgie Bd. XCIX. Hft. 2. 1916. 

37) H. Gutzmann, Wie entsteht die Stimmlähmung durch Schußverletzur.g 
‚und wie können wir helfen? Zeitschrift f. Krüppelfürsorge Bd. IX. Hft.2. 1%:. 

38) Kirschner, Fremdkörper im Ösophagus und Larynx. Berliner kli.. 
Wochenschrift 1916. 18. S. 491. 

39) Kirschner, Totalexstirpation des Kehlkopfes und des benachbarte: 
Abschnittes der Speiseröhre. Berliner klin. Wochenschrift 1916. 18. S. 491. 

40) Reinhardt, Totale quere subkutane Zerreißung der Luftröhre. Mun- 
chener med. Wochenschrift 1916. 22. S. 799. 

41) Walcher, Ruptur der Trachea bei Tetanus. Münchener med. Wecher- 
schrift 1916. 19. 

42) Wolffheim, ZurOperation der juvenilen (echten) Nasen-Rachenfibrum:. 
Monatsschrift f. Ohrenheilkunde 1916. Hft.3 u. 4. 





Referate. 


1. E. Stern (Straßburg i. E.). Zur Statistik der Tuberkulose im 
Kindesalter in Elisaß-Lothringen. (Zeitschrift für Tuberkulis 
Bd. XXIV. Hft.6. 1915.) 

Als Material der Untersuchung dienten die Angaben des statistischen Lard.- 
amts für Elsaß-Lothringen aus den Jahren 1905 bis 1912. Der allgemeine Abi: 
der Tuberkulosesterblichkeit während dieser Periode betrug in Elsaß-Lothringen 
7,5 auf 10000. Den stärksten Rückgang wiesen die jüngeren Kinder etwa t.: 
zum 3. Jahre, und unter ihnen namentlich die Säuglinge, auf, wälffend im schu!- 
pflichtigen Alter der Rückgang wesentlich weniger betrug; so fiel in dem Alters- 
abschnitt 10 bis 15 Jahre die Tuberkulosesterblichkeit nur von 11 auf 9 (imm:: 
auf 10000 berechnet). Gumprecht (Weimar). 


2. Simon (Elberfeld). Nachuntersuchungsergebnisse von Kindern 
der Jahrgänge 1910 und 1911 nebst Bemerkungen über die 
Frage der Heilstättenbehandlung tuberkulöser Kinder. (Zeit 
schrift f. Tuberkulose Bd. XXV. Hft. 2. 1916.) 

Von 436 ehemaligen Pfleglingen der Kinderheilstätte Aprath bei Elberfe.i 
konnten 3 bis 4 Jahre nach der Entlassung Nachrichten eingezogen werden. Die 
Nichttuberkulösen und die Skrofulösen hatten sich während dieser Zeit ausnahmslas 
gut gehalten. Etwas schlechtere Ergebnisse zeigten die Bronchialdrüsentubir- 
kulosen. Wiederholte Kuren sind hier wirkungsvoller als eine lange. Körperliche 
Minderwertigkeit wirkt besonders ungünstig. Fistelnde Knochenerkrankung:: 
ergeben ungünstige Voraussage. Durch leichtsinnigen und unerziehlichen Charakter 
wird die Prognose der Tuberkulose verschlechtert. Ganz ungünstig ist die offene 
Lungentuberkulose bei Kindern; in dem Material des Verf.s blieben 21°, arbeits- 
fähig, der Rest war meist bereits gestorben. Gumprecht (Weimar). 


3. & Adolf Thiele (Chemnitz). Tuberkulöse Kinder, 256 S. m: 
11 Abbildungen. Mk.6,—. Leipzig, L. Voss, 1915. 

Auf Grundlage der Erfahrungen, die er als Stadtschularzt in Chemnitz gemacht 

hat, gibt T. hier Ratschläge für Tuberkulosebekämpfung im Kindesalter. Aus 


Zentralbiatt für innere Medizin. Nr. 32. 587 


dem pathologischen Institut in Chemnitz sind 319 Sektionen gesammelt, bei denen 
Tuberkulose von Kindern festgestellt wurde; es ergibt das im Verhältnis zum 
gesamten Material des Instituts an Kindersektionen 14,8% Tuberkulose im Kindes- 
alter bis zu 15 Jahren. Der Prozentsatz steigt mit zunehmenden Jahren an. 
Auch durch die klinischen Untersuchungen der Schulkinder ließ sich dieses An- 
steigen verfolgen, es ergaben sich im 1. Schuljahr 1,1%, im 4. Schuljahr 1,80 
im 8. Schuljahr 1,9%, lungentuberkulöse Kinder. Ein weiteres Drittel dieser 
Erkrankungsziffer traf außerdem auf Knochentuberkulose. Die Tuberkulose ist 
also imSchulalter keineswegs sehr selten. Im Deutschen Reiche sind bei 800 000 
Lungenkranken etwa zwei Millionen gefährdete Kinder zu rechnen; diese Kinder 
müßten in kleinen Heimen auf dem Lande oder in Familien im Dorfe und kleiner 
Stadt untergebracht werden, Die Stadt Chemnitz hat einen besonderen Typus 
der Erholungsstätten für Kinder geschaffen; die Aufzunehmenden müssen sich 
verpflichten, mindestens 30 Tage dort zu bleiben. Die Liegezeiten betragen 
täglich 5 Stunden. — Nachahmenswert sind auch die gut zusammengestellten 
Merkblätter und Plakate des Chemnitzer Vereins zur Bekämpfung der Schwind- 
sucht, für die allerdings zum Teil der Nachdruck verboten ist. Die hier nieder- 
gelegten Erfahrungen werden namentlich für die Arbeit in Fürsorgestellen nutzbar 
gemacht werden können. Gumprecht (Weimar). 


4. J. Orth. Geschlecht und Tuberkulosesterblichkeit. (Zeitschrift 
f. Tuberkulose Bd. XXV. Hft. 4. 1916.) 


Die Medizinalstatistik (anscheinend ist die deutsche gemeint) zeigt, daß in 
den letzten 20 Jahren die Tuberkulosesterblichkeit erheblich abgenommen hat. 
Die Abnahme betrifft das jugendliche Alter nur wenig, um so mehr das Greisenalter. 
Im 70. Lebensjahre ist sie z. B. von etwa 75 auf 25 gesunken (immer auf 10 000 Le- 
bende berechnet). In der Altersperiode zwischen 5 und 20 Jahren übertraf oder 
übertrifft die Sterblichkeit der Frauen diejenige der Männer; hier ist übrigens bei 
beiden Geschlechtern nur ein ganz geringer Abfall zu bemerken. In allen anderen 
Altersperioden bleibt die Frauensterblichkeit unter derjenigen der Männer. — 
Weniger große Unterschiede ergeben sich, wenn man die Zahlen auf 100 Sterbe- 
iälle überhaupt ausrechnet, weil auch die anderen Todesursachen vielfach ab- 
genommen haben. Gumprecht (Weimar). 


5. Rieder (München). Lungenschüsse und Lungentuberkulose. 

(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Die Lungenkrankheiten liefern zweifellos einen großen Prozentsatz unter den 
inneren Erkrankungen im Felde. Am schlimmsten haben diejenigen zu leiden, 
die mit einer offenen Tuberkulose behaftet ins Feld gezogen sind. Die Statistiken 
über Erkrankung an Tuberkulose im Kriege wie im Frieden werden erst einmal 
eine größere Bedeutung gewinnen, wenn das Röntgenverfahren zur Diagnose 
allgemein mitbenutzt wird. Reckzeh (Berlin). 


6. G. Schröder (Schömberg). Betrachtungen über die Tuber- 
kulose im Heere zur Zeit des Krieges. (Zeitschrift f. Tuberkulose 
Bd. XXIV, Hft.5. 1915.) | 
Nach einigen Vorbemerkungen über Ätiologie und Diagnose äußert sich S. 
zur Therapie dahin, daß wir bei den meisten Fällen von Kriegstuberkulose mit 
dem physikalisch-diätetischen Rüstzeug auskommen. Tuberkulin mag in ge- 


588 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


eigneten Fällen vorsichtig angewendet werden; das Erreichen eines energischen 
Zustandes durch Tuberkulinimpfungen ist aber kein Kriterium für die wieder- 
erlangte Felddienstfähigkeit, sondern befördert eher die Neigung zu Rezidiver. 
Von den bisher aus der Anstalt Schömberg entlassenen Kriegsteilnehmern wurden 
22,7%, als feldienstfähig, 17,9% als garnisondienstfähig, aber voraussichtlich bzid 
felddienstfähig, 56% einfach garnisondienstfähig bezeichnet. 3,4% waren dienst- 
unbrauchbar oder starben. Gumprecht (Weimar). 


7. H. Grau (Honnef). Krieg und Lungentuberkulose. (Zeitschrift 
f. Tuberkulose Bd. XXIV. Hft.5. 1915.) 

Es wurde das Krankenmaterial der Heilstätte: »Rheinland«, in der ein: 
Heeresabteilung eingerichtet ist, verwertet, im ganzen 100 Fälle, im Alter hi: 
42 Jahre, 39%, der Fälle hatten schon vor dem Kriege eine als tuberkulös erkannt: 
Erkrankung durchgemacht, zumeist innerhalb der letzten 5 Jahre. Auffallend 
viele Fälle hatten im Winter regelmäßig heftige Erkältungen durchgemacht, andere 
wieder Lungenentzündungen, so daß zweifellos die überwiegende Mehrzahl sches 
vorher latent als tuberkulös angesprochen werden muß. In einzelnen Fällen tra: 
die Erkrankung nach der Typhusschutzimpfung auf; in anderen Fällen trat die 
Lungenblutung nach Granateinschlag in unmittelbarer Nähe, ohne äußere Ver- 
letzung ein, in anderen wieder nach Verschüttung im Unterstand oder nach Kolt- 
stoß in die Rippen. In zwei Fällen, in denen jeder starke häusliche Ansteckunss- 
gelegenheit gehabt hatte, trat die Tuberkulose unmittelbar nach Brustschuß «:. 
Die kleinere Hälfte der Erkrankten gehörte zu den leichten Fällen. — Die Aus- 
scheidung der Tuberkulosekranken aus dem Heere findet rasch statt, die Be- 
handlungsgrundzüge sind weitherzig, und es ist deshalb anzunehmen, daß sich dt 
Tuberkuloseschäden des Heeres in mäßigen Grenzen halten werden. 

Gumprecht (Weimar). 


8. Götzl. Krieg und Tuberkulosebekämpfung. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 13. S. 407.) 

Der Abtransport aller dem Heeresverbande angehörenden Tuberkulösen und 
Tuberkuloseverdächtigen in ihr Heimatsgebiet auf dem kürzesten Wege ent- 
spricht den Geboten der Humanität; er bedeutet in medizinischer Hinsicht di: 
Basis für eine Erfolg versprechende Behandlung und möglichsten Schutz de: 
Gesunden; in ökonomischer und verwaltungstechnischer Beziehung stellt er eis: 
wesentliche Vereinfachung dar. Als Sammelstellen sind aus allen den ancse- 
führten Gründen die dem Heimatsgebiete der Kranken entsprechenden Stelln 
der Heeresorganisation, die Ergänzungsbezirkskommandos, heranzuziehen. 

Seifert (Würzburg). 


9. Petroff (Sarenak Lake, N. Y., U.S.). Eine neue Methode zur 
Isolierung und Kultur des Tuberkeibazillus, (Zeitschrift f. Tuber- 
kulose Bd. XXIV. Hft. 4. 1915.) 

Während Gentianaviolett die Entwicklung anderer Bakterien hindert, schädist 
es die Kultur des Tuberkelbazillus in gewissen Verdünnungen nicht. Das nere 
Kulturmedium setzt sich deshalb zusammen aus einem Nährboden, dem Gentiana- 
violett im Verhältnis 1 : 10 000 beigemischt ist. Der Nährboden besteht au: 
2 Teilen gequirltem Eis und 1 Teil Fleischsaft. Letzterer wird hergestellt, indem 
man 500g Rind- oder Kalbfleisch mit 500 ccm 15% iger Glyzerinwasserlösung 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 589 


übergießt, 24 Stunden stehen läßt und auspreßt. — Das Sputum ist stets frisch 
zu verwenden; es wird mit der gleichen Menge 3%, iger Natronlauge bis zu !/, Stunde 
‚m Brutschranke homogenisiert, neutralisiert und dann zentrifugiert. Das Sedi- 
nent wird auf dem eben beschriebenen Nährboden ausgestrichen. Von 135 an- 
sesetzten Sputumproben fielen 129 Kulturen positiv aus; von diesen waren 6 bei 
direkter mikroskopischer Untersuchung frei von Tuberkelbazillen erschienen. 
Weniger günstig sind die Kulturergebnisse der Tuberkelbazillen aus dem 
stuhl, zum Teil wahrscheinlich, weil viele Bazillen bei der Ausscheidung bereits 
:bzestorben sind. Erst nach 2—3 Wochen wird das Wachstum wahrnehmbar. 
von 32 untersuchten Proben waren 19 positiv, 6 verunreinigt, 7 negativ. 
Gumprecht (Weimar). 


10. Virchow. Ein phthisischer Thorax nach Form. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 

Der beschriebene Thorax ist charakterisiert durch hängende Form, welche 
ichin dem Tiefstand der vorderen Enden sämtlicher Rippen äußert; beim Phthisi- 
chen wird der unterste Punkt der unteren Brustapertur durch den Knorpel der 
X. Rippe gebildet. Reckzeh (Berlin). 


11. CL Riviere (London). A new sign and its value in the dia- 

gnosis of pulmonary tubercle. (Lancet 1915. August 21.) 

R. beschreibt — und würdigt ausführlich und mit Bezugnahme auf den 
Abra ms’schen Lungenreflex — bei Lungenschwindsucht charakteristische Zonen 
von Schallverkürzung über den Lungen, die stets gleiche Lage, Form und Größe 
besitzen, in frühesten Fällen vorhanden sind und im ganzen Verlauf der Krank- 
heit sich nachweisen lassen, die jedoch nicht auf organischen Veränderungen be- 
‘uhen, sondern reflektorischer Natur und durch Irritation des Lungenparenchyms 
pedingt sind. Bei katarrhalischen Affektionen fehlen sie. 

F: Reiche (Hamburg). 


12. A. M. Burgess. Die Urochromogenprobe als Prognostikum 
bei Lungentuberkulose und nichttuberkulöser Erkrankung. 
(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 2. S. 82.) 

Bei 171 Kranken mit vorgeschrittener Tuberkulose wurden 469 Proben (nach 
Moritz Weiss) angestellt. 90 waren positiv. 55 von den 171 Kranken hatten 
wenigstens einmal im Verlauf ihrer Krankheit einen positiven Ausfall. Von diesen 
55 starben 50%, schon nach 3 Monaten und nur 3 lebten 6 Monate später noch. — 
Bei 58 Schwerkranken wurden 169 Proben angestellt, davon 66 positiv, 82 negativ, 
2! zweifelhaft. Bei demselben Kranken wechselte der Ausfall der Probe, offenbar 
ohne Zusammenhang mit dem klinischen Befund. — Trotz aller unerklärter Schwan- 
kungen wird man sagen können, daß das Vorhandensein bzw. Auftreten des posi- 
tiven Ausfalls ein Signum mali ominis ist, ein negativer Ausfall aber bei vorge- 
schrittener Erkrankung keinen Rückschluß erlaubt. 

Bei Diphtherie, Scharlach und Masern hat die Probe keinen prognostischen 
Wert, Meinhof (Halle a.S.). 


13. A. N. Sinclair. Die Diazo- und Urochromogenproben bei 
Lungentuberkulose. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr.4. S. 247.) 
Es wird versucht, nach den Ergebnissen bei 146 Tuberkulösen das Auftreten 
oder den Umschlag einer Reaktion prognostisch in ein Schema zu fassen. Auf- 


590 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


treten von Urochromogen ist günstig, Umschlag von negativer zu positiver Diazi- 
probe meist ungünstig, ebenso Auftreten beider Proben. Bestand D+ und U—, 
so ist der Wechsel ins Gegenteil günstig, der Wechsel allein von U ins Positive 
aber ungünstig und ebenso, mag es auch paradox klingen, das Verschwinden beide: 
Proben. Waren beide positiv und Diazo verschwindet, so ist das nicht ungünstig. 
Als Kontraindikation gegen eine Tuberkulinbehandlung ist Urochromazen 
nicht zu verwerten, ebensowenig Diazo, Doch genügt für diese Frage das vor- 
handene Material nicht. Meinhof (Halle a. S.). 


14. H. Gerhartz (Bonn). Die Abgrenzung der Lungentuberkulose- 
formen nach klinischen, hauptsächlich röntgenologischen 
Zeichen. (Beiträge z. Klinik der Tuberkulose Bd. XXXIV. Hft. 2. 1916.) 

1) Die kleinknotige disseminierte Form der Lungentuberkulose bietet kleire, 
runde Flecken auf dem Röntgenbilde; hierher gehört namentlich die akute miliare 

Tuberkulose, aber auch manche chronische Form, namentlich im Alter. 2) Die 

großknotige Tuberkulose neigt noch zur Strangbildung und ist gutartig. 3) Die 

homogenherdige Tuberkulose bildet namentlich die häufig gleichmäßige Trübu:s 
des hellen Lungenbildes bei Beginn der Spitzenaffektion, kann aber auch vom 

Hilus ausgehen. 4) Die typische, vom Hilus ausgehende Tuberkulose ist nament- 

lich bei Säuglingen häufig. 5) Die cirrhotische Lungentuberkulose verläuft mi: 

Feststellung und Einziehung der betroffenen Brustkorbhälfte; sie bietet keinen 

Kräfteverfall, zuweilen kein Fieber und mikroskopisch im Auswurf häufiger 

Körnchen als Stäbchen. Einige seltenere Formen werden noch besonders at 

getrennt. Schematische Zeichnungen illustrieren die genannten Formen sei? 

deutlich. Gumprecht (Weimar). 


15. A. v. Szily und Luciani. Anaphylaxieversuche mittels Alt- 
tuberkulin (Koch) bei verschiedener Anwendungsweise nebst 
Bemerkungen über sog. sympathische spezifische Sensibili- 
sierung. (Klin. Monatsblätter f. Augenheilkunde 1915. Juli-August.) 

Weder durch intralamelläre Injektion noch durch Vorderkammerimpfunsin 
kann das Alttuberkulin für das zweite unberührte Auge stärker wirksam gematt! 
werden. Die Entzündungstitergrenze ist vielmehr bei normalen und vorbehande:t?? 
Tieren dieselbe und liegt ziemlich genau bei 0,1 ccm der Verdünnung 1 : 759. 

Die Sensibilisierung von Auge zu Auge ist ebenso unwirksam wie die svo- 
kutane Vorbehandlung mit Alttuberkulin; die letztere scheint eher noch ei" 
minimale Wirkung erkennen zu lassen. 

Es ist daher unstatthaft, aus den Tuberkulinversuchen einen Beweis für eis? 
besondere, elektiv wirksame »sympathische« Sensibilisierung von Auge zu Auft 
ableiten zu wollen. 

Zusammen mit den an anderer Stelle niedergelegten Krotonölversuchen erg?! 
sich also, daß die Möglichkeit einer entzündlichen Sensibilisierung symmetrisch 
angelegter Organe vorläufig noch vollkommen unerwiesen ist. 

Ebenso unerwiesen ist die Annahme, daß bei den von den früheren Autere: 
bei derselben Versuchsanordnung, aber mit anderem Material gefundenen ani- 
phylaktischen Entzündungen am Auge solche unspezifische entzündliche Sr- 
sibilisierung mit herangebildet hat. Die Frage, welche Rolle dabei neben dt” 
spezifischen Sensibilisierung anderen Faktoren (entzündlichen, vasomotorisch®7. 
nervösen usw.) zukommt, ist nach wie vor ungelöst. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 59 


Alle aus ihren bisherigen Tuberkulin- und Krotonölversuchen von Dold und 
Rados für die sympathisch auftretenden Entzündungen symmetrischer Organe, 
insbesondere auch der Ophthalmia sympathica, abgeleiteten Konsequenzen 
schweben somit vorläufig in der Luft. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


16. F. Oeri. Abderhalden-Verfahren bei Lungentuberkulose. (Bei- 

träge z. Klinik d. Tuberkulose Bd. XXXV. Hft.1. 1915.) 

Von 40 Fällen sicherer Tuberkulose bauten 38 eines oder mehrere der vor- 
celegten Lungenpräparate ab. In einem der beiden negativen Fälle erklärt sich 
das Fehlen der Reaktion aus dem, auch anderweitig ersichtlichen, Mangel an 
Abwehrfermenten; für den anderen Fall ließ sich keine Erklärung finden. 

Von 11 Fällen mit unsicherem oder negativem klinischen Befund bauten 4 
eines oder mehrere der Lungenpräparate ab, während die 7 anderen nur das Bron- 
chialdrüsenpräparat oder gar nichts abbauten. 

In der Auswahl der Präparate und in der Stärke der Reaktionen läßt sich im 
allgemeinen keine Gesetzmäßigkeit aufstellen. Nur ein Präparat, das aus binde- 
sewebigen Schrumpfmassen in der Umgebung von Kavernen bestand, wurde 
entsprechend dem Lungenprozeß von den Kranken des II. und HI. Stadiums we- 
sentlich häufiger abgebaut als von den Kranken des I. Stadiums. Ferner entsprach 
der Abbau eines anderen Präparates (tuberkulöse Bronchitis und Peribronchitis) 
in 3 von 5 Fällen einer ausgesprochenen Hilustuberkulose. 

Es ist also wahrscheinlich, daß das Abderhalden-Verfahren Feststellungen 
erlaubt, die mit keiner anderen Methode möglich sind. Vorausgesetzt, daß mar. 
die Vorsicht gebraucht, dem Serum immer verschiedene Präparate von Lungen- 
tuberkulose oder eine Mischung von solchen vorzulegen. 

Es fehlt noch der strikte Beweis dafür, daß bei gesunden ineen nie Lunge 
abgebaut wird. Auch die Frage muß noch geprüft werden, ob nicht jetzt auch 
nichttuberkulös -entzündliche Erkrankung eines Organs zur Bildung von un- 
spezifischen Fermenten (Entzündungsfermenten?) im Serum führt, die auch in 
tuberkulösem Material ein Abbauobjekt finden. Diese Feststellungen sind in 
einer Heilstätte nicht möglich; es muß daher anderen überlassen werden, hierin 
die nötige Sicherheit herzustellen. Inzwischen darf man das Abderhalden- 
Verfahren auch in Zukunft zur Differenzierung von Lungentuberkulose und reiner 
Bronchialdrüsentuberkulose und zur Feststellung, ob überhaupt eine Lungen- 
tuberkulose besteht, beiziehen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


17. Albert Schneider (Bonn). Die Bedeutung der Perkussion für 
die Diagnose der Lungenspitzentuberkulose mit besonderer 
Berücksichtigung der Bestimmung der Krönig’schen Schall- 
felder. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 

Auf Grund kontrollierender Röntgenuntersuchungen kommt Verf. zu dem 
Erzebnis, daß die ersten physikalischen Zeichen der Lungenspitzentuberkulose 
von der Auskultation und nicht von der Perkussion zu erwarten sind. Eine leichte 
schallverkürzung der rechten Seite und geringe Verschmälerung des Krönig- 
:chen Schallfeldes kommen auch bei Gesunden vor und sind ohne gleichzeitige 
:uskultatorische Erscheinungen diagnostisch nicht verwertbar. Auch läßt ein 


592 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 32. 


negativer Perkussionsbefund eine Spitzentuberkulose niemals ausschließen, in:- 
besondere kann auf der linken Seite bei gleichzeitiger physiologischer Schallver- 
kürzung bzw. Einengung des Krönig’schen Schallfeldes auf der gesunden rechten 
Seite bereits eine zur Schallverkürzung führende Verdichtung vorhanden sein, 
ohne daß diese Schallverkürzung sich nachweisen läßt, weil eine Differenz gegen- 
über rechts nicht vorhanden ist. Eine Lungenspitzentuberkulose ist perkutorisch 
im allgemeinen erst nachweisbar, wenn sie röntgenologisch erkennbar ist. 
Mannes (Weimar). 


18. F. Leichtweiss (Davos). Vergleichende Sputumuntersuchungen 
vermittels der Ziehl-Neelsen’schen und der Kronberger’schen 
Tuberkelbazillenfärbung. (Zeitschrift f. Tuberkulose Bd. XXV. Hft.2. 
1916.) 

Bei 200 mikroskopischen Sputumuntersuchungen erwies sich die Kronberger- 
sche Methode der älteren Ziehl’schen als wesentlich überlegen. Diese Methode 
gestattet namentlich, neben den Stäbchen auch die Sporen der Tuberkelbazillen 
sichtbar zu machen. Die Färbung der Bazillen geschieht bei dieser Methode genar 
wie bei Ziehl; er folgt dann Entfärbung durch 15% ige Salpetersäure, Abspülen 
mit 60%, igem Alkohol, Aufgießen von Jodtinktur (mit dem vierfachen Volumen 
60% igen Alkohols verdünnt) für wenige Sekunden, Abspülen mit starkem Wasser- 
strahl. Die Tuberkelbazillen und Granula erscheinen dunkelrot bis violett in einer 
rosa Hülle. Gumprecht (Weimar). 


19. C. Hart (Schöneberg). Betrachtungen über die Entstehung 
der tuberkulösen Lungenspitzenphthise. (Zeitschrift f. Tuberkulose 
Bd. XXIV. Hft.6. 1915.) 

Ruhigstellung der Lunge wirkt nur dann heilend, wenn sie eine absolute ist. 
Unvollkommene Ruhigstellung begünstigt die Halbatelektase und damit da: 
Fortschreiten der Tuberkulose. Darum ist auch die Gefahr der relativen Ruhig- 
stellung bei der Kollapstherapie eine außerordentlich große; diese Behandlung 
ist deshalb nur in beschränktem Maße und nach strenger Indikation anzuwenden. 
Bei schwächlichen Kindern ist durch systematische Atemübungen und Kräftigung 
des Schultergürtels die Tuberkuloseverhütung zu bewirken; in der Turnstunde 
sind Stabübungen und von Gesängen begleitete Reigen auszuführen. Berufs- 
beratung der Schüler vor dem Schulabgang ist zu empfehlen; für die Eltern ist 
für diese Zwecke eine Sprechstunde seitens des Schularztes einzurichten. Für 
die entlassene Jugend der Volksschulen ist pflichtmäßiger körperlicher Fortbildungs- 
unterricht einzuführen. Ein freiwilliger Eintritt in das Heer ist allen denjenigen 
jungen Leuten zu ermöglichen, die jetzt wegen körperlicher Fehler oder Über- 
zähligkeit zurückgestellt werden. Der Militärdienst ist als eine der besten tuber- 
kuloseverhütenden Maßnahmen für das ganze Volk von Bedeutung. 

Gumprecht (Weimar). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle, 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


3 


Zentralblatt für innere Medizin. 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 





Nr. 33. Sonnabend, den 19. August 1916. 








Inhalt. 
Hochheim, Über leichte fieberhafte Erkankungen mit Milzschwellung, 
1. Comaeh, 2. Janssen, 8. v. Zellenberg, 4. Marshall, 5. Brösamlen, 6. Brösamlen und 
Zeeb, 7. Sehippers, 8. Straus, 9. Lundh, 10. Müller, 11. Link, 12. Neumann, 13. Kuhn, 
14. Siibergleit, 15. Gerhartz, 16. Oeri, Tuberkulose. 
17. Cunningham, Hodgkin’sche Krankheit. — 18. Oswald, 19. Watson, 20. Geyelin, Hyper- 
thyreoidismus. — 31. Mackenzie, Experimentelle Studien der Blutglykose. — 22. Weichardt und 


Wolff, Endemischer Kropf. — 28. Basinger, Kontrolle des experimentellen Kretinismus.. — 
H. Sehützinger, 25. Troell, 26. Bram, Morbus Basedow. — 27. R. G. und A. D. Hoskins, Sti- 
mulierender Einfluß der Nebennieren auf die Hoden. — 28. Mann, Entstehung von Magen- 


feschwüren nach Entfernung der Nebennieren. — 29. Valentin, Nebennierenblutungen. — 30. Clo- 
etta und Waser, Adrenalinfieber. 





Über leichte fieberhafte Erkrankungen 
mit Milzschwellung. 


Von 


Dr. Hochheim in Gotha, 
Stabsarzt d. L. 


Bald nachdem ich zu Anfang dieses Jahres die innere Abteilung 
eines Feldlazaretts übernommen hatte, fiel es mir auf, daß bei vielen 
Kranken, die im übrigen keine typhösen Erscheinungen boten, eine 
fühlbare Milz nachzuweisen war. Ich erinnerte mich der Gold- 
Scheider’schen Arbeit!, in der darauf aufmerksam gemacht wurde, 
daß es Impfmilzschwellungen gibt, die aber einige Wochen nach der 
Schutzimpfung wieder verschwinden, so daß Milzschwellung als 
Typhussymptom wohl angesprochen werden kann, wenn die letzte 
Impfung 2 bis 3 Monate zurückliegt. Da bei den Kranken längere 
Zeit nach der Impfung vergangen war, schien es mir angezeigt zu sein, 
alle inneren Kranken auf Milzschwellung zu untersuchen und solche 
mit fühlbarer Milz so genau zu beobachten, als es sich im Feldlazarett 
ermöglichen läßt. 


EEE 


l Deutsche med. Wochenschr. 1915. Nr. 40. Literaturangaben über Impfmilzschwellung 
dei Kämmerer und Wolterin g, »Typhusschutzimpfung und Milzschwellung«. Feldärztl. 
Beilage der Münchener med. Wochenschr. 1916. Nr. 2. 


33 


594 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


Keiner der Fälle wurde uns als »typhusverdächtig « überwiesen. 
Ein Fall wurde am klinischen Bilde als Typhus erkannt und einem 
Seuchenlazarett zugeführt. Von den anderen Kranken mit Milz- 
schwellung konnten für die Diagnose Typhus verschiedene nicht in 
Betracht kommen: Bei einem an Schädelschuß operierten Verwun- 
deten, der eine gutartig verlaufende hämorrhagische Nephritis bekam, 
wurde etwa 8 Tage lang die Milz mäßig vergrößert gefühlt. Ein 
Kranker mit Milztumor hatte Malaria, einer, der an leichter hämor- 
rhagischer Nephritis behandelt wurde, hatte vor 4 Jahren Malaria 
gehabt. Ein Bronchitiskranker mit mäßiger Milzschwellung hatte 
früher in den Tropen mehrmals Malaria gehabt. Bei einem Nephri- 
tiker, der hier schwere urämische Anfälle hatte, wurde nach Schwinden 
der Ödeme in der Rekonvaleszenz die Milz deutlich gefühlt. 


Außerdem beobachtete ich erhebliche Milzschwellung bei zwii 
Kranken, die leichte, vorübergehende Fieberzustände hatten, von 
denen einer 8 und 14 Tage vorher gegen Typhus wiedergeimpft war, 
der andere 6 Wochen vorher. — Als ich auf der äußeren Abteilung 
nach Milztumoren suchte, fand ich eine deutlich fühlbare Milz bei 
einem Verwundeten, dem wegen Gasphlegmone ein Bein im Knie- 
gelenk abgenommen war, und bei einem Soldaten, dem Hämorrhoid3l- 
knoten entfernt worden waren. Bei dem letzteren war die letzte 
Wiederimpfung gegen Typhus 14 Tage vorher gemacht worden. Di: 
Schwellung bestand noch bei der Entlassung 4 Wochen nach der 
Impfung. Schließlich fand ich eine vorübergehende Milzschwellung 
bei einem Kranken, der höchstwahrscheinlich einen tuberkulösen 
Katarrh hatte, während er fieberte. 

Die Erklärung der anderen Krankheitsfälle war von größerer 
Bedeutung. Da die Leute meist ein sehr geringes Krankheitsgefühl 
während der Lazarettbehandlung hatten, sich höchstens in den Fieber- 
tagen recht krank fühlten, Fieber oft nur angedeutet war, Roseol: 
immer vermißt wurde, Verdauungsstörungen meist fehlten oder nur 
vorübergehend in leichter Form auftraten, konnte ich mich lange Zei: 
zur Annahme typhöser Zustände nicht entschließen, zumal ich in der 
ersten Monaten wiederholt Herpes beobachtete und meist starke 
katarrhalische Zustände der oberen Luftwege sowie auch der größeren 
und feineren Bronchien derartig das Krankheitsbild beherrschten. 
daß der Verdacht auf typhösen Zustand nur dadurch aufkam, weil 
ich grundsätzlich bei jedem Kranken nach Milzschwellung fahndete. 
Ich hielt es vielmehr für wahrscheinlich, daß die Milz unter dem Ein- 
fluß der Impfungen in einen Zustand gewisser Reizbarkeit 
gelangt sei, die sich in einer Neigung zur Schwellung bei fieberhafter. 
Allgemeininfektionen äußere. Als ich diese Vermutung im März 
Prof. Aschoff gegenüber aussprach, teilte er mir mit, daß auch 
Prof. Krehl ihm gesagt habe, er habe in letzter Zeit auffallend oft 
Milzschwellung gefunden, die er sich in ähnlichem Sinne erkläre. — 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 595 


In seinem Warschauer Referat hat Krehl auch geäußert, daß er eine 
Neigung der Milz zu Schwellungszuständen unter dem Einfluß nicht- 
typhöser Infektionen für möglich halte. — So glaubte ich, daß bei 
unseren geimpften Soldaten in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen, 
die wir gewohnt sind als Grippe, Herpes febrilis, Laryngitis, Tracheitis, 
Bronchitis zu bezeichnen, Milzschwellung auftreten könne. Unter 
Pneumonikern, bei denen ja auch in anderen Zeiten der Befund einer 
großen Milz nach den Erfahrungen der pathologischen Anatomen nicht 
verwundern würde, fühlte ich nur bei einem in der Rekonvaleszenz 
eine vergrößerte Milz. Das wunderte mich indessen nicht; denn so- 
lange eine pleuritische Reizung besteht, und diese besteht ja in allen 
Fällen, bei denen der Herd bis zur Pleura reicht, inspiriert der Pneu- 
moniker aus Furcht vor Schmerzen äußerst vorsichtig und ist kaum 
zu bewegen, seine Bauchdecken erschlaffen zu lassen. Ich beobachtete 
aber auch einen Pneumoniker, der bald nach der Entfieberung den 
Leib gut untersuchen ließ, ohne daß ich eine Schwellung der Milz 
fand, die bei den zweifelhaften Krankheitszuständen das Fieber- 
stadium wenigstens mehrere Tage, meist länger, oft mehrere Wochen, 
überdauerte. 


Mit der Zeit wurde ich aber doch zweifelhaft darüber, ob meine 
oben erwähnte Anschauung eine allgemeinere Gültigkeit haben 
könne: Da über den Verlauf des Typhus bei Geimpften damals noch 
wenig veröffentlicht war, besuchte ich ein Seuchenlazarett, um 
mich zu überzeugen, wie weit die dort als Typhus behandelten Fälle 
charakteristische Krankheitserscheinungen boten. Dort erfuhr ich, 
dad Erkrankungen mit voll ausgebildeten Symptomen im Laufe 
dieses Winters Seltenheiten waren, und ich mußte feststellen, da8 
die dort als Typhöse behandelten Kranken ein ganz ähnliches Krank- 
heitsbild boten wie die meinigen. — Darmblutungen, Perforationen 
und Todesfälle infolge anderer Komplikationen waren nicht vorge- 
kommen. — Das Vorkommen von Herpes wurde allerdings als recht 
selten bezeichnet. Die Diagnose gründete sich in dem Seuchen- 
lazarett im wesentlichen auf Milzschwellung und Ansteigen des Agglu- 
tinationstiters. Die Rekonvaleszenz wurde als recht langwierg be- 
zeichnet. Nach der Entfieberung wurden noch oft leichte Stei- 
gefungen der Körpertemperatur über 37° vorübergehend beobachtet. 
Die Möglichkeit, daß die Milz einige Zeit lang nach der Impfung ge- 
schwollen sei und bei Geimpften unter dem Einfluß nichttyphöser 
Infektionen schwelle, wurde sehr angezweifelt. — Auch in das Seuchen- 
lazarett waren die Fälle zum allergrößten Teil nicht als typhusver- 
dächtig vom Operationsgebiet geschickt: Sie stammten aus der be- 
nachbart gelegenen inneren Abteilung eines Kriegslazaretts. 

Mit Spannung sah ich der Typhusaussprache in Warschau 
entgegen: Sie brachte viel Interessantes, schaffte aber doch keine 
volle Klarheit. Bemerkenswert war für die vorliegende Frage 

33* 


596 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


besonders die Angabe, daß jetzt bei den Geimpften, die an Typhus er- 
krankten, etwa 70% die Erkrankungsform des Abortivtyphus oder 
Typhus levissimus aufweisen, — wahrscheinlich noch mehr, weil viele 
so leicht erkrankten, daß sie nicht einmal als typhusverdächtig er- 
kannt würden. Für die leichten Formen wurde auch die Bezeichnung 
mitigiertes Typhoid gebraucht. Krehl’s Referat erwähnte Milz- 
schwellung bei anderen Infektionen, Goldscheider erwähnte die 
Impfmilzschwellung. Sehr auffallend war schließlich, daß auch die 
Bemerkung gemacht wurde, auch der Agglutinationstiter könne 
bei anderen Infektionen höhere Werte erreichen. (Hühnermann.) 

Jedenfalls kommt man unter Berücksichtigung all dieser An- 
gaben zu dem Ergebnis, daß die Diagnose der leichten Formen 
des Typhus, denen wir wohl im ferneren Verlaufe des Krieges fast 
ausschließlich begegnen werden, noch immer außerordentlich 
schwierig ist, und daß man auf die Fälle überhaupt oft nur aufmerk- 
sam wird, wenn man bei jedem Kranken mit derselben Regelmäßig- 
keitnach der Milz tastet, wie man die Zunge zu betrachten und den 
Puls zu fühlen gewohnt ist. Daß dies für den Truppenarzt, dessen 
Bataillon sich in der Stellung befindet, oft sehr schwierig durchzu- 
führen ist, weiß ich aus eigener Erfahrung wohl. 

Die Beobachtungen an dem Material, das mir zur Verfügung 
stand, bieten meines Erachtens einiges ‚Interessante. Ich möchte 
deshalb über meine Fälle in Kürze berichten: 

Die Kranken hatten sich vor der Aufnahme 1 bis 10 Tage 
' unwohl gefühlt, die meisten 4—5 Tage. Fast alle hatten über Kop!- 
weh, Gliederschmerzen, Mattigkeit und Appetitmangel geklagt, die 
meisten über leichten oder starken Husten, viele über Stechen in der 
linken Brustseite; einige hatten vorübergehend Erbrechen gehabt. 

Es verlief das Fieber bei 1/ der Kranken ähnlich, wie es in der 
Deferveszenz beim Typhus verläuft, mit morgendlichen Remissionen. 
doch waren die abendlichen Steigerungen nicht immer besonder: 
hoch. Darunter waren auch Fälle, bei denen zuerst die Temperaturer: 
in Remissionen, dann allmählich herunterging. Das Fieber dauerte 
3—6 Tage. Die höchsten Temperaturen betrugen 38,3 bis 39,9°. — 
In einer zweiten Gruppe von Fällen sank die Temperatur, die am 
l oder 2. Tage den Höchstwert von 37,8 bis 40,0° hatte, im Laufe von 
3 bis 5 Tagen ganz allmählich in der Weise, daß auch die Abend- 
temperatur immer etwas niedriger als die Morgentemperatur war. 
bis unter 37°. — In der dritten Gruppe erfolgte in 1—3 Tagen von 
Höchsttemperaturen von 37,8 bis 39,5° kritischer Abfall.— Bei 1/1 der 
Fälle schließlich war die Temperatur ganz unregelmäßig, von mäßiger 
Höhe (Höchstwerte 38,3—38,7°). Entfieberung trat bei ihnen am 
5., 6. und 13. Tage ein. — Bei einem Kranken mit mäßigen bronchi- 
tischen Erscheinungen, bei dem am 2. Tage das Fieber von 39,5 
kritisch vserchwunden war, zeigten sich vom 20. bis 24. Tage noch 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 597 


einmal Temperatursteigerungen bis 38,0° — (Rezidiv) allmählicher An- 
stieg und Abstieg; — dabei war die Milz, die bei ihm nie besonders 
eroß war, deutlicher als vorher und hinterher zu fühlen. Bei der Hälfte 
der Kranken traten nach der Entfieberung ein oder mehrere Male 
leichte abendliche Temperaturerhöhungen auf, meist nicht über 37,3°, 
bei drei Kranken bis 37,6°, bei einem Kranken stieg die Temperatur 
einmal auf 38,4°. | 

Die Pulszahl wurde nicht auffallend niedrig gefunden. War 
die Temperatur über 39,0°, so betrug die Pulszahl auch 100 bis 120. 
Nur ein Fall zeigte deutliche Bradykardie im Fieber und später. In 
der Rekonvaleszenz zeigte sich der Puls beim Aufstehen nicht be- 
sonders erregbar, abgesehen von einem Falle, in dem aber die Labilität 
des Pulses schon nach einigen Tagen schwand. Herzschwächezu- 
stände, wie Zinsser und Kathe2 beschrieben haben, kamen nicht vor. 

Die Zunge war bei 1/5 der Kranken stark belegt, bei anderen 
Kranken deutlich belegt, bei der Hälfte der Kranken kaum oder 
gar nicht belegt. Trockenheit der Zunge wurde nie beobachtet. Selten 
fand sich bei belegter Zunge ein belagfreies Spitzendreieck angedeutet. 

1/5 der Kranken hatte in den ersten Tagen Herpes nasola- 
bialis®, sie hatten 39° und höheres Fieber, nur einer 38,5°. Bei 
einem sank das Fieber kritisch, bei zwei Kranken ganz allmählich, 
bei drei Kranken in Remissionen. Durch besonders heftige Erkran- 
kungen der Luftwege zeichneten sich die Herpeskranken nicht aus. 
Die Herpeserkrankungen fielen vorwiegend in die Wintermonate. 

Katarrhalische Zustände leichter und mittelschwerer Art 
waren sehr häufig, besonders in den Wintermonaten, weniger im 
April und Mai. 1/, der Kranken hatte Kehlkopfkatarrh mit vorüber- 
gehender Stimmlosigkeit, 1/4 der Kranken hatte stärkeren Bronchial- 
katarrh, und 1/5 der Kranken leichtere Katarrhe der oberen Luftwege 
mit Husten und geringem Auswurf. 

Demgegenüber traten Verdauungsstörungen zurück: Ein 
Mann‘ erkrankte mit heftigen Koliken, er entleerte mehrmals Schleim 
mit Blutfäserchen, war 2 Tage darauf frei von Beschwerden und 
blieb frei davon, Milzschwellung verschwand nach wenigen Tagen. 
i/y der Kranken hatte vorübergehend leichten Durchfall, 1/⁄ an ein- 
zelnen Tagen geringe Verstopfung, einer von ihnen mehrmals, die 
übrigen 1—2 Tage. Zwei Kranke hatten einmal Erbrechen. Viele 
Kranke hatten während des Fieberstadiums Appetitlosigkeit, die nach 
Abklingen des Fiebers schnell verschwand. 

Die Milz war bei !/, der Kranken recht druckempfindlich. 1/4 der 
Kranken hatte eine außerordentlich starke Milzschwellung, bei ihnen 


2 Med. Klinik 1916. Nr. 22. 

3 Einstein und Lissauer fanden unter leichten Abdominaltyphuskranken einzelne 
mit Herpes. Deutsches Arch. f. klin. Med. Nr.118. Heft4u.5. Ref. Deutsche med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 21. 

% Bei diesem Kranken ist Typhus sehr unwahrscheinlich. Vgl. Nachtrag. 


598 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


war die Druckempfindlichkeit indessen nicht wesentlich stärker als 
bei anderen. Die Schwellung ging zum Teil sehr langsam zurück. 
Drei Kranke fühlten sich vollkommen wohl und kräftig, schon zu 
einer Zeit, wo die Milzschwellung noch recht auffallend war. Bei 
manchen war die Milzschwellung überhaupt gering, sie konnte zu- 
weilen nur wenige Tage lang mit Sicherheit nachgewiesen werden. 
In anderen Fällen bestand geringe Milzschwellung längere Zeit. 

Ein Kranker hatte während des Fieberstadiums eine leichte 
Albuminurie, einer lange Zeit häufigen schmerzhaften Urin- 
drang ohne Cystitis, drei Kranke hatten während des Fiebers außer- 
ordentlich heftige Schweiße. 

Roseola wurde niemals beobachtet. Bei einem Kranken mit 
Herpes, der zahlreiche Kleiderläuse bei der Aufnahme hatte, zeigte 
sich am 2. und 3. Tage, während er dauernd stark schwitzte, eine 
flüchtige kleinfleckige Rötung am Rumpf und an der Innenseite der 
Oberarme. 

Leukocytenzählungen konnten nicht gemacht werden. 

Der bakterielle Nachweis von Typhusbazillen im Blut, Stuhl 
und Urin gelang in keinem Falle. (Die Proben wurden vom bakterio- 
logischen Untersuchungsamt im Etappenhauptort der Armee unter- 
sucht.) Daß der kulturelle Beweis für Typhus bei geimpften Ver- 
dächtigen meist mißlingt, ergibt auch neben anderen die kürzlich 
erschienene interessante Veröffentlichung von Zinsser und Kathe, 
der offenbar sehr sorgfältige Untersuchungen zugrunde liegen. Die 
Anzahl der Widalreaktionen bei meinen Fällen genügt nicht, um daraus 
hinsichtlich des Wertes dieser Reaktion für die Erkennung der Ty- 
phoidfälle als Typhen Schlüsse zu ziehen. Ich bemerke deshalb nur, 
daß ich Fälle mit Steigen und Sinken des Agglutinationstiters be- 
obachtet habe, aber auch solche, bei denen sich der Grenztiter nicht 
änderte, auch zwei mit auffallend niedrigem (1:50 und 1:100) 
Agglutinationstiter. Die Zahl der Widalreaktionen war indessen — 
das betone ich — bei den einzelnen Fällen nicht so groß wie bei den 
Fällen von Zinsser und Kathe. Daß ein hoher Agglutinationstiter 
allein bei Geimpften die Typhusdiagnose nicht ermöglicht, ist mehr- 
fach von anderen hervorgehoben, kürzlich von Riebold. Ich 
schloß es aus einem Falle von epidemischer Zerebrospinalmenigitis. 
der nach 2tägiger Krankheit tödlich endete, bei dem das bald nach 
der Aufnahme entnommene Blut einen Widal 1 : 800 zeigte. Zinsser 
und Kathe haben bei 13 nichttyphösen fieberhaften Kranken 
mehrmaligeWidalproben gemacht. Bei sieben dieser Fälle bestand eine 
bedeutende Schwankung des Titers im Sinne des Ansteigens, An- und 
Absteigens oder Sinkens allein. Auch bei drei anderen sind Schwan- 
kungen zu bemerken, wenn auch geringeren Grades. Sind nun auch 


- 


5 Feldärztliche Beilage d. Münchener med. Wochenschr. 1916. Nr. 17. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 599 


diee Schwankungen bei ihren Typhoiden teilweise größer und ver- 
hältnismäßig häufiger, so ist doch zu berücksichtigen, daß von den 
beiden Autoren bei den einzelnen Typhoiden viel mehr Widalproben 
gemacht sind als bei den nicht typhösen fieberhaften Krankheiten. 
Man kann also meines Erachtens aus diesen wertvollen Untersuchungen 
doch den Schluß ziehen, daß ein starkes Schwanken des Aggluti- 
nationstiters auch bei nicht typhösen Erkrankungen Ge- 
impfter recht häufig ist, jedenfalls so häufig, daß dadurch der 
Wert dieses diagnostischen Hilfsmittels für die Erkennung des Ty- 
phoids im Einzelfalle erheblich beeinträchtigt wird. 


Von verschiedenen Kranken konnte ich aus äußeren Gründen 
die Rekonvaleszenz nicht beobachten. Die meisten wurden nach 
2 bis 3 Wochen bei gutem Befinden in ein Erholungsheim geschickt. 
Mit wenigen Ausnahmen bekamen sie bald nach der Entfieberung 
guten Appetit und frisches Aussehen, andere sahen längere Zeit noch 
etwas elend aus, zwei sahen zuerst recht schlecht aus, kamen langsam 
zu Kräften, äußerten aber keine erheblichen Klagen. Zwei konnten 
nach 4 und 5 Wochen dienstfähig entlassen werden. Ein Kollege, 
der mit Herpes, Gliederreißen, 39,5°, 120 Puls akut erkrankt war, 
bei dem ich am 2. Fiebertage einen großen Milztumor fand, ließ sich 
nach Art der meisten Ärzte nicht bestimmen, seine Tätigkeit zu 
unterbrechen, schonte sich nur 4 Tage, solange er Temperatursteige- 
rungen hatte, ein wenig, arbeitete dann wie vorher weiter, und zwar 
zeitweise sehr anstrengend. Die Milzschwellung ging sehr langsam 
zurück. Jetzt, nach 6 Wochen, ist sie verschwunden. Solche Fälle 
werden nicht selten sein. Für einen typhösen Zustand sprach außer 
der Milzschwellung, die ihm gar keine Beschwerden machte, nichts. — 
Nach meinen Erfahrungen glaube ich nicht, daß diese Erkrankungen 
in der großen Mehrzahl der Fälle eine auffallend langwierige Rekon- 
valeszenz haben, zumal man mit der Ernährung kaum übertrieben 
vorsichtig zu sein braucht. — Daß in Kriegslazaretten eine größere 
Zahl schwererer Fälle mit verzögerter Rekonvaleszenz beobachtet 
wird, halte ich durchaus für wahrscheinlich. 


Ob diese Typhoide echte Typhen sind, ist sicherlich schwer zu 
entscheiden. Während der Wintermonate habe ich sie nicht als 
solche angesprochen, da ich fast keine schwereren typhösen Zustände 
(ine Ausnahme!) sah, auch nicht von ihrem Vorkommen in unserer 
Gegend hörte, und ich deshalb überzeugt war, daß die Milzschwellung 
bei Geimpften auch durch andere Infektionen oben erwähnter Art 
entstehe. Während aber damals Herpes und heftige Katarrhe der 
Luftwege das Krankheitsbild beherrschten, traten bei den Erkran- 
kungen im April und Mai diese Erscheinungen wesentlich oder ganz 
zurück, und es blieben nur kurzes Fieber mit Kopfweh, Glieder- 
Schmerzen, wenig Katarrh, Appetitmangel, bisweilen Verdauungs- 
Störungen leichter Art als unbestimmte Krankheitserscheinungen zu 


600 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


beobachten, zu denen als auffallender Befund die Milzvergrößerung 
kam, die manchmal linkseitiges Stechen verursachte. Diese Fälle 
erinnerten mehr an Typhus levissimus. Möglich ist es, daß sie zum 
Teil Typhen waren, bewiesen ist es nicht. 

Jedenfalls scheint es mir aber dringend nötig, daß alleinnerlich 
Kranken wenn möglich bei der Truppe, sicherlich aber im Feldlazarett 
wiederholt auf Milzschwellung untersucht werden, weil man sonst 
einen großen Teil der hierhergehörigen Fälle übersehen kann. — Als 
ich diesen Bericht bereits niedergeschrieben hatte, bekamen wir 
Kranke aus anderen Lazaretten. Darunter befanden sich drei mit 
Milzschwellung, einer war erst wenige Tage in Lazarettbehandlung 
gewesen, die anderen längere Zeit. Im Krankenblatt war keine Notiz 
über Milzschwellung gemacht. — Liegt die letzte Typhusschutz- 
impfung 2—3 Monate zurück, ist Malaria nicht früher überstanden, 
und läßt sich bei erheblicherem Milztumor eine Blutkrankheit aus- 
schließen, so sind die Fälle jedenfalls verdächtig und müssen min- 
destens in der Rekonvaleszenz entsprechend überwacht werden. 
Wann man die Leute wieder zum Dienst schickt, und wie weit sie dann 
Dienst machen dürfen, wird sich je nach Lage der einzelnen Fälle 
richten. Ob in besonders langem Fernhalten der Rekonvaleszenten 
von der Truppe ein wirksames Mittel liegen kann, weiteren Erkran- 
kungsfällen vorzubeugen, scheint mir immerhin zweifelhaft, da man 
damit rechnen muß, daß trotz aller Aufmerksamkeit Fälle unerkannt 
bleiben. Da das Heer durch die Schutzimpfung vor schweren Ver- 
lusten durch den Typhus offenbar gesichert ist, wird das kein Unglück 
sein. Immerhin wird man nach Möglichkeit eine recht häufige bak- 
teriologische Untersuchung bei jedem verdächtigen Falle veranlassen 
müssen, damit Bazillenausscheider nicht zur Truppe zurückkommen, 
bevor sie unschädlich geworden sind. 

Nachtrag: In den letzten Wochen konnte ich auf einem an- 
deren Gebiet des Kriegsschauplatzes unter einer Anzahl Fällen 
leichter klinischer Ruhr bei 10% eine deutliche, wenn auch schnell 
vorübergehende Milzschwellung nachweisen. — Besonders interessant 
war der Befund einer Milzschwellung ohne irgendwelche andere Er- 
scheinungen im Juli 1916 bei einem Manne, der im Februar und 
März 1916 nach seinem Soldbuch zweimal in Lazaretten »zur Be 
obachtung auf T. a.« gewesen war, bei dem die letzte Impfung im 
Oktober 1915 stattgefunden hatte. 

Mit Sicherheit wird die Frage, ob Milzschwellung bei Geimpften 
durch nicht typhöse Infektionen vorkommt, entschieden werden, wenn 
man Milzschwellung später bei Neuerkrankten findet, die im Kriege 
unzweifelhaft schon eine typhöse Erkrankung durchgemacht haben. 


En 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 601 


Referate. 


1. Cemach. Die Behandlung der Otitis media tuberculosa mit 
Tuberkulomuzin. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 11 u. 12.) 
Die Tuberkulose des Mittelohres und Warzenfortsatzes ist durch spezifische 

Behandlung mit einem geeigneten Präparat sicher zu beeinflussen, und zwar ist 

das Tuberkulomuzin nach den bei Behandlung der Ohrtuberkulose gemachten 

Erfahrungen ein Heilmittel von hohem therapeutischen und diagnostisch-pro- 

gnostischen Wert. Von den verschiedenen Formen der Ohrtuberkulose sind die 

reinen Schleimhauteiterungen am leichtesten zu beeinflussen, während die osti- 
tischen Prozesse je nach der Ausdehnung eine mehr oder weniger schlechte Prognose 
haben. Seifert (Würzburg). 


2. Janssen (Davos), Frühdiagnose der Wirbeltuberkulose. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) | 

Die Druckempfindlichkeit bei bestehender Wirbeltuberkulose ist meist nicht 
typisch am Mac Burney’schen Punkt am stärksten, sondern hauptsächlich an 
der Innenkante der Darmbeinschaufel und im weiteren Verlauf des Nervus ileo- 
inguinalis. In erster Linie kommen in Betracht Schmerzen bei längerem Stehen. 
Bei frühzeitiger Diagnose und richtiger orthopädisch-physikalischer Therapie sind 
_ die Erfolge recht gute zu nennen. In der Mehrzahl der Fälle wird eine Heilung 
erzielt. Reckzeh (Berlin). 


3. Zeller v. Zellenberg. Über einen Fall beginnender symmetri- 
scher Hautgangrän im Endstadium ausgebreiteter Tuberkulose. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 32.) 

Ausgedehnte Hautgangrän im Gesichte bei einem an chronischer Knochen- 
tuberkulose erkrankten 43jährigen Manne. Histologisch ließ sich eine schwere, 
entzündliche Veränderung kleiner Hautvenen, eine Thrombophlebitis derselben, 
nachweisen, die eine intensive, dem Gewebstod vorangehende hämorrhagische 
Infarzierung der Haut nach sich gezogen hatte. Seifert (Würzburg). 


4. M. Marshall (Ann Arbor, Mich.). A case of acute miliary 
tuberculosis showing the blood picture of an acute myelogenous 
leucemia. (Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

Bei einer 52jährigen Frau wurde im Verlauf einer akuten Miliartuberkulose 
eine schon frühzeitig konstatierte Leukocytose zwischen 13000 und 23 000 fest- 
gestellt und ein weißes Blutbild, das einer akuten myelogenen Leukämie mit 
vielen unreifen und atypischen weißen Zellen entsprach. Eosinophilie fehlten 
ganz. Die Erythrocyten boten nur geringe Veränderungen. Die Literatur ähn- 
licher Fälle wird kurz berührt. F. Reiche (Hamburg). 


5. Brösamlen. Über die Bedeutung der eosinophilen Leukocyten 
bei der Durchführung einer Tuberkulinkur. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 16.) 

Die Beobachtungen machen die Annahme wahrscheinlich, daß man in dem 

Auftreten der Eosinophilie nach Tuberkulininjektionen einen Indikator für das 


602 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


Auftreten gewisser Schutzkräfte erblicken kann. Für die Praxis würden sich die 
Untersuchungen am besten derart gestalten, daß man bei einem Kranken, der 
therapeutisch mit Tuberkulin behandelt werden soll, zunächst den Durchschnitts- 
wert für die eosinophilen Zellen vor den Injektionen ermittelt und die Blutunter- 
suchungen am Tage der Injektion und tags darauf wiederholt. Reagieren die 
Kranken auf die Tuberkulininjektionen mit einer Vermehrung der eosinophilen 
Leukocyten, so darf man annehmen, daß man auf dem richtigen Weg ist. Bleibt 
die Vermehrung aus, nachdem sie bei früheren Injektionen immer vorhanden ge- 
wesen war, dann ist Gefahr im Verzug und Vorsicht am Platze. 
Reckzeh (Berlin). 


6. Brösamlen und K. Zeeb. Über den Wert von Blutunter- 
suchungen bei der Durchführung einer Tuberkulinkur. (Deut- 
sches Archiv f. klin. Medizin Bd. CXVIII. Hit. 2. 1915.) 

Bei den mittelschweren, leicht fiebernden Tuberkulosen wird die Leukocyten- 
zahl durch die Tuberkulininjektionen nur dann nennenswert beeinflußt, wenn 
Temperatursteigerung damit verbunden ist. Eine prognostische Bedeutung kann 
dem Verhalten der Gesamtzahl der Leukocyten nicht beigemessen werden. 

Die Lymphocyten werden durch die Tuberkulininjektion in keiner Weise 
beeinflußt. 

Die eosinophilen Leukocyten zeigen nach den Injektionen ein recht bemerkens- 
wertes Verhalten. Sie können bei Durchführung der Tuberkulinkur vorteilhaft? 
Dienste leisten. Kranke, welche die Tuberkulininjektionen gut ertragen, reagieren 
regelmäßig mit einer Vermehrung der Eosinophilen. Ist eine Störung im Verzug, 
Z. B. bei rascher Dosensteigerung oder aber bei interkurrenten Krankheiten, sü 
bleibt die Eosinophilie aus, um später eventuell wiederzukommen. Bleibt sie aber 
dauernd aus, oder tritt sie von vornherein nicht auf, dann darf man annehmen, 
daß der betreffende Kranke für die spezifische Therapie ungeeignet ist. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


7. J. C. Schippers. Einige Erfahrungen mit dem Rosenbach’schen 
Tuberkulin bei Kindern. (Nederl. Tijdschr. v.Geneesk. 1915. H. S.%3 
bis 31.) 

Bei tiefer Applikation des Mittels in die Rückenmuskulatur traten nur aus- 
nahmsweise geringe, lokale Schwellung und lokaler Schmerz in die Erscheinung: 
bei der Behandlung wurde im übrigen das von Curschmann für Kinder emp- 
fohlene 3monatige Schema innegehalten. Die Verdünnung der Lösung erfolst: 
mit der Seyberth’schen Lösung (0,5% NaCl und Phenol in destilliertem Wasser) 
in einer 1 ccm haltigen Rekordspritze, in welcher zu gleicher Zeit die Verdünnung 
vorgenommen werden konnte. Im Gegensatz zu den günstigen Erfahrungen 
Curschmann’s ergab sich das Mittel als Diagnostikum in der v. Pirquet- 
schen Versuchsweise als vollständig unbrauchbar (18 Fälle mit Alttuberkulin un: 
Perlsuchttuberkulin alle positiv, von denselben mit Tuberkulin Rosenback 
nur 1 positiv). Ebensowenig wurde in 8 Fällen mit dem von Kalle & Co. (Biet- 
rich a. Rh.) zur Verfügung gestellten Mittel therapeutisch irgendwelcher Erfo!; 
gezeitigt, wie aus den beigefügten Krankengeschichten hervorgeht. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 603 


-8, Straus (Barmen). Zur Lecutylbehandlung der Tuberkulose. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 41.) 

Es gelingt, auch auf dem milden Wege der Einverleibung des Lecutyls vom 
Magen aus und durch Einreibungen in konsequenter Behandlung einen unverkenn- 
baren chemotherapeutischen Einfluß auf die innere Tuberkulose auszuüben. 

Reckzeh (Berlin). 


9, R. Lundh (Kopenhagen). Om Behandling af Patienter med 
-kronisk Lungetuberkulose. (Ugeskr. f. laeger 1916. Nr. 2.) 

Verf. führt aus, daß es sich empfiehlt, für ausgesprochene Lungentuberkulosen 
neben den Krankenhäusern Pflegeheime zu schaffen, einerseits um die Kranken- 
häuser zu entlasten und doch für die nicht arbeitsfähigen Phthisiker Pflegestätten 

‚zu haben, andererseits um durch die Isolierung die Übertragung der Tuberkulose 
zu vermindern und drittens, weil solche Pflegeheime sich ökonomisch billiger _ 
betreiben lassen als Krankenhäuser. F. Jessen (Davos). 


10. Müller (Eppendorf-Hamburg). Erste Erfahrungen mit Deycke- 
Much’schen Tuberkulose-Partialantigenen im Hochgebirge. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 41.) 

Bei chirurgischer Tuberkulose wird durchschnittlich stärker auf Fettkörper, 
speziell auf die Neutralfette reagiert, als auf die Albumine. Andererseits sehen 
wir bei der Lungentuberkulose in der Regel lebhaftere und zahlreichere Reaktionen 
bei den Eiweißkörpern. Diese beiden Typen, die Albumintüchtigen bei Lungen- 
tuberkulose und die Fettüchtigen bei chirurgischer Tuberkulose, können wir unter- 
scheiden. Auch im Hochgebirge ist das Vorgehen mit Partialantigenen ein dop- 
plte. Entweder man treibt spezifische Therapie und unterstützt damit die 
Physikalisch-diätetischen Heilmethoden oder man prüft den Einfluß der letzt- 
genannten Heilfaktoren, also der unspezifischen Maßnahmen auf den Immunitäts- 
zustand mit Hilfe von Anstellung zahlreicher jeweils dezimal abgestufter Intra- 
kutanreaktionen. Reckzeh (Berlin). 


Il. Link (Zabern). Einnahme von NaCl, ein Mittel zur Ver- 
minderung der Schweißbildung bei Phthisikern und auf 
Märschen und zur Verhütung von Magenstörungen bei An- 
strengungen und Hitze. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 36.) 

NaCl-Darreichung in der angegebenen Form ist ein sehr einfaches und sicher 
unschädliches Mittel zur Verringerung oder Verhütung des lästigen Nachtschweißes 
der Phthisiker. Ferner dürfte es sich empfehlen, bei großer Hitze marschierenden 
usw, Truppen vor allem vor dem Mittagessen etwas NaCl zuzuführen. 

Reckzeh (Berlin). 


12 W. Neumann (Nervi). Behandlung der Hämoptöe. (Zeitschrift 

f. Tuberkulose Bd. XXV. Hft. 1. 1915.) 

Die Hämoptöe steht bei der Außerbettbehandlung eher als bei strenger Bett- 
tuhe, wobei allerdings stärkere Bewegung untersagt bleiben muß. Auch Aspira- 
tionspneumonie kommt bei dieser Behandlung seltener vor. Von medikamen- 
{sen Mitteln sind am wirksamsten intravenöse 10% ige Kochsalzinjektionen und 


604 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


die Kalksalze. Gegen den Husten soll nicht Morphium gegeben werden, weil ès 
die Herausschaffung des Auswurfs verzögert, sondern Kodein. 
Gumprecht (Weimar). 


13. G. Kuhn (Schlachtensee-Berlin).. Mobilisation der Lungen als 
Grundlage der Tuberkulosebehandlung. (Zeitschrift f. Tuberkulose 
Bd. XXV. Hft.3. 1916.) 

Die Saugmaske ist die einzige Methode, die bei beginnender Tuberkulose eine 
Dauerheilung in Aussicht stellt. Der künstliche Pneumothorax bildet nur einen 
Notbehelf für eine verschwindend kleine Zahl sonst verlorener Fälle. Das Pneumo- 
gramm unter der Saugmaske zeigt Exkursionen des Brustkorbes, die fast 3mal 
so hoch sind, als ohne die Maske; dabei ist das Volumen der Lunge, wie Spirometer- 
messungen ergeben haben, gegenüber der gewöhnlichen Atmung stark vermindert. 
Die Maske wird täglich 2 Stunden angelegt. Anscheinend bewirkt die Maske, dať 
die Tuberkulosegifte aus den Herden der Lunge mobilisiert werden und dadurch 
den Körper »autoinokulieren«; es erscheinen dann kleine Temperaturerhebunge:. 
die bei Weitergebrauch der Maske bald verschwinden. Nur bei stärkerer Reaktior. 
muß die Saugbehandlung einige Tage bis zum Abklingen der Temperatur unter- 
brochen werden. Gumprecht (Weimar). 


14. H. Silbergleit (Ingolstadt). Zweck und Einrichtung von Tuber- 
kulosesprechstunden in Reservelazaretten. (Zeitschrift f. Tuber- 
kulose Bd. XXV. Hft. 4. 1916.) 

Im Reservelazarett Ingolstadt hat Verf. wöchentlich eine Tuberkulosesprech- 
stunde eingerichtet und empfiehlt diese Maßnahme für die frühe Entdeckung 
tuberkulöser Kriegsteilnehmer. 103 Pat. wurden bisher dort beraten, von diesen 
waren 19 vorher nicht erkrankt oder in irgendeiner Weise verdächtig gewesen. 
Eine bestimmte Art des Verlaufs der Tuberkulose aus dem Felde ist nicht fest- 
zustellen. Es gibt leichte und schwere, akute wie chronische Fälle. Auffäti:g 
häufig war aber ein akuter Verlauf nach anfänglicher Pneumpnie oder Blutung. 
auch wenn die Rücksendung aus dem Felde sogleich erfolgt war. — Bei den vun 
früherher tuberkulösen Leuten war aber der penumonische Beginn keineswegs: 
häufig; die Pneumonie ist also als eine genuine, nicht von Anfang an tuberkulze, 
aufzufassen. Gumprecht (Weimar). 


15. Gerhartz (Bonn). Behandlung der Lungentuberkulose mit 
intensivem rotreichen Licht. (Münchener med. Wochenschrift 1915. 
Nr. 35.) 

In allen Fällen traten während der Brustbestrahlungsbehandlung Erschei- 
nungen zutage, die die Annahme einer objektiven Besserung des Lungenprozesse: 
und einer günstigen Rückwirkung auf den davon abhängigen Allgemeinzustand 
nahelegen. Reckzeh (Berlin). 


16. Felix Oeri. Dauerresultate des Glarner Sanatoriums für 
Lungenkranke in Braunwald. 1897—1913. (Korrespondenzblat: 
f. Schweizer Ärzte 1915. Nr. 18.) 
Das Lungensanatorium Braunwald blickt auf eine 15jährige Tätigkeit zurück: 
während dieser Zeit wurden daselbst 1365 Pat. behandelt. Die Arbeit von O. 
bringt Untersuchungsresultate über die Zusammensetzung des Krankenmateria!e:, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 605 


Mortalität, Lebensdauer, Arbeitsfähigkeit, den Einfluß der Kuren, Husten, Aus- 
wurf und die Komplikationen. Da in Braunwald im Gegensatz zu anderen Sana- 
torien auch viele Kranke im IlI. Stadium Turban-Gerhardt aufgenommen 
werden (47,2%, aller Aufnahmen), so ist die Mortalität unter den Entlassenen 
hoch. Ende April 1913 waren 48,7%, gestorben. Umgekehrt darf hervorgehoben 
werden, daß von 477 Entlassenen der jüngeren Jahrgänge (1907—1912) Ende 
April 1912 noch 315 vollständig arbeitsfähig waren. Von 288 Entlassenen, die 
noch Auswurf haben, bejahen 180 den Weitergebrauch des Taschenspucknapfs; 
mehr als t/,, der Entlassenen beklagt sich über Schwierigkeiten im Privat- und 
Berufsleben, die ihnen nach der Rückkehr aus dem Sanatorium entstanden sind. 
Auch der Gebrauch des Taschenspucknapfs verursache zuweilen Unannehmlich- 
keiten mit der Umgebung. P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 





17. W. F. Cunningham. Hodgkin’s disease. (Amer. journ. med. sciences 
1915. Vol. CL. S. 869.) 

Verf. hat in den letzten Jahren 23 Fälle beobachten können. Er kommt 
in der Beurteilung dieser Krankheit zu folgenden Schlüssen: Das von Hodgkin 
gegebene Krankheitsbild stellt nicht nur einen Typus der Krankheit dar, sondern 
esist das klassische Bild derselben. Die Prognose ist immer zweifelhaft, es scheint, 
daß man nie einen Fall als geheilt erklären darf. Die Behandlung besteht in der 
operativen Entfernung aller Herde und in Röntgenbehandlung. Vaccinen sind 
ohne Wert. Zur Diagnose sollen nicht nur eine einzige, sondern mehrere Drüsen 
histologisch untersucht werden. Für den infektiösen Charakter der Krankheit 
sprechen folgende Punkte: das histologische Bild der ergriffenen Drüsen ist das 
einer Entzündung; Injektionen von Drüsenemulsion in Versuchstiere haben 
vorübergehende Drüsenschwellungen verursacht; das Fieber entspricht genau 
einem infektiösen Fieber; das Vorhandensein einer Leukocytosis; die Exsudat- 
bildung, wenn die serösen Häute mitergriffen werden. Der spezifische Mikroorga- 
nismus konnte bisher nicht isoliert werden. 

P. Meyer (Kilchberg b. Zürich). 


18, Oswald (Zürich). Kommt Hyperthyreoidismus bei vorher völlig 

Gesunden vor? (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Es handelt sich nicht um völlig Gesunde, die befallen werden, sondern um 
besonders Disponierte. Die Disposition besteht lange Zeit und kann sozusagen 
auch immer latent bleiben, wenn das Individuum sich auslösenden Schädigungen 
nicht aussetzt. Tritt hingegen eine Schwächung des Nervensystems ein, z. 3. im 
Gefolge anhaltender geistiger oder körperlicher Anstrengung, sich häufender 
seelischer Affekte, Aufregungszustände usw., so sind die Bedingungen zum Mani- 
festwerden der Krankheit gegeben. Reckzeh (Berlin). 


19. L. F. Watson. Chinin und Harnstoff bei Hyperthyreoidismus. 

(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 13. S. 1102.) 

In 50 Kropffällen wurde die Einspritzung von Chinin und Harnstoff mehr 
als 200mal nicht ohne Wirkung angewendet, natürlich nur symptomatologisch 
bei toxischem Kropf, nicht zu kosmetischen Zwecken, d. h. zur Entfernung eines 
harmlosen, nicht toxischen Kropfes. Sie versagt bei vorgeschrittenem toxischen 
Kropf, wirkt aber gut, wenn ein akuter Anfall von Hyperthyreoidismus bevorsteht. 


606 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


Doch hängt das Ergebnis davon ab, wieviel Gewebe durch das Chinin und den 
Harnstoff zerstört sind. Ausführbar sind die Einspritzungen nur im Kranken- 
haus und von erfahrener Hand, sind dann aber harmlos. Die allmähliche Besserung 
des Exophthalmus steht in Beziehung zu dem Einfluß der Schilddrüse auf dem 
Weg über den Sympathicus. Für beginnenden Hyperthyreoidismus ist die Ein- 
spritzung zu empfehlen und, als Teiloperation der Schilddrüse, in Fällen, wo 
der Zustand des Kranken die Operation verbietet. 
Meinhof (Halle a. S.). 


20. H. R. Geyelin (New York). The carbohydrate metabolism in 
` hyperthyroidism as determined by examination of blood and 
urine. (Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

G. betont die Notwendigkeit einer einheitlichen Methode der klinischen Blit- 
zuckerbestimmung. Er hält einen Gehalt von 1% oder mehr beweisend für ein 
Hypergliykämie. Diese letztere ist, wie er durch die mitgeteilten Beobachtungen 
an 27 Fällen bekräftigt, ein sehr häufiges und diagnostisch wichtiges Begki:- 
symptom der mittelschweren und schweren Formen von Hyperthyreoidismis; 
ebenso häufig ist eine spontane oder alimentäre Glykosurie, während eine &l- 
mentäre Hyperglykämie und alimentäre Glykosurie sich auch in ihren leichten 
Formen findet. Nach Traubenzuckerzufuhr kehrt bei diesen Pat. im Vergleich zu 
Gesunden, und zwar proportional zur Schwere des Falles, die Hyperglykämie lang- 
samer zu den niedrigen Blutzuckerwerten zurück. Wenn man Myxödemkrank:t 
mit normalen Blutzuckerwerten Thyreoidextrakt zuführt, so entwickelt sich ein: 
Hyperglykämie. F. Reiche (Hamburg). 


21. George M. Mackenzie. An experimental study of blood gly- 
colysis. The effects of thyroid and ad renal extracts and 
phloridzin on glycolysis in vitro. (Journ. of exp. med. 22. 1915. 
S. 757.) 

Die Blutglykose vollzieht sich außerhalb des Körpers innerhalb 3 Stund:n 
ziemlich gleichmäßig, einerlei ob es steril gehalten wurde oder nicht. Frisch 
Schilddrüsenextrakt, Adrenalin oder Phlorhidzin haben keinen Einfluß auf de1 
Ablauf dieses Prozesses. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


22. Weichardt u. Wolff. Weitere Untersuchungen über den ende- 
mischen Kropf mit besonderer Berücksichtigung des Vor- 
kommens im Königreich Bayern. (Münchener med. Wochenschrift 


1916. Nr. 9.) 
Das Auftreten des endemischen Kropfes ist nicht an eine bestimmte Bod:r- 
formation gebunden. Reckzeh (Berlin). 


23. H. R. Basinger (Chicago). The control of experimental creii- 
nism. (Arch. of internal med. 1916. Februar.) 

Transfusion von normalem Blutserum auf Kaninchen, die durch vollständi:e 
Abtragung der Schilddrüse Kretins geworden, modifiziert das Krankheitsbi.d 
nicht, während Überleitung von hyperthyreoiden, d. h. von mit Thyreoidin gè- 
fütterten Tieren stammendem Serum, das Wachstum fördert und die übrigeı 
Symptome des Kretinismus günstig beeinflußt, doch ist diese Besserung nicht :> 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 607 


ausgesprochen wie bei direkter Thyreoidinzufuhr. Letztere, so gut sie an sich in 
nichttoxischen Gaben wirkt, kann aber nie einen völligen Kretin zu normaler 
Größe bringen; sobald sie ferner unterbrochen wird, setzen Symptome des Kre- 
tinismus wieder ein. Etwas wirksamer, aber auch giftiger als die Thyreoidpräparate 
der Pharmakopöe ist das Thyreoidmetaprotein von Koch, das ungiftige Thyreoid- 
extrakt B von Kendall ist jedoch wirkungslos. Die Kretintiere sind gegenüber 
den toxischen Effekten der Schilddrüsenextrakte viel empfänglicher als gesunde 
Kaninchen; interessant ist, daß sie trotz ihres verzögerten Wachstums über 4 bis 
6 Wochen länger als die Kontrolltiere desselben Wurfes wachsen. 
F. Reiche (Hamburg). 


24. Schützinger. Ein Fall von traumatischem Morbus Basedow. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 13.) 


Fall, weicher die Auffassung der neurogenen Entstehung zu stützen scheint.. 
Reckzeh (Berlin). 


25. A. Troell (Stockholm). Some attempts to produce exoph-. 
thalmos experimentally. (Arch. of internal med. 1916. März.) 

T. bespricht seine auch im Hinblick auf die Genese des Exophthalmus bei 
Morbus Basedowii wichtigen Untersuchungen über Erzeugung einer Protrusio 
bulborum bei mit Paraphenylendiamin vergifteten Hunden; hier ist sie aber 
anscheinend die Folge einer Zirkulationsstörung. F. Reiche (Hamburg). 


26. Israel Bram. The non surgical tratment of exophthalmic 

goiter. (New York med. journ. 1915. Vol. CII. Nr. 22. S. 1095.) 

Die Basedow’sche Krankheit ist in der Mehrzahl der Fälle eine nichtchirur- 
gische Krankheit, mindestens 75%, können durch nicht chirurgische Maßnahmen 
geheilt werden. Die einzigen Gründe, welche chirurgisches Eingreifen notwendig 
machen, sind gefährliche Drucksymptome und maligne Entartung. Ein und 
dieselbe Behandlung paßt nicht für alle Fälle, obwohl einzelne Maßnahmen bei 
allen empfehlenswert sind. Die beste Medikation besteht in der Darreichung 
von Chinin. hydrobrom., Suprarenin, Eisen, Arsenik, Lezithin und Ichthyol. 
Körperliche und geistige Ruhe, Überernährung, Behandlung mittels Röntgen- 
und ultravioletten Strahlen sind von großer Bedeutung. Eine große Anzahl wird 
durch eine 6 Monate dauernde, in diesem Rahmen sich bewegende Kur geheilt. 
Bei der Diagnostizierung frischer Fälle sind immer Lungentuberkulose und Diabetes 
sorgfältig auszuschliessen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


27. R. G. and A. D. Hoskins (Chicago). The effects of suprarenal 
feeding. (Arch. of internal med. 1916. April.) 

Auf diese, manche klinische Beobachtungen bestätigenden Tierversuche, die 
einen stimulierenden Einfluß der Nebennieren auf die Hoden erweisen, sei hier 
kurz hingedeutet; nach Verfütterung von Nebennierensubstanz über 2—9 Wochen 
wurde bei Ratten eine Vergrößerung der Testes nachgewiesen, bei einigen weib- 
lichen Tieren auch eine Größenzunahme der Ovarien. 

F. Reiche (Hamburg). 


608 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 33. 


28. Franc C. Mann. An study of gastric ulcers following removal 
of the adrenals. (Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 203.) 

Bei Hunden und Katzen, welche nach Entfernung der Nebennieren sterben, 
findet man in einem hohen Prozentsatz der Fälle Magengeschwüre, welche an- 
scheinend sich erst gegen das Lebensende entwickeln. Es scheint ferner, daß 
sie aus kleinen Blutungen in der Magenschleimhaut hervorgehen. Es handelt 
sich um wahre Geschwüre, welche bis in die Muscularis dringen, und sie sind pep- 
tischen, nicht tryptischen Ursprungs. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


29. Valentin. Beitrag zur Kenntnis der Nebennierenblutungen. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) | 

Blutungen in den Nebennieren sind zwar pathologisch-anatomisch ein ungemein 
häufiger. Befund, meist handelt es sich aber um miliare Blutungen, die klinisch 
intra vitam von geringerer Bedeutung sind, oft auch wohl ganz reaktionslos ver- 
laufen. Anders dagegen bei den mächtigen, meist doppelseitigen Blutansamn- 
lungen, die entweder an und für sich oder durch die dadurch bewirkte Zerstörung 
der Nebennieren einen plötzlichen Tod herbeiführen können. Das Bild dieser 
»Apoplexie der Nebennieren« ist zwar mehrfach beschrieben, aber in der Literatu: 
sind bisher doch nur vereinzelt und recht zerstreut, meist von pathologischer Seite. 
solche Fälle erörtert worden. Aus dem eben geschilderten Krankheitsbild läß: 
sich ersehen, daß dasjenige Symptom, weiches in fast allen anderen Fällen als das 
markanteste prädominiert, nämlich die peritoneale Reizung, d.h. Abdomina!- 
schmerz, Erbrechen, eventuell Kollaps, auch hier deutlich hervortrat. Die Pro 
gnose ist absolut infaust, sobald beide Nebennieren durch stärkere Blutungen 
zerstört sind. Reckzeh (Berlin). 


30. M. Cloetta und E. Waser. Über das Adrenalinfieber. (Art. 

f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXIX. S. 30. 1915.) 

Durch thermoelektrische Messungen ergibt sich, daß eine intravenös lIr- 
jektion von 0,2 mg Suprarenin bei Kaninchen schon nach etwa 10 Sekunden e:: 
Ansteigen der Temperatur im Vorderhirn und einige Sekunden später dasse: 
‘im Bereiche der Temperaturzentren verursacht. Das Maximum wird schon nach 
4 Minuten erreicht und beträgt etwa 0,6°. Darauf beginnt die Kurve bogenförm:z 
-zu fallen. Wiederholte Injektion kann dieselbe Erscheinung wieder hervortuf:r. 
-Während des Anstiegs sinkt jedesmal die Hauttemperatur. Durch andauemd:: 
-Einfließenlassen der Lösung kann die Temperaturerhöhung auf dem Maximun 
erhalten werden. 

Intrazerebrale Injektion von !/,, mg macht ebenfalls Steigerung, aber ohr 
nachherigen Abfall. Die Entfernung des Vorderhirns hat einen abschwächende 
Einfluß auf die Steigerung im Bereich der Temperaturzentren durch das Supr:- 
renin. Die vorausgehende Injektion von Ergotoxin hebt die temperatursteigernd: 
Wirkung des Suprarenins im Gehirn nicht auf. Ergotoxin verstärkt auch bedeuter- 
die fiebererzeugende Wirkung des $-Tetrahydronaphthylamins. 

Bachem (Bonn). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sgnderdrucke wolle m: 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an d:e 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


609 


Zentralblatt für innere Me dizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, rag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. | 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 34. Sonnabend, den 26. August 1916. 


Inhalt. 


J. Löwy, Über Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des Blutes durch thermi- 
sche Reize. 

Referate: 1. Swart, 2. v. Moraezewski, 3. Arnoldi, 4. Heller, Blutzucker. — 5. Wijn- 
hausen, 6. de Lange und Sehippers, 7. Dünner, 8. Riesmann, 9. Derham, 10. Joslin, 
1L Allen, 12. Joslin, 13. Rosenfeld, Diabetes. — 14. Smillie, Cystinurie. — 15. Schwartz und 
MeGill, Harnstoffbestimmungen im Blute. — 16. Gudzent, Harnsäure im Blut und deren Löslich- 
keit. — 17. Haskins, Urotropin im Harn. — 18. Rubens, Fonabieit. 

19. Hübner, Leuchtgasvergiftungen. — 20. Antivenin. — 21. Zadek, Massenvergiftung durch 
Einatmen von salpetrigsauren Dämpfen. — 22. Nicol, Azetylengasvergiftung. — 23. Lambert und 
Patterson, Sublimatvergiftung. — 34. Blankenhorn, Harmon und Hanzlik, Fischvergiftung — 
ö. Hoppe-Seyler, Veränderungen an den inneren Organen infolge von chronischem Alkoholismus. 
- 2%. lury, Aplysiengift. 





Aus der med. Universitätsklinik R. v. Jaksch, Prag. 


Über Veränderungen 
in der chemischen Zusammensetzung des Blutes 
durch thermische Reize. 


Von 


Dr. Julius Löwy, 
Assistent der Klinik. 


Während die physikalischen Veränderungen des Blutes unter 
dem Einfluß der Wärme bereits ziemlich eingehend studiert sind, 
liegen über die Veränderungen der chemischen Zusammensetzung 
des Blutes nur vereinzelte Angaben vor. Allerdings ist eine ständige 
Kontrolle in der Zusammensetzung des Blutes erst durch die von 
Bang (1) angegebenen Mikromethoden möglich geworden. 

Die ersten Angaben über chemische Veränderungen der Zusam- 
mensetzung des Blutes stammen wohl von Embden, Lüthje und 
Liefmann (2), die bei ihren an Hunden angestellten Versuchen 
fanden, daß der Blutzucker bei niedriger Außentemperatur den 
höchsten Wert erreicht und daß derselbe bei künstlicher Hyper- 
thermie sinkt. Im Gegensatz hierzu fand Senator (3), daß der Blut- 

34 


610 Zentralblatt für innere ‘Medizin. Nr. 34. 


zucker im arteriellen Kaninchenblute bei künstlicher Hyperthermie 
zunimmt; Rolly und Oppermann (4) haben dasselbe beim Men- 
schen nachgewiesen, und ich (6) konnte in einer weiteren Arbeit zeigen, 
daß diese Zuckervermehrung nicht durch Eindickung des Blutes 
zustande kommt, sondern eine wirkliche Vermehrung der reduzierenden 
Substanzen des Blutes darstellt. Dies konnte beim Menschen nicht 
nur bei Schwitzprozeduren, sondern auch bei Bestimmungen des 
Serumzuckers in vitro nachgewiesen werden. Es zeigte sich, daß 
insbesondere das Diabetikerserum bei Erwärmen auf 38°C eine 
größere Menge an reduzierenden Substanzen aufwies als vorher. 

Es drängt sich nun die Frage auf, ob die am Menschen und die 
im Reagenzglase vorgenommenen Versuche miteinander verglichen 
werden können und ob die nach einem elektrischen Lichtbad auf- 
getretene Hyperglykämie und die durch Erwärmen im Wasserbad 
aufgetretene Vermehrung der reduzierenden Substanzen des Blut- 
serums auf dieselben Ursachen zurückgeführt werden können. 

Als Beleg für die vorgebrachte Ansicht seien im kurzen einige 
mit Menschenserum ausgeführte Versuche wiedergegeben, wobei be- 
merkt wird, daß bei allen Versuchen möglichst steril gearbeitet wurde. 
In den folgenden Tabellen ist das Verhalten von nativem und in- 
aktiviertem Serum verglichen, das während der angeführten Zeiten 
im Brutschranke stand. 

In der bereits erwähnten Arbeit habe ich den Beweis zu er- 
bringen versucht, daß es sich bei den angeführten Veränderungen 
nicht um Fermentwirkung handelt, sondern daß reduzierende Stoffe 
entweder an Eiweißkörper gebunden werden oder daß speziell beim 
Erwärmen derartige Verbindungen gesprengt werden. 











Tabelle I. 
Zuckergehalt Zuckergehalt 
era Ir des des inaktivierten | Zeit bei 37°C 
nativen Serums Serums 
Nr. 1 
u. 2 
3 
„ 4 
yS 





0,325 | 0,332 | 48 h 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 611 


Aus diesen fünf mit Diabetikerserum angestellten Versuchen, 
die eine Auswahl aus einer größeren Zahl von Bestimmungen dar- 
stellen, geht zur Genüge hervor, daß durch das Erwärmen des Serums 
entweder eine sofortige oder doch wenigstens eine nach 24 Stunden 
in Erscheinung tretende Veränderung in der Menge der reduzierenden 
Substanzen erfolgt. Das inaktivierte Serum weist meistens eine Zu- 
nahme, das native Serum eine Abnahme derselben auf. 

Da nun die durch elektrische Lichtbäder erzeugte Hyperglykämie 
in mannigfacher und nicht näher kontrollierbarer Weise ausgelöst 
werden kann, so habe ich auf Veranlassung meines Chefs die Ein- 
wirkung der Diathermie auf den Zuckergehalt des Blutes untersucht 
und zunächst die Diathermie des blut- und glykogenreichsten Organes, 
der Leber, vorgenommen. 

Es handelt sich ja zunächst darum, festzustellen, ob durch Dia- 
thermie eines Organes überhaupt derartige Veränderungen im Blute 
auftreten, daß dieselben dem chemischen Nachweise zugänglich 
werden. Nach den Ausführungen von Kowarschik (6) kann theo- 
retisch eine Veränderung der chemischen Vorgänge bewirkt werden: 


1) Als eine direkte Folge der Temperaturerhöhung, 


2) als eine Konsequenz der vermehrten Blut- und Lymphzirku- 
lation und 


3) als eine unmittelbare Wirkung des elektrischen Stromes, 
wobei allerdings der Nachweis bisher noch nicht erbracht ist, daß 
durch einen Wechselstrom wirklich Veränderungen chemischer Natur 
auftreten. 

Es ist nun bereits bekannt, daß die Leber auf thermische Reize 
mit Volumsveränderung reagiert (E. Neubauer, 7) und ferner, daß 
se überhaupt auf geringe Reize mit Glykogenausschüttung antwortet 
(Aderlaßhypergiykämie). Es konnte somit durch Diathermie dieses 
Organes nur der Nachweis erbracht werden, daß überhaupt eine Ver- 
änderung in der chemischen Zusammensetzung des Blutes eintritt, 
ohne daß dadurch präzise Schlüsse gestattet wären. Es sei nur noch 
bemerkt, daß in allen Fällen in gleicher Weise vorgegangen wurde, 
indem immer dieselben Elektroden verwendet wurden und der Strom 
bei einer Stärke von 1/,—1 Ampère 20 Minuten lang durch den Körper 
geschickt wurde. | 

Die folgenden sechs Tabellen zeigen zunächst das Verhalten des 
Blutes bei Diathermie der Leber: 


Tabelle II (Melanosarcoma hepatis). 


Zeit en se nach !/,h| nach !/,h | nach Ih | nach 2 h 


Blutzucker | 0,160 | 0,162 | 0,165 0,157 0,155 | 0,154 


34* 














612 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


Tabelle III (Carcinoma ventriculi). 


vor der unmittel- 
Zeit Diathermie ibar nachher nach I b 


Blutzucker | 0,171 | 0,164 | 0,167 | 0,172 | 0,153 


Tabelle IV (Pankreatitis). 


vor der | unmittel- nach nach | 
ee i o ar mache 1/4 h | 1/2 h | naen 1m a 
Blutzucker | 0,195 | 0,187 | 0,19 | 0,184 | 0,161 | 0,157 : 0,168 
| 


Tabelle V (Tabes dorsalis). 


Zeit vor der | unmittel- 
Diathermie|bar nachher 


Blutzucker | 0,156 | 0134 | 0,139 | 0,139 | 0,150 


Tabelle VI (Normalfall). 


nach !/,h | nach 1/3 h 











nach!/,h| nach 1 b 





| nach 1/,h 








unmittel- 
bar nachher 


vor der 
Zeit Diathermie 








| 
nach tah nach 1/s h| nach Iih | nach 2b 






Blutzucker 0,137 0,161 | 0,151 | 0,139 | 0,141 
Tabelle VII (Diabetes mellitus). 
| vor der | unmittel- nach | nach 
Zelt Diathermieibar nachher; 1/4 h PAE | nadan 51’, 














Blutzucker | 0,208 | 0,290 | 0,276 | 0,273 | 0,270 | 0,245 | 0,3% 
i 


Wir ersehen aus diesen sechs Versuchen, daß bei Diathermie de! 
Leber der Zuckergehalt des Blutes gleichbleiben, sinken und steigen 
kann. Es muß allerdings bemerkt werden, daß in Versuch II und Ill. 
in denen ein Gleichbleiben zu verzeichnen ist, besondere Verhältniss: 
vorlagen. 

Im Versuch II handelte es sich um ein Melanosarcoma hepati: 
mit stark vergrößerter Leber, und im Versuche III lag eine schwer: 
Kachexie vor. In den vier anderen Versuchen traten die Verändt- 
rungen in der chemischen Zusammensetzung des Blutes unmittelba: 
nach erfolgter Diathermie ein und müssen daher als ein Effekt der- 
selben bezeichnet werden. Nur im Falle V konnte eine Restitutiar. 
des ursprünglichen Wertes beobachtet werden, während zum Beispic: 
Fall VII eine immer mehr zunehmende Steigerung aufweist, was auch 
darauf hindeutet, daß man bei Diabetes mellitus einige Vorsicht bei 
Anwendung der Diathermie üben muß. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 613 


Da nun bei Diathermie der Leber sowohl eine Zunahme als auch 
eine Abnahme der reduzierenden Substanzen des Kapillarblutes zu 
verzeichnen war, so schien es unwahrscheinlich, daß der Glykogen- 
gehalt der Leber das bestimmende Moment darstelle, und zwar um 
so weniger, als gerade die stärkste Vermehrung bei einem Falle von 
Diabetes mellitus beobachtet wurde. 
Nichtsdestoweniger wurde bei zwei Pat. mit normaler Milz in 
gleicher Weise eine Diathermie dieses Organes vorgenommen. 


Tabelle VII (Lumbago). 


vor der unmittel- 
Diathermie | bar nachher 


Blutzucker | 0,133 | 0,119 | 0,134 | 0,137 


Tabelle IX (Nephritis peracta). 


Zeit 








nach 1/, h 





nach 1/h 

















vor der unmittel- 
Zeit Diathermie | bar nachher nach 1/,h | nach 1/>h | nach Ih 
Blutzucker || 0,126 | 0,152 | 0,141 | 0,136 | 0,128 


Die beiden angeführten Versuche zeigen, daß bei Diathermie der 
Milz im Prinzip dieselben Vorgänge beobachtet werden, wie bei der 
Diathermie der Leber. Es besteht nur der eine Unterschied, daß 
nach einer 1/, bzw. nach 1 Stunde der ursprüngliche Zustand wieder 
hergestellt ist. 

Es blieb nunmehr nur noch die Erledigung der einen Frage übrig, 
ob die Schwankungen des Blutzuckergehaltes nur durch Vorgänge 
im Blut bedingt sind oder ob nicht doch eine Einflußnahme durch das 
 erwärmte Organ vorliegt. Es wurden daher bei 2 Pat. an verschie- 

denen Tagen die Diathermie der Leber und des Oberschenkels vor- 
genommen. 


„ 


Tabelle X (Neuritis). 

















Zeit a E nach !/,h | nach ł/2h| nach Ih | jet 
Blutzucker bei 
Leber- 
disthermie 0,166 0,154 0,152 0,132 0,178 0,155 
Blutzucker bei 
Oberschenkel- 
diathermie | 0,150 | 0,146 | 0,124 | 0,148 | 0,169 | 0,145 


Tabelle X zeigt, daß die Schwankungen bei Diathermie der 
Leber und des Oberschenkels ganz gleichsinnig erfolgen. 


614 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


Eine noch schönere Übereinstimmung zeigt jedoch der folgende 
Versuch. 


Tabelle XI (Diabetes mellitus). 











Zeit vor der | unmittel- | nach nach nach nach | nach 
Diathermie|bar nachher !/, h 1/,h Ih 2!/4h, 33; h 
Blutzucker bei | | 
Leber- | 
diathermie 0,427 0,395 | 0,398 | 0,353 | 0,347 | 0,32 , 0,45 


Blutzucker bei 
Oberschenkel- 
diathermie 0,562 0,519 0,515 | 0,544 | 0,5 0,471 | 0,543 





In diesem Falle ist nicht nur beide Male die Zuckerschwankuns 
eine ganz gleichsinnige, es herrscht sogar eine genaue zeitliche Über- 
einstimmung in bezug auf die Erreichung des niedrigsten Standes 
des Blutzuckerspiegels. 


Zusammenfassung. 


Aus den angeführten Versuchen geht hervor, daß dieselben 
Schwankungen, die der Zuckergehalt des menschlichen Serums bei 
Erwärmen desselben in vitro aufweist, auch durch Erwärmen des 
strömenden Blutes bei Diathermie beobachtet werden können. 

Diese Veränderung, welche in einer Zu- oder Abnahme der re- 
duzierenden Substanzen des Gesamtblutes bestehen, sind unabhängig 
von der Funktion der Organe und sind der Ausdruck von Umsetzungen 
im Blute. 

Von den drei von Kowarschik genannten Möglichkeiten der 
Beeinflussung des Stoffwechsels durch die Diathermie kommt in 
diesem Falle aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich die Wärme al: 
auslösender Faktor in Betracht. 


Literatur: 


1) Bang, Der Blutzucker. 20S. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1813. 

2) Embden, Lüthje und Liefmann, Beiträge zur chem. Physiologie v. 
Pathologie X. 265. 1907. 

3) Senator, Zeitschrift für klin. Medizin LXVII. 253. 1909. 

4) Rollyund Oppermann, Biochem. Zeitschrift XLVIII. 200. 1913. 

5) J. Löwy, Deutsches Archiv f. klin. Medizin 1916. 

6) Kowarschik, Die Diathermie. 87S. Berlin, Jul. Springer, 1915 

7) E. Neubauer, Biochem. Zeitschrift LII. 118. 1913. 


-——ĖĖ 0 Cem 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 615 


Referate. 


1.S. P. Swart. Zuckerbestimmung im Blut und die klinische 
Bedeutung derselben. (Handelingen van het XV. Nederl. Natuur- en 
Geneesk. Congres 1915. S. 367—74.) 

Demonstration eines genaue quantitative Zuckerbestimmungen in beliebigen, 
der Fingerkuppe entnommenen geringen Blutmengen ermöglichenden Verfahrens. 
Das Blut wird in einem 10 ccm messenden, vorher mit 1 ccm 2% iger NaCl-Lösung 
versetzten Meßkolben aufgefangen, der Kolben mit destilliertem Wasser bis auf 
10 ccm aufgefüllt. Das Blut wird mittels kolloidalem Eisenoxyds und Seignette- 
salz enteiweißt ; dann werden 1Occm zentrifugiert, von der klaren, hämoglobinfreien 
Lösung ein aliquoter Teil zur Titration nach Bertrand verwendet. — Der dia- 
gnostische Wert dieses Verfahrens wird ausgeführt: 1) Zur Prophylaxis hereditär 
beanlagter jugendlicher Personen, zur Prüfung des Vorhandenseins eines labilen 
Kohlehydratstoffwechsels, durch Nachweis einer im nüchternen Zustande vor- 
handenen oder nach Giykosegebrauch eintretenden Hyperglykämie. 2) Zur 
Diagnostik manifesten Diabetes, indem mitunter nicht diabetische Glykosurien 
vorliegen; ebenso zur Auffindung eines renalen Diabetes. Letzterer kann nur 
in denjenigen Zeitpunkten diagnostiziert werden, in denen wirklich ein zucker- 
haltiger Harn entleert wird. Nur das gleichzeitige Vorhandensein normaler 
Glykämie und Gilykosurie kann ohne Diätwechsel die Diagnosestellung eines 
renalen Diabetes ermöglichen. Diese relativ harmlosen Glykosurien sind frequenter 
als man früher vermutet hat, so daß dieses Verfahren auch für die Lebensver- 
sicherungsanstalten Fingerzeige über die etwaige Tauglichkeit der zu prüfenden 
Personen zeitigen kann. 3) Zur richtigen Deutung etwaiger während der Schwan- 
gerschaft auftretenden Zuckerausscheidungen. Bei dieser Prüfung kann von den 
in den letzten Schwangerschaftswochen und kurz nach der Geburt auftretenden 
Laktosurien abgesehen werden. Auch in der Schwangerschaft gibt es relativ 
zahlreiche »renale« Glykosurien, d. h. also ohne Hyperglykämie; abgesehen von 
diesen Fällen findet sich indessen in der Schwangerschaft eine gewisse Labilität 
des Kohlehydratstoffwechsels, in denen eine Hyperglykämie in den meisten Fällen 
leicht hervorgerufen werden kann. 4) Zur Auffindung » maskierter« Diabetes- 
formen, und zwar erstens der von Noorden beschriebenen sog. diabetogenen 
Fettsucht. In diesen Fällen wird angenommen, daß die durch Störung des Kohle- 
hydratstoffwechsels im Überschuß gebildeten Zuckermengen zuerst nicht, später 
wohl ausgeschieden werden, während die Fettsynthese aus Kohlehydraten ihren 
ungestörten Verlauf nimmt, so daß die überschüssigen Zuckermengen als Fett in den 
Geweben aufgespeichert werden. Diese Fettsucht entwickelt sich gewöhnlich sehr 
schnell. Abmagerungskuren bleiben erfolglos; nur eine antidiabetische Behand- 
lung ist erfolgreich. Die Beantwortung der Frage, inwiefern bei diesen Formen 
der Zuckerkrankheit die Hyperglykämie teilweise durch Herabsetzung der Durch- 
lässigkeit der Nieren für Zucker erzeugt ist, steht noch aus. 5) Zur Behandlung 
der Zuckerkrankheit selbst, indem die Hyperglykämie schließlich die Lage be- 
herrscht und bestritten werden soll, só daß die »innere Toleranz« angestrebt 
werden soll. Diejenigen frischen Diabetesformen, in denen bei Kohlehydrat- 
karenz zuerst die Hyperglykämie und erst nachträglich die Glykosurie nachläßt, 
sind Ausnahmefälle; in der Praxis hat man fast ausnahmslos mit chronischen 
Fällen zu tun. Auch prognostisch ist diese Blutzuckerbestimmung beim Diabetes 
wertvoll; die höchsten Blutzuckerwerte werden vor dem Auftreten des Coma 
diabeticum und während desselben beobachtet. Bei komplizierender Nephritis 


616 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 3. 


wird durch Undurchlässigkeit der Niere der Pat. oftmals nur anscheinend zucker- 
frei; im Blut häuft sich um so intensiver der Zucker an. 6) Zum Nachweis etwaiger 
Pankreasaffektionen; neben spontaner wird in der Mehrzahl der Fälle eine mit- 
unter hochgradige alimentäre Hyperglykämie wahrgenommen. 7) Zur Diagnose 
des Morb. Basedowii und M. Addisoni (Hyper-, Hypoglykämie). 

Zeehuisen (Utrecht). 


2. v. Moraezewski (Karlsbad). Über den Einfluß der Muskel- 

arbeit auf den Blutzucker. «(Berliner klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 40.) | | 

Die Bewegungsgliykämie ist mit einem Einsaugen von Zucker verbunden und 
einem gleichzeitig gesteigerten Verbrennungsvermögen. Diese Erscheinung muß 
bei der Therapie des Diabetes wohl in Erwägung kommen, wenn sich die hier 
angedeuteten Ergebnisse bei weiterer Prüfung bestätigen sollten. 

Reckzeh (Berlin). 


3.. Arnoldi. Das Verhalten des Blutzuckers bei COO-Bädern. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 23.) 

Neben der Herzwirkung durch die COO-Bäder gibt die Anregung des Kohkn- 
hydratstoffwechsels wohl eine Erklärung des allgemeinen Wohlbefindens, der 
Frische und Kräftigung der Pat. bei gut indizierten COO-Kuren. Der springende 
Punkt wäre dann die wahrscheinliche Stimulierung der Nebennierentätigkeit. 

Reckzeh (Berlin). 


4. Fritz Heller. Der Bilutzuckergehalt bei Neugeborenen und 

Frühgeborenen. (Zeitschrift für Kinderheilkunde 1915. Bd. XIII. 

Hft. 3 u. 4.) 

Die Reduktionswerte des Blutes bei Neu- und Frühgeborenen hewegei 
sich im wesentlichen innerhalb derselben physiologischen Variationsbreite wie 
sie dem älteren Säugling und Erwachsenen zukommt. Verf.s Analysen zeigen. 
ferner, daß weder das Alter noch die Nahrungsmenge noch auch die Zeit der Nah- 
rungsaufnahme irgendwelchen nennenswerten Einfluß auf das Verhalten des Bilut- 
zuckers ausüben. Auch stehen die erhobenen Befunde in Übereinstimmurg 
mit denjenigen Götzky’s, der bei Neugeborenen ebenfalls keine Abweichungen 
von der Norm gefunden hat. 

Obwohl man a priori beim Neugeborenen in den ersten Lebenstagen hinsicht- 
lich des Blutzuckerspiegels besondere Verhältnisse vermuten durfte, so über- 
raschen Verf.s Resultate doch keineswegs, wenn man sich vergegenwärtigt, d2 
der Blutzuckergehalt zu den konstantesten Größen gehört, die an der Zusammen- 
setzung des tierischen Blutes beteiligt sind. Auch gibt es nur wenige Krark- 
heiten, wo der Reduktionswert des Blutes dauernd pathologisch verändert ist. 
Aus zahlreichen Untersuchungen ist ferner bekannt, daß der Blutzuckergehalt au‘ 
experimentellem Wege, vor allem im Sinne einer Hypoglykose, nur schwer ein? 
Beeinflussung zugänglich ist. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


5. 0. J. Wijnhausen. Infantiler Diabetes. (Handelingen van het XV. 
Nederl. Natuur- en Geneesk. Congres 1915. S. 374—85.) 
Die früheren Mißerfolge bei der Behandlung des »jugendlichen« Diabetes 
rühren nach W. vor allem von der schlechten Ausnutzung tierischen muskulöen 
Eiweißes her, so daß die Gefahren des Fisch- und Fleischgebrauchs noch ungleich 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 617 


größere sind als bei Erwachsenen, wie durch schlagende Beispiele belegt wird, 
indem der Harn schon nach Zulage geringer Fleischmengen azeton- und azetessig- 
säurehaltig wurde mit einem 24stündigen Ammoniakgehalt von 2,1 g; andere, 
mit Eierdiät zuckerfreie Pat. ergaben nach Fischzulage zuckerhaltige Harne. Die 
Deutung dieses ungünstigen Einflusses des muskulösen Eiweißes steht vorläufig 
noch aus. In zweiter Instanz reagiert der noch nicht erwachsene Organismus in 
höherem Maße als der erwachsene auf die Einwirkung sogar geringer psychischer 
Einflüsse: Ungewitter, Schreck, so daß letztere Momente möglichst umgangen 
werden sollen. Dann soll die Toleranzgrenze strenger innegehalten werden, indem 
durch relativ geringe Einwirkungen, auch durch Ermüdung, dieselbe relativ 
plötzlich wieder rückgängig werden kann, während andererseits etwaiger Widerwille 
der Pat. gegen die Diätvorschriften berücksichtigt werden soll. Auch die 
Bettruhe ist im Anfang der Behandlung oder beim Eintreten akuter Rückfälle 
notwendig, vor allem wegen der bei diesen Exazerbationen auftretenden krank- 
haften Affektionen der Langerhans’schen Pankreasinseln. So frühzeitig wie 
möglich soll energisch eingeschritten werden, weil vor allem die Glykosurie an 
sich die Toleranz in höchst ungünstigem Sinne beeinflußt (das sog. Habituellwerden 
des Diabetes nach Naunyn). Auch der Blutzuckergehalt soll bis zur Norm 
zurückgeführt werden; in einem der behandelten Fälle war die zu diesem Behufe 
benötigte Zeitdauer 2 Monate länger als die den Harnzuckergehalt bis auf Null 
reduzierende Periode. Heilungen gehören nach den Erfahrungen des Verf.s 
unter Innehaltung dieser Maßnahmen bei jugendlichen Personen nicht zu den 
Seltenheiten. Zeehuisen (Utrecht). 


6. C. de Lange und J. C. Schippers. Diabetes mellitus bei Kindern. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 788—804.) 

Von 10848 im Emmakinderkrankenhaus behandelten Pat. waren nur 6 dia- 
betisch.. Ätiologie zum Teil unbekannt, zum Teil Infektionskrankheiten, oder 
erbliche Anlage; Imal trat die Erkrankung nach Werlhof’scher Krankheit auf. 
In Übereinstimmung mit v. Noorden und Heubner war der Verlauf sehr un- 
günstig; Tod nach 5 Monaten bis 2!/, Jahren. Ebenso wie in der älteren Literatur 
war die Körpertemperatur mitunter erhöht, im Harn wurden Erythrocyten, im 
komatösen Stadium auch Leukocyten, zahlreiche kleine Komazylinder und hyaline 
Zylinder vorgefunden. Wiederholte Male hohe Ammoniakwerte, welche bis auf 
8,2g in 24 Stunden anstiegen, sogar bei täglicher Verabfolgung von 30 g Natron 
bicarbonicum. Eine diätetische Behandlung — bei welcher auch Hafer-, Reis-, 
Gemüsetage eingeschaltet wurden, bot außerordentliche Schwierigkeiten dar; leid- 
liche Erfolge wurden durch fleischarme, fettreiche Nahrung gezeitigt. Zwei in 
der Pel’schen Klinik von Verff. verfolgte Fälle (Alter 8 und 12 Jahre) hatten 
denselben komatösen Ausgang. Leichte vorübergehende Glykosurien im Sinne 
der jüngsten Literaturangaben wurden bei dem Krankenmaterial nur einmal 
wahrgenommen. Zeehuisen (Utrecht). 


1. L. Dünner. Vorübergehende Pupillenstarre bei Diabetes. (Therapie 
der Gegenwart 1915. Hft. 4. S. 135.) 

Bei einer 67jährigen, seit 9 Jahren an Diabetes leidenden Pat., bei der nichts 
für Alkoholabusus sprach, und bei der alle vier Reaktionen negativ waren, konnte 
man 8 Tage lang keine Patellarreflexe auslösen und ebenfalls ca. 8 Tage lang 
keine Pupillenreflexe konstatieren. Es bestand auch Ataxie leichten Grades. 


618 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


. Auffallend war, daß diese Symptome nur einige Tage während der Beobachtung:- 
zeit blieben, dann trat wieder eine zwar schwache, aber deutliche Reaktion auf. 

Verf. sieht den gesamten Befund als diabetische Pseudotabes an und stelit 
die Erkrankung in Parallele zu jener Pupillenstarre, wie sie auf dem Boden de: 
chronischen Alkoholismus von Nonne beschrieben worden ist. Gerade der Um- 
stand, daß die Starre nicht dauernd bestand, ist nach Verf. nicht bloß kein Gegen- 
grund, sondern vielleicht sogar dazu angetan, dafür zu sprechen, daß sie nicht 
als syphilitisch, sondern als diabetisch aufzufassen ist. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


8. D. Riesmann. Weicher Augapfel im diabetischen Koma. (Journ. 
amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 2. S. 85.) 

Verf. fand in zwei Fällen den Augeninnendruck beidseits stark vermindert. 
Das Zeichen entwickelte sich erst allmählich, und war am ausgesprochenstes, ehe 
das Koma am tiefsten geworden war. Ob es, nach Krause, eine schlechte Vor- 
bedeutung oder, nach Heine, differentialdiagnostisch verwertbar ist, kann Verf. 
nicht entscheiden. Meinhof (Halle a. S.). 


9. B. Derham (Bolton-le-Moors). The signification of acetone 
bodies in the urine. (Lancet 1915. Juli 31.) 

Nach D. tritt Azetessigsäure im Urin häufig bei Säuregärung von Kohk- 
hydraten im Darm im Gefolge von Indigestionen und leichten bakteriellen Infek- 
tionen auf, und zwar dann als eine im allgemeinen in den in Betracht kommende: 
Mengen unschädliche Verbindung, und der Vorgang ist völlig zu trennen von de! 
Acidosis der Diabetiker. Zur Bestimmung der Azetonkörper hält er die Rothera- 
sche Modifikation der Legal’schen Probe für am geeignetsten, während fu: 
Azetessigsäure allein eine Abänderung der Riegler’schen Methylenblauprob: 
empfohlen wird. F. Reiche (Hamburg). 


10. E. P. Joslin (Boston). Carbohydrate utilization in diabetes, 
(Arch. of internal med. 1915. November.) 

Diese Untersuchungen an Diabetikern, welche das Verhalten des Körper- 
gewichts und der Wasserretention unter Kohlehydrat- und unter Fettkost, di 
Ausnutzung der Kohlehydrate nach ihrer Aufnahme und ihr Wiederauftreten iT 
Urin, den respiratorischen Stoffwechsel der Zuckerkranken im Hungerzustand und 
nach Nahrungsaufnahme sowie das bemerkenswerte, von einem Anstieg des Re- 
spirationsquotienten begleitete Verschwinden der Acidosis bei längerem Hunger. 
behandeln, stützen die alte klinische, einer aussichtsreichen Behandlung günstig: 
Anschauung, daß auch die schweren Diabetesformen noch einen gewissen, wean 
auch nur geringen Anteil der Kohlehydrate der Nahrung verwerten. 

F. Reiche (Hamburg). 


11. Frederick M. Allen. Prolonged fasting in diabetes. (Amer. jours. 
med. sciences 1915. Vol. CL. S. 480.) 

Die Grundzüge von A.’s Diabetesbehandlung lauten: Fasten zu Anfang der 
Behandlung wird jeden Urin zucker- und säurefrei machen, nachdem dies ein- 
getreten, soll das Fasten noch 1—2 Tage weiter fortgesetzt werden. Die nach- 
folgende Diät soll den Urin permanent zucker- und säurefrei erhalten, Einschaltuns 
von einzelnen Fasttagen sind hierzu notwendig. Man soll den Diabetiker nicht 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 619 


bei hohem Körpergewicht erhalten, sondern auf ein niedrigeres Niveau von Ge- 
wicht und Stoffwechsel reduzieren, wodurch dem Rezidiv am besten vorgebeugt 
wird. Die Ansicht, daß die Darreichung von Fetten die Zuckerbildung nicht 
beeinflusse und der durch Zuckerverlust entstandene Kalorienverlust durch Fette 
ersetzt werden könne, ist unrichtig, denn fügt man bei einem schweren Diabetes 
einer ausprobierten zweckmäßigen Diät mehr Fett bei, so erscheinen Zucker 
und Azetessigsäure wieder. Alkalien sind während der ganzen Kur unnötig, 
wenn das Fasten im Anfang mit Energie durchgeführt wird. Der Pat. soll in- 
struiert werden, wie er nach Verlassen des Spitals seinen Zustand durch Wägungen 
und Urinuntersuchungen selbst kontrollieren kann. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


12. Elliot P. Joslin. Present-day treatment and prognosis of dia- 

betes. (Amer. journ. med. sciences 1915. Vol. CL. S. 485.) 

Verf. hält sich streng an die Ansichten und Vorschriften von Allen. Der 
Diabetes ist keine fortschreitende Krankheit eines bestimmten Organs, sondern 
bloß eine Schwäche der Stoffwechselfunktionen. Die praktischen Vorschriften 
von J. lauten: Fasten bis der Urin zucker- und säurefrei geworden; viel Wasser, 
etwas Tee und Kaffee sind erlaubt. Dauert die Zuckerausscheidung länger als 
die zwei ersten Fastentage, so gibt man per Tag 300 ccm Fleischbrühe. Findet 
sich Azetessigsäure im Urin, so gibt man per Tag 0,5 ccm Alkohol per Kilogramm 
Körpergewicht, verteilt auf 3stündliche Dosen. Kohlehydrattoleranz: Nach- 
dem der Urin 24 Stunden zuckerfrei war, gibt man 150g der 5%,igen Gemüse 
(= T!/,g Kohlehydrate), steigert innerhalb 4 Tagen bis auf 20 g Kohlehydrate, 
von jetzt an um 5 ccm alle 2 Tage, bis die Toleranzgrenze oder 3g Kohlehydrate 
per Kilogramm Körpergewicht erreicht sind. Verf. teilt die Gemüse, Früchte, 
Nüsse nach ihrem Kohlehydratgehalt in 5, 10, 15, 20%haltige. Bei der Stei- 
gerung der Darreichung geht man von den niederen zu den höheren Kategorien 
über. Eiweißtoleranz: Wenn der Urin 2 Tage lang zuckerfrei gewesen ist, fügt 
man der Kohlehydratnahrung Eiweiß bei, täglich 20g (3 Eier) und fügt täglich 
etwas Fleisch hinzu, bis 1 g Protein per Kilogramm Körpergewicht erreicht ist. 
Ist der betreffende Fall schwer und die Kohlehydrattoleranz null, so geht man 
anfänglich nur. auf 3/, g Protein, später aber allmählich auf 1!/,g. Fettoleranz: 
Wenn die Eiweißtoleranz auf 1 g per Kilogramm gestiegen ist oder früher schon 
die Eiweißtoleranzgrenze erreicht wurde, gibt man Fette, und zwar täglich 25 g; 
steigert vorsichtig, bis der Pat. aufhört Gewicht zu verlieren und im ganzen 40 Ka- 
lorien per Kilogramm erhält. Der Urin wird täglich kontrolliert; erscheint wieder 
Zucker, so werden 1—2 Fasttage eingeschoben, die erreichte Kohlehydratmenge auf 
die Hälfte reduziert und in der Folge sehr langsam gesteigert. Die schweren Fälle 
sollen, auch wenn sie zuckerfrei geworden, jede Woche einen Fasttag, die milden 
jede Woche einen Tag mit beschränkter Diät einhalten. Brot wird kaum je 
gegeben. Ein Diabetiker braucht im Minimum 30 Kalorien per Kilogramm. 
Die Ernährung eines schweren Falles (von 60 Kilogramm Körpergewicht) ge- 
staltet sich demnach etwa wie folgt: Kohlehydrate 10g = 40 Kalorien, Eiweiß 
60 x 11/,g = 300 Kalorien. Die fehlenden 1460 Kalorien müssen durch Rahm, 
Olivenöl, Speck, Butter gedeckt werden. Bleibt der Urin zuckerfrei, so versucht 
man vorsichtig Fett durch Kohlehydrate zu ersetzen. Wenig arbeiten, täglich 
I Stunde Siesta, 9 Stunden Bettruhe, Körpergewicht niedriger als früher halten. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


620 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


13. Georg Rosenfeld (Breslau). Wandlungen in der Behandlung 
des Diabetes. (Vortrag, gehalten in den Verhandlungen der I. Tagung 
über Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zu Bad Homburg v.d.H.) 

(Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXII. Hft. 2. S. 113—141.) 

Unter Zugrundelegung teilweise eigener Untersuchungen und Beobachtungen 
wird die Behandlung der Zuckerkrankheit in ihren hauptsächlichen Richtlinien 
einer kritischen Beleuchtung unterzogen. Ein Schema der Therapie hat vier 
Aufgaben im Auge: 1) Die Entzuckerung, 2) die Verbesserung der Toleranz, 3) die 
Verhütung der Verschlechterung, 4) die Herstellung eines kalorisch voll aus- 
reichenden Speisezettels. Während alimentäre Giykosurie durch Entziehung 
bzw. Herabsetzung der Kohlehydratzufuhr meist leicht zu beseitigen ist, ist die 
Behandlung der Grenzfälle zwischen der alimentären und konstitutionellen Form 
schwieriger. Tritt bei leichten Fällen bei langsamer Kohlehydratbeschränkung 
Azetonurie auf, so hat dieser Befund vorwiegend etwas zu bedeuten, wenn am 
1. Gemüsetage nach Tagen mit 60 g Semmel mehr als 30g Harnzucker ausge- 
schieden werden. Besonders bedenkliche Fälle sind solche, bei denen das Körper- 
gewicht bei normaler Größe sich um 45 kg bewegt und die Kohlehydratverluste 
bis zur maximalen Grenze von I N : 6—7 D gehen, wo die Azidose durch Azeton- 
ausscheidung bis zu 15g charakterisiert ist. Im Durchschnitt sind 20g Natr. 
bicarb. zur Vorbeugung von Azidose ausreichend; größere Natronmengen bis zu 
40 g werden oft schlecht vertragen. Verf. konnte einen Diabetiker durch 2stündige 
elektrische Gymnastik mit Hilfe des Bergoni&-Apparates entzuckern; stärkere 
aktive Muskelarbeit ist in ihrer Allgemeinwirkung auf den diabetischen Organismus 
mit größter Vorsicht anzuwenden. F. W. Strauch (Halle a. S.). 


14. W. G. Smillie (Boston). Treatment of cystinuria. (Arch. of in- 
ternal med. 1915. September.) 

Nach Beobachtungen bei einem 22jährigen Pat. mit Cystinurie wird dieses 
Leiden am besten mit eiweißarmer Diät behandelt, wobei so viel Alkali zuzuführen 
ist, daß der Harn alkalisch gehalten wird. Setzt man zu diesem Zweck Natrium 
bicarbonicum, das an sich den Stoffwechsel der, Cystinuriker nicht beeinflußt. 
nur das Cystin löslich macht, der Kost zu, so verschwinden die Cystinkristalle 
aus dem Urin, doch ist die hierzu notwendige Menge von doppeltkohlensaurem 
Natron bei einer N-Aufnahme von 10g oder mehr größer als gut vom Magen 
. vertragen wird. F. Reiche (Hamburg). 


15. H. Schwartz and Car. McGill (Butte). Blood urea determi- 
nations in 211 cases. (Arch. of internal med. 1916. Januar.) 

Die mit der Marshall’schen Methode vorgenommenen Harnstoffbestim- 
mungen im Blute ergaben bei 16 fastenden Gesunden Werte von 0,108—0,252 g 
im Liter. Unter 25 Fällen von akuter Nephritis zeigte die Mehrzahl einen erhöhten 
Gehalt daran, 19 leichte chronische Nierenentzündungen normale oder wenig ge- 
steigerte, 16 vorgeschrittene deutlich vermehrte Werte, die bei gleichzeitiger 
Herzinkompensation noch höhere waren. Bei vorübergehenden mechanischen 
Obstruktionen der Harnwege bedeuten hohe Zahlen des Blutharnstoffs noch 
nicht unbedingt eine üble Vorhersage; sehr hohe sind bei lobären Pneumonien 
prognostisch ungünstig, ein erhöhter Wert war unter 20 Pneumonien meist vor- 
handen. Von 39 Fällen von Syphilis hatte rund die Hälfte eine deutliche Er- 
höhung; sie war in 3 Fällen von Morbus Basedowii zugegen, in 1 Fall von Myxödem 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 621 


lag eine Verminderung vor. Eine Reihe von Einzelbeobachtungen schließt sich 
an, aus denen eine ausgesprochene Steigerung bei Lungentuberkulose, malignen 
Tumoren und primärer Anämie, eine geringfügige bei Myokarditis, Herzklappen- 
fehlern und sekundärer Anämie genannt sei. Beziehungen zwischen Blutdruck 
und Blutharnstoffgehalt ließen sich nicht feststellen, in 96 Fällen ergab sich aber 
meist eine verringerte Phthaleinausscheidung bei Erhöhung des letzteren. 

F. Reiche (Hamburg). 


16. F. Gudzent. Untersuchungen über die chemische Form der 
Harnsäure im Blut und deren Löslichkeit. (Zeitschrift für klin. 
Medizin 1916. Bd. LXXXII. Hft.5 u. 6.) 

» Verf. bestätigt in seiner Arbeit seine frühere Feststellung, daß die Harnsäure 

im Blute nur in salzartiger Bindung als Mononatriumurat existiert. 

Die neue Harnsäurebestimmungsmethode von Maase-Zondek hat darüber 
hinaus nachgewiesen, daß auch im Blute des Gichtkranken die Harnsäure als 
Mononatriumurat kreist. 

Schließlich hat der schon früher von Verf. ermittelte Löslichkeitswert der 
beständigen Form des Mononatriumurats (Laktimurat) von 8,3 mg in 100 ccm 
Blutserum mit der verbesserten Methodik bestätigt werden können. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


17. H. D. Haskins (Portland). The uric acid solvent power of urine 
containing hexamethylenamin as compared with that of normal 
urine. (Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

Nach H. zeigt Urotropin im Harn nur bei Zufuhr von exzessiv hohen Dosen 
eine harnsäurelösende Wirkung, die jedoch nicht größer ist als die durch alkalische 

Diuretika erzielte. F. Reiche (Hamburg). 


18. Rubens. Fonabisit, ein neues Gichtmittel. (Med. Klinik 1915- 
Nr. 52. S. 1424.) 


Verf. sah von der intravenösen Einverleibung von Formaldehyd-Natrium- 
bisulfurosum in 10%iger Lösung gute Erfolge bei solchen Fällen von Gicht, wo es 
noch nicht zu destruktiven Prozessen in den Gelenken oder wichtigeren Organen 
gekommen war. Das Mittel, das von seinem Erfinder Fonabisit genannt wird, 
gelangt. in Dosen von je 10 und 30 Ampullen in den Handel; jede Ampulle ent- 
hält 5 ccm. ’ Ruppert (Bad Salzuflen). 


-d O 


19. Hübner. Über Leuchtgasvergiftungen. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 19.) 


Die Leuchtgasvergiftung ist zwar vorwiegend eine CO-Vergiftung, stellt aber 
eine viel schwerere Vergiftung dar, als die reine Kohlenoxydintoxikation, einmal 
deshalb, weil fast immer sehr große Mengen CO eingeatmet werden, dann aber 
auch wohl, weil die übrigen giftigen Bestandteile des Leuchtgases von erheblichem 
Einfluß auf den Verlauf der Erkrankung sind. Reckzeh (Berlin). 


622 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


20. Antivenine in snakebites. (Med. record 1916. Vol. LXXXIX. Nr. 8. 
S. 242.) | 

Im Zoologischen Garten von Neuyork wurde ein Mann 8 Uhr morgens von 
einer texikanischen Klapperschlange (Crotalus atrox) in die rechte Hand gebissen. 
Die Wunde wurde sofort ausgesaugt und eine doppelte Ligatur gelegt. Eine Stunde 
später injizierte man 20 ccm Calmette’s Antivenin und eine Stunde später noch- 
mals die gleiche Dose. Trotzdem schwoll der Arm unter großen Schmerzen und 
Blutsuffusionen außerordentlich an, Erbrechen stellte sich ein. Am folgenden 
Morgen erneute Injektion von 20ccm Calmette’s Antivenin. Da der Zustand 
sehr bedrohlich wurde, so wurde Dr. Vital Brazil, der Direktor des serothera- 
peutischen Institutes in S. Paulo, Brasilien, welcher sich zufällig in Neuyork 


befand, zugezogen; er injizierte 5 Uhr nachmittags 20 ccm seines Serum anti- 


crotalicum, worauf die Symptome mit Ausnahme der Schwellung sehr schnell 
nachließen. Diese letztere verschwand dann innerhalb einiger Tage. Die giftigen 
Schlangen gehören zwei großen Gruppen an, den Colabridae und Viperidae. Das 
Antivenin von Calmette, der in Cochinchina Arzt war und nur mit Kobragift 
arbeitete, wirkt nur gut gegen das Gift der Colabridae, gegen das Gift der Vi- 
peridae ist seine Wirkung ungenügend. Die Klapperschlangen gehören zu den 
Vipern. Jedes Schlangengift hat sein spezielles Gegengift nötig. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


21. Zadek. Massenvergiftung durch Einatmen salpetrigsaurer 
Dämpfe (Nitritintoxikationen). (Berliner klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 10.) 
= Wenn wir auch über alle in Betracht kommenden Fragen bezüglich der 
Pathogenese heute noch keine definitive Antwort geben können, sind wir doch 
auf Grund der bisherigen Beobachtungen und Untersuchungen imstande, die 
einzelnen Komponenten der Nitritvergiftung in ihrer Bedeutung für die Inhala- 
tionsvergiftung festzulegen und so zu einem Verständnis der am Krankenbett 
oft so überaus ernsten und zunächst schwer zu deutenden Erscheinungen zu ge- 
langen. Lassen sich auch sämtliche den Nitriten eigentümlichen Wirkungen in 
größerer oder geringerer Stärke und wechselseitiger Beziehung bei den durch Ein- 
atmen salpetrigsaurer Dämpfe Vergifteten nachweisen, müssen wir den Grad der 
akuten Intoxikation doch in der Hauptsache von zwei im Wesen der Intoxikation 
liegenden Momenten abhängig machen, nämlich erstens von der Methämoglobin- 
ämie und zweitens von der Wirkung auf die Respirationsorgane. 
Reckzeh (Berlin). 


22. Nicol. Über Vergiftung mit Azetylengas. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 6.) 

Der Versuch, im Blut Kohlenoxyd nachzuweisen, ergab in beiden Fällen ein 
negatives Resultat. Es lag somit eine reine Azetylenvergiftung vor. Die schweren, 
lebensgefährlichen Erscheinungen waren wohl bedingt durch die hohe Konzentra- 
tion der eingeatmeten azetylenhaltigen Luft und durch den völligen Abschluß 
vom Sauerstoff der äußeren Luft. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 623 


23. J. W. Lambert and H. S. Patterson (New York). Poisoning 
by mercury chlorid and its treatment. (Arch. of internal med. 
1915. November.) 

L. und P. erwähnen einen Fall von Sublimatvergiftung, bei der nach 3tägiger 
Anurie die Harnausscheidung sich binnen 8 oder 10 Tagen wieder herstellte, am 
Schluß der 3. Woche aber eine letale Colitis einsetzte. Zehn in den ersten 24 Stun- 
den in Behandlung gekommene Fälle von Intoxikationen mit Quecksilberchlorid- 
tabletten wurden von ihnen gerettet mit Magen- und Dickdarmauswaschungen, 
dauernden Tropfeinläufen mit einer Kaliumazetatlösung und heißen Einpackungen 
und per os mit mit einer Kaliumbitartratsolution mit Zusatz von Zucker und 
Milchzucker sowie reichlicher Zufuhr von Milch. Vor der ersten Magenspülung 
‚wird das Weiße von mehreren Eiern gegeben. Der Nachweis von Quecksilber 
in Mageninhalt, Fäces und Urin nach der von Vogel angegebenen Methode erwies 
sich als sehr brauchbar. Mit ihr ließ sich demonstrieren, daß auch im Schweiß Hg 
nach innerlicher Zufuhr ausgeschieden wird. Obige Therapie hat je nach Schwere 
des Falles durch 1—3 Wochen stattzufinden. F. Reiche (Hamburg). 


24. M. A. Blankenhorn, G. E. Harmon and P. J. Hanzlik (Cleve- 
land). Some clinical, physiological and chemical observa- 
tions on ptomain poisoning from creamed codfish. (Arch. of 
internal med. 1916. Januar.) 

1!/„—3 Stunden nach Genuß eines Fischgerichts erkrankten 80 Pat. eines 
Krankenhauses und dazu noch eine Zahl von Personen des Küchenpersonals unter 
alarmierenden, aber in 12—24 Stunden zum Teil spontan, zum Teil mit Hilfe von 
Magenspülungen überwundenen gastrointestinalen Symptomen: epigastrischen 
Schmerzen, Nausea, Erbrechen, Darmkolik und Diarrhöe. Die bakteriologische 
Untersuchung der betreffenden Speise ergab den Bac. coli communior neben an- 
deren Saprophyten und einigen Staphylokokken. Die Verff. führen’ die Vergif- 
tungserscheinungen nicht auf sie zurück, sondern nach den mit Extrakten aus 
'enen und anderen zur Fäulnis gebrachten Fischen vorgenommenen physiologischen 
Versuchen auf zu der Gruppe der Diamine gehörigen Ptomaine. 

F. Reiche (Hamburg). 


25. Hoppe-Seyler. Über die Veränderungen an den inneren Or- 
ganen, besonders an den Verdauungs- und Zirkulations- 
organen infolge von chronischem Alkoholismus und ihren 
Einfluß auf die Felddienstfähigkeit. (Med. Klinik 1915. Nr. 26. 
S. 719.) 

Verf. bespricht die Veränderungen an den Erkrankungen der Zirkulations- 
örgane, der Leber, der Nieren, der Atmungsorgane und des Magens, wie sie durch 
chronischen Alkoholmißbrauch hervorgerufen werden. Das Bild des chronischen 
Alkoholismus zeigt namentlich folgende Züge: Neigung zu Cyanose, zu Ödemen 
an den Beinen, zu Dyspnöe, Beklemmung und Herzklopfen bei Anstrengungen, 
Vergrößerung des Herzens namentlich nach links, häufig gespannter Puls, ent- 
sprechend einer deutlichen Blutdrucksteigerung, später oft kleiner, unregelmäßiger 
Puls infolge myokarditischer Störungen. Oft systolisches Geräusch an der Spitze 


624 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 34. 


als Ausdruck von Mitralinsuffizienz entweder infolge Dilatation des Ostiums oder 
Schrumpfung der Klappensegel. Daher Stauung des Blutes in Lungen, Bronchien, 
Leber, Milz, Nieren usw., und infolge davon Emphysem, chronischer Bronchial- 
katarrh, Anschwellung von Leber und Milz, spärlicher eiweißhaltiger Urin, nicht 
selten Bronchiektasien und chronische indurative Tuberkulose. Ferner Ver- 
größerung, Induration, später teilweise Schrumpfung der Leber infolge Zusammen- 
wirkens von Fettinfiltration, Blutstauung, Bindegewebswucherung, später Schrump- 
fung des Bindegewebes und Umbau des Parenchyms. Chronischer Magen- und 
Darmkatarrh mit Verdauungsstörungen, Unregelmäßigkeit des Stuhlganges, zu- 
letzt Abmagerung. Chronische Schrumpfniere und daher Vermehrung der Urin- 
menge bei niederem spezifischen Gewichte, Steigerung des Blutdrucks, Blutungen, 
allmählicher Eintritt der Urämie. Dazu kommen noch oft Zeichen von Gicht 
(Ablagerungen von Tophi an den Gelenken, häufigere Anfälle usw.), Diabetes 
mellitus und Fettsucht, endlich Störungen im peripheren und im Zentralnerven- 
system, die hier nicht besprochen werden. Dieses Bild zeigt nun starke individuelle 
Verschiedenheiten, die mit der Lebensweise, dem Berufe, namentlich der ver- 
schiedenen Veranlagung, zusammenhängen. Aus dem Gesagten geht hervor, da 
übermäßiger chronischer Alkoholgenuß die Felddienstfähigkeit in erheblichen 
Maße schädigen kann infolge der dadurch entstehenden Veränderungen innerer 
Organe. Er ist daher möglichst im Felde zu verbieten, und ferner wird eine Ein- 
schränkung des Alkoholkonsums auch die Kriegstüchtigkeit des Volkes erhöhen. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


26. F. Flury. Über das Aplysiengift. (Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 
Bd. LXXIX. S. 250. 1915.) 

F. hat die Frage nach der Giftigkeit der Aplysien (Seehasen), die bereits im 
Altertum für giftig galten, experimentell untersucht, und zwar nach der chemischen 
wie nach der toxikologischen Seite hin. In dem nach Reizung erhaltenen milch- 
weißen Sekret ließ sich neben wenig wirksamen Basen ein stickstoffreies, mi 
Wasserdämpfen flüchtiges Öl nachweisen, das chemisch und physikalisch der 
Terpenen nahe zu stehen scheint. Das Sekret ist für kleine Seetiere und Frösche 
stark giftig. Bei hinreichend schwerer Vergiftung tritt in den meisten Fällt 
nach einem kurz dauernden Stadium der Erregung unter zunehmenden Lähmung- 
erscheinungen der Tod ein. 

Die Substanz gehört zu den Nerven- und Muskelgiften und lähmt auch dea 
Herzmuskel von Aplysien und Fröschen. Manche Tiere erholen sich, wohl infolge 
der Flüchtigkeit der wirksamen Substanz, auch nach schwerster Vergiftung wieder. 
wenn sie in frisches Meerwasser verbracht werden. Applikation auf die Schleim- 
häute von Warmblütern verursacht lokale Reizung. Bachem (Bonn). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt- in Halle (Hagenstr. 7) oder an dit 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Me lizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG voń JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 35. Sonnabend, den 2. September 1916. 





, Inhalt. 


R. Jaeger, Sammelreferat aus dem Gebiete der Neurologie und Psychiatrie. 

Referate: 1. Pentzoldt, Lehrbuch der klinischen Arzneibehandlungen für Studierende und 
Ärzte. — 2. Januschke, Klinische Pharmakologie. — 8. Grundlagen einer direkten Pharmako- 
therapie. — 4. Rosenbaum, Morphinersatzpräparate Dibydromorphin und Diazetyldibydromorpbin. 
— 5. Stransky, Magnesiumnarkose. — 6. Gensler, Kombinierte Magnesiumneuralhypnose — 
7. Hamburger, Deutung des Reizungsstadiums der Chloroformnarkose nach Untersuchungen tiber 
Phagocytose. — 8. Serejski, Diogenal. — 9. Vogel und Lee, Sublimatvergiftung. — 10. Gensler, 
Neuronal, Bromural und Adalin im Organismus. — 11i. Nieuwenhuljse, Adalinvergiftung — 
12 Zadek, Todesfall nach intralumbaler Neosalvarsaninjektion. — 13. Fischer, Todesfälle nach 
Salvarsan. — 14. Schreiber, 15. Pinesohn, Sehstörungen infolge Optochingebrauchs. — 16. Bickel, 
Physiologisches Verhalten des Perglyzerins und Perkaglyzerins. — 17. Radwansky, 18. Feldheim, 
Theacylon. — 19. Fühner und Rehbein, Darmwirkung des Colchizins. — 20. Berliner, Supersan. 
— 21. H. und J. Pinkhof, Samen des Plantago major als Abführmittel. — 22. Blankenhorn, 
Salizylaaures Strontium. — 23. Peperhowe, Kalziumkompretten. — 24. Levy und Rowntree, 
Emetinam bydrochloricum. — 25. Albu, Glyzerinersatzmittel. — 26. Loewy und Rosenberg, Yo- 
himbin Spiegel. — 37. Friedemann, Intravenöse Dauerinfusion im Felde. — 28. Löwy, Intravenöse 
Traubenzuckerinfasionen. — 29. Nonnenbrueh, Durstkur bei Odemen nichtrenal-kardialer Natur. — 
%0. Ord way, Radiumschäden.— 31. Poulsson, Lehrbuch der Pharmakologie für Arzte und Studierende. 





Sammelreferat aus dem Gebiete der Neurologie 


und Psychiatrie. 
(1. Januar bis 30. Juni 1915.) 


Von 


Dr. Richard Jaeger in Halle a. S. 


Aus den vorliegenden Veröffentlichungen interessieren unter 
anderem einige anatomische Arbeiten. So berichtet Gerstmann 
über die Frage der Meningitis serosa und serofibrosa circumscripta 
spinalis an der Hand von sechs Beobachtungen. Er kommt zu dem 
Resultate, daß bezüglich der Ätiologie in einer Reihe von Fällen eine 
direkte Ursache nicht zu erkennen ist; in der Mehrzahl konnten 
aber extra- und intradurale Prozesse aufgedeckt werden, so besonders 
Wirbelsäulenaffektionen, seien es Caries oder Geschwulstbildungen, 
ebenso intradurale Geschwülste. Andererseits können aber auch intra- 
medulläre Herd- oder Strangerkrankungen mit lokalen serösen Ent- 
zündungsprozessen der Meningen einhergehen und letztere so über- 
wiegend in Erscheinung treten, daß die intramedulläre Affektion 


35 


626 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


vollständig verdeckt wird. In solchen Fällen ist zu erwarten, daß die 
Meningitis durch operative Behandlung unbeeinflußt bleibt. In einer 
geringen Zahl von zirkumskripter Meningitis spielen Traumen eine 
auslösende Rolle. Der Symptomenkomplex bei Meninigitis serosa 
circumscripta entspricht fast immer dem der Geschwülste der Rücken- 
markshäute, und die zahlreichen Beobachtungen haben immer noch 
nicht dazu geführt, sichere differentialdiagnostische Scheidungen zu 
treffen. Von mehreren Autoren wird der Wechsel und die Veränder- 
lichkeit der Krankheitserscheinungen differentialdiagnostisch ver- 
wertet. Von Oppenheim und Krause wird als ein Symptom von 
gewisser Wahrscheinlichkeit für Meningitis serosa das Auftreten 
meningealer Reizerscheinungen an einer von dem vermutlichen Höhen- 
sitz der Affektion weit entfernten Stelle benannt, die der Entwick- 
lung der eigentlichen Krankheitserscheinungen längere Zeit voraus- 
gehen. Die Beobachtungen des Verf.s sprechen aber gegen die Spe- 
zifizität dieser differentialdiagnostischen Merkmale. Als Therapie 
` empfiehlt sich das operative Vorgehen, besonders da man die Me- 
ningitis serosa vom extramedullären Tumor klinisch nicht unter- 
scheiden kann. 


Dost bringt einen Beitrag zur pathologischen Anatomie der 
Huntington’schen Chorea. Er fand ein Gehirn von ausgesprochener 
Hypoplasie, jedoch ohne makroskopische oder mikroskopische Ent- 
wicklungsstörungen; ferner fand. sich eine Pachymeningitis haemer- 
rhagica, Pigmentdegeneration der Pyramidenzellen, Wucherungen 
der Gliazellen, geringe Vermehrung der Gliafasern, mäßige Lichtung 
der Tangential- und Supraradiärfasern, sowie Anhäufung von Pig- 
ment in den Gefäßen; er bezieht diesen Befund mit großer Wahr- 
scheinlichkeit auf die Chorea Huntington. Bezüglich der Entstehungs- 
ursache der Krankheit scheint ihm die Hypoplasie des Gehirnes nicht 
bedeutungslos zu sein, da diese nach ihrem Aussehen angeboren und 
nicht durch Schrumpfungsprozesse hervorgerufen zu sein scheint. 
Diese Minderwertigkeit des Gehirns hat ein Mißverhältnis zwischen 
Verbrauch und Ersatz im Sinne der Edinger’schen Aufbrauchs- 
theorie zur Folge gehabt. 


Zur Kenntnis der Epikonuserkrankungen bringt Ornstein einen 
Beitrag in Form eines ausführlich beschriebenen Falles; es handelt 
sich um eine angiofibroaneuromatöse Neubildung des Epikonus von 
diffus infiltrierender Form in Höhe von Segment Sş bis L, mit Atrophie 
dieses Rückenmarksabschnittes; im Dorsalabschnitt dieser Segmente 
entwickelte sich im Anschluß daran eine intensive Gliose mit Binde- 
gewebswucherungen und stellenweiser Höhlenbildung. Die klinischen 
Erscheinungen traten nach einem Trauma der Kreuzgegend auf. 
Der Fall war für eine Operation nicht geeignet und bestätigt die 
Oppenheim’sche Warnung, bei Konus- und Epikonusaffektionen 
bezüglich operativer Eingriffe vorsichtig zu sein. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 627 


Gennerich äußert sich über die Entstehung von Tabes und 
Paralyse dahin, daß über die Frage, wann es zur gummösen Hirn- 
syphilis, bezüglich zur Metasyphilis kommt, lediglich der funktionelle 
Zustand der infiltrierten Pia entscheidet, je nachdem noch ein Ab- 
schluß der nervösen Substanz gegen den Liquor vorhanden ist und 
damit eine Etablierung der Abwehrvorgänge des Organismus im 
Nervengewebe möglich ist oder nicht. Aus der Tatsache, daß die 
Tabes gegen endolumbale Salvarsanbehandlung besonders empfindlich 
ist, schließt er, daß die Pia bei der Tabes unvergleichlich viel durch- 
 lässiger sein muß, als in den Fällen, in denen eine funktionelle Schä- 
- digung der Pia durch syphilitische Granulationsprozesse noch nicht 
stattgefunden hat. 

Über otogene Spätmeningitis bringt Alexander eine klinische 
Studie. Als charakteristisches Merkmal bezeichnet er ein auffallend 
langes Zeitintervall zwischen dem Ablauf der Ohrerkrankung oder 
Ohroperation und dem Auftreten einer endokraniellen Komplikation, 
sowie dem Hinzukommen meningitischer Symptome. Die Spätmenin- 
gitis entwickelt sich häufiger in Verbindung mit sonstigen endokrani- 
ellen Komplikationen; zu diesen gehört Sinusthrombose, Pachymenin- 
gitis und Extraduralabszeß, otogener Hirnabszeß, Labyrintheiterungen. 
Das anatomische Bild der Spätmeningitis bietet keinen einheitlichen 
Typus. Von Mikroorganismen kommen besonders Streptokokkus 
mucosus, hochvirulente Streptokokken in Reinkultur und Diplo- 
 kokkus pneumoniae in Betracht. Bei Ohroperationen führt er neun 
Punkte an, die ätiologisch in Betracht kommen. Der Verlauf der 
Spätmeningitis hängt von den anatomischen Veränderungen ab. 
. Therapeutisch kommt in der Hauptsache die Prophylaxe durch 
frühzeitige Mastoidoperation in Betracht. 


Pappenheim und Volk berichten über Untersuchung des 
Liquor cerebrospinalis bei der v. Wagner’schen Tuberkulinbehand- 
lung der progressiven Paralyse. Sie kommen zu dem Schluß, daß 
die gleichzeitige Behandlung mit Alttuberkulin und Quecksilber 
weniger imstande ist, den Liquor zu beeinflussen, als die getrennte 
Behandlung mit beiden Mitteln; am besten geht die Alttuberkulin- 
behandlung der Quecksilberbehandlung voraus. Verff. halten für 
erwiesen, daß die Wagner’sche Tuberkulinbehandlung einen nicht 
unbedeutenden günstigen Einfluß auf die Beschaffenheit des Liquors 
auszuüben imstande ist. 

Jahnel berichtet über positive Wassermann’sche Reaktion 
im Liquor bei Meningitis; er führt 4 Fälle an, bei denen die tuber- 
kulöse Natur der Meningitis nachgewiesen und das gleichzeitige Be- 
stehen einer Paralyse auf Grund der anatomischen Untersuchung 
auszuschließen ist. In dem 1. und 2. Falle ist Wassermann im Blute 
positiv, im Liquor bei 0,2 auch positiv. Im 3. Falle war Wassermann 
im Blute negativ, Liquor bis 0,8—1,0 angedeutet positiv, bei der 


35% 


628 Zentralblatt für innere Medizin, Nr. 35. 


zweiten Untersuchung bei 1,0 deutlich positiv, beim dritten Male, 
kurz vor dem Tode, negativ. Beim 4. Falle war Wassermann im Blute 
auch negativ, im Liquor bei 0,6 positiv. Für besonders wichtig hält 
Verf. die beiden ersten Fälle, in denen alle vier Reaktionen positiv 
sind, ohne daß eine luetische Erkrankung vorhanden ist, was der 
üblichen Auffassung widerspricht, daß der positive Ausfall aller 
vier Reaktionen nur für luetische Erkrankungen charakteristisch ist. 
Bei den letzten beiden Fällen, in denen das Blut konstant negativ 
war, liegt nach Ansicht des Verf.s eine unspezifische Hemmung vor. 
vermutlich infolge der starken Zell- und Eiweißvermehrung. 


In einer Studie über die klinische Bedeutung des Nystagmus, 
die im Original zu lesen sich empfiehlt, führt Neumann aus, daß 
der spontan und der künstlich erzeugte Nystagmus einerseits eine 
Differentialdiagnose zwischen Erkrankung des Labyrinthes und retro- 
labyrinthären Erkrankungen ermöglicht, andererseits zwischen Af- 
fektion des Iymphokinetischen Apparates und des nervösen Labyrinth- 
anteiles unterscheiden läßt. 


Marcus berichtet über einen Fall von Epilepsie mit Geruchsaura, 
bei dem er den geschwulstartig veränderten Fuß des Ammonshorns 
bis an die Oberfläche des Gyrus Hippocampi in Schnitten untersucht 
hat; der Tumor erwies sich als ein Sarkom von verschiedener Form 
dieser Geschwulstarten, speziell Angiosarkom. Verf. hält durch seinen 
Befund die alte Annahme bestätigt, daß Epilepsie wohl von der 
kranken Ammonsgegend ausgelöst werden kann. Mit größerer Deut- 
lichkeit zeigt ihm aber sein Ball die Lokalisation des höheren Geruchs- 
zentrums im Ammonshorn, zumal es sich hier um eine enge Begren- 
zung des Krankheitsherdes handelt. 


Zur Behandlung der Trigeminusneuralgie mit Alkoholinjektionen 
schreibt Donath; er hat 16 Fälle derartig behandelt, davon waren 
11 weibliche und 5 männliche Pat., und alle bis auf einen Fall über 
46 Jahre alt. In 11 Fällen trat Heilung, in 4 Fällen trat Besserung 
ein, soweit Nachrichten zu erhalten waren. Die Rezidive sind nicht 
häufiger als nach blutiger Resektion, so daß die Indikation für eine 
chirurgische Therapie durch die Alkoholinjektionen ganz erheblich ein- 
geschränkt wird. 

Über das wichtige Kapitel der traumatischen Neurose bringt 
Neel einen Artikel, in dem er sich über Verlauf und Entschädigungs- 
frage ausspricht. Es teilt die Neurosen in drei Gruppen: 

1) Folgezustände nach Kopfverletzung, welche organische Grund- 
lagen haben; 

2) traumatische Hysterien, die weniger traumatisch, als vielmehr 
Renten- oder Entschädigungshysterien sind; 


3) die neurasthenische Form, die die eigentliche traumatische 
Neurose darstellen. | 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 629 


Verf. bringt dann eine Symptomatologie sowie Therapie der 
einzelnen Gruppen; auch die Frage der Simulation wird gestreift. Bei 
der Entschädigungsfrage werden ebenfalls die Formen getrennt be- 
handelt, speziell empfiehlt Verf. eine langdauernde Behandlung. 

Riese bringt zwei Fälle von hysterischem Ödem: der eine eine 
Pat. mit hysterischen Zügen und Stigmata, die ein derartiges Oedeme 
bleu schon vor 4 Jahren gehabt hat; damals in der rechten Hand und 
mit Lähmung verbunden, jetzt in der linken Hand dasselbe, während 
die rechte Hand sich in starrer Kontraktur befindet; ätiologisch 
waren besondere Momente nicht nachweisbar. Der Zustand der linken 
Hand begann allmählich in den der rechten überzugehen. Der zweite 
Fall betrifft einen Soldaten, bei dem das Krankheitsbild akut nach 
einem psychischen Trauma aufgetreten ist: es besteht schlaffe Läh- 
mung im linken Arm und Bein mit Sensibilitätsstörungen, sowie 
Ödem und Cyanose in der linken Hand und den Fingern. | 

Über die Pathogenese des Sonnenstiches berichtet Römer a 
der Hand von drei Fällen. Er kommt zu dem Resultat, daß als ana- 
tomische Grundlage eines Sonnenstiches eine akute Meningitis mit 
Drucksteigerung und pathologischer Eiweiß- und Zellvermehrung 
anzusehen ist. Dieselbe wird durch direkte Strahlenwirkung auf die 
Hirnhäute und das Gehirn hervorgerufen, und zwar kommen direkte 
und sekundäre Wärmestrahlen, wie auch direkte und sekundäre 
Lichtstrahlen zur Geltung. 

Forster und Schlesinger berichten über Untersuchungen der 
physiologischen Pupillenunruhe und der’ Psychoreflexe der Pupillen 
mit Hilfe eines selbstkonstruierten Peripupillometers; dieser Apparat 
ist so konstruiert, daß Akkommodation des untersuchten Auges aus- 
geschlossen wird. Die Verff. kommen zu dem Resultat, daß die 
physiologische Pupillenunruhe und die auf sensible, sensorische und 
psychische Reize erfolgende Pupillenerweiterung eine Folge ständiger 
kleiner Schwankungen der Akkommodation (abgesehen von wech- 
sender Lichtintensität) ist. Das Fehlen dieser Erscheinungen bei 
Dementia praecox erklärt sich durch die geringe psychische Regsam- 
keit der Kranken. 


Herter bringt zur Symptomatologie der Stirnhirntumoren einen 
Fall, welcher zeigt, daß ein Tumor bei bestehender Lues nicht lue- 
tischer Natur sein muß, daß Stirnhirntumoren erstaunlich groß werden 
können, ohne wesentliche Symptome zu machen, daß Perkussions- 
empfindlichkeit und Veränderung des Perkussionsschalles selbst bei 
größten Stirnhirntumor fehlen kann, und daß statische Ataxie mit 
Rumpfmuskelschwäche und Witzelsucht ohne zunächst ausgesprochene 
Allgemeinsymptome eine frontale Ataxie ist. 

Hauptmann hat gefunden, daß die Blutgerinnungszeit bei 
Normalen zwischen 7,5 und 9 Minuten liegt, während sie von allen 
untersuchten Krankheiten nur bei der Katatonie wesentlich ver- 


630 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


ändert ist und 5,5 bis 7,5 Minuten beträgt. Er nimmt danach eine 
Änderung der Blutzusammensetzung im Sinne einer Hypofunktion 
der Schilddrüse bei Katatonie an. Weitere Untersuchungen müssen 
ergeben, ob diesem Resultat ein diagnostischer Wert beizumessen ist. 

Stertz bringt einen kasuistischen Beitrag zu den posttyphösen 
Erkrankungen des Zentralnervensystems. Er betrifft 17 Pat. mit 
zerebraler Hemiparese, Myelitis, Geruchs- und Geschmacksverlust, 
Abducensparese, schwere Hysterie, hysterische Pseudodemenz, Stupor- 
zustand, Polyneuritis und Myelitis, Syringomyelie, trophische Stö- 
rungen, intermittierende Auffassungsstörungen und eigenartige Mit- 
bewegungen. Zu jedem Falle gibt Verf. eine Erklärung, die zu kurzem 
Referat nicht geeignet ist. 


Literatur: 


1) J. Gerstmann, Beiträge zur Pathologie des Rückenmarkes. Zeitschrift 
f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXIX. S. 97. 

2) M. Dost, Beitrag zur Pathologie der Huntington’schen Chorea. Zeit- 
schrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXIX. S. 272. 

3) L. Ornstein, Beitrag zur Kenntnis der Epikonuserkrankungen. Zeit- 
schrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXX. S. 42. 

4) Gennerich, Neue Forschungsergebnisse über die Entstehung von Tabes 
und Paralyse. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXX. S. 545. 

5) G. Alexander, Die otogene Spätmeningitis. Jahrbücher f. Psych. u. 
Neur. Bd. XXXVI. (Wagner-Festschrift) S. 213. 

6) M. Pappenheim und R. Volk, Untersuchungen des Liquor cerebro- 
spinalis bei der v. Wagner’schen Tuberkulinbehandlung der progressiven Para- 
lyse. Jahrbücher f. Psych. u. Neur. Bd. XXXVI (Wagner -Festschrift). S. 358. 

7) Fr. Jahnel, Über das Vorkommen und die Bewertung positiver Was- 
sermann’scher Reaktion im Liquor bei Meningitis. Arch. f. Psych. u. Nerven- 
krankheiten Bd. LVI. S. 235. 

8) H. Neumann, Der Nystagmus und seine klinische Bedeutung. Jahr- 
bücher f. Psych. u. Neur. Bd. XXXVI. (Wagner -Festschrift). S. 550. 

9) H. Marcus, Epilepsie mit Geruchsaura. Zeitschrift f. d. ges. Neur. 
u. Psych. Bd. XXX. S. 118. 

10) J. Donath, Behandlung der Trigeminusneuralgie mit Alkoholinjektionen. 
Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXIX. S. 1. 

11) A. V. Neel, Über traumatische Neurosen, deren späteren Verlauf und 
ihr Verhältnis zur Entschädigungsfrage. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. 
Bd. XXX. S. 379. 

12) Walter Riese, Zwei Fälle von hysterischem Ödem. Archiv f. Psych. 
u. Nervenkrankh. Bd. LVI. S. 228. 

13) Römer, Über die Pathogenese des Sonnenstiches. Monatsschrift í. 
Psych. u. Neur. Bd. XXXVII. S. 104. 

14) E. Forster und E. Schlesinger, Über die physiologische Pupiller- 
unruhe und die Psychoreflexe der Pupille. Monatsschrift f. Psych. u. New. 
Bd. XXXVII. S. 197. 

15) P. Herter, Zur Symptomatologie der Stirnhirntumoren. Arch. f. Psych. 
u. Nervenkrankh. Bd. LVI. S. 280. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 631 


16) A. Hauptmann, Die Beschleunigung der Blutgerinnungszeit bei Kata- 
tonie. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXIX. S. 323. 

17) Stertz, Beiträge zu den posttyphösen Erkrankungen des Zentralnerven- 
systems. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXX. S. 533. 





Referate. 


1. @ Pentzoldt. Lehrbuch der klinischen Arzneibehandlungen. Für 
Studierende und Ärzte. Mit einem Anhang: Chirurgische 
Technik der Arzneianwendung von v. Kryger. 8., veränderte 
u. vermehrte Auflage. M. 12,—. Jena, Fischer, 1915. 

Das weitverbreitete und mit Recht geschätzte Lehrbuch des um die Arznei- 
verordnungslehre sehr verdienten Verf.s erscheint im Kriegsjahre in der 
8. Auflage. Zeugt schon dieser Umstand von der Arbeitskraft des Autors, so 
belehrt uns die Durchsicht weiterhin, daß eine ungewöhnliche Energie und Umsicht 
dazu gehört hat, aus dem Wust neuer Mittel und Mittelchen, deren Anpreisung 
im Kriege fast noch zugenommen hat, das Brauchbare herauszuschälen und in 
den Schatz alter bewährter Medikamente einzureihen, den das Buch darbietet. 
In der Tat, wer sich einmal erst vertraut gemacht hat mit der vortrefflichen An- 
ordnung des Stoffes und den knappen kritischen Erörterungen P.’s, wird es nie- 
mals gegen die zahlreichen Rezepttaschenbücher und Vademekum eintauschen 
wollen, die dem Arzte jedes selbständige Denken abnehmen und ihn zum Sklaven 
der Apotheker und Arzneimittelfabriken machen. P. will dem Arzte die auf 
Wissen gegründete Freiheit in der Arzneimittelanwendung wahren, und in diesem 
Sinne hat er auch in der — leider jetzt zur Untätigkeit verdammten — Arznei- 
mittelkommission des Deutschen Kongresses für innere Medizin erfolgreich ge- 
wirkt gegen ein Meer von Schwierigkeiten und Widerständen. Wir hoffen und 
wünschen, daß seine Bestrebungen nicht bloß die verdiente Anerkennung finden, 
sondern auch junge tüchtige Kräfte zur Nacheiferung auf diesem dornenvollen 
Wege begeistern mögen. Dazu wird die Verbreitung seines Lehrbuches in der 
Ärzteschaft gewiß beitragen. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


2. Januschke. Beiträge zur klinischen Pharmakologie. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 

Die pharmakologische Untersuchung der Bauchschmerzen bei Kranken mit 
infektiösen oder nervösen Magen-Darmstörungen läßt unter Umständen erkennen, 
welche Schichten der Magen- oder Darmwand Sitz der Schmerzen ist, bei Muskel- 
krämpfen, ob Spasmen der Gefäß- oder Darmmuskeln vorhanden sind und welche 
motorische Nerven den Krampf erzeugen, ferner von welcher sensiblen Reizstelle 
ein Reflexkrampf ausgelöst wird. 

Bei der Bekämpfung besonders starker Schmerzen mit Schmerznarkoticis 
sind technisch zwei verschiedene Richtlinien zu berücksichtigen: 1) Die Steige- 
rung der zugeführten Arzneimenge, 2) die Dauer des Arzneistromes im Blute. 
Ein langandauernder Arzneistrom von geringer Konzentration kann unter Um- 
ständen sogar mehr leisten als ein kurzdauernder oder unterbrochener, hoch kon- 
zentrischer Strom. Seifert (Würzburg). 


632 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


3. Über einige Grundlagen einer direkten Pharmakotheripie. 
(Zeitschrift f. d. gesamte Neurologie u. Psychiatrie 1916. Bd. XXXIIL 
Hft.1 u. 2.) 

Verf. konnte bestätigen, daß die Aufnahme gewisser Substanzen aus der 
Zerebrospinalflüssigkeit ins Blut außerordentlich schnell, wohl sogleich nach der 
ersten Injektion, beginnt und auch in kurzer Zeit vollkommen sein kann. 

L. versuchte die Frage zu beantworten, was wir durch die direkte Applikation 
von Substanzen mehr erreichen können als durch die Zuführung vom Blutweze 
aus, und stellte folgendes fest: 

1) Alle überhaupt wirksamen Substanzen wirken bei direkter Applikation 
besonders schnell; 

2) wirken eine Reihe von Substanzen in ganz außerordentlich kleinen Dosen; 

3) wirken einige Substanzen anders bei direkter Applikation als vom Blut- 
‚wege aus; 
| 4) wirken einige Substanzen anscheinend nur bei direkter Applikation und 
nicht vom Blut aus, wogegen es aber 

5) keine Substanz gibt, die etwa vom Blute aus wirken würde, aber nicht bzi 
direkter Applikation. 

Die anscheinend besonders starke Wirkung direkter Applikation erklärt sich 

durch das Verhältnis der Menge der injizierten Substanz zu der Gewebsmass, 

‚welche dieser Substanz ausgesetzt ist. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4. Rosenbaum. Erfahrungen über die Morphinersatzpräparate 
Dihydromorphin und Diazetyldihydromorphin (Paralaudin). 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

. Das salzsaure Dihydromorphin ist bei subkutaner Verwendung ein vollwertiger 

Ersatz für Morphin, dem es durch anscheinend ausbleibende Gewöhnung über- 

legen ist. Die Dosis von 0,015 g entspricht ungefähr der von 0,01 g Morphinun 

hydrochloricum. In dieser Menge wird es meist gut vertragen. Das salzsaufe 

‘Diazetyldihydromorphin oder »Paralaudin« eignet sich für subkutanen wie für 

innerlichen Gebrauch. Gewöhnung scheint es ebenfalls nicht zu erzeugen. lg 

der Wirksamkeit steht es hinter dem Morphin und dem Dihydromorphin zurück. 

-Es ist daher hauptsächlich bei leichteren Fällen zu empfehlen. Besonders inter 

genommen gleicht es, da es nur in geringen Gaben ohne Beschwerden vertragen 

wird, eher dem Kodein. Subkutan verabfolgt, entspricht es in der Dosierung an- 

nähernd dem Morphin. Bei innerlicher Darreichung haben sich 15—20 Tropier 

der 1%,igen Lösung und 2 Teelöffel des Sirups als Einzeldosis bewährt. 
Reckzeh (Berlin). 


5. Stransky. Untersuchungen über die Magnesiumnarkose. (Ar- 
chiv f. exp. Pathol. u. Pharm. Bd. LXXVIII. S. 122. 1915.) 

Auf Grund der verschiedenartigen Untersuchungen kommt Verf. zu folgenden 
‚Ergebnis: Subkutan injizierte Magnesiumsalzmengen, welche Narkose erzeugen. 
.führen zu einer starken Vermehrung des Magnesiumgehaltes des Blutplasmas; in 
. anderen Organen wird keine oder nur eine spurweise Vermehrung des Magnesiun- 

gehaltes gefunden. Gleichzeitig sinkt der Kalziumgehalt des Blutplasmas. Das 
Konzentrationsverhältnis Kalzium : Magnesium, welches normalerweise stark 
nach der Seite des Kalziums liegt, wird derart geändert, daß Magnesium beceu- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 633 


tend überwiegt, und zwar auch noch nach dem Erwachen. Es scheint, daß ein 
bestimmter maximaler Wert des Quotienten Ca/Mg den Zustand der Narkose 
bedingt. 

Schon während der Narkose beginnt die Ausscheidung des Magnesiums im 
Harn in sehr erheblicher Weise. Damit ist bei Hafertieren eine vermehrte Kalzium- 
ausscheidung verbunden; doch ist diese für Mg-Injektionen nicht spezifisch, sondern 
findet auch nach Natrium- und Kaliuminjektionen statt. 

Reagenzglasversuche zeigten, daß die Erythrocyten nicht, wohl aber die 
Gehirnzellen Mg-Salze aufzunehmen vermögen. Mit dieser Aufnahme ist eine 
Entquellung der Gehirnzellen verbunden, doch wird eine solche auch durch Kalk- 
salze und Gemenge von Kalk- und Magnesiumsalzen hervorgebracht, Natrium- 
salze lassen die Gehirnzellen quellen. 

Für die Erklärung des Wesens der Magnesiumnarkose kommt daher weder die 
kalziumtreibende Wirkung der Magnesiumsalze, noch die Gehirnentquellung in 
Betracht, sondern es scheint vorläufig lediglich das Verhältnis Ca : Mg im Blut- 
plasma dafür maßgebend zu sein. Immerhin erscheint es nach Reagenzglasver- 
suchen möglich, daß geringe Mengen Magnesium in Gehirn- und Muskelzellen 
eindringen. 

Der Arbeit sind genaue Angaben über die Art der Methodik beigefügt. 

Bachem (Bonn). 


6. Gensler. Analytische Untersuchungen bei kombinierter Magne- 

siumneuralhypnose. (Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. Bd. LXXVIII. 

S. 317. 1915.) 

Bei einmaliger Magnesiumnarkose ist weder bei Kaninchen noch bei Hunden 
eine Vermehrung des normalen Magnesiumgehaltes im Gehirn nachweisbar. Bei 
der kombinierten Magnesium-Neuronalhypnose enthält das Gehirn fast genau 
denselben Prozentsatz an Neuronal wie bei einfachem Neuronalschlaf. Die Durch- 
lässigkeit der Zellmembranen für Neuronal wird also durch eine vorausgehende 
Magnesiuminjektion nicht verändert. In bezug auf die funktionellen Ergebnisse 
wurde weder ein schnellerer Eintritt noch eine wesentliche Vertiefung des eigent- 
lichen Schlafes nach vorhergehender Magnesiuminjektion gegenüber dem reinen 
Neuronalschlaf beobachtet. Dagegen ist die Muskellähmung deutlicher, die Tiere 
fühlen sich weniger gut (Erbrechen), die narkotischen Wirkungen sind deutlicher 
(Schwinden des Kornealreflexes, Sinken der Temperatur), die Erholung ist lang- 
samer nach der Kombinationsnarkose. Es scheint somit analytisch wie funktionell 
eine reine Additionswirkung vorzuliegen. 

Der Gehalt des Magen-Darmkanals an Neuronal erscheint bei der kömbinterten 
Magnesium-Neuronalhypnose verstärkt. Es fanden sich durchschnittlich 22,3%, 
des dargereichten Neuronals im Magen und Darm gegenüber 6,5%, bei alleiniger 
Verabreichung von Neuronal. : Bachem (Bonn). 


1. H. J. Hamburger. Deutung des Reizungsstadiums der Chloro- 
formnarkose nach Untersuchungen über Phagocytose. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1559—67.) 

Für die Genese dieser Nebenwirkung fehlte bisher noch jede Analyse. Der 
schon seit Jahren von H. verfolgte Einfluß geringer Veränderungen des Substrats 
auf das Leben der Phagocyten, d. h. auf das phagocytäre Vermögen gegenüber 
Kohle- und Stärkekörnchen, führte zur Feststellung einer beschleunigenden Wir- 


634 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


kung geringer Chloroformkonzentrationen. Nach Überschreitung einer gewissen 
Konzentration ging dieselbe in einen hemmenden Einfluß über, und zwar infolge 
der lösenden Wirkung des Giftes auf das Protoplasma. Indem die Lösung der 
Frage nach der bei dieser fordernden Wirkung stattfindenden Erweichung der 
Zellenoberfläche nicht in der beim Olivenöl üblichen Weise gelöst werden konnte, 
wurde der Einfluß des O-Mangels auf die Phagocytose verfolgt. Es ergab sich 
bei nicht zu hochgradiger O-Karenz eine erhebliche Zunahme der Phagocytsse, 
und umgekehrt, analog dieser Tatsache ist die Erhöhung der Reizbarkeit des 
Atmungszentrums bei der Dyspnoe. Die Eigenschaft des Atmungszentrums, 
dem augenblicklichen Bedarf nachzuhelfen, ist also keine spezifische, nur für die 
Nervenzelle geltende. Für den Anfang der Chloroformnarkose nimmt H. an, 
daß der O-Block nur in unvollkommenem Maße auftritt, so daß die Phagocyte: 
dadurch in analogen Zustand geraten, wie nach kurzdauernder Behandlung mit 
N oder H. Für die höheren Hirnzentren ergibt sich dasselbe Gesetz. Dieser Vor- 
gang, analog der chemotaktischen Bewegung der Bakterien, wird für die Phagoryten 
von H. mit dem Namen Endochemotaxis bezeichnet. 
Zeehuisen (Utrecht). 


8. M. Screjski. Klinische Erfahrungen mit Diogenal, einen 

neuen Beruhigungsmittel. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr.32.) 

Das Diogenal, eine der Veronalgruppe angehörende Substanz (Dibrompropv'- 
Veronal) wurde vom Verf. an im ganzen 66 psychiatrischen Fällen, darunter 
45 Fälle von manisch-depressivem Irresein, auf seine Wirksamkeit als Sedativur. 
und Hypnotikum geprüft. Das Diogenal ist weniger giftig, aber auch wenig 
stark hypnotisch wirkend als das Veronal. Die sedative Wirkung ist durchau: 
die wesentlichere, die hypnotische eine mehr indirekte, insofern als das beruhiste 
Nervensystem die Hypnotika entbehren kann.' Doch wirkt bei Psychopathien 
leichten Grades auch eine Dosis von 0,5—1,0 direkt leicht hypnotisch; der Schl:f 
dauert 3—4 Stunden. Es wurden !/s der Fälle andauernd mit dem Mittel behandelt, 
1/3 bekam es nur einmal, die übrigen sporadisch, zwei oder mehrere Male. Ar 
deutlichsten wirkte es bei andauernder Anwendung bei leicht erregten Psyche 
pathen und Hysterischen, während es bei schweren Psychosen mit ständig wach- 
sender Erregung versagte. Auch einmalige Dosen wirkten öfters erregungsi- 
kämpfend und angstlösend. Es leistete gute Dienste in manchen Fällen, in denea 
das Opium nicht nützte; wie weit es dem Opium in der Behandlung der Psychosea 
Konkurrenz machen kann, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist 
es für viele Fälle, in denen Opium kontraindiziert ist oder verweigert wird, ein 
wertvolles Hilfsmittel und ist als Sedativum und leichtes Hypnotikum durchweg 
zu empfehlen. Mannes (Weimar). 


9. Karl M. Vogel and O. Ivan Lee. Mercury elimination in bi- 

chloride poisoning. (Med. record 1916. Vol. LXXXIX. Nr. 2. 5.58.) 

Aus Beobachtungen an 16 Fällen von Sublimatvergiftung kommen die Verf. 
zu folgenden Schlüssen: Die Ausscheidung von Hg bei akuter Vergiftung kann sic" 
über eine Periode von einer Woche bis zu mehreren Monaten hinziehen, und di 
Behandlung ist so lange fortzusetzen, bis jede Ausscheidung aufgehört hat. Dies 
dauert am längsten im Darm, und regelmäßige Ausspülung des Dickdarms soll mit 
Beharrlichkeit durchgeführt werden. Auch die Magenschleimhaut und äußere 
Haut sind wichtige Kanäle, durch welche Hg ausgeschieden wird und die durch 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 635 


geeignete Behandlung — Magenspülungen und heiße Packungen — möglichst 
ausgenutzt werden sollen. Auf diese Weise wird die®iere, welche bei Sublimat- 
vergiftung am meisten gefährdet ist, am besten geschont. Von oben erwähnten 
16 Fällen verliefen nur 2 letal. In jedem Falle wurde eine bedeutende Leuko- 
cytose, besonders die Polynukleären betreffend, beobachtet. In Fällen mit 
dunkler Krankengeschichte ist dieser Blutbefund zur Diagnosestellung von größter 
Wichtigkeit. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


10. P. Gensler. Über die Verteilung des Neuronals, Bromurals 
und Adalins im Organismus. (Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 
Bd. LXXIX. S. 42. 1915.) 


Die Versuche wurden mit den genannten Schlafmitteln an Hunden angestellt 
und ergaben, daß das Gehirn fast 2mal so viel der genannten Mittel (per os ge- 
reicht) an sich zieht als das übrige Protoplasma einschließlich Blut. Bei der 
größten Schlaftiefe fand sich etwa 1,4%, des resorbierten Mittels im Gehirn wieder, 
eine Zahl, die für die drei Schlafmittel ziemlich konstant zu sein scheint. Während 
das Gehirn nur relativ viel des betreffenden Mittels enthält, ist die absolut größte 
Menge im Blut vorhanden. Neben dem Gehirn kommt nur die Leber noch als 
Adsorptionsorgan in Betracht. Um annähernd dieselbe Schlaftiefe und Dauer 
zu erzielen, mußte vom Neuronal 0,1 g pro Kilogramm verabreicht werden, von 
Bromural und Adalin je 0,25 g; dabei schienen die Bromuraltiere etwas weniger 
tief zu schlafen als die der anderen Gruppen; dementsprechend fanden sich auch 
größere Mengen (fast das Doppelte) Bromural und Adalin im Gehirn als vom 
Neuronal. Bachem (Bonn). 


ll. A. Nieuwenhuijse. Adalinvergiftung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1915. II. S. 15003.) 


Ein 24jähriger, an Adalineinnahme gewöhnter Mann bot nach Gebrauch von 
3g ernste Vergiftungserscheinungen dar, mit Erhöhung der Körpertemperatur, 
Milzvergrößerung, sehr erhöhter Pulsfrequenz; im übrigen die Zeichen der Veronal- 
intoxikation, vor allem scharlachähnliches Erythem, pemphigusartige Quaddeln 
an Fußsohlen und Unterschenkel, Aufhebung der Hautreflexe. Hämoglobingehalt 
normal; deutliche Hyperleukocytose mit Zunahme der polynukleären Leukocyten. 
Dauer der Bewußtlosigkeit 55 Stunden. Behandlung: subkutane Salzinfusion, 
Exzitantien, Magen-Darmspülung, künstliche Harnentleerung; im Harn keine 
reduzierenden Substanzen, Spur Eiweiß (einige Erythrocyten und Leukocyten); 
Brom nicht deutlich, hingegen mit Äther veronalähnliche Kristalle. N. betont 
die Notwendigkeit des Verbots des Handverkaufs derartiger Giftkörper. 

Zeehuisen (Utrecht). 


12. J. Zadek. Ein Todesfall nach intralumbaler Neosalvarsan- 
injektion. (Med. Klinik 1915. Nr. 22. S. 617.) 

Ein 41jähriger, seit einer Reihe von Jahren an sicherer Tabes dorsalis leidender 
Mann, wird 8 Tage lang beobachtet, seine Rückenmarkskrankheit ohne sonstige 
organische Komplikationen bei positivem Wassermann einwandfrei festgestellt; 
daer an sich häufenden und auch an Stärke zunehmenden gastrischen Krisen leidet, 
erhält er im fieberfreien Zustand eine intralumbale Neosalvarsaninjektion (0,0036). 
Im Anschluß daran erkrankt er mit Benommenheit und deutlichen zerebralen 
Symptomen, die, nach einem annähernd normalen Intervall, am übernächsten 


636 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


Tage, unter Fieber stark gesteigert, zum Exitus führen. Nach dem klinischen Be- 


funde hält es Verf. nicht fi# zweifelhaft, daß es sich um einen Fall von Encepha- | 
litis haemorrhagica acuta einer intralumbalen Neosalvarsaninjektion handdt. : 


Eine Obduktion wurde nicht gemacht. Ruppert (Bad Salzuflen), 


13. Bernhard Fischer (Frankfurt). Über Todesfälle nach Sal- 
varsan. (Deutsche med. Wochenschrift 1915. Nr. 31—33.) 
Die Annahme eines Salvarsantodes sollte, ebenso wie es für andere Vergi- 
tungen verlangt wird, von dem Nachweise bestimmter anatomischer Veränderungen, 


die als Folgen der Salvarsanvergiftung sicher bekannt sind, abhängig gemacht ; | 


werden. Als solche ist bisher außer der örtlichen Nekrose bei subkutaner ode: 


= 
mn 1- 


intramuskulärer Anwendung nur die akute hämorrhagische Encephalitis mt ` 


Sicherheit erwiesen. 


Daß die Diagnose des Todes durch Salvarsanvergiftung nicht auf Grund _ 
verdächtiger klinischer Erscheinungen und des zeitlichen Zusammentreffens der- 


selben mit einer Salvarsanbehandlung gestellt werden darf, sondern nur af 
Grund des Nachweises der oben erwähnten Veränderungen durch eine sorgiätizt 
anatomische Leichenuntersuchung, weist Verf. an der Hand einer Reihe vo 
Fällen nach, in denen der klinische Verlauf zu der Annahme einer Salvarsanytf- 
giftung verleiten konnte und zum Teil auch verleitet hatte, während die Obduktict 
anatomische Befunde, zum Teil ganz unvorhergesehener Art, zutage gefördert 
hatte, welche den Tod auch ohne Salvarsanmitwirkung zu erklären vermochter. 
So fanden sich in einem Falle eine vollständige käsige Zerstörung der Nebennieres, 
in einem anderen eine schwere, durch Abortreste hervorgerufene Anämie, ferner 
Pneumonie bei einem Alkoholiker, bei dem Alkoholintoxikation und epileptischer 
Zustand in Frage kamen. In einem weiteren Falle konnte die anatomische und 
chemische Leichenuntersuchung mit Sicherheit Quecksilbervergiftung nach- 
weisen durch Quecksilbermengen, die der Pat. ohne Wissen des behandelndin 
Arztes beigebracht worden waren. Verf. weist deshalb darauf hin, wie wicht!g 
es ist, bei Todesfällen nach kombinierter Salvarsan-Quecksilberbehandlung au: 
der Möglichkeit einer Quecksilbervergiftung die genügende Beachtung zu scher- 
ken. Es folgt sodann die Besprechung von Fällen, die unter dem Bilde einer 
schweren Leberschädigung vom Charakter der akuten gelben Leberatrophie zugrunde 
gegangen sind. Verf. führt für diese Fälle den Nachweis, daß die akute gelb? 
Atrophie der Leber durch die Lues und nicht durch das Salvarsan bedingt is, 
dessen toxische Wirkung auf die Leberzellen bisher nicht erwiesen ist. Die toxsc® 
Wirkung des Salvarsans entspricht überhaupt nicht einer Arsenvergiftung. Di 
einzige Beobachtung gegenteiliger Art von Lube (Deutsche med. Wochenschnit 
1914, Nr. 19) hält der wissenschaftlichen Kritik, wie eingehend dargelest wird, 
nicht stand; es handelt sich um Tod durch Perforationsperitonitis infolge von 
Ulcus ventriculi. Mannes (Weimar). 


14. L. Schreiber. Über Sehstörungen infolge innerlichen Opto- 
chingebrauchs. (Gräfe’s Archiv 1916. Bd. XCI. Hft. 2.) 

Die Optochinamaurose ist, wie Verf. beobachten konnte, durchaus nicht 
harmloser Art und kann mit einer dauernden Schädigung des Sehorgans unter dem 
Bilde des Opticusatrophie mit hochgradiger Verengerung des Netzhautgefäß- 
systems und Hemeralopie verbunden sein. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Par ee rn 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 637 


15, Pinesohn. Über Sehstörungen nach Darreichung von Opto- 

chin. (Berliner klin, Wochenschrift 1916, Nr. 18.) 

Das praktische Ergebnis der Mitteilung sehen wir in der Tatsache, daß bei 
Anwendung von Optochin. hydrochlor. bereits in Dosen von nur 0,25 pro dosi 
und nicht mehr als 1,5 pro die Schädigungen des Sehorgans auftreten, die keines- 
wegs immer den harmlosen Charakter einer nur flüchtigen Störung tragen, wie 
die meisten übrigen in der Literatur verzeichneten Fälle mit ähnlicher oder meist 
höherer Dosierung. Reckzeh (Berlin). 


16. Bickel. Über das physiologische Verhalten des Perglyzerins 
und Perkaglyzerins. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
Aus den Versuchen ergibt sich, daß Glyzerin und Perglyzerin bei gleicher 

Dosierung in gleicher Weise prompt abführend wirken. Klinische Beobachtungen 

werden genaueren Aufschluß darüber geben können, mit welcher Dosis und Kon- 

zentration des Perglyzerins man die optimale abführende Wirkung erzielt. Jeden- 
falls zeigen die Tierversuche, daß hinsichtlich der Darmwirkung das Perglyzerin 

:in vollkommener Ersatz des echten Glyzerins ist. Reckzeh (Berlin). 


17. Radwansky (Neu-Ulm). Theacylon, ein neues Diuretikum. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 
Theacylon wurde in Gaben von 1,0 3mal täglich in 6 aufeinander folgenden 
Tagen allgemein gut vertragen; es empfiehlt sich aber, bei nicht so schweren Fällen 
mit 4—6ma!l täglich 0,5 g anzufangen. Reckzeh (Berlin). 


18. Feldheim (Beyenburg). Kasuistischer Beitrag zur Wirkung 
von Theacylon. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 
Der Erfolg war ein unerwartet guter. Reckzeh (Berlin). 


19. H. Fühner und M. Rehbein. Untersuchungen über die Darm- 

wirkung des Colchizins. (Archiv f.exp. Pathol. u. Pharm. Bd. LXXIX. 

S. 1. 1915.) | 

Colchizin bewirkt am isolierten Darm von Katzen und Kaninchen Tonus- 
abfall und Verkleinerung der Pendelbewegungen. Eine erregende oder erregbar- 
aeitssteigernde Wirkung läßt sich am isolierten Darm nicht feststellen. 

Am Darm in situ konnte bei graphischer Registrierung keine konstant auf- 
tretende Veränderung der Darmtätigkeit unter Colchizinwirkung gesehen werden. 
Lähmung des Darmvagus bewirkt Colchizin nicht. 

Im Unterhautzellgewebe und der Augenbindehaut ruft Colchizin lokale Hyper- 
imie hervor. Dasselbe geschieht schon nach kleinen Dosen an der Schleimhaut 
“es Magens und des Dünndarms. Durch Colchizin hervorgerufene Steigerung der 
Darmperistaltik erklärt sich aus der lokalen Wirkung des Giftes. Hierbei handelt 
ès sich nach Ansicht der Verf.s weniger um eine primär entzündungserregende 
Wirkung des Colchizins nach Art der drastischen Abführmittel, als um eine Ver- 
äftung der Blutkapillaren, wie sie für die Gruppe der Kapillargifte charakteri- 
ristisch ist. Bachem (Bonn). 


638 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


20. Berliner (Breslau). Weitere Verwendungsmöglichkeit von 
Supersan (Menthol-Eukalyptolinjektionen). (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 20.) 


Auch bei Lungentuberkulose hat das Supersan, das gleich im Beginn der Er- 
krankung zur Anwendung kam, eine entschieden günstige Wirkung hervorgerufen. 
Bei Tuberkulose wird es zweckmäßigerweise in Dosis von etwa 1 ccm intraglutäal 
injiziert; es kann aber auch in den Oberarm oder Oberschenkel eventuell im Noi- 


fall gebracht werden. Bei Pneumonie verwendet man 1 bis I?/,ccem, bei Sepsis : | 


puerp. 2ccm. Bei Pertussis der Kinder kann man mit zwei Teilstrichen bis 
t/sccm beginnen. Reckzeh (Berlin). 


21. H. Pinkhof und J. Pinkhof. Der Samen des Plantago major 
als Abführmittel. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1677-82) 
Analog den von Kohnstamm und Oppenheimer empfohlenen Samen 
des Plantago Psyllium werden von Verff. diejenigen des Pl. major empfohlenen 
(8,25 g der Ähren ergaben 240 g Samen), deren Oberhaut ebenfalls aus in Wasser 
quellenden Schleimkörpern zusammengesetzt ist. Die abführende Wirkung ist 
also eine rein mechanische, so daß die Samen unverändert den Darm verlassen 
und die chemischen Bestandteile: ein Glykosid (Acubin), Emulsin und Invertio 
außer acht gelassen werden können. Die Quellung ist erheblich größer als die- 
jenige des Pl. Psyllium und 4—5mal größer als diejenige des Linum. Die ab- 
führende Wirkung erfolgt nach Einnahme von 9 bis 10g bei nüchternem Magen 
und ist eine rein mechanische. Zeehuisen (Utrecht). 


22. M. A. Blankenhorn. Salizylsaures Strontium. (Journ. amer. med. 
assoc. Vol. LXVI. Nr. 5. S. 331.) 

Nach 25 mit Strontiumsalizylat behandelten Fällen von Gelenkrheumatismus, 
akuter Endokarditis, Erythema nodosum, Pneumonie u.a. läßt sich sagen, dab 
die mittlere toxische Dosis der des salizylsauren Natrons entspricht, daß zweitens 
die gleichen Magenerscheinungen und andere Vergiftungszeichen auftreten wie 
bei allen Salizylaten, daß das Präparat auch nicht wirksamer als die anderen 
die Schmerzen bekämpft und daß es weniger angenehm zu nehmen ist als die 
löslicheren Salizylate. Meinhof (Halle a.S.). 


23. Peperhowe. »Kalziumkompretten«, ein geeignetes Calcium 
chloratum-Präparat als Antihydrotikum. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 2.) 

Es scheint in den Kalziumkompretten ein bequem anwendbares, angenehm 
schmeckendes, gut wirksames Mittel gegen die Nachtschweiße der Phthisiker 
erfunden zu sein. Reckzeh (Berlin). 


24. R.L. Levy and L. G. Rowntree (Baltimore). On the toxicity 
of various commercial preparations of emetin hydrochlorid. 
(Arch. of internal med. 1916. März.) 

L. und R.’s durch zwei mitgeteilte Todesfälle nach Emetinum hydrochloricum 
veranlaßte Prüfungen ergaben einmal, daß die verschiedenen im Handel befind- 
lichen Präparate, die bei Amöbendysenterie und Pyorrhoea alveolaris ausgedehnte 
Verwendung finden, sehr verschieden stark toxisch sind, so daß schon nach thera- 


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Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 639 


peutischen Dosen üble Folgezustände sich entwickeln können, und zweitens, daß 
die Empfänglichkeit verschiedener Individuen dem Emetin gegenüber stark 
variiert. So ist eine vorsichtige und überwachte Dosierung sehr zu befürworten 
und die intravenöse Zufuhr nur in ganz dringlichen Fällen und unter größten 
Kautelen anzuwenden. F. Reiche (Hamburg). 


25. Albu (Berlin). Therapeutische Erfahrungen mit einem Glyze- 
rinersatzmittel. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
Nach den Beobachtungen scheinen das Perglyzerin und Perkaglyzerin für 
die Verwendung als Klistiermittel vollkommen dem Glyzerin gleichwertig. 
Reckzeh (Berlin). 


26. A. Loewy und S. Rosenberg. Zur Pharmakologie des Yohimbin 
Spiegel. (Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. Bd. LXXVIII. S. 108. 1915.) 
Die Versuche wurden teils am überlebenden Kaninchendarm oder an einem 
Darmstück nach der von Trendelenburg angegebenen »Fenstermethode«, 
teils an der Blasenmuskulatur von Kaninchen angestellt. Es zeigte sich, daß das 
Yohimbin wie auf die Muskulatur der Gefäße, auch auf die glatten Muskeln der 
Darmwand einwirkt, und zwar wirken kleine Dosen erregend, große lähmend. 
Intravenöse Injektion kleiner Dosen ergab, daß die gleiche Wirkung auf den Darm 
auch in vivo zustande kommt: es wird sowohl der Tonus der Darmmuskulatur ge- 
steigert als auch die Pendelbewegung des Darmes vermehrt. Große Dosen lähmen 
auch hier die Darmbewegungen vollkommen. Die Versuche, die an einem Streifen 
der Harnblasenwand nach Magnus angestellt wurden, ergaben, daß sehr kleine 
Gaben keine Wirkung ausübten, höhere dagegen eine deutliche Steigerung des 
Blasentonus hervorriefen, sehr große eine Erschlaffung der Blasenwand verur- 
achten. Letzterer Befund gestattet eine Erklärung der von Fritsch beschriebenen 
aentümlichen Beobachtung, wonach Yohimbin die Blasenbeschwerden alter 
Prostatiker mildert, indem der Harndrang verringert wird. Es ist denkbar, daß 
aier die Blasenmuskulatur unter Yohimbingebrauch erschlafft, wodurch die 
Kapazität der Blase erhöht wird. Bachem (Bonn). 


27. Friedemann (Langendreer). Über intravenöse Dauerinfusion 
im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Was Schnelligkeit und Sicherheit der Wirkung betrifft, ist jede intravenöse 
Zufuhr der subkutanen oder rektalen überlegen; die intravenöse Dauertropf- 
‚fusion hat vor der sonst üblichen bedeutende Vorzüge, sie ist schonender für das 
Herz des Pat., wirkt viel nachhaltiger und’ kann oft ohne Belästigung des Pat. 
:o lange fortgesetzt werden, bis die schlimmste Gefahr vorüber ist. 

Reckzeh (Berlin). 


28. Julius Löwy (Prag). Über die Beeinflussung innerer Blu- 
tungen durch intravenöse Traubenzuckerinfusionen. (Prager 
med. Wochenschrift 1914. S. 443.) 

Es wurden auf Grund der Empfehlung E. Schreiber’s an v. Jaksch’s 
Klinik intravenöse Infusionen von je 200 ccm 5—20% iger Traubenzuckerlösungen 
bei Hämoptöe, Darm- und Nierenblutungen ausgeführt. Bei einer Nephritis 
haemorrhagica war kein Erfolg zu verzeichnen, unter 7 Fällen von Hämoptöe 
konnte die Blutung nur in 2 leichten Fällen zum Stillstand gebracht werden, 


640 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 35. 


während 2 Fälle von Darmblutungen sehr günstig beeinflußt wurden. Es kann 
daher die intravenöse Infusion von Traubenzucker nur bei Darmblutungen, nicht 
aber bei anderen inneren Blutungen empfohlen werden. Von Interesse ist auch 
die nach einer Infusion von 250ccm einer isotonischen Traubenzuckerlö:sung 
längere Zeit anhaltende Blutverdünnung. Friedel Pick (Prag). 


29. W. Nonnenbruch. Durstkur bei Ödemen nichtrenal-kardialer 
Natur. (Münchener med. Wochenschrift 1914. Nr. 43.) 
In Betracht kommen Fälle von marantischen Ödemen, exsudativer Pleuritis, 
Leukämie usw. Der Erfolg ist wenigstens für eine gewisse Zeit oft recht deutlich. 
Ä Ad. Schmidt (Halle a. S.). 





30. Th. Ordway. Schäden durch Beschäftigung mit Radium. (Joum. 
amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 1. S. 1.) 

Neun mit Abbildungen beschriebene Fälle eigener Beobachtung bestätigen, 
daß an den Fingern von Leuten, die berufsmäßig mit radioaktiven Substanzen 
umgehen, deutliche Veränderungen auftreten können, vor allem Abplattung der 
charakteristischen Fältchen, Verdickung und Abschuppen der oberflächlichen 
Hautschichten, ja sogar Atrophie und unheilbare Geschwürsbildung. Ditse 
Schädigungen sind meist gering im Vergleich zu den ausgesprochenen und har- 
näckigen subjektiven Erscheinungen, wie Parästhesie, Anästhesie verschiedene 
Grades, Spannung, Klopfgefühl, ja sogar Schmerzen. Der gleichen Quelle können 
auch verschiedene Allgemeinerscheinungen und Veränderungen des Blutbilde: 
entspringen. Dieses entsprach in zwei Fällen dem von Gudzent und Halber- 
städter beschriebenen. Meinhof (Halle a. S.). 


31. & E. Poulsson. Lehrbuch der Pharmakologie für Ärzte und 
Studierende. Deutsche Originalausgabe, besorgt von F. Les- 
kien. 3.Aufl. Mit 8 Fig. IX u. 590S. Brosch. M. 13,80, geb. M. 15,—. 
Leipzig, S. Hirzel, und Christiania, H. Aschehoug & Co., 1915. 

Die bereits früher an dieser Stelle besprochenen vorhergehenden Auflag:1 
haben sich nicht nur in Norwegen, sondern auch bei uns zahlreiche Freunde ge- 
sichert, so daß uns das Erscheinen einer abermaligen Auflage nach verhältnismäö'g 
kurzer Zeit nicht wundern darf. Die glückliche Verbindung von Theorie und Praxt: 
machen das Buch den Studierenden und Ärzten wie dem theoretischen Forscher 
gleich lieb. Abgesehen von einigen Ergänzungen und Neuerungen (z. B. ein ther:- 
peutisches Register am Schluß), ist die Einteilung des Stoffes die gleiche gebliebe?. 
Ref. weiß aus Erfahrung, wie nützlich sich das P.’sche Werk auch als Hilfe für den 
pharmakologischen Unterricht erweist. Bachem (Bonn). 


Eu A A LEE ANE 
Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle maa 


an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an di? 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle, 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


641 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, vV. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Bade Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 





Nr. 36. Sonnabend, den 9. September 1916. 


Inhalt. 

'C. Bachem, Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 

Referate: 1. Hekman, Behandlung verschiedener Erkrankungen mit Autovaccinen. — 
2. Klein, Dosierung der Schutzimpfstoffe. — 3. Secher, Enteritis bei Morbilli. — 4. Landau, 
Diphtherieähnliche Stäbchen in der normalen Mundhöhle und ibre Beziehungen zur Leptothrix. 
— 5, Wollstein, Experimentelle Studien mit Speichel an Mumps erkrankten Kindern. — 6. Zappert, 
Scharlach und Erythema scarlatiniforme desquamativum recidivum. — 7. Reitler und Kolischer, 
Kryptogene Fieberzustände. — 8. Ghon, Anaerobe Mikroorganismeninfektionen. — 9. Busson und 
György, Anaerobe Wundinfektion durch Gasbrandbazillen. — 10. Stuchlík, Statistische und 
physiologische Beobachtungen von der heurigen Impfung. — 11. Jansky, Bemerkungen zum 
cbigen Artikel Stuchlik’s. — 13. Pelnär, Variola vera. — 18. van Roojen, Kuhpockenimpfung. 
ne ee EB a ee a a u a ee 


Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
(April bis Juni 1916.) 
Von 


Prof. Dr. Carl Bachem in Bonn. 


Die Frage der Kombination mehrerer Arzneimittel, speziell 
der narkotisch wirkenden, hat in letzter Zeit wieder mehrfache Be- 
arbeitung im Bürgi’schen Laboratorium gefunden. In einer be- 
sonderen Arbeit präzisiert Bürgi (1) nochmals seinen Standpunkt 
hinsichtlich seiner Theorie und gibt die Bedingungen an, unter denen 
überhaupt eine Potenzierung bei Gemischen zu erwarten ist. Stellen 
sich schon im Tierexperiment solchen Untersuchungen Schwierigkeiten 
entgegen, so ist dies beim kranken Menschen in noch höherem Maße 
der Fall. — Über die Verstärkung der Wirkung eigentlicher Nar- 
kotika durch Cannabis indica berichtet Gisel (2); die an Kanin- 
‚ hen angestellten Versuche ergaben, daß es bei subkutaner Injektion 
von Tinctura Cannabis indicae + Morphium + Urethan gelingt, 
eine potenzierte narkotische Gesamtwirkung zu erzielen. Dabei ist 
zu bemerken, daß die Tinct. Cannabis indic. an sich schon eine Kom- 
bination ist, nämlich indischer Hanf und Alkohol (letzterer ein Nar- 
kotikum der Fettreihe); da nun auch Urethan der Fettreihe angehört, 


36 


642 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


liegt es nahe, daß die Potenzierungswirkung nicht bei allen Mengen- 
verhältnissen eintritt. — In Versuchen über die Skopolamin-Chlo- 
ralhydratnarkose fand Lewin(3), daß bei Anwendung beider 
Substanzen eine Potenzierung der Wirkung auftritt, jedoch nur dann, 


wenn man relativ geringe Mengen Skopolamin verwendet; denn bei ` 


größeren Dosen wird die Narkose sogar aufgehoben, und es kann zu 


Aufregungszuständen kommen. Die narkotische Wirkung ist am ` 
stärksten, wenn das Skopolamin 1/4, Stunde vor dem Chloralhydrat : 
verabreicht wird. — Auch wenn man Luminal mit Skopolamin - 
zusammen bei Kaninchen anwendet, erhält man einen potenzierten . 
Effekt, wie Ber mann (4) feststellen konnte. — Die Wirkungen von : 
Pantopon und morphinfreiem Pantopon in Kombination mit ` 


Urethan hat Bojarski (5) studiert; es gelang, bei Kaninchen mit ` 


0,02 Pantopon + 0,5 Urethan Narkose zu erzeugen. Steigert man a 


die Pantoponmenge und geht mit der Urethanmenge herunter, so 
tritt keine Narkose mehr ein. Mit Pantopon allein läßt sich bei Ka- 


ninchen keine richtige Narkose erzielen, wohl aber werden dadurch jA 


jï 2 


kleine, an sich unwirksame Urethanmengen zu narkotischen. Die 
selben hier genannten Eigenschaften kommen auch dem morphinfteien 


Pantopon zu. — In ähnlichem Sinne zeigte sich eine potenzierte Wir- - 


kung bei der intravenösen Anwendung (bei Kaninchen) einer 1°,igen - 


Morphium-Skopolaminlösung in Tinctura cannabis indica: 
und einer 10%igen Urethanlösung; mit außerordentlich kleinen 
Mengen der einzelnen Substanzen lassen sich langdauernde tiefe Nar- 
kosen hervorrufen (Bredenfeld, 6). 


Am isolierten Froschherz angestellte Versuche ergaben nach 


Holste (7), daß das Suprarenin die systolischen und diastolischen 
Herzfasern in gleicher Weise wie Digitalis beeinflußt. Auch find 


eine Verstärkung der therapeutischen Wirkung der Digitaliskörpe 


(untersucht wurden Digifolin, Digipan und k-Strophanthin) durch 
gleichzeitigen Suprareninzusatz statt. Dieser Synergismus ist €r 
doppelter, sowohl hinsichtlich des Einflusses auf die diastolische Er- 
schlaffung, als auch hinsichtlich der systolischen Kontraktion (deut- 
liche Summation der Pulskurven). Der Verf. empfiehlt diese kom- 
binierte Suprarenin-Digitalis- (bzw. Strophanthus-)Therapie in den- 
jenigen Fällen von Herzschädigung, bei denen sehr energisch en- 
geschritten werden muß, oder wo andere Herzmittel bereits versa$! 
haben. 

Mit der Frage der unmittelbaren Einspritzung von Arnd 
mitteln in das Herz bei hochgradiger Lebensgefahr beschäftigt sich 
Esch (8). Er bringt einen kasuistischen Beitrag zu dieser Art Therap! 


in dem angeführten Falle von Narkosenasphyxie hatte eine zwi 


malige Injektion von Adrenalin in den Herzmuskel vorübergehende 


Erfolg. In den Fällen, in denen gleichzeitig künstliche Atmung $ , 
macht werden muß, ist als Injektionsort der IV. linke Interkostalraum 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 643 


am Sternalrande zu wählen. Auf die Gefahr des Pneumothorax ist 
besonders zu achten. Wenn noch eine Herztätigkeit besteht, ist das 
Mittel (Nebennieren-, Hypophysenpräparat, Digitaliskörper) zunächst 
in den Herzmuskel und erst dann in die Herzhöhle zu spritzen. 

Versuche Rosenbaum’s (9) ergaben, daß das salzsaure Di- 
hydromorphin (Paramorphan) genannt, bei subkutaner Verwen- 
dung als ein vollwertiger Ersatz für Morphium angesehen werden 
darf. Gewöhnung trat nicht ein. 0,015 entspricht 0,01 Morphium. 
Gelinder wirkend ist das für innerliche und subkutane Anwendung 
gebräuchliche Diazetyldihydromorphin (Paralaudin); die Wir- 
kung nähert sich der des Kodeins. Gabe: innerlich 15—20 Tropfen 
einer 1 %igen Lösung. 

Das bereits im letzten Sammelreferat (in Nr. 20 d. J.) er- 
wähnte Holopon, ein Opiumultrafiltrat, hat auch an Berna (10) 
einen Lobredner gefunden, der in ihm ein reizloses, injizierbares 
Präparat sieht, das in vollem Maße die Opiumgesamtwirkung ver- 
körpert (1 g Holopon = 0,1 Opium oder 0,01 Morphium und etwa 
0,01 Nebenalkaloide). 

Eine Warnung vor dem Morphinmißbrauch läßt Richter (11) 
ergehen. Insbesondere werde nach dieser Seite in den Lazaretten 
selbst durch die besten Schwestern, Unterärzte usw. gefehlt, und von 
den Pat. seien gerade die am meisten gebildeten die am stärksten 
Morphiumsüchtigen. 

An Stelle der vorherigen Morphininjektion versuchte Trebing (12) 
vor den Narkosen das Veranacetin (eine Mischung von Veronal- 
natrium, Phenazetin und Kodeinphosphat). Meist genügten 4 Ta- 
bletten (7 Tabletten entsprechen 1g Veronal), 11/, Stunden vor 
Beginn der Narkose gereicht, um eine verstärkte Wirkung der Äther- 
narkose unter Ausschluß von unangenehmen Neben- und Nach- 
wirkungen herbeizuführen. Dies soll zum Teil auf die potenzierte 
Wirkung der Einzelbestandteile zurückzuführen sein. Auch zur Herbei- 
führung eines zu Geburten notwendigen Dämmerschlafes scheint sich 
Veranacetin in Gaben von 2 Tabletten 3—5stündlich zu eignen; hier- 
durch soll die Wirkung der Morphin-, Pantopon- oder Narkophin- 
injektionen bedeutend verstärkt werden. | 

Über den Einfluß des Alkohols auf das Farbensehen hat 
Schulz (13) zahlreiche Versuche an sich selbst und anderen angestellt. 
Es ergab sich, daß nach kleinen Gaben Alkohol die Unterscheidungs- 
fähigkeit für Hell und Dunkel bei Rot und Grün herabgesetzt ist. 
Die Einwirkung des Alkohols verläuft nach dem Arndt’schen Gesetz. 
Es handelt sich lediglich um eine Veränderung in der Schärfe des 
Erkennens von Hell und Dunkel, die Kontrastfarbe spielt (im Gegen- 
satz zu Digitalis und Santonin) keine Rolle dabei. 

Ebenfalls von Schulz (14) rühren Untersuchungen über den 
Einfluß der Digitalis und ihr botanisch- oder wirkungsverwandter 


36* 


644 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


Pflanzen auf die Farbenempfindlichkeit des menschlichen Auges. 
Digitalis purpurea und Gratiola officinalis enthalten einen Bestand- 
teil, der die Empfindlichkeit für die Unterscheidung von Hell 
und Dunkel bei Grün bei normal farbenempfindlichen Personen ver- 
ändert; je nach der Menge wird die Empfindlichkeit herabgesetzt oder 
verstärkt. Für Rot gilt im umgekehrten Sinne dasselbe. Strophanthus 
zeigt diese Eigenschaften nicht. 


Die Beziehungen zwischen chemischem Bau und pharmakologi- 
scher Wirkung in der Digitalisgruppe hat eine Arbeit von Straub 
(15) zum Gegenstand. Der Laktongruppe im Molekül des Cymarins 
wird eine wesentliche Bedeutung für die Wirkung zugeschrieben. 
Untersucht wurden (an Fröschen) die Präparate: Digitoxin, Digi- 
toxigenin, Digitalin, Digitaligenin, k-Strophanthin, Strophanthidin, 
Cymarin und Cymarigenin. 

Weitere Untersuchungen (vgl. Sammelreferat in Nr.20 d. ]. 
über die örtliche Reizwirkung der zur Injektionsbehandlung 
empfohlenen Digitalispräparate bringen Loeb und Loewe (l6). 
Während in früheren Versuchen die subkutane Injektion bei der 
Schweinehaut gewählt wurde, diente hierbei die intrakutane In- 
jektion. Die Resultate bei beiden Injektionsarten stimmten zwar 
im wesentlichen überein, doch eignet sich die intrakutane Injektion 
nicht besonders für den praktischen Gebrauch. Die Ergebnisse der 
Untersuchungen sind bereits in Nr. 20 mitgeteilt. 


Die Gefahren der intravenösen Strophanthinbehandlung wür- 
digt Cursch mann (17); mehr als 0,5 mg soll nie injiziert werden, 
zumal man mit dieser Menge stets auskommt. Verf. will die Strophan- 
thintherapie aus dem Gebiet der Herzkrankheiten nicht verbannen. 
doch führt er zwei Fälle an, die zu großer Vorsicht mahnen: in dem 
einen erfolgte nach 0,3 mg Strophanthin ein schwerer Kollaps, in 
dem anderen nach 0,8 mg sogar der Tod. 


Mit dem bereits in früheren Sammelreferaten erwähnten Thea- 
cylon ist Hamann (18) ebenfalls zufrieden. In seiner spezifischer. 
Wirkung steht es auf gleicher Höhe mit anderen Diureticis, zum Tei 
leistete es angeblich besondere Dienste, wo diese nicht anschluger. 
doch kommen auch vereinzelte Versager vor. Die Indikationen waret: 
ungenügende Wasserausscheidung bei Herzklappenfehlern, chronisch: 
Nierenentzündung, Lebercirrhose und seröse Pleuritis. Gabe 1-3: 
pro Tag in Einzelgaben von 0,5 g. Es wird meist gern genommen und 
gut vertragen. 


Tobler (19) untersuchte die Cannabis indica auf ihre diu- 
retische Wirkung an Kaninchen und gelangte zu dem Schluß, daß di: 
diuretisch wirkende Komponente in der Droge an das Cannabi'! 
geknüpft ist. Weder durch den festen Körper, noch durch die Rück- 
stände wurde eine Steigerung der Diurese erzielt. Ä 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 645 


Außer den bereits erwähnten Arbeiten über Narkotikakombina- 
tionen (Nr. 2—6) stammt eine weitere Untersuchung aus dem Bürgi- 
schen Laboratorum: Moldowskaja (20) hat die Wirkung der Physo- 
stigmin- und Pilokarpinkombination auf den überlebenden Darm 
studiert und gefunden, daß eine Kombination beider Substanzen den 
Gesamteffekt potenziert, aber nur, wenn sehr kleine Mengen der einen 
Substanz sehr großen der anderen zugesetzt werden. Bei höheren 
Kombinationsdosen trat eine Verminderung der Gesamtwirkung ein. 

Physostigmin wird als Expektorans von Sax! (21) empfohlen. 
Die Gabe (als Pulver) beträgt %, mg. Die Verabreichung kann lange 
Zeit hindurch fortgesetzt werden, Nebenwirkungen traten nie auf. 
Zu erfolgreicher Anwendung kam es bei akuter und chronischer Bron- 
chitis, Pneumonie, Spitzenkatarrh und anderen tuberkulösen Er- 
scheinungen der Lunge. Die Sekretion der Bronchialdrüsen wird nicht 
wesentlich gesteigert, dagegen wird die Bronchialmuskulatur zur 
Kontraktion angeregt und das Aushusten erleichtert. 

Über einen verständlichen Versager der Frühmedikation des 
Optochins bei kruppöser Pneumonie berichtet Haas (22); in dem 
vorliegenden Falle hatte es sich nicht um Pneumokokken gehandelt, 
sondern um den Streptokokkus mucosus. Eine bakteriologische 
Diagnose erscheint demnach bei mit Optochin behandelten Fällen 
wünschenswert. — Weitere Arbeiten zur Optochinbehandlung der 
Pneumonie stammen von Ladebeck (23) und Mendel (24); letzterer 
faßt seine Ergebnisse dahin zusammen: Die Optochinum basicum- 
Milchbehandlung der Pneumonie erfüllt alle Forderungen, die wir 
an eine rationelle, auf theoretischer Forschung begründete, den Be- 
dürfnissen der Praxis Rechnung tragende Optochinbehandlung stellen 
können. Sie garantiert durch das gleichmäßige Eindringen kleiner, 
aber ausreichender Optochindosen in die Blutbahn das Optimum der 
Wirkung und verhütet gleichzeitig die gefährliche Konzentration des 
Mittels und damit seine am meisten toxische Wirkung, die Amblyopie. 
Möglichst frühzeitiges Einsetzen der Therapie erscheint durchaus not- 
wendig. — Bemerkenswerte Resultate sah Friedemann (25) bei der 
Behandlung der Meningitis epidemica mit intralumbalen Optochin- 
injektionen. Die Injektionsdosis betrug meist 20 ccm einer 2%igen 
Lösung. Alle 8 mit Optochin behandelten Fälle nahmen einen gün- 
stigen Ausgang, was Verf. bei der Serumtherapie nicht beobachten 
konnte. Die Symptome besserten sich, insbesondere ließ die moto- 
rische Unruhe nach. — Pincsohn (26) beobachtete unter 50 mit 
Optochin behandelten Fällen 2 Fälle von Opticusamaurose, ohne daß 
die Tagesgabe von 1,5 g überschritten wurde. Es werden die beiden 
Krankheitsgeschichten eingehend mitgeteilt, sowie die Angaben an- 
derer Autoren über Chinin- und Optochinsehstörungen besprochen. 


Die Ausscheidung des Salvarsans nach intravenöser Injektion 
konzentrierter Lösungen beschreibt Stern (27); solche werden erheb- 


646 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


lich langsamer ausgeschieden, bleiben also länger mit den Geweben 
in Berührung, als verdünnte Lösungen. Die Anwendung dieser In- 
jektionen ist überdies für den praktischen Arzt leichter als die Infusion, 
da Instrumentarium usw. viel einfacher sind. Der genaue chemisch: 
Nachweis, der sich auf das Vorhandensein der Amidogruppe de; 
Salvarsans stützt, wird mitgeteilt. — Auch Lewitt (28) hält die 
von Stern angegebene Injektionsmethode für sehr brauchbar. - 
v. Zumbusch (29) meldet einen Todesfall von Salvarsannatrium bei 
einem kräftigen jungen Mädchen, dem innerhalb 17 Tagen in drä 
Injektionen im ganzen 1,65 g eingespritzt worden war. Sektions- 
befund und Kritik der Literatur. 

Das bereits mehrfach empfohlene Solarson wurde von Rad- 
wansky (30) prophylaktisch angewandt bei chlorotischen und anämi- 
schen Frauen, die einer Lungentuberkulose verdächtig waren. Bei 
allen war am Schluß der Kur eine wesentliche Zunahme der roten 
Blutkörperchen, des Appetits usw. zu konstatieren, bei den meisten 
stieg auch das Körpergewicht. Es wurden 24 Injektionen in zwei 
Perioden von je 12 Tagen mit einer 8—10tägigen Pause gemacht. 

Jacoby (31) studierte die Verteilung von Jodverbindungen 
im Organismus in Beziehung zu ihrer Konstitution; im einzelnen unter- 
suchte er die Dijodbrassidinsäure, deren Kalziumsalz, den Dijod- 
brassidinsäureäthylester, das monojodbehensaure Kalzium und die 
Dijodtaririnsäure, von denen die drei letzten therapeutische Ver- 
wendung finden. Aus den an Kaninchen angestellten Versuchen 
geht die starke Lipotropie der Salze (wie des monojodbehensauren 
Kalziums = Sajodin) hervor, dagegen zeigten die freien Säuren nur 
geringe Lipotropie. 

In dem 10%igen Jodtinkturanstrich sieht Gelinsky (32) an 
sofort und sicher wirkendes Heilmittel bei Erysipel; der unter der 
Epithellage befindliche Krankheitsprozeß ist in seiner ganzen Aus- 
dehnung angreifbar und wird ohne Schädigung des lebenden Gewebes 
durch Jodtinktur völlig vernichtet. 

Mit Collargol haben H. und R. Klotz (33) die Pneumeni: 
abortiv geheilt, d. h. die Temperatur war bereits am 4. Tage normal, 
Puls ebenso, die physikalischen Erscheinungen auf der Lunge gingen 
prompt zurück. Man verabreiche 2mal täglich Kiysmen mit anfang: 
1 g, später !/, g Collargol. Die genannte Behandlung muß aber sofort 
im Beginn der Erkrankung eingeleitet werden. 

Neuerdings ist die Kalktherapie wieder in den Vordergrund 
des Interesses gerückt. Jacoby (34) gibt einen Überblick über di: 
wissenschaftlichen Grundlagen dieser Therapie, unter besonderer 
Berücksichtigung der Frage der Gewebsdurchlässigkeit durch Kalk 
und des Kalkmangels sowie Würdigung der einschlägigen Literatur. 
Doch seien die Indikationen und Kontraindikationen zur Anwendung 
der Kalksalze noch nicht genügend geklärt. — Über die Bekämpfung 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 647 


von Darmentzündungen durch lösliche Kalksalze berichtet Leo (35); 
Versuche an Kaninchen ergaben, daß es durch nicht zu kleine, per os 
gereichte Gaben von Kalziumchlorid gelingt, eine (durch Aloin) er- 
zeugte Entzündung des Darmes zu unterdrücken; die Darmschleim- 
haut zeigte sich weder gerötet noch geschwollen oder erodiert. — 
Kalziumkompretten (MBK) gegen Nachtschweiße der Phthisiker 
empfiehlt Klare (35a). Die Kompretten (à 0,1 g) werden gern ge- 
nommen und gut vertragen. Man beginne mit täglich drei Stück, 
im Verlauf der Behandlung genügt oft nur eine (abends) (s. Sammel- 
referat in Nr. 20 d. J.). — Amsler (36) macht den Vorschlag, gegen 
Zahncaries Kalziumchlorid anzuwenden, und zwar bei Erwachsenen 
3g, bei Jugendlichen 2 g und bei Kindern 1 g täglich in Lösung. Da- 
neben ist auf kalkreiche Nahrung zu achten. — Die adstringierende 
Wirkung der Gerbsäure mit der gefäßabdichtenden des Kalkes zu 
vereinigen, veranlaßte Stekelmacher (37) Durchfälle bei Kindern 
mit basisch gerbsaurem Kalk (Optannin) zu behandeln. Dieses ist 
ein graubraunes, in Wasser unlösliches Pulver und enthält 85,6% 
Gerbsäure und 14,4% Kalziumoxyd. Bei Säuglingen wurde täglich 
1-2g, bei älteren Kindern 2,5 g täglich gereicht (meist in Pulver). 
Die Fälle, in denen das Mittel zur Verwendung kam, sind kurz skizziert. 

Das Kalksalz eines physiologischen Zuckerphosphorsäureesters 
wird von v. Euler (38) Candiolin genannt; er gibt einige chemische 
Daten an und verbreitet sich eingehend über das physiologisch- 
chemische Verhalten des neuen Mittels im Körper. Versuche an 
Hunden ergaben, daß es zum Teil als solches resorbiert und teilweise 
gespalten wird; nach der Resorption wird der Ester zum größeren 
Teil als anorganisches Phosphat aus dem Körper ausgeschieden. Daß 
sich das Mittel auch zu therapeutischen Zwecken zu eignen scheint, 
geht aus einer Arbeit Burchard’s (39) hervor; dieser Autor be- 
handelte Kinder mit einfacher Rachitis, rachitische Kinder mit gleich- 
zeitiger Skrofulose und solche mit Reizerscheinungen seitens des 
Nervensystems mit Gaben von 2—6 g Candiolin täglich. Die Re- 
sultate waren recht gute. Das Mittel wurde durchweg gut vertragen. — 
Eine Untersuchung von Impens (40) zeigte ebenfalls, daß die Kohle- 
hydratphosphorsäure, wie sie im Candiolin vorhanden ist, im Haushalt 
wachsender Tiere eine bedeutende Rolle spielt. 

Grafe (41) berichtet weiterhin (s. auch Sammelreferat in Nr. 20) 
über den heutigen Stand der physikalischen und chemischen Anti- 
pyrese. Er geht dabei näher auf die gebräuchlichen Antipyretika 
(Phenazetin, Maretin, Laktophenin, Citrophen, Antipyrin, Salipyrin, 
Pyramidon, Melubrin, Chinin), ihre praktische Anwendung und ihren 
Wirkungsmechanismus ein. Im Anschluß hieran wird kurz die Er- 
nährung Fiebernder besprochen. | 

Für die intravenöse Behandlung des akuten und chronischen 
Gelenkrheumatismus und verwandter Zustände mit Antiarthryl 


648 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


(einer. 50%igen Melubrinlösung) tritt Halbey (42) ein. Falls früh- 
zeitig angewandt, ist die Wirkung schnell und sicher; die Erkrankung 
wird kupiert. Die intravenöse Antiarthrylbehandlung kann auch 
ambulant durchgeführt werden. Es werden 30 (!) Krankengeschichten 
mitgeteilt. - Ä 

Als neues, angeblich wirksames Mittel gegen Gicht und Rheuma- 
tismus empfiehlt Beeck (43) das Hexophan, die Oxyphenylchinolin- 
dikarbonsäure; es bildet. ein weißes, in Wasser unlösliches Pulver, 
dagegen ist Hexophannatrium in Wasser leicht löslich. Die Symptome 
der genannten Krankheiten besserten sich. Einzelgabe: 1g 3—4mal 
täglich. Vom Hexophannatrium ist etwa die 11/fache Menge zu 
geben; letzteres soll sich auch für die subkutane, intramuskuläre und 
intravenöse Injektion eignen. 

Die bereits im Sammelreferat in Nr. 20 d. J. erwähnten Menthol- 
Eukalyptolinjektionen wurden von Berliner (44) in einer Reihe von 
Infekt onskrankheiten mit gutem Erfolg angewandt (Typhuspneu- 
monie, Lungentuberkulose, Pertussis, Sepsis). Der genannten Mischung 
wurde von Berliner noch Antipyrin und Antifebrin zugesetzt, und 


diese kommt unter dem Namen Supersan in den Handel. Injek 


tionsdosis: 1—2 ccm, bei Kindern 0,2—0,5 ccm. 
Das Extractum Valerianae aromaticum Kern wurde von 


Ahrens (45) in einem Falle von Hyperästhesie des Magens gegen | 


heiße Speisen (auf altem Ulcus beruhend), wo jahrelang andere Mitte 
versagt hatten, mit gutem, dauernden Erfolg angewandt. 

Als Antigonorrhoikum und Harnantiseptikum wird von Beckers 
(46) das Buccosperin (in Form von Dünndarmkapseln) empfohlt; 
das Mittel enthält Salol, Salizylsäure, Benzoësäure, Hexamethyler- 


tetramin, Buccoextrakt und Kampfersäure. Nebenwirkungen soll | 


nicht auftreten. 

Über die Giftigkeit, Resorption und Ausscheidung von Coteit, 
dem Cotoin ähnlichen Stoffen und Paracotoin haben Jodibaur ur! 
Kurz(47) Versuche an Kalt- und Warmblütern angestellt. Bë 
Kaninchen sind diese Stoffe sehr wenig giftig, werden vom Darm: 
vollständig resorbiert und erscheinen vollständig im Harn mit Schweie- 
und Glukuronsäure gepaart. Paracotoin, von den genannten Körpef 
chemisch weit entfernt, wirkt ähnlich. 

Röntgenologische Studien über die physiologische Verdauin; 
beim Kaninchen und beim Hunde sowie über die Einwirkung ds 
Resaldols auf den Magen-Darmkanal des Hundes, stammen von 
Henrichs(48). Resaldolist Resorzinbenzoylkarbonsäureäthylester. Di 
eigentliche Wirkung des Resaldols als Antidiarrhoikum ist eine Dünt- 
darmwirkung (Erschlaffung des Normaltonus), eine Wirkung auf dën 
Dickdarm erscheint unsicher. Auf das Rektum scheint es keine 
röntgenologisch nachweisbaren Einfluß zu haben. Das Präpa 
zeigt keine schädlichen Wirkungen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 649 


Zur Behandlung des postoperativen paralytischen Heus empfiehlt 
Uhlig(49) intravenöse Kochsalz-Neohormonalinfusionen. Die 
Wirkung des Hormonals wird durch Kombination mit 1 Liter physio-: 
logischer Kochsalzlösung und 15 Tropfen Suprarenin nicht vermindert. 
Eine Kollapsgefahr besteht nicht, bei bereits kollabierten Pat. wird 
eine günstige Wirkung auf das Allgemeinbefinden erzielt und der 
paralytische Ileus meist schon nach einer Infusion behoben. Bei ge- 
legentlichen Versagern ist die Infusion zu wiederholen. Peritonitische 
Erscheinungen bilden keine Kontraindikation. 

Karo (50) teilt seine Erfahrungen über Organtherapie bei Er- 
krankungen der Sexualorgane, speziell bei Prostatismus, mit. Ins- 
besondere empfiehlt er das Präparat Testikulin, das die meisten der 
in Betracht kommenden Beschwerden lindert. Ein günstiger Einfluß 
auf die Potenz sowie bei nervösen Sexualerkrankungen der Frau wird 
zugegeben. 

Gleichwie andere Autoren sah Rosenfeld (51) gute Resultate 
von der Behandlung des Diabetes insipidus mit Hypophysenprä- 
paraten. Die Wirkung besteht hauptsächlich in einer Diuresehem- 
mung. Tabellen illustrieren den Verlauf der Fälle. 

Rotfärbung alkalischen Urins nach dem Gebrauche von Purgen 
(Phenolphthalein) meldet Saake (52); da Phenolphthalein sich mit 
Alkalien bekanntlich rot färbt und Purgen ein häufig gebräuchliches 
Laxans ist, verdient dieser Fall besondere Beachtung. 

Neuerdings hat ein Glyzerin-»Ersatz« vielfach Verwendung ge- 
funden, der unter dem Namen Perglyzerin und Perkaglyzerin 
im Handel ist. Die Präparate sollen sich sowohl für äußerliche wie 
innerliche (Klysmen) Zwecke an Stelle des Glyzerins eignen, da sie 
diesem in ihren physikalischen Eigenschaften (Konsistenz, Wasser- 
anziehungskraft usw.) gleichen. (Die chemische Deklaration der 
Präparate wird nicht angegeben; es handelt sich im wesentlichen um 
eine konz. Lösung von milchsaurem Natrium bzw. Kalium. Vermut- 
lich sind auch noch andere dem Glyzerin chemisch nahestehende 
Körper zu gleichem Zwecke ebensogut geeignet!. Ref.) Der genannte 
Ersatz und seine Wirkungen und Anwendungsformen wurden be- 
schrieben von Albu (53), Bickel (54), Joseph (55), Nagelschmidt 
(56), Orth (57), Posner (58), Wechselmann (59), Boas (60). 

Für die Verwendung des Tumenols bei Ulzerationen usw. tritt 
Rudolph (61) ein. Die von ihm gewählte Paste Tumenol. ven. 5,0, 
Zinc. oxyd., Amyl. trit., Vasel. flav., Lanolin & 25,0 wirkt entzün- 
dungswidrig, austrocknend, granulationsanregend und überhäutend. 

Zur Wundheilung, besonders bei schmutzigen Wunden, De- 
kubitus usw., empfiehlt v. Herff(62) den Salizylzuckerverband, 





1 Über ein solches Präparat gedenkt Ref. demnächst zu berichten. Die nur beschränkte 
pharmazeutische Brauchbarkeit von Perkaglyzerin wird von Cantzler und Splittgerber 
(Pharm, Zentralhalle 1916. Nr. 32) hervorgehoben. 


650 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


d. h. gepulverten Rohrzucker mit Zusatz von 3—5% Salizylsäur:. 
Das Präparat soll das gleiche leisten wie Perubalsam und ist viel 
billiger. 

An die bereits früher veröffentlichten günstigen Berichte über 
granulierendes Wundöl (Granugenol) schließen die Untersuchungen 
von Hiller (63) und Reiss (64) an. Beide sehen in ihm ein gutes 
Wundheilmittel, das die Produktion des Bindegewebes anregt und 
so die Wundheilung beschleunigt. 

Hübner (65) bespricht die Leuchtgasvergiftungen nach 
ihrer Ätiologie, ihren Symptomen, dem Verlauf und dem Ausgang. 
Chronische Leuchtgasvergiftungen scheinen mitunter vorzukommer, 
wenn auch ihre Existenz von anderen geleugnet wird. Jedenfalls ist 
die Leuchtgasvergiftung nicht als reine Kohlenoxydvergiftung auf 
zufassen, sondern die übrigen giftigen Gasbestandteile wirken dabe 
mit. — Eine neue Methode der Bestimmung von Kohlenoxyd im 
Blute wird von Gad-Andresen (66) mitgeteilt. Die Ausführung 
und die Beschreibung der dazu nötigen Apparatur dieser Method, 
deren Prinzip in der Bestimmung der Sauerstoffkapazität des Blutes 
beruht, muß im Original nachgelesen werden. 

Über den plötzlichen Tod in der Chloroformnarkose verbreite 
sich Hering (67). Er fand, daß bei Tieren im Beginn der Narkose der 
Tod um so wahrscheinlicher eintritt, je aufgeregter sie sind. Beim 
Menschen soll insbesondere vor der Narkose auf das Vorhandensein 
von Extrasystolen geachtet werden. 

An der Hand eines Vergiftungsfalles bespricht Feigl (68) das 
Auftreten von Hämatin im Blute bei Vergiftungen mit Chloraten. 

Zur Vorsicht beim Morchelgenuß warnen Umber (69) und 
Henius (70); aus den mitgeteilten Krankengeschichten geht deutlich 
hervor, daß die alte Regel, von gekochten Morcheln (die leicht mit 
der giftigen Lorchel vermischt sein können) das erste Brühwasse! 
abzugießen, stets zu befolgen ist, da sonst schwere Vergiftungen aui- 
treten können. 


Literatur: 


1) Bürgi, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 23. 

2) Gisel, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 39. 

3) Lewin, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 61. 

4) Bormann, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 67. 

5) Bojarski, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 73. 

6) Bredenteld, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 80. 

7) Holste, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 99 u. Deutsche 
med. Wochenschrift XLI. S. 748. 

8) Esch, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 786. 

9) Rosenbaum, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 59%. 

10) Berna, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 483. 

11) Richter, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 812. 

12) Trebing, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 242. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 26. 651 


13) Schulz, Pflüger’s Archiv CLXIV. S. 274. 

14) Schulz, Pflüger’s Archiv CLXIV. S.511. 

15) Straub, Biochem. Zeitschrift LXXV. S. 132. 

16) Loeb und Loewe, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 220. 
17) Curschmann, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 284. 
18) Hamann, Therapie der Gegenwart LVII. S. 209. 

19) Tobler, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 91. 
20) Moldowskaja, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 31. 
21) Saxl, Med. Klinik XII. S. 672. 

22) Haas, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 746. 

23) Ladebeck, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 536. 

24) Mendel, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 537. 

3) Friedemann, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 423, 

26) Pincsohn, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 476. 

27) Stern, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 416. 

28) Lewitt, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 518. 

29) v. Zumbusch, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 750. 
%) Radwansky, Therapie der Gegenwart LVII. S. 240. 

31) Jacoby, Biochem. Zeitschrift LXXIV. S. 123. 

32) Gelinsky, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 882. 
33) H. Klotz und R. Klotz, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 856. 
34) Jacoby, Therapie der Gegenwart LVII. S. 161. 

35) Leo, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 613. 

35a) Klare, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 626. 

36) Amsler, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 636. 

37) Steckelmacher, Therapie der Gegenwart LVII. S. 126. 

38) v. Euler, Therapie der Gegenwart LVII. S. 205. 

39) Burchard, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 788. 

40) Impens, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 797. 

41) Grafe, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 161. 

42) Halbey, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 230. 

43) Beeck, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 484. 

44) Berliner, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 534. 

45) Ahrens, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 669. 

46) Beckers, Süddeutsche Apoth.-Zeitung LVI. Nr. 53. 

47) Jodibaur und Kurz, Biochem. Zeitschrift LXXIV. S. 340. 
48) Henrichs, Pflüger’s Archiv CLXIV. S. 303. 

49) Uhlig, Med. Klinik XII. S. 592. 

50) Karo, Therapie der Gegenwart LVII. S. 143. 

51) Rosenfeld, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 553. 

52) Saake, Therapie der Gegenwart LVII. S. 157. 

53) Albu, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 496. 

54) Bickel, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 495. 

55) Joseph, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 481. 

' 56) Nagelschmidt, Therapie der Gegenwart LVII. S. 199. 

57) Orth, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 482. 

58) Posner, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 577. 

59) Wechselmann, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 517. 
60) Boas, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 661. 

ôl) Rudolph, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 186. 


652 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


62) v. Herff, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 515. 
63) Hiller, Med. Klinik XII. S. 393. 

64) Reiss, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 498. 

65) Hübner, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 677. 
66) Gad-Andresen, Biochem. Zeitschrift LXXIV. S. 357. 
67) Hering, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 521. 
68) Feigl, Biochem. Zeitschrift LXXIV. 394. 

69) Umber, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 627. 
70) Henius, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 701. 


ee DEE nee 


Referate. 


1. J. Hekman. Über die Behandlung verschiedener Erkrankungen 
mit Autovaccinen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 2161—71.) 
Unter Hinweis auf die gelegentlichen Schwierigkeiten der Gewinnung und der 
Dosierung des Vaccins — die Bestimmung des opsonischen Index ist manchma! 
zu zeitraubend und beschwerlich — wurde immer mit geringen Vaccinmenge: 
angefangen, und unter Berücksichtigung der Körpertemperatur, des Allgemeir- 
befindens, der Ausbreitung des Krankheitsprozesses, unter systematischen Leuki- 
cytenzählungen — mit den Dosen gestiegen. Die mehr oder weniger lokalisierten 
Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen, sowie die nicht tuberkulöe: 
Lungenaffektionen, wurden gewöhnlich günstig beeinflußt. Bei schwereren &- 
kundärinfektionen tuberkulöser offener Lungenprozesse mit Reinkulturen vei 
Staphylokokken und Tuberkelbazillen im Sputum sind die Injektionen erfolglos. — 
In einem Falle akuter Bakteriämie (Febris puerperalis) ergab die Verabfoigurs 
des Spronck’schen Antistrepto- und Antistaphylokokkenserums keine Besserung, 
und es gelang endlich mit Hilfe wiederholter Autovaccinen der aus der Vaginai- 
ausscheidung reingezüchteten Staphylokokken den Prozeß zur Heilung zu bringen: 
von 4 weiteren Fällen wurden 2 geheilt. Andererseits war die Vaccinebehandlus; 
in 5 Colicystomyelitisfällen keine besonders ermutigende, obgleich mitunter ein 
gewisser, die Heilung begünstigender Einfluß nicht von der Hand zu weisen war, vo 
allem in leichteren Fällen; die günstigen Erfolge Hengeveld’s und anderer sird 
zum größeren Teil durch die übrigen therapeutischen Maßnahmen verschuldet. 
Zeehuisen (Utrecht). 


2. Klein (Groningen). Über die Dosierung der Schutzimpfstofe. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Die gleiche Transparenz der Schutzimpfstoffe garantiert nicht die gleich? 
Keimzahl, selbst nicht bei Benutzung desselben Bakterienstammes und möz- 
lichster Gleichmäßigkeit der Kulturbedingungen. Bei Impfstoffen, hergestellt 
von verschiedenen Bakterienarten, sind die Differenzen noch viel größer. Bi 
gleicher Transparenz enthalten die Staphylokokkenimpfstoffe stets viel mehr 
Keime (29%, 75% und 47% mehr) als die Coliimpfstoffe. | 

Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 653 


3. Seeher. Enteritis bei Morbilli. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. 

Nr. 10.) 

Es wurde eine Infiltration der Schleimhaut des untersten Teiles des Ileum 
vorgefunden, während das Kolon frei war; außerdem starke Hyperplasie des 
Iymphatischen Gewebes im ganzen Darmkanal, aber namentlich im untersten 
Teil des Ileum, dessen geschwollene Peyer’sche Plaques an den Zustand bei 
Typhus erinnerten. Die Keimzentren wiesen die ihnen charakteristischen An- 
zeichen von Aktivität auf im Gegensatz zu den sich in Ruhe befindenden Follikeln, 
an denen nicht zwei Zellenschichten zu unterscheiden sind. Die geringere Anzahl 
Plasmazellen stimmt mit dem akuten Verlauf des Leidens überein. Die Mesen- 
terialdrüsen waren hyperplastisch, und die Keimzentren wiesen Anzeichen von 
Aktivität auf. Reckzeh (Berlin). 


4. Landau. Über diphtherieähnliche Stäbchen in der normalen 
Mundhöhle und ihre Beziehungen zur Leptothrix. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Die Leptothricheen sind zweifellos sehr wandlungsfähig, vermutlich ähnlich 
wie die Streptothricheen;; letztere können längere Zeit in einer Reihe von Genera- 
tionen ausschließlich als Stäbchen, in anderen Fällen als Kokkenformen wachsen, 
so daß man sicher zu sein glaubt, anstatt der Ausgangskultur eine Verunreinigung 
vor sich zu haben, bis schließlich daraus wieder die typisch verzweigten Fäden 
hervorgehen. Die Variabilität dieser beiden Gruppen — Streptothricheen und 
Leptothricheen — ist offenbar weit größer als bisher angenommen worden ist 
und verdient auch aus allgemeinen bakteriologischen Gesichtspunkten ein weiteres 
Studium. Reckzeh (Berlin). 


5. Martha Wollstein. An Een study of parotitis (mumps). 
(Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 353.) 

Wenn man von dem Speichel an Mumps erkrankter Kinder ein bakterien- 
steriles Filtrat herstellt und davon Katzen in die Speicheldrüse oder in die Hoden 
injiziert, so entsteht ein Krankheitszustand, welcher in vieler Beziehung demjenigen 
des Mumps ähnelt. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


6. Zappert. Über wiederholte Scharlacherkrankungen und Ery- 
thema scarlatiniforme desquamativum recidivum. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Aus den Darlegungen des Verf.s darf keineswegs gefolgert werden, daß jeder 
Fall von Erythema scarlatiniforme Scharlach durchgemacht haben müsse. Der 
Scharlach besitzt vielmehr dieselbe provozierende Bedeutung wie andere toxisch 
infektiöse Ursachen, die beim Erwachsenen das Erythema scarlatiniforme hervor- 
rufen können. Als solche sind medikamentöse Stoffe, Typhus, Influenza, Rheuma- 
tismus, Darmintoxikationen u. a. angeführt. Nur scheint es, daß gerade für das 
Kindesalter der Scharlach den häufigsten provokatorischen Faktor für das Ery- 
thema scarlatiniforme darstellt, so daß man bei Fällen, die Kinder betreffen, mit 
Wahrscheinlichkeit voraussetzen darf, daß sie bereits Scharlach durchgemacht 
haben. Seifert (Würzburg). 


654 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


7. Reitler und Kolischer. Zur Kenntnis kryptogener Fieberzu- 
stände. Ein klinischer und ein mikroskopischer Beitrag. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Bei mikroskopischer Untersuchung von Harn und Fäces von zahlreichen 
Pat. aus Militärspitälern, die alle unter den gleichen Erscheinungen: Fieber von 
inversem Typus, Leberschwellung, perkutorischer Milzvergrößerung, Druckemp- 
findlichkeit der Nieren- und Lebergegend und des Epigastriums, Läsion der Rektal- 
schleimhaut und zeitweiligen Darmstörungen erkrankten, fanden sich regelmäßig 
Zellformen, die in den Ausscheidungen anderer Fieberkranker niemals gesehen 
wurden. Dieselben sind von den sonst im normalen oder pathologischen Harm 
und Stuhl vorkommenden Zellen und Mikroorganismen durchaus verschieden 
und müssen als körperfremde Zellgebilde bezeichnet werden. Seifert (Würzburg). 


8. Ghon. Über Infektionen mit anaeroben Mikroorganismen im 

Kriege. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 16.) 

Von den Ausführungen G.’s über anaerobe Mikroorganismen beanspruche: 
jene über den Erreger des Flecktyphus Interesse. Was uns vorläufig noch veran- 
laßt, dem Plotz’schen Bakterium typhi exanthematici eine große Skepsis ent- 
gegenzubringen, ist die Tatsache, daß die Tierversuche mit dem isolierten Bak- 
terium im Gegensatze stehen zu leichten Übertragbarkeit der Krankheit des 
Menschen aufs Tier und von Tier zu Tier. Seifert (Würzburg). 


9. Busson und György. Über anaerobe Wundinfektion durch 
Gasbrandbazillen. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Der von den Verff. gefundene Bazillus ist entgegen dem Fränkel’schen 
Gasbrandbazillus auch für Kaninchen und Mäuse pathogen, er verflüssigt niema: 
wie der Ödembazillus, Kasein; dennoch weist die positive Biuretreaktion auf 
eine fermentative, peptonisierende Wirkung gegenüber dem Kasein hin, die, 
wenn auch nicht zur Verflüssigung und Auflösung führend, doch graduell vor- 
handen ist. Er bildet aber im Gegensatze hierzu in Milch reichlich und stürmisch, 
aber auch im Serum Gas, vermag hinwiederum nicht, wie der von Ghon-Sach: 
oder von Conradi-Bieling gefundene Erreger, das geronnene Kasein der Milch 
in 5tägiger Beobachtungszeit aufzulösen und bildet im Gegensatz zum Rawch- 
brandbazillus auf den serösen Häuten im Meerschweinchentierversuche längere 
Ketten und Fäden. Dieser Bazillus dürfte als naher Verwandter des Rausch 
‘brandbazillus anzusehen sein. Seifert (Würzburg). 


10. J. Stuchlik. Statistische und psychologische Beobachtungen 

von der heurigen Impfung. (Casopis lékaruv ceskych 1915. Nr. 51 u. 52.) 

Das Material besteht aus rund 5000 Impflingen vom Säuglingsalter bis zu 
70 Jahren. In jungen Jahren ist der Prozentsatz der negativen Reaktionen seh: 
gering; jenseits des 40. Lebensjahres nimmt derselbe bei Erstimpflingen rap‘ 
zu, und jenseits des 60. Lebensjahres ist die positive Reaktion eine Seltenheit. Di: 
Disposition zur Erkrankung an Variola ist also jenseits des 40. Lebensjahres sh 
gering. — Schwächliche, rachitische, mit Enteritis behaftete oder sonst krank: 
Säuglinge reagierten nicht. Tuberkulose hatte auf die Reaktion keinen Einflu 
und blieb durch dieselbe unbeeinflußt. Der durch irgendeine chronische Infektion 
geschwächte Organismus weist eine verminderte Empfindlichkeit gegen dt 
Vaccine auf. — Das weibliche Geschlecht weist eine viel größere Anzahl negative! 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 655 


Reaktionen auf als das männliche (16:7% bei Erstimpflingen), ist also gegen 
die Vaccination und daher auch gegen Variola widerstandsfähiger. — Von 24 Per- 
sonen, die Variola überstanden hatten, reagierten trotzdem 4 = 17%, positiv. — 
Bei Revaccinierten nimmt die Zahl der negativen Reaktionen vom Kindesalter 
an ab, erreicht zwischen dem 20. und 23. Lebensjahre ihr Minimum und nimmt 
dann allmählich wieder zu. Je öfter ein Mensch geimpft wird, desto immuner 
wird er, und die Immunität ist um so sicherer, je rascher die Impfungen aufeinander 
folgten. Nach der ersten Impfung dauert die Immunität etwa 5 Jahre; wird die 
Impfung vor Ablauf der 5 Jahre wiederholt, nimmt die Immunität an Intensität 
zu, so daß sie dann länger als 5 Jahre anhält, und sinkt niemals auf jene Stufe, 
die sie vor der wiederholten Impfung einnahm. Mit zunehmendem Alter wird die 
Immunität noch weiter verstärkt, so daß eine im vorgeschrittenen Alter mehrfach 
wiederholte Impfung fast absolute Immunität gewährt. In der Frühreaktion 
und in der Erweckung des latenten Virus durch rasch wiederholte Impfungen 
erblickt der Autor anaphylaktische Erscheinungen. 

So weit wäre gegen die Schlüsse, die der Autor aus seiner Statistik zieht, nichts 
einzuwenden. Bedenklich aber sind seine Ansichten über die Beziehungen zwischen 
Geschlecht und Impfung, die nur wegen ihrer Originalität hier wiedergegeben 
werden sollen. Er findet, daß sich die Zahl der Impflinge bis zum 14. und nach 
dem 45. Lebensjahre ungefähr zu gleichen Teilen auf beide Geschlechter verteilt, 
daß aber während des geschlechtsreifen Alters das weibliche Geschlecht bei weiten 
überwiegt (100 Männer : 227 Weiber). Die Abwesenheit zahlreicher im Felde 
stehender Männer scheint ihm keine Rolle zu spielen. Für ihn ist die Erscheinung, 
daß doppelt soviel Weiber als Männer zur Impfung erscheinen, eine Folge der 
sxxualität. (Der Autor bekennt sich als Anhänger der psychoanalytischen Schule.) 
Die Männer kommen aus Hervismus nicht zur Impfung; sie fürchten sich nicht 
vor der Erkrankung an Variola und wollen dadurch dem weiblichen Geschlecht 
imponieren. Der sexuellen Grundlage ihrer Handlungsweise werden sie sich aber 
sicht bewußt. Die Weiber drängen sich dagegen zur Impfung, weil sie sich (wie- 
derum unbewußt) erhalten wollen, um das Menschengeschlecht fortzupflanzen. 
(Bei den Männern aber läßt der Autor diesen Grund nicht gelten.) Der Hauptgrund 
ist aber der, weil es sich bei der Impfung »um etwas handelt, was der Arzt der 
Pat. gibt, was er ihr macht«. »Die Impfung ist für (viele) Frauen ein Symbol 
des Koitus.« (!) Darum lassen sich die Frauen (allerdings immer unbewußt) bei 
negativen Reaktionen noch öfters impfen; darum lassen sich manche Frauen auf 
den Oberschenkel impfen. Im Alter ändert sich die Sachlage: die alten Frauen 
sterben ab, sie sind zur Fortpflanzung unfähig, daher ist ein Schutz ihres Körpers 
eegen die Krankheit unnötig; sie kommen nicht mehr zur Impfung. Die Männer 
dagegen sind fast bis zum Tode »fähig«; sie wissen, daß sie leicht zu ersetzen 
iind; daher wollen sie ihre Weiterexistenz sichern, und daher kommen im Alter 
Tmal soviel Männer als Frauen zur Impfung. G. Mühlstein (Prag). 


11. J. Jansky. Bemerkungen zum obigen Artikel Stuchliks. (Ibidem 
1916. Nr. 1.) 

Der Artikel J.’s ist eine beißende Satire auf die Stuchlick’sche Ansicht 
über die Beziehungen zwischen Impfung und Sexualität und auf die Psychoanalyse 
überhaupt. Der Autor fragt, warum sich von ihm in Serbien und Galizien (während 
des Feldzuges) in vielen Orten alle Bewohner bis auf den letzten Mann gegen 
Cholera und Typhus impfen ließen? Sollten dies lauter Feiglinge gewesen sein? 


656 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 36. 


Wie ist das Verhältnis zwischen den beiden Geschlechtern, wenn eine Ärztir. 
impft? — Die Psychoanalyse will der Autor durch folgendes Analogon ad ab- 
surdum führen: Bekanntlich rauchen mehr Männer als Frauen, wohl aus den 
Grunde, weil sie den Frauen als Helden imponieren wollen, die sich vor der Ver- 
giftung mit Nikotin nicht fürchten. Warum rauchen aber auch Frauen? Wei 
beim Rauchen etwas (die Zigarre) in den Körper eingeführt wird; beim Rauchen 
handelt es sich also um ein Symbol des Koitus. G. Mühlstein (Prag). 


12. J. Pelnar. Variola vera. (Casopis l&karuv ceskych 1915. Nr. 52.) 
Von den Beobachtungen des Autors in Kroatien sei die folgende hervorz- 
hoben: In einem Dorfe, in welchem Blattern herrschten, impfte er unter anderer. 
5 Personen, von denen 2 am 5. und 3 am 7. Tage nach der Impfung an Blatter: 
erkrankten. Die ersten zwei, die in der Kindheit geimpft worden waren, genasen: 
die restlichen drei, ein 3jähriges Kind und zwei Säuglinge, die durchweg früh: 
nicht geimpft waren, starben, obwohl sie jetzt mit Erfolg geimpft wurden. Nimm: 
man an, daß die Inkubation 14 Tage dauert und das Exanthem am 3. oder 4. Taz: 
erscheint, werden die 5 Pat. etwa am 10. Inkubationstag geimpft. Dies stimm: 
mit den Erfahrungen überein, daß die gegen das Ende der Inkubationsfrist vo- 
genommene Impfung das Auftreten der Krankheit nicht mehr verhindert, stimz: 
aber nicht mit der Angabe, daß in einem solchen Falle die Vaccination den Kraak- 
heitsverlauf mildert und daß sich die Schutzpocken gar nicht oder nur schlect: 
entwickeln; die Schutzpocken entwickelten sich sehr gut, und trotzdem starte" 
alle drei Erstimpflinge. G. Mühlstein (Prag). 


13. J. van Roojen. Wann ist die Wiederholung der Kuhpocker- 

impfung notwendig? (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 6% 

bis 679.) 

Nach richtiger Vornahme einer Impfung werden die betreffenden Person?” 
nur selten innerhalb der ersten 10 Jahre durch Pocken affiziert. Dennoch kat: 
eine negativen Erfolg zeitigende Wiederholung der Vaccination keine wit 
für die Erhöhung der bestehenden relativen Immunität bieten. Anderer: 
führt dieser negative oder schwach positive Ausschlag eine gewisse Garantie |‘ 
die Zeitperiode dieser wiederholten Vaccination herbei, nicht aber für diejerx 
einer z. B. 1 bis 2 Jahre darauffolgenden Pockenepidemie; im Gegensatz zu diixT 
zweifelhaften Erfolg verbürgt eine mit Pustelbildung einhergehende Impfung c* 
erworbene Immunität für längere Zeit. Bei Gefahr für Pockeninfektion ist at- 
Wiederholung der Revaccination der sicherste Weg. Sogar die natürliche Li 
empfänglichkeit ist keine konstante Eigenschaft, es kann dieselbe im spátt! 
Alter abklingen, wie auch bei anderweitigen Infektionskrankheiten bekannt i3. 
Sogar im Frühstadium der Inkubation der Pocken kann die Impfung noch e% 
günstige Einwirkung auf den Krankheitsprozeß auslösen, indem die Inkubativt: 
periode größer ist als die zur Immunisierung durch Impfung benötigte Zeitpeni&*. 
Unmittelbar nach der Pockenimpfung kann man anstandslos mit an Pocken ĉf- 
krankten Personen in Kontakt kommen. Zeehuisen (Utrecht). 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle maS 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an &t 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


657 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 











Nr. 37. Sonnabend, den 16. September 1916. 
Inhalt. 
F. Sebilling, Sialoadenitis submaxillaris et sublingualis. 
Referate: 1. Hamburger, Kuhpockenimpfung. — 2. Habetin, Komplementbindung bei 


Variola. — 3. Csernel, Furka, Gerlóczy u. Kaiser, Vaccinetherapie der Variola. — 4. Kuiper, 
Diagnostizierung der Pocken. — 5. Rumpel, Recurrens und Odeme. — 6. Peinär, Febris recurrens. 
— 7. Werner, 8. Brasceb, 9. His, 10. Hasenbalg, Fünftagelieber Febris wolhynica. — 11. Welt- 
mann, 12. Rösler, 13. Walko, 14. Kyrle und Morawetz, 15. Lipschütz, 16. Lőwy, 17. Bauer, 
18. v. Liebermann, 19. Caldwell, 20. Lipschütz, 21. Ceelen, 22. Munk, 23. Da Rocha-Lima, 
3L Kruschewsky, 25. v. Höffern, Fleckfieber. — 26. Percy, 308 Fälle von Abdominaltyphus bei 
Kındern. — 27. Marmorek, Experimenteller Typhus. — 23. Müller und Pick, Untersuchungen 
uber Typhusbazillen und Kleiderläuse. — 29. Eggebrecht, Mund-Typhusbazillenträger. — 
%. Fraenkel, Roseola typhosa und paratyphosa. — 31. Köhlisch, Typhus und Ruhr. — 33. Jacob, 
Kinisches Bild des Typhus im ersten und zweiten Kriegsjahr. — 33. Velel, 34. Riebold, 85. Honig, 
%. Fleckseder, 37. Byl, Schutzimpfung gegen Typhus. — 38. Hildebrandt, Urobilinurie bei 
Typhus abdominalis. — 89. Schemensky, 40. Brünn, 41. Fleckseder, 42. Gäthgens u. Becker, 


43. Neustadt und Marcovici, 44. Lucksch und Hever, 45. Svestka und Marek, Typhus- 
bebandlung. 





Sialoadenitis submaxillaris et sublingualis. 
Von 


Dr. F. Schilling in Leipzig. 


Vor Jahren habe ich! auf die rezidivierende Stomatits aph- 
thosa aufmerksam gemacht, welche sich bei Zahnreizen infolge 
kleiner Eiterherde und scharfer Kanten oder Ecken an Unterlippe, 
weniger Wange und Gaumen, in Abständen von Wochen oder Mo- 
naten einfindet, Spirochäten in größerer Zahl nachweisen läßt und 
bald nach Chinosolspülungen (1/2 0/,ig) schwindet. 

Heute möchte ich auf sich häufende Fälle von Entzündung der 
Unterzungen- und Unterkieferspeicheldrüse hinweisen, die mir in den 
letzten Monaten begegneten, während sie früher nie oder nur ver- 
einzelt bei Sialolithiasis beobachtet wurde, Auffallend war die lange 
Krankheitsdauer, welche sich über Wochen hinzog; nur langsam er- 
folgte Abschwellung und Schwinden der Infiltration, wenn es nicht 
zur Eiterung kam; bisweilen blieb wenig deutliche Härte zurück. 


1 Ztribl. f. inn. Med. Nr. 20. 1906. 


658 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


Die Patienten klagten über das Unvermögen, harte Speisen 
kauen zu können, Schmerzen am Mundboden und seitlich der Zunge 
zu verspüren oder, wo ein künstliches Gebiß getragen wurde, ge- 
zwungen zu sein, das Gebiß abzulegen, da der Druck nicht zu er- 
tragen sei. Einzelne wiesen auf einen Knoten am Unterkieferwink: 
hin, der äußerlich zu fühlen war und sich gegen den Mundboden 
verschieben ließ; mit geschwollenen Lymphdrüsen war er leicht zu 
verwechseln. Eine Frau gab an, schon vor einigen Wochen eine An- 
schwellung verspürt zu haben, dann sei sie vergangen, und jetzt 
habe sich eine weit größere bis in den Mund hinein eingestellt. Di: 
Glandula submaxillaris erkrankt allein, wo der Ductus Whartori- 
anus nicht mit dem Ductus Bartholinus vereint in der Caruncula 
sublingualis mündet, sondern einen eigenen Ausgang unter der Zungen- 
spitze neben dem Bändchen hat. Der geteilte Verlauf erinnert an 
das gleiche Vorkommen des Ductus pancreaticus und choledochus an 
der Papilla Vateri im Zwölffingerdarm, wie seinerzeit auf der Na- 
turforscherversammlung in Karlsbad 1902 v. Büngner? berichtete. 
Soweit nicht das Auge den Zusammenhang ermittelt, schafft da: 
bimanuelle Abtasten der Mundhöhle Klarheit; leicht kann man dic 
wurmartige, harte Anschwellung am Mundboden zur Seite der Zung: 
bis zum unteren Kieferwinkel und darüber hinaus verfolgen. Im 
entleerten Eiter der Fistel lassen sich Leukocyten und Staphylokox- 
ken neben Erythrocytenleicht nachweisen, auch Epithelien fehlen nicht. 

Der Ausgang der Entzündung wechselt. Entweder nimmt di 
Infiltration nach und nach ab, indem noch einzelne harte Steller. 
zurückbleiben, oder die Drüse bricht durch und Eiter fließt tage- 
lang ab, wobei sich gleichzeitig die Schmerzen mindern, oder ein 
Knoten von Haselnußgröße restiert, der als Speicheldrüsentums: 
imponiert. 

Über den Anlaß zu dem öfteren Auftreten der Sialoadenit: 
kann bei der heutigen Ernährungsweise kein Zweifel sein. Mag auci 
die Mundsäuberung hier und da mangelhaft sein, wo sie auch son:t 
zu wünschen übrig läßt, so habe ich aber auch bei Frauen, die sehr 
auf Mundtoilette achten, das gleiche Leiden gefunden. Traumen 
mögen den Ausbruch begünstigen, zu denen ich den Druck des 
künstlichen Gebisses bei harter Kost rechne; viel wichtiger ist die 
Infektion, welche durch die nicht so seltene Nahrungsmittelverfäl- 
schung und Nahrungsmittelverunreinigung bedingt wird. Die Sucht, 
Ersatzmittel für mangelnde Nahrungsmittel unter Erhöhung des Preises 
zu schaffen, führt auf Abwege. Überall, sowohl bei der Milch und 
Sahne wie bei dem Brote, der Wurst und den Marmeladen, die der 
Markt zuzeiten den Konsumenten für teures Geld anbietet, kommen 
Verfälschungen vor, oder die Surrogate waren verdächtigen Ursprungs. 


2 Deutsche med, Wochenschr. 1902. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 659 


Verfolgt man die sich hier abspielenden gerichtlichen Prozesse, so 
spielten nach Ermittelungen der chemischen Untersuchungsanstalt 
bei der Milch der Zusatz unsauberen Wassers aus dem Kuhstall 
oder der Tränke oder das Dichten rostiger Kannen mit Seife, Papier, 
Kleister und getragenen Unterrockstücken eine Rolle. Ein Gemisch 
von Milch, Quark und Essig wurde als Sahne offeriert. Fleckeier 
waren zu feiner Backware benutzt. Zur Brotbereitung waren Zu- 
sätze von Holz-, Stroh- und mineralhaltiger Streumasse (Gips, Kalk, 
Talkum) verwandt. Marmeladen enthielten Mus mit Mohrrübenbrei. 
Die Wurst war vielfach minderwertig. Die Leberwurst fiel in ihrem 
Aussehen, der grauen Farbe und in dem bitteren Geschmack auf; in 
den Leberpasteten fanden sich Mehlkleister, Milzteile und Kal- 
daunen vor. 

| Daß auch auf hämatogenem Wege Speicheldrüsenentzündung 
entsteht, ist bei den Parotitiden infolge von septischer Erkrankung, 
bei Abdominaltyphus und Diphtherie bekannt genug, doch kann in 
unseren Fällen von ähnlichen Ursachen keine Rede sein. Ebenso- 
wenig handelteessich um Lithiasis, auf welcheBrugsch undSchitten- 
helm® als Ursache für Entzündung und Abszedierung erneut auf- 
merksam machen. Sialodochitis allein sah ich nicht. Die Glandula 
submaxillaris wird öfters Sitz chronischer Entzündungsprozesse, 
leichte Nachschübe mehren sich hier nach Küster* mit Zurück- 
bleiben von entzündlichen Tumoren. Ich konstatierte auch chro- 
nische Induration der Unterzungenspeicheldrüse. 

Die Behandlung war anfangs rein antiphlogistisch, später kamen 
warme Einpackungen der oberen Halsgegend und häufige Bähungen 
der Mundhöhle mit warmem Kamillentee und Spülungen mit Bor- 
säurelösungen hinzu. Unangenehm wurde die Trockenheit des Mun- 
des, zumal in der Nacht, empfunden; hiergegen erwies sich Pilokar- 
pin 0,01, in wenig Wasser auf die Zunge getröpfelt, als wirksam. 
Nachträgliche Einreibungen mit Jodsalbe zur Beseitigung des Tu- 
mors brachten ebensowenig wie Stauung mit Gummisauggläschen 
eine wesentliche Abnahme des Volumens zustande. Sondierung des 
Drüsenganges von der Karunkel aus ist schwieriger als die der Trä- 
nenkanälchen. 





Referate. 


l. E. J. Hamburger. Einige Betrachtungen über die Praxis der 
Kuhpockenimpfung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 547—56.) 
Anläßlich der bei einem 6jährigen, seit dem Alter von 3 Monaten an Ekzem 
und Körperschwäche leidenden Kind vorliegenden Beschwerden gegen Vaccination 


3 Lehrbuch d. klin. Unters. (III). 
4 Wullstein u. Wilms, Lehrbuch d. Chir. 


377 


660 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


— der Hautausschlag war nach Meeresstrandaufenthalt nur vorübergehend geheilt 
worden —, befürwortet H. die sehr frühzeitige Impfung der Säuglinge. Nach 
dem heurigen niederländischen Gesetz hat der Arzt nur in denjenigen Fällen 
die Berechtigung zur Abgabe eines Antiimpfungsscheines, in welchen einer seiner 
Kollegen die Mitunterzeichnung desselben vornimmt. Bei sehr früher Kuhpocken- 
impfung sind einerseits die Beschwerden der Kinder äußerst gering, andererseit: 
wird bei frühzeitiger obligatorischer Impfung die Möglichkeit der Infektion ekzem- 
töser Schulkinder durch andere neulich vaccinierte pustelntragende Kinder sehr 
gering. Ein vom Verf. (und Ref.) notwendig erachteter Impfzwang wäre das einzig: 
richtige präventive Mittel gegen die Gefahren der zu spät vorgenommenen Impfurg. 
Zeehuisen (Utrecht). 


2. Habetin. Komplementbindung bei Variola. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 22.) 

Das Serum von Blatternkranken zeigt bei Verwendung von Extrakten au: 
Blatternborken als Antigen Hemmung der Hämolyse. Die komplementbindend:n 
Antikörper sind im Initialstadium der Krankheit nur in geringer Menge vorhand:r 
und treten erst im Verlaufe der Krankheit in stärkerem Maße auf. Gegen das 
letale Ende der Krankheit scheint der Antikörpergehalt des Serums abzunehmen. 
Auch nach Vaccination lassen sich komplementbindende Antikörper nachweisen, 
jedoch erst Wochen nach der Vaccination, und es scheint ihnen ein Einfluß ani 
das Zustandekommen der Revaccinationsformen zuzukommen. Die diagnostisch: 
Verwertung der Reaktion wird bedeutend eingeschränkt einerseits durch da: 
relativ späte Auftreten genügender Antikörpermengen und andererseits durch 
das Auftreten von Komplementbindung auch nach Vaccination. 

Seifert (Würzburg). 


3. Csernel, Furka, Gerlöezy und Kaiser. Über die Vaccine- 
therapie der Variola. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 
Eine in besonderer Weise zubereitete Kalbsiymphe, wobei besonders darau‘ 
geachtet wurde, daß sie vollständig frei war von Kokken, bereitete bei Variola- 
kranken, subkutan oder intravenös gegeben, keinerlei Unannehmlichkeiten; nach der 
Vaccination zeigte sich weder eine lokale, noch eine allgemeine Reaktion. Durch 
die Impfung wurde der Ablauf der Variola verkürzt. Bei stark verfallenen Kranken, 
bei welchen die Vaccinewirkung infolge Zeitmangels sich nicht entwickeln kann, 
ist die Impfung erfolglos, ohne daß jedweder schädliche Einfluß konstatierbar wäre. 
Seifert (Würzburg). 


4. J. Kuiper. Über die Diagnostizierung der Pocken. (Neder. 

Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 336—89.) 

Der Vorstand des Wilhelminakrankenhauses zu Amsterdam liefert einiz: 
Ausführungen über die mit der Diagnose Pocken und Varizellen in die Anst 
aufgenommenen Pat. Es stellte sich in der Mehrzahl der Fälle heraus, daß dr 
betreffende pockenverdächtige Pat. Varizellen (sogar mitunter Masern oder Lues) 
hatte; in einer Minderzahl der Fälle traf das entgegengesetzte Verhalten zu. Als 
einziger wesentlicher Unterschied zwischen Variola und Varizellen gilt für K. 
stets die Zeitdifferenz zwischen dem Augenblick des Auftretens der Erkrankurz 
und desjenigen des Exanthems. Der Varizellenkranke hat keine Krankheits- 
tage — höchstens 24 Stunden — zwischen dem Zeitpunkt des Unwohlseins und 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 661 


demjenigen des Ausbruchs des charakteristischen Exanthems. Bei dem — stets 
plötzlich ernstlich erkrankenden — Variolakranken liegt zwischen diesen beiden 
Erscheinungen eine wenigstens 3 Tage dauernde, mit oder ohne »Rash« einher- 
gehende Fieberperiode. Sogar wenn der Pat. erst einige Tage nach dem Auftreten 
des Exanthems eingeliefert wird, spricht die Kombination einer älteren, mit zen- 
tralen Dellen vergesellschafteten Bläscheneruption neben den neueren Papeln 
und Bläschen zugunsten der Varizellendiagnose. Selbstverständlich geht die 
Feststellung der Varioloisdiagnose mit den größeren Schwierigkeiten einher; 
sogar die Zahl der Bläschen bleibt in manchen Fällen unterhalb derjenigen bei 
Varizellen, im ganzen mehrmals unterhalb 25. Das Auftreten eines zweiten Falles 
in der Umgebung des eingelieferten Kranken klärt im Zweifelfalle die Sachlage 
zugunsten der Variolois auf. i Zeehuisen (Utrecht). 


5. Rumpel. Recurrens und Ödeme. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 18.) 
Den Zusammenhang zwischen Ödemen und Recurrens zu leugnen, ist für 
einen Kenner der einschlägigen Literatur unmöglich. Es sprechen für ihn zwin- 
gende, festgestellte Tatsachen. Reckzeh (Berlin). 


6. J. Pelnär. Febris recurrens. (Casopis lékaruv ceskych 1915. S. 1531.) 
Das in der Literatur gezeichnete Bild der Febris recurrens ist nur eine 
der zahlreichen Formen, die diese Krankheit bietet, vielleicht die reinste. In der 
großen Mehrzahl der Fälle ist jedoch weder das Bild der Anfälle, noch deren Reihen- 
folge so rein und regelmäßig. Der Autor sah Fälle mit Anfällen, die über eine 
Woche dauerten, die Iytisch endeten, ferner ganz kurze Anfälle mit niedriger 
Temperatur. Speziell die Rezidive bieten Unregelmäßigkeiten bezüglich der 
Höhe des Fiebers und seiner Dauer. Die Pausen waren nicht immer zunehmend 
länger, sondern ganz unregelmäßig; er sah akkumulierte Anfälle, Relapse, akku- 
mulierte Relapse und als Äquivalente der Anfälle Perioden mehrtägiger subfebriler 
Temperatursteigerungen. Dagegen sah er nie subikterische Veränderungen, 
Nierenstörungen, biliöse oder hämorrhagische Formen, nur einmal kleine Pet- 
echien, aber bei einem Falle mit auffallender Euphorie; nie sah er Ödeme in der 
Rekonvaleszenz oder hydrämische Anfälle oder dysenterische Bilder. Komplika- 
tionen kamen bis auf Bronchitis selten vor; einmal Parotitis (unter 50 Fällen); 
Gelenkschmerzen (Eggebrecht) sah er nicht, wohl aber bei 2 Fällen eine schmerz- 
hafte Anschwellung des Metatarsophalangealgelenks der großen Zehe nach Art 
eines Gichtanfalls bei jungen Männern, die nie an Gicht gelitten hatten. Ein Pat. 
bekam bei Muskelbewegungen tonische Muskelkrämpfe nach Art der Myotonie. — 
Die Prognose der Krankheit ist gut; Autor verlor nur 2 Fälle; doch erholten sich 
alle Kranken nur sehr langsam. Mit Salvarsan konnte er nur 4 Fälle während 
des ersten Rezidivs behandeln; stets sank die Temperatur, aber nicht immer zur 
Apyrexie. — Die Febris recurrens ist in ihrem akuten und wahrscheinlich auch 
im eventuellen chronischen Stadium eine viel mannigfaltigere Krankheit als man 
bisher geglaubt hat. G. Mühlstein (Prag). 


662 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


7. Werner. Über rekurrierendes Fieber (Recurrens?) mit Fünf- 
tageturnus, Fünftagefieber, aus dem Osten. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 


Das Fieber ist charakterisiert durch mehrere (bis 7) in Abständen von 5 zu 
5 Tagen aufeinanderfolgende Temperaturzacken. Seltener beträgt der Abstand 
von Zacke zu Zacke 6 Tage. Die einzelne Zacke hat eine Basis von etwa 24 Stunden 
und erhebt sich zu einer Höhe von 33—40° C. Bisweilen ist die Basis der Zacken 
verbreitert bis zu 48stündiger Dauer. Während der 3—Atägigen Zeit zwischen 
den Fieberanfällen ist die Temperatur regelrecht. Nachdem mehrere solche Fälk 
aufeinander gefolgt sind, bleibt die Temperatursteigerung aus, und die Kranken 
treten in die Rekonvaleszenz ein. Subjektiv klagen die Pat. über große Mattig- 
keit, zum Teil auch Angstgefühl, Kopfschmerz, Milzschmerz und Reißen in den 
Knochen, besonders dem Schienbein. Dem den Temperaturanstieg begleitenden 
Frost folgt ein Hitze- und diesem ein Schweißstadium, ähnlich wie beim Malaria- 
anfall. Milzvergrößerung ist in den meisten Fällen durch Palpation nachweisbar, 
doch hat es den Anschein, als ginge die Schwellung in der anfallsfreien Zeit fast 
völlig zurück. Die Kranken sehen während der Anfälle fieberrot, in der fieber- 
freien Zeit blaß aus. Bisweilen besteht leichter Ikterus. Charakteristisch sind 
die Gliederschmerzen, welche während der Anfälle sich steigern, aber auch in der 
fieberfreien Zeit nicht ganz verschwinden. Im übrigen sind schwerere Veränce- 
rungen in der Funktion der lebenswichtigen inneren Organe nicht nachweisbar. 

Reckzeh (Berlin). 


8. Brasch (München). Zur Kenntnis des „wolhynischen Fiebers“ 
(Fünftagefiebers). (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 
Ganz unbestimmte Prodromalerscheinungen pflegten dem ersten Fieberanfall 

um kurze Zeit vorauszugehen. Sie bestanden in leichter allgemeiner Müdigkeit, 

Kreuz- und Gelenkschmerzen und Ziehen in oberen und unteren Extremitäten. 

Schon bei Beginn des Anfalles zeigte sich die Milz in der Mehrzahl der Fälle per- 

kutorisch vergrößert, auf der Höhe des Anfalles wurde sie deutlich palpabel und 

zeigte mitunter bedeutende Größenzunahme in bezug auf Höhen- und Längen- 
durchmesser. Magen- und Darmstörungen traten nur bei wenigen auf, Erbrechen 
oder Durchfall wurde nur vereinzelt beobachtet. Bemerkenswerterweise war auci 
bei höheren Fiebersteigerungen der Appetit nicht oder nur unwesentlich gestört. 

Von seiten der Haut war am auffallendsten das Auftreten von Roseola während 

des Fieberanfalls. Während des Anfalls stieg die Leukocytenzahl fast regelmäßis. 

Der mit diesen Erscheinungen auftretende Fieberanfall blieb meist nur wenige, 

selten 12—24 Stunden bestehen und ging dann kritisch oder Iytisch zur normalen 

Temperatur zurück, unter Abnahme oder Schwinden seiner Begleiterscheinungen. 

Prognostisch ist die Erkrankung günstig zu beurteilen. Die gebräuchlichsten 

Antipyretika blieben ohne jede erkennbare Wirkung, nur vorübergehend beein- 

flußten sie die Schmerzen in den Extremitäten etwas. Chinin und auch Optochin 

waren ohne jeden nachhaltigen Einfluß. Sehr gute Wirkung scheint das Sal- 
varsan zu haben. Reckzeh (Berlin). 


9. His. Über eine neue periodische Fiebererkrankung (Febris 
Wolhynica). (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 27.) 
Die Anfälle setzen ohne vorausgegangene Prodrome mit rascher Temperatur- 
Steigerung ein, die in einigen Stunden 39—40° erreicht. Die Kranken fühlen sich 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 663 


außerordentlich matt, wie zerschlagen, und klagen über Schmerzen in Kopf, Kreuz 
und Gliedern, die namentlich in den Waden und Schienbeinen sehr quälend sein 
können. Oft ist die befallene Muskulatur auf Druck sehr empfindlich. Erbrechen 
und Durchfall wird zuweilen beobachtet. Die Milz ist fast immer vergrößert, 
manchmal tastbar, zuweilen schmerzhaft. Leberschwellung wurde in einem 
Falle festgestellt. Die Beschwerden dauern so lange als das Fieber, 24 bis 36, 
seltener 48 Stunden; dann tritt unter sehr starken Schweißen Entfieberung und 
völliges Wohlbefinden ein. Das Intervall, vom Fieberfall bis zum nächsten An- 
stieg gemessen, beträgt meist 5 Tage, zuweilen auch 3, 4, 6, 7 Tage. Ein spezifisch 
wirkendes Heilmittel ist bisher nicht gefunden. Reckzeh (Berlin). 


10. Hasenbalg. Über die sog. Febris wolhynica. (Münchener med. 

Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Das Eigenartige an der Erkrankung ist, daß außer dem periodisch wieder- 
kehrenden Fieber und den Schmerzen keinerlei andere Krankheitserscheinungen 
sich zeigen. Störungen am Herzen, an den Atmungsorganen und Nieren wurden 
nicht beobachtet, auch keine Milzschwellung. Reckzeh (Berlin). 


11. Weltmann. Die Trübungsreaktion nebst Beobachtungen über 
die Widal- und Weil’sche Reaktion bei Fleckfieber. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 

Die Trübungsreaktion hat bei der serologischen Fleckfieberdiagnose wesent- 
"liche Dienste geleistet, ob ihr eine absolute Beweiskraft zukommt, vermag Verf. 
nicht zu entscheiden, da die Zahl der Kontrolluntersuchungen verhältnismäßig 
gering ist und die Reaktion selbst nur auf eine graduelle Abstufung eines bei den 
meisten Seren zu beobachtendes Phänomen Bedacht nimmt. Möglicherweise hängt 
ihr Auftreten mit der Rückbildung der von verschiedenen Autoren beschriebenen 
Gefäßveränderungen in den Hauteffloreszenzen zusammen. 

l Seifert (Würzburg). 


12. Rösler. Die Autoserumtherapie bei Fleckfieber. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 

Bei den Autoseruminjektionen konnte stets ein profuser Schweißausbruch, 
der 4 bis 6 Stunden nach der Injektion auftrat, konstatiert werden, sowie eine 
deutliche Besserung des subjektiven Befindens. Die Apathie wich schon nach 
der ersten Injektion, die Kranken reagierten auf Anruf und gaben prompte Ant- 
wort. Neben dieser Behandlung wurde nur eine leichte Hydrotherapie (Prießnitz- 
Packungen) angewendet, Antipyretika kamen überhaupt nicht zur Verwendung. 

Seifert (Würzburg). 


13. Walko. Über Fleckfieber und hämorrhagischen Typhus. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Der hämorrhagische Typhus gleicht oft völlig in seinem klinischen Bilde dem 
des Flecktyphus. Die Agglutinationsprüfung leistet betreffs Differentialdiagnose 
sehr gute Dienste, allerdings muß sie in regelmäßigen Zwischenräumen wiederholt 
werden. Abgesehen von der Agglutinationssteigerung wird ein hoher Agglutina- 
tionstiter immer mehr für als gegen einen Typhus sprechen. Als praktisch wert- 


664 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


volles Mittel in der Differentialdiagnose zwischen Typhus und Fleckfieber 
erwies sich das Verhalten der Leukocyten, beim Typhus die Leukopenie mit 
relativer Lymphocytose, beim Fleckfieber die Leukocytose von 8000 bis 140, 
wobei hauptsächlich die polymorphkernigen Leukocyten vermehrt sind. Das 
beste Prophylaktikum gegen Fleckfieber ist die Entlausung, Formazin eignet 
sich auch zur Entlausung der Wäsche und Kleider am Körper selbst, was für die 
Front von Wert ist. Seifert (Würzburg). 


14. Kyrle und Morawetz. Weiterer Beitrag zur Frage der »papulo- 
nekrotischen Umwandlung« des Fleckfieberexanthems. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 

Für die Beurteilung der Frage, welche Umstände für das Auftreten vos 
papulös-nekrotischer Umwandlung einer Fleckfieberroseola mit maßgebend seien, 
werden aus der Beobachtung und Untersuchung zweier einschlägiger Fälle zwei 
Punkte als wichtig bezeichnet. Einmal die Tatsache, daß es sich in klinischer 
Hinsicht bei den beiden Fällen um Fleckfieberformen gehandelt hat, die von 
Beginn an die schwersten Krankheitssymptome dargeboten haben, und zweiters, 
daß die anatomischen Läsionen im Bereiche der Roseola an Intensität erst allmäh- 
lich derart zugenommen haben, daß schließlich so beträchtliche Gewebsreaktionen 
erfolgten, daß hierdurch das klinische Bild von papulo-nekrotisierenden Effi 
reszenzen bedingt wurde. Seifert (Würzburg). 


15. Lipschütz. Klinische und mikroskopische Untersuchungen 

über Fleckfieber. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Die Fieberkurve bei Fleckfieber ist als eine hohe Kontinua zu bezeichner. 
der ein mehrtägiges (3—5 Tage betragendes), oft hohes Initialfieber vorangeh:, 
beide durch eine charakteristische »Senkungszacke« getrennt. In einzelnen Fäll 
findet sich ein dem typisch ausgeprägten Exanthem vorauseilendes »Vorexanthen.. 
Über die Natur und Bedeutung der Prowazek’schen Körperchen erscheint es 
heute verfrüht, eine bestimmte Aussage zu machen. 

Seifert (Würzburg). 


16. Löwy. Hautveränderungen bei Meerschweinchenflecktyphus. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Das Fleckfiebervirus ist auf Meerschweinchen durch intraperitoneale Bist- 
injektion vom fiebernden Kranken übertragbar und läßt sich weiter von Tier zu 
Tier fortzüchten. Nach einer bestimmten Inkubationszeit tritt beim kranken 
Tier Fieber auf, das einige Tage anhält, um dann Iytisch oder kritisch abzufalien. 
Der bis jetzt unbekannte Erreger macht oft in verschiedenen Organen Verändt- 
rungen in Form von Milz- und Drüsenschwellungen, Blutungen (Lunge, Harn- 
blase), wie sie auch bei der menschlichen Erkrankung vorkommen können. Aut! 
in der Haut kommen Veränderungen zustande, und zwar in Form von Roseoien, 
die erst nach Abpräparation der Haut sichtbar werden. Das makroskopische und 
mikroskopische Aussehen der Roseolen gleicht im großen und ganzen der mensch- 
lichen Flecktyphusroseole. Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 665 


17. Bauer. Zur Anatomie und Histologie des Flecktyphus. (Mün- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Die von Fraenkel im Corium gefundenen Veränderungen an und um den 
kleineren Arterien, ließen sich in allen Organen nachweisen. Die beschriebene Er- 
krankung der kleinen Arterien scheint für den Flecktyphus spezifisch zu sein. 

Reckzeh (Berlin). 


18. v. Liebermann. Über die Behandlung des Flecktyphus mit 
der Lumbalpunktion. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 
Aus dem Geschilderten ist ersichtlich, daß man nur bei ganz besonders im 

Vordergrunde stehenden Zerebralsymptomen viel von der Punktion erwarten 

kann. Reckzeh (Berlin). 


19. B. W. Caldwell. Die Fleckfieberepidemie auf dem Balkan und 
in den europäischen Gefangenenlagern. (Journ. amer. med. assoc. 

Bd. LXVI. Nr. 5. S. 326.) 

Die serbische Epidemie von Dezember 1914 bis Ende Juli 1915 war im Ver- 
hältnis zu Landesgröße und Volkszahl die ernsteste jemals in Europa. Unver- 
zeihliche Gleichgültigkeit der Zivil- und Militärbehörden und ein geradezu ver- 
brecherischer Mangel an Fürsorge machte sie dazu. Zahlen anzugeben ist un- 
möglich, da der Heeresbericht die Zivilbevölkerung nicht einbegreift, geschweige 
denn die fern von jedem Arzt Umgekommenen. Es erkrankte vielleicht jeder 
Fünfte und starben 135 000 Menschen, einschließlich 30 000 österreichische Ge- 
fangene. Kein Winkel des Landes blieb verschont. Die serbischen Ärzte warfen 
die Begriffe Typhus, Malaria, Rückfallfieber, Fleckfieber völlig durcheinander. 
Eine Welt von Unwissenheit und Sorglosigkeit verbarg sich hinter der Diagnose 
»Typhus«. 

Entlausung, Warmwetter und Sonnenschein steuern der Epidemie besser 
als Arzneien. Die Inkubationszeit beträgt 14 Tage. Die 5 Tage der eruptiven 
Periode sind die ansteckendsten. Vorwiegend werden erwachsene männliche 
Personen befallen, zum Teil sicher nur wegen der größeren Reinlichkeit bei den 
Frauen. Nach den Eindrücken des Verf.s in Monastir und Belgrad läßt sich eine 
Ansteckung bei geeigneten Maßnahmen mit Sicherheit verhüten. 

Von den 340 serbischen Ärzten bei Kriegsbeginn erlagen 160 der Krankheit, 
überarbeitet und erschöpft, heldenhaft aushaltend.. Von den amerikanischen 
Ärzten starben 5. In einer Abteilung des Roten Kreuzes erkrankten von 14 Pflege- 
rinnen 11. Serbien war ein idealer Boden für die schon im Balkankrieg einge- 
schleppte Seuche. Elende hygienische Verhältnisse, dazu 70 000 österrichische 
Kriegsgefangene. Ein Teil Serbisch-Mazedoniens hatte für 250 000 Einwohner 
8 Ärzte gehabt, die sämtlich zu Heeresdiensten eingezogen wurden. Das Volk 
verzweifelte. Im April sandte Amerika, England, Frankreich und Rußland Hilfe, 
gerade zur richtigen Jahreszeit. Amerika übernahm von den vier Teilen des Landes 
den südlichen, ziemlich die Hälfte des Landes umfassend, mit vielen größeren 
und wichtigeren Städten. Am 1. Mai waren in Üsküb 3000, in Veles 1500, in 
Prizren 1000, in Pristina 1000, in Monastir 2000 Fälle, am 1. August in allen zu- 
sammen kaum 12. 

Von den Nachbarländern schützten sich Ungarn, Rumänien und Bulgarien 
mit Erfolg. Und selbst Saloniki mit 200 000 Einwohnern und 40 000 Flüchtlingen 


€66 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


und einem nach Hunderttausenden zählenden Durchgangsverkehr wies nur 
200 Fälle auf, dank der Energie der griechischen Regierung. 

Deutschland mit über 2 Millionen Kriegsgefangenen und Lagern bis zu 
125 000 Mann, konnte nur in zwei Lagern die Seuche nicht völlig unterdrücken. 
Der Neuaufgenommene wird mit Kresolseife und Wasser, danach mit Kerosen 
gereinigt, die Wäsche mit Dampf von 135° C 20 Minuten lang. Bewundernswert 
ist die Sorgfalt und der Fleiß der Behörden sowohl in den Gefangenenlagern wie 
in dem Seuchenschutz an der östlichen Front. 

Der Wert des Serums von Nicolle oder des Plotz-Vaccins für die Behand- 
lung des Fleckfiebers ist zweifelhaft. Meinhof (Halle a. S.). 


20. Lipschütz. Über die »hämorrhagische Hautreaktion« bei 

Fleckfieber. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Soweit die bisherigen Untersuchungen zeigen, klingt die hämorrhagisci 
Reaktionsfähigkeit der Haut bei Fleckfieberkranken parallel mit der Infektion 
ab, jedoch konnte in einem Fall etwa 10 Tage nach abgelaufenem Fleckfieber 
bei einem an sich wiederholender Lobulärpneumonien leidenden Kranken noch 
eine besonders auffallende Reaktionsfähigkeit der Haut nachgewiesen werdes, 
hier genügten schon Kratzeffekte oder Ritzen der Haut mit der Nadel, um strich- 
förmiges Auftreten von Hämorrhagien auszulösen. Das Auftreten dieser Re- 
aktion ist zweifellos in der besonderen Schädigung und Brüchigkeit der kleinen 
Hautgefäße bei Fleckfieber gelegen, dazu kommt höchstwahrscheinlich noch cin 
herabgesetztes Blutgerinnungsvermögen der Fleckfieberkranken. Möglicherwei: 
kommt dieser Reaktion auch eine diagnostische Bedeutung zu. 

Seifert (Würzburg). 


21. Ceelen. Histologische Befunde bei Fleckfieber. (Berliner klir. 
Wochenschrift 1916. Nr. 20.) 

Wir sehen aus den pathologischen Befunden, daß es sich gar nicht um ein: 
Fleckenkrankheit handelt, sondern im engeren Sinne um eine Knötchenkrankkit. 
und zwar um eine Knötchenkrankheit, die an den Blutgefäßen sitzt, und für di: 
die Haut und das Zentralnervensystem eine ganz besondere Disposition zeige. 
Die Knötchen sind nur selten makroskopisch sichtbar. In der Hauptsache siza 
es nur mikroskopisch nachweisbare Gebilde, und erst die Folge dieser Knötchen- 
bildung sind die Flecken und die Petechien. Es handelt sich also ätiologisch v: 
dem Fleckfieber um ein Gift, das offenbar ein schweres Gefäß-, vielleicht spez?" 
Endothelgift ist, und das im Blute kreist. Reckzeh (Berlin). 


22. Munk (Berlin). Klinische Studien beim Fleckfieber. (Berti: 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 20.) 

Außer den Krankheitserscheinungen, welche durch den Infekt als solchen, 
ähnlich wie bei allen akuten Infektionskrankheiten, bedingt sind, stehen di: 
Störungen im Kreislaufsystem sowie im Zentralnervensystem im Vordergrunk 
des Krankheitsbildes bei allen schwereren Fällen von Fleckfieber. Die Kreislauf 
störungen kennzeichnen sich hauptsächlich durch die niedrigen Blutdruckwert:, 
die in leichteren Fällen während der Krankheit 90 bis 100, in schwereren abt 
bis zu 60 mm Hg und darunter betragen. Gegen Ende der ersten Woche machen 
sich in allen schweren Fällen Delirien geltend. Die Kranken sind von Wahn- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 667 


vorstellungen und Halluzinationen behaftet. Es besteht auch eine gewisse moto- 
rische Unruhe, ähnlich wie beim Delirium tremens, mit dem der Zustand große 
Ähnlichkeit hat. Die Dauer der Krankheit ist nicht durch das Fieberstadium, 
sondern durch den Verlauf der Rekonvaleszenz, durch das Hervortreten der Gefäß- 
iabilität und der Komplikationen bedingt. Die Prognose ist bei frühzeitig auf- 
tretenden starken Nervenerscheinungen stets ernst, ebenso in den anscheinend 
toxischen Formen der Krankheit. Reckzeh (Berlin). 


23. H. da Rocha-Lima. Zur Atiologie des Fleckfiebers. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 21.) 

Als einziges charakteristisches Merkmal der »Rickettsia Prowazekii« ist 
:instweilen ihr Vermögen, in die Zellen des Magen-Darmkanals der Laus einzu- 
dringen und sich dort lebhaft zu vermehren, anzusehen. Es können infolgedessen 
ähnlich aussehende Organismen nur dann mit Sicherheit als Rickettsien identi- 
iiziert werden, wenn außer den morphologischen Merkmalen auch jene Eigenschaft 
nachgewiesen wird. Dieses Postulat gilt in erster Linie für alle Untersuchungen, 
de zur Aufklärung irgendeiner grundlegenden Frage unternommen werden. 

Reckzeh (Berlin). 


24. Kruschewsky. Fleckfieberbehandlung in einem Feldlazarett 
während des Winters. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 
Auch der Verlauf des Fleckfiebers richtet sich nach der Konstitution und 
ier Schwere der Infektion des Kranken; bei einer Gesamtmortalität von etwa 
15%/,°, der hier zur Übersicht Gebrachten übersteht aber tröstlicherweise die 
Reihe der älteren Jahrgänge die Krankheit besser wie die jüngeren. 
Reckzeh (Berlin). 


25. v. Höffern. Beobachtungen über Fleckfieber. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Als Hauptsymptome des Fleckfiebers haben zu gelten: 1) Ein 5 bis 8 Tage 
andauerndes Fieber zwischen 39—40°, 2) frühzeitiges Auftreten des Exanthems, 
3)schwere Prostration mit Delirien im Stadium der Höhe der Erkrankung, 4) rasche 
Rekonvaleszenz nach der Entfieberung, 5) Schuppung. Jeder Fleckfieberkranke 
schuppt nach der Entfieberung, Hauptsitz der Schuppung ist das Abdomen. Die 
Schuppung ist kleienförmig, beginnt 3—6 Tage nach der Entfieberung, ist mit 
Jucken verbunden und hält verschieden lange an. 

Seifert (Würzburg). 


26. K. G. Percy. Analysis of 308 cases of typhoid fever in 
children with statistical literature. (Boston med. surg. journ. 1915. 
Vol. CLXXIII. S. 565.) 

Im Kinderhospital in Boston wurden seit 1913 308 Fälle von Abdominal- 
typhus behandelt ; nur 5 Kinder befanden sich im Alter unter 2 Jahren; 95 zwischen 
2—5 Jahren, 200 zwischen 6 und 12 Jahren. Die Milz war vergrößert bei 71%. 
Roseola fand sich bei 61%, positiver Widal bei 88% ; weiße Blutkörperchen unter 
10 000 bei 73%,. Das Fieber dauerte im Mittel 25 Tage, Rückfälle kamen bei 12%, 
vor, die Mortalität betrug etwas über 5%. Intestinale Blutungen und Darm- 
Perforationen waren selten. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


668 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


27. Marmorek. Experimenteller Typhus. (Wiener klin. Wochenschrit 

1916. Nr. 12.) 

Durch Einspritzungen von Typhusbazillen in die Gallenblase von Meer- 
schweinchen wurde ein einheitliches, dem menschlichen Bauchtyphus zum mir- 
desten sehr ähnliches Krankheitsbild erzeugt: Kurzes Inkubationsstadium v: 
Ausbruch des ziemlich regelmäßigen, kontinuierlichen Fiebers, allgemeine Über- 
schwemmung der Organe durch die Bazillen, entzündliche Veränderungen im 
Dünndarm, sowohl makro- wie auch mikroskopischer Natur, Vergrößerung 
der Milz, starke Schwellung der Mesenterialdrüsen. Die Tiere wurden sowin. 
durch Galle wie Harn Dauerausscheider. Es ist weiter gelungen, planmäf:g 
sowohl schwere wie leichtere Erkrankungen zu erzeugen, sowohl mit tödlicher: 
Ausgang als auch mit einem solchen in Heilung. Seifert (Würzburg). 


28. Müller und Pick. Experimentelle Untersuchungen über Typhus- 

bazillen und Kleiderläuse. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 14 

Es gelang, aus dem Darminhalt fast sämtlicher Läuse, die an infiziert:r 
Meerschweinchen gesogen hatten, Typhusbazillen zu züchten, und zwar sow:n 
von lebenden als auch bereits abgestorbenen Läusen. Letztere erwiesen sich n«© 
l bis 3 Tage nach dem Tode als infektiös. In einigen Fällen wurden auch aus de‘ 
Fäces der zu diesen Versuchen verwendeten Kleiderläuse Typhusbazillen gė- 
züchtet. 

Diese Versuche können von einer gewissen Bedeutung für die Frage &: 
Übertragung von Typhusbazillen durch Kleiderläuse sein. 

Seifert (Würzburg). 


29. Eggebrecht. Mund-Typhusbazillenträger. (Münchener med. Wocher- 
schrift 1916. Nr. 11.) 
Die Bedeutung des häufigen Vorkommens von -Typhuserregern in der Munc- 
höhle bei Geheilten und scheinbar Gesunden ließ sich durch Untersuchur£er. 
erhärten. Reckzeh (Berlin). 


30. Fraenkel. Über Roseola typhosa und paratyphosa. (München: 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Es hat sich gezeigt, daß mit dem Schwinden der Krankheitserreger aus &' 
Roseole auch die vorher vergrößerten, fixen Gewebszellen abschwellen und, zu- 
sammen mit der Resorption vorher regressiv veränderer und zerfallener, zell::? 
Elemente die Rückbildung zur Norm einleiten. Reckzeh (Berlin). 


31. Köhlisch. Über die Beziehungen zwischen Typhus, Pars- 
typhus, Ruhr, fieberhaftem und fieberlosem Darmkatarrı. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 

Es scheinen Umwandlungen möglich zu sein, die vielleicht auch die mancher: 
Beziehungen zwischen Ruhr-, Coli-, Typhus- und Paratyphusbazillen zu erklart: 
vermögen. Das Studium der Bakterienvariabilität kann gefördert werden nich 
nur durch die Methode der Einzelkultur, sondern auch durch die Methode vef- 
gleichender Massenuntersuchungen, bei der wir 1) denselben Bakterienstamm ir 
zahlreichen Kulturen unter gleiche Bedingungen bringen, 2) dieselbe Kultur untv! 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 669 


viele verschiedene Bedingungen, 3) verschiedene Kulturen unter dieselben Be- 
dingungen, Reckzeh (Berlin). 


32. Jacob (Würzburg). Das klinische Bild des Typhus im ersten 
und zweiten Kriegsjahr. — Ist ein Einfluß der Typhusschutz- 
impfung erkennbar? (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 
Bei den Beobachtungen der ersten Periode handelt es sich um überwiegend 

schwere Fälle mit den ausgeprägten klinischen Symptomen des Typhus, hoher, 

oft lang dauernder Kontinua mit ziemlich zahlreichen Rezidiven, häufigen und 
schweren Komplikationen. Die Mehrzahl der Kranken war- gar nicht oder erst 
in der Inkubation und Krankheit geimpft; nur bei einer Minderzahl konnte man 
zenügenden Impfschutz annehmen. Bei dieser letzteren Gruppe schienen die 
ieichten Fälle etwas häufiger zu sein. Es behält die Gruber-Widal-Reaktion 
bei einer recht großen Anzahl von Kranken ihren diagnostischen Wert, ja derselbe 
erhöht sich foch dadurch, daß das klinische Bild der Diagnose so große Schwierig- 
keit bietet und daß die Züchtung der Bakterien aus Blut oder Stuhl so häufig 
negativ ausfällt. Es ist der klinische Verlauf doch nicht ganz gleichzusetzen dem, 
was man aus früheren Epidemien als Typhus levissimus kannte, und man kannte 
auch weiterhin nicht ein solch auffallendes Überwiegen dieser leichten Fälle, so 
daß geradezu der Charakter der Krankheit durch sie bestimmt wird. 

Reckzeh (Berlin). 


33. Veiel. Zur Wertung der Schutzimpfung gegen Typhus ab- 

dominalis. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 

Im Winter 1914/15 wurden 60 Typhusfälle, darunter 10 Geimpfte, beobachtet. 
Die Geimpften waren fast alle nur 1- oder 2mal geimpft. 23,3%, starben, zahlreiche 
Komplikationen traten auf, darunter 10 schwere Delirien. Im Herbst 1915 dagegen 
28 Typhusfälle, alle mehrfach geimpft. Kein einziger starb, kein Delirium und 
nur eine einzige Komplikation wurden festgestellt. Die mehrfach wiederholte 
Impfung erscheint als das ausschlaggebende Moment. Reckzeh (Berlin). 


34. Riebold. Über die Gruber-Widal’sche Reaktion bei Typhus- 
geimpften und ihren diagnostischen Wert. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 

Unter der Voraussetzung, daß eine Typhusschutzimpfung wenigstens 2 bis 
2!/, Monate zurückliegt, kann ein während einer typhusverdächtigen Krankheit 
beobachtetes Ansteigen eines niedrigen Agglutinationstiters auf höhere Werte 
(1 : 500 bis 1 : 1000) und längeres Verharren auf denselben für die Typhusdiagnose 
verwertet werden, während eine nur einmalige Feststellung eines noch so hohen 
Agglutinationstiters erst dann einige diagnostische Beweiskraft beanspruchen 
kann, wenn die Schutzimpfung wenigstens 10 Monate zurückliegt. 

Reckzeh (Berlin). 


35. J. G. A. Honig. Liegt die Notwendigkeit der Aufnahme schär- 
ferer Verordnungen hinsichtlich der Febris typhoidea im 
Seuchengesetz vor? (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S.2192—9.) 
Die interessante Epidemiologie des Grenzorts Zevenaar von Dezember 1914 

bis August 1915 führt Verf. zur Empfehlung schleunigster Aufnahme jeglicher 

Typhuskranken in Isolierkrankenhäusern; die Notwendigkeit derselben wird nicht 


670 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


nur für die Kontaktinfektionen, sondern ebenso für die durch Boden- und Wasser- 
infektion erkrankten Pat. dargetan. Nebenbei sollen auch die Insassen der tw- 
treffenden Wohnungen — in dieser Epidemie erfolgten mehrere Fälle in be- 
stimmten Intervallen in derselben Wohnung — ärztlich überwacht werden, inden 
vor allem in Großstädten die Berührungsmöglichkeiten zahlreich und unentwirrhz: 
sein können. — Die niederländischen Gesetze sollen in dieser Beziehung, vor 
allem also was die infizierten Wohnungen anbelangt, auch in Friedenszeiten mehr 
freiheitbeschränkend sein. Zeehuisen (Utrecht). 


36. Fleckseder. Ausschwemmung von Typhusagglutininen durch 

Fieber verschiedener Herkunft. (Wiener klin. Wochenschrift 1315. 

Nr. 21.) 

Durch verschiedene Infektionen, z. B. mit Streptokokken, Influenzabazilkı, 
Stäbchen der Dysenterie- und Typhusgruppe, Tuberkelbazillen, Plasmodien ust 
Spirochäten, kann die irgendwie erworbene Fähigkeit, Typhusagglutinine an: 
Blut abzugeben, mächtig gesteigert werden. Theoretisch beachtenswert ist d: 
Agglutininausschwemmung durch »pyrogene« Stoffe des EiweiBabbaues (Deuter:- 
albumose, Nukleinsäure) und die erhöhte Bereitschaft mancher Agglutininbildre 
zu Fieber und Milzschwellung. Der Milz dürfte als Quelle der ins Blut abfließenden 
Agglutinine eine wichtige Rolle zukommen. Seifert (Würzburg). 


37. J. P. Byl. Infektion durch Typhusbazillenträger im Feldheere. 

(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 218—28.) 

In analoger Weise wie in Südwestdeutschland, wird in den öfters von typhöser: 
Fieber heimgesuchten Gegenden und Ortschaften der Niederlande die Anwesentei: 
etwaiger Bazillenträger verfolgt. Der Vorstand der Kriegssanitätskommissin 
führt einige schlagende Beispiele über die Schwierigkeiten der Auffindung &: 
Infektionsquelle bei stattgefundener Kontaktinfektion durch Bazillenträger einer- 
seits, über die für Truppenlagerungen benötigten vorbereitenden Arbeiten zum 
Nachweis der in gewissen Gegenden befindlichen Bazillenträger andererseits aus. 
In dieser Weise werden allmählich größere Kreise bearbeitet, so daß auch d'ès 
Personen möglichst für die Mannschaften und auch für die Zivilbevölkenuz 
unschädlich gemacht werden. Die Herstellung ordentlicher Wasserleitungen s: 
allenthalben zur größeren Reinlichkeit, zum höheren Bedarf und größerer Ver- 
wendung guten Wassers beitragen und ihrerseits die Beseitigung der Gefahren dieser 
Bazillenträger fordern. Insbesondere werden die Gefahren sogenannter :klini- 
scher« Influenzafälle — verkappte, nicht gedeutete Abortivtyphen — vor allen 
bei jugendlichen Personen, hervorgehoben. Zeehuisen (Utrecht). 


38. Hildebrandt (Freiburg i. B.). Die Urobilinurie bei Typhus 
abdominalis und ihre klinische Bedeutung. (Münchener mec. 
Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 

Urobilinurie weist, wenn die Entscheidung schwankt zwischen Cholangitis 
und parenchymatöser Hepatitis, auf letztere hin, ohne indes eine gleichzeitig 


bestehende »symptomlose« Cholangitis auszuschließen. 
Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 671 


39. Schemensky (Frankfurt a. M.). Die Lumbalpunktion bei der 
Behandlung des Typhus abdominalis. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 19.) 

Bei jedem schweren Typhus mit erheblicheren Lungenerscheinungen, Fällen, 
in denen auch das Herz bereits geschwächt ist, hat eine Punktion keine Aussicht 
auf Erfolg, im übrigen aber soll eine Lumbalpunktion bei den in Rede stehenden 
Symptomen angewendet werden. Reckzeh (Berlin). 


40. Brünn (Jerusalem). Zur Auffassung und Therapie des Ty- 
phus abdominalis. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Verf. sieht den Typhus in der Hauptsache als eine Erkrankung des Lymph- 
:vstems, vorwiegend des abdominalen, an. Kleine Mengen Collargol, unaufhörlich 
jem Körper zugeführt, so daß dieser keine stärkere Reaktion aufweist, tagelang 
‘ortgesetzt, sollen unendlich viel Bazillen abtöten bzw. in ihrer Vermehrungs- 
'ähigkeit längere Zeit behindern und so dem Körper seine Abwehrtätigkeit er- 
!eichtern. Reckzeh (Berlin). 


t1. Fleckseder. Über die Wirkung der Vaccinebehandlung des 

Typhus abdominalis. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 21.) 

Als Kontraindikationen der intravenösen Impfbehandlung werden bezeichnet: 
Ausgesprochene Konstitutionsanomalien, wie Status thymicolymphaticus, Gefäß- 
ıvpoplasie, schwere Gehirnerscheinungen, Schädeltraumen, aus irgendeinem 
srunde daniederliegende Zirkulation, die den Kollaps nicht überdauern würde. 
3esondere Vorsicht ist am Platze, wo leiser Herzmuskelton und zeitweise Aus- 
etzen des Pulses auf eine schwere Degeneration des Myokards hinweisen. Puls- 
»wschleunigung um 120 kann gleichfalls als Warnungszeichen vor drohendem 
Kollaps dienen. Lungenverdichtungen, Nierenaffektionen, Darmblutungen, hoch- 
sradiger Meteorismus entscheiden ebenfalls unbedingt gegen eine Vaccinebehand- 
ung. Seifert (Würzburg). 


12. W. Gäthgens und E. Becker. Beiträge zur Schutzimpfung 
gegen Typhus und Cholera. (Beiträge z. Klinik d. Infektionskrank- 
heiten u. z. Immunitätsforschung 1916. Bd. IV. Hft. 3.) 

Die Schutzimpfung mit vorsichtig (bei 53°C) abgetöteten Typhusbakterien 
tellt einen in der Regel harmlosen Eingriff dar, der nur ausnahmsweise, z. B. bei 
tuberkulösen Erkrankungen oder gelegentlich auch — aber nicht immer — bei 
Personen, die früher einen Abdominaltyphus durchgemacht haben, zu stärkeren 
Reaktionen führt. 

Die Bildung von Agglutinin und bakteriziden Antikörpern erfolgt bei typhus- 
immunisierten Individuen nahezu regelmäßig und ausgiebig, unterliegt aber im 
einzelnen großen Schwankungen. Die Agglutinationswerte erreichen im Durch- 
schnitt die Höhe, welche die diagnostische Bedeutung der Gruber-Widal’schen 
Reaktion zum mindesten sehr stark beeinträchtigen würde. 

Ein gewisser Zusammenhang zwischen der Intensität der klinischen Erschei- 
nungen und dem Gehalt des Serums an Antikörpern läßt sich zwar gelegentlich 
“eststellen, kann aber nicht als Regel bezeichnet werden. 

Die Schutzimpfung mit abgetöteten Choleravibrionen ist ein durchaus unge- 
fährlicher Eingriff, der nur in seltenen Fällen das Auftreten von Reizerscheinungen 
zur Folge hat. 


672 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 37. 


Die Bildung von Agglutininen erfolgt bei der Choleravaccination scheinbar 
weniger regelmäßig und ausgesprochen wie bei der Typhusschutzimpfung; bak- 
terizide Antikörper werden reichlich produziert. 

Der Gehalt des Serums an Typhusantikörpern, die sich im Anschluß an di: 
Typhusimpfung gebildet haben, wird durch eine nachfolgende Choleraimmuni- 
sierung nicht wesentlich beeinflußt. 

Sowohl bei der Typhus- als auch bei der Choleraschutzimpfung ist der Grad 
der klinischen Reaktion und der Antikörpererzeugung vornehmlich abhängig van 
der Individualität der vaccinierten Pat. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


43. Neustadt und Marcovici. Über Behandlung des Typhus ab- 
dominalis mit »Typhin«. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 11. 
Von 21 kombiniert behandelten Fällen sind 11 als sehr erfolgreich beeinfluf£: 
zu bezeichnen, bei weiteren 4 war der Erfolg weniger auffallend; 3 Fälle wurden in 
ihrem Verlauf deutlich abgeschwächt, wenn auch nicht kupiert, und 3 sind gestorben. 
Von diesen letzteren sind zwei Fälle Komplikationen, also unabhängig von dr 
Typhintherapie, erlegen. Die Typhintherapie erweist sich gegenüber allen anderes 
Vaccinetherapien des Typhus abdominalis als eine wirksamere, besonders b:: 
der Anwendung der kombinierten Methode. Reckzeh (Berlin). 


44. Lucksch und Hever. Über die Dauer der Anwesenheit von 
Schutzkörpern im Blutserum der gegen Typhus geimpften 
Personen. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Aus den Resultaten der sorgfältig durchgeführten Untersuchungen ergibt 
sich, daß die Schutzkörper im Serum der gegen Typhus geimpften Personen 
6 Monate nach der Impfung bereits derartig abgenommen haben, daß eine newr- 
liche Schutzimpfung zu dieser Zeit ratsam erscheint. 

Seifert (Würzburg). 


45. Svestka und Marek. Neue Bakteriotherapie des Typhus ab- 
dominalis durch »Typhin«. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr.13 
u. 14.) 

Die Typhintherapie ist in entsprechender Dosierung zur Behandlung de 
Typhus abdominalis zu empfehlen, zumal direkte, durch Typhin verursachte 
Schädigungen des Organismus bis jetzt nicht nachgewiesen werden konnten und 
die eingespritzte Typhinmenge genau dosierbar ist, Die therapeutischen Resultate 
sind um so besser, je früher die Typhintherapie eingeleitet wird, Die baldigstė 
Entfieberung, sofortiges Verschwinden der Benommenheit, der Kopfschmerzet, 
subjektives Wohlbefinden und objektive Besserung des Gesamtzustandes sind di: 
Hauptvorteile, Der Herzzustand, wie bei Abdominaltyphus überhaupt, ist be- 
sonders zu berücksichtigen, und den Pat. müssen Herztonika verabreicht werden. 

Seifert (Würzburg). 
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Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


673 


Tentralblatt, für innere Medizin 


Brauer, v. Jaksch; v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, - Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 38. Sonnabend, den 23. September 1916. 


Inhalt. 


R. Jaeger, Sammetreferat aus dem Gebiete der Neurologie und Psychiatrie, 

Referate: 1. Gay u. Chickering, 3. Zupnik u. Leiner, Typhusbehandlung. — 8. Nichols, 
4. Bernstein und Fish, 5. Svestka, 6. Klose, 7. Stein, 8. Stephan, 9. Gilbert, 10. Horx- 
heimer, Paratyphusinfektionen. — 11. Alexandrescu-Dersea und Nitzescu, Intermittierende 
Serumkrankheit. — 12. Deycke, Unbekannte Art von Wechselfieber. — 13. Cahn, 14. Jacobitz, 
15. Rose, 16. Schmidt, Ruhr. — 17. Wegrzynowski, 18. Fröhlich und Meyer, 19. u. 20. Löwen- 
stein, 21. Gottlieb und Freund, Tetanus. — 322. Gelinsky, 23. Beck, Erysipelbehandlung — 
24. Honl u. Semerád, 25. Peinär, 26. Sousee, 27. Seiffert und Bamberger, 28. Hoppe-Seyler, 
3. Kauseh, 30. Simeeek, 31. Erdheim u. Schopper, 83. Messerschmidt, 38. Benzler, Cholera, 
‘— M. Broers und Smit, 85. Hagen, 36. Rochat, 37. Sormani, 38. Kuräk, Meningitis cerebro- 
spinalis epidémica. — 89. Svetska, Meningokokkensepsis. — 40. Stefanowiez, Behandlung der 
Genickstarre. — 41. Bonda, Petechiale Meningokokkenmeningitis. — 48. Rosenbaum, Meningitis 
»pidemica fulminans. — 48. Reiche, Durch Diphtheriebazillen und Streptokokken bedingte Me- 
Dingitig, 





Sammelreferat aus dem Gebiete der Neurologie 
und Psychiatrie. 
(1. Juli bis 31. Dezember 1915.) 


Von 


Dr. Richard Jaeger in Halle a. S. 


Über die Pathologie und Therapie der Meningitis cerebrospinalis 
epidemica liegt eine ausführliche Arbeit von Flatau und Handels- 
mann vor. Die Verff. stellten Experimente an 72 Hunden an, bei 
denen sie das Zentralnervensystem nachfolgend mikroskopisch unter- 
suchten. Es werden dann sämtliche Tierexperimente mitgeteilt. 
In den Schlußfolgerungen werden die Wirkung heterogener Bakterien, 
das anatomische Bild, das Verhalten der Bakterien im Nervensystem 
und die Behandlung der Meningitis ausführlich besprochen. Von 
Interesse ist, daß es den Verff. gelang, auf experimentellem Wege 
Rückenmarksabszesse zu erzeugen. | 

Rotstadt berichtet über die Cytologie der Zerebrospinalflüssig- 
keit. Er bezweifelt, daß einzelnen Erkrankungen spezifische Zell- 
elemente eigen sind, jedoch bietet das quantitative Verhältnis der 


38 


674 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


verschiedenen Formen, das Prävalieren einzelner Formen sowie der 
Grad der Pleocytose differentialdiagnostische Hinweise. So ist bei 
der progressiven Paralyse die Gitterzelle und die Plasmazelle charak- 
teristisch, während die Polynukleose häufiger als vermutet, aber nicht 
vorwiegend ist. Bei der klassischen multiplen Sklerose fehlt die 
Pleocytose, ebenso bei der Meningitis serosa. Bei akuten infektiösen 
Prozessen besteht die Vermehrung in polynukleären, besonders neutro- 
philen Zellen. Xanthochromie ist die Folge hämolytischer Prozesse, 
wofür die zerfallenen Erythrocyten sprechen. Der günstige Einfluß 
spezifischer Therapie auf die Lymphocytose dient bei der zerebro- 
spinalen Lues wie bei metasyphilitischen Erkrankungen als Grad- 
messer für den Rückgang des luetischen Prozesses in den Meningen. 


Koelichen teilt einen Fall von Chromatophoroma medullae 
spinalis mit, der klinisch sich vom Bilde der Rückenmarkstumoren 
nicht unterschied. Bemerkenswert ist, daß trotz fast vollständiger 
Zerstörung des Halsmarkquerschnittes die Sehnenreflexe an den Beinen 
erhöht waren und die Achillessehnenreflexe erst kurz vor dem Tode 
verschwanden; ferner, daß trotz Zerstörung der Vorderhörner im 
VII. und VIII. Cervicalsegment keine atrophischen Lähmungen in 
den kleinen Handmuskeln auftraten. Der pathologische Befund 
stellt einen melanotischen Tumor in den unteren Cervical- und oberen 
Dorsalsegmenten dar, der auf die Pia überwucherte; ferner syringo- 
myelitische Veränderungen in den Hintersträngen der weißen Sub- 
stanz bis zur Medulla oblongata herauf und zum Konus herunter. 
Die Frage, ob die Pigmentbildung ein Produkt der Protoplasma- 
körper in den Geschwulstzellen ist, wie die meisten Forscher annehmen, 
scheint dem Verf. noch nicht geklärt. 

Karbowski hat experimentelle Untersuchungen über Labyrinth- 
erkrankung und ihre Beziehung zur Meningitis angestellt und dabei 
gefunden, daß experimentelle Menigitis cerebrospinalis bei Hunden 
eine Fortpflanzung des Entzündungsprozesses auf das Labyrinth 
verursacht; dieser Prozeß geht ausschließlich durch den Aquaeductus 
cochleae und verbreitet sich in der Schnecke per continuitatem, wäh- 
rend der Übergang auf den Vorhof auf dem Blutwege stattfindet; 
jedoch kommen auch primär zirkumskripte Labyrintheiterungen vor. 


Über das Zentralnervensystem bei perniziöser Anämie liegt ein 
Artikel von Brouwer und Blauwkuip vor, mit ausführlichem klini- 
schen und anatomischen Befunde eines Falles. Die Veränderungen 
im Zentralnervensystem, d. h. im Rückenmark und im verlängerten 
Mark, werden als eine herdweise auftretende parenchymatöse Degenera- 
tion der Markfasern betrachtet, welche vermutlich durch Unter- 
ernährung des Gewebes entstanden ist. Die besondere Affektion be- 
stimmter Systeme läßt schließen, daß die Funktion einen großen Ein- 
fluß auf die Ausbreitung der Degeneration ausübt. Ferner stützt 
der Fall die Auffassung, daß ein wichtiger Teil der sensiblen Fasern 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 675 


nicht in den Hintersträngen, sondern in den Seitensträngen des 
Rückenmarkes verlaufen. 


Simchowicz hat Tierexperimente zum Studium der histo- 
logischen Veränderungen am Nervensystem bei experimenteller 
Thyreotoxikose angestellt, und zwar an 42 Kaninchen und 9 Hunden. 
Er kommt zu dem Resultat, daß bei Kaninchen durch Einführung 
von Thyreoidin schwere toxische, mikroskopisch nachweisbare Ver- 
änderungen am Nervensystem erzeugt werden können, während bei 
längerer Darreichung auch sehr kleiner Dosen, die etwa den medika- 
mentösen Dosen beim Menschen entsprechen, sämtliche klinischen 
und histologischen Erscheinungen der Thyreotoxikose festgestellt 
werden können. Hunde und Kaninchen reagieren verschieden auf 
Thyreoidin. | 


Wilde bringt zur Kenntnis des Horner’schen Symptomenkom- 
plexes einen kasuistischen Beitrag von sechs Fällen: im ersten Falle 
nach Schußverletzung des rechten Halssympathicus, ebenso in den 
folgenden drei Fällen; beim fünften Fall besteht Affektion des Hals- 
sympathicus durch Aneurysma der Carotis interna nach Schuß, des- 
gleichen im sechsten Falle. In allen Fällen war die Pupille der ge- 
lähmten Seite um die Hälfte kleiner als auf der gesunden Seite und 
die Lidspalte enger; die Pupillenreaktion auf Licht war gut; Prüfung 
mit Atropin ergab, daß die Pupillenverengerung eine sympathische 
war. In allen sechs Fällen war die kranke Gesichtshälfte wärmer 
anzufühlen als die gesunde, in drei Fällen schwitzte sie auch stärker, 
während in einem Falle totale Anhidrosis der verletzten Seite vorlag. 
Abmagern der kranken Gesichtshälfte konnte in zwei Fällen beobachtet 
werden, in zwei anderen Fällen umgekehrt vollere Gesichtshälfte. 


Kläsi und Roth teilen einen Fall von Safrolvergiftung mit: 
Der Pat. trank zufällig einige Schluck Safrol; schon nach 10 Minuten 
stellte sich Unbehagen, Unruhe, Schwindel, dann Desorientiertheit 
und Halluzinationen ein; darauf verfiel er in schwere Benommenheit 
und war motorisch sehr erregt; die Atemluft roch stark nach Anis; 
es fanden sich horizontaler Nystagmus und gesteigerte Patellarreflexe. 
Bald darauf stellte sich Brechreiz, Durstgefühl und Diarrhöe ein; im 
Erbrochenen Erythrocyten, im Urin Spuren von Eiweiß. In den 
folgenden Tagen traten tonische Krämpfe mit Schmerzen im ganzen 
Körper auf; die Patellarreflexe verschwanden zeitweise, ferner be- 
standen Parästhesien. Psychisch war er desorientiert, zeigte teil- 
weise retrograde Amnesie für den Hergang des Unfalles, totale Amnesie 
für die Vorgänge unmittelbar nachher. Erinnerung an die deliriösen 
Erlebnisse war zum großen Teil vorhanden, Gedächtnislücken wurden 
durch Konfabulationen ausgefüllt. Ferner bestanden Halluzinationen 
des Gesichts, Gehörs, Geruchs und der Körperempfindung, sodann 
Wahnideen, zeitweise läppisches Verhalten; vorübergehend war er 


38* 


676 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


mehrmals klar; beim Verschwinden des anisähnlichen Geruches ging 
der halluzinatorische Zustand in eine Depression über; einige Taze 
später trat dauernde Heilung ein. Auffallend ist die außerordentlich 
intensive Wirkung des Giftes und die überwiegende Beteiligung des 
Zentralnervensystems. Die Halluzinationen und Wahnideen werden 
zum größten Teil auf die bestehenden Parästhesien zurückgeführt. 


Pelz bringt drei Fälle von hysterischen Aphasien, die anscheinend 
mit gewissen aphasischen Einzelsymptomen übereinstimmen, aber 
alle psychogen bedingt sind. Das Bild einer besonderen hysterischer 
Aphasie gibt es nicht. Bei allen drei Kranken fällt die Ähnlichkei: 
mit den Ganser’schen Zuständen auf; in einem Falle ist auch schon 
gutachtlich die Diagnose eines Ganser’schen Dämmerzustande: 
gestellt worden. Jedoch will Verf. die vorliegenden Zustände nicht 
mit einem derartigen hysterischen Zustande identifizieren, sondern 
erklärt sie als »eine gesteigerte Bereitschaft und Labilität der Be- 
wußtseinslage, infolge abnorm gesteigerter Affektwirkung eine Hem- 
mung zu erfahren und dadurch Anlaß zu der eigenartigen Ganser- 
schen Symptomenbildung zu geben «. 


Literatur: 


1) E. Flatau und J. Handelsmann, Experimentelle Untersuchungen a 
Pathologie und Therapie der Meningitis cerebrospinalis epidemica. Zeitschrift 
f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXXI. S. 1. 


2) J. Rotstadt, Zur Cytologie der Zerebrospinalflüssigkeit. Zeitschnit í. 
d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXXI. S. 228. 


3) J. Koelichen, Chromatophoroma medullae spinalis. Zeitschrift t. d 
ges. Neur. u. Psych. Bd. XXXI. S. 174. 


4) B. Karbowski, Experimentelle Untersuchungen über Labyrintherkran- 
kung und deren Beziehung zur Meningitis. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. 
Bd. XXXI. S. 157. 

5) B. Brouwer und H. I. Blauwkuip, Über das Zentralnervensysten 
bei perniziöser Anämie. Monatsschrift f. Neur. u. Psych. Bd. XXXVIII. S. 28. 

6) T. Simchowicz, Histologische Veränderungen im Nervensystem be 
experimenteller Thyreotoxikose. Zeitschrift f. d. ges. Neur. u. Psych. Bd. XXXL 
S. 275. 

7) Wilde, Zur Kenntnis des Horner’schen Symptomenkomplexes. Arch:\ 
f. Psych. u. Nervenkrankh. Bd. LVI. S. 560. 

8) J. Kläsi und O. Roth, Über einen Fall von Safrolvergiftung. Monats- 
schrift f. Psych. u. Neur. Bd. XXXVIII. S. 235. 

9) Pelz, Über hysterische Aphasien. Archiv f. Psych. u. Nervenkrankt. 
Bd. LVI. S. 445. 


D O Mo 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 677 


Referate. 


1. Fr. P. Gay and H. T. Chickering. The treatment of typhoid 
fever by intravenous injections of polyvalent sensitized ty- 
phoid vaccine sediment. (Arch. of internal med. 1916. Februar.) 
Unter 65 nach den Feststellungen in Klinik und Laboratorium einwandfreien 

Typhen war die makroskopisch mit formaldehydisierten Kulturen von Typhus- 

bazillen angestellte Widalprobe bei 60, und frühesten am 5. Tage, positiv, 

53 wurden mit intravenösen Injektionen einer sensitisiertten — gerade hierauf 

wird besonderer Wert gelegt — polyvalenten Vaccine nach G. und Claypole 

behandelt; die auf die Einspritzung folgenden Symptome sind besonders durch 

Schüttelfrost, Anstieg der Temperatur mit nachfolgendem Absinken und eine 

Leukopenie charakterisiert, auf die eine Leukocytose sich einstellt. In 2/3 der 

Fälle wurde eine deutliche Besserung erzielt, und zwar bei fast der Hälfte der- 

selben in einer abortiven Form mit kritischem Niedergang des Fiebers, worauf 

eine normale Temperatur in durchschnittlich 7 Tagen erzielt war. Schädliche 

Nebenwirkungen der Vaccine kamen nicht zur Beobachtung. In einer Reihe von 

Fällen zeigte es sich, daß die Bakteriämie sich nach Zufuhr der Vaccine besserte 

oder verlor und meist auch die Agglutinine anstiegen, In den am günstigsten be- 

einflußten Fällen war der Widal schon früh ein hoher gewesen und umgekehrt; 

milde Formen reagierten besser auf die Behandluung als schwere, doch wurden 

auch mehrere schwere rasch in Besserung übergeleitet. Von der Vermutung aus- 

gehend, daß gute Resultate von der Reichlichkeit der bereits vorhandenen Anti- 

körper abhängen, wurden in einigen Fällen, und anscheinend mit Vorteil, beträcht- 

liche Mengen von Typhusimmunserum von Ziegen neben jener Vaccine zugeführt. 
F. Reiche (Hamburg). 


2. Zupnik und Leiner. Erfahrungen über Praxis und Theorie 
der Vaccinetherapie. (Behandlung des Typhus abdominalis 
mit Mäusetyphus.) (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 

An Stelle von Typhusbazillenpräparaten kann mit Vorteil Mäusetyphus- 
vaccine verwendet werden, welche weniger giftig ist, doch ist auch bei dieser die 
Dosis zu individualisieren. Beim Mäusetyphusbazillus beträgt die minimal wirk- 
same Dosis ca. 4 Millionen Keime. Bei der Vaccinetherapie sind stürmische, 
kritische Entfieberungen zu meiden, das Rationellste besteht in wiederholten In- 
jektionen einer Dosis refracta, welche das Fieber langsam bzw. stufenweise bricht. 
Der Erfolg der Vaccinetherapie beruht auf einer günstigen Beeinflussung des ge- 
samten Krankheitsprozesses, deren Mechanismus noch nicht aufgeklärt ist. Für 
eine Heilung durch Auftreten von spezifischen Immunkörpern sind keine An- 
haltspunkte gegeben. Seifert (Würzburg). 


3. Henry J. Nichols. Observations on antityphoid vaccination. 
(Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 780.) : 

Wenn man Metschnikoff’s oder Besredka’s lebend sensibilisierte Vaccine 
in die Gallenblase von Kaninchen einspritzt, so entsteht eine typhöse Cholecystitis. 
Sie sind also infektiös. Kaninchen können nicht gegen die direkte Gallenblasen- 
infektion immunisiert werden. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


678 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


4. H. S. Bernstein und E. S. Fish. Nahrungsvergiftung durch den 
Bac. paratyphosus B, eine Epidemie durch den aus Pastete 
isolierten Erreger. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 3. S. 167.) 
Durch eine aus dem Gasthaus bezogene Pastete erkrankten Juli 1915 60 Per- 
sonen an akutem Magen-Darmkatarrh, von denen 4 starben, 3 schon nach 4 Tagen. 
l erst nach 3 Wochen. Die Pastete zeigte äußerlich und chemisch nichts Aut- 
fälliges. Bakteriologisch wurde der Bac. paratyph. B nachgewiesen und isoliert. 
Im Stuhlgang des Kochs fand sich der gleiche Keim, ohne daß Vorgeschichte 
oder derzeitiger Befund einen Anhalt gegeben hätte. Solche Bazillenträger sollten 
von Öffentlichen Speiseanstalten ferngehalten werden. | 
Meinhof (Halle a.S.). 


5. Svestka. Beitrag zur Epidemiologie der Paratyphus A-lo- 

fektion. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 16.) 

Da die Infektion mit Paratyphus A heutzutage nicht zu den Seltenkeiter. 
gehört und eine größere Verbreitung derselben immerhin möglich ist, wäre & 
zu empfehlen, besonders die an der Ostfront kämpfenden Truppen auch noch 
nachträglich gegen Paratyphus A zu impfen, und zwar mit einem polyvalenten 
Impfstoff: Typhus-, Paratyphus B- und A-Keime enthaltend. 

Seifert (Würzburg). 


6. Klose. Ein Beitrag zum Auftreten des Paratyphus A im 
Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 

Es wurden innerhalb von 7 Monaten 52 Paratyphus A-Fälle beobachtet. 
Angesichts dieser Tatsache fragt es sich, ob nicht zweckmäßigerweise in Zukunft 
auch eine Schutzimpfung gegen Paratyphus A und B in Betracht gezogen werden 
muß mittels eines polyvalenten, einen Paratyphus A- und B-Stamm enthaltend: 
Impfstoffes. Reckzeh (Berlin), 


7. Stein. Über Gastroenteritis paratyphosa. (Wiener klin.Woche- 

schrift 1916. Nr. 21.) l 

Die paratyphöse Gastroenteritis repräsentiert sich, von leichteren Fällen ab- 
gesehen, in drei Formen: als Magen-Darmkatarrh, als schwere toxische Erkran- 
kung und als Cholera nostras. Die fast absolut letale toxische Erkrankung äuk. 
sich klinisch als scharf umschriebenes Krankheitsbild, dem anatomisch ein enorm: 
Ödem und Hyperämie der Magen-Darmschleimhaut mit Schwellung des lymph- 
tischen Darmapparates zugrunde liegt. In vielen dieser Fälle besteht Statı: 
thymico-Iymphaticus nebst Hypoplasie der Gefäße und der Nebennieren. Auc: 
die leichteren Formen dürften mit ähnlichen anatomischen Veränderungen ein- 
hergehen. Seifert (Würzburg). 


8. Stephan. Pathologisch-anatomische Beiträge zur Paratyphus 

B-Infektion. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 21.) 

Im ganzen waren die Dickdarmveränderungen durchaus verschieden von &" 
Schleimhautprozessen, welche die echte Dysenterie charakterisieren. Daß ein grober 
Teil der Dysenterien paratyphöser Natur waren, darüber kann nach den seh 
` zahlreichen, klinisch und bakteriologisch-serologisch genau verfolgten Festste!- 
lungen kein Zweifel mehr obwalten. Reckzeh (Berlin). 


‚Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 679 


9. Gilbert (München). Über Augenerkrankungen bei Typhus und 

Paratyphus. «Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

Bei der bekannten Neigung der Gefäßhaut des Auges zu metastatischen Er- 
krankungen aus dem Kreislaufe ist an der metastatischen Natur der Uveitiden 
nicht zu zweifeln. Und da Mischinfektionen nicht vorlagen, sind die Paratyphus- 
keime als Erreger anzusehen. Reckzeh (Berlin). 


10. Herxheimer. Zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Beim Paratyphus findet sich ausgesprochene allgemeine Enteritis, meist 
Prädilektionssitz im Dickdarme, hingegen meist Fehlen der charakteristischen 
Veränderungen des Iymphatischen Darmapparates und — fast stets — Fehlen 
eines typhösen Milztumors. Reckzeh (Berlin). 


il. C. Alexandrescu-Dersca und I. Nitzescu (Bukarest). Inter- 
mittierende Serumkrankheit, Malariaanfälle simulierend. (Spi- 
talul 1915. Nr. 3 u. 4.) 

Die Erscheinungen, welche nach Serumeinspritzungen auftreten, sind außer- 
ordentlicher Natur und werden als anaphylaktische Symptome angesehen. Es 
sind dies: Urtikaria, Erytheme, Ödeme, Gelenk- und Muskelschmerzen, Drüsen- 
schwellungen, Dyspnoe, Erbrechen, Präkordialangst, Cyanose, filformer Puls 
und endlich anaphylaktischer Tod. 

Die Verff. haben einen 14jährigen Knaben beobachtet, dem wegen akuter 
Zerebrospinalmeningitis zwei intrarhachidiane Einspritzungen von je 20 ccm Anti- 
meningokokkenserum nach Dopter gemacht wurden. Die Menigitis heilte, und 
der Pat. befand sich während 28 Tagen im besten Wohlsein. Da trat unter hoher 
Temperatur, allgemeiner Abgeschlagenheit und Schmerzen in allen Gelenken eine 
papulo-erythematöse Urtikaria auf. Am folgenden Tage fiel die Temperatur ab, 
und der Zustand besserte sich, um am nächstfolgenden Tage in ähnlicher Weise 
wieder aufzutreten. Das Ganze wiederholte sich während eines ganzen Monates 
und simulierte in auffallender Weise eine schwere Malaria, doch fand man keine 
Plasmodien, und auch dasChinin, intern und intramuskulär, blieb ganz wirkungslos. 
-= Es konnte sich also in diesem Falle nur um eine merkwürdige und unerklärliche 
Form der Serumkrankheit gehandelt haben. E. Toff (Braila). 


12. Deycke. Zwei Fälle einer unbekannten Art von Wechsel- 
fieber. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 
Scharf hervortretende Chronizität des Fiebers, das fast unverändert durch 
nahezu 2 Monate seiner periodischen Natur treu blieb. 
Reckzeh (Berlin). 


13. Cahn. Über die Folgen geringfügiger Infekte von Ruhr und 
Typhus und über Ruhrnachkrankheiten. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 24.) 

In den früheren Kriegsmonaten überwogen bei der Mehrzahl der dem Lazarett 
 überwiesenen Pat. die somatischen Symptome; aber im Laufe der Monate wurden 
die Erscheinungen immer unübersichtlicher ; dementsprechend neigten die Krank- 
heitsbilder in den späteren Kriegsmonaten mehr nach der Seite der nervösen Er- 


680 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


schöpfung hin, während in der ersten Zeit des Feldzugs die »körperliche Über- 
müdung« überwog. Reckzeh (Berlin). 


14. Jacobitz (Beuthen a. O.). Über Ruhrbazillenagglutination. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Positive Agglutination des Ruhrbazillus Kruse findet sich bei gegen Typhus- 
und Cholerabazillen immunisierten, aber auch bei gesunden und kranken (nicht 
Ruhrkranken) nicht geimpften Personen. Erkrankung an Typhus, vielleicht 
auch an nicht infektiösem Darmkatarrh scheint hier begünstigend zu wirken. Die 
Agglutination mit dem Bacillus Kruse bei nicht an Ruhr erkrankten oder er- 
krankt gewesenen Personen geht bei 20stündiger Beobachtung nicht über di: 
Verdünnung 1:50 hinaus. Die für die Infektion mit Bacillus Kruse meist als 
beweisend angenommene positive Agglutination in der Verdünnung 1 :50 nach 
20stündiger Beobachtung genügt demnach nicht. Nur großflockige, makro- 
skopisch deutlich erkennbare Zusammenballung der Bazillen ist für eine pesitive 
Ruhragglutination als spezifisch anzusehen. Der positive Ausfall einer unte: 
Berücksichtigung gewisser Bedingungen ausgeführten und beurteilten Widal- 
schen Reaktion mit Bacillus Kruse spricht auch bei geimpften Personen für ein: 
Infektion mit Bacillus Kruse. Diese Voraussetzungen haben im allgemeinen avci 
für die Widal’sche Reaktion mit den Pseudodysenteriebazillen Gültigkeit, dich 
ist bei ihnen ein positiver Ausfall in der Verdünnung 1 :200 nach 20stündige! 
Beobachtung noch nicht als ausreichend anzusehen. 

Reckzeh (Berlin). 


15. Rose. Ruhrnachkrankheiten und deren Behandlung mit Anti- 
dysenterieserum. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Die akuten Polyarthritiden waren meist am nächsten Tage nach der Injektis‘ 
in dem oder den Gelenken besser, oft auch ganz verschwunden. Schöne Eroi 
waren bei der Anwendung dieses Serums bei den postdysenterischen Tenesm: 
und der Pollakisurie zu verzeichnen. Bei den chronischen Diarrhöen, derer 
Träger auf Ruhr agglutinierten, zeigte sich verschiedentlich, daß Bolus alba, Dt- 
coctum Rathanhiae, Tannalbin versagten. Nach einer Antidysenterieseruminiek- 
tion sistierten die Durchfälle sofort. Die Pat. mit Ermüdungsherzen, mit ihrer 
labilen Gefäß- und Fieberzentrum, erholten sich nach zwei- bis dreimaliger Serum- 
injektion auffallend schnell; während die Nichtinjizierten wochenlang brauchtef. 
bis ihre Beschwerden wichen. Am besten werden die Injektionen in die Inter- 
skapularmuskulatur gemacht. | Reckzeh (Berlin). 


16. P. Schmidt. Zur Frage der Brauchbarkeit der Serumagglu- 
tination bei Ruhr. (Zeitschrift f. Hygiene u. Infektionskrankbeit: 

Bd. LXXXI. Hft. 1.) | | 
Die unspezifischen Verklebungen bei Dysenterie- und Pseudodysentent- 
bazillen mit dem Serum nicht ruhrkranker Pat. stellen eine Einwirkung ganz tt- 
stimmter Normalsera auf gewisse Stämme nach Art mancher Colistämme dar. 
Diese Fähigkeit des Serums scheint nicht flüchtig, rasch vorübergehend, sonk m 
länger dem Serum anhaftend zu sein. Es macht den Eindruck, als ob die wei 
klebende Fähigkeit solcher Sera durch den Prozeß der aktiven Immunisierung, 
z. B. mit Typhus- oder Cholerabazillen, etwas gesteigert wurde. Es kann kent 
Rede davon sein, daß es sich dabei um wirkliche Mitagglutination gerade m 


2 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 681 


ë: Kruse-Shiga-Bazillen bei Typhusgeimpften handelte, da auch die völlig nor- 
'. malen Sera nichtgeimpfter Pat. das gleiche Verhalten zeigen können. Um einiger- 
maben zuverlässige Serumagglutinationen bei Ruhr zu erzielen, ist eine sorg- 

`E: fältige Auslese der benutzten Kulturen durch Prüfungen mit zahlreichen Ano- 

malien erforderlich. Nach Verf.s Erfahrungen sind auch bei guter Auslese selbst 

;; dr Kruse-Shiga-Stämme die Resultate 1/50 der kürzeren Beobachtungs- 

... fristen (etwa 2—3 Stunden) oder bei 20stündiger Beobachtung lediglich die 

... Werte von 1/100 ab verläßlich. Die Ablösungen bei den Verdünnungen 1/50 sind 

. nach 20stündiger Beobachtungszeit unklar. Den positiven Agglutinationen mit 

-  Pseudodygenteriebazillen scheint erst von der Verdünnung 1/200 an innerhalb 

„ 2stündiger Beobachtung eine Bedeutung zuzukommen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


. 17. Wegrzynowski. Zur Tetanusbehandlung mit Magnesium sul- 
Phuricum. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Zur Unterdrückung der tetanischen Krämpfe ist das Magnesiumsulfat ein 
„hervorragendes Mittel, das seine Wirkung sowohl in subkutanen wie in intravenösen 
‚. Injektionen entfaltet. Es soll in größeren Mengen, subkutan 15 g, intravenös 9 g 
; und mehr pro die, verwendet werden. Auch bei längerer Zeit verwendet, ist es für 
; den Organismus gänzlich unschädlich. Unter 8 Fällen von Tetanus, von denen 

einer nicht mit Magnesiumsulfat behandelt war, und einem weiteren, der infolge 
‚ ener Blutung starb, kamen 6 = 100%, zur Heilung. 

Seifert (Würzburg). 


‘18 A. Fröhlich und H. H. Meyer. Untersuchungen über den Te- 
tanus. (Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXIX. S. 55. 1915.) 
` Beim Tetanus wird die Muskelstarre durch eine Rückenmarksvergiftung und 
` nicht durch Giftwir kung im Muskel selbst verursacht. Eine besondere Erschei- 
' Aung beim Tetanus ist die Muskelverkürzung; diese Muskelkontraktur ist kein 
` anhaltender tonischer Krampf, sondern ein alimählich einsetzender und allmählich 
l zunehmender Verkürzungszustand (einfache Änderung der Länge des Muskels 
a der Ruhelage). Eine weitere Erscheinung der Tetanusvergiftung ist die hoch- 
f er gesteigerte taktile Reflexerregbarkeit, die bis auf die hier fehlende Erregung 
| Ente triktorenzentrums ganz der Wirkung des Strychnins ähnelt. In 
a ung und Ausbreitung zeigt sich aber ein Unterschied: nach lokalperipherer 
l Oliete ung erstreckt sich die Überregbarkeit zunächst nur auf einen dem vergifteten 
Endli entsprechen den Rückenmarksteil und bleibt örtlich lange beschränkt. 
i ich zeigte sich bei besonderer Art der Vergiftung ein Tetanus dolorosus. 
z Bachem (Bonn). 


MU a | | | 
: Löwenstein Uber Tetanusschutzimpfung. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 17.) 
a Verletzte soll zweimal mit Tetanusserum gespritzt werden, und zwar 
en am 8. Tage nach der Verletzung. Die Injektion soll nicht auf den Hilfs- 
Ä ‚Sondern ira den Sanitätsanstalten erfolgen. Seifert (Würzburg). 


682 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


20. Löwenstein. Beitrag zur Frage der aktiven Schutzimpfung 
beim Meerschweinchen mittels ungiftigen Tetanustoxins. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 

Es gelingt nicht nur durch Licht, sondern auch auf chemischem Wege, da: 
Tetanustoxin in sein Toxoid, das heißt in seine ungiftige, jedoch noch immuni- 
sierend wirkende Form überzuführen. Man ist nun in der Lage, der Frage einer 
aktiven Schutzimpfung gegen Tetanus näher zu treten. 

Seifert (Würzburg). 


21. Gottlieb und Freund. Experimentelle Studien zur-Serum- 
therapie des Tetanus. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 21.) 
Die intraneurale Zuführung war bis zu 25 bis 30 Stunden wirksam, aber 
schon nach 20 Stunden in ihrem Erfolg unsicher, während die subdurale Injektion 
bis zu 25 Stunden die Tiere mit Sicherheit rettete und oft auch nach 30 Stunden 
sich noch wirksam erwies. Die Heilerfolge nach der intramuskulären Toxinzu- 
führung in der I—1!/,fach letalen Gabe, die für die Serumtherapie am Menscher. 
von Interesse sind, lassen sich schwerer beurteilen, weil sich ähnlich wie bei der 
"klinischen Beobachtung der unbeeinflußte Verlauf der Vergiftung nicht mit Sicher- 
heit voraussehen läßt. In Übereinstimmung mit der einwandfreien Versuchsreihe 
nach größeren Toxingaben läßt sich aber aussagen, daß die subdurale Injektios 
von 1 ccm Tetanusserum nach diesen Toxingaben noch 40—60 Stunden nach der 
Vergiftung und noch 24 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome die 
Tiere zu retten vermag, während die intravenöse Behandlung über 24 Stunden 
nach der Vergiftung bereits stets versagt. Reckzeh (Berlin). 


22. Gelinsky. Erysipelheilung durch Jodtinkturanstrich. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Wir besitzen in dem 10%igen Jodtinkturanstrich ein sofort und sicher wir- 
kendes Heilmittel des Erysipels; der unter der Epithellage befindliche Erkran- 
kungsprozeß ist in seiner ganzen Ausdehnung angreifbar und wird ohne Schädigung 
lebenden Gewebes durch einen Jodtinkturanstrich vollkommen vernichtet. ir 
allen Zweifelsfällen scheidet der Jodtinkturanstrich differentialdiagnostisch ir 
kürzester Zeit das Erysipel von der Phlegmone dadurch, daß er das Erysipel zur 
Abheilung bringt. Reckzeh (Berlin). 


23. Beck (Heidelberg). Zur Behandlung des Erysipels. (Münchene: 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 
Die Erfolge mit der Strahlenbehandlung des Erysipels waren außerordentlich 
gut. Erysipele, die sich bei hohem Fieber rasch ausbreiteten, blieben plötzlich 
nach einer Bestrahlung Stehen, das Fieber fiel ab. Reckzeh (Berlin). 


24. Honl und Semerád. Cholera asiatica. (Lekarsk& Rozhledy 1915. 
XXI. [III] Nr. 10.) 

Von 258 Personen, die dem als Choleraspital etablierten Weinberger Kranken- 
hause wegen Choleraverdachts zugewiesen wurden, waren 52 klinisch und bakterio- 
logisch cholerakrank (45 eigene und 7 fremde Konstatierungen des Vibrio). Zur 
. bakteriologischen Untersuchung wurden Elektivböden verwendet. Die Agglutina- 
tion wurde immer, auch wenn die mikroskopischen Präparate nicht verdächtig 


Zentralbiatt für innere Medizin. Nr. 38. 683 


waren, vorgenommen. Auf Hämoglobinböden wuchs häufig der Bac. pyocyaneus 

und proteus, und bei beiden Mikroben wurde die Tendenz zur Bildung leicht ge- 
krümmter Formen beobachtet, die mit agglutinierendem Choleraserum einen nie- 
drigen Agglutinationstiter (1 : 10, manchmal 1 :100) aufwiesen. Zum Ersatz 
des jetzt mangelnden Liebig’schen Extrakts verfertigten sich die Autoren fol- 
genden Nährboden: Ringer’sche Flüssigkeit, Hämoglobin und Agar; derselbe 
bewährte sich sehr gut und ist überdies lichter als der gewöhnliche Esch. Der 
maximale Titer war in der 4. Woche vorhanden (bei einem Kranken 1 : 5000); 
dann sank er, betrug aber manchmal noch in der 10. Woche 1 :50; doch war das 
Agglutinationsphänomen zu dieser Zeit oft schon sehr schwach (1 : 10). Interessant 
war die Agglutination in Fällen mit kombinierter Infektion; ein Serum agglutinierte 
mit Cholera auf 100 und mit Typhus ebenfalls; ein anderer Pat. (Cholera, Typhus, 
Dysenterie, Rheumatismus, Pneumonie) agglutinierte Cholera, Typhus und Dys- 
enterie (Dysenterie Shiga 1 : 50, Cholera 1 : 50, Typhus etwas schwächer). — Die 
Ausscheidung der Vibrionen hörte bei 6 Fällen sehr rasch auf, bei einem Falle 
Schon am 3. Tage nach der Untersuchung, bei anderen am 4. bzw. 9. Tage und 
nur bei einem Falle am 34. Tage. — Von den klinischen Symptomen erwähnen 
die Autoren den rasch zunehmenden Verfall, sowie die Raschheit, mit der das 
Erbrechen, die Diarrhöen und die Krämpfe sich entwickeln; trotz eines gewissen 
Grades von Apathie ist das Bewußtsein erhalten, und die Pat. äußern, obwohl 
ihnen die Diagnose bekannt ist, keine auffallende Angst. Die charakteristischen 
Stühle fehlen oft im Anfangsstadium und treten manchmal überhaupt nicht auf; 
andererseits kommen dieselben Stühle auch bei anderen Krankheiten vor. Es 
gibt Cholerafälle, und ihre Zahl ist nicht klein, bei denen nicht bloß die typischen 
Symptome, sondern überhaupt alle Erscheinungen seitens des Verdauungskanals 
oder einer Erkrankung überhaupt fehlen, und wo dennoch Cholera bakteriologisch 
nachweisbar ist. — 11 Fälle kamen zur Sektion; stets erfolgte der Tod im algiden 
Stadium. In therapeutischer Hinsicht genügte in den meisten Fällen Milchdiät, 
Tierkohle, Bolus alba und Xeroform; bei hartnäckigem Erbrechen konnte dieses 
durch 0,001 Atropin subkutan für eine halbe Stunde gestillt werden, während 
weicher Pause Tierkohle gegeben wurde. Gegen den Durst wurde reichlich Wasser 
gereicht, jedoch immer nur in kleinen Mengen. Choleraserum wurde nicht an- 
gewendet. G. Mühlstein (Prag). 


25. J. Pelnar. Cholera asiatica. (Casopis lékaruv ceskych 1915. Nr. 52.) 

Der Truppenkörper zählte 12 000 Mann; von diesen erkrankten 385 = 3—4% 
und starben 164 = 42,6%, der Erkrankten. Die Krankheit breitete sich anfangs 
lawinenartig aus; in der 2. Woche erreichte sie ihren Höhepunkt, sarık rasch in 
der 3. Woche und erlosch in der 4. Woche. In der 2. Woche setzte die Impfung 
ein; binnen einer Woche war die ganze Mannschaft zweimal geimpft. Dennoch 
zögert P., den bald darauf einsetzenden Rückgang der Epidemie auf die prophylak- 
tische Impfung zu beziehen, da kleine Epidemien einen zyklischen Verlauf aufzu- 
weisen pflegen. Die Impfung erfolgte in der Weise, daß abgetötete Kulturen in 
Mengen von 1 bis 1?/, ccm unter die Haut des Vorderarms injiziert wurden; nach 
einer Woche Wiederholung der Injektion. Die Furcht vor der negativen Phase 
ist unbegründet. Die Ablehnung der Impfung im Felde oder bei notwendiger 
Berührung mit Cholerakranken ist ein wissenschaftlich unbegründeter Leichtsinn. 

G. Mühlstein (Prag). 


684 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


26. Soucec. Über das Exanthem bei der Cholera asiatica., (Wiener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 

Es zeigt sich, wie Verf. beobachtet hat, bei Cholerakranken häufig ein Exar- 
them, das zum Teil mehr urtikariell, zum Teil morbillös aussieht. Verf. sah mit 
dem Auftreten des Exanthems Besserung im Befinden der Kranken. Ob es sich 
um ein Cholera- oder Serumexanthem hier handelt, müssen weitere Untersuchungen 
lehren. Spezifische Choleraexantheme werden nicht anerkannt. 

Feith (Nürnberg). 


27. Seiffert und Bamberger. Elektive Choleranährböden. (Mir- 

chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Ein 2,5%, iger Chlorophylizusatz zu einem Nährboden mit Beigaben nz 
Aronson hemmt das Wachstum der Darmbakterien fast vollkommen, läßt də- 
gegen die Choleravibrionen zu üppigem Wachstum kommen. Das elektive Ver- 
halten des Hämoglobins, der Galle und des Chlorophylis gegenüber Chokrz- 
vibrionen und das gleichmäßig hemmende gegenüber anderen Darmbakterien ist 
ein Beispiel für eine biologisch ähnliche Wirksamkeit dieser chemisch nahe ver- 
wandten Körper. Reckzeh (Berlin). 


28. G. Hoppe-Seyler. Zur Kenntnis der Cholera und ihrer Ver- 

schleppung. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Bei möglichst rascher und ausgiebiger Isolierung der Kranken, Ansteckırz:- 
fähigen und Verdächtigen gelingt es, auch in einer größeren Stadt rasch die Au: 
breitung zu verhindern. Dazu dient möglichst rasche Feststellung der Kronk- 
heitserreger im Stuhl, was bei Fehlen von Stuhlentleerung am besten durch Ein- 
führung eines weiblichen Glaskatheters in den Mastdarm geschieht, in dess? 
Öffnungen sich beim Hin- und Herziehen leicht etwas Darminhalt oder Schki7 
festsetzt und nun zum Abstrichpräparat und zur Kultur benutzt werden kam. 

Reckzeh (Berlin). 


29. Kausch (Berlin-Schöneberg). Traubenzuckerinfusion bei Cho- 
lera. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Die Zuckerinfusionstherapie bei der Cholera ist theoretisch gut begründ'. 
Was bei ihr das hauptsächlich Wirksame sein dürfte: die Durchspülung des Körpe 
mit der unschädlichen Lösung und die dadurch herbeigeführte Fortschaffung vt? 
Toxinen, oder die Wasserzufuhr, oder die Ernährung mit dem Zucker, ist nich! 
sicher. Reckzeh (Berlin). 


30. Simecek. Pemphigoides Exanthem als Folgeerscheinung dr 
Choleraschutzimpfung. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 
Nach einer zweiten Injektion von Vaccina anticholerica trat bei einem 41 jèr- 

rigen Manne (Kutscher) an dem größten Teil der Körperoberfläche ein pet 

phigoider Ausschlag auf, der als Ausdruck einer Überempfindlichkeit des Ore” 
nismus bezeichnet wird. Die Conjunctiva beider Augen entzündet, an der Murnc- 

Rachenschleimhaut an verschiedensten Stellen an der Unterlage festanhafter&. 

graue Beläge. Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 685 


31. Erdheim und Schopper. Cholerabekämpfung. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Wenn in einer von Menschen überfüllten Niederlassung Cholera ausgebrochen 
ist, so muß außer der strengsten Durchführung gewöhnlicher hygienischer Maß- 
nahmen, vor allem die Choleraschutzimpfung sobald als nur irgend möglich durch- 
geführt werden. In 8 Tagen, höchsten 2 Wochen nach der letzten Impfung ist ein 
Erlöschen der Epidemie, sowie das Verschwinden der Vibrionenträger zu er- 
warten, insofern die Impfung gewissenhaft und absolut lückenlos durchgeführt 
ist. Sind ausreichende bakteriologische Kräfte verfügbar, so ist außer,der Impfung 
die Stuhluntersuchung aller Quarantainierter und Ausscheidung der Vibrionen- 
träger sehr zu empfehlen. Seifert (Würzburg). 


32. Messerschmidt. Das Vorkommen von mit Choleraserum 
paragglutinierenden Bakterien. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 22.) 

Wenn das Vorkommen von mit Choleraserum paragglutinierenden Bakterien 
auch bei weitem nicht so häufig ist, wie z. B. der Befund von mit Ruhrserum 
paragglutinierenden Bakterien in Ruhr- und ruhrverdächtigen Stühlen, so gehört 
er doch nicht zu den Seltenheiten. Reckzeh (Berlin). 


33. Jobst-Henrich Benzier. Bilutuntersuchungen bei Cholera. 
(Beiträge z. Klinik d. Infektionskrankheiten u. z. Immunitätsforschung 
1916. Bd.'IV. Hft. 3.) 

Den einzelnen klinischen Stadien entsprechend ist das Blutbild der Cholera 
folgendermaßen zu formulieren. | 

1) Prodromalstadium: Keine Veränderungen. Höchstens eine leichte Ver- 
mehrung der großen Mononukleären. Bei prämonitorischen Durchfällen bereits 
jetzt infolge spezifischer Einwirkungen »Verschiebung nach links«, Lymphopenie 
und Mononukleose. 

2) Krankheitsausbruch. Jugendliche und bandkernige Verschiebung nach 
links, starker Lymphocytensturz; Mononukleose, zum Teil mit Reizplasma. Reiz- 
zellen. Leichte Hyperleukocytose. 

3) Stadium algidum: Jugendliche und stabkernige Verschiebung nach links 
mit Degenerationserscheinungen auch der regenerativen Formen. Äußerst starke 
Lymphopenie, zuweilen fast aplastischer Art. Hohe Mononukleose infolge Aus- 
schüttung atypischer Formen. Bei schweren Fällen eventuell vom 4. Tage an 
leichte regenerativ-degenerative Erythrocytenveränderungen. 

4) Reaktionsstadium. Gleichzeitige Umkehr der Lymphocyten- und Mono- 
nukleärenkurve. Bei Umkehr nur der einen Kurve eventuell Pseudoreaktion. 

5) Rekonvaleszenz. Starke Lymphocytose. Wiedererscheinen der Reiz- 
zellen und Ansteigen der Zahl der Eosinophilen. Leichte Nitropenie und Rück- 
bildung der granulocytären Verschiebung. Rückgang der atypischen großen 
Mononukleären. 

Aus der Zusammenfassung geht die spezifische Bedeutung des Cholerablut- 
bildes hervor. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


686 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


34. C. W. Broers und J. Smit. Die bakteriologische Diagnose der 
epidemischen Zerebrospinalmeningitis. (Nederl. Tijdschr. v. Ge- 
neesk. 1915. II. S. 1177—83.) 

Von 1911 bis 1914 ergaben von den im Zentrallaboratorium geprüften 84 me- 
ningitisverdächtigen Spinalflüssigkeiten — neben 27 Pneumokokken, 8 Staphylv- 
kokken, je 4 Streptokokken und Tuberkelbazillen usw. — nur 2mal eMening- 
kokken; vom 1. Januar bis Mitte Juli 1915 wurden in 57 Spinalflüssigkeiten mal 
Meningokokken vorgefunden, in Übereinstimmung mit der anderweitig (in Deutsch- 
land und England) festgestellten Zunahme der epidemischen Meningitis. Di 
eitrige Flüssigkeit war in manchen Fällen fast ausschließlich aus polymorphkerniger. 
Leukocyten zusammengestellt ; die hochgradig gramnegativen kaffeebohnenförmigen 
Diplokokken fanden sich innerhalb und außerhalb der Leukocyten. Bei Anwesen- 
heit weniger Kokken wurden 5 Teile der Flüssigkeit mit 1 Teil 10%,igem Trauben- 
zucker 24 Stunden bei 37° C stehen gelassen. Die Diagnose konnte in allen Fällen 
durch Züchtung erhärtet werden, indem in der Mehrzahl der Fälle am Krankentett 
schon Ascitesagarkulturen angestellt wurden. Die weitere bakteriologische Be- 
handlung ist im Original nachzusehen. Die bei 45°C vorgenommene Agglut:- 
nierungsprobe ergab sich als weniger zuverlässig. — Von 1400 Nasen-Racher- 
schleimproben waren nach energischen Züchtungsversuchen 40 positiv (Bazilkr- 
träger); das positive Ergebnis dieser Züchtung war nach Verff. nicht vollkommen 
zuverlässig, so daß die Zahl 40 sicher noch eine zu hohe ist. Ein Fall von M- 
ningitis paratyphosa wird genau beschrieben. Zeehuisen (Utrecht). 


35. F. J. Hagen. Meningitis cerebrospinalis epidemica. (Nede. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 409—13.) 

36. R. R. Rochat. Über einige Fälle von Meningitis cerebrospinalis 
epidemica. (Ibid. 1915. II. S. 413—17.) 

1) Im Verlauf zweier Monate traten in der Infanteriekaserne zu Amersfoort >, 
in der Kavalleriekaserne derselben Stadt 3 Fälle auf, und zwar zwei der letzteree 
bei Beurlaubten in ihrer Heimatstadt. Etwas über 500 Personen beider Kaserner 
wurden auf die Anwesenheit etwaiger Meningokokken im Nasen-Rachenschk:r 
geprüft; die 23 positiven Fälle waren nach Isolierung dieser Mannschaften ein:gt 
Wochen nachher nicht mehr positiv. Von den 3 im Militärlazarett behandelten 
Fällen ist einer am Tage der Aufnahme tödlich verlaufen, die 2 anderen und di 
2 weiteren außerhalb der Stadt verliefen günstig. In 2 Fällen liegt die Wahrschei?- 
lichkeit einer Kontaktinfektion vor; indessen ist der Ursprung der Infektion ut- 
bekannt geblieben, indem vorher zu Amersfoort keine Fälle aufgetreten ware”. 
Die Anwesenheit nicht sehr verbreiteter Flecken in Form der Maculae oder Pe- 
techien wurde in diesen 3 Fällen festgestellt; Kernig war positiv, leichte Bindehaut- 
entzündung war vorhanden, ebenso wie Nackensteifigkeit. Die Diagnose konr!! 
mit Sicherheit erst mit Hilfe der Lumbalflüssigkeit gestellt werden 

2) R. beschreibt die in obigen Fällen von den bekannten Krankheitsbilde?: 
abweichenden Symptome: Subjektive Erscheinungen waren sehr gering; Prodrom.!- 
erscheinungen traten während einiger Tage auf. Nur Benommenheit des %1- 
soriums oder sogar Bewußtlosigkeit, Erbrechen und Kernig waren allen Fäix 
gemeinsam. Bei jeder Lumbalpunktion wurde eine der entnommenen Flüssic- 
keitsmenge entsprechende Antimeningokokken- oder Autoserummenge einx- 


führt. In dem auf agglutinierendes Vermögen des Serums gegen Meningoknkk:f 


1 
1 
{ 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 687 


geprüften Falle wurde 100fache Agglutinierung festgestellt, während die Zerebro- 
spinalflüssigkeit desselben Falles nur 25fach agglutinierte. 
Zeehuisen (Utrecht). 


37. B.P.Sormani. Die Diagnose der Meningitis cerebrospinalis 

epidemica. (Nederl, Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 501—2.) 

S. betont, daß die Anwesenheit gramnegativer, zum Teil innerhalb der Leuko- 
cyten befindlicher Diplokokken in der Lumbalflüssigkeit nur während des epidemi- 
schen Auftretens dieser Seuche die Diagnose sichert, nicht aber in vereinzelten 
Fällen; in letzteren sollen die weiteren Eigenschaften des betreffenden Mikro- 
organismus in extenso geprüft werden. Die differentialdiagnostischen Schwie- 
rigkeiten werden anläßlich eines günstig verlaufenden, oder obigen Krankheit 
symptomatologisch ähnlichen Falles auseinandergesetzt; die Lumbalflüssigkeit 
:rgab namentlich den Mikrokokkus catarrhalis, Zeehuisen (Utrecht). 


— 


38. Marie Kuräk. Die Behandlung der Meningitis cerebrospinalis 
epidemica mit großen Serummengen. (Med. Klinik 1915. Nr. 38, 
S. 1054.) 

In den Jahren 1902 bis 1915 wurden 75 Fälle von Meningitis cerebrospinalis 
aufgenommen, davon wurden 32 Fälle nicht injiziert, 43 injiziert. Von den nicht 
'njizierten sind 22 (69%) gestorben, 10 (31%) geheilt, allein nur 5 (15?/,%,) ohne 
Residuen der Erkrankung; von den injizierten sind 19 (44%) gestorben, 24 (56%) 
zeheilt, aber nur 17 (39%) ohne Sinnesstörungen oder andere bleibende Defekte. 
Nach den Erfahrungen der Verfasserin ist die Serumtherapie der Meningitis 
cerebrospinalis unter zwei Bedingungen besonders aussichtsreich: bei frühzeitiger 
Einleitung der Therapie und vor allem bei großen Serummengen (3—4mal hinter- 
einander je 80 ccm [40 ccm intralumbal, 40 ccm intramuskuär)). 
$ Ruppert (Bad Salzuflen). 





39. Svetska. Meningokokkensepsis. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 
Nr. 48.) 

In dem mitgeteilten Falle (19jähriger Mann mit Meningitis cerebrospinalis) 
handelte es sich offenbar um eine besonders virulente Infektion, die am Anfange 
durch die Injektion von Meningokokkenserum stark abgeschwächt wurde, dann 
aber immer wieder frisch von verschiedenen Herden aus exazerbierte und zum 
Schluß im Kampfe mit verschiedenen Immunitätskräften des Organismus, deren 
Resistenz auch durch den Status thymico-Iymphaticus stark herabgesetzt wurde, 
die Oberhand behielt. Auch auf die außerordentliche Virulenz des Virus ist es 
wahrscheinlich zurückzuführen, daß die Serumtherapie keinen endgültigen Erfolg 
hatte. Fälle mit derartig protrahiertem Verlauf einer reinen Meningokokkensepsis 
(nahezu 2 Monate) sind sehr selten, Fälle von gemischter Strepto-Meningokokken- 
infektion kommen öfters vor, haben aber immer einen viel kürzeren Verlauf: ent- 
weder Exitus oder Ausheilung, sehr oft mit entsprechenden Folgen (Hydro- 
cephalus usw.). l Seifert (Würzburg). 


40. Stefanowicz. Beitrag zur Behandlung der Genickstarre. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1915. Nr. 48.) 
Die Lumbalpunktion bei einem an Genickstarre erkrankten 16 jährigen Mäd- 
chen ergab einen fast ganz klaren, etwas gelblichen Liquor cerebrospinalis, von 
welchem nach 3stündigem Stehen in der Sonne nach gehörigem Umschütteln je 


688 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 38. 


10 ccm zu beiden Seiten der Wirbelsäule unter die Rückenhaut injiziert wurden. 
Die bald eintretende Besserung hielt an und führte in 3 Wochen zur Heilung. 
Die Injektion des vom Pat. herstammenden Liquor cerebrospinalis ist wohl a': 
eine Art Vaccinationstherapie zu betrachten. Seifert (Würzburg). 


41. Benda (Berlin). Mikroskopische Befunde in der Haut bei 
petechialer Meningokokkenmeningitis. (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 17.) 

Die Untersuchung mit schwachen Vergrößerungen ergibt, daß erstens in der 
ganzen Nachbarschaft der Petechien eine außerordentliche Blutfülle der Haut- 
gefäße bis in die Papillen hinein besteht. Die Blutextravasate erkennt man is 
den verschiedenen Schichten des eigentlichen Corium mit Ausschluß der Papilien, 
bisweilen bis ins subkutane Fettgewebe hinein. Die Umgebung der Schwrib- 
drüsen ist besonders häufig befallen. Die genaue Untersuchung von Schnittserien 
ergibt nun, daß innerhalb jeder Blutung ein kleinerer oder größerer Entzündung- 
herd gelegen ist, der sich vorwiegend aus polynukleären Leukocyten zusamme:- 
setzt. Mastzellen und Lymphocyten sind spärlicher vertreten. Die kleinsten 
Infiltrate schließen sich, wie das übrigens bei den meisten Hautentzündungen de’ 
Fall ist, an die Gefäßverzweigungen an, und erst bei den größeren Herden dirz: 
die Infiltration in das eigentliche Coriumgewebe zwischen die Bindegewebsbünd 
ein. Die Papillarkörper sind regelmäßig frei. Wir ersehen weiter, daß die Ur- 
gebung der Arterien und die Arterienwand stärker als die der Venen beteiligt ist, 
die ihrerseits wieder mehr durch Blut ausgedehnt sind. Die Infiltrate sitzen deut- 
lich in der Arterienwand, und das Arterienlumen ist stellenweise erheblich verändert. 

| | Reckzeh (Berlin) 


42. Nathan Rosenbaum. Ein unter eigentümlichen Symptomen 
auftretender Fall von Meningitis cerebrospinalis epidemica 
fulminans. (Med. Klinik 1915. Nr. 52. S. 1424.) 

Verf. berichtet über einen Fall von Meningitis epidemica fulminans, der iT 
Verlaufe von 2 Tagen zum Tode führte, indessen fast bis zum Ende keiner: 
 meningitische Erscheinungen, vor allem kein Fieber aufwies und deshalb anfix: 
lich wegen des Vorhandenseins der Trommer’schen und Gerhard’schen Prix 
im Urin zu einer Verwechslung mit einem Coma diabeticum Anlaß gab. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


43. Reiche. Eine durch Diphtheriebazillen und Streptokokken 
bedingte Meningitis. (Münchener med, Wochenschrift 1916. Nr. 1: 
Ob in diesem Falle eine gleichzeitige Invasion der Meningen durch bid 
Krankheitserreger, Streptokokken und Löfflerbazillen, statthatte oder aber 0°. 
worauf der Verlauf der Affektion, insbesondere der kulturelle Befund nur v? 
Kettenkokken im Spinalpunktat, deuten könnte, die letzteren erst später üb- 
schleppt wurden, ist nicht zu beantworten. Reckzeh (Berlin) 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mas 


an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an àt 


Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, . Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 











Nr. 39. Sonnabend, den 30. September 1916. 
Inhalt. 
Referate: 1. Proescher, Poliomyelitiserreger. — 2. Melchior, Kombinierte Jod-Röntgen- 


herapie der cervico-facialen Aktinomykose. — 3. Seheltema, Erythema infectiosum. — 4. Borger, 
fierexperimente mit Pestvaccin. — 5. van Gorkom, Pestbekämpfung während des ersten Tri- 
nesters 1915. — 6. Dickson, Granuloma coccidioidale. — 7. Babesch, Rotz und falscher Rotz. 

8. Doebell, Angina der Kinder. — 9. Rumpel, Eitrige Stomatitis. — 10. Prins, Beeinflussung 
ler Magensaftausscheidung durch Brot. — 11. Stone, Bedeutung der Kohlehydrate. — 12. Bruegel, 
Beeinflussung des Magencbemismus durch Röntgenstrahlen. — 13. van Leersum, Schleimhaut- 
etzen im Mageninhalt. — 14. Hirsch, Die Magenschleimhaut bei Delirium tremens. — 15. Levy 
and Kantor, Klinische Studie über Magenentleerung. — 16. v. Szöllösy, Gastralgie. — 17. An- 
iressen, Behandlung der Magengeschwüre. — 18. Delprat, Pylorospasmus bei Säuglingen. — 
19, Koch, 20. de Jong, Pylorushypertrophie. — 21. Kossinsky, 22. Finsterer, 23. De Groot, 
24. Plitek, 25. Rothschild, 26. v. Noorden, Magen- und Darmgeschwüre. — 27. Welwart, Farben- 
reaktion in Harnproben. — 28. Schlesinger, Unterscheidet sich das Magensarkom klinisch vom 
Karzinom? — 29. Leo, Bekämpfung von Darmentzündungen durch Kalksalze.. — 80. de Jong, 
Seracolon congenitum. — 31. Wolff, Okkulte Blutungen. — 33. Snapper, Blutnachweis im Stuhl. 
— 33. Meitzer, Magnesiumsulfat als Abführmittel. — 34. de Groot, Akute Pankreatitis. — 35. Lanz, 
Diagnose des Carcinoma caudae pancreatis. — 36. des Ligneris, Diffuse Lymphosarkomatose des 
Pankreas. — 37. Schütze, Röntgenologische Darstellbarkeit der Gallensteine. — 88. v. Meyenburg, 
Atresie der großen Gallenwege. — 39. Jansen, Rerversibilität der Harnstoffbildung in der Leber. — 
1). Inada, Ido, Hoki, Kaneko und Ito, Spirochaete icterohaemorrhagica im Blute. — 41. Sweet 
und Ellis, Totale Ausschaltung der Außeren Sekretion der Bauchspeicheldrüse. — 42. Ashford, 
Studien über die Sprue in Portorico. — 43. Wood, Vorkommen von Sprue in den Vereinigten 
Stasten. — 44. Paul, Kunsthonig. 





Referate. 


1. Proescher (Pittsburg). Zur Entdeckung des Poliomyelitis- 
erregers und über die Kultur desselben in vitro. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 

Das Vorkommen eines spezifischen, nur mit Methylenazurkarbonat färberisch 
darstellbaren Mikroorganismus in Form eines kleinen Kokkus wurde vom Verf. 
zuerst in einem Falle menschlicher Poliomyelitis erhoben. Im Gegensatz zu 
Flexner und Noguchi konnte mit der reinen Methylenazurfärbung die Haupt- 
masse des Poliomyelitisvirus nicht im nervösen Stützgewebe, sondern in den 
Nervenzellen nachgewiesen werden. Mittels der von Flexner und Noguchi 
angegebenen Kulturmethode konnte ein kleiner Kokkus aus dem Zentralnerven- 
system eines an Poliomyelitis zugrunde gegangenen Affen kultiviert werden, 
der bei intrazerebraler Verimpfung auf einen Affen das typische Krankheitsbild 
der Poliomyelitis erzeugte. Reckzeh (Berlin). 


39 


690 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


2. Melchior. Klinische Erfahrungen über kombinierte Jod- 
Röntgentherapie der cervico-facialen Aktinomykose. (Berlin: 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) r 
Die kombinierte Behandlung schien einen so unverkennbar prompten Effek: 

in allen Fällen herbeizuführen, daß gerade in der Kombination beider Faktoren 
ein wichtiges therapeutisches Moment zu erblicken ist. Daß dagegen andererseits 
die Röntgentherapie allein, ebensowenig wie die ausschließliche Joddarreichung, 
einen therapeutischen Erfolg bei dieser Form der Aktinomykose mit Sicherkit 
gewährleistet, lehrte eine andere Beobachtung. Reckzeh (Berlin). 


3. M. W. Scheltema. Einige Fälle von Erythema infectiosum. 

(Nederl. Tijdschr, v. Geneesk. 1916. I. S. 380—86.) 

Acht Fälle dieser ätiologisch noch ganz unaufgeklärten Erkrankung. lIr- 
kubation 7 bis 14 Tage, Prodrome unbedeutend; Exanthem anfänglich am Kcr', 
dann an den Extremitäten; an den Wangen vor allem makulopapulös, zum T:: 
zusammenfließend, einigermaßen urtikariaähnlich; Wangen in dieser Weise g:- 
schwollen, bläulichrot, heiß anzufühlen, scharf gegen die normale Kinn- ur: 
Ohrenhaut abgegrenzt. Dieses Wangenexanthem ist nach S. charakteristi::n 
Ebenso die Affektion der Dorsalfläche zunächst der oberen, dann auch der unter: 
Extremitäten. Der Rumpf bleibt in der Mehrzahl der Fälle nahezu frei. Dr: 
Flecke können durch äußere Einflüsse zeitweilig unsichtbar werden; bald loc: 
dieselben wieder von neuem auf. Leichte Abschuppung der Haut, Dauer d: 
“Erkrankung bis 14 Tage; Fieber in der Mehrzahl der Fälle nicht über 38° C; Angi 
mitunter in geringem Grade, sonst keine Komplikationen. Koplikflecke fehir. 
ebensowenig ergibt der Harn eine Diazoreaktion; leichte Schwellung der etw: 
schmerzhaften Unterkiefer- und Nackenlymphdrüsen. Die differentielle Diagn = 
gegen Masern, Scharlach, Röteln und Dukes-Filatow’sche Erkrankung w: 
ausgeführt. Mehrere Fälle stammten aus derselben Familie. Die Krank“: 
wird von S. als eine Infektionskrankheit aufgefaßt und mit dem Namen: 5. Krar+- 
heit, Erythema infectiosum — im Gegensatz zum Erythema exsudativum m..- 
forme — bezeichnet. Zeehuisen (Utrecht). 


4. W. A. Borger. Tierexperimente mit Pestvaccin. (Gen: 

Tijdschr. v. Nederl. Indië LV. S. 576—97. 1915.) 

Die Rowland’sche Angabe, nach welcher auf Serum gezüchtete Pestbazi 1 
in Form einer Impfsubstanz höhere Immunitätsgrade hervorrufen als aus Bow: 7- 
agarbazillen hergestellte Vaccine, wurde von B. verfolgt, der Einfluß der 1- 
Abtötung der Bazillen verwendeten Temperatur, derjenige des etwaigen Kart 
zusatzes und der Bazillenmenge bei 676 vaccinierten und 161 Kontrollratten z- 
prüft. Erhöhung der Dosierung (2 Kulturen anstatt !/, oder I) war erfolg: `- 
Karbolzusatz beeinflußte ebensowenig die Wirksamkeit, während die Abtüt:7( 
bei niederer Temperatur — 2 Tage während je 2 Stunden bei 50°C anstatt : 
1 Stunde bei 70°C — sich nicht nützlich erwies. Indem die Züchtung auf %:-7 
dieselben Ergebnisse zeitigte wie diejenige auf Agar, ergaben virulentere StämT: 
wirksamere Impfsubstanzen als anderweitige. Von dem Gebrauch einer Zå- 
kammer für die Bakterien wurde Abstand genommen, so daß B. sich mit « 
Verwendung einer geeichten Platinöse zufriedenstellte. Von den Kontrolltive? 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 691 


blieben nach Infektion nur 7%, von den mit virulenten Stämmen geimpften 25°04, 
von den mit weniger virulenten Stämmen 17% am Leben. 
Zeehuisen (Utrecht). 


5. W. J. van Gorkom. Bericht über die Pestbekämpfung während 
des ersten Trimesters 1915. (Beiblatt des »Geneeskundig Tijdschr. 

v. Nederl. Indi&« LV. Nr. 1.) 

Die Evakuierung der rings um das »Pesthaus« befindlichen Wohnungen 
wurde nicht in Konzentrationslagern, sondern in temporären, durch die Insassen 
selbst hergestellten Bauten fortgesetzt; nur die Pestkranken und die Insassen 
der Wohnungen erkrankter Personen wurden wegen der Gefahr sekundärer Lungen- 
pest isoliert und überwacht. Zur vorläufigen Wohnungsverbesserung wurden 
also nicht mehr die bestehenden Wohnungen mit Schwefeldämpfen behandelt, 
in dem auf dem Boden der Wohnungen befindliche Flöhe am Leben blieben, wie 
durch das Einführen einiger — sämtlich an Pest eingehender — Meerschweinchen 
erhärtet wurde, sondern die Wohnungen wurden zeitweilig verlassen, die Dach- 
bedeckung entfernt, Licht und Regen in das Innere der Häuser zugelassen und 
cine gründliche wöchentliche Reinigung derselben vorgenommen. Erst nach 
dieser Prozedur folgt die eigentliche Wohnungsverbesserung. In dieser Weise 
wurden in der Abteilung Malang 55 000, in Madioen 25 000 Wohnungen behandelt. 
Es ergab sich immer von neuem, daß die Beulenpesterkrankungen gewöhnlich in 
mit Rattenpest infizierten Wohnungen auftraten. Der erhebliche Flohindex der 
lebenden Ratten in neuinfizierten Bezirken — welche mitunter 13,7, d. h. 398 Flöhe 
auf 29 lebende Ratten — betrug, weist auf eine sekundäre Konzentration des 
Flohmaterials infolge der größeren Rattenmortalität hin; die Verbreitung geschah 
entweder durch den Eisenbahnverkehr oder durch die die Rattenpest be- 
herbergenden Reisschiffe. Bei der jetzigen Verbreitung der Seuche ist es also 
sehr unwahrscheinlich, daß die Pest sich nicht metastatisch von den einzelnen 
Häfen und Bahnhöfen oder von den Dörfern untereinander verbreiten wird. Ein 
vollständiger Schutz der bisher freigebliebenen Gebiete erscheint nicht gewähr- 
leistet zu sein. Man soll also der Möglichkeit Rechnung tragen, daß die Woh- 
nungsbesserung und die mit derselben einhergehende Erziehung der Bevölkerung 
zu größerer Reinlichkeit alsbald über den ganzen malaiischen Archipel erforder- 
ich wird. Zeehuisen (Utrecht). 


6. E. C. Dickson (San Francisco). Oidiomycosis in California 
with especial reference to coccidioidal granuloma. (Arch. of 
internal med. 1915. Dezember.) 

. Die in der Regel, aber bei radikaler Entfernung der ergriffenen Teile nicht 
unbedingt tödlichen und nur äußerst selten spontan heilenden Fälle von’Granuloma 
coccidioidale haben in ihrem Beginn, ihrem klinischen Verlauf und ihren patho- 
logischen Bildern große Ähnlichkeit mit der Tuberkulose. Sie sind von den ihnen 
nahe verwandten Blastomykosen zu trennen. In Kalifornien wurden bislang 
4) Fälle, davon 37 bei erwachsenen Männern und 1 bei einem Kind, beobachtet; 
in der Mehrzahl lag eine primäre Lungeninfektion vor, vielfach saßen die initialen 
Läsionen auch in der Haut als knötchenförmige Granulome, welche gewöhnlich 
ulzerös zerfielen und sich langsam vergrößerten; vereinzelt waren die Gelenke 
primär ergriffen. Es werden 9 neue Beobachtungen von Granuloma coccidioidale 
und eine von allgemeiner Blastomycosis mitgeteilt. F. Reiche (Hamburg). 


39% 


692 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


7. V. Babesch (Bukarest). Variolaartige Eruptionen bei Rot 
und falschem Rotz. (Biolog. Gesellschaft in Bukarest. Sitzung von 
8. Juli 1915.) 

Verf. beschreibt einen Fall, welcher auffallende Ähnlichkeit mit Variola 
darbot, bei der Nekropsie sich aber als durch Rotzbazillen hervorgerufen heraus- 
stellte. Der Inhalt der blatternähnlichen Pusteln, der Lungen- und Muskelabszesse 
enthielt typische Rotzbazillen, sowie auch leukocytäre, für die betreffende Krank- 
heit charakteristische Veränderungen. Auch das Unterhautzellgewebe, namert- 
lich in der Umgebung der Haarfollikel, enthielt zerklüftete Leukocyten und fibrinöse 
Massen. Auf dem Nasenseptum befand sich eine eiternde Pustel. 

In einem anderen Falle war das klinische Bild der tödlich verlaufenden Krank- 
heit ein ähnliches, doch fand B. keinen Rotzbazillus, sondern einen anderen, den 
er auch beim Pferde gefunden und als falschen Rotz beschrieben hat. Ausscher. 
der Bakterien, Kulturen und sonstige Merkmale sind von denjenigen des wahrer. 
Malleus verschieden. E. Toff (Braila). 








8. Emil Doebeli. Zur Ätiologie der Angina der Kinder. (Kor- 
spondenzblatt für Schweizer Ärzte 1916. Nr. 15. S. 466.) 

Verf. hat bei Kindern sehr häufig zu gleicher Zeit oder im Anschluß an Ver- 
dauungsstörungen eine Angina lacunaris beobachtet. Fieber war dabei nich 
immer vorhanden, manchmal war es mit den Erscheinungen von seiten des Mager- 
Darmkanals bereits abgeklungen. Die Kinder haben anfänglich keine Beschwerden 
im Rachen, denn es fehlen Rötung und Schwellung der Mandeln, dagegen sind di 
Krypten mit weißen Pfröpfen ausgefüllt. Der weitere Verlauf macht sich nun £. 
daß entweder diese Pfröpfe wieder verschwinden, ohne daß weitere Krankheit:- 
erscheinungen auftreten, oder es kommt zu einer regelrechten Angina mit Schluck- 
beschwerden, Fieber, Rötung und Schwellung der Mandeln. Verf. denkt sich die 
Genese dieser Angina wie folgt: Zuerst besteht eine Verdauungsstörung, durch 
Schädigung der Darmwand gelangen die entstehenden toxischen Substanzen ir 
die Blut- und Lymphbahnen des Verdauungstraktus und verursachen Schädi- 
gungen der Gefäßwandungen, was zu einer entzündlichen Exsudation führt. D: 
die Mandeln mit dem Lymphgefäßsystem des ganzen Verdauungstraktus in innige: 
Verbindung stehen, so füllen sich die Lakunen der Mandeln mit Exsudatmassen, 
die als weiße Pfröpfe erscheinen, manchmal überzieht auch ein weißlicher Schlei: 
die ganze Mandel. Sekundärinfektion kann hinzutreten durch eine der immer 
im Rachen zahlreich vorhandenen Bakterienarten. Indessen kommt auch Cél- 
infektion auf dem Lymphwege zustande, wodurch die stinkenden Tonsillarabszesst 
entstehen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


6. Rumpel. Über epidemisches Auftreten von eitriger Stomatitis. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

Es handelte sich hier um eine unter Prodromalerscheinungen (Fieber, Utei- 
keit, Schwindelgefühl, Obstipation) auftretende Munderkrankung. Lokal lag eine 
Schwellung und Rötung der Mundschleimhaut mit eitriger Sekretion vor, grau- 
gelbliche Beläge am freien Zahnfleischrande, an den Zungenrändern und in der 
Backentaschen, zum Teil mehr das Bild von flachen Ulzerationen, zum Teil mehr 
das Bild membranöser Erkrankung bietend. Auch hier Plaut-Vincent'sch 
Keime in den Abstrichen vorhanden. Im Verlauf wiederholt leichte rheumatisch: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. ~ 693 


Beschwerden. Eine Infektiosität von Mensch zu Mensch war auch hier nicht 
nachzuweisen. | Reckzeh (Berlin). 


10. G. Prins. Beeinflussung der Magensaftausscheidung durch Brot 
vom ganzen Korn. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 1611—18.) 
Vergleich zwischen dem Einfluß auf die Magenausscheidung von 50 g Brot 

vom ganzen Korn (Weizenbrot) und 50g Weißbrot, je mit 300 ccm Tee. Die 

Salolprobe ergab keine Motilitätsdifferenzen. Nebenbei wurde die Beobachtung 

erwähnt, daß ein ausgespülter nüchterner Magen nach einer Stunde relativ stark 

HCI-haltig ist, und die unphysiologische Sitte der Spülung unmittelbar vor dem 

Probefrühstück einer gerechten Kritik unterzogen. Verf. hat bei seinen Soldaten 

die nüchterne Spülung für jede Person nur einmal vorgenommen, und zwar nicht 

an den Tagen der Frühstückproben. Von 83 Pat. mit Magenbeschwerden konnten 

81 — 2 hatten Geschwüre — zur 3 bis 4maligen Frühstückprobe verwendet werden. 

Von den 24 »normalen« Mägen ergaben nur 5 keine Differenzen der HCI-Werte 

bei den Brotsorten, 15 eine erhebliche Erhöhung derselben sowie der Sekretion nach 

Graubroteinnahme, 4 eine Differenz zugunsten des Weißbrots. Ein seit dem 

5. Jahre nur Graubrot essender Mann bot ungeheuere HCI-Zahlen nach Weißbrot- 

genuß dar; ein Achlorhydriepatient reagierte weder auf Grau- noch auf Weißbrot. 

Von 55 hyperaziden Personen ergaben 33 nach Graubroteinnahme Steigerung der 

subjektiven und objektiven Sekretionsgröße, so daß mitunter Mengen bis zu 

500 ccm erhalten wurden, gegen 70 ccm nach Weißbrot; die Azidität war in diesen 

Fällen nach Weißbrot höher, z. B. 98 gegen 62 beim Graubrot;; 13 Personen erlitten 

keinen Einfluß von Graubroteinnahme, bei 9 war die Hypersekretion nach Weiß- 

broteinnahme größer. Im allgemeinen wurde also nach Graubrotgenuß eine höhere 

Magensaftmenge wahrgenommen, in toto (nicht prozentual) höhere HCI-Werte, 

sogar bei denjenigen Personen, bei denen ein Widerwillen gegen Graubrot vorlag, 

also nicht im Sinne des Pawlow’schen Aziditätsgesetzes. Nach Verf. soll das 

Graubrot für die Volksernährung dem Weißbrot vorgezogen werden. Das »dia- 

gnostische« Probefrühstück soll seines Erachtens nur mit Weißbrot bzw. Zwieback, 

angestellt werden (nach Ref. soll man sein Probefrühstück möglichst physiologisch 
der Lebensführung des Individuums anpassen). Zeehuisen (Utrecht). 


11. W. J. Stone. Die Bedeutung der Kohlehydrate für Entstehung 
und Heilung von Hyperazidität und Magengeschwür. (Journ. 
amer. med. ass. 66. Nr.5. S. 324.) 

Überfluß an Kohlehydraten führt zu Magensäurebeschwerden, Einschränkung 
bessert prompt, wenn nicht schon ein Geschwür entstanden ist. Das Landwirt- 
schaftsdepartement der Vereinigten Staaten hat den Zuckerverbrauch pro Kopf 
für die verschiedenen Staaten berechnet durch Addition von Erzeugung und 
Einfuhr und Subtraktion der Ausfuhr und hat gefunden, daß in den U.S. A. 
sich der Zuckerverbrauch in den letzten 50 Jahren verdreifacht hat, auf 82 Pfund 
pro Kopf. Ebenso hat sich der Stärkeverbrauch stark vermehrt. Galt früher 
Zucker als Luxus, so glaubt jetzt niemand, ihn entbehren zu können. 1819 kamen 
auf den Kopf 4 Pfund, 1821 7 Pfund, 90 Jahre später also etwa das Zehnfache 
(82 Pfund). Großbritannien steigerte von 1821 bis 1911, also in 90 Jahren, von 
16 auf 92 Pfund pro Kopf; Frankreich in den letzten 40 Jahren von 17 auf 39 Pfund, 
Deutschland in der gleichen Zeit von 12 auf 42. Und die beiden englisch sprechenden 
Länder weisen die größte Zahl von Magengeschwüren auf. 


694 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 

Der Magen wird mit den Kohlehydraten nicht fertig, es entstehen höhere 
Fettsäuren, wie die Magenspülung nach einer solchen Mahlzeit zeigt. Ihr Reiz 
bewirkt Hypersekretion und vermehrte Säure. Die Behandlung vermeide als» 
Kohlehydrate, und besonders den Zucker. Treten die organischen Säuren hart- 
näckig auf, so hilft Magenspülung mit warmer Salizylsäurelösung 1 : 1000, täglich 
eine Stunde vor der Hauptmahlzeit. Die begleitende Verstopfung ist mit zu- 
berücksichtigen. | Meinhof (Halle a. S.). 


12. Bruegel (München). Die Beeinflussung des Magenchemismus 
durch Röntgenstrahlen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
im allgemeinen bewirkt die Bestrahlung eine Herabminderung der Säure- 
werte, sowohl der Gesamtazidität, als auch der freien HCI, jedoch nicht imme: 
im gleichen Verhältnis. Am raschesten tritt dieser Effekt ein bei den Fällen von 
Hyperchlorhydrie, bei denen weder röntgenologisch noch klinisch Ulcera nach- 
weisbar waren. Normale Säuremengen verlieren an Höhe. Wesentlich langsame: 
erfolgt die Verringerung der Säurewerte in den Fällen, wo chronische Ulcera vor- 
handen sind. Reckzeh (Berlin). 


13. E. C. van Leersum. Über Schleimhautfetzen im Mageninhalt. 
Beitrag zur Kenntnis der Gastritis chronica exfolians. (Neder. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 1594—1611.) 

Bei 43 Pat. wurden im ganzen 88 Schleimhautfetzen durch die Schlauch- 
einführung zutage gefördert; nur bei gründlicher Inspektion des ausgeheberter 
Mageninhalts samt Spülwasser gelingt die Auffindung dieser durch rostfarbene: 
oder blutrotes Aussehen sich von dem Speisebrei abhebenden Gewebsprodukte. 
Die Lösung dieser Fetzen rührte nicht ausschließlich von einer durch die Reibung 
der Sondeneinführung hervorgerufenen mechanischen Läsion her, indem dieselben. 
auch beim einfachen Brechakt mehrmals wahrgenommen werden. Die Mehrzai 
derselben entstammt dem Übergangsgebiet zwischen Fundus und Vestibulum 
oder letzterem selbst; der Fundusteil liefert fast niemals derartige Fetzen. Es 
sind also die von der Magensonde hauptsächlich berührten und sonstigen mecha- 
nischen Einwirkungen besonders ausgesetzten Gebiete, welche besonders vui- 
nerabel sind. Die Größe schwankte zwischen 2 mm und 2 cm; das Drüsengewe'x 
‘war nur selten im ganzen — höchst selten sogar mit einem Teil der Musculans 
mucosae — abgehoben; in der Mehrzahl der Fälle war die Entzündung mikr- 
skopisch nur bis zum interfovealen Gewebe fortgeschritten. Dieser sich durch di 
Anwesenheit etwaiger Exsudate oder Infiltrate und durch Blutungen kent- 
zeichnende Entzündungsvorgang war der Grund der höheren Vulnerabilität der 
Schleimhaut. Dieselbe kann unter Umständen in hohem Maße zur Diagnost- 
stellung beitragen, wie durch die Mikroskopie der Fetzen näher belegt wird. Di: 
wiederholte Auffindung der Fetzen sichert die Diagnose der Gastritis chronic 
exfolians. Die erhebliche Heilungstendenz dieser multipeln, nur wenig blutende:. 
Erosionen und das Fehlen etwaiger Prädilektionsstellen unterscheidet dieselbe: 
von den peptischen Geschwüren. Die Affektion, sowie der durch dieselbe hervo:- 
gerufene, vor allem im Zusammenhang mit größeren Mahlzeiten auftretende 
Magenschmerz, wird durch diätetische und medikamentöse Maßnahmen geheil:. 
In letzterer Beziehung wird die Verabfolgung des Höllensteins (0,5 : 300 ccm 
Aq. dest. 3 bis 4mal täglich 15 ccm) oder die Magenpülung mit 0,25 bis 0,6% iget 
Lösungen desselben der Verwendung organischer Silberverbindungen vorgezogen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 695 


14. E. F. Hirsch (Chicago). The gastric mucosa in delirium tremens. 

(Arch. of internal med. 1916. März.) 

Petechien in der Magenschleimhaut ohne irgendwelche entzündliche Ver- 
änderungen in ihrer Umgebung sind nach Beobachtungen H.’s der häufigste 
Befund bei Leichen von im Delirium tremens Verstorbenen und wohl der anato- 
mische Ausdruck einer akuten Toxämie. Hiernach erscheint es H. zweifelhaft, ob 
chronischer Alkoholismus allein zu einer chronischen Gastritis führen kann. 

F. Reiche (Hamburg). 


15. J. H. Levy and J. L. Kantor (Syracuse). A clinical study of 
delayed gastric emptying. (Arch. of internal med. 1916. April.) 
Nach L. und K. hat die Untersuchung der motorischen Leistungsfähigkeit 

des Magens zu berücksichtigen, ob eine Mahlzeit von normaler Menge und Zu- 

sammensetzung in ungefähr 7 Stunden ihn verlassen hat. Prüfungen mit dem 

Magenschlauch haben stets die Röntgenbestimmungen zu ergänzen. Ungefähr 

1 auf 8—9 Personen mit Verdauungsbeschwerden leidet — in L. und K.’s Material 

185 unter 1600 Kranken — an verzögerter Magenentleerung; ein Pylorospasmus 

findet sich in 58,8, Obstruktion am Pylorus in 22%, Magenatonie in 17°, der Fälle 

von verlangsamter Entleerung des Organs. Zu diesem Zustand prädisponiert, 
bzw. mit ihm einher geht in 50%, der Fälle ein Ulcus, in je 7,5 Autointoxikation 
und Carcinoma ventriculi, in 7 Ptosis mit Atonie, in 3,7%, Cholelithiasis, seine 

Ursachen sind in 75,3% im Magen selbst, in 10,3% sonst im Digestionstrakt und 

außerhalb desselben in 13,4 % lokalisiert. Die die Magenentleerung hauptsächlich 

beherrschenden Faktoren sind die Form und dann der Tonus des Magens, die Art 
der Mahlzeiten, die Azidität des Magensafts, nervöse und schließlich obstruierende 
mechanische Momente. F. Reiche (Hamburg). 


16. & v. Szöllösy. Die Gastralgien, ihre Pathogenese und diagno- 
stische Bedeutung. 865S. Preis M. 3,—. Berlin u. Wien, Urban & 
Schwarzenberg, 1916. 


Ein Versuch, die Gastralgie abzugrenzen und vom klinischen Standpunkt 
aus zu verwerten, muß Interesse erwecken, und das vorliegende Heftchen weiß 
dieses Interesse bis zum Schluß wach zu erhalten. Es bestand von vornherein 
eine große Gefahr, die durch organische Krankheiten, speziell durch Reizung 
der Serosa, hervorgerufenen Schmerzen nicht genügend kritisch auszuscheiden, 
aber der Verf. hat diese Klippe vermieden. Es ist nicht möglich, in einem kurzen 
Referat den vielseitigen Inhalt des Buches zusammenfassend zu rekapitulieren. 
Aber es darf als allgemeines Urteil gesagt werden, daß, wenn auch nicht alles, 
was der Verf. vorbringt, in Zukunft sich erweisen lassen sollte, jeder Leser aus 
dem Inhalt viel Anregung zum Nutzen seiner Pat. schöpfen wird. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


17. Albert F. R. Andresen. The treatment of gastric ulcer. (Med. 
record 1916. Vol. LXXXIX. Nr. 11. S. 457.) 

Verf. hält das Magen- und duodenale Geschwür für eine Infektionskrankheit, 
ähnlich der chronischen rezidivierenden Appendicitis und dem Gelenkrheumatis- 
mus. Der Krankheitserreger sei ein Streptokokkus, wahrscheinlich der St. viridans. 
Intravenöse Injektionen lebender Kulturen haben in Versuchstieren Magen- 
geschwüre erzeugt. Die primären Streptokokkenherde finden sich in Mund, Nase, 


696 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


Nebenhöhlen, Hals, Gallenblase, Becken, Appendix und Haut. Solange diese 
primären Herde fortbestehen, seien Rezidive der Magengeschwüre immer wieder 
zu erwarten. Verf. empfiehlt warm die Behandlung mit autogener Vaccine von 
Streptokokkus viridans. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


18. L. Delprat. Über die Behandlung des Pylorospasmus bei 
Säuglingen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 1316—37.) 
Ausführungen über die Erfahrungen bei dieser Erkrankung in der Emma- 
kinderklinik zu Amsterdam in 21 in den Jahren 1912—15 behandelten Fällen. Die 
Prognose ist nach D. günstiger als gewöhnlich angenommen wird. Von den 
21 Fällen verliefen 7 tödlich, konnte 1 nicht näher verfolgt werden, wurden 13 ge- 
heilt oder erheblich gebessert. Die innere Behandlung wurde wo nötig durch 
die subkutane Applikation physiologischer Kochsalzlösung unterstützt. In der 
Mehrzahl der Fälle führte die Verabfolgung frequenter geringer, allmählich an- 
steigender Nahrungsmengen zum Ziele, anfänglich also 10 bis 15 ccm Mutter- 
milch oder in Ermangelung derselben Eiweißmilch, Buttermilch usw. In einigen 
weiteren Fällen kam D. mit 5maliger Verabfolgung größerer Mahlzeiten au:. 
Bei Fortdauer des Erbrechens wurden !/, Stunde vor jeder Nahrungszufuhr sud- 
kutane Injektionen des den Tonus der glatten Muskulatur herabsetzenden Papa- 
verinum hydrochloricum angestellt, welche in 2 Fällen einen schlagenden Erf-lg 
zeitigten. Duodenalfütterungsversuche scheiterten an der zu großen Ermüdung 
der Pat. Zeehuisen (Utrecht). 


19. E. Koch. Über chronische Entzündung der pylorischen Magen- 
gegend als Grundlage der gutartigen Pylorushypertrophie des 
Erwachsenen. (Frankfurter Zeitschrift f. Pathologie 1915. Bd. XVI. Nr.2.) 

Aus allen seinen Beobachtungen, besonders daraus, daß sich in seinen 12 Fällin 
entzündliche Vorgänge im hypertrophischen Pylorus fanden, die allermeist da: 
Bild beherrschten, schließt Verf.: 

Ein erheblicher Teil der gutartigen erworbenen Pylorushypertrophien beruft 
auf einer echten Entzündung des Pylorus, die mit Bindegewebsdurchwachsun 
ausheilt und den Muskel durch Bewegungshinderung 2u einer Arbeitshyper- 
trophie veranlaßt. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


20. R. de Josselin de Jong. Über durch gutartige Drüßenver- 
größerungen im Pylorusgebiet ausgelöste Magenstörungen. 
(Nederl. Tijdschrift v. Geneesk. 1915. 11. S.2372—84.) 

Ein (pylorektomierter) Fall ergab Pylorusstenose infolge primärer Schwe!- 
lungen Brunner’scher Drüsen; letztere bildeten, ohne daß Muskelhyperpläsit 
vorlag, eine ringförmige, dicke, alle Krümmungen der Schleimhaut ausfüllend 
submuköse Schicht normalen Drüsengewebes; jede Spur einer Entzündung od 
Narbenbildung fehlte. Ein zweiter Fall betraf einen an multiplen Sarkomen ver- 
endeten Knaben; nur am Todestage werden Bauchschmerzen geäußert; der Py- 
lorusbefund war eine im Darmliumen prominierende, aus Brunner’schen Drüsen 
zusammengesetzte Geschwulst ohne Sarkombildung; auf dem Gipfel derselben 
hatte sich ein wenige Stunden vor dem Tode perforiertes Geschwür entwickeit. 
Im dritten Fall war der Tod 4 Wochen nach der wegen Magengeschwür vorgenom- 
menen Gastroenterostomie eingetreten. 2 Magengeschwüre und 2 Duodenal- 
geschwüre wurden vorgefunden, mit Perforation des auf der Drüsengeschwuist 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 697 


seßhaften Geschwürs in die freie Bauchhöhle. Die Geschwulst war auch in diesem 
Falle aus Brunner’schen Drüsen zusammengestellt; diese Fälle werden von 
Verf. nicht als Adenome, sondern nur als Drüsenhyperplasien aufgefaßt. — Im 
Anschluß an diese 3 Fälle werden 2 reine, nicht mit Drüsenhyperplasie kom- 
plizierte Hyperplasien der Pylorusmuskulatur, lokale Muskelverdickungen, nach 
Verf. in der Literatur bisher unbekannt, beschrieben; einer derselben war an- 
geboren. Die Magnus-Alsleben’schen Leichenbefunde (Adenomyome) be- 
treffen Fälle, in denen bei Lebzeiten keine Magenbeschwerden vorgelegen hatten, 
so daß dieselben nur pathologisch-anatomisches Interesse beanspruchen, keine 
reinen Drüsenhyperplasien ohne Muskelwucherung sind. — Den Schluß der Arbeit 
bilden: 1) Eine glattwandige Cyste in der unteren Schleimhautschicht innerhalb 
der Grenzen der Muscularis mucosae ohne Erscheinungen während des Lebens 
(zusammendrückbare Cyste) bei einem durch Gasvergiftung verendeten gesunden 
Manne; 2) ein breitgestieltes Pancreas aberrans (vorgefunden bei Gastroentero- 
stomie), seinen Ursprung nehmend von der Magenschleimhaut am Pyloruslumen. 
Zeehuisen (Utrecht). 


21. JohannKossinsky. Magengeschwürin Bayern. Eine statistische 
Notiz. (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XX. Hft.4. S. 511—517.) 
Frauen erkranken bedeutend öfter an Magengeschwür wie Männer. Die 

Mortalität der Ulcuskranken ist beim weiblichen Geschlecht kleiner, die Er- 

krankung an Magengeschwür ist für die Frau weniger gefährlich als für die Männer. 

F. W. Strauch (Halle a.S.). 


22. Finsterer. Zur Diagnose und Therapie der akuten Perforation 
von Magen- und Duodenalgeschwüren. (Wiener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 8.) 

Ist die Wahrscheinlichkeitsdiagnose »Peritonitis nach Appendicitis« gestellt 
und bei der Operation eine Perforation am Wurm oder unteren Ileum nicht ge- 
funden worden, dann ist auf das hörbare Entweichen von Gas aus der Bauch- 
höhle als Zeichen eines perforierten Magen-Darmulcus unbedingt zu achten. Der 
Erfolg einer Operation wegen Duodenalperforation hängt ab 1) von der Früh- 
operation, 2) von der Wahl des Narkosemittels, 3) von der Art der Operation, 
4) von der richtigen Orientierung bei der Operation. 

Feith (Nürnberg). 


23. J. De Groot. Zwei Fälle von Ulcus duodeni. (Archiv f. Ver- 
dauungskrankheiten Bd. XX. Nr. 4. S. 478—481.) 
Mitteilung von zwei Ulcus duodeni-Fällen; nach Ansicht des Verf.s soll das 


Ulcus duodeni weit seltener sein als das Ulcus ventriculi. 
F. W. Strauch (Halle a.S.). 


24. V. Plitek. Über das familiäre Auftreten des Ulcus ventriculi. 
(Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XX. Hft. 4. S. 461 — 468.) 
Genaue Mitteilung von drei Fällen von Ulcus ventriculi in ein und derselben 
Familie (Bruder, zwei Vettern väterlicherseits). Es wird auf vagotonische Stig- 
matisierung hingewiesen. F. W. Strauch (Halle a. S.). 


698 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


25. Rothschild (Frankfurt a. M.). Erfolgreicher Verschluß einer 
nach Magenresektion entstandenen Duodenalfistel. (Münch. 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 


In der Kombination der Verwendung der die Fistel umgebenden Haut zum 
Darmverschluß mit der Bleiplattennaht scheint in dem beschriebenen Falle der 
Erfolg zu beruhen. Reckzeh (Berlin). 


26. v. Noorden (Frankfurt a. M.). Zur internen Behandlung der 
Duodenalgeschwüre. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 
Unmittelbare Einschwemmung von kohlensaurem Bismutbrei (in der Rege: 
25%,ig) in das Duodenum zu therapeutischen Zwecken. Am besten spritzt man 
langsam zunächst etwa 30 ccm ein und füllt dann während der nächsten Viertel- 
stunde alle paar Minuten einige Kubikzentimeter nach, so daß die ganze Zei? 
hindurch die gesamte Duodenalwand unter dem Einfluß des Bismutbreies steht. 
Es wird damit die Art und Weise nachgeahmt, in der beiden Kussmaul-Fleiner- 
schen Bismutkuren die Magenwand mit Bismutbrei versorgt wird. Beim Eir- 
spritzen in das Duodenum, wobei dieser Antrieb von seiten des Magens fehlt, häl: 
sich der Bismutbrei sehr viel länger im Duodenum, und es unterliegt nach der 
Röntgenbildern keinem Zweifel, daß man bei der angegebenen Methode tatsächlich 
längere Zeit hindurch dem Bismutbrei den Aufenthalt im Duodenum sichert. 
Mit Bestimmtheit kann man sagen, daß der unmittelbare gute Einfluß auf die 
subjektiven Beschwerden ein ganz bedeutender war, und daß die Blutreaktivr. 
aus dem Stuhlgang sehr bald verschwand. Inwiefern damit Dauererfolge erzielt 
werden, läßt sich heute noch nicht sagen. Reckzeh (Berlin). 


27. Welwart (Wien). Über eine Farbenreaktion in Harnproben 
bei Magenkarzinom. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 
Es wird angenommen, daß die schwefelhaltige organische Substanz durch 
einen abnormalen Eiweißstoffwechsel gebildet wird und vielleicht dem Cyst:: 
nahe steht. Gegen die Anwesenheit von Cystin sprechen der mikroskopisch 
Harnbefund, die leichte Abspaltbarkeit von Schwefel mit verdünnten Alk- 
hydroxyden, das Reduktionsvermögen der fraglichen Substanz und die qual: 
tative Prüfung der Harnprobe. Reckzeh (Berlin). 


28. Schlesinger. Unterscheidet sich das Magensarkom klinisch 

vom Karzinom? (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Das Verhalten des Magenchemismus, der Magenmotilität, der okkulten un! 
manifesten Blutungen, des Blutbefundes, des Harnbefundes, des Schmerzes, &' 
Geschwulstgröße, der Kachexie gibt bis jetzt keine Handhabe zur Differenzierun: 
der beiden Geschwulstarten. Für die Unterscheidung des Magenkrebses und &: 
Lymphosarkoms sind die röntgenologischen Merkmale besonders wertvoll. Cha- 
rakteristische Gewebsfetzen im Ausgeheberten oder im Erbrochenen, die hist 
logische Untersuchung von Metastasen, von Ascitesflüssigkeit können die D:2 
gnose fördern, ebenso der Nachweis einer Milzschwellung, welche eher für Sarkı 
spricht. Rascher Rückgang der Geschwulst unter Radiotherapie macht ds: 
Bestehen eines Lymphosarkoms wahrscheinlich. Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 699 


20. Leo. Über die Bekämpfung von Darmentzündungen durch 
lösliche Kalksalze. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Die mitgeteilten Ergebnisse fordern dazu auf, die entzündlichen Darmerkran- 
kungen des Menschen in systematischer Weise durch Zufuhr von Kalksalzen zu 
behandeln. Es kommen dafür alle Darmentzündungen in Betracht, gleichgültig 
welcher Art die Entzündung ist und dürch welches ätiologische Moment die Ent- 
zündung hervorgerufen ist. Denn wir wissen vorderhand nur, daß der patho- 
logisch-anatomische bzw. -biologische Prozeß der Entzündung durch die Kalk- 
salze unterdrückt wird, nicht aber, ob durch dieselben auch eine Beeinflussung 
der Krankheitserreger stattfindet. Die Kalktherapie wäre demnach indiziert 
bei allen Formen von Enteritis (auch bei Cholera) und geschwürigen Prozessen 
im Darme, also auch bei Dysenterie, Typhus und eventuell auch bei Darmtuber- 
kulose. Was die Form der Darreichung betrifft, so kommt dafür in erster Linie 
das Kalziumchlorid in Betracht, das man in der gebräuchlichen Form einer 5% igen 
Lösung unter Zusatz eines Sirups verschreibt, und von dem man täglich 5—10g, 
eventuell auch mehr, einnehmen läßt. Ebensogut kann man auch das weniger 
unangenehm schmeckende Calcium lacticum anwenden, sowie das ebenfalls in 
Wasser leicht lösliche Calcium glycerinophosphoricum, 


Reckzeh (Berlin). 


30. R. de Josselin de Jong. Das sog. »Megacolon congenitum« 


(Hirschsprung’sche Erkrankung). (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1916. I. S. 1788—1801.) 


Die niederländische Literatur über den betreffenden Gegenstand führt in 
Übereinstimmung mit Sitsen zum Schluß, daß beim sogenannten Megacolon 
congenitum in der Flexur oder im Mastdarm keine von der Wandung aus ins 
Lumen hineinragende Klappen sensu strictiori vorliegen, sondern nur durch Be- 
teiligung aller Wandungsschichten eine Faltenbildung zustande kommt, durch 
welche der Durchtritt des Darminhalts distalwärts aufgehoben oder besonders 
beeinträchtigt, oralwärts im Gegenteil normal ist, so daß bei rektaler Spritzen- 
oder Rektoskopapplikation erhebliche Kotmassen beseitigt werden können. Diese 
und die nachträglich vom Verf., Rotgans u. a. beobachteten Fälle führen Verf. 
zur Auseinanderhaltung zweier Krankheitszustände: 1) die eigentliche Hirsch- 
sprung’sche Erkrankung mit angeborenem Symptomenkomplex hartnäckiger 
Verstopfung nach Hirschsprung mit sekundärem Megalosigmoid einerseits, 
wie in seinem 1916 beschriebenen Falle eines 12jährigen Knaben und in einem 
neuen Falle bei einem 3monatigen Kind zutraf; 2) das Megacolon congenitum 
mit angeborener langer Flexur, ohne angeborene Verstopfung und ohne Klappen- 
mechanismus, erst im späteren Alter mit Erscheinungen chronischer Achsen- 
drehung mit sekundärer Ausdehnung und Verdickung des Sigmoids (44jähriger 
Mann). — Die interessanten Ausführungen ergeben den Schluß, daß nur genaue 
klinische und anatomische Prüfung frischer Fälle bei Fixation des Organs in situ 
die Sachlage in jedem einzelnen Falle zur Klarheit zu bringen vermag, wie bei der 
Leiche des 3monatigen Kindes vollständig gelungen ist; das Kolon war in diesem 
Falle ebensowenig verlängert wie die Flexur; ebenso fehlte eine Verlängerung des 
Mesosigmoids. Vorhanden waren: gleichmäßige Dilatation des ganzen Dickdarms 
und leichte Wandungsverdickung des distalen Flexurteils; der Überzug der aus- 
gedehnten Fiexur und des Rektums bot eine scharfe Grenze dar. — Die primäre 
Affektion fußt nach Verf. also in einer besonderen Falten- und Klappenbildung 


700 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


der Flexur-Rektumgrenze. Für die chirurgische Behandlung der Erkrankung 
in späteren Altersstufen ergibt dieser Befund wertvolle Fingerzeige. 
Zeehuisen (Utrecht). 


31. Ludwig Wolff (Gothenburg). Zur Wertschätzung der okkulten 
Blutungen. (Archiv f. Verdauungskrankheiten Bd. XXII. Hft. 2. S. 142 


bis 146.) 

Es wird die hohe diagnostische Bedeutung des Blutnachweises in den Fäces 
nach vorangegangener 4—Ötägiger fleischloser Kost an Hand verschiedener prak- 
tischer Fälle (zum Teil durch Operation oder Sektion erhärtet) dargelegt. Neben 
der Weber’schen Blutprobe (Äther durch konzentrierten Alkohol ersetzt) wird 
besonders die Phenolphthaleinprobe gerühmt. F. W. Strauch (Halle a. S.). 


32. J. Snapper. Der Blutnachweis im Stuhl. (Nederl. Tijdschr. v. 
Geneesk. 1915. I. S. 1515—25.) 

Bisher wurde bei der Fäcesblutprüfung die stark sauere Reaktion der Au:- 
züge nicht genügend berücksichtigt. Die Fäces wurden daher von S. nach dè 
Jager mit einer Mischung von 1 Teil Eisessig und 3 Teilen Alkohol zerrieber 
und nach Filtration 5 ccm Filtrat mit 10 Tropfen 20% iger Natronlauge behandelt, 
so daß Lackmuspapier noch gerötet wird. Die Guajakreaktion hat bei dieser 
Behandlung eine Empfindlichkeit 1 :50 000, die Benzidinreaktion 1 : 100 (in. 
In den Fäces sind bekanntlich das Zustandekommen dieser Farbstoffreaktionin 
hemmende Körper vorhanden; andererseits lösen sich die in den Fäces anwesenden, 
Fehlschlüsse ermöglichenden Oxydasen schwer in essigsaurem Alkohol. Die Ab- 
wesenheit anderweitiger, die Benzidinreaktion vortäuschender Körper gilt ir 
noch höherem Maße für die Phenolphtaleinreaktion; sogar unwägbare Kupfer- 
spuren ergaben mit letzterer positive Blutfarbstoffreaktion. Indem Azeton die 
Kotfarbstoffe mit Ausnahme des Biutfarbstoffs löst, wird der Stuhl von S. mit 
überschüssigem Azeton zerrieben, filtriert, der Filterrückstand mit Azeton aus 
gewaschen, in wenig Eisessig und Äther gelöst, filtriert, 2ccm des Filtrats mit 
5 Tropfen Pyridin und 2 Schwefelammon versetzt und schnell der bei 1,560 lit- 
gende Hämochromogenstreifen spektroskopisch verfolgt. In Übereinstimmung 
mit Schumm und Boas wurde nach Verabfolgung von 2ccm Blut — in Wein- 
suppen — nicht konstant + Benzidinreaktion, sogar noch 1 bis 1!/, ccm Bist 
eine + Hämochromogenreaktion erhalten. Der positive Ausschlag der Farben- 
reaktionen steht also an Zuverlässigkeit der Hämochromogenreaktion bedeutend 
nach. Nebenbei soll durch Einnahme von 15 bis 25 g Magnesiumsulfat die Ent- 
leerung des Darmes und bei normalen Personen der Schwund des Blutfarbstef: 
aus dem Darminhalt sichergestellt werden. Zeehuisen (Utrecht). 


33. S. J. Meltzer (New York). The relation of the purgative action 
of magnesium sulphate to peristaltic and the general law of 
crossed innervation. (Arch. of irternal med. 1915. Juni.) 

M. sucht den Widerspruch, daß Magnesiumsulfat ein bewährtes Abfütr- 
mittel ist, aber im Tierexperiment sowohl bei intravenöser Zufuhr wie bei Eir- 
bringung direkt ins Lumen des Darmes nicht nur nicht peristaltisch wirkt, sondern 
eine etwa vorhandene Darmbewegung lähmt, durch Hinweis auf die bei allen 
eine Bewegung erfordernden Funktionen zu beobachtende reziproke (Sherring- 
ton) bzw. konträre Innervation zu erklären, für die es am Magen-Darmkan: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 701 


bereits eine Reihe beweisender Beobachtungen gibt. Ihnen zufolge setzt sich die 
Peristaltik aus zwei gleichzeitigen Phänomenen zusammen: Kontraktion des je- 
weiligen oberen, Erschlaffung des unteren Darmabschnitts. Der Vorgang ist 
nicht myogener Natur, sondern im Auerbach’schen Plexus myentericus ver- 
mittelt (Magnus). Es wird der purgierende Effekt des Magnesiumsalzes haupt- 
sächlich in seiner Einwirkung auf den inhibitorischen Anteil beim Vorgang der 
Peristaltik beruhen. Das per os gegebene Magnesiumsulfat bildet ferner mit 
dem Chlornatrium und den Karbonaten des Magens das lösliche und Peristaltik 
anregende Natrum sulphuricum und das unlösliche Magnesium carbonicum, das 
durch Wasserabsorption und als chemischer Reiz ebenfalls die Darmtätigkeit 
anregt. F. Reiche (Hamburg). 


34. S. B. de Groot. Akute Pankreatitis. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 
1916. 1. S. 4557—72.) 

Ein einschlägiger, dem von Jenckel beschriebenen analoger Fall bei einer 
29jährigen Frau mit besonders abweichenden klinischen Erscheinungen, vor 
allern die Anwesenheit einer schnell entstehenden und bald zurückgehenden Ge- 
schwulst in der Ilecoecalgegend. Bei der Operation ein makroskopisch und mikro- 
skopisch normaler Appendix; in der ausgedehnten Gallenblase 15 kleine facettierte 
Steine; in der Bauchhöhle blutige Flüssigkeit; in der Kapsel Pankreasgewebe 
außerordentlich gespannt, keine Nekrose ; anfänglich ziemlich bedeutende Eiterung 
des Pankreasgewebes; vollständige Heilung. Die bei der Operation an der Darm- 
wandung und im präperitonealen Fett vorgefundenen Fettnekrosen werden zwar 
nicht ausschließlich bei Pankreasaffektionen vorgefunden, wie von Küttner 
ausgeführt wurde, dennoch sind sie in der Mehrzahl der Fälle von Pankreas- 
affektion vorhanden. Bemerkenswert war auch die Anwesenheit bakterienfreien 
blutigen Exsudats in der Bauchhöhle ohne irgendwelchen blutigen Anflug der 
Pankreaswandung; erstere ist also wahrscheinlich die Folge einer toxischen Bauch- 
tellentzündung. Die Ursache des Auftretens der akuten Pankreatitis wird vom 
Verf. in dem Einhergehen einer etwaigen Aktivitätserhöhung des Pankreassaftes 
mit Herabsetzung des natürlichen Widerstandsvermögens der Drüse gesucht, 
und zwar erstere durch Vagotonie (Nolen), letztere durch Stauung des Pankreas- 
saftes (Abschluß der Papilla Vateri durch Gallenstein, experimentelle Hindernisse 
des Abflusses der Galle und des Pankreassaftes zum Zwölffingerdarm). In einer 
weiteren Reihe von Fällen kann eine Aktivierung der Pankreasfermente durch 

' Embolien der Pankreasvenen zustande kommen. Bei der großen Frequenz der 
Gallensteine wird vom Verf. das Zusammentreffen derselben mit akuter Pankreatitis 
mehr als Zufallserscheinung gedeutet. Die Fettnekrosen im obigen Falle werden 
vom Verf. im Sinne einer durch Diffusion des Pankreassekrets in die Bauchhöhle 
ausgelösten spezifischen Reizungsreaktion des Bauchfells, des Mesenteriums usw. 
aufgefaßt. | Zeehuisen (Utrecht). 


35. 0. Lanz. Diagnose des Carcinoma caudae pancreatis. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 2006—7.) 

Die klinischen und pathologisch-anatomischen Schwierigkeiten der Diagnostik 
werden sowohl bei der Demonstration der X-Photos eines einschlägigen Falles wie 
in den von Wester man und Koch bei der Diskussion angeführten, mit günstigem 
Erfolg operierten Fällen betont. Nach L. kann mitunter eine beginnende Duo- 
denalretention als Druckerscheinung eines Karzinoms der Cauda zur Diagnosen- 


702 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


stellung beitragen. Der beim Retentionserbrechen entleerte Mageninhalt war 
stets stark gallenhaltig, der Magen hochgradig dilatiert, bei der Palpatiss 
offenbarte sich eine deutliche Magensteifung; die Röntgenaufnahme bot eine 
Schattenaussparung der Pars superior duodeni dar, so daß auch die Möglichkeit 
eines Duodenalulcus in Betracht gezogen wurde, sowie diejenige eines Karzinoms 
der Curvatura major ventriculi. Die Gastroenterostomie führte eine sofortige 
symptomatische Heilung, herbei. Zeehuisen (Utrecht). 


36. Max des Ligneris. Über diffuse Lymphosarkomatose des 
Pankreas. (Berliner klin, Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 
Es handelte sich um ein Lymphosarkom, das im Darme und im Pankreas 
lokalisiert war. Das Pankreas war diffus infiltriert mit Lymphosarkomgewtk:. 
Reckzeh (Berlin). 


37. Schütze (Berlin). Die röntgenologische Darstellbarkeit der 

Gallensteine. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 27.) 

Die Aufnahme ist in Atemstillstand anzufertigen. Es muß ein hochwertige: 
Röntgenapparat vorhanden sein, der eine erhebliche sekundäre Energie liefert, 
die in wenigen Sekunden unter Benutzung eines kornlosen, die Kontraste vet- 
mehrenden Verstärkungsschirms gestattet, die Aufnahme in Atemstillstand an- 
zufertigen. Dabei muß die Röhre recht weich sein, damit die wenig auf der Platt: 
sich abhebenden Steine nicht völlig durchdrungen werden. Zur Erzielung ei: 
scharfen und kontrastreichen Bildes muß die Blende möglichst eng — nicht grote! 
als 10 cm Durchmesser — gewählt werden, damit alle überflüssigen und stören«" 
Sekundärstrahlen ausgeschaltet werden. Um die versteckte Lage der Gallenbi: 
etwas zu bessern, wird der Pat. auf den Leib gelagert, mit ziemlich stark nat 
aufwärts gehobenem Oberkörper, was am besten durch ein ziemlich hohes, stark 
schräg ansteigendes Keilkissen erreicht wird. Der Tubus wird so gestellt, da} 
sein oberer Rand die XII. Rippe sowie sein innerer die Lendenwirbelsäule noc? 
zum Teil mit ins Bild nimmt. Die Exposition beträgt dann mit einer Röhre, di 
bei 5 Milliampere Belastung 3—4 Walterpunkte — also ungefähr 5 Wehnelt — 
zeigt, 2—3 Sekunden in Exspirationsstellung mit einer Belastung von 45 Mili- 
ampère. Reckzeh (Berlin). 


38. v. Meyenburg. Über Atresie der großen Gallenwege. (Vit 
chow’s Archiv 1916. Bd. CCXXI. Hft. 3.) 

Für die Entstehung der kongenitalen Atresie der großen Gallengänge kınt:" 
verschiedene Momente in Betracht kommen. Für einige Fälle läßt sich ei: 
(spezifische oder nichtspezifische) entzündliche Genese nicht ausschließen. Fë 
die Mehrzahl muß aber an ein Vitium primae formationis gedacht werden. 

Als ein solches darf ein Ausbleiben der Vereinigung der kleinen intrahP<- 
tischen (periportalen) Gallengänge mit den Ästen des Ductus hepaticus betrachtet 
werden. 

Das relativ späte Auftreten des Ikterus in einigen Fällen kann durch A7- 
sammeln der Galle in den kleinen Kanälchen innerhalb der Leber zur Gerust 
erklärt werden. Ein Übertritt des Gallenfarbstoffs aus dem Fötus in das Bin: 
der Mutter findet dagegen nicht statt. 


M. Lubowski (Berlin-Wilmersdoff). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 703 


39. B. C. P. Jansen. Über die Reversibilität der Harnstoffbildung 
in der Leber. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 3015.) 

Die Frage nach der Reversibilität der Harnstoffbildung in der Leber wird 
von J. in negativem Sinne beantwortet. Sogar der Zusatz erheblicher Harnstoff- 
mengen zur Durchströmungsflüssigkeit bei der Hundeleber, durch welche der 
Harnstoffgehalt des Blutes das Zehnfache des Normalen betrug, führte nicht die 
geringste Spur einer Harnstoffzersetzung durch die Leber herbei, im Gegenteil, 
das Organ setzte die Bildung neuer Harnstoffmengen regelmäßig fort; der Zusatz 
geringer Milchsäurequantitäten beeinflußte diesen Vorgang nicht im geringsten. 
Der Ammoniakgehalt war konstant 1 bis 2mg pro 100 ccm Durchströmungs- 
flüssigkeit. Zeehuisen (Utrecht). 


40. Ryokichi Inada, Yutako Ido, Rokurs Hoki, Renjiro Kaneko and 
Hirosho Ito. The etiology, mode of infection and specific 
therapy of Weil’s disease (Spirechaetosis icterohaemorrhagica). 
(Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 377.) 

Die Verff. teilen die summarischen Ergebnisse ihrer in Japan erschienenen 
Arbeiten über die in Japan endemischen Krankheit mit. Sie entdeckten eine 
Spirochäte als Ursache des Leidens, die Spirochaete icterohaemorrhagica, welche 
nur in den ersten Stadien der Krankheit im Blute sich findet, aber auch im Urin 
und in den Stühlen. Später vermindert sie sich und verschwindet fast yöllig, 
selbst aus der Leber. Übertragung von Blut aus den ersten Tagen in die Peri- 
tonealhöhle von Meerschweinchen mit dem Erfolg einer ähnlichen Erkrankung 
bei diesen Tieren. Die Spirochäte liegt im Blute außerhalb der Zellen, ihre Eigen- 
schaften werden ausführlich beschrieben. Die Infektion erfolgt sicher zum Teil 
durch die Haut und dann wahrscheinlich auf dem Umwege über irgendeine Fliegen- 
art. Eine Immunserumtherapie erscheint nicht aussichtslos. Die Übereinstim- 
mung dieser Forschungsergebnisse mit denen deutscher Autoren während des 
Krieges ist erfreulich. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


41. J. E. Sweet and James W. Ellis. The influence upon the spleen 
and the thyreoid of the complete removal of the external 
function of the pancreas. (Journ. of exp. med. 22. 1914. S. 732.) 
Die totale Ausschaltung der äußeren Sekretion der Bauchspeicheldrüse (Ent- 

fernung des Mittelstückes mit dem entsprechenden Teil des Duodenums) verursacht 

eine einfache, aber hochgradige Verkleinerung der Milz. Ferner wird die Schild- 
drüse durchsichtig, und es findet sich mikroskopisch eine erhebliche Vermehrung 
des Kolloids mit Zunahme des Jodgehaltes. Wird die Schilddrüse mit den Neben- 
schilddrüsen exstirpiert, so entwickelt sich die Tetanie später als sonst. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


42. Bailey K. Ashford. Studies on moniliasis of the digestive 


tract in Portorico. (Amer. journ. med. sciences 1915. Vol. CL. Nr. 5. 
S. 680.) 


Verf. hat als Militärarzt auf Portorico Studien über die Sprue angestellt. 
Die Erreger derselben sind höchstwahrscheinlich Monilia albicans (Oidinn) und 
verwandte Moniliaarten. Die Krankheit verläuft meist mild unter dem Bilde 


704 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 39. 


einer intestinalen Gärung, heilt oft spontan, besonders bei einer kohlehydrat- 
freien Diät. Die der Sprue eigentümliche Zungenveränderung ist vom gewöhn- 
lichen Soor klinisch und histologisch nicht zu unterscheiden. Die Veränderungen 
der Darmschleimhaut sind mit den Zungenveränderungen identisch. Eine chro 
nische Intoxikation stellt sich bei jedem voll entwickelten Spruefall ein, die 
durch Leberatrophie ohne cirrhotische Veränderungen und sekundäre Anämie 
charakterisiert ist. Die Darmerkrankung verursacht reichliche saure, schaumige, 
weiße Stühle mit enormem Gasgehalt, Ulzerationen scheinen zu fehlen. De: 
Verlauf ist chronisch, Remissionen und scheinbare Heilungen kommen vor. Medi- 
kamente sind ohne Nutzen. Die Sprue ist eine Krankheit der Städte, wo Brot 
täglich gegessen wird. Auf dem Lande, wo Brot selten ist, zum mindesten nur 
nach langen Intervallen genossen wird, ist die Sprue nicht häufig. Familien- 
endemien kommen vor, Nordländer sind der Krankheit mit Vorliebe unter- 
worfen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


43. Edward J. Wood. The occurrence of sprue in the United States. 
(Amer. journ. med. sciences 1915. Vol. CL. Nr.5. S. 692.) 

Tropische Sprue oder Psilosis kommt in den südlichen Staaten der Vereinigten 
Staaten von Nordamerika vor und wird dort häufig mit Pellagra verwechs:it. 
Das einzige Mittel zur Differenzierung ist die Untersuchung der Fäces. Stuhl: 
mit großem Fett- und Eiweißgehalt sind für Sprue charakteristisch, während ki 
der Pellagra, trotz etwa bestehender Diarrhöe, Fett- und Eiweißresorption normil 
sind. Es muß noch erforscht werden, ob bei der Sprue nicht eine Läsion de 
Pankreas vorliegt. Sprue kann sekundär zu jeder anderen Darmaffektion, auch 
zur Pellagra, hinzutreten, wodurch die Diagnostizierung sehr erschwert wird. 
Jedenfalls soll niemals Pellagra diagnostiziert werden, bevor die pathognen.- 
nischen Hautveränderungen erschienen sind. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


44. Paul. Die Herstellung von Kunsthonig mit Zitronensaft als 
Inversionsmittel. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 
Man übergieße 2 Pfund Zucker in einem irdenen oder emaillierten Topf mi! 
1/, Liter Wasser und füge den aufgekochten und durch ein kleines engmaschische 
Sieb (Haarsieb) gegossenen Saft (etwa 60 g) einer großen Zitrone hinzu. Dan 
erhitzt man unter ständigem Umrühren mit einem Holzlöffel bei gelindem Fe: 
langsam bis zum Kochen, erhält unter fortgesetztem Rühren 10 Minuten lang in 
ganz schwachem Sieden und schäumt, wenn notwendig, ab. Um ihm einen är- 
genehmen, dem Honig ähnlichen Geruch und Geschmack zu erteilen, fügt ma‘ 
der halb erkalteten Masse unter gutem Umrühren je nach Bedürfnis eine klei 
Menge Honigaroma hinzu, welches in den Apotheken und Drogengeschäften z 
kaufen ist. Das Färben geschieht mit Hilfe von sog. Karamelzucker. 
Reckzeh (Berlin). 


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Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an at 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


— 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


5 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 40. Sonnabend, den 7. Oktober 1916. 


Inhalt. 


Referate: 1. Jürgensen, Schonungsdiät. — 2. Rubner, Über den Spargel. — 5. Hinhede, 
Emährungsfrage. — 4. Salkowski, Verwendung des Blutes der Schlachttiere als Nahrungsmittel. 
— $ Paul, Avitaminose als Ursache der Nachtblindheit im Felde. — 6. Goldberger, 7. und 8. Holmes, 
Pellagra. 

9. Joannovies, Zur Frage der Geschwulstdisposition. — 10. 11. 12. und 13. Fränkel und Fürer, 
Experimentelle Therapie maligner Neoplasmen. — 14. Kaminer, Zerstörungsfähigkeit des Blut- 
serams für Karzinomzellen. — 15. Arnold, Blutveränderungen bei der Tiefenbestrahlung maligner 
Tumoren. — 16. Wood, Autolysinwirkung auf Mäusegeschwülste. — 17. Tugendreich, Behand- 
lung von Ulzerationen der Haut bei Kreb:kranken mit Isoamylhydrocuprein. 

18. van Valkenburg, Doppelte fokale Projektion der Sensibilität auf der Rinde des mensch- 
lichen Großbirns. - 19. Fröschels, Zentraler Mechanismus der Sprache. — 20. Donath, Agraphie 
infolge von Zwangsvorstellungen. — 21. Kocher, Zwei Fälle glücklich operierter großer Hirn- 
tumoren. — 23. Hellsten, Ganglion Gasseri-Tumor. — 23. Götz, Encephalitis cerebelli. — 234. Geiss- 
mar, Leberveränderung bei Wılson’scher Krankheit. — 25. Hammond und Sharpe, Behandlung 
der Pareso durch Neosalvarsaneinspritzungen. — 26. Müller, 27. Berger, 28. Reed, Epilepsie. 
- 39. Zinsser, Ist die Eklampsie Eiweißzerfallstoxikose? — 80. Riesmann, Eklampsiebehand- 
lang. 8ı. Bryant Kalzıumzufuhr bei Epilepsie. — 32. Cyranka, Alopeciephänomen als An- 
zeichen einer menıngealen Lues. — 33. v. Brudzinski, Neue Symptome von Gehirnhautentzün- 
dung — 3+. Stephan, Meningismus und Allgemeininfektion mit gramnegativen Diplokokken. — 
3 Hryatschak, Meningitis cerebrospinalis siderans. — 36. Bittorf, Meningitis serosa traumatica. 

87. v. Czy hlarz, Mılzbrandmeningitis. — 88. Piotrowski, 39. Kahlmeter, 40. Koch, 41. Meiljers, 
. 4. Nuzum, Diagnose und Therapie der Tabes. — 43. Schwarz, Salvarsan bei Parasyphilis. — 
H. Sehröder, Lues cerebrospinalis. — 45. Zondek, Wassermann, Quecksilber und Exitus. — 
% Hoffmann und Schwartz, 47. Stern, Untersuchungen der Zerebrospinalflüssigkeit. 





Referate. 


l. Chr. Jürgensen (Kopenhagen). Schonungsdiät. Ein Beitrag 
zur Reform der Diätverordnungsformen. (Archiv f. Verdauungs- 
krankheiten Bd. XXII. Hft. 2. S. 147—162. [Schluß, vgl. voriges Heft.]) 
Besprechung der leichteren Schonungsdiät, der mikrokrimnoiden (Teilchen- 

größe 1,0 mm) und makrokrimnoiden Diätmodifikation (Teilchengröße 2,0 mm). 

Zahlreiche Tabellen über Speisenzusammenstellungen. 

F. W. Strauch (Halle a. S.). 


- 2. Rubner. Über den Spargel. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Je nachdem man beim Spargel die Spitzen oder mehr von den Stielen ißt, 
stellt sich sein Nährwert ganz verschieden. Die Köpfe machen rund 9,4%, vom 
Gewicht guter (geputzter) Spargeln aus. Da 100g Ei = 159 Kal. (und 14,1g 
Eiweiß) entsprechen und 100 Teile frischer Spargel ohne Berücksichtigung des 


40 


~a 


706 Zentralblatt für innere Medizin, Nr. 40. 


Abfalls 32,3 kg. Kal. mit 0,86 g Reinprotein liefern, so entsprechen 461 g Spargel ’ 
(mit rund 4 g Reinprotein) 100 Teilen Ei oder 363 g Köpfe (mit 9,2 g Reinprotein). 
Da 100g Eisubstanz = 2 Eiern, so mag !/, Pfund Spargel also etwa einem Ei 
gleichkommen, bleibt aber im Eiweiß, besonders im verdaulichen Eiweiß, an Nähr- 
wert zurück. Bei einem Werte von 60 Pf. pro Pfund erhält man für eine Mark 
654 g ausgeputzten Spargel mit 49,5 g Trockensubstanz = 211,1 nutzbare Ka- 
lorien. Wenn das Pfund Fleisch 2,80 Mk. kostet, so ist der billigste Spargel und 
ohne Rücksicht auf die mindere Verdaulichkeit beurteilt, nahezu doppelt so teuer 
wie das Fleisch. Reckzeh (Berlin). 


3. Hindhede. Die Ernährungsfrage. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 20.) 

Man versteht nicht zu unterscheiden zwischen dem wissenschaftlichen Mini- 
mum von 20g und dem praktischen, das kaum unter 50 g (netto) kommt. Daß 
man mit den 50g auskommen kann, unterliegt keinem Zweifel. Viel deutet 
darauf hin, daß hier (d.h. bei großen Mengen) ein Wesensunterschied ist zwischen 
Eiweiß in Milch auf der einen Seite und in Fleisch und Ei auf der anderen. Aber 
die Lösung dieser Frage gehört der Zukunft an. Für die jetzigen Kriegszeiten 
ist es die Hauptsache, zu wissen, daß man sich, praktisch gesagt, nicht um die 
Eiweißfrage zu bekümmern braucht, wenn man sich an die in den natürlichen 
Nahrungsmitteln vorkommenden Nahrungsmischungen hält, und man nicht darauf 
verfällt, wesentlich von Fett, Stärke und Zucker leben zu wollen. 

Reckzeh (Berlin). 


4. Salkowski. Über die Verwendung des Blutes der Schlacht- 
tiere als Nahrungsmittel. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
Nachteile, d. h. Gesundheitsschädigungen, sind von der umfangreichen An- 

wendung des entfärbten Bluteiweißes nicht bekannt geworden, genauere Beobach- 

tungen liegen darüber allerdings nicht vor. Reckzeh (Berlin). 


5. Paul (Cuxhaven). Avitaminose als Ursache der Nachtblind- 
heit im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 50.) 
Die wahrscheinlichste Ursache scheint ein Mangel an Vitaminen in der Feld- 
küchenkost zu sein. Reckzeh (Berlin). 


6. J. Goldberger. Ursache und Bekämpfungsmethode der Pellagra. 
(Journ. amer. med. assoc. 66. Nr.7. S. 471.) 

Bei jeder Behandlung kommt es auf die Kost an. Erprobt wurde sie an drei 
endemischen Krankheitsherden, nämlich in zwei Waisenhäusern und einer Irren- 
anstalt. Der Anteil der frischen tierischen und Gemüseeiweißkost an der Anstalts- 
küche wurde wesentlich erhöht. Von den 209 im Frühjahr und Sommer 1914 
beobachteten Pellagrafällen in den Waisenhäusern waren 172 ein Jahr nach dem 
Anfall noch unter Beobachtung, und nur einer wurde rückfällig. Neuerkran- 
kungen blieben aus. Unter 32 Kontrollfällen kamen 15 Rückfälle vor. Ein Wechsei 
in der Umgebung oder irgendwelche andere gesundheitlichen Maßnahmen waren 
unnötig. 

Als Gegenbeweis wurden in einem abgelegenen pellagrafreien Sträflingslager 
mit 70—80 Weißen 7 Freiwillige nach 1!/,monatiger Beobachtung auf eine reich- 
liche, aber einseitige Kost, vorwiegend von Kohlehydraten gesetzt. Frisches 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 707 


tierisches Eiweiß und Leguminosen waren ausgeschlossen. 6 Mann bekamen 
Pellagra.— So wenig erklärt dieser Zusammenhang auch ist, so wichtig ist er doch 
für unser praktisches Verhalten. Meinhof (Halle a. S.). 


7. Experimental investigation of the cause of pellegra. (Boston 
med. surg. journ. Vol. CLXXIII. Nr. 23. S. 862.) 

Die Pellagra hat sich in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten außer- 
ordentlich ausgebreitet, im Jahre 1915 wurde die Zahl der Pellagrakranken auf 
75 000, die jährliche Mortalität auf 10% geschätzt. In einzelnen Teilen des Landes 
wird die Pellagra nur von der Pneumonie und der Tuberkulose als Todesursache 
übertroffen. Um über die Ursachen der Pellagra ins klare zu kommen, wurde auf 
Betreiben des United States Public Health Service ein Ernährungsexperiment 
vorgenommen. Auf einer von ca. 80 Sträflingen bearbeiteten Farm, die sich in 
der Nähe von Jackson Miss. befindet und den Mississippi State Penitentiary 
gehört, wurde elf Sträflingen, die sich freiwillig hierzu meldeten, eine einseitige 
Kost verabreicht. Dieselbe bestand aus Biskuits, Maisbrot, geröstetem Mais- 
brei, Reis, Kohl, süßen Kartoffeln, Sirup und Kaffee, während Eier, Milch, Fleisch, 
Hülsenfrüchte und andere eiweißstoffhaltigen Speisen nicht verabreicht wurden; 
das Gegebene war reichlich und von bester Qualität. Im übrigen war die Be- 
handlung dieser elf Sträflinge die gleiche wie die der anderen. 5 Monate nach 
Beginn des Experiments zeigten sich bei 6 von diesen 11 Individuen die ersten 
pathognomonischen Hautveränderungen der Pellagra, milde gastro-intestinale 
und nervöse Störungen hatten sich schon etwas früher eingestellt. Auf dieser 
Farm war nie zuvor ein Pellagrafall gewesen, alle übrigen Sträflinge blieben 
gesund. Man muß demnach annehmen, daß die Pellagra ähnlich wie Beriberi 
und Skorbut durch einseitige Ernährung, in welcher die Proteide fehlen, entsteht. 
Ob der Mais eine besondere Rolle spielt, wird im Bericht nicht gesagt. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


8. W. H. Holmes (Chicago). Remarks on B. Welchii in the 
stools of pellagrins. (Arch. of internal med. 1916. März.) 

Nach den Zusammenstellungen H.’s wurde der Bac. aerogenes capsulatus 
(Welch) mit großer Regelmäßigkeit in anormal großen Mengen in den Entleerungen 
von Pellagrakranken gefunden; sie lebten von einer kohlehydratreichen vegetabilen 
Kost, und Diarrhöe ist eines der konstantesten Symptome der Krankheit. Da 
der Gasbazillus bei kohlehydratreicher Kost schwere Diarrhöen verursacht, die 
durch Eiweißdiät und Buttermilch behoben werden, und Goldberger Pellagra 
durch Hinzufügen von Protein und Buttermilch zur Kost verhinderte, ferner 
Pellagra experimentell durch reine Kohlehydratnahrung hervorbrachte, rät H., 
jener Koinzidenz mit weiteren Forschungen nachzugehen. 

F. Reiche (Hamburg). 


a BB re ir EA en 


9. Joannovies. Experimentelle Studien zur Frage der Geschwulst- 
disposition. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 
Stoffwechselveränderungen, die im Anschluß an eine einseitige Ernährung’ 
des Organismus sich einstellen, können zu einer je nach der Geschwulstart ver- 
schiedenen Beeinflussung des Wachstums transplantabler Mäusetumoren führen. 
Unter diesen den ganzen Organismus betreffenden Stoffwechselstörungen scheinen 
für das Geschwulstwachstum besondere in Betracht zu kommen, die nach den an- 


40* 


708 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


gestellten Versuchen weniger in Störungen des Eiweißstoffwechsels als vielmehr 
in solchen des Kohlehydrat- und vielleicht auch des Fettstoffwechsels gelegen 
sind. Es sind Stoffwechselprodukte, wie sie in dem durch die einseitige Ernährung 
umgestimmten und anders eingestellten Organismus gebildet werden. Der Leber 
kommt die größte Bedeutung für das Zustandekommen solcher Stoffwechsei- 
störungen zu, sie stellt die Quelle der Wuchsstoffe für Neoplasmen dar. 
Seifert (Würzburg). 


10. S. Fränkel und Edine Fürer. Kritische Studien zur experi- 
mentellen Therapie maligner Neoplasmen. (Ill. Mitteilung: 
Kritisch- experimentelle Studien zur Chemotherapie des 
Krebses.) (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 4.) 

Die vorliegenden Versuche beweisen, daß weder frisches noch altes Cholin- 
chlorid auf Sarkom oder Karzinom von Ratten und Mäusen eine Wirkung zeigt. 
Die Konfiguration der Äthyliumbasen, selbst wenn man den Trimethylaminres 
gegen eine an und für sich physiologisch sehr wirksame Gruppierung austauscht, 
vermag auf die Transplantationstumoren der Versuchstiere keine therapeutische 
Wirkung auszuüben, wenn man die Fernwirkung prüft. Alle Wirkungen von 
Cholin, in den Tumor gespritzt, lassen sich ganz zwanglos durch die (schon von 
J. Mauthner gefundene) lösende Eigenschaft des Cholins auf Eiweißkörper 
erkennen. Seifert (Würzburg). 


11. S. Fränkel und Edine Fürer. Kritische Studien zur experi- 
mentellen Therapie maligner Neoplasmen. (IV. Mitteilung: 
Weitere kritisch-experimentelle Studien zur Chemotherapie 
des Krebses.) (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 7.) 

In dieser Abhandlung wurden die Wirkungen der Chinaldinsäure, des Chinins. 
Herapathits, Jodmonobromids, Jodtribromids, Arsentrijodids, Jodeyans, der 
tellurigen Säure, des Bors, Fluors, Nitroglyzerins, Erythroltetranitrats, der Pikrin- 
säure, der Pikrolonsäure und des Hexamethylentetramins auf Tumoren geprüt 
und diese typischen Vertreter bestimmter chemischer Gruppen als unwirksam 
gefunden. Seifert (Würzburg). 


12. S. Fränkel und Edine Fürer. Kritische Studien zur experi- 
mentellen Therapie maligner Neoplasmen. (VI. Mitteilung: 
Versuche zur Beeinflussung des Tumorwachstums durch 
sog. akzessorische Nährstoffe (Vitamine). (Wiener klin. Wochen- 
‚schrift 1916. Nr. 16.) 

Aus den Versuchen geht hervor, daß die wachstumfördernden Substanzen det 
Reiskleie und der Hefe auf das Wachstum von Impftumoren bei ihrer Verfütterung 
ohne jeden Einfluß sind. Der Hefeextrakt wurde in folgender Weise gewonnen. 
Preßhefe, welche 70%, Wasser enthielt, wurde vorerst kalt mit dem doppelten 
Gewicht Alkohol von 95%, stehen gelassen, die alkoholische Lösung abfiltriert 
und der Rückstand wiederholt mit warmem Alkohol behandelt. Die vereinigte® 
alkoholischen Lösungen wurden im Vakuum stark eingeengt, der Rückstand mit 
Äther erschöpfend ausgeholt und auf seine Wirksamkeit geprüft. Die vom Äther 
befreite Lösung wurde für die Versuche benutzt. Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 709 


13. S. Fränkel und Edine Fürer. Kritische Studien zur experi- 
mentellen Therapie maligner Neoplasmen. (V. Mitteilung: 
Untersuchungen über die Einwirkung zellzerstörender und 
temperaturernöhender Mittel auf Neoplasmen.) (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Die von den Verff. untersuchten Saponine erzeugen zwar starke lokale Ne- 
krosen, aber keine Spezifität in ihrer Wirkungsweise, es wird sowohl normales 
Gewebe als auch Tumorgewebe affiziert. Die Gruppe der Amine und Hydazine 
und fiebererzeugende Mittel ergaben keine Wachstumshemmung der Neoplasmen. 
Bei kritischer Betrachtung der Resultate von den mit ungeheurer Mühe durch- 
geführten Versuchsreihen ergibt sich noch kein Hoffnungsstrahl, daß man in 
weiterer Verfolgung dieser Experimente zu einem therapeutisch verwertbaren 
Resultat gelangen wird. Seifert (Würzburg). 


14. Kaminer. Über die Zerstörungsfähigkeit des Blutserums in 
verschiedenen Lebensaltern gegenüber Karzinomzellen. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 13.) 

Die Zerstörungsfähigkeit des Blutserums für Karzinomzellen ist in allen 
Lebensaltern keineswegs gleichartig. Es hat sich aus den Versuchen (siehe die 
Protokolle und Tabellen) eine geradezu überraschende Höhe im Säuglingsalter und 
bis zur Pubertät ergeben, und zwar 20- bis 4fach über der Norm. Schon von da 
an besteht kein wesentlicher Unterschied in der Zerstörungskraft bis zum Greisen- 
alter, das heißt es besteht nur die Zerstörungskraft in jener Höhe, daß sie bei einer 
zweifachen Verdünnung des Serums noch nachzuweisen ist. Erst im höheren 
Greisenalter läßt sich sogar ein Absinken unter die Norm konstatieren. Danach 
würde sich ein Parallelismus der Erscheinungen zwischen der klinischen Tatsache 
ergeben, daß mit zunehmendem Alter ein begünstigendes Moment für das Kar- 
zinom entsteht und der in der Eprouvette nachweisbaren Abnahme der Zer- 
störungskraft des Blutserums für Karzinomzellen. Seifert (Würzburg). 


15. Arnold. Über Blutveränderungen bei der Tiefenbestrahlung 
maligner Tumoren. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 5.) 
Auf die Tiefenbestrahlung hin reagiert der menschliche Organismus mit Ver- 

änderungen, die wir im Blut nachweisen können, und zwar sieht man entweder 

direkt nach den Bestrahlungen oder nach einer gewissen Latenzzeit vorüber- 
gehend eine Alteration der Gesamtzahl der weißen Zellen, die sehr häufig in Form 
einer Hyperleukocytose zum Ausdruck kommt. Gleichzeitig damit treten auch 
in der Morphologie des Blutbildes Veränderungen auf, die sich vor allem durch 
einen Lymphocytenschwund und Vermehrung der neutrophilen Leukocyten, sowie 
auch gelegentlich durch gehäuftes Auftreten durch Knochenmarkzellen geltend 
machen. Wiederholte Bestrahlungen zeigen im allgemeinen die gleiche Alteration 
der Leukocytenkurve, nur in abgeschwächtern Maße. 

Reckzeh (Berlin). 


16. F. C. Wood. Wirkung von Autolysin auf Mäusegeschwülste. 
(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 2. S. 94.) 
21 Mäuse mit spontan entstandenen Geschwülsten wurden mit dem von 
Laien und Ärzten (Beebe usw.) vielbesprochenen Mittel behandelt. Weder in 


710 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


kleinen noch in sehr großen Mengen hatte es einen Einfluß auf bösartige Ge- 
schwülste bei der Maus. Meinhof (Halle a. S.). 


17. Tugendreich. Über die Behandlung von Ulzerationen der 
Haut bei Krebskranken mit Isoamylihydrocuprein. (Berline: 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 10.) 

Wenn es sich hier auch nur um Eingriffe handelt, die in das Gebiet der sym- 
ptomatischen Therapie gehören, so erscheint es doch lohnend, Versuche fortzu- 
setzen und in ihrer Technik weiter zu verbessern, die zwei der bedrückendser 
Symptome unserer Karzinomkranken, den Schmerz und die Ulzeration der Ge- 
schwulst und ihrer Umgebung, günstig beeinflussen. Für die Therapie der Ge- 
schwülste mit stark penetrierenden Röntgenstrahlen erscheint die Behandlung 
mit Isoamylhydrocuprein als ein wichtiges Adjuvans in denjenigen Fällen, bei 
welchen die Bestrahlung als solche die Ulzerationen und die Schmerzen nich‘ 
beseitigt. Reckzeh (Berlin). 





18. C. T. van Valkenburg. Eine doppelte fokale Projektion der 
Sensibilität auf der Rinde des menschlichen Großhirss. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 2181—92.) 

Klinische Daten über acht mit Affektion der hinteren Zentralwindung ver- 
gesellschaftete Fälle; in einem derselben konnten die infolge der Exzision eine: 
sehr beschränkten Rindenbezirks der hinteren Zentralwindung ausgelösten Sen- 
sibilitätsmängel genau detailliert werden. Vier dieser Fälle sind operierte Pat.. 
in den übrigen konnte die klinische Prüfung die affizierte Stelle ziemlich genau 
feststellen. Fünfmal war die Motilität dauernd mehr oder weniger gestört. Die 
Sensibilitätsstörung betraf in allen Fällen die Empfindlichkeit der tieferen Teil, 
den Raumsinn, den Formensinn; erhalten sind alle einfacheren Formen des Ge- 
fühls. Dieser Typus der hinteren zentralen Rindendifferenzierung, kurz als zen- 
trale oder Rolandi’sche »Spaltung« zu bezeichnen, stimmt vollständig mit 
demjenigen der Hinterstrangspaltung überein. Diejenige Gruppe der Gefühl: 
qualitäten, deren Reizungszustände auf dem Wege der Hinterstränge des Rücken- 
marks verlaufen, treten also in die Hirnrinde, und zwar fokal in der hinteren 
Zentralwindung, mit anderen Worten die hintere Zentralwindung ist das primär 
Rindenorgan der Hinterstränge. Bei Affektionen der Zentralwindungen bleiben 
die Gefühlsqualitäten der Seitenstrangkategorie geschont; namentlich die zum 
Teil oder sämtlich über die gekreuzten Seitenstränge des Rückenmarks verlaufenden 
Empfindungen. Die Rindenlokalisation letzterer ist noch nicht sichergestel! 
(okzipitalwärts im Parietallappen?); zum geringeren Teil liegt die Projektion dt 
selben vielleicht auch in der hinteren Zentralwindung. Diese Fakta werden im 
Rahmen eines Versuches zur allgemeinen physiologisch-pathologischen Aus 
einandersetzung über die Leitungsverhältnisse und die Verwertung der Gefuhl- 
qualitäten höherer und niederer Ordnung und der durch dieselben ausgelte® 
Reaktionen zusammengestellt und gewürdigt, die mehr oder weniger bahnartigen 
Verbindungen des Hinterstranggefühls, mit Hilfe dessen die Erkenntnis dë: 
Makrokosmos von der Gefühlsseite vorbereitet wird, in der Hirnsubstanz mit de: 
Bewegungs- und vor allem auch mit der Gesichtssphäre hervorgehoben. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 7411 


19. Fröschels. Über den zentralen Mechanismus der Sprache. 
(Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 1.) 

Eine Rückbildung des Sprachausfalls ist in den beobachteten Fällen nur dann 
möglich, wenn auch in der rechten Hemisphäre eine Sprachregion besteht, weiche 
‘ primär irgendwie am Sprachakt beteiligt ist. — In manchen schweren Fällen von 
- Aphasie ist die Sprache vom Ohr aus nicht mehr zu erzeugen; in allen Fällen 
gelingt die Wiederherstellung der Sprache leichter unter Zuhilfenahme des Gesichts- 
und Tastsinnes, und für die erstgenannten Fälle ist diese optisch-taktile Methode 
die einzig Erfolg versprechende. Für die spontane Rückbildung des Sprach- 
ausfalles kann Monakow’s Diaschisisiehre mit Nutzen herangezogen werden. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


20. Donath. Agraphie infolge von Zwangsvorstellungen. (Deutsche 

Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 1.) 

Verf. beschreibt einen Fall von rein funktioneller literaler und verbaler Para- 
graphie bei erhaltenem auditiven, visuellen und artikulatorischen Erinnerungs- 
bild des Wortes. Den Anstoß zu der Erkrankung hat eine psychische Erschüt- 
terung (Erregung) und die damit einhergehende mangelhafte Konzentration der 
` Aufmerksamkeit auf den Schreibakt gegeben, sie beruht also auf rein neurotischer 
‘ Basis; für eine organische Läsion fehlt jeder Anhaltspunkt; es besteht weder 
Alexie noch (rechtseitige) Hemianopsie. Durch die eingeleitete Psychotherapie 
tritt die Heilung ziemlich rasch ein. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


21. Theodor Kocher. Zwei Fälle glücklich operierter großer Hirn- 
tumoren, nebst Beiträgen zur Beurteilung organisch be- 
dingter Epilepsie. (Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1916. Nr.6. 
S. 161.) 

Bei dem einen der zwei Fälle handelte es sich um ein hühnereigroßes Endo- 
thelioma psammosum, das in der Tiefe des oberen Teiles der linken Zentral- 
windungen saß. Der Fall dieses 49jährigen Pat. zeigt, wie aus einer ursprüng- 
lichen Fokusepilepsie sich allmählich eine typische Epilepsie entwickeln kann. 
Die Krankheit begann mit klonischem Krampf im rechten Fuß und Bein, der für 
eine organische Läsion insofern charakteristisch war, als nach dem Anfall eine 
Schwäche zurückblieb. Erst 2 Jahre später begannen klonische Krämpfe im 
rechten Arm aufzutreten, und nach weiteren 2 Jahren traten zu den Krampfanfällen 
Bewußtseinsstörungen und Drehung des Kopfes nach rechts. Aber noch bestanden 
keine Zeichen von dauernd vermehrtem allgemeinen Hirndruck. Es dauerte 
nochmals weitere 3 Jahre, bis Kopfschmerzen, Schwindel und Schwäche hinzu- 
traten. 8 Jahre nach Beginn wurden die typischen Anfälle häufiger und heftiger. 
Trotz der erheblichen Größe des Tumors und seines zentralen Sitzes im linken 
Großhirn und der leichten Drucksteigerung des Liquor war gar keine Stauungs- 
papille vorhanden, was für die Behauptung von Frazier in Philadelphia spricht, 
daß der Liquor bzw. dessen Vermehrung und Zunahme der Spannung es sind, 
welche allein dem gesteigerten Hirndruck bis zur Entstehung einer Stauungspapille 
zugrunde liegen. Bei jeder Epilepsie, deren Ausgangspunkt sich einigermaßen 
lokalisieren läßt, ist die operative Behandlung indiziert. Selbst wo der Herd 
bei der Operation nicht entfernt werden kann, übt die durch die Trepanation ge- 
schaffene lokale Druckentlastung eine wohltätige Wirkung aus. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


712 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


22. Hellsten. Ein Fall von Ganglion Gasseri-Tumor. (Deutsche Zeit- 

schrift f. Nervenheilkunde Bd. LII. Hft.3 u. 4.) 

Der vom Verf. mitgeteilte Fall stellt einen primären Tumor des Ganglion 
Gasseri dar, der nach der mikroskopischen Untersuchung sarkomatöser Natur ist, 
wie die meisten bis jetzt beschriebenen Fälle. Der Tumor geht vorn links bis zur 
Fissura orbitalis, medial bis zur Hypophyse, die etwas nach rechts verdrängt 
ist; in der hinteren Schädelgrube reicht er nach rechts bis 1 cm von der Mitte:- 
linie des Clivus und deckt ca. !/ des Hinterhauptloches, nach links erstreckt er 
sich bis zur Eminentia arcuata und der Mittellinie der mittleren Schädelgrube. 
Die klinischen Erscheinungen waren nicht eindeutig. Die Krankheit begana 
mit Schwindelanfällen, Gehörschwäche links und Schwäche des linken Armes. 
Sehr bald traten Nystagmus rechts und rechtseitige Facialisparese mit spastischen 
Reflexen an den Beinen und fehlenden Bauchdeckenreflexen auf. Die Diagne: 
Multiple Sklerose schien noch durch die im Verlauf der Krankheit auftretenden 
Remissionen gerechtfertigt. Wieder ein Beweis für die Schwierigkeit der Dif- 
ferentialdiagnose. Nach einem Jahre erst sind allgemeine Hirndrucksympton? 
aufgetreten, welche jedoch wieder teilweise verschwanden. Die Remissionen sind 
in diesen Fällen zurückzuführen auf die verschiedenen Füllungszutsände der stark 
vaskularisierten Tumoren. L. Kreuzer (Zell i. W). 


23. Götz. Zur Kasuistik der Encephalitis cerebelli. (Deutsche Zeit- 

schrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 2 u. 3.) 

Der mitgeteilte Fall zeigt die typischen Kleinhirnsymptome: zerebell:” 
Ataxie, Asynergie, Hypotonie bei gesteigerten Reflexen, Schwindel, Adiadochc- 
kinese, Fehlen jeglicher Sensibilitätsstörungen. Die dabei noch beobachtete 
verwaschene Sprache ist als Störung der Koordination und des regulierenden Eir- 
flusses des Cerebellum auf die Artikulationsmuskeln aufzufassen. Alle diese Er- 
scheinungen sind unter hohem Fieber sehr rasch entstanden, so daß ein Tums 
als ätiologisches Moment ausgeschlossen werden kann, gegen Tuberkulose spric 
der rasche Heilungsverlauf, dasselbe gilt neben der Fiebersteigerung auch gegi- 
über der multiplen Sklerose. Da auch für Potatorium oder Einwirkung höhere: 
Hitzegrade jeder Anhaltspunkt fehlt, muß eine Infektion als Ursache angenommi® 
werden. Die Prognose der Erkrankung ist relativ gut, wenn in der Regel aut 
nicht, wie in dem mitgeteilten Falle, mit dem Verschwinden des Fiebers sämtlic™ 
Symptome fast restlos zurückgehen; meist zieht sich die Restitution über Jahre hi. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


24. Johanna Geissmar. Über Leberveränderung bei Wilson’scher 
Krankheit (progressive Linsenkerndegeneration). (Frankfurt 
Zeitschrift f. Pathologie 1916. Bd. XVIII. Hft. 2.) 

Die Leberveränderung bei Wilson’scher Krankheit ist eine cirrhotisck. 

Die Form der Cirrhose ist bedingt durch Zeitpunkt, Art und Dauer der Erkrat 

kung. Der Reichtum an Gefäßen und deren Anordnung wird durch Regen"! 

tionsvorgänge erklärt. Es liegt keine Notwendigkeit vor, Hemmungsmißbildi”: 
oder intrauterine Schädigung der Leber zur Erklärung der Veränderung hert 
zuziehen. Ob Lues als Ätiologie in Betracht kommt, ist aus den patholss:c 
anatomischen Veränderungen der untersuchten Organe nicht zu ersehen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 713 


25. Gr. M. Hammond und N. Sharpe. Die Behandlung der Parese 
durch Neosalvarsaneinspritzungen in den Seitenwinkel. (Journ. 
amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 25. S. 2147.) 

An drei Kranken mit hirnsyphilitischen Lähmungen wurden sieben Ein- 
spritzungen mit salvarsanisiertem Serum vorgenommen und gut vertragen. Über 
klinische Besserung äußert sich der Verf. sehr vorsichtig. Sechs Versuchsreihen 
am Hund mit Trypanblau ließen erkennen, daß der Liquorstrom vom Ventrikel 
zur Rinde hinauf und wieder zum Mark hinabsteigt. So dürfte das subdurale 
und besonders das intraventrikuläre Verfahren dem intraspinalen überlegen sein. 
Sorgfältig ausgeführt, ist die intraventrikuläre Einspritzung gefahrlos. Ihre früh- 
zeitige versuchsweise Anwendung bei Paresen empfiehlt sich also. 

Meinhof (Halle a. S.). 


26. Müller. Zur militärärztlichen Konstatierung der Epilepsie. 
(Wiener med. Wochenschrift 1916. Nr. 8.) 

Verf. tritt dafür ein, daß zur Genese der Epilepsie mehr das Röntgenbild des 
Schädels und des Schädelinnern herangezogen werden müsse und bespricht die 
hierfür in Betracht kommenden Anomalien des Schädelinnern und des knöchernen 
Schädels. Feith (Nürnberg). 


27. Berger (Jena). Über traumatische Epilepsie. (Münchener med. 

Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

Die traumatische Epilepsie ist für die Umgebung keineswegs ungefährlich. 
Schon die kurzen Schwindelanfälle mit nachfolgendem Schlaf oder das in einem 
Falle erwähnte unvermittelte Einschlafen können bei einem, auf einem sehr ver- 
antwortlichen Posten stehenden Manne zu den schwersten Gefahren für die 
Truppen führen. Wir wissen von der traumatischen Epilepsie, daß sie häufiger 
als alle anderen Epilepsieformen zu geistigen Störungen führt. Man beobachtet 
ausgesprochene Stimmungsschwankungen, schwere Angstanfälle, Wutanfälle, 
plötzliches Weglaufen und namentlich die sehr gefährlichen Dämmerzustände. 

Reckzeh (Berlin). 


28. Ch. A. L. Reed. Untersuchungsmethoden und pathologische 
Tatsachen bei idiopathischer Epilepsie. (Journ. amer. med. assoc. 
Bd. LXVI. Nr.5. S. 336.) 
idiopathische oder essentielle Epilepsie ist eine Infektion. Das Virus, gleich- 

gültig, welcher Natur der »Epileptikokkus« sei, findet seinen Weg ins Blut aus 

dem Darmkanal bei erzwungener Absorption, d. h. bei Verstopfung mit deutlicher 
oder versteckter Stase durch mechanische Verdrehungen oder Verlagerungen. 

Therapeutisch folgert daraus, daß man den Organismus zu isolieren versuchen 

muß, um womöglich den Kranken zu immunisieren. Gelingt das nicht, so hilft 

manchmal die chirurgische Beseitigung des Hindernisses. Nach der Operation 
gilt es aber noch, die in den Drüsen und im Blut verbliebenen Keime zu beseitigen. 

Zu dem Zweck ist es äußerst wichtig, die in solchen Fällen immer vorhandene 

Azidose zu beeinflussen, wenigstens zeitweilig. Sonst ergibt sich eine hohe chirur- 

gische Sterblichkeit. — Sieben Röntgenbilder des Darmes, zwei Operationsbilder 

von Erweiterung des Duodenum mit Periduodenitis, bzw. von retrojejunalen 

Lymphdrüsen, und zwei entfernte Darmstücke mit starken Drüsen erläutern das 

Gesagte. Meinhof (Halle a. S.). 


714 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


29. Adolf Zinsser. Ist die Eklampsie Eiweißzerfallstoxikose? (Zeit- 
schrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie 1916. Bd. LXXVIII. Hft. 2.) 

Bringt man Meerschweinchenurin, der von anderen Meerschweinchen während 
eines protrahiert verlaufenen anaphylaktischen Shocks produziert wurde, in di: 
Bauchhöhle, so erkranken jene Tiere unter Symptomen, die denen des anaphvlak- 
tischen Shocks gleichkommen. Insbesondere läßt sich in einigen Fällen ein rapid 
einsetzender, mehrere Grade betragender Temperatursturz beobachten. 

Bringt man Meerschweinchen den Urin gesunder, nicht schwangerer Menschen 
in die Bauchhöhle, so reagieren sie mit einer länger dauernden Temperatursteigc- 
rung. Ausnahmsweise wird auch eine geringe Temperatursenkung beobachtet. 

Die Urine gesunder Schwangerer, Kreißender und besonders die von Wöch- 
nerinnen scheinen, Meerschweinchen in die Bauchhöhle gebracht, häufiger wie 
die Nichtschwangerer eine Temperatursteigerung zu bewirken. 

Diese geringe und durchaus jeder Regelmäßigkeit entbehrende Temperatur- 
senkung kann aber nicht als spezifische Giftwirkung im Sinne des beim H. Pfeit- 
fer’schen Anaphylaxieversuch beobachteten Temperatursturzes gedeutet werden. 

Durch die intravenöse Injektion des Harnes Eklamptischer ist es nicht ge- 
lungen, ein Tier zu töten oder bis zu einem klinisch sichtbaren Grade zu schädigen. 

Die bei dieser Versuchsanordnung beobachteten Temperatursenkusger. 
weisen ebenfalls weder einen regelmäßigen Typus auf, noch waren sie von charak- 
teristischen Krankheitserscheinungen der Tiere begleitet. Sie stehen in keinem 
Zusammenhang mit dem klinischen Verlauf der Eklampsie und scheinen unab- 
hängig zu sein von einer eventuellen Nierenschädigung des Urinspenders. 

Die biologische Auswertung des Harns im Sinne des H. Pfeiffer’schen 
Anaphylaxieversuches hat somit keine Anhaltspunkte für das regelmäßige Be- 
stehen eines parenteralen Eiweißzerfalls bei gesunden Schwangeren, Kreißendtn 
und Wöchnerinnen ergeben. 

Die biologische Auswertung des Harns Eklamptischer hat ebenfalls zu neza- 
tiven Resultaten geführt, die nicht berechtigen, die Eklampsie im Sinne eisir 
Eiweißzerfallstoxikose zu deuten. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


30. Paul Riesmann (Osnabrück). Neue Wege der Eklampsie- 
behandlung. (Zeitschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie Bd. LXXVIII. 

Hft. 2.) 

Der Gebrauch von Morphium, von Chloral und von Kochsalzinfusionen bei 
der Eklampsie empfiehlt sich durchaus nicht, dagegen haben wir im Lumina- 
natrium ein Schlafmittel, das allen Ansprüchen gerecht zu werden scheint. Außer 
Luminal scheint in schweren Fällen von Eklampsie die subkutane bzw. intra- 
muskuläre oder die rektale Anwendung von Magnesiumsalzen günstig zu wirken, 
auch ein Aderlaß ist in gewissen Fällen empfehlenswert. Eine möglichst schne.k 
Entbindung bleibt dabei stets anzustreben, wenigstens bei Geburtseklampsien. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


31. John Bryant. The use of caleium in the treatment of epi- 
lepsy. (Boston med. surg. journ. 1915. Vol. CLXXIII. S. 547.) 

Neben erblicher Belastung spielen Unterernährung und fehlerhafte Ernährur: 
eine Hauptrolle in der Ätiologie der Epilepsie. Speziell wo viel weißes Brot. 
Kartoffeln, Alkohol und Zucker genossen werden, sei der Kalkstoffwechsel durchau: 
ungenügend. Diesem letzteren Moment legt Verf. für das Zustandekommen de: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 715. 


Epilepsie eine große Bedeutung bei. Chemische Analysen von Hirnsubstanz 
haben bei gewissen pathologischen Zuständen, wie Tic convulsiv und Tetanie, 
Verminderung des Gehaltes an Kalksalzen ergeben; der gleiche Mangel wurde 
für die Knochensubstanz eines Epileptischen konstatiert. Verf. empfiehlt für all 
diese mit explosiven Krämpfen verlaufenden Erkrankungen Zufuhr von Kalk- 
präparaten wie Kalziumbromid und Sirup von Kalziumlaktophosphat ; speziell 
beim Petit mal will er gute Resultate erzielt haben. 
| P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


32. Cyranka. Das Alopeciephänomen und seine Bedeutung als 
Anzeichen einer meningealen Lues. (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 26.) 

Das stärkere Hervortreten des syphilitischen Prozesses an den Meningen 
und der Kopfschwarte hat lediglich eine mechanische Ursache, und hängt mit 
einer besonders ausgiebigen Spirochätenaussaat nach der Schädelregion zusammen. 
Hierdurch kommt es einmal an den Gefäßen der Kopfschwarte, insbesondere an 
den Arterien, von denen die Gefäße der Haarpapille ausgehen, und auch an den 
Papillargefäßen selber, zu ausgedehnten perivaskulären Plasmonen und endarteri- 
tischen Veränderungen, so daß die Ernährung der Haare in den umschriebenen 
Bezirken, wenn auch nur vorübergehend, so doch erheblich geschädigt wird. Auf 
der anderen Seite stellt sich aber auch eine reichlichere Liquorinfektion ein, die 
zu frühzeitiger meningealer Entzündung Anlaß gibt. Liegt das Symptom vor, 
so ergibt sich daraus für den Therapeuten die Notwendigkeit einer besonders 
eingehenden und gründlichen Behandlung. Reckzeh (Berlin). 


33. v. Brudzinski. Über neue Symptome von Gehirnhautentzün- 
dung und Reizung bei Kindern, insbesondere bei tuberku- 
lösen. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Das Wangenphänomen besteht in einer raschen reflektorischen Hebung der 
beiden oberen Extremitäten mit gleichzeitiger Beugung der Elibogengelenke, 
ausgelöst durch Druck auf beide Wangen dicht unterhalb der Jochbeine (Os 
zygomat.). Wir können das Wangenphänomen als ein Symptom der Entzündung 
oder Reizung der Meningen, besonders bei tuberkulösen Kindern, betrachten. 
Unter allen Meningealsymptomen ist das Wangenphänomen also dasjenige Sym- 
ptom, dem man am häufigsten bei tuberkulöser Meningitis begegnet, was sehr 
charakteristisch für das Verhältnis des Wangenphänomens zur Tuberkulose ist. 
Druck mit dem Daumen und dem Zeigefinger auf die Schoßfuge (Symph. pubis) 
tuft eine Kontraktur der beiden oberen Extremitäten hervor. Auch hier kommt 
die Empfindlichkeit auf Druck am häufigsten bei tuberkulösen Individuen vor. 
Das Symphysisphänomen kommt fast immer nur an den unteren Extremitäten 
zustande. In Fällen von Meningitis tuberculosa ist das Symphysisphänomen dem 
Wangenphänomen als gleichartig anzusehen. Reckzeh (Berlin). 


34. Stephan (Leipzig). Über eine unter dem Bilde des Menin- 
~  gismus verlaufende Allgemeininfektion mit gramnegativen 
Diplokokken. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 
In allen zur Beobachtung gelangten Fällen von akutem fieberhaften Me- 
Ningismus gelang es mit Hilfe des Anreicherungsverfahrens regelmäßig, ohne An- 
reicherung in etwa der Hälfte der Zahl, einen biologisch wohlcharakterisierten 


716 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


Diplokokkus sowohl mikroskopisch, als auch durch Kultur im Liquor nachzu- 
weisen. Es gelang ausnahmslos, den Krankheitsablauf durch Urotropin zu be- 
schleunigen und die Fieberdauer erheblich abzukürzen. 

Reckzeh (Berlin). 


35. Hryatschak. Ein Fall von Meningitis cerebrospinalis siderans. 
(Wiener med. Wochenschrift 1915. Nr. 42.) 

Verf. bespricht einen stürmisch verlaufenden Fall von epidemischer Menin- 
gitis, der in 24 Stunden zum Tode führte, ohne Fieber verlief und einen Befund 
bei der Sektion zeigte, der es fast undenkbar erscheinen ließ, daß der Kranke nich: 
schon einige Tage vorher schwere Zeichen einer Gehirn- und Rückenmarkserkran- 
kung bot. Der Knabe muß mit schweren Entzündungserscheinungen an der 
Meningen ohne Krankheitsgefühl gewesen sein. Feith (Nürnberg). 


36. Bittorf. Zur Kenntnis der traumatischen Meningitis, be- 
sonders der Meningitis serosa traumatica. (Münchener mei. 
Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 

Nach Schußverletzungen und starken Kontusionen des Schädels und der 
Wirbelsäule sehen wir zwei prognostisch und therapeutisch ganz verschieden z: 
beurteilende Formen der Meningitis auftreten. Die erste Form, besonder hä:”;: 
nach perforierenden oder tangentislen Schüssen, ist typisch-ntzündlich. Di: 
zweite Form ist die Meningitis serosa traumatica. Hier ergibt die Lumbalpunktic: 
als gleichzeitig diagnostisches und therapeutisches Hilfsmittel, mehr oder wenige? 
stark erhöhten Druck, stark vermehrte Liquormengen. 

Reckzeh (Berlin). 


37. v. Czyhlarz. Beitrag zur Lehre von der Milzbrandmeniagitis. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Eine 24jährige Arbeiterin erkrankte 3 Tage vor der Aufnahme mit Erbrecker., 
Schüttelfrost und heftigstem Kopfschmerz. Es handelte sich um einen bakten-- 
logisch festgestellten Fall von Milzbrandmeningitis und Milzbrandencephali::: 
der unter Zurücklassung einer halbseitigen Lähmung ausgeheilt ist. \Wasserma@r. 
am 5. Krankheitstage positiv, am 8. Tage negativ. Möglicherweise ist der günst'x 
Verlauf der zweimaligen Lumbalpunktion zuzuschreiben. 

Seifert (Würzburg). 


38. Piotrowski. Zur Frühdiagnose der Paralysis progressiva. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 13.) 

Die angeführten Fälle zeigen deutlich, daß der positive Wassermann in &: 
Lumbalflüssigkeit, namentlich wenn mit geringen Mengen des Punktats gè- 
wonnen (0,1 ccm), ein Frühsymptom der Paralyse ist und selbst bei negativen 
somatisch-psychischen Befund das Vorhandensein der genannten Krankhe‘ 
demonstriert. Reckzeh (Berlin). 


39. Kahlmeter. Drei Fälle von Tabes bzw. progressive Paralyse: 
vortäuschendem Hypophysistumor. (Zeitschrift f. Nervenheilkunde 

Bd. LIV. Hft.2 u. 3.) 
Verf. beschreibt drei Fälle von Hypophysistumor, welche genau das klinische 
Bild der Tabes bzw. der Paralyse mit geistigem Verfall darbieten. In den beiden 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 717 


ersten Fällen wird die richtige Diagnose mit Hilfe der Röntgenaufnahmen, welche 
Unregelmäßigkeiten der Gegend der Sella turcica zeigen, gestellt, im letzten Falle 
‘ührt die längere Beobachtung auf die richtige Spur. Abwesenheit der Patellar- 
flexe und Sensibilitätsstörungen können durch verschieden lokalisierte Hirn- 
»schwülste bedingt sein, dagegen glaubt Verf., daß einfache Opticusatrophie 
ahne Stauungspapille am ehesten durch Hypophysengeschwülste entstehen 
önne infolge frühzeitiger Verstopfung der Opticusscheide und direkten Druck 
uf den Nerven. Sehr zu beachten bei der Differentialdiagnose ist der Ausfall 
ier Wassermann’schen Reaktion und der Röntgenbefund. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


i0. Koch. Enteroptosen bei Tabes dorsalis. (Deutsche Zeitschrift f. 

Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 2 u. 3.) 

Bei 12 Fällen (4 Frauen, 8 Männer) von ausgesprochener, jahrelang bestehender 
Tabes, bei welcher die Muskulatur knetbare Beschaffenheit angenommen hat, 
and Verf. Hypotonie der Abdominalwände, Tiefstand des Magens, Tiefstand 
ier Lungenränder mit Überlagerung der absoluten Herzdämpfung, hochgradige 
xitliche Verschiebbarkeit des Kehlkopfes und schlaffes Nachhintenhängen des 
icht gelähmten weichen Gaumens. Diesen atonischen Zuständen können ver- 
‚chiedene ätiologische Momente zugrunde liegen. So können sie einmal kon- 
titutionell bedingt sein, wie dies sicher bei einem Teil der Fall ist; ferner können 
ie Erscheinungen tertiärer Lues oder auf arteriosklerotischer Grundlage ent- 
tanden sein. Jedoch glaubt Verf. unter Berücksichtigung der bei Tabes so 
zahlreichen, unter der Bezeichnung »Krisen« geführten intestinalen Erscheinungen, 
weiche sicher zentral entstehen, berechtigt zu sein, auch die Enteroptosen bei 
Tabes als Folge einer mangelhaften Verknüpfung der Eingeweide mit dem zen- 
tralen Nervensystem anzusprechen. Ein direkter Zusammenhang zwischen 
Ptosen und Krisen besteht nicht. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


41. F. S. Meijers. Einige Erfolge der Salvarsanbehandlung bei 

Tabes und Dementia paralytica. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. 

I. S. 4—12.) 

Vorbehandlung mit intramuskulären Sublimatinjektionen zur Feststellung 
etwaiger Tendenz zu Neurorezidiven als Reaktion auf die Applikation des anti- 
luetischen Mittels; nur bei Unterbleiben derselben wurden die (10) Paralytiker 
Imal wöchentlich der intramuskulären Behandlung mit 150—600 mg Neosalvarsan 
unterzogen; im ganzen bis zu 4—4,2 g; nebenbei tägliche Lewin’sche Sublimat- 
injektion und Verabfolgung von 1 bis 1,5g KJ. Die Kur dauerte im ganzen 
2 Monate. Es besserte sich weder der luetische Index, noch das psychische Krank- 
heitsbild, nur das Körpergewicht erlitt eine Zunahme. Obgleich M. in diesen 
frischen Krankheitsfällen negativen Erfolg zu verzeichnen hatte, befürwortet 
er eine kräftige antiluetische Behandlung derselben, indem weder nach den kli- 
nischen noch nach den serologischen Befunden eine sichere differentielle Diagnose 
zwischen Hirnlues und gewissen Perioden der Paralyse ermöglicht ist. 

Von den 8 Tabikern bekamen 3 das Neosalvarsan in konzentrierter Form 
intravenös, die übrigen in Form des Swift und Ellis’schen salvarsanisierten 
Serums endolumbal; auch bei letzterer Behandlung keine Reizungserscheinungen, 
kein Fieber usw. Die toxischen Krisen und Schmerzen wurden erheblich gebessert, 
ebenso wie die Inkontinenzerscheinungen; auch bei diesen Pat. erfolgte eine Zu- 


718 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


nahme des Körpergewichts. Die Erfolge nach einfacher intravenöser Applikation 
waren nicht weniger ermutigend als diejenigen nach der komplizierten Swift- 
Ellis’schen Behandlung. Veränderungen der Zellenreaktion und der Nonne- 
schen Eiweißreaktion wurden nicht wahrgenommen. 

Zeehuisen (Ütrecht). 


42. J. W. Nuzum. Unnötige Operationen wegen nicht gestellter 
Tabesdiagnose. (Journ. amer. med. assoc. Vol. LXVI. Nr. 7. S. 482) 
Von 1000 Tabikern wurden 8,7% 1l- oder 2mal durch Fehldiagnose laparo- 
tomiert. Die Krisen führten den Operateur irre. 65%, dieser 85 Operierten hatten 
Darmkrisen, die bei 17% als erste Krankheitszeichen aufgetreten waren. Natür- 
lich war die mangelhafte Nervenuntersuchung schuld. Am häufigsten wurde 
Magengeschwür, Gallensteine, Blinddarmentzündung angenommen. Schützer 
sollten vor dem Irrtum Anfälle von Brechreiz, Rheumatismus, Parästhesien, 
Blasenstörungen oder Spontanfrakturen, natürlich auch die mikroskopische un? 
serologische Prüfung des Liquor. Meinhof (Halle a. S.). 


43. Schwarz. Die heutige Stellung zur Parasyphilis und die Be- 
einflussung der spezifischen Erkrankungen des Nervensystems 
durch Salvarsan. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. Lil. 
Hft.3 u. 4.) 

Die sog. para- bzw. metasyphilitischen Erkrankungen des Zentralnerven- 
systems sind als echte Syphilis anzusprechen, erzeugt durch besondere Stämm: 
der Spirochaeta pallida. Streng zu scheiden voneinander sind Tabes und Para- 
lyse. Letztere gilt auch heute noch als unheilbar, jedoch scheinen durch Salvarsan- 
behandlung Remissionen häufiger zu sein. Tabes ist durch große Dosen Salvarser 
und wiederholte Kuren heilbar, wie das Verschwinden sämtlicher Liquorverände- 
rungen zeigt. Latenzzustände sind durch das Liquorbild festzustellen; sie sind 
anzusehen als Reste der schon im Primär- und Sekundärstadium der Syphilis 
erfolgten Überschwemmung des Zentralnervensystems mit Spirochäten und da- 
durch hervorgerufener Meningitis (cerebro-) spinalis luetica. Die Heilung diese 
ist anzustreben durch große Dosen (0,6) Altsalvarsan mit vorangegangener Lum- 
balpunktion (zur Entlastung) und wiederholte Kuren bis zum Negativwerden de: 
Liquor. Der größte Teil der dem Salvarsan zur Last gelegten Todesfälle ist bedingt 
durch die der syphilitischen Erkrankung eigenen Komplikationen (Blutungen), 
nur eine verschwindend kleine Anzahl wird durch persönliche Idiosynkrasie gegen 
Salvarsan verursacht. Das Salvarsan ist nicht neurotrop, wohl aber in ausg:- 
suchtester Weise das syphilitische Virus und besonders die Stämme der Tabes 
und Paralyse. Für die luetischen Erkrankungen des Zentralnervensystems, be- 
sonders die Lues cerebri und die Tabes, ist Altsalvarsan ein ideales Heilmittel. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


44, Schröder. Lues cerebrospinalis, sowie ihre Beziehungen zur 
progressiven Paralyse und Tabes. (Deutsche Zeitschrift für Nerver- 
heilkunde Bd. LIV. Hft. 2 u. 3.) 

Bei tabesähnlichen Erkrankungen, welche nach akutem Beginn Jahrzehni: 
hindurch gleich bleiben, besonders wenn sie noch die eine oder andere für Tabes 
ungewöhnliche Erscheinung bieten, ist die Diagnose Tabes immer nur mit Vor- 
sicht zu stellen; häufig handelt es sich dabei um eine Lues spinalis der Hinter- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 719 


stränge. Ein sicheres Urteil läßt sich nicht durch die Klinik, sondern nur durch 
die pathologisch-anatomische mikroskopische Untersuchung gewinnen. Leicht ist 
die Diagnose einer älteren Lues spinalis, wenn man in den Randgebieten des 
Rückenmarkes die typischen dreieckigen oder rundlichen Herde mit den unmittel- 
yar sich anschließenden sekundären Degenerationen findet, oder wenn durch 
wobe leptomeningitische Umschnürungen isolierte Wurzelzonen in den Hinter- 
trängen degeneriert sind. Haben jedoch die Hinterstrangdegenerationen selb- 
tändigen systemartigen Charakter, so kann die histopathologische Differential- 
liagnose zwischen Tabes und Lues spinalis unmöglich werden. 

Tabiforme Erkrankungen, in deren Verlaufe sich eine chronische Psychose 
ntwickelt, welche von manchen Autoren für echte Tabespsychosen gehalten 
xerden, sind ebenfalls als Lues spinalis zu deuten, und die Psychosen sind luetischen 
Jrsprungs; echte Tabespsychosen stellen sich dar als akute Verworrenheits- und 
akute halluzinoseartige Zustände. 

So sicher und leicht in den typischen Fällen die histopathologische Diagnose 
ler Paralyse ist bei Vorhandensein der »Plasmazellenmäntel« besonders um 
lie Kapillaren, bei diffusem, fleckweisen Schwund der Markfasern und Störung 
les Schichtenbaues der Hirnrinde, sowie bei Auffinden von Stäbchenzellen in der 
Jlia und chronischer Verdickung der Pia, so groß sind oft die Schwierigkeiten der 
Afferentialdiagnose gegenüber der Lues cerebri in atypischen Fällen; jedoch gibt 
uch hier wieder nur der histopathologische Befund und nicht die klinischen 
Symptome den Ausschlag. 

Die luetischen Erkrankungen des Zentralnervensystems äußern sich in gum- 
nösen, meningomyelitischen bzw. encephalitischen Prozessen, sowie Zerstörungs- 
orgängen infolge luetischer Gefäßveränderungen (Endarteriitis obliterans), welche 
ille nie isoliert vorkommen, sondern stets ineinander überfließen. Alle luetischen 
Prozesse spielen sich im mesodermalen (Binde-) Gewebe ab, d. h. also im Zentral- 
ervensystem an der Pia mit ihrem Lymphgefäßapparat und den Gefäßen, ein- 
chließlich deren Adventitia. Häufig begegnet man im Gehirn fleckweisen Lich- 
ungen, welche fast vollständig auf die Rinde beschränkt sind und pathologisch 
tine einfache Rarefizierung des funktionierenden nervösen Gewebes darstellen, 
hne sekundäre Wucherungen des Stützgewebes. Dieser Prozeß ist aber nicht 
'pezifisch Iuetisch, sondern ist lediglich bedingt durch Störung in der Blutver- 
‘orgung und wird somit auch bei arteriosklerotischen Erkrankungen beobachtet. 
Das Unterscheidungsmerkmal zwischen der Endarteriitis obliterans und der 
Arteriosklerose ist gegeben in dem Proliferationstypus der Gefäßintima, welcher 
inersterem Falle aus zahlreichen dichtgedrängten Zellen mit vielen feineren Fasern 
und elastischen Membranen dazwischen besteht, während sich die Arteriosklerose 
durch Kernarmut auszeichnet. 

Bei der Lues kann es auch in den Gefäßwänden wie im ganzen übrigen meso- 
dermalen Gewebe in seltenen Fällen zu isolierter, syphilitischer Neubildung mit 
Riesenzellen, Neigung zu Zerfall usw. kommen. Meist jedoch handelt es sich um 
gummöse Prozesse der Nachbarschaft, welche per contiguitatem auf die Gefäße 
übergreifen. 

Die histologischen Unterschiede bei luetischen und sog. metaluetischen Ver- 
änderungen sind um so vorsichtiger zu bewerten, da jetzt auch bei der Paralyse 
lebende Spirochäten nachgewiesen worden sind. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


720 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 40. 


45. H. Zondek. Wassermann, Quecksilber und Exitus. (Archiv í. 
physik.-diät. Therapie 1916. Februar.) 

Z. teilt einen Fall von Erweichung des ganzen rechten Stirnhirns, ausge- 
dehnter Thrombosierung des Sinus longitudinalis und des Sinus transversus, 
Thrombose der beiden Aa. fossae Sylvii bei einem 1 Jahr alten Kinde mit. Keinerki 
Veränderungen der Gefäße, speziell keine endarteriitischen. Daneben ein schon 
vor Auftreten der Hirnerscheinungen bestandener Hydrocephalus externus, der 
vielleicht ätiologisch für das Entstehen der Thrombosen verantwortlich gemacht 
werden kann (Zirkulationsstörung durch Kompression). Keine Lues trotz po- 
sitiver Wassermann’schen Reaktion. Lymphocytose im Lumbalpunktat, 
beiderseitig Neuroretinitis und einseitige Stauungspapille..e. Wassermann'sch 
Reaktion zu erklären durch Überschwemmung des Blutes mit Lipoiden aus dr 
zerfallenen Gehirnmasse, Lymphocytose durch meningeale Reizung, Stauungs- 
papille durch erhöhten intrakraniellen Druck. Deutung der Neuroretinitis unklar. 
Keine Besserung des Zustandes unter spezifischer Behandlung. Ausgang: Exitus 
letalis. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


46. W. 0. Hoffmann and A. B. Schwartz (Chicago). The per- 
manganate reduction index of cerebrospinal fluid. (Arch. «i 
internal med. 1916. Februar.) 

Die Mayerhofer’sche Probe, die darauf beruht, daß eine pathologisch ver- 
änderte Zerebrospinalflüssigkeit wegen ihres hohen Gehaltes an organischer 
Substanzen eine größere Menge von Permanganatlösung als normaler Liquor 
reduziert, und bei der die Menge der beim Kochen über 10 Minuten durch I ccm 
Zerebrospinalflüssigkeit reduzierten Dezinormalpermanganatlösung als Index gt- 
nommen wird, wurde von H. und S. in 17 Fällen von tuberkulöser Meningit. 
8 Fällen von Meningitis epidemica, 2 Fällen von Streptokokkenmeningitis, 3 von 
Poliomyelitis, 7 von seröser Hirnhautentzündung und Encephalitis und 10 weiteres 
zum Teil mit Meningismus einhergehenden Fällen angewendet. Niedrige, unter ? 
sich haltende Werte wurden in allen normalen Spinalflüssigkeiten und in den 
Liquor von Pat. mit Konvulsionen oder anderen meningealen Symptomen ch“ 
Entzündung des Hirns oder seiner Häute festgestellt und Grenzwerte zwisckt 
2 und 2,5 in frühen Stadien von Entzündung, bei seröser Meningitis, Encephaliti: 
und anderen mit Hirnhyperämie verlaufenden Zuständen. Konstant vorhank:t 
hohe Werte über 2,5 weisen fast ausnahmslos auf entzündliche Vorgänge an Hit 
und Hirnhäuten hin; sie finden sich bei tuberkulöser Meningitis und Poliomyelt: 

F. Reiche (Hamburg). 


47. Stern (Düsseldorf). Vergleichende Untersuchungen über dit 
Thoma-Zeiss’sche und Fuchs-Rosenthal’sche Zählkammer bei 
Liquoruntersuchungen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3. 

Für die Diagnose der Zellvermehrung kommen nur erhebliche Veränderung?" 
in Betracht, kleine Zahlen müssen als nicht beweisend ausgeschaltet werden. 
Reckzeh (Berlin) 


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an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an ©: 

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721 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG, 





Nr. 41. Sonnabend, den 14. Oktober 1916. 








Inhalt. 

Referate: 1. Borberg, 3. Rotstadt, Untersuchungen der Zerebrospinalflüssigkeit. — 8. Boas 
und Neve, Weil-Kafka’sche Hämolysinreaktion. — 4. Sachs, Ausflockung von Mastix durch Liquor 
cerebrospinalis. — 5. Schultz und Hancken, Liquorbefund bei Rückenmarkschüssen. — 6. Pulay, 
7. Oppenheim, Multiple Sklerose. — 8. Strümpell, Pseudosklerose. — 9. Stähle, Syringomyelie. — 
10. Dorner, Akute Benzinvergiftung. — 11. Auerbach, Aufbrauchtheorie und das Gesetz der Lähmungs- 
typen. — 12. Storm van Leeuwen, Einfluß der Kopfstellung auf den Tonus der Gliedermuskeln. — 
13. Gerhartz, 14. Horrman, Progressive Lipodystrophie. — 15. Hoover, Acro-ataxia. — 16. Nonne, 
Polyneuritis. — 17. Reitter, 18. Nonne, Spinalparalyse. — 19. Lorenz, Paradoxe Reflexe. — 20. Inge- 
brigtsen, Biologie peripherer Nerven bei Transplantation. — 21. Kaufmann, Heilung kompli- 
sierter psychogener Bewegungsstörungen. — 22. Muck, Psychologische Beobachtungen bei Heilungen 
funktionell] stimmgestörter Soldaten. — 23. Horn, Sonnenstich. — 24. Uhlmann, Serologische Be- 
fande bei Granaterschütterung. — 25. Penhallow, Shock. — 26. v. Sartö, Durch Granat- und 
Schrapnellexplosionen entstehende Zustandsbilder. — 327. Cursehmann, Seltene Formen der 
Migräne. — 28. Horn, Schreckneurose. — 39. Jancke, Bettnässerfamilie. — 30. Prusik, Trige- 
minusneuralgie. — 31. Catton, Postmortale Reflexe. — 33. Januschke, Heilerfolge bei funktio- 
nellen Nervenstörungen. — 88. Wernecke, Laudanon. — 34. Ireland und Wilson, Behandlung 
der Hirnsyphilis. 

3: Sormanl, 36. Kooljman, Heufieber. — 87. Teyschl, Postintubatorische Geschwüre. — 
34 Kofler, Fremdkörper des Larynx, der Trachea und der Bronchien. — 89. Tobiäsek, Tracheo- 
bronchitis jodina durch Claudius’sches Catgut. — 40. Goodhart, Pneumokokkenbronchitis. — 
4. Wileke, Behandlung des chronischen Luftröhrenkatarrhs. — 42. Lange, Keuchhusten. 
ee ne En a a ae ee en 


Referate. 


- N. Ch. Borberg. Untersuchungen über den Zuckergehalt der 
Spinalflüssigkeit mit Bang’s Methode. (Zeitschrift f. d. gesamte 
Neurologie u. Psychiatrie 1916. Bd. XXXII. Hft. 4 u. 5.) 

Die durch die Lumbalpunktur gewonnenen Spinalflüssigkeiten enthalten, 
mit Bang’s Mikromethode analysiert, Dextrose in einer Menge, die »normal« 
zwischen 0,50 und 0,75°/% gesetzt werden kann (durchschnittlich 0,65). In 
Spinalflüssigkeiten, die in bezug auf den Gehalt an Eiweiß, Zellen, »Wassermann « 
usw. nnormale« Verhältnisse zeigten, die aber von kranken Individuen stammten, 
wurden Werte bis herunter zu 0,40 und hinauf zu 1,00 /,0 gefunden. Die hohen 
Zahlen wurden besonders in der Agone gesehen. 

Bei allen Formen von infektiöser »Meningitis« — im weitesten Sinne genom- 
men — wird eine mehr oder weniger ausgesprochene Verminderung des Dextrose- 


4l 


722 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


gehaltes der Spinalflüssigkeit gefunden, welche vermeintlich auf einer vermehrten 
glykotischen Funktion der zellinfiltrierten Häute beruht. Die Abnahme der 
Zuckermenge steht in proportionalem Verhältnis zur Intensität der meningitischen 
Symptome. 

Bei den akuten purulenten Zerebrospinalmeningitiden wurden Dextrose- 
werte zwischen Spuren und 0,13% /,o gefunden — bei tuberkulöser Meningiti: 
zwischen Spuren und 0,42 (durchschnittlich 0,2), bei Meningitis syphilitica zwischen 
0,25 und 0,62 (durchschnittlich 0,41), bei Dementia paralytica zwischen 0,25 un< 
0,62 (durchschnittlich 0,48) und bei Tabes dorsalis zwischen 0,17 und 0,77 (durch- 
schnittlich 0,51). Wenn der meningitische Prozeß unter Aushenen ist, findet 
man bei Repunkturen steigende Zuckermengen. 

Bei Zerebrospinalleiden von nicht infektiöser Natur, die gelegentlich von 
Zellvermehrung im Liquor begleitet sein können, wie z. B. bei Tumor cerebri, 
Pachymeningitis haemorrhagica usw., war keine Verminderung der Dextrose- 
werte sichtbar. 

Die Zuckerbestimmung in der Spinalflüssigkeit nach Bang’s Methode wird 
speziell zum Nachweis einer infektiösen Zerebrospinalaffektion Anwendung finder: 
können, wenn die Zellzählung wegen ursprünglicher oder artifizieller Blutmischerg 
schwierig oder unmöglich geworden ist. Zuckerzahlen zwischen 0,50 und 0,2° w 
müssen die Gedanken auf Meningitis hinleiten, noch niedrigere Werte wurden 
nur bei diesem Leiden gefunden. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


2. J. Rotstadt (Warschau). Zur Cytologie der Zerebrospinal- 

flüssigkeit. (Zeitschrift f. d. gesamte Neurologie u. Psychiatrie 1916. 

Bd. XXXI. Hft. 1—3.) 

Die cytologische Untersuchung der Lumbalflüssigkeit bei der Poliomyeliti 
anterior acuta, im chronischen Krankheitsstadium, bei der Sclerosis lateralis 
amyotrophica, der Atrophia musculorum progressiva vom Typus Charcot Marie- 
Tooth, der tuberkulösen Spondylitis, Syringomyelie, Polyneuritis von verschie- 
denem Typus und verschiedenen Ursprungs, der Paralysis ascendens acuta, Mi- 
gräne, Epilepsie, Hydrocephalus, Tetanus u. a.m. fiel immer negativ aus. 

Die bis jetzt wahrgenommenen Beobachtungen gestatten folgende Schlüsse 
zu ziehen: 

1) Es ist zu bezweifeln, ob jeder einzelnen Erkrankungsart spezifische Ze'- 
elemente eigen sind. Dagegen stellt die Bestimmung des quantitativen Verhält- 
nisses verschiedener Formen, das Prävalieren dieser oder jener Form, sowie auci 
die Festsetzung des Grades der Pleocytose einen wertvollen Hinweis für di 
Differentialdiagnose dar. 

2) Bei der Paralysis progressiva ist die Gitterzelle bzw. der Makrophag eise 
nicht minder charakteristische Zelle als die Plasmazelle. Die Polynukleos ist 
bei diesen Leiden eine viel häufigere als vermutet wurde, aber nie eine vorwiegend 
Erscheinung 

3) Bei der klassischen Form der Sclerosis multiplex fehlt die Pleocytose in 
der Lumbalflüssigkeit. 

4) Bei der Meningitis serosa, insofern diese Krankheit nicht mit einem 
anderen wesentlichen Prozeß im Gehirn in Verbindung steht, fehlt die Zellver- 
mehrung im Liquor. Dieser Befund spricht für das Vorhandensein einer primären 
idiopathischen Form der serösen Erkrankungen der Meningen. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 723 


5) Bei den akuten infektiösen Prozessen wird die Pleocytose fast ausschließB- 
lich durch vielkernige Zellen mit Überwiegen der neutrophilen gebildet. Während 
der Genesung nimmt die Zellvermehrung ab, die großen und kleinen Lymphocyten 
treten in den Vordergrund. Zur Zeit des vollständigen Verschwindens der Zell- 
elemente aus der Lumbalflüssigkeit kann die Xantochromie als eine eigenartige, 
von der Pleocytose unabhängige Erscheinung zutage treten und längere Zeit 
dauern. 

6) Die Xantochromie ist die Folge hämolytischer Ponai: Als morphologi- 
scher Beweis dienen deformierte zerfallene Erythrocyten, welche oft zur Zeit der 
Entstehung der gelblichen Liquorfärbung, z. B. im Verlaufe der Meningitis cerebro- 
spinalis epidemica, zum Vorschein treten. 

7) Der günstige Einfluß der spezifischen Therapie auf die Pleocytose kann 
sowohl in verschiedenen Formen der cerebrospinalen Lues, wie auch bei meta- 
syphilitischen Erkrankungen, als Gradmesser für das Abklingen des luetischen 
Prozesses in den Meningen dienen. 

8) Unter den geschwänzten Lymphocyten werden stets verschiedene Zell- 
formen beobachtet. Sie unterliegen Veränderungen beim Hineingießen von 
6% ,igem Alkohol in das Probierglas oder umgekehrt, und zeichnen sich überhaupt 
durch rasches Gerinnen des Flüssigkeitseiweißes aus, in dem die Zellen ent- 
halten sind. 

9) Auf die Abhängigkeit des Charakters und des Grades der Lymphocytose 
von den entzündlichen Veränderungen in den Meningen, wie überhaupt auf ihren 
Ursprung können nur systematische experimentelle Untersuchungen ein klares 
Licht werfen. Man muß bei Kranken parallele Untersuchungen des Liquors und 
des Blutes durchführen, da dieser letztere z. B. bei Infektionsprozessen parallelen 
morphologischen Veränderungen unterliegen kann, was diagnostisch von Be- 
deutung ist. 

10) Bei den Untersuchungen der Lumbalflüssigkeit ist es notwendig, dem 
Standpunkte Szecsi’s zufolge vor allem die in der Hämatologie geübten Me- 
thoden anzuwenden, denn so wie in der Hämatologie muß auch hier das Haupt- 
augenmerk auf die subtilen feinen Strukturen des Kerns und des Protoplasmas 
der veränderlichen Formen, auf die Übergangszellen gerichtet werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


3. Harald Boas und Georg Neve. Untersuchungen über die Weil- 
Kafka’sche Hämolysinreaktion in der Spinalflüssigkeit, spe- 
ziell bei sekundärer Syphilis und Tabes dorsalis. (Zeitschrift 
f. d. gesamte Neurologie u. Psychiatrie 1916. Bd. XXXII. Hft.4 u. 5.) 
Die Weil-Kafka’sche Hämolysinreaktion in der Spinalflüssigkeit ist bei 

| von 9 Pat. mit Induration und positiver Wassermann’scher Reaktion, bei 

12 von 82 Pat. mit sekundärer Syphilis, bei 2 von 10 Pat. mit tertiärer Syphilis, 

von diesen 1 Fall mit Syphilis cerebri, positiv gefunden. Auch ist sie bei 2 von 

27 Pat. mit latenter Syphilis und Imal bei kongenitaler Syphilis im Ausbruch 

(nur 1 untersuchter Fall) positiv gefunden worden. Dieselben Veränderungen, 

welche bei Dementia paralytica recht regelmäßig vorkommen, finden sich also 

auch bei anderen Formen der Syphilis, zum Teil sehr früh in der Krankheit. 

Bei Dementia paralytica ist sie in 73% der Fälle (87 untersuchte Personen), 
bei Tabes in 47% (34 untersuchte Personen) positiv. Bei Tabes kommt sie mit 
überwiegender Häufigkeit in den frischen Fällen vor. 


41* 


724 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


In 52 Kontrollfällen fand sich die Reaktion nicht, abgesehen von 2 Pat. mit 
Tumor cerebri mit Blutung in den Liquor cerebrospinalis. 

In einer Reihe von Fällen war die Weil-Kafka’sche Reaktion die einzige 
vorkommende Reaktion in der Spinalflüssigkeit und braucht also in keinem be- 
stimmten Verhältnis zu den anderen Reaktionen, speziell nicht zu den Eiwei}- 
reaktionen, zu stehen. 

Bei quantitativ angestellten Reaktionen zeigte es sich, daß die Reaktionen 
bei Dementia paralytica stärker waren als bei den anderen Formen. 
| M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


4. Sachs. Über die Ausflockung von Mastix durch Liquor cere- 
brospinalis. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 

Aus der Arbeit ergibt sich, daß mit der langsameren Art der Mastixverdünnung 
die Stärke bzw. Breite der Reaktion fortschreitend zunimmt. Zugleich ist un- 
verkennbar, daß die Stärke der Reaktion mit der Salzempfindlichkeit eigentlich 
nichts zu tun hat, ihr eher innerhalb bestimmter Grenzen umgekehrt proportiona! 
ist. Die Tatsache, daß die Mastixreaktion des Liquors durch langsameres Her- 
stellen der Mastixemulsionen fortschreitend verstärkt wird oder, mit anderen 
Worten, daß die Reaktion um so stärker ausfällt, je trüber die verwendeten Mastix- 
emulsionen (bei gleichem Gehalt an chemischen Bestandteilen) sind, erinn“ 
an die Ausflockung des Mastix durch aktives Rinderserum. 

Reckzeh (Berlin). 


5. Schultz (Jena) und Hancken. Wie weit kann die Lumbal- 
punktion zur Klärung der Operationsindikation bei frischen 
Rückenmarkschüssen beitragen? (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 18.) 

Nach dem Liquorbefund lassen sich Rückenmarksschüsse mit normalen. 
mit leicht und mit schwer verändertem Liquor unterscheiden. Bei normalkm 
Liquor ist die Operationsindikation möglichst einzuschränken (Concussio medullae). 
Bei leicht verändertem Liquor (Druckerhöhung, Eiweiß und Zellvermehrun;. 
geringem Blutgehalt) ist mit Markverletzungen zu rechnen, Operationsindikati:t 
dementsprechend zu erweitern. Bei schwer verändertem Liquor (deutliche Xant- 
chromie) ist mit schweren Wirbelsäulenveränderungen und vielfach schwere: 
Medullarzerstörungen zu rechnen. Reckzeh (Berlin). 


6. Pulay. Zur Pathologie der multiplen Sklerose. (Deutsche Zett- 
schrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 1.) 

In 56 Fällen von multipler Sklerose stellt Verf. das Bestehen heterosexutli, 
sekundärer Charaktere fest, hauptsächlich im Sinne abnormer Behaarung, und ® 
einem großen Teil findet sich auch eine hypoplastische Konstitution. Er schlied! 
daraus, daß es sich bei der multiplen Sklerose vielleicht um eine Hypoplasie 6® 
gesamten spezifischen Gewebes im Zentralnervensystem handeln, und daß da 
geringste Trauma den sklerotisierenden Prozeß hervorrufen könnte. Ferner last? 
diese Befunde nach Verf. an einen Zusammenhang mit dem glandulären Syste? 
denken, wobei die Qualitätsänderung der sekundären Geschlechtscharaktere :': 
Ausdruck für einen pluriglandulären Prozeß anzusehen wäre. -Dem in diese 
Sinne veränderten Habitus spricht Verf. einige Bedeutung für die Frühdiagn®* 
der multiplen Sklerose zu. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 725 


7. Oppenheim. Der Formenreichtum der multiplen Sklerose. 

(Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 3 u. 4.) 

Die multiple Sklerose kann die Erscheinungen jeder Rückenmarks- oder 
Gehirnerkrankung machen. Man kann einen spinalen, zerebralen und zerebro- 
spinalen Typ unterscheiden. Die spinalen Formen sind der Seitenstrangtypus 
oder die spastische Spinalparalyse, der Hinterstrangtypus oder die Pseudotabes, 
die kombinierte Strangerkrankung, der Vorderhorntypus oder die Pseudomyelitis, 
die Vorder -Hinterhorntypus oder die Pseudosyringomyelie, der Vorderhorn- 
Seitenstrangtypus oder die Pseudoform der amyotrophischen Lateralsklerose, 
alle diese als klinische Äußerung der disseminierten Sklerose. Die zerebrale Sklerose 
tritt in die Erscheinung als psychische, hemiplegische, pseudobulbäre, kortikal- 
epileptische, tumorartige, pontine oder bulbäre, zerebellare und okuläre Form. 
Der klassische Typus der fortgeschrittenen Fälle ist die zerebrospinale Form. Die 
Verlaufsart kann akut, subakut, chronisch oder schubweise sein. Die Differential- 
diagnose ist oft sehr schwierig besonders gegenüber dem Rückenmarks- bzw. 
Gehirntumor und der Pseudosklerose. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


8. Strümpell.e. Zur Kenntnis der sog. Pseudosklerose, der Wil- 
son’schen Krankheit und verwandter Krankheitszustände (der 
amyostatischeSymptomenkomplex). (Deutsche Zeitschrift f. Nerven- 
heilkunde Bd. LIV. Hft. 4.) 

Allen den in der Überschrift genannten Erkrankungen ist ein Symptom 
eigen, welches Verf. unter der Bezeichnung »amyostatischer Symptomenkomplex« 
zusammenfaßt, weil es sich dabei um eine Störung der Myostatik handelt. Diese 
Störung befällt den der Statik unseres Körpers dienenden neuromuskulären Ap- 
parat aller ein bestimmtes Gelenk bewegenden Muskeln und kann verschiedene 
Erscheinungen hervorrufen, je nach der Einwirkung der abnormen Reizzustände. 
Ist ein übermäßiger Reizzustand gleichzeitig in allen Muskeln des statischen 
Systems vorhanden, so kommt es zu Hypertonie, Kontrakturen und Stellungs- 
anomalien, Stellungsfixationen, mimischer Starre und allgemeiner Bewegungs- 
armut. Betreffen die abnormen Reizzustände regelmäßig zeitlich abwechselnd 
je eine agonistische und antagonistische Muskelgruppe, so entsteht Zittern und 
Schlagen. Erfolgen die abnormen Reizzustände unregelmäßig und abwechselnd 
bald in dem einen, bald in dem anderen zu einer statischen Gruppe gehörenden 
Muskel, so tritt das Symptom der Athetose ein. Der Adiadochokinese liegt eben- 
falls eine ähnliche Entstehungsursache zugrunde. 

Es lassen sich bei den amyostatischen Symptomenkomplexen zwei Gruppen 
unterscheiden: einmal die infantilen bzw. juvenilen, häufig hereditären bzw. 
familiären Formen, sodann die im höheren Alter mehr vereinzelt auftretenden 
Krankheitsfälle. Die juvenile familiäre Gruppe zeigt wiederum zwei Krankheits- 
formen; die eine tritt in die Erscheinung unter Zittern, Muskelrigidität, Sprach- 
‘törung, Demenz, Lebererkrankung und Hornhautpigment (Pseudosklerose, 
Wilson’sche Krankheit), bei der anderen Form ist die Muskelstarre vorherrschend, 
aber fast ohne Zittern, ohne Demenz und ohne Pigmentring der Hornhaut. Zu 
den im höheren Alter mehr vereinzelt auftretenden Krankheitszuständen gehört 
einerseits die typische Paralysis agitans mit Zittern und statischer Muskelstarre, 
aber ohne wesentliche Sprachstörung und ohne Demenz, andererseits die als 
»Paralysis agitans sine agitatione«, als »arteriosklerotische Muskelstarre« usw. 
bezeichneten Formen mit vorherrschender Muskelrigidität und häufig eintretender 


726 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


Demenz, aber ohne wesentliches Zittern. Diese letzteren Krankheiten können 
kurz mit »Myastasie« bezeichnet werden; über Leber- und Pigmentanomalien ist 
bei diesen nichts bekannt. — Einzelne amyostatische Symptome können auch dz: 
anderen Nervenkrankheiten auftreten; es sind solche zuweilen bei schwerer Chorea 
minor beobachtet worden. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


9. Stähle. Über Remissionen im Symptomenbild der Syringo- 
myelie. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft. 5.) 

Der vom Verf. berichtete Fall zeigt zwei Perioden; in der ersten beherrschen 
spastisch-paretische Symptome der unteren Extremitäten das Krankheitsbiic. 
wodurch eine Tabes vorgetäuscht wird, sie verschwinden jedoch nach 2!:, Monater 
spontan fast vollständig wieder. Erst nach 7 Jahren setzt die zweite Period: 
ein mit einem apoplektiformen Insult, nach dessen Abklingen hauptsächlich di: 
Folgen einer Schädigung der Hals- und Lendenanschwellung zurückbleiben m: 
Vorwiegen der Sensibilitätsstörung, die sich jetzt in klassisch dissoziierter Fort: 
zeigt. Auch diese geht nach ca. 7 Monaten spontan zurück, trotzdem die Gliose 
weiter fortschreitet, wie das Auftreten von bulbären Symptomen deutlich erkennen. 
läßt. 

Diese Remissionen sind zu erklären mit der Resorption von Blutungen, welch: 
bei der der Gliose eigentümlichen Gefäßneubildung und Entartung der Gefis- 
wandungen sehr häufig sind. Gerade aus den sich häufenden spinalen Apoplexier 
will Verf. die Frühdiagnose der Syringomyelie stellen, wenn auch noch keines di 
klassischen Symptome vorhanden ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


10. Dorner. Akute Benzinvergiftung mit nachfolgender spinaler 
Erkrankung. (Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft.!' 
Durch Benzinvergiftung tritt 3tägige Bewußtlosigkeit mit nachfolgende” 
allgemeiner Muskelschwäche, öfterem Erbrechen und Schwindelanfällen auf 
Die Schwäche bleibt bestehen und nimmt allmählich so zu, daß der Kranke nac? 
l Jahr ein ähnliches Bild zeigt, wie es der multiplen Sklerose oder einer kor- 
binierten Strangerkrankung zukommt. Diese Nacherkrankung ähnelt sehr de: 
nach Kohlenoxydvergiftung beschriebenen und zeigt, daß das Benzin, hau- 
sächlich Rohbenzin, ein schweres Nervengift ist, sei es sekundär infolge der schwere“ 
Gefäßschädigung, die äußerlich auch in der Akrocyanose und dem Dermograph®- 
mus zum Ausdruck kommt, sei es, daß durch das Benzin direkt wichtige Teile &' 
Nervenzellen aufgelöst und so deren Funktion schwer geschädigt werden. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


11. Auerbach. Die Aufbrauchtheorie und das Gesetz der Läh- 
mungstypen. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIHI. Hi." 

Die Edinger’sche Aufbrauch- oder Ersatztheorie behält ihre Bedeut:“: 

für die Pathogenese einzelner bestimmter Nervenerkrankungen, sie genügt jedit 
allein nicht zur Erklärung sämtlicher Lähmungstypen. Für letztere hat Ver- 
folgendes Gesetz aufgestellt: »Diejenigen Muskeln bzw. Muskelgruppen erlahme" 
am raschesten und vollkommensten, bzw. erholen sich am langsamsten und 37 
wenigsten, die die geringste Kraft (ausgedrückt durch das Muskelgewicht) besitze“ 
und ihre Arbeitsleistung unter den ungünstigsten physikalischen, physivlegisch” 
und anatomischen Bedingungen zu vollbringen haben, während die in dieser Bi’ 
ziehung besser gestellten Muskeln von der Lähmung größtenteils verschont bleibe". 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 727 


Edinger gebührt jedoch das Verdienst, durch seine Aufbrauchtheorie. die 
Anregung zu einer für die Klinik verwertbaren qualitativen Analyse der Muskel- 
einzelleistungen gegeben zu haben. © L. Kreuzer (Zell i. W.). 


12. W. Storm van Leeuwen. Über den Einfluß der Kopfstellung 
auf den Tonus der Gliedermuskeln. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 


. 1916. I. S. 12—27.). 

Die bekannten Versuche der Magnus’schen Schule über die nach Kopf- 
bewegungen beim Tier auftretenden, auf einer Superponierung der Labyrinth- und 
Halsreflexe fußenden Tonusveränderungen der Extremitäten, wurden vom Verf. 
übersichtlich zusammengestellt und mit eigenen Experimenten bereichert. Die 
Unabhängigkeit des Vertebraprominenzreflexes von diesen Vorgängen wird her- 
vorgehoben, die von Magnus und De Kleyn bei dezerebrierten Tieren 
angestellten Beobachtungen auch bei normalen Säuglingen erwiesen. Es stellte 
sich heraus, daß von den Labyrinthen aus in zweierlei Art der Tonus 
der Gliedmaßen beeinflußt wird, und zwar unmittelbar und mittelbar; in letzterem 
Sinne mit Hilfe der Halsmuskulatur, indem Tonuswechsel letzterer einen Hals- 
reflex auf die Extremitäten hervorruft. Die experimentellen Labyrinthausschal- 
tungen zeitigten mit obigen Voraussetzungen übereinstimmende Erfolge. Auch 
die Beobachtung gewisser willkürlicher Kopf- und anderweitiger Bewegungen 
normaler Katzen und Hunde spricht in gleichem Sinne. — Nach Enthirnung 
eines Tieres tritt nach einiger Zeit ein starker Tonus der Streckmuskulatur der 
Pfoten, sowie der Streckmuskeln des Rumpfes und der Heber des Halses, Kopfes 
und Schwanzes auf (»Reflexstanding« Sherrington’s). Veränderungen der 
Kopf- und Halsstellung dieses »reflektorisch-stehenden« Tieres ermöglicht die 
Einnahme der gewünschten Stellung des Rumpfes und der Pfoten desselben. 
Von dem vorderen, die wichtigsten Sinnesorgane des Tieres beherbergenden Körper- 
teil aus wird also die Stellung der übrigen Körperpartien und die Beziehung zwi- 
schen den verschiedenen Unterabteilungen beherrscht. Die Art und Weise des 
Zustandekommens dieser Korrelation wird von Magnus und seinen Schülern 
analysiert. Indem die ersten Untersuchungen sich nur mit enthirnten Tieren 
befaßten, stellte sich dasselbe Verhalten auch für normale Tiere geltend heraus. 
Inwiefern der bei Tieren festgestellte Mechanismus für den Menschen zutrifft, 
ist vorläufig noch unbekannt, mit Sicherheit konnten beim Menschen unter patho- 
logischen Verhältnissen nicht nur — den bei Tieren festgestellten Tatsachen 
ähnlichen — Halsreflexe, sondern auch Labyrinthreflexe durch Stellungswechsel 
des Kopfes ausgelöst werden, wie sich noch jüngst bei einem Kind mit amauro- 
tischer Idiotie bewährte. Die Frage, nach welcher diese menschlichen Reflexe 
ais Rudimente angesehen werden sollen, oder im normalen Leben eine Rolle spielen, 
harrt noch der Lösung. Zeehuisen (Utrecht). 


13. Gerhartz. Lipodystrophia progressiva superior. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 
Die Untersuchung des Kranken gab keine sicheren Hinweise darauf, daß: die 
progressive Lipodystrophie mit innersekretorischen oder Sympathicus- oder 
Vagusstörungen etwas zu tun hat. Reckzeh (Berlin). 


728 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


14. Ch. Herrman (New York). Progressive lipodystrophy. (Arch. 
of internal med. 1916. April.) 

-H. berichtet über einen Fall der von Barraquer u. a. als Lipodystrophia 
progressiva beschriebenen Affektion; die Literatur (bis Feer) enthält nur 15 Be- 
obachtungen. Charakteristisch ist der doppelseitige symmetrische Fettschwund am 
.oberen Körper mit Zunahme des Fettgewebes am Unterkörper bei Fehlen anderer 
trophischer oder konstitutioneller Symptome. F. Reiche (Hamburg). 


15. C. F. Hoover. The significance of acro-ataxia and proximo- 
ataxia. (Amer. journ. of med. sciences 1915. Vol. CL. Nr. 5. S. 651.) 
Unter Acro-ataxia versteht man die Schädigung des Muskelsinnes der Hand- 

und Fußmuskeln, im Gegensatz zur Ataxia der proximalen Muskeln der oberen 

und unteren Extremität. Acro-ataxia ist ein frühes Symptom der perniziösen 

Anämie. Ein derartiger Pat. ist nicht imstande angeben zu können, ob seine 

Zehe vom Untersuchenden gebeugt, gestreckt oder gedreht wird, aber wenn die 

ganze untere Extremität bewegt wird, weiß er genauen Bescheid. Das gleiche 

. Verhalten findet man, wenn auch weniger ausgesprochen, an der oberen Extre- 

mität. Der Pat. kann den Muskelsinn in den Fußmuskeln ganz verloren haben, 

und dennoch zeigt er keine statische Ataxie, weil eben die ileofemoralen Muskeln 
nicht affiziert werden. Er mag beim Zuknöpfen eines Rockes, beim Nähen und 

Schreiben sehr ungeschickt sein, aber bei der Finger-zu-Fingerprobe oder der 

Finger-zur-Nasenprobe zeigt er nichts Abnormes, denn bei letzteren Probes 

werden die thorako-skapularen und skapulo-humeralen Muskeln gebraucht, welche 

in Ordnung bleiben. Es besteht also bei Anämischen Akroataxie, aber kein: 

Proximoataxie. Diese letztere dagegen ist ein Symptom spinaler Erkrankung. 

Der Tabiker zeigt wohl auch Akroataxie aber die Proximoataxie geht dersiben 

lange voraus. Akroataxie zeigt sich ferner bei allen Formen von Neuritis. Aller- 

dings kommt hier beim Fortschreiten der Affektion auch Proximoataxie hinzu 

Nach dem Verf. ist Akroataxie ein feines differentialdiagnostisches Zeichen, um 

frühzeitig die perniziöse Anämie zu erkennen und um frische neuritische vor 

spinalen Affektionen zu unterscheiden. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


16. Nonne. Über Polyneuritis gemischter Nerven bei neur- 
asthenischen Kriegsteilnehmern. (Deutsche Zeitschrift f. Nerven 
heilkunde Bd. LIII. Hft. 6.) 

Verf. berichtet über zwei Kriegsteilnehmer, welche er wegen nervösen Zu- 
sammenbruchs infolge der körperlichen und seelischen Feldzugsstrapazen in Be- 
handlung bekommen und bei denen erst im späteren Verlauf der Neurasther:? 
sich eine multiple Neuritis der gemischten Nerven entwickelt hat. Diese beiden 
Fälle sprechen für eine »Polyneuritis neurasthenica« (Mann). Weitere Beobatt- 
tungen müssen zeigen, ob diese Form bei schnell akquirierter Neurasthenie oće” 
vorwiegend bei konstitutioneller neurasthenischer Veranlagung auftritt, feme 
wie oft die Neuritis multiplex nur die sensibeln, wie oft die gemischten Nerven 
befällt und ferner wie oft es sich um leichte, mittlere oder schwere Formen handel. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 729 


17. Reitter. Eine neue Familie mit spastischer Spinalparalyse. 
(Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LII. Hft. 6.) 

In der vom Verf. beschriebenen Familie waren die Großmutter (mütterlicher- 
seits), Mutter, Tante (mütterlicherseits) und ein Sohn an spastischer Spinal- 
paralyse erkrankt. Auch hier zeigte die Heredodegeneration des Nervensystems 
die üblichen Eigentümlichkeiten: Homologie der Krankheitstypen innerhalb einer 
Generation und Homochromie des Auftretens der Erkrankung in derselben Genera- 
tion, und um so früheres Auftreten je jünger die Generation ist. Verf. glaubt 
prophylaktisch eventuell dadurch etwas erreichen zu können, daß die Nach- 
kommen solcher Familien einen Beruf wählen, bei welchem die von der Erkran- 
kung meist befallenen Muskelgruppen geschont werden. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


18. Nonne. Bemerkungen zum Aufsatz von Erich Langer in 
der Deutschen Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIII, 
Hft. 1—2: »Kasuistischer Beitrag zur pathologischen Ana- 
tomie der akut aszendierenden Spinalparalyse (Landry’sche 
Paralyse)«. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIII. Hft.1 u. 2.) 
Nach Verf.s Ansicht entspricht der von Langer beschriebene Fall klinisch 
nicht der Landry’schen Paralyse, wohl aber einer alkohologenen Erkrankung 
des Nervensystems, wie sie schon anderweitig beschrieben ist. Das anatomische 
Bild ist das der Myelitis funicularis, welche bei chronischem Alkoholismus in den 
letzten Jahren mehrmals beobachtet worden ist, wie es aber als Grundlage einer 
Landry’schen Paralyse nicht bekannt ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


19. Lorenz. Beitrag zur Kenntnis der paradoxen Reflexe. (Deutsche 
Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 4.) 

Ein paradoxer Reflex ist dann vorhanden, wenn beim Beklopfen nur einer 
Sehne allein der Antagonist des gereizten Muskels sich kontrahiert. Die Ent- 
stehung desselben ist bedingt durch Störung der Innervation des Hauptagonisten, 
während die — sonst synergistische — Innervation der Antagonisten ungestört 
ist. Eine pathognomonische Bedeutung kommt nach Verf. diesen Reflexen nicht 
zu; sie weisen lediglich auf eine Störung in der Reflexbahn hin, welche verschieden- 
artigster Natur sein kann. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


20. Ragnald Ingebrigtsen. A contribution to the biology of the 
peripheral nerves in transplantation. (Journ. of exp. med. 23. 
1916. S. 251.) 

Die Waller’sche Degeneration, welche an Nerven auftritt, welche in Ringer- 
scher Lösung oder Serum konserviert sind, tritt nicht auf bei Konservierung in 
Plasma. Es entstehen dabei auch keine Wucherungen der Schwann’schen 
Scheide. Diese ist vielmehr direkt abhängig von der Degeneration der Achsen- 
zylinder und der Myelinscheide. Ad. Schmidt (Halle a.S.). 


21. Kaufmann (Mannheim). Die planmäßige Heilung kompli- 
zierter psychogener Bewegungsstörungen bei Soldaten in 
einer Sitzung. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

Das Vorgehen setzt sich aus vier Komponenten zusammen: 1) Suggestiver 

Vorbereitung, 2) Anwendung kräftiger Wechselströme unter Zuhilfenahme von 


730 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


seichlicher Wortsuggestion, 3) strengem Innehalten der militärischen Formen 
unter Benutzung des gegebenen Subordinationsverhältnisses und Erteilen der 
Suggestion in Befehlsform, 4) unbeirrbar konsequenter Erzwingung der Heilunz 
in einer Sitzung. Reckzeh (Berlin). 


22. Muck (Essen). Psychologische Beobachtungen bei Heilungen 
funktionell stimmgestörter Soldaten. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 22.) 

Die »Heilungen« der hysterischen Aphonie, die uns aus Friedenszeiten be- 
kannt sind, und die hauptsächlich das weibliche Geschlecht betreffen, sind nich: 
auf gleiche Stufe zu stellen mit den Schrecklähmungen der Stimme im Krieg: 
bei Soldaten. Die rezidivfähige aphonisch werdende Jungfrau, die mit oder vor 
Eintritt der Menses aphonisch wird, ist von dem Kalender abhängig. Der Kriege‘, 
dem die Stimme in der Kehle stecken blieb und der sie wiedergewinnt, ist zu 
Rückfällen im allgemeinen nicht disponiert. Reckzeh (Berlin). 


23. Horn. Über Sonnenstich mit organischen Symptomen. (Deutsch 
Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft, 4.) 

Ungefähr 1 Jahr nach einem erlittenen Sonnenstich findet sich in dem mit- 
geteilten Falle noch Ataxie des Rumpfes und der Beine bei fehlenden Tiefer- 
sensibilitätsstörungen, linkseitige homonyme Hemianopsie beider Augen, Pupillei- 
differenz-Reaktionsträgheit, Facialisparese, Hörstörung, Schluckbeschwerden uni 
Sprachstörung. Diese Erscheinungen weisen auf eine Erkrankung der Gehirnbas: 
und des Kleinhirns hin, und sind sehr wahrscheinlich Resterscheinungen ein:: 
Meningoencephalitis mit Hämorrhagien in die Hirnhäute und Hirnsubstanz, 
verursacht durch die starke Sonnenbestrahlung. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


24. Uhlmann (Basel). Serologische Befunde bei Granaterschüt- 

terung. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Es geht aus den Untersuchungen hervor, daß sich bei Granaterschütterung:: 
im Blute der Kranken verschiedene organspezifische Fermente nachweisen lasser. 
welche zum Teil konstant sind und zum Teil je nach dem Krankheitsbilde z- 
wechseln scheinen. Aber dieser Wechsel betrifft stets die gleichen Organe. Au‘ 
nahmslos finden wir Nebennieren abbauende Fermente und in vielen Fällen solch: 
für Rückenmark, Hypophyse und Halsganglien. Reckzeh (Berlin). 


25. Pearce Penhallow. Mutism and deafness due to emotional 
shock cured by etherization. (Boston med. surg. journ. 1915 
Vol. CLXXVI. Nr. 4. S. 131.) 

Ein 25jähriger englischer Soldat wurde im Schützengraben durch die in 
seiner unmittelbaren Nähe erfolgte Explosion zweier deutscher Granaten, weich 
mehrere Soldaten töteten, bewußtlos hingeworfen. Als er wieder zu sich kafl. 
befand er sich im Lazarett zu Rouen. Er zeigte nirgends die geringste sichtbar: 
Verletzung, dagegen war er vollkommen taub, blind und stumm. Einige T&: 
später konnte er wieder sehen und mit einem Ohr hören, dagegen blieb er auf &' 
anderen Seite schwerhörig und stumm wie bisher. Pat. war dabei etwas verwit: 
und erregt; es bestanden Photophobie und Tremor der Zunge, der Gang W? 
langsam, ängstlich, die Zehen flektiert, die Plantarreflexe stark gesteigert. IF 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 731 


” Verlauf von 3 Wochen besserten sich das Gehör und der Gang, der Tremor und 

“die Reflexsteigerung verschwanden, nur blieb der Pat. stumm, obwohl er Versuche 
“zum Sprechen machte. Man beschloß, ihn zu ätherisieren, und während der Narkose 
“begann er mit lauter Stimme zu sprechen und den Hergang des Ereignisses im 
Schützengraben zu erzählen. Nach der Narkose sprach und hörte er wieder wie 
‚In gesunden Tagen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


2. v. Sartó. Über die durch Granat- und Schrapnellexplosionen 
entstehenden Zustandsbilder. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. 
Nr. 20.) 

Der Name »traumatische Neurose« sollte nicht mehr gebraucht, sondern 
mit dem dem tatsächlichen Befund entsprechenden ersetzt werden. v. S. schlägt 
vor, in den Fällen von reiner Granatfernwirkung von »postkommotionellen Zu- 
ständen« zu sprechen, die durch psychische Einwirkung entstandenen Krank- 
heitsbilder als Hysterie, Neurasthenie, Psychoneurose zu bezeichnen, die Er- 
Schöpfungszustände bei ihren Namen zu nennen. Seifert (Würzburg). 


27. Curschmann. Über einige seltene Formen der Migräne. (Deutsche 

Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 2 u. 3.) 

Die Migräne, d. i. der hemikranische Kopfschmerz, ist nur eine Teilerschei- 
nung einer allgemeinen vasomotorisch-sekretorischen Neurose. In manchen Fällen 
treten die zerebralen Symptome völlig zurück gegen die peripheren, bei welchen 
Herzangst, Angiospasmen der Beine, der Finger, Dickdarmkoliken usw. im Vorder- 
grunde stehen. Oft tritt eine solche Umformung der »Migräne«anfälle im Kli- 
makterium auf, in manchen Fällen ist diese jedoch unabhängig vom Wechsel 
der Genitalfunktion. Verf. berichtet über einen Fall, wo er bei sonst fast reiner 
Schwangerschaftsmigräne einmal außerhalb der Schwangerschaft oder Stillungs- 
periode einen Anfall unter Galaktorrhöe mit starker Kolostrumabsonderung 
beobachtet hat; er führt dies auf eine gegenseitig wirkende Reflextätigkeit zurück. 
Ausgesprochen trophisch-vasomotorischen Charakter zeigt ein Fall, bei welchem 
nach dem Höhepunkt des Anfalles regelmäßig Blaseneruptionen. an ganz be- 
stimmten distalen Teilen gleichseitiger Extremitäten auftraten, während im all- 
gemeinen Neurodermatosen im Intervall häufiger sind. In seltenen Fällen werden 
stereotype Gesichtshalluzinationen beobachtet. — Bei Kindern wird oft der erste 
Migräneanfall, welche häufig nach einer akuten Infektion auftritt, übersehen, 
oder wegen seiner Heftigkeit falsch gedeutet und für Meningitis oder Urämie ge- 
halten; in solchen Fällen fällt oft der Familienanamnese große Bedeutung zu. 
Umgekehrt kann aber auch eine typische Augenmigräne Frühsymptom einer 
multiplen Sklerose sein, was allerdings sehr selten ist. In einem Falle ist eine 
jahrelang bestehende typische Migräne durch Hinzutreten einer multiplen Sklerose 
verschwunden, trotzdem keine frühzeitige Klimax, welche ja öfters eine Migräne 
zur Heilung bringt, eingetreten ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


28. Horn. Über Schreckneurosen in klinischer und unfallrecht- 
licher Beziehung. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIII. 
Hft. 5.) ; 

Die Schreckneurose ist eine ausgesprochene Psychoneurose mit scharf um- 
schriebenem klinischen Symptomenkomplex und bildet eine besondere Gruppe 
der »traumatischen« bzw. Unfallneurosen. Psychisch zeigt sie allgemeine Exal- 


732 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


tation mit eventuellen Verwirrtheitszuständen, die somatischen Erscheinungen 
sind bedingt durch eine Disharmonisierung des vegetativen Nervensystems, wobe: 
die kardiovaskulären Symptome vor allem das Krankheitsbild beherrschen. Eine 
spezifische Disposition für die Schreckreaktion ist nicht erforderlich, doch ist 
sie in den meisten Fällen vorhanden und ist neben der Gestaltung der Entschä- 
digungsfrage ausschlaggebend für die Prognose. Mittelschwere und unkomplizierte 
Fälle heilen bei baldiger Kapitalabfindung in der Regel in 2 Jahren mit Wieder- 
herstellung der vollen Erwerbsfähigkeit ab; Rentengewährung und Prozesse 
verzögern die Heilung und führen schließlich zur Rentenkampfneurose. Ab- 
wartendes Verhalten bzw. Rentengewährung ist nur bei Komplikationen mit 
schweren organischen Leiden gerechtfertigt. Die Auslösung oder Verschlimme- 
rung von organischen Erkrankungen (Diabetes mellitus, insipidus, Morbus Basedow, 
Paralyse usw.) durch Schreck erfolgt auf dem Wege des vegetativen Nerven- 
systems. Kreuzer (Zell i.W.). 


29. Jancke. Über eine Bettnässerfamilie, zugleich ein Beitrag 
zur Erblichkeit der Spina bifida. (Deutsche Zeitschrift f. Nerven- 
heilkunde Bd. LIV. Hft. 4.) 

Verf. berichtet über eine Familie, in welcher sich die Blasenschwäche über 
drei Generationen vererbt hat. In drei Fällen zeigt das Röntgenbild Verände- 
rungen der Wirbelsäule bzw. des Kreuzbeins im Sinne einer Spina bifida, wa: 
Verf. als einen Beweis für die Vererbbarkeit dieser Anomalie hält. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


30. G. Prusik. Zur Kenntnis der Trigeminusneuralgie. (Casopis 
lekaruv ceskych 1916. Nr. 2.) 

Zur Beantwortung der Frage, ob man eine Trigeminusneuralgie rein pen- 
pheren Ursprungs von einer solchen zentralen Ursprungs (im Kern oder in den 
Wurzeln des Trigeminus) unterscheiden kann, publiziert P. folgenden Fall: 
70jährige Frau; seit 6 Jahren typische Anfälle im II. und Ill. Aste rechts. Soma- 
tisch keine Anomalie. Empfindlichkeit der Valleix’schen Punkte; herabgesetzte 
Empfindlichkeit für Berührung und Schmerz im Bereiche des II. und Ill. Ast. 
Unter .Galvanisation ging die Zahl der Anfälle auf 6 pro Tag zurück. Im spätere 
Verlauf auch Spasmen in der Wange und Schmerzen in der rechten Zungenhäffte. 
Operation; zuerst Resektion beider Äste, später wegen Mißerfolg Exstirpatier 
des Ganglion Gasseri. Trotzdem nach einem Jahre: dauernde stumpfe Schmerzen. 
häufig unterbrochen durch heftige Schmerzanfälle, die ins rechte Auge, manchm:. 
auch oberhalb desselben, in die rechte Zungenhälfte und in die Oberlippe aus- 
strahlten. Demnach mußte es sich um einen pathologischen Prozeß im Ker 
oder in den Wurzeln des rechten N. trigeminus handeln. In Anbetracht des Alte: 
der Pat. denkt der Autor an atheromatöse Veränderungen, eventuell an ein Amt 
rysma der den Kern bzw. die Wurzeln des rechten Trigeminus versorgenden Gefäß 
Was aber ganz besonders auf einen intrakraniellen Sitz des Herdes hindeutd. 
ist die Beobachtung Thomayer’s, daß schwere Trigeminusneuralgien eim 
wesentliche Alteration des psychischen Zustandes herbeiführen und sogar &® 
Eindruck einer vollkommenen Psychose (Melancholie) machen können. Die Pat., 
die nie Narkotika in größeren Mengen genommen hatte, war eingenommen, WI 
schlossen, mürrisch und trug sich mit Selbstmordgedanken. Der Autor führt! 
noch vier andere Fälle an, welche beweisen, daß der psychische Zustand bei Pat. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 733 


mit schwerer Trigeminusneuralgie derart verändert sein kann, daß es nicht bloß 
zu vorübergehenden depressiven Zuständen oder erhöhter Reizbarkeit kommt, 
sondern auch zu dauernden Veränderungen, zumeist zur Melancholie, gesteigert 
durch Selbstmordideen. In drei Fällen war der zentrale Ursprung der Neuralgie 
sehr wahrscheinlich, und in zwei Fällen war die Möglichkeit einer zentral wirkenden 
Läsion nicht auszuschließen. Bei allen diesen Fällen war der psychische Zustand 
mehr alteriert als sonst bei Trigeminusneuralgien, und daher kann man annehmen, 
daß die psychischen Zustände im Zusammenhang stehen mit dem die Neuralgie 
bedingenden Prozeß. Vielleicht kann man diese dauernden psychischen Störungen 
zur Diagnose des zentralen Sitzes der Trigeminusneuralgie verwenden. 
G. Mühlstein (Prag). 


31. J. H. Catton. Postmortale Reflexe. (Journ. amer. med, assoc. Bd. LXV. 
Nr. 13. S. 1100.) | 
Untersuchungen an 15 Toten unmittelbar nach dem Tode zeigten das Er- 
löschen der Sehnen- und Hautreflexe, aber eine vorübergehende Erhöhung der 
Muskelerregbarkeit für den mechanischen Reiz, nach 60 Minuten erlöschend. 
Meinhof (Halle a.S.). 


32. H. Januschke. Erfolge der klinischen Pharmakologie bei 

funktionellen Nervenkrankheiten. (Therap. Monatshefte 1916. Febr.) 

Verf. teilt einige planmäßig gewonnene Heilerfolge bei funktionellen Nerven- 
störungen mit. In einem Falle handelte es sich um ein 13jähriges Mädchen, bei 
dem eine seit 4 Monaten bestehende Lähmung oder Schwäche beider Beine nach 
systematischer Prüfung aller Abschnitte der. Bewegungsneurose durch Erregbar- 
keitssteigerung der peripheren motorischen Nervenendigungen mittels Physostigmin 
binnen Tagen geheilt wurde. 

In einem anderen Falle wurde bei einem 12jährigen Knaben eine bestehende 
Geistesverwirrung mit manischer Ideenflucht und Tobsucht durch Ruhigstellung 
der Affektzentren mittels Kodein binnen dreimal 24 Stunden beseitigt. Der dritte 
Kodeineffekt ging in Dauerheilung über. Eine auftretende Kodeingewöhnung 
wurde durch Parakodein erfolgreich überwunden. 

Bei einem I1ljährigen Knaben mit eigentümlichen Anfällen von Bewußt- 
seinsstörung werden durch die Amylnitritprobe Gefäßkrämpfe im Großhirn als 
Ursache erkannt. Nach vergeblichen Versuchen mit anderen gefäßerweiternden 
und nervenberuhigenden Arzneien gelang es zweimal, mittels Kalzium lacticum 
die Anfälle zu beseitigen. Beim ersten Male wurde der Kalziumwirkung durch 
natriumarme Kost zum Durchbruch verholfen. Der zweite Kalziumerfolg ging 
in Dauerheilung über. 

Bei einer 22jährigen Pat., welche seit 2 Jahren an heftigen, zum Erbrechen 
führenden Magenkrämpfen litt und dadurch bereits ernährungsunfähig war, 
wurde nach vergeblichen, auf die Beruhigung der Magensensibilität und Motilität 
gerichteten Maßnahmen durch eine Gastroenterostomie die funktionelle Grund- 
bedingung für die Heilwirkung des Atropins hergestellt und damit die Ernährungs- 
möglichkeit wiedergewonnen. | 

Bei einem Knaben von 10 Jahren mit Erscheinungen allgemeiner Schwäche 
wurden die Anfälle von Übelkeit, Schwindel und Ohnmacht nach dem Fehl- 
schlagen einer Ruhe- und Mastkur durch Verbesserung der Hirnzirkulation mittels 
Theobromin vorübergehend behoben. Der sodann erzielte Dauererfolg einer 


734 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 


Trinkkur mit isotonischer Lösung von Karlsbader Salz trotz täglicher %u!!- 
entleerung läßt erkennen, daß eine maskierte Obstipation zur Störung der Him- 
zirkulation (durch Herzschwäche oder durch Krämpfe der Kopfgefäße) geführt 
hatte. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


33, Wernecke (Schlachtensee-Fichtenhof). Laudanon in der Psy- 
chiatrie. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) l 
Laudanon erscheint als ein deutsches gutes Opiumpräparat, das auch in de: 

Psychiatrie volle Beachtung verdient. Abweichend von der Tinct. opii simplex 

und dem ausländischen Erzeugnis Pantopon, ist es frei von unnötigen Ballas- 

stoffen und zeichnet sich vor allem durch seine konstante Zusammensetzung aus. 

Ohne schädliche und lästige Nebenwirkung kann es, wo es sich darum hande!t, 

Beruhigung und Schlaf zu erzeugen, per os und subkutan in den angegebenen 


Dosen bzw. in Verbindung mit Hyoscin gegeben werden. 
Reckzeh (Berlin). 


34. G. 0. Ireland und C. St. Wilson. Behandlung der Hirnsyphilis. 

(Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 13. S. 1108.) 

In 23 Fällen von allgemeiner Paralyse wurde anstatt des teuweren und schwer 
zu beschaffenden Salvarsans Quecksilberchlorid (!/,, Grain) intradural eingespritzt 
(nach Burnes). Autogenes Serum ist fremdem vorzuziehen. Die Reaktion ist 
etwas stärker als nach 40% igem salvarsanisiertem Serum. Klinische Besserung 
trat in 75% der Fälle nach fünfmaliger Behandlung ein. 40°, davon neigten 
zum Rückfall. Die klinische Besserung ist deutlicher und schneller als die sero- 
logische. Über ihre Dauer kann noch nichts gesagt werden. Doch empfehlen 
sich weitere Versuche. Von den Proben bleibt die Kolloid-Goldprobe am hart- 
näckigsten. Meinhof (Halle a. S.). 


ni 





35. B. P. Sormani. Vorbeugende Impfung gegen Heufieber. (Neder!. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. H. S. 2470—81.) 

Fortsetzung der — gegenüber des opsonotherapeutischen Verfahrens eng- 
lischer Autoren — prophylaktischen Behandlung des Heufiebers. Anfänglicke 
Dosis 10 Einheiten; größere Giftmengen führten mehrmals Hautausschläge herbe:. 
Wöchentlich wurde empirisch allmählich bis auf 500—1000 E. gestiegen. Auch 
die Herstellung des Extraktes wurde einfacher gestaltet, andererseit wöchentlich 
frische Auszüge hergestellt, niemals ältere Auszüge verwendet. Vor jeder Be- 
handlung wurde zur Sicherstellung der Diagnose die Ophthalmoreaktion jede: 
Pat. durch Einträufelung ansteigender Konzentrationen geprüft, so daß nicht ar 
Heufieber leidende Personen ausgeschaltet werden konnten. Das genaue Studium 
der Kasuistik (48 Fälle) führte S. im Gegensatz zu anderen Vaccinotherapeuten 
zur Annahme einer deutlichen negativen Phase. Leider soll die Behandlung 
jedes Jahr von neuem angestellt werden. Bei der Dosierung soll der Stichreaktien 
Rechnung getragen werden, dieselbe soll sehr gering sein. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 41. 735 


36. A. Kooijman. Zwei Fälle von Heufieber, in welchen nach 
Vaccinotherapie bedeutende Besserung erfolgte. (Nederl. Tijdschr. 

v. Geneesk. 1915. 11. S. 1266—72.) l 
Weitere Kasuistik über die günstige Wirkung des Sormani’schen Pollen- 
vaccins in durch anderweitige Behandlungsverfahren — mit Ausnahme der von 
K. noch nicht geprüften Röntgenbehandlung — nicht beeinflußten Heufieber- 
allen. Die subkutanen Injektionen im Oberschenkel erfolgten von Anfang März 
ın wöchentlich mit frisch hergestelltem Material, und zwar von 20 Einheiten 
ınfangend, aufsteigend bis zu 900; im Monat Juni aber konstant nur 150 bis 200 E., 
n der Heufieberperiode sollen der Möglichkeit des Auftretens einer negativen 
’hase halber geringere, nicht über 500 E. hinausgehende Dosen verabfolgt werden. 
Jie Erfolge wären nach K. noch schlagender gewesen, wenn die Behandlung schon 

m Oktober vorigen Jahres eingesetzt hätte. Zeehuisen (Utrecht). 


37.0. Teyschl. Zur Ätiologie der postintubatorischen Geschwüre. 
(Casopis lékaruv ceskych 1916. Nr. 30 u. 31.) 

Von den Faktoren, die allgemein als Ursache für die Entstehung von Larynx- 
ınd Trachealgeschwüren nach der Intubation nach O’Dwyer angegeben werden: 
Irauma, Form der Tube, Größe derselben, Dauer ihres Liegens usw., vermag 
ein einziger die Entstehung des Geschwürs in einem jeden Falle einwandfrei 
u erklären, obwohl sie alle, namentlich bei Summation, eine Disposition für die 
ntstehung schaffen können. Im tschechischen Kinderspital in Prag wurden im 
jahre 1915 123 Fälle schwerer Stenosen aufgenommen, die durchweg intubiert 
verden mußten. Bei 11 Fällen kam es zur Geschwürsbildung. Alle diese Fälle 
tarben und wurden seziert. Bei allen Fällen handelte es sich um einen schweren 
\lgemeinzustand, der außer durch die in jenem Jahre herrschende, besonders 
wsartig auftretende Diphtherie noch durch eine komplizierende Bronchopneumonie, 
lie ja bei Diphtherie einen besonders malignen Charakter anzunehmen pflegt, 
wdingt war, also durch Prozesse, die große Ansprüche an die Herzkraft stellen. 
yemnach lagen in allen Fällen jene Bedingungen vor, unter denen auch sonst 
n den typischen Körperstellen Dekubitus aufzutreten pflegt. Das wichtigste 
\oment für die Entstehung der postintubatorischen Geschwüre ist der schwere 
\llgemeinzustand der Pat. G. Mühlstein (Prag). 


38. Kofler. Die in den letzten fünf Jahren an der Klinik zur 
Behandlung gekommenen Fremdkörper des Larynx, der 
Trachea und der Bronchien. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 
Nr. 40 u. 41.) 

Von Fremdkörpern im Larynx kamen nur 5 Fälle zur Beobachtung (Eisen- 
plitter, Münze, Nähnadel, Haftschlinge, Rindsknochen), von Fremdkörpern in 
ler Trachea und den Bronchien 25 Fälle (Teile eine Wassermelone, falsche Zähne [3], 
netallene Papierheftklammer, Nagel, Knorpelstück, Zwetschgenkern, Münze, 
inochenstücke [3], Apfelstück, Fleischstück, Kieselstein, Bohnen [5], Hemd- 
‚nopf, Glasperlen [3], Schuhöse). In allen Fällen gingen selbst schwere Lungen- 
mptome verhältnismäßig rasch zurück, nur in 2 Fällen klangen sie langsam ab. 
n 3 Fällen wurden die schweren Lungenerscheinungen mit anderen Erkrankungen 
les Respirationstraktes verwechselt, wodurch die rechtzeitige Entfernung des 
“remdkörpers hinausgeschoben wurde. In keinem der Fälle kam es zum Exitus. 

Seifert (Würzburg). 


736 Zentralblatt für innere Medizio. Nr. 4l. 


39. St. Tobiäsek. Tracheobronchitis jodina durch Claudius’sches 
Catgut. (Casopis lekaruv ceskych 1916. Nr. 29.) 

Bekanntlich schwillt die Schleimhaut nach Inhalation von Joddämpfen ar, 
so daß Leute mit chronischem Katarrh der Luftwege zu Hämoptöe disponieren. 
Eine analoge Erscheinung von akutem Jodismus beobachtete der Autor nach 
der Anwendung von Claudius’schem Jodcatgut zu Gefäßligaturen und zur 
Naht bei Operationen. Von 26 wegen Hernie radikal operierten Fällen erkrankten 
10 unter Atembeschwerden und reichlicher Expektoration von Schleim, der mit 
Blutflecken reichlich untermischt war, manchmal trat auch Hämoptöe ein. la 
den Sekreten (Sputum, Harn) war Jod chemisch nachweisbar. Die Erscheinung 
stellte sich 2 bis 3 Tage nach der Operation ein und verschwand nach 48 bi: 
52 Stunden spurlos. Der Autor verhütet sie, indem er das überschüssige Jod des 
Claudius’schen Catguts durch eine 1%ige Kalilaugelösung in Jodkali über- 
führt, und das Jodkali mit physiologischer Kochsalzlösung auswäscht. 

G. Mühlstein (Prag). 


40. Sir J. Goodhart (London). On pneumococcal bronchitis. (Lan: 
1916. April 29.) 

Sir G. lenkt die Aufmerksamkeit auf nicht so seltene lokalisierte, durch 
Pneumokokken bedingte Herde auf den Lungen, die leicht mit phthisischen ver- 
wechselt werden können, zumal gelegentlich auch leichte Hämoptysen dabe: 
eintreten. Oft ist eine Influenza oder Pneumonie lange Zeit vorhergegangen, 
meist handelt es sich um Personen in den mittleren oder höheren Lebensjahren. 
Zu Bronchialatmen kommt es nie; die Geräusche sind mehr trocken und rasselzi 
als klingend. Von Vaccinen sah er keinen Nutzen. Außer Pneumokokken könne! 
auch noch andere Mikroorganismen gleiche Erscheinungen veranlassen. 

F. Reiche (Hamburg). 


41. Wilcke. Zur Behandlung des chronischen Luftröhrenkatarrbs. 
(Med. Klinik 1915. Nr. 21. S. 598.) 

Verf. gibt in der Regel am 1., 3., 5. usw. Tage dreimal täglich zwei Tropfer 
der Solut. Fowleri, an den 2., 4., 6. usw. Tagen dreimal täglich !/, Teelöffel Jed- 
kali 10 : 200. Beide Mittel wurden in Milch nach dem Essen genommen. Di: 
Anwendung größerer Mengen ist nicht erforderlich und erzeugt leicht Magen- 
beschwerden. Ruppert (Bad Salzuflen). 


42. Lange (Kopenhagen). Über den Keuchhusten. (Berliner ki. 
Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Verf. schlägt vor, daß wir das Jodkali nicht nur bei chronischen katarthė- 
lischen, sondern auch bei akuten Fällen anwenden, und daß wir dasselbe sch“! 
im katarrhalischen Stadium des Keuchhustens, wo eine Epidemie dieser Krankh:: 
vorliegt und alles für eine Ansteckung spricht, sobald als möglich zur Anwendu® 
bringen. | -©  Reckzeh (Berlin). 
Bleu Er nu LEE E an a en ee ee N 

Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mi 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an č 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


er für innere Medizin 


Hamburg, "Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 
| herausgegeben von | 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 


37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 42. Sonnabend, den 21. Oktober 1916. 


Inhalt. 


wW. Hildebrandt, Die Bedeutung der Urobilinurie für die Unterscheidung der mit Ödemen 
einhergehenden Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen, zugleich für die Prognose und Therapie 
der Herzkrankheiten. 

Referate: 1. Lange, 8. Benstz, 3. Olmstead und Luttinger, 4. Povitzky. und Worth, 
5. Oehsenlus, 6. Ebstein, 7. und 8. Kraus, Beobachtung und Behandlung des Keuchhustens. — 
3. Gutstein, Entstehung des Hustens und seine Bekämpfung. — 10. Meyer, Malonsäuretrichlor- 
butylester bei Hustenreiz. — 11. Steiner, Inhalationstherapie. — 13. Peabody, Klinische Studien 
der Atmung. — 18. Karsner, Pathologischer Effekt der Atmung in oxygenreicher Atmosphäre. — 
14. Cloetta und Anderes, Kenntnis der Lungenvasomotoren. — 15. v. Jagie, Bronchospasmus. 
— 16. Luetseher, Bakteriologische und klinische Studien nicht tuberkulöser Infektionen der Re- 
ıpirationswege. — 17. Zaaljer, Chirurgische Behandlung der Bronchiektasien. — 18. Boekhorn, 
19. v. Klebeisberg, 20. Korach, Lungenschüsse. — 21. Ploos van Amstel, 322. Schuermann, 
Pneumokokeninfektionen. — 28. Chickering, 24. Jobling, Petersen und Eggstein, 25. 26. und 
27. Moore, 28. 29. 80. und 81. Bull, Serumbehandlung bei Pneumonie. — 32. Sitsen, Die Milz bei 
akuten Infektionen. — 88. Sisson und Walker, 34. Sisson und Thompson, 35. Friel, Bacillus 
paeamoniae Friedländer. — 86. L. und R. Klotz, Abortivbehandlung der Pneumonie. — 37. Lube 
linski, Bebandlung der Lungenentzündung einst und jetzt. — 88. Haas, 39. Crämer, 40. Scheel, 
il. Zweig, 42. Manliu, 43. Loeb, 44. Bacmeister, 45. Hoss, 46. Bieling, 47. Hochhaus, 48. Silber- 
gleit, 49. Meyer, 50. Waetzoldt, Optochin bei Pneumonie. — 51. Saenger, Asthma und Feld- 
dienstfäbigkeit. 





Die Bedeutung der Urobilinurie 
für die Unterscheidung der mitÖdemen einhergehenden 
Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen, zugleich für 
Prognose und Therapie der Herzkrankheiten. 
Von 


Prof. Dr. Wilhelm Hildebrandt in Freiburg i. Br., 
z. Z. im Felde. 


Bekommt man vorgeschrittene Fälle von Wassersucht in Behand- 
lung, so begegnet man oft den größten Schwierigkeiten, wenn es gilt, 
die Grundursache des Leidens festzustellen. Klinische Erwägungen, 
auch in Verbindung mit der sorgfältigsten Untersuchung auf Eiweiß 
“und auf Nierenbestandteile, werden durchaus nicht immer die Frage 
entscheiden, ob eine primäre Nephritis oder eine sekundäre Er- 
krankung im Sinne einer Stauungsniere den Erscheinungen zu- 
grunde liegt. Noch schwieriger liegen die Verhältnisse, wenn ein sehr 
großer Ascites durch Kompression der Vena cava inferior zu starken 


42 


738 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


Ödemen im Bereiche der unteren Körperhälfte geführt hat, und nun- 
mehr auch die Frage der primären Pfortaderstauung mit oder 
ohne Lebererkrankung erwogen werden muß. 

Sicherlich wird die Art des Auftretens der Ödeme, das Verhalten 
des Herzens und der übrigen Organe samt dem mikroskopischen Har- 
befunde in der Regel eine mehr oder minder genaue Diagnose ermög- 
lichen, gleichwohl aber werden wir jedes weitere Hilfsmittel dankbar 
begrüßen, welches uns die Unterscheidung der genannten Krankheits- 
bilder erleichtert oder gar erst ermöglicht. 

Ein solches Hilfsmittel ist die Feststellung etwaiger Urobilinurie, 
d. h. pathologisch gesteigerter Urobilinausscheidung im Harn. 

Urobilin und sein in klinischer Hinsicht von ihm nicht unter- 
schiedenes Chromogen (Urobilinogen) entsteht im Darm aus den 
durch Bakterienwirkung reduzierten Gallenfarbstoffen (Bilirubin und 
Biliverdin); es wird aus dem Darmlumen zu einem wesentlichen Teil 
resorbiert, vom Pfortaderblute der Leber zugeführt, hier von den Leber- 
parenchymzellen bis auf Spuren wieder aufgenommen und in die 
Gallenwege ausgeschieden. Normalerweise gelangen nur Spuren von 
Urobilin in den allgemeinen Blutkreislauf und damit auch in den 
Harn. 

. Hindernisse im Abfluß der Galle, Ernährungsstörungen der 
Leberzellen durch Blutstauung, Entzündung, Vergiftung bewir- 
ken eineunvollständigeResorption desUrobilinsin der Leber, 
demzufolge eine Überschwemmung des allgemeinen Blutkreislaufes mit 
Urobilin und reichlichen Übertritt von Urobilin in den Harn (Uro- 
bilinurie). 

Eine weitere Quelle für das Auftreten von Urobilinurie liegt im 
krankhaft gesteigerten Blutzerfall (z. B. Malaria, perniziöse 
Anämie, Basedow’sche Krankheit) und in der Resorption großer Blut- 
farbstoffmassen aus Hämatomen und hämorrhagischen Exsu- 
daten (kruppöse Pneumonie). 

Treten die letztgenannten Schädigungen hinzu zu Stauungen oder 
Ernährungsstörungen im Leberparenchym selbst, so summiert sich ihr 
Einfluß, was sich in besonders starker Urobilinurie zu erkennen gibt. 

Für die Unterscheidung der mit Ödemen einhergehenden Erkran- 
kungen handelt es sich in erster Linie darum, eine etwaige Blut- 
stauung in der Leber zu erkennen. 

StarkeUrobilinuriesprichtgegen primäre Nephritis,und 
zwar aus folgenden Gründen. Urobilinurie kommt ohne z. B. infek- 
tiöse Mitbeteiligung der Leber bei primärer Nierenerkrankung nie vor: 
starke Urobilinurie vollends ist mit schwerer primärer Nephritis nich: 
vereinbar, da unter solchen Umständen die Urobilinausscheidung durch 
die Nieren sehr erschwert, wenn nicht aufgehoben ist. 

Ob bei starker Urobilinurie eine primäre Lebererkrankung, z. B. 
eine Hepatitis parenchymatosa oder eine Lebercirrhose vorliegt, oder 


| 
d 
4 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 739 


nur eine Stauungsleber, muß. die sonstige Beobachtung lehren, ebenso 
ob eine etwaige Stauungsleber vom Herzen oder von der Lunge aus- 
geht. 

Fehlen von Urobilinurie bei starker Albuminurie spricht 
im allgemeinen für primäre Nierenerkrankung; es ist jedoch zu 
beachten, daß bei sehr starken Durchfällen die Resorption des Uro- 
bilins aus dem Darmlumen notleidet und auf diese Weise eine sonst 
zu erwartende Urobilinurie ausbleiben kann. 

Bei Choledochusverschluß verschwindet jede Urobilin- 
urie, weil, von unbedeutenden Spuren (ikterische Abscheidungen 
der Darmschleimhaut) abgesehen, kein Bilirubin und Biliverdin in 
den Darm gelangt. In entsprechender Weise kann eine sonst zu ' 
erwartende Urobilinurie ausbleiben oder unbedeutend sein, wenn 
die genannten Muttersubstanzen des Urobilins in abnorm geringer 
Menge gebildet werden (Leberamyloid, hochgradige Fettleber). 
Auch bei Pfortaderverschluß soll keine Urobilinurie auftreten. 

Kreislaufstörungen, welche von Herz oder Lunge ausgehend 
zu Albuminurie führen, pflegen schon viel früherStauungserschei- 
nungen in der Leber und somit Urobilinurie hervorzurufen. Die 
anfangs leichten Stauungserscheinungen in der Leber, welche durch 
Untersuchung auf Urobilinuriesehr frühzeitig nachweisbar sind, dürf- 
ten das früheste objektive Zeichen von Kreislaufstörungen 
sein, dem schon aus diesem Grunde eine wichtige Bedeutung zu- 
kommt für die Beurteilung des Herzens und gewisser Lungen- und 
Brustfellerkrankungen, soweit sie für die Blutverteilung im Körper 
von Bedeutung sind. 

Haben Kreislaufstörungen nach längerem Bestehen zu dauern- 
den Leberveränderungen, z, B. Blutstauungscirrhose, geführt, so 
wird auch die Urobilinurie im wesentlichen von Dauer sein, während 
einfache Stauungsleber mit dem Wiedereintritt völlig kompen- 
sierter Herztätigkeit, bzw. einer völligen Beseitigung der Kreislauf- 
störung verschwindet, so daß auch die vorher nachweisbare Urobilin- 
urie in Fortfall kommt. 

Die Urobilinurie ist von hervorragender Bedeutung für die Be- 
urteillung von Kreislaufstörungen. Ein Herzklappenfehler mit Uro- 
bilinurie ist entweder nicht voll kompensiert oder es handelt sich um 
eine gleichzeitig bestehende selbständige oder selbständig gewordene 
Lebererkrankung. 

Der Nachweis der Urobilinurie ist ein sehr einfacher. Man mischt 
den Urin zu gleichen Teilen mit dem Reagens, einer 10%igen Auf- 
schwemmung von Zinkazetat in absolutem oder 96%, igem Alkohol, und 
läßt die Mischung 24 Stunden stehen (nicht in direktem Sonnenlicht). 
Eine im auffallenden Lichte (am besten gegen dunklen Hintergrund) 
erkennbare starke grüne Fluoreszenz beweist das Vorhandensein einer 
krankhaft gesteigerten Urpbilinausscheidung (Urobilinurie). 

42* 


740 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


Das Genauere über die Ausführung und' Beurteilung der Probe 
findet sich u. a. in meiner Arbeit Ȇber Vorkommen und Bedeutung 
des Urobilins im gesunden und kranken Organismus, insbesondere 
auch über seine Beziehungen zum Ikterus« (Münch. med. Woch. 1909 
Nr. 14 und 15). 





Referate. 


1. Lange (Kopenhagen). Über den Keuchhusten. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1915. Nr. 41.) 

Der Keuchhusten ist eine Infektionskrankheit, die mit einem katarrhalischen 
Stadium anfängt und endet; dazwischen ist ein konvulsivisches Stadium ein- 
geschaltet; dieses charakterisiert sich durch das Auftreten von krampfartigen 
Hustenanfällen, denen kein besonderer katarrhalischer Zustand zugrunde liegt: 
in der Zentralstation tritt der Reiz auf, der auf verschiedenen Bahnen nach der 
Peripherie geleitet wird — die zentrifugale Wirkung — die periphere Irradiation — 
um daselbst die verschiedenartigsten Erscheinungen hervorzurufen. Infolgedessen 
darf die Therapie auf das Nervensystem gerichtet werden. 

Reckzeh (Berlin). 


2. N. Benstz. Beobachtungen bei Keuchhusten. (Nederl. Tijdschr. 

v. Geneesk. 1916. I. S. 153—7.) " 

In 63 Fällen wurde konstant eine Leukocytose festgestellt; dieselbe war in 
mit akuter Entzündung des Lungengewebes komplizierten Fällen hochgradie. 
Lymphocytose fehlte fast niemals, der Grad derselben hatte einen der Intensität 
der Erkrankung parallelen Verlauf, bei akuten Komplikationen trat sie in de: 
Hintergrund. Die Zahl eosinophiler Zellen hatte eine Abnahme erlitten, sogar beı 
Pat. mit Eingeweidewürmern, Asthma und exsudativer Diathese. Die Gruppe di’ 
Mononukleären und Übergangsformen, insbesondere letzterer, bietet eine Zunahme 
dar, im Stadium convulsivum bis zu 18°C. Die Blutprüfung hat in zweifelhaften 
Fällen erheblichen diagnostischen Wert zur Feststellung der Diagnose. Die Des- 
tung obiger Erscheinungen steht nach B. noch aus. Bei dieser Blutprüfung sind 
die Säuglinge und die Kinder im Alter von 1—6 Jahren getrennt behandelt: 
dennoch waren die Ergebnisse in beiden Fällen vollkommen analog. Von de: 
zahlreichen Heilmitteln hatten Adrenalin, Sauerstoffinhalation, Zypressenöldamp'. 
Pertussin, heiße Bäder keinen, Morphin, Dionin, Opium, Droserin geringer‘ 
Bromoform (nach Marfan), Antipyrin, Extr. Belladonnae, Antitussin, lokż:: 
Applikation 1% iger Höllensteinlösung günstigen, Codeinum phosphoricum, Chininum 
sulphuricum, Bromkalium einen besonders günstigen Einfluß; bei der geringsten 
Andeutung etwaiger Konvulsionen wurden I bis 2,5 g Bromkalium verordnet. 

Zeehuisen (Utrecht). 


3. M. Olmstead and P. Luttinger (New York). Complement fixa- 
tion in pertussis. (Arch. of internal med. 1915. Juli.) 

Nach O. und L. erhält man das zuverlässigste Antigen für Komplement- 
fixationsproben bei Keuchhusten durch Autolyse der wäßrigen Emulsion vor 
24-48stündigen Kulturen des Bordet-Gengou’schen Keuchhustenbazillus, dit 
bei 56° C über 1—2 Tage gehalten und dann mehrere Stunden geschüttelt werden. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 741 


Ihre Versuche mit dem Serum von 111 Fällen von sicherem oder vermutetem 
Keuchhusten sprechen dafür, daß jener Bazillus für Pertussis ätiologisch ist. 
F. Reiche (Hamburg). 


4. 0. R. Povitzky and E. Worth (New York). Agglutination in 
pertussis. (Arch. of internal med. 1916. Februar.) 

Bei Kaninchen ließ sich ein hochagglutinierendes Keuchhustenserum am 
besten durch 10—12 mit Ttägigen Intervallen gegebene intraperitoneale Ein- 
spritzungen von lebenden Kulturen des auf dem Bordet-Gengou’schen Nähr- 
medium gewachsenen Bac. pertussis herstellen; über 95% aller Tiere produzierten 
Agglutinine in wechselnder Reichlichkeit. Mit Vaccine wurden sie nicht in gleichen 
Mengen gebildet. Kaninchen, die nach 8—9 Vaccineeinspritzungen Agglutinine 
nur spärlich aufwiesen, waren doch stark immun. Ein Serum mit hohem Titer 
reagierte auch stets rasch auf gut agglutinable Pertussisbazillenstämme und um- 
gekehrt. Es kann der Bac. pertussis durch Agglutinationsproben von pertussis- 
ähnlichen und von hämoglobinophilen Stämmen und dem Bac. bronchosepticus 
differenziert werden. jene sprechen dafür, daß alle von P. und W. isolierten 
Stämme — im ganzen 27 —, einer Gruppe zugehörten; auf das gleiche deuteten 
die bei 7 durchgeführten Absorptionsproben. Variationen in der Agglutinabilität 
dieser Pertussisstämme durch schwächere Sera hängen von dem Alter der Kul- 
. turen und den Nährböden ab, doch werden sie alle gleich gut, wenn auch nicht 
gleich rasch, von hochwertigem Serum agglutiniert. Für die klinische Diagnose 
des Keuchhustens sind die Agglutinationsproben und Komplementfixationsproben 
nur in der 1. Woche der Krankheit ebenbürtig, in späteren Stadien treten Kom- 
plementfixationsantikörper stärker als Agglutinine auf. 33%, der Sera nicht- 
keuchhustenkranker Erwachsener zeigen Agglutinine bis zu 1:40, 17% bis zu 
1:100, und 40% der Sera von nichtkeuchhustenkranken Kindern boten die Re- 
aktion bis zu 1 : 40 Verdünnung. So muß man für praktische Zwecke mit Ver- 
dünnungen von 1 :200 rechnen. F. Reiche (Hamburg). 


5. Ochsenius. Über Keuchhustenbehandlung. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Verf. suchte vor allem die katarrhalischen Erscheinungen im Rachen durch 
Bepinseln, besonders der Seitenstränge, mit einer Höllensteinlösung zu bekämpfen, 
in dem Bestreben, die Entzündung zu lokalisieren und auf diese Weise gleichzeitig 
die Schleimabsonderung zu vermindern. Die Pat. spürten sofort Erleichterung 
und Befreiung, die mehrere Stunden anhielt. Reckzeh (Berlin). 


6. Ebstein (Elbing). Eine neuartige Behandlung des Keuch- 
hustens. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 2.) 

Verf. empfiehlt die Diathermierung der Kehlkopfgegend von außen: rechts 
und links vom Kehlkopf wird am Halse je eine Stromzuführungsplatte mit mäßigem 
Drucke aufgesetzt und dann während 5—10 Minuten ein bis zweimal am Tage ein 
Strom von 0,25—0,6 Ampère hindurchgeschickt. Reckzeh (Berlin). 


7. Kraus. Über eine neue Behandiungsmethode des Keuch- 
hustens. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 
Das in einer näher beschriebenen Art und Weise steril gemachte Sputum 
von an Keuchhusten in der ersten Periode (konvulsives Stadium) erkrankten 


742 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


Kindern wurde in einer Menge von 0,5—1 ccm subkutan injiziert. Fast ausnahrs- 
los trat nach der zweiten Injektion eine Besserung des Zustandes ein, die Zahl der 
Anfälle nahm auffallend ab, die Krampfanfälle selbst änderten sich und nahmen 
mehr einen katarrhalischen Charakter an. Das Erbrechen verschwand rasch fast 
bei allen (50) behandelten Fällen, so daß die Kinder sich zusehends besserten. 
Wenn Blutungen vorhanden waren, verschwanden auch diese. 

Seifert (Würzburg). 


8. R. Kraus. Über eine neue Behandlungsmethode des Keuch- 
hustens. II. Mitteilung. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 17.) 
Seit der ersten Mitteilung (Wiener klin. Wochenschrift 1915, Nr. 51) wurd: 
das Verfahren zur Keuchhustenbehandlung weiter geübt, auch ambulatorisch uns 
in der Privatpraxis angewendet, so daß bis jetzt mehr als 250 Kinder dieser Be- 
handlungsmethode unterzogen wurden. Es empfiehlt sich, 2ccm auf einmal 
schon bei der ersten Injektion einzuspritzen und eventuell jeden 3. Tag zu 
wiederholen. Diese neue Behandlung hat auch einen günstigen Einfluß auf die 
infolge von Keuchhusten auftretende Bronchopneumonie insofern, als die Bes- 
serung des Keuchhustens auch den Verlauf der Pneumonie begünstigt. 
Seifert (Würzburg). 


9. M. Gutstein. Über die Entstehung des Hustens und seine 
Bekämpfung mit Tyangolpastillen. (Med. Klinik 1915. Nr. 47.) 
Verf. empfiehlt zur Bekämpfung des Hustens Tyangolpastillen. Die Tyango!- 

pastillen stellen pfennigstückgroße Kugelsegmente von dunkelbraunroter Far® 

und wachsharziger Konsistenz dar. Nach Angabe der Fabrik enthalten sie 

pro Pastille Anästhesin 0,03 

Phenacetin 0,08 

‘und kleine Mengen (0,0015) Thymol, Menthol und Ol. Eucalypti. Sie hinter- 

lassen beim Zergehen ein taubes Gefühl an der Mundschleimhaut, das etwa 1 bis 

2 Stunden anhält. Ruppert (Bad Salzuflen). 


10. Meyer (Berlin). Über die Wirkung des Malonsäurertrichlor- 
butylesters bei Hustenreiz. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 33 ' 
Die Versuche mit dem neuen Mittel, die Unschädlichkeit und der sinngemä:: 
Aufbau der Verbindung für den vorliegenden Zweck ermutigen, es in geeignete? 
Fällen zu versuchen. Ein besonderer Vorzug des Mittels ist, daß man es "et: 
Bronchitiden in Verbindung mit Expektorantien verwenden kann. 
Reckzeh (Berlin). 


\ 


11. R. Steiner (Prag). Über Inhalationstherapie. (Prager med. Wocher- 
schrift 1915. S. 301.) 

Der Autor wirft zunächst einen kurzen historischen Rückblick auf den se! 
Jahrzehnten bestehenden Widerstreit der Anschauungen hinsichtlich der Be- 
deutung der Inhalationsheilmethode erkrankter Atmungsorgane. Nach Sch:- 
derung der verschiedensten Systeme und Besprechung ihres Wertes auf Grisi 
langjähriger Erfahrung berichtet der Verf. über seine Resultate mit dem jüngste? 
Inhalationssystem der Kochsalzraucheinatmung, die darin besteht, daß mit eine" 
von Reissmann und Wenzel (Wien) konstruierten Verdampfungsapparat Koch- 
salz in Substanz und in feinster Verteilung zur Inhalation gebracht wird, wodurch. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 743 


wie experimentell von Mayrhofer (Wien) festgestellt wurde, eine Kochsalz- 
wirkung bis an die Randpartien des Lungenparenchyms erzeugt werden kann. 
Nach den therapeutischen Erfahrungen des Ref. im Ambulatorium des Prager 
deutschen laryngologischen Universitätsinstitutes umfaßt das Indikationsgebiet 
alle krankhaften Zustände der Atmungsorgane, die mit Sekretabsonderung und 
besonders mit Sekretstauung einhergehen, und wird nur durch rasch progrediente 
tuberkulöse Prozesse, Neigung zu Lungenblutungen und durch akute pleuri- 
tische Prozesse eingeschränkt, so daß uns in der Kochsalzeinatmung eine wert- 
volle Bereicherung der Inhalationstherapie erstanden ist. 
Friedel Pick (Prag). 


12. F. W. Peabody (Boston). Clinical studies on the respiration. 
The effect of carbon dioxid in the inspired air on patients 
with cardiac disease. (Arch. of internal med. 1915. November.) 

P. benutzte CO,, von der physiologischen Tatsache ausgehend, daß sie als 
Stimulans der Atmung wirkt, zu funktionellen Prüfungen, indem der Effekt 
bekannter Prozentsätze der Atmungsluft an Kohlensäure auf die Atmung fest- 
gestellt und die durch die Steigerung des CO,-Gehalts der Luft bedingte Zunahme 
der Ventilation kurvenmäßig fixiert wurde. Gesunde Individuen werden in recht 
gleichmäßiger Weise durch Einatmen von Luft mit zunehmendem Gehalt an CO, 
beeinflußt, die Gesamtventilation wurde verdoppelt, wenn die Konzentration 
der CO, zwischen 4,2 und 5,4% betrug, und ebenso wie sie reagieren auch Pat. 
mit Herz- und Herz-Nierenaffektionen, solange Acidosis — gemessen nach der 
alveolären CO ,-Spannung — nicht vorliegt. Dahingegen sind solche Kranke mit 
Acidosis viel empfindlicher gegenüber CO, in der inspirierten Luft, Dyspnoe 
wird leichter hervorgerufen, und die Ventilation kann schon verdoppelt werden, 
wenn die Einatmungsluft nur 2—3% CO, enthält. Acidosis ist wahrscheinlich 
nicht der einzige zum Luftmangel bei Herz- und Herz-Nierenkranken führende 
Faktor, doch kann sie einen wichtigen Zug im klinischen Bilde ausmachen. 

F. Reiche (Hamburg). 


13. Howard T. Karsner. The pathological effects of atmospheres 
rich in oxygen. (Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 149.) 

Mehr oder weniger lange fortgesetzte Atmung in O,-reicher Atmosphäre 
verursacht bekanntlich Lungenentzündung. Bei Versuchstieren genügen 24 bis 
48 Stunden Aufenthalt in einer 80—96% O, enthaltenden Atmosphäre, um diesen 
Effekt zu erzielen. Es entstehen Ödeme und passive Blutstauungen in den Lungen- 
gefäßen, ferner Epitheldegeneration und Desquamation, Fibrinbildung und schließ- 
lich Pneumonie vom Charakter der Bronchopneumonie. Blutstauung findet sich 
ferner mehrmals in den Baucheingeweiden und beruht dann auf Dilatation des 
Herzens. Im übrigen finden sich keinerlei Veränderungen an den Geweben, auch 
nicht im Blute. | Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


14. Cloetta und Anderes. Zur Kenntnis der Lungenvasomotoren. 

(Archiv f. exp. Path. u. Pharmak. Bd. LXXVII. 1914. S. 251.) 

Durch Unterbindung eines Bronchus und Einschieben des so isolierten Lungen- 
teils in einen Plethysmographen erhält man rein zirkulatorisch bedingte Volum- 
schwankungen (E. Weber). Diese Methode erweist sich aber als ungeeignet 
zum Studium der pharmakologischen Beeinflussung der Lungengefäße, während 


744 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


bei der von C. und A. angegebenen Versuchsanordnung die physiologischen Ver- 
hältnisse völlig gewahrt bleiben. Offenbar werden durch die Bronchusunter- 
bindung noch näher zu untersuchende Bedingungen geschaffen, welche die nor- 
malen Reaktionen auf pharmakologische Eingriffe abändern, teilweise direkt 
umkehren; dadurch werden irrige Schlußfolgerungen veranlaßt. 

| | Bachem (Bonn). 


15. v. Jagie. Über Bronchospasmus. (Wiener klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 4.) 

Analog der Wirkung im asthmatischen Anfall lassen sich auch beim Lungen- 
emphysem bronchospastische Zustände durch Adrenalin beeinflussen. Dies be- 
zieht sich sowohl auf das sekundäre Emphysem der Asthmatiker, wie auch auf 
die sekundären bronchospastischen Asthmaanfälle bei Emphysematikern anderer 
Ätiologie. Auch bei geringfügigen, beginnenden Emphysemen mit Dyspnoe spiek, 
wie die Adrenalwirkung zeigt, der Bronchospasmus eine Rolle. Auch ohne die 
erwähnten Krankheitszustände kann ein erhöhter Bronchialmuskeltonus (Bronch«- 
spasmus bei dazu veranlagten Individuen) zu subjektiven Beschwerden und ob- 
jektiven Zeichen führen. In solchen Fällen können sich bronchitische Erschei- 
nungen (Bronchitis spastica) hinzugesellen. Seifert (Würzburg). 


16. J. A. Luetscher (Baltimore). A bacteriological and clinical 
study of the nontuberculous infections of the respiratory 
tract, with special reference to sputum cultures as a means 
of diagnosis. (Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

L. empfiehlt zur bakteriologischen Untersuchung der akuten, nicht tuber- 
kulösen Infektionen der Respirationswege frische Blutagarplatten, die fast völlig: 
Reinkulturen in 95% bei Erwachsenen liefern. Pneumokokken bedingen 62,#°.. 
Influenzabazillen 26,5%, beide also 90,9%, der Infektionen von Bronchien und 
Lungen und 75% von denen des Kehlkopfs, 31,3%, von denen der Nase, des Rachens 
und der Nebenhöhlen. Streptokokken trifft man nur selten bei Infektionen der 
Lungen und dann gewöhnlich bei Komplikationen wie Lungenabszeß, Bronch- 
ektasien und Karzinom, während sie bei Infektionen der Mundhöhle und Nach- 
barschaft, insbesondere denen der Tonsillen, eine prädominierende Rolle spielen. 
Staphylokokkus aureus wurde nur ein einziges Mal bei einer akuten Coryza und 
akuten Sinusitis gefunden, Mikrokokkus catarrhalis bei Rhinitiden, Laryngitid! 
akuten Bronchitiden und akuten Bronchopneumonien, während Colibazillen uni 
Typhusbazillen sehr selten, wenn überhaupt, akute Lungenläsionen bedinge®; 
letztere können in Lungenabszessen nach Infarkten auftreten. 

F. Reiche (Hamburg). 


17. J. H. Zaaijer. Chirurgische Behandlung der Bronchicktsite. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. 1. S. 651—74.) 

Nach Z.’s Auffassung wird die Heilwirkung der vom Verf. befürworteten 
Brustwandresektion bei Bronchiektasien erst bei Vornahme ausgiebiger Rippen- 
resektionen mit Wegnahme der Zwischenrippenmuskeln und des Periost und 
postoperativem fortwährenden Druck auf das Operationsgebiet möglichst voll 
ständig erreicht. Dieser Satz wird durch vier in extenso auseinandergesetzt 
Fälle illustriert, in denen der Erfolg der in einer derselben sogar wiederholte: 
Operation sehr zufriedenstellend war; vor allem erfolgte eine erhebliche Abnahm: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 745 


der täglichen Sputummenge und ein Schwinden des üblen Geruchs des Sputums. 
In drei der Fälle boten die Finger der Pat. die charakteristische Trommelstock- 
form dar; Pirquet war in drei derselben negativ, elastische Fasern fehlten in den 
bei Meerschweinchen mit negativem Erfolg applizierten Sputis. Auch nach der 
Operation soll die Behandlung mit inneren Mitteln und Inhalationen (Terebinthina, 
Myrtol, Teer, Thymol usw.) fortgesetzt werden. Zeehuisen (Utrecht). 


18. M. Bockhorn. Lungenschüsse und ihre Komplikationen. (Med. 
Klinik 1915.’ Nr. 31. S. 861.) 

In allen 33 Fällen war Hämoptöe aufgetreten, in einem Falle trat erst 2 Tage 
nach der Verletzung blutiges Sputum auf, in dem sich Geschoßteile fanden (eng- 
lisches Geschoß mit dem sehr dünnen Mantel und zweierlei Kern), in einem anderen 
Falle trat noch 40 Tage nach der Verletzung blutiges Sputum auf. In 31 Fällen 
war ein Exsudat nachzuweisen. In 18 Fällen wurde Fieber beobachtet, meist 
bis 39—40°, in den meisten Fällen war das Fieber am nächsten Tage wieder ge- 
sunken und trat nach einigen Tagen wieder 1 oder 2 Tage lang auf. Kulturell 
war das Punktat immer steril, außer in einem Falle, in dem Rippenresektion (in- 
folge von Lungenabszeß und Empyem) nötig wurde. Es handelte sich um eine 
schwere Granatsplitterverletzung, bei der aus dem Einschuß Kleiderfetzen ent- 
fernt wurden. Von den Schüssen waren 7 Steckschüsse, 27 Gewehrschußver- 
etzungen, 2 Schrapnellkugelverletzungen, 3 Granatsplitterverletzungen. In 
l6 Fällen wurde sekundäre Pleuritis beobachtet, in 3 Fällen Bronchitis, in 5 Fällen 
schloß sich an die Lungenverletzung eine Pneumonie an. In einem Falle trat 
Asthma auf. In einem diesem’sehr ähnlichen Falle war 8 Tage nach der Ver- 
letzung 14 Tage lang übelriechendes Sputum unter hohem Fieber aufgetreten. 
In 2 Fällen kam es zu Empyem, in 1 Falle trat, während links die Lungenver- 
letzung war, rechts rezidivierende Pleuritis auf. 1 Fall war durch Tetanus, 1 Fall 
durch offenen Pyopneumothorax kompliziert. In 12 Fällen war röntgenologisch 
eine Knochenfraktur nachweisbar. Die Therapie war eine abwartende, 4 bis 
5 Wochen sind eigentlich immer nötig, später Atemgymnastik. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


19. v. Klebelsberg. Über Lungenschüsse. (Wiener klin. Wochenschrift - 
1916. Nr. 19.) 

Es gibt eine Reihe von Lungenschüssen, die reaktionslos bleiben, aber in der 
Mehrzahl der Fälle kommt es zur Entwicklung eines auch klinisch nachweisbaren 
Hämatothorax. Dieser kann ohne Komplikationen bleiben, er wird organisiert 
und dann resorbiert oder mit Veränderungen einhergehen (seröse Pleuritis, Em- 
pyem). Manchmal bilden sich klinisch nachweisbare Veränderungen der Lunge 
selbst, welche unter Umständen das Krankheitsbild beherrschen können (Pneu- 
monie, Abszesse, Gangrän). 

Im allgemeinen sollen Lungenverletzte an Ort und Stelle belassen werden, 
doch scheint auch ein Transport nicht wesentliche Schädigung zu bringen. 

Seifert (Würzburg). 


20. Korach (Hamburg). Zur Diagnose.und Therapie der Lungen- 
schüsse. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 35.) | 
Sehr wichtig für die bei dem traumatischen Hämatothorax einzuschlagende 

Therapie ist eine präzise Diagnosenstellung; die Differentialdiagnose eines Hä- 


746 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


matothorax bzw. einer Pleuritis gegenüber pneumonischen Infiltrationen ist kei 
Schußverletzungen schwierig, und es genügt hierzu nicht die physikalische Unter- 
suchung des Thorax; systematische cytologische Untersuchungen des Prob:- 
punktates, wiederholte Röntgenaufnahmen müssen die physikalischen Unter- 
suchungsergebnisse ergänzen oder modifizieren. Weder Fieber, noch der Nachwti: 
einer geringen Zahl von Leukocyten inf Punktat dürfte als Indikation für di: 
Kostotomierung genügen; dagegen erfordert bakterielle Infektion des Blutergusse, 
selbst wenn derselbe sich noch nicht zu einem Empyem entwickelt, eine aktiv: 
Therapie. _ Reckzeh (Berlin). 


21. & P. J. de Bruine Ploos van Amstel. Kruppöse Pneumonie, 
Pneumokokkenperitonitis, Pneumokokkenthrombose, Pneumo- 
kokkensepsis. Würzburger Abhandlungen a. d. Gesamtgebiet d. prakt. 
Medizin. 795. Preis M. —,85. Würzburg, Kurt Kabitzsch, 1915. 

In einem vom Verf. beobachteten Krankheitsfalle wurde eine kruppi= 
Pneumonie nacheinander von einer Pneumokokkenperitonitis und einer Pneum-- 
kokkenthrombose gefolgt. Verf. unterzog nun die bisherige Literatur einer set: 
sorgfältigen kritischen Sichtung und kommt dabei zu dem Ergebnis, daß di: 
kruppöse Pneumonie nie ein lokaler Prozeß, sondern stets eine Allgemeininfekticn 
ist. Als beste Therapie für diese Zustände ist die Anwendung der metallische: 
Fermente, die auf elektrischem Wege hergestellt, isotonisch und stabil sind. D: 
Wert der Arbeit liegt in der sorgfältigen Sammlung der Literatur und ihrer eiz- 
gehenden kritischen Verwertung, wenn man auch nicht in allen Stücken mit de: 
Folgerungen einverstanden zu sein braucht. Ruppert (Bad Salzuflen). 


22. W. Schuermann. Die Thermopräzipitinreaktion als Diagno- 

stikum bei Pneumokokkeninfektionen. (Med. Klinik 1915. Nr. 77. 

S. 755.) 

Die Thermopräzipitinreaktion ist streng spezifisch bei Pneumokokkeninfek- 
tionen. Es gelingt durch sie der Nachweis von Pneumokokkeninfektionen m: 
den Organextrakten frisch verendeter und auch in Verwesung übergegange*®: 
Tiere, bzw. Menschen, da wo das bakteriologische Kulturverfahren im Stic}: 
läßt (künstliche Infektion, Leichenteile von Pneumonikern). Sie gibt eindeutizt 
Resultate mit Körperflüssigkeiten, die durch Pneumokokkeninfektionen hervo:- 
gerufen sind. Die Thermopräzipitinreaktion (Verwendung von Krankenserur:) 
kann zur Unterstützung der klinischen. Diagnose bei Pneumonie herangezog:! 
werden. Ihr Ausfall ist beweisend vom 7. Tage, soweit die geringe Anzahl der kr 
Verf. zur Verfügung stehenden Versuche bis jetzt ein Urteil zuläßt. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


23. Henry T. Chickering. The concentration of the protective 
bodies in antipneumococcus serum. (Journ. of the exp. med. 2 
1915. S. 248.) 

Verf. beschreibt eine Methode, um im Serum der Pneumoniker die Anti- 
körper niederzuschlagen und zu konzentrieren. Er erhielt spezifische Extrakte, 
welche außer Schutzkörpern auch Agglutinine und Präzipitine enthielten. 
Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


—— m 


Zentralbiatt für innere Medizin. Nr. 42. 747 


24. Jones Jobling, William Petersen and A. A. Eggstein. The 
serum ferments and antiferment during pneumonia. (Journ. 

of exp. med. 22. 1915. S. 568.) 

Die Krisis bei der Pneumonie ist gewöhnlich verbunden mit einer Abnahme 
des Serumferments, der Mobilisierung einer spezifischen Protease im Serum und 
der Abnahme der Serumlipase, ferner der Abnahme des nicht fällbaren N. Mit 
der Krisis beginnt eine aktive Autolyse, welche abhängig ist von einer Störung 
des Gleichgewichts der Ferment-Antifermentbalance. Fibrin- und Leukocyten- 
detritus müssen als eine der möglichen Quellen der toxischen Substanzen an- 
gesehen werden. Geht die Autolyse schnell vor sich, so werden nur nichttoxische 
Substanzen aufgesogen. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


25. Henry F. Moore. The chemosero-therapy of experimental 
peumococcal infection. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 389.) 

26. Derselbe. The action of ethylhydrocuprein (Optochin) on 
type strains of pneumococci in vitro and in vivo, and on 
other microorganisms in vitro. (Ibid. S. 269.) 

27. Derselbe. A further study of the bactericidal action of 

ethylhydrocuprein on pneumococci. (lbid. S. 551.) 

M. konnte bestätigen, daß das Optochin in starker Verdünnung die Kulturen 
von Pneumokokken hemmt bzw. tötet. Diese Wirkung ist streng spezifisch und 
kann als Testprobe für Pneumokokken (gegenüber Streptokokkus mucosus und 
anderen Streptokokken) benutzt werden. Sie ist gleich für alle vier Gruppen von 
Pneumokokken. Von Chinin sind viel größere Dosen notwendig, um die gleiche 
Wirkung zu erzielen. Einspritzungen von Optochin bei Mäusen wirken ausge- 
sprochen schützend gegen die Infektion mit allen vier Arten der Pneumokokken. 
Eine einzelne kleine Dose, welche an sich keine Schutzwirkung ausüben würde, 
erhöht die schützende Kraft des Antipneumokokkenserums (gegen den betreffenden 
speziellen Typus der Pneumokokkeninfektion) um das 50fache und mehr. Diese 
Wirkung ist um ein Vielfaches größer als eine einfache Addition der Schutzwir- 
kungen des Optochins und des Serums. Das Serum von Kaninchen, welche mit 
einer einzelnen Dose von Optochin vorbehandelt wurden, übt eine bakterizide 
Tätigkeit gegenüber Pneumokokkenkulturen aus. Die günstigste Wirkung dieser 
Art wird erzielt, wenn das Mittel in öliger Lösung unter der Haut gegeben wurde 
(0,1 g auf 1 kg Kaninchengewicht). Beim Menschen erzielt man diese Wirkung 
durch Eingabe von 0,5 g per os oder subkutan. Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


28. Caroll G. Bull. The mechanismus of the curative action of 

antipneumococcus serum. (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 457.) 

Derselbe. A method of serum treatment of pneumococcic 

septicemia in rabbits. (Ibid. S. 466.) 

30. Derselbe. The fate of typhoid bacilli when injected intra- 
venousiy into normal rabbits. (Ibid. S. 475.) 

31. Derselbe. The agglutination of bacteria in vivo. (Ibid. S. 484.) 
Das wirksame Pneumokokkenserum wirkt dadurch, daß es im Organismus 

genau wie im Glas eine Agglutination der Bakterien erzeugt. Die zusammen- 

geklumpten Bazillen werden durch die Leber, die Milz, die Lungen und wahrschein- 

lich auch noch durch andere Organe festgehalten. Gleichzeitig entsteht eine 


29 


748 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


Leukopenie mit Anhäufung der polymorphkernigen Leukocyten in denselben 
Organen. Die Leukocyten wirken als Phagocyten, welche die Pnneumokokke: 
schnell zerstören. Die nicht zusammengeklumpten Kokken widerstehen und 
können von neuem wachsen. Das normale Kaninchenserum besitzt keine der- 
artigen agglutinierenden Körper. Große Dosen von Pneumokokkenserum können 
durch die Erzeugung großer Klumpen von Kokken gefährlich werden, insofern 
diese besonders in den Lungen die Zirkulation hemmen. Es empfiehlt sich daher, 
bei Kaninchen mit wiederholten kleinen Dosen des Serums vorzugehen. 

Der Modus des Verschwindens von Typhusbazillen aus dem Blute normak: 
Kaninchen ist derselbe wie der hier beschriebene. Shiga’sche Dysenteriebaziltc 
dagegen verschwinden nur, wenn gleichzeitig etwas Antiserum eingespritzt wird. 
Flexnerbazillen und nicht virulente Influenzabazillen verschwinden wiederun 
auch im normalen Blut in der angegebenen Weise. In allen Fällen handelt ss 
sich zunächst um ein Agglutinationsphänomen, welches mit dem außerhalb de 
Körpers im Reagenzglas beobachteten gleichartig ist. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


32. A. E. Sitsen. Beitrag zur Kenntnis der Rolle der Milz bei 
akuten infektionen. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1915. II. S. 2728—38.) 
S. betont den im malaiischen Archipel bei einigen Erkrankungen, vor allem 
bei der kruppösen Lungenentzündung, von demjenigen Europas abweichender: 
Verlauf. Es wurde der Zusammenhang zwischen diesem Verlauf — abnorme 
Fieberkurve, große Sterblichkeit mit Tod im Stadium roter Hepatisation — urd 
der im allgemeinen geringen Reaktion des Organismus, vor allem der in der Mehr- 
zahl der Fälle kleinen, mit dem Messer nur wenig Pulpa von der Schnittfläche lösen- 
den Milz, verfolgt. Letztere hatte die anatomischen Kennzeichen einer Malariamilz, 
so daß der Grund des atypischen Verlaufs der Krankheit nach S. in der Beschaffen- 
heit der Milz gesucht werden soll, analog der Cornelli’schen Pneumokokken- 
versuche bei entmilzten Tieren. Auch bei einigen anderen Erkrankungen — 
typhösem Fieber, eitrigen Vorgängen, infektiösen Colitiden — wurden analog: 
Beobachtungen erhalten. Indem die bisherigen experimentellen Arbeiten noch 
nicht zur endgültigen Lösung der Frage nach der Rolle der Milz bei Infektioss- 
krankheiten ausreichen, wird gründliche Bearbeitung dieser Frage, vor allem unter 
Berücksichtigung der Hilfsorgane (Nebenmilze usw.), für notwendig erachtet. 
Zeehuisen (Utrecht). 
33. Warren R. Sisson and J. Chundler Walker. Experimental 
pneumonia (Friedländer-Typ). (Journ. of exp. med. 22. 1915. S. 747.) 
Durch intrabronchiale Insufflation einer Aufschwemmung des Bac. mucoss: 
capsulatus kann man bei Katzen eine typische lobäre Pneumonie erzeugen. Das- 
selbe gelingt durch intravenöse Einspritzungen, wenn gleichzeitig eine lokale 
Schädigung der Lungen gesetzt wird. Pathologisch hat diese Form der Lunges- 
entzündung charakteristische Merkmale gegenüber den übrigen. 
Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


34. Warren R. Sisson and Charles B. Thompson. Friedländer ba- 
cillus pneumonia. (Amer. journ. of med. sci. 1915. Vol. CL. Nr.5. 5.713.) 
Verff. beschreiben drei Fälle von Friedländer’s Pneumonie, die alle tödlich 
verliefen, ferner einen Fall von Pleuritis exsudativa, bei dem ebenfalls der Baci!-us 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 749 


mucosus capsulatus gefunden wurde und in Genesung endigte. Diese Art der 
Infektion macht etwa 5—10% aller Pneumonien aus. Bei Kindern ist bisher nur 
ein einziger sicher festgesteliter Fall vorgekommen. Der Verlauf der Krankheit 
zeigt Variationen, bald ist ein initialer Schüttelfrost vorhanden, bald nicht; ebenso 
verhält es sich mit dem Herpes labialis. Allen Fällen von Friedländer’s Pneu- 
monie ist der schwere, wohl immer tödlich endende Verlauf eigen. Schwäche, 
Koma, Insuffizienz des Herzens und der Atmung stellen sich früh und meist auch 
sehr plötzlich ein. Im Sputum, das sehr reichlich und blutig ist, ist der Bacillus 
mucosus capsulatus in großer Anzahl vorhanden. Zu bemerken ist, daß auch 
hier Bazillenträger vorkommen, die gesund bleiben. Diagnostisch sehr wichtig 
ist das Vorkommen der Organismen im Blute ante mortem. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.).. 


35. A. R. Friel (Johannesburg). Notes on Friedländer’s pneumo- 

bacterium. (Lancet 1916. Juni 22.) 

F. hat in Fällen von Ozaena, die durch das Friedländer’sche Pneumo- 
Jakterium bedingt waren, mit subkutanen Vaccineeinspritzungen nichts erreicht, 
‘deutliche Erfolge aber mit intravenösen Injektionen einer nichtsterilisierten 
Emulsion von sensibilisierten Bazillen erzielt. F. Reiche (Hamburg). 


3%. Karl L. Klotz und Rudolf Klotz. Über Abortivbehandlung der 
Pneumonie. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Es gelang in drei Fällen, eine lobäre Pneumonie durch rektale Collargolbehand- 
ung zu kupieren und ihren typischen Verlauf in einen abortiven umzuwandeln! 
Die Therapie wurde stets sofort im Beginne der Erkrankung eingeleitet, spätestens 
mit einer Verzögerung von 24 Stunden! Reckzeh (Berlin). 


37. Lublinski. Die Behandlung der Lungenentzündung einst und 
jetzt. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 27.) 

Sobald bei sehr beschleunigter Atmung, kleinem fliegenden Puls schaumiger 
Auswurf sich zeigt und das Rasseln auf der Brust nach dem Husten auch nicht 
vorübergehend aufhört, die Atemnot weiter zunimmt, Cyanose sich einstellt und 
Benommenheit den Kranken befällt, hilft der Aderlaß oft zauberhaft über die 
augenblickliche Gefahr hinweg. Reckzeh (Berlin). 


‚38. Haas. Ein verständlicher Versager der Frühmedikation des 
Optochins bei kruppöser Pneumonie. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 21.) 

Soll die Wirksamkeit des Optochins bei der Behandlung der Pneumonie eine 
richtige Kritik erfahren, so muß in erster Linie die bakteriologische Diagnose 
Aufklärung schaffen, ob eine Pneumokokkeninfektion vorliegt oder nicht. Ist 
die abtötende Wirkung des Optochins auf den Pneumokokkus bereits erwiesen, 
s ist sie bisher beim Streptokokkus mucosus noch ungeklärt und nach der Be- 
obachtung des besprochenen Falles mehr als fraglich. 

Reckzeh (Berlin). 


750 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


39. Crämer. Über die Behandlung der Pneumonia crouposa mit 
Optochin. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Die Lungenentzündung ist im Kriege wesentlich gefährlicher als im Frieden, 
weil es sich vielfach um Mannschaften handelt, die durch große Strapazen ur; 
Entbehrungen in ihrer Widerstandsfähigkeit Schaden gelitten haben und leichter 
an Herzschwäche und an der Intoxikation zugrunde gehen können, wie vorher 
ganz gesunde und nicht geschwächte. Und gerade in solchen Fällen wird sich die 
gute Wirkung des Optochins am deutlichsten erweisen, und es wird so möglich sein, 
eine große Anzahl unserer an Lungenentzündung erkrankten Soldaten zu retten 
und so dem Dienste des Vaterlandes zu erhalten. Reckzeh (Berlin). 


40. V. Scheel. Behandlung von Pneumonia crouposa mit Optochin. 
(Ugeskr. f. laeger 1915. Nr. 33.) 

Verf. gab 0,25 g Optochin alle 3 Stunden, 2 g im Tage bei Pneumonie. 2mal 
traten Sehstörungen, vereinzelt Ohrensausen auf. (Ref. hat von 1,0 am Tag 
Amblyopie gesehen.) Verf. hält die Wirkung für günstig, die Krise trat oft nach 
I Tage auf. Mit ihrem Eintritt wurde das Mittel stets abgesetzt. Wichtig ist 
möglichst früher Beginn der Behandlung. F. Jessen (Davos). 


41. Zweig. Über Optochintherapie bei Pneumonie. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 11.) 

Wenn auch bei der Optochinbehandlung der Pneumonie die Entfieberunz 
früher auftrat als bei der bisherigen Therapie und ganz besonders auffallend di: 
Euphorie der Kranken sich wohltätig bemerkbar machte, war doch eine Herab- 
setzung der Mortalität (44 mit Optochin behandelte Fälle) nicht zu konstatieren, 
vielmehr eine Steigerung um 2%, was allerdings bei dem betreffenden Kranken- 
materiale nicht ohne weiteres dem Optochin zugerechnet werden darf, sonderi 
vielleicht geringer Widerstandskraft des Herzens durch Alkohol, frühzeitige 
Arteriosklerose usw. Eine sehr schwere, über 5 Wochen bestehende Amaurose 
trat bei einem sonst gesunden Manne im Anschluß an eine Darreichung von 
0,5 Optochin (2mal je 0,25 innerhalb 24 Stunden) auf. Seifert (Würzburg). 


42. Manliu (Berlin). Optochin bei Pneumonie. (Berliner klin. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 3.) , 

So befriedigend die Erfolge waren, so bedenklich waren die Nebenerschei- 
nungen. Deswegen handelt es sich für die nächste Zeit darum, das Damokles- 
schwert über der Optochintherapie, die Sehstörungen, abzuwenden. Das kam 
nur durch eine individualisierende Dosierung geschehen. Es liegt der Gedankt 
nahe, bei den Optochinschädigungen zugleich mit Kampferbehandlung (häufige! 
Dosen subkutan) zu beginnen, in der Hoffnung, dadurch die Optochinwirkunz 
abzuschwächen (also bei Beginn von Ohren- und Augenerscheinungen). Vielleicht 
bewährt sich Kampfer als Optochinantidot. Reckzeh (Berlin). 


43. Loeb (Wiesbaden). Zur Optochinbehandlung der Pneumonie. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 43.) 
In den meisten Fällen traten bereits am 2. Tage ein starker Temperaturabfali 
und Nachlassen der heftigsten Beschwerden, wie Kopfschmerz, Benommenheit, 
sowie erhebliche Besserung des Allgemeinbefindens ein. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 751 


44. Bacmeister (St. Blasien). Die Kupierung von Pneumokokken- 
infektionen bei tuberkulösen Lungenkranken durch Optochin. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 1.) 

Die jedesmal erfolgende schnelle Entfieberung, die sofort auf die Medikation 
einsetzende subjektive und objektive Besserung kann nur auf die Einwirkung des 
Optochins gesetzt werden. Besonders schnell gingen die toxischen Allgemein- 
erscheinungen zurück. Im Gegensatz zu den guten Resultaten bei Pneumonie- 
infektionen versagte das Optochin bei höherem tuberkulösen Fieber vollkommen. 

Reckzeh (Berlin). 


45. Hess (Köln). Spezifische Pneumoniebehandlung mit Optochin 
(Athylhydrocuprein). (Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 45.) 
Sehstörungen dürften bei Anwendung von Tagesdosen nicht über 1,5g im 

zanzen zu vermeiden sein. Die besten Erfolge sind bei frühzeitig einsetzender 

Optochintherapie (1. und 2. Krankheitstag) zu erwarten. Diese Behandlung 

sollte daher schon bei begründetem Verdacht auf Pneumonie beginnen. 1,5g 

als Tagesdosis soll nicht überschritten werden. Reckzeh (Berlin). 


#6. Bieling. Zur Behandlung der Pneumonie mit Optochinum 
hydrochloricum (Athylhydrocuprein). (Therapie der Gegenwart 
1915. Hft. 6. S. 203.) 

Verf. hat das Mittel bei 16 Fällen von kruppöser Lungenentzündung ver- 
wendet. Von den 16 Pat. starben 2, ein 5ljähriger Trinker und ein 70jähriger 
dekrepider Mann. Die übrigen kamen alle durch. Mit Ausnahme dieser 2 Fälle 
hat er das Mittel am 1. Tage der Erkrankung gegeben. In allen diesen Fällen sah 
er eine günstige Wirkung, die sich in einer frühen Entfieberung unter Iytischem 
Abfall der Temperatur und in einer raschen Rekonvaleszenz kund gab. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


47. H. Hochhaus. Die Pneumonie. (Med. Klinik 1915. Nr. 36. S. 987.) 

Kurzer Abriß der Klinik der Pneumonie. Was die neueren therapeutischen 
Bestrebungen anlangt, so hat die Behandlung mit Pneumokokkenserum nach Er- 
fahrungen auf der Klinik des Verf.s zweifelsohne bei rechtzeitiger Anwendung 
häufig den Erfolg eines erheblich früheren Eintritts der Krise. Bedingung dafür 
ist, daß das Serum in den ersten Tagen angewendet wird, in der vorgeschriebenen 
Dosis und intravenös; Verf. wendet jetzt ausschließlich das Serum von Neufeld 
und Händel an, und zwar bei der ersten Injektion 20 ccm intravenös, der dann 
am folgenden Tag eine zweite folgt, wenn die Wirkung nicht ausreicht. Vom 
Öptochin sah er zwar mehrfach das frühzeitige Eintreten der Krise, aber auch 
völliges Versagen. Er warnt, die Dosis von 3mal 0,5 g in 24 Stunden zu über- 
schreiten, wegen der bisweilen auftretenden unangenehmen Nebenerscheinungen. 
Das Mittel soll ausgesetzt werden, wenn nach spätestens 4 Tagen kein Erfolg 
eintritt. Die Digitalis gibt er bei plötzlich eintretender Herzschwäche intravenös. 
Bei langsamer, sich entwickelnder Herzschwäche per os, aber in etwas größeren 
Dosen, nämlich etwa 1g in 24 Stunden, mit diesen Herzmitteln verbindet er 
durchweg die Darreichung von Kampfer oder Koffein. Von ersterem sah er, auch 
wenn er über die üblichen Dosen hinausging, keinen größeren Erfolg als bei kleinen 
Dosen. Letzteres bevorzugt er wegen seiner Einwirkung auf das vasomotorische 
Zentrum. Wenig hat sich ihm bei der Herzschwäche bei Pneumonie das Adrenalin 


752 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 42. 


bewährt. Von symptomatischen Mitteln empfiehlt er gegen die anfängliche groß 
Schmerzhaftigkeit Morphiuminjektionen von 0,01 oder 0,015 g; an Wirkung gleich 
kommen demselben dann fast nur die blutigen Schröpfköpfe, von denen man auf 
die befallene Seite 8—12 setzen soll und die man reichlich nachbluten läßt. 
Ruppert (Bad Salzuflen). 


48. Silbergleit. Ein Jahr Pneumoniebehandlung mit und ohne 
Optochin. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 48.) 

Das Optochin ist nicht das so erwünschte, sicher und stark wirkende chè- 
mische Spezifikum für fibrinöse Pneumonie. Immerhin scheint es bei Pat., di 
nicht eine Idiosynkrasie gegen Optochin besitzen, oft günstig auf Fieberhük. 
Allgemeinzustand und Krankheitsdauer zu wirken, kann also, wenn die Herz- 
behandlung nebenher betätigt wird, angewendet werden, ist innerhalb der ersten 
24 Stunden nach Krankheitsbeginn gegeben, empfehlenswert. 

Reckzeh (Berlin). 


49. Meyer (Berlin). Beiträge zur Pneumoniebehandlung mit Op- 
tochin. (Berliner klin. Wochenschrift 1915. Nr. 39.) 

Aus den, unter ungünstigen Begleitumständen der Kriegszeit gewonnenen 
Erfahrungen geht hervor, daß das Optochin ein unschädliches Mittel ist, welches 
berechtigterweise Eingang in die Pneumoniebehandlung finden soll. Es mus 
zeitig in hinreichender Dosis gegeben werden (6—8mal 025), ist aber auch ir 
Spätfällen, jo sogar bei den nach der Pneumonie auftretenden Exsudaten, vor 
Nutzen. Reckzeh (Berlin). 


50. G. A. Waetzoldt (Berlin). Optochin bei Pneumonie. (Therapi: 

der Gegenwart 1915. Hft.7.) 

In dem Sammelbericht kommt Verf. zu folgendem Urteil: 

Zusammenfassend erscheint das Optochin als ein in erster Linie auf die Tem- 
peratur wirkendes Mittel, das in vitro und im völlig andere Verhältnisse bietenden 
Tierversuche auf Pneumokokken spezifisch einwirkt, dessen Wirkung bei mensch- 
licher Pneumokokkenpneumonie aber noch nicht als gesichert anzusehen it. 
Es bleiben Berichte über sehr große Anwendungsreihen abzuwarten, die vie? 
Hunderte von Fällen umfassen, ehe die Einführung in die allgemeine Praxis emp- 
fohlen werden kann. Ruppert (Bad Salzuflen). 


51. Saenger (Magdeburg). Asthma und Felddienstfähigkeit. (Mir- 
chener med. Wochenschrift 1915. Nr. 51.) 
An der Hand von Tatsachen wird darauf hingewiesen, daß an Asthma leidende 
Personen nicht ohne weiteres als zum Militär- bzw. Kriegsdienst ungeeignet be- 
trachtet werden dürfen. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Me lizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, . 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr, 43. Sonnabend, den 28. Oktober 1916. 








Inhalt. 

A. V. Knack, Hungerödeme. 

Referate: 1. Cottin, Außerbettbehandlung der Pneumonie nach Widmer. — 2. Rohrer, Wesen 
und Entstehung des Lungenemphysems. — 3. Meyer, Koffein als Asthmamittel. — 4. Purjesz, Glan- 
_duitrin-Tonogen bei Asthma bronchiale. — 5. Maver und Schwartz, Ödem bei lobärer Pneumonie. 
— 6, Amerling, Ursache des akuten Lungenödems. — 7. Petersen, Lokalisierungsdiagnosen der 
Lungenabszesse. — 8. Baerthlein, Primäre diphtherische Lungenerkrankungen. — 9. Landis und 
Lewis, 10. Bauch, Lungensyphilis. — 11. Zehbe, Lungen- und Pleuraechinokokkus. — 12. Herr- 
mann und Mayer, Bösartige Neubildung der Lunge. — 13. Föderl, Intrathorakaler Tumor. — 
4 Hamman, Spontaner Pneumothorax. — 15. Cummer, Plötzlich auftretender linkseitiger Pneu- 
mothorax. — 16. Peters, Seröse Exsudato bei Pneumothorax. — 17. Gerhardt, Pleuritis nach 
Bauchschüssen. — 18. Schmidt, 19. Spengler, Offene Pleurapunktion. — 20. Sinkler, Intra- 
iobuläre Empyeme. — 21. Capps, Diaphragmatische Pleuritis. 

22. Buytendijk, O-Verbrauch im Serum des Warmblüters. — 28. Cohn u. Heimann, Weitere 
Untersuchungen über Verdauungslipämie. — 24. Regnier, Einfluß diätetischer Maßnahmen auf 
das osmotische Gleichgewicht des Blutes beim normalen Menschen. — 25. Kleberger, Bezie- 
bangen des erhöhten Blutdruckes zu physikalischen Zustandsänderungen des Blutes. — 26. Verse, 
71. Dewey, Experimentelle Cholesterinämie. — 28. Rochedien, Resistenz der Blutkörperchen 
gegenüber Saponin. 





Über Hungerödeme. 
Von 


A. V. Knack in Hamburg. 


Wiederholt sind in der bisherigen Kriegsliteratur mit Ödemen 
einhergehende Krankheitsbilder beschrieben worden, als deren Ursache 
man mangels jeglicher sonstiger, organischer Erkrankung ernährungs- 
toxische Schädigungen annehmen zu müssen glaubte. Dabei stützte 
man sich hauptsächlich auf die Erfahrungen, die man in tropischen 
Ländern bei der weitverbreiteten seuchenhaft auftretenden Beri-beri 
gesammelt hatte. Besonders auffallend waren Krankheitsbilder, die in 
Gefangenenlägern in Erscheinung traten, mit Vorliebe dort, wo schwere, 
den Allgemeinzustand stark schädigende Krankheiten gleichzeitig 

nachweisbar waren. Ich erinnere an die Krankheitsbilder, die Rumpel 
in recurrensverseuchten Lägern beschrieb, die Jürgens bei Fleck- 
typhus und Ruhrepidemien sah, und die vereinzelt auch von anderen 
Autoren, wie Weltmann, Walko beobachtet wurden. Wir selbst 
werden in Kürze über eine Lagerepidemie berichten, bei der diese 


43 


754 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


Ödemzustände enge Beziehung zu ruhrartigen Darmveränderung. 
hatten (Rumpel und Knack, Deutsche med. Wochenschrift). 
Ähnliche Ödemzustände aus anscheinend unbekannter Ursache 
wurden sowohl in früheren Kriegen, wie auch jetzt in Lägern feind- 
licher Länder beobachtet, ja selbst unter anscheinend normalen 
Verhältnissen sind sie noch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts 
beschrieben worden. 
Wir werden in unserer demnächst erscheinenden Arbeit ein: 
Übersicht über die wichtigsten dieser Veröffentlichungen bringen. 
Bereits in den napoleonischen Kriegen waren solche Ödemerkrar- 
kungen häufig gesehen. Weit bekannt und oft zitiert sind die beri- 
beriartigen Epidemien in den englischen Konzentrationslägern während 
des Burenkrieges, und wir selbst hatten wiederholt Gelegenheit aus 
dem Munde deutscher Austauschgefangener, die besonders in russi- 
schen Lägern untergebracht gewesen waren, zu hören, daß auch dort 
Ödemzustände oft bei einer größeren Anzahl von Kriegsgefangenen 
vorkämen. Meist allerdings hörten wir auch hier die Angabe, da; 
gleichzeitig schwere seuchenhafte Erkrankungen mit im Spiele warer, 
wie Flecktyphus und Ruhr. Doo - 
Über die Beobachtung von Ödemerkrankungen ohne faßbar: 
Ursache unter normalen äußeren Verhältnissen berichtet im Jahr: 
1887 Wagner in einer Arbeit über die sogenannte essentielle Wasscr- 
sucht: 


»Die sogenannten essentiellen Wassersuchten sind stets allgemein, dabi 
entweder so stark, daß der ganze Körper, namentlich auch das Gesicht und die 
Genitalien, mehr oder weniger stark ödematös sind, oder so, daß die Wassersuch! 
besonders bei Kranken, welche bis zur Aufnahme nicht oder nicht ganz beti- 
lägerig waren, vorzygsweise die unteren Extremitäten betrifft, während am Stamr 
mit den Genitalien, an Gesicht und oberen Extremitäten, die Schwellung nicht 
deutlich hervortritt, oder sich nur als sogenanntes Gedunsensein ausspricht. Durch 
diese allgemeine Verbreitung der essentiellen Wassersuchten lassen sich ohne 
weiteres eine Anzahl von solchen ausscheiden, welche nicht mechanischer od 
dyskrasischer Natur sind und nur einen Teil des Körpers betreffen, namentlich 
manche rheumatische und neuropathische Wassersuchten.« 


Er beobachtete solche Zustände einmal wiederholt bei Kincert, 
sah sogar vereinzelt Fälle, bei denen die gleichen Ödemzustände sic 
im Laufe der nächsten Jahre wiederholten. Sodann sah er weitere 
Fälle bei zwei Bäckerlehrlingen im Alter von 15 Jahren, zwei Maler- 
gehilfen im Alter von 18 und 20 Jahren und drei weitere Erwachsene 
zwischen 30 und 40 Jahren. Bei allen seinen Fällen lagen normalt 
äußere Verhältnisse vor, von Ernährungsschädigungen war keine 
Rede, wiederholt wurden Darmkatarrhe verzeichnet, die Nieren unċ 
übrigen, für eine Ödemerkrankung in Frage kommenden Organe 
waren frei von pathologischen Veränderungen. Bei einigen seine 
Fälle spielte starke Durchnässung eine Rolle. Eine bestimmt fab- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 755 


bare Ätiologie konnte Wagner nicht finden und kam zu dem wenig 
befriedigenden Schluß: Die Ätiologie der essentiellen Wassersucht 
ist deren dunkelstes Gebiet. 

Auch nach den vermehrten Erfahrungen, die uns der Kriegs- 
zustand auf diesem Gebiet gebracht hat, sind wir über diese 
letztere Wagner’sche Auffassung in der Ätiologie noch nicht weit 
hinaus gekommen; denn mit der Annahme, daß es sich um ernährungs- 
toxische Einflüsse bei all diesen Ödemzuständen unbekannter Ursache 
handeln könne, ist eine exakte Begründung der Krankheitsbilder 
nicht möglich. Es ist ja zuzugeben, daß solche Ödemzustände meist 
dort zur Beobachtung kommen, wo ungünstige äußere Verhältnisse 
herrschen, überall da ist zwar der Mangel oder die Unzulänglichkeit 
der Nahrungsmittel das dem Laien am meisten imponierende Sym- 
ptom. Gleichzeitig herrschen aber, wo immer solch schlechte Ver- 
hältnisse vorliegen, auch Seuchen verschiedener Art und sonstige 
den Körper äußerlich treffende Schädlichkeiten, wie ungenügende 
Bekleidung, Erkältung und Durchnässung, ganz abgesehen von den 
psychischen Einflüssen, die noch dazu den einzelnen träge und wider- 
standsloser gegen die Schädlichkeiten machen. 


Wenn darum unter ungünstigen Verhältnissen das Volk von einer 
Hungerkrankheit spricht und Ärzte diesen Begriff als Titel ihrer 
Arbeiten übernehmen, so ist damit nicht gesagt, daß die Ernährungs- 
schädigung allein die sonst nicht erklärlichen Krankheitsbilder be- 
dingt. In diesem Sinne ist nun besonders wertvoll eine Arbeit von 
zwei polnischen Autoren, Budzynski und Chelchowski, die in 
dem in Krakau erscheinenden Przeglad Lekarski 1915, LIV, 1 u. 2 
Ödemzustände während einer Hungersnot der galizischen Be- 
völkerung beschreiben. Wenn wir an dieser Stelle ausführlicher über 
diese Arbeit berichten, so tun wir es aus dem Grunde, weil die beiden 
Autoren außerordentlich eingehend die Ernährungsverhältnisse der 
betreffenden Bevölkerungsschichten erörtert haben, und die Schlüsse, 
zu denen sie kommen, mancherlei wertvollen Anhalt für die Volks- 
ernährung im allgemeinen bieten, und weil das Krankheitsbild, das 
sie beschreiben, in manchen Punkten mit den Ödemzuständen, die 
neben anderen auch wir in Gefangenenlägern sahen, übereinstimmt. 


In der ersten Hälfte des Jahres 1915 kamen in Zaglebie Dabgowskie 
oft Fälle von Ödemerkrankungen vor, die man sich weder mit Krank- 
heiten der Niere, des Zirkulationsapparates, der Atmungsorgane noch 
mit sonstigen Veränderungen innerer Organe erklären konnte. Die 
Schwellung betraf nicht nur die Füße, sondern den ganzen Körper. 
‚Sehr oft schwollen das Gesicht, insbesondere die Lider an, manchmal 
lagen seröse Ergüsse in die Körperhöhlen vor. Im allgemeinen ähnelte 
der Ödemzustand am meisten dem der Nierenkranken. Die gleichen 
Erkrankungen wurden auch von mehreren in benachbarten Orten 
arbeitenden Ärzten beobachtet. Insgesamt erstreckt sich der Bericht 


43* 


756 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


auf 224 Fälle, davon 118 Männer und 106 Frauen. Es lag also keine 
Bevorzugung eines der beiden Geschlechter vor. Besonders bemer- 
kenswert war die Verteilung auf die verschiedenen Altersklassen. Un- 
gefähr die Hälfte der Kranken waren Kinder im Alter von 2—10 Jahren 
(109), besonders im 2.—3. Lebensjahre (61). Somit erschien der 
Übergang von der Säuglingszeit zu der gewöhnlichen Ernährung am 
meisten gefährdet. Die Häufung im 3. Lebensjahre wurde dadurch 
erklärt, daß bei der armen polnischen Bevölkerung die Mutter das 
Kind meist sehr lange mit der Brust nährt, besonders gegenwärtig. 
wo die Kuhmilch sehr knapp ist. Die Altersklassen von 11—30 Jahren 
waren nur in 25% beteiligt, besonders das Alter von 12—27 Jahren 
erschien der Krankheit am wenigsten zugänglich. In diesen Jahren 
wurden nicht ganz 10 Fälle beobachtet. Erheblich mehr waren dann 
aber die älteren Jahrgänge betroffen, besonders zwischen 46 und 
53 Jahren (27 Fälle). 


Was die Krankheitssymptome im besonderen betrifft, so traten 
neben Ödemen, die oft so hochgradig waren, daß auch das passive 
Öffnen der Augenlider kaum möglich war, einmal wiederholt Augen- 
veränderungen in Erscheinung: Hemeralopie, Xerosis conjunctivae, 
Ulcera corneae. Daneben lagen hochgradige Schwächezustände von 
seiten des motorischen Apparates vor, die Pat. konnten sich bei der 
ärztlichen Untersuchung ohne Hilfe ihrer Hände nicht aufsetzen, 
beim Übereinanderlegen der Beine mußten sie gleichfalls die Hände 
gebrauchen, sich gerade aufzurichten, nachdem sie sich gebückt hatten. 
war für sie einfach unmöglich. Beim Gehen schwankten sie erheblich. 
mußten sich an den Betten festhalten und konnten auf einem Fuß: 
nicht stehen; ebenso war der Händedruck und Widerstand bei Be- 
wegungen außerordentlich stark herabgesetzt. Bei einem Pat. la: 
Inkontinenz von Stuhl und Urin vor. Diese Schwächezustände traten 
bei einer Anzahl der Pat. bereits lange vor Sichtbarwerden der Körper- 
schwellungen auf. Besonders charakteristisch waren die Angaben de: 
Verwalters einer Kohlengrube, in der Mädchen zum Fahren von Kohlen 
verwendet wurden. Diese Mädchen mußten von der Verwaltung ent- 
lassen werden, da sie nicht mehr imstande waren, die Karren zu 
stoßen. Auch fiel bei Bergleuten eine stark verminderte Leistung- 
ke auf, die im geraden Gegensatz zu der vermehrten Beobachtun: 
von zluftigkeit und Schweißausbruch bei diesen Leuten stand. 
Leider machen die Verff. keine Angaben über das Verhalten &' 
Reflexe. Aber auch ohne diese Angaben hat man vielfach den Eir- 
druck, daß es sich bei den motorischen Störungen um polyneuritisch 
Prozesse handelte. An dritter Stelle waren die Veränderungen dë 
Verdauungsapparates von Bedeutung. Der Stuhlgang war meisten 
teils diarrhoisch. Vielfach lagen häufige geringe Stuhlentleerunge: 
mit anhaltenden Tenesmen und Beimengungen von Schleim und 
Blut vor. Bei einigen der Kranken konnte man zweifeln, ob man dt 





Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 1757 


Durchfall nicht für eine langandauernde Ruhr halten sollte. Vielfach 
hatte die betroffene Bevölkerung während des ganzen vorangehenden 
Winters Durchfälle. Die Kranken hatten vielfach geradezu aufgehört, 
den Durchfall als etwas Annormales, Außergewöhnliches anzusehen. 
In vereinzelten Fällen bestand auch Erbrechen im Beginn der Krank- 
. heit. Neben diesen eben beschriebenen Veränderungen lag psychische 
Niedergeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Unlust zu jeder Tätigkeit und 
Verschwinden des Geschlechtstriebes vor. 

Des weiteren waren bemerkenswert die Blutveränderungen, die 
von den Verff. eingehend studiert wurden. Der Hämoglobingehalt 
war stark herabgesetzt, schwankte zwischen 30—60%. Der Färbe- 
index der roten Blutkörperchen war ohne Ausnahme verringert, bei 
vielen Kranken zur Hälfte, bei einigen bis zu !/, herab. Die Zahl 
der roten Blutkörperchen dagegen war weniger verändert, lag mei- 
stens zwischen 4—5 000 000. In einigen Fällen war sie allerdings bis 
zu 2,6—6 000 000 vermindert, dafür in einem Falle bis 6 500 000 
vermehrt. Sehr oft lag Anisocytose, Mikrocytose, Polychromasie vor, 
wiederholt konnten auch kernhaltige rote Blutkörperchen in großer 
Zahl nachgewiesen werden. Die weißen Blutkörperchen waren teil- 
weise vermindert (2000), zum Teil mäßig vermehrt (14000). Die 
Auswertung der weißen Blutkörperchen untereinander ergab vielfach 
eine Lymphocytose, im allgemeinen aber keinen Hinweis in be- 
stimmter ätiologischer Art, auch lag auffallenderweise meist keine 
nennenswerte Hydrämie vor. Bemerkenswert war nur die Schwierig- 
keit, durch Einstich in die Fingerbeere oder aus der Vene Blut zu 
entnehmen. Auch bei den Sektionen trat diese »echte« Blutarmut 
deutlich in Erscheinung. Die Verff. konnten, wie sie sich ausdrücken, 
ohne Übertreibung sagen, daß sie in einem Falle, abgesehen von 
Herz und Milz, imstande waren, die ganze Sektion vorzunehmen, ohne 
sich die Finger mit Blut zu bespritzen. Der hämolytische Index 
war in einem dahin untersuchten Falle mäßig erhöht. Der Urin war 
im allgemeinen frei von pathologischen Bestandteilen, die Tagesmenge 
vielfach vermehrt, das spezifische Gewicht gewöhnlich niedrig. Der 
Urin war oft so wäßrig, daß einer der Verff. einmal die Mutter eines 
Kindes beargwöhnte, sie habe ihm Wasser an Stelle des Urins des 
Kindes gebracht. 

Die Körpertemperatur der Kranken war oft niedriger als normal, 
lag vielfach unter 36°. Der Puls war bei älteren Kranken verlangsamt 
(98/56), bei Kindern schwankte er zwischen 78/140, war weich, manch- 
mal unregelmäßig und schwer zu zählen. Veränderungen der Mund- 
höhle, insbesondere des Zahnfleisches, wurden nicht beobachtet. 


Was den Verlauf der Erkrankung betrifft, so war die Zahl der 
Todesfälle bei Männern erheblich größer (19) als unter Frauen (10), 
besonders oft kamen Todesfälle im höheren Alter von über 40 Jahren 
(bei 60 solcher Fälle 18,3%) und in der früheren Kindheit vor, in der 


758 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


sich das 3.—4. Lebensjahr mit der größten Mortalität auszeichnete 
(22 bzw. 33%), in den übrigen Jahrgängen war die Mortalität 
außerordentlich gering. Die Genesung trat langsam im Laufe einiger 
Wochen ein, unter Entleerung reichlicher Wassermengen und erheb- 
lichen Gewichtsverlusten, die bei Kindern bis zu 50% herauf gingen. 
Die angestellten vier Sektionen ergaben bemerkenswerterweise in zwei 
Fällen erhebliche ulzeröse Veränderungen der Darmschleimhaut, in 
einem Falle nur rein katarrhalische Darmprozesse. 

Bei mehreren Fällen wurden die Kranken nach Ausheilung der 
Erscheinungen wiederholt rückfällig, wenn sie wiederum unter die 
gleichen ungünstigen Ernährungsverhältnisse kamen. 

Nach dem Gesamtbilde handelte es sich also um eine 
unter ruhrartigen Initialsymptomen verlaufende Erkran- 
kung, deren markantestes Symptom starke Körperschwel- 
lungen und motorische Schwäche waren, und die in Er- 
scheinung trat bei einer unter außerordentlich ungün- 
stigen Verhältnissen lebenden Bevölkerung. Nach Angabe 
der Verff. handelte es sich nicht um eine ausgesprochen proletarische 
Bevölkerung, sondern mehr um Leute mittlerer Stände, die durch den 
Kriegszustand plötzlich in Not und Elend geraten waren und die am 
besten als verschämte Arme bezeichnet werden müßten. 

Von besonderem Interesse sind nun die Nachforschungen, die die 
Verff. über die Ursache dieser Ödemzustände anstellten. Einmal 
war bemerkenswert, daß, obwohl die schlechten Ernährungsverhält- 
nisse ausgedehnte Bevölkerungsteile betrafen, doch nur ein kleiner 
Teil an »Hungerödemen« erkrankte. Dann war weiter bemerkens- 
wert, daß die jüdische Bevölkerung nur ganz minimal (3 Fälle) bè- 
troffen war.) _ 

Die statistischen Erhebungen, die durch eingehendes Befrag:! 
einzelner Pat. festgelegt werden konnten, ergaben, daß die Leute 
meist seit langem eine Nahrung genossen hatten, deren Eiweiß- und 
Fettgehalt weit unter der physiologischen Norm lag, Fleisch hatten 
viele überhaupt seit Monaten nicht gesehen. 

Den Mangel des Fleisches in der Nahrung glauben die Verl. 
nicht ursächlich mit den Ödemzuständen in Beziehung bringen zu 
dürfen; denn große Bevölkerungsteile leben gerade in der dortigen 
Gegend völlig fleischfrei, ohne den geringsten Schaden an ihrer Ge- 
sundheit zu nehmen. Schon eher scheint der Mangel an Fett eme 
Rolle spielen zu können. Abgesehen von theoretischen Erwägunse? 
über Lipoidstoffwechsel u. dgl. wird Hemeralopie von russischen 
Ärzten vielfach während der großen Fastenzeit beobachtet, in der 
die Bevölkerung sich strengstens der Fette (Butter, Speck, Öl) enthält. 
Aber gerade in einigen Fällen schwerer Ödemzustände hatten die Pat. 
Fett in fast ausreichendem Maße genossen. Die Tatsache, daß diè 
jüdische Bevölkerung so gar nicht an der Hungerkrankheit beteiligt 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 759 


war, ließ die Verff. ihr besonderes Augenmerk auf das Schweinefleisch 
richten, aber auch dieses glaubten sie ausschließen zu können, weil 
einmal die zahlreichen untersuchten Fleischproben völlig frei von 
Krankheitskeimen waren, dann aber auch die wohlhabenden Klassen, 
die gerade im Gegensatz zu der betroffenen armen Bevölkerung viel 
Schweinefleisch essen, nicht der Ödemkrankheit verfielen. 

Nach weiterer eingehender Erörterung und Ausschluß sonstiger 
Möglichkeiten blieb nur übrig, die Ursache der Hungerkrankheit nicht 
in den Nahrungsmitteln als solchen, sondern in der geringeren und 
schlechteren Qualität der Nahrung zu suchen, die das hungernde 
Volk zu seiner Ernährung verwendet. Besondere Aufmerksamkeit 
mußte man da den Kartoffeln zuwenden. Diese kamen vielfach in 
faulem, verdorbenem Zustand in den Handel, und es war sehr wohl 
anzunehmen, daß die arme Bevölkerung nicht allzu auswählerisch 
beim Genuß dieser Kartoffeln vorging. In den Kartoffeln die Ursache 
zu suchen, waren die Verff. um so mehr geneigt, als bereits im Jahre 
1847 ein polnischer Autor, Niemirowicz, die Ruhr, die ja auch 
in der vorliegenden Epidemie eine große Rolle spielte, mit dem Ge- 
nießen verdorbener Kartoffeln in Beziehung brachte. Besonders be- 
merkenswert erscheint uns dieser Schluß der Verff.: Nach ein- 
gehender, ärztlicher Untersuchung einer epidemisch auf- 
tretenden, bei oberflächlicher Betrachtung als Hunger- 
krankheit imponierenden Massenerkrankung gelingt es, 
die wahrscheinliche Ursache nicht im Mangel der Nah- 
Tungsmittel an sich, sondern in ihrer schlechten Beschaf- 
fenheit zu finden, die primär eine schwere Störung der 
Verdauungsorgane hervorruft, welch letztere ihrerseits 
dann zu kachektischen, mit Ödemen und anderen erheb- 
lichen Erscheinungen einhergehenden Krankheitsbildern 
tührt. 

Zu der gleichen Auffassung kamen wir bei der Untersuchung 
einer als Ödemkrankheit imponierenden Lagerepidemie, die, wie er- 
wähnt, demnächst eingehend von uns beschrieben wird. Dieselbe 
zeigte allerdings erheblich gutartigeren Charakter, es fehlten die 
schweren Begleitsymptome von seiten der Augen und der Bewegungs- 
organe. 

Das Wichtigste, was wir aus der Arbeit von Budzynski und 
Chelchowski für die Volksernährung lernen können, ist die Tat- 
sache, daß aufs strengste darauf geachtet werden muß, daß an die 
breiten Schichten des Volkes nur qualitativ gute Nahrungsmittel 
abgegeben werden, damit auf jeden Fall Erkrankungen der Verdau- 
ungsorgane vermieden werden. _ 

Es ist bisher noch nie gelungen, beim Menschen, wenn wir absehen 
von dem selbstverständlichen, bei völligem Nahrungsmangel ein- 
'retenden Zustande des echten Verhungerns, eigentliche Hunger- 


760 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


krankheiten zu finden, die nur auf eine quantitativ unzuläng- 
liche Ernährung zurückgeführt werden mußten. Kommt es aber 
durch die Zuführung qualitativ unzulänglicher Nahrungsmittel 
zu Störungen der Verdauungsorgane, so liegt die Gefahr sehr nahe, 
daß die zweckdienliche Ausnutzung der Nahrung versagt, zumal 
unter beschränkten Ernährungsverhältnissen dem kranken Darm 
nicht die ihm zur Erholung notwendige Schonung und Diät gewährt 
werden kann, und dann kommen Krankheiten zur Beobachtung, die, 
wie hier beschrieben, dem Laien als »Hungerkrankheit « imponieren 
können. | 








Referate. 


1. E. Cottin. De l’influence de la station assise sur l’&volution 
de la pneumonie. (Revue med. de la Suisse romande 1915. Nr.5.) 

An 20 Schwerkranken wurde die von Widmer zuerst angegebene Method 

der Außerbettbehandlung der Pneumonie nachgeprüft. Bei der Auswahl spielte 

das Alter keine Rolle, es waren 20- und 80jährige darunter. Die Behandlung 


wurde möglichst bald nach dem initialen Schüttelfrost begonnen. Das Gewöhn- 


liche war, daß man die Kranken von 2—6 Uhr nachmittags aus dem Bett nahm 


und in Lehnstühle setzte. Bei allen trat eine Besserung des subjektiven Be- 


findens ein, Atmung und Expektoration gingen leichter vonstatten; die Schweibt 
nahmen ab. Objektiv verminderte sich die Cyanose und die Pulsfrequenz, die 
Atembewegungen wurden tiefer, die Temperatur sank während des Aufenthaltes 
außer Bett. Herzschwäche wurde nie beobachtet, im Gegenteil sah man in 2 Fälla 
eine Herzarhythmie während dieser Stunden verschwinden. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


2. Rohrer (Tübingen). Studien über das Wesen und die Ent- 
stehung des Lungenemphysems. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 34.) 

Die Lungenveränderungen und die Veränderungen an der Wandung &: 
Körperstammes (Emphysemform des Thorax; Bauchdeckenerschlaffung) sird 
ihrer Entstehung nach wahrscheinlich voneinander unabhängige pathologische 
Prozesse. Sie können zu einem einheitlichen Krankheitsbild zusammengeiaß! 
werden, weil die Lunge und die Körperwandung sich bei der Atembewegung »- 
teiligen und die pathologischen Verhältnisse beider insgesamt durch eine Störung 
der Atemfunktion klinisch sich bemerkbar machen. Reckzeh (Berlin). 


3. Felix Meyer. Physiologische Untersuchungen über Koffein 

als Asthmamittel. (Archiv f. Anatomie u. Physiologie, phys. Abteiluig 
1915. Hft. 1.) 

Das Koffein greift nur zentral an. Die antiasthmatische Wirkung ist schwa 

cher als die des Atropins, Adrenalins und Nikotins. Der Weg der zentralen En- 

wirkung geht über Rückenmark und Vagosympathicus, entsprechend den früher?” 


Feststellungen über Muskarinwirkung von E. Weber. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdort). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 761 


4. Béla Purjesz. Therapeutische Erfahrungen mit Glanduitrin- 
Tonogen mit besonderer Berücksichtigung bei Asıhma bron- 
chiale. (Therapie der Gegenwart 1915. Hft. 10. S. 380.) 

Verf. empfiehlt zur Behandlung des Asthma bronchiale und cardiale das 
Glanduitrin-Tonogen, eine Mischung von Glanduitrin und Adrenalin, intravenös 
gegeben, obwohl er in fast jedem der mitgeteilten Fälle zwar nur kurz dauernde, 
aber doch immerhin recht beängstigende Nebenerscheinungen wie Herzbeklem- 
mung, Angstgefühl, auffallende Blässe, Ohrensausen und Schwindelgefühl sah, 
dem bisweilen Brechreiz, Stuhl und Harndrang folgten. 

Ruppert (Bad Salzuflen). 


5. M. E. Maver and A. B. Schwartz (Chicago). Studies of edema 
in pneumonia. (Arch. of internal med. 1916. April.) 

In zehn mit dem Schade’schen Elastometer untersuchten Fällen von lobärer - 
 Pneumonie bei Kindern wurde jedesmal Ödem, am stärksten auf der Höhe der 
Krankheit, nachgewiesen; es ging nach der Krise zuweilen nur langsam zurück. 
Gleichzeitige Feststellungen des Chloridgehalts des Blutes und des Urins bei dieser 
Krankheit — die Mc Lean’s Beobachtungen bestätigen, daß bei Pneumonie während 
der Fieberhöhe die Chloridkonzentration im Blutplasma verringert ist und diese 
nach der Krise wieder sich hebt — weisen darauf hin, daß Beziehungen zwischen 
der anfänglich verminderten und dann ansteigenden Chloridausscheidung mit 
dem Urin und jenen Veränderungen in der Elastizität der Gewebe nicht bestehen, 
da die erhöhte Chlornatriumkonzentration im Blut fast unmittelbar nach der 
Krise einsetzt. F. Reiche (Hamburg). 


8. K. Amerling. Zur Frage der Ursache des akuten Lungen- 

ödems. (Casopis l&karuv ceskych 1915. Nr. 36.) 

Es gibt Fälle von akutem Lungenödem, die sich ätiologisch in keine der 
bekannten Gruppen einreihen lassen. Im Falle des Autors handelte es sich um 
eine 37jährige Frau, die sonst vollständig gesund war und bei der die Ursache 
des akuten Lungenödems nur durch die sorgfältige Untersuchung des Harns im 
Anfall klargestellt wurde. Die Frau hatte eine leichte Albuminurie mit einigen 
hyalinen Zylindern und außerdem eine Störung in der Ausscheidung des Wassers 
und des Kochsalzes durch die Niere. Während des Anfalls wurde überhaupt kein 
Kochsalz ausgeschieden; diese Ausscheidung hörte nicht plötzlich auf, sondern 
nahm allmählich ab; nach 4 Tagen versiegte sie gänzlich, und in diesem Moment 
stellte sich das akute Lungenödem ein. Diesen Vorgang konnte der Autor zweimal 
beobachten. Er erblickt daher in dem Versiegen der Kochsalzausscheidung 
die Ursache des akuten Lungenödems. Das Versiegen der Kochsalzausscheidung 
hat der Autor nur bei akuter Nephritis oder bei Exazerbation der chronischen 
Nephritis, jedoch nie bei chronischer Nephritis beobachtet. Bei der erwähnten 
‚Pat. konnte aber weder von akuter, noch von chronischer Nephritis die Rede 
sein. Es liegt hier etwas Analoges wie bei der Albuminurie vor. So wie man 
klinisch von einer physiologischen Albuminurie spricht, könnte man hier von einer 
physiologischen Chloridämie sprechen. Im physiologischen Sinne ist jede Albu- 
minurie pathologisch, und von diesem Standpunkt könnte auch obiger Fall be- 
urteilt werdeg, in welchem die Sekretionsstörung ihre Ursache hat in der herab- 
gesetzten Funktion der Salzausscheidung überhaupt. Der Autor reichte der 
Kranken eine Woche hindurch täglich 15 g Kochsalz; während die gesunde Niere 


762 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


bis zu 80 g täglich ausscheidet, schied die Pat. nur 12 g aus. Es lag demnach ein 
debile Niere vor. Vielleicht waren noch andere Funktionen der Niere während 
des Anfalls gelähmt; Bernhard’s Versuch über die Toxizität des Harns wurd 
nicht ausgeführt; die Stickstoffausscheidung war nicht gestört. Vielleicht hat 
noch die Zurückhaltung anderer Substanzen zur Entstehung des Lungenöd&ms 
beigetragen. G. Mühlstein (Prag). 





7. E. Petersen. Lokalisierungsdiagnosen der Lungenabszesse. 
(Ugeskr. f. laeger 1915. Nr. 46.) 

Bericht über 111 Fälle von Lungenabszeß und -gangrän im Kommunehospital 
zu Kopenhagen, 4mal Fremdkörperabszeß, 14 einfache Lungenabszesse, 6 pyän-- 
sche, 73 akute Lungengangrän und 14 sekundäre nach Bronchiektasie usw. 58m2. 
rechts, 44mal links, der Unterlappen war 72mal krank, der Oberlappen 3m:i, 
5mal mehr als ein Lappen erkrankt, 9mal beide Lungen. Punktion durch die 
Haut ist zu verwerfen. Die Röntgenuntersuchung gibt sicherere Resultate a: 
die physikalische Untersuchung; Verf. beschreibt durch diese bedingte Feh- 
diagnosen. Er schließt sich Tuffier an, der bei sicherer Lokalisierung 29°, Todżs- 
fälle, bei unsicherer 60%, Todesfälle angibt, Zahlen, die gegenwärtig (Ref.) wo. 
zu hoch sein dürften. F. Jessen (Davos). 


8. Baerthlein. Über primäre diphtherische Lungenerkrankungen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Drei unabhängig voneinander aufgetretene Fälle von primärer diphtheri- 
scher Erkrankung der Lungen zeigen, daß mit solchen Infektionen in der Praxs 
gerechnet werden muß. Derartigen Erkrankungen kommt eine besondere Bk- 
deutung zu dadurch, daß sie sich unter klinischen Bildern abspielen, denen wi 
sonst andere ätiologische Faktoren zugrunde zu legen gewohnt sind, so z.B. b: 
den beschriebenen Fällen unter dem Bilde einer chronischen tuberkuloseverdäs- 
tigen Bronchtis, bzw. einer meist auf Pneumokokkeninvasion beruhenden krup- 
pösen Pneumonie. Reckzeh (Berlin). 


9. H. R. M. Landis and Paul A. Lewis. Latent syphilitic infection 
of lungs. (Amer. journ. med. sciences 1915. August.) 

Fünf Fälle von tertiärer Lungensyphilis werden beschrieben. Dieselbe k21: 
Lungentuberkulose genau vortäuschen, denn auch Fieber kommt bei viszerak: 
Syphilis häufig vor. Die Diagnose muß durch Exklusion gemacht werden. Komm‘ 
gleichzeitig noch andere Läsionen, wie Aortitis, Periostitis, Orchitis, Iritis, vel- 
dächtige Halserscheinungen vor, so wird die Diagnose verhältnismäßig leicht ge 
macht. Fehlen solche, so müssen häufige Sputumuntersuchungen und bei s- 
gativem Resultat die Wassermann-Reaktion vorgenommen werden. Dr 
spezifische Therapie, speziell mit Salvarsan, ist sehr dankbar. Latente Lungt: 
syphilis ist viel häufiger als angenommen wird. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


10. Solomon Bauch. A report on two cases of syphilis of the 
lungs. (Med. record 1916. Vol. LXXXIX. S. 806.) 
Verf. beschreibt zwei Fälle von Lungensyphilis. Die Diagnose wurde geste- 
auf Grund folgender Punkte: lange gleichbleibender Lungenstatus und Allgemeit- 
zustand, Fehlen von Abmagerung, die ja bei Lungentuberkulose gewöhnlich ist; 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 763 


wiederholt negativer Sputumbefund, wiederholt positiver Wassermann; für 
Lungensyphilis charakteristischer , röntgenologischer Befund, der die Verände- 
rungen hauptsächlich in der Lungenbasis zeigte, ferner erweiterte Aorta. Alle 
Lungenfälle mit wiederholt negativem Sputumbefund sind auf Lues verdächtig 
und sollten mittels der Wasser mann’schen Reaktion untersucht werden. Die 
Therapie hat frühzeitig einzugreifen, denn im gummösen Stadium sind die Re- 
sultate nicht mehr günstig. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


il. Zehbe. Über Lungen- und Pleuraechinokokkus. (Fortschritte 

a. d. Gebiete d. Röntgenstrahlen 1916. Bd. XXIV. Hft. 1.) 

Z. bringt zwei Fälle zur Kenntnis, aus denen hervorzugehen scheint, daß es 
mehrere Merkmale gibt, die die Differentialdiagnose Lungen- oder Pleuraechino- 
kokkus ermöglichen. Es sind dies: 

1) Die Lage. In den Pleuraraum gelangt, wird die Blase anscheinend durch 
die Atmungswege in die tiefste Stelle der Pleura, den (hinteren) Sinus, gewisser- 
maßen sedimentiert, während sie sich in der Lunge beliebig ansiedelt. 

2) Entsprechend ihrer dortigen Lage berührt sie stets mit einer Fläche die 
Thoraxwand, im Gegensatz zu dem Lungenechinokokkus, der allseitig von Lungen- 
gewebe umgeben ist. 

3) Die Form der Blase ist für Lungen und Pleura verschieden. Diese Ver- 
schiedenheit scheint eine Folge der verschiedenen Raumverhältnisse zu sein, die 
die wachsende Blase in der Lunge und in der Pleura findet. Die Lunge gewährt 
ihr Raum zum allseitig gleichmäßigen Wachstum und ermöglicht ihr dadurch die 
Annahme einer mehr oder minder kugelförmigen Gestalt. Die Pleura dagegen, 
als lumenloser Spaltraum, muß von der wachsenden Blase erst entfaltet werden. 
Da die Blase sich in der Richtung des geringeren Widerstandes stärker entwickeln 
wird, resultiert eine Form, deren kleinster Durchmesser der Richtung des größten 
Widerstandes zu entsprechen scheint. Wir finden also eine mehr runde Form des 
Lungen- eine mehr abgeplattete des Pleuraechinokokkus. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


12. Herrmann und Mayer. Ein Fall von bösartiger Neubildung 
der Lunge. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

Kasuistische Mitteilung. Der Sitz und die Ausbreitung des Tumors erklären 
nicht nur die perkussorischen und auskultatorischen Erscheinungen, sondern auch 
die Schwellungen der rechten Körperseite (durch Druck auf die Vena cava sup.) 
und das einmal aufgetretene Glottisödem. Reckzeh (Berlin). 


13. Föderl. Über einen Fall von intrathorakalem Tumor mit 
zahlreichen Ganglienzellen. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. 

Nr. 25.) 

Die röntgenologische Untersuchung (29jährige Pat.) ergab, daß ein einer am 
Thorax rechts hinten schon über dem Schulterblattwinkel beginnenden Dämpfung 
entsprechender Schatten kontinuierlich überging in den der ptotischen Leber, 
während die linke Zwerchfellkuppe Tiefstand zeigte. Herz und Ösophagus waren 
etwas nach links verlagert. Bei der Operation ergab sich, daß es sich um einen 
mächtigen, von einem Intervertebralganglion ausgehenden Tumor handelte. 

Seifert (Würzburg). 


764 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


14. Louis Hamman. Spontaneous pneumothorax. (Amer. journ. med. 
sciences 1916. Vol. CLI. Nr. 2. S. 229.) 

Verf. beschreibt fünf Fälle von spontanem Pneumothorax; bei einem dieser 
Fälle zeigte sich einige Jahre später Lungentuberkulose, die anderen blieben ge- 
sund. Spontaner Pneumothorax kommt beim männlichen Geschlecht viel häufiger 
als beim weiblichen vor; ziemlich häufig ist Überanstrengung die Ursache, abe: 
auch in der Ruhe, sogar während des Schlafes, kann Pneumothorax plötzlich sich 
bilden. Die Symptome schwanken sehr, äußerste Dyspnoe bis zu kaum bemerk- 
baren Unbehagen kommt vor; dies hängt offenbar von der Größe der Ruptur 
der Pleura ab. Husten ist bald vorhanden, bald fehlt er, Fieber ist nie vorhander. 
Die Dauer ist meist etwa 6 Wochen, doch sind auch Fälle bekannt gewordr, 
wo der Zustand jahrelang angedauert hat. Rezidive auf der gleichen Seite, ode: 
neue Ruptur auf der anderen Seite sind mehrfach beobachtet worden. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


15. Clyde L. Cummer. Recurrent pneumothorax: Report of a case 
with review of the litterature. (Amer. journ. med. sciences 19:5. 
August.) 

Bei einem 23jährigen Mann trat bei vollständigem Wohlbefinden und ohz: 
erkennbare Ursache plötzlich ein linkseitiger Pneumothorax auf. Außer Sckme:: 
setzte derselbe keine besonderen Beschwerden; nach 8 Tagen war die ausgetreten 
Luft wieder verschwunden. Nach 5 Monaten wiederholte sich der gleiche Vorzans. 
Verf. hat in der Literatur nur sechs ähnliche Fälle gefunden. Bei allen war d: 
Prozeß nur einseitig, meist auf der rechten; die Zahl der Anfälle schwankt zwisch. 
2 und 11, die Dauer der Intervalle zwischen Monaten bis mehreren Jahren. Eire 
der 6 Fälle kam zur Autopsie, die Lungentuberkulose feststellte. Bei 3 anderen 
darf ebenfalls Tuberkulose als Ursache angenommen werden, bei 2 fehlt dageg: 
die Berechtigung zu dieser Annahme. Auch bei C.’s Fall muß eine latente Lunge 
tuberkulose vermutet werden. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


16. Le Roy S. Peters. Exudates in artificial pneumothorax. (Me. 
record 1915. Oktober 9.) 

Seröse Exsudate entwickeln sich bei der Mehrzahl der Fälle; häufig ist &: 
Exsudat so klein, daß es der Diagnostizierung entgehen kann. In etwa 1‘, 
seiner Fälle sah der Verf. ein eitriges Exsudat auftreten, meist war der Tuberki- 
bazillus darin allein anwesend, in seltenen Fällen war eine Mischinfektion zustant: 
gekommen. Diese letzteren sollen beizeiten operiert und drainiert werden, wā- 
rend bei den serösen und anderen eitrigen Exsudaten konservative Behandiur; 
Platz zu greifen habe; nur bei ernsten Druckerscheinungen und hohem Fick‘ 
soll die Aspiration gemacht werden. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


17. Gerhardt. Über Pleuritis nach Bauchschüssen. (Münchener me. 
Wochenschrift 1915. Nr. 49.) 

Nach Brustschüssen tritt zum Hämothorax häufig eine seröse Pleuritis hinzu- 
Oft ist schon wenige Tage nach der Verletzung ein großer Teil der Dämpfung nics 
mehr durch den Bluterguß allein, sondern durch das hinzutretende seröse Exsuds: 
bedingt. Diese sekundäre Pleuritis ist die häufigste Ursache für länger andauernd‘, 
aber schließlich spontan abklingendes Fieber. Ihr klinischer Verlauf unterscheid:: 
sich nicht wesentlich von dem der Pleuritiden anderer Ätiologie, nur dauert ii 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 765 


einzelnen Fällen Fieber und Resorptionszeit wesentlich länger. Auch für die In- 
dikation zur Punktion gelten dieselben Regeln wie bei der gewöhnlichen Pleuritis; 
nur in der ersten Woche soll man wegen der Nachblutungsgefahr nur im Notfall 
und dann kleine Mengen des Ergusses entleeren. Reckzeh (Berlin). 


18. Schmidt (Halle a.S.). Zur Frage der »offenen Pleurapunktion«. 
(Münchener med. Wochenschrift 1915. Nr. 38.) l 
In sehr schweren Fällen nützt selbst das vorsichtigste Verfahren der Pleura- 

punktion nichts, solche Mißerfolge diskreditieren aber nicht die »offene Pleura- 

punktion«. Reckzeh (Berlin). 


19. Spengler (Davos). Einige Bemerkungen zur »offenen Pleura- 
punktion« nach Adolf Schmidt. (Münchener med. Wochenschrift 
1915. Nr. 43.) 

Die doppelseitige Erkrankung bildet für die offene Pleurapunktion eine 

Kontraindikation. Reckzeh (Berlin). 


20. F. W. Sinkler. Interlobar empyema. (Med. and surg. rep. of the 

Episc. Hosp. Philadelphia Vol. II.) 

In dem einen der beiden Fälle von intralobulärem Empyem war es anscheinend 
durch Reiz des Pneumogastricus zu starker, mit der Operation geschwundener 
Herzirregularität und durch Phrenicusirritation zu Singultus gekommen. 

F. Reiche (Hamburg). 


21. Josef A. Capps. Clinical study of pain arising from dia- 
phragmatic pleurisy and subphrenic inflammation. (Amer. 
journ. med. sciences 1916. Nr. 3. S. 300.) 

Verf. hatte Gelegenheit in 6 Jahren 61 Fälle von diaphragmatischer Pleuritis 
zu beobachten. 29 Fälle waren mit einer Unterlappenpneumonie kompliziert. 
Was vor allen Dingen untersucht wurde, war das Vorhandensein oder die Ab- 
wesenheit von irradiierten Schmerzen. Es wurde nun gefunden, daß in 54 aus 
61 Fällen irradiierte Schmerzen in einem der oberen Quadranten des Abdomens 
vorhanden waren (VII.—X. Dosalsegment), in 25 Fällen waren außerdem auch noch 
in einem der unteren Quadranten irradiierte Schmerzen vorhanden (VII. bis 
XIIL Dorsalsegment). Der irradiierte Schmerz pflegt spontan aufzutreten, mit 
ihm ist Druckempfindlichkeit verbunden, die um den Nabel und in der Gallen- 
blasengegend am intensivsten ist. Zugleich ist die Haut, und zwar bandartig den 
medullären Segmenten entsprechend, konstant hyperästhetisch und hyperalgetisch. 
Im empfindlichen Gebiet sind die Haut-Muskelreflexe gesteigert, zuweilen gerät 
die ganze Bauchwand in einen Zustand von Steifheit. Irradiierter Nackenschmerz 
fand sich nur in 33 Fällen. Derselbe zeigt sich meist längs des oberen Trapezius- 
randes; dieses Gebiet wird vom III. und IV. Cervicalsegment versorgt. Bei der 
diaphragmatischen Pleuritis stellen sich diese ifradiierten Schmerzen meist im 
Anfang der Krankheit ein, die über dem Abdomen auftretenden sind häufiger als 
der irradiierte Nackenschmerz. Durch Husten und tiefes Atmen wird der Schmerz 
verstärkt. Der irradiierte Schmerz über dem Abdomen bei diaphragmatischer 
Pleuritis war die Ursache mannigfacher diagnostischer Irrtümer. Deren ‚Folge 
war die Vornahme unnötiger Operationen. Bei der Entzündung eines abdominalen 
Eingeweides kommen allerdings zuweilen neben dem lokalisierten Entzündungs- 


766 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


schmerz auch irradiierte Schmerzen vor, mit bandartiger Anordnung und Hyper- 
ästhesie, Hyperalgesie der Haut, aber das Hauptsymptom bleibt doch der lokali- 
sierte Entzündungsschmerz, dazu kommen noch andere Symptome, wie Erbrechen, 
Meteorismus usw. Umgekehrt hat man bei der diaphragmatischen Pleuritis neber. 
dem irradiierten Schmerz noch Husten, Dyspnoe, Rasselgeräusche. 

P. Meyer (Kilchberg b.Z.). 





22, F. J. J. Buytendijk. Über den O-Verbrauch im Serum des 
Warmblüters. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 836—42.) 
B. fand bei seinen unter sterilen Fürsorgen angestellten Versuchen im Blut- 
serum des Warmblüters eine geringe chemische Oxydationskatalyse, am bedeu- 
tendsten beim Pferde, und zwar bei letzterem 0,5 cmm O pro Stunde und pro 
Gramm Serum. Der O-Verbrauch nimmt unter bestimmten Umständen zu; ni:- 
mals wird indessen, ebensowenig im Serum arteriellen wie in demjenigen venis: 
Blutes, ein mit demjenigen eines Gewebes vergleichbarer Betrag desselben wahr- 
genommen. Die durch partielle Oxydation entstandenen, auch beim Mensche: 
unter auseinandergehenden Bedingungen im Serum übergehenden intermediäre 
Stoffwechselprodukte können im Serum nur beschwerlich weiter oxydiert werdet, 
dieselben werden wahrscheinlich in anderer Weise beseitigt. 
Zeehuisen (Utrecht). 


23. Julie Cohn und Willy Heimann. Weitere Untersuchungen über 

Verdauungslipämie. (Zeitschrift f. exp. Pathologie u. Therapie 1916. 

Bd. XVII. Hft. 2.) 

Nach Butter- und Sahnengenyß kommt es zu einer intensiven Fettvermehrung 
im Serum. 

Der Cholesterin- und Lezithingehalt des Serums (Lipoide) ist während der 
Verdauungslipämie nicht vermehrt. 

Die Aufrahmung des lipämischen Serums ist durch die Anreicherung des 
Fettes an der Oberfläche, nicht durch die des Cholesterins bedingt. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


24. Anton Regnier. Über den Einfluß diätetischer Maßnahmen 
auf das osmotische Gleichgewicht des Blutes beim normalen 
Menschen. (Zeitschrift f. exp. Pathologie u. Therapie 1916. Bd. XVIII. 
Hit. 2.) 

Eine einmalige Mehrzufuhr von Kochsalz ohne Mehrzufuhr von Wasser be: 
einer normalen Standardkost führt je nach dem Zustand der Wasserdepots ir: 
Körper entweder zu einer kurzdauernden Erhöhung der molekularen Konzentrati& 
des Blutes, die zum Teil durch Einströmen von achloriden Mineralbestandtei: 
bedingt ist, oder zu einer längerdauernden Hydrämie bei verzögerter Kochsalz- 
ausscheidung. Bei gleichzeitiger Einschränkung der Wasserzufuhr kann es hi! 
anfangs zu einer Störung der Blutisotonie kommen, indem nicht rasch gesus 
entsprechende Wassermengen aus den Gewebedepots nachströmen. 

Einmalige größere Wasserzufuhr braucht die Blutzusammensetzung nicht ir 
erkennbarer Weise zu beeinflussen. Sie führt bekanntlich zu gesteigerter Nali- 
und N-Ausfuhr. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 167 


11 Tage dauernde vermehrte Flüssigkeitszufuhr (täglich 6!/, Liter) führt zu 
einer Verschiebung zwischen der renalen und extrarenalen Wasserausscheidung, 
indem relativ mehr Wasser durch die Nieren, weniger auf renalem Wege aus- 
geschieden wird (relatives Ansteigen der Harnmenge bei gleichbleibendem Körper- 
gewichte). Hierbei dickt sich das Blut ein, und seine molekuläre Konzentration 
nimmt zu. Die Nieren büßen dabei ihre normale Konzentrierfähigkeit nicht ein. 

Der Übergang dieser Trinkperiode zu einer solchen mit normaler Flüssigkeits- 
zufuhr bewirkt zunächst eine weitere Eindickung des Blutes und einen weiteren 
Anstieg der| osmotischen re Die Gefrierpunktserniedrigung kann 
hierbei Werte erreichen, wie} sie bisher nur bei Nierenkranken im Stadium der 
renalen Dekompensation beobachtet worden sind. 

Bei kochsalzarmer Kost kann eine Zunahme der extrarenalen Ausscheidung 
eintreten. Hierbei dickte sich in dem beobachteten Falle das Blut ein und die 
molekulare Konzentration nahm zu. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


25. Kurt Kleberger. Über die Beziehungen des erhöhten Blut- 
druckes zu physikalischen Zustandsänderungen des Blutes. 
(Zeitschrift f. exp. Pathologie u. Therapie 1916. Bd. XVII. Hft. 2.) 

Blutdrucksteigerung kann völlig unabhängig sein von einer Vermehrung der 
molekularen Konzentration des Blutes. 

Die molekulare Konzentrationssteigerung ist — wenigstens nach den Unter- 
suchungen des Verf.s und nach den Angaben der Literatur — von der Nephritis 
abhängig. Damit tritt die Bedeutung des Blutdruckes, wenn wir ihn letzten Endes 
auf die arteriellen Membranen zurückführen, gewissermaßen als osmotische Funk- 
tion zurück. Da aber dem Blute im Körper die Aufgabe der osmotischen Regu- 
lierung der Gewebe zukommt, so ergibt sich daraus, daß diese nur von den Ka- 
pillaren vorgenommen wird, die eine Beeinflussung des Blutdruckes nicht zustande 
bringen. 

Was die Viskosität anbelangt, so zeigen sich bei Verf.s Fällen Schwankungen, 
_ die man weder mit der Blutdrucksteigerung noch mit Änderungen der molekulären 
Konzentration in Zusammenhang bringen kann. Bedenkt man die einzelnen 
Quotienten dessen, was man klinisch Viskosität nennt, also die Reibung des Plas- 
mas in sich, die Reibung der Blutkörperchen aneinander und am Plasma, so 
kommt man zu dem Schluß, daß eine eindeutige Auslegung von Viskositäts- 
Schwankungen nicht möglich ist. 

Dasselbe gilt von der Oberflächenspannung. Wir sehen auch dabei keine 
Abhängigkeit von der Höhe des Blutdruckes, keine Abhängigkeit von der mole- 
kularen Konzentration. 

Verf. kommt durch seine Untersuchungen zu dem Schluß, daß die Blutdruck- 
erhöhung ihre Erklärung nicht in physikalischen Zustandsänderungen des Blutes 
findet. Man wird eher zu der Anschauung gebracht, daß jede Blutdrucksteigerung 
durch Verengerung der kleinen Arterien, sei es nun durch endarteriitische Prozesse, 
oder durch einen Reizungszustand der Vasomotoren, im allgemeinen bedingt ást. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


768 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 43. 


26. Versé. Über die Blut- und Augenveränderungen bei experi- 
menteller Cholesterinämie. (Münchener med. Wochenschrift 1916. 
Nr. 30.) 

Eine kombinierte Fütterung von Cholesterin und Öl erzeugt beim Kaninchen 
in ziemlich kurzer Zeit den Zustand einer hochgradigen, dauernden Lipämie; bei 
der Darreichung einer der beiden Substanzen allein bleibt das Serum völlig klar. 
Entsprechend sind auch bei der kombinierten Fütterung die Organveränderungen 
viel schwerer. Sehr frühzeitig, noch vor dem Beginn der Opaleszenz im Serum, 
entsteht am Kornealrand eine streifige Trübung, beginnend am äußeren oberen 
Quadranten, die in ihrem ganzen Verhalten durchaus dem sog. Gerontoxon de: 
Menschen entspricht. Diese Trübung ist unabhängig von Gefäßveränderung:n 
und beruht lediglich auf einer Infiltration der Hornhaut mit Cholesterinfettge- 
mischen. Reckzeh (Berlin). 


27. K. Dewey (Chicago). Experimental hypercholesterolaemis. 
(Arch. of internal med. 1916. Juni.) 

D. fand nach intraperitonealen und intravenösen Infektionen von Cholesterol- 
emulsionen bei Kaninchen sehr verschiedene Bilder je nach Zahl und Größe der 
Gaben und mehr noch nach dem Gesundheitszustand der Tiere; die Leber dies’ 
Tiere — im Gegensatz zu ebenso behandelten Karnivoren — war meist stark 
infiltriert mit Cholesterol, und außer Herden von Gewebsnekrose zeigten sich 
vielfach Proliferationsvorgänge im Bindegewebe. Gelegentlich wurden als Folge 
der Hypercholesterolämie bei steriler Galle in der weder infizierten noch verletzten 
Gallenblase Calculi beobachtet, deren Bildung eine Epitheldesquamation vorau!:- 
ging. Das in die Venen injizierte Cholesterol wird rasch in den verschiedenen 
Organen abgelagert und stark mit der Galle und dem Urin ausgeschieden. In der 
Nieren findet man neben Cholesteroldepots Parenchymdegenerationen. 

F. Reiche (Hamburg). 


28. René Rochedien. Über die Resistenz der Blutkörperchen gegen- 

über dem Saponin. (Revue med. de la Suisse Romande Nr. 3. 1816.) 

Die Resistenz der Blutkörperchen gegenüber dem Saponin ist ein neues Unter- 
suchungsmittel, welches nützlich zur Differenzierung gewisser durch hypotonisch: 
Lösungen nicht auffindbarer Blutveränderungen erscheint. Die Technik ist ein- 
fach und mindestens ebenso schnell auszuführen wie die mit Salzlösungen. D:: 
Anwendung von defibriniertem Blut, welches ohne Zugabe von Kalium oxa:attr: 
gewaschen ist, scheint vorzuziehen zu sein, weil auf diese Weise konstantere uni 
präzisere Resultate gewonnen werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


a A an 
Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mas 

an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dt 

Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


N 


769 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlotteaberg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 44. Sonnabend, den 4. November 1916. 


Inhalt. 
0. Seifert, Sammelrefoerat aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
Referate: 1. Hoss und Seyderhelm, Unbekannte physiologische Leukocytose des Säuglings. 
— ı. van Houkelom, Morphologie der Leukocyten nach einem Fall akuter Leukämie. — 
3. Sehippers, Anaemia pseudoleucaemica v. Jaksch. — 4. Frank, Aleucia splenica. — 5. Hur- 
witz und Lucas, Untersuchungen des hämophilen Blutes. — 6. Bauch, Purpura hasemorrhagica 


bei chronischer Lungentuberkulose. — 7. Schucany, Pigmentierungen der Haut bei perniziöser 
Anämie. 


Sammelreferat 


aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie. 
(Juli bis Oktober 1916.) 
Von 
Prof. Dr. Otto Seifert in Würzburg. 


a. Allgemeines. 


Unter 2013 Ohrenkranken, die innerhalb 4 Monaten von Al- 
brecht (1) auf der Ohrenabteilung der ... Armee beobachtet und 
behandelt wurden, litten 273 an den Folgeerscheinungen von Schall- 
schädigungen: Einschlag von Granaten, Minen, Artilleriefeuer, Schüsse 
verschiedener Art, Schrapnells, Handgranaten usw. Diese Fälle 
wurden in die beiden Hauptgruppen der I. Schallschädigungen bei 
intakten Schalleitungsapparat und II. der Schallschädigungen bei 
verändertem Schalleitungsapparat eingeteilt. Aus der H. Gruppe 
schälten sich von allein die Unterabteilungen heraus: Ia. Schallschä- 
digungen bei Residuen abgelaufener Mittelohreiterung, Ib. Schall- 
schädigungen bei Einziehungserscheinungen am Trommelfell und 
llc. Schallschädigungen bei Mittelohreiterungen. Eine Ill. Gruppe 
umfaßt jene Fälle, bei welchen der objektive Befund keine Rück- 
schlüsse auf das normale oder abnorme Verhalten des Schalleitungs- 
apparates zur Zeit der Schädigung gestattete. 


44 


770 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


Von mit Seidenfaden armierten, besonders geformten Kügelchen 
hat sich Benjamins (2) einen aus fünf verschiedenen Größen be- 
stehenden Satz anfertigen lassen. Das von dem Pat. verschluckt: 
Kügelchen ist ein brauchbares Mittel für die Ermittlung einer Stenox: 
der Speiseröhre. Es soll neben der Ösophagoskopie und der Röntgen- 
untersuchung mit Wismutbrei benutzt werden. Die Methode hat 
vor den verschiedenen Sonden den Vorzug, daß sie ungefährlich ist. 
daß sich mit ihr der Grad der Stenose besser bestimmen läßt und dab 
man sicher an die verengte Stelle gelangt. Im Röntgenzimmer soll 
sie die Bismutkapsel mit Erfolg ersetzen. 

Es haben sich zwei Arbeitsfelder auf dem Gebiete der zahnärzt- 
lichen Hilfe im Felde ergeben, die zu bewältigen sind: 1) Die zahn- 
ärztliche Kriegschirurgie und die chirurgische Prothese. 2) Die ambu- 
latorische Zahn- und Mundbehandlung. Im einzelnen geht Ehricke(3) 
auf die Kieferschußverletzungen ein. 

Aus seinen Erfahrungen in Kriegslazaretten Galiziens und Polens 
gibt Gerber (4) eine Auslese nicht ausschließlich spezialistischer 
Beobachtungen. Von Anginen kamen die abszedierenden Formen 
häufig vor, die Albuminurie nach Angina betrug zeitweise 30, ja 50°.. 
Funktioneller Stimmstörungen in einem Feldlazarett waren es nur 
sechs, einen größeren Umfang nimmt das Kapitel über Schußver- 
letzungen des Halses und der Nase ein, mit besonderer Berücksich- 
tigung der Nebenhöhlenaffektionen. Schließlich folgen Beobachtungen 
über Schädelverletzungen durch Schüsse sowie durch Hieb und Stich. 
Interessantere Fälle werden durch zehn Abbildungen erläutert. 

Im Laufe von 5 Monaten sah Glas (5) 72 Fälle von Kehikopi- 
und Nasenverletzungen, die rationell gruppiert und durch bemerken:- 
werte Fälle erläutert sind. 

Den Augapfel schädigen nach Gutmann’s (6) Erfahrungen am 
meisten solche sagittale Oberkieferschüsse, welche die Kieferhöhle 
durchlaufen oder streifen. Bei glatten sagittalen Kieferdurchschüssen 
findet man Aderhautrisse mit und ohne nachweisbare Fissur der 
unteren Augenhöhlenwand. Zu sehr schweren Rissen und Splitte- 
rungen des unteren Augenhöhlen- bzw. des oberen Kieferhöhlenrandes 
kann es bei Querschläger-Ein- oder Ausschüssen, die beim modemen 
kleinkalibrigen Mantelgeschoß auffallend häufig sind, kommen. Bei 
transversalen doppelseitigen Oberkieferdurchschüssen, die gewöhnlich 
beide Kieferhöhlen treffen, tritt durch die wechselnden Widerstände 
von kompaktem Knochen und lufthaltigem Raume eine vollkommen? 
oder unvollkommene Querstellung des Geschosses ein. 

An einer Reihe von Abbildungen, die zum Teil recht schwere 
Kriegsverletzungen darstellen, zeigt Kraus (7) die Resultate plasti- 
scher Operationen, die in allgemeiner Narkose ausgeführt wurden. 

Mit dem engen Gaumen ist die enge Nase vergesellschaftet, d. h. 
die Mundatmung, die Adenoiden sind nicht Ursache, sondern Folge 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 771 


dieses Zustandes. Die Ursache für den hohen Gaumen ist eine ererbte 
falsche Anlage der Zahnkeime, die nicht in schräger, nach außen 
strebender Richtung und über dem Nasenboden gelagert sind, sondern 
in gerader Richtung nach unten und unter dem Nasenboden. Lands- 
berger (8) empfiehlt die Behandlung: Druck auf die Innenwand des 
Kiefers, möglichst früh einzusetzen, solange die Sutura palatina noch 
nicht verknöchert ist. 

Die für Fleckfieber charakteristischen Enantheme müssen von 
zewissen akzessorischen Alterationen durchaus getrennt werden. Zu 
etzteren rechnet Lipschütz (9) vornehmlich die Veränderungen der 
Zungenschleimhaut. Wichtiger sind Veränderungen, die am weichen 
Jaumen und an der Uvula, am hinteren Anteil des harten Gaumens, 
eltener auf den vorderen Gaumenbögen oder an den Tonsillen sitzen: 
yaumförmige Injektion, untermischt mit stecknadelspitz- bis steck- 
ıadelkopfgroßen, lebhaft dunkelroten Hämorrhagien (einmal linsen- 
jis hellergroße Hämorrhagie), in vereinzelten Fällen fleckiges, netz- 
örmig angeordnetes, düsterrotes Enanthem des weichen Gaumens mit 
ingesprengten punktförmigen Hämorrhagien. Sämtliche Enanthem- 
ormen sind in der Regel während der Akme der Entwicklung des 
-xanthems am deutlichsten zu sehen. 

Unter den initialen Symptomen des Typhus beobachtete Pau- 
icek (10) nicht selten Nasenbluten. Die in ihrem diagnostischen 
Werte etwas überschätzte »Typhuszunge« zeigte sich in zweifacher 
“orm, einmal als dicklich weißbelegte Zunge mit feuchter roter Spitze, 
oten Rändern und geschwollenen Papillen, ein anderes Mal als trockene, 
ttrophische, rissige Zunge mit bräunlich borkigem Belage (septische 
Zunge). 

In der Dissertation von Zschunke (11) wird über vier Fälle von 
-ndotheliom der oberen Luftwege berichtet, die aus der Poliklinik 
on Seifert stammen. Im 1. Falle bei einem 24jährigen Manne 
ıpfelgroßer, flacher Tumor, den .harten und weichen Gaumen ein- 
ıehmend, im 2. Falle 55jährige Frau, kleinerbsengroßer Tumor an 
der linken Fläche des Septum cartilaginem, im 3. Falle 70jährige 
Frau, fünfpfennigstückgroßer Tumor am Nasenrücken, im 4. Falle, 
iljährige Frau, flacher Tumor an der Außenseite des linken Nasen- 
lügels. | 

Die Tumoren wurden operativ entfernt und rezidivierten nicht. 
Histologische Untersuchung im pathologischen Institut zu Würzburg 
vorgenommen. 

b. Nase. 

Für die Behandlung der bei den Querschüssen mitverletzten 
Nase bewährten sich Albert (12) sehr gut Einträufelungen von Wasser- 
stoffsuperoxyd mit 10%iger Kokain-Suprareninlösung zu gleichen 
Teilen. Die Schußverletzungen der Oberkieferhöhle werden in Quer- 
und Längsschüsse eingeteilt. Von drei besonders schweren und inter- 


° 44° 


772 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


essanten Fällen werden die Krankengeschichten mitgeteilt unter Ein- 
fügung von drei Abbildungen im Text und fünf Röntgenphotographien 
auf vier Tafeln. 

In drei Fällen von Neuritis optica im Anschluß an Siebbein- 
eiterungen konnte nach der Operation, obgleich sie erst spät in Be- 
handlung kamen, eine wesentliche Besserung erzielt werden. Zur 
Prüfung der Sehkraft empfiehlt Birch-Hirschfeld (13) neben den 
bisher geübten Methoden die Messung des blinden Fleckes, die aller- 
dings nur bei sehr intelligenten Pat. möglich ist. 

In den beiden von Fingova und Delbanco (14) beschriebenen 
Fällen handelte es sich um Bauchtyphuserkrankung, durch bakterio- 
logisch bewiesene Nasendiphtherie kompliziert, welche letztere bei 
dem 6jährigen Jungen auf die Nase beschränkt blieb, dagegen bei 
dem 5jährigen Schwesterchen auch auf die Vulva übertragen wurde. 
Wahrscheinlich ist die Ansteckung vom Mädchen auf das Brüderchen 
übergegangen, nach dem Verlauf der Erkrankung zu urteilen. 

Zur Sektion der Nasenhöhle und der Nebenhöhlen empfiehl: 
Ghon (15) die Kombination eines frontalen und sagittalen Schnittes, 
wodurch die Verhältnisse sehr anschaulich werden und sich besonders 
bei bakteriologischen Untersuchungen als zweckmäßig erweisen. 

Bericht über zwei sehr seltene, angeborene, wulstförmige Bil- 
dungen am Septum narium eines jungen Mannes. Die betreffenden 
Anhänge gingen vom Septum rechts aus und ähnelten nach Aussehen 
und Konsistenz den bekannten Aurikularanhängen. Der histologischen 
Untersuchung nach (mikroskopische Abbildungen) handelt es sich 
um reine Ausstülpungen der Schleimhaut des Septums, für welche 
von Haenisch(16) der Name Appendix septi congenita vorgeschlagen 
wird. 

Aus zwei Fällen, deren Kranken- und Operationsgeschichten mit- 
geteilt werden, gehen für die Diagnose der Kieferhöhlenpolyposis al: 
Anhaltspunkte hervor: Eine rasch erfolgende Rezidivierung der Po- 
Iypen im mittleren Nasengange, ein Radiogramm des Schädels wird 
bei einigermaßen ausgesprochener Polypenbildung einen Luftmang:l 
in der Kieferhöhle feststellen. Unter Lokalanästhesie ausgeführt: 
Probeeröffnung in der Fossa canina wird absolute Sicherheit bringen. 

In einem Falle von Polyposis des Siebbeins nahm Hajek (1 
auf Grund des Befundes von einem ödematösen Wulst im rechte: 
mittleren Nasengang die hohe Resektion der mittleren Muschel vor. 
Nach Entfernung letzterer quollen aus der Gegend des Daches di: 
mittleren Nasenganges polypöse Massen hervor, die aus dem Innem 
des Siebbeinlabyrinthes stammten. 

Den besten Beweis für ihre Darlegungen bieten die von Hofer und 
Kofler(18) vorgestellten Patienten, bei denen eine normale, krusten- 
freie, feucht glänzende Schleimhaut zu sehen ist. Auf Grund diese! 
Befunde mag es notwendig erscheinen, mit gewissen älteren Ansichten 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 773 


und Vorurteilen in der Ozaenafrage zu brechen. Es empfiehlt sich, 
zur Vaccination lediglich frische, nicht über 3 Monate alte und ent- 
sprechend aufbewahrte Vaccine zu verwenden. 


Unter Beigabe zahlreicher Abbildungen schildern Kolin und 
Schmerz (19) die einzelnen Akte der v. Hacker’schen Methode der 
Rhinoplastik und eventuelle Modifikationen unter Mitteilung von 
neun Fällen, welche die günstigen Resultate der Methode zeigen. 


Mit der von de Levie (20) angegebenen doppelrohrigen Schlingen- 
führung ist das Abtragen sonst gar nicht oder schwer erreichbarer 
Hypertrophien mit Leichtigkeit zu bewerkstelligen. 

Eine von Loewy (21) aus Bandagenmaterial hergestellte Binde, 
in deren Mitte ein kleines Kissen für die Nase, an deren beiden Enden 
Kissen für die Ohren angebracht sind, leistete gute Dienste. 


Ein Fall von Nasenatresie wurde auf der einen Nasenseite nach 
Körner mit submuköser Resektion des Septums, auf der anderen 
Seite unter blutiger Lösung der Verwachsungen und Einlegung von 
Thiersch’schen Lappen nach Siebenmann geheilt. Bei den vielen 
Kriegsverletzungen der Nase empfiehlt sich nach Marum (22) eine 
möglichst frühzeitige Zuweisung von Nasenverletzungen an spezia- 
listische Behandlung, um Synechien und Atresien zu vermeiden. 


Der Denker’schen Methode zur Radikaloperation der Kiefer- 
höhleneiterung wird von Meyer (23) der Vorzug gegeben, wobei die 
gesamte Kieferhöhlenschleimhaut ausgeräumt werden soll, und zwar 
nicht mit dem scharfen Löffel, sondern mit einem stumpfen Eleva- 
torium, um die Schleimhaut in einem Stück zu entfernen. Die Dauer 
der Naht kann man verkürzen, wenn man fortlaufend näht. 


Die von Perez und Hofer gemachten Beobachtungen decken 
sich nicht in allem mit den Befunden von Neufeld (24). Die Nasen- 
schleimhaut besitzt auch für andere Bakterien die Ausscheidungs- 
fähigkeit bei septischen Erkrankungen. Bakterien, aus dem Blute in 
die Nase gelangt, können daselbst längere Zeit persistieren. Der 
Kokkobacillus foetidus verursacht nicht in jedem Medium Fötor, im 
Nasenschleim der Kaninchen ist er geruchlos. Die Ähnlichkeit des 
Ozaenafötors mit zersetztem Leim spricht ohne weiteres dafür, daß 
der Chemismus der anliegenden Knochen gestört ist. Die Anwesen- 
heit chemisch aktiver Bakterien in der Nasenhöhle bei dieser Erkran- 
kung machen es wahrscheinlich, daß zwischen diesen und dem ge- 
störten Stoffwechsel des Knochengewebes Beziehungen bestehen. 
Mit Sicherheit ist der Kokkobazillus Perez als der Verursacher des 
Fötors bei Ozaena anzusehen. 


Die an 28 Ozaenafällen von Salomonsen (25) vorgenommenen 
Impfungs- und Züchtungsversuche ergaben, daß der Kokkobacillus 


foetidus mit der Ätiologie und Pathogenese der Ozaena nichts zu 
tun hat. 


774 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


Bei den trockenen Affektionen des Naseneinganges ist das schö- 
digende Moment nicht das Taschentuch, sondern der bohrende Finger: 
je nachdem dieser den Staphylokokkus oder den Streptokokkus über- 
trägt, kommt es zu Follikulitis der Vibrissen oder zum umschriebenen 
Erysipel. Bei der Follikulitis empfiehlt Unna (26) Ausziehen der 
Vibrissen, Reinigung der Nase und Bepinseln der Stellen mit Ichthysl. 
beim umschriebenen Erysipel Ichthyolbepinselung äußerlich un: 
innerlich. 

Die oberen Luftwege und das Ohr werden durch das Flecküch:r 
in hervorragendem Maße in Mitleidenschaft gezogen. Besonder: 
häufig kommt es zu Komplikationen von seiten der Nebenhöhler 
der Nase, in den meisten, bei 36 unter 137 von Ze mann (27) unter- 
suchten Fällen waren die Stirnhöhle und die Siebbeinzellen ergriffen. 
5mal die Kieferhöhle, Imal die Keilbeinhöhle. In vielen Fällen möger 
die Trigeminusneuralgien, welche bei Flekfieberkranken wiederho' 
erwähnt wurden, auf Nebenhöhlenerkrankungen zurückzuführen ser. 


c. Mund — Rachen. 


In zwei Fällen gelang es Axhausen (28), nach Pharyngotomia 
lateralis, Bildung eines weiten Pharyngostoma durch Einschlag: 
eines Hautlappens von oben und eines zweiten von der Seite her gè- 
bildeten Hautlappens die Pharynxstenose radikal zu beseitigen un! 
die gleichzeitige Larynxverengerung bis zur Ermöglichung orale 
Atmung zu bessern. 

Ein Soldat kam mit den Erscheinungen einer Zahnfleischnekros 
in das Spital, und zwar fand sich die Gingiva der linken unteren Kiefer- 
hälfte schwer entzündet, mit dunklem, schmierigem, übelriechender 
Belag bedeckt, darunter tiefgreifend ulzeriert. Ursache: Spülung mi' 
einer Alaun-Kochsalzlösung, je ein EBlöffel auf 1/ Liter Was. 
Duschkov-Korsiakoff (29) findet die Erklärung für diese Le- 
kalisation darin, daß der Pat. beim Spülen den Kopf immer na‘ 
der linken Seite neigte. 

Im Gegensatz zu Pässler wird von M. John (30) eine konse 
vative Behandlung der Mandeln bevorzugt und nur in wenigen Fäll: 
die T otalexstirpation veranlaßt. Die konservative Behandlung t? 
steht in der Ansaugung der Tonsillen mit Saugröhrchen. Das Ar- 
saugen muß unter Umständen wochenlang zuerst täglich, dann jede” 
2., 3. Tag vorgenommen werden, es gelingt sogar meist, Kinder t 
herunter zum Alter von 3—5 Jahren dafür gefügig zu bekommt. 
Durch die Vorbeugung von Gelenkrheumatismus, Herz- und N 
leiden würde der Volksgesundheit überhaupt ein großer Dienst $: 
leistet. 

Unter 49 sicheren Fällen von Fleckfieber stellte Lehndorff(' 
bei 6 Fällen ein wohlcharakterisiertes Enanthem im Bereiche dt 
hinteren Teiles des harten Gaumens, der Uvula und der Gaumenbög:" 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 775 


fest: Multiple, über linsengroße, häufig länglich geformte, zackig 
begrenzte Erythemfleckchen von bläulichroter Farbe, in deren Mitte 
ein kleiner schwärzlich-blauer Fleck. Dieses Enanthem war ungefähr 
am 8. Krankheitstage am deutlichsten ausgebildet. 

Die Alveolarpyorrhöe ist in der Regel eine Krankheit des Er- 
wachsenen, sie verschwindet mit dem Verlust des befallenen Zahnes, 
die Osteomyelitis der Kieferknochen dagegen ist rein infektiös, die 
Infektion erfolgt zumeist von fauligem Inhalt der Zahnwurzelkanäle 
aus. Lichtwitz (32) plädiert für eine möglichst frühzeitig einsetzende 
zahnärztlich-chirurgische Behandlung der Osteomyelitis, vor allem um 
Sepsis vorzubeugen. 

Für die Bronchitis und Angina retronasalis (Grippe), die sich im 
Felde vielfach immer bei den gleichen Leuten einstellen, hält M ey er (35) 
auch beim Erwachsenen konstitutionellen Zusammenhang mit der 
exsudativen Diathese für wahrscheinlich. Es handelt sich bei dieser 
Störung um eine allgemeine chemische Minderwertigkeit (Konsti- 
tutionsanomalie) und eine sich in der herabgesetzten Immunität 
äußernde Minderwertigkeit, in deren Folge sich Organminderwertig- 
keiten (Hypertrophie der Iymphadenoiden Gewebe) ausbilden. 

Nach sorgfältiger Anästhesierung ritzt Müller (34) die Schleim- 
haut an ihrer Überschlagsstelle ein. Das Eindringen in die richtige 
Kapselschicht ist charakterisiert durch hörbares Knistern und durch 
Fehlen von Würgbewegungen und Blutungen. Die Tonsille muß bis 
zum Anlegen der Brüning’schen Schlinge frei pendeln. Ist die 
Schlinge intrakapsulär eingelegt, so umgleitet sie beim Zuschnüren 
automatisch die Mandel. 

In einer Serie von 26 Fällen von Lichen ruber fand Nobl (35) 
3mal Lichen der Genitalschleimhaut und dabei typischen Lichen der 
Mundhöhle: Zungen- und Wangenschleimhaut. Die simultane Er- 
scheinung der Veränderungen an diesen Standorten kann nur in der 
Vulnerabilität dieser Schleimhautgebiete und ihrer gleichzeitigen an- 
dauernden Irritation gesucht werden. 

In seiner Mitteilung über die Ätiologie des Lichen ruber planus 
erwähnt Nobl (36) eines Falles mit ausgedehntem Hautlichen und 
Lichen ruber-Eruption der Wangenschleimhaut in Kauflächenhöhe. 

Im Leipziger Reservelazarett für Kieferverletzte wurden von 
Rosenthal(37) bisher gegen 20 Gaumenplastiken nach verschie- 
dentlichen Prinzipien erfolgreich ausgeführt, ein Teil der Verwundeten 
ist schon wieder bei der Truppe, der andere wird in Kürze entlassen. 
Aus der Krankengeschichte eines Kieferverletzten mit großem Defekt 
im harten Gaumen geht hervor, daß man große Defekte des Gaumens 
recht gut durch Weichteile der Wange verschließen kann. 

Die von Sachs (38) empfohlene Zahnpaste stellt in erster Linie 
eine Spiritusseife dar, und bringt die leicht gerbende und adstringie- 
rende Wirkung des Alkohols auf das Zahnfleisch zur Anwendung. 


776 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


In den letzten Monaten häuften sich die Entzündungen der 
Unterzungen- und Unterkieferspeicheldrüse, die sich durch auffallend 
lange, mehrere Wochen betragende Krankheitsdauer auszeichneten. 
Nur langsam erfolgte Abschwellung und Schwinden der Infiltration, 
wenn es nicht zur Eiterung kam; bisweilen blieb deutliche Härte 
zurück. Die Ursache glaubt Schilling (39) in der zurzeit wesentlich 
veränderten Ernährungsweise zu finden. Bei der starken Trockenheit 
des Mundes, besonders des Nachts unangenehm bemerkbar, erwies 
sich Pilokarpin 0,01 in wenig Wasser gelöst auf die Zunge geträufelt, 
wirksam. 

d. Stimme und Sprache. 

Seit Beginn des Krieges sind v. Eicken (40) etwa 100 Fälle von 
funktionellen Sprach- und Hörstörungen seiner Klinik zugewiesen 
worden. Er hält mit vollem Recht alle heroischen Behandlung- 
methoden für verkehrt, er behandelt alle Fälle durch systematische 
Erziehung und legt auch großen Wert auf die Beseitigung der ver- 
kehrten Atmung. 

Das sicherste Unterscheidungsmerkmal scheint Fröschels (41) 
in gewissen abnormen Bewegungen mit Lautcharakter, beziehungsweise 
den Embolophrasien zu liegen, d.h. Flickwörtern, die nicht dem 
auszusprechenden Gedanken angehören. Sie werden nur gebraucht, 
wenn Sprachschwierigkeiten auftreten. 

Die Behandlung der funktionellen Stimmlosigkeit besteht in seit- 
lichen Kompressionen des Kehlkopfes, während der Pat. die Luft 
gewaltsam möglichst tönend dabei einziehen soll. Diese Manipulation 
wird in kurzen Zwischenräumen mehrmals wiederholt und dann der 
Pat. aufgefordert, die Vokale a, o und u auszusprechen. Kommer 
die Vokale mit gutem Antönen heraus, so lasse man den Pat. in rascher 
Folge zur Aussprache von Silben, Worten und Sätzen übergehen. Auf 
diese Weise brachte Kaess (42) innerhalb weniger Wochen 12 Fälk 
von funktioneller Stimmlosigkeit zur Heilung (Soldaten). Auch ein 
Fall von funktioneller Stummheit Wurde mit der gleichen Methode 
behandelt und geheilt. 

In Fällen von neurotischer Taubheit und Stummheit wurden 
von Mauthner (43) zwei Methoden zur Anwendung gebracht. Die 
Hypnose und die Suggestion in leichter Narkose, schlechtweg Narkose- 
suggestion genannt. Im Garnisonsspitale Nr.6 in Olmütz ist der 
Ohrenabteilung eine kleine Schule für solche Kranke angegliedert. 
in welcher auch Lautierunterricht und allerlei mechanische Arbeiten 
geübt werden. 

Bei der Stimmgebung kommt auch unter physiologischen Ver- 
hältnissen der enge Zusammenschluß beider Arytänoidknorpel nur 
durch Hinzutreten jener Schleimhaut zustande, die von einem Ary- 
tänoid zum anderen hinüberzieht und während der Atmung an der 
hinteren Wand des Kehlkopfrohres entfaltet erscheint. Der Verfall 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 777 


der Singstimme, wie der Stimme überl. upt, wird nach N émai (44) 
vorwiegend durch die Verknöcherung des Kehlkopfes herbeigeführt. 

Eine Störung im normalen Zusammenwirken der Ein- und Aus- 
atmungsmuskeln ist geeignet, im Sprechen mancherlei Störungen zu 
verursachen, so entsteht die Aphonia spastica wahscheinlich durch 
fehlerhaften Gebrauch des Exspirationsapparates zu phonatorischen 
Zwecken, auch Stotterer weisen Atemstörungen auf, es wurden 
- Zuckungen des Zwerchfells beobachtet, häufige Inspirationen, weil der 
- Luftverbrauch bei Stotterern ein sehr großer ist. L. Re&thi (45) 
weist darauf hin, daß das Zwerchfell auch direkt als Sprachmuskel 
in Betracht kommen kann. 

Die Granat- und Schrapnellexplosionen können ohne äußerliche 
Verletzung in einem gewissen Prozentsatz der Fälle zu Schädigungen 
_ des verlängerten Markes führen. v.Sarbó (46) setzt voraus, daß infolge 
dieser Erschütterung die Medulla oblongata ins Foramen occipitale 
magnum eingekeilt wird, andererseits daß der Liquor cerebrospinalis, 
an den Boden des IV. Ventrikels geschleudert, daselbst Veränderungen 
hervorrufen kann. Forcierte Behandlungsarten, endolaryngeale Fa- 
 Tadisierungen sind direkt schädlich, die Mehrzahl der Fälle heilt ohne 
jegliche Behandlung. 

Im Gegensatz zu anderen Autoren nimmt Spiess (47) als die 
günstigste Sprechlage einen Ton »ungefähr drei bis vier Töne unter 
der Mitte des Stimmumfanges« an und empfiehlt Rednern mit phon- 
asthenischen Erscheinungen, die Sprechlage um einige Töne höher zu 
nehmen. 

Mit seiner früher angegebenen Methode gelang es Urban- 
tschitsch (48) alle Fälle von funktioneller Stimmstörung einer 
raschen Heilung zuzuführen. Interessant ist, daß bei manchen Fällen 
von funktioneller Taubstummheit, die auf die gleiche Weise behandelt 
_ worden waren, obwohl die Behandlung sich nur gegen die Stumm- 
heit richtete, mit der Wiederkehr der Sprache von selbst gleichzeitig 
auch das Gehör zurückkehrte. 


e. Larynx und Trachea. 


In zahlreichen Fällen von frischer Larynxverletzung, welche 
kräftige Individuen mit ausdauerndem Herzen betreffen, kann man 
bei exakter Beobachtung ohne Tracheotomie auskommen. Von den 
konservativ behandelten Larynxverletzungen hat Feuchtinger (49) 
keinen einzigen Fall verloren. In 22 Kriegsmonaten trafen von 
15 Tracheotomien nur 5 auf Verwundete, die übrigen auf interne 
Erkrankungen. 

Ein Bergmann wurde durch ein mit großer Gewalt auf das Genick 
fallendes Stück Kohle mit dem Kopf, der mit dem Kieferrand auf 
einen Wagen stieß, plötzlich stark hintenüber gebogen. Am Halse 

äußerlich keine Verletzung, aber Stridor mäßigen Grades, Aushusten 


778 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


schaumigen Blutes, ausgedehntes Hautemphysem. Bei der laryngo- 
skopischen Untersuchung sah Friedemann (50) unterhalb der 
Stimmlippen eine große blutige Wundfläche. Die Ruptur der Trachea 
erfolgte augescheinlich durch die Zugwirkung. nicht durch Quetschung, 
und zwar unterhalb des Ringknorpels. Operation in Lokalanästhesie, 
Naht der Trachea, Heilung. 

Der technische Kunstgriff, den Krieser (51) nach dem Haut- 
schnitt anwendet, besteht darin, daß man das subkutane Fett, welches 
die Übersicht behindert, in solcher Ausdehnung exzidiert, bis kein 
Fetträubchen mehr das Gesichtsfeld einengt. Der Hautschnitt soll 
möglichst klein, nur in der 1Y,g—2fachen Größe der zu verwendenden 
Kanüle, gemacht werden. 

In dem von Levinstein (52) mitgeteilten Falle von zirkum- 
skripter Eiterbildung an der Epiglottis war eine Verletzung bei der 
Nahrungsaufnahme (durch Kriegsbrot) als ätiologisches Moment nach- 
weisbar, daher die Bezeichnung: Epiglottitis acuta traumatica ab- 
scedens. 

Die Ausführungen von Mink (53) über die respiratorischen Be- 
wegungen des Kehlkopfes lassen sich nicht in kurzem Auszug zu- 
sammenfassen. 

Die experimentellen Untersuchungen bezüglich der zentralen und 
peripheren Innervation sowie die klinischen und pathologischen Be- 
obachtungen werden von Onodi (54) in einem kurzen Artikel zu- 
sammengefaßt. Die große Zahl der im Laufe des Weltkrieges vorge- 
kommenen Kopfschüsse, Gehirnläsionen, Eiterungen der Gehim- 
häute und des Gehirns haben zur Klärung der komplizierten Lehre 
der zentralen Kehlkopfinnervation nichts beigetragen. 

Im ersten Falle (45jährige Frau) konnte Pollak(55) den Sitz und 
die Art der Erkrankung erst durch die direkte Endoskopie feststellen: 
diffuses, auf den untersten Abschnitt der Luftröhre lokalisiertes zirku- 
läres gummöses Infiltrat und weiterhin unter spezifischer Behandlung 
die Abnahme dieses Infiltrates. Im zweiten Falle (44jährige Frau) ergab 
die Tracheoskopie ein knapp über der Bifurkation sitzendes zirkum- 
skriptes Gumma der Luftröhre. Trotz spezifischer Behandlung Exitus 
infolge einer von der Tracheotomiewunde ausgehenden Infektion des 
prätrachealen Gewebes und Arrosion des Truncus anonymus. 

Als respiratorische Konträraktion der Stimmlippen bezeichnet 
Pollak (56) ein durch koordinatorische Motilitätsstörung hervor- 
gerufenes Krankheitsbild, dessen wesentlichstes Merkmal durch das 
dauernde (tage-, wochen-, monate-, selbst jahrelange) Bestehen re- 
spiratorischer Konträrbewegungen der Stimmbänder in fünf verschie- 
denen Typen, von denen der erste identisch ıst mit der von B. Fränkel 
beschriebenen »perversen Aktion der Stimmbänder «. 

In einem Falle von linkseitiger Posticuslähmung, durch Struma 
maligna bedingt (60jähriger Mann), nahm de Quervain (57) nach 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 779 


Entfernung der Struma die Desinsertion des M.. crico-arytaenoideus 
lateralis vor. Das rechte Stimmband war völlig gelähmt. Schon 
einige Tage nach der Operation begann das linke Stimmband vom 
Geschwulstdruck sich zu erholen, nach 3 Monaten fing auch das rechte 
Stimmband an, sich wieder etwas zu bewegen, späterhin wurde die 
Stimme klar, bei der Phonation vollkommener Glottisschluß, nur 
. bewegte sich das rechte Stimmband etwas weniger als das linke. Bei 
einseitiger, nicht kompensierter Recurrenslähmung könnte der an zwei 
Hunden gelungene Versuch, in den M. cricoarytaenoideus- lateralis 
einen Accessoriusast einzupflanzen, um diesem Muskel so viel Tonus 
_ wiederzugeben, daß er das Stiinmband einigermaßen in Medianstellung 
zu halten vermag, auch am Menschen wiederholt werden. 

Bei einem !/,jährigen Mädchen sollte ein Tumor aus der rechten 
 Augenhöhle operativ entfernt werden, die Totalexstirpation unter- 
blieb wegen starker Blutung. Einige Tage später Exitus. Nach 
. Sektion der Halseingeweide fand Schmitt (58), daß sich hämangio- 
matöse Massen auch entlang der Trachea etwa bis zur Höhe des Ring- 
knorpels fortsetzten. Inneres des Larynx und der Trachea frei. 

Die von Seiffert (59) angegebene, technisch leichte und gefahr- 
lose Methode, die sich aseptisch in Lokalanästhesie ausführen läßt, 
_ besteht darin, das gelähmte Stimmband durch von außen eingespritztes 
 Paraffin der Mittellinie zu nähern. 

In Fällen von Kehlkopfstenose erzielte Uffenorde (60) dadurch 
Heilung, daß nach Spaltung des Kehlkopfes die Schleimhaut über 
dem stenosierenden Gewebe abpräpariert, letzteres nach Möglichkeit 
ausgiebig entfernt, dann die Mucosa gut adaptiert und durch Nähte 
fixiert wurde. Primärer Schluß der Larynxwunde. 

An der Hand einschlägiger Fälle und Röntgenbilder beweist 
Weingärtner (61), daß die Röntgenstrahlen einwandfreien Auf- 
schluß geben können in Fällen, bei denen die Diagnose schwankt zwi- 
schen Laryngokele und Cyste. In dem ersten Falle handelte es sich 
_ beieiner 64jährigen Frau um eine echte innere und äußere Laryngokele 
_ linkerseits und im zweiten Falle um eine Laryngocele symptomatica 
oder besser um eine Dilatatio ventriculi laryngis symptomatica bei 
einem 39jährigen Manne. 


Literatur: 


a. Allgemeines. 

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Bd. VIII. Hit. 2. 

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nach I5monatiger Tätigkeit im Felde.) (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr.33.) 

4) Gerber, Beobachtungen am Kriegslazarett. Zeitschrift f. Laryngol. 
Bd. VIII. Htt. 3. 


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14) Fingova und Delbanco (Sofia): Anal-, Vulva- und Nasendiphtherie 
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15) Ghon, Zur Sektion der Nasenhöhle und ihrer Nebenhöhlen. Virchow’s 
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Polyposis der Kieferhöhle und des Siebbeinlabyrinthes. Med. Klinik 1916. Nr. 3. 

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20) de Levie, Ein neuer Polypenschnüreransatz. Monatsschrift f. Ohren- 
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Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 781 


c. Mund — Rachen. 


28) Axhausen, Die operative Behandlung der supralaryngealen Pharynx- 
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Chirurgie Bd. CVII. Hft.9. 1916. 

29) Duschkov-Korsiakoff (Sofia), Ein Fall von Alaunnekrose des Zahn- 
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30) John, Über die Bedeutung der Tonsillen für Gesundheit und Wehr- 
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31) Lehndorff, Über Exanthem bei Fleckfieber. Zentralblatt f. innere 
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33) Meyer, Bronchitis, Angina retronasalis und Konstitution. (Ein Beitrag 
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Hft.3 u.4. 1916. 

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Sprache und Gesang. Frankfurt a. M., Joh. Alt, 1916. 
48) E. Urbantschitsch, Rasche Heilung der Symptome der im Kriege 
entstandenen traumatischen Neurose. Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 33. 


e. Larynx und Trachea. 


49) Feuchtinger, Die Tracheotomie bei frischen Kehlkopfverletzungen. 
Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 27. 


782 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


50) Friedemann, Totale subkutane Querruptur der Trachea. Münchere: 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 35. 

51) Krieser, Gute kosmetische Resultate nach Tracheotomien. Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 37. S. 1331. 

52) Levinstein, Zur Pathologie und Therapie der Epiglottis acuta trau- 
matica abscedens. Zeitschrift f. Laryngol. Bd. VIII. Hft. 3. 

53) Mink, Die respiratorischen Bewegungen des Kehlkopfes. Archiv far 
Laryngol. Bd. XXX. Hft. 3. 

54) Onodi, Probleme der Kehlkopfinnervation. Archiv f. Laryngologie 
Bd. XXX. Hft. 3. 

55) E. Pollaf, Über luetische Stenose der Trachea und der Bronchien. 
Monatsschrift f. Ohrenheilk. 1916. Hft.5. u. 6. 

56) E. Pollak, Über die verschiedenen Formen der respiratorischen Konträr- 
aktion der Stimmlippen. Monatsschrift f. Ohrenheilk. 1916. Hft. 5 u. 6. 

57) de Quervain, Zur Chirurgie der Kehlkopfmuskeln. Korrespondenzb!. 
f. Schweizer Ärzte 1916. Nr. 32. S. 1018. 

58) L. Schmitt, Über ein multizentrisch in der Orbital- und Paratracheal- 
gegend auftretendes Haemangioma teleangiectaticum mit infiltrierendern Wachs- 
tum. Zentralblatt f. allg. Pathol. Bd. XXVII. Hft. 7. 

59) Seiffert, Perkutane Paraffininjektion zur Beseitigung der Folgen eir- 
seitiger Stimmbandlähmung. Zeitschrift f. Laryngol. Bd. VIII. Hft. 2. 

60) Uffenorde, Zur Behandlung der traumatischen Kehlkopfstenose. Zeit- 
schrift f. Ohrenheilk. Bd. LXXIII. 1916. 

61) Weingärtner, Über Laryngokelen. Archiv f. Laryngol. Bd. XXX. 
Hft. 3. 





Referate. 


1. Hess und Seyderhelm. Eine bisher unbekannte physiologische 
Leukocytose des Säuglings. (Münchener med. Wochenschrift 1916. 
Nr. 26.) 

Durch das Schreien entsteht beim normalen Säugling eine absolute Ver- 
mehrung der Lymphocyten (bis zu 8000). Die Zahl der Neutrophilen bleibt dabei 
unverändert. Diese Lymphocytenvermehrung entsteht innerhalb weniger Minuten 
und ist meist nach 30 Minuten Ruhe wieder abgeklungen. Sie kann mehrmals 
an einem Tage auftreten. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei dieser 
Schreilymphocytose um eine Ausschwemmung der Lymphocyten aus zentraler 


Depots durch den mechanischen Einfluß des Schreiens. 
| Reckzeh (Berlin). 


2. J. Siegenbeek van Heukelom. Über die Morphologie der 
Leukocyten nach einem Fall akuter Leukämie bei einem 
sehr jugendlichen Kinde. (Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1916. I. 
S. 599—600.) 

Das Alter des unter dem Bilde einer hämorrhagischen Diathese verendeten 
Kindes war 13 Monate. Schwellung der Lymphdrüsen fehlte, die Milz war schr 
vergrößert. Klinische und pathologisch-anatomische Diagnose: akute Myelo- 
blastenleukämie. Hämoglobingehalt 30%, Erythrocyten 2 Millionen, kernhaltig? 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 783 


Zellen 400 000. Struktur der Lymphdrüsen und der Milz geschwunden; allent- 
halben in Blutgefäßen und Stroma Zellen mit großen, blassen Kernen. Auch in 
der Milz dieselben großen Zellen wie in den Lymphdrüsen; ebenso im Knochen- 
mark, in Leber und Nieren. Von den einkernigen Elementen waren 20%, Erythro- 
blasten; von den weißen Blutkörperchen waren 30% Lymphocyten, 20%, neutro- 
phile Leukocyten, 30%, große, mononukleäre Zellen. Letztere, die Ehrlich’schen 
Mononuklearen, bilden nach Verf. ein absonderliches, wahrscheinlich unmittelbar 
der Urzelle entstammendes, den myeloiden und Iymphatischen Systemen gleich- 
wertiges System, ohne daß die Ursprungsstellen derselben zurzeit mit genügender 
Sicherheit festgestellt sind (Milzpulpa? interfollikuläres Lymphdrüsengewebe?). 
Zeehuisen (Utrecht). 


3. J. C. Schippers. Beobachtungen über ‘Anaemia pseudoleucae- 
mica von Jaksch. (Nederl. Tijdschrift voor Geneeskunde 1916. 1. 
S. 1237—39.) 


Klinische Auseinandersetzungen anläßlich eigener Erfahrungen bei 12 Kindern. 
Die Intensität der Erscheinungen war sehr wechselnd. Leicheneröffnung geschah 
bei allen 6 verendeten Fällen. Konstant wurde in der Milz Erythropoesis und 
2mal myeloide Metaplasie, in den Lymphdrüsen Andeutung von Erythropoesis 
vorgefunden. Das Knochenmark war lymphoid verändert und bot Reizungs- 
erythroblastose dar. In allen Fällen also Rückschlag in embryonale Verhältnisse. 
Der Zusammenhang mit Rachitis wird von S. folgendermaßen aufgefaßt: Das 
Knochenmark erkrankt primär; es tritt infolgedessen Rachitis auf; bei einer 
Minderzahl der Kinder wird das Knochenmark derartig geschädigt, daß extra- 
medullare Erythropoesis und myeloide Metaplasie auftreten. Nur letztere Fälle 
werden von S. im Gegensatz zu Aschenheim und Benjamin als Anaemica pseudo- 
leucaemica infantum bezeichnet. Die Gründe dieser Annahme werden aus dem 
reichhaltigen Krankenmaterial der Kinderklinik zu Amsterdam eingehend be- 
handelt. Zeehuisen (Utrecht). 


4. Frank. Aleucia splenica. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 21.) 
Der Begriff der Anaemia splenica ist obsolet, denn er umfaßt ihrem Wesen 
nach ganz verschiedene, lediglich in den Symptomen der Blutarmut und der Milz- 
schwellung übereinstimmende Krankheitstypen (z. B. auch die hämolytischen 
Spilenomegalien, die myeloischen und Iymphatischen Aleukämien mit großem 
Milztumor, neben anderen ätiologisch noch unklaren Erkrankungen). Die Aleucia 
splenica dagegen ist ein scharf umrissenes und gut abgrenzbares Syndrom, welches 
durch Ermittlung des jeweils ätiologisch in Betracht kommenden Faktors zum 
selbständigen Morbus erhoben wird. Reckzeh (Berlin). 


SS. H. Hurwitz and W. P. Lucas (San Francisco), A study of 
the blood in hemophilia. (Arch. of internal med. 1916. April.) 
Nach den mitgeteilten eingehenden Untersuchungen in drei Fällen ist der 

essentielle Mangel im hämophilen Blut, der seine verzögerte Gerinnbarkeit erklärt, 

eine Verminderung in seinem Prothrombingehalt, während Antithrombin und 

_ Fibrinogen in normalen Mengen zugegen sind. Im Prothrombingehalt des hämo- 

philen Plasmas zur Zeit der hämorrhagischen und der interhämorrhagischen 

Perioden bestehen große Schwankungen. Zwischen der Größe des Prothrombin- 


784 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 44. 


mangels und der Schwere der klinischen Symptome sind Beziehungen nicht avi- 
zufinden. In der Differentialdiagnose der Hämophilie ist das Howell’sche Ver- 
fahren, das Blut erst mit Oxalaten zu behandeln und dann Kalk hinzuzusetzer, 
als zuverlässig zu bezeichnen. Zufuhr von Kephalin, das, auf Wunden appliziert, 
die Blutungen rasch zum Stehen bringt, per os, subkutan oder intramuskulär, be- 
einflußt die Krankheit nicht, und ebenso wurden durch Suberythemdosen vu: 
Röntgenstrahlen keine Veränderungen in der Koagulabilität des Blutes oder im 
Prothrombin-Antithrombingleichgewicht herbeigeführt. 


F. Reiche (Hamburg). 


6. S. Bauch (New York). Three cases of purpura hemorrhagic 
in chronic tuberculosis. (Arch. of internal med. 1916. März.) 
Drei Beobachtungen voh Purpura haemorrhagica bei vorgeschrittener chro- 
nischer Lungentuberkulose mit Diarrhöen, Ödemen und Kachexie; sie trat anal‘: 
der Peliosis rheumatica mit gleichzeitigen Gelenkschmerzen auf. Nur einm:| 
waren Blutspuren im Stuhl vorhanden. Kulturelle Blutuntersuchungen fick: 
negativ aus, die Zahl der Erythrocyten, das weiße Blutbild, die Blutplättchen, di 
Koagulationsfähigkeit des Blutes waren normal, der Hb-Gehalt betrug im Durci- 
schnitt 65 %. F. Reiche (Hamburg). 


7. T. Schucany. Die Pigmentierungen der Haut bei perniziöser 
Anämie. (Archiv f. Dermatologie u. Syphilis 1916. Bd. CXXI. Hft.5.) 

In drei Beobachtungen von Krankheiten mit chronisch gesteigertem Blitt- 
zerfall (zwei Fälle von perniziöser Anämie, ein Fall von Hämochromatose), in deren. 
Verlauf ausgesprochene und klinisch ziemlich gleichartige Pigmentierungen d! 
Haut aufgetreten waren, zeigte die mikroskopische Untersuchung derselben, da» 
ganz verschiedene pathologisch-anatomische Prozesse den Hautverfärbunge! 
zugrunde lagen. 

In einem Falle von perniziöser Anämie (zugleich kompliziert mit Hämochreme- 
tose) fand sich eine ausgesprochene Addison-Pigmentierung, welche Auffassunz 
noch unterstützt wurde durch das Vorhandensein einer deutlichen Nebennieret- 
atrophie. Im zweiten Falle bestand eine ausgesprochene Arsenmelanose. lnd 
Falle von reiner Hämochromatose endlich konnte eine ausgedehnte Hämosider.= 
nachgewiesen werden. 

Es ist sehr wahrscheinlich, daß letzterer Befund auch auf die perniziöse Anänı: 
übertragen werden darf. 

Es zeigen also die Untersuchungen des. Verf.s, daß die Haut veränderung:? 
bei perniziöser Anämie nicht einheitlicher Natur sind, und daß jedesmal zur £v 
nauen Diagnose eine histologische Untersuchung derselben vorgenommen we 
den muß. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


eg 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle m3 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an ¢ 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


785 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 45. Sọnnabend, den 11. November 1916. 


Inhalt. 


Referate: 1. Reim, Seltener Herzbefund bei akuter Iyrmphatischer Leukämie. — 3. 8. Labor, 
Blut- und Leukocytenbild des Skorbuts und der Tibialgie.e — & Hess, Skorbut der Kinder. — 
5. Neuwirth, Bemerkenswerter Fall von Blutkrankheit. — 6. Friedman, Polycythaemia vera. 

7. White, 8. Wenthworth, 9. Kramer, 10. Herr, 11. Kaufmann, 12. Geigel, 13. Stoney, 
13. Erdelyi, 15. Leyton, 16. Kittsteiner, 17. 18. Barringer, 19. Levy-Dorn, 20. Müller und 
Neumann, 21. Huismans, 22. Rusca, 23. Hiess, 24. Szubinski, 235. Salomonson, 26. Reim, 
”;. Hering, 28. Rehfiseh, 29. de Boer, 30. Lumsden, 31. Ehret, 32. Guttmann und Neuhof, 
33. Reitter, 34. Mönckeberg, 85. Thannhauser, 36. Lee, 37. Kilgore, 88. Erlanger, 39. Kil- 
gore, Berkley, Rowe und Stabler, 40. Kilgore, 41. Muck, 43. Elliott, 43. Münzer, 44. Rihl, 
45. Roth, 46. de Boer, 47. Neuhof, 48. Wilson, 49. Enthoven, Krankheiten des Herzens. 


Referate. 


l. Reim.‘ Ein seltener Herzbefund bei akuter Iymphatischer 

Leukämie. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 

Das histologische Bild des Herzens war hochgradig verändert. Die Muskulatur 
ist von breiten Streifen oder mehr umschriebenen Nestern Iymphoider Zellen vom 
Typus der kleinen Lymphocyten und der großen mononukleären Lymphoblasten 
durchsetzt. Auch in den makroskopisch intakt erscheinenden Partien finden 
sich ausgedehnte, streifenförmig-leukämische Infiltrate. An vielen Stellen liegen 
die Zellanhäufungen in unmittelbarer Umgebung der Kapillaren, die mit Lympho- 
cyten dicht angefüllt sind. Das Charakteristische dieser Infiltrate besteht darin, 
daß sie sich in ihrer Ausbreitung ganz wie maligne Tumoren verhalten. 

Reckzeh (Berlin). 


2. Labor. Eine Beobachtung über das Blutbild des Skorbuts. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 29.) 
In das Reservelazarett Laibach wurden März und April 1916 eine große 
Anzahl Kranker mit einer ziemlich leichten Form von Skorbut gebracht. Alle 
Pat. boten das Blutbild einer relativen Lymphocytose dar mit Verminderung der 
Zahl der polymorphkernigen, neutrophilen Leukocyten. In einem gewissen 
Krankheitsstadium schien es zu einer ausgesprochenen Hypereosinophilie zu 
kommen bis zu einem Werte von 15,9%, möglicherweise der Ausdruck der ein- 
 tretenden Rekonvaleszenz. Seifert (Würzburg). 


45 


786 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


3. Labor. Das Leukocytenbild des Skorbuts und der Tibialgie 
(v. Schrötter), nebst Bemerkungen über dieses Leiden. (Wine: 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 34.) 

Der Skorbut zeigt eine konstante Veränderung des Leukocytenbildes im Sinne 
einer relativen Lymphocytose. Während der Rekonvaleszenz tritt des öfteren 
vorübergehend eine Eosinophilie auf. "Das Leukocytenverhältnis ist für den Skorb ut 
ein spezifisches und ein diagnostisch verwertbares Symptom. 

Die Tibialgie ist wahrscheinlich die Folge eines Nährschadens, möglicherweise 
eine Avitaminose. Sie ist durch ein Blutbild charakterisiert, in welchem Lympt>- 
cytose und Eosinophilie zu beobachten sind. Die Leukocytenbestimmung ist € 
sicheres, unentbehrliches Hilfsmittel bei der Feststellung der Diagnose der Tibialgiz. 

Seifert (Würzburg). 


4. A. F. Hess. Skorbut der Kinder. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXV. 
Nr. 12. S. 1003.) 

Die Krankheit läßt sich pathologisch und symptomatologisch von weiterer: 
Gesichtskreis aus ansehen als üblich. Physikalisch und im Röntgenbild ließ sich 
deutliche Herzvergrößerung feststellen, Hypertrophie und Dilatation besoncer 
des rechten Ventrikels auch bei der Obduktion. Von größerer Bedeutung ist ferne: 
ein pralles Ödem, am Lid oder am Schienbein. Tritt es stärker in den Muskeit 
auf, kann es zur Verwechslung mit subperiostalen Blutaustritten führen. A1- 
scheinend sind auch die Nerven nicht unbeteiligt : lebhafter Kniereflex, Ernährur ss- 
störungen der Haut, Neuroödem des Opticus. Auffallende Ähnlichkeiten mi 
Beri-Beri. Wirkt bei dieser der ungeschälte Reis günstig, so besserte dort de: 
Perikarp des Weizens ganz prompt. Meinhof (Halle a. S.). 


5. K. Neuwirth. Ein bemerkenswerter Fall von Blutkrankheit. 
(Casopis lekaruv ceskych 1916. Nr. 21. 

Es handelte sich um einen 19jährigen, aus gesunder Familie stammen.d:i 
Jüngling, der zum zweiten Male an derselben Krankheit litt. Beide Anfälle be- 
gannen plötzlich, wurden mit einer okkulten Blutung aus dem Verdauungstrskt 
eingeleitet und zeichneten sich durch das gleiche Blutbild aus: Vermehrung ce? 
Leukocyten, Verminderung der Erythrocyten; beide Male war die Milz vergrößert. 
Zwischen den beiden Anfällen war der Mann gesund. Der Cytoquotient betru: 
1:10, die Zahl der Erythrocyten war wesentlich herabgesetzt (1!/, Millionen‘, 
dabei der Globularwert normal, etwas größer als 1. Leukocytenzahl vermert 
(147 000). Im Blute waren nicht bloß Entwicklungsformen der Leukocyten, sır- 
dern auch der Myelocyten vorhanden. Die Vermehrung betraf nicht einen Typs 
der Granulocyten allein, wie dies bei den üblichen Leukocytosen der Fall zu $7 
pflegt, sondern auch die eosinophilen und namentlich die basophilen Granulocyter. 
Das Verhältnis der Leukocyten zu den Erythrocyten (1 : 10), die reichliche Avs- 
schwemmung junger Zellen, die nicht nur ontogenetisch, sondern auch phyloge”z- 
tisch auf einer niedrigen Stufe der Zellentwicklung stehen, die Vermehrung sänt- 
licher Typen der Granulocyten, die Abnahme der Eythrocyten und das Auftretc 
von Monoblasten würde die Diagnose der myeloiden Leukämie begründen; wr: 
man jedoch erwägt, daß die Erkrankung plötzlich begann, daß nach 6 Wockt 
und vier Bestrahlungen das Blutbild bis auf ein geringes Prozent von Myelocyte? 
normal wurde und daß auch alle anderen Symptome verschwanden, wenn awi 
nach der Entlassung eine Verschlechterung eintrat, muß man diesen Fall denjenis?? 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 787 


Fällen einreihen, die Pappenheim als leukotoxische Anämie und metaplastische 
. Reizungsleukocytose bezeichnet. Der Autor glaubt, daß die in jüngster Zeit 
publizierten Fälle von durch Benzol gebesserter Leukämie in dieselbe Kategorie 
gehören. G. Mühlstein (Prag). 


6. P. O. Friedman. Polycythaemia vera. (Med. record 1916. Vol. LXXXIX. 
Nr. 16. S. 692.) 

Polycythämie oder Erythrämie wurde von Vaquez im Jahre 1892 zum ersten 
Male beschrieben. Die Symptome bestehen in Zunahme der roten Blutzellen und 
des Hämoglobins, Splenomegalie, Röte oder Cyanose. des Gesichtes; auBerdem 
können Anfälle von Kopfweh, Schwindel und Erbrechen, Albuminurie mit Zy- 
lindern vorhanden sein. Gelegentlich findet sich im Sputum, Vomitus und den 
Fäces Blut. Beide Geschlechter werden befallen, die 5. Lebensdekade scheint 
bevorzugt zu werden. Die Krankheit dauert im Mittel 6—8 Jahre, keine Therapie 
hatte bisher bleibende Erfolge. Lukas hat im Jahre 1912 149 Fälle in der Li- 
teratur zusammengestellt. Bisher liegen 23 Autopsien vor; in der Mehrzahl der 
Fälle erwies sich die vergrößerte Milz histologisch als unverändert, in 3 Fällen 
fand man Milztuberkulose. Der konstanteste Befund war eine wahre Plethora, 
indern alle Körperteile stark mit Blut angefüllt waren, und ferner eine Umwandlung 
des gelben Knochenmarkes in rotes, nebst erythroblastischer und leukoblastischer 
Hyperplasie. F. beschreibt einen von ihm beobachteten Fall, der eine 46jährige 
russische Jüdin betraf. Das ätiologische Moment scheint hier ein heftiger Fall 
auf die linke Seite gewesen zu sein; sofort nach dem Unfall setzte die Krankheit 
ein. Auch Watson berichtete seinerzeit über zwei Fälle mit wahrscheinlicher 
traumatischer Ätiologie. Im übrigen ist zu bemerken, daß die Ursachen dieser 
Krankheit unbekannt sind. In mehreren Fällen hat Röntgenbestrahlung der 

Milz Besserung, allerdings nur vorübergehende, bewirken können. 
j P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


ug — 





7. Paul Dudley White. Observations upon the etiology and treat- 
ment of heart disease. (Boston med. surg. journ. 1915. Vol. CLXXIII. 
S. 851.) 

Verf. bringt eine vergleichende Zusammenstellung von 100 Fällen von Herz- 
krankheiten mit normalem Rhythmus, 100 Fällen von Vorhofflimmern, 100 Fällen von 
Pulsus alternans, 17 Fällen von Herzblock und 7 Fällen von Vorhofflattern. Extra- 
systolie und paroxysmale Tachykardie wurden wegen ihrer relativen Bedeutungs- 
losigkeit nicht in den Kreis der Betrachtung gezogen. Verf. kommt zu folgenden 
Schlüssen: Das männliche Geschlecht wird viel häufiger von den vier oben ge- 
nannten Arhythmien befallen als das weibliche. Je älter der Herzkranke ist, 
um so eher wird er von einer ernsten Störung der Schlagfolge betroffen. Vorhof- 
flimmern und Pulsus alternans kommen am häufigsten im 5. und 6. Jahrzehnt 
vor. Rheumatische Herzen zeigen meist einen normalen Rhythmus oder Vorhof- 
flimmern, viel weniger häufig ist hier der Pulsus alternans, dagegen weisen mehr 
als ein Drittel der syphilitischen Herzen letztere Störung auf. Kardiosclerosis 
verursacht oft Vorhofflimmern oder Alternation, Hyperthyreoidismus von längerer 
Dauer Vorhofflimmern. Alkohol, Tabak, Tee und Kaffee scheinen in der Ätiologie 
ernsterer rhythmischer Störungen keine Rolle zu spielen. Zwei Drittel der Pat. 
mit Vorhofflimmern, die Hälfte derjenigen mit Alternation, ein Drittel derjenigen 


45% 


788 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


mit normalem Rhythmus zeigten Stauungserscheinungen. Digitalis wurde be: 
nahezu 90% der Pat. immer in Form von Pillen aus standartisierten Blättem 
gebraucht, intravenöse Medikation nur in sehr dringlichen Fällen. Morphiur: 
wurde bei nahezu der Hälfte mit Herzinsuffizienz mit sehr wohltuendem Effekt 
gegeben; Venaesectio war in einigen dringlichen Fällen sehr wertvoll. Die Nah- 
rungsdarreichung in fünf kleinen Mahlzeiten wurde von den Pat. als sehr zweck- 
mäßig geschätzt. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


8. Mark H. Wenthworth. Some observations on 600 heart cases. 

(Boston med.. surg. journ. 1916. Vol. CLXXIV. Nr.5. S. 158.) 

Bei 270 von 600 Herzkrankheiten lag als Ursache Rheumatismus oder Ton- 
sillitis, bei 82 andere akute Infektionskrankheiten vor, und beim Rest war d: 
Ätiologie unbestimmbar. Kinder sind für Gelenkrheumatismus sehr empfänglich. 
Ob die Enukleation der Tonsillen von Nutzen sei, erscheint dem Verf. als zweifel- 
haft; er hat nach der Entfernung der Mandeln dennoch manche rheumatisch: 
Reinfektionen gesehen. In einer Reihe von 176 Choreafällen zeigten 115 auct 
Endokarditis. Wahrscheinlich ist es, daß die Chorea selbst oder die ätiologischen 
Faktoren derselben zu gleicher Zeit auch schädigend auf das Herz einwirken. 
Daß die Endokarditis der Chorea vorausgehe und diese letztere durch Embolıer. 
in die Stirngefäße hervorrufe, ist unwahrscheinlich, denn es gibt auch genu; 
Choreafälle ohne Herzstörungen. An 257 Herzkranken wurden Blutdruckme- 
sungen vorgenommen; durch Bettruhe allein konnte bei vielen der systolische 
Blutdruck leicht gehoben und der diastolische, besonders da, wo er sehr hat 
war, etwas reduziert werden. Wo Bettruhe mit Digitalisgebrauch kombiniert 
wurde, war die Hebung des systolischen Blutdrucks deutlicher ausgeprägt, auf 
den diastolischen Blutdruck hatte diese Therapie kaum größere Wirkung als Bett- 
ruhe allein. Beim Fettherz ist Digitalis gefährlich. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


9. P. H. Kramer. Das Auftreten etwaiger Herzstörungen nach 

körperlicher Anstrengung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. 1. 

S. 2347—64.) i 

Während der außergewöhnlichen langwierigen Truppenanhäufung in d:r 
niederländischen Armee wurden denjenigen der kriegführenden Völker anal: 
Herzstörungen wahrgenommen. Nicht nur bei in der Jugendzeit von Typhus 
heimgesuchten Personen, sondern auch ohne irgendwelche ätiologische Ursach: 
wurden nach anstrengenden Märschen und sonstigen dem Militärleben anhaftende” 
körperlichen Anstrengungen relativen Mitralinsuffizienzen ähnliche, zum Te. 
der Heilung zugängliche, zum Teil progredient und chronisch verlaufende Hez- 
erkrankungen mit leichter linkseitiger Herzerweiterung, systolischem Mitri- 
geräusch und baldiger Herzermüdung — bei geringer körperlicher Leistung — ve- 
gefunden. Einige einschlägige Beispiele werden beschrieben, dabei die ältere“ 
und nicht weniger die neuesten militärärztlichen Erfahrungen (Ehret, Rom- 
berg, Grober, Schott, Wenckebach, Schlesinger u. a.) berücksichtigt. 

Zeehuisen (Amsterdam). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 789 


10. Max Herr. Über Herzbeschwerden in verschiedenen Körper- 
lagen, insbesondere bei Rechtslagerung. (Wiener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 20.) 

Verf. hält die bei Rechtslage auftretenden subjektiven anginösen Herz- 
störungen für typisch bei organischen Erkrankungen, wie Aorten- und Koronar- 
sklerose usw. Herzsensationen bei Links- und Rückenlage sind vielfach nervöser 
Natur. Als Ursache zur Entstehung der Rechtslagenstenokardie glaubt Verf. 
annehmen zu können, daß ein räumliches Mißverhältnis in dem engen Raume 
zwischen Wirbelsäule und Sternum einerseits und dem in jenen Fällen vorhandenen 
Herz andererseits, besteht, wodurch ein gewisser Druck auf die Herzwände hervor- 
gerufen wird. Feith (Nürnberg). 


11. Kaufmann. Über Häufigkeit und Art der Herzschädigungen 

bei rückkehrenden Frontsoldaten. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. 

Nr. 33 u. 34.) 

Bei 3400 Soldaten der Wiener Regimenter wurde im Laufe des letzten halben 
Jahres, nachdem sie Felddienst geleistet hatten, entweder ein organisches oder 
ein nervöses Herzleiden oder eine für den Frontdienst nicht ausreichende Lei- 
stungsfähigkeit des Herzens an den besten und mit allen Hilfsmitteln der Dia- 
gnostik arbeitenden Stationenn festgestellt. Bei einer Anzahl von Soldaten, welche 
aus der Front mit auffallend großem Herzen zurückgekommen sind, haben sich 
im Laufe der Behandlung (erst Ruhe und kohlensaure Bäder, dann Aufenthalt 
auf dem Lande mit leichten Körperübungen) Verkleinerungen der Herzen ein- 
eingestellt, welche orthodiagraphisch sichergestellt wurden. Ob ein Teil der im 
Kriege zustande kommenden Herzvergrößerungen eine dauernde Kriegsbeschä- 
digung darstellen oder nicht, kann gewiß heute noch nicht festgestellt werden. 
Unter dem Namen »Herzneurose« sind eine Anzahl von Fällen vereinigt, welche 
wohl klinisch nicht einheitlich sind, deren Gemeinsames aber ist, daß einerseits 
eine nachweisbare organische Herzerkrankung fehlt, andererseits die Herzsymptome 
durch eine momentan oder dauernd erhöhte Erregbarkeit der Zentren der extra- 
kardialen Nerven erklärbar sind. Auch die unter dem Namen der Konstitutions- 
anomalien zusammengestellten Fälle sind ebenfalls klinisch differente Erkran- 
kungen. Seifert (Würzburg). 


12. Geigel. Herzgröße und Wehrkraft. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 26.) 
Herzgröße und Wehrkraft sind nicht Begriffe, die sich decken, aber sie stehen 
in wichtiger Wechselbeziehung zueinander, wohl wert, durch umfangreiche Unter- 
suchungen klargestellt zu werden. Reckzeh (Berlin). 


13. FL A. Stoney. On the connexion between >»soldier’s heart« 

and hyperthyroidism. (Lancet 1916. April 8.) 

Viele Fälle von reizbarem Herzen oder »Kriegsherzen« sind nach S. durch 
Hyperthyreoidismus bedingt; diese Erkenntnis sei um so wichtiger, als in den 
Röntgenlichtbestrahlungen uns ein sehr wirkungsvolles Mittel dagegen in die 
Hand gegeben ist. Feinschlägiger Tremor, Hyperhidrosis, Tachykardie und Luft- 
mangel sind neben großer Unruhe, Angstsymptomen und ruckweisen Muskel- 
zuckungen wichtige Anzeichen dieses Zustandes. F. Reiche (Hamburg). 


790 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


14. Erdélyi. Zur Frage der Beurteilung von Herzaffektionen in 

Etappenspitälern. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 37.) 

Es gibt eine Reihe von Fällen, in welchen die Herztätigkeit schon nach kurze 
Spitalsruhe und Diät ohne jeden therapeutischen Eingriff in das normale Geleis: 
zurückkehrt. In einer zweiten Gruppe von Fällen sind die Arhythmien und haupt- 
-sächlich die Tachykardie hartnäckigerer Natur, solche Pat. sind 2—3 Monate 
schonungsbedürftig, ehe sie ihre volle Leistungsfähigkeit wiedererlangen. In 
einer dritten Gruppe von Fällen, welche auf Ruhe, Diät und Sedativa nicht re- 
agieren, empfiehlt sich, nach 10—14tägiger Spitalsruhe 2 bis 4 Tage hindurch 
täglich 3mal 1 ccm Digalen zu geben. In solchen Fällen ist eine organische Er- 
krankung des Herzmuskels oder des Reizleitungssystems anzunehmen, diex 
Pat. werden niemals ‚are volle Leistungsfähigkeit erlangen. 

Seifert (Würzburg). 


15. 0. Leyton (London). The examination of the soldier’s heart. 
(Lancet 1916. Februar 5.) 

Bei Erörterung der bei Soldaten beobachteten Erscheinungen von seiten de: 
Herzens, für die Hypersekretionen der Schilddrüse, körperliche Anstrengungen 
und verschiedene Toxine verantwortlich zu machen sind, empfiehlt L. den G- 
brauch des Oertel’schen oder Bock’schen Stethoskops zur Abschätzung dt 
Intensität des ersten und zweiten Tones an der Herzspitze. Dadurch gelingt es. 
Myokarddegenerationen schon frühzeitig zu erkennen. 

F. Reiche (Hamburg). 


16. Kittsteiner (Hanau a. M.). Ein eigentümliches Verhalten des 
Pulses bei Herzneurosen. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 2%.) 
Die in der Ruhe vorhandene Pulszahl erhöht sich, wenn der Pat. zehn Krit- 
beugungen gemacht hat, mäßig. Eine Minute nach diesen Kniebeugungen sinkt 
nun die Pulszahl nicht nur zu der vor den Kniebeugungen beobachteten Zat: 
herab, sondern auffallenderweise um etwa 10—20 Schläge tiefer. Erst allmählich 
steigt dann die Pulszahl wieder zur Anfangszahl. Der Versuch wurde immer ar 
stehenden Pat. ohne Änderung der Körperlage ausgeführt. Dies ist die Folge 
einer Vagusreizung. Diese Vagusreizung wird durch die Muskelarbeit selbst aus- 
gelöst. Wenn dabei die Pulszahl unter die Norm sinkt, so spricht dies für Über- 
erregbarkeit des Vagus (»Vagotonie). Reckzeh (Berlin). 


17. Th. B. Barringer jr. (New York). The circulatory reaction to 
‚graduated work as a test of the heart’s functional capacity. 
(Arch. of internal med. 1916. März.) 

B. beschreibt Versuche mit dem Krogh’schen Zweiradergometer und mit b- 
stimmten abgemessenen Hantelübungen bei Gesunden und Herzkranken: nach sta- 
ken Anstrengungen trat bei ersteren die nach mäßiger Arbeit sich einstellende Zs- 
nahme des systolischen Blutdrucks verspätet ein, bei diesen jedoch stieg der Blut- 
druck bei der Arbeit nur gering an und sank häufig unter den anfänglichen Wert ab. 
wenn sie gesteigert wurde, und jene Verspätung der Blutdrucksteigerung erfolgte 
schon nach sehr viel geringeren Arbeitsleistungen, während bei schwerer Her- 
insuffizienz der Blutdruck gelegentlich bereits unmittelbar nach der Anstrengurs 
tiefer als zu Beginn stand. Dem verspäteten Anstieg des systolischen Blutdruck 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 79 


und seinem völligen Ausbleiben mißt B. große Bedeutung in der Beurteilung der 
Leistungsfähigkeit des Herzens bei. F. Reiche (Hamburg). 


18. Th. B. Barringer jr. (New York). Studies of the heart’s func- 
tional capacity as estimated by the circulatory reaction to 
graduated work. (Arch. of internal med. 1916. Mai.) 

B. hatte früher schon durch häufige Bestimmungen von Puls und systolischem 
Blutdruck nach gesteigerten Arbeitsleistungen festgestellt, daß diese Leistung 
der Fähigkeit des Herzens entsprach, wenn der höchste Blutdruck unmittelbar 
danach konstatiert wurde und er dann rasch absank, jedoch für sie zu groß war, 
wenn er | oder 2 Minuten danach erst eintrat, zu einer Zeit, wo der Puls bereits 
zur Norm zurückgekehrt war. In diesem Aufsatz nun sucht er für diese Arbeits- 
leistungen mit Hanteln in Kilogrammetern ausdrückbare Werte aufzustellen. 

F. Reiche (Hamburg). 


19. Levy-Dorn. Zur Beurteilung der Herzgröße. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Die Röntgenmessungen ergaben, daß die Länge des Herzens ungefähr 1 cm 
weniger als das I!/.fache der rechten Faust beträgt. Noch genauere Ergebnisse 
erzielte man, wenn man dafür die Summe von Handbreite und Phalanx I digit. III 
setzt. Die Maßstäbe gelten für Männer und Frauen, Erwachsene und Jugendliche. 
Nach den bisherigen Erfahrungen zeigen stehend untersuchte Männer 


bei einer Körpergröße von eine Herzbreite von 
145—154 cm 1,69 Handbreite, 
155—164 » 1,66 » 
165—174 » 1,63 » 


Im Liegen und bei Frauen finden sich etwas höhere, bei Kindern bzw. Nicht- 
erwachsenen etwas kleinere Beträge an Handbreite für die Herzlänge. 
Reckzeh (Berlin). 


20. Müller und Neumann. Geschosse im Herzbeutel. (Münchener 

med. Wochenschrift 1916. Nr. 9.) 

In zwei Fällen von Penetration von Geschossen in den Herzbeutel ergaben 
sich trotz der anscheinend gefährlichen Lokalisation der Fremdkörper in der Nähe 
des Herzens keine dauernden schwereren objektiven Störungen von seiten dieses 
Organs. Die Diagnose ist somit wohl nur durch die Röntgenuntersuchung mit 
Sicherheit zu stellen. Eine Behandlung scheint unnötig. Zur Operation liegt 
in unkomplizierten Fällen keine Indikation vor. Psychische Beeinflussung ist 
wichtig; am besten wird der Pat. über die Lage des Geschosses im unklaren ge- 
lassen oder getäuscht. Über die Prognose sich auszusprechen ist heute nicht 
angängig. Reckzeh (Berlin). 


21. Huismans (Köln). Ein Fall von schwerem, perforierendem 
Herzschuß (Tod nach sechs Monaten). (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 27.) 

Es handelte sich um einen Brustschuß, der rechte Kammer, Aorta und rechten 
Vorhof glatt durchbohrte und klinisch das Bild einer supravalvulären Pulmonal- 
stenose hervorrief. Der Schuß muß im Augenblick der Kammerdiastole erfolgt 
sein, weil sonst die Rückwand der Aorta nicht in der Klappentasche bei unver- 


792 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


letzter Semilunarklappe durchschossen werden konnte. Er erzeugte ein Hän; 
perikard und einen Hämatothorax. Ersteres wirkte vielleicht nach Füllung ds 
Herzbeutels zunächst wie ein Tampon und ließ so das Leben weiterbe<tchen, 
während dasselbe Hämoperikard später (ex appendicitide?) infiziert wurde un! 
zur Concretio pericardii bzw. Myokarditis führte. Der einzig dastehende Fali 
von Durchschießung von rechter Kammer, Aorta und rechtem Vorhof ist de- 
wegen bemerkenswert, weil Pat. noch 6 Monate lebte und sogar'noch die Operati: 
einer gangränösen Appendicitis in Chloroformnarkose überstand. 
Reckzeh (Berlin). 


22. Rusca. Über Herzsteckschüsse an der Hand von zwei ope- 
rierten Fällen. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Mit Erfolg wurde bei einem Falle ein 11,1 g schweres, 3 cm langes und 7,1 m: 
dickes, zylindroogivales Infanteriegeschoß und bei einem anderen Falle ei: 
10,5 g schwere Schrapnellkugel von 12 mm Durchmesser extrahiert. Es dür: 
das erstemal sein, daß ein Infanteriegeschoß, welches die Wand des rechten Ver- 
trikels durchschossen hatte, extrahiert wurde, und es dürfte auch das erstem. 
sein, daß ein Schrapnellsteckschuß des Herzens beobachtet und operiert wurdt. 

Seifert (Würzburg). 


23. Hiess. Ein Herzwandsteckschuß. (Wiener klin. Wochenschrift 191°. 
Nr. 23.) 

Aus dem Röntgenbefund ergab sich, daß eine Füllkugel sicher im Herze” 
lag, sie verließ in keiner Durchleuchtungsebene den Herzschatten. Die Kug 
hat den linken Ventrikel nahe der Spitze durchbohrt und ist gleichfalls in der Nåh: 
der Spitze in der Wand des rechten Ventrikels stecken geblieben. 

` : Seifert (Würzburg). 


24. Szubinski. Subendokardiale Blutungen nach tödlichen Kriegs- 
verletzungen. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1916. Hft. ô.) 
Die Lokalisation der vom Verf. beobachteten subendokardialen Blutung: 
ist dieselbe, wie bisher stets beschriebene an der Septumwand des linken Ventrik:! 
unterhalb der Aortenklappen und an den der Aortenausflußbahn zugekehnen 
Flächen der Papillarmuskeln und Trabekeln. Ätiologisch glaubt Verf., daß Ve:- 
abfolgung stark wirkender Herzmittel, Dyspnoe und Blutverlust als Vagus &- 
regende Momente wohl gelegentlich in Betracht kommen können, jedoch nic 
unbedingt müssen, da in vielen Fällen, wo ebenfalls solche Verhältnisse vorgeleg:? 
haben, subendokardiale Blutungen vermißt worden sind. Verf. glaubt eher X: 
der lockeren Einscheidung der Atrioventrikularfasern an eine mechanische Ent- 
stehung während der Agonie nach großem Blutverlust im Sinne von Shock. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


25. J. K. A. Wertheim Salomonson. Pleuroperikarditis bei der 
Röntgenprüfung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk, 1916. I. S. 1581—87) 
Bei mehreren leichte tuberkulöse Lungenveränderungen darbietenden Pat. 
ohne Beschwerden von seiten des Herzens, oder bei solchen mit sehr gent 


Herzbeschwerden, oder aber mit etwaigen, dem Bilde der Angina pectons 37 
nächsten stehenden Klagen wurden röntgenologisch folgende Befunde erhöß: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 793 


a. Einige Herzschatten waren zum Teil verwaschen und unregelmäßig, gleichsam 
mit einem Überzug versehen (Pleuroperikarditis: Groedel u. a.); b. in anderen 
Herzschatten bot die linke Herzgrenze eine Fortsetzung nach unten bis zum 
Mittelfell dar; c. einige andere Fälle ergaben eigentümliche Streifen über dem 
Herzschatten. Die sub b und c erwähnten Erscheinungen werden vom Verf. als 
Äußerungen einer Perikarditis aufgefaßt, welche ihrerseits wieder die Folge einer 
abgelaufenen Pleuroperikarditis ist. Bekanntlich werden in 10% aller Leichen- 
eröffnungen perikarditische Veränderungen, Verwachsungen usw. vorgefunden. 
In der Anamnese der Mehrzahl obiger Personen wurde Pleuritis verzeichnet; 
andere ergaben die Zeichen einer Pleuritis diaphragmatica; die sub c erwähnten 
Streifen setzen sich in denjenigen Teilen der Lungen fort, in denen keine streifen- 
föürmigen Blutgefäß- oder Bronchialgebilde mehr vorgefunden werden, wohl aber 
eine Verdickung der perikardialen Auskleidung. In einem dieser Fälle wurde 
diese Voraussetzung durch den Leichenbefund bestätigt. In diesen Fällen wird 
dem Herzen eine erhöhtere Arbeit auferlegt als bei normalen Personen, so daß die 
Deutung ihrer subjektiven Herzbeschwerden durch die Röntgenuntersuchung sehr 
erleichtert und gefördert wird. Zeehuisen (Utrecht). 


26. Reim. Ein Beitrag zur Kenntnis der Herzmuskeltuberkulose. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 

Beschreibung eines Falles von Solitärtuberkeln des Myokards bei einem an 

allgemeiner Tuberkulose verstorbenen l4jährigen Mädchen. 

m Reckzeh (Berlin). 

27. Hering (Köln). Der plötzliche Tod in der Chloroformnarkose. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 15.) 

Im Beginn der Chloroformnarkose sterben Hunde und Katzen um so wahr- 
scheinlicher plötzlich, je aufgeregter sie sich zeigen. Dieser plötzliche Chloroform- 
tod beruht zumeist auf Herzkammerflimmern (Sekundenherztod), d. h. einem 
Zustand der Übererregung der Herzkammern. Die gleiche Todesart gilt sehr 
wahrscheinlich auch für den Menschen, wenn zu Beginn der Chloroformnarkose 
die Herztätigkeit plötzlich nicht mehr nachweisbar ist, während die Atmung 
letztere noch etwas überdauert. Da bekanntlich auch beim Menschen in solchen 
plötzlichen Todesfällen die Aufregung eine Rolle spielt, wäre diese noch mehr, 
als es schon geschieht, zu berücksichigen. Da die Extrasystolen in dieselbe 
Klasse der Herzunregelmäßigkeiten gehören wie das Herzflimmern, und in dieses 
übergehen können, was auch bei der Anwendung von Chloroform auf Grund des 
Tierexperimentes nachweislich geschehen kann, ist es angezeigt, bei vorhandener, 
wenn auch nur sporadischer Extrasystole nicht mit Chloroform zu narkotisieren. 
Da wir ferner Mittel besitzen, um zu prüfen, ob ein Mensch eine latente Neigung 
zur Extrasystole hat, wäre es empfehlenswert, wenn nicht schon andere Gegen- 
anzeigen gegen die Verwendung von Chloroform vorliegen, zur Ergänzung die 
Prüfung auf Extrasystolen vorzunehmen und, wenn sie positiv ausfällt, das 

Chloroform zu vermeiden. Reckzeh (Berlin). 


28. Rehfisch. Über zentrale Ursachen der Herzinsuffizienz. (Ber- 
liner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 
Aus den Erörterungen dürfte hervorgehen, daß wir in denjenigen Fällen, in 
denen wir nicht in der Lage sind, in irgendeiner pathologisch-anatomischen Ver- 


794 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


änderung der Zirkulationsorgane eine Ätiologie einer bei der Arbeit auftretenden 
Herzinsuffizienz zu finden, uns nicht mehr mit der Hilfsdiagnose einer Neurose 
zu begnügen brauchen, sondern in einer zentralen Störung des Vasomotoren- 
zentrums und in einer Umkehr in der Innervation der Gefäßnerven, sowohl des 
peripheren Systems, als auch der Koronararterien die Ursachen für das Versagen 
der Herzkraft zu suchen haben. Reckzeh (Berlin). 


29. S. de Boer. Ein Studium des Herzmuskels nach der pharmako- 
physiologischen Methode. (Kon. Akad. v. Wetensch., Wis- en Natuurk. 

Afd. XXIV. 1916. S. 1676—88.) 

Mit Hilfe vorhergehender Veratrinvergiftung wird in dieser Arbeit das Stu- 
dium der halbierten Herzwirkung und der Bigeminie angestellt, die durch künst- 
liche, durch Extrareizung der Herzspitze (Öffnungsinduktionsschläge), der Ven- 
trikelbasis und der Vorkammer ausgelösten Erscheinungen gedeutet, und in den 
festgestellten Tatsachen ein neuer Beleg für die früher vom Verf. experimentell 
erwiesene Analyse des a.-v. Intervalls gefunden, namentlich 1) Leitungszeit entlang 
den Verbindungssystemen, 2) Periode latenter Kammerreizung. Wenn es Vert. 
gelungen ist, den halbierten Kammerrhythmus durch einen Induktionsschlag in 
den normalen umzugestalten, so ist dadurch der Beweis erbracht, daß während 
des halbierten Rhythmus nach jeder Vorkammersystole die Erregung die Kammer 
wirklich erreicht hat, daß aber jede zweite Systole keinen Einfluß hatte wegen des 
refraktären Stadiums der Kammer. Im halbierten Rhythmus nun ist das a.-v. 
Intervall kürzer als das normale. Der Grund dieser Verkürzung kasn nicht in 
einer Differenz der Leitungsperiode entlang den Verbindungssystemen gefunden 
werden, indem in beiden Rhythmen die Reizung nach jeder Vorkammerperioöt 
entlang diesen Systemen weiter geleitet werden. Das kürzere a.-v. Intervall während 
des halbierten Typus hat seinen Grund darin, daß in diesem Rhythmus das Sta- 
dium der latenten Reizung kürzer ist als während des normalen 2mal schnelleren 
Rhythmus. Nach den längeren Pausen des halbierten Rhythmus ist also das 
Stadium der latenten Reizung verkürzt. Durch die Bigeminie, bei welcher jede 
normale physiologische Erregung zur Kammer fortgeleitet wird, indem diese 
Gruppen in den normalen Kammerrhythmus übergeführt werden können, wird 
diese Frage auch näher beleuchtet; das a.-v. Intervall vor der zweiten Systok 
jeder Gruppe ist bedeutend größer als dasjenige vor der ersten Systole. Auch 
für diesen Rhythmus wird diese Differenz durch die verschieden lange Dauer des 
latenten Reizungsstadiums ausgelöst. Zeehuisen (Utrecht). 


30. Th. Lumsden (London). The significance of presystolic cardiac 
murmurs. (Lancet 1916. April 29.) 

L. unterscheidet drei Gruppen von präsystolischen Geräuschen an der Herz- 
spitze: das bei Aorteninsuffizienz beobachtete Flint’sche präsystolische Geräusch. 
das der Mitralstenose zugehörige »stenotische« und das »astenotische«, desser 
Zustandekommen noch ungeklärt und das im Gegensatz zu den beiden erstere" 
von verhältnismäßig untergeordneter Bedeutung ist. Es findet sich bei scheinda’ 
gesunden Individuen, es ist ausgesprochen präsystolisch und endet abrupt und i:t 
in der Regel von einem präsystolischen Schwirren begleitet; der zweite Ton an &' 
Herzspitze ist nicht verdoppelt, der zweite Pulmonalton nicht verstärkt, und ein 
Herzverbreiterung fehlt. Vielleicht bedingen Rauhigkeiten oder Verdickungen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 795 


der Klappe das Geräusch. Anstrengungen und nervöse Einflüsse können es lauter 
machen, doch schwächt es bisweilen auch nach Körperübungen ab; allein sind 
nervöse Momente nicht dafür verantwortlich zu machen. 

Ä F. Reiche (Hamburg). 


31. Ehret. Weiterer Beitrag zur Kenntnis der akzidentellen Herz- 
geräusche. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 
Geräusche, die bei dem Preßakt sofort verschwinden oder a tempo viel leiser 
werden, dürften als akzidentelle, pneumokardialen Ursprungs und als für Herz- 
diagnosen bedeutungslos angesprochen werden. Reckzeh (Berlin). 


32. J. Guttmann und S. Neuhof. Radialisdifferenz und linkseitige 

‚Recurrenslähmung durch Mitralstenose. (Journ. amer. med. assoc. 

Bd. LXVI. Nr. 5. S. 335.) 

Bei einer 25jährigen Frau lag Recurrenslähmung links, Druckdifferenz der 
rechten und linken Radialis und Poplitea, Mitralstenose, trockene Perikarditis, 
Erweiterung der A. pulmonales, des linken Ventrikels, des linken Herzohres und 
ein wenig auch der Aorta vor, Eine abnorm große rechte Kammer war mit Sicher- 
heit auszuschließen, ein Gegenbeweis gegen die Theorie von Kraus über die Ur- 
sache einer solchen Lähmung. Vielmehr ist sie auf Rechnung der erweiterten 
und einen Druck ausübenden Lungenschlagader zu setzen (Alexander). Ob die 
Vorhoferweiterung mitgewirkt hat, läßt sich nicht erweisen, sicherlich aber die 
Perikarditis mit ihren Verwachsungen durch den Zug an der Pulmonalis. 

Wenn auch das Zusammentreffen von Recurrenslähmung und Druckdifferenz 
der Radialis sonst für Aneurysma der Aorta spricht, muß man in diesem Falle 
wohl annehmen, daß die weite A. pulmon. auf die A. subclavia in ihrem Abgang 
einen Einfluß ausgeübt hat. Meinhof (Halle a. S.). 


33. Reitter. Ein Beitrag zur Kenntnis der Entstehungsdauer des 
Herzklappenfehlers. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 25.) 
Bei einem 22jährigen Dienstmädchen hat sich, anschließend an eine Angina, 
im Laufe von 19 Tagen schleichend ein Entzündungsprozeß des Endokards, Peri- 
kards und wahrscheinlich auch des Myokards (Arhythmie) entwickelt, der in 
dieser Zeit zu einer solchen Schädigung des Klappenapparates der Aorta führte, 
daß die Zeichen einer Insuffizienz dieser Klappen nachweisbar wurden. Ver- 
Mutungsweise bestand auch an der Mitralklappe ein endokarditischer Prozeß. Die 
Aorteninsuffizienz sowie ein kurzes rauhes systolisches Geräusch blieben als Be- 
fund bestehen. Die mehrfache genaue Feststellung der kürzesten Ausbildungs- 
- dauer solcher Aorteninsuffizienzen kann auch praktische Bedeutung haben. 
Seifert (Würzburg). 


34. Mönckeberg. Zur Frage der Atherosklerose im militärdienst- 
pflichtigen Alter. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1916. 
Nr. 1 u. 2.) 

Vergleichende Untersuchungen bei nicht militärdienstfähigen Männern in 
einem Durchschnittsalter von 27 Jahren haben in 51,3%, der Fälle atherosklero- 
tische Veränderungen ergeben, gegen 50,9%, bei Kriegsteilnehmern und 45,904 
bei gleichaltrigen Frauen. Bei den letzteren ist die isolierte Aortensklerose vor- 


796 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


wiegend, während bei den Männern im dienstpflichtigen Alter als Prādilektion:- 
sitz der Atherosklerose wiederum, wie schon in früheren Untersuchungen, d: 
Anfangsteil des absteigenden Astes der linken Kranzarterie gefunden worden ist, 
als Ausdruck einer Überanstrengung des linken Ventrikels. Wie schon frūher, 
so finden sich auch in diesen Untersuchungsreihen wieder als Todesursache meist 
chronische Krankheiten mit endokrinen Vergiftungen und in fast allen Fäikn 
weitere Zeichen früher überstandener Infektionskrankheiten. Für einen ursächlich«3 
Zusammenhang zwischen Infektionskrankheiten und Atherosklerose sprech.n 
auch die Befunde bei Kindern im Alter von 4 Monaten bis 12 Jahren, welche 
durch verschiedene Infektionskrankheiten zum Tode gekommen sind, und k: 
denen teils zirkumskripte Intimaverfettung mit gleichzeitiger Verdickung, teils 
nur Intimaverdickung ohne Verfettung in der linken Kranzarterie, der späteren 
Prädilektionsstelle der frühzeitigen Atherosklerose, nachgewiesen werden konnten. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


35. Thannhauser (München). Traumatische Gefäßkrisen. Über 
Shock und Kollaps. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 16.) 
Verf. versucht, den Shock und Kollaps Verwundeter gewissermaßen ak 
traumatische Gefäßkrisen darzustellen und den Shock als Krampfzustand, der. 
Kollaps als Erschlaffungszustand der Krise zu erklären. Zu dieser Annahme 
berechtigen vielleicht die Beobachtungen an einem groBen Verwundetenmaterial 
und besonders der Befund, daß entgegen den bisherigen Anschauungen bei allen 
untersuchten Shockkranken niemals ein erniedrigter Blutdruck gefunden wurde. 
Reckzeh (Berlin). 


36. Roger J. Lee. Blood pressure determinations in a group of 
662 young male adults. (Boston med. surg. journ. 1915. Vol. CLXXII. 
S. 571.) 

Bei 85 von 662 Studierenden im Alter von ca. 18 Jahren war der systolische 
Blutdruck über 140, aber nur bei 31 im Liegen und Stehen, der höchste Blutdruck 
betrug 180. Im allgemeinen war der Druck im Stehen etwas höher als im Liegen, 
aber in 21 Fällen bestand das umgekehrte Verhältnis. Unter 100 in beiden Po- 
sitionen wurde kein Fall beobachtet. Bei einem ohnmächtig Werdenden wurde 
der systolische Blutdruck auf 80 bestimmt; einige Minuten vor und nachher war 
er 120. Das Mittel aller Bestimmungen betrug 120 für den systolischen, 80 fir 
den diastolischen Blutdruck. Von den oben erwähnten 31 konnten 18 später 
zum zweiten Male untersucht werden, alle bis auf 5 zeigten normale Werte, diese 
5 wiesen kardiale oder renale Symptome auf, einer litt an Fettsucht. Auf eix 
einzelne Messung ist nicht viel Wert zu legen. Der diastolische Blutdruck war 
viel konstanter als der systolische. Nur bei 2 von 662 wurde er konstant über 
100 gefunden, der eine zeigte Albuminurie ohne Sediment, der andere ausge- 
sprochene Fettsucht. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


37. E. S. Kilgore (San Francisco). The large personal factor in 
blood pressure determinations by the oscillatory method. 
(Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

38. J. Erlanger (St. Louis). An analysis of Dr. Kilgore’s paper: 
The large personal factor etc. (Ibid.) 


aam -a mam am. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 797 


39. E. S. Kilgore, H. K. Berkley, A. H. Rowe and W. H. Stabler. 
A quantitative determination of the personal factor in blood 
pressure measurements by the auscultatory method. Compa- 
rison with other methods. (Ibid.) 

40. E. S. Kilgore. The fractional method of blood pressure de- 
termination — a contribution to the study of blood pressure 
in cardiac arrythmias. (Ibid.) | 
K. begründet seine Zweifel und die anderer von ihm unter Zugrundelegung 

zahlreicher graphischer Aufzeichnungen befragter Autoren an der Zuverlässig- 

keit der oszillatorischen Bestimmung nicht nur des diastolischen, sondern auch 
des systolischen Blutdrucks, wie sie mit dem Erlanger’schen Apparat vorge- 
nommen wird. Ihnen gegenüber legt E. seine Überzeugung dar, daß unter ent- 
sprechenden Vorsichtsmaßregeln die oszillatorische Methode genau so klare und 
scharfe Ergebnisse liefert wie die auskultatorische. K., B., R. und S. stellen des 
ferneren fest, daß sich bei der palpatorischen und auch der auskultatorischen 

Methode keine absoluten, sondern von persönlichen Faktoren beeinflußte Werte 

ergeben, beide aber untereinander verglichen im großen und ganzen gleichwertig 

sind, wobei die palpatorische jedoch praktische Vorteile besitzt. In der letzten 

Arbeit betont K., wie wenig konstant der Blutdruck im allgemeinen zu sein braucht 

und wie schwer seine Feststellung in den Fällen ist, wo Arhythmien mit ver- 

schieden hohen Pulswellen zugegen sind; er beschreibt seine »fraktionelle« Me- 
thode, um mit Hilfe der klinischen Blutdruckinstrumente Blutdruckschwankungen 
darzulegen und zu analysieren. Die Verwendung durchschnittlicher Werte von 

Blutdruckbestimmungen hat ihre Bedenken. F. Reiche (Hamburg). 


41. Muck (Essen). Ein Beitrag zur Erklärung der Entstehung des 

Nonnensausens. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 14.) 

Aus den Versuchen folgt, daß die Jugularvene durch die Seitwärtsdrehung 
des Kopfes nach der anderen Seite keine Kompression erfährt, sondern gerade 
im Gegenteil, daß die Kompression auf derjenigen Seite eintritt, nach der der 
Kopf gedreht wird. Reckzeh (Berlin). 


#2. A. R. Elliott. Die Behandlung der Blutdruckerhöhung. (Journ. 

amer. med. assoc. Bd. LXV. Nr. 12. S. 999.) 

130 Fälle mit einem systolischen Druck von 160 oder mehr Millimetern liegen 
zugrunde. Die Druckerhöhung war sekundär oder symptomatisch neurogen, 
essentiell, nephritisch oder beruhte auf einem Herzfehler. Die wichtigste Maß- 
nahme ist Regelung der Lebenshaltung des Kranken. Der Einfluß von Drogen 
pflegt gleichzeitig mit ihrem Aussetzen wieder zu verschwinden. Immerhin haben 
Sie symptomatischen Wert, so das Natrium nitrit., verbunden mit Kaliumnitrat 
und doppeltkohlensaurem Natron. Oder auch die bei vermehrter arterieller 
Spannung sehr beliebten, wenn auch in ihrer Wirkungsweise ungeklärten Jodide. 
Die salinischen Abführmittel bei chronischer Nephritis reizen leicht den Dickdarm 
Au stark. Aderlaß nützt bei Urämie, Stenokardie und Polycythämie. Anregung der 
Diaphorese durch Schwitzkuren, eventuell mit Pilokarpin, hat auch sein Indikation. 

Die Menge der Nahrung ist wichtiger als die Art. Zeigte die Phenolsulfon- 
Naphthaleinprobe zu Anfang der Behandlung ein Herabsinken der Nierenleistung 
auf 40%, oder weniger, dann wurde die Diät ganz streng geregelt, sonst liberaler. 
tehen die Nierenerscheinungen im Vordergrund, so ist die Kost, die Ausscheidung 


798 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


und die Berücksichtigung der Urämiegefahr besonders wichtig. Überwieg.a 
kardiovaskuläre Zeichen, so heißt es die Reservekraft des Herzens erhalten: ir 
manchen Fällen Aderlaß, immer aber Digitalis, wenn alle hygienischen und dià- 
tetischen Maßnahmen sich erschöpft haben, besser aber schon früher und fır 
Monate oder gar Jahre festgesetzt. 

Außerordentlich wohltätig wirkt auch Strophantin, !/,ccm der Löur; 
1 : 1000 in die Kubitalvene, mehrfach wiederholt. Anschließend dann Digital. 

Meinhof (Halle a. S.). 


43. Münzer (Prag). Bedeutung und Methodik der Blutdruck- 
messung, nebst Bemerkungen über die durch die Blutdruck- 
messung angebahnten Fortschritte auf anderen Gebieten der 
Lehre vom Zirkulationssystem. (Berliner klin. Wochenschrift 19:4. 
Nr. 28.) 

Arbeitsleistung beeinflußt den Blutdruck und die Herzaktion in verschieder:' 
Weise, je nachdem es sich um eine langgewohnte Arbeit handelt oder nicht. In 
ersteren Falle bleibt die Herzaktion durch die Arbeit meist ganz unbeeinflut:. 
und auch der Blutdruck weist keine nennenswerten Änderungen auf, im letzterer. 
Falle zeigt nicht nur der Blutdruck, sondern auch der Puls gewisse Änderungen. 
deren Beachtung uns gewisse Schlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Herzens una 
der Herz- bzw. Gefäßinnervation gestattet. Sehr beachtenswert ist der Einf 
einer Arbeitsleistung auf Tachykardie. Viele Menschen zeigen infolge der Arbit 
zunächst ein weiteres Ansteigen der Pulsbeschleunigung, nach 1 bis 2 Minuten sizxt 
diese aber häufig unter den Anfangswert, so daB der Puls eines solchen Krank:1 
2 bis 3 Minuten nach der Arbeitsleistung wesentlich ruhiger sein kann als vor 
dieser. — Ein derartiges Verhalten ist ein wesentliches Zeichen einer rein nervus 
ausgelösten Herzbeschleunigung. Reckzeh (Berlin). 


44. Rihl. Scheinbare Überleitungsstörungen vom Vorhof zur 

Kammer. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) 

Der Bericht bezieht sich auf einen 32jährigen Soldaten, der wegen eine: 
Gelenkrheumatismus aus dem Felde ins Hinterland gebracht wurde und aut: 
über Gelenkschmerzen über Atemnot und Herzklopfen klagte. Bei regelmäßix’ 
Herzschlagfolge ergaben sich zeitweise Venenpulskurven, die an eine Vorh«'- 
tachysystolie mit regelmäßigem Kammerausfall 2:1 denken ließ. Durch Rc- 
gistrierung des Venenpulses bei beschleunigter Pulsfolge ließ sich dies jed:is 
ausschließen. Veranlassung, an die genannte Herzunregelmäßigkeit zu denker. 
gab eine abnorme Größe und Gestalt sowie ein abnormer frühzeitiger Beginn &’ 
Kammerstauungswelle, bedingt durch eine venöse Stauung, wahrscheinlich :7 
Zusammenhang mit einer Trikuspidalinsuffizienz. Seifert (Würzburg). 


45. Roth. Entwicklung einer Arhythmia perpetua aus einer ur- 
sprünglichen aurikulären Extrasystolie bei einem Fall von 
chronischer interstitieller Nephritis. (Zentralblatt f. Herz- c- 
Gefäßkrankheiten 1916. Nr. 1 u. 2.) 

In dem mitgeteilten Falle kommen zwei verschiedenartige Pulserscheinurz:t 
zur Beobachtung; einmal eine zeitweilige, ventrikuläre Extrasystolie, welche wi 
durch heterotope Reize in den Ventrikeln zustande gekommen ist; dann abi 
sind in bestimmter Reihenfolge aufeinander folgende Herzarhythmien aufgetrete”, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 799 


deren Ursprung in die Vorhöfe verlegt werden muß. Von anfangs vereinzelten 
aurikulären Extrasystolen kommt es bald zur Gruppenbildung solcher, dann ent- 
wickelt sich plötzlich eine aurikuläre Tachysystolie, welche in eine typische 
Arhythmia perpetua übergeht. Verf. erklärt dies dadurch, daß allmählich die 
Vaguswirkung auf die Vorhöfe abgenommen hat bei gesteigerter sekundärer 
Reizbildung in den Vorhöfen selbst, welch letztere mit der Zeit vollständig die 
Oberhand über diejenige im Sinus gewonnen hat. Die Ursache der gesteigerten 
Reizbildung ist wahrscheinlich eine vermehrte Erregbarkeit der geschädigten 
Vorhofmuskulatur auf normale Acceleransreize bei aufgehobener Vaguswirkung. 
Die sich gleichbleibende Ventrikelfrequenz bei zunehmender Vorhoftachysystolie 
beruht wohl einmal darauf, daß das Überleitungsbündel nicht imstande ist, die 
gehäuften Reize zu übertragen, dann aber auch auf der im Überleitungsbündel 
noch bestehenden Vaguswirkung. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


46. S. de Boer. Herzalternans. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. 
S. 370—80.) 

Bei der Prüfung der mechanischen und der elektrischen Erscheinungen an 
entbluteten Froschherzen stellte sich heraus, daß bei alternierender Herzarbeit 
fast niemals die Herzspitze während der kleinen Systole mitpulsiert. In einigen 
Fällen ist dasselbe Verhalten für die Herzbasis gültig. Die Beziehung zwischen 
Alternans und Halbierung des Kammerrhythmus ist nach Verf. deutlich; der 
Übergang zwischen ersterem und letzterem ist allmählich, indem während der 
geringeren Systole ein immer größerer Teilquotient der Herzspitze sich nicht an 
de: Kontraktion beteiligt. Sofort beim Eintreten des Alternans kommt also schon 
Rhythmushalbierung eines Teiles der Kammermuskulatur zustande; derjenige 
Teil dessen Rhythmus halbiert, wird allmählich größer, bis endlich der Rhythmus 
der ganzen Kammer halbiert ist. Was die Entstehungsursache dieses Stillstandes 
eines Teiles der Kammermuskulatur während des Alternans anbelangt, so spielt 
. bei der Halbierung die Reizbarkeit der Kammermuskulatur eine erhebliche Rolle. 
Jede zweite Kammersystole fällt aus, wegen des refraktären Zustandes der Kammer- 
systole bei der Ankunft jedes zweiten Reizes; in analoger Weise geht es bei der 
Auslösung des Alternans, nur mit dem Unterschied, daß bei letzterem nur die 
Herzspitze sich als refraktär herausstellt. Zeehuisen (Utrecht). 


47. Selian Neuhof. Auricular flutter accompanying acute endo- 
pericarditis. (Med. record 1915. Vol. LXXXVIII. S. 995.) 
Vorhofflimmern kommt verhältnismäßig häufig, besonders bei älteren Leuten 

mit Myokarditis und Arteriosklerosis vor. Meist ist damit eine ernste Kompen- 

sationsstörung verbunden, obwohl auch rein nervöse Formen ohne Kompensations- 

Störung vorkommen, z. B. infolge von Tabakvergiftung. Verf. beschreibt einen 

Fall, der mit einer akuten Endoperikarditis, jedoch ohne Kompensationsstörung 

kompliziert war, da der Herzmuskel intakt blieb. Digitalis hatte deshalb bei 

diesem Falle nicht den mindesten Einfluß auf das Flimmern, da es ja nur bei 
muskulärer Insuffizienz wirkt. Die Arhythmien, die im Verlauf einer akuten 

Endokarditis auftreten können, erklärt man sich durch die Ernährungsstörungen 

im Endokard. Die geeignete Therapie dürfte in Ruhe, Eisblase, Bromsalzen, 

Salizylpräparaten und Opiaten bestehen, vielleicht in Zukunft auch in autogenen 

und anderen Vaccinen. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


800 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 45. 


48. F. N. Wilson (Ann Arbor, Mich.). The production of atrio- 
ventricular rythm in man after the administration of stropia. 
(Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

W. gelang es, in einem großen Bruchteil von 20 daraufhin untersuchte 
jugendlichen Individuen durch Vagusreizung — forcierte Atmung oder Druck 
auf den rechten Bulbus — im Intervall zwischen einer subkutanen Atropininjekticr. 
und dem Eintritt ihres Höchsteffekts einen atrioventrikulären Rhythmus hervor- 
zurufen, während dieses vorher bei keinem gelang und ebensowenig, wenn d: 
Atropin voll zur Wirkung gekommen war. Drei von ihnen klagten über au:- 
gesprochene Palpitationen während des abnormen Herzrhythmus. Bei 3 Ge- 
sunden und 2 Herzkranken, trat jener Rhythmus spontan nach der Einspritzuri 
ein. Es scheint, daß Atropin eine elektive Wirkung auf die Vagusendigune:. 
im A.-V.-Knoten besitzt, derart, daß es sie eher als die im Sinusknoten lähmt. Im 
ganzen wurden drei verschiedene Formen des A.-V.-Rhythmus beobachtet. 

F. Reiche (Hamburg). 


49. P. H. Enthoven. Bradykardie mit Bigeminie. (Nederl. Tijdschr. 
v. Geneesk. 1916. I. S. 2275—82.) 

Die Deutung der in der Mehrzahl der Fälle durch Digitalisgebrauch hervor- 
gerufenen Herzbigeminien steht nach E. noch immer aus. Zwei Fälle scheinbare: 
Bradykardie mit vollkommen regelmäßigem Radialpuls und frustranen Extra- 
systolen unmittelbar nach jeder Herzkontraktion, wie in den betreffenden Elektro- 
kardiogrammen deutlich hervortritt — ohne bekannte Ätiologie — werden be: 
jugendlichen Männern beschrieben. Der eine hatte gar keine subjektiven Be- 
schwerden, fühlte sich vollkommen gesund, der andere hatte eine leichte Strum: 
cystica dextra und feinen frequenten Tremor. Das Herz war im übrigen bei beiden 
Personen vollkommen normal; Digitalis oder sonstige Herztonika waren auße: 
Spiel. Prognosestellung sehr schwierig. Bei dem Strumiker wurde die Frage ein: 
unter dem Einfluß etwaiger Hyperthyreosis ausgelösten Reizbarkeitserhöhung &: 
Herzmuskels aufgeworfen, konnte indessen nicht gelöst werden. Bei der anderer 
Person, die nur bei Bettruhe obige regelmäßige Bigeminie darbot, auf Körpe- 
bewegung durch Unregelmäßigkeiten der Herzwirkung reagierte, wurde der Ein- 
fluß verschiedener Heilmittel verfolgt. Morphin (5—10 mg subkutan) erga? 
keine Reaktion; Atropin (0,5—1 mg Atr. sulfuric. subkutan) erzeugte ebens- 
wenig irgendwelche Veränderung; Digitalis (3mal 75 mg des Pulvers; intraven« 
Applikation wurde aus humanitären Gründen unterlassen) ebensowenig, w: 
aus den betreffenden Elektrokardiogrammen hervorgeht. Nur Adrenalin (1 cr 
0,1% ig subkutan) führte eine ohne subjektive Erscheinungen nach 5 Minuten air- 
tretende, 1?/, Stunden anhaltende vollkommene Regelmäßigkeit der Herzwirkurt. 
mit Erhöhung der Frequenz (62 statt 44) und Schwund der Extrasystolen, herbe: 
Die Ausführungen über die Deutung dieses Verhaltens des betreffenden Herzir: 
ergaben keine endgültigen Schlüsse. Zeehuisen (Utrecht). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mir 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an d: 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Zentralblatt für innere Me lizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B., Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





Nr. 46. Sonnabend, den 18. November 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. White, 2. Frank u. Polak, 8. Neuhof, 4. Falconer, 5. Lundsgaard, 6. Wilson, 
!. Robinson, 8. Huismans, 9. Hart, 10. de Vries, 11. Larkin u. Levy, 12. Kreuzfucbs, 13. Ha- 
Jegan, 14. Risseeuw, 15. Symmers u. Wallace, 16. Von den Velden, 17. Straub, 18. Schott, 
19. Lorand, 20. Esch, 81. Thorne, Herzkrankheiten. 

#2. Hillenberg, Krebsepidemiologische Untersuchungen. — 28. van de Kasteele, Unter- 
ıchungen über vaccinale Allergie. — 24. Thomson, Gefahrloses Zusammenlegen von Kindern mit 
afektionskrankheiten. — 25. Dreyer, Gibson und Walker, Impfagglutinine. — 26. Rolly, Bazillen- 
tåger, ihre Entstehung und Bekämpfung. — 27. Wagner, Spirochaete scarlatinae Doehle. — 
8. Wagner, Untersuchung von Blutausstrichen Scharlachverdächtiger nach Döhle in Unter- 
sıchangsämtern. — 29. Lossen, Jodnatrium als Prophylaktikum bei Scharlach. — 30. Kruse, Ver- 
sreitung und Bekämpfung der Diphtherie. — 31. Stahr, Gram-Färbung des Löffler’schen Diphtherie- 
Yazıllus. — 33. Langer, Wege und Ziele der bakteriologischen Diphtheriediagnostik. — 33. Adamson, 
Zwei Fälle von vierter Krankheit mit Rückfall. — 34. Herbaeh, 35. Singer, 36. Szent-Györgyi, 
5. Marek, 38. Herrnheiser, 39. Löwy, 40. Hamburger, 41. Arneth, 42. Magnus-Alsleben, 
i3. Peinar, 44. Austrian und Bloomfleld, 45. Stokes und Clarke, 46. Dudley, 47. Svestka und 
Marek, 48. Horxheimer, 49. Fürst, Typbus, Typhus abdominalis und Paratyphus. 


Referate. 


l. Paul Dudley White. Synchronous inspiration and systole in 
a patient exhibiting equal respiratory and pulse rates. (Boston 
med. surg. journ. 1915. Vol. CLXXIII. S. 548.) 

Bei einem 6jährigen Knaben mit mutmaßlicher Miliartuberkulose und einem 
partiellen, im Verhältnis von 2 zu 1 sich vollziehenden Herzblock beständ ein 
volkommener Synchronismus von Inspiration und Kammersystole. Gelegentlich 
trat im Herzblock eine Veränderung ein, indem sich das Verhältnis in 3 : 1 oder 
3:2 umwandelte; während dieser Perioden blieb die Atmung im vorherigen 
Rhythmus. Ferner: ließ man den Pat. den Atem anhalten, so ging der Puls wie 
vorher regelmäßig weiter; während dieser Zeit verschwand ein sonst über dem 
Herzen hörbares lautes systolisches Geräusch, das sofort mit dem Atmen wieder 
erschien. Das Elektrokardiogramm zeigte schön den 2 ; 1-Typus des Herzblockes. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


A 
2 ES. Frank und J. B. Polak. Herzblock bei Kindern. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 2172—80.) 
Ein aus gesunder Familie stammendes, bisher normales 2!/,jähriges Kind, 
dessen Herzarbeit vorher vollkommen regelmäßig und normal war, erkrankte 
Plötzlich unter fieberhaften Erscheinungen ohne bekannte Ursachen. In Rachen- 


46 


802 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


und Nasenschleimhaut bei wiederholter Prüfung keine Diphtheriebazillen. Sch:a 
wenige Tage nach Beginn der Erkrankung Pulsverlangsamung bis auf 48, Dy:- 
pnoe (40) ohne Cyanose. Puls wenig gefüllt, schlaff; Herzvergrößerung ins- 
besondere nach rechts, systolische Geräusche an Herzspitze und Herzbasis, Herz- 
töne isochron mit dem Puls. Vorkammertöne fehlen; kein Ödem. Unter Bett- 
ruhe schwinden Geräusche und Herzvergrößerung, die Pulsfrequenz bleibt kos- 
stant, röntgenologisch zahlreiche Vorkammerkontraktionen. im Elektrokardi.- 
gramm deutliche Dissoziation zwischen Vorkammer- und Kammerwirkung; Inter- 
ferenz der Vorkammerkontraktionen (107) mit dem Kammerrhythmus (42,8 p. m.), 
deutliche Sinusarhythmie, Bild vollkommenen Herzblocks auch auf den polv- 
graphischen Kurven. In den Herzstoßkurven ist der Vorkammergipfel als naci 
unten gerichtete Abweichung sichtbar (negativer Gipfel). Ebenso wie bei Wenck:- 
bach und Bachmann ist in diesem Falle die nach oben ziehende Bewegung der 
Vorkammer während der Kammersystole deutlich sichtbar. — Die Arbeit enthalt 
Ausführungen über die vor allem bei Kindern wahrgenommene Erhöhung der 
Frequenz des Herzblocks (43), über den Einfluß der Digitalis — in diesem Faik 
negativ —, über die Ätiologie des Herzblocks (in diesem Falle nicht angebor-, 
sondern unbekannt; die Affektion des His’schen Bündels war hier nur Teilerschei- 
nung allgemeiner Myokarditis), über das Fehlen von Cyanose und Konvukiore? 
(höherer Grad des Automatismus des atrioventrikulären Zentrums) bei Kindern, 
mitunter auch bei Erwachsenen. Verff. betonen die relativ günstige Prognös 
dieses Falles und einiger analoger Fälle (Nanta’s Fall, ein weiterer eigener Fall). 
Zeehuisen (Utrecht). 


3. S. Neuhof (New York). Sino-auricular block due to tobacco 
poisoning. (Arch. of internal med. 1916. Mai.) 

Als Folgen von Nikotinvergiftung sah N. mehrere Fälle von — meist aur.- 
kulären — Extrasystolen, einen Fall von Vorhofsflimmern und einen von Vorhüf:- 
fibrillation, ferner — und diese beiden Beobachtungen bei einem 28 jähnig:ı 
und einem 57jährigen Manne werden eingehend mitgeteilt — zweimal einen sinv- 
aurikulären Herzblock, der bei dem älteren Pat. mit Myokarditis und Nephnt:: 
kombiniert war. F. Reiche (Hamburg). 


4. A. W. Falconer (Aberdeen). A case of heart-block showing 
ldrge auricular waves in the femoral tracing. (Lance 1915. 
April 22.) 

F.’s Beobachtung von mehrere Wochen andauerndem Herzblock bei einer 
60jährigen Manne ist in mancher Hinsicht interessant: durch zahlreiche typisctt. 
mit ausgesprochener Verminderung der Pulszahl einhergehende epileptiform: 
Anfälle, durch eine Kammerkontraktionsfrequenz von 12—18 bei einer Vorhof- 
kontraktionszahl von 78, durch deutliche Hörbarkeit der Vorhofstöne an &: 
Herzbasis und besser noch der Herzspitze zwischen den Ventrikeltönen, dur 
anfängliche lange Intermissionen des Pulses, zu einer Zeit als Cheyne-Stokes- 
sche Atmung bestand, immer genau nach Aufhören der apnoischen Periode, w , 
allem aber durch große, in den Sphygmogrammen von der Femoralarterie sichtba::, 
in denen von der Radialis aber fehlende Wellen, die genau den Vorhofswellen 1 
der Jugularvenenkurve entsprechen. F. glaubt, daß es sich nicht um echte 2" 
terielle Wellen handelt, sondern um von der Femoralvene übermittelte. 

F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 803 


5. Chr. Lundsgaard (Copenhagen). Two cases of heart-block. 
(Lancet 1916. Januar 15.) 

L. sah bei einem 59jährigen Pat. mit Aneurysma paroxysmales Vorhofsflimmern 
und einen paroxysmalen intermittierenden Herzblock und bringt an einem 33jäh- 
rigen eine weitere Beobachtung zu den in der Literatur bereits spärlich vorhandenen 
bei, daß ein intermittierender Herblock bei einer Polyarthritis auftrat und gleich- 
zeitig mit dem Fieberrückgang und dem Aufhören der Gelenkerscheinungen 
sich verlor. F. Reiche (Hamburg). 


6. F. N. Wilson (Ann Arbor, Mich.).. A case in which the vagus 
influenced the form of the ventricular complex of the electro- 
cardiogram. (Arch. of internal med. 1915. Dezember.) 

W. beschreibt und analysiert eingehend einen Fall, in dem vier verschiedene 

Herzrhythmen und mindestens drei Typen von ventrikulärem Komplex zu ver- 

schiedenen Zeiten beobachtet wurden. F. Reiche (Hamburg). 


7. G. C. Robinson (St. Louis). The action of the vagi on the 
heart in paroxysmal tachycardia. (Arch. of internal med. 1915. 
Dezember.) 

R. beschreibt zwei Fälle von paroxysmaler Tachykardie, bei denen im Gegen- 
satz zu den Beobachtungen von Cohn und Fraser die exzessiv beschleunigte 
Herzaktion nicht durch Druck auf die Vagi beeinflußt wurde. 

F. Reiche (Hamburg). 


8. Huismans. Methodisches und Technisches zur Telekardio- 
graphie. (Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1915. Nr. 24.) 
Verf. vergleicht Telekardiographie, Orthodiagraphie und Teleröntgeno- 

eraphie. Die letztere ist die einfachste, aber auch unvollkommenste Methode, 

da dieselbe keine bestimmte Herzphase wiedergeben kann, wogegen die Ortho- 
diagraphie schon ein diastolisches Bild des gesamten Herzens zeigt. Das 

Vollkommenste ist die Telekardiographie, welche das Herz in jeder beliebigen 

Phase darstellen kann. Für die Aufnahme empfiehlt Verf. sitzende Haltung, 

wodurch die Lungenfelder etwas heller und das Herz weniger in den Zwerchfell- 

schatten versenkt erscheinen. Verf. weist ferner darauf hin, daß öfters die Herz- 
konturen durch Rippen überlagert erscheinen und dadurch die Rechts- und Links- 
distanz vergrößert erscheint. — Es folgen sodann noch einige technische Be- 

merkungen. . L. Kreuzer (Zell i. W.). 


9. Hart. Über die isolierte Sklerose der Pulmonalarterie. (Berliner 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 12.) 

Die Beobachtungen von isolierter Sklerose der Pulmonalarterie bei jugend- 
lichen Individuen sind noch sehr gering an Zahl. Die Fälle sind selten. Handelt 
es sich wirklich um ein Mißverhältnis im Kaliber und Weitungsvermögen der 
einzelnen Strecken der Blutbahn, so wäre eine wohl alle befriedigende Erklärung 
gefunden in der auf angeborenen Störungen im Gefäßgebiet beruhenden abnormen 
individuellen Konstitution. Reckzeh (Berlin). 


46° 


804 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


10. W. M. de Vries. Ein Fall zweiklappiger Aorta. (Nederl. Tijdsch. 
v. Geneesk. 1916. I. S. 1141—44.) 

Der elfte Fall aus der Literatur. In keinem dieser Fälle waren die Aorten- 
klappen normal; in einem war durch Endocarditis ulcerativa Perforation einer 
Klappe aufgetreten, in einem zweiten fand sich ein querverlaufender spontax: 
Riß der Aorta. Nach Verf. disponiert diese pathologisch-anatomische Abweichung 
zur Auslösung etwaiger Endokarditis, vielleicht auch zur Bildung eines Aorter 
aneurysma, einer Aortaruptur. Die 6 bekannten Fälle mit 4 Pulmonalklappen 
ergaben im Gegenteil keine Spur von Endokarditis. Andererseits fand sich in den 
Fällen mit zwei Aortenklappen einmal ein Defekt des Septum ventriculorum 
und einmal Hufeisenniere. Die bei zweiklappigen Aorten bestehende Disposition 
zu Infektionen wird dadurch ausgelöst, daß wahrscheinlich Bakterien aus deri 
Blut zwischen den kräftig schließenden Klappen hindurch und in dieselben hinein- 
gepreßt werden. — Bei obigem Falle (Leiche eines 40jährigen Mannes) wurde di 
von Löhlein zum ersten Male beschriebene und später als embolische herdweise 
hämorrhagische Nephritis bezeichnete Affektion vorgefunden. Obgleich klinisch 
Daten fehlten, wird diese Nierenaffektion ebenso wie bei Löhlein als die Folg: 
einer bakteriellen Streptokokkenendokarditis aufgefaßt. 

Zeehuisen (Utrecht). 


11. John H. Larkin and J. J. Levy. A pathological study of sy- 
philitic aortitis and its serology. (Journ. of exp. med. 23. 1916. 
S. 25.) 

Bei der syphilitischen Aortitis finden sich entzündliche Prozesse, zunächst 
perivaskuläre Rundzelleninfiltration in der Adventitia. Manchmal vergellschaftet 
sich die luetische Aortitis mit Arteriosklerose. Eine reine Aorteninsuffizienz ohte 
Zeichen einer früheren Endokarditis ist stets luetisch. Herzvergrößerung gehört 
nicht zum Krankheitsbilde, es sei denn, daß eine Nephritis oder Aorteninsuffizenz 
damit verbunden ist. Spirochäten konnten anatomisch nicht nachgewiesen 
werden. Über 94% von Pat. mit Aortitis gaben positive Wassermannreaktior. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


12. Kreuzfuchs. Die Brustaorta im Röntgenbilde. (Wiener kin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Die Aortenlänge ist unter gewöhnlichen Verhältnissen so groß oder um ei 
geringes größer, als die senkrechte Distanz zwischen dem rechten Vorhofaortet- 
und Vorhofszwerchfellwinkel. Bei Tiefstand des Zwerchtells, z. B. bei Emphys. 
erscheint jedoch die Aorta länger als die angegebene Distanz, was leicht zur Af- 
nahme einer Elongation der Aorta Anlaß gibt. Bei künftigen Angaben ik 
normale oder pathologische Verhältnisse der Aorta würde es sich empfehlen, d* 
tailliertte Angaben zu machen 1) über die Länge des rechten Vorhof-Zwerchte 
winkels zu den vorderen Rippen. 2) Über die Lage des Vorhofaortenwinkeis 3 
den vorderen Rippen. 3) Die Lage des Aortenscheitels zur I. und II. Rippe, 17- 
zur Clavicula. 4) Die Rechtsdistanz der Aorta. 5) Den Krümmungsradus % 
den Durchmesser des Aortensegmentes. 6) Die Sichtbarkeit bzw. Verlaufsrichtu® 
der Aorta ascendens. 

Empfehlenswert wäre eine Fernaufnahme mit dem Wenckebach's# 
Stativ, das eine genaue Einstellung gestattet. Seifert (Würzburg). 


en -a 


pn - a 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 805 


13. Hatiegan. Einseitige Trommelschlägelfinger bei Aneurysma 
des Arcus aortae und der Arteria subclavia dextra. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Bei dem 44jährigen Manne wird bei der Entstehung der Trommelschlägel- 
finger der rechten Hand außer der Lues und Neuritis hauptsächlich der Venen- 
stauung eine große Bedeutung zugeschrieben. Der Umstand, daß man bei Aneu- 
rysma der Arteria subclavia die Venenstauung viel öfter ohne Trommelschlägel- 
finger beobachtet, läßt darauf schließen, daß die Venenstauung allein zu deren 
Entwicklung nicht genügt. Außer der Venenstauung scheinen auch toxische und 
neuritische Einflüsse eine Rolle zu spielen. Seifert (Würzburg). 


14. A. J. Risseeuw. Ein Fall von Durchbruch eines Aneurysma 

aortae ascendentis in die Vena cava superior. (Nederl. Tijdschr. 

v. Geneesk. 1916. I. S. 729—30.) 

55jähriger Potator; 6 Wochen vor dem Tode Fußtritt eines Pferdes gegen 
die Brust; die einzige Klage nach diesem Trauma waren Schlingbeschwerden. 
Am Todestage Brustschmerz und Dyspnoe; nach einigen Stunden erhebliche 
Halsschwellung, maximale Unruhe, Angst, Schweißausbruch, exspiratorische 
Dyspnoe, cyanotische Lippen, Schwellung des Gesichts. Rechtseitig normaler 
Radialispuls. Sauerstoffinhalation ohne Erfolg. Haut oberhalb der Schwellung 
nicht ödematös, Schwellung fast elastisch, nicht druckschmerzhaft, mäßig pul- 
sierend. Atmung zeitweilig aussetzend, Gesicht bläulichschwarz, Hautvenae 
dilatiert. Nach Luftröhrenschnitt und künstlicher Respiration momentane Bes- 
serung und Rückkehr des Bewußtsein. Dämpfung des Manubrium sterni und 
rechten ersten Zwischenrippenraums neben dem Brustbein. Bei Husten etwas 
blutiger Schleim. Pupillenverengerung ohne Lichtreaktion, oberflächliche At- 
mung, Herzlähmung, Tod. Etwas über pfirsichgroßes Aneurysma unterhalb des 
Arcus aortae mit Blutcoagulis ausgefüllt; Zusammenhang mit der V. cava sup. 
durch eine 1 cm weite Öffnung. Zeehuisen (Utrecht). 


15. D. Symmers und G. H. Wallace. Die Ursache der Aortitis sy- 

philitica. (Journ. amer. med. assoc. Bd. LXVI. Nr. 6. S. 397.) 

Die Mesaortitis Heller’s und Döhle’s ist im wesentlichen syphilitisch, 
hat aber noch Hilfsursachen. Sie tritt in 80% der Fälle bei Männern, in 71,4% 
im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. Bei fehlender oder mangelhafter Sy- 
philisbehandlung tritt der Tod unter manifester Aortitis 20,5 Jahre nach der 
Ansteckung auf, also sehr spät. Bei 30% aller solcher Kranker entwickelt sich 
ein Aneurysma. Mindestens 15%, zeigen eine Erweiterung des ersten Teiles der 
Aorta. Etwa 30%, haben schließlich eine Sklerose und Verkürzung der Aorten- 
klappen. Auch wenn man von klinischen Zeichen, wie Stenokardie und zerebralen ` 
Störungen, die mit der Verengerung einer der großen Aortaäste, etwa der Inno- 
minata oder der linken Carotis, zusammenhängen, absieht, so verlaufen doch 
nur wenige solche Aortitiden ohne subjektiv bemerkbare oder klinisch feststell- 
bare Manifestationen. — Zu den Hilfsursachen zählen akuter Gelenkrheumatismus, 
Alkoholismus und andauernde anstrengende Körperarbeit. _ 

Meinhof (Halle a. S.). 


806 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


16. Von den Velden. Die Kampfertherapie der Kreislaufstörungen. 

(Zentralblatt f. Herz- u. Gefäßkrankheiten 1916. Hft. 3—6.) 

Der bei uns hauptsächlich zur Anwendung kommende Kampfer ist der rechts- 
drehende Japan- oder Laureolkampfer. Die Versuche am Froschherzen haben 
ergeben, daß der natürliche (rechtsdrehende) Kampfer beim Kaltblüter auf das 
Herznervensystem wirkt. Dabei zeigen kleinste Dosen bei kurzdauernder An- 
wendung erregende Wirkung und sind imstande, am ermüdeten Froschherzen 
den Lähmungsstillstand oder den durch Muskarin hervorgerufenen Hemmungs- 
stillstand zu beheben. Ebenso erzeugen schwache Dosen Kampfer eine gesteigerte 
Erregbarkeit der zerebralen wie spinalen vasokonstriktorischen Zentren. — Die 
an dem Säugetierherzen angestellten Versuche sind vor allem von der nur sehr 
schwierig zu bestimmenden Dosierung abhängig. Nur unter Berücksichtigung 
der Resultate am Froschherzen (Kaltblüterherzen) kann man annehmen, dab 
auch auf das Warmblüterherz Kampfer exzitierend wirken kann. Daß eine Schä- 
digungsmöglichkeit auch hier besteht, ist durch Heubner’s Inhalationsversuche 
deutlich bewiesen. Die Kampfergefäßwirkung besteht beim Warmblüter in einer 
Reizung sowohl der zentralen vasokonstriktorischen Zentren, wie auch zugleich 
der peripheren Vasodilatatoren. 

Diese Ergebnisse können nicht ohne weiteres für unser therapeutisches Handeln 
verwertet werden, wegen der enorm schwierigen Dosierungsmöglichkeit. Von der 
stomachalen Anwendung ist man zur subkutanen und intravenösen, ja sogar zur 
intrakardialen und epikardialen Injektion übergegangen, um die Kampferlösung 
sofort, bevor sie noch verändert werden könnte, an das Herz zu bringen, jedoch 
ohne völlig befriedigenden Erfolg. Der tierische Organismus oxydiert das Mittei 
zu schnell zu dem zwar noch wirkenden Kampferol, um es dann gepaart mit 
Glykuronsäure als unwirksame Kampferglykuronsäure im Harn auszuscheiden. 
Nur im Zustande des Glykogenmangels (Hunger, Kachexie) und des Sauerstoff- 
mangels (Gasvergiftung) wird dieser Oxydationsprozeß, d. i. die Entgiftung des 
Kampfers, gehemmt, weshalb bei kachektischen Zuständen, schwerem Diabetes, 
Gasvergiftung, hochgradiger Cyanose der Kampferdosierung besondere Vorsicht 
geboten ist. Auch bei normalen Stoffwechsel- und Ernährungsverhältnissen 
kann man durch sehr große Kampfergaben dadurch schaden, daß man nicht zu 
unterschätzende Störungen im Kohlehydratstoffwechsel verursacht. Die Wir- 
kung größerer Dosen auf das Großhirn äußert sich beim Warmblüter in klonischen, 
periodisch auftretenden Krämpfen ohne nachfolgende Lähmungserscheinunger: 
kleinere Dosen führen zu leichter Erregung und in der Medulla oblongata zur An- 
regung des Atemzentrums; auch eine antipyretische Wirkung kommt dem Mittel zu. 

Zur therapeutischen Anwendung ist ein reiner Kampfer (der natürliche Japan- 
kampfer) ohne Beimengung anderer Terpene notwendig. Die Anwendungsform 
soll so gewählt werden, daß eine möglichst geringe oder doch einigermaßen be- 
stimmbare Menge des Mittels im Organismus verändert wird. Es sollen ver- 
einzelte Reizdosen, nicht aber zu oft wiederholte oder infusionsartige Injektioner 
gegeben und dabei immer an die Giftwirkung, besonders bei den oben besprochenen 
Zuständen gedacht werden. Indiziert ist die Kampfertherapie bei Versagen &: 
Kreislaufes infolge von Gefäßlähmungen und primärer wie sekundärer Schädigung 
des Herzens hauptsächlich bei bakteriotoxischen Zuständen. Die Anwendung ®' 
nicht zu spät erfolgen; die Dosierung muß individuell sein. 

Die Wirkung des natürlichen Borneokampfers kommt im Prinzip der & 
Japankampfers gleich. Die Untersuchungen über den synthetischen Kamp! 
sind noch nicht abgeschlossen, es wird jedoch vorerst vor innerer und subkutane 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 807 


. Anwendung desselben gewarnt. Auch die Unterschiede in der Wirkung des rechts- 
und linksdrehenden und razemischen Form des Kampfers sind noch nicht sicher 
geklärt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


17. W. Straub. Digitaliswirkung am isolierten Vorhof des Frosches. 
(Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXIX. S. 19. 1915.) 

Der ausgeschnittene Vorhof des Froschherzens liefert ein Präparat von außer- 
ordentlicher Lebenszähigkeit. Bezüglich der Wirkung der Digitalisstoffe ergab 
‚sich folgendes: Die Giftkonzentration, die den Vorhof tödlich vergiftet, ist min- 
destens 10mal größer als die zum gleichen Ende am Ventrikel nötige. Von den 
Elementarwirkungen der Substanzen sind die auf Inotropie, Chronotropie und 
Tonotropie erst gesteigert, dann vermindert. In der Beeinflussung der Ino- und 
Tonotropie deckt sich die Wirkung am Vorhof mit der am Ventrikel, speziell 
ist der Vorhof ebenso wie dieser zum tonischen Stillstand befähigt. Die chrono- 
trope Wirkung ist eine allmähliche mit allen Übergängen und nicht eine sprung- 
hafte wie am Ventrikel. 

Die Wirkungen auf die elektrischen Erscheinungen decken sich mit den am 
Ventrikel bzw. am ganzen Herzen beobachteten: Zunahme und Abnahme der 
R-Zacke, Zunahme, Abnahme und Umkehr mit darauffolgendem Wachsen nach 
der negativen Richtung bei der T-Zacke. Bachem (Bonn). 


18. & Th. Schott. Physikalische Behandlung der chronischen 

Herzkrankheiten. 108S. Preis M. 3,60. Berlin, Jul. Springer, 1916. 

Bei der ständig zunehmenden Erkenntnis von dem Werte der physikalischen 
Behandlungsmethoden muß die Zusammenfassung der Erfahrungen eines so nam- 
haften Herzspezialisten wie S. von vornherein von besonderer Bedeutung sein. 

Nach kurzen Ausführungen über die Herzkrankheiten im allgemeinen und 
die uns heute zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden wird die balneo- 
logische Behandlung, wie sie in Nauheim zur Anwendung kommt, eingehend be- 
sprochen. Besondere Beachtung verdient dabei die Gegenüberstellung der Wir- 
kung natürlicher und künstlicher kohlensaurer Bäder, deren Verschiedenartigkeit 
durch Blutdruckmessungen, plethysmographische Untersuchungen und durch 
Registrierung mit dem Frank ’schen Sphygmographen bewiesen wird. 

Naturgemäß erfordert die Bademethodik große Erfahrung und ein Eingehen 
auf jeden speziellen Fall. Ihr widmet S. daher ein besonderes Kapitel, desgleichen 
der Methodik der gymnastischen Behandlung, bei der die einfache Widerstands- 
gymnastik sich als zweckmäßigste erwiesen hat. Sie wird in der von S. aus- 
geübten Weise durch eine Reihe von Bildern veranschaulicht. 

Im Schlußkapitel sind zahlreiche, recht interessante klinische Erfahrungen 
zusammengestellt, wobei auch Indikation und Gegenindikation von Nauheimer 
Kuren erörtert werden. | 

Nur eins wird der Leser bei dem ganz allgemein lautenden Titel »Physika- 
lische Behandlung der chronischen Herzkrankheiten« in dem Buche vermissen, 
nämlich ein, wenn auch nur kurzes Eingehen auf die Kurmöglichkeiten in anderen 
Herzheilbädern, wie Oeynhausen, Salzuflen, Altheide usw., die der Verf. über- 
haupt nicht erwähnt. i 

F. Berger (Magdeburg). 


808 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


19. Lorand (Karlsbad). Die rationelle Ernährung des schwachen 
Herzens. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 19.) 

Es kann für das muskelschwache Herz von größtem Vorteile sein, wenn wir 
eine Nahrung zuführen, wodurch die Giykogendepots rasch in reichlicher Weise 
gefüllt werden können. Eine solche zweckentsprechende Nahrung ist der Honig, 
ferner der Saft süßer Trauben und die Milch. Reckzeh (Berlin). 


20. Esch. Zur Frage der unmittelbaren Einspritzung von Arznei- 
mitteln in das Herz bei hochgradiger Lebensgefahr. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 22.) | 

Von einer Injektion in die Herzhöhle ist eine ausgiebigere und nachhaltigere 

Wirkung zu erwarten, da von hier aus die Mittel rasch an die arteriellen Koronar- 

gefäße gelangen und damit eine allgemeine günstige Beeinflussung des Herzmuskel: 

bewirken werden. Andererseits wird bei den Narkosezufällen, die unter den Ir- 
dikationen wohl den ersten Platz einnehmen, nicht selten das Herz stillstehen, 
wenn die Methode zur Anwendung kommt. Reckzeh (Berlin). 


21. L. Th. Thorne. The effect of Nauheim baths upon cardiac 
conductivity and contractility. (Lancet 1915. Oktober 23.) 

T. will gleich gute Wirkungen von künstlichen Nauheimer Bädern auf die 
Kontraktilität des Herzmuskels und bei Überleitungsstörungen wie von Nauheim 
selbst gesehen haben: der Tonus des Myokards wird gehoben und Hypertension 
beseitigt. In einer großen Zahl von Fällen von Herz- und Zirkulationsstörungen 
ist das einzige Zeichen einer Leitungsbeeinträchtigung eine geringe Verlängerung 


des a—c-Intervalls. F. Reiche (Hamburg). 
m er OE 


22. & Hillenberg. Krebsepidemiologische Untersuchungen. ver- 
öffentlichungen a. d. Gebiete d. Medizinalverwaltung. Preis M. 2.80. Berlin, 
Rich. Schötz, 1916. 

Einleitend gibt Verf. kurz einen Überblick über die Entwicklung und den 
heutigen Stand der Krebsforschung. Darauf teilt er die Ergebnisse seiner Unter- 
suchung im Stadt- und Landkreis Zeitz mit, welche hauptsächlich die Klärung 
der ätiologischen Fragen angestrebt hat. Das immer wieder an denselben be- 
stimmten Orten und zu verschiedenen Zeiten gehäufte, geradezu epidemische 
Auftreten einzelner Krebskrankheiten spricht für eine exogene Ursache, und 
zwar für ein Virus, welches ohne bis jetzt erkennbare besondere Lebensbedingurg?n 
an der Örtlichkeit haftet. Eine Übertragung durch Zwischenwirt mit der Nah- 
rung macht das überwiegende Befallensein des Verdauungstraktus, besonders cs 
Magens, wahrscheinlich. Es gibt jedoch Krebsgeschwülste, für welche eine völlig 
andere Genese wohl anzunehmen ist, ursächliche Momente, die mit Baktencr 
nur das gemeinsam haben, in einer dafür empfänglichen Zelle tiefgreifende bio- 
logische Veränderungen hervorzurufen. 

Um die Lösung der ganzen Krebsfrage zu finden, muß sie epidemiologisca 
wie biologisch in Angriff genommen werden, und auch die Arbeit der Forschung 
des praktischen Arztes ist dabei nicht zu entbehren. 

Beigefügt sind den Ausführungen drei Karten von Zeitz und dem dazu- 
gehörigen Landkreis, in welche die Krebsorte und -häuser, sowie die oreologischen 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 809 


und geologischen Verhältnisse eingetragen sind; zum Vergleich zeigt eine Karte 
das Ausbreitungsgebiet der Tuberkulose in dem betreffenden Bezirk. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


23. R. P. van de Kasteele. Experimentelle Untersuchungen über 
vaccinale Allergie. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 1330—41, 
1925—39.) | 

Nach kritischer Behandlung des viruliziden Vermögens des Serums geimpfter 

Kälber, der Antikörperbildung im Blute, des rein epidermalen oder histogenen 

Charakters der Vaccin-Variolaimmunität wird mit verschiedenen Vaccinen die 

Komplementbindungsreaktion angestellt; letzfere bietet nach Verf. erhebliche 

Vorteile über die Hornhautprobe und die Impfißgg des Kalbs- oder des Kaninchen- 

rückens, vor allem wegen ihrer hochgradigen Empfindlichkeit und ihrer Ver- 

wertbarkeit zum Nachweis nicht virulenter Antigene. Nach Verf. soll also das 

Auftreten komplementbindender Antikörper beim mit Vaccin vorbehandelten 

Kaninchen als eine vitale Reaktion des Kaninchenorganismus aufgefaßt werden, 

ohne Rücksichtnahme auf eine etwaige Immunität oder einer Anaphylaxie. Das 

Literaturverzeichnis über die Fahndung nach der Anwesenheit komplement- 

bindender Substanzen im Serum hat Verf. in seiner Dissertation zusammengetragen. 

Nach seinen sorgfältigen Untersuchungen soll die Komplementbindungsreaktion 

zwischen dem Vaccinantigen und dem Serum mit Vaccin vorhehandelter Ka- 

ninchen als eine spezifische Reaktion zwischen Vaccinantigen und vaccinalen 

Antikörpern bezeichnet werden. Die Frage, ob nach einer gewissen Periode, in 

welcher die komplementbindenden Antikörper nicht mehr im Serum nachgewiesen 

werden können, dieselben noch an anderen Stellen des Organismus aufgefunden 
wurden, wird im zweiten Teil der Arbeit behandelt. Es ergab sich, daß das Auf- 
treten komplementbindender Antikörper im Serum mit Vaccin vorbehandelter 

Kaninchen innerhalb 24 Stunden nach einer Revaccination mit Vaccin, einem 

Zeitpunkt also, in welchem noch Antigen im Blutkreislauf nachweisbar ist, darauf 

hindeutet, daß die Frühreaktion auch im Serum ihren Verlauf hat und daß der 

Vorgang der allergischen Reaktion nicht ausschließlich in der Haut vor sich geht. 

Dieses Faktum im Zusammenhang mit demjenigen, nach welchem der komplement- 

bindende Antikörper in der Haut entstehe, führt zur Annahme, daß die Vaccine- 

immunität als eine histogene allgemeine Immunität aufgefaßt werden soll. Verf. 
ist in Übereinstimmung mit anderen Autoren wegen der Möglichkeit der Genera- 
lisation des Virus der Blutbahn entlang Gegner der Impfung ekzematöser Kinder. — 

Für die Einzelheiten der genau beschriebenen Versuche dieser bedeutenden Arbeit 

vgl. das Original. Zeehuisen (Utrecht). 


24. F. H. Thomson (London). The aerial conveyance of infection. 
(Lancet 1916. Februar 12.) 

Weitere Erfahrungen (dies Zentralblatt 1915, Nr. 7, S. 107) über das gefahr- 
lose Zusammenlegen von Kindern mit Infektionskrankheiten in wohlventilierten 
großen Räumen bei strenger Desinfektion und Vermeidung von Kontakt sprechen 
zugunsten dieser Methode, die nur bei zuverlässigstem Personal durchführbar ist. 
In dem .12bettigen Zimmer wurden in über 3 Jahren 256 Scharlachfälle, 146 aus 
der 1. Krankheitswoche, 104 Diphtheriefälle, 51 aus der 1. Krankheitswoche, 
41 Rubeolafälle mit 32 vom 1. Krankheitstage, 23 Mumpsfälle mit 16 vom 1. Tage 
und 75 Keuchhustenkinder, 34 aus der 1. Woche, behandelt; ferner 63 Wind- 


810 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


pockenkranke, von denen 3, 4 bzw. 31 am 1., 2. bzw. 3. Krankheitstage standen. 
Nach T.’s Beobachtungen kommt eine Luftübertragung bei ersteren Krankheitca 
nicht vor, bei Varizellen jedoch anscheinend an frühen Tagen der Affektion, hin- 
gegen nicht mehr nach dem 3.; alles weist darauf hin, daß sie im Schorfstadiun 
nicht mehr ansteckend sind. | F. Reiche (Hamburg). 


25. G. Dreyer, A. G. Gibson and E.YW. A. Walker. Further remarks 
on agglutination tests in inoculated persons. (Lancet 1916. Apniß. 
Die Verff. wenden sich gegen Tidy’s Behauptung, daß die Impfagglutinin: 
durch fieberhafte Affektionen vermindert oder ganz zerstört werden, und belegen 
mit 21 bzw. 17 Fällen von Paratyphus A und B sowie 17 weiteren von anderea 
febrilen Zuständen ihre Anschauung, daß alle diese Affektionen die Typhusaggls- 
tinine Schutzgeimpfter nicht zum Schwinden bringen. In der Regel steigen se 
sogar, und oft erheblich bei Paratyphus B-Infektionen an; bei Paratyphus A ist 
dieses weniger deutlich ausgesprochen. Auf die große Überlegenheit der makro- 
skopischen im Vergleich zur mikroskopischen Agglutininbestimmung wird zum 
Schluß hingewiesen. F. Reiche (Hamburg). 


26. Rolly. Bazillenträger, ihre Entstehung und Bekämpfung. (Mir 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 34.) » 

Die Beobachtungen weisen darauf hin, daß durch das Auftreten einer akutes 
Entzündung, durch die dadurch hervorgerufene veränderte Gewebstätigkeit der 
Schleimhaut, durch die entzündliche Hyperämie, durch das mit der Entzündusz 
verbundene abnorme Wuchern der Pneumokokken (oder auch anderer Bakterien. 
aber nicht Diphtheriebazillen), vielleicht auch durch vermehrte Tätigkeit vor 
Leukocyten usw. den Diphtheriebazillen und anderen pathogenen Bakterien am 
ehesten beizukommen ist und sie am schnellsten zu eliminieren sind. 

Reckzeh (Berlin). 


27. Wagner (Kiel). Zur Kenntnis der Spirochaete scarlatina® 
Doehle. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 

Die Spirochäte unterscheidet sich von den bisher veröffentlichten, tei! 
photographisch, teils zeichnerisch wiedergegebenen Gebilden durch ihre freie Leg: 
im Protoplasma der Zelle weit abseits vom Kern bzw. die schärfere Umrissenhe!! 
ihrer Gestalt. Reckzeh (Berlin). 


28. Wagner. Die Untersuchung von Blutausstrichen Scharlach- 
verdächtiger nach Döhle in Untersuchungsämtern. (Münchex' 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 29.) 

Je höher die Zahl der Einschlußprozente, je größer die Durchschnittszahl dr 

in jedem befallenen Leukocyten enthaltenen Einschlüsse, um so größer ist di 

Wahrscheinlichkeit, daß es sich um Scharlach handelt; kleine Einschlüsse komme: 

auch bei anderen Krankheiten häufiger vor, große selten, gewundene niemals 

Letztere können als spezifisch für Scharlach gelten. Reckzeh (Berlin) 


29. Lossen. Jodnatrium als Prophylaktikum bei Scharlach. (4 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 
Verf. kam zur Verordnung des Jodnatriums durch die Überlegung, daß å+ 
Jod schon wenige Minuten nach der Aufnahme in den Körper auf allen Schi * 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 811 


häuten ausgeschieden wird, und die Sekretion stark anregt, also die haftenden 
Krankheitskeime fortgeschwemmt werden könnten. Außerdem besitzt das Jod 
auch in dieser Form zweifellos eine desinfizierende Kraft. Reckzeh (Berlin). 


30. Kruse (Leipzig). Die Verbreitung und Bekämpfung der Diph- 
therie. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 
Die wenigen Wochen, in denen das Serum schutzkräftig wirkt, sind gewöhn- 
lich gerade diejenigen, in denen der Schutz besonders wichtig ist. 
Reckzeh (Berlin). 


31. Stahr. Zur Gram-Färbung des Löffler’schen Diphtherie- 

bazillus. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 29.) 

Die hier empfohlene und bereits vielfach erprobte Teilfärbung des echten 
Diphtheriebazillus nach Gram fixiert im Bilde das ganz eigentümliche Verhalten 
des Diphtheriebazillus gegenüber der Gram-Färbung, ohne daß der Nachprüfende 
irgendeinen Bericht über die Herstellung des Präparates einzufordern hätte, wie 
er sonst, bei positiver oder negativer Darstellung (nach Gra m) hinzugefügt werden 
müßte (Zeitangaben usw.). Wir haben somit ein sehr brauchbares Hilfsmittel 
bei der Differentialdiagnose. Reckzeh (Berlin). 


32, Langer. Wege und Ziele der bakteriologischen Diphtherie- 

diagnostik. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Die beiden durch die Agglutinationsfähigkeit unterschiedenen Gruppen der 
Diphtheriebazillen besitzen auch weitere Gruppenmerkmale. Die agglutinablen 
Bazillen weisen morphologisch den Normaltypus auf und wachsen in der Bouillon 
körnig unter Bildung eines Bodensatzes bzw. Oberflächenhäutchens. Die nicht 
agglutinablen Diphtheriebazillen sind länger und gerader und trüben die Bouillon 
diffus. Mit der Feststellung, daß alle echten Diphtheriebazillen Agglutinin binden 
können, gewinnt die Agglutination eine prinzipielle Bedeutung für den Identitäts- 
beweis der Diphtheriebazillen. Reckzeh (Berlin). 


33. 0. J. W. Adamson. Two cases of fourth disease with relapses. 

(Lancet 1916. Februar 5.) 

A. erörtert an zwei Fällen von »vierter Krankheit« die Differentialdiagnose 
gegenüber Masern und Scharlach; ungewöhnlich ist, daß der eine am 23. Krank- 
heitstage einen Rückfall des Exanthems, der andere einen kurz dauernden Fieber- 
anstieg bis 40° bekam. Das Blutbild zeigte einmal am 6. Krankheitstage 8400 
 Leukocyten mit 68,8%, Polymorphonukleären, 16,6% Übergangsleukocyten, 0% 
Eosinophilen und zahlreichen Leukocyteneinschlüssen, das andere Mal am 7. Tage 
12000 weiße Blutzellen mit 85,8%, Polymorphonukleären, 4,6%, Übergangszellen, 
1,2%, Eosinophilen und reichlichen Döhle’schen Körperchen. 

F. Reiche (Hamburg). 


34. Herbach. Beobachtungen über den Verlauf des Unterleibs- 
typhus im Felde während des Winterhalbjahres 1915—1916. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Die Mehrzahl der Fälle ist leichter und leichtester Natur. Die Mortalität ist 
niedrig. Die einzelnen Gruppen zeigen Unterschiede durch Abstufungen in der 

Schwere des Verlaufs und in der Art des Beginnes der Erkrankung, Übereinstim- 


812 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


mung durch die Einheitlichkeit des Krankheitsbildes. Auch bei den leichtetter. 
Fällen sind die diagnostisch wichtigen Merkmale vorhanden, der milderen Ferm 
der Erkrankung entsprechend in geringerer Häufigkeit. Die Zahl der bakteri- 
logisch positiven Fälle ist gering. Reckzeh (Berlin). 


35. Singer. Die klinische Bedeutung der Roseola typhosa. (Mir- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 

Das Mitergriffensein des Hautorgans bei den typhösen Erkrankungen, Ab 
dominaltyphus und Paratyphus, dem im nosologischen Komplex eine bestimm 
nicht zu vernachlässigende Bedeutung zukommt, erweis tsich nach den geschildert: 
Verhältnissen auch vom epidemiologischen Standpunkt wegen der Möglichke: 
der Übertragung der Erkrankung von der Haut aus als ein Symptom von grb: 
Wichtigkeit. Für die rasche Sicherstellung der Diagnose, namentlich unter der. 
Verhältnissen im Felde, und für die exakte Unterscheidung der mit übereinstir- 
menden Allgemeinsymptomen und ähnlichen Hauteruptionen einhergehender. 
akuten exanthematischen Fieber: Abdominaltyphus, Paratyphus, Fleckficker, 
ist die methodische Prüfung exzidierter Hautstückchen mittels Kultur nach An- 
reicherung in Bouillon und mikroskopische Durchmusterung in Schnitten ein gt- 
wichtiges Hilfsmittel. Reckzeh (Berlin). 


36. Szent-Györgyi. Apyrexie bei Typhus abdominalis. (München! 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 


Bei Typhus kann Bakteriämie auch bei vollkommener Apyrexie bestehen. 
Reckzeh (Berlin). 


37. Marek. Über den diagnostischen Wert der modifizierten Uro- 
chromogenprobe Weiss bei Typhus obdominalis. (Wiener ki. 
Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 

In Fällen von Typhus und Paratyphus liefert die modifizierte Urochromögt!- 
probe Weiss-Svestka positive Resultate auch dann, wenn andere diagnostischt 
Untersuchungsmethoden, was besonders jetzt bei frisch Geimpften häufig vorzu- 
kommen pflegt, versagen. Ihr negativer Ausfall spricht mit größter Wahrschäit 
lichkeit gegen Typhus und Paratyphus. Bei Rezidivverdacht ist die modifizier? 
Urochromogenprobe oft das einzige Mittel, welches die Diagnose ermöglicht. 
Vielleicht läßt sich diese Probe verwerten als differentialdiagnostisches Mitte! 
zwischen Typhus, Pneumonie und Meningitis cerebrospinalis epidemica. 

Seifert (Würzburg). 


38. Herrnheiser. Über hämorrhagische Diathese beim Typhi 
abdominalis und Paratyphus B. (Wiener klin. Wochenschrift 19: 
Nr. 37.) 

Die Blutungen bei den vom Verf. beobachteten Fällen von Abdominaltypf= 
mögen in eine Parallele zu stellen sein mit den Hämorrhagien, die bei an 
infektiösen, namentlich septischen Krankheiten bekannt sind. Die klinis 
Beobachtung, das durchweg schwere Krankheitsbild rechtfertigen die Ann. 
daß es sich in diesen Fällen um sehr schwere Infektionen durch besonders virult? 
Bazillen gehandelt hat. Es muß aber noch eine besondere pathologische \* 
anlagung, Disposition, Idiosynkrasie der Erkrankten angenommen werden, Vt 
hältnisse, wie sie auch bei der Erklärung der durchaus nicht konstanten Hir” 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 813 


rhagien bei den Streptokokken- und Staphylokokkenseptikämien u. a. ihr Ana- 
logon finden. 

Unter 64 bakteriologisch festgestellten Erkrankungen an Paratyphus-B abdo- 
minalis wurde nur 2mal das Auftreten von Blutungen beobachtet. Es können 
wohl die Folgerungen, die bezüglich der hämorrhagischen Diathese beim Typhus 
‚abdom. abgeleitet wurden, auch auf den Paratyphus B angewandt werden. 

Seifert (Würzburg). 
‚39. Löwy. Zur Diagnostik des Abdominaltyphus bei Geimpften. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Der Abdominaltyphus ist in sehr vielen Fällen seit der zweiten Hälfte des 
Kriegsjahres 1915 ein Typhus levis geworden, seine Mortalität ist sehr gering 
(34%), wahrscheinlich infolge der wiederholten Schutzimpfung. Die Gruber- 
Widal’sche Reaktion kann allerdings unter gewissen Einschränkungen auch bei 
Geimpften als diagnostischer Behelf verwertet werden. Von Wert ist aber nur der 
Nachweis der ansteigenden Agglutinationstiterkurve. Von besonderer diagnosti- 
scher Bedeutung für eine typhöse Erkrankung ist das meist steile und hohe An- 
steigen der Agglutinationskurve, wenn der Erkrankungstag innerhalb der ersten 
3 Monate nach der letzten Impfung fällt. Es gibt anscheinend infolge der Schutz- 
‚Impfung nicht selten typhöse Erkrankungen, bei denen sowohl die bakteriologische 
als auch die serologische Untersuchung versagt, wo also der Abdominaltyphus 
nur eine lokale Darmerkrankung darstellt. Seifert (Würzburg). 


40. Hamburger. Beitrag zur Unterscheidung von Typhus- und 
Fleckfieberroseolen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

- Zum Zweck der bakteriolögischen Roseolauntersuchung wird die Gegend 
einer oder besser mehrerer, möglichst frischer Roseolen mit Wattebausch und 
Seife gereinigt, mit Wasser nachgewischt und mit Watte getrocknet. Mit einem 
sterilen Instrument schabt man nun das Roseolagewebe in mehreren Schichten 
aus und trägt es sowie die aus den Lymphspalten und -gefäßchen des Papillar- 
körpers während des Ausschabens austretende seröse, wenig blutige Flüssigkeit 
in ein Galleröhrchen ein, wie es zur Typhusdiagnostik überall vorhanden ist. Das 
Galleröhrchen wird umgeschüttelt und wie üblich zur bakteriologischen Unter- 
suchung eingesandt. Reckzeh (Berlin). 


41. Arneth (Münster i. Westf.). Über Diagnoseschwierigkeiten bei 
Influenza und Typhus, besonders bei gleichzeitiger Milz- 
schwellung infolge von Typhusschutzimpfung. (Berliner klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 29.) 

Die richtige Deutung der Milzschwellung in unklaren Fällen ist von praktischer 
Bedeutung, besonders für den Arzt im Seuchenlazarett. Mit Rücksicht auf die 
mehrfach festgestellte Tatsache, daß in einem gewissen Prozentsatz nach den 
Typhusschutzimpfungen mit dem Auftreten eines Milztumors zu rechnen ist, 
liegt die Auffassung nahe, daß es sich in diesen Fällen gerade um solche Kranke 
handelt, die eine besondere Disposition zu Milzschwellung nach der Schutzimpfung 
an sich haben, und daß dann zusammen mit der bei Typhus oder Influenza von 
vornherein bestehenden Tendenz zur Milzvergrößerung bei ihnen ein besonders 
großer, derber und hartnäckiger Milztumor zustande kommt. 

Reckzeh (Berlin). 


814 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


42. Magnus-Alsleben (Würzburg). Erfahrungen über den Typhus 
im Feldlazarett. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 
Wir haben Grund, jeden Kranken im Felde, der länger als 2—3 Tage fiter 
und bei dem wir eine sichere und eindeutige Ursache für das Fieber in Form einer 
Pneumonie, einer Pleuritis, einer Halsaffektion, eines Rheumatismus, eines schwe- 
reren Darmkatarrhs, einer exanthematischen Krankheit usw. vermissen, a; 
typhusverdächtig anzusehen und dementsprechend zu verfahren. Mit dem Worte 
»Kriegstyphus« dürfen wir eine andere und vjel günstigere Prognose verbinden, 
als wir es sonst beim Typhus gewohnt sind. Reckzeh (Berlin). 


43. J. Pelnár. Typhus levissimus, abortivus und Paratyphus. (c:- 
sopis lekaruv ceskych 1916. Nr. 25.) 

Gewöhnlich wird der klinische Charakter des Paratyphus als eine Krankheit 
mit dem Bild eines leichten Typhus aufgefaßt. P. hat gezeigt, daß der Paratyph:: 
oft eine schwere Krankheit ist, deren Charakter uns zu der pathenogenetischen\cr- 
stellung zwingt, daß es sich um eine Krankheit handelt, die prinzipiell der Abortiv- 
form des Bauchtyphus im Sinne Liebermeister’s und Curschmann’s vtt- 
wandt ist. Doch darf selbst bei der Curschmann’schen Auffassung nicht ver- 
gessen werden, daß Typhus und Paratyphus noch nicht endgültig unterschieder 
sind. Reine Beobachtungen gewährt der gegenwärtige Krieg, der uns die Ge- 
legenheit bietet, gleichzeitig Typhus und Paratyphus bei Geimpften zu beobachten. 
Wir brauchen dringend eine Serie klinisch gut beobachteter Bilder des Typhus 
bei Geimpften, der aber bakteriologisch durch Blutkulturen sichergestellt sein 
muß. Inzwischen wissen wir nur so viel, daß der Paratyphus trotz aller Ähnlich- 
keit seinen eigenen klinischen Charakter besitzt. Auch beim Paratyphus beo> 
achten wir neben entwickelten Krankheitsbildern die Bilder eines Paratyphu: 
abortivus und eines Paratyphus levissimus. G. Mühlstein (Prag). 


44. Ch. R. Austrian and A. L. Bloomfield (Baltimore). Observations 
on the typhoidin reaction. (Arch. of internal med. 1916. Mai.) 
A. und B. konnten mit Hilfe der Typhoidinreaktion nach Gay und Force 
bei 66 Personen keine sicheren Unterschiede feststellen zwischen denen, die eine‘: 
Typhus oder eine Typhusschutzimpfung durchgemacht, und denen, bei welcher 
beides nicht anamnestisch war. F. Reiche (Hamburg). 


45. A. Stokes and G. Clarke. A search for typhoid carriers among 
800 convalescents. (Lancet 1916. März 11.) 

Unter 810 Personen, die zum größten Teil Typhus überstanden, 145 — 19 daven 
Paratyphus B und 1 Paratyphus A — nach dem bakteriologischen Befund un 
die übrigen nach dem Ergebnis der Agglutinationsprüfung, waren 11, die 3 Monat: 
nach dem Beginn der Krankheit noch mit den Fäces und 2, die noch mit der 
Urin die spezifischen Erreger ausschieden; letztere 2 waren Männer, unter erstertt 
waren 8 Frauen. In 2 Fällen von intestinalen Keimträgern war Salvarsan ohw 
jeden Effekt, bei 2 Urinkeimträgern, die Urotropin ohne Wirkung erhalten, machte: 
subkutane Vaccineinjektionen den Harn keimfrei, F. Reiche (Hamburg) 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 815 


46. S. F. Dudley (Chatham). Note on a typhoid carrier. (Lancet 
1916. April 29.) 


Zu einer Zeit, als die übrige Flotte verhältnismäßig frei von Typhus war, traten 
auf einem Kriegsschiff mit 900 Mann Besatzung 28 Fälle in unregelmäßigen Zwi- 
schenräumen auf; es wurde durch positiven Widal bei 1 : 150 ein Mann ermittelt, 
der Typhusbazillen in den Fäces schubweise ausschied. Nachfrage ergab, daß 
auf 10 Schiffen, auf denen er während der 12 Jahre vorher Dienst getan, weitere 
25 Erkrankungen zur Kenntnis gekommen waren. Von allen 53 waren sicher 
11 gestorben. F. Reiche (Hamburg). 


47. Svestka und Marek. Neue Bakteriotherapie des Bauchtyphus 
mit Typhin. (Casopis lékaruv ceskych 1916. Nr. 12.) 
Das Typhin ist ein Proteid der Typhusbazillen, das, aus denselben extrahiert, 
entsprechend chemisch verarbeitet und in eine Kolloidlösung übergeführt wurde; 
 lccm dieser Lösung enthielt 2 mg wirksamer Substanz. Es ist anfangs klar, 
später opaleszierend und trüb, hält sich lange, ohne an Wirksamkeit einzubüßen. 
Die Autoren behandelten mit demselben 60 Typhuskranke, von denen 43 gegen 
Typhus geimpft waren, allerdings vor langer Zeit. Ein Unterschied im Krankheits- 
verlauf war bei den letzteren nicht zu konstatieren. Das Typhin wurde intra- 
venös oder intramuskulär oder auf beiderlei Arten appliziert. Die Kollaps erregende 
Dosis beträgt beim Menschen mehr als 2,5 mg Typhin intravenös. Als Kontra- 
indikationen haben zu gelten: dekompensierte Klappenfehler, Herzmuskelschwäche 
höheren Grades, vorgeschrittene Veränderungen des Nierenparenchyms, Kachexie, 
Pneumonie und schwerere meningeale Erscheinungen. — Gesunde Individuen ver- 
tragen die Typhininjektionen ohne Schaden; nur die Temperatur steigt mäßig 
an; die Reaktion bei denselben ist ähnlich der nach parenteraler Zufuhr art- 
fremden Eiweißes überhaupt. Bei Geimpften ist sie nen bei Typhuskranken 
charakteristisch und nie fehlend. 

Die Temperaturkurven der mit Typhin behandelten Kranken weisen drei 
Typen auf. 1. (9 Fälle): Die Temperatur steigt am Tage der Injektion an, es stellt 
sich die Reaktion ein, und vom nächsten Tag an bleibt die Temperatur normal. 
ll. (14 Fälle): in den nächsten Tagen nach der Injektion tritt Fieber auf, doch 
sinkt dasselbe von Tag zu Tag, ohne die Höhe des vorangehenden Tages zu er- 
reichen, und verschwindet bald. III. Die Temperatur zeigt in den ersten Tagen 
nach der Injektion deutliche Remissionen, erreicht aber, besonders am späten 
Abend, noch eine beträchtliche Höhe, so daß noch ein zweite (21 Fälle) oder 
dritte (11 Fälle) Injektion notwendig wird. (Die restlichen Fälle starben, bevor 
. ein Urteil über die Wirksamkeit der Injektion möglich war.) Paratyphus A und B 
wurden in gleicher Weise behandelt; der Effekt war beim Paratyphus A viel 
schwächer, fast negativ; die Reaktion war gleich. 

Das erste Symptom der Typhinwirkung war die bald nach der ersten In- 
jektion einsetzende Besserung des Allgemeinzustands, der auch das Ergebnis der 
bakteriologischen Untersuchung entsprach: die Typhusbazillen verschwanden 
rasch aus dem Blut; sie verschwinden zwar nicht vollständig aus dem Organismus, 
aber sie verlieren die Fähigkeit, ihm zu schaden. Der Puls blieb fast in der Regel 
hart und voll, und nur selten mußten Tonika angewendet werden; niemals sahen 
die Autoren nach der Typhininjektion einen Kollaps. Die Diarrhöen hörten bald 
auf, bei 12 Fällen trat Obstipation ein. Das Nierenparenchym wurde nie geschä- 
digt. Komplikationen vermag das Typhin nicht zu verhüten. 


816 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 46. 


7 Pat. starben, davon nur 1 an einer Perforationsperitonitis, die übrigen ar 
interkurrenten Krankheiten. Die Sektionsbefunde lehren, daß das Typhin in- 
stande ist, den typhösen Prozeß im Darme günstig zu beeinflussen und einz- 
dämmen. Nie wurden hier Typhusbazillen gefunden; auch intra vitam fanden sė 
sich hier sehr selten. — Zu einer Hyperproduktion der Agglutinine im Blute kommt 
es nach der Typhininjektion nicht, der Agglutinationstiter bleibt annähernd w- 
verändert. Im Blutbild ändert sich das Verhältnis der ventrophilen Polinuklearen 
zu den Lymphocyten zugunsten der ersteren, und es treten sehr bald Eosinaptik 
auf; das Blutbild gleicht einige Tage nach der Typhininjektion jenem des Re 
konvaleszenten in der 4. oder 5. Woche. Alle Symptome sprechen dafür, dab 
das Typhin den Krankheitsprozeß abkürzt. 

Für den Praktiker kommt nur die intramuskuläre Injektion in Betracht, da 
die intravenöse und kombinierte Behandlung stürmische Erscheinungen hervör- 
ruft und daher dauernde Kontrolle erfordert. G. Mühlstein (Prag). 


48. Herxheimer. Über die Gruber-Wildal’sche Reaktion bei 
typhusschutzgeimpften Gesunden und Typhuskranken. (Be- 
liner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Die Gruber-Widal’sche Reaktion ist an sich bei Typhusimmunisiertet 
diagnostisch kaum verwertbar, auch eine »Schwellenwert«-Bestimmung versagt 
völlig; ebenso die Nebenagglutination auf Paratyphus B-Bazillen. Hingegen läßt 
sich eine mehrfach vorgenommene Agglutination mit ziemlich plötzlichem starken 
Steigen der Titerhöhe fast stets (außer in den 2 ersten Monaten nach der Impfung) 
diagnostisch im Sinne des Typhus verwerten, Reckzeh (Berlin). 


49. Fürst. Die Komplementbindung zur Diagnose und Differential- 
diagnose bei Typhus. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 3.) 
Bei der Verwaschenheit der klinischen Differentialdiagnose zwischen Typhus 
und Fleckfieber erscheint die Beobachtung des Steigens und Fallens des Gruber- 
Widal und die Beobachtung des Auftretens von spezifischen komplementbindenden 
Hemmungskörpern als ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel. 
Reckzeh (Berlin). 





Nachtrag zur Arbeit »Über Hungerödeme« von A. V. Knack in Nr. % 
dieser Zeitschrift. 

Im vorvorletzten Absatz ist zu lesen: ... beschrieben wird, insofern als auch 
hier verkappte ruhrartige Zustände, allerdings ohne bestimmt faßbare infek- 
tiöse oder ernährungstoxische Ursache, vorlagen. 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mas 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an dt 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 








Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 





817 


Tentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 47. Sonnabend, den 25. November 1916. 


Inhalt. 


C. Bachem, Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
Referate: 1. Cammaert, 3. Aldershoff. 3. Moon, 4. Peutz, 5 Galambos, 6. Saxl, 7. Doctor, 
8. Kallebe, 9. Mac Adam, Behandlung von Typhus, Typhus abdominalis und Paratyphus. 


Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. 
(Juli bis September 1916.) 


Von 


Prof. Dr. Carl Bachem in Bonn. 


Zu dem sog. »Ergänzungsbuch« zum Deutschen Arzneibuch, 
das soeben in neuer Auflage erschienen ist, hat Lewin (1) eine Anzahl 
Maximaldosen festgesetzt, die zwar keine amtliche Gültigkeit haben, 
aber dennoch als Richtschnur für den praktischen Gebrauch ange- 
sehen werden dürfen. Von diesen für etwa 150 Präparate genannten 
Maximaleinzelgaben haben von neueren Arzneimitteln etwa folgende 
Bedeutung: Hedonal 2,0, Helmitol 1,0, Hydrargyrum sozojodolicum 
‚0,05, Medinal 0,75, Migränin 1,0, Nitroglyzerin 0,001, Orexintannat 
0,5, Papaverinum hydrochloric. 0,05, Proponal 0,5, Stypticin 0,1» 
Maximalgaben für neuere Arsenpräparate, besonders Salvarsan, Sal- 
varsannatrium und Neosalvarsan sind absichtlich nicht genannt, um 
dem Arzte einen weiten Spielraum zu lassen; ihrem Arsengehalt (auf 
arsenige Säure bezogen) nach würden Gaben von 0,03—0,04 genannt 
werden müssen. Lewin fordert sodann, daß die Maximaleinzelgabe 
“erst nach mindestens 2 Stunden wiederholt werden darf und daß die 
Maximaltagesgabe an 2 aufeinanderfolgenden Tagen möglichst zu 
vermeiden ist. Die Maximaldosis für Kinder bis 12 Jahre soll in der 
Weise berechnet werden, daß man die Anzahl der Jahre durch die 
Anzahl der Jahre +12 dividiert, für 12—18jährige ist Y,z—°/,, von 
18—21 Jahren ®/, bis zur vollen Dosis des Erwachsenen zu geben. 


47 


818 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


Versuche über die intravenöse Narkose bei Kaninchen stam- 
men von Lüthi (2) Dieser Autor stellte unter anderem fest, daß ein: 
Kombination Morphium-Äther die Narkose erheblich verlängert uni 
verstärkt gegenüber einem einzigen Bestandteil der Mischung; Äther 
wurde 1/4 Stunde nach dem Morphium gegeben. Bei der Kombination 
Äther-Skopolamin scheint viel von der Zeit der Verabreichung beider 
Mittel abhängig zu sein (daher hält Verf. seine Versuchsergebnisz 
für noch nicht ganz eindeutig). Außerdem wurden zahlreiche Ver- 
suche mit anderen Narkotikakombinationen angestellt, aus denen 
hervorgeht, daß die narkotisierende Äthermenge durch Morphin. 
Cannabis indica, Skopomorphin herabgesetzt werden kann (gleich 
tiefe Narkose usw. vorausgesetzt). Natürlich treten bei diesen Kom- 
binationen auch die Schädlichkeiten der einzelnen Narkotika (z.B. 
Atmungsschädigung beim Morphium) hervor. 

Die intravenöse Isopral-Äther-Kochsalz-Narkose wird ver. 
Dieterich (3) empfohlen. Die Technik ist etwa folgende: Aus drè! 
durch Hähne verschließbaren Büretten werden die Lösungen durch 
Schläuche in einen Weg geleitet, der, durch einen Tropfhahn unter- 
brochen, in eine Vene führt. In der einen Bürette befindet sich ar- 
gewärmte 1,5%ige Isoprallösung, die andere enthält eine 5%ige 
Äther-Kochsalzlösung von 28°, die dritte eine physiologische Koch- 
salzlösung von 42°. 20 Minuten vorher wird 0,01 Morphium injiziert, 
dann läßt man in 3 Minuten etwa 50 ccm Isoprallösung einlaufer. 
Danach werden die Kranken schläfrig, und man kann mit dem Zulauf 
des Äthers beginnen. Nach 6—8 Minuten ist das Toleranzstadium 
erreicht. In tiefer Narkose kann man den Tropfhahn etwas zurück- 
stellen. Bei unangenehmen Zufällen oder gegen Ende der Operation 
läßt man reine Kochsalzlösung zulaufen. Jedenfalls darf der Zulaui 
der Flüssigkeiten nie unterbrochen werden (Gerinnselbildung!). Bei 
exakter Handhabung der Methode scheinen Unannehmlichkeiten 
nicht oder nur in geringem Grade aufzutreten. Kontraindiziert is: 
die Methode bei Arteriosklerose, schwerer Myokarditis und allge- 
meiner Plethora. 

Das neue Opiumpräparat Holopon (s. Sammelreferat in Nr. 2 
und 36) hat Schlomer (4) in der neurologischen und psychiatrischen 
Praxis angewandt. Er war mit der Wirkung durchaus zufrieder: 
lokale Reizerscheinungen traten nie auf. Die Wirkungsintensit:! 
war ebenso stark wie beim Pantopon, die Dauer der Wirkung manch 
mal anhaltender. Gewöhnung an das Mittel oder Abstinenzerschei- 
nungen nach dem Aussetzen hat Verf. nicht beobachtet. 

Pollack (5) tritt für den Ersatz des Morphiums durch Nar- 
kophin ein. Zur Injektion genügt 0,03, innerlich 15—20 Tropic 
einer 3%igen Lösung. Als Schlafmittel (auch bei Schmerzen) b- 
währte sich das Rp.: Narcophini 0,015, Luminal 0,1, Adalin 0,25—0.5. 
Offenbar ist hier die Wirkung der einzelnen Narkotika potenziert. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 819 


Ein neues Schlafmittel aus der Hydantoingruppe (Hydantoin- 
jiykolylharnstoff), das Phenyläthylhydantoin, wurde von Wer- 
ıecke (6) als gutes Schlaf- und Beruhigungsmittel erkannt. Es bildet 
in weißes, in Wasser schwer lösliches (das Natriumsalz ist leicht 
öslich) kristallinisches Pulver. Phenyläthylhydantoin wirkt, wie 
ıharmakologische Versuche ergaben, ebenso stark schlafmachend wie 
‚uminal, aber ohne dessen unangenehme Nebenwirkungen zu be- 
itzen. W. verabreichte das Mittel bei einer Reihe von Psychosen in 
jaben von 1/4— 1g pro dosi und 2—3g pro die. Es zeichnete sich nicht 
ur durch seine Geschmacklosigkeit aus, sondern erwies sich auch als 
usgezeichnetes sicheres Schlafmittel. Nebenwirkungen scheinen so 
ut wie gar nicht vorzukommen. Als Sedativum und in Fällen leichter 
chlaflosigkeit genügen Y,—Y.g. »Nirvanol« kommt in Tabletten 
u 0,5g in den Handel. Ä = 

Dünner und Eisner (7) unterziehen die Pneumoniebehandlun 
it Chinin einer Kritik. Sie kommen zu dem Schluß, daß die Dar- 
eichung des Chinins per os nicht das gleiche leistet wie Optochin. 
Ntoxikationserscheinungen lassen sich beim Optochin durch Ver- 
esserung der Dosierung vermeiden. Im Gegensatz zu den Aus- 
ihrungen der beiden Verff. zieht Aufrecht (s. Sammelref. 1915, 
tr. 22) das Chinin (subkutan) bei der Pneumoniebehandlung dem 
)ptochin vor. — Die intravenöse Injektion des Chinins bei Malaria 
at sich von Steyskal(8) bewährt. Die von ihm erfolgreich be- 
tandelten Pat. waren solche, die auf eine orale Behandlung nicht 
eagierten, während sie nach intravenöser Injektion selbst in Fieber- 
genden rezidivfrei blieben. Von Wichtigkeit ist die Verabreichung 
och während des Fiebers, und zwar womöglich noch im Anstieg des- 
elben. Man injiziere 2—3, später auch 4—5 ccm einer 20%igen 
.ösung von Chininum bihydrochloricum. Der Injektion folgt alsbald 
in unangenehmer Zustand von Erregung, Ohrensausen, Bitterkeit 
m Munde, Erbrechen und in den folgenden Stunden manchmal Kopf- 
chmerz. Nebenwirkungen lokaler Natur wurden vermißt. Eine 
veitere Injektion wird nur bei nochmaligem Fieber vorgenommen. — 
Jie Wirkung des Chinins auf das Wachstum bei transplantierten 
Mäusetumoren hat Joannovics (9) studiert. Unter der Chinindar- 
eichung (1 mg) per os entwickelten sich bei den geimpften Tieren stets 
Tumoren. Auf das Wachstum derselben wirkten sie verschieden; die 
Wirkung zeigte sich jedoch nur bei intraperitonealer Injektion. Von 
ihnlichem Einfluß war Natrium salicylicum. 

Zahlreiche Arbeiten befassen sich mit den pharmakologischen 
Ind toxikologischen Eigenschaften des Optochins. Neuere Mit- 
eilungen über die Optochintherapie bei Pneumonie berichtet in 
‚nem Sammelreferat Waetzoldt (10); da die meisten der hier er- 
wähnten Arbeiten bereits in diesem Zentralblatt (s. Sammelref. in 
Nr. 36 d. J.) besprochen sind, können sie an dieser Stelle übergangen 


47° 


820 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


werden. — Weniger günstig als die meisten der bisherigen Autoren 
äußert sich Raestrup (11) über die Erfolge der Pneumoniebehand- 
lung mit Optochin. In den 23 beobachteten Fällen zeigte sich zwar, 
daß eine dem Mittel mit Sicherheit zuzuschreibende Schädlichkeit 
nicht nachzuweisen war, daß aber unter anderem das subjektive Be- 
finden 20mal unbeeinflußt blieb und nur 3mal gebessert war, die En:- 
fieberung erfolgte meist zwischen dem 5.—8. Tage (meist Iytisch). 
Der objektive Befund blieb 20mal unverändert, 3mal gebessert. Wän- 
rend der Pneumoniebehandlung mit Optochin wanderte die Erkran- 
kung 9mal auf andere Lungenpartien weiter. Komplikationen traten 
3mal auf. Verf. hält einen therapeutischen Wert nicht für erwicser. 
wenigstens bei bereits entstandener Entzündung. Im Anfang de: 
Krankheit wurde die Leukocytose vermindert. R. will das Optochi: 
nur versuchsweise im Beginn der Erkrankung gelten lassen. D:7 
Kampfer ist der Vorzug zu geben. — Die von Haas aufgestellt: 
(im Sammelreferat in Nr. 36 erwähnte) Forderung, bei Pneumoni: 
genau auf die Art der Kokken bakteriologisch zu prüfen — ob Pneum'- 
oder Streptokokken —, wird auch von Schirmer (12) auigesicit. 
Bei Streptokokkenpneumonie würde dann statt des hier versau.nd:a 
Optochins besser Collargol (neben großen Alkoholgaben) angewani: 
werden, dagegen bei Pneumokokken das Optochin, bei Mischinfex- 
tionen Optochin neben Collargol und großen Alkoholgaben. — Schat- 
fer (13) hat den Einfluß des Optochins und Eucupins (Amylhydic- 
cupreins) auf Diphtheriebazillen festgestellt und gefunden, das dż: 
letztere Präparat in dieser Hinsicht dem Optochin überlegen isi. 
1 %ige und selbst stärkere Lösungen könnten demnach ohne Bedenken 
zum Gurgeln und Pinseln der Tonsillen bei Diphtherie angewend:. 
werden. Als Geschmackskorrigens kann Saccharin usw. dienen. — D:: 
Desinfektionswirkung von Chinaalkaloiden auf Streptokokken prüft:: 
Morgenroth und Tugendreich (13a). Optochin wirkt rein lok: 
desinfizierend beim Pneumokokkenulcus der Cornea und bi c~ 
spezifischen Desinfektion des Subarachnoidealraumes; seine Wirkur.- 
auf Streptokokken ist geringer. Dagegen erwiesen sich hieraci: 
stärker das Isoamylhydrokuprein (Eucupin), das Heptylhydrokupte 
und das Isoktylhydrokuprein. Die beiden letzteren wirken sta: 
toxisch. Das Eucupin scheint beim Menschen zulässig; es soll at! 
gegen Krebs- und Röntgenulzerationen wirksam sein. — Neben die: 
günstigen Eigenschaften des Optochins mehren sich neuerdings at! 
Stimmen, welche die Nebenwirkungen des Mittels auf das Scherz? 
betonen. So verbreitet sich Pincus (14) ausführlich über zwei F&-: 
dem ein dritter angefügt ist, von schwerer Sehstörung nach innerlich: 
Optochingebrauch. Es entwickelten sich schwere amaurotische 2} 
stände. Einen fast analogen Fall berichtet v. Hippel(15) und b 
spricht bei dieser Gelegenheit kritisch die bisherige Literatur i“ 
die Nebenwirkungen auf das Auge. Drei weitere Fälle, die ebeni ~ 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 821 


zu großer Vorsicht mahnen und die ausführlich unter besonderer Be- 
rücksichtigung des ophthalmoskopischen Befundes mitgeteilt sind, 
wurden von Adler (16) beschrieben. 


Seine Erfahrungen mit Papaverinum hydrochloricum in der 
Röntgendiagnostik teilt Moeltgen (17) mit. Er beschreibt zwei Fälle 
(mit Röntgenogrammen) und kommt zu dem Schluß, daß Gaben von 
),03—0,08 subkutan oder per os infolge der krampflösenden Wirkung 
ein wertvolles Hilfsmittel bei der röntgenologischen Untersuchung 
zur Differentialdiagnose Kardiospasmus oder organische Kardiastenose 
sind. 

Interesse beanspruchen einige Versuche über Kampfer und seine 
Derivate, besonders des synthetischen Kampfers (s. Sammelref. 
Nr. 22 u. 35, 1915). Joachimoglu (18) stellte vergleichende Unter- 
suchungen über die Wirkung des rechts-, links- und inaktiven 
Kampfers an; er fand, daß bei intraperitonealer Injektion bei Katzen 
sich ein wesentlicher Unterschied in den drei Kampferarten nicht 
feststellen JAßt. Leyden und von den Velden (19) prüften einige 
Kampferderivate an dem durch Chloralhydrat geschwächten Frosch- 
herzen; sie fanden, daß der r- und I-Kampfer von gleicher Wirkungs- 
stärke sind, dagegen zeigte sich optisch inaktiver Kampfer wirkungs- 
los, was im Gegensatz steht zu den Ergebnissen anderer Autoren (z. B. 
des Referenten). Von untergeordneter Bedeutung sind die Ergeb- 
nisse mit den anderen geprüften Derivaten: Epikampfer, Äthylkampfer, 
Kamphenilon, Kamphen usw. | 

Straub’s (20) pharmakologische Untersuchungen über die 
Mengen der wirksamen Bestandteile in Digitalissamen und Digi- 
talisblatt ergaben, daß die Samen etwa 1,3% wirksamer Glykoside 
enthalten; es handelt sich dabei um Digitalinum verum und Digi- 
talein. Digitoxin und Gitalin sind in den Samen nicht enthalten. 
Digitalisblätter enthalten etwa 1% wirksamer Glykoside; diese be- 
stehen zu %, aus Digitoxin, zu 2/, aus wasserlöslichen Glykosiden 
und Gitalin. Im Infus ist absolut weniger wirksame Substanz und 
relativ mehr Digitoxin enthalten als im Kaltwasserextrakt; Infuse 
sind gitalinärmer und enthalten nur geringe Mengen Digitoxin. — In 
einer besonderen Arbeit befaßt sich derselbe Autor (21) mit der Mes- 
sung der Resorbierbarkeit von Digitalisglykosiden. — v. Jagic (22) 
ist Anhänger der intramuskulären Digitalistherapie und bevorzugt 
zwei neuere (in Österreich-Ungarn hergestellte) Präparate, das Di- 
50sid, das ein Gemenge wirksamer Glykoside darstellt und zu 3 bis 
>ccm intramuskulär injiziert wird, und das Adigan, ein Präparat, 
bei dem die Saponinsubstanzen entfernt sind (1 ccm der handels- 
fertigen Lösung = 0,1 Fol. Digital. titr.). Auch wird nochmals die 
Notwendigkeit der Verordnung titrierter Digitalisblätter betont sowie 
der Verkauf derselben zu einem mäßigen Preise befürwortet. — Ein 
neues deutsches Digitalispräparatist Liquitalis, von Ingwersen (23) 


822 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


als brauchbar erprobt. Es stellt eine dunkelbraune Flüssigkeit dar, 
die frei von den »Ballaststoffen« der Digitalis ist und von der 1 «m 
0,1 Folia Digit. titr. entspricht. Das Mittel wurde gut vertragen und 
erwies sich von prompter Wirksamkeit auf das Herz usw., sowie von 
erheblicher diuretischer Kraft. 


Untersuchungen über die Wirkung kleinster Gaben Äthyl- 
alkohol auf das isolierte Katzenherz stammen von Fischer (24h, 
welcher unter anderem fand, daß aus einer Nährlösung Alkohol ver- 
schwindet, und zwar in Mengen, die bei völliger Oxydation zu Kohlen- 
säure und Wasser hinreichten, um einen großen Teil des Energis- 
bedaris des Herzens zu decken. Eine überzeugende analeptisch 
Wirkung des Alkohols am erschöpften Herzen konnte nicht beobachtet 
werden; das Herz arbeitet unter dem Alkohol anscheinend unökonv- 
mischer. 


Schram, Storm van Leeuwen und van der Made (25) stv- 
dierten die Wirkung des Äthers auf das Säugetierherz und da 
Kreislauf. Bei Katzen mit künstlicher Atmung trat bei einer Kon- 
zentration von 0,25% im Blute Herzstillstand ein. Bei Atropini- 
sierung oder Vagotomie stieg die minimal letale Konzentration ar! 
0,31%. Wird in der Narkose die starke Blutdrucksenkung ausge- 
schaltet und bringt man das Herz unter günstigere Ernährungsb:- 
dingungen, so beträgt diese Konzentration sogar 0,44%. Wird da: 
isolierte Katzenherz nach Langendorff mit unverdünntem Blui: 
durchströmt, so wird die minimal letale Konzentration auf 0,55". 
erhöht. Bei einer noch eben narkotisierenden Ätherkonzentration im 
Blute (0,13—0,14%) kann der Blutdruck infolge Beeinflussung ds 
Vasomotorenzentrums und der Vaguswirkung stark sinken. Der Herz- 
muskel wird hierbei noch kaum geschädigt. 

Unter dem Namen Argaldin kommt ein neues Silber-Eiwei!- 
präparat in den Handel, das nach Meyer (26) durch Einwirken ver: 
Hexamethylentetramin auf protalbinsaures Silber gewonnen wiri. 
Es enthält etwa 9°%% Silber und ist in 10 %iger Lösung erhältlich. In 
seiner Wirkung auf Gonokokken soll es dem Argentum proteinicu” 
gleichwertig sein, dabei in Lösung haltbar und ohne Reizwirkun:. 
Auch auf Eitererreger wirkt es deutlich abtötend und sehr stark en: 
wicklungshemmend. 

In einer längeren Arbeit behandelt Naegeli (27) die moder: 
Salvarsan-Syphilistherapie der Autoren. Er bespricht die Verat- 
reichungsweise des Salvarsans (intramuskulär, intravenös, rekt. 
lokal), ferner behandelt er die Frage »Salvarsan oder Neosalvarsar:' 
und geht ausführlich auf die Dosierungsfrage ein, sowie auf die Fra: 
nach den Intervallen. Weiterhin erörtert er die Kombinationsbehat- 
lung mit Salvarsan, Quecksilber und Jod. Auch wird die Behandi“! 
syphilitischer Frauen während der Schwangerschaft sowie die B 
handlung der Säuglings- und Kinderlues besprochen. Die Zusamm 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 823 


stellung (deren Schluß im Oktober erscheint) endigt mit der Bespre- 
chung der Luesbehandlung des Zentralnervensystems. — Hirsch (28) 
skizziert 22 von ihm mit Salvarsannatrium behandelte Fälle und 
ist mit der Wirkung durchaus zufrieden. Besonders bei Lues maligna 
war ein glänzender Erfolg zu sehen, dagegen reagierten einige Fälle 
von kongenitaler Lues nicht. Nebenwirkungen traten nicht oder in 
nur geringem Grade auf. — Von Treupel(29) wird die Frage auf- 
geworfen, ob die gleichzeitige Anwendung von Salvarsan und Queck- 
silber summierend wirkt. Auf Grund seiner Beobachtungen verneint 
er sie, Das bedeute zwar nicht einen Verzicht auf die kombinierte 
Behandlung, sondern weise nur auf eine andere Kuranordnung hin. 
Der sicherste Weg zur Vermeidung schwerer Nebenwirkungen sei die 
Verwendung kleiner Anfangsgaben und eine allmähliche Steigerung 
derselben. 


Ein Kalomelexanthem nach 0,4 Kalomel hat Becker (30) 
beobachtet. Es trat eine scharlachähnliche Rötung des ganzen Körpers 
ein, die von Jucken begleitet war und nach 4 Tagen abblaßte. Zu 
einem Ekzem kam es nicht. 


Experimentelle Untersuchungen Boruttau’s (31) befassen sich 
mit der Ausscheidung und Speicherung des Jods bei längerdauernder 
Zufuhr kleiner Gaben; diese werden, einerlei ob als Jodalkali, Jod- 
eiweiß oder Jodfett dargereicht, überwiegend prompt ausgeschieden. 
Träger von Jod in beschränktem Maße ist nur der Lymphapparat, 
bzw. die weißen Blutkörperchen. Die Schilddrüse behält ihre elektive 
Jodaufnahme auch gegenüber kleinen Mengen. Eine eigentliche 
Speicherung, besonders in Gewebslipoiden, findet dabei nicht statt. 
Weiterhin befaßt sich der Autor mit der hämodynamischen Jod- 
wirkung in ihrer Beziehung zur Arteriosklerose und unterwirft be- 
sonders die Angaben Lehndorff’s einer kritischen Besprechung. 

Eine einfache Jodprobe beschreibt Hecht (32): in zwei Reagenz- 
röhrchen wird 12—15 ccm des zu untersuchenden Harnes gegeben. 
Das eine wird mit offizineller Wasserstoffsuperoxydlösung zu %jo 
aufgefüllt, das andere mit Wasser. Schüttelt man kräftig durch, 
so tritt in dem Wasserstoffsuperoxydröhrchen bei Anwesenheit von 
Jod nach 2—3 Minuten eine mehr oder weniger intensive Braunfärbung 
ein. Man kann auf diese Weise Jodnatrium in Verdünnung von 
1:15000 noch nachweisen. Außerdem kann man noch mit Chloro- 
form ausschütteln. | 

Das Jodnatrium als Prophylaktikum bei Scharlach hat sich 
Lossen (33) gut bewährt: gelegentlich einer Scharlachepidemie wurde 
einer ganzen Lazarettabteilung 3mal täglich ein Teelöffel einer 5 %igen 
Jodnatriumlösung gegeben. Der Erfolg war der, daß auf der so be- 
handelten Station keine weiteren Scharlachfälle auftraten. Verf. 
führt die Wirkung auf die verstärkte Sekretion der Schleimhäute und 
die antiseptische Wirkung des sich abspaltenden Jods zurück. 


824 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


Reichert (34) beschreibt die Verwendung einer Jodpastile 
»Mea Jodina« zu Zwecken der Desinfektion in der Chirurgie und 
Geburtshilfe. Die Herstellung der Pastille aus Glyzerin, Jodkalium. 
Traubenzucker, Jod einerseits und Traubenzucker, Kochsalz und 
Jodkalium andererseits geschieht nach einem patentierten Verfahren. 
(Ebenfalls jodabspaltende Tabletten [» Jodoin«] wurden vom Ref. 
eingeführt und sind Münchener med. Wochenschrift 1913, Nr. 47 be- 
schrieben.) 

Gegen die von Amsler (s. Sammelref. in Nr. 36 d. J.) vertretene 
Ansicht, durch Kalziu mzufuhr der Zahncaries vorbeugen zu können, 
wendet sich Greve (35). Abgesehen davon, daß zwischen Caries 
und Kalkarmut keine direkte Beziehung besteht, ist nur der jugend- 
liche Zahn (bis zu 8 Jahren) der Beeinflussung durch Kalkzufun: 
fähig. Von anderer zahnärztlicher Seite (Haupt meyer) wurde durch 
langdauernde Kalziumtherapie kein Erfolg gesehen. 


Einige neue Indikationen zu Magnesiu minjektionen beschreibt 
Tar (36). Er behandelte Fälle von Nervenschmerzen in der Umgebung 
einer Verletzung usw. erfolgreich mit Injektionen von etwa 10—30 cem 
einer 10—15%igen Magnesiumsulfatlösung (auf den Nerv injiziert). 
Auch bei Ischias erwiesen sich ähnliche Gaben den Kochsalzinjektionen 
überlegen. | 


Leidner (37) liefert neue experimentelle Beiträge zur Frage dè 
Eisenresorption und -assimilation unter besonderer Berücksichtigun: 
der Stahlquellen. Die an einem Duodenalfistelhund und mit 200 ccr 
Elsterer Moritzquelle angestellten Versuche ergaben, daß im Duv- 
denum durchschnittlich 87 % resorbiert werden. Die Resorption geht 
so rasch vor sich, daß man außer an eine Duodenalresorption auch 
an eine Magenresorption denken muß. Ferner ergab sich, dab ca 
Resorptionsvermögen des Darmes für Eisen schnell erlahmt und dat 
häufiger zugeführtes Eisen nicht so gut resorbiert wird. Durch fort- 
gesetzte Darreichung verschiedener Eisenpräparate an Mäuse gelang 
es, den Eisenbestand des Körpers auf das 5—7fache zu steigern. An- 
organische und organische Eisenverbindungen wurden gleich gut 
ausgenutzt. 

Amöben- wie Bazillenruhr will Ziemann (38) erfolgreich b- 
kämpft haben mit einer Kombination von Karlsbader Salz (morgen: 
und abends 1 Teelöffel in warmem Wasser) und Bismutum sub- 
nitricum (6—10mal täglich je 0,3). Die Stühle bessern sich bereit 
am 2. oder 3. Tage. Treten dennoch Blut und Schleim auf, so setz: 
man die Wismutbehandlung aus und gibt nur Karlsbader Salz. Beid: 
Mittel sind noch 5—7 Tage nach Eintritt normalen Stuhles zu reicher. 
Selbstverständlich ist Bettruhe und Diät, wie üblich, zu beobachten. 

Bei einer Studie über das Verhalten des basischen Wismut- 
nitrats gegenüber verdünnten Säuren kommt Böck mann (39) a 
dem Schluß, daß dieses Salz infolge seines eigentümlichen chemischer 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 825 


Verhaltens bei den Säurekonzentrationen, wie sie im Magen vor- 
kommen, keine nennenswerte säuresättigende Fähigkeit besitzt. 

Optannin, eine Verbindung der Gerbsäure mit einem basischen 
Kalksalz (s. Sammelref. in Nr. 36 d. J.), wird von Klemperer (40) 
bei der Behandlung diarrhoischer Zustände empfohlen. Bei nervösen 
Durchfällen sei es vielleicht den bisherigen Mitteln vorzuziehen. 

Als gutes Darmadstringens wird von Cloetta (41) das kolloidale 
Aluminiumhydroxyd empfohlen, das in seinen Eigenschaften dem 
weißen Bolus nahesteht. Es passiert den Magen unzersetzt und löst 
sich erst im Darme. Liebmann (42) ist mit dem Mittel, das unter 
dem Namen Alutan in den Handel kommt (Ausfuhr aus der Schweiz 
einstweilen noch nicht gestattet), recht zufrieden bei Diarrhöen aus 
verschiedenen Ursachen. Man gibt 2—3 gestrichene EBlöffel täglich 
in Wasser oder Milch aufgeschwemmt. Erbrechen tritt danach 
selten auf. 


Van der Haar (43) liefert einen Beitrag zur Pharmakologie der 
Saponine; die Versuchsergebnisse, die an Fischen, Fröschen und 
Ochsenblut gewonnen wurden, sind im Original nachzulesen. 


Pick und Wasicky (44) analysierten die Emetinwirkung; 
dieses Alkaloid lähmt die glatte Muskulatur des Verdauungstraktur 
bei Säugetieren, die Bronchialmuskulatur bei Meerschweinchen und 
Kaninchen, die Muskulatur des graviden Meerschweinchenuterus und 
die Muskulatur des Froschherzens, kleine Dosen erregen die Peristaltik 
des Säugetierdarms. Der Angriffspunkt dieser lähmenden Wirkung 
ist die Muskulatur selbst; in dieser Grundwirkung schließt es sich dem 
Papaverin, Narkotin, Chelidonin und der Uzaradroge an. 

‘Das aus den Sennaglykosiden hergestellte Abführmittel Sennax 
(bereits in früheren Sammelref. erwähnt) wird von Kollwitz (45) 
für die Kinderpraxis empfohlen. Hier beträgt die Gabe vor dem Zu- 
bettgehen 1 Tablette, bzw. !/,—1 Teelöffel. Es wird auch von Säug- 
lingen gut vertragen. | 

Calmann (46) verbreitet sich eingehend über die Pharmako- 
therapie der Wehenschwäche und nennt ausführlich die Indikationen 
und Gaben für den Gebrauch von Ergotin, Hypophysispräpa- 
raten und Chinin. 

Als Styptikum bei gynäkologischen Blutungen verschiedenster 
Herkunft lobt Oppenheim (47) das Erystypticum (ein Kombina- 
tionspräparat von Sekale und Hydrastis). Die Erfolge bei den ein- 
zelnen Arten von gynäkologischen und geburtshilflichen Blutungen 

sind tabellarisch wiedergegeben. 

Die Behandlung der Dysmenorrhöe mit dem Hefepräparat Men- 
strualin befürwortet Kauffmann (48). Gabe: 2mal täglich 2 bis 
3 Tabletten vor und während der Menstruation. 

Ein unter dem Namen Fischol in den Handel kommender Leber- 
tranersatz in Pulverform besteht aus phosphorhaltigen pflanzlichen 


826 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


und tierischen Eiweißstoffen, aus Hefe, Eiern und Fermenten stammeni. 
Außerdem findet sich in geringer Menge Kalk, Fett und Spuren ven 
Jod. Es ist ein weißes, in Flüssigkeit leicht aufschwemmbares Puliz, 
von honigartigem Geschmack und großer Haltbarkeit. Bei den vč- 
schiedensten krankhaften Zuständen des Säuglingsalters hat sich cz: 
Mittel (messerspitzenweise gegeben) Riehn (49) sehr gut bewähr: 
Es werden 18 Fallgeschichten mitgeteilt. 

Die Behandlung von Furunkeln mittels Ichthyol wird vor 


Türckheim (50) empfohlen. Man streicht das Mittel bis zum Rand: 
der Rötung auf und bedeckt mit Leukoplast. Dies wird täglich x 


lange fortgesetzt, bis der letzte Eiterrest verschwunden ist. 

Ein neues Teerpräparat (aus Oleum Juniperi empyreumaticun 
gewonnen) ist das Cadogel; es wird von Polland (51) warm emp 
fohlen zur Behandlung von chronischen und akuten Ekzemen, sow 
bei anderen Hautkrankheiten: Psoriasis, Pruritus, Lichen rube. 
Scabies usw. Cadogel kommt in verschiedenen Konzentrationen uni 
als Seife in den Handel. 

Von neueren Hefepräparaten hat sich Arnheim (52) die Bio- 
zy me bei Furunkeln, Akne usw. gut bewährt. Sie erwies sich als er 
Hefepräparat von starker Gärkraft. 


Reich (53) untersuchte einige Kresolseifenpräparate aufıhr 
antiseptische Kraft und fand, daß eine 5%ige »Kremulsion: (el: 
bazillen bzw. Staphylokokken nach 2 bzw. 3 Minuten abtötet, dah: 
wohl einer 5%igen Lösung von Liquor Cresoli saponatus als gleich- 
wertig angesehen werden kann. 


Das milchsaure Kalium ist neuerdings in der Medizin un: 
dem Namen »Perkaglyzerin« bekannt geworden (s. Sammir 
in Nr.36). Da diese Salzlösung stark hygroskopisch ist, dient ë 
an Stelle des Glyzerins zu äußerlichem Gebrauch in der Dermatolog! 
(Odstrcil, 54), wie auch zur inneren Anwendung bzw. als Klysm 
bei Obstipation (Mayer, 55). Seine Konstitution als milchsauè 
Kalium erklärt auch die Alkaleszenz (Karbonate) des Harns sovi: di 
ebenfalls von diesem Autor geschilderte Wirkung auf Durchfäli 


(Milchsäureanwendung gegen Durchfälle ist seit langer Zeit bekami. ; 


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— Nach Sommerfeld (56) sollen ihm auch konservierende Ei | 


schaften zukommen. (Wie von pharmazeutischer Seite mitgeteil in 
wie Ref. bestätigen konnte, scheint diese konservierende Kralt nie 
immer vorhanden zu sein: in einer mit Perkaglyzerin versetzt li 
sung von Gummiarabikum bildet sich nach einigen Tagen reich“ 
Schimmel, dagegen in einer mit gleichen Mengen Glyzerin vers 
Lösung nicht). | | 

Über denSuprareningehalt handelsüblicher Präparate unix" 
Feststellung hat Johannessohn (57) eingehende Untersuchung! 
gestellt und gefunden, daß sich zur quantitativen Bestimmung !" 
näher angeführte kolorimetrische Methode am besten eignet. P 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. | 827 


Unterschiede gegenüber der in der Deklaration angegebenen Menge 
ist oft groß. Ampullen sind im allgemeinen haltbarer als Tabletten. 
Eine Lagerfrist von 15 Monaten veranlaßt meist keine wesentliche 
Abnahme des einmal vorhandenen Suprareningehaltes bei einem ge- 
ringen Salzsäurezusatz. Sterilisierte Lösungen sind vor der Ein- 
führung in den Handel auf ihren Suprareningehalt zu prüfen. 

v. Noorden (58) berichtet über einen Fall von chronischer 
Trionalvergiftung, in dem eine ältere Frau 20 Jahre lang fast 
täglich 3/,—1 g Trional, später auch Veronal, genommen hatte. Es 
handelte sich im wesentlichen um ein aus Herzschwäche, Anämie und 
Polyneuritis zusammengesetztes Krankheitsbild, das längere Zeit an- 
hielt. Insbesondere war die Herzschwäche bedrohlich. Die Behand- 
lung war hauptsächlich auf diese gerichtet. 

Bei einem 4jährigen Kinde, das etwa 1 ccm Bromoform ge- 
trunken hatte, trat Bewußtlosigkeit und Cyanose ein, Erscheinungen, 
die auf Kampferinjektion und kalte Übergießungen verschwanden 
(Rattner, 59). 

Eine akute Vergiftung mit ca. 10 g Strophanthustinktur be- 
schreibt Neumann (60). Obwohl bald reichliches Erbrechen erfolgte, 
traten dennoch schwere Erscheinungen seitens der Kreislaufsorgane 
und des Nervensystems (Amblyopie, Akkommodationslähmung, Er- 
regung des Brechzentrums, neuritische Reizung) auf. | 

Stumpf(61) geht ausführlich auf die Symptomatologie und 
Therapie der Kampfgasvergiftung ein. Es handelt sich dabei 
meist um das ausgeprägte Bild eines Shocks. Die Behandlung hat 
entweder in Morphium, Atropin, Sauerstoffinhalationen oder Koffein 
zu bestehen. 

Einen kasuistischen Beitrag zu Botulismuserkrankungen 
liefern Novotny und Ringel (62); der Krankheitsverlauf, der aus- 
führlich mitgeteilt wird, ist dadurch charakteristisch, daß die Sym- 
ptome denen der Cholera ähnlich waren. 

Bei seinen Studien zur allgemeinen Vergiftungslehre berichtet 
Jacoby (63) über die Verhütung von Strukturvergiftungen und 
zugleich über eine Methodik zur biochemischen Ermittlung kleiner 
Substanzmengen. 

Literatur: 

1) Lewin, Med. Klinik XII. S. 970. 

2) Lüthi, Zeitschrift f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 171. 

3) Dieterich, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 1103. 

4) Schlomer, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1008. 

5) Pollack, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1132. 

6) Wernecke, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1193. 

T) Dünner und Eisner, Therapie der Gegenwart LVII. S. 246. 

8) v. Steyskal, Wiener klin. Wochenschrift XXIX. S. 1174. 

9) Joannovics, Wiener klin. Wochenschrift XXIX. S. 851. 

10) Waetzoldt, Therapie der Gegenwart LVII. S. 312. 


828 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


11) Raestrup, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 1208. 

12) Schirmer, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 1071. 

13) Schaeffer, Berliner klin. Wochenschrift LIII. S. 1041. 

13a) Morgenroth und Tugendreich, Berliner klin. Wochenschrift LIII, 
S. 794. 

14) Pincus, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 1027. 

15) v. Hippel, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1089. 

16) Adler, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 420. 

17) Moeltgen, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1224. 

18) Joachimoglu, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S.1. 

19) Leyden und von den Velden, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. 
S. 24. | 

20) Straub, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S. 52. 

21) Straub, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S. 72. 

22) v. Jagic, Wiener med. Wochenschrift LXVI. S. 1217. 

23) Ingwersen, Med. Klinik XII. S. 1027. 

24) Fischer, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S. 93. 

25) Schram, Storm van Leeuwen und van der Made, Pflüger’s 
Archiv CLXV. S. 123. 

26) Meyer, Berliner klin. Wochenschrift LII. S. 749. 

27) Naegeli, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 361, 409. 

28) Hirsch, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 966. 

29) Treupel, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 875. 

30) Becker, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 883. 

31) Boruttau, Zeitschr. f. exp. Path. u. Therapie XVIII. S. 203. 

32) Hecht, Med. Klinik XII. S. 725. 

33) Lossen, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 1031. 

34) Reichert, Med. Klinik XII. S. 752. 

35) Greve, Münchener med. Wochenschrift LXIII. S. 970. 

36) Tar, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1069. 

37) Leidner, Zeitschrift f. Balneologie IX. S. 87. 

38) Ziemann, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1170. 

39) Böck mann, Archiv f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S. 140. 

40) Klemperer, Therapie der Gegenwart LVII. S. 303. 

41) Cloetta, Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte XLVI. S. 947. 

42) Liebmann, Korrespondenzblatt f. Schweizer Ärzte XLVI. S. 949. 

43) van der Haar, Biochem. Zeitschrift LXXVI. S. 350. 

44) Pick und Wasicky, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. LXXX. S. 141. 

45) Kollwitz, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 854. 

46) Calmann, Med. Klinik XII. S. 8119. 

47) Oppenheim, Med. Klinik XII. S. 852. 

48) Kauffmann, Med. Klinik XII. S. 725. 

49) Riehm, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 429. 

50) Türckheim, Therapie der Gegenwart LVII. S. 360. 

51) Polland, Med. Klinik XII. S. 828. 

52) Arnheim, Therapie der Gegenwart LVII. S. 358. 

53) Reich, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 916. 

54) Odstrcil, Med. Klinik XII. S. 927. 

55) Mayer, Med. Klinik XII. S. 900. 

56) Sommerfeld, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 1075. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 829 


57) Johannessohn, Biochem. Zeitschrift LXXVI. S. 377. 
58) v. Noorden, Therapeutische Monatshefte XXX. S. 426. 
. 59) Rattner, Deutsche med. Wochenschrift XLII. S. 854. 
60) Neumann, Münchener med. Wochenschrift LXII. S. 1292. 
61) Stumpf, Münchener med. Wochenschrift LXIII. 1308. 
62) Novotny und Ringel, Wiener med. Wochenschrift XXIX. S. 1147. 
63) Jacoby, Biochem. Zeitschrift LXXVI. S. 321. 





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Referate. 


i. C. A. Cammaert. Über Typhoid und Typhoidimpfung im 
Belgierheim zu Hontenisse. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. 1. 
S. 816—35.) 

C. zieht nach Sor mani’s Beispiel die Agarkulturvaccins den aus Bouillon- 
kulturen hergestellten vor. Die Impfung wurde anläßlich einer von November 1912 
bis April 1915 herrschenden, sich schnell verbreitenden Lokalepidemie (56 Pat.) 
vorgenommen. Ursache letzterer: Bazillenträger mit Kontaktinfektion durch 
Übersiedlung einer aus infizierter Wohnungsbaracke versetzten Personengruppe. — 
Die Affektion der 9 während der Inkubation geimpften Pat. trug einen besonders 
gutartigen Charakter, verlief ohne Rezidive, im Gegensatz zu derjenigen der 47 
nichtgeimpften mit 5 Sterbefällen und 40% Rezidiven. Die geimpften Pat. boten 
üppige Roseolen dar, die anderen entweder spärliche oder sogar keine Hautaffek- 
tionen; bei letzteren traten Darmblutungen 8mal in die Erscheinung. Im Stadium 
der Kreuzung der Puls- und Körpertemperaturkurve wird die Verabfolgung von 
Cardiotonicis empfohlen. — Die Impfung mit polyvalentem, 2000 Millionen pro 
Kubikzentimeter enthaltenden Agarvaccin erfolgte mit I4tägigem Intervall 2 mal 
mit je 0,5 ccm; kürzere Intervalle und höhere zweite Dosen ergaben heftige Wir- 
kungen. Im ganzen wurden nahezu 1000 Personen, also die gesamte Bevölkerung, 
mit Ausnahme der Säuglinge, geimpft, und zwar unter der Oberarmhaut. Die 
Epidemie sistierte sofort nach der Vornahme der Impfungen. Die in der Inkuba- 
tionsperiode befindlichen Personen ergaben eine Beschleunigung der Entwicklung, 
und zwar um so mehr, je näher die Impfung dem Ende derselben vorgenommen 
wurde, wie eingehend dargetan wurde. Dieses Verhalten wird von C. auf das 
Eintreten der negativen Phase bezogen, so daß bei diesen Personen die Impfung, 
wenngleich in der Mehrzahl der Fälle nutzbringend, dennoch gelegentlich für das 
Herz nicht vollständig gefahrlos erscheinen möchte. — Die von C. erhaltenen 
günstigen Erfolge auf die sofortige Sistierung der Seuche deuten auf das baldige 
Zustandekommen einer genügenden Immunität bei den betreffenden Personen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


2. H. Aldershoff. Die Bedeutung der Gruber-Widal’schen Reak- 
tion für die Diagnose »Febris typhoidea« bei mit Typhus- 
schutzimpfung behandelten Personen. (Nederl. Tijdschr. v. Ge- 
neesk. 1916. II. S. 284—95.) 

Von 67 normalen, in der Anamnese typhusfreien Personen ergaben 94% 
einen unterhalb 1/25 liegenden Agglutinationstiter (AgIT.), die übrigen + 1/25. 
Bei Verwendung lebender Kulturen wurden niemals höhere Werte festgestellt, 
während der Grenzwert bei Ficker bei normalen Personen bei 1/5 liegt (Snijders). 


830 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


Das Blutserum von 156 seit 1895 an Typhus erkrankten normalen Menschen bct 
in 115 Fällen einen unterhalb 1/25 liegenden AgIT., in 13 + 1/25, in 13 +Y 
14 + 1/100 1 + 1/250. 18% also höher als + ?/25. Von letzteren bleibt der AgiT. 
jahrelang ungefähr in gleicher Höhe, von den 82% anderen Extyphösen verloren 
über */, (69%) das agglutinierende Vermögen schon innerhalb 7 Monaten nach 
Überstehung der Erkrankung. Mit Typhusvaccin Spronck 3mal geimpfte 
normale Personen hatten die Akme der Agglutination einen Monat nach der dritten 
Impfung; nur in 12%, der Fälle war das Serum refraktär; erstere büßten indessen 
schon in 90% der Fälle nach 6 Monaten ihr Agglutinationsvermögen ein. Die 
Impfung mit Typhusvaccin löst bei Extyphösen eine Steigerung eines etwaigen 
Agglutinationsvermögens aus; nur in denjenigen Fällen, in denen dasselbe ver- 
loren gegangen war, war die Impfung nicht zur Wiedererzeugung desselben im- 
stande. Bei derartigen Personen soll also die Widal’sche Reaktion mehrere Male 
im Verlauf der Erkrankungsperiode wiederholt werden; positiver Ausschlag ist 
gerade in diesen Fällen mit wenig deutlichen klinischen Erscheinungen vergesell- 
schaftet; nur selten gelingt bei denselben eine Bazillenkultur, so daß ein positiver 
Widal hier äußerst wertvoll ist. Nur kurze Zeit vor der Impfung typhöses Fieber 
überstehende, einen unterhalb 1/25 liegenden Titer darbietende Personen ergaben 
nach der Impfung noch eine Erhöhung desselben. — Bei zum zweiten Male durch 
typhöses Fieber angegriffenen Personen ruft die zweite Erkrankung keine Er- 
höhung des AgIT. hervor. Für die Bewertung der Widal’schen Reaktion bei 
von Typhoid verdächtigen geimpften Personen bedenke man, daß die längere Zeit 
nach Typhusimpfung an Typhoid Erkrankenden einen negativen Widal darbieten 
können; daß andererseits ein positiver Widal nur in denjenigen Fällen diagnosti- 
schen Wert hat, in welchen derselbe während des Verlaufes der Krankheit zu- 
nimmt, und diese Zunahme nicht auf.Koagglutinierung durch Infektion mit einer 
dem Typhoid verwandten Bakterienspezies zurückgeführt werden kann; dab 
schließlich eine positive Agglutination des Bac. enteritidis Gärtner dem Verdacht 
auf Febris typhoidea bei früher Geimpften eine starke Stütze verleiht. 
Zeehuisen (Utrecht). 


3. R. 0. Moon. Typhus fever in Serbia. (Lancet 1916. Mai 27 bi: 

Juni 10.) | 

Allgemeine historische Bemerkungen über Fleckfieber und Schilderung der 
schweren Epidemie, die in Serbien und vorwiegend unter den Österreichischen 
Gefangenen herrschte und durch die grenzenlos unhygienischen Zustände des 
Landes begünstigt wurde. Die Krankheit wird nach M.’s Ansicht außer durch 
Läuse auch durch direkte Inhalation übermittelt. In der Therapie ist Freiluft- 
behandlung zu oberst zu empfehlen, Hydrotherapie in ihren verschiedenen An- 
wendungsformen ist eines der besten Mittel, die Temperatur herabzusetzen und 
das Nervensystem zu beruhigen. Alkohol ist im allgemeinen zu vermeiden, bei 
versagender Zirkulation ist er am Platze. Pilötzliche Herzschwäche kann das 
Ende herbeiführen, Herz und Nervensystem leiden am schwersten durch die 
Toxämie. F. Reiche (Hamburg). 


4. J. L. A. Peutz. Einige Bemerkungen zur Vaccinotherapie bei 
der Febris typhoidea. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. II. S.® 
bis 567.) 
Im Gegensatz zu den Angaben über verblüffenden Effekt und über glänzende 
Erfolge (Eggerth, Paulicek) wird der von Felix Deutsch gezogene Schluß: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 831 


wir müssen den günstigen therapeutischen Angaben mehr als skeptisch gegenüber- 
stehen, vom Verf. unterschrieben, die Gefahren intravenöser Vaccinetherapie 
hervorgehoben. Schon nach der Einverleibung von 175 Millionen Bazillen sahen 
Zupnik, v. Müller und Leiner Kollaps und sich zu einer bemitleidenswerten 
Intensität steigernde Schüttelfröste. Zwölf der Pat. des Verf.s wurden mit einem 
von Josselin de Jong aus einem sehr virulenten Typhusstamm entweder durch 
Erhitzung oder nach Vincent hergestellten Vaccin (11 subkutan, 1 intravenös) 
behandelt, zur Kontrolle wurde ein weiterer Fall intravenös mit Iccm 3%iger 
Merck’scher Deuteroalbumoselösung behandelt. 40 Minuten nach der intra- 
venösen Injektion des Vaccins erfolgte eine kolossale Leukopenie bis auf ?/, der 
ursprünglichen Zahl mit Lymphocytose, analog derjenigen des anaphylaktischen 
Shocks; dieselbe hielt 6 Stunden an, fehlte bei der Albumoseinjektion vollkommen. 
Die Wertigkeit und Spezifität des Vaccins wurde eingehend durch Tierproben 
und serologisch geprüft. Die therapeutischen Erfolge waren null. 
Zeehuisen (Utrecht). 


5. Galambos. Über die Behandlung des Typhus abdominalis, 
Paratyphus A und B mit intravenösen Injektionen von Deu- 
teroalbumose, Heterovaccine (Coli-, Gonokokken- und Sta- 
phylokokkenvaccine) und physiologischen Kochsalzlösungen. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nc. 33.) 

Von 135 mit Deuteroalbumose, Heterovaccine, physiologischen Kochsalzlösungen 
und Kombinationen behandelten Pat. starben 8 = 6%, Komplikationen, desgleichen 
Rezidive traten nur selten auf. Kritische Heilungen können wir zweifelsohne mit 
den erwähnten verschiedensten Methoden erreichen, die ausgezeichneten Resultate 
der intravenösen Besredka-Behandlung konnten jedoch nicht überholt, ja sogar 
nicht erreicht werden. Unangenehme Nebenerscheinungen, Kollapse, ja Todes- 
fälle waren auch bei diesen Methoden nicht zu vermeiden. Je wirksamere, ja 
gewaltigere Reaktionen die Mittel hervorrufen, desto günstigere Wirkungen sind 
im allgemeinen zu erwarten. Die am günstigsten wirkenden Mittel drohen mit 
der größten Kollapsgefahr. Die nicht stürmisch wirkenden Colivaccine hatten 
im allgemeinen sehr gut gewirkt, ohne schwere Reaktionen hervorgerufen zu 
haben. Nach der Gonokokken- und Staphylokokkenvaccinebehandiung waren 

geringere Reaktionen zu beobachten, aber auch die Wirkungen waren bedeutend 

geringer. Ein Urteil über die Albumosefrage kann noch nicht abgegeben werden. 

Die intravenöse Kochsalzinfusion hat den anderen Methoden gegenüber gar keinen 

Vorteil. Seifert (Würzburg). 


6. Saxl. Über die Behandlung von Typhus mit Milchinjektionen. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 33.) 

Von 30 mit Milchinjektionen behandelten Fällen wurden 14 entfiebert und 
ohne Rezidive geheilt, bei 15 Fällen trat nach jeder Milchinjektion, die hier in 
Intervallen von 3 bis 5 Tagen wiederholt wurden, eine deutliche Fiebersenkung 
auf, ausgenommen die Zeit von Komplikationen bei 3 Fällen. Rezidive traten in 
` dieser Gruppe 2mal auf, beide Male schien neuerliche Milchinjektion das Rezidiv 

gleichfalls abzukürzen. Als einzige Kontraindikation gegen die Vornahme der 
Milchinjektion würde zu gelten haben starke Herzschwäche, während mäßige 
| Herzschwäche, Pneumonie, akute Nephritis keine Kontraindikation darstellen. 


832 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 47. 


Die Milchinjektionen werden des Morgens vorgenommen und 5—10 ccm durch 
Aufkochen sterilisierter Milch in den Bicepsmuskel injiziert. 
Seifert (Würzburg). 


7. Doctor. Nachweis von Typhusbazillen aus dem Harn. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 33.) 

Die Harnuntersuchung wurde folgendermaßen vorgenommen. Nach Desinfek- 
tion des Orificium externum mit Sublimat und vorausgegangener partieller Miktion 
zur Ausspülung der Harnröhre wurde der Harn in sterilem Erlenmayer-Kolben 
aufgefangen. Zu je 30 ccm Harn wurden je zwei Tropfen Typhusserum mit hohem 
Titer (1 : 1200) zugesetzt, dann eine halbe Stunde lang im Thermostat einer Tem- 
peratur von 37° C ausgesetzt und hierauf durch elektrische Zentrifuge stark se- 
dimentiert. Nun wird der Harn vom Sediment abgegossen, ein Tropfen des Sedi- 
ments zur mikroskopischen Untersuchung gebracht und zugleich 2—3 Ösen des 
Sedimentes auf Drigalski-Platte ausgestrichen. Die in 16—24 Stunden auf- 
gegangenen Kolonien werden identifiziert. Das mikroskopische Bild zeigte in 
positiven Fällen kleine Häufchen von agglutinierten Typhusbazillen nebst Blut- 
körperchen und Hyalinzylindern. Unter 364 Fällen ließen sich im Harn 88mai 
Typhusbazillen nachweisen. Seifert (Würzburg). 


8. Kaliebe. Klinische Beobachtungen über Paratyphus-A-Er- 
krankungen im Felde. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 33.) 
Nach den bisherigen Beobachtungen muß man sagen, daß die Krankheits- 
erscheinungen des Paratyphus A und sein patholozisch- anatomischer Befund 
durchaus denen des Typhus gleichen. Nur läßt sich eine Abweichung der Tem- 
peraturkurve feststellen, die wohl in den meisten Fällen von Anfang an einen 
ausgesprochenen remittierenden Charakter hat. Die Agglutination genügt nicht 
zur Stellung der Diagnose, der Bazillenbefund muß entstcheiden. Es ist also eine 
Untersuchung des Blutes, eventuell des Stuhles und Urins durchaus notwendig. 
Weitaus am häufigsten fanden sich Bazillen im Blute, doch auch mancher Fall 
ist erst durch den Bazillenbefund des Stuhls und Urins aufgeklärt worden. 
Reckzeh (Berlin). 
9. W. MacAdam. Thrombosis of the cerebral arteries in para- 
typhoid B. (Lancet 1916. Januar 29.) 

Bei einem unter Fiebererscheinungen mit Milztumor und rechtseitiger Hemi- 
plegie verstorbenen 25jährigen Manne, dessen Anamnese fehlte, wurden ein Er- 
weichungsherd durch Hirnarterienthrombose, eine starke Hyperämie des Dünn- 
darms mit flachen Ulzerationen an den Peyer’schen Plaques im untersten Ileum 
und beträchtlicher Mesenterialdrüsenschwellung sowie große eitrig erweichte 
hämorrhagische Infarkte in der stark vergrößerten Milz gefunden. Aus ihr wurden 
Paratyphus B-Bazillen in Reinkultur isoliert. F. Reiche (Hamburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle man 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an die 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 





Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


833 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 





\r. 48. Sonnabend, den 2. Dezember 1916. 


Inhalt. 


J. Löwy, Über Fibrinogenvermehrung im menschlichen Blute. 

Referate: 1. Peilnär, 32. Willcox, Paratyphus. — 8. Bauer, 4. Munk, 5. Friedberger, 
.Zemann, 7. Csernel, 8. Pichler, 9. Nöller, 10. Weil und Felix, 11. Felix, 12. Soueeck, 
3. Amerling, 14. Blava, 15. Kucera, Flecktyphus. — 16. van Hoogenhuijze und de Klein, 
'eptikämie im Anschluß an eine durch den Bacillus coli communis ausgelöste chronische Mittel- 
hrentzändung mit Sinusthrombose. — 17. Koch, Staphylokokkensepsis mit eigenartigen Haut- 
eränderungen. — 18. Benzier, 19. Moltreeht, 20. Werner und Haenssler, Fünftagefieber. — 
1. Hunt und Rankin, Schützengrabenfieber. — 22. Stejskal, Intravenöse Chinininjekton bei 
{alarıa — 23. Swellengrebel, Anopheline des Malaiischen Archipels. — 324. Stein, Malaria- 
arasiten und Neosalvarsan. — 25. Burkitt, Schwarzwasserfieber. — 26. Whittington, Typhus- 
whandlung mit Vaccination. — 27. Kaup, Erfahrungen und Studien über den Wert und die Wir- 
ıungsdauer der Choleraschutzimpfung. 


Aus der medizinischen Universitätsklinik R. v. Jaksch, Prag. 
Über Fibrinogenvermehrung im menschlichen Blute. 


Von 


Dr. Julius Löwy, 
Assistent der Klinik. 


In seinen Studien über die Beeinflussung der Gerinnungszeiten des 
Blutes unter dem Einfluß parenteral zugeführter Eiweißkörper kommt 
von den Velden (1) zu dem Ergebnis, daß der Ablauf des Gerinnungs- 
mechanismus drei Stadien durchzumachen hat, und zwar ein akutes, 
subakutes und chronisches. 

Während die ersten beiden Stadien durch den Übertritt thrombo- 
plastisch wirkender Substanzen in die Blutbahn im wesentlichen 
charakterisiert sind und zum Teil unmittelbar oder doch bald nach 
riolgtem Eingriffe beobachtet werden, tritt das chronische Stadium, 
welches in einer Vermehrung des Fibrinogens im Blute seinen Aus- 
‚druck findet, erst nach 6—8 Stunden auf und kann dann 8—12 Tage 
anhalten. 

Eine so lang dauernde Nachwirkung kann nur durch einen ent- 


sprechend intensiven und kontinuierlichen Reiz hervorgebracht 
werden. 


48 


834 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Das Organ, welches hauptsächlich durch derartige Eingriffe zur Steigerung 
seiner Funktion veranlaßt wird, scheint die Leber zu sein. Ich (2) habe wenigstens 
in früheren Versuchen gesehen, daß die Leber auf parenterale Eiweißzufuhr m: 
einer Glykogenausschüttung antwortet und bei der Frage, welches Organ an & 
Fibrinogenbildung hauptsächlich beteiligt ist, deuten die bisher bekannten Untz- 
suchungen auf die Tätigkeit der Leber hin. 

Ich erwähne nur die Versuche von G. Corin und G. Ansiaux (3), die e- 
gaben, daß das Blutplasma bei der Phosphorvergiftung und der Pfortaderunt«:- 
bindung kein Fibrinogen enthält und daher gerinnungsunfähig ist; auch Jacoby i4 
konnte in zwei daraufhin geprüften Fällen in dem ungerinnbaren Phosphortiı 
mit Hilfe der Ammonsulfatfraktionierung kein Fibrinogen nachweisen. Vor 
Interesse für die vorliegende Frage sind auch die Versuche von G. H. Whipple (5, 
die zeigen, daß bei akuten Leberschädigungen der Fibrinogengehalt des Bluts 
stark herabgesetzt und zuweilen Null ist und daß dasselbe auch bei chronischen 
Lebererkrankungen der Fall sein kann. Seine Versuche weisen der Leber ein 
wesentliche Rolle bei der Bildung des Fibrinogens zu. 

Aus diesen Angaben der Literatur geht somit hervor, daß parenteral zug- 
führte Eiweißkörper sowohl einen Reiz auf die Leber ausüben als auch, daß die 
Leber bei der Fibrinogenbildung eine Rolle spielt. 

Es ist nun schon seit längerer Zeit bekannt, daß eine Blutentziehung af 
die Gerinnungsverhältnisse im Blute derart einwirkt, daß die Gerinnungszeiten 
abgekürzt werden. Insbesondere aus den Arbeiten von den Velden’s(6) geit 
hervor, daß diese Zunahme der Gerinnungsfähigkeit des Blutes durch Einschwer- 
mung von Thrombokinase hervorgebracht wird. Es ist nun bekannt, daß der 
Aderlaß durch eine direkte Einwirkung auf die Leber (Schenck, 7, Nishi, 8) 
eine Hyperglykämie hervorruft, und ich (9) konnte mich bei geringen Blutentzie 
hungen (100 ccm) davon überzeugen, daß zwischen Aderlaßhypergliykämie und 
Blutgerinnung ein Parallelismus besteht, und ich habe die Vermutung geäußert, 
daß derselbe Reiz, der zu einer Glykogenausschüttung führt, vielleicht auch eine 
Fibrinogenvermehrung im Blute zur Folge haben kann. Aus den bisher vor- 
liegenden Arbeiten über die Fibrinogenvermehrung im Blute nach Eiweiß- oder 
Gelatineinjektionen geht hervor, daß die Fibrinogenvermehrung ziemlich spät 
nach erfolgter Injektion zur Beobachtung kommt. Immerhin war die Möglichkeit 
gegeben, daß durch den dem Aderlaß folgenden Flüssigkeitsaustausch zwischen 
Gewebe und Blut bereits präformierte, dem Fibrinogen nahestehende Eiweid- 
körper in die Blutbahn gelangen. Daß Eiweißkörper auf diesem Wege in die Blut- 
bahn gelangen können, ist sehr wahrscheinlich; so geht aus den interessanten Ver- 
suchen von E. Haas (10) hervor, daß bei gesteigerter Wasserzufuhr auch die it: 
Harn erscheinende Stickstoffmenge ansteigt und daß dieser vermehrte Harn-\ 
nicht von einer gesteigerten Eiweißzersetzung, sondern von einer vermehrten Aus- 
schwemmung bereits vorhandener Eiweißabbauprodukte aus den Organen her- 
rührt. Auch konnte L. Ascher (11) zeigen, daß nach Blutentzug eine vermehrz 
Resorption von Eiweiß z. B. aus der Bauchhöhle stattfindet, wobei die Zellen d: 
serösen Höhlen sich aktiv an der Resorption beteiligen. 

Auf die dem Aderlaß im allgemeinen zukommende klinische Bedeutung hax: 
insbesondere v. Jaksch (12) und Strubell(13) in seiner, die ganze damab:t 
Literatur zusammenfassenden Monographie hingewiesen. 

Von besonderem Interesse ist es auch, daß in letzterer Zeit Elschnig(!®' 
auf einem anderen Gebiete die Bedeutung des Aderlasses für die Therapie d 
Glaukoms betonte, und es scheint dieser Vorschlag auf Grund der besprochenen ur: 


1 o er mn 


nn oaa we nn 


or 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 835 


um Teil auch auf Grund der folgenden Darlegungen insofern verständlich als 
lurch einen Aderlaß nicht nur Blutdrucksenkungen, sondern auch deutliche Ver- 
nderungen der physikalischen und chemischen Beschaffenheit von Körper- 
lüssigkeiten ausgelöst werden. 

Ich habe nun im folgenden einige Untersuchungen über die Ver- 
ınderungen des Fibrinogengehaltes des Venenblutes unter dem Ein- 
luß von auf die menschliche Leber einwirkenden Reizen ausgeführt. 
Jie Fibrinogenbestimmung wurde nach der von Winternitz (15) 
ngegebenen und von Reiss (16) als brauchbar bezeichneten Methode 
orgenommen, welche darin besteht, daß die Differenz aus dem aus 
dirudinblut gewonnenen Plasmaeiweiß und dem Serumeiweiß, welche 
eide refraktometrisch bestimmt werden, als Fibrinogeneiweiß be- 
eichnet wird. In den nun folgenden Versuchen ist der Einfluß des 
\derlasses auf die Fibrinogenänderung im Blute nach einer Blut- 
ntnahme von 100 ccm dargestellt; nur im Versuch 5 wurden 200 ccm 
3lut entfernt. 

Tabelle I. 


vor dem Aderlaß nach dem £ dem Adera — | 
. des Falles — [0 |[Zeitnachd. 
d Diagnose Serum- | Plasma- |Fibrinogen- Serum- | Plasma- |Fibrinogen- Fibrinogen-| Aderlaß 
eiweiß eiweiß | eiweiß 3 eiweiß eiweiß 








oe 830 % | 8,817% | 0,517% || 7,742% | 7,956% | 0,214% || 1!/əh 


en 6,166 6,55 0,396 5,46 6, 143 0,683 11/ sh 
F.B. Tabes | 7956 | 8323 |0807 |737 |757 | 028 4h 
-U Vitium || 5815 | €484 |o6 |sss | 67 0,915 Ih 


5 I ee; 7,763 | 8,28 0,517 || 7,547 | 7,893 | 0,346 || 21/2 h 


B. P. Ne- 
phritis 6,617 | 7,763 | 1,146 || 5,809 | 6,384 | 5,575 Ih 
F. V. Vitium 
nanan) 6,530 |698 |0366 eos |633 | 0,252 Ih 
M. H. Arte- 
sl cenai | 7650 | 7992 joe |7731 |8172 | 0441 Ih 


Ich habe die in Tabelle I und auch die in den folgenden Tabellen 
zusammengestellten Versuchsresultate in Eiweißprozenten wiederge- 
geben; ich bin mir dabei wohl bewußt, daß nicht alle beobachteten 
Veränderungen auf Eiweiß zu beziehen sind, jedoch hielt ich es der 
Übersichtlichkeit wegen für zweckmäßig, den erhaltenen Brechungs- 
index in Eiweiß umzurechnen. 

Bei Betrachtung obiger Zahlen findet man zunächst — abgesehen 
von den Fällen 4 und 8 — die gewohnte Verdünnung des Blutserums 
nach Aderlaß. 

48* 


836 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Eine Zunahme des Fibrinogenwertes konnte in 8 Versuchen nur 
3mal, und zwar in einer Zeit von 1—11/ Stunden nach erfolgter 
Aderlaß gefunden werden, und zwar finden sich darunter gerade jen 
2 Fälle, bei denen die gewohnte Serumverdünnung refraktometris: 
nicht nachgewiesen werden konnte. 

Eine Fibrinogenvermehrung im menschlichen Blute kann somi: 
als Folge eines Aderlasses auftreten, ohne daß jedoch mit ihr gerechnet 
werden kann. Der Umstand, daß dieselbe bereits nach 1— 11/, Stunde: 
beobachtet werden konnte, läßt den Wahrscheinlichkeitsschluß zu. 
daß es sich um den Übertritt präformierten Fibrinogeneiweißes in da 
Blut handelt. 

Es ist nun höchst auffallend, daß der Aderlaß in seiner Einwirkung 
auf den menschlichen Organismus sehr viel Ähnlichkeit mit der Wir- 
kung parenteral zugeführter Eiweißkörper besitzt, und es macht den 
Eindruck, als ob durch eine Gleichgewichtsstörung in den phy:ika- 
lischen Verhältnissen des Blutes immer dieselben Reaktionen im 
menschlichen Organismus hervorgerufen werden, wobei es ganz gleich- 
gültig ist, durch welches Moment diese Störungen veranlaßt werden. 
Ich erwähne nur die sowohl durch Aderlässe als auch durch Protein- 
körperdarreichung entstehende Hyperglykämie und weiter die durch 
beide Eingriffe entstehende Veränderung in den- Gerinnungszeiten dis 
Blutes. Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch die Versuche von 
Luithlen (17), die zeigen, daß sowohl Blutentziehungen als auch 
parenteral eingeführte kolloidale Komplexe auf die Durchlässigkeit 
der Gefäße einwirken und dadurch speziell exsudative Prozesse günstiz 
beeinflussen. Ich glaube auch mit Rücksicht auf die im folgenden 
angeführten Ergebnisse die Versuche Luithlen’s derart erklären 
zu können, daß die Verlangsamung des Durchtrittes von Ferre- 
zyannatrium und Jodnatrium durch die Gefäße in die mit Ringer- 
scher Lösung gefüllte Peritonealhöhle derart zustande kommt, dai 
bei mit Eiweißkörper entsprechend vorbehandelten Tieren eine gegen 
die Blutbahn gerichtete Flüssigkeitsbewegung entsteht, ein Vorgang. 
auf den ich noch zurückkommen werde und, daß dadurch der Aus- 
tritt von Jodnatrium und Ferrozyannatrium aus der Blutbahn ver- 
langsamt wird. 

Ich habe nun zunächst einige Versuche derart ausgeführt, de! 
ich 40 ccm 10%iger Merck’scher Gelatine subkutan injizierte ure 
unmittelbar vorher, sowie in den in Tabelle II angegebenen Zeiter 
nachher etwas Blut aus der Vena cubitalisentnahm. Die Blutentnahn: 
war immer so gering, daß durch sie eine Fehlerquelle kaum entstehen 
konnte. 

Insbesondere aus den Versuchen 10 und 11 geht hervor, daß nat: 
5—8 Stunden bei parenteraler Verabreichung von Gelatine eine Ft- 
brinogenzunahme im Blute stattfindet, eine Tatsache, die ja bereit 
durch die Versuche von Moll (18) bekannt ist, der eine Fibrinüg:”- 





Bine drinn =. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 837 


Tabelle II. 










vor der Injektion nach der Injektion 


lundDiagnose || Serum- | Plasma- |Fibrinogen-| Serum- | Plasma- |Fibrinogen 
eiweiß eiweiß eiweiß eiweiß eiweiß 



















ne 8,422%, | 8,968% | 0,546% || 8,473% | 8,774% | 0,301% 8h 
10) J. B. 
Gastritis 7,42 1,12 0,30 7,109 1,673 0,564 5h 
11) J. S. 
Nephritis 9,16 9,478 0,318 8,377 8,852 0,475 8h 


vermehrung nach 6—12 Stunden beobachtet hat. Bemerkenswert 
ist auch in den Fällen 10 und 11 die wohl auf Serumverdünung zurück- 
zuführende Abnahme der Serumrefraktion, die besonders im Fall 11 
so groß ist, daß keinesfalls die mit der Gelatinelösung zugeführte 
Flüssigkeit die Ursache hierfür ist. 

Ganz ähnlich verhält sich die Wirkung anderer parenteral zugeführter 
Eiweißkörper; von den Velden hat insbesondere auf die prompte Wirkung von 
subkutanen Injektionen von Witte-Pepton und Kaseinlösung hingewiesen; er 
fand neben einer deutlichen Herabsetzung der Gerinnungszeiten des Blutes auch 
eine Fibrinogenvermehrung. 

Im folgenden sind die Resultate angeführt, die (Tabelle III) nach 
subkutaner Injektion von 5ccm karbolfreien sterilen Pferdeserums 
und (Tabelle IV) nach — entsprechend den Angaben von R. Schmidt 
(19) — intraglutäaler Injektion von 5ccm Milch erzielt wurden. 


Tabelle III. (Seruminjektionen.) 








vor der Injektion 


Fibrinogen 
eiweiß 





nach der Injektion 
Zeitnachd. 


Injektion 















il und Diagnose Serum- | Plasma- 


eiweiß eiweiß 


Plasma- 
eiweiß 


Serum- 
eiweiß 





Fibrinogen 
eiweiß 
















12) J. P. 
Pleuritis 





8,817% | 0,527% 7,141% | 0H % 
















13) A. P. 
Tbc. pulm. 7,301 0,142 7,09 7,483 0,393 3h 
14) F. H. 
Gastritis 9,053 0,30 8,637 9,446 0,809 3h 
15) J. K. 
Enteritis 7,992 0,229 8,085 8,633 0,548 3h 





In den Versuchen 13—18 stellt sich als gemeinsamer Effekt der 
Eiweißwirkung sowohl nach Serum- als auch nach Milchinjektionen 
eine Fibrinogenvermehrung dar. Wir finden weiter in den Fällen 
12—14 eine Serumeiweißverminderung, die demnach in 4 Versuchen 
3mal beobachtet wurde. Trockensubstanzbestimmungen konnten 
wegen der geringen entnommenen Blutmengen nicht angestellt werden, 


838 ‚ Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Tabelle IV. (Milchinjektionen.) 





m --— 


vor der Injektion nach der Injektion 
















SE EEE PUB RENGNEEESHERFÄRRERELSSERE e ©; 
Zahl und Diagnose| Serum- | Plasma- |Fibrinogen-| Serum- | Plasma- |Fibrinogen- 1g- = 
eiweiß eiweiß eiweiß eiweiß eiweiß eiweiß 












16) K. M. 


Tbc. pulm. 9,072% 


9,413% | 0,341% || 9,34% | 9,886% | 0,546°; | t 









Enteritis 7946 | 8,323 | 0,377 || 8,06 8,473 |0413 '®: 
18) L. A. P 
Tbc. pulm. || 7015 | 7288 | 0,253 || 6,55 | 6834 | 0,28 | 5: 





und es wird dieses Verhalten des Blutes der Ausgangspunkt weitere 
Untersuchungen sein. 


Die Verhältnisse in Tabelle IV sind insofern wesentlich kompl 
zierter als es in den Fällen 16 und 17 zu Temperatursteigerung:r 
kam. Nur in dem Falle 18, in dem dieselbe ausblieb, finden w; 
wiederum eine Verminderung des Serumeiweißgehaltes. 


Man kann sich auch auf Grund dieser Beobachtungen vollständig 
den Ansichten von R. Schmidt (19), Schmidt u. Kaznelson (0. 
R. Müller (21) und anderer anschließen, die der Meinung sind, da 
die parenterale Zufuhr von körperfremdem Eiweiß eine Vielheit von 
Zellreaktionen auslöst. Es kann nicht nur eine Veränderung des Blut- 
bildes, eine Zunahme der Körpertemperatur erfolgen, sondern & 
können durch die entstehenden Transsuddtionsprozesse sehr leicht 
pathologische Vorgänge im Organismus beeinflußt werden, undeswird: 
insbesondere eine gute Beeinflussung von Exsudaten und Transı- 
daten verständlich erscheinen. 


Die angeführten Versuche zeigen jedenfalls, daß parenterale Ei 
weißzufuhr fast immer mit einer Fibrinogenvermehrung im Blute ein- 
hergeht, während Aderlässe nicht immer eine derartige Verändenn: 
im Blute herbeiführen. Die Einwirkung von Proteinkörpern auf di . 
Leber ist jedenfalls eine viel intensivere, jedoch weist die Protein- 
körperwirkung viel Ähnlichkeit mit der Aderlaßwirkung auf, und 5 
scheint der menschliche Organismus auf Zustandsänderungen in & 
physikalischen Verhältnissen des Blutes immer in ähnlicher Weis x 
reagieren. Es ergibt sich, daß verschieden zusammengesetzte Einel- 
körper, parenteral zugeführt, gleiche Reaktionen auslösen und eigen- 
lich nur Unterschiede in der Intensität dieser Reaktionen zu bemerkt 
sind, und es muß weiteren Untersuchungen überlassen werden, z b 
stimmen, ob nicht in der Verschiedenheit der Stärke der Reaktion 
des tierischen Organismus der Hauptfaktör für jene Eigenschaft i 
verschiedenen Eiweißkörper zu suchen ist, die wir bisher als sp! 
fische Eiweißreaktionen aufgefaßt haben. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 839 


Literatur. 


1) von den Velden, Deutsches Archiv f. klin. Medizin CXIV. 298. 1914. 

2) J. Löwy, Deutsches Archiv f. klin. Medizin CXX. 153. 1916. 

3) G. Gorin und G. Ansiaux, zit. nach Maly’s Jahresber. XXIV. 642. 1895. 

4) Jacoby, Zeitschrift f. physiolog. Chemie XXX. 178. 1900. 

5) G. H. Whipple, Chem. Zentralbl. I. 1685. 1914. 

6) von den Velden, Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. LXI. 37. 1909. 

T) Schenck, Pflüger’s Archiv LVII. 553. 1894. 

8) Nishi, Archiv f. exp. Pathol. LXI. 186. 1909. 

9) J. Löwy, l.c. 149. 

10) E. Haas, Biochem. Zeitschr. XII. 244. 1908. 

11) L. Asher, Biochem. Zeitschrift XIV. 122. 1908. 

12) v. Jaksch, Prager med. Wochenschrift XIX. 413. 1894. — Die Vergif- 
tungen. II. Auflage. S. 265, 444, 462. Alfred Hölder, 1910. 

13) Strubell, Der Aderlaß. Berlin, A. Hirschwald, 1905. 

14) Elschnig, Med. Klinik XII. 352. 1916. 

15) Winternitz, Archiv f. Dermat. u. Syphilis CI. Hft.2 u. 3. 1910. (Se- 
paratabdruck.) 

16) Reiss, Handbuch d. biochem. Arbeitsmethoden von E. Abderhalden. 
S. 101. Urban & Schwarzenberg, 1914. 

17) Luithlen, Med. Klinik IX. 1713. 1913. 

18) Moll, Wiener klin. Wochenschrift XVI. 1215. 1913. 

19) R. Schmidt, Med. Klinik XII. 173. 1916. 

20) R. Schmidt und Kaznelson, Zeitschrift f. klin. Medizin LXXXIII. 
19. 1916 und LXXXIII. 275. 1916. 

21) R. Müller, Med. Klinik XII. 911. 1916. 





Referate. 


® 

l. J. Pelnär. Paratyphus. (Casopis l&karuv ceskych 1916. Nr. 16—18.) 

Infolge des Chaos in den Anschauungen über den Paratyphus will P. auf 
Grund seiner Kriegserfahrungen ein eigenes Bild dieser Krankheit entwerfen. Zu- 
nächst beschreibt er eine Gruppe von 20 Fällen, in denen durchweg der Bac. 
paratyphi B als Erreger anzunehmen war. Es handelte sich um eine typhusähnliche 
Krankheit, die gewöhnlich ohne Prodrome mit heftigem Fieber, sehr häufig mit 
Schüttelfrost, begann, den Pat. während der ersten 10 Tage schwer hernahm, sehr 
ernst mit starken Remissionen verlief; die Zunge war typhös trocken, die Milz 
schwoll frühzeitig an und war häufig schmerzhaft, die oberen Luftwege waren 
trocken, hyperämisch, sehr häufig bestand Bronchitis mit Husten, in 5 Fällen 
war Herpes, in 70%, der Fälle Roseola, in einem Falle ein universeller, klein- 
Papulöser Ausschlag, häufig Miliaria crystallina vorhanden; ?/, aller Fälle 
hatten während der ersten zwei Wochen Diarrhöen; die Krankheit erreichte 
gleich in der ersten Woche oder gleich in den ersten Tagen die größte Heftig- 
keit, verschwand dann langsam bei unreiner Apyrexie, gewöhnlich mit Un- 
tegelmäßigkeiten der Temperatur, Relapsen, kleinen und größeren Rezidiven. 
Die Fieberperiode dauerte 2 bis 3 Wochen, die Krankheit bis zur totalen Apyrexie 
4 bis 8 Wochen. Komplikationen waren selten, Folgen blieben keine zurück. 


840 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Es starb ein Fall; man fand bei ihm markige Infiltration des Iymphatischen Gewebes 
am Ende des Ileum und in den Mesenterialdrüsen, kleine, oberflächliche Nekrsca 
in den Schwellungen, akuten Milztumor, parenchymatöse Degeneration der Leber 
und der Nieren und Patatyphuskulturen in der Galle und Milz. Von Komplika- 
tionen kamen vor: herdförmige Bronchopneumonie (2mal) und vereiterte Niercz- 
infarkte (? 2mal); alle heilten aus. Bei allen Fällen wurden gleich in der ersten 
Woche Bazillen im Blut nachgewiesen, nur bei einem Falle erst in der Rezidiv:. 
Alle Fälle waren !/,—3 Monate vorher gegen Typhus geimpft, die meisten 2mal. — 
Auch der Bac. enteritidis Gärtner überraschte durch seinen Verlauf (5 Fèl): 
wieder eine akute, »typhöse« Erkrankung, ohne Prodrome, mit Schüttelir=: 
beginnend, zumeist mit Diarrhöen, frühzeitigem Milztumor, einmal mit Bronchitis: 
das Fieber dauerte 1 bis 3 Wochen, zeigte Unregelmäßigkeiten in der Deferveszenz; 
Roseola. Immer wurde der Gärtner’sche Bazillus im Stuhl erst am Ende der 
Fieberperiode gefunden. — In 2 Fällen wurde der Bac. paratyphi A herausgezüchtet, 
einmal aus dem Stuhl, einmal aus dem Harn. Beide Fälle waren schwer, kampi- 
ziert; ein Fall hatte einen flecktyphusähnlichen Ausschlag. — Gleichzeitig mit 
dem beschriebenen Paratyphus kam eine ähnliche Erkrankung vor, bei der wid: 
Typhus- noch Paratyphusbazillen, sondern Bazillen gefunden wurden, die dem 
Bac. coli nahestanden und manchmal in Formen des typischen Bakt. coli com. 
übergingen (Bac. paracoli, 11 Fälle). Wiederum war das Krankheitsbild dem dur: 
den Bac. paratyphi B verursachten ganz analog; nur sind in dieser Gruppe Pro- 
drome, Herpes, kleinpapulöses Exanthem, Muskel- und Gelenkschmerzen häufiger, 
und der Gesamtverlauf ist etwas milder. 

Diese Krankheitsbilder unterscheiden sich demnach klinisch wesentlich vom 
Typhus; aber auch epidemiologisch bilden sie eine charakteristische Einheit. Mit 
Vergiftungen durch Nahrungsmittel haben sie nichts zu tun. 

In seinem Wesen unterscheidet sich der Paratyphus nicht vom Abdominal- 
typhus. Bei beiden liegt eine universelle Bakteriämie, eine bakterielle Vergiftung 
vor, die qualitativ in gleicher Weise das Nervensystem, das Iymphatische System 
ergreift, heftiges, zyklisch verlaufendes Fieber, Milztumor und typische Verände- 
rungen im Darm hervorruft. Beim Typhus entwickelt sich die Vergiftung langsam, 
beim Paratyphus heftig, verharrt aber beim ersteren auf dem Höhepunkt länger 
als beim letzteren. Die Eintrittspforte der Infektion dürfte auch beim Paratyphus 
der Verdauungstrakt sein. Auffallend ist es, daß bei beiden Krankheitstypen dit 
Erreger im Beginn der Krankheit so selten im Stuhl gefunden werden. Eir: 
Vorliebe des Paratyphus für jugendliche Individuen, die dem Typhus zugeschrieben 
wird, konnte der Autor nicht konstatieren. G. Mühlstein (Prag). 


2. W. H. Willcox (London). Paratyphoid fever: its clinical fea- 
tures and prophylaxis. (Lancet 1916. Februar 26.) 

Unter 141 typhösen Erkrankungen, zumeist von den Truppen an den Dar- 
danellen, wurden durch positive Blutkultur sichergestellt als Typhus 19, als Par+ 
typhus A und B 67 bzw. 41, während 14 Kranke kulturell paratyphusartige, a! 
nicht agglutinierbare Stäbchen im Blut enthielten; die Schutzimpfung get 
Typhus erklärt wohl die größere Häufigkeit der Paratyphen. Keimträger un! 
Insekten sind ihre Hauptverbreiter, fernerhin durch Exkrete verunreinigtes Wasser. 
Sie verlaufen unter drei Formen, die genauer geschildert werden: mit meist pilót- 
lichem Beginn, frühzeitig vergrößerter Milz und längerem, bis zu 3- und 4wüchizım 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 841 


remittierenden Fieber, oder sehr milde mit leichtem Fieber, wenig gestörtem All- 
gemeinbefinden und später Milzschwellung und Roseola, oder schwer toxisch wie 
echte Typhen. Klinisch fehlen oft Differenzen zwischen Paratyphus A und B; 
ersterer beginnt bisweilen extrem akut, und im allgemeinen ist bei ihm die Fieber- 
dauer kürzer und die Schwere der Komplikationen geringer als bei Paratyphus B. 
Bei beiden sind Rückfälle häufig. Die Mortalität steht zwischen 3 und 5°;. 

F. Reiche (Hamburg). 


3. Bauer. Weitere Untersuchungen über die Histologie des 
Flecktyphus. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 34.) 

Die Erkrankung ist gegenüber anderen Gefäßerkrankungen charakterisiert 
durch die vorangehende desquamative Endarteriitis, durch das Ausbleiben der- 
Vermehrung bzw. Auseinanderweichen der elastischen Fasern, durch die Verbrei- 
tung der periarteriellen Knötchen und deren Reichtum an Plasmazellen, bzw. bei 
schwereren Fällen an Leukocyten, und schließlich durch den Ausgang in eine End- 
arteriitis productiva seu obliterans. Reckzeh (Berlin). 


4. Munk (Berlin). Über die Wirkung und Anwendung des »Nucleo- 
Hexyl« bei Fleckfieber. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 34.) 
Es kommen für die Behandlung mit diesem Mittel Fälle mit schweren allge- 
meinen Infektionssymptomen in Frage, vorzüglich solche, welche nach Art der 
»toxischen« Form ähnlich wie bei Schlarlach, Typhus usw., besonders durch lang- 
anhaltendes hohes Fieber und andere toxische Erscheinungen die Zeichen einer 
immunisatorischen Minderwertigkeit ihres Organismus aufweisen. Unmittelbar 
nach der Einspritzung erfolgt meist ein kurzer Temperaturanstieg um etwa !/,° C, 
darauf nach steilem Abfall eine 12—24 Stunden dauernde Erniedrigung der Tem- 
peratur. Reckzeh (Berlin). 


5. Friedberger. Kritische Bemerkungen zur Ätiologie des Fleck- 
fiebers. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 32.) 

Dafür, daß die Laus bei der Fleckfieberübertragung scheinbar eine wesent- 
liche Rolle spielt, sprechen mehr als die spärlichen und nicht sehr klaren Tier- 
versuche die epidemiologischen Erfahrungen fast aller Beobachter, die zugeben, 
daß mit der durchgeführten Entlausung das Fleckfieber aufhört. Diese zweifellose 
Koinzidenz ist aber keineswegs ein absoluter Beweis für den ausschließlichen oder 
auch nur regelmäßigen direkten Zusammenhang. Ein Beweis dafür, daß ein fil- 
trierbares (ultravisibles) Virus als Erreger des Flecktyphus in Frage kommt, ist 
nicht vorhanden. Selbst wenn die Übertragung durch Läuse ausschließlich oder 
in größerern Umfange stattfindet, so wäre auch das kein Beweis für die Protozoen- 
natur des Erregers. Dazu kommt, daß bisher nichts gefunden worden ist, was 
eine entsprechende Deutung beanspruchen darf. Reckzeh (Berlin). 


6. Zemann. Komplikationen und Erkrankungen im Bereiche der 
oberen Luftwege und des Ohres bei Fleckfieder. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr: 32.) 

Die oberen Luftwege und das Ohr werden durch das Fleckfieber in hervor- 
ragendem Maße in Mitleidenschaft gezogen, besonders häufig kommt es zu Kom- 
plikationen von seiten der Nebenhöhlen der Nase. Bei bestehenden krankhaften 


842 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Veränderungen der Nase und des Nasen-Rachenraumes wird regelmäßig das 
Mittelohr in Mitleidenschaft gezogen, zumeist entwickeln sich Tuben- und Mittel- 
ohrkatarrhe, nur in etwa einem Drittel der Fälle eitrige perforative Mittelöhr- 
entzündungen, welche einen gutartigen Charakter haben. Schädigungen ds 
inneren Ohres als Folgezustände des Fleckfiebers konnten bei den 137 untersuchte: 
Fällen nicht festgestellt werden. Seifert (Würzburg). 


7. Csernel. Ätiologische Untersuchungen bei Fleckfieber. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 

Aus dem durch Venäpunktion gewonnenen Blute ist bei Fleckfieber ein 
morphologisch variabler Bazillus züchtbar. Seine Erscheinungsformen vereinigeı 
die von den meisten Untersuchern gefundenen morphologischen Eigentümlich- 
keiten. Der Bazillus hat sich durch die Anaphylaxie, Agglutinations- (1 :50 bi: 
1500), Komplementablenkungsproben und in Tierversuchen als der Erreger de: 
Fleckfiebers bestätigt. Die anaphylaktische Probe ist zum Diagnostizieren zweifel- 
hafter Fälle sehr geeignet. Die Eigenschaft des Bazillus, daß er auf mit Natrium- 
sulfat dekolororiertem Fuchsinagar in roten Kolonien wächst, scheint sich zum 
Auffinden desselben in Sekreten zu eignen. Seifert (Würzburg). 


8. Pichler. Die Bedeutungslosigkeit des Brauer’schen Radier- 
gummizeichens. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 27.) 

Die Erfahrungen des Verf.s führen zu der Warnung, in dem eleganten und so 
verführerisch einfachen Radiergummizeichen ein ausschlaggebendes, ja auch nur 
ein halbwegs sicheres Zeichen für eine überstandene Fleckfiebererkrankung zu 
sehen. Seifert (Würzburg). 


9. Nöller. Beitrag zur Flecktyphusübertragung durch Läuse. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 

Die ätiologische Bedeutung der Rickettsia Prowazekii Rocha-Lima ist wohl 
nicht mehr anzuzweifeln. Als günstige Versuchslaus für Übertragungsversuche 
ist die Schweinelaus kaum zu bezeichnen. Versuche zeigen, daß Schweineblut 
die Rickettsiaentwicklung in der Kleiderlaus nicht ungünstig beeinflußt. 

Reckzeh (Berlin). 


10. Weil und Felix. Über die Beziehungen der Gruber-Widal- 

schen Reaktion zum Fleckfieber. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. 

Nr. 31.) 

Die Gruber-Widal’sche Reaktion erfährt bei gegen Typhus Geimpften 
a. in etwa 53%, im Verlaufe des Fleckfiebers eine oft erhebliche Zunahme des 
Titers, oder b. sie tritt in etwa 33°, wieder auf, wenn die Impfung schon so lang 
zurückliegt, daß die Reaktion zur Zeit der Erkrankung bereits verschwunden ist 
Die Steigerung des Titers der Gruber-Widal’schen Reaktion bei Geimpften er- 
folgt nicht nur beim Fleckfieber, sondern auch bei anderen Erkrankungen uad 
stellt demnach kefe dem Fleckfieber allein zukommende Eigentümlichkeit dar. 
Bei nicht geimpften Personen wurde in 18% der Fleckfieberkranken eine positiv: 
Gruber-Widal’sche Reaktion gefunden, in der überwiegenden Mehrzahl der 
Fälle blieb sie dagegen andauernd negativ. Wenn auch der diagnostische Wert 
der Gruber-Widal’schen Reaktion gegenwärtig am Kriegsschauplatze ein 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 843 


erhebliche Einbuße erlitten hat, so kann doch mit Sicherheit behauptet werden, 
daß in theoretischer Hinsicht die Spezifität dieser Reaktion keine Störung er- 
fahren hat. Seifert (Würzburg). 


11. Felix. Die Serodiagnostik des Fleckfiebers. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 28.) 

Durch Anwendung eines neuen, aus dem Harn Fleckfieberkranker gezüchteten 
Stammes Xı9 erfährt die von Weil und Felix angegebene Serodiagnostik des 
Fleckfiebers eine außerordentliche Vervollkommnung. Die streng spezifische 
Agglutinationsreaktion mit X,s tritt bei Krankenseren früher und in höheren 
Verdünnungen auf als mit dem bisher angewendeten Stamm X, Die Diagnosen- 
stellung wird dadurch in 75% der Fälle bis zum 4. Krankheitstage, in ca. 25% der 
Fälle bis zum 6. oder 7. Krankheitstage ermöglicht. 

Seifert (Würzburg). 


12. Souceck. Vom Fleckfieber. (Wiener med. Wochenschrift 1916. Nr. 18.) 
Als hervorstechendste Merkmale des Typh. exanth. bezeichnet Verf. die 
Haut- und Zentralnervensystemzerstörungen. Infolge der Ähnlichkeit der Roseola 
mit der des Typh. abdom. empfiehlt Verf. die Anstellung des Widal. Besonders 
treten im Krankheitsbild und in der Rekonvaleszenz vasomotorische Abnormi- 
täten hervor. Im Beginn der Erkrankungen häufig Nasenbluten, die Schuppung 
der Haut ist kleinlamellös, die Nägel haben wie geknittertes Aussehen. Als Nach- 
krankheiten häufig Polyneuritis und Polyarthritis. Therapeutisch: Hydrotherapie, 
Exzitantien und Urotropin. Verf. bezweifelt, ob die Läuse allein die Übertragung 
bedingen. Feith (Nürnberg). 


13. K. Amerling. Zur Ätiologie des Flecktyphus. (Casopis lékaruv 
ceskych 1916. Nr. 30.) 

Bei der Untersuchung des Blutes von Flecktyphuskranken fand der Autor 
bei einern jeden Fall im nativen Präparat einen kleinen Mikroben, der sich zumeist 
in der Nähe von roten Blutkörperchen befand und lebhaft oszillierte; seine Enden 
drehten sich um seine Mitte bald um 180°, bald um 360°, wobei der Mikrobe kon- 
tinuierlich seine Lage änderte, ob es sich um Molekular- oder um Eigenbewegung 
handelte, ist nicht zu entscheiden. Der Mikrobe tritt bald vereinzelt auf, bald 
in Gruppen von 2 oder 3 oder mehr Exemplaren, die bald zu Haufen, bald zu Ketten 
angeordnet sind. Vereinzelt findet er sich vorwiegend vor dem Exanthem oder 
im Beginn desselben neben den Haufenformen; die letzteren nehmen an Zahl zu 
und dominieren im Stadium der Entfieberung, in welchem sie häufig die Ketten- 
form annehmen. Die Gestalt des Mikroben ist entweder der Kokkus oder ein kurzes, 
gekrümmtes oder birnförmiges Stäbchen. Er färbt sich leicht mit Anilinfarben 
und nach Gram; im gefärbten Präparat ist er schwer zu finden, da er sehr klein 

‚ist; hat man ihn aber im nativen Präparat konstatiert, findet man ihn leicht im 
nach Giemsa oder mit Thionin gefärbten Präparat. In leichten Fällen findet 
man im ganzen Präparat nur spärliche Mikroben, in schweren Fällen 3 bis 5 in 
einem Gesichtsfeld. Der Autor fand ihn 2 Tage vor dem Exanthem und 3 bis 
4 Tage nach der Entfieberung; 14 Tage nach dem Fieberabfall ist das Blut über- 
haupt frei von Mikroben. Der vom Autor zum erstenmal im Blut konstatierte 
Mikrobe ist mit dem von Plotz beschriebenen morphologisch identisch. Um die 
Spezifität seines Mikroben zu beweisen, untersuchte er alle flecktyphusverdächtigen 


844 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Fälle während einer Flecktyphusepidemie vor dem Auftreten des Exantherzs wi 

fand, daß in jenen Fällen, in denen der Mikrobus vorhanden war, nach | bis 2 Taz: 
das Exanthem erschien. Die Kultivierung des Mikroben erfolgte teils auf Piz- 

böden, teils auf 5° ,igem alkalischen Agar mit Zusatz von Ascites oder auf 2° :::7 
Glukoseagar ohne Ascites. Im tiefen Agar mit Blut des Pat. (das oben mit ge 
wöhnlichem Agar übergossen war) wuchsen Kolonien von gelblicher Faræ r: 
hämolytischer Zone. Ferner injizierte der Autor Kaninchen und Meerschweisch 

intraperitoneal 1, 2, 4 und 5ccm Patientenblut. Die Tiere reagierten mit Fız“er. 
das sich nach einigen Stunden einstellte; im Blute der Tiere konnte er schon na:: 
6 Stunden die Mikroben nachweisen. Das Fieber dauerte 4 bis 14 Tage; Mert- 
schweinchen starben nach 2 ccm, Kaninchen nach 4 bis 5ccm. Bei der Sekt: 

fanden sich außer Mikroben in Blut und Milz keine pathologischen Verånderuzgez 
(2 Abbildungen.) G. Mühlstein (Prag). 


14. J. Hlava. Bemerkungen zu vorstehender Arbeit. (Casopis Ieka-ıv 


ceskych 1916. Nr. 30.) 

Die Beschreibung des Mikroben im Nativpräparat schließt Artefakte nick? 
aus. Die Abbildung des nach Giemsa gefärbten Präparates zeigt Streptocyten 
oder Streptokokken oder den Streptobazillus Hlava. Für den bakteriellen Cha- 
rakter des gesehenen Mikroben spricht das Experiment am Meerschweinchen; die 
leichte Temperatursteigerung am 3. und 5. Tage und der Tod des Tieres entspricht 
der Wirkung eines pyogenen Mikroben, entspricht aber nicht den Erfahrungen über 
die Übertragung des Typhus exanthematicus auf das Meerschweinchen. Von 
dem Plotz’schen Bazillus ist der Amerling’sche Mikrobus verschieden bezüglich 
Morphologie, Kultivierung und Beweglichkeit. H. meint, daß es sich, die Rich- 
tigkeit der Diagnose vorausgesetzt, um eine Sekundärinfektion handelte. Die 
bisherigen Ergebnisse sprechen gegen die bakterielle Infektion des Typhus exan- 
thematicus. Die Spezifität ist entschieden zu bezweifeln, da Immunitätsreaktionen 
nicht angestellt wurden. G. Mühlstein (Prag). 


15. J. Kucera. Flecktyphus. (Casopis l&karuv ceskych 1916. Nr. 25 u. 26.) 

In das vom Autor geleitete Epidemiespital (Prag, Bulovka) wurden 105 Fälle 
wegen Verdacht auf Flecktyphus eingebracht; bei 50 Fällen handelte es sich um 
die mannigfaltigsten Erkrankungen; bei 15 Fällen war ein roseolaartiges, manch- 
mal hämorrhagisches Exanthem vorhanden, doch konnte Flecktyphus nicht sicher 
festgestellt werden; 40 Fälle wurden mit größter Wahrscheinlichkeit als Fleck- 
typhus erkannt. Von diesen betrafen 90% Männer; 5mal handelte es sich um 
Kinder. Abweichungen vom typischen Verlauf, betreffend Krankheitsdauer, In- 
tensität und Ausschlag und namentlich zerebrale Störungen, kamen manchmal vor. 
Blutbefund: Bei allen Fällen mit sicherer klinischer Diagnose fand man poly- 
nukleäre Leukocytose, stäbchenförmige und doppelte Inklusionen in den Leuko- 
cyten (Hlava); außerdem wurden diese Inklusionen bei 6 Fällen gefunden, bei 
denen Flecktyphus klinisch nicht sicher nachzuweisen, aber auch nicht auszu- 
schließen war. In den schwersten Fällen mit reichlicher hämorrhagischer Um- 
wandlung der Roseolen wurden aus dem Blut Streptokokken gezüchtet; in leich- 
teren Fällen blieben die Kulturen steril; allerdings wurden aber auch noch ver- 
schiedene andere Mikroben in den Blutausstrichpräparaten gefunden. — Bezüglich 
der Art der Übertragung der Infektion glaubt K., daß, wenn auch selten, eine 
Tröpfcheninfektion zustande kommt. — Auffallend war in allen Fällen die Hyper- 


wu “m 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 845 


imie der Bindehäute und der Pharynxschleimhaut, namentlich bei leichten Fällen, 
bei denen sie noch vor dem Auftreten des Fiebers vorhanden war. Der Autor 
selbst hat sich bei der Blutentnahme von einem Flecktyphuskranken und ent- 
Aausten Zigeuner infiziert, und zwar durch direktes Anhusten ins Gesicht. Nach 
16tägiger Inkubation traten die ersten Symptome auf: Angina, Pharyngitis, Kon- 
junktivitis mit steigender Temperatur und dem Auftreten des Exanthems am 
3. Tage nach dem Erscheinen der ersten Symptome. Nach dem Auftreten des 
Exanthems trat rasche Deferveszenz ein (abortive Form). Die Hyperämie der 
Schleimhaut der oberen Luftwege und der Bindehaut vor dem Temperaturanstieg 
ist so auffallend, daß der Autor glaubt, daß die Infektion durch die Schleimhäute 
eingedrungen sei. — Eine richtige Diagnose kann nur auf Grund des ganzen Kom- 
plexes der Symptome und ihres gegenseitigen Zusammenhanges und nicht auf 
Grund des Exanthems allein gestellt werden; die wichtigsten Symptome sind nach 
K.: das influenzaartige Anfangsstadium, die Fieberdauer (12—14. Tage), die Kon- 
tinua und die polynukleäre Leukocytose. In therapeutischer Hinsicht wird das 
größte Gewicht auf die Hebung der Herztätigkeit gelegt. Sobald sich in einem 
Zimmer Komplikationen zeigen (Parotitis, Streptokokkeninfektion), sind diese 
Fälle sofort zu isolieren, da die Komplikationen auf die anderen Fälle übergreifen. 
G. Mühlstein (Prag). 


16. C. J. C. van Hoogenhujijze und A. de Klein. Ein Fall von Sep- 
tikämie im Anschluß an eine durch den Bacillus coli com- 
munis ausgelöste chronische Mittelohrentzündung mit Sinus- 
thrombose. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. II. S. 401—3.) 

Bei einem l6jährigen Manne mit einem sich bis in den Sinus transversus fort- 
setzenden Cholesteatom wurden sowohl in dem dem Sinus transversus entnom- 
menen Eiter sowie im Blut Colibazillen vorgefunden. Serum des Pat. agglu- 
tinierte dieselben sowie anderweitige Colibazillen des Laboratoriums; Serum eines 
mit letzteren Colibazillen behandelten Tieres agglutinierte die vorgefundenen Ba- 
zilen. Hexalbehandlung führte zur Heilung. Zeehuisen (Utrecht). 


17. Wilhelm Koch. Ein Fall von Staphylokokkensepsis mit eigen- 
artigen Hautveränderungen (»Blutblasen«), Leukopenie und 
Iymphocytärem Blutbilde. (Med. Klinik 1916. Nr. 19.) 

In dem Falle bestanden wahrscheinlich enge Beziehungen zu dem von Frank 
als Aleucaemia haemorrhagica bezeichneten Krankheitsbild, d. h. es lag eine 
primäre Schädigung des Knochenmarks vor, auf deren Boden sich ein akuter sep- 
tischer Zustand mit Staphylokokkenbefund im Blute herausbildete. Die Ver- 
mutung wurde durch den histologischen Befund des Femurmarkes, in dem keinerlei 
myeloische Elemente nachgewiesen werden konnten, bestätigt. 

Verf. empfiehlt, bei einer mit Leukopenie verlaufenden fieberhaften Erkran- 
kung auch das Blutbild zu untersuchen zwecks” schneller Differentialdiagnose 
zwischen Typhus abdominalis, akuter Leukämie, einfacher Sepsis und Sepsis auf 
dem Boden einer primären Knochenmarksschädigung, da diese Krankheitsbilder 
sehr ähnlich verlaufen können. 

Für die septischen Zustände im Sinne des Falles des Verf.s läßt sich folgendes 
klinische Bild entwerfen: Rapider Verlauf, Geschwürsbildung in Mund- und 
Rachenhöhle, leukopenisch -Iymphocytäres oder Iymphocytotisches Blutbild mit 


846 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


Blutplättchenmangel, Erscheinungen von hämorrhagischer Diathese, z. B. Haut- 
plättchen oder eigenartige Blutblasen, wie sie von Türk, Stursberg und in Vert. 
Fall beschrieben worden sind. 

Was die Prognose anbetrifft, so dürfte sie in Fällen, wo ein vollkommen: 
Fehlen sämtlicher myeloischer Elemente im Blute zu konstatieren war, infaust 
sein. Daß unter Umständen, falls noch Reste eines funktionsfähigen Knochen- 
marks vorhanden sind, eine Genesung eintreten kann, lehrt ein von Türk b- 
schriebener Fall. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


18. Benzler. Blutuntersuchungen beim sog. Fünftagefieber. (Nur 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 35.) 

Keine Erythrocytenveränderungen außer leicht toxischen Schädigungen; 
Hyperleukocytose, bedingt durch Neutrophile, sowie stabkernige Verschiebung 
während des Fieberfalles. Lymphocytose und leichte Mononukleose bei Fort- 
bestehen der stabförmigen Verschiebung im Intervall. Eosinophilie oft, ab 
konstant, während des Intervalles zu beobachten. Plasmodien und Spirochäten 
fehlen stets und kommen für die Ätiologie des Fünftagefiebers nicht in Betracht. 
Das Blutbild des Fünftagefiebers zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem sonst 
bei protozoischen Krankheiten festgestellten. In den meisten Fällen läßt es sich 
jedoch leicht gegen diese, gegen Malaria und Recurrens auch parasitologisch ab- 
grenzen. Ebenso ist es differentialdiagnostisch brauchbar besonders gegen Typhus 
und Influenza, vor allem im Rahmen der sonstigen klinischen Symptomatik. 

Reckzeh (Berlin). 


19. Moltrecht. Beiträge zur Kenntnis des Fünftagefiebers. (Min- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 30.) 

Das sog. Fünftagefieber besteht aus mäßig hohen, in etwa 5tägigen Pausen 
wiederholt auftretenden 2- bis 3tägigen Fieberanfällen mit lebhaften »rheuma- 
tischen« Schmerzen, besonders in der Schienbeingegend, mit Kopfschmerzen und 
mit häufig vorhandener Schwellung oder Druckschmerzhaftigkeit von Leber und 
Milz. Es hinterläßt eine erhebliche und langdauernde Erschöpfung des Kranken 
und neigt sehr zu Rückfällen. Die Fragen der Behandlung und der Entstehung 
der Krankheit sind zurzeit noch ungelöst. Reckzeh (Berlin). 


20. Werner und Haenssler. Über Fünftagefieber (Febris quintana). 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 28.) 

Das Fieber ist charakterisiert durch einen Fünftageturnus. In Abständen 
von 5 zu 5 Tagen kommt es zu Fieberzacken, deren Höhe zwischen 38—40° be- 
trägt. Der Abstand von 5 Tagen ist so zu verstehen, daß von der Höhe eine; 
Fieberanfalles bis zur Höhe des nächsten 5 Tage vergehen. Die subjektiven Bé- 
schwerden der Erkrankten beziehen sich vorwiegend auf Gliederschmerzen, die in 
der Muskulatur der Extremitäten, besonders der unteren, in geringerem Maß 
auch in den Knochen geklagt werden. Von objektiven Veränderungen ist besonders 
Milzschwellung erwähnenswert. Parallel gehend mit den Temperaturanstiegen 
zeigte sich Leukocytose bis zu Werten von 30 000, welche in der fieberfreien Zeit 
annähernd zur Norm zurückgingen. Die Differentialzählung der Leukocyten ergat 
entsprechend dem Auftreten der Leukocytose eine Vermehrung der Segment- 
kernigen (Granulocyten) bis zu 90% und darauf folgend ein Zurückgehen de: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 847 


Segmentkernigen unter gleichzeitig einsetzender Lymphocytose bis zu 50%, der 
Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen. Reckzeh (Berlin). 


21. G. A. Hunt and A. C. Rankin. Intermittent fever of obscure 
origin, occurring among British soldiers in France. The 
so-called »trench-fever«. (Lancet 1915. November 20.) 

H. und R. beschreiben das vielfach unter den englischen Truppen in Frankreich 
beobachtete »Schützengrabenfieber« nach 30 Beobachtungen; 23 mal war der Krank- 
heitsbeginn ein plötzlicher, 7 mal ein mehr allmählicher. Kopfschmerz fehlte nie, 
Schmerzen, meist in den Lenden und Beinen, waren ungemein häufig, nie aber sehr 
schwerer Natur, konstitutionelle Symptome waren gering ausgesprochen, Milzschwel- 
lung und Bronchitis sind nicht zugegen, das Charakteristischste ist das Fieber, das 
mit unregelmäßigen Intervallen 1, 2 oder 3 Rückfälle von verschieden langer Dauer 
zeigt. Leukopenie, normale Leukocytenwerte und Leukocytosen bis zu 22 000 
wurden dabei beobachtet; die Zahl der Lymphocyten war etwas relativ erhöht. 
Blutausstriche ergaben weder Bakterien noch Protozoen, aerobe und anaerobe 
Kulturen waren stets negativ, in Rachenabstrichen wurde nie der Bac. influenzae 
gefunden, der bei 11 Kranken untersuchte Urin war steril, die bei 14 untersuchten 
Fäces ohne besonderen Befund. Chinin beeinflußte die Temperatur nur wenig. 

F. Reiche (Hamburg). 


22. v. Stejskal. Über intravenöse Chinininjektion bei Malaria. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 37.) 
Das wichtigste Moment erscheint die Verabreichung des Chinins zur Zeit des 
` Fiebers, und zwar womöglich noch im Anstieg des Fiebers. Später, wenn ein 3 
eigentlicher Schüttelfrost ausfällt, erscheint die Zeit, wo schon geringe Temperatur- 
 steigerungen über 37° sich einstellen, als Zeitpunkt für die Injektion am geeignetsten. 
Als Injektionsflüssigkeit hat sich am besten Chininum bihydrochloricum 10,0 auf 
- Aq. destill. 90,0 bewährt, und zwar werden auf einmal 2—3 ccm, später eventuell 
auch 4-5 ccm langsam in die gestaute Kubitalvene eingespritzt. 
Seifert (Würzburg). 


23. # N. H. Swellengrebel. Die Anopheline des Malaiischen 
Archipels. Veröffentlichung d. kolonialen Instituts. Mitteilung Nr. VII. 
1916. 182 S. 


In dem ersten Teil dieses Buches wird ausgeführt, daß nicht alle Anopheline 
Malaria zu übertragen vermögen, so daß nur die Malaria verbreitenden Spezies 
. ausgerottet zu werden brauchen. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes wird 

die Vernichtungsarbeit praktisch leichter vor sich gehen. Die Arbeit des Verf.s 
bezweckt die Erleichterung der Diagnostik der betreffenden Anopheline; die De- 

terminierung derselben ist namentlich nach Theobald sehr beschwerlich und 
- Zeitraubend, so daß dem tropischen Arzte in dieser Beziehung eine wertvolle 

Hilfe geboten wird. Selbstverständlich beansprucht die S.’sche Systematik der 
Anopheline des Malaiischen Archipels nur einen heuristischen Wert, so daß Er- 
weiterung derselben in Aussicht gestellt wird. Zeehuisen (Utrecht). 


848 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 48. 


24. Stein. Malariaparasiten und Neosalvarsan. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 34.) 

Die Beobachtungen beziehen sich bis nun bloß auf Tertiana. Sie zeigen, 
daß die Erreger dieses Fiebers durch das im Blute kreisende Neosalvarsan i- 
ziemlich grober Weise angegriffen werden. Im Gegensatz zum Chinin scheint 
das Salvarsan die Plasmodien aller Entwicklungsstadien zerstören zu können. S 
erklärt es sich, warum die Applikation auf der Fieberhöhe die Dauer des An- 
falles abzukürzen und sogar völlige Heilung oder doch längere Latenz zu bringzr 
vermag. Seifert (Würzburg). 


25. R. W. Burkitt (Nairobi). Blackwater fever. (Lancet 1915. N» 

vember 20.) 

In allen Fällen von Schwarzwasserfieber fand B. stark sauren Urin mit Azeton 
und Azetessigsäure, und er empfiehlt gegen diese Säureintoxikation zur Erhöhung 
der Blutalkaleszenz Chlorkalzium oder besser noch Kalium bicarbonicum oder 
Rogers’sche hypertonische Lösung intravenös. Als bestes Heilmittel erkannte 
er Neosalvarsan, das er aber nicht intramuskulär zu geben rät, gleichzeitig r: 
Chinin. F. Reiche (Hamburg). 


26. T. H. Whittington. The use of stock vaccine in infection by 

the bacillus typhosus. (Lancet 1916. April 8.) 

W. behandelte 176 Typhen mit Vaccination; 115 von ihnen werden mit 1!5 
möglichst gleichartigen Fällen aus der gleichen Jahreszeit und gleichen Gegend 
in Vergleich gesetzt. Es zeigte sich, daß diese Therapie gerade in den schwersten 
Formen versagte und auch sonst weder das Fieber abkürzte noch die Zahl i 

"i Komplikationen herabsetzte; im Gegenteil, Blutungen schienen unter ihr häufixr 
zu sein. F. Reiche (Hamburg). 


27. Kaup (München). Weitere Erfahrungen und Studien über den 
Wert und die Wirkungsdauer der Choleraschutzimpfun. 
(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 30.) 

Als Folge der Choleraschutzimpfung wird auffallend rasch ein verhältnis 
mäßig hoher Grad von Immunität erreicht. 2—3 Wochen bis etwa 2!', Monate 
nach der Impfung kamen auch bei starker Verseuchungsgefahr nach einer Rein: 
von Erfahrungen Erkrankungen nur bei etwa 1—5°, der gefährdeten Personer 
vor. Der Krankheitsverlauf ist bei den schutzgeimpften Erkrankten ein aui- 
fallend milder; die Mortalität schwankte zwischen 0 und 24°,, während die Mor- 
talität bei ungeimpften Personen eine Höhe von 22—60°, erreichte. Die Dex: 
der Schutzwirkung ist geringer, als bisher angenommen wurde — statt I Jahr 
und darüber nur etwa 3 bis 4 Monate. Zur Wiederimpfung scheint eine einmali-t 
Impfung zu genügen. Die Verwendung von 2 ccm Impfstoff dürfte ratsamer ser. 
als die von 1 ccm. Reckzeh (Berlin). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle mal 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an di 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 
Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 





~N 


849 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, V. e Saanya, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stu Bonn, Charlottenburg, 


a von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 49. Sonnabend, den 9. Dezember 1916. 


Inhalt. 


O. Steiger, Beiträge zur Frage der hypophysären Fettsucht, Dystrophia adiposo-genitalis. 

Referate: 1. Vrijburg, Trypanosome. — 2. Scherer und Mann, Postvaccinale Ezantheme. — 
3. Kayser, 4. Havlasa, 5. Rogers, Lepra. — 6. Stühmer, Ödem der Knochenhaut des Schienbeins, — 
7. Knack, Diagnose des Recurrensödems. — 8. Gerwiener, 9. Seott, 10. Bruce, 11. Robertson, 
12. Wegrzynowski, Tetanus. — 13. Hundswut in Kalifornien. — 14. Gorter und de Graaff, 
Klinische Diagnostik. Bakterielle, serologische und chemische Prüfungsmethoden. — 15. Dreyer 
and Inman, Antikörper im Blut bei mit Typhusvaccine geimpften Personen. — 16. Sehnabel, 
Komplementablenkungsreaktion bei gegen Typhus Geimpften. — 17. Ouweleen, Einfluß des Serums 
auf die Phagocytose. — 18. Daniels und Hannema, Tierversuche über die Wirkung hämolytischer 
Ambozeptoren. — 19. Hecht, 20. Meyers, 21. Bendig, Wasserman’sche Reaktion. 


Aus der medizinischen Klinik der Universität Zürich. 
Direktor: Prof. Dr. H. Eichhorst. 


Beiträge zur Frage der hypophysären Fettsucht, 
Dystrophia adiposo-genitalis. 


Von 


Privatdozent Dr. 0. Steiger, 
Sekundärarzt der Klinik. 


Die erste Beschreibung von hypophysärer Fettsucht oder Dys- 
trophia adiposo-genitalis stammt von Fröhlich (1) aus dem Jahre 
1901. Launois und Cleret (2) haben das gleiche Krankheitsbild 
in der französischen Literatur erwähnt. Klinisch steht im Vorder- 
grund die Fettsucht, welche überraschende Dimensionen annehmen 
kann. Auffallende Trockenheit der Haut, verminderte Schweiß- 
sekretion und trophische Störungen an Haut und Nägeln. Dazu 
kommt eine Hypoplasie der Genitalien und ausgesprochene Funktions- 
untüchtigkeit derselben, ferner eine mangelhafte Entwicklung der 
sekundären Geschlechtsmerkmale, indem die Achsel-, Bart- und 
Schamhaare kaum angedeutet sind. Ein infantiler Gesamthabitus 


49 


850 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


beherrscht das ganze Krankheitsbild. Die Symptome eines Him- 
tumors, die auf einen Sitz in der Hypophyse hinweisen und durch 
radiologische Untersuchungen der Sella turcica nachgewiesen werde: 
können, sind manchmal vorhanden, manchmal fehlen sie. Was die 
Stoffwechseluntersuchungen anbelangt, so konnten Goetsch, Cush- 
ing und Jacobson (3) in einer Anzahl von Fällen von Hypophysen- 
erkrankungen mit Fettsucht eine Erhöhung der Assimilationsgrenzen 
für Zucker finden. Nach den Zusammenstellungen von Strada (4), 
Pende, Ottenberg, L. Pick (5) waren bei 34 sezierten Fällen von 
Dystrophia adiposo-genitalis nur Ilmal keine Tumoren der Hypo- 
physe zu finden. Für die pathogenetische und ätiologische Bedeutung 
der Hypophyse wird besonders der Madelung’sche (6) Fall ins Feld 
geführt: Bei einem 9jährigen Mädchen blieb nach einer Schußver- 
letzung die Kugel in der Sella turcica stecken, und es entwickelte sich 
das Bild allgemeiner Fettsucht. Erdheim (7) bestreitet im Geger- 
satz dazu die hypophysäre Genese, weil er in seinen Fällen die Hypo- 
physe auch mikroskopisch absolut intakt gefunden hat; er nimm! 
eine Läsion des Infundibulums als eines trophischen Zentrums an. 
Spätere Autoren haben aber übereinstimmend die ätiologische Ur- 
sache in eine Veränderung der Hypophyse verlegt, und der nach- 
folgende Streit drehte sich nur darum, welche Teile der Hypophy: 
in Mitleidenschaft gezogen waren. Zahlreiche Tierexperimente haben 
darüber Aufschluß gegeben. In den Experimenten von Cushing (8), 
Livon, Aschner (9), ferner in den neuen Tierversuchen von Bie- 
del(10), Ascoli und Legnani (11) zeigte sich nach partieller Hypo- 
physektomie, wobei aber konstant die Pars intermedia mitentiernt 
wurde, eine Zunahme des Fettes und eine Hypoplasie des gesamten 
Genitaltraktus. Nach diesen Experimenten ist die Dystrophia ad- 
poso-genitalis als Hypopituitarismus aufzufassen, und zwar als «r 
Versiegen des Sekretes der Pars intermedia, mag nun diese Sekret- 
beschänkung durch destruktive Prozesse oder durch intrakranicl!: 
Drucksteigerung und Liquorstauung bedingt sein. Da es Kombin:- 
tionsformen von Dystrophia adiposo-genitalis mit Akromegalie (ein: 
Hyperfunktion der Hypophyse) gibt, so könnte dieser Umstand geg! 
die Auffassung einer Hypofunktion sprechen; denn es ist nicht wah: 
scheinlich, daß der Vorderlappen der Hypophyse hypersezerniert url 
der Mittellappen eine Hypofunktion zeigt. Strada (12) hat für dis: 
Kombinationsform, entsprechend der Bezeichnung Dysthyreoidismt‘ 
für Vergesellschaftung von Myxödem- und Basedowsymptomen d: 
Namen Dyspituitarismus eingeführt. Neben dieser sich im Verla 
des Lebens einstellenden Funktionsuntüchtigkeit der Hypophi:. 
wo sich erst später das typische Bild der Dystrophia adiposo-genit:i' 
entwickelt, mag auch eine angeborene Minderwertigkeit der Hyf~ 
physe vorkommen, eine verminderte Funktion der ganzen Hypophyx 
die beim Menschen in der Zeit vor vollendetem Wachstum sich ir 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 851 


einer Hemmung des Knochenwuchses, der Genitalentwicklung und 
in einem abnormen Fettansatz äußert, und zu dem präadoleszenten 
Typus des Hypopituitarismus führt. Strada hat auch auf gleich- 
zeitige Veränderungen anderer innersekretorischer Organe beı der 
Entstehung der zerebralen Fettsucht aufmerksam gemacht, speziell 
auf Veränderungen der Schilddrüse im Sinne der Hypofunktion, und 
L. Pick auf gleichzeitige Erkrankung der Nebennieren. 


Ich möchte nun von obigen Gesichtspunkten ausgehend zwei 
Fälle von ausgesprochener hypophysärer Fettsucht, welche in den 
letzten Jahren auf unserer Klinik beobachtet wurden, eingehend 
schildern, namentlich in bezug auf ihre Stoffwechselbefunde, auf ihr 
Blutbild, auf eventuelle Kombination mit Erkrankung anderer inner- 
sekretorischer Organe und in Hinsicht auf die therapeutische Wirkung 
der Hypophysenpräparate. 


Fall 1. H. Robert, 25 Jahre, Schuhmacher, wurde uns am 6. XII. 1911 mit 
der Diagnose Cephalalgia unbekannter Ätiologie zugewiesen. Anamnestisch gibt 
Pat. an, daß er schon mit 10 Jahren sehr fett gewesen sei und daß ihn seine Ka- 
meraden mit dem Spottnamen »Fettkind« und »Fettwulst« bezeichnet haben. 
Mit 20 Jahren seien namentlich die Fettanhäufungen am Rumpf direkt unförm- 
lich geworden. Beim Baden sei seinen Freunden die mangelhafte Behaarung, 
namentlich das vollkommene Fehlen der Bart-, Achsel- und Schamhaare auf- 
gefallen. Pat. hat nie Erektionen, und die Libido sexualis scheint ihm ein voll- 
kommen unbekannter Begriff. Pat. schwitze nie. 


Status praesens: Kleiner (1,40 m), überaus fetter Mann, wobei die stärk- 
sten Fettanhäufungen sich in der Haut des Rumpfes, namentlich am Abdomen und 
am Mons veneris, zeigen. Haut fühlt sich trocken an. Haare am Kopf sehr spröde, 
Stimme hoch. Achsel-, Bart- und Schamhaare fehlen vollständig. Die Nägel an 
Finger und Zehen verkümmert, ohne Glanz. Penis klein, verschwindet fast im 
Fettpolster des Mons veneris. Becken von weiblichem Charakter mit großen 
Beckenmaßen. Mammae stark entwickelt; es findet sich aber keine Drüsen- 
substanz, sondern nur Fetträubchen. Hoden und Nebenhoden infantil. Kopf 
zeigt nichts Abnormes. Schädel auf Beklopfen nicht druckempfindlich. Bi- 
temporale Hemianopsie. Am Hals ist von einer Thyreoidea absolut nichts 
zu konstatieren. Die inneren Organe in Thorax und Abdomen zeigen keine klinisch 
nachweisbaren Veränderungen. Die Se- und Exkrete weisen nichts Besonderes 
auf. Zucker kann im Urin nicht konstatiert werden. Nach 450 g Traubenzucker 
scheidet Pat. Spuren Dextrose aus; 100 g Lävulose und 40 g Galaktose werden 
von dem Manne ohne Zuckerausscheidung verarbeitet. Stark ausgesprochene 
Adrenalinglykosurie. Wassermann negativ. Blutdruck systolisch 140, dia- 
stolisch 80 mm Hg. Körpergewicht bei der Aufnahme 90 kg 200g. Rönt- 
genaufnahme des Schädels am 10. XII. 1911 zeigt eine vertiefte und 
verbreiterte Sella turcica. Breite Exkavation des Sellaeinganges. Pat. 
wird mit Pituglandol behandelt, 3mal täglich 2 Tabletten und am Ent- 
lassungstage, 31. 1. 1912, beträgt sein Körpergewicht 80 kg 300g. Der 
übrige Status ist der gleiche geblieben wie bei der Aufnahme. Die Klagen über 
unbestimmte Kopfschmerzen hat Pat. nicht mehr. 


49* 


852 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


Blutbefunde unseres Falles am 10. XII. 1911 vor der Hypophyser- 
medikation: 


Hämoglobin. . .. 2 2 2222. 129% 
Erythrocyten -eni e a e e een 3 980 000 
Färbeindex yos 2 a ea a 20 0,9 
Leukocyten. . . 222 e a 3800 
polymorphkernige Neutrophile . ....... 5% 
= Eosinophile . ....... 3% 
Lymphocyten. . 2.2.22 2222 e.. A2% 
Große Mononukleäre und Übergangsformen .. 34% 
Basophile. . . 2222 2 2 22 nenn. 0,8; 


O i 
Keine pathologische Veränderung des roten Blutbildes, kant | 


pathologischen Leukocytenformen. Es besteht eine relative und 
absolute Lymphocytose. 
Blutbefund am 25. I. 1912, nach der Hypophysenmedikatin: 
15% 


Hämoglobin. . . . 2.2222 2 2 nenne. io 
Erythrocyten . . . 22 2222. 4 1200 
Färbeindex . . . . oo a a 0,9 
Leukocyten. . 2» 2 2 2 2 2 nen 540 
polymorphkernige Neutrophile .... .... 625o 
= Eosinophile. ........ Pa 
Lymphocyten. .. 222 222200. 30,5% 
Große Mononukleäre und Übergangsformen .. 4% 


Basophlle.. auss 3 or. &.= ara 2,8. ale en 


Die relative und absolute Lymphocytose ist a | 


zurückgegangen. 


Resümee des Falles I: Typische Beobachtung Y |: 


zerebraler Adipositas, Hypoplasie der Genitalien M 


mangelhafter Entwicklung der sekundären Geschlecht 


merkmale. Temporale Hemianopsie. Röntgenologislh st 


gestellte Vergrößerung der Hypophyse. Erhöhte Toler": | 


im Zuckerversuch. Adrenalinglykosurie. Da klinisch V“ 
einer Schilddrüse nichts zu finden ist, liegt eventuell" 


Kombination mit einem leichten Fall von Myxöden : | 
e ali 


wobei auch wieder die Hypofunktion des Organs d 
schlaggebende Rolle spielt. | e 
| Die Medikation von Hypophysenpräparaten hat o 
insofern als günstig erwiesen, als der Pat. innerhalb * 
niger Monate um 10kg an Gewicht abgenomme! I 
ebenso zeigt sich die vorteilhafte Wirkung im Blut‘ 
indem die relative Lymphocytose von 42% auf 30%” 
rückging. 
Fall 2. G. Jakob, 35 Jahre, Landarbeiter, wurde im Kantonsplt ™ 
26. X. bis 11. XI. 1911 wegen Bronchialkatarrh behandelt. Vom 21. X!" 
bis 22. 1. 1914 wegen Lungenentzündung. Rein zufällig wurde währt! um 


u nn A rn EEE TE EEE En > 


-earme = 


an dmn 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 853 


Spitalsaufenthalts die Dystrophia adiposo-genitalis konstatiert. Erneute Auf- 
nahme am 21. V. 1916 wegen Verdacht auf Lungentuberkulose.. Anamnestisch 
gibt Pat. an, daß er, trotzdem er immer kränklich sei, beständig an Gewicht zu- 
nehme. Das Fettpolster, namentlich an den Brüsten und am Mons veneris, wachse 
fortwährend. Besonders im Sommer, bei wenig anstrengender Arbeit, beginne 
sein Fettpolster in beängstigender Weise zu wachsen. Dabei sei er kurzatmig und 
leide an Appetitlosigkeit. In letzter Zeit habe er Schmerzen auf der Brust, Husten 
mit schleimig-eitrigem Auswurf. Pat. schwitzt nicht, hat keine Temperatur- 
anstiege. Von Erektionen will Pat. nichts wissen, die Libido sexualis fehlt. 


Status praesens am 21. V. 1916: Kräftig gebauter Mann von auffallend 
femininem Habitus. Das Becken sehr breit, die Brüste beiderseits mammaartig 
vorgewölbt, Drüsensubstanz nicht zu konstatieren, dagegen starke Fettanlage- 
rung. Behaarung an der Brust und der Linea alba fehlt völlig, ebenso fehlen die 
Schamhaare. Die Achsel- und Barthaare nur kümmerlich entwickelt. Kopfhaare 
brüchig und spröde. Hoden und Nebenhoden bis haselnußgroß, am Ausgang des 
Leistenkanales gelegen. Thyreoidea vergrößert; die Vergrößerung betrifft beide 
Lappen, knotenförmige Einlagerungen. Es handelt sich um eine Kolloidstruma. ° 
Thorax: Perkutorisch normale Verhältnisse. Über allen Lungenpartien schnur- 
rende und pfeifende Rasselgeräusche zu hören. Herz ohne Besonderheiten. Ab- 
dominalorgane zeigen klinisch keine pathologischen Veränderungen. Reflexe ohne 
Besonderheiten. Im Urin kein Eiweiß, kein Zucker. Pat. zeigt weder eine alimen- 
täre noch eine Adrenalinglykosurie. Nach Verabreichung von 450g Dextrose 
keine Zuckerausscheidung. Wassermann negativ. Pirquet schwach positiv. 
Blutdruck systolisch 120, diastolisch 70 mm Hg. Körpergewicht am 27. V. 1915 
TIkg 100g. Augenhintergrund keine Veränderungen. Röntgenaufnahme des 
Schädels am 28. V. 1915 keine Veränderung der Sella turcica im Sinne der Ver- 
tiefung oder Verbreiterung. Pat. erhält 3mal täglich 2 Tabletten Pituglandol 
und vorübergehend auch Pituitrin. 


Blutbefunde am 7. VI. 1915 vor der Hypophysenmedikation: 


Hämoglobin.. . .. 2... Bo 94% 
Erythrocyten . | o a a 4 800 000 
Färbeindex . . . a aa 1,0 
Leukocyten. . .. ne pane 10 500 (nüchtern) 
polymorphkernige Neutrophile E E TE 41% 

~ Eosinophie. .... pa A 
Große Mononukleäre und Übergangsformen ; 2% 
Lymphocyten. . .. aaan n 46% 
Basophile. .. ... PE 0% 


Es besteht iso Hypericukacytose mit relative und 
absoluter Vermehrung der Lymphocyten. 


Blutbefund bei der Entlassung am 21. VIH. 1915: 


Hämoglobin. . . . 2 2 2 2 2 rn 90% 
Erythrocyten . . . 2 22.22.2202 202.0. 4720 000 
Farbeindex. . . . =: #2 4 2 a a8 4% 0,9 


Leuköcyten . . x. 3:4 2 4.0 nee a we 8 200 


854 Zentralbiatt für innere Medizin. Nr. 49. 


Polymorphkernige Neutrophile . . ...... 67% 

5 Eosinophile . . .. 2... 59 
Große Mononukleäre und Übergangsformen . . 1,9% 
Lymphocyten. . .. 2. 22 2 2 2 2200. 26°; 
Bäsophile.. s s 2-5 2.8 a e 8 e E 0,1% 


Keine pathologischen Erythrocyten- oder Leukocytenformen. 
Die relative und absolute Lymphocytose hat also be- 
trächtlich abgenommen. Körpergewicht am Entlassungs- 
tage 77kg 500 g. | | 


Vom 13. X. 1915 bis 14. II. 1916 befindet sich Pat. neuerdings wegen Bron- 
chialkatarrhs auf der Klinik. Bei erneuter Röntgenaufnahme des Schädels ist 
die Sella turcica vielleicht etwas breit und leicht vertieft. Pat. wird am 14.11.1916 
klinisch vorgestellt, und es wird auch auf eine ziemlich stark ausgesprochene 
Verlängerung der Finger und Zehen aufmerksam gemacht; ferner besteht er 
leichter Grad von Prognatie. Von einer ausgesprochenen Akromegalie kann aber 
in keinem Fall die Rede sein. Die Lymphocytose beträgt am 5. Il. 31°,. Trotz- 
dem Pat. Pituglandol und Jodkali erhält, ist sein Körpergewicht von 70 kg 5; 
(14. X. 1915) auf 83 kg 500g (10. II. 1916) angestiegen. 


Resümee des Falles 2: Klinisch sichere Beobachtung 
von Dystrophia adiposo-genitalis in Verbindung mit einer 
Kolloidstruma. Starke Adipositas. Hypoplasie der Geni- 
talien. Mangelhafte Entwicklung der sekundären Ge- 
schlechtsmerkmale (fehlende Behaarung). Röntgenolo- 
gisch ist eine Vergrößerung der Hypophyse nicht sicher 
nachweisbar, auch keine klinischen Symptome, die für 
einen Hirntumor sprächen. Erhöhte Toleranz im Zucker- 
stoffwechsel, keine Adrenalinglykosurie.. Hyperleuko- 
cytose mit relativer und absoluter Lymphocytose. Di: 
. Medikation der Hypophysenpräparate hat sich insofern 
als ungünstig erwiesen, als das Körpergewicht angestiegen 
ist. Dagegen hat sich das Blutbild in günstigem Sinne 
verändert, indem die relative und absolute Lymphocytos 
zurückging und am Entlassungstage normale Lympho- 
cytenwerte beobachtet wurden. 

In unseren Fällen, speziell bei der vorliegenden Kombination mit 
der Schilddrüsenveränderung im Sinne der Hypoplasie (Fall 1) und der 
Entartung als Kolloidstruma (Fall 2) handelt es sich mit großer Wahr- 
scheinlichkeit um eine Hypofunktion der Hypophyse, um einen 
Hypopituitarismus. Gegen die Annahme einer Hypofunktion könnt 
der Fröhlich’sche Fall von Dystrophia adiposo-genitalis sprechen, 
wo v. Eiselsberg wegen vitaler Indikation von seiten der Him- 
tumorerscheinungen eine adenokarzinomatös entartete Cyste unte 
Schonung des Hypophysengewebes entfernte und wo die Symptomt 
der zerebralen Adipositas prompt zurückgingen. Aber ebensogt! 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 855 


kann man sich auch mit der Auffassung einverstanden erklären, daß 
durch die Entfernung des Tumors die funktionelle Schädigung der 
Hypophyse gehoben und damit die Organfunktion gesteigert wurde. 
Die Erfahrungen, welche man mit Hypophysenextraktmedikationen 
machen konnte, sprechen ebenfalls für eine Hypofunktion bei der 
Dystrophia adiposo-genitalis. Nach den Angaben von Cyon, Leo- 
pold-Levi und H. de Rothschild, Axenfeld, Delille, J. H. 
Fischer, Marlow vermindern die Hypophysenpräparate die Fett- 
ablagerung und erhöhen die Keimdrüsentätigkeit. Cushing betont, 
daß man operativ die Hirndrucksymptome heben soll und nachher 
durch Verabreichung von Hypophysenpräparaten ein Abnehmen des 
Körpergewichtes, eine Rückkehr der Zuckertoleranz und ein Wieder- 
einsetzen der Genitalfunktion bewirken müsse. 


Zusammenfassung: 


Bei unseren Fällen handelt es sich um zwei sichere 
Beobachtungen von zerebraler hypophysärer Fettsucht, 
Dystrophia adiposo-genitalis. Beide Pat. zeigten eine 
allgemeine Adipositas, speziell reichliche Fettanlagerung 
am Rumpf und Mons veneris. Hypoplasie der Genitalien, 
mangelhafte Entwicklung der sekundären Geschlechts- 
merkmale (Fehlen der Bart-, Achsel- und Schamhaare), 
trockene Haut, verminderte Schweißsekretion. Bei Fall 1 
wurde durch radiologische Untersuchung der Sella turcica 
eine Hypophysenvergrößerung konstatiert. Klinisch bi- 
temporale Hemianopsie und Symptome allgemeinen Hirn- 
druckes. Fall 1 zeigte auch eine starke Erhöhung der 
Zuckertoleranz. Diese Hirnsymptome und Stoffwechsel- 
befunde mangelten im Falle 2 mit fehlendem sicheren 
radiologischen Befund an der Sella turcica. Beide Fälle 
zeigen gleichzeitige Veränderungen an der Schilddrüse im 
Sinne einer Hypoplasie (I) oder kolloider Entartung (II). 
Fall2 zeigt auch eine Andeutung von akromegalischen 
Symptomen. Das Blutbild beherrscht einerelative undab- 
solute Lymphocytose bei wechselnden Leukocytenwerten. 
DieseLymphocytose kann aber auch auf dieSchilddrüsen- 
veränderung zurückzuführen sein. Ein charakteristischer 
Blutbefund, der die Erkrankung von Veränderungen an- 
derer innersekretorischer Drüsen unterscheidet, war nicht 
zu konstatieren. Die Hypophysenmedikation (Pituglandol 
und Pituitrin), hat im Falle 1 sowohl auf das Körperge- 
wicht, wie namentlich auf das Blutbild günstig gewirkt. 
Im Falle 2 nahm dagegen die Fettablagerung eher zu; 
aber es war eine deutliche Verminderung der relativen 
und absoluten Lymphocytenwerte zu konstatieren. 


856 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


Literatur. 


1) Fröhlich, Ein Fall von Tumor der Hypophysis cerebri ohne Akromegaii2. 
Wiener klin. Rundschau 1911. 

2) Launois et Cléret, Le syndrom hypophysaire adiposo génital. Gaz 
hôp. Nr.5 u. 7. 1910. 

3) Cushing and Jacobson, Carbohydrate tolerance and the posterior x: 
of the hypophysis cerebri. Bull. of John Hopk. Hosp. 22. Nr. 243. 1911. Juni. 

4) Strada, Beiträge zur Kenntnis der Geschwülste der Hypophyse und dz: 
Hypophysengegend. Virchow’s Archiv 203. 1911. 

5) L. Pick, Über Dystrophia adiposo-genitalis bei Neubildungen im Hype- 
physengebiet, insbesondere vom praktisch-chirurgischen Standpunkt aus. Deutsche 
med. Wochenschrift Nr. 42—45. 1911. 

6) Madelung, Über Verletzungen der Hypophyse. Archiv f. klin. Chirurzie 
73. S. 1066. 1904. 

7) Erdheim, Über Hypophysenganggeschwülste und Hirncholesteator:. 
W. S. 113. 3. 1904. 

8) Cushing, The hypoph$sis cerebri. Clinical aspects of hyperpituitari:r 
and of hypopituitarism. Journ. amer. med. assoc. 53. S. 249. 1909. Juli 24. 

9) Aschner, Demonstration hypophysektomierter Hunde. Wiener klin. 
Wochenschrift 1909. Dezember. 

10) Biedel, Hypophysisexstirpation. Wiener klin. Wochenschr. S. 1%. 1827. 

11) Ascoli et Legnani, Delle alterazioni consecutive all’ ablazioni deli 
ipofisi. Boll. soc. med. chirurg. Pavia 24. 1911 und die Folgen der Exstirpati:n 
der Hypophyse. Münchener med. Wochenschrift Jahrg. 59. Nr. 10. 1912. 

12) Strada, Beiträge zur Kenntnis der Geschwülste der Hypophyse und d:r 
Hypophysengegend. Virchow’s Archiv 203. 1911. 

13) Bahrmann, Über erfolgreiche Anwendung von Hypophysispräparaten. 
Med. Klin. 1911. Nr. 6. 

14) Jaksch, Über Adipositas cerebralis und cerebro-genitalis. Med. Klin. 
1911. S. 193. 


a 





Referate. 


1. A. Vrijburg. Über Trypanosome. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesx. 
1916. I. S. 1386—99.) 

Morphologie und parasitäre Verbreitung der verschiedenen Trypanosme, 
Kulturverhältnisse, Geschichtliches, Einteilung. Die Mehrzahl der bisherig 
Forschungen sind mit nach Europa übergeführten, seit vielen Jahren auf Versuchs- 
tieren ohne Zwischenwirt fortgezüchteten Naganastämmen oder anderweitige 
Spezies angestellt. Serodiagnostische Verfahren haben sich für die Differenzierunz 
als ungeeignet herausgestellt. Die Pathogenese beruht fast immer auf Toxi- 
wirkung. Die Symptomatologie und Diagnostik der Erkrankung bei mit d3 
einzelnen Tryponosomenspezies infizierten Tieren und Menschen. wird auseinanc®r- 
gesetzt; vor allem werden die tierischen Varietäten eingehend gewürdigt; d::1 
auch das für den Menschen gefährliche, die »Schlafkrankheit« herbeiführen“ 
T. Gambiense, sowie das in Brasilien einheimische, durch Wanzen (Conorrhi::3 
megastrus) auf Kinder übertragbare Schizotrypanosoma Cruzi. 

Zeehuisen (Utrecht). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 857 


2. F. Scherer und Q. Mann. Beitrag zur Klinik und Pathogenese 
: der postvaccinalen Exantheme. (Casopis lékaruv ceskych 1916. 

Nr. 32—33.) 

Infolge des großen Bedarfs an animalischer Lymphe war während des Krieges 
auch der Bedarf der humanisierten Lymphe, die zur Produktion der animalischen 
Lymphe gebraucht wird, ein großer. Zu diesem Zweck wurden in der Prager 
Findelanstalt von einer Serie von gesunden Kindern auf eine zweite Serie, von 
dieser auf eine dritte usw. abgeimpft. Im ganzen geschah dies (in 10?/, Jahren) 
bei 348 Kindern. Bei mehr als 50% der Kinder entstand 1—2 Tage nach Ent- 
nahme ihrer Lymphe ein durch eine auffallende Polymorphie charakterisiertes 
 Exanthem; dasselbe verläuft ohne Störung des Allgemeinbefindens und ver- 
schwindet rasch; gewöhnlich dauert es 2—3 Tage. Bei Geimpften, denen die 
Lymphe nicht abgenommen wird, ist es sehr selten. Am regelmäßigsten tritt 
es auf den Handflächen und Fußsohlen auf. Zumeist überwiegen Makeln und 
- Papeln von Stecknadelkopf- bis zur Linsengröße und von rosiger bis karminroter 
Farbe. Die Effloreszenzen haben einen anämischen Hof und ein blässeres Zentrum, 
konfluieren, verschwinden meist auf Druck. Das Exanthem besitzt manchmal 
Ähnlichkeit mit Morbillen, mit kongenitaler Syphilis, Miliaria rubra, Skarlatina, 
- Erythema exsudativum multiforme, selbst Bläschen und hämorrhagische Formen 
kommen vor. Doch läßt sich das postvaccinale Exanthem leicht unterscheiden 
durch die charakteristische Polymorphie, durch den Mangel des Fiebers, den guten 
Allgemeinzustand, durch den raschen Ablauf, den Mangel jeglicher Abschuppung, 
-jeglichen Juckreizes. Das Exanthem macht den Eindruck, daß es toxischen Ur- 
sprungs sei. Die Autoren sahen dieses Exanthem bei 206 Kindern; 178 Fälle be- 
trafen Kinder, denen Lymphe abgenommen worden war (86,4%), bei den 28 rest- 
lichen Fällen war das Exanthem ohne Abnahme der Lymphe entstanden. Da die 
Lymphe 348 Kindern abgenommen worden war, erkrankten von diesen 51,1% 
oder jedes zweite Kind an postvaccinalem Exanthem, und zwar überwogen jene 
Kinder, die mit humanisierter Lymphe geimpft worden waren, vielleicht infolge 
ihrer größeren Virulenz und stärkeren Konzentration gegenüber der zur allge- 
meinen Impfung verwendeten animalischen Lymphe. Gewöhnlich erscheint das 
Exanthem am 8. oder 9. Tage, manchmal früher oder später, nach der Impfung, 
stets aber nachdem Areole und Fieber vorhanden waren, 1—2 Tage nachher, oder 
gleichzeitig mit Areole und Fieber am selben Tage. Die Autoren sind überzeugt, 
daß die Entnahme der Lymphe das Auftreten des postvaccinalen Exanthems 
wesentlich unterstützt. Offenbar werden bei der Operation Verletzungen des 
Schutzwalls am Boden und Rand der Schutzpocke gesetzt, der Inhalt derselben 
gelangt in größerer Menge ins Blut und mit demselben auch die Erreger der Vaccine, 
wobei es zu gewissen biologischen Reaktionen zwischen den während der Ent- 
wicklung der Pocke entstandenen Antistoffen und dem Antigen der Pocke kommt, 
analog dem Prozeß, der sich durch die entzündlichen Veränderungen der Haut 
um die Vaccine (Area) äußert. Bei jenen 28 Kindern, denen die Lymphe nicht 
abgenommen wurde, erklärt sich das postvaccinale Exanthem aus dem Umstande, 
daß bei diesen Kindern, die zum Zweck der Entnahme der Lymphe oder behufs 
Erprobung animalischer Lymphe geimpft wurden, sechs lange Schnitte gemacht 
wurden, so daß sich mächtige Vaccinen entwickelten und infolgedessen eine größere 
Menge der Erreger der Vaccine ins Blut gelangten. Beim postvaccinalen Exanthem, 
nach dem Zerkratzen der Schutzpocke, wirkt dasselbe Moment, die Verletzung, 
wie bei der Entnahme der Lymphe. Die Autoren stellten drei Versuche an, das 


858 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


Exanthem durch die Injektion der Vaccineerreger (= verdünnte Lymphe) in den 
aktiv oder passiv immunisierten Organismus zu erzeugen, aber ohne Erfolg. 
G. Mühlstein (Prag). 


3. J. D. Kayser. Leprabehandlung mit Nastin. (Nederl. Tijdschr. v. 
Geneesk. 1916. II. S. 443—52. [Vortrag.]) 

Ebenso wie die beiden gereinigten Chaulmoograpräparate, das Antileprol und 
das Acouni, längere Zeit von seiten der Laienwelt lebhaft empfohlen sind, so is: 
auch das Nastin schon zum epochemachenden »Reklame«-Objekt herangewachsen. 
Nastin ist ein in Olivenöl gelöstes, aus Streptothrix leproides-Kulturen herge- 
stelltes Fett; um den Ehrlich’schen Gesetzen besser zu entsprechen, wurde 
dasselbe mit Hetol, später sogar mit dem wirksameren Spaltungsprodukt desselben, 
dem Benzoylradikal, kombiniert, so daß Ambozeptor und Komplement zusammea 
zur Wirkung gelangen konnten. Nastin B ist eine Lösung von 1 Teil Nastin in 
40 Benzoylchlorid; I ccm des olivenölhaltigen Präparates entspricht 0,5 mg Nastin; 
dasselbe wird anfänglich 1 mal wöchentlich, dann allmählich ansteigend bis zu 
l mal täglich subkutan appliziert. Es gibt nebenbei ein höher und ein niedriger 
potenziertes Präparat. Acht Pat. — ausgewählte, längere Zeit vorher beobachtete 
und vergeblich behandelte Fälle — wurden 6 bis 20 Monate regelmäßig mit diesen 
Präparaten behandelt. Es ergab sich durchaus nicht das versprochene Spezifikum 
gegen Lepra; die von K. und anderen wahrgenommenen Besserungen sind nichts 
weiter als die auch ohne jegliche Behandlung im natürlichen Verlauf der Erkran- 
kung eintretenden zeitweiligen Besserungen und sonstigen Schwankungen des 
Krankheitsbildes. In der Diskussion wird von K. mitgeteilt, daß Acouni vor allem 
im niederländischen Ostindien propagiert wird; Zusammensetzung = 15 OL 
Chaulmoogro + 85 Ol. Olivarum. Zeehuisen (Utrecht). 


4. Z. Havlasa. Ein Fall von Lepra in Böhmen. (Casopis lekaruv 
ceskych 1916. Nr. 32.) 

Die Arbeit bringt den histologischen Befund des einzigen, in dem jetzigen 
Krieg bis jetzt in Böhmen beobachteten Falles von Lepra. Der Autor konstatierte 
in der Haut verschiedener Körperstellen entzündliche perivaskuläre Infiltrate vor 
indifferentem Typus und auch typische Leprome in der Cutis und Subcutis, von 
denen einzelne im Zentrum nekrotisch waren. Im Larynx und in der Trachea 
spezifische lepröse Infiltrate aus Leprazellen, begleitet von kleinzelligem Infiltrat. 
In allen aus Leprazellen bestehenden Infiltraten fanden sich sehr zahlreiche, zumeist 
intrazellulär, seltener extrazellulär, gelagerte Bazillen. In den Lungen kaäsigt 
Pneumonie, kombiniert mit katarrhalischer Pneumonie. Die Nieren parenchymatos 
degeneriert, in der Leber enorme Fettinfiltration mit Tuberkelknoten, in der Milz 
zum Teil verkäste Tuberkelknoten. Es handelte sich demnach um eine Kombina- 
tion von Lepra und Tuberkulose. G. Mühlstein (Prag). 


5. Sir L. Rogers (Calcutta). Preliminary note on the use of 
gynocardates orally and subcutaneously in leprosy. (Lancet 
1916. Februar 5.) 

Sir R. sah großen Nutzen von per os gegebenem Acidum gynocardicum, der 
wirksamen Substanz des Chaulmoograöls, in drei Fällen von Lepra und ebenfalls 
auffallend gute Wirkungen von subkutanen Injektionen von Natrium gynocardicum 
sowohl bei der anästhetischen wie der tuberösen Verlaufsform. 

F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 859 


6. Stühmer. Über eine akute Erkrankung, welche mit rückfall- 
fieberähnlichen Temperatursteigerungen, Schmerzhaftigkeit 
und Knochenhautödem der Schienbeine verläuft. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 32.) 

Neben dem Kopfschmerz der ersten Tage bildet sich im Verlauf der ersten 

10 Tage als einziges eigentlich deutlich nachweisbares organisches Symptom 

Ödem der Knochenhaut des Schienbeins aus. Die davon ausgehenden, besonders 

in den Abendstunden sehr heftigen Schmerzen beherrschen das Krankheitsbild 

in den folgenden Wochen vollständig. Reckzeh (Berlin). 


7. Knack. Zur Diagnose des Recurrensödems. (Wiener klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 32.) 

Wo immer Ödemerkrankungen »aus unbekannter Ursache« auftreten, sollten 
in einer größeren Anzahl der Fälle die serologischen Reaktionen auf Recurrens 
durchgeführt werden. Haben diese ein negatives Ergebnis, dann kann man wohl 
mit Bestimmtheit sagen, daß Recurrens auszuschließen ist, denn wenn eine ver- 
steckte Recurrensinfektion bei irgendeiner Lagerödemepidemie vorliegen sollte, 
so würden sicher auch bei sonst negativem Spirillenbefund wenigstens in einem 
Teile der Fälle die serologischen Untersuchungen positiv ausfallen. 

Seifert (Würzburg). 


8. Gerwiener. Über chronischen Tetanus. (Münchener med. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 35.) 
Es handelte sich um einen klinisch ausgesprochenen chronischen Tetanusfall, 
der nach 91/,monatiger Dauer infolge einer Operation in kurzer Zeit zur Heilung 
kam. Reckzeh (Berlin). 


9. L. Scott. A case of tetanus of short incubation period, with 
recovery. (Lancet 1915. Oktober 30.) 

5 Tage nach einer Revolververletzung und 30 Stunden nach der die Projektil- 
stücke entfernenden Operation setzte der Tetanus von schwererem Verlauf ein; 
binnen 31/, Wochen wurden intrathekal, intravenös, intramuskulär und subkutan 
102000 Immunitätseinheiten Serum gegeben und komplikationslose Heilung 
erzielt. ` F. Reiche (Hamburg). 


10. Sir D. Bruce. Cases of tetanus treated in home military 
hospitals. (Lancet 1915. Oktober 23.) 

Eine Sammelstatistik aus Heimatlazaretten ergab unter 231 Fällen von Te- 
tanus eine Mortalität von 57,7%, und zwar 66,69%% bei einer Inkubation bis zu 10, 
39% zwischen 11 und 25 Tagen. 37 dieser Pat. wurden vor Ausbruch der Krank- 
heit mit Antitetanusserum behandelt: die Sterblichkeit war 51,3%. Auch der 
Überblick über die übrigen 215 Fälle ergibt, daß das Serum höchstwahrscheinlich 
den Gang der Krankheit wenig oder gar nicht beeinflußt, höchstens etwas bei 
intrathekaler Einspritzung in großen, wiederholten, eventuell mit subkutanen und 
intravenösen zu kombinierenden Dosen. Von Karbolsäureinjektionen wurde kein 
Nutzen gesehen, in den wenigen mit Magnesiumsulfat behandelten Fällen war 
er unverkennbar, doch ist diese Therapie nicht gefahrlos. 

F. Reiche (Hamburg). 


860 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


11. H. E. Robertson (Minneapolis). The present status of magne- 
sium sulphate in the treatment of tetanus. (Arch. of internal med. 
1916. Mai.) 

Ein Überblick über die Literatur ergibt, daß Antitetanusserum in allen Fät:c 
von Tetanus, gleichgültig wie lange die Inkubationsperiode dauert, ein wertvolles 
Heilmittel ist, und fernerhin, daß die intralumbale Behandlung mit Magnesium- 
sulfat die Mortalität am Starrkrampf deutlich, wenn auch nicht erheblich herab- 
gedrückt, vor allem aber schmerzlindernd gewirkt hat. Gleiches gilt von den sub- 
kutanen Injektionen des Mittels, während die intravenösen ihrer Gefährlichkeit 
halber nicht in Frage kommen. R. geht im einzelnen auf die bei der Magnesium- 
therapie beobachteteten Zufälle ein und auf die gegen letztere in Betracht kom- 
menden Hilfen. Sie verlangen die dauernde Überwachung der Pat., denn in kleinen 
Dosen ist nichts von dem Mittel zu erwarten. F. Reiche (Hamburg). 





12. L. Wegrzynowski. Zur Therapie des Tetanus. (Casopis lekarı: 
ceskych 1916. Nr. 15.) 

Die Arbeit behandelt nur die Therapie des bereits ausgebrochenen Tetanus 
auf Grund der Erfahrungen bei 8 Fällen. Zunächst isoliert der Autor den Kranken 
vollständig in einem ruhigen, mäßig beleuchteten Zimmer unter der Aufsicht einer 
intelligenten Pflegerin. Die Ernährung erfolgt stets per os, vorher wird jedoch 
ebenso wie vor jedem Verbandwechsel ein Narkotikum gegeben, vorwiegend 
Chloralhydrat per os (selten per rectum) in Dosen von 6 bis 8 g pro die und Mür- 
phium in wachsender Dosis, und zwar in der Weise, daß der Kranke andauernd 
halb betäubt ist. Ferner gibt der Autor Serum und Magnesiumsulfut, das erstere 
subkutan, intravenös oder intralumbal, das letztere subkutan oder intravenz. 
Fall I, nur mit Serum behandelt, starb an Erstickung. Fall 2 bis 6 bekamen 
Serum subkutan (4) oder intravenös (1) und Magnesiumsulfat subkutan; von 
diesen starb ein Fall an Verblutung aus der Art. femoralis. Fall 7 und 8 bekamen 
Serum intralumbal und Magnesiumsulfat intravenös. — Das Magnesiumsulfat 
ist demnach sowohl bei subkutaner, als auch bei intravenöser Anwendung ein 
hervorragendes Mittel zur Unterdrückung der Krämpfe; es muß aber in großen 
Dosen angewendet werden, 15 g in substantia bei subkutaner und 9g und meh! 
in substantia bei intravenöser Anwendung pro die. Selbst bei langdauernder An- 
wendung ist es unschädlich. Da der eine Todesfall der arteriellen Blutung und 
nicht dem Magnesiumsulfat zur Last gelegt werden kann, erzielte der Autor mit 
Magnesiumsulfat in 100% Heilung. Er hielt folgende Anordnung der Medika- 
mente ein: Zuerst gab er Morphium, nach !/, Stunde Chloralhydrat, nach einer 
weiteren halben Stunde Magnesiumsulfat und dann erst Serum intralumbal. Da 
Magnesiumsulfat wurde 3mal täglich zu 10 ccm einer 50% igen Lösung subkutan 
oder 3mal täglich zu 10 bis 15 ccm einer 20%igen Lösung intravenös injiziert. 
Das Serum wurde mehrmals täglich (bis 6mal) zu je 100 I.-E. injiziert. 

G. Mühlstein (Prag). 


13. Rabies epidemic in California. (Boston med. surg. journ. 1318. 
Vol. CLXXIV. Nr.9. S. 331.) 

Der Monatsbericht des kalifornischen Gesundheitsamtes für die Monate De 
zember 1915 und Januar 1916 enthält die Mitteilung, daß in den nordöstlichen 
Grafschaften die Wutkrankheit unter gewissen wilden Tieren epidemisch herrscht. 
Im Jahre 1909 grassierte die Krankheit unter den Haushunden im ganzen Staat, 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 861 


sie ging dann in der Folge auch auf Gebiete der Nachbarstaates Oregon über, und 
jetzt wütet sie unter den wilden Hunden, die man Coyoten nennt. Von diesen 
sind Hunderte von Pferden und Kühen gebissen worden, von welchen ein großer 
Teil der Krankheit zum Opfer gefallen ist. Die Symptome sind plötzliche Ände- 
rung der Stimmung, ungewöhnliche Erregbarkeit, Neigung vom Stall wegzu- 
wandern, zu "beißen ohne Provokation, Änderung der Stimme, Schwäche und 
Paralyse der Beine und des Unterkiefers. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


14. & E. Gorter u. W. C. de Graaff. Klinische Diagnostik. Bak- 
terielle, serologische und chemische Prüfungsmethoden. 425 S. 
Leiden, S. C. van Doesburgh, 1915. ; 

Es handelt sich bei diesem Buche hauptsächlich um chemische, in zweiter 
Instanz um bakterielle und in dritter um serologisch-klinische Diagnostik. Kli- 
nische Diagnostik außerhalb des Laboratoriums im Sinne einer Krankenunter- 
suchung, findet sich in dieser von einem Mediziner und einem Apotheker zu- 
sammengestellten Arbeit nicht. Die gewöhnlichen chemisch-diagnostischen 
Gegenstände: Blut, Harn, Mageninhalt, Fäces usw. werden hintereinander be- 
handelt, und in einem relativ umfangreichen »Anhang« noch zahlreiche Einzel- 
heiten über chemische und bakteriologische Verfahren, die Anwendung einiger 
Apparate, ausgeführt. Zahlreiche, zum Teil gefärbte Figuren illustrieren den 
Text. Bei der Harnstoffbestimmung ist die für klinische Zwecke sehr geeignete 
Ureasemethode nicht erwähnt. Die Benzidinreaktion für den Blutnachweis, 
2. B. im Harn, ist weggelassen; vielleicht wäre die de Jager’sche Modifikation 
derselben am Platze gewesen. Die Unterscheidung etwaiger Globuline und Muzine 
durch Verdünnung des Harns ist nicht recht verständlich, indem beide bei relativ 
geringem Salzgehalt der Lösungen gefällt werden. Die Bouma’sche kolori- 
metrische Indoxylbestimmung ist leider nicht aufgenommen, während bei der 
Urobilinprüfung die spektroskopische Untersuchung fehlt. Bei der Harnsäure- 
bestimmung wäre die kolorimetrische Phosphorwolfram- und Phosphormolybdän- 
säuremethode hinzuzufügen gewesen. Alles in allem ist das Buch für die nieder- 
ländischen Laboratorien als eine recht brauchbare Bereicherung anzusehen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


15. G. Dreyer and A. C. Inman. Persistence of antibodies in the 
blood of inoculated persons as estimated by agglutination 
tests. (Lancet 1915. Juli 31.) 

Nach den Beobachtungen an 74 Fällen lassen sich im Serum ein- oder zweimal 
mit Typhusvaccine Geimpfter relativ hohe und zuweilen exzessive Werte von 
Agglutininen über mindestens 8 Monate nachweisen. Nach zwei Impfungen 
waren die Agglutinationsziffern in der Regel höher als nach einer, stets aber sanken 
sie in letzterem Falle nach einer gewissen Zeit tiefer als in ersterem. Bei früher im 
Laufe der letzten 6 Jahre schon einmal Vaccinierten hielten sich die Agglutinations- 
werte länger hoch als bei Ungeimpften. F. Reiche (Hamburg). 


16. Schnabel. Die Komplementablenkungsreaktion bei gegen Ty- 
phus Geimpften. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 
Die Komplementablenkungsreaktion verläuft in den ersten Monaten nach der 
Impfung gegen Typhus bei mindestens der Hälfte der Geimpften positiv und wird 


862 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


erst nach 4 bis 5 Monaten negativ. Selbstverständlich kann es auch vorkommen, 
daß manches Serum noch später positiv reagiert. In diagnostischer Hinsicht ist 
also die positive Reaktion nur bei Nichtgeimpften oder bei vor mehr als 4 Monaten 
Geimpften zu verwerten. Seifert (Würzburg). 


17. @ J. Ouweleen. Über den Einfluß des Serums auf die Phago- 
cytose. 2355. Inaug.-Diss., Groningen, M. de Waal, 1915. 

Die Versetzung des Pferdeserums mit gleichen Voluminis Schweineserum 
führt eine bedeutende Abnahme der Kohlenpartikelaufnahme durch Pferdephago- 
cyten herbei. Der Gedanke lag nahe, daß sehr geringe Mengen des artfremden 
Serums einen günstigen Einfluß auf die Phagocytose zeitigen würde, indem die 
Verwendung zu erheblicher Mengen des heterologen Serums eine etwaige Zunahme 
der phagocytären Wirkung hemmen würden. Diese Frage wurde, unter teilweiser 
Ersetzung des Pferdeserums durch Kochsalzlösung, mit Kohle- und Stärkekörner: 
ausgearbeitet. Unter Berücksichtigung des sich aus den Veränderungen der 
Phagocytose der Kohlenpartikel in homologen Seris nach verschiedenen Verdun- 
nungen herausstellenden Vorhandenseins fördernder und hemmender Körper im 
Serum wird die Wirkung des Ovalbumins auf die Phagocytose der Kohle und der 
Stärke verfolgt. Zusatz sehr geringer Eiweißmengen löst in physiologischer 
NaCl-Lösung eine hemmende Wirkung auf die Phagocytose aus; erheblich 
Eiweißmengen sind weniger schädlich; andererseits begünstigen konzentrierte 
Eiweißlösungen die Phagocytose der Stärke in Kochsalzlösung. Zur Lösung der 
Frage, inwiefern die Phagocytose im Serum sich auf diese Eiweißwirkung gründe, 
hat O. die Wirkung der Serumkörper in derselben Weise wie bei der Bakterien- 
und Erythrocytenfrage studiert. Aus diesen Versuchen ergab sich, daß der Bau 
der die Forderung der Stärkephagocytose herbeiführenden Serumkörper sehr zu- 
sammengesetzt ist; zur Deutung der Ergebnisse wird ein etwaiger Einfluß der 
Lipoide auf die Phagocytose als möglich erachtet; der Stuber’sche Schluß, nach 
welchem der Tonus der Serumlipoide durch die Intensität der Phagocytose an- 
gedeutet wurde, traf aber nicht zu (Lezithin, Cholesterin). Der Einfluß derselben 
wurde eingehend geprüft. Das Eiweiß wirkt bei diesen Vorgängen zum Teil als 
Ambozeptor; das an Stärke und Kohle gebundene Komplement bringt die boch- 
gradige Adhäsion an den Leukocyten zustande. Diese Wirkungsweise wird nun 
weiter physikalisch-chemisch ausgeführt; es ergab sich, daß das auseinandergehend? 
Verhalten der Kohle und der Stärke bei der Phagocytose seinen Grund findet 
in den verschiedenen physikalisch-chemischen Eigenschaften dieser Körper. Es 
hängt von dem Grade der Oberflächenspannung ab, ob Adhäsion oder Aufnahme 
stattfindet; beide Prozesse sind aber identischer Art. Bei unversehrten Leuk- 
cyten sind im allgemeinen die günstigsten Bedingungen zur Auslösung der Lesko- 
cytose vorhanden. Die Wirkungsweise des Serums wird auf diesen Grundsätzen 
weiter ausgearbeitet. Zeehuisen (Utrecht). 


18. L. Polak Daniels u. L. S. Hannema. Tierversuche über die 
Wirkung hämolytischer Ambozeptoren. (Nederl. Tijdschr. v. Ge- 
neesk. 1915. 11. S. 2579—83.) 

Intravenöse Injektion (!/,ccm) hämolytischen Serums (pro Kilogramm Körper- 
gewicht) erzeugt beim Kaninchen eine Anämie mit parallelem Verlauf der Hämt- 
globin- vud Erythrocytenverluste, und bedeutender Abnahme der Resistenz de 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 863 


Erythrocyten, zahlreichen Regenerationserscheinungen derselben. Kontrolltiere 
‚wurden entweder mit Hämolysin ohne Serum, oder mit durch Zerstörung des 
Komplements (bei 56° C) und Berührung mit frischen ausgewaschenen Kaninchen- 
erythrocyten ihres Hämoglobins beraubten Seris behandelt. Die aktiven hämo- 
Iytischen Sera wirkten in ungleich höherem Maße reizend zur Bildung jugendlicher 
Erythroyten als nicht aktive Sera; andererseits schwächten alle Sera die Re- 
sistenz der Erythrocyten gegen Kochsalz. Im späteren Leben der Versuchstiere 
steigt letztere bis über die Norm an. Beide Faktoren: die Resistenz und die Hämo- 
globin- und Erythrocytenzahl, verhalten sich gewissermaßen unabhängig von- 
einander. Bei diesen dem menschlichen hömolytischen Ikterus analogen hämo- 
Iytischen Anämien wird also der Resistenzverlust durch einen anderen Faktor 
‚ausgelöst als die Anämie. Die Rolle des Hämolysins ist zwar überwiegend die 
Auslösung der Anämie, nicht aber die Herabsetzung oder Erhöhung des Wider- 
standes der Erythrocyten. Zeehuisen (Utrecht). 


19. H. Hecht (Prag). Wassermann’sche Reaktion und Präzipi- 
tation. (Zeitschrift f. Immunitätsforschung u. experimt. Therapie 1915. 
Bd. XXIV. Hft. 3.) 

Durch geeignete Herstellung von Antigenemulsion gelang es, eine Präzipi- 
tation derselben durch Luesserum makroskopisch sichtbar zu machen. 

Beim vorherigen Digerieren nur zweier Komponenten der zur Wasser manne 
schen Reaktion erforderlichen Faktoren (Antigen, Luesserum und Komplement} 
und später folgendem Zusatz der dritten Komponente ergaben sich optimale Be- 
dingungen, wenn Luesserum und Komplement vorher vereinigt waren. 

Da der Versuch in entsprechender Weise auch gelingt, wenn man aktives 
Serum allein verwendet und dann Komplement plus Antigen hinzufügt, so wird 
geschlossen, daß nicht nur das Komplement als solches, sondern auch die Eigenart 
des physikalischen Zustandes im aktiven Serum für die Verstärkung der Emp- 
findlichkeit beim vorherigen Digerieren von aktivem Serum und Komplement 
verantwortlich ist, was der bekannten stärkeren Reaktionsfähigkeit der aktiven 
Sera entspricht. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


20. F. S. Meyers. Die klinische Verwertbarkeit der Wassermann- 
schen Reaktion in der Neurologie und Psychiatrie. (Nederl. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1915. 11. S. 1819—35.) 

Bericht über ein bedeutendes klinisches Material. Von 12 Fällen primärer 
Lues bot eine 10 Tage alte Infektion eine negative Blutreaktion dar; die Wasser- 
mann’sche Reaktion in der Lumbalflüssigkeit war konstant negativ, mit Aus- 
nahme eines schwach positiv reagierenden, 3 Wochen bestehenden Falles. In 
allen diesen Fällen waren Zellreaktion und Nonne negativ. Von 16 sekundären 
Syphilitikern war die Wassermann’sche Reaktion in der Lumbalflüssigkcit 
nur 2 mal positiv, im Biut immer; Zellreaktion 7, Nonne 4 mal positiv, und zwar 
bei 8 Pat.; letztere boten neurologisch keine einzige Abweichung dar. Die Zellen- 
veränderungen konnten frühestens © Wochen nach der Entstehung des Primär- 
affekts wahrgenommen werden, sie wurden von M. als die Äußerung einer be- 
sonderen Meningitisform aufgefaßt, und führten bei den betreffenden Pat. eine 
Salvarsanreaktion mit ernsten Erscheinungen herbei, so daß Injektionskuren 
mit Sublimat verabfolgt wurden, ohne irgendwelche Veränderungen der sero- 


864 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 49. 


logischen Erscheinungen, ohne daß Neurorezidive auftraten. — Von 18 tertiäre 
Fällen: 16 Zerebrallues, 2 Zerebrospinallues, waren 5 mit negativer W asser mann- 
scher Reaktion in der Lumbalflüssigkeit, mehrere mit positiver Zellreaktion wx 
Nonne; in der Mehrzahl derselben war die Blutreaktion positiv, obschon diše 
Ausschlag nicht immer mit einer positiven Wasser mann’schen Reaktion in de 
Lumbalflüssigkeit einherging. Eine Beurteilung des Charakters der syphilogenen 
Störung des Zentralnervensystems war ohne genaue Berücksichtigung der kt- 
nischen Symptome nicht ermöglicht. — Bei 110 paraluetischen Affektione. 
50 D. P., 30 Taboparalysen, 30 Tabes, waren die Mittelwerte nach Sormani: 
EI Blut 0,7, 0,6, 0,4; EI Lumbal 0,9 0,9, 0,6, mit Schwankungen in beiden Rich- 
tungen, sogar vereinzelten negativen Blut- und Lumbalreaktionen, und Schwa- 
kungen bei mehreren Aufnahmen ohne irgendwelche. Behandlung, z.B. Bix: 
3monatlich geprüft in einem Falle 0,3, 0,7, 0,0. Drei angeborene Luetiker if. 
Alter unter 10 Jahren, welche das Bild des D. P. darboten, ergaben die höchster 
Zahlen (1, 0,9, 0,8). 

In den 100 Fällen latenter Lues konnte der positiven Wassermann’sct 
Reaktion im Blute nur ein zweifelhafter Wert beigemessen werden, so daß keir 
Grund für die Anstellung einer spezifischen Therapie vorlag. Die positive Was- 
sermann’sche Reaktion in der Lumbalflüssigkeit ist nahezu ein endgülüge 
Beweis für den syphilitischen Charakter des Nervenleidens. Prognostische Be 
deutung hat die Wassermann’sche Reaktion im allgemeinen nicht. Aut: 
während oder nach spezifischer Behandlung der syphilogenen Nervenkrankheite 
ist weder der luetische Index im Blute oder in der Lumbalflüssigkeit ein zuver- 
lässiger Führer zur Beurteilung der gewonnenen Ergebnisse. 

Zeehuisen (Utrecht). 


21. Bendig (Stuttgart). Über den diagnostischen Wert der Was- 
sermann’schen Reaktion. (Dermatolog. Wochenschrift 1915. Bd. LXI. 

Nr. 50.) 

Die Wassermann’sche Serumreaktion ist kein spezifisches Diagnostikır 
für Lues. Die positive Wassermann’sche Reaktion kommt zwar oft bei der 
syphilitischen Erkrankung in allen Stadien, besonders häufig im Sekundärstadium 
vor und kann daher bisweilen als Symptom mit verwertet werden. Der negativi 
Ausfall ist jedoch niemals ein Beweis dafür, daß die Lues erloschen ist. Des 
gleichen ist die positive Reaktion allein, ohne daß sonstige Anhaltspunkte fü 
Lues bestehen, niemals als Syphilis zu deuten, da sie auch bei allen möglicher 
anderen Krankheiten vorkommen kann, wie Lepra, Bleivergiftung, Ulcus melt. 
Bubo, Gonorrhöe mit Komplikationen, Skabies, Eklampsie, Malaria, Scharlaci 
Narkose, bei perniziöser Anämie, Nephritis, malignen Neubildungen usw. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


00 


Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle m? 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an &* 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 

N m 
Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


865 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jaksch, V. e Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Prag, Stu Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


a von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 50. Sonnabend, den 16. Dezember 1916. 
Inhalt. 
H. Röder, Rheumatismus. e 


Referate: 1. Uhlie und Maec Kinney, 2. Reinhardt und Oeller, Wassermann’sche Reaktion. 
— 3. Sormani, Neue Deutung der Neisser- und Wechsberg’schen Erscheinung mit Hilfe der un- 
bekannten Erscheinung der spezifischen Brüchigkeit. — 4. Spät, 5. Mandelbaum, 6. Kafka, Über 
Komplemente — 7. Löwit, Beziehungen des anaphylaktischen Shocks zur Dyspnoe bei Meer- 
schweinchen. — 8. Koch, Zur Kenntnis der Seramanaphylaxie beim Menschen und deren Ver- 
hütung. — 9. Zinsser, Stadien über anaphylaktische Erscheinungen. — 10. Sewall und Powell, 
Instillation von Pferdeserum in die Nase von Meerschweinchen. — 11. Baumann, 12. Lindemann, 
13. Keitler und Lindner, 14. Hüssy und Herzog, 15. Bunzel und Bloch, 16. Ross und Singer, 
17. Garvonsky, 18. Bullock, Abderhalden’s Reaktion und Dialysierverfahren. — 19. Linenthal, 
30. Zuckerman, Schick-Probe im Kindesalter. — 21. Kucera, Schutzimpfangsimmunität von der 
Mutter auf die Frucht. — 32. Freund und Rexford, Serologische Prüfung bei Polycythämie. — 
23. Tidy, Einfluß des Fiebers auf durch Impfung gebildete Agglutinine. 


Rheumatismus. 
Von 


Dr. Heinrich Röder in Elberfeld. 


Das Wort Rheumatismus ist sehr bequem für die Verständigung 
mit einem über Schmerzen klagenden Kranken, daß es aber wissen- 
schaftlich einen in keiner Weise umschriebenen Begriff bezeichnet, 
ergibt schon der Widersinn, daß ein vom Bilde des Fließens abgeleitetes 
Wort vielfach für überaus langwierige und durchaus nicht ihren Ort 
verändernde Erkrankungsprozesse gebraucht wird. 

So sehr häufig der »Rheumatismus« dem Arzt begegnet, scheint 
er nach der jetzigen Untersuchungs- und Anschauungsweise den 
Forscher wissenschaftlich nicht sonderlich zu reizen, denn die Literatur 
der letzten Jahre über diese Krankheit ist eine überaus spärliche. 

Die bakteriologischen Forschungen haben augenscheinlich ein 
greifbares praktisches Ergebnis in bezug auf die Behandlung nicht 
gehabt, und wenn man im großen die Behandlungsmethoden der 
Krankheit übersieht, so haben wir im wesentlichen die alten Bäder 
und Massageanwendungen in ihren mannigfachen Modifikationen, 
die weiteren örtlichen Blut- und Gewebsstromanregungen durch 
Wärmeanwendungen einschließlich Bier’scher Stauung und Dia- 


50 


866 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


thermie, durch Jodtinktur und Zugpflaster neben der Anwendung der 
Salizylpräparate mit ihren mannigfachen, in der chemischen Industrie 
so beliebten Variationen. 

Auch Ad. Schmidt (1), der in seinen Arbeiten über den Muskel- 
rheumatismus darlegt, daß man den Sitz der Erkrankung in die sen- 
siblen Nervenbahnen des Rückenmarks verlegen müsse, sagt, daß die 
Therapie einschließlich der Kochsalzeinspritzungen in die erkrankten 
Teile als symptomatische bezeichnet werden müsse. Er erwartet spe 
zifische Therapie, wenn wir über die Natur der hypothetischen bak- 
teriologischen Noxe unterrichtet sind und die schuldigen Bakterien. 
bzw. ihre Toxine greifbar isoliert haben. 

Grundlegend neu ist nur das Eintreten einer immer gröfcten 
Zahl von Ärzten und Operateuren für die Bekämpfung rheumatischer 
Zustände durch Mandeloperationen, namentlich durch die Totalwtg- 
nahme der Mandeln, die auf der alten Beobachtung Trousseaus 
beruht, daß Rheumatismen nach Mandelerkrankungen auftreten. 

Daß Pässler (2) bei ausbleibendem Erfolg fordert, neben dieser 
Ausgangspforte für rheumatische und andere Krankheiten chronische 
Entzündungszustände anderer Art in gleicher Weise zu berücksich- 
tigen, ist bekannt. Er führt vor allen Dingen als solche ätiologisch 
wichtig an, Zahncaries, Alveolarpyorrhöe, Nebenhöhlen-, Mittel- 
ohrentzündung, Unterleibsentzündung. 

Der Erfolg der Operationen wird nach meinen Beobachtungen 
sicher auf die Dauer den Erwartungen der Befürworter dieses Vor- 
gehens nicht entsprechen. Ich habe zahlreiche Pat. nach dieser 
Operation gesehen, und von anderen gehört, ohne oder nur mit vorüber- 
gehendem Erfolg. Aus den Arbeiten der Befürworter der Operation 
über die Technik kann man erhebliche Gefahren bis zu Todesfällen, 
zum mindesten sehr große mehrtägige Erstbeschwerden erkennen. 

Von einem Pat. wurde mir berichtet, er sei nach der Operation 
1/, Jahr lang frei gewesen, dann aber habe er ein Rheumatismusrezidiv 
und zugleich Asthma bekommen. 

Wenn man diesem sicher sehr eingreifenden Verfahren gegenüber- 
hält, daß viele Kranke durch vegetarische Diät, verbunden mit Aus- 
scheidungsmaßnahmen geheilt werden, nachdem sie vorher durch die 
üblichen Behandlungen der Krankenhäuser keinen Erfolg hatten, ist 
man genötigt, weitere Bedenken zu haben. 

Solch genaue Zahlen, wie sie His in seinem Fortbildungsvortrag 
in der Münchener med. Wochenschrift 1914, Nr. 51 anführt, von 
17 wegen chronischer Athritis Operierten 14 ungeheilt und nur bei 3 
noch nicht genügend lange beobachteter Erfolg, kann ich allerdins: 
nicht anführen. 

Ich habe jedoch einen Fall, der, wenngleich es sich nicht um 
Rheumatismus handelt, sondern um Störungen allgemeiner Entwick- 
lung, um exsudative Diathese, die Anschauungen charakterisiert, da5 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 867 


von chronisch entzündeten Mandeln aus Schädlichkeiten hemmender 
Art in den Körper gelangen, und der zugleich die Grenzen operativen 
Vorgehens zeigt: Iljähriges Mädchen aus L. i.S.: im 5. Lebensjahr 
geht die bis dahin blühende Entwicklung zurück; Tonsillotomie; 
Aufblühen; im 7. Jahre dasselbe Zurückgehen, derselbe Eingriff mit 
Aufblühen wieder für 2 Jahre. Jetzt Tonsillektomie durch Dr. M. 
in Dresden; Aufblühen etwa für ein Jahr, doch nicht so vollständig; 
im 11. Jahre allgemeine Reizbarkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörung, 
Abmagerung, Asthma, granulärer Bindehautkatarrh. Heilung erfolgte 
nach der Anwendung der Methode gemäß meiner unten zu entwickeln- 
den Anschauungen, zugleich heilt der Bindehautkatarrh durch spe- 
zialistische Behandlung (Dr. Sch. in E.) rascher und günstiger als 
vorhergesagt war. 

. Die bisher herrschenden Anschauungen legt neuerdings Gold- 
mann in der Med. Klinik 1916, Nr. 21 in einer Arbeit »Rheumatismus 
und rheumatische Zustände« in den Worten dar: »Bereits die Auf- 
deckung der Beziehungen zwischen den Tonsillen und dem akuten 
Gelenkrheumatismus hat die ätiologische Basis für den Rheumatismus 
geben: Einerseits wurde nicht nur wiederholt konstatiert, daß der 
Anfall von akutem Gelenkrheumatismus bei demselben Individuum 
iwdesmal von einer akuten Affektion der Tonsillen eröffnet wurde, 
andererseits konnte man die Neigung zur Wiedererkrankung durch 
die Mandelexstirpation in vielen Fällen gänzlich beseitigen. Das 
nicht seltene Ausbleiben des Erfolges nach der Operation konnte die 
Erkenntnis dieses Zusammenhanges nicht erschüttern, forderte nur 
zu einer strafferen Indikationsstellung auf und brachte sowohl in die 
Beziehungen der Tonsille zum Rheumatismus, wie auch in die Gesamt- 
frage des Rheumatismus neues Licht. « 

Er erwähnt dann weiter die Mandelpfröpfe und außer den von 
Pässler erwähnten Entzündungszuständen die chronische Ent- 
zündung des Blinddarms, der Gallenblase und die Dysenterie als In- 
icktionsquellen für den Rheumatismus. 

Goldmann muß in seinen weiteren Ausführungen aber den 
Begriff der rheumatischen Konstitution beibehalten, die eben Folge 
einer chronischen Infektion sei, indem er zugleich aus den Erfahrungen 
des Krieges das Erkältungsmoment, das ohne diese rheumatische 
Konstitution nichts bedeute, zurückstellt. 

Auch nachD. Ernst Freund, »Die rheumatischen Erkrankungen 
im Kriege«, Wiener klin. Wochenschrift 1915, Nr. 12, nach Referat 
in der Med. Klinik 1915, S. 491, sind akuter Gelenkrheumatismus, 
akute und chronische Arthritiden selten und fast durchweg Rezidive 
und Exazerbationen früherer Erkrankungen. 

Andererseits betont Goldmann die Häufigkeit und Nachweis- 
möglichkeit Iymphatischer Infektion durch den Befund geschwollener 
und druckempfindlicher Drüsen. 

50* 


868 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


Auch eine Arbeit von Brozki, Berliner med. Wochenschrift 1916; 
Nr. 16, nach Referat in der Med. Klinik 1916, S. 493, fordert in Kor- 
sequenz dieser Anschauungen in seinem »Beitrag zur Kenntnis d: 
kausalen Zusammenhanges zwischen Angina und Gelenkrheumati- 


mus usw.«, daß kranke Tonsillenschleimhäute, da sie in der Ti: I 


nicht bakteriendicht seien, durch Narbengewebe zu ersetzen. E 
glaubt auf diese Weise die Wehrfähigkeit zu heben und will die Oper: 
tion durchführen bei jedem Soldaten, der große Tonsillen hat, odı 
bereits eine Tonsillitis durchgemacht hat. Für chirurgische Tätigk:! 
wäre also gesorgt. | 

Diese und weitere Arbeiten über Rheumatismus berücksichtig: 
also nicht meine im Zentralblatt für innere Medizin 1912, Nr.& er- 
schienene Arbeit über »das Wesen und die Behandlung der rheum: 
tischen Erkrankungen «. 

Dort sage ich, daß man den akuten und chronischen Rheum: 
tismus der Gelenke, Muskeln und Nerven heilen solle und kön 
durch Gesundungsbestrebungen an den Tonsillen, die nicht im ot: 
tiven Eingriff, sondern in konservativer Behandlung bestehen müöt 

Ich habe zu diesem Zweck Absaugung der Mandeln und Fing:- 
massage verwandt und mit der letzteren namentlich alle Recess 
der Mandeln abgesucht und ausgeräumt. l 

Ich habe gefunden, daß zu dem letzteren Vorgehen nur der Finge 
geeignet ist, nicht ein Mandelquetscher oder Spatel, denn nur & 
Finger erkennt tastend dem Blick entzogene und wichtige Beobach- 
tungen der Konsistenz. | 

Neuerdings habe ich zum gegenseitigen Schutz von Finger un 
Mandeln das über den Finger gelegte Wattebäuschchen mit Thym. 
Menthol, Paraffin (1/, %) oder 5% iger Kali chloricum-Lösung gran 
statt es nur anzufeuchten. 


Der Erfolg meiner Therapie, deren Umfang ich weiter unten br 
spreche, nötigte mich 1912 schon zu meiner Hypothese, daß die 10 


sillen nicht dadurch den Körper gefährden, daß sie, weil sie kran! 
sind, nicht mehr die Rolle des Schutz- und Abwehrorgans sp 


können, sondern daß sie wegen ihrer Erkrankung ihre Tätigkeit nit l 


ausüben können. Diese Aufgabe erteile ich den Tonsillen nach mit 
Beobachtungen in der Weise, daß ich sie als den bisher unbekantit 
zweiten Endausgang des Lymphgefäßsystems hinstelle, sie also i 
Ausscheidungsorganen zurechne. Die Ausscheidung erfolgt in die Ve 
dauungsorgane zum Abbau und zur Wiederverwertung im Organist 

Der Endpunkt der Lymphgefäße wird von der Anatomie "- 
Physiologie in die obere Hohlvene verlegt. | 

Die Beobachtung an Kranken, die nach meinem Vorgehen unie 


= n -e Su ieh nn Sar m Bü -aa a 
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sucht und behandelt werden, zeigt aber, daß dieser Weg des LI" ; 
stromes nur einen Anteil des Gesamtweges darstellt, und d“ | 


Verarbeitung der Lymphe mit den Stoffen des Körperhaushalt® ii 


f 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 869 


den Fremdkeimen nicht im Blute erfolgt, sondern im Verdauungs- 
kanal. 

Behandelt man z.B. Kranke mit Drüsenschwellung, seien es 
indolente skrofulöse Drüsen oder schmerzende, frisch entzündete, nach 
meinem Verfahren, so ist unmittelbar eineAbschwellung zu beobachten, 
die deutlich fühlbar ist und bei schmerzenden, frisch entzündeten 
Drüsen zugleich durch das Nachlassen und Aufhören des Schmerzes 
sich kundgibt. 

Von zahlreichen Fällen hier nur einer aus der letzten Zeit: 

Fräulein G. B., 42 Jahre alt, seit dem 16. Lebensjahre an der 
linken Halsseite, etwa 8cm vom Kieferwinkel nach unten reichend, 
zahlreiche bohnengroße Drüsen. Mit 16 Jahren waren einige größer 
gewordene exstirpiert. Nach einem halben Jahre war derselbe Zustand 
wieder da. In letzter Zeit wird die oberste Drüse sehr dick, trotz — 
anderweitiger — Behandlung Zunahme der Schwellung. Der be- 
handelnde Arzt rät dringend, da sonst Durchbruch und häßliche 
Narbe zu befürchten sei, zur Exstirpation. Meine Behandlung der 
Mandeln bringt bei sofortigem Beginn der Abschwellung die Drüsen 
zurück, so daß nicht nur die im Erweichungsbeginn befindliche, son- 
dern auch die ganze Kette der Drüsen nach wenigen Wochen viel 
dünner ist wie sie in all den Jahren gewesen war. Dabei hebt sich 
auffällig das Allgemeinbefinden und die Leistung des Körpers. 

Oder: 8jähriger Knabe, kleine Wunde am rechten Fuß, nach 
einigen Tagen Schmerzen in der Leiste, abends 37,8°, die ganze Nacht 
kein Schlaf, kommt mit schwerem Hinken zu mir. Nach Mandel- 
behandlung schmerzfrei, freies Gehen. Am anderen Tage gesund. 

Nun hat ja Henke (Königsberg 3) für die Nase und das Zahn- 
fleisch mit Tuscheeinspritzungen bewiesen, daß der Weg aus diesen 
Körperteilen in die Tonsille und aus derselben herausgeht, aber nach 
Privater Mitteilung Aschoff’s wird die Beweiskraft seiner Präparate 
bestritten. Ich muß trotzdem nach meinen Beobachtungen dieselbe 
Annahme machen wie Henke, und zwar, wie aus den Fällen hervor- 
seht, wie sie zahlreich und stets übereinstimmend bei mir verlaufen, 
für die Lymphbahnen des ganzen Körpers, sie also noch erweitern. 

Wenn man nun einmal in manchen Fällen durch Tonsillotomie 
und Tonsillektomie Heilung von Rheumatismus und vielen anderen 
Krankheitszuständen erreicht hat (Gürig 4, Pässler, Meyer [Mün- 
chen] 5), dann ist dem Körper eine Quelle der Infektion eben von den 
Mandeln in den Körper hinein genommen, wenn die Heilung von 
Zahncaries, Kieferfortsatzeiterungen, Nebenhöhlen-, Ohreiterung, Un- 
terleibsentzündung dem Körper Heilung auch von anderen Krank- 
heiten (Pässler) brachte, so war die Belastung der Mandeln von diesen 
Infektionsstellen aus so stark, daß sie die von mir ihr zugeschriebene 

dtigkeit nicht ausüben konnten, daß aber die Heilung der anderen 
Peripheren Entzündungen die Mandeln derart entlastet, daß sie nun- 


870 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


mehr ihre ausscheidende Funktion erfüllen können und Gesundung 
auch vom Rheumatismus bringen. 

Rheumatische Konstitution bedeutet also nichts anderes, als da. 
ein Körper Mandeln besitzt, die infolge chronischer Entzündung in 
der Erfüllung ihrer Aufgaben so behindert sind, daß sie einer Mri- 
belastung, die eine Erkältungsgelegenheit, eine Infektion ihnen brins. 
nicht mehr Herr werden. 

Diese Auffassung erklärt zwanglos das Auftreten von Tonsillitiden 
und Rheumatismen nach Darmerkrankungen, wie sie G. Singer i 
der Wiener klin. Wochenschrift 1915, Nr. 6 beschreibt (Referat in dt 
Med. Klinik 1915, S. 286) oder Döbli im Korrespondenzblatt d:r 
Schweizer Ärzte 1916, Nr. 15, nach Referat im Zentralblatt für inn:r: 
Medizin 1916, S. 692, daß bei Verdauungsstörungen Angina lacunar: 
aufgetreten sei, während anfänglich keine Beschwerden im Rach& 
waren. Oder daß nach Flecktyphus chronischer Rheumatismus au'- 
getreten sei (Neukirch und Zlocisti, Med. Klinik 1916, 5. 30. 
Oder daß bei epidemischer Stomatitis rheumatische Beschwerden ir 
Gefolge auftraten (Rumpel, Münchener med. Wochenschrift 191b 
Nr. 22) ebenso wie nach Febris recurrens (Eggebrecht, Referat in 
Zentralblatt für innere Medizin 1916, S. 661). 

Es dringt also nach meiner Anschauung bei den von Pässltr 
und Goldmann betonten anderweitigen Entzündungen aus nich! 
eine Schädigung in die Gelenke, sondern die Gelenke erkranken mi: 
Schmerz, Schwellung usw., weil der normale Saftabfluß durch di: 
belasteten funktionsuntüchtigen, weil infizierten Mandeln, nicht ver 
sich gehen kann. 

Die Wirkung meiner Mandelbehandlung ist derart entlastend. 
daß ihr gegenüber alle die oben kurz zusammengefaßten Richtlinien 
der Behandlung weit zurücktreten, und ich auf Rheumatika kauf: 
je und stets nur vorübergehend zurückzugreifen brauche. 

Dabei habe ich durch meine Erfolge die allerschwersten Fälle von 
Rheumatismus zur Behandlung bekommen, akute Fälle mit Schmerz- 
versteifung des ganzen Körpers, subakute Fälle mit schweren Er- 
nährungsstörungen, die monatelang in Krankenhäusern behand.! 
waren, Fälle, die nach vergeblicher Kur in Aachen invalidisiert ware: 
oder die eine Reklamation in Militärangelegenheiten erfolgreich hab: 
werden lassen. 

Es waren Fälle dabei, die über ein Jahrzehnt lang alle nur müs 
lichen Heilverfahren, einschließlich Gastein, Kreuznach und Joachim: 
tal, durchgemacht haben. 

Diejenigen Fälle, denen die Mandeln exstirpiert waren, oder den? 
sie durch andere Eingriffe mehr oder weniger verödet waren, erwies 
sich erklärlicherweise als am hartnäckigsten. 

Aber auch diese Fälle erfuhren Besserung bei genügend lan: 
fortgesetzter Behandlung, zum Teil beträchtliche Erfolge. 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 871 


Meist war nämlich zu meiner Befriedigung doch noch ein ganz 
kleines Stück der Mandeln übrig geblieben, das zum Teil den Pat. 
auch nach der »Total«-Exstirpation noch die Schmerzen der Mandel- 
entzündung gemacht hatte. 

Ferner aber kann man durch mein Vorgehen die normale, von den 
Mandeln aus regulierte Tätigkeit der Schleimhäute in günstigem Sinne 
beeinflussen, und diese Ausscheidungen helfen der Schädlichkeitsaus- 
Scheidung. 

Daß sie das tun, sieht jeder, der eine genügende Anzahl Fälle nach 
meinem Verfahren behandelt und vorurteilslos beobachtet. Er sieht 
dann, daß die Absonderungsvorgänge der Nase, des Rachens, der 
oberen und unteren Luftwege, des Magens, des Darmes, der Nieren 
günstig beeinflußt werden: man beobachtet Feuchtwerden der Nase, 
Auswurf aus Rachen, Luftröhre und Bronchien, es schwindet Magen- 
schmerz der Übersäuerung, Obstipation, Dysmenorrhöe wird günstig 
beeinflußt. 

Von diesen von mir längst in früheren Arbeiten berichteten Wir- 
kungen wird die Abschwellung der verstopften Nase und die auf die 
Übersäuerungsbeschwerden auch von John (I. c.) berichtet, allerdings 
mit der alten Erklärung, auch von Pässler werden dureh Mandel- 
operation Herzbeschwerden, Nierenschmerz usw. beseitigt. 

Diese Ausscheidungen und Erleichterungen sieht man zustande 
kommen, wenn auch nur ein ganz kleiner Teil der Mandeln noch da 
ist. Sie vermögen immerhin noch einen Teil der Ausscheidungsauf- 
gaben der Mandeln zu übernehmen (siene auch die Wirkung von 
Karlsbad, Salzschlirf). 

Die Beeinflussung von Ausscheidungen und Rheuma zeigt der 
Fall einer 64jährigen Frau K. Vor 4 Jahren hatte nach dem Ver- 
schwinden einer jahrzehntealten, stark sezernierenden Bronchitis eine 
chronische, stark schmerzende Gelenkerkrankung begonnen, die zum 
Teil als Rheuma, zum Teil als chronische Gicht bezeichnet war. Sie 
kann Treppen nur nachsteigend gehen, ist in Streckung und Beugung 
der Finger, im Gebrauch der Arme stark behindert. 6wöchige Kur 
in Salzschlirf bringt nur in bezug auf Schmerz bis zum Herbstwetter 
etwas Erleichterung. Dem dortigen Arzt hatte sie erzählt, ihre 
Waschfrau, die nach Aachen invalidisiert war, sei von mir mit Erfolg 
behandelt. Dieser Bericht war von ihm mit unparlamentarischem 
Ausdruck zurückgewiesen. In meiner Behandlung trat dann voller 
Erfolg, nicht nur in bezug auf Schmerz und Funktion, sondern 
auch in bezug auf Hebung der Gesamtleistungsfähigkeit: Berge- 
steigen u. dgl. ein. Die charakteristische Dachziegelstellung der Finger 
schwand, Übersteigen der Treppenstufen war schon nach den ersten 
Behandlungen und von da ab dauernd möglich. 

Ich schließe aus meinen Beobachtungen, daß Rheumatismus wie 
alle Krankheiten nur bei gewissen Konstitutionsveränderungen auf- 


872 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


treten; sonst müßten bei verbreiteter Infektionsgelegenheit (Influenza 
z. B.) alle Menschen erkranken. Die Konstitutionsveränderung bt- 
steht aber darin, daß durch entzündliche Veränderungen der Gaumen- 
mandeln bzw. des Iymphatischen Rachenringes der Organismus nicht 
dauernd sich der normalen Stoffwechselprodukte und der irgendwie 
in den Körper eingedrungenen Infektionen entledigen kann. 

Daß die Mandeln dazu in Anspruch genommen werden, zeigen 
die neueren oben erwähnten Beobachtungen von Angina nach Fleck- 
typhusinfektion, nach Stomatitiden und nach Darmerkrankungen. 

Pässler will bekanntlich den Diathesen eine rein konstitutic- 
nelle Grundlage nicht mehr zuerkennen. Er faßt sie als chronische 
Infektion vom Typ der chronischen Tonsillitis auf. 

John (6) berichtet von unzweifelhaftem Erfolg bei exsudative: 
Diathese, trotz der Bekämpfung Pässler’scher Ansichten durch 
Rohmer. (M. m. W. 1914. Nr. 19.) 

John hat aber mein konservatives Verfahren nach Anhör:n 
meiner Vorträge angewandt und arbeitet mit meiner Modifikation 
des von Prym zur Stauungsbehandlung der Tonsillitis hergestellten 
Instrumentes. 

Gleicher Fälle wie John habe ich, wie der angeführte Fall zeigt. 
viele, nur brauchte ich niemals wie John u. U. zur Exstirpation zu 
schreiten, da ich die Mandeln umfassender und zugleich, was fast 
stets nötig ist, den Rachenraum und die Nase behandle. 

Auch kann ich nach meinen Beobachtungen die echte Gicht und 
den Diabetes wie Pässler nicht ausnehmen von den Krankheiten. 
die unter Einfluß der Mandelveränderung stehen. 

Daß aber jenseits dieser Verhältnisse doch noch der Einfluß der 
besonderen Konstitution steht, zeigen die Nachkommen syphilitischer 
oder in ihrer Keimanlage durch Alkohol der Eltern Geschädigter. 

Sicher ist mir jedoch, daß auch die Rachitis wie die exsudativen 
Diathesen unter Einfluß von Mandelschädigungen stehen. 

Meine schon im Jahre 1912 getane Aufforderung zur klinischer 
Nachprüfung dieser Beobachtungen kann ich jetzt, da schon viele 
Ärzte mit demselben Erfolg wie ich nach meiner Methode arbeiten, 
nur wiederholen. 

Ich führe hier zugleich noch die Worte Menzer’s (Bochum) an 
(Kongreß f. innere Medizin 1914, Verhandlungen S. 292). » Die Ton- 
sillektomie ist ein für Erwachsene lebensgefährlicher Eingriff, gegen 
den man energisch protestieren muß. Das einfache Absaugen de: 
Tonsillen, eventuell unter Kombination mit Vaccinetherapie, ist von 
ausgezeichneter Heilwirkung und schont das schützende Iymphatische 
Gewebe des Halses.« 

»Menschen, die ihrer Tonsillen beraubt sind, haben eine erhöht: 
Disposition zu Katarrhen der tieferen Luftwege.« 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 873 


Literatur: 


1) Ad. Schmidt, Med. Klinik 1910. Nr. 19; 1914. Nr. 16 u. 49. Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 17. 
2) Pässler, Kongreß für innere Medizin 1911. Verhandlungen S. 189, 
1914. S. 281. Therapie der Gegenwart 1915. Oktober. , 
3) Henke, Verein f. wiss. Heilkunde Königsberg. Med. Klinik 1913. Nr. 26. 
4) Gürig, Kongreß für innere Medizin 1905 und »Gelenkrheumatismus«. 
Breslau, Woywod, 1905. 
5) H. Meyer (München), Mandelentzündungen und innere Erkrankungen 
bei Gmelin, 1913. 
6) John, Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 34. 
Ferner 
Röder, Erweiterte Gesichtspunkte zur Pathologie und Therapie des Iympha- 
tischen Rachenringes. XXIX. Kongreß für innere Medizin 1912. 
—— DasWesen und die Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Zentralblatt 
für innere Medizin 1912. Nr. 38. 
—— Zur Physiologie und Pathologie des Iymphatischen Rachenringes. Mün- 
chener med. Wochenschrift 1912. Nr. 40. 
—— Unterleibsschmerzen und Lymphkreislaufstörung. Monatsschrift f. Geburts- 
hilfe u. Gynäkologie. Ergänzungsheft 1913. 
— Die Anregung des Lymphkreislaufes als Heilprinzip. Münchener med. 
Wochenschrift 1913. Nr. 26. 
—— Über Gelenkversteifungen durch Lymphkreislaufstörungen. Zeitschrift f. 
orthopäd. Chirurgie Bd. XXXIII. 
—— Physiologie und Therapie des Lymphkreislaufes. Med. Klinik 1913. Nr. 46. 
—— Klinische Beweise für die zentrale Stellung des Iymphatischen Rachenringes 
im Organismus. Ärztl. Rundschau 1915. Nr. 46. 
—— Die Aufgaben der Gaumenmandeln im Organismus. Mitteilungen d. med.- 
biol. Gesellschaft 1915. Nr. 22. 
—— Die Bedeutung des Lymphkreislaufes für Ernährung, Hygiene und Therapie. 
Blätter f. biol. Medizin 1916. Nr. 19. | 


—,— en Den 


Referate. 


l. Uhle and MacKinney. Value of the Wassermann reaction. 

(Med. record 1915. September 25.) 

U. und McK. übergaben 325 Bilutproben von 292 Individuen 7 Sero- 
logen und verglichen die erhaltenen Resultate unter sich und mit den klini- 
schen Krankheitsbildern. Da mehrere der Serologen mehr als ein Antigen ge- 
brauchten, so lagen zum Vergleich 10 Serien von Untersuchungsresultaten vor. 
Über normale, nicht syphilitische Blutproben lagen unrichtige positiveReaktionen 
vor, die nach der Zahl 2,6—18,1°%, der Gesamtzahl ausmachten. Das Schlimmste 
aber war, daß vom gleichen Serologen über zwei Blutproben desselben Indivi- 
duums, welche zur gleichen Zeit und unter gleichen Verhältnissen entnommen 
worden waren, sich widersprechende Resultate vorlagen. Alle Serologen stimmten 
nur in 21%, überein, sie stimmten bei 19°, nicht überein und bei 60%, waren sie 
betreffend Intensität der erhaltenen positiven Reaktion nicht gleicher Meinung. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


874 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


2. Reinhardt und Oeller (Leipzig). Hamsterkomplement an Stel: 
von Meerschweinchenkomplement bei der Wassermann’sche: 
Luesreaktion. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 39.) 

Da eine größere Zahl menschlicher Seren (auch Liquor) sicher kontrollis 
Resultate mit Hamsterkomplement bei Anstellung der Wassermann'st 
Luesreaktion ergab, so können wir das Hamsterkomplement als geeigneten Erz. 
für Meerschweinchenkomplement empfehlen. Reckzeh (Berlin). 


3. B. P. Sormani. Eine neue Deutung der Neisser- und Wech:- 
berg’schen Erscheinung mit Hilfe der unbekannten Ersche: 
nung der spezifischen Brüchigkeit. (Nederl. Tijdschr. v. Genes. 
1915. I. S. 1083—97.) 

Die von Neisser und Wechsberg 1901 vorgefundene Erscheinung ü 
Komplementablenkung ist nach S. mit Hilfe hämolytischer Immunsera nac 
weisbar; dieselbe hat nicht ihren Grund in einer etwaigen Wirkung des Immu- 
serums auf das Komplement, sondern in einer fällenden Wirkung desselben 3: 
die Oberfläche der Antigene; die Folge dieser Wirkung offenbart sich einerse.:: 
durch Herabsetzung der Löslichkeit, andererseits durch die Erscheinung dv 
spezifischen Brüchigkeit, wie des näheren für rote Blutkörperchen dargetan wirt. 
Für die Anstellung etwaiger Komplementbindungsreaktionen ist die Verwendix 
kämolytischer Sera mit schwach fällendem Vermögen wünschenswert, vor ak” 
bei Verarbeitung hochgradig sensibilisierter Blutkörperchen; derjenige Verdu'- 
rnungsgrad des hämolytischen Serums soll also zur Sensibilisierung der Blutkörp- 
chen getroffen werden, welcher neben einem maximale Empfindlichkeit letztere 
gegen Komplement hervorrufenden Vermögen eine minimale fällende Wirkur: 
offenbart (ungefähr 8 bis 12 Einheiten). Immobilisierung beweglicher Baken: 
durch agglutinierende Sera ist wahrscheinlich die Folge etwaiger Fällung ut 


sekundärer Versteifung der Oberfläche der Peitschenfäden. — Das eingehend: 
Studium dieser reichhaltigen, nicht gerade für Uneingeweihte geschriebenen Ar- 
beit sei wärmstens empfohlen. Zeehuisen (Utrecht). 


4. W. Spät. Das Wesen der Komplementbindungsreaktion. (Pix: 
med. Wochenschrift 1914. Nr. 8. S. 68.) 

Verf. bespricht die Grundsätze der Ehrlich’schen Seitenkettentheorie, &: 
einzelnen Arten der Rezeptoren und erklärt ausführlich die Wirkungsweise ur 
Ambozeptoren (Rezeptoren 3. Ordnung) bei der Komplementbindungsreakti® 
Auf Grund zahlreicher Versuche wird nachgewiesen, daß die Ehrlich'sche Vo 
stellung, wonach bei der Komplementbindungsreaktion der Ambozeptor sit 
einerseits an das Antigen, andererseits an das Komplement verankert, nicht it 
Recht besteht. Weder an der komplementophilen, noch an der cytophilen Urup 
konnte nach Ablauf der Reaktion eine Veränderung wahrgenommen werden. D: 
Immunkörper war qualitativ und quantitativ unverändert, frei (nicht gehurkt 
und konnte zu weiteren Reaktionen herangezogen werden. Dieses Verhalten ¿s 
Immunkörpers konnte sowohl bei bakteriellen, wie bei Eiweißantiseris dem- 
striert werden. Daß kein Sprengen stattgefundener Bindungen in Frage kunt: 
wird durch entsprechende Kontrollen gezeigt. Hingegen zeigten andere Versuch. 
daß bei der in Rede stehenden Reaktion das Antigen derart verändert wird, da: 
es nicht mehr zu weiteren Reaktionen befähigt erscheint. Diese Altericrung dri 
Antigens wird durch frisches (nicht inaktiviertes) Meerschweinchenkomplert" 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 875 


bewirkt, jedoch nur bei Anwesenheit des Immunkörpers, welcher aber hierbei 
nicht verbraucht wird. Durch derartige Versuche ist erwiesen, daß bei der Kom- 
plementbindungsreaktion nur eine Veränderung des Antigens stattfindet, wie 
bei den übrigen Immunitätsreaktionen, der Agglutination, Präzipitation und 
Bakteriolyse. Hierdurch wird man zur Anschauung Bail’s gedrängt, nach welcher 
zwischen Antigen und Antikörper nur eine einzige Reaktion besteht, welche je 
nach. Beschaffenheit des Antigens, unter verschiedener Form, als Agglutination, 
Präzipitation oder Bakteriolyse auftritt. Nach den erörterten Untersuchungs- 
ergebnissen wäre auch die Komplementbindungsreaktion den übrigen Immuni- 
tätsreaktionen in diesem Sinne gleichzustellen. Friedel Pick (Prag). 





5. Mandelbaum. Neue Beobachtungen über Komplemente und 
deren Bedeutung. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 29.) 
Der Komplementgehalt in jedem Menschenserum ist der gleiche. Die Kom- 
plementmenge im Blute eines gesunden Menschen bleibt außerhalb der Blutbahn 
bei Aufbewahrung im Eisschrank während mehrerer Tage unverändert. Eine Reihe 
von pathologischen Seren verliert innerhalb 24 Stunden bei Eisschranktemperatur 
ihre komplettierende Kraft fast vollkommen, gleichgültig, ob das Serum allein oder 
dasSerum mit dem Blutkuchen bei dieser Temperatur gehalten wird. Jedes mensch- 
liche Serum allein, d. h. ohne Blutkuchen, verliert, über Nacht bei 37° gehalten, 
den größten Teil seiner komplettierenden Wirksamkeit; zusammen mit dem 
Blutkuchen bei 37° über Nacht gehalten, bleibt der Komplementgehalt erhalten, 
selbst — wenigstens in der größten Anzahl von Fällen — bei den Seren, die im Eis- 
schrank innerhalb 24 Stunden ihr Komplement verlieren. Die Erhaltung des 
Komplementes bei 37° ist bedingt durch Stoffe, die von den Blutzellen abgegeben 
werden durch die Socine. Die Socine werden nicht bei Eisschranktemperatur 
abgegeben. Sie stammen höchstwahrscheinlich von den Leukocyten bzw. Blut- 
plättchen. Das Optimum für ihre Lieferung liegt bei 37°. | 
Reckzeh (Berlin). 


6. Kafka. Über das Schicksal des Komplements während des 
Ablaufes des Dialysierversuchs nach Abderhalden. (Münchener 
med. Wochenschrift 1916. Nr. 23.) 

Dem Komplement ist eine funktionelle Rolle beim Zustandekommen der 

Abderhalden’schen Reaktion nicht zuzusprechen. Reckzeh (Berlin). 


7. Löwit. Die Beziehungen des anaphylaktischen Shocks zur 
Dyspnoe bei Meerschweinchen. (Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. 
Bd. LXXVII. S. 186.) 

Meerschweinchen gehen nach doppelseitiger Vagusdurchschneidung am Halse 
in der Regel binnen wenigen Minuten unter anaphylaxieähnlichen Erscheinungen 
durch Atemlähmung zugrunde. Starke Streckreflexe rufen bei Meerschweinchen 
gleichfalls analoge Erscheinungen hervor. Manche anaphylaktische Shock- 
Symptome des Meerschweinchens sind auf Rechnung der Dyspnoe zu setzen, die 
entweder durch Bronchospasmus, aber auch bei fehlendem Bronchialmuskel- 
krampf zentral oder peripher ausgelöst wird. Dementsprechend können auch 
durch Kohlensäurezufuhr beim Meerschweinchen anaphylaxieähnliche Erschei- 
nungen hervorgerufen werden. 


876 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


Im Herzen von im anaphylaktischen Shock oder durch Anaphylatoxinver- 
giftung eingegangener Meerschweinchen fehlen die Oxydasegranula an vieler. 
Stellen; nach dem Aufenthalte des Herzens an der Luft tritt eine Restitution der 
Indophenolblausynthese in den Granulis ein. Kohlensäurevergiftung ruft dir 
gleichen Erscheinungen hervor. Auch bei Kohlenoxyd- und Cymarinvergiftung 
(Kaninchen) wurden Veränderungen der Oxydasegranula im Herzen konstatiert. 

Bachem (Bonn). 


8. Koch (Charlottenburg-Westend). Beitrag zur Kenntnis der 
Serumanaphylaxie beim Menschen und deren Verhütung. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Es handelt sich um den Fall eines 6jährigen scharlachkranken Kindes, ca: 
am 3. Krankheitstage wegen klinischen Diphtheriebefundes 3,75 ccm Diphthene- 
heilserum (1500 1.-E.) intramuskulös injiziert erhält. Am 6. Krankheitstag: 
erfolgt eine erneute Injektion von Diphtherieheilserum: 7,5 ccm intraven:.x 
(3000 1.-E.). Intravenöse wie intramuskuläre Injektionen wurden zunächst rē- 
aktionslos vertragen. Am 10. Krankheitstage tritt ohne Störung des Allgemzir- 
befindens ein Serumexanthem auf, welches rasch wieder verschwindet. Am 
20. Krankheitstage entschließt man sich zu einer Antistreptokokkenseruminjek- 
tion, da sich ein septikopyämisches Bild herausbildet. Der Hauptinjektion lat! 
man zunächst eine als Anaphylaxieschutz gedachte Subkutaninjektion von 5 cim 
Antistreptokokkenserum vorausgehen. Es treten keinerlei Reaktionsersch:i- 
nungen auf. Nach 5!/, Stunden folgt eine intravenöse Injektion von 10 ccm 
Antistreptokokkenserum. Tod in wenigen Minuten unter Cyanose, Krämpi:n, 
Atemstillstand. Es dürfte sich daher empfehlen, bei Pat., die in ihrem Allgemein- 
zustand stark geschädigt sind, die Frage nach etwa früher erfolgten Serumin'cx- 
tionen besonders ernst zu bewerten. Reckzeh (Berlin). 


9. H. Zinsser (New York). The more recent developments in 
the study of anaphylactic phenomena. (Arch. of internal mit. 
1915. August.) 

Eingehende, einem Referat sich entziehende Betrachtungen über anaphylak- 
tische Erscheinungen, insbesondere hinsichtlich unserer Auffassung der Immunität. 
F. Reiche (Hamburg). 


10. H. Sewall and C. Powell (Denver). Studies in the relations 
of the hypersusceptibility and insusceptibility induced in 
guinea-pigs by the instillation of horse serum into the nose. 
(Arch. of internal med. 1915. Oktober.) 

Wenn wenige Tropfen Pferdeserum Meerschweinchen in die Nase instilliert 
werden und diese Dosis in Zwischenräumen von 1 bis zu 24 Tagen l- bis $ma: 
wiederholt wird, so überlebt, ohne daß sich hierfür eine Erklärung geben lait. 
ungefähr die Hälfte der Tiere eine intravenöse Injektion von Pferdeserum, d:e 
16 Tage nach der letzten Instillation gemacht wird. Dieses Überstehen geht 
bisweilen symptomlos vor sich, kann jedoch nicht auf vorheriger Desensibilisierunz 
beruhen, da eine zweite intravenöse Einspritzung 24 Tage nach der ersten häufi 
gut vertragen wird. Wenn die Tiere nach mehreren intravenösen Injektion: 
von 0,38 ccm Pferdeserum nicht mehr reagieren, so kann die Gabe gelegentli:" 
mit gleichem Ergebnis verdoppelt und verdreifacht werden. Entgegen der a!!z:- 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 877 


meinen Erfahrung stellten S. und P. in zwei Gruppen von refraktär sich verhal- 
tenden Meerschweinchen fest, daß eine große intravenöse Einspritzung nach 
einer Ruhepause von 101 und 81 Tagen besser vertragen wurde als bei den Kon- 
trolltieren nach 36 und 28. Wurde das Blutserum dieser Immuntiere normalen 
Meerschweinchen intraperitoneal eingespritzt, so reagierten diese in der Regel 
sehr wenig auf eine 23—48 Stunden spätere intravenöse Injektion von 0,25 ccm. 
Tiere, die 0,5 ccm Serum in die Peritonealhöhle injiziert erhielten, reagierten 
heftiger auf die toxische Einspritzung als solche, denen man 4 oder 5 ccm ein- 
gespritzt, auch überlebten sie eine zweite intravenöse Injektion nach 17 Tagen, 
der die übrigen erlagen. — Von der nur mit Instillationen behandelten Tierreihe 
überstanden 5 von 7 Nachkömmlingen die toxische Injektion. 
F. Reiche (Hamburg). 


ii. Erwin Baumann. Erfahrungen mit der Abderhalden’schen 
Schwangerschaftsdiagnostik im Frauenspital in Basel. (Monats- 
‚schrift f. Geburtshilfe u. Gynäkologie 1915. Bd. XLII. Hft. 3.) 

Das Dialysierverfahren mit selbst zubereiteter Placenta gab mit der Ninhydrin- 
reaktion stets gute Resultate. 

Ebenso waren Verf.s Erfolge mit den Hoechster Präparaten Placentaeiweiß 
siccum Hoechst (0,5 und 0,25 g) gute. 

Die Versuche mit »haltbarer feuchter Placenta Hoechst« ergaben 40% Miß- 
erfolge. 

Die Reaktion mit »gefärbtem Placentasubstrat« lieferte stets negative Re- 
sultate. 

\Wgn ganz besonderem Werte erwies sich die Abderhalden’sche Methode 
in differentialdiagnostisch schwierigen und unklaren Fällen. 

Verf. schätzt die Fehlresultate im Maximum auf 11/,—2% (bei Einbeziehung 

alter Aborte und Tubarmolen auf 3—4 9%). 

Aus seiner ganzen Versuchsreihe hat Verf. zwei Mißerfolge zu verzeichnen. 

Bei dem einen, geplatzte Tubargravidität, wo das Blut direkt aus dem geöffneten 

Abdomen geschöpft wurde, mag vielleicht der Fehler noch in der Technik gelegen 

haben, da es einer der ersten Versuche war, als Verf. mit der Ausführung des 

Dialysierverfahrens noch nicht sehr geübt war. Im zweiten Falle, Myom und 

Gravidität, wo eine negative Reaktion erhalten wurde, ist die Fehlerquelle nie 

klar geworden. In 60 weiteren Fällen hat Verf. dagegen nie mehr ein Fehlresultat 

erhalten. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


12. Walther Lindemann. Über Beeinflussung der Abderhalden- 
schen Reaktion durch Cholesterin. (Zeitschrift f. d. ges. exp. Me- 
dizin 1914. Bd. IV. Hft. 2.) 

Aus Verf.s Beobachtungen geht hervor, daß das Cholesterin den Ausfall der 
Reaktion stark zu beeinflussen imstande ist, und zwar im Sinne einer Abschwächung 
bzw. vollständigen Aufhebung. Der theoretische Grund für die praktische For- 
derung, das Blut zur Anstellung der Reaktion nüchtern zu nehmen, mag also 
darin begründet sein, daß man fast mit jeder Mahlzeit, besonders aber mit blut- 
haltigen Speisen, mit Fleisch und Fett, stets Cholesterin aufnimmt, welches dann 
im Serum in vermehrter Menge erscheint. Diese Fehlerquelle kann man also 
bequem vermeiden. 


878 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


Bei der Gravidität, insbesondere aber bei der Eklampsie, handelt es sich um 
bleibende Zustände, und man hat das vermehrte Cholesterin auch nüchtern in dem 
zu prüfenden Serum. Mit dieser nendogenen« Fehlerquelle muß man also bei dem 
auffallend schwachen Ausfall der Reaktion trotz Beobachtung aller sonstigen Mas- 
nahmen rechnen. Es ist möglich, daß trotz gewissenhafter Untersuchung manche: 
Autoren ein »Versager« so zustande gekommen ist. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdori). 


13. Keitler und Lindner. Über die Abderhalden’sche Dialysier- 

methode. (Wiener klin. Wochenschrift 1915. Nr. 21.) 

Die Untersuchungen beziehen sich auf 24 Fälle von intakter Schwangerschaft, 
21 Fälle von abgelaufener Schwangerschaft, 27 Fälle von Karzinom, 21 F¿iie 
von Myoma uteri, 5 Fälle von Metropathia haemorrhagica jugendlicher Individuen, 
26 Fälle verschiedenartiger Erkrankungen weiblicher Individuen und auf 6 Männer- 
sera. Aus allen ergibt sich, daß den mit der Dialysiermethode gewonnenen Re- 
sultaten bis heute keine absolute Beweiskraft zukommt, sondern sie lediglich als 
ein unterstützender Faktor zu bezeichnen sind. Seifert (Würzburg). 


14. Paul Hüssy und Theodor Herzog. Der Nachweis von Abwehr- 
fermenten im histologischen Schnitte. (Archiv für Gynäkologie 
1916. Bd. CV. Hft. 1.) 

Die Serumeinwirkung zeigt sich erheblich viel deutlicher in den Veränderungen 
des Stromas der Zotten als im Ektoderm. Man sieht dort eine Aufquellung des 
Bindegewebes, Verklumpung und schlechte Färbbarkeit der Kerne, ab yrd zu 
Kernschwund. Selten sind aber die Veränderungen bei Verwendung von Gräviden- 
serum in die Augen springender als bei Anwendung von Normalserum. 

Die Veränderungen im epithelialen Anteile im spezifischen Placentargı weht 
sind meist sehr geringgradig oder sie fehlen sogar ganz. In einzelnen Fällen finden 
sich Zusammenballung des Epithels, Verklumpung der Kerne, Kernschwund. 
Proliferationsinseln sind von diesen Veränderungen nicht bevorzugt. Finden sıch 
überhaupt Veränderungen im spezifischen Placentargewebe, dann sind sie eni- 
schieden deutlicher ausgesprochen bei denjenigen Stückchen, die im Schwangeren- 
serum bebrütet worden sind. Die Zeitdauer der Bebrütung im Serum kommt nicht 
wesentlich in Betracht. Es genügen 24 Stunden Brutschrank vollkommen. Die 
Methode kommt aus dem dargelegten Grunde für die Schwangerschaftsdiagnustik 
` nicht in Betracht. Sie kann das Dialysierverfahren nach Abderhalden nich! 
ersetzen. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdort'. 


15. Bunzel und Bloch. Beitrag zur Technik und klinischen Ver- 
wertbarkeit der Abderhalden’schen Reaktion. (Münchener med. 
Wochenschrift 1916. Nr. 1.) 

Die mitgeteilten Ergebnisse berechtigen nicht zu einem abschließenden Urtci! 
über den Wert und die Bedeutung der Abderhalden’schen Reaktion. Aber ih: 
Ausfall in einzelnen Fällen rechtfertigt das lebhafte Interesse, das man allgemein 
dieser Reaktion zeigt. Allgemeinere Verwendung wird erst möglich sein, wenn ike 
Technik einfacher gestaltet sein wird. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 879 


16. E. L. Ross and H. D. Singer (Kankakee, Ill... Observations on 
the use of the Abderhalden reaction with normal and patho- 
logical human serums. (Arch. of internal med. 1915. Mai.) 

Nach R. und S.’s Versuchen kann man aus der Lysis bestimmter Gewebe 
durch verschiedene pathologische Sera (nach Abderhalden) keinen Schluß auf 
den Sitz der Läsion ziehen. Der Unterschied in der Fermentaktivität auf Gehirn- 
substanz zwischen Serum von Kranken mit progressiver Paralyse und von Ge- 
sunden scheint eher quantitativ als qualitativ zu sein. 

F. Reiche (Hamburg). 


17. J. 0. Garvonsky (London). Results of clinical investigations 
based on the methods of Abderhalden. (Lancet 1915. Januar 16.) 
Nach den von G. mitgeteilten zahlreichen, genau nach Abderhalden’s 

Vorschriften angestellten Beobachtungen gelang es ihm nicht, spezifische Fermente 

nachzuweisen. Es ergab sich, daß das Serum von Schwangeren proteo- und pepto- 

ıvtische Fermente enthält, welche jedes koagulierte Eiweiß und daraus gewonnenes 

Pepton zersetzt, und daß, wenn proteolytische Fermente sich im Serum von 

Kranken mit malignen Tumoren und anderen Krankheiten finden, sie in der 

zeichen nichtspezifischen Weise wirken, während das Serum völlig gesunder 

Menschen solche Fermente nicht enthält. So kann ein negatives Ergebnis prak- 

üschen Wert haben. F. Reiche (Hamburg). 


18. W. E. Bullock. A critical study of the basis of Abderhalden’s 

serum reaction. (Lancet 1915. Januar 30.) 

B. führt eine große Reihe verschiedener Tierexperimente an, aus denen hervor- 
seht, daß die, selbst die technisch verbesserte Abderhalden’sche Methode nicht, 
usreicht, normales Serum von Schwangerschaftsserum und Krebsserum zu unter- 
‚cheiden. Er vermochte dessen grundlegende Versuche nicht zu bestätigen und 
jlaubt, daß ein normalerweise im Blutserum von Säugetieren vorhandenes proteo- 
vtisches Ferment seine Befunde erklärt. F. Reiche (Hamburg). 


19. Harry Linenthal. Use of the Schick test in a children’s in- 

stitution. (Boston med. surg. journ. 1915. September 16.) 

126 Kinder im Alter von 5—16 Jahren wurden der Schick-Probe unter- 
gen und bei 36 wurde Empfänglichkeit konstatiert. Jedem dieser injizierte 
nan 750 Einheiten Diphtherieantitoxin, bei 50°, dauerte die erzielte Immunität 
icht über 4 Wochen, bei einigen etwa 8 Wochen und nur bei 6 dauerte sie auch 
ach 5 Monaten noch an. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


:0. Jerome Zuckerman. The Schick test. (New York med. journ. 
1915. Oktober 16.) 

An 494 Insassen eines Kinderspitals, im Alter von 4 Monaten bis 6 Jahren, 
vurde die Schick-Probe vorgenommen; positive Reaktion ergab sich bei 48%, 
vas ungefähr mit den Erfahrungen anderer übereinstimmt. Nach Immunisation 
ler empfindlichen Kinder mittels 500—5000 Einheiten Diphtherieantitoxin 
lauerte die erzielte Immunität verschieden lang, etwa 2—6 Wochen. Wurden 
lie Immunisierungen 1—2mal wiederholt, so dauerte die Immunität wiederum 


89° Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 50. 


verschieden lang, bald etwas kürzer, bald etwas länger als das erstemal, jeden- 
falls kann so viel gesagt werden, daß durch wiederholte Immunisierungen kein: 
Kumulation eintritt. Verwendete man Mischungen von Toxin-Antitoxin, l- M: 
3wöchentlich eine subkutane oder intramuskuläre Einspritzung von 0,05—0,10 cem. 
2 Monate lang, so erzielte man eine viel länger dauernde Immunität. Alle Kinds 
die später diphtherisch wurden, hatten früher positive Reaktion gezeigt; eiris: 
wenige mit negativer Reaktion gaben Bazillenkulturen und wurden demnach zb 
Bazillenträger taxiert und behandelt. Legte man solche unter Kinder mit neg: 
tiver Reaktion, so entstand nie eine Infektion. Auch differentialdiagnostisc: 
wurde die Schick-Probe bei zweifelhaften Anginen, zur Unterscheidung ve: 
falschem und echtem Krupp angewendet. Diese Probe ist von großem Wert. 
P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


21. J. Kucera. Übergang der Schutzimpfungsimmunität von der 
Mutter auf die Frucht. (Casopis lekaruv ceskych 1915. S. 1473.) 
Der Autor impfte eine Gravida gegen Blattern mit gutem Erfolg bei stürr.- 
schem, fieberhaftem Verlauf der Schutzpockenentwicklung. Am 54. Tage ns:t 
der Vaccination gebar die Frau einen gesunden Knaben, der am 52. und 61. Lebens- 
tage, stets ohne Erfolg, gegen Blattern geimpft wurde. Die Schutzstoffe ware’ 
teils während des intrauterinen Lebens auf dem Wege der Blutbahn, teils nac: 
der Geburt durch die Muttermilch aus dem mütterlichen Körper in den kin-- 
lichen übergegangen. G. Mühlstein (Prag). 


22. H. A. Freund and W. K. Rexford (Detroit). Serological ex:- 
minations in a case of polycythemia. (Arch. of internal med. 19: 
März.) 


Beobachtungen an einem durch Jahre verfolgten Fall von Polycytámie 
mit 8 Millionen Erythrocyten im Kubikmillimeter zeigten, daß dieser Pat. nu 
halb so viel Komplement wie normale Erwachsene besaß, qualitativ aber kein 
Unterschiede erkennen ließ. Das polycytämische Serum enthält keine Ant:- 
komplementkörper, und die polycytämischen roten Blutkörperchen sind nic’! 
hinfälliger oder leichter hämolysierbar als die Gesunder. 

F. Reiche (Hamburg). 


23. H. L. Tidy. Influence of febrile conditions on inoculatior 

agglutinins. (Lancet 1916. Januar 29.) 

Die durch Impfung gebildeten Agglutinine werden durch fieberhafte Afte=- 
tionen vermindert bzw. ganz zerstört oder möglicherweise in Agglutinoıde wvv- 
wandelt; in der Regel treten sie nicht wieder neu auf. Eine positive Agglutir:- 
tionsreaktion auf den Bac. paratyphosus nach dem 5. Fiebertag hat bei Geimpf': 
und Nichtschutzgeimpften die gleiche Bedeutung. | F. Reiche (Hamburg). 





Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle miz 
an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an de 
Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 





Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


881 


Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


Brauer, v. Jalsch, v. Leube, Naunyn, Schultze, Umber, 
Hamburg, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 


ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 


Nr. 51. Sonnabend, den 23. Dezember . 1916. 


Inhalt. 


Referate: 1. Callomon, Serumexanthem mit Grünsehen nach Einspritzung von Tetanus- 
antitoxin. — 2. Sormanli, Prophylaktische Vaccination bei Heufieber. — 8. Quiby, Funktion der 
Niere ohne Verbindung mit dem Nervensystem. — 4. Schwartz, Klinische Studie über den Schade- 
schen Elastometer für Bestimmungen von Ödemen. — 5. Sittmann und Siegert, Zur Frage des 
gebäuften Auftretens von Wassersucht. — 6. Nevermann, 7. Brown und Cummins, 8. Weiss, 
9. Rosenberg, 10. Me Lean, 11. O’Hare, 12. Bernhardt, 18. Fürst, 14. Rosenberg, 15. Myers, 
Fine, Lough, 16. Rosenberg, 17. West, 18. Ziemann, 19. Hirschstein, 20. Me Lioyd und Ameullle, 
21. Chandler, 33. White, 28. Brown, 24. Kraus, 25. Moore, 26. Chiari, 27. Kayser, 28. Ullmann, 
29%. Wagner, 30. Liles, 31. Weinberg, 82. Bruns, 33. Hausmann und Landsteiner, 34. Lund, 
85. Bickel, 36. Phipps, Nephritis. — 87. Bijnen, Renorenale Reflexe, Nierensteine und Nierenbecken- 
katarrh. — 38. Haskins, Bestimmungen der Löslichkeit des Urins für Harnsäure durch Piperazin, 
Lysidin, Lithiumkarbonate und andere Alkalien. — 89. Posner, Oberflächenspannung des Harns und 
ihre klinische Bedeutung. — 40. Gautier, Glykuronurie und ihre Variationen. — #1. Rosenberg, 
Neue Methode zur Feststellung von Gallenfarbstoffen im Harne. — 42. Huöt, Ätiologie und Be- 
handlung der Pyelocystitis. — 43. Ullmann, Enuresis militarium. — 44. Unverrieht, Klinische 
Bedeutung der Dimethylamidobenzaldehydreaktion. — 45. Wildbolz, Metastatische Prostatitis. 

46, Siebert, Schwinden der Sehnenreflexe an den unteren Extremitäten. — 47. Horren- 
schneider-Gumprich und Herrensehneider, Untersuchungen der Zerebrospinalflüssigkeit. 





Referate. 


l. Fritz Callomon. Serumexanthem mit Grünsehen nach Ein- 
spritzung von Tetanusantitoxin. (Med. Klinik 1915. Nr. 27. S. 752.) 
Bei einem 24jährigen Manne trat am 18. Tage nach der Verwundung ein 
Tetanus auf. Es wurden 100 I.-E. subkutan eingespritzt und Chloralhydrat ge- 
geben. Nach 3 Tagen schwindende Erscheinungen. Am 13. Tage nach der Ein- 
spritzung Temperaturanstieg auf 38,1°. Zugleich Kopfweh und Gliederschmerzen, 
außerdem Ausbruch eines juckenden, frischroten Exanthems von urtikariellem 
Charakter am ganzen Körper. Am Tage des Ausbruches zeigte sich noch vor 
Sichtbarwerden der ersten Hauterscheinungen eine höchst eigenartige Sehstörung. 
Der Kranke klagte nämlich darüber, daß er plötzlich alles um sich herum und an 
sich selbst nur in grüner Farbe sehe. Die Erscheinung hielt mehrere Stunden 
bis zum nächsten Morgen an. 2 Tage danach trat wiederum unter Temperatur- 
anstieg leichter Trismus auf, der nach Chloralhydrat schwand. Hierauf unge- 
störter Heilungsverlauf. Ruppert (Bad Salzuflen). 


51 


882 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


2. B. P. Sormani (Amsterdam). Prophylactic vaccination against 

hay fever. (Lancet 1916. Februar 12.) 

S. sah von prophylaktischen Impfungen von Pollenextrakt in durch di 
Ophthalmoreaktion sichergestellten 14 Fällen von Heufieber 6mal völligen uné 
6mal beträchtlichen Erfolg und erhielt von therapeutischen Injektionen unter 
12 Kranken bei 4 volle Heilung und bei weiteren 3 mehr oder weniger Erleich- 
terung. Die Erfahrungen anderer Ärzte stimmen damit überein. 

F. Reiche (Hamburg). 


3. William C. Quiby. The function of the kidney when deprived- 
of the nerves. (Journ. of exp. med. 23. 1916. S. 535.) 

Es ist dem Verf. gelungen, die rechte Niere des Hundes nach vorausgegangener 
Exstirpation der linken Niere herauszuschneiden und sofort wieder durch Gefäß- 
naht zu reimplantieren. Dabei zeigt sich, daß die Niere, welche also aller Ver- 
bindungen mit dem Nervensystem beraubt ist, zunächst eine gewisse Überfunktion 
erkennen läßt, die aber bald von normaler Funktion gefolgt wird. Diese Niere 
genügt, das normale Leben unbegrenzt aufrecht zu erhalten. Verf. schließt daraus, 
daß keine sekretorischen Nierennerven existieren. 

Ad. Schmidt (Halle a. S.). 


4. A. B. Schwartz (Chicago). The clinical study of edema by 
means of the elastometer. (Arch. of internal med. 1916. März.) 

S. empfiehlt den Schade’schen Elastometer für Bestimmungen von Ödemen; 
er gibt nicht nur bei Abschätzung von deren Intensität genauere Werte als die 
Palpation, sondern läßt auch leichte Grade erkennen, die mit dieser nicht fest- 
gestellt werden können. F. Reiche (Hamburg). 


5. Sittmannn und Siegert. Zur Frage des gehäuften Auftretens 
von Wassersucht. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 
Die verhältnismäßig geringe Häufigkeit des Gelenkrheumatismus einerseits. 
den man in Anbetracht der ganz enormen Häufigkeit der gewohnten auslösenden 
Momente (Erkältung, Durchnässung) in viel höheren Zahlen erwarten mußte, 
die Zahl von Nierenkranken und Ödematösen andererseits legen die Vermutung 
nahe, daß die Schädigung des Gefäßendothels, die zu den sekundären Lokalis2- 
tionen der Bakteriämie und der Toxämie führen, sich in diesem Kriege nicht avt 
die Gefäße der Gelenke beschränkt, sondern ausgebreitetere Gefäßgebiete (Nieren, 
Haut) befällt. Ein Teil der Nephritiden und der anephritischen Ödeme können 
sozusagen als Äquivalente des Gelenkrheumatismus aufgefaßt werden. 
Reckzeh (Berlin). 


6. Nevermann. Eine Mitteilung über akute Nierenentzündung 

mit Odemen. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Die wenig abwechslungsreiche, meistens stark gesalzene, mit Pfeffer us- 
Lorbeer scharf gewürzte Kost, verbunden mit mangelhafter Durchspülung &' 
Nieren und mangelhafter Hauttätigkeit, wirken zusammen prädisponierent. 
während als eigentliche Ursache für den Ausbruch der Entzündung der Nieret 
eine Erkältung, und zwar in dem Sinne der Abkühlung, hauptsächlich der unters: 
Gliedmaßen, anzusehen ist. Reckzeh (Berlin). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 883 


7. P. K. Brown und W. T. Cummins. Über die Ursache der chro- 
nischen Nierenentzündung und die Phenolsulfonephthalein- 
probe. (Journ. amer. med. assoc. 66. Nr. 11. S. 793.) 

In 2jähriger Beobachtung wurde unter 7000 Aufnahmen 594mal Eiweiß fest- 
gestellt, obwohl nur 38 mit der Diagnose »Nephritis« eingewiesen waren. Teilt 
man in eine Gruppe über 180 und eine unter 180 mm Blutdruck ein, so findet 
man die Injektionen, die schwere Arbeit, den Alkohol hier wie dort als Ursache. 
Nur sind dort 2/3, hier nur 1/ über 40 Jahre alt. Sitzende Lebensweise begünstigt 
die Krankheit. 

Zur Nierenprüfung wurde neben allen möglichen anderen Proben vor allem 
das Phenolsulfonephthalein angewendet, 75 Einspritzungen bei 67 Kranken, 
darunter 36 Nierenkranken. Die anderweitig Erkrankten schieden durchschnitt- 
lich in 2 Stunden 51%, des Phenolsulfonephthalein aus, eine akute Nierenentzün- 
dung 56%. Die Dekapsulation besserte bei einer chronisch parenchymatösen Form 
die Ausscheidung von 10 auf 32% in 2 Wochen. Durchschnittlich zeigte diese 
Form 35—40%.. 

Die chronisch interstitiellen Formen wiesen fast alle einen Parallelismus 
zwischen Phenolsulfonephthaleinausscheidung und klinischem Befund auf. Der 
niedrigste Prozentsatz war 7. Der Kranke starb anderen Tags an Urämie. 

Meinhof (Halle a. S.). 


8. Weiss. Das Verhalten der Hauptkapillaren bei akuter Nephritis. 

(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 26.) 

Der erhobene Befund ist für die Frage der Ätiologie der akuten Nephritis 
von Bedeutung und berechtigt zu dem Hinweis, daß es sich bei den Kapillarver- 
änderungen mindestens um gleichzeitig neben der Nephritis einhergehende Prozesse 
handelt. Reckzeh (Berlin). 

9. Rosenberg. Klinische und funktionelle Studien über Nephritis. 

(Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Die Trennung der sog. primären Schrumpfnieren, der Sklerosen Volhard’s, 
in eine klinisch benigne und eine klinisch maligne Form erscheint eines der Haupt- 
verdienste der Volhard’schen Monographie zu sein. Während früher beide Er- 
krankungen von den Klinikern meist zusammengeworfen wurden, hat Volhard 
gezeigt, daß bei der ersten Form eine reine Arteriosklerose des Herzens, des Gehirns 
und der Nieren besteht, daß die sog. Urämie durch die zerebrale Arteriosklerose 
vorgetäuscht wird (arteriosklerotische Pseudourämie) und daß das Leben so lange 
erhalten werden kann, als es gelingt, die Herzkraft auf der Höhe zu erhalten und 
die Apoplexie zu verhüten. Bei der zweiten Form besteht eine zunehmende 
Niereninsuffizienz, die Therapie erweist sich als machtlos, die Kranken gehen 
meist an echter Urämie zugrunde. Reckzeh (Berlin). 


10. Fr. C. McLean. Klinische Bestimmung der Nierenleistung durch 

Feststellen der Harnstoffausscheidung. (Journ. amer. med. assoc. 

66. Nr. 6. S. 415.) 

Die Phthalein-, Laktose- und Jodkaliprobe der Nierenleistung war nicht 
einfach genug in der Anwendung und Deutung. Diese Proben, ebenso wie die 
Prüfung nach Probemahlzeit gingen von der Annahme aus, die Ausscheidungszeit 
hinge nur von den Nieren ab. Es kann aber der nierengesunde Fiebernde große 


519% 


884 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


Mengen Salz zurückhalten. Auch unter anderen Bedingungen kann Stiäs:#- 
retention in den Geweben vorkommen. Das Salzgleichgewicht wird zu ië: 
gestört durch außerhalb der Nieren liegende Gründe. Harnuntersuchung az: 
erlaubt also noch keine quantitative Messung der Nierenleistung. Der Gehalt x 
Blutes an Nichtproteinstickstoff erlaubt oft wichtige Schlüsse. Er kann w 
auch normal stark schwanken. »Ambard’s Koeffizient« gibt einen Ausdrs 
für die Beziehung zwischen Blutkonzentration und Harnstoffausscheidung. E 
ändert sich bei Nierenerkrankung durch Anreicherung im Blut und ein Sinker d 
Ausscheidung. Der Blutgehalt an Harnstoff ist auch noch abhängig von & 
Wasserausscheidung und vom Körpergewicht. 

Verf. will eine quantitative Messung der Stickstoffausscheidung in Form vs 
Harnstoff geben, ohne Mühe für den Untersucher und ohne Belästigung de 
Kranken. Die vier veränderlichen Größen, mit denen Ambard’s Gesetze zu tv: 
haben, lassen sich in folgende Formel bringen: 

Index der Ausscheidung = 
Größe der Harnstoffausscheidung - V Konzentration im Harn - Konstante - 
u Gewicht des Untersuchten - (Blut-Harnstoff)2 
__ D.VC.8,% 
Wt - Ur? 
wobei Verf. unter D die Harnstoffausscheidung in Gramm während 24 Stunc:?. 
unter C die Gramme Harnstoff im Liter Wasser, unter Wt das Körpergewicht ır 
Kilogrammen und unter Ur die Gramme Harnstoff im Liter Blut versteht. Di: 
Konstante 8,96 ist errechnet aus einem Ambard-Koeffizient 0,080. Der Ind:x 
beträgt dann rund 100. Einzelheiten gibt die Arbeit, auch eine Tabelle zur E:- 
sparnis der Ausrechnung der Formel. 

Von Ergebnissen und Schlüssen wird noch abgesehen. Doch zeigt sich schön 
die Überlegenheit des Index über die Beurteilung nur des Blutgehaltes oder n 
der Harnstoffausscheidung. Die Phthaleinausscheidung in 2 Stunden und ce 
Harnstoffindex laufen parallel, doch ist letzterer für Veränderungen empfizd- 
licher. Beide aber geben keinen Anhalt für die Ursache einer Funktionsver- 
schlechterung, praktisch wenigstens. Überhaupt sind klinische Schlüsse no: 
mit Vorsicht zu ziehen. Nicht anwendbar ist der Index, wenn die Harnausfuhr !^ 
24 Stunden unter 500 ccm bleibt. Meinhof (Halle a. 5.). 


nn en mee 





? 


11. J. P. O’Hare (Baltimore). A study of salt, nitrogen and water 
excretion in nephritis. (Arch. of internal med. 1916. Juni.) 

O’H. führte in 30 Fällen von chronischer Nephritis in Hinblick auf die dara: 
zu ermessende Funktionstüchtigkeit der Nieren die Feststellung der Was#-. 
Salz- und N-Abgabe mit der Monakow’schen und Hedinger-Schlayer sch 
Methode aus; beide lieferten gleiche Ergebnisse, letztere erfordert aber eine x7 
viel kürzere Beobachtungszeit im Krankenhaus. Ganz allgemein traten Störung 
der Salzausscheidung vor gröberen Veränderungen der Wasser- und der N-A: 
scheidung auf, welche letztere beiden bei den meisten Pat. sich sehr ähnlich vë 
hielten; die N-Ausscheidung ist gewöhnlich nur in den schweren Formen erbed.:" 
gestört. Schon in den sehr milden Fällen, bei denen die Phenolsulfonephtha:@” 
exkretion normal und der Reststickstoff im Blut nicht erhöht ist, ergeben s“ 
Alterationen der Salz-, Wasser- und N-Ausscheidung. — Obige beiden Pr: 
lassen sich in ganz schweren Fällen nicht durchführen; für sie eignet sich die * 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 885 


jedem Pat. anwendbare, viel weniger Zeit und Arbeit erfordernde Ambard’sche 
Methode, die nach vergleichenden Untersuchungen in 15 Fällen jenen beiden 
hinsichtlich des Aufschlusses, den sie liefert, gleichwertig ist. 

F. Reiche (Hamburg). 


12. Bernhardt. Eosinophilie bei Nephritis. (Münchener med. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 31.) 

Gelegentlich der mikroskopischen Untersuchung zentrifugierter Urinsedi- 
mente von Kranken, die an Nephritis litten, fiel auf, daß in einer Anzahl von 
Fällen zahlreiche eosinophile Zellen beobachtet werden konnten. 

Reckzeh (Berlin). 


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13. Fürst. Über Blutuntersuchungen bei Nierenkranken. (Mün- 

chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Im Verlauf der Nierenentzündungen kommt es zu einer mehr oder minder 
ausgeprägten Gefrierpunktserniedrigung des Serums unter die Norm (normal 
- —0,45 bis —0,5°). Die Gefrierpunktserniedrigung schwankt bei Nierenentzün- 
dungen ohne urämische Symptome meist nur innerhalb sehr geringer Grenzen 
(0,05 bis 0,1°, selten mehr) und steht nicht in direkter Proportion zur Stärke der 
Eiweißausscheidung. Bei einem Fall, der zu einer schweren Urämie mit tödlichem 
Ausgang führte, zeigte sich schon vor Ausbruch der eigentlichen urämischen 
Symptome ein abnorm tiefer Gefrierpunkt (—0,8), der während des mehrere Tage 
dauernden- urämischen Zustandes fast auf das Dreifache des normalen Gefrier- 
punktes heruntersank (—1,3, bzw. unmittelbar vor Exitus —1,4). 

Reckzeh (Berlin). 


e —— e amaaaaaeamŘħŮĂ 


14. Rosenberg. Über Hyperkreatininämie der Nephritiker und 
ihre prognostische Bedeutung. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 26.) 

Die Kreatininbestimmung im Blute von Nephritikern bildet eine wichtige 
Ergänzung der Harnstoff- und Indikanbestimmung. Die exakte quantitative 
Bestimmung des Kreatinins ist technisch einfacher und schneller ausführbar als 
die des Indikans. Die Kreatininreaktion geht der Harnstoff- und Indikanretention 
im großen und ganzen parallel, zeigt aber im einzelnen doch ein abweichendes 
Verhalten. Bei akuter Azotämie steigt erst der Harnstoff, dann das Kreatinin 
und zuletzt das Indikan an. Bei chronischer Azotämie läßt sich der Blutharnstoff 
' meist leichter diätetisch beeinflussen als das Indikan und Kreatinin. Relativ 
hoher Harnstoffgehalt des Blutes bei relativ niedrigem Kreatiningehalt gibt im 
allgemeinen bei chronischen Fällen eine bessere Prognose als das umgekehrte 
Verhalten. Ob stärkere Hyperkreatininämie oder stärkere Hyperindikanämie 
prognostisch ungünstiger zu beurteilen ist, läßt sich noch nicht entscheiden. 

Reckzeh (Berlin). 

15, V. C. Myers, M. S. Fine, W. G. Lough (New York). The signi- 
ficance of the uric acid, urea and creatinin of the blood in 
nephritis. (Arch. of internal med. 1916. April.) 

Die Verff. berichten über 30 anscheinend an frühen, vielfach wohl sekundären 
interstitiellen Nephritiden leidende Pat. mit hohen Harnsäurewerten im Blut 


886 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


ohne korrespondierende Retention von Harnstoff und Kreatinin. In mehreren 
Fällen war die Phthaleinausscheidung nicht merklich herabgesetzt. So gibt 
dieses Verhalten der Blutharnsäure möglicherweise ein sehr frühes diagnostisches 
Zeichen ab, das früher als Albuminurie und Zylindrurie zugegen sein kann. Auch 
sind die sich ergebenden Beziehungen zur Gicht von Interesse. In späteren Stadier 
der Erkrankung tritt eine Zurückhaltung von Harnstoff, in noch späteren eix 
solche von Kreatinin hinzu. F. Reiche (Hamburg). 


16. Rosenberg. Experimentelle Studien über die Beziehung der 
urämischen Azotämie zur Indikanämie und Indikanurie. (Arch 

f. exp. Path. u. Pharm. Bd. LXXIX. S. 265. 1916.) 

Es wird an der Hand von experimentellen Nierenschädigungen bei Kaninchei 
gezeigt, daß der bei der akuten Azotämie auftretenden Hyperindikanämie eint 
vermehrte Indikanurie vorausgeht, daß es sich also bei dieser Hyperindikanämi: 
zunächst nicht um vermehrte Indikanretention, sondern um vermehrte Indikar- 
bildung handelt. Erst bei weiter fortschreitender Niereninsuffizienz kommt auch 
eine zunehmende Retention zur vermehrten Bildung hinzu. 

R. bespricht weiterhin die Frage, ob diese vermehrte Indikanbildung im Darm: 
oder im intermediären Stoffwechsel vor sich geht. Eine sichere Entscheidung 
dieser Frage läßt sich zurzeit nicht treffen, jedoch scheinen die bisher vorliegender. 
Tatsachen mehr im Sinne einer intermediären Bildung zu sprechen. Vielleicht 
ist die Leber als Ort der Bildung anzusehen. 

Künstliche Azotämie durch Harnstoffzufuhr führt bei nierengesunden K2- 
ninchen meist zu einer Hyperindikanurie, d. h. also zu einer vermehrten Indikar- 
bildung. Eine stärkere Indikanämie bleibt hier wegen fehlender Indikanreten- 
tion aus. 

Es ist infolgedessen wahrscheinlich, daß die Azotämie im ursächlichen Zu- 
sammenhang mit der Hyperindikanämie steht, in dem Sinne, daß die Azotämie 
die vermehrte Indikanbildung anregt. Bachem (Bonn). 


17. S. West (London). Bright’s disease in some of its clinical 
aspects. (Lancet 1915. November 20.) 

W. trennt die entzündliche, klinisch unter ausgeprägten Zeichen verlaufende 
akute parenchymatöse Nephritis von der chronischen degenerativen, nichtentzünd- 
lichen Granularatrophie der Nieren mit wenigen und sehr undeutlichen klinischen 
Symptomen; letztere ist selten, wenn überhaupt, eine Ausgangsform der ersteren, 
beides völlig voneinander zu trennende Affektionen. Erstere ist in ihrem Beginr. 
mit gelegentlich beträchtlichen Temperatursteigerungen, die selten I Woche 
überdauern, verbunden. Kälte und Erkältung spielen in ihrer Ätiologie keine 
hervorragende Rolle, unter den Soldaten in der Front häuften sich die Fälle ersi 
von April ab in steigender Progression. W. erwähnt Fälle von akut bei vorher 
Gesunden einsetzender und voller Ausheilung fähiger Urämie, die sich nicht durec? 
eine akute Nephritis erklären lassen, möglicherweise auf akuter Nierenkongestior 
beruhen. Bei der Granularatrophie der Nieren findet sich eine MuskelhypeT- 
trophie in allen, insbesondere den mittelgroßen und kleineren Arterien des Körpers. 
die mit degenerativen Veränderungen einhergeht; von ihr zu trennen ist dr 
ebenfalls allgemeine arterielle Muskelhypertrophie bei intensiv Sporttreibendzn. 
die wieder schwindet, wenn die erhöhten Anforderungen aufhören. Die Erhöhust 
des diastolischen Blutdruckes ist das Wichtigere bei der Granularatrophie, dee 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 887 


des systolischen ist leichter zu bestimmen. Ein gewisser Hochstand ist notwendig 
bei diesen Kranken; in seiner Höhe treten, zumal in späteren Stadien, Schwan- 
kungen ein. Es gibt Personen mit konstant erhöhtem Blutdruck und dessen 
Folgen, Fälle von sog. Hyperpiesis, bei denen Nierenveränderungen sicher nicht 
vorliegen und die sich nur mit dieser hohen Tension wohl fühlen. Nach W. ist bei 
der Schrumpfniere die renale Alteration das Primäre, durch sie wird die arterielle 
Blutdrucksteigerung bedingt, die wieder die Herzveränderungen nach sich zieht. 
Die nephritischen Augenhintergrundveränderungen werden besprochen; W. trennt 
bei der Retinitis albuminurica eine exsudative und eine degenerative Form, die 
. völlig verschiedener Art sind, gelegentlich aber nebeneinander vorkommen; letztere 
hat eine viel bessere Prognose. F. Reiche (Hamburg). 


18. Ziemann (Saarburg i. L.). Bemerkungen über Nephritis und 
Albuminurie im Stellungskriege. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 31.) 

Ätiologisch wurde fast immer Erkältung als Ursache der Nephritis angegeben. 
Reckzeh (Berlin). 


19. Hirschstein. Zur Entstehung der Nierenerkrankungen im 

Felde. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 38.) 

Höheres Alter und mangelhafte Anpassung an die von der Heimat abweichen- 
den klimatischen Verhältnisse sind als die Entstehung von Nierenerkrankungen 
im Felde begünstigende Umstände aufzufassen. Die Beschaffung von Gemüse, 
- Früchten und besonders von Kartoffeln, der Ersatz des Rindfleisches soweit 
. wie möglich durch Schweinefleisch, die Zufuhr von Butter und Fetten sind die 
Forderungen, die sich zur Verhütung der Nierenerkrankungen im Heere ergeben. 

Reckzeh (Berlin). 
20. J. W. McLloyd and P. Ameuille. The effect of trench warfare 

on renal function. (Lancet 1916. September 9.) 

McL. und A. kommen zu dem Schluß, daß Erkältungen in einer großen 
Zahl von Nephritiden unter den englischen, in Frankreich stationierten Truppen 
keinerlei ätiologische Rolle spielen und ganz besonders nicht in ihren milderen 
Formen, und daß auch da, wo sie in schwereren Fällen mit als ursächlich anzu- 
schuldigen sind, ihre Bedeutung mehr eine sekundäre ist, analog wie in anderen 
Infektionskrankheiten. Unter allen Truppen werden transitorische Albuminurien, 
zumal nach erheblichen körperlichen Anstrengungen, sehr häufig beobachtet; 
die Mehrzahl derselben kann den sog. Ermüdungsalbuminurien zugerechnet 
werden. Ferner aber findet sich, und zwar vorwiegend bei englischen Soldaten, 
nicht selten eine symptomlose Eiweißausscheidung, die nicht als chronische Ne- 
phritis anzusehen ist, sondern eine ungemein gutartige Nierenerkrankung darstellt, 
die am wahrscheinlichsten auf Diätfehler zurückzuführen ist, zumeist auf über- 
mäßigen Eiweißgenuß bei Mangel von frischer vegetabilischer Kost. Hierauf 
deutet die ungewöhnlich große Zahl von Gingivitiden bei diese Kranken. Unter 
den jüngeren Offizieren wird diese Nierenschädigung verhältnismäßig seltener 
- festgestellt. F. Reiche (Hamburg). 


888 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


21. F. G. Chandler (London). Notes on albuminuria and »treach 
fever«. (Lancet 1916. Februar 26.) 

C. sah unter seinen Soldaten außerordentlich zahlreiche Fälle von plötzlich 
einsetzendem, oft nicht übermäßig hohem Fieber mit influenzaartigen Symptum«ı 
und anschließend daran Albuminurie; er hält sie und dieses »Schützengrabenfieber. 
für infektiöser Natur, möglicherweise für Influenza. _ Halsentzündungen uzć 
Exantheme kamen nicht dabei zur Beobachtung, nur Kopf-, Glieder- und Rücker- 
schmerzen und bisweilen Husten oder Durchfall. Herpes ist häufig. Das Fiebe: 
dauert in der Regel 3, die ganze Krankheit oft nur 7—8 Tage. Zu frühe Aui- 
nahme des Dienstes konnte zu Luftmangel und Herzdilatation führen. Offiziere 
wurden nicht verschont. F. Reiche (Hamburg.) 


22. Ch. P. White (Manchester). On the presence of lead in the 
urine in four cases of trench nephritis. (Lancet 1916. Mai 13.) 
W. fand durch Verdampfung des Urins und Veraschung des Rückstande: 
in vier Fällen von Schützengrabennephritis Blei im Harn, in dem frischesten, de: 
die größten Mengen davon enthielt, daneben noch Zinn. Er nimmt an, daß beide: 
von Büchsenkonserven stammt. Über etwaige ätiologische Beziehungen äufer: 
er sich sehr vorsichtig. F. Reiche (Hamburg). 


23. W. L. Brown (London). Trench nephritis. (Lancet 1916. Fe- 
bruar 19.) 

Die als »Schützengrabennephritis« bezeichnete akute Nierenentzündung h2: 
unter den früheren Kriegen nur im Nordamerikanischen Befreiungskrieg ein: 
größere Rolle gespielt. Nach vereinzelten Fällen wurde sie im Februar 1915 unter 
den englischen Truppen zahlreicher, um dann in den Sommer hinein ständig zv- 
zunehmen. B. hält in ätiologischer Hinsicht Erkältungseinflüsse für sehr ur- 
wahrscheinlich, ebenso ungesundes Wasser, metallische Gifte, übermäßige Eiweib- 
kost, Acidosis, Alkoholismus, Dysenterie und Typhus und die Schutzimpfungen. 
Nur vereinzelt handelte es sich um Exazerbationen chronischer Nephritider. 
Ausgeschlossen hält B. angesichts der hohen Erkrankungsziffer Scharlachfsik 
sine exanthemate. Bemerkenswert ist das völlige oder fast völlige Verschont- 
bleiben der indischen Truppen und die Seltenheit der Erkrankungen unter Oft. 
zieren. Eine spezifische Infektion scheint vorzuliegen; nach der Jod-, CINa-. 
Laktose- und Diastaseprobe sind Glomeruli und Tubuli erkrankt; letztere Prote. 
die auch über den Grad der Schädigung der Tubuli Auskunft gibt, besitzt dadurc? 
prognostische Bedeutung. Dementsprechend fanden sich post mortem die Zeicher 
einer subakuten diffusen Nephritis. Bakteriologische Untersuchungen des Blutes 
des Urins und in den Fällen mit Tonsillitis des Rachenschleims waren ergebnislcs 
Die Wassermann’sche Reaktion war in !/ der Fälle positiv. B. bencht: 
genauer über 58 Beobachtungen. Ödem war in der Regel das erste Symptom 
es fehlte fast nie. Auffallend war die nahezu stets im Beginn vorhandene Dys 
pnoe, die früher als das Ödem sich wieder verlor. Husten und Bronchitis war! 
häufig. Geringe und unregelmäßige Fieberbewegungen begleiteten oft die früf:: 
Stadien und hielten sich bei verzögerter Ausheilung etwas länger. Der Blutdrvix 
schwankte sehr, ebenso die Urinmenge, doch kamen extreme Verminderung:“ 
derselben nicht vor. Blut war in 44 Fällen und vielfach sehr lange im Harn it 
gegen, meist auch viel Leukocyten und fast stets Zylinder. 4mal traten urämisc* 
Krämpfe ein, die Kranken erholten sich unter Venäsektionen. Die Rekam:: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 889 


leszenz dauerte verschieden lange; 1 aus obiger Reihe starb. Remissionen und 
Rückfälle waren nicht selten. F. Reiche (Hamburg). 


24. V. Kraus. Erfahrungen über Kriegsnephritiden. (Casopis lé- 
karuv ceskych 1916. Nr. 24.) 

In ätiologischer Hinsicht war es dem Autor auffallend, daß von 23 (näher 
angeführten) Fällen 7 Kranke eine Durchnässung bei Kälte, 6 eine Durchnässung 
ohne gleichzeitige Kälteeinwirkung und 2 nur Kälte als Ursache ihrer Krankheit 
angaben. In 2 Fällen ging eine Angina voran. Zwar ist die Anamnese zu wenig 
verläßlich, um Konklusionen zu gestatten, doch bleibt es immerhin auffallend, 
daß die Anamnesen einander mathematisch gleichen, zumal da sich unter 1500 frü- 
heren Fällen nur 5 Fälle von Nephritis vorfanden, unter späteren 300 Fällen 
während der Herbstmonate dagegen plötzlich, epidemieartig 20 Fälle. Nun 
boten 50%, der Fälle im Beginne Fieber dar; ferner litten viele an Affektionen der 
Atmungswege (Angina, Laryngitis, Bronchitis); es dürfte daher eine Infektion, 
bei der vielleicht die Durchnässung und Erkältung eine gewisse Rolle spielt, als 
Ursache der Nephritis der Wahrheit näher stehen als die Kälte und Feuchtigkeit. 
Bei einem sezierten Falle faßte der Anatom die Erkrankung als septisch auf. Einige 
Fälle mögen schon früher an Nephritis gelitten haben. — Bezüglich des Verlaufs 
waren einige Fälle sehr schwer und gingen in die chronische Form über. Geheilt 
waren bis zur Abfassung der Arbeit nur 3 Fälle. Bei einigen Pat. wurden urämische 
. Anfälle beobachtet, bei anderen Ödeme, Schmerzen in der Nierengegend, Schmerzen 
beim Urinieren, so daß der Pat. die Miktion unterdrückte. Die Eiweißmenge 
betrug von 1 bis 140/,0; Blut und Zylinder wurden konstatiert. Am Herzen wurde 
häufig Dilatation, Akzentuation des zweiten Aortentons und unreiner Ton oder 
Geräusch im ersten Moment an der Herzspitze konstatiert. Der Blutdruck war 
einigemal erhöht. G. Mühlstein (Prag). 


25. R. F. Moore (London). The incidence of renal retinitis in 
soldiers suffering from epidemic nephritis. (Lancet 1915. De- 
zember 18.) 

M. fand unter 119 mit epidemischer Nephritis und fast durchweg mit mehr 
oder minder starken Ödemen aus Frankreich zurückgekehrten Soldaten 5mal 
eine Retinitis albuminurica und außerdem 7mal kleine Netzhautblutungen. Der 
durchschnittliche Blutdruck bei jenen 5 war 180 mm, bei 70 anderen 143 mm, 
und die Dauer der nephritischen Symptome schwankte bei ersteren zwischen 
1 und 12 Wochen; in keinem dieser 5 Fälle waren Anzeichen einer voraufgegangenen 
chronischen Nephritis zugegen. F. Reiche (Hamburg). 


26. R. Chiari. Sammelbericht über das Vorkommen von Nephri- 
tiden bei einer Armee im Felde. (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 40.) 

Die im Kriege gehäuft auftretenden Nephritisfälle sind auf keine einheitliche 
Ursache zurückzuführen, nur das auslösende Moment scheint in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle die Erkältungsschädlichkeit zu bilden. Daß diese Erkältungs- 
schädlichkeit bei einem Individuum zu Nephritis führt, dazu gehört eine be- 
stimmte Disposition desselben. Die Disposition zu dieser Erkrankung ist je nach 
dem Alter des Individuums und je nach den Erkrankungen verschieden, die dieses 
in früherer Zeit durchgemacht hat. Dazu kommt noch meistens eine Infektion 


890 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


oder eine sonstige toxische Schädigung, vielleicht auch in manchen Fällen durch 
die Schutzimpfung bedingt. Die Form der Nierenentzündung ist eine hämor- 
rhagische, der Ausgang meist ein günstiger; die Dauer der Nephritis bis zur völlige 
Eiweißfreiheit ist mit 4 bis 5 Wochen zu veranschlagen. 

Seifert (Würzburg). 


27. Kayser. Beiträge zur Kenntnis der Kriegsnephritis. (Berlin: 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 38.) 
Die Kranken konnten durch besondere Umstände 10 Wochen lang im Feld: 
in ein und demselben Kriegslazarett beobachtet werden. Bei 2/ der sonst im 
allgemeinen in bekannter Weise verlaufenden Fälle wurde in der 3. Behandlungs- 
woche eine kleienförmige Schuppung des Gesichts und bei weiteren Fällen in dei 
7. Beobachtungswoche eine lamellöse Schuppung der Hände festgestellt. Dies 
Schuppung, wie auch die beobachteten Komplikationen lassen an eine scharlach- 
ähnliche Erkrankung — »Nephritis scarlatinoides« — wenigstens bei diesen Fällen 
denken. Als Krankheitsüberträger kommt vielleicht die Laus in Betracht. 
Reckzeh (Berlin). 


28. Ullmann. Über die in diesem Kriege beobachtete neue Form 
akuter Nephritis. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 38.) 

Es handelt sich um eine Infektionskrankheit, aber nicht um eine infektiĉse 
Krankheit, oder auf deutsch: um eine Ansteckungs-, aber nicht um eine ansteckend 
Krankheit. Erkältung und Durchnässung, die als Ursache betrachtet werder. 
können als solche allein niemals ausreichend, höchstens als prädisponierends 
Moment erscheinen. Die Erkrankung beruht auf einer allgemeinen Infektion de 
Körpers, die sich aber hauptsächlich im Urinsystem und hier wieder vorzugswei® 
in den Nieren lokalisiert. Sie hat zur Folge besonders eine Schädigung der Wan- 
dungen der Kapillargefäße, und zwar sowohl der an der Peripherie wie derer in 
den ergriffenen Teilen des Harnsystems, so daß erstere für Exsudation, letztere 
für Diapedese und Eiweißdurchtritt durchlässiger werden. Diese Gefäßwand- 
schädigung ist die am längsten und hartnäckigsten sich erhaltende Folge der In- 
fektion. Hieraus erklärt sich das lange Bestehen der Hämaturie bzw. Leuko- 
cyturie und Albuminurie sowie der Ödeme bei sonst fieberfreiem Verlauf und guten 
Allgemeinbefmden. Sie kann sogar das einzig vorhandene Zeichen der statt- 
gehabten Erkrankung sein, wie sich aus den nur mit Ödemen einhergehenden 
Fällen erkennen läßt. Der anatomische Befund ist noch nicht genügend geklärt. 
Einzelne Nieren boten makroskopisch das Bild der trüben Schwellung oder der 
beginnenden Bright’schen Niere. Der Verlauf ist ein zeitlich recht verschiedener. 

Reckzeh (Berlin). 


29. Wagner. Zur Frage der Kriegsnephritis. (Wiener klin. Wochen- 

schrift 1916. Nr. 37.) 

In einer Reihe von Fällen mögen in diesem Kriege die bei Soldaten aufse 
tretenen Nierenentzündungen Erkältungsnephritiden gewesen sein, eine ande: 
Zahl von Nierenentzündungen mag durch Eindickung des Blutes entstanden seir. 
Mineralische Wasserschäden kommen nach der Ansicht des Verf.s nicht in Be- 
tracht. Der Hauptsache nach sind die Kriegsnephritiden als postinfektiös toxisc 
aufzufassen. Seifert (Würzburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 891 


3%. Liles. Über Ätiologie, Verlauf und Behandlung der soge- 


Taa 


nannten »Kriegsnephritis«. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 37.) 

Die einwandfreie Lösung der Frage nach einer einheitlichen Grundursache 
sämtlicher akuter Nierenentzündungen im Felde steht nach wie vor offen, wenn 
auch das gehäufte Auftreten an gewissen Stellen der Front, auch unabhängig von 
der Jahreszeit, sowie die auffallende Ähnlichkeit im Symptomenkomplex bei der 
sogenannten Kriegsnephritis wenigstens die Annahme einer endemischen influenza- 
ähnlichen Genese wahrscheinlich machen. Die Diät bestand hauptsächlich in 
Kohlehydraten und leicht resorbierbarem Fette, der tägliche Milchkonsum durfte 
250 g nicht überschreiten. Seifert (Würzburg). 


31. Weinberg. Einiges über Kriegsnephritis. (Wiener klin. Wochen- 


schrift 1916. Nr. 37.) 

Von mehr als 100 Fällen von Kriegsnephritis war fast die Hälfte über 6 Monate 
in Behandlung und Beobachtung. Die Pat. ließen sich in zwei Kategorien ein- 
teilen, in solche, welche schon einmal eine Nierenerkrankung durchgemacht haben 
und bei denen sich eine starke Spannung des Pulses und eine bedeutende Blut- 
drucksteigerung nachweisen ließ, und insolche, welche die Krankheit erst im Felde 
bekommen haben. Von letzteren waren es ungefähr 20%, die im ersten Stadium 


‘ (höchstens 14 Tage nach der Erkrankung) gebracht wurden und das Bild einer 
schweren akuten Nephritis boten. Seifert (Würzburg). 


32. Bruns (Göttingen). Klinische Erfahrungen über die akute 


Nierenentzündung der Kriegsteilnehmer. (Zeitschrift f. klin. Me- 

dizin 1916. Bd. LXXXIII. Hft. 3 u. 4.) 

Die Nephritis der Kriegsteilnehmer geht meist mit reichlichen Ödemen einher, 
die nicht ausschließlich nephrogenen Charakter tragen. 

Der Urin enthält neben dem Eiweiß auffallend viel und lange Zeit Blut. 

Urämische Erscheinungen sind recht häufig. Die Fälle von Urämie mit 
Eklampsie hatten keine Rest-Hb-Erhöhung im Blut. 

Der Blutdruck ist während der Ödemperiode erhöht und sinkt im Aus- 
schwemmungsstadium. 
~ Fast die Hälfte der Kranken hat im Ödemstadium eine Reststickstofferhöhung 
im Blut. Es liegt bei ihnen also in diesem Stadium eine Störung der einzigen 
Iebenswichtigen Funktion der Nieren, der Stickstoffausscheidung, vor. 

Das subakute Stadium dieser Nephritiden dauert meist monatelang, bis dann 
endlich die letzten Spuren von Eiweiß und roten Blutkörperchen schwinden. 

Die Nephritis neigt sehr stark zu Rezidiven. Das Rezidiv ist klinisch das 
absolute Spiegelbild der ursprünglichen Erkrankung. 

bergänge zur chronischen Nephritis konnten nicht beobachtet werden. 
Die Krankheit trägt also im ganzen einen entschieden gutartigen Charakter. 
M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 





33. Hausmann und Landsteiner. Über das Vorkommen hämor- 
rhagischer Nephritis bei Infektion mit Paratyphus A und B. 
(Wiener med. Wochenschrift 1916. Nr. 32.) 

Mitteilung zweier Fälle von hämorrhagischer Nephritis, durch Paratyphus A 

Er B hervorgerufen. Verf. knüpft hieran die Mahnung, bei akuten Nephritiden 

ulter Ätiologie stets an Paratyphus zu denken. Feith (Nürnberg). 


892 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


34. Robert Lund (Kopenhagen). Über Albuminurie im Verlaufe 
der akuten Mittelohreiterung. (Zeitschrift f. Ohrenheilkunde u. 
Krankheiten d. Luftwege 1916. Bd. LXXIV. Hft. 1.) 

Im Verlauf der Mittelohreiterung und ihrer Komplikationen wird nicht gar: 
selten (in ca. 3%, der Fälle) eine Albuminurie beobachtet, deren Ursache in de 
Mittelohreiterung selbst und in ihren Komplikationen gesucht werden muß. & 
ist oft nur von kurzer Dauer (unter 10 Tagen) und ist in Verf.s Material in keinen 
Falle in chronische Nierenentzündung übergegangen. 

Die auf Grund einer akuten Mittelohreiterung entstandene Albuminuri: 
scheint die Dauer der Eiterung nicht zu verlängern. 

Tritt die Albuminurie im Verlaufe der auf der Basis einer akuten Mitteiohr- 
eiterung entstandenen Meningitis auf, so ist sie als ein ungünstiges Zeichen zu 
betrachten. M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


35. Bickel (Berlin). Über die Bedeutung der Mineralwasserzufuhr 
beim Aufenthalt in trockenen Klimaten, mit besonderer Be- 
rücksichtigung der Nierenkranken. (Berliner klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 26.) 

Aus allen Beobachtungen geht hervor, daß das Kochsalz, das bei der Nierer- 
insuffizienz im Körper zurückbleibt, einmal nicht zu einer Steigerung des pro- 
zentischen NaCl-Gehalts im Blute führen muß, daß sich einstellende Ergis: 
(Ödeme usw.) nur in dem Umfange der normalen Lösungsverhältnisse des Bist- 
serums Kochsalz aufzunehmen brauchen, daß ferner die Gewebe des Körper, 
mit Ausnahme der Haut, als Kochsalzdepot nicht wesentlich in Frage kommen. 
daß dagegen in erster Linie die Haut das Organ sein muß, das bei Niereninsufiinie! 
das retinierte Kochsalz der Lösung im Blut entzieht, indem er das Salz verankert. 
Den Maßstab, ob ein Kranker für die Behandlung in der Wüste taugt oder ric=t. 
liefert vor allem die Funktionsprüfung der Nieren; dabei muß natürlich der übrig: 
Körperzustand (Blutdruck usw.) mit berücksichtigt werden. 

Reckzeh (Berlin). 


36. Cadis Phipps. Treatment of nephritis. (Boston med. surg. jour- 
1916. Vol. CLXXIV. Nr. 3. S. 73.) 

Verf. empfiehlt größere Freigebigkeit in der Darreichung von Proteinen. der 
Kranke soll unter der Diät nicht ebensosehr leiden wie durch die Krankhi' 
selbst. Therapeutisch empfiehlt Verf. die Medikation mit Extr. Thyreoidir:. 
3mal täglich 0,06—0,24, langsam und vorsichtig ansteigend; er beschreibt ein- 
gehend drei Fälle, bei denen der hohe Blutdruck, die Albuminurie bedeute?- 
reduziert wurden, die Nierenfunktion sich hob und bestehende Ödeme verschwäf- 
den. Bei einem der Kranken trat allerdings starkes Herzklopfen auf, das €: 
intermittierendes Aussetzen des Medikamentes bedingte. 

P. Meyer (Kilchberg b. Z.) 
37. A. Bijnen. Einiges über renorenale Reflexe, Nierensteint 
und Nierenbeckenkatarrh. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 191. ! 

S. 909— 18.) 

Von 6 Fällen des »schmerzhaften« Nierenreflexes boten 5 das Bild e° 
Nierenbeckenkatarrhs dar, und wurden 4 nach Collargolbehandlung der sch" 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 893 


haften Niere geheilt (der 5. gelangte nach innerer Medikation zur Heilung), ohne 
Beseitigung der in den anderen Nieren seßhaften Nierensteine. Im 6. Fall fand 
B. auch einen Stein in der anscheinend normalen rechten Niere, während aus der 
schmerzhaften linken Niere ein normaler Harn gewonnen wurde; letzterer Pat. 
entpuppte sich nachher als ein Fall ulzeröser Pylorusstenose, und nach der Gastro- 
enterostomie schwanden die betreffenden linkseitigen offenbar irradiierten 
»Nierenschmerzen«. Zur Deutung der Erscheinungen hat sich also die Annahme 
eines renorenalen Reflexes als unnötig herausgestellt. Es ergab sich nebenbei, 
daß Nierensteine mehrmals ohne subjektive Erscheinungen verlaufen können. 
1916 fand Verf. röntgenologisch bei 24 Pat. 28 Nierensteine; von denselben 
hatten 8 niemals irgendwelche Störungen dargeboten. — Ebensowenig hat B. 
reflektorische Anurie unter seiner Kasuistik zu verzeichnen. Zwei einschlägige 
Fälle ergaben bei genauer Prüfung doppelseitige Affektionen; der erste einen 
rechtseitigen Nierenbeckenkatarrh mit großem linkseitigen Nierenstein; Heilung 
des Katarrhs nach Collargolbehandlung, des Nierensteins nach Operation; der 
zweite analoge Fall ergab sieben Konkremente. Die Anurie war in keinem dieser 
Fälle reflektorisch, sondern der Grund derselben stellte sich als eine Obliteration 
beider Nieren heraus. — B. hat 200 Personen ohne irgendwelche üble Neben- 
wirkung mit Collargol behandelt, sogar bei etwaiger nachträglicher Nephrektomie 
wurde niemals Collargol in der betreffenden Nierensubstanz vorgefunden. Diese 
Collargolbehandlung wird von B. als sehr erfolgreich empfohlen. 
Zeehuisen (Utrecht). 


38. H. D. Haskins (Portland, Ore). The uric acid solvent power 
of urine after administration of piperazin, Iysidin, lithium 
carbonate and other alkalies. (Arch. of internal med. 1916. März.) 
Bei Bestimmungen der Löslichkeit des Urins für Harnsäure nach Verab- 

reichung von verschiedenen bei Gicht empfohlenen Medikamenten stellte sich 

heraus, daß sie durch Piperazin erhöht wird, und zwar ganz besonders bei gleich- 

zeitiger Zufuhr von Natrium citricum oder bicarbonicum; beim Lysidin wird dieses 

nur bei praktisch unbrauchbar großen Dosen erreicht, Lithium carbonicum in 

hinreichend großen Mengen liefert unsichere Resultate, während Natrium citricum 

und bicarbonicum zuverlässige und empfehlenswerte harnsäurelösende Drogen 

sind, wenn sie in solchen Quantitäten gegeben werden, daß der Urin alkalisch wird. 
F. Reiche (Hamburg). 


39. Posner. Die Oberflächenspannung des Harns und ihre kli- 

nische Bedeutung. (Berliner klin. Wochenschrift 1916. Nr. 32.) 

Die Oberflächenspannung des Harns ist stets geringer als diejenige des Wassers; 
sie nähert sich dieser am meisten bei Diabetes insipidus, sie erreicht die tiefsten 
Grade bei Anwesenheit von Gallensäuren und Blut. Die Erniedrigung der Ober- 
flächenspannung wird durch die im Harn vorhandenen Kolloide bedingt. Je 
niedriger die Spannung, je kleiner also die Harntropfen sind, um so mehr ver- 
größert sich die gesamte Oberfläche; hierin liegt eine Bedingung für Bildung von 
Konkrementen und Gerinnseln. Insbesondere erklärt sich so die Bildung von 
Zylindern im ikterischen Harn. Oberflächenspannung und Viskosität stehen in 
enger Beziehung; beide werden durch Alkalisierung günstig beeinflußt. 

Reckzeh (Berlin). 


894 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


40. B. Gautier. Die Gliykuronurie und ihre Variationen. Ein 
neues. Verfahren zur Leberuntersuchung. (Revue med. de ia 
Suisse romande 1916. Nr. 3.) 

Die von Roger vorgeschlagene Untersuchung der Glykuronsäure im Har: 
bietet gewisses Interesse bei allen denjenigen, deren Leber nicht normal zu funk- 
tionieren scheint. Vor allem ist sie indiziert bei Pat., die Zucker durch den Urir 
ausscheiden. Bei ihnen gibt sie die Möglichkeit zu erkennen, ob es sich um Dia- 
betiker oder Glykosuriker handelt. Bei jeder Leberaffektion hat die Reaktior. 
von Roger einen bedeutenden prognostischen Wert. Bleibt die Reaktion positiv, 
so ist die Leber nicht unheilbar insuffizient. Im negativen Falle ist die Prognose 
ungünstig. Die anderen bis jetzt vorgeschlagenen Untersuchungsmethoden zu: 
Erklärung der Leberfunktion gestatteten nicht eine sichere Prognose zu stellen. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


—_— ——-— c 


41. Rosenberg. Eine neue Methode zur Feststellung von Gallen- 
farbstoffen im Harne. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 24.) 
Wenn man ca. 10 ccm Harn mit gleicher Menge 20% iger Kalilauge vermengt 
und 2—3 Tropfen einer 10% igen Cuprum sulphuricum-Lösung hinzufügt, entsteht 
nach Umschütteln bei Vorhandensein von Gallenfarbstoffen eine olivgrüne Fär- 
bung. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, daß kein anderer Harnbestand- 
teil diese Reaktion verursachen kann. Die Probe hat sich auch als sehr empfind- 
lich gezeigt. Reckzeh (Berlin). 


42. G. J. Huöt. Über die Ätiologie und die Behandlung (mit 
Heilmitteln) der Pyelocystitis des kindlichen Alters. (Neder. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 527—547.) 

Wiederholung der Duker’schen Versuche (dieses Ztrbl. XXXV, S. 301, 19:4) 
über die Wirkung etwaiger Heilmittel auf die aus dem Harn an Pyelitis erkrankter 
Kinder gezüchteten Reinkulturen; die Deutung dieser Proben geschah derartig, 
daß etwaige Schlüsse nur aus den negativen Ergebnissen gezogen wurden, d.h. 
also aus denjenigen Proben, in denen die Bakterien in den vantiseptischena Harnen 
ihr Wachstum nicht eingebüßt hatten, und aus Kontroliproben mit normaler 
Harnen. Die Dosierung geschah nach Duker; nur mit dem Unterschied, daù 
die Saliformindosis die doppelte der Urotropindosis betrug. Nach der 3tägıgen 
Einnahme von 3mal 1 g Saliformin, oder der halben Dosis Urotropin, oder des 
Citras natricus, oder einer Kombination von Saliformin und Citras calicus oder 
von Urotropin und Citras calicus, wird der Harn der normalen Versuchspersar. 
steril aufgefangen und sofort als Nährboden für die Proben verwendet. Im 
Gegensatz zu den von Duker erhobenen Befunden ergaben sich die nach Natrium 
citricum-Einnahme gelassenen Harne nicht nur als ein vorzüglicher Nährbode: 
für den Colibazillus, sondern auch für das Bakterium lactis aerogenes und der. 
Proteus. Diese Erfahrungen wurden mit der bei Behandlung von Pyelitispatiente" 
gewonnenen verglichen. Nur diejenigen Krankheitsfälle wurden in Betracht 
gezogen, in denen der Harn bakteriologisch steril wurde oder in denen nach Ver- 
abfolgung der Heilmittel eine deutliche Besserung eintrat. Nach klinischer He- 
lung wurde in dem vollkommen klaren, mikroskopisch bakterienfreien Ham dt?- 
noch nach Impfung öfters der ursprüngliche Bazillus zurückgefunden; eine Heilu:z 
in bakteriologischem Sinne wurde nur in 4 von 11 Fällen erzielt. Die klinisc*? 
Erfolge waren in mehreren Beziehungen im Widerspruch mit den in vitro 2+ 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 895 


t gestellten Proben; das Citras calicus z. B. hatte in zwei chronischen Fällen eine 
merkwürdig günstige Wirkung. Es stellte sich nun weiter heraus, daß die Harn- 
antiseptika nur bei aufsteigender Pyelitis einen dauernden Erfolg zeitigen können, 
während in der Mehrzahl der Fälle, namentlich bei der absteigenden Form, die 
Bakterien nicht beseitigt werden konnten, so daß nur die Bekämpfung der 

 Harnvergiftung und der Folgen letzterer angestrebt werden kann. Die Anwen- 
dung der Harnantiseptika soll also im akuten Stadium erfolgen, während die 
Wirkung des Zitrats, sei es im Sinne eines Diuretikums, sei es als Iymphogenes 
Entkalkungsmittel, gedeutet werden soll. Die von Wright in seiner Opsono- 
therapie gerühmte Eigenschaft des Zitrats, das in Berührung bringen der sogar 

durch breite Entzündungsbarriere geschützten Bakterien mit den Opsoninen des 
Blutes, dürfte zur Deutung einerseits der Heilwirkung desselben bei chronischer 
Pyelitis herangezogen werden, andererseits des Fehlens jeglichen günstigen Er- 
tolges bei den — nicht mit Opsoninbildung einhergehenden — akuten Fällen. 

_ Die natürliche, durch den eigenen Körper eingeleitete Heilwirkung wird also durch 

~ die Verabfolgung des Zitrats unterstützt. — Die Arbeit enthält reichhaltiges 
klinisches und pathologisch-anatomisches Material als Beleg des absteigenden 
Charakters der Pyelitis. Zeehuisen (Utrecht). 


43. Ullmann. Über Enuresis militarium. (Wiener klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 38—40.) 
Bei 48 essentiellen Bettnässern handelt es sich zum größten Teil um auf- 
fallend körperlich kräftige, mitunter aber geistig minderwertige oder doch mit 
Stigmata hereditatis behaftete Individuen. Sehr wenige unter ihnen schienen in 
jeder Beziehung normal. Diese Stigmata sitzen aber durchaus nicht nur im Be- 
- Teiche der vom Lendenmark versorgten Haut- und Körperpartien, sondern überall 

verteilt vom Scheitel bis zu den Zehen, und zwar jedenfalls häufiger am Schädel 
-als den Zehen, im Nervensystem selbst am häufigsten. Oft ist die Enuresis allein 
das hereditäre Stigma. In den beschriebenen Enurikern sind gewissermaßen die 
lebenden Schicksale der ungeheilt gebliebenen, erziehlich vernachlässigten bett- 
‚ nässenden Kinder gekennzeichnet. Seifert (Würzburg). 


44. Unverricht. Ein Beitrag zur klinischen Bedeutung der Di- 
methylamidobenzaldehydreaktion. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 25.) 
Der Zusammenhang der Aldehydreaktion mit einer gewissen Herzmüdigkeit 
. ist ganz auffällig. Es scheint, daß eine Leberschädigung durch Toxin (Tuber- 
- kulose, Influenza, Darmfäulnis) allein die Urobilinogenausscheidung meist nicht 
bedingt; das beweisen die negativen Fälle. Es muß vielmehr zu der Leberstörung 
= noch eine gewisse Herzschwäche hinzukommen. Der positive Ausfall der Uro- 
. bilinogenprobe sollte also die Aufmerksamkeit des Arztes auf das Herz lenken. 
| Reckzeh (Berlin). 


45. Hans Wildbolz. Über die metastatische Prostatitis. (Korre- 
spondenzblatt f. Schweizer Ärzte 1916. Nr. 6. S. 169.) 
Verf. hat 14 Kranke beobachtet, in denen sich bei vorher ganz gesunden 
: Harnwegen im Anschluß an eine Influenza eine akute, als Metastase zu deutende 
.. Prostatitis entwickelte. Es gelang ihm aber in keinem einzigen Falle Influenza- 
. bazillen im Prostatasekret nachzuweisen. Nach Jochmann gelingt es überhaupt 


806 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 51. 


sehr selten bei Influenzakranken Influenzabazillen im Blut in vivo oder ps 
mortem nachzuweisen. Dementsprechend findet man in all den verschieder:a 
lokalisierten Influenzametastasen auch nur selten wirkliche Influenzabaz:!cr. 
sondern meist andere pyogene Bakterien. An der bakteriologischen Einheit der 
sogenannten Influenza sind überhaupt Zweifel zu hegen. Bei weiteren 8 Fällt 
von hämatogener Prostatitis schien eine Magen-Darmerkrankung der Aussarg- 
punkt der Infektion zu sein, 2mal eine Angina, Imal ein Furunkel im Nacken. 
Imal mehrere Hordeola, in 10 weiteren Fällen konnte der Ausgangspunkt nicht 
festgestellt werden. 20 der Fälle wurden bakteriologisch untersucht, bei 12 fander 
sich Staphylokokken allein, 5mal Staphylokokken mit Coli, 2mal Coli allir. 
Imal Streptokokken. Von all diesen Prostatitiden führten nur 5 zu einem Pr:- 
stataabszeß. P. Meyer (Kilchberg b. Z.). 


er G EE 


46. Siebert. Über das Schwinden der Sehnenreflexe an den un- 
teren Extremitäten. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV 
Hft. 6.) 

Die Kniereflexe fehlen nach Oppenheim 1) bei Störung im zentripetale: 
Schenkel des Reflexbogens, 2) bei Erkrankung der grauen Substanz in der Hó: 
des Reflexbogens, 3) bei Veränderung im zentrifugalen Schenkel, 4) unter be- 
stimmten Bedingungen bei einer völligen Kontinuitätstrennung des Rückenmark® 
oberhalb des Reflexbogens, 5) im Koma, 6) zuweilen bei Erkrankungen, die mi 
Liquordrucksteigerung einhergehen, ferner bei Erschöpfung, körperlicher Ar- 
strengung, hoher Temperatursteigerung, auf der Höhe akuter Infektionskrank- 
heiten. Als Beispiele zu einzelnen Punkten teilt Verf. 19 selbst beobachtete 
Fälle mit, bei welchen der Reflexstörung die verschiedensten Ursachen zugrurée 
liegen, und wobei die Veränderung der Reflexe für die Beurteilung der Nerven- 
krankheit ausschlaggebend ist. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


47.Herrenschneider-Gumprich u.Herrenschneider. Untersuchungen 
der Zerebrospinalflüssigkeit mit besonderer Berücksichtigung 
der Pandy’schen Reaktion. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkund: 
Bd. LIV. Hft. 5.) 

Die Untersuchungen, welche sich über 200 Fälle der verschiedensten Krank- 
heiten erstrecken, decken sich mit den bisher bekannten Ergebnissen. Nur be 
den 27 funktionell-nervösen Erkrankungen finden Verff. einen von den bisheng:r 
Mitteilungen abweichenden Liquorbefund; nämlich 13mal Phase I und Pari) 
negativ, I3mal Phase- I und Pandy positiv, Imal Pandy negativ und Phase | 
positiv. — Die empfindlichste Reaktion ist nach Ansicht der Verff. die Pandy- 
sche, da dieselbe schon die geringste pathologische Veränderung im Liquor af 
brospinalis anzeigt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


0" 


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an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an á: 
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Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
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Zentralblatt für innere Medizin 


in Verbindung mit 


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Hamburg, Prag, Stuttgart, Baden-B,, Bonn, Charlottenburg, 


herausgegeben von 
ADOLF SCHMIDT in Halle. 
37. Jahrgang. 
VERLAG von JOHANN AMBROSIUS BARTH in LEIPZIG. 








Nr. 52. Sonnabend, den 30. Dezember 1916. 








Inhalt. 


Referate: 1. Hurwitz und Tranter, 2. Canti, Untersuchungen der Zerebrospinalilüssig- 
keiten. — 8. Coglievina, Intralumbale Dispargeninjektionen. — 4. Bauer, Bäränyi’scher Zeige- 
versuch. — 5. Karplus, Störungen der Schweißsekretion bei Verwundungen des Nervensystems. — 
6. Dimitz, Sekrstorische, vasomotorische und trophische Störungen bei traumatischen Läsionen 
der Extremitätennerven. — 7. Gano, Erweichung im Gebiet der rechten Arteria cerebelli posterior 
inferior. — 8. Holmes, Multipler Gehirnabszeß bei einem Kinde. — 9. Bisehoff, Muitiple Hirn- 
geschwülste mit Störungen des Vorstellungs- und Gedankenablaufes. — 10. Steckelmacher, Aneu- 
rysma der Arteria vertebralis sinistra. — 11. Gordon, Ventrikulare Hämorrhagien. — 12. Beijerman, 
Angeborene Störungen des Kleinhirns. — 13 Drossaers, Lokalisation peripherischer Facialis- 
lähmung. — 14. Körner, Läbmungen der Nervi vagus, accessorius Willisi, hypoglossus und sym- 
pathicus durch Fernschädigung bei Halsschüssen. — 15. Muskens, Trigeminusneuralgie und die 
Behandlung der hartnäckigen Fälle. — 16. Heidenhain, Lokale Heilung der Neuralgien. — 
17. van Wagenburg, Revaccinationsneuralgien. — 18. Busch, Viertägige Erkrankung nach Schutz- 
pockenimpfung. — 19. Stheeman, Spasmophilie älterer Kinder. — 20. Higier, Tetanus und dessen 
Behandlung mit intralumbalen Injektionen von schwefelsaurem Magnesium. - 21. Fuchs, Zeichen 
von Chvostek. — 22. Pulay, Pathologie des Faciallsphänomens. — 23. Salus, Hämolysinreaktion 
bei Meningitisverdacht. — 24. Korteweg, 25. Fischer, 26. Forbes und Cohen, 27. Rolleston, 
28. Crowe, Meningitis cerebrospinalis epidemica. — 29. Colebrook, Bakteriologischer Antagonis- 
mus zwischen Pneumo- und Streptokokken. — 30. Bittdorf, Leptomeningitis haemorrhagica acuta. — 
81. v. Brudzinski, Nackenphänomen an den oberen Extremitäten. — 332. Eunike, Kindlicher 
Hydrocephalus. — 33. Lindner und v. Moraczewski, Milchsäureausscheidung bei Meningitis 
cerebrospinalis mit Berücksichtigung des Mineralstoffwechsels. — 34. Herrenschnelder-Gump- 
rieh, Embarin bei syphilitischen und parasyphilitischen Erkrankungen des Nervensystems. — 
35. Lang, Traumatische Vestibularneurose. — 36. Zeehandelaar, Heilung zweier Fälle hysterischer 
Taubheit mittels Hypnose. — 87. Fahrenkamp, Atypischer Fall von Chorea minor. — 38. Carlill, 
Schwinden der Glutäalfalte bei Neuritis des Ischiadicus. — 39. Leitner, Spastische Spinalparalyse. 
— 40. v. Sarbö, Pseudospastische Parese und Tremor (Fürstner-Nonne). — 41. Balten, Akute 
Poliomyelitis. — 42. Kleemann, Remission und Behandlung der multiplen Sklerose. — 43. Schwarz, 
Störungen der Blasenfunktion nach Schußverletzungen des Rückenmarkes. — 44. Spangler, Biut- 
untersuchungen bei Epilepsie. — 45. Jolly, Traumatische Epilepsie nach Schädelschuß. — 
46. Bolten, Klinisches Krankheitsbild der genuinen Epilepsie. 





Referate. 


1. S. K. Hurwitz and C. L. Tranter (San Francisco). On the re- 
action of the cerebrospinal fluid. (Arch. of internal med. 1916. Juni.) 
Nach H. und T. ist die kolorimetrische Methode, die Wasserstoffionenkon. 
zentration der Zerebrospinalflüssigkeit zu bestimmen, zuverlässig und einfach- 
Nach dieser Untersuchungsart ist die Alkaleszenz des normalen Liquor spinalis 
eine höhere als die des Blutes. Veränderungen in der Reaktion wurden weder in 
ihm noch im Blut bei primärer und sekundärer Syphilis und bei luetischen Er- 
krankungen des Nervensystems gefunden. F. Reiche (Hamburg). 


52 


898 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


2. R. G. Canti (London). The urea content of the cerebrospinal 

fluid. (Lancet 1916. Februar 12.) 

Der physiologische Harnstoffgehalt der Zerebrospinalflüssigkeit schwankt 
zwischen, 0,2—0,5°/o0. Bestimmungen desselben in als Urämie diagnostizierter 
Fällen ergaben zum Teil Erhöhungen um das 10- bis 20fache; sie starben sämtlich, 
dieses waren echte Urämien, in ihrer größeren Zahl unkompliziert. Eine zweite 
kleine Gruppe von Fällen mit Nierenleiden, die als Urämien angesprochen wurdkr, 
zeigte keine Harnstoffvermehrung im Liquor; diejenigen von ihnen, die sich er- 
holten, hatten keine Krämpfe, die, die starben, boten zerebrale Läsionen. Des 
weiteren wird eine gewisse Menge von Herz- und Gefäßerkrankungen zu Unrecht 
als Urämie angesehen; eine herztonisierende Behandlung ist bei ihnen von Nutzen, 
die Harnstoffmenge im Liquor ist nicht erhöht. F. Reiche (Hamburg). 


3. Coglievina. Intralumbale Dispargeninjektionen. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

In 2 Fällen von Meningitis, Imal Diplokokkus intracell. meng. Weichselbaum, 
Imal Streptokokken in der Lumbalflüssigkeit konnte durch intraspinale Injektion 
von Dispargen Heilung erzielt werden. Es wurden nach Abfluß von Lumbal 
flüssigkeit bis zur Erreichung eines Druckes von 120 mm Wasserdruck 5 ccm 
2%iger Dispargenlösung injiziert und nach der Injektion der Kranke mit tie 
liegendem Kopf gelagert. Seifert (Würzburg). 


4. Bauer. Der Bäränyi’sche Zeigeversuch und andere zerebel- 
lare Symptome bei traumatischen Neurosen. (Wiener klin. 
Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Anomalien der Zeigereaktion bei Anstellung des Baranyi’schen Zeigever- 
suches; eventuell auch Anomalien des Schätzungsvermögens für Gewichte sowie 
Adiadochokinesie können im Rahmen funktioneller Neurosen beobachtet werden. 
Es ist vom Verf. dargelegt, daß auch diese Symptome in den betreffenden Fällen 
als funktionell bedingt, d. h. als eines morphologischen Substrates entbehrend, an- 
gesehen werden müssen, ferner daß diese Symptome wenigstens in den meisten 
Fällen als Indikatoren einer anormalen Funktion der Kleinhirnhemisphären zu 
gelten haben. Seifert (Würzburg). 


5. Karplus. Uber Störungen der Schweißsekretion bei Verwun- 

dungen des Nervensystems. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr.31.) 

Bei den Verletzungen peripherer Nerven ist die Sensibilitätsstörung im 
wesentlichen maßgebend für die Schweißstörung, der Verf. sieht in seinen eigenen 
Beobachtungen bei künstlicher Schweißsekretion eine Unterstützung der Anv 
nahme, daß die Schweißbahnen aus den gemischten Nerven und den sensiblen 
Nervenzweigen zusammen zur Haut verlaufen. In 23 Fällen von Schußver- 
letzungen wurde eine deutliche Beteiligung des Halssympathicus gesehen, 2m:i 
waren zugleich mit dem Sympathicus mehrere Hirnnerven getroffen. Bemerken: 
wert ist, daß sich die Schweißstörungen bei Verletzungen des Halssympathicu 
genau so verhalten wie die bei Läsionen peripherer Nerven. Das Rückenmar: 
scheint zweifellos sowohl ein Zentralorgan für die Schweißsekretion zu sein, & 
Zentralorgan mit segmentaler Gliederung, als auch andererseits ein Leitungsorgär: 
Wahrscheinlich handelt es sich hier nicht um eine mehr kompakte Bahn, ır 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 899 


einen Schweißstrang, vielmehr überhaupt nicht um lange Bahnen, sondern vor- 
wiegend oder ausschließlich um eine Leitung durch kurze Bahnen unter Mitwirkung 
der grauen Substanz — aber doch um präformierte Leitungsbahnen. Soweit eine 
Wirkung der Hemisphäre auf die Schweißsekretion ausgeübt wird, scheint es vor- 
wiegend eine Wirkung auf die kontralaterale Seite zu sein, es ließe sich an eine 
Kreuzung der Schweißimpulse etwa in der Gegend der Pyramidenkreuzung denken. 
Seifert (Würzburg). 


6. Dimitz. Ein Beitrag zur Kenntnis der sekretorischen, vaso- 
motorischen und trophischen Störungen bei traumatischen 
Läsionen der Extremitätennerven. (Wiener klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 30.) 

Auf Grund der an den Nervenverletzungen gewonnenen Erfahrungen vermag 
Verf. nicht der Ansicht Cassirer’s beizustimmen, daß mehr die pathologische 
Veränderung der Innervation als ihre völlige Aufhebung zu Ernährungsschädigungen 
führt. Bei schweren Verletzungen sind trophische Störungen konstant und in 
schwerem Grade ausgebildet. Dasselbe gilt für die sekretorischen Erscheinungen. 
Auffälliger mögen die Zustandsbilder bei leichten Läsionen mit Reizerscheinungen 
sein. Die klinischen Tatsachen, die Kongruenz mit der Ausbreitung sensibler 
Nerven bei der Entstehung und Rückbildung weisen darauf hin, daß die Ent- 
stehung der trophischen Symptome der Haut mit einer Läsion der sensiblen Faser- 
stränge im Nerven verbunden ist. Die klinischen Erscheinungen zwingen nicht 
zur Annahme eigener trophischer Fasern, wahrscheinlicher ist es, daß den sen- 
siblen Fasern eine trophische Funktion zukommt, die eine doppelsinnige Leitungs- 
fähigkeit dieser Fasern voraussetzen läßt. Seifert (Würzburg). 


7. Gano. Ein Fall von Erweichung im Gebiet der rechten Arteria 
cerebelli posterior inferior. (Deutsche Zeifschrift f. Nervenheil- 
kunde Bd. LIV. Hft. 5.) 

Der Insult betrifft den Hirnstamm im Gebiet des rechtseitigen Laryngeus- 
kernes, des Tractus spinothalamicus und der sekundären Trigeminusbahn. Be- 
merkenswert dabei ist die nicht alternierende, sondern rein halbseitige Sensi- 
bilitätsstörung, sodann die vollkommen aufgehobene Tränensekretion auf der 
Seite des Herdes und das Fehlen sämtlicher Reflexe bei erhaltener Sensibilität 
im Trigeminus- und Vagusgebiet auf der Seite des Herdes. 

L. Kreuzer (Zell i.W.). 

8. J. B. Holmes (Baltimore). Multiple abscesses of the brain 
in infancy. (Arch. of internal med. 1916. Mai.) 

Bei einem 23monatigen, mit 5 Monaten unter dem Bilde des Hydrocephalus 
internus kranken Kinde, das im Anschluß an dagegen gerichtete operative Ein- 
griffe starb, deckte die Sektion — in diesem Alter ungemein seltene — multiple, 
zum Teil sehr große Abszesse der linken Hirnhemisphäre auf, für die ein Aus- 
gangspunkt weder in einer Otitis noch sonstwie gefunden wurde; eine pyogene 
Umwandlung von Solitärtuberkeln war nicht ganz auszuschließen. 

F. Reiche (Hamburg). 


900 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


9. Bischof. Über einen Fall multipler Hirngeschwälste mit 
Störungen des Vorstellungs- und Gedankenablaufes. (Deui:c: 
Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 6.) 

Verf. berichtet über einen Fall von zahlreichen Karzinommetastasen im Gé- 
hirn (9 im Großhirn und 4 im Kleinhirn) mit den verschiedensten Symptomer. 
Am augenfälligsten sind die hochgradige Ataxie, welche durch die Kleinhirr- 
geschwülste ihre Erklärung findet, ferner die Paralogie und einfache Assoziatisrs- 
störung, »Denkstörung«, welche Verf. auf zwei Tumoren im rechten Stirnhirn 
zurückführt; auch für die »Charakterveränderung« werden dieselben Geschwulst 
als ätiologisches Moment angesehen. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


10. Steckelmacher. Über einen Fall von Aneurysma der Arteria 

vertebralis sinistra. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. 

Hft. 5.) 

Verf. beschreibt einen Fall, bei welchem, beginnend mit ausstrahlznden 
Schmerzen im Hinterkopf, vorübergehenden Schluck- und Sprachstörungen, sich 
allmählich Gesichts- und Zungenlähmung mit zeitweiliger Steifigkeit der Halk- 
wirbelsäule einstellt. Es tritt dann Gehörstörung links und dem Puls synchrones 
Klopfen und Blasen im linken Ohr auf. Es folgen Atrophie des linken Sterno- 
cleidomastoideus und oberen Trapezius, sowie Heiserkeit, Geschmacksstörung, 
unsicherer Gang und Stauungspapille beiderseits; endlich läßt ein pulsierender 
Tumor, welcher die Hinterhauptsschuppe links arrodiert hat, einen Zweifel an 
der Diagnose: Aneurysma der Arteria vertebralis sinistra nicht mehr aufkommen. 

L. Kreuzer (Zell i. W.). 


11. A. Gordon (Philadelphia). Ventricular hemorrhage: a sym- 
ptome group. (Arch. of internal med. 1916. März.) 

Während ein sekundärer Durchbruch des Blutes in die Seitenventrikel bei 
Hirnhämorrhagien nicht selten eintritt, ist eine primäre intraventrikuläre Blutung 
ein rares Ereignis; G. berichtet über 5 eigene Beobachtungen neben 7 von sekur- 
dären Hämorrhagien nach ursprünglichen Herden in der Capsula interna. Patho- 
logisch-anatomisch lagen in jenen 5 Fällen zweimal fettige Degenerationen der 
Gefäßwände zugrunde, 2mal — bei Pat. von 63 und 67 Jahren — arteriosklero- 
tische und thrombotische Prozesse, in dem 5. Falle mikroskopische aneurysma- 
tische Erweiterungen; bei 3 war die Blutung ausschließlich in dem einen &iten- 
ventrikel lokalisiert, und hier wurde ein beträchtlicher Druck auf die andere Him- 
hemisphäre ausgeübt, so offenkundig, daß der Gedanke eines operativen Eingriffe: 
zur Beseitigung des intrakranialen Druckes nahe liegt. Er wurde auch einma! 
von G. ausgeführt. Für primäre intraventrikuläre Blutungen ist der plötzliche 
Beginn ohne prämonitorische Symptome, das gleich vorhandene und besserungslo: 
durch Tage andauernde tiefe Koma, das Fehlen von ausgesprochenen Lähmungen 
ebenso wie von Rigiditäten und Kontrakturen in den ersten Tagen nach dem 
Anfall charakteristisch. Die Konvulsionen waren in den 3 einseitig befallerea 
Fällen an der der Läsion kontralateralen Seite am ausgeprägtesten, in den beide? 
doppelseitig ergriffenen an der der stärkstbefallenen gegenüberliegenden Seite. 
Der Tod trat einmal unmittelbar, sonst zwischen 6 und 12 Tagen, in dem operierter 
Falle 24 Tage nach der Attacke ein. F. Reiche (Hamburg). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 901 


‚12. M. Beijerman. Über angeborene Störungen des Kleinhirns. 
| 92 S. Inaug.-Diss., London, 1916. 

Nach gediegener Behandlung der Literaturangaben werden acht Krankheits- 
geschichten mitgeteilt; mit Röntgenschädelphotos, Fußtrittabbildungen und Auf- 
nahmen der Pat., z. B. dreier Geschwister nebeneinander. Offenbar war von 
frühester Jugendzeit ab das Kleinhirnsystem in Krankhafter Weise verändert. 
Der Umstand, daß die Diagnosenstellung in rein klinischer Weise erfolgen konnte, 
spricht zugunsten der erheblichen Fortschritte der diagnostischen Möglichkeiten 
auf diesem Gebiete. Wertvoll ist auch, daß in der Hälfte der Fälle die Röntgen- 
aufnahme mit Sicherheit einen zu geringen Umfang der hinteren Schädelgrube 
herausgestellt hat. Die vorher manchmal angezweifelten, in den letzten Jahren 
mehr in den Vordergrund getretenen Sprachfehler wurden konstant vorgefunden, 

_ Die übrigen, vor allem nach Babinski analysierten Bewegungsstörungen sind 
allgemein bekannte Erscheinungen. Die nach Barany angestellte Prüfung der 
vestibularen Funktionen ergab nichts Neues. Zwei der Pat. hatten ein hoch- 
gradig »pastöses« Äußere, ohne daß eine Deutung dieser Abweichung vorlag. Die 
den acht Erkrankten gemeinsame Imbezillität oder Idiotie ist charakteristisch; 
dieselbe führt B. in Übereinstimmung mit dem Literaturinhalt zur Annahme, 
nach welcher die klinischen Kleinhirnerscheinungen bei angeborenen morpho- 
logischen Fehlern des Organs dauerhaft unterbleiben können in denjenigen Fällen, 
in denen die Intelligenz ungestört ist. Daher wird von B. in der klinischen Be- 
zeichnung des Krankheitsbildes der neue Name Imbecillitis cerebello-atactica ein- 
geschaltet. — Anatomische Daten fehlen bisher diesen höchst interessanten Fällen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


13. J. C. Drossaers. Beitrag zu Lokalisation peripherischer Fa- 
cialislähmung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 1266—72.) 
Eine 2 Wochen nach dem Auftreten leichter anginöser Erscheinungen bei 
einem 8jährigen Mädchen akut einsetzende doppelseitige Schwellung der Gesichts- 
hälften mit rechtseitiger, später auch geringer linkseitiger Facialislähmung, wird 
von D. im Sinne einer Heine-Medin’schen bulbären Erkrankungsform gedeutet. 
Nach seiner Auffassung wird wegen der Geringfügigkeit der Lähmung der an- 
scheinend normalen Gesichtshälte die Doppelseitigkeit der Affektion in mehreren 
Fällen übersehen. Die für peripherische Facialislähmungen charakteristischen Er- 
scheinungen: Bell’sche Mitbewegung der Augenmuskeln bei Zusammenziehung 
des M. orbicularis oculi, und die paradoxe Zusammenziehung des M. levator pal- 
pebrae bei der Blickrichtung nach unten und gleichzeitigem Versuch aktiven Augen- 
schlusses — fehlten; auch der Bulbus oculi bleibt unbeweglich bei Versuchen zur 
Augenschließung. Dieser Fall ist also denjenigen des Mohr-Staehelin’schen 
Handbuchs der inneren Medizin (1, 833) ähnlich. In dem D.’schen Falle handelt 
es sich um eine Kernläsion, wie durch das Ergebnis der elektrischen Prüfung be- 
stätigt wird, und zwar um eine toxisch-infektiöse Encephalitis bulbi pontis. 
Zeehuisen (Ütrecht). 


002 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


14. Körner (Rostock). Über Lähmungen der Nervi vagus, acces- 
sorius Willisi, hypoglossus und sympathicus durch Ferm- 
schädigung bei Halsschüssen. (Münchener med. Wochenschrift 
1916. Nr. 40.) 

Fall mit spontanem Rückgang der Lähmungen, bei welchem außer Vagus, 

Accessorius und Hypoglossus auch der Sympathicus durch Fernwirkung eines 

Halsschusses gelähmt war. „ Reckzeh (Berlin). 


15. L. J. J. Muskens. Trigeminusneuralgie und die Behandlung 
der hartnäckigen Fälle. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. L 
S. 2329—47. II. S. 32—40.) 

Die Ergebnisse der operativen Behandlung dieser noch immer einen negativer 
pathologisch-anatomischen . Befund ergebenden hartnäckigen, quälenden Er- 
krankung sind auch für den inneren Arzt von hohem Interesse, daher dx 
Lektüre dieser breit angelegten Arbeit, in welcher neben Betrachtungen über di: 
Nervenregeneration nach Zerquetschung Ausführungen über die Grenzen der 
inneren Behandlung und die Indikationsstellung zum chirurgischen Eingriff, über 
die radikale, jegliche Regenerationsmöglichkeit ausschließende chirurgische Be- 
handlungsweise, und schließlich die Auseinandersetzung einiger operativ behar- 
delter Fälle, aufgenommen sind, zur Stellungnahme in dieser schwierigen Frage: 
operieren oder nicht — anregt. Jedem Arzt sind ja Fälle bekannt, in denen nach 
sehr kurzdauernder suggestiver Behandlung die Schmerzen bleibend nachgelassei 
haben, und Ref. hat die plötzliche dauernde Heilung zweier Fälle erlebt, in denes 
nach langwieriger Behandlung, nach Hinzuziehung des Nervenarztes und schlie- 
lich des Chirurgen alles zur Operation vorbereitet war. Derartige Erfahrungen 
mahnen zur Vorsicht, indem die Operation sogar trotz der technischen Be- 
gabung des Verf.s als ein energischer Eingriff bezeichnet werden soll. 

Zeehuisen (Utrecht). 


16. Heidenhain. Über die lokale Heilung der Neuralgien. (Mir- 
chener med. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Mit dem Mittel- und Zeigefinger der linken Hand wird die schmerzhafteste 
Stelle des erkrankten Nerven durch Druck auf denselben festgestellt; nicht nur 
der Erkrankte gibt fast stets richtig an, oft tritt deutliches Zucken einzelner 
Muskeln ein; man entfernt nun die beiden zur Feststellung benutzten Finge: 
voneinander so weit, daß man mit dem Zeigefinger der rechten Hand nun gani 
genau die gesuchte Stelle der größten Schmerzhaftigkeit feststellt; hier stößt mar. 
die Kanüle der Morphiumspritze, welche 5—7 Striche des Medikaments (Anti- 
pyrin, Aq. dest. á, sterilisat.) enthält, möglichst tief ein und entleert die Spritze: 
des lebhaften Schmerzes und einer Verteilung des Medikamentes wegen massiert 
man die Stelle der Einspritzung, während die Stelle des Einstiches mit einer 
Finger verschlossen wird; darauf wird diese Stelle mit sterilem Mull und Heft- 
pflaster darüber verschlossen. Reckzeh (Berlin). 


17. G. A. M. van Wagenburg. Revaccinationsneuralgien. (Neder. 
Tijdschr. v. Geneesk. 1916. I. S. 1528—29.) 
18. P. W. C. M. Busch. Die viertägige Erkrankung nach Schut- 
pockenimpfung. (Ibid. S. 1529—33.) 
Zu Amsterdam traten während der dortigen Pockenepidemie im Frühjahr 181 
nach Schutzpockenimpfung gesunder Erwachsener heftige, in der Mehrzahl d 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 903 


Fälle zirkuläre, vom Rücken an den unteren Dorsal- und den oberen Lumbal- 
segmenten ihren Anfang nehmende, anfänglich sich über das Epigastrium, schließ- 
lich über den ganzen Bauch verbreitende Neuralgien auf. Diese einen intermit- 
tierenden Charakter darbietenden, insbesondere während der nächtlichen Stunden 
zunehmenden Schmerzanfälle waren gleichsam ausgebreitete Zosterschmerzen 
ohne die bekannten Hauteruptionen. Mitunter traten Erbrechen, Angstausbrüche, 
Unruhe bis zur Jaktation auf; Schmerzpunkte fehlten. Die Deutung lag in einer 
Prädilektion der Impfsubstanz für das sensible Sympathicussystem der betref- 
fenden Segmente, vielleicht mit einer leichten Intoxikation des »höheren« Nerven- 
systems vergesellschaftet. Wahrscheinlich sind Fehler der Impfsubstanz im 
Spiele, indem diese Fälle unter vielleicht 300 000 Impfungen nur zwischen 19. März 
und 15. April d. J. aufgetreten sind. Erhöhung der Körpertemperatur trat nur 
in seltenen Fällen auf, lokale Impferscheinungen fehlten. Der Ausbruch der Er- 
krankung erfolgte gerade am 14. Tage nach der Impfung; Dauer 4 bis 6 Tage. 
Mehrere Fälle wurden anfänglich mit Nieren- oder Gallensteinkoliken, sogar mit 
Pankreasaffektionen verwechselt. — B. hat acht Fälle beobachtet; einer derselben 
wird eingehend vorgetragen; die Schmerzen reagierten nicht auf Aspirin oder 
Salipyrin, sogar nicht auf stomachale Morphiumapplikation, sondern ließen erst 
zeitweilig nach subkutaner Morphiumverabfolgung etwas nach. Nur heiße Bäder 
führten eine Linderung der Schmerzen herbei. Der Harn enthielt in einigen der 
betreffenden Fälle Spuren Eiweiß. Zeehuisen (Utrecht). 


19. H. A. Stheeman. Spasmophilie älterer Kinder. (Nederl. Tijdschr. 

v. Geneesk. 1916. I. S. 1162—74.) 

Die Erkrankung findet sich bei älteren (1—12jährigen) Kindern frequenter 
als bisher bekannt war; das asthenische Kind erscheint zur Akquirierung der- 
selben beanlagt. Bei chronischer Dyspnoe und bei neuropathischen und psycho- 
pathischen Kindern soll die Möglichkeit des Auftretens dieser Erkrankungsform 
ins Auge gefaßt werden. Starke Vasolabilität, Reizungserscheinungen des Bauch- 
vagus oder des Sympathicus, ebenso wie ein deutlich ausgesprochenes Facialis- 
phänomen, sprechen zugunsten der erst durch die galvanische Prüfung sicher- 
zustellenden Diagnose. Die Behandlung besteht beim dyspeptischen Kind in 
Schonung (Bettruhe) und einer individuellen diätetischen Behandlung. Bei be- 
gleitenden stärkeren Neuro- und Psychopathien (nervöse Anorrhexie, nervöses 
Erbrechen usw.) ist Entfernung aus der gewöhnlichen Umgebung angezeigt. 
Falls das Allgemeinbefinden keine Kontraindikation bildet — also bei Fehlen 
Schwererer Darmstörungen —, wirkt das Leben im Freien günstig. In allen Fällen 
ist eine Phosphorlebertranbehandlung wertvoll, nicht nur für die Nervenerschei- 
Nungen, sondern auch als allgemeines Reizmittel der Verdauungsdrüsen. Diese 
Sätze, welche insbesondere den ohne offenbare Tetanie verlaufenden Fällen 
älterer Kinder entnommen sind, werden durch reichliche Kasuistik belegt und 
durch interessante Massenuntersuchungen bereichert. Die Spasmophilie wird 
also als eine der latenten Erscheinungen der Desorganisation des Organismus 
bezeichnet. Manchmal wurde eine Familienanlage zu hypoplastischer Entwick- 
lung, mit familiärer Spasmophilie, vorgefunden. In einer Familie litt der Vater 
an Hypochlorhydrie, ein Bruder desselben an chronischem Darmleiden, ein zweiter 
an Magengeschwür, die 4 Kinder an 1) Hypochlorhydrie mit Spasmophilie, 2) Enu- 
resis diurna und im jüngeren Stadium an chronischem Darmkatarrh, 3) Diarrhöe 
mit Gärungskatarrh, 4) Asthma und Hyperästhesie des Plexus sympathicus. In 


904 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


einer zweiten Familie bestand familiäre Spasmophilie und Asthenie mit achylischen 
Magen-Darmstörungen und sympathikotonischen Erscheinungen. 
Zeehuisen (Utrecht). 


20. Higier. Myelitis tetanica, zugleich ein Beitrag zur Sympto- 
matologie des Tetanus und dessen Behandlung mit intra- 
lumbalen Injektionen von schwefelsaurem Magnesium. 
(Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1916. S. 336.) 

Verf. hat Gelegenheit gehabt, die verschiedensten Formen von Tetanus zu 
beobachten. Er bespricht auf Grund von 12 Fällen, welche er vom ersten Augen- 
blick an nur mit Magnesium sulphuricum behandelt hat, eingehend diese Therapie. 
Es ist intralumbal 10 ccm 15% ige oder 5—10 ccm 25% ige schwefelsaure Magnesium- 
lösung ohne Narkose oder in leichter Chloroformnarkose injiziert worden. Die 
krampf- und schmerzlindernde, muskelerschlaffende und anästhesierende Wir- 
kung tritt sofort ein und bleibt 12—24 Stunden bestehen; nach dieser Zeit stellt sich 
unter steigender Reflexerregbarkeit der Starrkrampf wieder ein. Der Nachteil 
dieser Methode liegt einmal darin, daß trotz stärkster Dosierung schon nach 
12—24 Stunden die Wirkung wieder erlischt, so daß öfter wiederholte schmerz- 
hafte Lumbalinjektionen nötig werden; ferner in dem Auftreten einer unange- 
nehmen Nebenwirkung der pharmakologisch wirksamen Dosis, nämlich der Län- 
mung des Atmungszentrums, welche sich in hochgradiger Atemnot und Cyanos 
äußert und außer künstlicher Atmung, Äther-, Kampfer- und Strychnininjektionen 
2mal von 12 Fällen die Tracheotomie notwendig gemacht hat. 

Die Heilerfolge dieser Therapie waren in schweren Fällen des Verf.s nicht 
besser als die anderer therapeutischer Methoden, im Gegensatz zu den Mitteilungen 
anderer Autoren. Das Magnesium sulphuricum hat nach Verf. gute symptomatische, 
aber nicht kurative Wirkung. 

Bei einem 24 jährigen, nicht luetisch infizierten Soldaten sieht Verf. im Ar- 
schluß an einen Tetanus und 12 Tage nach der letzten der sechs Magnesiuminjek- 
tionen eine subakute dorsale Myelitis auftreten mit Paraplegien beider Beine 
Blasen-Darmstörungen, spastischen Erscheinungen und absoluter Gefühllcsigkeit 
der unteren Körperhälfte unter Freilassen des untersten Sakralgebietes. Die 
Myelitis erreicht in der Mitte der 2. Woche ihren Höhepunkt und zeigt am Schluß 
der 4. Woche Neigung zur raschen Besserung. Der Verlauf ist günstig. Ätio- 
logisch nimmt Verf. eine mechano-toxische Schädigung des unteren Teiles des 
Rückenmarkes und seiner Häute an durch die unter hohem Druck ausgeführte, 
wiederholte Durchspülung dieser Teile mit einer konzentrierten, nicht indifferenten 
(Magnesium-) Salzlösung. Diese Annahme wird bestätigt durch eine Analyse 
Kocher’s, welcher im Lumbalmark 3,44% , im Halsmark dagegen kaum 1,22° , Mg 
nachweisen konnte. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


21. Fuchs. Das Zeichen von Chvostek. (Wiener klin. Wochenschrift 
1916. Nr. 36.) 

In allen Fällen mit Chvostek’schem Zeichen ist dieses bei Durchführung 
vollkommener Mehlabstinenz geschwunden. Es erscheint in hohem Grade wahr- 
scheinlich, daß das Zeichen von Chvostek in gar keiner symptomatologischen 
oder pathogenetischen Verbindung mit irgendwelcher Erkrankung steht, sondern 
daß dasselbe nur einen Bezirk der gesteigerten Erregbarkeit des Zentralnervern- 
systems darstellt, welche Erregbarkeit durch das dem Sekale entstammende Gif: 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 905 


unter pathologischen Verhältnissen als Übererregbarkeit (Krampf) sich mani- 
festiert. Seifert (Würzburg). 


22. Pulay. Zur Pathologie des Facialisphänomens. (Wiener klin. 

Wochenschrift 1916. Nr. 42.) 

Die Untersuchungen ergaben einen einheitlichen Befund: in fast allen Fällen 
von Chvostek’schem Facialisphänomen ließen sich Veränderungen meist ent- 
zündlicher Natur (Zerklüftung, Pfröpfchen-, Abszeßbildung) an den Tonsillen 
feststellen. Diese Veränderungen scheinen meistens ihrer Intensität nach mit 
der Stärke des auslösbaren Facialisreflexes parallel zu gehen. Bei einseitigem 
Phänomen fanden sich häufig auch die Tonsillarveränderungen an der diesem 
Reflex entsprechenden Seite. Die Ursache für das Zustandekommen des Chvo- 
stek’schen Facialisphänomens mag in der pathologischen Veränderung der Ton- 
sillen erblickt werden. Seifert (Würzburg). 


23. Salus. Weiterer Beitrag zur Hämolysinreaktion bei Meningitis- 
verdacht. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Unter 64 Liquorproben waren 27 mit negativer Hämolysinreaktion, die alle 
schließlich als Nicht-Meningitis erkannt wurden, darunter waren 3 Fälle von 
Tumor cerebri, 3 von Meningismus (2 Typhen, 1 Pneumonie), 1 Fall von Tetanus, 
2 von Sinusthrombose, 2 Kopfschüsse, 1 Stirnhöhlenabszeß, 9 von vorübergehenden 
Erkrankungen usw. Von den 37 Fällen mit positiver Hämolysinreaktion trafen 
12 auf Meningitis tuberculosa, 25 auf Meningitis suppurativa. Die Diagnose 
wurde stets durch weitere klinische Beobachtung bestätigt, bzw. durch Obduktion’ 
sichergestellt. Seifert (Würzburg). 


24. A. J. Korteweg. Ein Fall von Meningitis cerebrospinalis epi- 

demica. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. II. S. 622—31.) 

Bei einem schwächlichen, psychisch minderwertigen Mann (20 Jahre), der 
vor 2 Jahren eine nicht bakteriologisch verfolgte, wenige Tage anhaltende Me- 
ningitis überstanden hatte, trat nach Marschübungen bei bedeutender Hitze eine 
dem Hitzschlag ähnelnde Affektion ein, welche sich im weiteren Verlauf als Me- 
ningitis entpuppte. Nasen-Rachenschleimprüfung negativ, Lumbalflüssigkeit deut- 
lich meningokokkenhaltig. In relativ gutartigem Verlauf der Erkrankung gingen 
unter Zunahme der Bradykardie alle Erscheinungen allmählich zurück. Der 
langsame, etwas unregelmäßige Puls, der Kopfschmerz und Kernig waren die 
bis in die Rekonvaleszenz zurückbleibenden Erscheinungen, Kernig war erst am 
19. Tage vollkommen geschwunden. Die Antiserumbehandlung erfolgte am 
7. Tage subkutan, am 10. Tage intralumbal; der Einfluß der Lumbalpunktion 
und der Seruminjektion (Schafsserum) ist bei diesen schon auf dem natürlichen 
Wege in Heilung begriffenen Falle schwer zu beurteilen; andererseits wird das 
am 8. und 9. Tage auftretende Fieber von K. als die Folge der subkutanen Serum- 
verabfolgung aufgefaßt. — Die Prüfung von 251 Personen der Umgebung des 
Pat. (Baracke) auf die Anwesenheit der Kokken ergab 5 positive Befunde; 4 der- 
selben waren fast sicher nie mit dem Pat. in Kontakt gewesen. 

Zeehuisen (Utrecht). 


906 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


25. Heinrich Fischer (Stuttgart). Beitrag zur Bakteriologie der 
Meningitis cerebrospinalis epidemica. (Mischinfektion.) (Bti- 
träge z. Klinik d. Infektionskrankheiten u. z. Immunitätsforschung 1916. 
Bd. V. Hft. 1.) 

Verf. bringt die Beschreibung eines Falles von Meningitis cerebrospinali: 
epidemica, in welchem neben dem nur in den Meningen lokalisierten klassische: 
gramnegativen Meningokokkus intracellularis Weichselbaum speziell ein haupı- 
sächlich grampositiver, als Diplokokkus flavus bezeichneter Mikroorganismx 
aufgefunden und kulturell festgelegt wurde, der im Gegensatz zum Meningokokkus 
eine allgemeine septisch-pyämische Infektion hervorgerufen hat. 

Auffallendes wechselndes Verhalten sowohl des Diplokokkus flavus als in 
geringerem Maße des Meningokokkus gegenüber der Gramfärbung, im Aussehen 
wohl von dem Alter der Kultur abhängig. 

Gegenüberstellung der im besonderen Fall vorliegenden Momente für und 
wider ohne Mutation des Meningokokkus im Sinne Bärthlein’s und Kölisch’s 
Die Frage wird mit einem größeren Grad von Wahrscheinlichkeit gegen eine Mu- 
tation zu entscheiden sein. Doch muß bei der noch herrschenden Unsicherheit 
auf diesem Gebiete vorläufig mit Zurückhaltung geurteilt werden. 

M. Lubowski (Berlin-Wilmersdorf). 


26. D. Forbes and Ev. Cohen (Brighton). Congestion in the trea- 
ment of cases of epidemic cerebro-spinal meningitis. (Lanc: 
1916. Mai 27). 


F. und C. sahen von einer Kongestionsbehandlung der epidemischen Genick- 
starre — vermittels Tieflagerung des Kopfes durch Hebung des Bettendes um 
14—23° zum Fußboden — auffallend gute Resultate nicht nur in Fällen, die 
chronisch zu werden drohten, sondern auch in akuten Formen. 

F. Reiche (Hamburg). 


27. H. D. Rolleston. The treatment of cerebrospinal fever in the 
Royal navy. (Lancet 1915. Oktober 23.) 

R. bespricht die Therapie in 163 von den 170 im 1. Kriegsjahr in der englischen 
Marine vorgekommenen Fällen von Genickstarre; 54,6% starben. Antimenings- 
kokkenserum erwies sich bei 105 damit intralumbal behandelten Kranken, obwohl 
es bei zwei Dritteln innerhalb der ersten 3 Krankheitstage zur Anwendung kam, 
als wirkungslos: nur 39% genasen. Eine Behandlung mit autogener Vaccine 
erscheint aussichtsreicher, ferner schien Soamin zu nützen, während Urotropit 
sich in 7 Fällen nicht bewährte. Lumbalpunktionen sind ein gutes Palliativum 

F. Reiche (Hamburg). 


28. H. W. Crowe. Some aspects of the cerebro-spinal fever pro- 
blem. (Lancet 1915. November 20.) 

C. ventiliert ausführlich die Schwierigkeiten der Kultivierung und Ident:- 
fizierung von Meningokokken. Bei Untersuchung des Liquor spinalis empfiehlt e: 
Anreicherung in 1%iger Traubenzuckerlösung. Aus einer Epidemie unter &!- 
daten sah er 13 Fälle von Genickstarre; Serumtherapie war vielfach erfolgreict. 
Vaccinebehandlung brachte ebenfalls deutlichen Nutzen, zumal auf das Fiebe:. 
wurde aber nur in kleinsten Dosen ertragen. Nach C. kann der Meningokokk 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 907 


auch eine influenzaähnliche Septikämie verursachen. Unter 23 so Erkrankten 
isolierte er ihn bei 19 aus dem Nasen-Rachenraum; die bei 5 gemachte Spinal- 
punktion war ergebnislos, 8 erhielten ohne erkennbaren Effekt eine Vaccinebehand- 
lung, bei keinem kam es zu einer Meningitis, alle genasen. 

F. Reiche (Hamburg). 


29. L. Colebrook (London). Bacterial antagonism, with particular 
reference to meningococcus. (Lancet 1915. November 20.) 
Gewisse Beobachtungen an Trägern von Meningokokken ließen einen ge- 
wissen Antagonismus zwischen diesen und Pneumo- und Streptokokken ver- 
muten; C. konnte einen solchen unter künstlichen Kulturbedingungen nachweisen 
und versuchte daraufhin, 6 Meningokokkenträger dadurch zu entkeimen, daß 
er ihnen Bouillonkulturen von Pneumokokken und von aus ihrem Speichel ge- 
züchteten Streptokokken in den Nasopharynx sprayte: 5 Mißerfolge, 1 tem- 
porärer Erfolg. F. Reiche (Hamburg). 


30. Bittdorf. Über Leptomeningitis haemorrhagica acuta. (Deutsche 
Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 6.) 

Auf eine rasch abklingende meningitische Reizung setzt in kurzer Zeit apo- 
plektiform, mit Krämpfen und geringem Fieber beginnend, ein neues Krankheits- 
bild ein mit psychischen Veränderungen, Somnolenz, dann Witzelsucht, Störung 
der Merkfähigkeit, Konfabulation, Desorientiertheit und darauf folgender leichter 
Nackensteifigkeit, wechselnden, hauptsächlich rechtseitigen Paresen, doppel- 
seitigem Babinski und schwerer Neuritis optica (keine Stauungspapille). Außer 
dem positiven Babinski gehen die neurologischen Erscheinungen rasch zurück, am 
längsten bleiben die psychischen Störungen bestehen. Der anfangs stark erhöhte 
Liquordruck sinkt nur langsam; die erst stark hämorrhagische Beschaffenheit des 
Liquor wird hämolytisch, zuletzt klar; die anfänglich vorhandenen Leukocyten 
verschwinden bald; im ersten abgelassenen Liquor sind zarte, grampositive Ba- 
zillen nachgewiesen, die vielleicht die sonst ungewöhnliche Hämolyse verursacht 
haben und als die Erreger dieser Leptomeningitis haemorrhagica acuta anzusehen 
sind. Als solche ist nach Verf.s Ansicht diese Erkrankung aufzufassen, und zwar 
handelt es sich um eine diffuse Blutung entzündlicher Natur in die weichen Hirn- 
häute, welche im Bereich der linken Zentralwindungen und des Stirnhirns be- 
sonders intensiv ist. Gegen eine zirkumskripte apoplektische Blutung, Pachy- 
meningitis haemorrhagica und Hirntumor spricht das Fieber und der Liquor- 
befund; auf Grund des letzteren kann auch eine Meningitis cerebrospinalis epide- 
mica ausgeschlossen werden. Charakteristisch soll auch für diese Erkrankungsform 
der apoplektiforme Beginn sein. Die Erkrankung ist in scheinbare völlige Heilung 
ausgegangen. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


31. v. Brudzinski. Über eine Form des Nackenphänomens bei 
Kindern im Verlaufe von Gehirnhautentzündung: das Nacken- 
phänomen an den oberen Extremitäten. (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1916. Nr. 33.) 

Das Auftreten des Nackenphänomens an den oberen Extremitäten ist dem 
Auftreten desselben an den unteren Extremitäten als ebenbürtig an die Seite zu 
stellen; in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle treten beide Phänomene zu- 
sammen auf; in gewissen Fällen beobachtet man das Phänomen an den oberen 


908 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


Extremitäten bei gleichzeitigem Fehlen an den unteren. Das Nackenphanimin 
an den unteren Extremitäten allein kommt verhältnismäßig viel seltener vor. 
Von besonderer Wichtigkeit ist die Tatsache, daß in keinem Falle tuberkuix: 
Meningitis das Nackenphänomen an den oberen Extremitäten allein, ohne gkict- 
zeitige Kontraktion der unteren Extremitäten beobachtet werden konnte. 
Reckzeh (Berlin). 


32. Eunike. Kindlicher Hydrocephalus; Subkutandrainage nach 
Trauma mit günstigem Ausgang. (Berliner klin. Wochenschrii 
1916. Nr. 28.) 

Es handelt sich um einen Fall von Spontanperforation eines Hydrocephalus 
mit Drainage in den Subkutanraum. Das anamnestisch angeführte Trauma kant 
vielleicht zum Zustandekommen der Perforation ursächlich herangezogen werda. 
Somit liegt hier ein Fall von Spontanheilung oder doch zum mindesten Besseru:g 
und Stillstand eines Hydrocephalus vor. Bei der Schwierigkeit der Therapie 
des Hydrocephalus muß der Wunsch naheliegen, derartige, von der Natur gezeigte 
Heilungsvorgänge therapeutisch nachzubilden. Reckzeh (Berlin). 


33. Lindner und v. Moraczewski. Über Milchsäureausscheidung 
bei Meningitis cerebrospinalis mit Berücksichtigung des 
Mineralstoffwechsels. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 31.) 

Bei zwei an Meningitis cerebrospinalis Erkrankten, welche besonders starke 

Abmagerung zeigten, wurden diejenigen Harnbestandteile bestimmt, welche mit 

der Muskelzersetzung in Zusammenhang gebracht werden dürfen, und zwar: 

der Schwefelsäure, der Phosphorsäure, des Kalziums und Magnesiums und daneben, 
um einen Maßstab zu gewinnen, des Gesamtstickstoffs und seiner Satelliten des 

Ammoniaks, der Aminosäure, der Purine und des Kreatinins. Weder hiöch- 

fiebernde Kranke, noch Diabetiker lieferten einen so milchsäurereichen Ham 

wie die an Meningitis cerebrospinalis Erkrankten. Seifert (Würzburg). 


34. Herrenschneider-Gumprich. Erfahrungen mit Embarin bei 
syphilitischen und parasyphilitischen Erkrankungen des 
Nervensystems. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. 
Hft. 5.) 

Das Mittel ist nicht absolut unschädlich, wenn auch die unangenehmen toxi- 
schen Nebenerscheinungen meist keinen bedrohlichen Verlauf nehmen. Gan: 
können die letzteren vermieden werden bei nur 2mal wöchentlicher Anwendung. 
Die Wirkung ist jedoch nicht so kräftig wie nach einer mit Jodkali kombinierten 
Schmierkur. Verf. hat nie eine positive Wassermannreaktion infolge Embanr: 
negativ werden sehen. Ein Fall von Lues cerebri, bei welchem die Schmierku: 
versagt hat, ist auf dies Mittel zurückgegangen. Günstige Erfolge sind auch de- 
obachtet bei den neurasthenischen Beschwerden in den Anfangsstadien von Tabe 
und progressiver Paralyse. Zu empfehlen ist die Anwendung von Embarin, wen? 
die anderen Maßnahmen versagen, ferner wegen seiner bequemen Handhadut: 
bei latenter Lues und bei Sicherheitskuren, wo die Art der Erkrankung nicht bè- 
kannt und die Berufstätigkeit nicht eingeschränkt werden soll. 

L. Kreuzer (Zell i.W..). 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 909 


35. J. Lang. Traumatische Vestibularneurose. (Casopis lékaruv ces- 
kych 1916. Nr. 13—14.) 

Bei der traumatischen Neurose konstatierte der Autor bei fünf teils aus der 
Friedenszeit stammenden Fällen folgende vestibuläre Symptome: Das wichtigste 
Symptom war der Schwindel, der im Vordergrund des Krankheitsbildes stand. 
Derselbe war nicht bloß bei Lageveränderungen des Kopfes, sondern auch bei 
: psychischen Affekten vorhanden. Er stellte sich einige Tage bis mehrere Monate 
nach dem Trauma ein. Otoskopischer Befund und Gehör blieben normal. Im 
Anfang der Erkrankung war spontaner Nystagmus vorhanden, der jedoch später 
verschwand. Stets fand der Autor gesteigerte vestibuläre Erregbarkeit, bald ein- 
seitig, bald doppelseitig, die sich im späteren Verlauf ebenfalls abschwächte. — 
Die Prognose ist auch ohne Medikamente günstig, wenn es gelingt, den Pat. zu A 
beruhigen. — Bei der Differentialdiagnose ist auf gesteigerte vestibuläre Erreg- 
barkeit infolge nichttraumatischer Neurasthenie, auf organische Veränderungen 
des Vestibularlabyrinths, auf Läsionen des Kleinhirns und auf Simulation zu 
achten. Erfahrungen an 13 Kriegsverletzten ergänzten und bestätigten die Be- 
hauptungen des Autors vollinhaltlich. G. Mühlstein (Prag). 


:36. J. Zeehandelaar. Heilung zweier Fälle hysterischer Taubheit 
mittels Hypnose. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1916. II. S. 41—49.) 
Die Heilung erfolgte bei jedem Pat. in einer Sitzung durch indirekte Sug- 
gestion, d. h. also mit Hilfe eines anderen Pat. mit normaler Hörschärfe, so daß 
die Empfänglichkeit gegen Suggestion durch eine Berufung auf die unbewußte 
Persönlichkeit gesteigert wurde. Nach Ablauf der Hypnose waren die Pat. von 
der bei dem einen durch einen in nächster Nähe abgegangenen Kanonenschuß, 
beim zweiten schon längere Zeit vor seiner Einstellung in die Armee durch einen 
schweren Fall entstandenen Taubheit geheilt. Zu den schroffen Gegensätzen über 
die heutigen Auffassung der Hysterie nimmt Z. derartig Stellung, »daß bei dieser 
Erkrankung die Leitungsbahnen nirgendwo gesperrt oder unterbrochen sind, 
sogar nicht bis zur Gehirnrinde, daß sogar die dem Reiz normaliter nachfolgende 
‚ Vorstellung ausgelöst wird, daß letztere aber nicht das Bewußtseinsgepräge er- 
langt, nicht durch den großen, mit dem Namen Ich bezeichneten Vorstellungs- 
_ komplex identifiziert werden. »Indessen sind dieselben vorhanden, können da- 
durch zum Bewußtsein kommen, daß neue, erstere nicht identifizierende Vorstellun- 
gen die größere Menge derselben bindenden Assoziationen eingeflößt werden; 
letzterer Vorgang ist unter dem Namen Suggestion bekannt. Bei der Hysterie 
findet man also den Hang zur Nichterlangung der Bewußtseinsmarke zahlreicher, 
wenngleich schon aufgebauter Vorstellungen. Selbstverständlich ist mit der 
Heilung der Taubheit die Heilung der Hysterie noch keineswegs erreicht. Die 
Aufgabe des Psychotherapeuten fängt zu diesem Zeitpunkt erst recht an, und 
zwar durch Erziehung, durch Besserung der Lebensführung, so daß der Zustand 
natürlicher Hypnose (= Hysterie) aufgehoben wird. Zeehuisen (Utrecht). 





37. Fahrenkamp. Über einen atypischen Fall von Chorea minor, 
nebst einem Beitrag zur Kenntnis des Gordon’schen Re- 
flexes. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde Bd. LIV. Hft. 5.) | 
Das Atypische in dem beschriebenen Falle besteht in dem Vorhandensein 

von bulbärparalytischen Symptomen mit hochgradiger Parese bzw. Paralyse der 


910 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


Hals- und Rückenmuskulatur, verbunden mit Dysphagie und ausgesprochean 
Mutismus; daneben besteht noch unwillkürlicher Harn- und Stuhlabgang bei stets 
freiem Sensorium. Sehr häufig ist auch der Gordon’sche Reflex auslösbar. Üt: 
die Entstehung desselben schließt sich Verf. auf Grund seiner Untersuchung d? 
Ansicht Gregor und Schilder’s an, nach welchen es sich bei diesem Phänomc«: 
nicht um einen tonisch verlängerten Patellarreflex, sondern um eine choreatisch: 
Mitbewegung handelt. Aus den zeitlichen Messungen geht hervor, daß sich dad: 
eine Reaktion, welche über das Großhirn verläuft, an den über das Rückenmä:\ 
ablaufenden Reflex anschließt. Die Aktionsstromkurven der choreatischen 
Zuckungen sind nicht wesentlich verschieden von den an willkürlichen Muskel 
zuckungen aufgezeichneten; nach den Reaktionszeiten zu schließen, entsteher 
auch beide Zuckungsformen in denselben Großhirnteilen. 
L. Kreuzer (Zell i. W.). 


38. H. Carlill (London). On the gluteal fold in sciatic neuritis. 

(Lancet 1916. August 19.) 

C. macht auf das Schwinden der Glutäalfalte bei Neuritis des Ischiadicus 
aufmerksam; Muskelschwund ist nicht notwendig damit verbunden. Der Achilles- 
sehnenreflex war in diesen Fällen stets aufgehoben. 

F. Reiche (Hamburg). 
39. Leitner. Drei Fälle spastischer Spinalparalyse. (Wiener 
klin. Wochenschrift 1916. Nr. 36.) 

Die Krankengeschichten von drei gleichzeitig in das Reservespital Nr. 5 in 
Laibach aufgenommenen Soldaten illustrieren die hauptsächlich zu unterscheidenden 
Formen der spastischen Spinalparalyse: 1) Die nicht hereditäre Form, 2) die 
hereditäre, bzw. familiäre spastische Spinalparalyse, 3) die auf Syphilis beruhende 
Form. Ob von der Therapie, speziell auch von der antisyphilitischen, etwas zu 
erwarten sein wird, ist sehr fraglich. 

Auf die vierte Form, die kongenitale oder früh erworbene spastische Spinal- 
paralyse (Little’sche Krankheit) ist nur kurz hingewiesen. 

Seifert (Würzburg)- 


40. v. Sarbó. Über pseudospastische Parese und Tremor (Fürstner- 
Nonne) als Folge von Durchnässung, Erfrierung, Durch- 
kältung. (Wiener klin. Wochenschrift 1916. Nr. 34.) 

Es gibt eine stattliche Reihe unter den heutzutage so oft zu beobachtende: 
Zuständen von Schütteltremor vom Typus Fürstner-Nonne, in denen die UT- 
sache der Erkrankung in der Durchnässung, in der Erfrierung, welche das erschöpf: 
Nervensystem treffen, aufzufinden ist. Manchmal scheint eine infektiöse Krans- 
heit — namentlich der Typhus — die Rolle des Erregers zu spielen. Als Teilsympt@ 
kommt derselbe Symptomenkomplex auch bei den durch Granatfernwirkune:- 
entstandenen Gehirn- und Rückenmarkserschütterungen vor. Psychische Ursach:’ 
lassen sich nie nachweisen, auch fehlen irgendwelche hysterische Symptome- Es 
ist wahrscheinlich, daß in den meisten Fällen die peripheren sensiblen Nem®: 
durch den Kälteeinfluß direkt beschädigt werden, dafür spricht die von de” 
Verf. entdeckte relative, partielle Empfindungslähmung. 

Seifert (Würzburg)- 


T 


Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 911 


41. F. E. Balten. Acute poliomyelitis. (Lancet 1916. April 15.) 

B. empfiehlt Isolierung der Poliomyelitiskranken; ihre Infektiosität aber ist 
nur sehr gering. Die Inkubation der Krankheit beträgt 4—12 Tage. Klinisch 
unterscheidet er eine spinale, eine Bulbus-, Pons-, Mittelhirn-, eine zerebrale, 
eine zerebellare, eine neuritische, eine meningitische und eine abortive Form. Re- 
infektionen mit Poliomyelitis sind sehr selten. Die Zerebrospinalflüssigkeit ver- 
hält sich verschieden in den einzelnen Fällen. Interessant sind die Beziehungen 
zum Herpes zoster und die gelegentlich dabei beobachteten varizellenähnlichen 
Exantheme. In der Behandlung steht allergrößte Ruhe obenan. 

F. Reiche (Hamburg). 


42. Kleemann. Zur Frage der Remissionen und der Behandlung 

der multiplen Sklerose. (Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 

Bd. LIV. Hft. 5.) 

Die in den letzten 4 Jahren in der Tübinger med. Poliklinik beobachteten 
48 Fälle von multipler Sklerose zeigen 33mal Beginn der Erkrankung zwischen 
dem 26. und 40. Lebensjahre. Der Verlauf ist meist ohne Remissionen langsam 
fortschreitend; in bezug auf therapeutische Beeinflußbarkeit sind sie günstig. Von 
16 mit Fibrolysin behandelten Fällen lassen 4 weitgehende, 6 mäßige und 6 keine 
Besserung erkennen. Der Erfolg besteht hauptsächlich in Hebung des subjektiven 
Befindens, Schwinden der Parästhesien, der Incontinentia urinae und Nachlassen 
. der Steifigkeit in den Beinen. Wenig geeignet für diese Therapie sind schnell 
verlaufende Frühfälle (Beginn zwischen 15. und 20. Lebensjahre), ferner Fälle 
im Endstadium und solche mit apoplektiformem Verlauf. Bei dem Fehlen eines 
sicher wirkenden Mittels und der Unschädlichkeit der Methode scheint ein Versuch 
mit Fibrolysin angezeigt. L. Kreuzer (Zell i. W.). 


43. 0. Schwarz (Wien). Über Störungen der Blasenfunktion nach 
Schußverletzungen des Rückenmarkes. (Mitteilungen a. d. Grenz- 
gebieten d. Medizin u. Chirurgie Bd. XXIX. Hft. 2. S. 174.) 

Besprechung einer großen Zahl beobachteter Fälle in klinischer, pathologisch- 
physiologischer und neurologischer Hinsicht. Als wichtigstes Ergebnis fand sich, 
daß die Höhe der Rückenmarksverletzung für die Form der Miktionsstörung ohne 
Bedeutung ist und daß die Blasenstörung völlig unabhängig von den übrigen 
. neurologischen Symptomen ist. David (Halle a. S., z. Z. im Felde). 


44. R. H. Spangler (Philadelphia). Blood findings in epilepsy. 
(Lancet 1916. April 29.) ; 
” S. hat bei 369 Pat. mit Epilepsie aus den verschiedensten Gegenden der Ver- 
einigten Staaten ausführliche Blutuntersuchungen gemacht und berichtet über 
39 weibliche und 71 männliche aus dieser Reihe, die sämtlich den bemittelten 
Volkskreisen angehörten. Der Hb-Prozentsatz war mit 84% verhältnismäßig 
hoch, die roten Blutkörperchen waren nicht an Zahl vermindert und zeigten bei 
unkomplizierter Epilepsie keine degenerativen Veränderungen. Die weißen Blut- 
zellen bewegten sich in den interparoxysmalen Zeiten in normalen Grenzen, doch 
bestand in der Regel eine Tendenz zu Leukocytose und zur Zeit der Anfälle und 
oft noch 24 Stunden danach zu Hyperleukocytose. Der durchschnittliche Pro- 
zentsatz an kleinen Lymphocyten und Polymorphonukleären hatte physiologische 
Werte, der der großen Lymphocyten stand im Mittel um 9% höher als die Norm 


912 Zentralblatt für innere Medizin. Nr. 52. 


und Eosinophilie fehlte. Vor epileptischen Attacken ist die Gerinnungszeit tes 
Blutes verkürzt, und ganz allgemein erwies sie sich in interparoxysmalen Penx:: 
kürzer als bei Gesunden. Ferner war die Blutalkaleszenz eine niedrigere ak = 
auf gleicher Diät gehaltenen Kontrollpersonen. F. Reiche (Hamburg). 


45. Jolly (Halle a. S.). Traumatische Epilepsie nach Schäde- 

schuß. (Münchener med. Wochenschrift 1916. Nr. 40.) 

Bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Schädelschüsse tritt später er: 
traumatische Epilepsie auf. Der erste epileptische Anfall tritt in der Regel inn- 
halb etwa 10 Monaten nach der Verletzung auf, im Durchschnitt nach 6 Monater. 
Traumatische Epilepsie entwickelt sich besonders bei den schweren Schäd'- 
schüssen, die einen Schädeldefekt mit Pulsation behalten und mit grob organisch?“ 
Symptomen verbunden sind. Die Erwerbsfähigkeit ist in der Regel schwer gt- 
schädigt, und zwar nicht nur durch die Epilepsie, sondern auch die anderen & 
gemeinen und durch Herderscheinungen bedingten Folgen des Schädelschuss: 
Zur Gleichstellung mit anderen Kriegsbeschädigungen würde sich Gewährur: 
von Verstümmelungszulage empfehlen, die an militärärztliche Beobachtung eit: 
epileptischen Krampfanfalles und Nachweis einer Verletzung der Schädelknüht! 
zu knüpfen wäre. Reckzeh (Berlin). 


46. G.C. Bolten. Drei Aufsätze über Epilepsie: I. Das klinische 
Krankheitsbild der genuinen Epilepsie. (Nederl. Tijdschr. v- 
Geneesk. 1916. II. S. 200—225.) 

Im Anschluß an frühere Arbeiten (dieses Ztrbl. 1916, S. 543) wird das Bil 
der sogenannten psychischen Epilepsie breiter ausgearbeitet. Die Erscheinurger 
dieser Erkrankung finden sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bei der 
zerebralen und nur höchst ausnahmsweise bei der genuinen, d. h. nach B. toxischen 
(thyreopriven) Epilepsie. Periomanische Anfälle können eine sehr in den Vorder- 
grund tretende Erscheinung der genuinen Epilepsie darbieten. Migräne ist na 
B. ein bei mancherlei Affektionen und Abweichungen auftretender Symptomen 
komplex; in der Tat sind die Ursachen derselben qualitativ mit denjenigen d: 
Epilepsie identisch, und sind beide nur quantitativ voneinander verschieden, $ 
daß die leichteren Formen die Migräne auslösen; pathogenetisch findet sich zwische' 
beiden Syndromen ein so inniger Zusammenhang, daß die verschiedenen Migräne 
formen als eine rudimentäre Gestalt der entsprechenden Epilepsieformen avi- 
gefaßt werden dürfen. Ein Bruchteil der Migränefälle sind ebenso wie diejenig!“ 
genuiner Epilepsie die Folge des Hypothyreoidismus und des Hypoparathyr&* 
dismus; dieselben bilden also die leichtere Form der genuinen Epilepsie, ergebe: 
gute Erfolge bei zweckmäßiger rektaler Applikation frischen Schilddrusenpres 
saftes. Der Migräneanfall ist in gleicher Weise wie der epileptische Anfall suwi? 
eine Vergiftungserscheinung wie eine Abwehrmaßregel des Organismus zur B- 
seitigung der in der Gehirnrinde angehäuften Toxine. Der Migräneanfall und & 
epileptische Anfall sind also fast gleichwertige Entladungen. 

Zeehuisen (Utrecht). 

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Originalmitteilungen, Monographien und Sonderdrucke wolle m# 

an den Redakteur Prof. Dr. A. Schmidt in Halle (Hagenstr. 7) oder an & 

Verlagshandlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig einsenden. 


Für die Redaktion verantwortlich: Geh.-Rat Prof. Dr. A. Schmidt in Halle. 
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


913 


Namen- und Sachverzeichnis. 


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915 


Originalmitteilungen. 


Frank, G.V., Erfahrungen mit Optochin bei croupöser Pneumonie. S. 265. 

Grote, L. R., Über myogene Temperatursteigerung. S. 337. 

Hildebrandt, W., Die Bedeutung der Urobilinurie für die Unterscheidung der mit 
Ödemen einhergehenden Herz-, Leber- und Nierenerkrankungen, zugleich für 
die Prognose und Therapie der Herzkrankheiten. S. 737. 

Hochheim, Über leichte fieberhafte Erkrankungen mit Milzschwellung. S. 593. 

Hoffmann, F., Quantitative Schätzung des Azetongehaltes im Harn. S. 449. 

Jolles, A., Zur Methodik der Eisenbestimmung im Blute. S. 1. 

Knack, A. V., Hungerödeme. S. 753. 

Lehndorft, A., Über Exanthem bei Fleckfieber. S. 529. 

Loeser, Alfred, Über Pyocyaneusinfektion und Pyocyaneusagglutinine. S. 161. 


Löwy, J., Über Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des Blutes 
durch thermische Reize. S. 609. 


— Über Fibrinogenvermehrung im Blute. S. 833. 


Papendieck, M., Die serologische Diagnose des Typhus abdominalis mit Hilfe des 
Ultramikroskops. S. 545. 


Pribram, H., Über die Morbidität im Hinterlande. S. 249. 

Röder, H., Rheummatismus. S. 865. 

Schilling, F., Sia loadenitis submaxillaris et sublingualis. S. 657. 

Schmidt, A., Heilung eines Falles schwerer Spru durch Sauerstoffeinläufe. S. 49. 


Steiger, O., Beiträge zur Frage der hypophysären Fettsucht, Dystrophia adiposo- 
genitalis. S. 849. 


auss, H., Zur genaueren Unterscheidung der renalen Albuminurien nebst Be- 
merkungen über »Kriegsnephritiden«. S. 201. 


at 


916 


Sammelreferate. 


Bachem, Carl, Pharmakologie. S. 137. 361. 641. 817. 
Jaeger, Richard, Neurologie und Psychiatrie. S. 185. 625. 673. 
‚K., Allgemeine Pathologie und Kr ae Anatomie. S. 113. 
hnell, Dermatologie und Syphilidologie. S. 8 
Seifert, 0., Rhino-Laryngologie. S. 65. 313. 577. 769. 


917 


Namenverzeichnis. 
Abderhalden, Em, 493. Baecher 311. Berg, Gg. 257. 
Abelin 523. Balten, F. E. 911. Berger 442. 713. 
Abels, Hans 488. Bamberger 684. — Hans 130. 
Adamson, O. J W. 811.  Bannes 132. van den Bergh 482. 
Adler 359. 473. Barcat 246. Bergmark, G. 98. 
Adolph 196. Bardach 311. Berkley, H. K. 797. 
Adrian 296. Bardachzi, Fr. 453. Berliner 638. 
Albu 535. 639. de Barenne 391. Bernart, W. F. 297. 
Aldershoff, H. 44, 495, 829. Barlow, L. 252. Bernhardt 155. 885. 
Alexander 305. — N. 462. Bernheim-Karrer 479. 
Alexandrescu-Dersca 679. Barr, M. A. 147. Bernstein, H. S. 678. 
Alford, L. B. 9. Barringer jr. 790. 791. Beumer, H. 286. 
Allen, F. M. 99. 102. 618. — T.B. 1%. Biach 309. 
Altstaedt 46. Baerthlein 762. Bianchi, D. C. 24. 
Amerling, K. 761. 843. Bartlett, Fr. K. 243. Bichler 234. 
Ameseder, Fr, 48. Barton, ’W. M. 199. Bickel 637. 892. 
Ameuille 887. Basch, S. 447. — A. 223. 
Amoss, H. L. 358. 400. Basinger, H. R. 606. Biedl, A. 43. 
Anderes 743. Basl 13, Bieling 751. 
Anders, J. M. 281. Baeslack 301. Biffic 109. 
Anderson, J. H. 227. Bass, R. 104. Bijnen 892. 
Andresen 695. Basten, Jos. 328. Bischoff 900. 
Andrews, V. 227. Bauch, B. 482. Bittorf 136. 172. 243. 510. 
Ameth 461. 813. — S. 762. 784. 716. 907. 
Arnheim 56. Bauer 665. 841. 898. Blankenhorn 623. 638. 
Arnold 709. Baum, H.L. 454. Blaschko 205. 
Arnoldi 616. Baumann, Erw. 288. 877. Blassberg 327. 
Arnstein 80. 381. Baumgarten, E. A. 573. Blässig 155. 
Aronson, Hans 312. v. Baumgarten 242. Bies, Ch. 447. 
Arzt, L. 244. Baumgartner, Hans 191. Bleyer, A. 478. 
Aschoff, L. 349. 379. Bäumler, Ch. 349. Blind 407. 
Ashford, B.K. 703. Bayet, A. 246. Blitstein 568. 
Ashhurst 383. Beck 682. Bloch 350. 878. 
Auer, J. 435. Becker, E. 671. de Bloeme 235. 236. 
Auerbach 404. 726. Beckmann, K. 517. Bloomfield, A. L. 259. 814. 
— Siegm. 177. — Rich. 285. Blum 519. 
Auregan 62. Begtrup 476. Blumenthal, Ferd. 62. 212. 
Austin, J. H. 437. 469. 566. Behr, K. 399. 440. 
Austrian, Ch. R. 814. v. Behring, E. 518. Boas 477. 
Autenrieth 524. Beijerman 901. — H. 723. 
Axhausen 293. 404. 442. Beitzke 489. - J. 515. 
Benda 688. — L. 495. 

Babesch, V. 692. Benders, A. M. 130. Bockhorn, M. 571. 745. 
Bach, Hugo 221. Bendig 11. 864. Böhler 13. 
Bachem, C. 137*. 361*. Bendix, Bernh. 354. Bohlmann 346. 

470. 641*. 817°. Benstz, N. 740. Boehme, A. 326. 


Bacmeister 751. 


Benzler 685. 846. 


ten Bokkel 328. 


918 


Bolo 393. 

Bolten, C. G. 147. 

— G.C. 159. 543. 912. 
v. Bomhard 253. 
Bonhoeffer 136. 540. 
Boorstein, S. W. 283. 
de Boer, S. 794. 799. 
Borberg, N. Ch. 721. 
Borden 298. 

Borger, W. A. 377. 6%. 
Bornstein, A. 390. 
Bornträger, J. 478. 
Bouman, L. 128. 387. 399. 
Bram, Isr. 125. 607. 
Brandenburg, F. 570. 
Brasch 662. 

Brasher 525. 

Brauer 415. 


Bray, H. A. 375. 

Broers, C. W. 686. 

Brösamlen 601. 602. 

Brown, A. C. 559. 

— P. K. 883. 

-- W. L. 888. 

Bruce, Sir D. 859. 

Bruck, C. 296. 

v. Brudzinski 715. 907. 

Bruegel 694. 

Brugsch 104. 

Brühl, G. 219. 

de Bruine Ploos vanAmstel 
P. J. 746. 

Brulé, M. 9. 

Brünauer 463. 

Brünger, H. 278. 

Brünn 671. 

Bruns 176. 891. 

Brunton, Sir L. 207. 

Brunzel 156. 

Bryant, John 714. 

Budde 408. 

Buia 157. 

Bujwid 57. 

Bull, C. G. 747. 

Bullock, W. E. 233. 879. 

Bumsted 262. 

Bunker, H. A. 535. 

Bunzel 878. 

Buerger, Leo 158. 

Burgess, A. M. 589. 

Burkitt 75. 848. 

Burmeister, W. H. 562. 

Burr, Ch. W. 124. 

Busch, P. W. C. M. 902. 

Busson 59. 347. 372. 
654. 

Butler, E. N. 151. 

Buxbaum, S. 222. 

Buytendijk 766. 

Byl, J. P. 670. 


Namenverzeichnis. 


Cahn 679. 
Cahn-Bronner 330. 
Caldwell, B. W. 665. 
Callomon 881. 
Cammaert, C. A. 829. 
Cammidge, P. TA 101. 
Camp, W. E. 573 
Canaan 30. 

Canti, R. G. 898. 
Cantieri, C. 91. 
Cappello 299. 
Capps, Jos. A. 765. 
Carlill 910. 
Carmann, R. D. 446. 
Carniol 134. 
Carpenter, J. S. 469. 
Carver, A. E. 200. 
Casper, L. 521. 
Caspersohn 1%. 
Cassierer 404. 
Castaldi, L. 109. 
Castelli, G. 507. 
Castere 393. 

Catton, J. H. 733. 
Cayet 372. 

Ceelen 666. 

Cemach 601. 
Cencelli, A. 24. 
Chace, A. F. 105. 528. 
Chalatow 242, 
Chandler 888. 
Charlton 561. 
Cheron, H. 245. 
Chesney 7. 

Chiari 135. 


— R. 889. 
Chickering, H. T. 677. 746. 


Chiu 300 
Christer-Nilsson 31. 
Christian, H. A. 102. 197. 
Christiansen 91. 
Christoffel, H. 173. 
Cioc, Const. 157. 
Clark, A.H. 183. 
Clarke, G. 814. 

- J. T. 78. 
Clausz, M. 298. 
Cloetta 608. 743. 
Cmunt, E. 175. 
Coglievina 351. 898. 
Cohen, Ev. 906. 
Cohn, Alfr. E. 181. 
-- Julie 766. 
Cohoe, B. A. 159. 
Cole, H. N. 79. 300. 
Colebrook 907. 
Coles, A. C. 151. 
Collins, m 145. 
— R. 7.2 
Comfort jr. "538, 
Como 31. 
Cones, Wm. P. 304. 
Cook, J. E. 566. 


Cooke, J. V. 79. 

Coriat 126. 

Cottin 197. 

— E. 760. 

Cow, D. V. 224. 

Crämer 750. 

Crohn, B. B. 63. 
Croissant 155. 

Crowe, H. W. 906. 
Csernel 660. 842. 
Cummer, C. L. 388. 764. 
Cummins 883. 
Cunningham, W. F. 605. 


Curschmann 149. 487. 731. 


— Hans 403. 
Cushing, H. 283. 
Cyranka 715. 
Cytronberg 238. 
Czapski, L. 99. 
v. Czyhlarz 716. 


Dakeyne 331. 
Damask 237. 
Dandy, W. E. 280. 
Daniels A. L. 103. 
— L. P. 862. 
Decastello 45. 
Decker 18, 253. 
Deelman, H. T. 228. 
Delprat, L. 696. 
Denis, W. 104. 
Denney 562. 
Dennie 564. 
Derham, B. 618. 
Detre 54. 
Detwiler, A. K. 527. 
Deutsch 41. 43. 
Dewey, K. 768. 
Dexter, R. 388. 
Deycke 679. 

Dickson, E. C. 691. 
Diena, G. 458. 
Dieterich 196. 

Dietlen 431. 

Dietsch 53. 353. 
Dimitz 899. 

Dirks 464. 

Doctor 832. 

Doebeli, E. 692. 

Dold, H. 572. 
Doeleman, F. P. J. 345. 
Donath 284. 711. 
Döpfner 177. 

Döri 24. 

Dornblüth, O. 541. 
Dorner 126. 

Dreyer, G. 31. 810. 801. 
Drossaers 901. 
Dudgeon, L. S. 63. 
Dudley, S. F. 815. 
Dufaux 297. 

Dufour, Aug. 156. 
Duken 133. 


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Xm- 0m nd iin m 


Duker 232. 563. 

v. Dungern, E. 236. 
Dunn 282. 
Dünner 35. 329. 358. 
— L. 520. 617. 


Ebeling, Alb. H. 241. 
— E. 36 


Ebstein 741. 

Eckert 347. 

Edgar, Th. O. 98. 
Edgeworth, F. H. 525. 
Edsall, D. L 401. 
Egan 443. 446. 477. 
Eggebrecht 668. 
Eggleston, C. 217. 
Eggstein, A. A. 747. 
Egyedi 59. 

Ehret 184. 795. 
Ehrmann, R. 15. 

— S. 31 10. 

Eichhorst 79. 100. 466. 
van Eijk, H. H. 499. 
Einhorn, Max 458. 
v. Eisler 378. 

Eisner, Gg. 528. 
Elgart, J. 285. 
Ellermann, V. 500. 
Ellinger, Ph. 91. 
aus A. R. 797. 


— J. A. 303. 
Ellis, J. W. 703. 
Emanuel 123. 
Embleton, D. 151. 
Emsheimer 336. 


£ 

Engelbreth, C. 305. 

Engelhardt 134. 

Engländer 331. 

— Mart. 514. 

Enthoven, P. H. 435. 800. 

d’Epine, Ad. 197. 

Eppenstein 378. 

Epstein, Alois 27. 

— H. 152. 

Erdélyi 790. 

Erdheim 685. 

Erkes 398. 

Erlanger, J. 797. 

Esch 808. 

Eunike 908. 

Evans, F. A. 559. 562. 
S. 434. 


Ewald 21. . 
Eyster 434. 


Faber, H.K. 292. 
Fabinyi 123. 

Fabry 306. 

Fagiuli 299. 
Fahrenkamp 909. 
Falconer, A. W. 802. 


Namenverzeichnis. 


Falk, J. 355. 468. 
Falta 14. 
Farr, C. B. 523. 
Fasiani 237. 
Faulhaber 454. 
Faustka 507. 
Feer 127. 
Fehsenfeld 19. 
Feldheim 637. 
Feldmann 485. 
Felix 351. 842. 843. 
Fellner, B. 42. 
Ferguson, J. S. 183. 
Fine, M. S. 105. 528. 885. 
Finger, E. 310. 
Finsterer 697. 

Fischer 524. 

— Bernh. 636. 

— Heinr. 906. 

Fish, E. S. 678. 

Fisher, E. D. 148. 

— M. K. 277. 

Fisichella 299. 

Fitz, R. 280. 
Fleckseder 670. 671. 
Fleischmann, R. 299. 
Fleisher, M. S. 254. 
Fletcher, W. 381. 
Flexner, S. 358. 400. 
Flury, F. 624. 

Föderl, 763. 

Folin, O. 104. 

Fonio, A. 526. 558. 
Fönss, A. L. 303. 
Forbes, D. 906. 
Forssner, G. 74. 
Förster, A. 219. 
Fortescue-Brickdale 395. 
Foster, G. B. 329. 
Fourmann 74. 

Fowler, Ch. C. 443. 


Fox, H. 374. 
Français, H. 111. 
Frank 506. 563. 783. 
— E.S. 801. 

— G. V. 205*. 
Fraenkel 668. 

— E. 564 


Fränkel, S. 255. 347. 708. 


709. 
Frankl 251. 371. 
Fraser 181. 
— F. R. 435. 
— H. 26. 381. 
Frets, G. P. 386. 
Freund 196. 258. 682. 
—- E. 291. 
— H.A. 880. 
Frey, Hans 92. 
Frieboes 328. 
Friedberger 841. 


919 


Friedeberg, Jul. 216. 
Friedemann 639. 
Friedenthal 518. 

— H. 306. 
Friedländer 208. 

— E. 220. 
Friedman, P. O. 787. 
Friedmann, M. 226. 
Friel, A. R. 749. 
Frist, Joach. 195. 
Fröhlich, A. 681. 
Fromberg, C. 192. 
Fromme 488. 489. 
Fröschels 711. 
Frothingham, C. 437. 
Frühwald 389. 

— R. 301. 

Fuchs 153. 904. 

— A. 154. 
Fuchs-Reich 150. 389. 
Fühner, H. 637. 
Funk 25. 

Fürbringer 509. 

Fürer, Edine 255. 708. 709. 
Furka 660. 

Fürnrohr 178. 

Fürst 816. 885. 


Gaehtgens 36. 
Gäthgens, W. 671. 
Gaisböck, Fel. 196. 
Galambos 831. 
Gamwa, C. 487. 
Gano 899. 

Gans, A. 391. 

— H. 32. 

Garban, H. 9. 
Gardiner, H. 259. 
Garvonsky 879. 
Gasbarrini 445. 
Gaupp 160. 

Gautier 894. 

Gay, Fr. P. 677. 
Geigel 390. 789. 
Geissmar, J. 712. 
Gelinsky 21. 682. 
Gellhaus 383. 
Gensler 633. 

— P. 635. 
Geraghty, J. T. 557. 
Gerhardt 190. 764. 
Gerhartz 604. 727. 
— H. 431. 590. 
Gerlóczy 660. 
Gerstmann 133. 149. 
Gerwiener 859. 
Geuken 538. 
Geyelin 606. 

Geyer, E. 219. 
Ghigoff 358. 

Ghon 55. 654. 
Gibson, A. G. 31. 810. 
Gieszczykiewicz 356. 


920 Namenverzeichnis. 


Gigon 16. Haas 749. 

Gilbert 679. v. Haberer 276. 
Giugni, F. 78. Habetin 347. 660. 
Glaserfeld, B. 278. Hada, B. m 
Glaessner 448. Hagen, F. ag 

— K. 107. Hagiwara 326. 
Glenn, R. A. 456. Hajos, E. 123. 
Glomset 287. Hake, H. W. 558. 
Glücksmann, E. 20. Halbey 11. 486. 
Goddard, C. H. 180. — Kurt 332. 401. 
Godfrey, H. G. 437. Hall 344. 

Goldberg 135. Hamburger 813. 
Goldberger, J. 706. — E. J. 659. 
Goldscheider. 497. — H. J. 633. 
Goldschmidt, H. 21. — W. H. 445. 

— Samuel 490. Hammacher, J 464. 
Goldschneider 41. Hamman, L. 764. 
Goldstein 388. Hammer 60. 
ne: . F. 189. Hammerschlag, R. 259. 
— Sir J 505. 

ani, Oh. 209. Hammond, Gr. M. 713. 


Gordon, Alfr. 111. 900. Hancken 724. 
van Gorkom, W. J. Hannema 862. 


691. v. Hansemann, D. 246. 
Gorter, E. 328. 861. Haenssler 846. 
Gosio, B. 23. Hanzlik, P. J. 623. 
Goetsch, Em. 283. Happel 62. 
Gotschlich, E. 350. Hara, H. 236. 
Gottlieb 682. Harbitz, F. 286. 
Götz 712. Harmer, T. W. 254. 
Götzl 588. Harmeus 10. 
de Graaff 861. Harmon 623. 
Grabfield 535. Hart 260. 803. 
Graff, Erw. 253. — C. 293. 592. 
Graham, E. A. 230. Hartelust, R. 484. 
Grätzer 382. Hartman, Fr. A. 227. 
Grau, H. 588. Hartmann 174. 
Greinert, E. 530. Hase 417. 
Grey, E. G. 447. Hasenbalg 663. 
Griffith, M. L. 527. Hashimoto 215. 511. 513. 
Gröbl 328. Haskins, H. D. 621. 893. 
Groedel 39. 181. Hatch, F. F. 159. 
v. Gröer 41. Hatiegan 805. 
de Groot, J. 697. Hauber 291. 
— S. B. 701. Hausmann 891. 
Grosglik 310. Havlasa 858. 
Gross, M. H. 447. Hawk, Ph. B. 105. 443. 
-— O. 505. Hayward 394. 
— S. 310. Hecht, H. 33. 863. 
Grosser 468. v. Hecker 37. 
Grossmann, M. 181. Hedde, K. 389. 
Grote, L. R. 337*. Hegeler 30. 
Grover, A. L. 489. v. d. Heide 19. 
Gruber 14. Heidenhain, L. 245. 902. 
Grulee 302. Heilbronn 76. 
Grumme 20. Heile, B. 153. 
Grumme-Fohrde 218. Heimann 222. 521. 
Grünbaum, H. 300. — Willy 766. 
Grundmann 312. Hekman, J. 652. 
Gudzent, F. 621. Held, J. W. 447. 
Gutstein, M. 742. Heller 194. 
Guttmann, J. 795. — F. 616. 


György 654. -— Rich. 195. 


Hellsten 712. 


Hennig 299. 

Herbach 811. 

Hercher 60. 

Hering 184. 793. 

Herr, M. 789. 
Herrenschneider 896. 

— -Gumprich 896. 908. 
Herrman, Ch. 728. 
Herrmann 763. 

— Ch. 30. 

Herrnheiser 40. 812. 
Herschmenn 64. 

Hertz 30. 

— P. 456. 

Herxheimer 488. 679. 810. 
Herz 438. 

Herzog, Th. 878. 

Hess 751. 782. 

— A.F. 565. 786. 
Hetsch 493. 

Heubner 225. 

Heusner 221. 346. 
Hever 57. 672. 

Heversch 147. 

Hewlett, R. T. 29. 

van der Heyden, jJ. 377. 
Hiess 792. 

Higier 904. 

Hijmans van den Bergh, 


Henderson, J. 94. 
L. J. 533. 


A. A. ; 
Hildebrandt 670. 


— W. 737*. 

Hill, L. W. 101. 560. 
Hillenberg 808. 
Hindhede 20. 473. 700. 
Hinsmann, L. 436. 
Hirsch 38. 426. 

-- C. 37. | 

— E.F. 69. 

Hirschel 157. 
Hirschfeld 16. 536. 574. 
Hirschfelder 30. 
Hirschstein 887. 

His 662. 

Hlava, J. 844. 
Hochhaus 17. 

— H. 751. 

Hochheim 593*. 

v. Höffern 667. 
Hoffmann 177. 411. 

-— A. 432. 

—- Er. 307. 

— Frieda 449*, 

— W.O. 720. 
Hofmeister 17. 

Hoki, R. 703. 

Holl, H. F. 206. 
Holler, Gottfr. 44. 334- 


Holmes, J. B. 899. 

W. H. 224. 707. 
Holmgren, J. 276. 
Holste 48. 

Holzknecht 500. 501. 
Homberger, E. 208. 
Honig, J. G. A. 669. 
Honl 682. 

varı Hoogenhuijze 845. 
Hooper 483. 

Hoover, C. F. 728. 
Hopkins, A. H. 98. 488. 
Hoppe-Seyler 623. 684. 
Horn 543. 730. 731. 
Hornemann, B. 344. 
Hoskins 284. 

— A. D. 607. 

— R.G. 209. 607. 

v. Hovorka 491. 
Howard, Arth. A. 93. 
— H.A.H. 101. 

— H.C. 19. 
Hryatschak 716. 
Hubbard, J.C. 8. 
Huber-Pestalozzi 227. 
Hübner 174. 621. 
Hübschmann 76. 
Hueck 506. 

Huët 894. 
Hügelmann 537. 


Huismans 154. 218. 791. 
803 


Hünermann 420. 
Hunt, G. A. 847. 
— J. R. 304. 
Hueppe 333. 
Hurwitz, S. H. 783. 
— S. K. 897. 
Hüssy, O. 76. 
Hussy, P. 284. 878. 


Hymans van den Bergh, 


A. A. 240 


Ickert, Frz. 35. 
Ido, Y. 703. 
Inada, R. 703. 
Indemans 258. 523. 
Ingebrigtsen, 2 a 729. 
Inman, A.C. 

Jones, J. P. 528 
Ireland, G. O. 734. 
Isenschmid, R. 512. 
v. Issekutz 216. 
Ito, H. 703. 
Iwaschenzoff 175. 


Jacob 669. 

Jacobitz 680. 
Jacobsohn, Leo 399. 
Jadassohn, J. 310. 480. 


Jaeger,R. 185*. 625*.673*. 


v. Jagic 744. 
Jameson, H. L. 281. 


Namenverzeichnis. 
Jamieson, R. A. 181. 
Janke 732. 

Jansen, B. C. P. 11. 703. 
Jansky, J. 127. 655. 
Janssen 01. 

Januschke, 376. 631. 133. 
Jaworski 180. 

Jellinek 125. 

Jessen 384. 

Jetel, Fr. 537. 

Jirásek, A. 8. 


Joannovics 707. 
Jobling, Jones 747. 
Johan jun. 44. 
John, M.H. 34. 
Johnson, H. 243. 
Johnston, J. R. 484. 
— W.H. 132. 
Jolles, Ad. 1*. 
Jolly 543. 912. 

de Jongh, C. J. 487. 
Josefsson, A. 152. 
Jores, Rob. 199. 
Joslin, E. P. 618. 619. 


de Josselin de Jong, R. 224. 
696. 699. 


Jubb, G. 149. 
Judd 179. 

Jung 472. 571. 
Jungmann 257. 
Jurak, L. 196. 
Jürgens 353. 416. 


Jürgensen, Chr. 475. 705. 


Justi, K. 113*. 
Justschenko 131. 


Kafka 110. 388. 875. 
Kahane, M. 222. 
Kählisch 668. 
Kahlmeter 716. 
Kahn, M. 227. 484. 521. 
Kaiser 660. 
— K. L. F. 209. 
Kakals 447. 
Kalberlah 345. 
Kaliebe 832. 
Kaliski, D. J. 178. 
Kaminer 709. 
Kaneko, R. 703. 
Kanngiesser, F. 225. 
Kantor, J. L. 695. 
Kaplan, D. M. 399. 
Karell 346. 
Karplus, J. P. 397. 898. 
Karsner, H. T. 535. 743. 
Kaspar, F. 392. 
van de Kasteele 809. 
Kaufmann 729. 789. 
Kaup 353. 848. 
Kausch 684. 
Kayser 890. 

D 


— `J. D. 858. 
Kedroff, M. 109. 


921 


Kehr 486. 

Keith, N. M. 557. 
Keitler 878. 
Kelemen 214. 
Kelling, G. 445. 
Kellner 125. 


Kilgore, E. S. 336. 462. 

796. 797. 
Kimball 251. 
Kimpton, A. R. 8. 
Kirschner 344. 
Kisch 100. 
— E. H. 107. 
Kittsteiner 358. 790. 
Klauder, J. V. 528. 
v. Klebelsberg 745. 
Kleberger, Kurt 767. 
Kleeblatt, F. 281. 
Kleemann 911. 
Klein 652. 
de Klein 845. 
Kleinschmidt, H. 496. 
Klempfner 56. 
Klesk, Ad. 357. 
Klieneberger 61. 
Klinger 74. 344. 

R. . 558. 
Klink 353. 
Klinkert, D. 406. 534. 
Klose 678. 
—- Er. 477. 
Klotz, K.L. 749. 
Rud. 247. 749. 
Knack 859. 
— A. V. 753*. 
v. Knaffl-Lenz 48. 
Knoblauch 510. 
Knoepfelmacher 27. 
Knowles, F. C. 481. 
Koblanck 243. 
Kobzarenko 458. 
Koch 717. 876. 
-- E. 696. 
-- Jos. 288. 
-- W. 845. 
Kocher, Th. 378. 711. 
Kockerbeck, C. 291. 
Kofler 735. 
Kohnstam, Osc. 214. 
Kokoris 381. 
Kolb, N 220. 

R. 


Kolischer 654. 

Kolle 493. 

Koller, H. 30. 
Kolmer, jJ. B. 343. 
Koelsch 225. 
Kommerell 213. 
Koenigsfeld, H. 330. 
Koogman, A. 75. 
Kooijman 735. 


922 Namenverzeichnis. 


Korach 745. Larkin, J. H. 804. Lough 885. 
v. SIE 31.279. 460. Laudenheimer 173. Lovellette 284. 
470. Lauritzen, M. 95. Löw 150. 

Körner (Rostock) 902. Läwen 134. Löwenstein 59. 681. 682. 

Kornmann 526. Lawson, M. R. 376. — K. 176. 408. 

Korteweg, A. J. 905. Lee, O. Ivan 634. Loewenthal 404. 

Kossinsky, Joh. 697. — R. J. 5. 7%. Löwenthal, S. 501. 504. 

Kramer, P. H. 788. Leegaard, Chr. 402. Löwit 875. 

Kraske 13. van Leersum, E. C. 477. Lowy, O. 237. 

Kraus 279. 741. 694. Löwy 34. 46. 379. 664. 813. 

-— R. 372. 742. Lehmann (Tübingen) 345. Loewy, A. 639. 

-- V. 889. Lehndorff, Arno 529*. —- J. 35. 

— Walt. M. 283. Leichtweiss 592. — Jul. 93. 327. 609°. 

Krauss, J. 178. Leiner 677. 639. 833*. 

Krehl, L. 491. Leitner 910. Lublinski 174. 440. 749. 

v. Krehl 419. Lemierre, A. 9. Lucas, W. P. 783. 

Kreinermann 576. Lenz 459. Luciani 590. 

Kren 29. Leo 699. Lucksch 46. 57. 346. 672. 

Kreuzfuchs 804. Le Roy, S. Peters 764. Ludewig, P. 222. 

Kroner 41. Leschke 373. Lüdin, M. 241. 

Krumbhaar, B. 566. Lese, W. 223. Luetscher, J. A. 744. 

— E. B. 438. Lesser, E. 308. Luithlen 302. 356. 

Kruschewsky 667. Levine, S. A. 110. 437. 438. Lukes, J 12. 

Kruse 811. Levinson, A. 29. — Th. 

Krym, R. 247. Levy 31. 212. Peh Th. 794. 

Kucera, J. 844. 880. —- J. H. 695. Lunckenbein 251. 

— V. 507. - - J. J. 804. Lund, R. 892. 

Kuhn 512. — R. L. 559. 638. Lundh, R. 603. 

-— G. 604. Levy-Dorn 791. Lundsgaard, Chr. 803. 

— Ph. 332. Lewa 145. Lüthje, H. 492. 

Kuiper, J. 660. Lewis, P. A. 489. 762. Luttinger 740. 

Külbs 504. Lewisohn, R. 570. Lyon, E. 335. 

Kulka 59. Lewkowicz 375. — H. N. 254. 

Kurak, Marie 687. Leyton, O. 790. Lyons, R. 56. 

Kusnezoff 454. 5 Lichtwitz 96. 99. 

Kutscher 463. v. Liebermann 665. MacAdam, W. 832. 

Kuznitzky 104. 135. 243. Liebmann, Er. 1%. Macdonald, N. 536. 

Kyrle 28. 349. 664. Liefmann, Em. 75. 376. MacGillycuddy 331. 
Lifschitz, Leon 526. Mackenzie, Gge. M. 60%. 

Labor 785. 786. des Ligneris, M. 702. MacKinney 873. 

Ladd, M. 20. Liles 891. Maggio 279. 

Lahm, W. 467. Lindemann, Walth. 877. Magnus-Alsleben 814. 

Lambert, J. W. 623. Lindner 878. 908. Mahn 331. 

—- Marie 479. Linenthal 879. Mandelbaum 875. 

Lameris, H. J. 457. 486. Link 603. Manliu 750. 

Lamner, P. 525. Linnenthal, H. 80. Mann 156. 

Landau 653. Linser 570. - - F. C. 608. 

Landis 762. Lipmann, H. 573. -- L. 539. 

Landmann 75. Lipowski 354. 471. — Q. 857. 

Landsberger, O. 42. Lippich, Fr. 48. Marburg 154. 541. 

Landsgaard, Chr. 434. Lipschütz 54. 664. 666. Marchand 258. 491. 

Landsteiner 891. Loeb 750. Marcovici 59. 64. 214. 672. 

Lang, J. 909. — L. 254. Marcus, H. 127. 

Lange 736. 740. van Loghem, J. J. 372. Marek 58. 672. 812. 815. 

de Lange, C. 617. Lommen 309. Margot, A. G. 489. 

Langelaan 157. Longaker, E. P. 528. Marguliés, A. 172. 

Langer 811. Longeope, W. T. 192. Margulis 397. 398. 

Er. 397. Longh, W. G. 532. Marks, H. E. 145. 
Langstein 499. Lorand 385. 808. Marmorek 668. 
Langstroth 151. Lorenz 729. Marogna 303. 

Lanz, O. 701. Loeser, Alfr. 161*. Marriott 559. 
Lapinsky 290. Losse, J. R. 241. Marshall 7. 601. 


Laqueur 34. Lossen 810. Martin, Ch. 564. 


Marx 478. 
Massaglia, A. 95. 
Matthes 348. 358. 
Matthews, S. A. 94. 
Mattisson, K. 230. 
Matyas 13. 
Mautner 210. 
Maver, M.E. 761. 
Mayer 110. 148. 763. 
— A. 105. 510. 
— C. a 
— Karl 33 
Mayerhofer pn 335. 344. 
462. 


McClure 254. 452. 
McCrudden 103. 
McDonald, W. M. 24. 382. 
McGill, C. 620. 
McKelvy ô. 

McLean 833. 

McLloyd 887. 
McWeeney 36. 
McWilliams, Helen 332. 
Means, J. H. 401. 
Meijers, F. S. 717. 
Melchior 689. 

Mellon, R. R. 571. 
Meltzer, S. J. 700. 
Menzer 326. 

Meredith, D. 480. 
Merhaut, K. 278. 

v. Merings 494. 
Messerli, Fr. 276. 
Messerschmidt 685. 

v. Meyenburg 281. 702. 
Meyer 62. 353. 534. 

— C 42. 334. 742. 


— (Heidelberg) 13. 
— (Königsberg) 135. 
—- (Leysin) 576. 
-— Fel. 760. 

—- H.H. 681. 

— J. 566. 

Meyers, F. S. 863. 
Michaelis, P. 226. 
Miescher, G. 560. 
Mihail, D. 178. 
Mink 524. 
Minot, Gge. R. 471. 
Mohr 172. 


— F. 540. 
Möllers 310. 512. 
Moltrecht 846. 
MoneReberg 795. 

J. G. 207. 430. 431. 432. 
Montigel, Th. 263. 
Moon, R. O. 830. 
Moore, H. F. 747. 

— J. 1. Fr 

— R.F. 

v. wo 616. 908. 
Morawetz 28. 349. 664. 


Namenverzeichnis. 


Morawski, J. 224. 
Mori, T. 263. 

Morita, S. 393. 
Mosenthal, H. O. 532. 


Moser 80. 
Most 327. 
Moszkowski 469. 


Muck 730. 797. 

Mühlens 30. 37. 

Mühsam 196. 

nur 247. 603. 668. 713. 
791. 


— A. 446. 

—- Er. 20. 

— J. 430. 

—- Otfr. 350. 
— R. 296. 
Mulzer, P. 294. 


Munk 666. 841. 
Muntendam 498. 
Münzer 468. 798. 
Murphy, J. B. 233. 
Muskens 902. 
Musser jr., H. 566. 
Myers 523. 532. 885. 


Nash 382. 
de Negri 572. 
Neisser 302. 


Neuhof, S. 795. 799. 802. 


Neumann 791. 
603. 


— W. 
Neustadt 672. 


v. Neustädtl 358. 
Neuwirth 36. 786. 
Neve, Gg. 723. 
Nevermann 882. 
Newburgh, L. H. 191. 
Newham, H. B. 380. 
Newman, D. 520. 
Nichols, H. J. 677. 
Nicholls L. 380. 
Nicol 622. 

Nicolaidi, J. 25. 
Niedieck 464. 
Niemann, Alb. 92. 
Nieuwenhuijse, A. 635. 


Niewerth 485 


Nikolai, A. 294. 
Nitzescu, J. 679. 
Nobel 36. 112. 
Nobl 232. 
Noeggerath 63. 
Noguchi, H. 355. 
Nöller 842. 


Nonne 155. 305. 539. 542. 


128. 729. 


Nonnenbruch, W. 640. 


Noorden, Carl 531. 


v. Noorden 18. 698. 


Nordentoft, J. 255. 
S. 255 


Nordmann 296. 


923 


Norgaard, A. 524. 
Nuzum, J. W. 718. 


Obe 112. 
Ochsenius 741. 
Ochsner, A. J. 455. 
Oeder 22. 107. 505. 
O’Hare 884. 
Oigaard 536. 
Oliver, J. R. 126. 
Oeller 874. 

Ollino, G. 256. 
Olmstead, M. 740. 
Opie, Eug. L. 9. 


Oppenheim 160. 226. 394. 


725. 
— H. 403. 405. 541. 
Oppermann, R. 496. 
Ordway, Th. 640. 
Oeri, F. 591. 604. 
Orkin, Gg. 301. 
Orth, J. 575. 587. 
Oesterlin 345. 
Oswald 263. 279. 605. 
— Ad. 255. 
v. Oettingen, W. 518. 
Outerbridge 464. 
Ouweleen, J. 862. 
Owen, S. A. 380. 


Pagenstecher, Alex. 501. 
Palmer, W. W. 525. 533. 
Paneth 518. 

Papendieck, M. 545*. 


Pappenheimer, Alw. M. 
260 


Pasley, C. B. 7. 
Patterson, H. S. 623. 
Paetzold, P. 74. 
Paul 704. 706. 
Paulicek 46. 


Peabody, F. W. 531. 743. 


Pearce, R. M. 490. 566. 
Pecirka 56. 

Peet, M. M. 566. 

Peiser 240. 

Pel 239. 


Pelnár, 13 „656. 661. 683. 


814. 8 
En I 
Pentzoldt 631. 
Peperhowe 212. 638. 


Pepper, O. H. P. 490. 566. 
667. 


Percy, K.G 

Perelstein 523. 

Perthes 12. 

Pesina, M. 280. 

Peters 463. 

— E.A. 151. 

— J.Th. 280. 

Petersen, E. 762. 
W. 747 


Petri, Th. 508. 


Yaaa, 


924 
Petroff 588. 
W. 747. 


Petruschky 74. 
Peutz, J. L. A. 830. 
Pfeiler 75. 301. 
Pfister 109. 389. 

v. Pfungen 254. 
Phillips, S. 536. 
Phipps, C. 181. 892. 
Pichler 842. 

Pick 194. 210. 668. 
—- G. 110. 

— K. 332. 
Pincsohn 637. 
Pinkhof, H. 638. 


— J. 638. 
Piorkowski 237, 
Piotrowski 716. 
Pitulescu 134. 
Plaschkes 40. 
Plaut, H. C. 381. 
Plesch, J. 573. 


Plimmer, R. H. A. 505. 


Plitek, V. 697. 

v. Podmaniczky 123. 
Poindecker 353. 
Polak, J. B. 801. 
Polák, O. 251. 
Polimanti, O. 484. 
Pollock, L. J. 224. 
Pope, G. F. 348. 
Poppelreuter 131. 
Popper, H. 199. 
Porges 477. 
Porter, W. T. 191. 
Posner 524. 893. 
Potter, A. C. 527. 
Poulsson, E. 640. 
Povitzky 741. 
Powell, C. 876. 
Poynton, F. J. 290. 
Pribram 60. 376. 
— H. 60. 249*, 
Prins, G. 693. 


Procházka, F. 76. 146. 


Proescher 27. 55. 689. 
v. Prowazeck 347. 
Prusik, G. 732. 

Pulay 330. 724. 905. 
Purjesz, Béla 761. 


Quarella, B. 241. 
Quensel, F. 402. 
Quiby 882. 
Quincke 510. 


Raab 19. 
Rackemann 471. 
Radwansky 637. 
Raiziss 343. 
Rankin, A. C. 847. 
Ranzi 154. 

Rapp 254. 


Namenverzeichnis. 


Rascher 544. 
Rassers 219. 

Rauch, J. 357. 
Raudnitz, R. W. 26. 
Rausch 398. 
Rautmann, H. 260. 
Read, Ch. F. 396. 
Reber, M. 525. 

— W. 282 


Redlich 175. 

Reed, Ch. A. L. 713. 
Regnier, Ant. 766. 
Rehbein, M. 637. 
Rehfisch 179. 793. 
Rehfuss, M. E. 443. 
Reiche 373. 563. 688. 
-— F. 28. 
Reichmann 383. 392. 
Reifferscheid, Carl 502. 
Reim 785. 793. 
Reinhardt 874. 
Reisinger, G. 47. 
Reiss 30. 35. 

Reitler 654. 

Reitter 729. 795. 
Resch, Alfr. 508. 
Rexford 880. 

Rhein 132. 

Rhese 335. 

Ribbert, Hugo 494. 
Richards, A. E. 532. 
Richardson, M. L. 491. 
Riebold 669. 

Rieder 587. 

Riegel 377. 

van Riemsdijk 373. 
Riesman, D. 437. 
Riesmann, D. 618. 
— P. 714. 

Rihl 798. 


van Rijnberk, G. 390. 406. 


Risseeuw 805. 
Rittershaus 173. 
Rivas, D. 381. 
Riviere, Cl. 589. 


Robertsohn, H. E. 379. 
860. 
Robertson, O. H. 564. 567. 


968. 
— W.E. 528. 


Rocek, J. 37. 


da ‚Rocha-Lima, H. 346. 


Rachar, R. R. 686 
Rochedien 768. 
Rodenbaugh 462. 
Röder, Heinr. 865*. 
Rogers, Sir L. 360. 858. 
Röhmann 476. 

Rohmer 40. 

Rohrer 760. 


Robinson, G. C. 215. 803. 
H. 76. 343. 


Roick, Walt. 219. 
Rolleston, H. D. 206. 005, 
Rolly 91. 810. 
Romeis, B. 264. 
Römer, R. 556. 
Roemheld 134. 
Rondke 53. 
van Roogen, J. 75. 
van Roojen 
Rose 680. 
Röse, C. 103. 
Rosemann, R. 49. 
Rosenbaum 632. 
— N. 688. 
Rosenberg 527. 883. 8835, 
886. 894. 


— S. 639. 
Rosenberger, R. C. 521. 
Rosenbloom, J. 6. 159. 
Rosenbusch 279. 
Rosenfeld 16. 

— Gg. 620. 

Rosenow, Gg. 440. 
Rösler 663. 

Ross, E. L. 94. 879. 
Rosser, C. 209. 

Rossi, ’O. 395. 396. 
Rosznowski 371. 
Rotgans jJ. 7. 

Roth 798. 

Rothacker 261. 
Rothberger, C. J. 433. 
Rothfuchs 61. 
Rothmann 131. 
Rothschild 698. 

— M. A. 90. 

Rotky, Hans 109. 
Rotstadt, J. 722. 
Roubitschek 55. 

Rous, P. 233. 240. 561. 
Rowe, A. H. 797. 
Rowley, W. N. 209. 
Rowntree 7. 

— L. G. 557. 559. 638. 
Rubens 456. 621. 
Rubens-Duval 245. 
Rubinato 24. 
Rubner 474. 475. 499. 705. 
Ruediger 100. 

Ruh, H. O. 79. 

Rumpel 64. 135. 661. 692. 
Rumpf, Th. 210. 372. 
Rusca 792. 

Russell, B. R. G. 233. 
Rytina 179. 


Saalfeld 216. 
Sachs 291. 724. 
— B. 178. 

— E. 234. 
Sainsbury 218. 
Saji 44. 

Sakai 439. 





Salen, E. 99. 
Salkowski 16. 18. 706. 
Salomon 474. 

Saltikow, S. 439. 

Salus 57. 59. 905. 
Samberger, F. 465. 
Sanes, K. J. 521. 
Saneyoshi 439. 

Saenger 174. 390. 752. 
v. Sarbó 910. 

v. Sartó 731. 

Sauer 133. 519. 
Sauerbruch 569. 

Sauter 154. 

Savini 9. 430. 

Saxi 511. 831. 
Schaeffer, Ed. 572. 
Schanz 504. 511. 
Schapira 521. 

Schede, Er. 5. 

Scheel, V. 750. 

van der Scheer 129. 
Scheltema, G. 574. 

— M. W. 256. 522. 690. 
Schemensky 671. 


Schepelmann 234. 293. 327. 
466. 


Scherer, F. 857. 
scheyer 301. 
schilder 398. 
schiller, M. 456. 
Schilling 355. 
- F. 469. 657*. 


Eppen J. C. 298. 602. 


chleicher, Tod J. 457 


‚chlesinger 196. 535. "575. 
698. 


- H. 498. 
chlesies 353. 
‚schlutz 30. 
chmey 240. 
xchmidt 221. 


— Ad. 49*. 467. 492. 765. 


= IR 26. 43. 516. 

- W. Th. 470. 

‚chmitt 64. 

schmitz 344. 374. 
- K. E. F. 46. 

chnabel 861. 

Xhneider 536. 

- Alb. 591. 

- J. P. 567. 

schnell 81*. 

‚Schneyer 535. 

Schnirer 212. 

Schnitter 228. 

Schnitzler, J.G. 229, 

Schoenenberger 521. 


Namenverzeichnis. 


Schoenewald 210. 
Schoondermark 544. 
Schopper 685. 
Schöppler 47. 

Schott, Th. 807. 
Schottelius 63. 
Schram, P. W. 436. 
Schramek, M. 244. 
Schreiber, L. 636. 
Schröder 718. 

— G. 587. 

Schroeder, Heinr. 356. 
Schrumpf 474. 
Schucany, T. 784. 
Schulhof, K. 192. 
Schulthess, Herm. 436. 
Schultz 561. 724. 


Schürer v. Waldheim 350. 


351. 
Schürmann W. 350. 
Schütz, E. 454. 455. 
Schütze 702. 
Schuetze, K. 357. 
Schützinger 607. 
Schwartz, A. B. 720. 761. 

882. 


746. 


— H. 620. 
Schwarz 519. 718. 
— O. 911. 
Schweninger, E. 231. 
Scott, L. 859. 
— R.L. 132. 
Screiski 634. 
Sebardt, C. 124. 
Secher 653. 
Seidel 29. 
Seifert 65*. 313*. 
577*. 769*. 
Seiffert 333. 464. 684. 
Selig 306. 
Seligmann 358. 
Semeräd 682. 
v. Seuffert 244. 253. 
Sever, J. W. 293. 
Sewall, H. 876. 
Sexsmith 293. 
Seyderhelm 782. 
Sharp, J. G. 395. 
Sharpe, N. 151. 713. 
Shaw, Thad 482. 
Sherrick, Jos. L. 101. 
Siebert 896. 
Siegenbeek van Heukelom 
782. 
Siegert 882. 
Siegmund, G. R. 430. 
Silbergleit 604. 752. 
Silberstein, Ad. 223. 
— F. 91. 
da Silva Mello 221. 443. 
Simecek 684. 
Simmonds, W. E. 292. 
Simon 586. 


470. 


925 


Sinclair, A.N. 589. 
Singer 812. 

— H.D. 879. 

Sinkler, F. W. 765. 
Sisson 748. 

Sitsen, A. E. 575. 748. 
Sittig 149. 

Sittmann 882. 


‘Sk llem 304. 


Skutetzky 54. 

Smiley, O. 479. 

Smillie, W. G. 531. 620. 

Smit, J. 686. 

Smith, A. J. 562. 

C. A. 105. 

— H. L. 559. 

Smithies, F. 444. 

Snapper 482. 483. 700. 

Snijders, E. P. 334. 

Söderbergh, G. 152. 

Soldin 356. 

Solis-Cohen 183. 

Solomon, H. C. 112. 

Sommerfeld, P. 359. 

Sopp, Eug. 400. 

oer, A. F. 227. 

Sormani, B. P. 687. 734. 
874. 882. 

Soucec 684. 

Souceck 843. 

Spangler 911.. 

van Spanje, N. P. 569. 
U. P. 444. 


-Spät 54. 350. 


— W..122. 874. 
Speed, G. S. 6. 
Spengler 765. 
Spielmeyer 124. 177. 407. 
Spiller, W.G. 10. 
Spoerl 136. 
Stabler, W. H. 797. 
Stähle 726. 

Stahr 811. 

Stanton, A. T. 26. 
Stárka, K. 382. 
Steckelmacher 900. 
Stefanowicz 687. 
Steiger, O. 849*. 
Stein 32. 678. 848. 
Steindi, J. K. 128. 
Steiner, R. 213. 742. 
Steinthal 178. 

v. Stejskal 847. 
Stephan 678. 715. 
Stepp 333. 374. 
Stern 359. 720. 

E. 586. 


‚Sternberg 443. 


-—— Herm. 286. 

-— W. 23. 102. 108. 476. 
Stewart, G. N. 208. 
Stheeman 903. 

Stiefler 148. 519. 


926 Namenverzeichnis. 


Stierlin, Ed. 453. Thomson, F. H. 809. 
Stiller, B. 13. — W.W.D. 123. 
Stintzing 421, Thorne, L. Th. 808. 
Stockes, J. H. 303. Throckmorton 156. 
Stoddard 193. Tichy, F. 57. 
Stokes, A, 814. Tidy, H.L. 880, 
Stone, W. J. 182. 693. Tiemann, P. E. 439, 
Stoney, Fl. A. 789. Tileston, W. 533. 


Storm van Leeuwen, W. Timme, Walt. 283. 
727 Tobias, E. 153. 


Stracker 176. Tobiásek, St. 736. 
Stransky 632. Tomescu 134. 

v. Stransky 61. Touton 295. 
Strasburger, J. 460. Tranter 897. 
Straub, W. 807. Trappe 47. 
Strauch, F. W. 19. Travaglino 129. 
Straus 603. Trebing 469. 
Strauss 258. 472. Trnka, P. 150. 

— H. 201*. 292. 359. Troell, A. 607. 

— Isr. 153. Tsiminakis 544. 
Strebel, J. 126. Tucker 152. 
Street, J. Ph. 21. Tugendreich 710. 
Strümpell 396. 725. Turner, J. R. 561 
Stuart 239. 

Stuchlík, J. 654. Uhle 873. 

Stühmer 859. Uhlenhuth 488. 489. 
Stümpke 300. Uhlmann 484. 730. 
Sturtevant 374. Ullmann 890. 895. 
Suter, A. 572. Umnus 356. 


Svestka 672. 678. 687. 815. Underhill 532. 

Swart, S. P. 235. 236. 615. Unverricht 895. 

Sweek 254. Urbantschitsch, E. 441, 
Sweet, J. E. 703. 

Swellengrebel, H. N. 354. Valentin 223. 608. 


— N. H. 346. 847. van Valkenburg 125. 710. 
Swift, H. F. 388. Vandenhoff 377. 
Syllaba 490. Vanysek, R. 160. 
‚Sylvester, Ph. H. 400. Vécsei 354. 
Symmers, D. 805. Vedder 298. 
Synnott, M. J. 179. Veiel 669. 
Szent-Györgyi 812. von den Velden, R. 190. 
v. Szily, A. 590. 195. 429. 806. 
— P. 306. Vermeulen, Ch. 247. 
v. Szöllösy 695. Versé 768. 
Szpanbock 392. Verzar 463. 
Sztanojevits 387. Vincent, B. 5. 
Szubinski 210. 792, Virchow 589. 
Vitek, V. 148. 
Taylor, F. E. 559, Vogel, K.M. 634. 
— K. 376. Voigt 216. 
Tepper, A. S. 229. Volk 519. 
Terwen 235. 236. Volpino, G. 25. 
Teschner, J. 190. Vorpahl, E. 505. 
Teyschl, O. 735. Voss, G. 432. 
Thannhauser 796. de Vries, E. 146. 
Thayer, W. S. 438. — W. M. 804. 
Thaysen 452. de Vries Reilingh, D. 261. 


Theilhaber 212. 230. 231. Vrijburg 856. 


Thiele 499. 586. 
Thiemann 133. 177, Wachtel 500. 
Thomayer, J. 461. Wacker 506. 


Thompson, Ch. B. 748. Wadsworth, W. H. 383. 
Thomsen, Oluf 149, van Wagenburg %2. 


Wagener, H. 349. 
Wagner 463. 810. 8%. 
Wahl, H.R. 491. 
Walbaum, H. 516. 


Walker, E. W. A. 31. 81. 


— J. Ch. 748 
Walko 28. 78. 663. 
Wallace, C. S. 63. 
— G. H. 805. . 
Wallart, J. 284. 
Walther, H. E. 500. 
Warthin, A. Sc. 239. 
Waser, E. 608. 
Wasicky 153. 

v. Wassermann 248. 359. 
Wassink, W.F. 10. 
Watson, L. F. 605. 


Waetzoldt, G. A. 193. 752. 


Weber (Berlin) 132. 
— (Chemnitz) 160. 
— (Davos) 525. 

--— (Kiel) 176. 

-— Ernst 538. 
Wechselmann 535. 
Wegelin, C. 73. 150. 
Wegrzynowski 681. 800. 
Weichardt 383. 606. 
Weichsel, J. 194. 
Weigner 4. 

Weil 235. 351. 441. 822. 
Weiland, W. 260. 277. 
Weinberg 574. 891. 
Weinstein, Jos. 80. 
Weiss 213. 296. 883. 
Weisskopf 64. 
Weller, C. V, 238. 
Wells, E. S. 112. 
Weltmann 663. 
Welwart 698. 
Welzel, R. 509. 
Wenckebach 413. 
Wengraf 371. 
Wenthworth 788. 
Wernecke 734. 
Werner 253. 662. 846. 


Wertheim-Salomonson?2. 


Werther 306. 
West, S. 206. 886. 
Westphal 174. 
Weszeczky 463. 
Whaland, B. 335. 
Whipple 6. 483. 
White, C. Y. 335. 
— Ch. P. 888. 


-- P. D. 198. 200. 787.801. 


Whittington 848. 
Widmark 228. 

v. Wiesner 460. 
Wiggens, C. ns 184. 
Wijnhausen, Ô. J. 459.619. 
Wilcke 736. 

Wildbolz 526. 895. 
Wile, Udo J. 303. 


Wilhelm 46. 
wilk 536. 
Wilkens, G. D. 146. 


Willcox, W. H. 6. 840. 


Williams, P. F. 523. 
— W. W. 343. 
Willson, 
Wilson, C. St. 734. 
— F. N. 
Wiltshire, H. W. 331. 
Wingrave, W. 441. 
Wintritz 509. 

Wintz 380. 475. 
Wipple 462. 

Wissing 238. 

Wohl, M. G. 485. 

— M. Y. 469. 

Wolf 63. 

Wolff 606. 

— A. 294. 


R. N. 437. 479. 
198. 800. 803. 


Namenverzeichnis. 


Wolff, Jak. 230. 
—- L. K. 298. 

— Te 700. 
Wolffenstein 104. 
Wolfsohn 39. 126. 
Wollstein, M. 375. 653. 
Wolter 348. 


Wood, Edw. J. 704. 
— F.C. 709. 


Woods, A. C. 523. 

van Woerkom 287. 
Worth, E. 741. 

Würtzen, C. H. 372. 390. 
Wyeth 264. 


Xever 328. 
Zaaijer, J. H. 744. 


Zadek 77. 300. 622. 635. 
Zaloziecki 389. 


927 


Zappert 653. 

Zeeb, K. 602. 
Zeehandelaar 909. 
Zeehuisen, H. 495. 
Zeeman, W. P. C. 208. 
Zehbe 763. 

v. Zeiss] 308. 

Zeller v. Zellenberg 601. 
Zemann 841. 

Ziemann 36. 887. 
Ziersch 34. 

Zinsser, Ad. 714. 

— H. 876. 

-= Zondek 535. 720. 
Zörnlaib 73. 

Zsako 505. 
Zuckerman 879. 
Zuelzer 62. 408. 
Zupnik 677. 

Zweig 442. 750. 


928 


Sachverzeichnis. 


Die mit B versehenen Artikel bezeichnen Bücherbesprechungen und die mit ° 
versehenen Originalmitteilungen bzw. Sammelreferate. 


Abbauprodukte der Nahrung als Herz- 
u. Gefäßgifte (R. N. Willson) 479. 
Abdominal-Cremaster- u. Plantarreflexe 
(K. Hedde) 389. 

Abdominaltyphus siehe Typhus abdo- 
minalis. 

Abführmittel (H. u. J. Pinkhof) 638, 
(S. J. Meltzer) 700. 

Abhandlungen, gesammelte (E. v. Beh- 
ring) B 518. 

Abortivbehandlung der Syphilis (Wer- 
ther) 306, (Er. Hoffmann) 307. 

Abschreckungsmittel gegen blutsaugende 
Insekten (Fr. Ameseder u. Fr. Lip- 
pich) 48. 

Abwehrfermente-Nachweis im histologi- 
schen Schnitte (P. Hüssy u. Th. Her- 
zog) 878. 

Acro-ataxia (Hoover) 728. 

Acrocyanosis (Arn. Josefsson) 152. 

Adalinvergiftung (Nieuwenhuijse) 635. 

Adams-Stokes’sche Krankheit (F. Gais- 
böck u. L. Jurak) 196, (Krumbhaar) 
438, (Thayer) 438. 

Adenitis cervicalis (H. Gardiner) 259. 

Aderlaßbehandlung, Indikationen (Theil- 
haber) 212. 

Adrenalinfieber (M. Cloetta u. E. Waser) 
608 


Afterfissuren, nichtchirurgische Behand- 
lung (F. Schilling) 469. 

Agglutination bei Keuchhusten (Po- 
vitzky u. Worth) 741. 

— bei Ruhr u. ruhrartigen Erkrankun- 
gen (Dünner) 358. 

— sprobe, Wert bei Typhusgeimpften 
(Reiss) 35. 

Agraphie infolge von Zwangsvorstel- 
lungen (Donath) 711. 

Aktinomykose beim Menschen, genera- 
lisierte (P. Paetzold) 74. 

— cervico-faciale, kombinierte Jod- 
Röntgentherapie (Melchior) 690. 


Albuminurie bei gesunden Soldaten (M. 
Reber u. P. Lamner) 525. 

— im Verlaufe der akuten Mittelohr- 
eiterung (Rob. Lund) 892. 

— renale (H. Strauss) 201*. 

— u. Nephritis im Stellungskriege (Zie 
mann) 887. 

Aleucia haemorrhagica (Frank) 563. 

— splenica (Frank) 783. 

Aleukämische Myelose (F. Weinberg) 
57 


Alkalitherapie u. Autotoxikosen (Jul. 
Löwy) 93. 

Alkaptonreaktionen, neue (M. W. Schel- 
tema) 522. 

Alkohol, genossener, Konzentration in 
Blut u. Harn (Widmark) 228. 

— ismus, chronischer (Hoppe-Seylen 
623 


— u. Epilepsie (C. Sebardt) 124. 
Allergie, vaccinale (van de Kasteele) 
809 


Allphen bei akuter u. chronischer Dys- 
enterie (Marcovici) 59. 

— therapie (Marcovici) 214. 

Alopeciephänomen als Index einer mè- 
ningealen Lues (Cyranka) 715. 


Alveolargasanalysen (K. Beckmann)S17. 


Alzheimer’sche Krankheit (Frets) 385. 


Aminosäuren, Wirkung auf die Pan- 


kreassekretion (Kobzarenko) 458. 
Amnesie (Travaglino) 129. 
Amöbenruhr, Emetin (R. Lyons} 5. 

(Barlow) 462. 

— -— subkutane Tannininjektionen (] 

Hammacher) 464. 

Amyotrophie, spinale u. Unfall (F. Pr 

cháska) 146. 

Anaemia pseudoleucaemica von Jaksi“ 

(J. C. Schippers) 783. 

—- perniziöse (J. P. Schneider) 567, (Ù. 

H. Robertson) 568, (Blitstein) 56: 

(van Spanje) 569. 


TEE ee 
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Kae Ae | Br; BT ER 


ben ne 


Sachverzeichnis. 


Anämie, perniziöse, Pigmentierungen der 
Haut (Schucany) 784. 

— — Urobilin in den Fäces (O. H. 
Robertson) 567. 568. 

— schwere (Cook u. J. Meyer) 566. 

— u. Osteosklerose (Reiche) 563. 
Anamnese der sog. Kriegspsychoneu- 
rosen (Laudenheimer) 173. 
Anaphylaktische Erscheinungen (H. 

Zinsser) 876. 

Anaphylaxieversuche mittels Alttuber- 
kulin (v. Szily u. Luciani) 590. 

Anaerobe Mikroorganismeninfektionen 
(Ghon) 654. 

— Wundinfektion durch Gasbrandba- 
zillen (Busson u. György) 654. 

— nsepsis (Pribram) 376. 

Aneurysma aortae ascendentis, Durch- 
bruch in die Vena cava superior 
(Risseeuw) 805. 

— der Arteria vertebralis sinistra (Stek- 
kelmacher) 900. 

Angina der Kinder (E. Doebeli) 692. 

— epidemie in Norfolk (Nash) 382. 

— pectoris (Hering) 184. 

— retronasalis (Blumenthal) 440. 

Angioma venosum racemosum der linken 
ma orischen Region (Castere u. Bolo) 


Anguillulasis intestinalis (Arnstein) 381, 
(v. Korczynski) 470. 

Anopheline des Malaiischen Archipels 
(Swellengrebel) 847. 

Antidysenterieserum bei 
krankheiten (Rose) 680. 

— -Herstellung (S. Flexner u. H. L. 
Amoss) 358. 

Antigonorrhoisches InjektionsmittelCho- 
leval (Dufaux) 297. 

Antikörper im Blut bei mit Typhusvac- 
cine geimpften Personen (Dreyer u. 
Inman) 861. 

Antithyreoidin u. Hypophysin in der 
Kriegsmedizin (O. Kohnstam) 214. 

Antivenin bei Schlangenbiß 622. 

Anurie, Urämie u. Sublimatvergiftung 
(A. F. Soer) 227. 

T Hypoplasie u. Stenose (Rolleston) 


Ruhrnach- 


— u. Lues (Herz) 438. 

— zweiklappige (de Vries) 804. 

Aortenaneurysma (H. G. Godfrey) 437. 

— — Ruptur (R. N. Willson) 437. 

— insuffizienz (Wiggens) 184, (P. W. 
Schram) 436. 

sortis; syphilitische (Larkin u. Levy) 


— — Ätiologie (Symmers u. Wallace) 


Aphasie, Monoplegie, Hemiplegie u. 
Hemiparesis (J. G. Sharp) 395. 

Aphloin bei Cholelithiasis (Savini) 9. 

Aplysiengift (F. Flury) 624. 


Zentralbl. f. innere Med. 


929 
Appendicitis, Ätiologie (F. Samberger) 
465. 


— u. Trauma (Em. Schepelmann) 466. 

— u. Typhus (Wolfsohn) 39. 

Appendix, deciduaähnlicher, operative 
Entfernung (Outerbridge) 464. 

Appetit, Pathologie (B. Stiller) 13. 

— u. Sinneseindruck (W. Sternberg) 476. 

Apyrexie bei Typhus abdominalis (Szent 
Györgyi) 812. 

Arbeitsleistung u. 
(Külbs) 504. 

Arhythmia perpetua (Roth) 798. 

Arrhenalbehandlung bei Rückfallfieber 
(Mühlens, Hegeler u. Canaan) 30. 

Arsenikvergiftung (P. Michaelis) 226. 

Arsenobenzolderivat Galyl (A. Förster) 
219. 

Arterienerkrankungen, funktionelle (L. 
Brunton) 207. 

Arteriosklerose der Kombattanten (J. G. 
Mönckeberg) 207. 

Arteriovenöse Anastomose zur Verhü- 
tung drohender Extremitätengan- 
grän bei Arteriosklerose (Goodman) 
209 


Organentwicklung 


Arthritis deformans (J. T. Clarke) 78. 

— — im Lichte neuer Forschung (Ax- 
hausen) 293. 

— durch Pneumokokken (Sever) 293. 

— experimentelle (Faber) 292, (Sim- 
monds u. Moore) 292. 

Arzneimitteleinspritzung, unmittelbare, 
in das Herz bei hochgradiger Lebens- 
gefahr (Esch) 808. 

Asthenie, konstitutionelle u. Leberfunk- 
tionsstörungen (R. Uhlmann) 484. 

Asthma bronchiale, Glanduitrin-Tono- 
gen (Purjesz) 761. 

— mittel Koffein (Fel. Meyer) 760. 

— u. Felddienstfähigkeit (Saenger) 752. 

Ather-Kochsalzinfusionen bei Tetanus 
(Hercher) 60. 

Atherosklerose, Häufigkeit (S. Saltikow) 
439. 

— — im militärdienstpflichtigen Alter 

.. (Mönckeberg) 795. 

‚Athylhydrocuprein bei Scharlach u. Ma- 
sern (Hirschfelder u. Schlutz) 30. 

Atmung in oxygenreicher Atmosphäre 
(Karsner) 743. 

— klinische Studien (Peabody) 743. 

Atophan (R. Bass) 104. 

— harn, Diazoreaktion (E. Greinert) 
530. 

— klinische Erfahrungen (Biffit) 105. 

— u. Novatophan bei Gicht u. Iritis (C. 
A. Smith u. Hawk) 105. 

— u. Radiumemanation bei Gicht u. 
Arthritiden (Chace u. Fine) 105. 

— Wirkung auf die Nierenfunktion 
(Fine u. Chace) 528, (Gg. Eisner) 
528. 


b 


930 


Atresie der großen Gallenwege (v. 
Meyenburg) 702. 

Atrioventrikularsystem, Verhalten bei 
schwerer Mißbildung des Herzens (jJ. 
G. Mönckeberg) 430. 

Atrioventrikulärer Rhythmus nach Dar- 
reichung von Atropin (Wilson) 800. 

Atrophie, tabetische optische, Behand- 
lung (D. Mihail) 178. 

Atropin (D. V. Cow) 224. 

— bei Kindereklampsie (Rascher) 544. 

Aufbrauchtheorie u. das Gesetz der Läh- 
mungstypen (Auerbach) 726. 

Augenerkrankungen bei Typhus u. Para- 
typhus (Gilbert) 679. 

— muskellähmung (A. Dufour) 156. 
— u. Blutveränderungen bei experimen- 
teller Cholesterinämie (Versé) 768. 
Autolysinwirkung auf Mäusegeschwülste 
(Wood) 709. 

— serumtherapie bei Fleckfieber (Rös- 
ler) 663. 

— vaccine (J. Hekman) 652. 

Avitaminose als Ursache der Nacht- 
blindheit im Felde (Paul) 706. 

Azetongehalt im Harn, quantitative 
Schätzung (Frieda Hoffmann) 449*. 

Azetylengasvergiftung (Nicol) 622. 

Azidose (J. Henderson) 94. 

— bei chronischer Nephritis (Peabody) 
531. 

— bei Kindern (Arth. H. Howard) 
93. 

— sehr hohe, im Verlauf des Diabetes 
mellitus (L. Czapski) 99. 

Azotämie, urämische, Beziehung zur 
Indikanämie u. Indikanurie (Rosen- 
berg) 886. 


Bacillus bulgaricus (O. Smiley) 479. 

— pneumoniae Friedländer (Sisson u. 
Walker) 748, (Sisson u. Thompson) 
748, (Friel) 749. 

— typhi der Gallenwege (J. Rotgans) 7. 

Bäder, künstliche Nauheimer (Thorne) 
808 


Bakterien, mit Choleraserum paraggluti- 
nierende (Messerschmidt) : 

Bakteriologie der Ruhr im Kriege (Selig- 
mann) 358. 

— experimentelle u. die Infektions- 
krankheiten mit Berücksichtigung d. 
Immunitätslehre (Kolle u. Hetsch) 
B 493. 

.— feldmäßige (Paneth) B 518. 

Bakteriologische Erfahrungen über 
Kriegsseuchen (H. Aronson) 312. 

— r Antagonismus zwischen Pneumo- 
u. Streptokokken (Colebrook) 907. 

Bakteriotherapie des Typhus abdomi- 
nalis (G. Holler) 334. 

. Bakterium dysenteriae mutabile (Wag- 

ner) 463. 


Sachverzeichnis. 


Balkenerweichung, Symptomatologie 
(O. Rossi) 395. 

Basedow’sche Krankheit (Hart) 260, (W. 
Weiland) 260, 277, (Bumsted) %3, 
(Oswald) 263, (Mori) 263, (Schutzis- 
ger) 607. 

— — mit Pulsus irregularis perpetuus 
(R. Jores) 199. 

— — nicht chirurgische Behandlung 
(Bram) 607. 

— — operative Resultate (Merhaut) 
278, (B. Glaserfeld) 278. 

— — pathologisch-anatomische Unter- 
suchungen (H. Rautmann) 24. 
— — seltene Störung der Herzwirkung 

(de Vries Reilingh) 261. 

— — therapeutische Mißerfolge (v. H2- 
berer) 276. 

Thyreoiditis chronica (H. 
Brünger) 278. 

Bauchmuskellähmungen bei Heine-Me- 
din’scher Krankheit ( K. Halbey) 41. 

— schüsse (Kraske) 13, (Meyer) 13, (Ma- 
tyas) 13. 

— — im Kriege, Behandlung (Perthes) 
12, (Basl) 13. 

— — mit extraperitonealer Darmver- 
letzung (Böhler) 13. 

— speicheldrüse, totale Ausschaltung 
der äußeren Sekretion (Sweet u. 
Ellis) 703. 

— typhus, Bakteriotherapie mit Typhin 
(Svestka u. Marek) 815. 

— — im Kriege (v. Krehl) +1%. 

Bazillen, pleomorphe, im Blute, in den 
Lymphdrüsen u. in den Gelenktxsu- 
daten (G. Forssner) 74. 

— ruhr (Matthes) 358. 

— träger (Rolly) 810. 

— — bei Flexner-Dysenterie (Verzar u- 
Weszeczky) 463. 

Beckentumoren, entzündliche, galvani- 
Schwachströme (H. Schmidt) 
252. 

Beintransplantation, homoplastische (R. 
Ingebrigtsen) 403. 

Bence- Jones-Eiweißkörper (Sexsmith) 
293. 


— — U. 


Benzidinprobe zum Blutnachweis in 
Fäces u. Harn (Indemans) 523. 
Benzinvergiftung, akute (Dorner) 725. 
Bergonié u. Diathermiebehandlung (S. 
Buxbaum) 222. 

Bettnässerfamilie (Jancke) 732. 

Bewegungsstörungen, komplizierte psy- 
chogene, Heilung (Kaufmann) 729. 

Blasenfunktionsstörungen nach Schu>- 
verletzungen des Rückenmarks (U. 
Schwarz) 911. 

— krebs, Radium (Schoenenberger u 
Schapira) 521. 

Blattern i im Rachen u. in den Luftwegea 
(K. Walko) 28. 


Sachverzeichnis. 


Bleikranke, Behandlung im galvanischen 
Zweizellenbad (Schnitter) 228. 

Blut, Bestimmung der Harnsäure darin 
(A. Folin u. W. Denis) 104. 

— bild der Erkrankungen der Drüsen 
mit innerer Sekretion (Scheltema) 


256. 

— der Schlachttiere, Verwendung als 
Nahrungsmittel (Salkowski) 706. 

— druck (C. Phipps) 181, (W. J. Stone) 
182, (A. H. Clark) 183. 

— — bestimmung (Lee) 796, (Kilgore) 
796. 797, (Erlanger) 796, (Kilgore, 
Berkley, Rowe u. Stabler) 797. 

— — diastolischer (J. S. Ferguson) 183. 

— — erhöhter u. physikalische Zu- 
standsänderungen des Blutes (K. 
Kleberger) 767. 

— — erhöhung (Elliott) 797. 

— — hoher (M. Grossmann) 181. 

— — messung (Münzer) 798. 

— — u. Pulsdruck (P. E. Tiemann) 439. 

— — veränderungen (O. Faustka u. V. 
Kucera) 507. 

— gefäßgeschwulst des »Solum unguis«, 
seltene (B. Quarella) 241. 

— glykose (Mackenzie) 606. 

— ige Stühle, Mittel zur Bekämpfung 
(Moszkowski) 469. 

— infektion, Behandlung (Jessen) 384. 

— knötchenkrankheit (Schürer v. Wald- 
heim) 351 

— körperchen, Resistenz gegenüber Sa- 
ponin (Rochedien) 768. 

— — untersuchungen (Matthes) 348, 
(Rous u. Turner) 561, (Burmeister) 
562, (Evans) 562, (Smith u. Denney) 
562. 


— krankheit (K. Neuwirth) 786. 

— kreislauf u. endokrine Drüsen (Ad. 
Oswald) 255. 

— nachweis in den Fäces (J. Snapper) 
700. 

— plasma u. Blutvolumenbestimmung 
(Keith, Rowntree u. Geraghty) 557. 

— plättchenuntersuchung, vergleichende 
(A. Fonio) 526. 558, (Taylor) 559, 
(Evans) 559, (Levy, Rowntree u. 
Marriott) 559, (Smith u. Brown) 559, 
(Hill) 560. 

— seniles (Duker) 563. 

— serum, Zerstörungsfähigkeit gegen- 
über Karzinomzellen (Kaminer) 709. 

— transfusion, arteriovenöse, einfache 
Technik (Sauerbruch) 569. 

— — bei Kindern (R. Lewisohn) 570. 
— ungen, innere, intravenöse Trauben- 
zuckerinfusionen (Jul. Löwy) 639. 

— — okkulte (L. Wolff) 700. 

— — — beim Ulcus ventriculi u. duo- 
deni (J. Boas) 515. 

— — subendokardiale (J. G. Möncke- 
berg) 432, (Szubinski) 792. 


931 


Blutuntersuchungen bei Cholera (Jobst 
u. W. Benzler) 685. 

— veränderungen bei der Tiefenbestrah- 
lung maligner Tumoren (Arnold) 709. 

— zuckerbestimmungen bei Diabetikern 
(M. Lauritzen) 95. 

— — gehalt bei Neugeborenen (F. Hel- 
ler) 616. 

— — u. Muskelarbeit (v. Moraczewski) 
616 


— — Verhalten bei COO-Bädern (Ar- 
noldi) 616. 

Bolus alba-Behandlung (Dirks) 464. 

Bradykardie (Ad. d’Epine u. Cottin) 197. 

— mit Bigeminie (Enthoven) 800. 

Bright’sche Krankheit (S. West) 886. 

Bronchiektasien, chirurgische Behand- 
lung (Zaaijer) 744. 

Bronchospasmus (v. Jagic) 744. 

Brotersatz (Raab) 19. 

Brot u. Appetit (W. Sternberg) 108. 

Brustaorta im Röntgenbilde (Kreuz- 
fuchs) 804 

Bursitis, primäre, bei kongenitaler Sy- 
philis (Cones) 304. 


Carcinoma caudae pancreatis (O. Lanz) 
701 


Carotidenkompression bei Epilepsie u. 


Hysterie (Tsiminakis) 544. 

Cauda equina, Erkrankungen (Gerst- 
mann) 149. 

Chemische Zusammensetzung des Blu- 
tes, Veränderungen durch thermi- 
sche Reize (J. Löwy) 609*. 

Chemotherapie der Syphilis mittels an- 
organischer Kombination von Queck- 
silber, Arsen u. Jod (v. Szily u. H. 
Friedenthal) 306. 

— — des Krebses (Ch. Vermeulen) 247, 
(Fränkel u. Fürer) 255. 708. 

— — maligner Tumoren (R. Krym) 
247 


Chinin, Einwirkung auf den Stoffwechsel 
(F. Silberstein) 91. 

— u. Harnstoff bei Hyperthyreoidismus 
(Watson) 605. 

Chlorgas, Wirkung auf Blut (H. W. 
Hake) 558. 

— natrium u. -kalzium als Antihydro- 
tika (Peperhowe) 212. 

— oformnarkose, Deutung des Rei- 
zungsstadiums (H. J. Hamburger) 
633. 

— — — plötzlicher Tod (Hering) 793. 

— — vergiftung (Graham) 230. 

e da -Gastrotomie (E. G. Grey) 


Cholelithiasis-Behandlung (A. u 8. 

— — mit Aphloin (Savini) 9 

Cholera (Sir L. Rogers) 360. 

— asiatica (Honl u. Semerád) 682, (J. 
Pelnär) 683. 


b* 


932 


Cholera asiatica, Epidemiologie (Weiss- 
kopf u. Herschmann) 64. 

— — im Felde (Adler) 359. 

— — Therapie (Marcovici u. Schmitt) 


— — u. Cholera nostras (R. Kraus, B. 
Busson u. Th. Rumpf) 372. 

— — u. Exanthem (Soucec) 684. 

— bekämpfung (Erdheim u. Schopper) 
685 


— Bilutuntersuchungen (Jobst u. H. 
Benzler) 685. 

— epidemie in Brcka (Frankl u. Wen- 
graf) 371. 

-— nährböden, elektive (Stern) 359, 
(Seiffert u. Bamberger) 684. 

— schutzimpfung (Kaup) 848. 

-—— — pemphigoides Exanthem als 
Folgeerscheinung (Simecek) 684. 

— Traubenzuckerinfusion (H. Strauss) 
359, (Kausch) 684. 

— u. bazilläre Ruhr (G. Salus) 57. 
— u. Dysenterie-Behandlung mit Na- 
trium sulphuricum (Ghigoff) 358. 
— u. ihre Verschleppung (C. Hoppe- 

Seyler) 684. 

— u. Typhusschutzimpfung, Wirksam- 
keit (v. Wassermann u. P. Sommer- 
feld) 359. 

Cholestearin, Bedeutung für die Ent- 
stehung der Riesenzellengeschwülste 
der Sehnen u. Gelenke (Weil) 235. 

Cholesterinämie, experimentelle (Versé) 
768, (K. Dewey) 768. 

— gehalt des Blutes u. einiger Organe 
im Hungerzustand (M. A. Roth- 
schild) 90. 

— im Organismus (Wacker u. Hueck) 
506 


— stoffwechsel (C. Cantieri) 91. 

— — Physiologie (M. A. Rothschild) 90. 

Choleval (Dufaux) 297. 

Cholin, injiziertes, Verteilung im Tier- 
körper (Ph. Ellinger) 91. 

Chorea minor, atypischer Fall (Fahren- 
kamp) 909. 

Chvostek’sches Zeichen (Fuchs) 904. 

Chylurie (Sanes u. M. Kahn) 521. 

Coccidiosis (Cooke) 79. 

Colchizin (Fühner u. Rehbein) 637. 

Colienteritis (v. Wiesner) 460. 

— sepsis (Koogman u.)J. van Roogen) 
75. 

Collargol bei Sepsis, therapeutischer 
Wert (Reichmann) 383. 

— injektionen (Gellhaus) 383. 

Corynebakterien (de Negri) 572. 

Cryogenin als Antipyretikum (Sains- 
bury) 218. 

Cystinurie (Smillie) 620. 

Cystitis (D. Newman) 520. 

Cystoid, perirenales, bei Mensch u, Tier 
(Schmey) 240. 


Sachverzeichnis. 


Darmentzündungen, Kalksalze (Le: 

— erkrankungen im Felde (J. Stras- 
burger) 460. 

— infektionen von Soldaten, bakterit- 
logische Erfahrungen (H. Schröder 
u. O. Umnus) 356. 

— katarrh (Arneth) 461. 

— undurchgängigkeit, Therapie (J. Tho- 
mayer) 461. 

— verschluß (Wipple, Rodenbaugh «u. 
Kilgore) 462. 

— — mesenteraler im Kindesalter (E. 
Mayerhofer) 462. 

— wirkung des Colchizins (Fühner u. 
Rehbein) 637. 

Dauerinfusion im Felde, 
(Friedemann) 639. 

De Gamles Laur (R. Oppermann) 4%. 

Delirium tremens, Petechien in der 
Magenschleimhaut (E. F. Hirsch) 
695. 

— — Wärmestauung (J. G. Schnitzler) 
229. 

Dementia paralytica (L. Bouman) 3°%. 

— — Salvarsan (L. Bouman) 128. 
(Meijers) 717. 

— praecox u. innere Sekretion (van der 
Scheer) 129. 

Dermatologie u. Syphilidologie (Sam- 
melreferat) (Schnell) 81*. 

Diabetes (Hopkins) 98, (D. Riesmann) 
618, (B. Derham) 618, (Joslin) 618. 
619, (Gg. Rosenfeld) 620. 

— Behandlung nach Allen (Hill u. Sher- 
rick) 101, (F. M. Allen) 102. IR, 
(Christian) 102. 

— der Alternden (Kisch) 100. 

— infantiler (Wijnhausen) 616. 

— insipidus (R. Fitz) 280. 

— — experimenteller (S. A. Matthews) 
94 


intravenjse 


— — nach Schädelverletzung (F. Klee- 
blatt) 281. 

— — u. Hypophyse (v. Meyenburs) 
281 


— mellitus, Behandlung im Felde (Rue- 
diger) 100. 

— — bei Kindern (C. de Lange u. 
Schippers) 617. 

— — im Anschluß an Vaccination 
(Eichhorst) 100. 

— — nach Trauma gegen die Leber- 
gegend (E. Salén) 99. 

— — u. Erkrankungen des Gehöror- 
gans (Edgar) 98. 

— studien (F. M. Allen) 99. 

— u. vorübergehende Pupillenstarre (L. 
Dünner) 617. 

Diagnostik, klinische. Bakterielle, sero- 
logische u. chemische Prüfungsme- 
i (Gorter u. de Graaff) 5 

l. 


Sachverzeichnis. 


Dialysat zur Behandlung maligner Tu- 
moren (O. Polák) 251. 

Dialysierverfahren nach Abderhalden 
(Keitier u. Lindner) 878. 

— — — Bedeutung für die Psychia- 
trie (Kafka) 110. 

Diät, Einfluß auf Nekrose bei Leber- u. 
Nierenvergiftung (Opie u. Alford) 9. 

— u. Diätotherapie (Ewald) B 21. 

— vorschriften für Gesunde u. Kranke 
(J. Bornträger) B 478. 

Diätetik u. Therapie der Stoffwechsel- 
krankheiten (H. Rotky) 109. 

Diätetische Konditorei u. diätetisches 
Zuckerwerk für Zuckerkranke (W. 
Sternberg) 102. 

— Maßnahmen, Einfluß auf das osmo- 
tische Gleichgewicht des Blutes ( Reg- 
nier) 766. 

Diathermie der schmerzhaften Affek- 
tionen der Gelenke u. Nerven (E. 
Cmunt) 175. 

Diazoreaktion im Atophanharn (E. 
Greinert) 530. 

Dickdarmerkrankungen, schwere ent- 
zündliche (Ad. Schmidt) 467. 

AI i a u. Rentenfrage (Jolly) 


Digifolin-Ciba (Jul. Friedeberg) 216. 
Digitalis, Dosierung (C. Eggleston) 217. 
— Einfluß auf die T-Welle des Elektro- 
kardiogramms (Alfr. E. Cohn, Fraser 
~ u Jamieson) 181. 
— wirkung am isolierten Vorhof des 
„Frosches (W. Straub) 807. 
Dihydromorphin u. Diacetyldihydro- 
‚ morphin (K. Kolb) 220. 
' Dimethylamidobenzaldehydreaktion,kli- 
‚nische Bedeutung (Unverricht) 895. 
Diogenal (Screjski) 634. 
Ipe honig (A. Levinson) 29, (Kruse) 


— ähnliche Stäbchen in der normalen 
sunahnnle u. Leptothrix (Landau) 


— antitoxin bei Serumkrankheiten (M. 
Sturtevant) 374. 
= Ss leneudbioxin (R. T. Hewlett) 


— bazillus, Löffler’scher, Gram-Fär- 
bung (Stahr) 811. 

— Behandlung (Seidel) 29. 

— — lokale, mit Tribrom-Naphthol 
(Leschke) 373. 

— diagnostik, bakteriologische (Lan- 
ger) 811. 

— epidemie, Hamburger 1909 bis 1914 
(F. Reiche) 28. 

— serum bei Erysipel (H. Koller) 30. 

— 4. Pseudodiphtheriebazillen (van 
Riemsdijk) 373. 

— untersuchung mittels des Galle- 
Serumnährbodens (Schmitz) 374. 


933 


Diplegie, spastische zerebrale, bei Ik- 
terus der Neugeborenen (W. G. Spil- 
ler) 10. 

Dispargeninjektionen, intralumbale (Co- 
glievina) 898). 

Diurese (M. Hashimoto) 215. 

Dosierung der Schutzimpfstoffe (Klein) 
652. 

Drüse, interstitielle u. Röntgenkastra- 
tion (Hussy u. Wallart) 284. 

— n, endokrine u. Blutkreislauf (Ad. 
Osswald) 255. 

Ductus arteriosus Botalli, offener (Stod- 
dard) 193. 

— — — Persistenz (K. Schulhof) 192. 

Duodenalfistelverschluß nach Magen- 
resektion (Rothschild) 698. 

— geschwür, Diathermie (Rubens) 456. 

— — Erfolge der Operationen (H. J. 
Lameris) 457. 

— — interne Behandlung (v. Noorden) 
698. 

— sonde zum Nachweis der Typhus- 
bazillen in der Galle von Typhus- 
rekonvaleszenten (Stepp) 333. 

— sondierung nach Hess (P. Hertz) 456. 

— ulcusperforation (Finsterer) 697. 

Durstkur bei Ödemen nichtrenal-kar- 
dialer Natur (W. Nonnenbruch) 640. 

Dysenterie (R. Marek) 58, (Czylarz v. 
Neustädtl) 358. 

— akute u. chronische, Allphen (Mar- 
covici) 59. 

— bazillen, Allgemeininfektion (Brü- 
nauer) 463. 

— — in einer Pferdeschwemme (Lö- 
wenstein) 59. 

— diagnose, bakteriologische (Salus) 59. 

— hämorrhagische, Behandlung (F. 
Tichy) 57. 

— Immunisierung mit Toxin-Antitoxin- 
gemischen (Busson) 59. 

— serum (O. Bujwid) 57. 

Dystrophia adiposogenitalis (Boorstein) 
283, (O. Steiger) 849*. 


Eisenbestimmung im Blute, Methodik 
(A. Jolles) 1*. 

— -Elarsontabletten (G. Brühl) 219. 

Eiweißabbau, parenteraler, neue Pro- 
bleme (Th. Petri) 508. 

— bedarf des Menschen (Hirschfeld) 16. 

— — — — Deckung im Kriege (Sal- 
kowski) 16. 

— bestimmungsmethoden, kolorimetri- 
sche (Autenrieth u. Mink) 524, (Nor- 
gaard) 524. 

— körper, chemische 
(Plimmer) B 505. 
— milch, vereinfachte Herstellung (H. 
Kern u. Er. Müller) 20. 
Eklampsie (P. Riesmann) 714. 
— der Kinder (Rascher) 544. 


Konstitution 


934 


Eklampsie, eine Eiweißzerfallstoxikose? 
(Ad. Zinsser) 714. 

Elektrische Ströme, palpatorische An- 
wendung (M. Kahane) 222. 

Elektrokardiogramm (Goddard) 180, 
(Alfr. E. Cohn, Fraser u. Jamieson) 
181. 

— — bei angeborenen Herzfehlern (P. 
H. Enthoven) 435. 

— — Modifikation in der Aufnahme 
(Jaworski) 180. 

Elektronenbildung, sekundäre (S. Lö- 
wenthal) 504. 

Elstersalzquelle, 
(W. Lese) 223. 

El-Tor-Frage in der Bakteriologie (J. 
van Loghem) 372. 

Emetin bei Amöbenruhr (R. Lyons) 56. 

— bei Leberabszeß (Hartelust) 484. 

Emetinum hydrochloricum (Levy u. 
Rowntree) 638. 

Empyeme, intralobuläre (Sinkler) 765. 

Encephalitis acuta u. Kohlenoxydver- 
giftung (de Josselin de Jong) 224. 

— cerebelli (Götz) 712. 

Endokarditis (Gerhardt) B 190. 

Energie-Lehre der Blutgefäße (E. Hom- 
berger) B 208. 

— u. Stoffwechsel zweier frühgeborener 
Säuglinge (Rubner u. Langstein) 499. 

Enteritis bei Morbilli (Secher) 653. 

— paratyphöse (K. Korczynski) 460. 

Enteroptosen bei Tabes dorsalis (Koch) 
717. 

Entfettungskur, Sternberg’sche (W. 
Sternberg) 23. 

— — u. Mastkur (K. Glaessner) 107. 

Entlausung im Felde (Busson) 347. 

— sverfahren, neues (Eckert) 347. 

Enuresis militarium (Ullmann) 895. 

— u. Hypnose im Felde (Sauer) 519. 

Eosinophilie (Austin u. Carpenter) 469. 

— bei Nephritis (Bernhardt) 885. 

— nach Tuberkulininjektionen (Brö- 
samlen) 601. 

Epilepsia continua verursacht durch 
Gehirngeschwulst (Ch. W. Burr) 124. 

Epilepsie (Isr. Bram) 125, (G. C. Bolten) 
543. 


klinische Bedeutung 


— Blutuntersuchungen (Spangler) 911. 

— Flechsig’sche Opium-Brombehand- 
lung (Kellner) 125. 

— genuine (G.C. Bolten) 912. 

— idiopathische (Reed) 713. 

— Kalziumzufuhr (Bryant) 714. 

— Luminalbehandlung (Schoonder- 
mark) 544. 

— militärärztliche Konstatierung (Jel- 
linek) 125, (Müller) 713. 

— traumatische (Berger) 713. 

— — nach Hirnschußverletzungen 
(Spielmeyer) 124, (Jolly) 912. 

— u. Alkohol (C. Sebardt) 124. 


Sachverzeichnis. 


Epilepsie u. Hysterie, Carotidenkım- 
pression (Tsiminakis) 5-H. 

Epitheliome, primäre multiple, Ver- 
stufen u. Haftstätten (Nobl) 232. 

Ergotismus u. Tetanie (A. Fuchs) 154. 

Erkrankungen, nervöse u. psychisch, 
im Kriege (Westphal u. Hübner) i34. 

Ernährung der kurfürstlich bayerischen 
Soldaten im Jahre 1795 (Ruhbne) 
474. 

— moderne (M. Hindhede) B 473. 

— sfrage (Hindhede) 473. 70%. 

— sproblem für Kranke während gèr 
Kriegszeit (Boas) 477. 

— u. Krieg (R. Ehrmann) 15, (R:::t- 
feld) 16. l 

Ersatzgetränke, 
feld) 19. 

Erweichung im Gebiet der rechten Ar- 
teria cerebelli posterior inferior (Gæ 
no) 899. 

Erysipel (Kren) 29, (Beck) 682. 

— — Diphtherieserum (H. Koller) 30. 
odtinktur (Gelinskv) 682. 
yramidon (Januschke) 3706. 

Erythema infectiosum (M. W. Sche!- 
tema) 690. 

— scarlatiniforme desquamativum rē- 
cidivum und Scharlach (Zappen) 
653. 

Erythrämie (Mallon) 571. 

Erythrocytenresistenzbestimmung ge- 
genüber anisotonischer Kochsaizio- 
sung (Schultz u. Charlton) 591. 

Etelen (Seifert) 470. 

Exanthem bei Fleckfieber (A. Lehn- 
dorff) 529*. 

— pemphigoides als Folgeerscheinung 
der Choleraschutzimpfung (Simecex) 
684. 

— postvaccinales (Scherer u. Mann) 857. 

Exophthalmus bei Morbus Basedowii ( A. 
Troell) 607. 

Exsudate, seröse bei Pneumothorax (Le 
Roy S. Peters) 764. 

Exsudatiymphocyten, Entstehung u. 
Bedeutung (H. Lipmann u. J. 
Plesch) 573. 

Extrasystolen (S. Neuhof) 802. 

Extremitätennerven, sekretorisch®, vasc- 
motorische u. trophische Störune.r 
bei traumatischen Läsionen (Dimttzi 
899. 


alkoholfreie (Fehim 


Facialislähmung, doppelseitige periphere 
(Throckmorton) 156. 

— peripherische, Lokalisation (Dis 
saers) 901. 

— phänomen, Pathologie (Pulav) %55. 

— -reflex, statistische Untersuchunge” 
(G. Pick) 110. 

Fäces, Blutnachweis (J. Snapper) 7{k. 

Familien- -Magenkrebs (Pel) 259. 


Sachverzeichnis. 


Farbenreaktion in Harnproben bei Ma- 
genkarzinom (Welwart) 698. 

Febris ephemera (Landmann) 75. 

— quintana (Benzler) 846, (Moltrecht) 
846, (Werner u. Haenssler) 846. 

— recurrens, siehe Rückfallfieber. 

—_ paoe (Snijders) 334, (Honig) 

9. 


— — Vaccinotherapie (Peutz) 830. 

— wolhynica (Fünftagefieber) (Werner) 
662, (Brasch) 662, (His) 662, (Hasen- 
balg) 663. 

Feldärztliche Fragen (R. v.d.Velden) 195. 

Fermentreaktion, Abderhalden’sche bei 
Karzinom (Fasianī) 237. 

Fettembolie (A. Nikolai) 294. 

— stoffwechsel der Leberzellen (K. 
Helly) 89. 

— sucht, hypophysäre (O. Steiger) 
849* 


— — 9»konstitutionelle« (Oeder) 107. 

Fibrinogenvermehrung im menschlichen 
Blute (Jul. Löwy) 833*. 

Fieberbehandlung gonorrhoischer Kom- 
plikationen (R. Müller u. A. Weiss) 
296 


— Einfluß auf durch Impfung gebildete 
Agglutinine (Tidy) 880. 

— hafte Erkrankungen mit Milzschwel- 
lung (Hochheim) 593*. 

— studien (Saxl) 511, (Hashimoto) 511. 
513. 

— u. rektale Hyperthermie (M. Eng- 

~ länder) 514. 

— zustände, aseptische u. septische (R. 
Schmidt) 516. 

— —kryptogene(Knoblauch u.Quincke) 
510, (Reitler u. Kolischer) 654. 
Filariablutbefunde, bisher unbekannte 

(M. Bockhorn) 571. 

Fischvergiftung (Blankenhorn, Harmon 
u. Hanzlik) 623. 

Fleckfieber (Alfr. Müller) 350, (Lip- 
schütz) 664, (Munk) 666, (Kruschews- 
ky) 667, (Souceck) 843. 

=> o ASSE Befunde (L. Aschoff) 

'— Atiologie (Pröscher) 55, da Rocha- 
Lima) 667, (Friedberger) 841, (Cser- 
nel) 842. 

— Autoserumtherapie (Rösler) 663. 

— beobachtungen (Meyer, Klink, Schle- 
sies) 353. (v. Höffern) 667. 

— Brauer’sches Radiergummizeichen 
(Pichler) 842. 

— diagnose im Felde (Poindecker) 353. 

— — serologische (Weil u. Felix) 351. 

= a Krankheitsbild (Ch. Bäumler) 


— Differentialdiagnose (H. Wagener) 


"— Pasme auf dem Balkan (Caldwell) 


935 


Fleckfieberepidemie im Görlitzer Kriegs- 
gefangenenlazarett (Rondke) 53. 
— exanthem, Histologie (Kyrle u. Mo- 
rawetz) 349, (Ceelen) 600. 
— papulonekrotische Umwandlung 
(Kyrle u. Morawetz) 664. 
hämorrhagische Hautreaktion (Lip- 
schütz) 600. 
künstliche Stauung (Dietsch) 53. 353. 
Nucieo-Hexyl (Munk) 841. 
Serodiagnostik (Felix) 843. 
Serumreaktionen (E. Gotschlich, W. 
Schürmann, Bloch) 350. 
— u. Erkrankungen der oberen Luft- 
wege u. des Ohres (Zemann) 841. 
— u. Gruber-Widal’sche Reaktion (Al- 
dershoff) 829), (Weil u. Felix) 842. 
u. hämorrhagischer Typhus (Walko) 
663 


III 


— Widal- u. Weil’sche Reaktion (Welt- 
mann) 663. 

Flecktyphus (Detre) 54, (Lipschütz) 54, 
(Brauer) 415, (J. Kucera) 844. 

— Anatomie u. Histologie (Bauer) 665. 

— Ätiologie (K. Amerling) 843, (J. 
Hlava) 844. 

— auf dem galizischen Kriegsschau- 
platze (Spät) 54. 350, (Kaup) 353. 

— Behandlung (Schürer v. Waldheim) 
350, (B. Coglievina) 351. 

— — mit normalem Pferdeserum (Rou- 
bitschek) 55. 

— epidemie im Kriegsgefangenenlager 
in Marchtrenk (Skutetzky) 54. 

— — in Truppen- u. Gefangenenlagern 
(Wolter) 348. 

— Histologie (Bauer) 841. 

— in Montana (F. G. Pope) 348. 

— läuse (da Rocha-Lima) 346, (Nöller) 
842. | 

— Lumbalpunktion (v. Liebermann) 
669. 

— neue diagnostische Hilfsmittel (A. 
Ghon) 55. 

— Prophylaxe (Klempfner) 56. 

— u. Rückfallfieber (L. Brauer) B 53. 

Fonabisit gegen Gicht (Rubens) 621. 

Framboesia, Salvarsanbehandlyung (W. 
M. McDonald) 382. 

Fremdkörper des Larynx, der Trachea 
u. der Bronchien (Kofler) 735. 

— im Magen (J. Falk) 468. 

— lokalisation (Holzknecht) 501. 

Frühdiagnose der kongenitalen Syphilis 
(Grulee) 302. 

— lues, Tuberkulinbehandlung (Biach) 
309. 


. Galalith zur Tubulisation der Nerven 


nach Neurolysen u. Nervennähten 
(Auerbach) 404. 

Gallenblasenentzündungen, Bakteriolo- 
gie (Feldmann) 485. 


936 
Gallenblasenkrankheit (M. G. Wohl) 
48 


5. 
— — krebs (Kehr) 486. 
— farbstoffbildung, anhepatische (van 
den Bergh u. Snapper) 482. 483. 
— retention infolge Verletzung der Le- 
berzelle (Lemierre, Brulé u. Garban) 


— steine (Hubhard u. Kimpton) 8. 

— — röntgenologische Darstellbarkeit 
(Schütze) 702. 

— — leiden, Wiederholung nach Ope- 
ration (H. J. Lameris) 486. 

— — monstrum (Niewerth) 485. 

— wege, große, Atresie (v. Meyenburg) 
02. 


Ganglion Gasseri-Tumor (Hellsten) 712. 

Gasgangrän (K. Taylor) 376. 

Gastralgie (v. Szöllösy) B 695. 

Gastritis chronica exfolians (van Leer- 
sum) 694. 

Gastroenteritis paratyphosa (Stein) 678. 

Gaucher’sche Krankheit (Wahl u. Ri- 
chardson) 491. 

Gaumenhochstand u. adenoide Vegeta- 
tionen (Lublinski) 440. 

Gebärmutter- u. Scheidenkrebs, Ra- 
diumbehandlung (H. Chéron u. Ru- 
bens-Duval) 245. 

Gefäßerkrankungen infolge von Lues 
(Friedländer) 208. 

— krisen, traumatische (Thannhauser) 
796 


— system u. Psyche (G. Voss) 432. 

— wand, Beeinflussung der Durchläs- 
sigkeit durch parenterale Kalzium- 
zufuhr (Gg. Rosenow) 440. 

Gehirnabszeß (Scott u. Johnston) 132. 

— — multipler bei einem Kinde (J. B. 
Holmes) 899. 

— — nach Zahnerkrankung (Bannes) 
132. 

— erschütterung, Behandlung der Folge- 
zustände (E. Weber) 132. 538. 

— geschwulst u. Epilepsia continua 
Ch. W. Burr) 124. 

— hautentzündung, neue Symptome 
(v. Brudzinski) 715. 

— krankheiten, Behandlung auf intra- 
karotidialem Wege (Pitulescu, Car- 
niol u. Tomescu) 134. 

— krüppel, Übungsschulen (Hart- 
mann) 174. 

— schußverletzungen u. Meningitis (Chi- 
ari) 135. 

— tumor (F. Kaspar) 392. 

Gehörorganserkrankungen bei Diabetes 
mellitus (Edgar) 98. 

Geist der Medizin (v. Hovorka) B 491. 
Geisteskranke, Torday-Wiener’sche Re- 
aktion (Fabinyi u. Hajos) 123. 

— Pa Wesen (A. Justschenko) 


Sachverzeichnis. 


Geistesstörungen u. körperliche Er- 
krankungen (Enge) 386. 

Gelbsucht (R. J. Lee u. B. Vincent) 5. 

— chronische familiäre (A. H. Hopkins) 
488 


— toxische durch Tetrachloräthan 
(Willcox) 6. 
Gelenkentzündungen, gonorrhoische 


(Nordmann) 296. 

— rheumatismus, akuter, Behandlung 
mit reiner Salizylsäure (J. Zadek) 
77. 


— — — u. seine Komplikationen im 
Kindesalter (B. Bendix) 354. 

— — — u. Unfall (F. Procházka) 76. 

— — Melubrin (Lipowski) 354. 

Genickstarre (Stefanowicz) 687. 

— epidemische, epizerebrale u. intr:- 
kamerale Seruminjektionen (Lewko- 
wicz) 375. 

— — Prophylaxe (Petruschky) 74. 

Gerinnungsphysiologische Studien, Me- 
thodik (R. Klinger) 558. 

Geschwüre, postintubatorische (O. 
Teyschl) 735. 

Getränke, heiße u. kalte, Schicksal u. 
Wirkung im Magen (Egan) 4%. 
Geschlechtskrankheiten, Bekämpfung 

(Blaschko) B 295. 

— — Handbuch (Finger, 
Ehrmann, Gross) B 310. 

— leben u. -krankheiten in den Heerea 
(Touton) 295. 

Geschwulstbildung, metastatische in der 
Milz (Chalatow) 242. 

— disposition (Joannovics) 701. 

Geschwülste, maligne, bei Jugendlichen 
(Warthin) 239, (F. Harbitz) 25, 
(Glomset) 287. 

— — intratumorale Radiumbestrah- 
lung (Arzt u. Schramek) 244. 

— — Meiostagminreaktion (Wissing) 
238 


Jadassohn, 


— — Radiumtherapie (Barcat) 24. 


— — Röntgenstrahlen (S. u. J. Norden- 
toft) 255. 

Gewebe u. Geschwülste, Veränderungen 
nach Strahlenbehandiung (D. v. 
Hansemann) 246. 

Gicht, Fonabisit (Rubens) 621. 

— u. Arthritiden, Atophan u. Radium- 
emanation (Chace u. Fine) 105. 
— u. Iritis, Atophan (C. A. Smith u. 

Hawk) 105. 

— u. Lungenerkrankungen (Arth. 
Mayer) 105. 

Gifte, Körpertemperatur beeinflussend? 
Wirkung auf Tiere ohne Wärmereer 
lation (R. Isenschmid) 512. 

Glanduitrin-Tonogen bei Asthma bror- 
chiale (Purjesz) 761. 

Glandula pinealis, Exstirpation (Darin! 








Sachverzeichnis. 


Glutäalklonus — ein Pyramidenzeichen 
(H. Pfister) 119. 359. 


Glykosurie nach Athernarkose (Ross u.. 


Hawk) Q4. 

Glykuronurie u. ihre Variationen (B. 
Gautier) 8%. 

Glyzerinersatzmittel (Albu) 639. 

Goldreaktion in der Zerebrospinalflüssig- 
keit (W. Spät) 122. 

Gonorrhöe, intravenöse Einspritzungen 
(Bernart) 297. 

— spezifische 
Schmidt) 297. 

— Vaccinebehandlung (C. Bruck) 296. 

Granaterschütterung, serologische Be- 
funde (Uhlmann) 739. 

— explosionsstörungen (L. Mann) 539, 
(v. Sartó) 731. 

Granuloma coccidioidale (Dickson) 691. 

Granulom, malignes, Atiologie (de Ne- 
gri) 572. 

Graviditätsdauer (V. Ellermann) 100. 

— diagnostik, Abderhalden'sche im 
an in Basel (E. Baumann) 
77. 

Grippe (Stepp) 374. 

Großhirnlose Kaninchen, Untersuchun- 
gen (S. Morita) 343. 


Behandlung (Art. 


Halbmondfieber (Riegel) 377. 
Hämarthrus bei Hämophilen (Ch. Mar- 
tin) 564. 

Hämatologie als Hilfsmittel zur Dia- 
ostik tropischer Krankheiten (R. 
ömer) 556. 

Hämatologische Diagnostik der Leukä- 

mien (A. Suter) 572. 

' Hämaturie (Kornmann) 526. 

— ohne bekannte Ursache (Weber) 525. 

Hämoglobinurie, paroxysmale (Dennie 

u. Robertson) 564. 

Hämolysinreaktion bei Meningitisver- 

dacht (Salus) 905. 
== = Weil-Kafka’sche (Boas u. Neve) 


Hämophilie (A. F. Hess) 565. 

— Blutuntersuchungen (Hurwitz u. Lu- 
cas) 783. 

Hämoptöe (W. Neumann) 603. 

‚anorrhagien, ventrikulare (A. Gordon) 


Hämorrhagische Diathese beim Typhus 
abdominalis u. Paratyphus (Herrn- 
heiser) B 812. 
Hämorrhoidalbeschwerden, Azetonal- 
Hämorrhoidalzäpfchen (Grosser) 468. 
— therapie (Trebing) 469. 
Handbuch der allgemeinen Pathologie 
(L. Krehl u. F. Marchand) B 491. 
arn, Benzidinprobe zum Blutnachweis 
im Harn (Indemans) 523. 
— entleerungsstörung infolge Erkältung 
(Stiefler u. Volk) 519. 


937 


Ham, neue Methode zur Gäienfarb- 
stoffeststellung im Ham (Rusen- 
berg) SH. 

— Öbenlachenstannung (Posner) 803. 

— organe, Erkaitungssrankheiten 
(Bıum) 519, (Schwarz) 519. 

— quantitative Schatzung des Azeton- 
gehalts (Freda Hofmann) -H9*., 

— säureausscheidung, Berinfiusung 
durch Nahrnefe (Salomon) #74. 

— — bestimmung im Blut (©. Folin u. 
W. Denis) 1⁄4. 

— — im Blut u. deren Losiichkeit (F. 
Gudzent) 021. 

— — übersattisung beim Menschen, 
Grundursäche (C. Rose) 103. 

— — u. Gicht (Daniels u. Mc Crudden) 
103. 

— — u. Thorium X (Kuznitzkv) 114. 

— Stickstoffpestimmung (Mvers) 523. 

— stoffbestimmungen im Blute (H. 
Schwartz u. Mcuill) 0%. 

— — bildung in der Leber, Reversidili- 
tät (Jansen) 703. 

— — retention (Underhill) 532. 

— verhaltung bei Ruckenmarksschüs- 
sen (Goldberg) 135. 

— Viskosität (Posner) 524. 

Hautgangrän u. Tuberkulose (Zeller 
v. Zellenberg) 601. 

— pigmentierungen bej perniziöser Anä- 
mie (Schucany) 7&4. 

— reaktion, hämorrhagische bei Fleck- 
fieber (Lipschütz) 660. 

— — diagnostische mit »Typhin« bei 
Typhuskranken (Pulay) 330, (Kil- 
gore) 330. 

— ulzerationen bei Krebskranken, Iso- 
amylihydrocuprein(Tugendreich) 710. 

— - u. Geschlechtskrankheiten, Lehr- 
buch (A. Wolff u. P. Mulzer) B 244. 

— veränderungen bei Meerschweinchen- 
flecktyphus (Löwy) 604. 

— — postexanthematische (Kyrle u. 
Morawetz) 349. 

Hebephrenie im Felde (K. Bonhoeffer) 
540 


Heißluftbehandlung von Verwundungen 
(Weber) 176. 

Hemihypertrophia dextra (Fortescue- 
Brickdale) 395. 

— plegia alternans nach Alkoholinjek- 
tion (C. G. Bolten) 147. 

— — homolaterale nach Kopfverletzun- 
gen (Roemheld) 134. 

Hemiplegische Lähmungen (Szpanbock) 
392. 

Hemmungserscheinungen bei verschiede- 
nen Reflexen (M. Kedroff) 109. 
Herpes zoster im Gebiete des Plexus 

cervicalis nach Typhusschutzimp- 
fung (Budde) 408. 
— — oticus (N. Sharpe) 151. 


938 


Herz (J. Auer) 435. 

— affektionen in Etappenspitälern (Er- 
delyi) 790. 

— — mit Verschiebung der Ursprungs- 
reize durch tiefe Respiration (Wil- 
son) 198. 

—- alternans (S. de Boer) 799. 

— arhythmie (W. M. Barton) 199. 

— beschwerden in verschiedenen Kör- 
perlagen (M. Herr) 789. 

— beutel, Geschosse darin (Müller u. 
Neumann) 791. 

— block (White) 801, (Falconer) 802, 
(Lundsgaard) 803. 

— — akuter (Chr. Landsgaard) 434. 

— — bei Kindern (Frank u. Polak) 801. 

— — kompletter (Riesman u. Austin) 
437. 

— — — mit Vorhofflimmern (P. D. 

© White) 198. 

— — sinoaurikularer (Eyster u. Evans) 
434, (Levine) 438. 

— erweiterung, akute, bei Kriegsteil- 
nehmern (Dietlen) 431. 

— fehler, angeborene, Elektrokardio- 

=~ gramm (P. H. Enthoven) 435. 

— flimmern (C. J. Rothberger u. H. 
Winterberg) 433. 

—- Funktionsprüfung (Rehfisch) 179, 
(Barringer jr.) 790. 791. 

— geräusche, akzidentelle, bei Kriegs- 
teilnehmern (Ehret) 184. 795. 

—- — präsystolische (Lumsden) 794. 

— größe (Levy-Dorn) 791. 

— — u. Wehrkraft (Geigel) 789. 

'—- injektion bei hochgradiger Lebens- 

gefahr (Szubinski) 210. 

—- insuffizienz (Barringer u. Teschner) 

| 190, (Rehfisch) 793. 

— klappenfehler (Reitter) 795. 

'—- kranke, Beurteilung der Kriegsver- 
wendungsfähigkeit (Adolph) 196. 

— krankheiten (Wenthworth) 788. 

:— — Atiologie (White) 787. 

—- — bei Kriegsteilnehmern (Wencke- 
bach) 413. 

—- — chronische, physikalische 
handlung (Th. Schott) B 807. 

— — Wichtigstes für den praktischen 
Arzt u. Feldarzt (J. Weichsel) B 194. 

— mittel, Wirkung auf die Koronar- 

| gefäße (Sakai u. Saneyoshi) 439. 

— muskel (S. de Boer) 794. 

— — bei der Pneumonie (Newburgh 
u. Porter) 191. 

—- — Einwirkung von wiederholten In- 
jektionen artfremder Eiweißstoffe 
(Longeope) 192. 

—- — tuberkulose (Reim) 793. 

— muskulatur, Infanteriegeschoß darin 
(R. Heller) 195. 

— — Veränderungen bei kruppöser 
Pneumonie (Er. Liebmann) 190. 


Be- 


Sachverzeichnis. 


Herznaht (jJ. Frist) 195. 
— neurose, objektive Symptome (Braun) 
200 


— reflex (Solis-Cohen) 183. 

— Röntgenuntersuchung bei fragliche: 
Militärtauglichkeit (Groedel) 1831. 

— rhythmus (F. N. Wilson) 83. 

— schädigungen bei rückkehrende: 
Frontsoldaten (Kaufmann) 789. 

— schuß (Mühsam) 1%. 

— — schwerer perforierender (Hur- 
mans) 791. 

— schwaches, rationelle Ernährung (Lv- 
rand) 808. 

— steckschüsse (Rusca) 792. 

— störungen bei Kriegsteilnehrem 
(Waetzoldt) 193, (Heller) 194, (Schie- 
singer) 196. 

— — nach körperlicher Anstrengung 
(P. H. Kramer) 788. 

— stoßtheorie, mechanische u. neurc- 
gene (G. R. Siegmund) 430. 

— u. Gefäßkrankheiten, Behandlune 
mit oszillierenden Strömen (Tř. 
Rumpf) 210. 

— — — Fortschritte in der Therapie 
(Schoenewald) 210. 

— veränderungen (Pick) 194, (F. R. 
Fraser) 435. 

— an (Dieterich) 195, (Hiss) 
792. 

Heufieber (Sormani) 734, (Kosijmar) 
135. 


— prophylaktische Vaccinatiea (Sor- 
mani) 882. 

Hirnarterienthrombose (Mac Adam) $32. 

— geschwülste, multiple (Bischsit) Ar. 

— hautentzündung, lokale (van Valker 
burg) 125. 

— physiologie im Dienste des Krieges 
(Rothmann) 131. 

— rindenveränderungen bei progressivet 
Paralyse (H. Marcus) 127. 

— syphilis (Ireland u. Wilson) 73. 

— tumoren (Rhein) 132, (Th. Kocher! 
711. 

— verletzungen u. psychische Ausfalis- 
erscheinungen (Poppelreuter) 131. 

Hirschsprung’sche Krankheit (de Josst- 
lin de Jong) 699. 

Hitze u. Sommerdiarrhöen der Kind: 
(A. Bleyer) 478. 

Hitzschlag (Bittorf) 510. 

Hodgkin’sche Krankheit (Ed. Schaeffer: 
572, (Cunningham) 605. 


- Höhensonne, künstliche (Hugo Baci 


B 221. 

Hühnersarkom, histologischeVariatione: 
mittels filtrierbarem Agens (P. Ross: 
240. 

Hundswut in Kalifornien 860. 

Hungerfieber beim Neugeborenen {à 
Mayer) 510. 


Sachverzeichnis. 


Hungerkrankheit (Strauss) 472. 

—- ödeme (A. V. Knack) 753*. 

Husten (M. Gutstein) 472, (Meyer) 742. 

Hydrocephalus, kindlicher (Eunike) 908. 

Hydrops genu paratyphosus bei einem 
Säugling (Doeleman) 345. 

Hygienische Erfahrungen im Felde 
(Kuhn u. Möllers) 512. 

Hyperalgesie bei viszeralen Erkrankun- 
gen (L. Langstroth) 151. 

— keratosis lacunaris (E. Urban- 
tschitsch) 441. 

— kreatininämie der Nephritiker (Ro- 
senberg) 885. 

— nephrom-Hypergenitalismus (A. Hy- 
mans varı den Bergh) 240. 

— thermie, rektale u. Fieber'(M. Eng- 
länder) 514. 

— thermisch gemachte Kaninchen (H. 
Walbaum) 516. 

— thyreoidismus (Rothacker) 261, (Os- 
wald) 605, (Geyelin) 606. 

— — Chinin u. Harnstoff (Watson) 605. 

— trophie der Speicheldrüsen u. des 
Lymphgefäßsystems des Halses (In- 
demans) 258. 

Hypnose bei Kriegshysterie (M. Nonne) 
542. 


Hypophyse beim Winterschlaf der Tiere 
(Cushing u. Goetsch) 283. 

— u. Diabetes insipidus (v. Meyenburg) 
281 


— nerkrankungen (Dunn) 282, (Reber) 
282, (W. M. Kraus) 283, (Timme) 
283 


— ntumor, kompliziert mit Basedow 
(Anders u. Jameson) 281. 

— — Tabes vortäuschend (Kahlmeter) 
716 


Hypopinealismus (J. Th. Peters) 280. 
Hypoplasie u. Stenose der Aorta (Rolle- 
ston) 206. 
A Y rEoSS; infantile (v. Korczynski) 
279. 


Hysterie u. Kriegsdienst (Gaupp) 160. 


Ikterus (Hooper u. Whipple) 483. 

— acholurischer (W. Harmeus) 10. 

— angeborener hämolytischer mit Sple- 
nomegalie (McKelvy u. J. Rosen- 
bloom) 6. 

— neonatorum (H. Abels) 488. 

— — als Ursache spastischer zerebraler 
Diplegie (Spiller) 10. 

Idiotie, amaurotische (Coriat) 126, (Wolf- 
sohn u. Oliver) 126. 

Ileus, intermittierender bei Wanderniere 
(Hügelmann) 537. 

Immunisierung, einzeitige mit Typhus- 
u. Choleraimpfstoff (K. E. F. Schmitz) 
46 


— gegen Dysenterie mit Toxin-Anti- 
toxingemischen (Busson) 59. 


939 


Immunisierung gegen Masern (Ch. Herr- - 
mann) 30. 

— gegen Tetanus (v. Eisler) 378. 

Immunkörperbildung bei Impfungen mit 
verschiedenen Typhusimpfstoffen 
(Gröbl u. Xever) 328. 

— otherapeutische Versuche bei Syphi- 
lis (Grosglik) 310. 
Impfagglutinine (Dreyer, 

Walker) 810. 

Impfung, heutige (J. Stuchlik) 654, (J. 
Jansky) 655. 

— u. Impfzwang in Österreich (Mayer- 
hofer) 26. 

Indikanämie u. Hyperindikanämie bei 
Nierenkranken u. Nierengesunden 
(Rosenberg) 527. 

Individuelle Dauermarken für die elek- 
trische Behandlung (Stracker) 176. 

Indol, Wirkung auf Typhuskulturen (J. 
Rocek) 37. 

Infektion, puerperale (O. Hüssy) 76. 

— der Respirationswege, nicht tuber- 
kulöse (Luetscher) 744. 

— rezidivierende u. »ruhende« 
Kriegsverletzungen (Most) 327. 

— skrankheiten, chronische u. Trauma 
(Schepelmann) 327. 

— — u. Nervensystem (G. N. Stewart) 
208 


Gibson u. 


bei 


— — unspezifische Therapie (Wei- 
chardt) 383. 

— — Vorkommen von Plasmazellen in 
den verschiedenen Organen (Hagi- 
wara) 326. 

Infektiosität des Blutes bei latenter Sy- 
philis mit negativer Wassermann- 
scher Reaktion (R. Frühwald) 
301. 

Influenza (Hübschmann) 76, (M. Woll- 
stein) 375. 

— u. Typhus (Arneth) 813. 

Inhalationstherapie (Rud. Steiner) 213. 
142 


Innere Krankheiten, klinische Diagno- 
stik u. Propädeutik (Ad. Schmidt u. 
H. Lüthje) B 492. 

Innervation der Bauchmuskeln, radiku- 
läre (G. Söderbergh) 152. 

Intelligenz, menschliche u. ihre Steige- 
rung (A. Lorand) B 385. 

Interkostalneuralgie, idiopathische (E. 
Tobias) 153. 

Ischias (B. Heile) 153, (Fr. Jetel) 537. 

— epidurale Kochsalzinjektionen 
(Strauss) 153. 

— u. Krieg (Blind) 407. 


Joddarreichung, innere bei Quecksilber- 
anwendung am Auge, Gefährlichkeit 
(Grumme-Fohrde) 218. 

— Einfluß auf den Stickstoffwechsel 
(H. Frey) 92. 


940 


Jodnatrium als Prophylakt'kum bei 
Scharlach (Lossen) 810. 

— -Röntgentherapie, kombinierte, der 
cervico-facialen Aktinomykose (Mel- 
chior) 690. 


Kalksalze bei Darmentzündungen (Leo) 


69. 
Kalziumkompretten (Peperhowe) 638. 
— zufuhr bei Epilepsie (Bryant) 714. 
Kankroin (Rapp) 254. 
Kapselbazilleninfektion (Frank) 506. 
Kardiolyse, rechtseitige (R. v. d. Velden) 
190 


— skopie (Sternberg) 443. 

— spasmus (Gross u. Held) 447. 

— vaskuläre Störungen bei Syphilis 
(H. F. Holl) 206. 

Kartoffelsaft, therapeutischer Wert (H. 
C. Howard) 19. 

Karzinom (Rous u. Murphy) 233. 

— Behandlung mit intravenöser Metall- 
kolloidinjektion (Rud. Klotz) 247. 

— — mit radioaktiven Stoffen (Ko- 
blanck) 243. 

— Abderhalden’sche Fermentreaktion 

(Fasiani) 237. 

bei Jugendlichen (Fowler) 238. 

Chemotherapie (Ch. Vermeulen) 247. 

des Wurmfortsatzes (B. Hada) 466. 

diagnose (Piorkowski) 237. 

— mittels des Abderhalden’schen Di- 

alysierverfahrens (Cytronberg) 238. 

diagnostische Verwertbarkeit der 

Oxyproteinsäurebestimmung (Da- 

mask) 237. 

Entstehung u. Behandlung (Theil- 

haber) B 230. 

familiäre Häufung (Peiser) 240. 

infektiöser Ursprung (E. Sachs) 234. 

Operation oder Bestrahlung? (Mül- 

ler) 247. 

— Radium- u. Röntgentherapie (H. 
Johnson) 243, (Erw. Graff) 253. 

— Serumreaktionen (E. v. Dungern) 
236. 

— statistik, 
239. 

— Tiefenbestrahlung mittels Röntgen- 
maschinen (v. Seuffert) 253. 

— zelle, Eigenschaften (P. G. J. Duker) 
232. 


Eee 


niederländische (Stuart) 


Katazidtabletten (Levy) 220. 
Keuchhusten (Lange) 736. 740, (Benstz) 
740. 


— Agglutination (Povitzky u. Worth) 
741 


— ponadao (Ochsenius) 741, (Eb- 
stein) 741, (R. Kraus) 741. 742. 
— Komplementfixation (Olmstead u. 

Luttinger) 740. 
Kindereklampsie, Atropin (Rascher) 544. 
— lähmung, spinale (Stiefler) 148. 


Sachverzeichnis. 


Kinder mit Infektionskrankheiten, ge- 
Baus Zusammenlegen (Thoms»n) 
8 

Kindesalter, familiäres Auftreten vor 
EI ARUN (F. Brandenburg) 

Kleiderlaus, Biologie 417. 

Kleinhirn, angeborene Störungen (Beijer- 
man) 901. 

Klima u. Tuberkulose (Schlesinger) 575. 

Knochen- u. Gelenkentzündungen, akute 
u. chronische u. Trauma (Schepel- 
mann) 293. 

Kochbuch, praktisches (Hindhede) 8 
47 


— salzinfusionen, intravenöse bei Ty- 
phus abdominalis (Engländer) 331, 
(Galambos) 831. 

— — injektionen, epidurale bei Ischias 
(Strauss) 153. 

Koffein als Asthmamittel (Fel. Meyer) 
7 


— bei Herzarhythmie (W. M. Barton) 
199. 

Kohlehydrate u. Hyperazidität (Stone) 
693 


Kohlenoxydvergiftung (J. Morawski) 
224, (Heubner) 225. 

— — — u. Encephalitis acuta (de jos- 
selin de Jong) 224. 

— säure, physiologische Wirkung (Weiss 
u. Kommerell) B 213. 

AO DIENEN (H. Christoffel) 
17 


Komplementablenkungsreaktion (Sor- 
mani) 874. 

— — bei gegen Typhus Geimpften 
(Schnabel) 861. 

— bindungsreaktion (W. Spät) 874. 

— — bei malignen Tumoren (H. Hera) 
236 


— — bei Typhus (Fürst) 816. 

— — bei Variola (Habetin) 660. 

Komplemente (Mandelbaum) 875, (Kaf- 
ka) 875. 

Kompressionsreaktion (R. Geigel) 3%). 

Kongreß für innere Medizin 97. 289. 
4 


Kopfstellung, Einfluß auf den Tonus der 
Gliedermuskeln (Storm van Leeuwen) 
127. 

Körperliche Erkrankungen u. Geistes- 
störungen (Enge) 386. 

Körpertemperatur, einseitige Steigerung 
(R. Welzel) 509. 

Korpuskarzinom, diagnostische Eigen- 
tümlichkeiten (H. L. Baum) 454. 
Korrektur, historische (C. Fromberg) 

192. 

Kost der Arbeiter (Gigon) 16. 

Krankenernährung während des Krieges 
(Falta) 14. 

— — skunst (W. Sternberg) 23. 


Sachverzeichnis. 


Krankheiten des höheren Lebensalters 
(H. Schlesinger) B #8. 

Kreatininausscheidung (Detwiler u.Grif- 
fith) 527. 

— im Blute bei Nephritis (Myers u. 
Longh) 532. 

Krebs, Entstehung (A. Theilhaber) 231, 
(L. Barlow) 252. 

— epidemiologische Untersuchungen 
(Hillenberg) B 818. 

— frage (E. Schweninger) B 231. 

— krankheit, nicht operative Behand- 
lungsmethoden (Jak. Wolff) B 2%. 

— Radio- u. Radiumtherapie (E. v. 
Seuffert) 244. 

— Röntgenstrahlen (F. Fowler) 252. 

— Serumreaktion (O. Lowy) 237. 

Kreislauferkrankungen (R. v. d. Velden) 
429. 

— störungen, Kampfertherapie (v. d. 
Velden) 806. 

— system bei Kriegsteilnehmern, ana- 
tomische Veränderungen (J. G. 
Mönckeberg) 431. 

Kreosolpulver (Trappe) 47. 

Kretinismus (Basinger) 606. 

Kriegsbeobachtungen, pathologische u. 
epidemiologische (Helly) 311. 

— bereitschaft des Ernährungswesens u. 
Biererzeugung (Gruber) 14. 

— beschädigungen des Zentralnerven- 
systems u. soziale Fürsorge (Ritters- 
haus) 173. 

— brote, Verdaulichkeit (v. Noorden) 
18, (Decker) 18. 

— dienst u. Hysterie (Gaupp) 160. 

— erfahrungen über Infektionskrank- 
heiten (Grundmann) 312. 

— herz (O. Leyton) 790. 

— o Hyperthyreoidismus (Stoney) 

— invalidenfürsorge u. staatliche Un- 
RUE (Ad. Silberstein) B 


— krankheiten der Zivilbevölkerung 
(L. Boas) 495. 

— nephritiden (H. Strauss) 201*, (V. 
Kraus) 889, (R. Chiari) 889, (Kay- 
ser) 890, (Ullmann) 890, (Wagner) 
890, (Liles) 891, (Weinberg) 891. 

— neurologische Erfahrungen (C.Mayer) 
387, (L. Sztanojevits) 387. 

— — Forschung (Oppenheim) 394. 

— seuchen, Epidemiologie (G. Reisin- 
ger) 47. 

— — im Balkankriege 1913 (A. Boeh- 
me) 326. 

— — im Weltkrieg (Möllers) 310. 

— — u. die Bedeutung der Kontakt- 
infektionen (Menzer) 326. 

— tetanus (H. Pribram) 60. 

— verletzungen der peripheren Nerven 
(Nonne) 155, (Bernhardt) 155. 


941 


Kriegsverletzungen der peripheren Ner- 
ven, operative Behandlung (Cas- 
sierer) 44. 

— — des Nervensystems (Bruns) 170. 

Krieg u. Ernährung (Falta) 14, (R. Ehr- 
mann) 15, (Rosenfe!d) 160. 

— u. ischias (Blind) 407. 

— u. Lungentuberkulose (H. Grau) 588. 

— u. Tuberkulosebekampfung (Götze) 
SSR. 

— u. unser Nervensystem (Redlich) 173. 
Kropfbehandlung durch Injektionen von 
kochendem Wasser (Wyeth) 264. 
— — mit Darmdesinfizientien (Messerli) 

276. 

— — mit Röntgenstrahlen (Fisher) 277. 
— endemischer (Klinger u. Montigel) 
263, (Weichardt u. Wolff) 606. 

— , Kretinismus u. die Krankheit von 
Chagas (Kraus, Rosenbusch u. Mag- 
gio) 279. 

Kuhpockenimpfung (van Roojen) 656, 
(E. J. Hamburger) 659. 

Kunsthonig (Paul) 704. 

Kupfersalvarsan bei Syphilis (Fabry u. 
Selig) 3%. 

Kurarevergiftung am Hunde mit par- 
tieller Leberausschaltung (O. Poli- 
manti) 44. 


Lähmung des rechten N. phrenicus u. 


Halssympathicus (D. Klinkert) 400. 

— en der Nervi vagus, accessorius 
Willisi, hypoglossus u. sympathicus 
durch Fernschädigung bei Hals- 
schüssen (Körner) %2. 

— hemiplegische (Szanbock) 392. 

— plötzliche bei Tabikern (A. Heversch) 
147. 

Laminektomie bei Schußverletzungen 
vom neurologischen Standpunkt 
(Mever) 135. 

Landry’sche Paralyse (E. D. Fisher) 148, 
(K. Stárka) 382, (Er. Langer) 
397. 

Langerhans’sche Inseln u. die Patho- 
genese des Pankreasdiabetes mellitus 
(A. Massaglia) 95. 

Larosan (M. Lambert) 479. 

Lateralsklerose, amyotropische (Margu- 
lis) 398. 

Laudanon in der Psychiatrie (Wernecke) 
734. 

Läusefrage (v.Knaffl-Lenz) 48, (Heusner) 
346, (Swellengrebel) 346, (v. Prowa- 
zeck) 347. 

Lausofan (Holste) 48. 

Lävulosurie (P. J. Cammidge u. Ho- 
ward) 101. 

Leben, Beziehungen zum Licht (Schanz) 
504 


Leberabszesse (C. B. Pasley) 7. 
— — Emetin (Hartelust) 484. 


942 


Leberatrophie, akute gelbe (Th. Lukes) 

11, (Halbey) 11, (J. Lukes) 12. 

— — — bei Syphilis (Bendig) 11. 

— — — Klinik (Halbey) 486. 

— — — nach Unfall (Curschmann) 

487. 

— — — — u. funktionelle Leberdia- 
gnostik (de Jongh) 478. 

— cirrhose, experimentelle (Grover)489. 

— entartung (W. F. Wassink) 10. 

— funktion bei der Bildung des Harn- 
stoffs aus Aminosäuren (B. C. P. Jan- 
sen) 11. 

— — sprüfung mittels Lävulose (Er. 
Schede) 5. 

— — — mittels Phenoltetrachlorphtha- 
lein (M. Kahn u. J. R. Johnston) 484. 

— — sstörungen bei konstitutioneller 
Asthenie (R. Uhlmann) 484. 

— — — während der Gravidität (B. 
Bauch) 482. 

— studien (Chesney, Marshall u. Rown- 
tree) 7. 

— u. Anästhetika (Whipple u. Speed) 6. 

— veränderung bei Wilson’scher Krank- 
heit (J. Geissmar) 712. 

— zellen, Fettstoffwechsel (K. Helly) 89. 

— — verletzung u. Gallenretention (A. 
Lemierre, M. Brul&, H. Garban) 9. 

Lecutylbehandlung der Tuberkulose 
(Straus) 603. 

Lehrbuch der allgemeinen- Pathologie u. 
der pathologischen Anatomie (H. 
Ribbert) B 494. 

— der inneren Medizin v. L. Krehl (v. 
Meringo) B 494. 

— der klinischen Arzneibehandlungen 
(Pentzoldt) B 631. R 

— der Pharmakologie (E. Poulsson) B 
640. 

— der Physiologie des Menschen, L. 
Landois’sches (R. Rosemann) B 494. 

— der physiologischen Chemie in Vor- 
lesungen (Em. Abderhalden) B 493. 

Leitfaden der praktischen Kriegschirur- 
gie (W. v. Oettingen) B 518. 

Lepra (H. Fraser u. W. Fletcher) 381, 
(D. Rivas) 381, (Sir L. Rogers) 858. 

— behandlung mit Nastin (J. D. Kay- 
ser) 858. 

— in Böhmen (Havlasa) 858. 

Leptomeningitis haemorrhagica acuta 
(Bittorf) 907. 

Leri’sches Zeichen (L. Castaldi) 109. 

Leuchtgasvergiftungen (Hübner) 621. 

Leukämie, akute Iymphatische, seltener 
Herzbefund (Reim) 785. 

— chronische Iymphatische (Hirschfeld) 
574 


— hämatologische Diagnostik (A. Suter) 
572. 

Leukocytenbild bei Variola vera (Schil- 
ling) 355. 


Lungenabszesse, 


Sachverzeichnis. 


Leukocytose des Säuglings (Hess u. 
Seyderhelm) 782. 

— nach inneren Blutungen (H. D::J) 
572. 

Leukopenisch gemachte Kaninchen 
Camp u. Baumgarten) 573. 

Lipase u. Lymphocyten (Alfr. Resch) 
508 


Lipodystrophie, progressive (Gerhartz) 
727, (Ch. Herrman) 728. 

Lipoidsubstanzen in den Nebennicerza, 
Chemie (H. Beumer) 286. 

Lipomatosis, endokrine (E. H. Kish). 
10 


Liquor cerebrospinalis, Infektiosität hzi 
Syphilis (Frühwald u. Zalozieckij 3. 

Lues cerebrospinalis (Schröder) 715. 

— Emikuren (Engelbreth) 305. 

— Noguchi’sche Kutanreaktion(Claus:z) 
298, (Wolff u. Zeeman) 298, (Schip- 
pers) 298, (Fagiuli u. Fisichella) 24%, 
(Fleischmann) 299. 

— tertiäre nach Typhusschutzimpfunz 
(Bardach) 311. 

— u. Aorta (Herz) 438. 

— u. Gefäßerkrankungen (Friedländer) 


208. 
Luftröhrenkatarrh, chronischer (Wilcke) 
736 


Lumbalflüssigkeit, Meningokokkennach- 
weis (Obe) 112. 

— punktion bei Flecktyphus (v. Lieber- 
mann) 665. 

— — bei frischen Rückenmarkschäös- 
sen (Schultz u. Hancken) 724. 

— — bei submeningealen Blutungen 
traumatischer Ätiologie (v. Pəd- 
maniczky) 123. 

— — bei Typhus abdominalis (Sche- 
mensky) 671. 

Lumina in den Zellkomplexen der Neben- 
niere u. ihre Genese (R. Beckmann) 


285. 

Luminalbehandlung der Epilepsie (A. 
Schoondermark) 544. 

Lunge, bösartige Neubildung (Herr- 
mann u. Mayer) 763. 

Lokalisierungsdiagno- 
sen (E. Petersen) 762. 

— emphysem (Rohrer) 760. 

— entzündung, Behandlung einst u. 
jetzt (Lublinski) 749. 

— erkrankungen bei Gicht (Arth.Mave7) 
105. 

— — primäre diphtherische (Baerth- 
lein) 762. 

— gefäßpulsation, röntgenologisch sicht- 
bare, diagnostische Bedeutung (H. 
Gerhartz) 431. 

— mobilisation in der Tuberkulost- 
behandlung (G. Kuhn) 604. 

— ödem, akutes, Ursache (K. Amer- 
ling) 761. 


Sachverzeichnis. 


‚ungenschüsse (v. Klebelsberg) 745, (Ko- 
rach) 745. 

— — u. ihre Komplikationen (M. Bock- 
horn) 745. 

— — u. Lungentuberkulose (Rieder) 
587 


— spitzenphthise, tuberkulöse, Ent- 
stehung (C. Hart) 592. 

— — tuberkulose, Bedeutung der Per- 
kussion für die Diagnose (Alb. 
Schneider) 591. 

— syphilis (Landis u. Lewis) 762, (S. 
Bauch) 762. 

— tuberkulose (H. Gerhartz) 590, (R. 
Lundh) 603, (Müller) 603, (Link) 603. 

— — Abderhalden-Verfahren (F. Oeri) 
591. 

— — behandlung mit intensivem rot- 

reichen Licht (Gerhartz) 604. 

— bei den Juden (Kreinermann) 576. 

— chronische u. Purpura haemor- 

rhagica (S. Bauch) 784. 

— Diagnose (Riviere) 589. 

— u. Krieg (H. Grau) 588. 

— u. Trauma (jJ. Orth) 575. 

— Urochromogenprobe als Progno- 

stikum (Burgess) 589, (Sinclair) 589. 

— u. Pleuraechinokokkus (Zehbe) 763. 

— vasomotoren(Cloetta u. Anderes) 743. 

Lymphdrüsen, Mikroorganismen darin 
(Bloomfield) 259. 

— — primäres generalisiertes Spindel- 
zellsarkom (v. Baumgarten) 242. 
Lymphe, Emigration aus den Lymph- 
drüsen (R. Hammerschlag) 259. 
Lymphogranulomatosis, Übertragung 
auf Meerschweinchen (Ed. Schaeffer) 

572. 

— sarkomatose des Pankreas, diffuse 
(des Ligneris) 702. 

Lymphurie (R. C. Rosenberger) 521. 

Lyssa, menschliche (H. Linnenthal) 80. 

— unter dem Bilde der absteigenden 
Lähmung (K. Stärka) 382. 


Magenchemismus u. Röntgenstrahlen 
(Bruegel) 694. 

— -Darmkarzinom, Frühdiagnose (Fr. 

Bardachzi) 453. 

entleerung (Levy u. Kantor) 695. 

— u. Azidität (E. Egan) 446. 

erkrankungen (Gasbarrini) 445, (W. 

H. Hamburger) 445. 

funktionsprüfung (da Silva Mello) 

443 


Il 


| 


geschwüre (Andresen) 695. 

— in Bayern (J. Kossinsky) 697. 
— u. Kohlehydrate (Stone) 693. 
— u. Krebs (A. J. Ochsner) 455. 
hyperazidität, neue Therapie (Glaess- 
ner) 448. 

inhalt, Schleimhautfetzen darin (van 
Leersum) 694. 


PERLE 


| 


943 


Mageninhaltsbildung, abnorme durch 
Einnahme einer Kontrastmahlzeit? 
(Ch. Bles) 447. 

— karzinom (E. Schütz) 454. 455. 

— — Farbenreaktion in Harnproben 
(Welwart) 698. 

— — Frühdiagnose vermittelsderWolff- 
Junghans’schen Reaktion (F. Smi- 
thies) 444, (M. Kusnezoff) 454. 

— — Röntgendiagnostik (Faulhaber) 
B 454. 

— krebs, Differential- u. Fehldiagnosen 
(Ed. Stierlin) 453. 

— motilitätsprüfung (Carman u. A. 
Müller) 446. 

— myom, ulzeriertes (R. A. Glenn} 
456 

— Röntgenuntersuchungen mittelsTast- 
sonde (G. Kelling) 445. 

— rückstandsuntersuchung (Fowler, 
Rehfuss u. Hawk) 443. 

— saftausscheidung, Beeinflussung 
durch Brot (G. Prins) 693. 

— sarkom, primäres (M. Schiller) 456. 

— — u. Karzinom (Schlesinger) 698. 

— schleimhaut bei Delirium tremens 
(E. F. Hirsch) 695. 

— u. Darmkarzinome, Röntgentiefen- 
bestrahlung (Decker u. v. Bomhard) 
253. 


— u. Darmkrankheiten, militärärztliche 
Konstatierung (Zweig) 442. 

— u. Dwuodenalulcusperforation (Fin- 
sterer) 697. 

— volumenbestimmung (van Spanje) 
444 


Magnesiumnarkose (Stransky) 632. 

— neuralhypnose, kombinierte (Gens- 
ler) 633. 

— sulfat als Abführmittel (S. J. Meltzer) 
700. 


— — mit verschiedenen Narkotika, 
kombinierte Wirkung (v. Issekutz) 
216. 

— therapie des Tetanus (Wegrzynows- 
ki) 681. 860, (H. E. Robertson) 860. 

Maistoxikologie (B. Gosio) 23. 

Malaria (M. R. Lawson) 376. 

— chronische, Chemotherapie (Em.Licf- 
mann) 75. 376. 

— intravenöse Chinininjektion (v. Stejs- 
kal) 847. 

— parasiten u. Neosalvarsan (Stein)848. 

— rezidiv (van der Heyden) 377. 

— tertiana, Neosalvarsanbehandlung 
(Vandenhoff) 377. 

Maltafieber, autogene Vaccinebehand- 
lung (Owen u. Newham) 380. 

Malum perforans pedis nach Prellschuß 
der Wirbelsäule (Kuznitzky) 135. 

Masern, Athylhydrocuprein (Hirschfel- 
der u. Schlutz) 30. 

— Immunisierung (Ch. Herrmann) 30. 


944 


Massendesinfektion im Felde (Frieden- 
thal) 518. 

Mast- u. Entfettungskuren (K. Glaess- 
ner) 107. 

Mäusekarzinomzellen bei Bluttempera- 
tur, Lebensdauer (Russell u. Bullock) 
233 


— krebs, Beeinflussung durch radio- 
aktive Substanzen (A. v. Wasser- 
mann) 248. 

— — — durch Röntgenstrahlen (Frankl 
u. Kimball) 251. 

Mechanismus der Sprache, 
(Fröscheis) 711. 

Medizin, innere, Aufgaben u. Probleme 
im Kriege (Goldscheider) 497. 

— ische Vorträge für Militärärzte (H. 
Zeehuisen u. H. Aldershoff) B 49. 


zentraler 


Megacolon congenitum (de Josselin de , 


Jong) 699. 

Mehlnährschaden (Er. Klose) 477. 

Meiostagminreaktion bei bösartigen Ge- 
schwülsten (Wissing) 238. 

Mekonal ein Schlafmittel (Schmidt) 221. 

Melubrin, ein neues Spezifikum gegen 
Gelenkrheumatismus (Lipowski) 354. 

Meningismus u. Allgemeininfektion mit 
gramnegativen Diplokokken (Ste- 
phan) 715. 

Meningitis, aktinomykotische eitrige (C. 
Wegelin) 73. 150. 

— bei Gehirnschußverletzungen (Chiari) 
135. 

— cerebrospinalis epidemica (Broers u. 
Smit) 686, (Hagen) 686, (Rochat) 
686, (Sormani) 687, (A. J. Korteweg) 
905, (Forbes u. Cohen) 906, (Rolle- 
ston) 906, (Crowe) 906. 

— — — Bakteriologie (Heinr. Fischer) 
906. 

— — — Behandlung mit großen Se- 
rummengen (M. Kuräk) 687. 

— — — fulminans (N. Rosenbaum) 


— — Milchsäureausscheidung (Lindner 
u. v. Moraczewski) 908. 

— — siderans (Hryatschak) 716. 

— durch Diphtheriebazillen u. Strepto- 
kokken (Reiche) 688. 

— eitrige (P. Trnka) 150. 

— epidemica, Bakteriologie u. Prophy- 
laxe (Klinger u. Fourmann) 74. 

— purulenta (Fuchs-Reich) 150. 389. 

— serosa acuta (Lichtwitz) 99. 

— — traumatica (Bittorf) 716. 

— tuberculosa (V. Reichmann) 392. 

— typhosa serosa (Löw) 150. 

Meningokokkenmeningitis, 
(Benda) 688. 

— -Nachweis in der Lumbalflüssigkeit 
(Obe) 112. 

— sepsis (Svetska) 687. 

— septikämie (H. A. Bray) 375. 


petechiale 


Sachverzeichnis. 


Methodik der Eisenbestimmung im Blute | '-- 
(A. Jolles) 1*. 
Methyliphenyläther gegen Kleiderläuse [7 
(S. Fränkel) 347. Ä 
Migräne, seltene Formen (Curschman;) 


Mikroorganismeninfektionen, anaerox $ ~ 
(Ghon) 654. en 

Mikulicz’sche Krankheit (M. Lüdin) 24. # ~ 

— — oder Still’sche Krankheit? | 
(Strauss) 258. 202. 

Milch-Fettgehalt, Steigerung (Grumm: 
20. 


— homogenisierte für kleine Kind: 
(M. Ladd) 20. 
— injektionen bei Typhus (Saxl) © 
— zersetzung u. Verdauungsstöruns: 
der Säuglinge (Bernheim-Karrer) 4% | 
Miliartuberkulose, akute (A. Marsh: | 
601. 
Milz bei akuten Infektionen (Sitsen) 
— brandmeningitis (v. Czyhlarz) 716 
— Beziehungen zum Blutzerfall u. n 
Blutregeneration (Pearce, Austin i 
Pepper) 566, (Krumbhaar, Musser jr. 
u. Peet) 566. 
— dämpfung (Syllaba u. Weigner) 44 
— erkrankung (Lewis u. Margot) 4 
— exstirpation (S. Goldschmidt, Peppe 
u. Pearce) 490. 
— metastatische Geschwulstbildung 
darin (Chalatow) 242. | 
— vergrößerung bei Frühsyphilis (Wile 
u. Elliott) 303. l 
Mineralwasser, Mosdorfer, physiologische 
Wirkungen auf die Verdauungsot- 
gane (A. Bickel) 223. 
— — zufuhr beim Aufenthalt in trock- 
nen Klimaten (Bickel) 892. | 
Mischinfektionen bei Typhus abdım- 
nalis (Königsfeld) 330. l 
— — mit epidemischen Krankheäte 
im Kriege (K. Walko) 78. 
— — von Ruhr u. Typhus (Soldin) 3% 
Mitagglutination der Gärtnerbanlie” 
ein Hilfsmittel zur Typhusdiagne: 
(Seiffert) 333. 
Mitralstenose (Goodhart) 189. 
Molke, therapeutischer Wert (E. Gluck: 
mann) 20. 
Morbidität im Hinterlande (H. P: 
bram) 249*. M 
Morbus Basedowii siehe Basedow st 
Krankheit. | 
Morphinersatzpräparate (Rosenbauf: 
632 


In 


a 
I? 





Morphiumreaktion, Straub-Herrma §, 
sche biologische, Spezifität (Ras! | 
219. | 

— -Skopolamin (E. Friedländer) 7 f 

Morphologie der Leukocyten nach ent” $ 
Fall akuter Leukämie (J. Siegende:‘ 
van Heukelom) 782. 


Sachverzeichnis. 


Mumps (Jos. Weinstein) 80, (Moser u. 
Arnstein) 80, (M. Wollstein) 653. 

Mundfäule (Zörnlaib) 73. 

— -Typhusbazillenträger (Eggebrecht) 
668 


Muskelarbeit u. Blutzucker (v. Mora- 
czewski) 616. 

— — u. Herztätigkeit (J. Müller) 430. 

— erkrankung, rachitische (E. Bau- 
mann) 288. 

— hyperplasie; angeborene (O. Rossi) 
3 


— mechanische Erscheinungen (Zsako) 
505 


— tonus (J. W. Langelaan) 157. 

— — u. Muskeltonusinnervation (G. 
van Rijnberk) 390. 406. 

Myelitis tetanica (Higier) 904. 

— traumatische (Mayer) 148. 

Myeloblastenleukämie nach Polycythä- 
mie (K. Jung) 571. 

Myelom, multiples (Sexsmith) 293. 

ee aleukämische (F. Weinberg) 


NT Temperatursteigerung (Grote) 


Myokarditis, chronische (H. A. Chri- 
stian) 197. 

— spezifische diffuse produktive (H. 
Baumgartner) 191. 

Myosis intestinalis (Wohl) 469. 

Myositis gonorrhoica (Sachs) 291. 

.— ossificans traumatica circumscripta 
(Hauber) 291. 

Myotonie, angeborene (Rosenbloom u. 
Cohoe) 159. 

— atrophische (Hans Curschmann) 403. 

Myotonoclonia trepidans (H. Oppen- 
heim) 403. 

Myxödem, kongenitales (M. Pesina) 280. 


Nackenphänomen an den oberen Extre- 
mitäten (v. Brudzinski) 907. 

— - U. Schulterschmerzen in Beziehung 
zu Organerkrankungen im kleinen 
Becken (Lapinsky) 290. 

NährhefealsNahrungsmittel (Schrumpf) 
474, (Wintz) 475. 

— — Einfluß auf die Harnsäureaus- 
scheidung (Salomon) 474. 

— — Resorbierbarkeit (Rubner) 475. 
— wert der Kleie u. ihre diätetische 
Verwendung (van Leersum) 477. 
ve ne Vollkornbrotes (Röhmann) 


— — einiger wichtiger Gemüsearten 
(Rubner) 475. 
ahrungsmittelverbrauch dänischer Fa- 
milien (Hindhede) 20. 

— vergiftung durch den Bac. paraty- 
Phosus (Bernstein u. Fish) B 678. 
Narkotika u. Leber (Whipple u. Speed) 6. 

Nastin bei Lepra (J. D. Kayser) 858. 


Zentralbl. f. innere Med. 


945 


Natrium sulphuricum bei Dysenterie u. 
Cholera (Ghigoff) 358. 

Nebenniere bei physiologischer (Schwan- 
gerschaft-) u. artifizieller Hyper- 
cholesterinämie (H. Sternberg) 286. 

Nebennieren, Beziehungen zum Chole- 
sterinstoffwechsel (M. A. Rothschild) 
90 


— — blutungen (Valentin) 608. 

— — Einfluß auf den frühzeitigen Tod 
durch Verbrennung (J. Elgart) 285. 

— — exstirpation (Donath) 284. 

— — — u. Magengeschwüre (Fr. C. 
Mann) 608. 

— — stimulierender Einfluß auf die 
Hoden (R. G. u. A. D. Hoskins) 607. 

— — u. Pulszahl (Hoskins u. Lovel- 
lette) 284. 

Nekrose bei Leber- u. Nierenvergiftung, 
Beeinflussung durch Diät (Opie u. 
Alford) 9. 

Neoplasmen, maligne, experimentelle 
Therapie (Fränkel u. Fürer) 255. 708. 
709 


as Röntgentherapie (v. Pfungen) 
254 


— — multiple primäre (Bartlett) 243. 

Neosalvarsan bei Febris recurrens (C. 
H. Würtzen) 372. 

— bei Malaria tertiana (Vandenhoff) 
377. 

— bei Parese (Hammond u. Sharpe) 
713. 

— injektion, intralumbale, Tod danach 
(J. Zadek) 635. 

Nephritis (Rosenberg) 883, (Mc Lean) 
883, (O’Hare) 884, (Myers, Fine u. 
Lough) 885, (Phipps) 892. 

— akute, Verhalten der Hauptkapilla- 
ren (Weiss) 883. 

— chronische, Acidosis (Peabody) 531. 

— hämorrhagische bei Infektion mit 
Paratyphus A u. B (Hausmann u. 
Landsteiner) 891. 

— N-haltige Verbindungen im Blut u. 
in der Spinalflüssigkeit (Woods) 523. 

— Säureausscheidung (Palmer u. Hen- 
derson) 533. 

— syphilitische (Oigaard) 536. 

— — Salvarsan (Macdonald u. Phil- 
lips) 536. 

— u. Eosinophilie (Bernhardt) 885. 

Nephrotyphus (Deutsch) 41. 

Nerv, resezierter u. genährter, rasche 
Wiederherstellung der Leitungsfähig- 
keit (Thiemann) 177. 

Nervendehnung bei Ischiadicusneural- 
gie nach Schußverletzung (Brunzel) 
156. 

— erkrankungen im Kriege (Mohr) 172, 
(A. Margulics) 172. 

— gesunde in Frieden u. Krieg (O. 
Dornblüth) B 541. 


c 


946 


Nervenheilkunde, chirurgische Indika- 
tionen (S. Auerbach) B 177. 

— krankheiten, funktionelle (H. Ja- 
nuschke) 733. 

— — organische (L. Bouman) 387. 

— naht (Spielmeyer) 177, (Fürnrohr) 
178. 


— — Beurteilungsmethode des Erfol- 
ges (Hoffmann) 177. 

— — Methodik (Döpfner) 177. 

— — Prognose bei Verletzungen des 
peripheren Nervensystems (Stein- 
thal) 178. 

— periphere bei Transplantation (Inge- 
brigtsen) 729. 

— — Verletzungen (Marburg u. Ranzi) 
154, (Sauter) 154, (Huismans) 154, 
(Mann) 156. 

— system, durch den Krieg bedingte 
Folgezustände (Saenger) 174. 

— — u. Heißluftbehandlung von Ver- 
wundungen (Weber) 176. 

— — u. Infektionskrankheiten (G. N. 
Stewart) 208. 

— — u. Krieg (Redlich) 175. 

— — u. Syphilis (M. Nonne) B 305. 

— verletzungen, Behandlung (Loewen- 
thal) 404. 

Nervöse Symptome u. vagotonische Er- 
scheinungenbeiGesunden (Fein) 174. 

— u. psychische Erkrankungen im 
Kriege (Westphal u. Hübner) 174, 
(F. Mohr) 540. 

— Unfallfolgen, Begutachtung (Horn) 
543. 

Nervus pudendus, Reizung (Zuelzer) 
408 


Neubildungen, Beeinflussung durch kol- 
loidales Kupfer u. Kasein (MoClurg, 
Sweek, Lyon, Fleisher u. Loeb) . 

— bösartige innerer Organe, Strahlen- 
behandlung (R. Werner) 253. 

Neuralgie (Zuelzer) 408. 

— genuine, neues Antineuralgikum (H. 
Epstein) 152. 

— lokale Heilung (Heidenhain) 902. 

Neurasthenia gastrica (McClure) 452. 

Neuritis des Ischiadicus, Schwinden der 
Glutäalfalte (Carlill ) 910. 

— optica (Ad. Strümpell) 396. 

— Vaccineurinbehandlung (K. Löwen- 
stein) 176. 408. 

Neurologie u. Psychiatrie (Sammelrefe- 
rat) (R. Jaeger) 185*. 625*. 673*, 
Neuromuskularatrophie (Hatch) 159. 
Neuronal, Bromural u. Adalin im Orga- 

nismus (P. Gensler) 635. 

Neurosen infolge von Kriegsverletzun- 
gen (H. Oppenheim) B 541. 

— a Granatexplosionen (Bittorf) 

— traumatische, Diagnose (R. Vany- 
sek) 160. 


Sachverzeichnis. 


Neurosen, traumatische u. Krieg (Oppen- 
heim) 160, (M. Nonne) 539. 

Nierenblutung durch Überanstrenguns 
(L. Lifschitz) 526, (Wildbolz) 520. 

— diagnostik, funktionelle (C. Noorden) 
531 


Ša entzündung, akute, mit Ödemen (Ne- 
vermann) 882. 

— — chirurgische Behandlung (Wilk) 
536 


—- — Chronische, Ursache (Brown u. 
Cummins) 883. 

— — hämorrhagische, von Kriegsteil- 
nehmern (Zondek) 535. 

— — im Felde (Hirsch) 426, (Schneyer) 
535, (Bruns) 891. 

— erkrankungen (Underhill) 532, (Tile- 
ston u. Comfort jr.) 533. 

— — bei Kriegsteilnehmern (Albu u. 
Schlesinger) 535, (Hirschstein) 887, 
Mc Lioyd u. P. Ameuille) 887. 

— exstirpation (Karsner, Bunker u. 
Grabfield) 535. 

Nierenfunktion ohne Verbindung mit 
dem Nervensystem (Quiby) 882. 
— funktionsprüfung (Mosenthal) 532, 
(Detwiler u. Griffith) 527, (Potter) 
527, (Robertson, Klauder u. Long- 

aker) 528, (J. P. Jones) 528. 

— — — Schlayer’sche (Wechselmann) 

535 


— insuffiziente u. Eklampsie, Gesamt- 
reststickstoff (Farr u. Williams) 533. 

— kranke, Behandlung (Hirschfeld). 

— — Blutuntersuchungen (Fürst) 885. 

— — u. -gesunde, Indikanamie u. Hy- 
perindikanämie (Rosenberg) 521. 

— krankheiten, chronische, Wwidal-Am- 
bard’sche Prüfungsmethoden (D. 
Klinkert) 534. 

— ödem (Meyer) 534. 

— tuberkulose bei Feldzugssoldaten 
(Schneider) 536. 

Ninhydrinreaktion zur Untersuchung 
tuberkulös meningitischer Punktions- 
flüssigkeiten (Nebel) 112, (Kafka) 
388. 


Nitralampe (Heusner) 221. 
Nitritintoxikationen (Zadek) 622. 
Nonnensausen (Muck) 797. 


Normalgewichtstabelle für Erwachsene. 


Gärtner’sche (Oeder) 505. 


Novatophan (C. A. Smith u. Hawk) Ic. 
Noventerol, ein neues Darmadstringer: 


(C. Bachem) 470. 


O-Verbrauch im Serum des Warr- 
blüters (Buytendijk) 766. 


Ödem bei lobärer Pneumonie (Maver u. 


Schwartz) 761. 
— bestimmungen durch den Schade- 
a Elastometer (A. B. Schwartz: 
2. 


Sachverzeichnis. 


Ödem der Knochenhaut des Schienbeins 
(Stühmer) 859. 

— erkrankungen (Rumpel) 64. 

— — in den Kriegsgefangenenlagern u. 
Infektionskrankheiten (Jürgens) 353. 

— nichtrenal-kardialer Natur, Durstkur 
(W. Nonnenbruch) 640. 

— paroxysmales (Palmer) 525. 

— u. Recurrens (Rumpel) 661. 

Okularreflex (S. A. Levine) 110. 

Operationstod bei Thyreoiditis chronica 
(H. Brünger) 248. 

Optochin bei Pneumonie (Zweig) 750, 
(Manlin) 750, (Loeb) 750, (Bac- 
meister) 751, (Hess) 751, (Bieling) 
751, (H. Hochhaus) 751, (Silbergleit) 
752, (Meyer) 752, (Waetzoldt) 752. 

— bei kruppöser Pneumonie (G. V. 
Frank) 265*, (Haas) 749, (Crämer) 
750, (V. Scheel) 750. 

— Sehstörungen nach Gebrauch (L. 
Schreiber) 636, (Pincsohn) 637. 
Orchitisepidemie in Ostafrika (L. Ni- 

cholls) 380. 

Organe, parenchymatöse, Verfettung 

(©. Gross u. E. Vorpahl) 505. 

Ösophagoplastik, totale (Axhausen) 442. 

Ösophagusschuß (Berger) 442. 

Osteale Veränderungen bei kongenitaler 
Syphilis im intra- u. extrauterinen 
Leben (B. Alexander) B 305. 

- Osteitis fibrosa u. Syphilis (Skillem) 304. 

Osteogenesis imperfecta (C. Hart) 293. 

— sklerose u. Anämie (Reiche) 563. 

Oszillierende Ströme bei Herz- u. Gefäß- 

| krankheiten (Th. Rumpf) 210. 

Otitis media tuberculosa, Tuberkulomu- 
zin (Cemach) 601. 

Oxychinolinderivate, Einwirkung auf 
den Purinstoffwechsel (Brugsch u. 
Wolffenstein) 104. 

Oxyproteinsäurebestimmung, diagnosti- 
sche Verwertbarkeit bei Karzinomen 
(Damask) 237. 

Oxyuriasis u. Gelonida Aluminii sub- 
acetici (W. Th. Schmidt) 470. 


Pankreas, Lymphosarkomatose (des 
Ligneris) 702. 

— sekretion, Beeinflussung durch 
Aminosäuren (Kobzarenko) 458. 

— — sprüfung (Jos. J. Schleicher) 457. 

— steinkolik (M. Einhorn) 458. 

Pankreatitis, akute (de Groot) 701. 

— rezidivierende (O. J. Wijnhausen) 
459. 

Pappatacifieber (F. Giugni) 78. 

Paralyse, beginnende progressive, Dif- 
ferentialdiagnostik (J. K. Steindl) 
128. 

—— Landry’sche (E. D. Fisher) 148, (K. 
Stárka) 382, (Er. Langer) 397. 

—- periodische (Edsall u. Means) 401. 


947 


Paralyse, progressive, Frühdiagnose 
(Piotrowski) 716. 

— — Salvarsan (J. Jansky) 127. 

— — Veränderungen in der Hirnrinde 
(H. Marcus) 127. 
Paralytiker, intralumbale Injektion von 
Neosalvarsan (Ch. F. Read) 396. 
Paraplegie, senile (M. Allen Barr) 147. 
Paratyphus (H. Robinson) 343, (B. Hor- 
nemann) 344, (J. Pelnár) 839, (Will- 
cox) 840. 

— — A-Bacillus, Klinik u. Bakteriolo- 
gie (Schmitz u. Kirschner) 344. 

— — A-Erkrankungen im Felde (Klin- 
ger) 344, (Lehmann) 345, (Klose) 678, 
(Kaliebe) 832. 

— — — in Galizien (Oesterlin) 345. 

— — A-Infektion (Svestka) 678. 

— — B im Säuglingsalter (E. Mayer- 
hofer) 344. 

— — B-Infektion G Christer-Nilsson) 
31, (Stephan) 678 

— — intrauterine Übertragung (P. 
Schmidt) 32. 

— — ner Anatomie (Herx- 
heimer) 679. 

— — Tierblutkohle (Como) 31. 

— — u. Typhus, Augenerkrankungen 
(Gilbert) 679. 

Parese, Neosalvarsan (Hammond u. 
Sharpe) 713. 

Parkinson’sche Krankheit (Buia u. Cioc) 
157. 

Parotisgeschwülste, Radium (R. Weil) 
441 


Parotitis (M. Wollstein) 653. 

Pathologie, allgemeine u. pathologische 
Anatomie (Sammelreferat) (K. Justi) 
113*. 

Pellagra (A. Cencelli) 24, (D. C. Bianchi) 
24, (G. Volpino) 25, (J. Jadassohn) 
480, (Holmes) 707. 

— Ätiologie (D. Meredith) 480, (J. Gold- 
berger) 706. 

— — u. Behandlung (Th. Shaw) 482. 

— im Kindesalter (Knowles) 481. 

—- im Lichte der Vitaminlehre (Funk) 
25 


— in Antigua (M. McDonald) 24. 

— Symptomatologie (Döri) 24. 

— u. Addison’sche Krankheit (G. Rubi- 
nato) 24. 

Pellagröse, Ernährungsbilanz (J. Nico- 
laidi) 25 

Pemphigus neonatorum (H. N. Cole u. 
H. O. Ruh) 79. 

Perglyzerin u. Perkaglyzerin, physio- 
logisches Verhalten (Bickel) 637. 
Perinephritis ae sclerosa syphili- 

tica (Marogna) 3 
Pestbekämpfung (van Gorkom) 691. 
— in Shanghai (Vécsel) 354. 
— übertragung (Swellengrebel) 354. 


c’ 


948 


Pestvaccine (W. A. Borger) 6%. 
Petechiae (Emsheimer) 336. 
Petroläther für den Nachweis von Ty- 
phus- u. Paratyphusbakterien im 
Stuhl (Hall) 344. 
Pferdeserum-Instillation in die Nase von 
Meerschweinchen (Sewall u. Powell) 


876. 
(Rou- 


— normales bei 
bitschek) 55. 

Pflanzennahrung, fein zerteilte in ihrer 
Bedeutung für den Stoffhaushalt 
(F. W. Strauch) 19. 

Phagocytose, Beeinflussung durch Se- 
rum (J. Ouweleen) B 862. 

Pharmakologie (Sammelreferat) (C. Ba- 
chem) 137*. 361*. 641*. 817*. 

— klinische (Januschke) 631. 

Pharmakotherapie, direkte Grundlagen 
632. 

Phenoval (E. Geyer) 219. 

Phosphaturie (L. Dünner) 520. 

Pikrotoxinvergiftung (Pollock u. Hol- 
mes) 224. 

Pilze, Verdaulichkeit (v. d. Heide) 19. 

Plasmazellen in den verschiedenen Or- 
ganen bei Infektionskrankheiten(Ha- 
giwara) 326. 

Pleurapunktion, offene (Ad. Schmidt) 
765, (Spengler) 765. 

Pleura- u. Lungenechinokokkus (Zehbe) 
763. 

Pleuritis, diaphragmatische (Capps) 765. 

— nach Bauchschüssen (Gerhardt) 764. 

Pleuroperikarditis (Wertheim-Salomon- 
sen) 792. 

Pneumatokele, intrakranielle nach 
Schußverletzung (Duken) 133. 

Pneumokokkenbronchitis (Goodhart) 
736. 

— — infektionen (de Bruine Ploos van 
Amstel) 746, (W. Schuermann) 746. 

— — meningitis, eitrige im Gefolge von 
Pneumokokkenappendicitis u. Peri- 
appendicitis (H. Eichhorst) 466. 

Pneumonie, Abortivbehandlung (K. L. 
u. Rud. Klotz) 749. 

— Ausßerbettbehandlung nach Widmer 
(E. Cottin) 760. 

— lobäre u. Ödem (Maver u. Schwartz) 
761. 

— Optochin (Zweig) 750, (Manliu) 750), 
(Loeb) 750, (Bacmeister) 751, (Hess) 
751, (Bieling) 751, (H. Hochhaus) 

751, (Silbergleit) 7152, (Meyer) 752, 
(Waetzoldt) 752. 

— kruppöse, Optochin (G. V. Frank) 
265*, (Haas) 749, (Crämer) 750, (V. 
Scheel) 750. 

— — Veränderungen der Herzmusku- 
latur (Er. Liebmann) 190. 

— a ANGE (Newburgh u. Porter) 
191 


Flecktyphus 


Sachverzeichnis. 


Pneumonie, Serumbehandlung (Chicke- 
ring) 746, (Jobling, Petersen u. Egg- 
stein) 741, (Moore) 747, (Bull) 747. 

Pneumothorax (Cummer) 764. 

— — spontaner (L. Hamman) 764. 

— — u. seröse Exsudate (Le Roy S 
Peters) 764. 

Pocken, Blutbild (J. Falk) 355. 

— Diagnostizierung (J. Kuiper) 660. 

Poliomyelitis (O. Thomsen) 149. 

— akute (Balten) 911. 

— — in Norwegen (Chr. Leegaard) 402. 

— anterior (Sylvester) 400. 

— — acuta (K. Halbey) 401. 

— epidemische in West Kirby (G. Jubb) 
149. 

— erreger (Proescher) 689. 

Polycythaemia vera (P. O. Friedman) 
187. 


Sf: 


— mit Ausgang in Myeloblastenleuk- 
ämie (K. Jung) 571. 

—- serologische Prüfung (Freund u. 
Rexford) 880. 

Polyneuritis (Nonne) 728. 

Polyposis adenomatosa intestini (W. 
Lahm) 467. 

Porphyrinurie (Fischer) 524. 

Präsenium u. Psychose (Benders) 130. 

Prostatahypertrophie u. Prostatatumo- 
ren (L. Casper) 521. 


Prostatitis, metastatische (H. Wild- 
bolz) 895. 
Prostitutionswesen, Vorschlag einer 


neuen Organisation (Blaschko) B295. 
Proteusinfektion (Wallace u. Dudgeon) 
63 


Pruritus cutaneus universalis mit Exan- 
them nach Atophangebrauch (G. 
Huber- Pestalozzi) 227. 

Pseudoaneurysmen (S. West) 206. 

— myotonie, posthemiplegische (F. 
Quensel) 402. 

— sklerose (Rausch u. Schilder) 398, 
(Strümpell) 725. 

— spastische Parese u. Tremor (v. Sar- 
bó) 910. 

Psyche u. Gefäßsystem (G. Voss) 432. 

Psychische Ausfallserscheinungen nach 
Hirnverletzungen (Poppelreuter)131. 

Psychologische Beobachtungen bei Hei- 
lungen funktionell stimmgestörter 
Soldaten (Muck) 730. 

Psychose im Anschluß an Typhus 384. 

— u. Trauma (H. Berger) B 130. 

Pulmonalarteriensklerose,isoliert e(Hart) 

° 803. 

— — radioskopische Diagnose 
Savini) 430. 

Puls bei Herzneurosen (Kittsteiner) 790. 

— druck u. Blutdruck (P. E. Tiemann) 
439. 

Pulsus alternans (P. D. White) 200, 
(Carver) 200. 


(Em. 


Sachverzeichnis. 


Pulsus irregularis perpetuus (R. Jores) 
19 


Pupillenstarre, vorübergehende bei Dia- 
betes (L. Dünner) 617. 

Purinstoffwechsel, Beeinflussung durch 
Oxychinolinderivate (Brugsch u. 
Wolffenstein) 104. 

Purpura haemorrhagica (Kellogg) 565, 
(Emsheimer) 566. 

— — bei chronischer Lungentuberku- 
lose (S. Bauch) 784. 

— — papulosa et pustulosa (Schürer 
v. Waldheim) 351. 

Pyelocystitis des kindlichen Alters 
(Huët) 894. 

Pyocyaneusinfektion u. Pyocyaneus- 
agglutinine (Alfr. Loeser) 161*. 

Pylorospasmus bei Säuglingen (L. Del- 
prat) 696. 

Pylorushypertrophie (E. Koch) 696, 
(de Josselin de Jong) 696. 

Pyramidon als entzündungsbeschrän- 
kendes Mittel bei Erysipel (Ja- 
nuschke) 376. 


Quecksilbernachweis im Urin (Perelstein 
u. Abelin) 523. 

— vergiftung (Oppenheim) 226, (M. 
Friedmann) 226. 


Rachitis, experimentelle ( Jos. Koch) 288. 
Rachitische Muskelerkrankung (E. Bau- 
mann) 288. 
— Veränderungen in den Knochen 
en ger weißer Ratten (Pappenheimer) 


Radialisdifferenz u. linkseitige Recur- 
renslähmung durch Mitralstenose 
(Guttmann u. Neuhof) 795. 

—- lähmung (Croissant) 155. 

— — irreparable (Axhausen) 404. 

Radiographische Prüfung eines Tabe- 
tikers (Geuken) 538. 

Radioaktive Stoffe zur Behandlung von 
Karzinom (Koblanck) 243. 

Radiumbehandlung des Blasenkrebses 
(Schoenenberger u. Schapira) 521. 

des Gebärmutter- u. Scheiden- 
krebses (H. Chéron u. Rubens-Du- 
val) 245. 

—- bestrahlung maligner Geschwülste, 
Ea (Arzt u. Schramek) 
2 


—- schäden (Th. Ordway) 640. 

— therapie, Grenzen für den tiefliegen- 
den Krebs (A. Bayet) 246. 

— — maligner Tumoren (Barcat) 246. 

Rattenbißfieber (B. Crohn) 63. 

Reaktion, Abderhalden’sche (Bunzel u. 
Bloch) 878, (Ross u. Singer) 879, 
(Garvonsky) 879, (Bullock) 879. 

— — Beeinflussung durch Cholesterin 
(W. Lindemann) 877. 


949 


Reaktion, Abderhalden’sche in der Psy- 
chiatrie (Mayer) 110. 

— auf Azetessigsäure nach Gerhardt 
(Lichtwitz) 96. 

— Gruber-Widal’sche u. die Beschrän- 
kung ihrer praktischen Verwertbar- 
keit für die Typhusdiagnose (Gaeht- 
gens) 36. 

— nach Typhusschutzimpfung (H. 
Gans) 32. 

— neue, zur Untersuchung des Liquor 
cerebrospinalis (Emanuel) 123. 

— Wassermann’sche (Reinhardt u. Oel- 
ler) 874. 

-— — diagnostischer Wert (Bendig) 864, 
(Uhle u. MacKinney) 873. 

— — Erfahrungen mit dem Sachs’schen 
Cholesterinalkohol- u. d. Lesser’schen 
Atherextrakt (Orkin) 301. 

— — klinische Verwertbarkeit in der 
Neurologie u. Psychiatrie (F. S. 
Meyers) 863. 

— — u. Präzipitation (F. S. Meyers) 
863. 

Reaktive Störungen bei Typhusschutz- 
geimpften (Löwy) 34. 

Recurrenserkrankungen u. ihre Behand- 
lung mit Salvarsan (Reiche) 373. 

— ödem (Knack) 859. 

Reflexe (K. Hedde) 389, (C. H. Würtzen) 
390 


— paradoxe (Lorenz) 729. 

— postmortale (Catton) 733. 

— renorenale, Nierensteine u. Nieren- 
beckenkatarrh (Bijnen) 892. 

Reis, polierter, Chemie (Fraser u. Stan- 
ton) 26. 

Rektalernährung (E. Begtrup) 476. 

— tropfeneinlauf, Improvisation im 
Felde (Gelinsky) 21. 

Renale Kongestion nach Kältewirkung 
(Edgeworth) 525, (Brasher) 525. 

Retinitis albuminurica (Moore) 889. 

Revaccinationsfrage (R. W. Raudnitz) 
6 


— neuralgien (van Wagenburg) 902. 
Rheumatische Erkrankungen (Poynton) 
290. 


— — im Kriege (E. Freund) 291. 

Rheumatismus (Heinr. Röder) 865*. 

— Therapie u. der Krieg (C. Kocker- 
beck) B 291. 

Rhino-Laryngologie (Sammelreferat) (O. 
Seifert) 65*. 313%. 577*. 769*. 

Röntgenbehandlung bösartig. Geschwül- 
ste (S. u. J. Nordentoft) 255. 

— diagnostik beim Magenkarzinom 
(Faulhaber) B 454. 

— durchleuchtung, abdominale, Metho- 
dik (Lenz) 459. 

— karzinom, Kasuistik (Bichler) 234. 

— kastration u. interstitielle Drüse 
(Hussy u. Wallart) 284. 


950 


Röntgenröhre, gasfreie, nach J. E. Lilien- 
feld (Holzknecht, Weissenberg u. 
Mayer) 500. 

— strahlen bei Krebs (F. Fowler) 252. 

— — bei Kropf (Fisher) 277. 

— — Dauertherapie (Alex. Pagenste- 
cher) 501. 

— — Einwirkung auf tierische und 
menschliche Eierstöcke (C. Reiffer- 
scheid) 502. 

— — u. Magenchemismus 
694. 

— therapie maligner Neoplasmen (v. 
Pfungen) 254 

— tiefenbestrahlung bei Magen- und 
Darmkarzinomen (Decker u. v. Bom- 
hard) 253. 

— u. Radiumtherapie der Karzinome 
(H. Johnson) 243. 

— untersuchung des Herzens bei frag- 
licher Militärtauglichkeit (Groedel) 
181. 

— — des Magens mittels einer Tast- 
sonde (G. Kelling) 445. 

Roseola (Mayerhofer) 335. 

—- typhosa (Singer) 812. 

— — u. paratyphosa (Fraenkel) 668. 

Rotzdiagnose (Pfeiler) 75. 

— u. falscher Rotz (V. Babesch) 692. 

Rückenmarksschüsse (Rumpel) 135, 
(Spoerl) 136, (Bittorf) 136. 

— — — Harnverhaltung (Goldberg) 
135. 

— — tumor (Collins u. Marks) 145, (E. 
de Vries) 146, (Wilkens) 146. 

— — verletzungen im Kriege (Lewa) 
145 


(Bruegel) 


— — — manuelle Expression d. Blase 
(Erkes) 398. 

Rückfallfieber (Levy) 31, (v. Korczyns- 
ki) 31, (J. Pelnär) 661. 

— — Differentialdiagnose (Cayet) 372. 

— -— Mißerfolge der Arrhenalbehand- 
lung (Mühlens, Hegeler u. Canaan) 
30 


— — Neosalvarsan (C. H. Würtzen) 
372. 

Ruhr (K. Schuetze) 357, (Kittsteiner) 
358, (Matthes) 422. 

— bazillenagglutination (Jacobitz) 680, 
(P. Schmidt) 680. 

— — des giftarmen Typhus (Arnheim) 
56 


— epidemie 1914/15 auf Grund des Spi- 
talmaterials (M. Gieszczykiewicz) 
356. 

— im Kriege, Bakteriologie (Seligmann) 
358 


— nachkrankheiten (Cahn) 679, (Rose) 
680. 
— schutzimpfung (Hever u. Lucksch) 


57, (Seiffert u. Niedieck) 464. 
— Serumbehandlung (Ad. Klesk) 357. 


Sachverzeichnis. 


Ruhr u. periostale Späterkrankungen 
(J. Rauch) 357. 

— u. Typhus u 356, (Köhlischı 
668, (Cahn) 679. 


Salizylsäure bei akutem Gelenkrheuma- 
tismus (J. Zadek) 77. 

— saures Strontium (Blankenhorn) 638. 

Salvarsanbehandlung der Framboesia 
(W. M. McDonald) 382. 

— — der Parasyphilis (Schwarz) 718. 

— — der progressiven Paralyse (J. 
Jansky) 127. 

— — der ll ni (Rei- 
che) 37 

— — der Syphilis des Nervensystems 
(G. Iwaschenzoff) 175. 

— — dersyphilitischen Nephritis (Mac- 
donald u. Philips) 536 

— — der Tabes und der Dementia pa- 
rea (L. Bouman) 128, (Meijers) 

17. 

— — der Zerebrospinalsyphilis (Rytina 
u. Judd) 179. 

— — des Tetanus (Rothfuchs) 61. 
— Giftigkeitsherabsetzung durch Auf- 
lösung im Serum (W. Roick) 219. 

— u. Tabes dorsalis (V. Vitek) 148. 

— Wert für die Abortivheilung der Sy- 
philis (Er. Hoffmann) 307. 

Samen des Plantago major als Abführ- 
mittel (H. u. J. Pinkhof) 638. 

Sanatogen u. Handelskasein (j. Ph. 
Street) 21. 

Sanatorienbehandlung der Tuberkulose 
(F. Oeri) 604. 

Sarkoid, Boeck’sches, mit Beteiligung 
innerer Organe (Kutznitzky u. Bit- 
torf) 243. 

Sarkomgewebe, menschliches, Kultivie- 
rung (Losse u. Ebeling) 241. 

— inoperables, Behandlung mit ge- 
mischten Toxinen (Harmer) 254. 

— Statistik (C. V. Weller) 238. 

Säuglinge, Leberfunktionsprüfung mit- 
tels Lävulose (Er. Schede) 5. 

— Pylorospasmus (L. Delprat) 696. 

— Sommersterblichkeit (H. Klein- 
schmidt) 496. 

Säuglingssterblichkeitsbekämpfung (P. 
Muntendam) 498. 

Schädelschußverletzungen (Gerstmann) 
133, (Thiemann) 133, (Läwen) 134, 
(Hayward) 394. 

— — Prognose (Engelhardt) 134. 

Scharlach, Jodnatrium als Prophylak- 
tikum (Lossen) 810. 

— Serumbehandlung (Reiss u. Hertz) 


— u. Erythema scarlatiniforme desqua- 
mativum recidivum (Zappert) 653. 
— verdächtige, Untersuchung von Blut- 
ausstrichen nach Döhle (Wagner)810. 


Sachverzeichnis. 


Scheincysten am Rückenmark, menin- 
geale (Bonhoeffer) 136. 

Schick-Probe im Kindesalter (Linenthal) 
879, (Zuckerman) 879. 

Schilddrüsenfunktion u. thyreogene Er- 
krankungen (Osswald) 279. 

— präparate, Einwirkung auf d.Wachs- 
tum bei jungen Hunden (J. Holm- 
gren) 276. 

Schlachtblut zur menschlichen Ernäh- 
rung (Hofmeister) 17, (Salkowski) 18. 

Schleimhautfetzen im Mageninhalt (van 
Leersum) 694. 

Schokolade als arzneiliches Geschmack- 
u. Appetitmittel (W. Sternberg) 23. 

Schonungsdiät (Chr. Jürgensen) 475. 
705 


Schrapnellkugel in der rechten Herz- 
kammer (Freund u. Caspersohn) 196. 

Schreckneurosen (Horn) 731. 

Schußverletzungen der peripheren Ner- 
ven (Marburg u. Ranzi) 154, (Huis- 
mans) 154, (H. Oppenheim) 405, (W. 
Spielmeyer) B 407. 

Schützengrabenerkrankung, eigenartige 
(Grätzer) 382. 

— — fieber (Hunt und Rankin) 847, 
(Chandler) 888. 

— — nephritis (Ch. P. White) 888, 
(W. L. Brown) 888. 

Schutzimpfungsimmunität, Übergang 
von der Mutter auf die Frucht (J. 
Kucera) 880. 

— impfstoffe, Dosierung (Klein) 652. 

— pockenimpfung, viertägige Erkran- 
kung danach (Busch) 902. 

— ringe, imprägnierte, gegen Unge- 
ziefer 346. 

Schwarzwasserfieber (R. W. Burkitt) 
75. 848 


Schwebemarkenlokalisator (Wachtel) 
500 


Schweißsekretionsstörungen bei Ver- 
wundungen des Nervensystems (Kar- 
plus) 898. 

Schwerfiltertherapie (S. Löwenthal) 501. 

Sehnenreflex-Schwinden an den unteren 
Extremitäten (Siebert) 896. 

re aia tabische (K. Behr) 
3 


— störungen infolge Optochingebrauchs 
(L. Schreiber) 636, (Pincsohn) 637. 

Sekaleätiologie der Tetanie (Fuchs u. 
Wasicky) 153. 

Sekretion, innere, Beziehungen zur Uro- 
genitalsphäre (Gg. Berg) B 257. 

— — u. Dementia praecox (van der 
Scheer) 129. 

Selbsttrepanation der Natur beim Turm- 
schädel (J. Strebel) 126. 

Seniles Blut (Duker) 563. 

Sensibilität in der Großhirnrinde, Loka- 
lisation (Dusser de Barenne) 391. 


951 


Sensibilitätsprojektion, doppelte fokale 
auf der Großhirnrinde (van Valken- 
burg) 710. 

Sepsis, Collargol (Reichmann) 383. 

Septikämie im Anschluß an chronische 
Mittelohrentzündung (van Hoogen- 
huijze u. de Klein) 845. 

Serodiagnose der Syphilis, Bedeutung 
für die Erteilung des Heiratskonsen- 
ses (Hennig) 299. 

— enzymprobe auf Syphilis (Baeslack) 
301 


Serumanaphylaxie beim Menschen 
(Koch) 876. 

— behandlung der Pneumonie (Shicke- 
ring) 746, (Jobling, Petersen u. Egg- 
stein) 747, (Moore) 747, (Bull) 747. 

— — der Ruhr (Ad. Klesk) 357. 

— — des Scharlach (Reiss u. Hertz) 30. 

— exanthem nach Tetanusantitoxinin- 
jektionen (Eppenstein) 378, (Callo- 
mon) 881. 

— krankheit, intermittierende (Alexan- 
drescu-Dersca u. Nitzescu) 679. 

— reaktionen bei Fleckfieber (E. Got- 
schlich, W. Schürmann, Bloch) 350. 

— — bei Karzinom (E. v. Dungern) 
236, (O. Lowy) 237. 

—- Tetanuskranker, Antitoxingehalt 
(Wintz) 380. 

— u. Kolloidaljod bei Tetanus (Aure- 
gan) 62. 

— u. Phagocytose (J. Ouweleen) B 862. 

Sexualverhältnis (das) in der Bevölke- 
rungsstastistik (van Eijk) 499. 

Shock (Penhallow) 730. 

— anaphylaktischer (Löwit) 875. 

— gifte (Mautner u. Pick) 210. 

— u. Kollaps (Thannhauser) 796. 

Sialoadenitis submaxillaris et sublin- 
gualis (F. Schilling) 657*. 

Sigmoskop (Egm. Münzer) 468. 

Silber, kolloidales, therapeutische Ver- 
wendung (Voigt) 216. 

Sinneseindruck u. Appetit (W. Stern- 
berg) 476. 

Sklerose, multiple, Bedeutung der Sen- 
sibilitätsstörungen für die Diagnose 
(Sittig) 149. 

— — Formenreichtum (Oppenheim) 

25 


725. 

— — Pathologie (Pulay) 724. 

— — Remission u. Behandlung (Klee- 
mann) 911. 

— — u. luetische Spinalleiden bei Hee- 
resangehörigen (Curschmann) 149. 

Skorbut, Blutbild (Labor) 785. 

— der Kinder (E. Fraenkel) 564, (A. F. 
Hess) 786. 

— u. Tibialgie, Leukocytenbild (Labor) 
786 


Sommerdurchfälle (Marx) 478. 
Sonnenstich (Schanz) 511, (Horn) 730. 


952 


Spargel (Rubner) 705. 

Spasmophilie älterer Kinder (Sthee- 
man) 903. 

Spätexantheme, skarlatiniforme, nach 
Typhus- u. Choleraimpfung (Frie- 
boes) 328 

Speicheldrüsen- u. Nebenhodenentzün- 
dung, epidemische (Eichhorst) 79. 

— körperchen (R. Hammerschlag) 505. 

Sphygmophotographie, neue, zur Blut- 
messung u. Herzprüfung (H. Schult- 
hess) 436. 

Spinalparalyse Langer) 397, 
(Nonne) 729. 


— — spastische (Reitter) 729, (Leitner) 
910. 


(Er. 


Spindelzellsarkom der Lymphdrüsen, 
en generalisiertes (v. Baum- 
garten) 24 

Spirochaete icterohaemorrhagica im 
Blute (Inada, Ido, Hoki, Kaneko u. 
Ito) 703. 

— scarlatinae Doehle (Wagner) 810. 

Splenektomie (Goldschmidt, Pepper u. 
Pearce) 490. 

— bei Kala-azar (Kokoris) 381. 

Splenomegalie bei angeborenem hämo- 
Iytischen Ikterus (Mc Kelvy u. J. 
Rosenbloom) 6. 

Sporotrichose (H. C. Plaut) 381. 

Sprue in den Vereinigten Staaten 
(Wood) 704. 

— in Portorico (Ashford) 702. 

— schwere, durch Sauerstoffeinläufe 
(Ad. Schmidt) 49*. 

Sputumuntersuchungen, 
(Leichtweiss) 592. 

Staphylokokkensepsis mit eigenartigen 
Hautveränderungen (W. Koch) 845. 

Starrkrampf, seine Entstehung und Be- 
handlung (Ferd. Blumenthal) 62. 

Stauung, künstliche, als diagnostisches 
Hilfsmittel beim Fleckfieber 53. 

Stickstoffbestimmung im Harn (Myers) 
523. 

— des Harns, kolloidaler, u. die Bedeu- 
tung desselben für die klinische Kar- 
zinomdiagnostik (de Bloeme, Swart, 
Terwen) 235. 236. 

— wechsel, Beeinflussung durch Jod 
(H. Frey) 92. 

SNETI degenerationis (G. C. Bolten) 

159. 


vergleichende 


Still’sche Krankheit oder Mikulicz’sche 
Krankheit? (Strauss) 258. 292. 

Stimmbandlähmung im Felde, funktio- 
nelle (Pape) 155, (Blässig) 155. 

Stoffwechsel, Beeinflussung durch Chi- 
nin (F. Silberstein) 91. 

— bei exsudativer Diathese (Alb. Nie- 
mann) B 92. 

— im Kochsalzfieber (Rolly u. Christian- 
sen) 91. 


Sachverzeichnis. 


Stoffwechselkrankheiten, Diätetik u. 
Therapie (H. Rotky) 109. 

Stomatitis, eitrige (Rumpel) 693. 

Störungen im Zustandebringen einfach 
willkürlicher Bewegungen (van Woer- 
kom) 287. 

Strahlentherapie (H. E. Walther) 3%. 

— — wider die Karzinome (L. Heider- 
hain) 245. 

— tiefenwirkung (Heimann) 222. 

Sublimatvergiftung (Kahn, Andrews, 
Anderson) 227, (Lambert u. Patter- 
son) 623, (Vogel u. Lee) 634. 

, Anurie u. Urämie (A. F. Soer) 
227. 

Supersan (Berliner) 638. 

Symptomenkomplex, zerebellarer (Go:d- 
stein) 388. 

Syphilis (Pfeiler u. Scheyer) 301. 

— Abortivheilungen u. Neurorezidive 
(Werther) 306. 

— SER Aung, Fortschritte (L. Lesser) 


— — mit Kupfersalvarsan (Fabry v 
Selig) 306. 

— — mit Salvarsan (Lommen) 3%. 

— — — — und Quecksilber (v. Zeissl) 
308. 

— Chemotherapie (v. Szily u. H. Fre- 
denthal) 306. 

— der Wirbelsäule (Hunt) 304. 

— des Nervensystems (Swift) 38. 

— — — Embarin (Herrenschneider- 
Gumprich) 908. 

— — — intraspinale Behandiunz (Svn- 
nott) 179, (R. Dexter u. Cummer) 
388 


— — — neuere Behandlungsmethoden 
(B. Sachs, J. Krauss, Kaliski) 178. 

— — — Salvarsantherapie (lwaschen- 
zoff) 175. 

— Einwirkung fieberhafter Tempera- 
turen auf den Verlauf (Luithlen) 302. 

— Hirschfeld-Klinger’sche Koagula- 
tionsprobe (Cole u. Eng-Kiu Chiu) 
300 


— Infektiosität des Liquor cerebrospi- 
nalis (Frühwald u. Zaloziecki) 33%. 

— kardiovaskuläre Störungen (H. F. 
Holl) 206. 

— kongenitale Frühdiagnose (Grulee) 
302. 


— — osteale Veränderungen (B. 
Alexander) B 305. 

— — primäre Bursitis (Cones) 304. 

— reaktion, v. Dungern’sche (H. Grun- 
baum) 300. 

— — Hermann-Perutz’sche (Stümpke) 
300 


— — — — u. Wassermann’sche (Za- 
dek) 300. 

— — Landau’sche (Cappello) 299. 

— Serodiagnose (Hennig) 299 


Sachverzeichnis. 


Syphilis u. akute gelbe Leberatrophie 
(Bendig) 11. 

— u. Nervensystem (M. Nonne) B 305. 

— u. Wassermann’sche Reaktion 
(Fonss) 303. 

— Wassermann- u. Luetinprobe, Ver- 
gleich (Vedder u. Borden) 298. 

Syphilitiker, Untersuchung der Spinal- 
flüssigkeit (Neisser) 302. 

Syphilitische Nephritis, Salvarsan (Mac- 
donald u. Philipps) 536. 

Syringomyelie (Stähle) 726. 

— bei Vater u. Sohn (J. P. Karplus) 397. 

— pathologische Anatomie u. Patho- 
genese (M. S. Margulis) 397. 


Tabes, Behandlung (L. Bouman) 399. 

— dorsalis u. Enteroptosen (Koch) 717. 

— — u. Salvarsan (V. Vitek) 148. 

— Fehldiagnose (Nuzum) 718. 

— Pathogenese (Eug. Sopp) 400. 

— Salvarsan (Meijers) 717. 

— Übungsbehandlung (L. Jacobsohn) 
399. 


— »Wassermann-feste«e (D. M. Kaplan) 
399 


Tabiker, plötzliche Lähmungen (A. He- 
versch) 147. 

— radiographische Prüfung (Geuken) 
538 . 


Tachykardie, paroxysmale (G. C. Ro- 
binson) 803. 

Tangentialschüsse des Schädels, Erfolge 
der operativen Behandlung (Sauer) 
133. 

Taschenbuch der Therapie (Schnirer) B 
21 


2. 

— des Feldarztes B 384. 

Tastblindheit (A. Gans) B 391. 

Taubheit, hysterische, Heilung mittels 
Hypnose (jJ. Zeehandelaar) 909. 

Teleangiectasia hepatis disseminata (C. 
Gamwa) 487. 

— u. Syphilis (Stockes) 303. 

Telekardiograph (L. Hinsmann) 436. 

Telekardiographie (Huismans) 803. 

Temperaturbestimmung in der Achsel- 
höhle (Fürbringer) 509. 

— messung, ärztliche (Wintritz) 509. 

— steigerung, myogene (Grote) 337*. 

Tetanie u. Ergotismus (A. Fuchs) 154. 

Tetanus (Pribram) 60, (Rosznowski) 377, 
(Th. Kocher) 378, (A. Fröhlich u. H. 
Meyer) 681. 

— Äther-Kochsalzinfusionen, 
venöse (Hercher) 60). 

— auf den linken Plexus lumbalis loka- 
lisierter Fall (Hammer) 60. 

— chronischer (Gerwiener) 859. 

— glyzerinphosphorsaures Magnesium 
(Zuelzer) 62. 

— immunität des Menschen (Löwy) 379. 

— interessanter Fall (v. Stransky) 61. 


intra- 


953 


Tetanus, klinische Erfahrungen auf dem 
westlichen Kriegsschauplatze 61. 

— kranke, serologische Untersuchungen 
(Noeggerath u. Schottelius) 63. 

— lokaler, intraneurale Injektion von 
Tetanusantitoxin (Meyer) 62. 

— Magnesiumtherapie (Wegrzynowski) 
681. 860, (H. E. Robertson) 860. 

— nn Revolververletzung (L. Scott) 


— prophylaktische Impfung (Wolf) 63. 

— Salvarsanbehandlung (Rothfuchs)61. 

— sammelstatistik aus Heimatlazaret- 
ten (Sir D. Bruce) 859. 

— schutzimpfung (Löwenstein) 681.682. 

— serum (W. A. Borger) 377. 

— A aera pig (Gottlieb u. Freund) 


-— Serum- u. Kolloidaljodtherapie (Au- 


regan) 62. 
Tetragenusseptikämie (H. Robinson) 76. 
Theacylon, ein neues Diuretikum (Rad- 
wansky) 637, (Feldheim) 637. 
Thigan (Saalfeld) 216. 
Thorax, phthisischer (Virchow) 589. 
Thorium X, biologische Wirkung, insbe- 
ne auf das Blut (da Silva Mello) 
221. 
— — u. Harnsäure (Kuznitzky) 104. 
Thromboangiitis obliterans (L. Buerger) 


Thyreoidpräparate, Wirksamkeit (B. 
Romeis) 264. 

Tibialgie u. Skorbut, Leukocytenbild 
(Labor) 786. 

Tierkohlebehandlung (Kelemen) 214. 

— — — bei Typhus abdominals und 
Paratyphus (Como) 31. 

Tierversuche über die Wirkung hämo- 
Iytischer Ambozeptoren (Daniels u. 
Hannema) 862. 

Tinctura Aconiti (Robinson) 215. 

Todesfall nach intralumbaler Neosalvar- 
saninjektion (J. Zadek) 635. 

— nach Salvarsan (B. Fischer) 636. 

—, plötzlicher, bei Angina pectoris (He- 
ring) 184. 

— — in Chloroformnarkose (Hering) 
793. 

Tollwut (H. Linnenthal) 80. 

Tonsillenulzerationen(W.Wingrave) 441. 

Toxin- und Antitoxinwanderung beim 
Tetanus (L. Aschoff, H. E. Robert- 
sohn) 379. 

Tracheobronchitis jodina durch Clau- 
dius’sches Catgut (Tobiäsek) 736. 

Traubenzuckerinfusion bei Cholera 
(Kausch) 684. 

— — — intravenöse bei inneren Blu- 
tungen (Jul. Löwy) 639. 

Trauma u. akute u. chronische Knochen- 
u. Gelenkentzündungen (Schepel- 
mann) 293. 


954 


Trauma u. Appendicitis (Em. Schepel- 
mann) 466. 

— u. chronische Infektionskrankheiten 
(Schepelmann) 327. 

— u. Gewächse (E. Schepelmann) 234. 

— u. Lungentuberkulose (J. Orth) 575. 

— u. Psychose (H. Berger) 130. 

Traumatische Neurose (M. Nonne) 539, 
(Marburg) 541. 
Tremor (A. Bornstein u. A. Saenger) 3%. 
Trichinose (Gge. R. Minot u. Fr. Minot 
Rackemann) 471, (Lipowski) 471. 
Trichophytinreaktion im Blutbild (G. 
Miescher) 560. 

Trigeminusneuralgie (G. Prusik) 732, 
(L. J. J. Muskens) 902. 

— — durale (Tucker) 152, (Hirschel) 
157 


Trivalin-Hyoscin (E. Friedländer) 220. 

Trommelschlägelfinger, einseitige (Ha- 
tiegan) 805. 

Truppenepidemie, eigenartige (Heil- 
bronn) 76. 

Trypanosoma (A. Vrijburg) 856. 

Tuberkelbazillus, Isolierung u. Kultur 
(Petroff) 588. 

Tuberkulinbehandlung der 
(Biach) 309. 

— kur, Blutuntersuchungen (Brösamlen 
u. Zeeb) 602. 

— Rosenbach’sches bei Kindern (jJ. C. 
Schippers) 602. 

Tuberkulomuzin bei Otitis media tuber- 
culosa (Cemach) 601. 

Tuberkulose (A. E. Sitsen) 575, (Götz!) 


Frühlues 


588. 

— Einfluß auf das Wachstum u. den 
Ernährungszustand der Schulkinder 
(Thiele) 499. 

— Erblichkeitsfragen (G. Scheltema) 
574. 

— im Heere zur Zeit des Krieges (G. 
Schröder) 587. 

— im Kindesalter in Elsaß-Lothringen, 
Statistik (E. Stern) 586. 

— Lecutyl (Straus) 603. 

— Sanatorienbehandlung (F. Oeri) 604. 

— sprechstunden in Reservelazaretten 
(Silbergleit) 604. 

— sterblichkeit u. Geschlecht 587. 

— u. Hautgangrän (Zeller v. Zellenberg) 
601. 


— u. Klima (Schlesinger) 575. 

— u. Trauma (Meyer) 576. 

Tuberkulöse Kinder (Simon) 586, (Ad. 
Thiele) B 586. 

— Meningitis (V. Reichmann) 392. 
Tumor-Extrakt zur Behandlung malig- 
ner Geschwüre (Lunckenbein) 251. 

— intrathorakaler (Föderl) 763. 

— preßsaft aus malignen Neoplasmen, 
therapeutische Wirkung (S. Fränkel 
u. E. Fürer) 255. 


Sachverzeichnis. 


Tumorwachstum, Beeinflussung durch 
sog. akzessorische Nährstoffe (s. 
Fränkel u. E. Fürer) 708. 

umoren, maligne, Chemotherapie (R. 
Krym) 247. 

— — Dialysat (O. Polák) 251. 

Turmschädel (J. Strebel) 126. 

— — angeborener (Feer) 127. 

Typhin (Svestka u. Marek) 815. 

Typhoidinreaktion (Austrian u. Bloom- 
field) 814. 

— — kutane auf Typhusimnunität 
(Kilgore) 336. 

Typhus (Dünner) 329, (White u. Wha- 
land) 335, ( Jacob) 669. 

— agglutinine-Ausschwemmung (Fitix- 
seder) 670. 

Typhus abdominalis (B. Fellner) 2, 
(Brünn) 671. . 

— — Apyrexie (Singer) 812. 

— — Bakteriotherapie (Holler) 34. 

— — Behandlung mit nicht sensibil- 
sierter Vaccine (Saji) 44. 

— — — mit Mäusetyphus (Zupnik u. 
Leiner) 677. 

— re Geimpften, Diagnostik (Löw) 

l 


— — bei Kindern (Percy) 667. 
— — »ergotrope« Therapie (V. Groen) 
41 


— — Heterovaccinetherapie (Deca- 
stello) 45. 

— — im Kriege, 
(Herrnheiser) 40. 

— — intravenöse Kochsalzinfusionen 
(Engländer) 331. 

— er Lumbalpunktion (Schemensky) 

l. 

— — Prognosestellung (O. Landsbet- 
ger) 42. 

— — Schwierigkeiten bei der Frühdia- 
gnose bei Schutzgeimpften (Nobel u 
Neuwirth) 36. l 

— — serologische Diagnose mit Hilfe 
des Ultramikroskops (M. Papendieck) 
545°. D 

— — Typhin (Neustadt u. Marcovici 
672, (Svestka u. Marek) 672. 

— — Urobilinurie (Hildebrandt) 670. 

— — Vaccinebehandlung (Deutsch) 8. 
(Holler) 44, (Löwy, Lucksch u. Wil- 
helm) 46, (K. Mayer) 333, (Fle& 
seder) 671. 

— — Wertung der Schutzimpfung 
(Veiel) 669. 

— agglutinine, Ausschwemmung (Fleck 
seder) 670. 

— bazillen im Blute eines »gesunder 
Bazillenträgers (E. Ebeling) %. 

— — kultur, positive u. Typhusaggl: 
tination bei Miliartuberkulose (Bla 
berg) 327. 

— — nachweis (Stepp) 333. 


Eigentümlichkaten 





Sachverzeichnis. 


Typhusbazillennachweis aus dem Harn 
(P. Doctor) 832. 

— — — durch Tierkohle (Ph. Kuhn) 
332. 


— — träger (By1)670, (Stokes u.Clarke) 
814, (Dudley) 815. 

— — — Behandlung (Ziemann) 36, (F. 
Kalberlah) 345, (Karell u. Lucksch) 
346. 

— — u. Kleiderläuse (Müller u. Pick) 


Williams u. 


668. 
behandlung (Kolmer, 
Raiziss) 343. 

— intravenöse mit der sensibilisier- 
ten Bazillenemulsion (Meyer) 42. 

— spezifische (Meyer) 42. 

diagnose (Seiffert) 333. 

— im Felde (Mühlens) 37. 

endemie auf den Philippinen (Foster) 
329. 

erfahrungen im Feldlazarett (Mag- 
nus-Alsleben) 814. 

exanthematicus, Chinin als Präven- 
tivmittel (Pecirka) 56. 

— u. Typhus abdominalis, Differen- 
tialdiagnose (Habetin) 347. 
experimenteller (Marmorek) 668. 
fieberloser (Meyer) 334. 

gastritis (Plaschkes) 40. 
Gruber-Widal’sche Reaktion (J. Lö- 
wy) 35, (Dünner) 35, (Gaethgens) 36, 
(Riebold) 669, (Herxheimer) 816. 


wre 


| 


— hämorrhagischer u. Fleckfieber 
(Walko) 663. 

— im Felde, atypische Verlaufsformen 
(Hirsch 


) 38. 

immunität (Altstaedt) 46. 

impfstoffe, therapeutische Verwen- 

dung beim Menschen (A. Biedl) 43. 

— — substanz, Kontrollierung (Gorter 

u. Huininki) 328. 

infektion, Wirkung auf das Herz bei 

unseren Feldtruppen (Rohmer) 40. 

— in Serbien (Moon) 830. 

— intravenöse Vaccinetherapie (R. 

Schmidt) 43, (Mc Williams) 332. 

Komplementbindung (Fürst) 816. 

kranke, diagnostische Hautreaktion 

mit »Typhin« (Pulay) 330. 

— levissimus, abortivus u. Paratyphus 
(J. Pelnär) 814. 

— Milchinjektionen (Sax!) 831. 

— rekonvaleszenz u. Wirbelerkrankun- 
gen (E. Lyon) 335. 

— — u. Zirkulationsapparat (Groedel) 
39. 

— Schutzimpfung (R. Stein) 32, (H. 
Gans) 32, (R. Kolb) 33, (Ziersch) 34, 
(Weeney) 36, (Goldschneider u. Kro- 
ner) 41, (Paulicek) 46, (Dakeyne) 
331, (Lucksch u. Hever) 672. 

— — Einfluß auf das weiße Blutbild 

(Frz. Ickert) 35. 


j 


— — Symptomatologie 
` 327 


955 


Typhusschutzimpfung, klinische u. sero- 
logische Erfahrungen (H. Aldershoff) 


44, (Basten) 328. 
(J. Loewy) 


— — u. Choleraschutzimpfung, Wirk- 
samkeit (v. Wassermann u. P. Som- 
merfeld) 359. 

— u. ee bei Geimpften 

(Cahn-Bronner) 

— Unschädlichkeit (Laqueur) 34. 

— vergleichende (M. H. John) 34. 

schwerhörigkeit (Rhese) 335. 

u. Appendicitis (Wolfsohn) 39. 

u. Cholera, Schutzimpfung (Seiffert) 

333, (Hueppe) 333, (Gäthgens u. 

Becker) 671. 

u. Fleckfieberroseolen (Hamburger) 

813. 

u. Influenza (Arneth) 813. 

u. Paratyphus, Vaccination (Dreyer, 

Walker u. Gibson) 31 

— u. Psychose 384. 

— u. Ruhr (Soldin) 356, (Köhlisch) 668, 
(Cahn) 679. 

— u. ne i Felde (v. 
Hecker u. C. Hirsch) 3 

— u. Typhusimpfung im Belgierheim zu 
Hontenisse (Cammaert) 829. 

— Vaccination (R. Schmidt) 43, (Wilt- 
shire u. McGillycuddy) 331, (McW il- 
liams) 332, (Gay u. Chickering) 667, 
(Nichols) 677, (Whittington) 848. 

— — merkwürdiger Anfall danach (H. 
Hecht) 33. 

— vaccine mit milderer Reaktion (B. 
Johan jun.) 44. 


| 


Überleitungsstörungen, scheinbare vom 
Vorhof zur Kammer (Rihl) 798. 

Überschwefelsäure u. ihre Salze als 
Antigonorrhoika 297. 

Übungsschulen für »Gehirnkrüppel« 
(Hartmann) 174. 

Ulcus duodeni (de Groot) 697. 

— — Diathermie (Rubens) 456. 

— — Erfolge der Operationen (H. J. 
Lameris) 457. 

— ventriculi, familiäres Auftreten (V. 
Plitek) 697. 

— — u. duodeni, Mehlbuttersuppe in 
der Diätbehandlung (Egan u. Porges) 
477. 

— — — — okkulte Blutungen (J. 
Boas) 515 

Ultrafiltrate (Blumenthal) 212. 

Ulzerationen der Haut bei Krebskranken 
(Tugendreich) 410. 

Unfallfolgen, nervöse, Begutachtung 
(Horn) 543. 

— neurosen, Entstehung (Weber) 160. 

— u. akuter Gelenkrheumatismus (F. 
Procháska) 76. 


956 


Unfall u. spinale Amyotrophie (F. Pro- 
chäska) 146. 

Ungezieferplage u. -bekämpfung B 48. 

Unterarmphänomen (L. Castaldi) 109. . 

Unterleibstyphus (Mahn) 331. 

— — im Felde (Herbach) 811. 

Uraniumnephritis (Smillie) 531. 

Urethritis beim Manne, nichtgonorrhoi- 
sche (Adrian) 296. 

Urinlöslichkeitsbestimmung für Harn- 
säure durch Piperazin, Lysidin u. 
andere Alkalien (Haskins) 893. 

Urin, Quecksilbernachweis (Perelstein u. 
Abelin) 523. 

Urinod (Hartmann) 227. 

Urobilin in den Fäces (O. H. Robertson) 
567. 568. 

— ogen u. Diazo im Harne Typhuskran- 
ker (K. Pick) 332. 

— urie bei Typhus abdominalis (Hilde- 
brandt) 670. 

— — für die Unterscheidung der mit 
Ödemen einhergehenden Herz-, Le- 
ber- u. Nierenerkrankungen (W. Hil- 
debrandt) 737*. 

Urochromogenprobe als Prognostikum 
bei Lungentuberkulose u. nichttu- 
berkulöserErkrankung (Burgess)589, 
(Sinclair) 589. 

— — Weiss, Wert für die Typhusdia- 
gnose (Halbey) 332, (Marek) 812. 
Urogenitalsphäre u. innere Sekretion 

(Gg. Berg) 257. 

Urotropin im Harn (Haskins) 621. 

Uteruskarzinom, inoperables, Cystosko- 
pie u. Bestrahlungserfolge (Heimann) 
521. 


Vaccinale Allergie (van de Kasteele) 


Vaccination gegen Typhus (R. Schmidt) 
43, (Wiltshire u. McGillycuddy) 331, 
(McWilliams) 332, (Gay u. Chicke- 
ring) 677, (Nichols) 677. 

— u. Diabetes mellitus (Eichhorst) 100. 
Vaccinebehandlung, autogene,bei Malta- 
fieber (Owen u. Newham) 380. 

— — der Gonorrhöe (C. Bruck) 296. 

— — desTyphus abdominalis (Deutsch) 
43, (Holler) 44, (Löwy, Lucksch u. 
Wilhelm) 46, (K. Mayer) 333, (F!eck- 
seder) 671. 

— urinbehandlung der Neuritis (K. Lö- 
wenstein) 176. 408. 

— virus (H. Noguchi) 355. 

— — wirkung (Luithlen) 356. 

Vagotonie (W. Lublinski) 174. 

Variola (R. Schmidt) 26. 

— Komplementbindung) (Habetin) 660. 

— schutz durch Vaccineinjektionen 
(Knoepfelmacher) 27. 

—- tierexperimentelle Studien (Kyrle u. 
Morawetz) 28. 


Sachverzeichnis. 


Variola, Vaccinetherapie (Csernel, Fur, 
Gerlöczy u. Kaiser) 660. 

— vaccinevirus (Proescher) 27. 

— vera (jJ. Pelnär) 656. 

— — Leukocytenbild (Schilling) 355. 

Vasomotorische Wirkung des venösen 
Nebennieren-, Pankreas-, Thyrei 
dea-, Testikelblutes (G. Ollino 


Ventrikelkarzinom in typischen Rönt- 
genbildern (Hess Thaysen) 452. 
Veratrinkurve, Ursprung (Deelman) 228. 

Veratrum album (R. J. Collins) 72. 
LEN (Cohn u. Hein:rn) 


— störungen der Säuglinge (Bernhain- 
Karrer) 479. 

— krankheiten (Jung) 472. 

— organe, physiologische Einwirkungen 
des Mosdorfer Mineralwassers (A. 
Bickel) 223. 

Verfahren, graphisches (Castell) 57. 

Verfettung parenchymatöser Organe (0. 
Gross u. E. Vorpahl) 505. 

Vergiftungen durch Pilze (F. Kann- 
giesser) x 

— durch Zelluloidlacke (Koelsch) 225. 

Vernisan (L. Huismans) 218. 

Veronalvergiftung (Tepper) 22%. 

— — akute (K. Mattisson) 230. 

Vestibularneurose, traumatische (J. 
Lang) 909. 

Vibrio-Nachweis in ruhrverdächtigem 
Stuhl (Kutscher u. Peters) 43. 
»Vierte Krankheit« mit Rückfall (Adam- 

son) 811. 

Virulenzsteigerung u. Virulenzprutung, 
neue Methode (Baecher) 311. 

Viskosität des Harnes (Posner) 524. 

Vorhofflimmern (H. Popper) 1%, (Le- 
vine u. Frothingham) 437, (Neuhuf) 
799. 

— — u. kompletter Herzblock (P. D. 
White) 199. 


Wanderniere u. intermittierender lieus 
(Hügelmann) 537. 

Wärmestauung bei Delirium tremens (]- 
G. Schnitzler) 229. 

Wassermann, Quecksilber u. Exitus (H. 
Zondek) 720. 

— sche Reaktion siehe Reaktion, Was- 
sermann’sche. RE 
Wassersucht, gehäuftes Auftreten (Sitt- 

mann u. Siegert) 882. 
Wechselfieber (Deycke) 679. 
Weil’sche Krankheit, Ätiologie (Lhien- 

huth u. Fromme) 488. 489. 

— — Pathologie (Herxheimer) $5, 

(Beitzke) 489. 

Werkstätten im Kgl. orthopäd. Reserve- 

lazarett Nürnberg (B. Valentin) B 

223. 


Sachverzeichnis. 


Westphal’sche Erscheinung als Stigma 
degenerationis u. bei Hysterie (Bol- 
ten) 159. 

Wilson’sche Krankheit, Leberverände- 
rung (J. Geissmar) 712. 

Wirbelerkrankungen in der Typhusre- 
konvaleszenz (E. Lyon) 335. 

— säulenosteomyelitis (Ashhurst und 
Wadsworth) 383. l 

— aS Frühdiagnose (Janssen) 

1. 

Wundinfektion, anaerobe durch Gas- 
brandbazillen (Busson u. György) 
654 


— starrkrampf (Happel) 62. 
Wurmfortsatz, Karzinom (B. Hada) 466. 


Xanthom (Linser) 570. 
Yohimbin Spiegel, Pharmakologie 639. 


Zahnerkrankung u. Gehirnabszeß (Ban- 
nes) 132. 

Zehnder’sche Röntgenröhre (P. Lude- 
wig) 222. 

Zeichen von Chvostek (Fuchs) 904. 

Zeigeversuch, Bäränyi’scher (Bauer) 898. 

»Zentralnormaler« Ernährungszustand 
erwachsener Menschen (Oeder) 22. 

Zerebellarer Symptomenkomplex für die 
Beurteilung von Schädelverletzten 
(Goldstein) 388. 


957 


Zerebrospinalflüssigkeit, Cytologie (J. 
Rotstadt) 722. 

— — Goldreaktion (W. Spät) 122. 

— — Untersuchungen (Alfr. Gordon) 
111, (Français) 111, (Solomon u. 
Wells) 112, (Thomson) 123, (W. O. 
Hoffmann u. A. B. Schwartz) 720, 
(Stern) 720, (Borberg) 721, (Herren- 
schneider-Gumprich u. Herrenschnei- 
der) 896, (Hurwitz u. Tranter) 897; 
(Canti) 898. 

— meningitis (Coles) 151, (E. N. Butler) 
151, (Embleton u. Peters) 151. 

— syphilis, Salvarsan (Rytina u. Judd) 
179. 


Ziegenmilch (Adler) 473. 

Zirkulationsstörungen durch 
gifte« (Mautner u. Pick) 210. 

— verhältnisse im Ductus arteriosus 
post partum (C. Fromberg) 192. 

ao ERnnnE im Blut (Swart) 

15. 
— an bei Cholera (H. Strauss) 


»Shock- 


— resorption u. Blutzuckerspiegel (G. 
Bergmark) 98. 
— stich u. sog. Salzstich (Jungmann) 


— — Wirkungen nach Nebennierenex- 
stirpation (Freund u. Marchand) 258. 

Zwerchfellhernie des Magens u. großen 
Netzes (Kakals u. Basch) 447. 








— -n me c On — u p 


v.37 Zeitschrift f innere 


1915 —Medizin 
Ea 8173 


Li 
University of California