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Full text of "Zoologica"

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ZOOLOGICA. 


Original- Abhandlungen 


aus 


dem  G-esamtgelDiete  der  Zoologie. 


Herausgegeben 


von 


Dr.  Carl  Chun  in  Leipzig. 


-"C53"- 


Neunzehnter  Band. 

1905—1907. 


STUTTGART. 

E.  Schweizerbartsche  Verlagsbuchhandlung  (E.  Nägele). 

1907. 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


Drnck  Ton   CarlRembold,    Ueilbronna.  N. 


PRINTED  IN  6ERMANY 


Inhalt. 


Heft  45. 

Vergleichend -anatomische  Untersuchungen  über  den  Bronchialbaum  der  Vögel. 
Von  G.  Fischer.  Mit  3  lithographischen  und  2  Lichtdrucktafeln  sowie  2  Text- 
figuren.     1905. 


Heft  46. 


Psycho -biologische  Untersuchungen  an  Hummeln  mit  Bezugnahme  auf  die  Frage 
der  Geselligkeit  im  Tierreiche.  Von  W.  Wagner.  Mit  einer  Tafel  und 
136  Textfiguren.      1906  und   1907. 


Heft  47. 


Untersuchungen  über  den  feineren  Bau  und  die  Metamorphose  des  Cyphonautes. 
Von  H.  Kupelwieser.      Mit    5    Tafeln   und  8  Textfiguren.      1905    und   1906. 


Heft  48. 

Achatinellen- Fauna  der  Sandwich -Insel  Molokai  nebst  einem  Verzeichnis  der 
übrigen  daselbst  vorkommenden  Land-  und  Süßwassermollusken.  Von 
Fr.  Borcherding.  Mit  10  kolorierten  Tafeln  und  einer  Karte  von  der  In.sel 
Molokai.      1906. 


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ZOOLOGICA, 


Original- Abhandlungen 


aus 


dem  Gesamtgetiete  der  Zoologie. 


Herausgegeben 


Dr.  Carl  Chun  in  Leipzig. 

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Heft    45. 

Vergleichend-anatomische  Untersuchungen  über  den 

Bronchialbaum  der  Vögel 


von 


Dr.  phil.  Guido  Fischer, 

prakt.  Zahnarzt  in  Hannover. 


Mit  3   lithographischen    und  2  Lichtdrucktafeln    sowie  2   Textfiguren. 


STUTTGART. 

Verlag    von    Erwin  Nägele. 
1905. 


Vergleichend-anatomische  Untersuchungen 


über  den 


Bronchialbaum  der  Vögel 


von 


Dr.  phil.  Guido  Fischer, 

prakt.  Zahnarzt  in  Hannover. 


Mit   3   lithographischen    und  2   Lichtdrucktafeln    sowie  2   Textfiguren. 


STUTTGART. 

Verlag    von    Erwin    Nägele. 
1906. 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


Drack  von  Carl  Remboli,  Hellbronn  a.  N. 


Inhaltsübersicht. 


Pag. 

Einleitung 1 

Kap.      I.     Technik 3 

a.  Wachsinjektion 3 

b.  Photoxylin-  bezw.  Celloidininjektion 3 

c.  Celluloidinjektion 4 

d.  Gelatineinjektion 5 

Kap.     2.     Untersuchungsmaterial 6 

I.  Makroskopischer  Teil. 

Kap.     3-     Architektonik  der  Vogellunge 9 

Kap.     4.     Blutgefäßsystem 13 

Kap.      5.     Das  Verhältnis  des  Bronchialbaums  zur  Pulmonalis 3  4 

Kap.     6.     Vergleichend  anatomische  Ergebnisse 15 

a.  Maßtabelle  der  Lumina   der  wichtigsten  Bronchien    bei   35   verschiedenen  Vögeln  16 

b.  Tabelle  über  die  Anzahl  der  wichtigsten  Zweige  der  Bronchien  bei  35  Vögeln  .  17 

c.  Tabellarische    Übersicht    zur    Vergleichung    des  Verzweigungsreichtums    und   der 
Kalibergrenzen  der  ventralen  und  dorsalen  Bronchien  bei  35   Vögeln      .     .     .     .  18 

Kap.     7.     Vergleichung  der  Lunge  der  Vögel  mit   jener  der  Säugetiere 20 

II.   Mikroskopischer  TeiL 

Kap.     8 22 

Kap.     9.     Endverhalten  des  Bronchialbaums 24 

Kap.   IG.     Verästelungssystem  der  feinsten  Blutgefäße 26 

Kap.    1 1 .     Histologische  Angaben 28 

Kap.   12.     Histologische  Befunde 29 

Kurze  Zusammenfassung    der   Gesamt  resulta  te 31 

Resume ' 33 

Literat  urangabe '     .  35 

Tafelerklärungen 39 


Ausgeführt    im    anatomischen    Institut    der    Könighchen    Tierärztlichen    Hochschule 

zu  Hannover. 


Einleitung-. 

Seitdem  um  die  Mitte  des  sechzehnten  Jahrhunderts  der  Nürnberger  Professor  Coiter 
nachwies,  daß  die  Lunge  der  Vögel  an  ihrer  Oberfläche  perforiert  ist,  wurde  das  Studium 
des  respiratorischen  Apparates  dieser  Tierklasse  von  selten  vieler  bedeutender  Anatomen  und 
Physiologen  bis  in  die  Neuzeit  eifrig  betrieben.  (Literatur  pag.  36 — 39).  Um  eine  kurze  ge- 
schichtliche Übersicht  zu  bieten,  will  ich  mit  einigen  Worten  der  Männer  gedenken,  denen 
wir  die  Kenntnis  des  überaus  komplizierten  Atmungsapparates  der  Vögel  zu  verdanken  haben. 

Im  Jahre  1651  beobachtete  Harvey,  ein  Schüler  von  Fabricius  ab  Aquapendente, 
zuerst,  daß  die  Öffnungen  in  den  Vogellungen  Kommunikationen  mit  großen,  membranösen 
Höhlen  oder  Luftsäcken  herstellen,  die  in  Brust  und  Bauch  gelegen  seien  und  die  Funktion 
von  Luftreservoiren  hätten.  Etwa  hundert  Jahre  später  entdeckten  fast  gleichzeitig  der  be- 
rühmte englische  Physiologe  Hunter  und  der  holländische  Anatom  Camper,  daß  die  Luft 
sich  nicht  nur  in  Lungen  und  Luftsäcken  verbreite,  sondern  auch  bis  ins  Innere  der  Knochen 
vordringe. 

In  den  letzten  beiden  Jahrhunderten  waren  es  besonders  Cuvier  (1795 — 1840),  Sappey 
(1846),  Owen  (1836),  Guillot  (1846),  Rainey  (1849),  Schröder  (1860),  Eberth  (1863), 
Milne  Edwards  (1865),  F.  E.  Schulze  (1871),  Huxley  (1875),  Campana  (1875),  Aeby 
(1880),  Bignon  (1887),  Beddard  (1888),  G.  Roche  (1890),  Miller  (1893),  Max  Baer 
(1896),  Gegenbaur  (1901),  die  sich  um  die  Aufklärung  dieses  Organs  verdient  gemacht  haben. 

Trotz  dieser  vielseitigen  Bearbeitung  blieb  doch  noch  manches  zu  tun,  um  insonder- 
heit den  anatomischen  Bau  der  Atmungswerkzeuge  bis  ins  einzelne  zu  erforschen.  Vornehm- 
lich war  es  der  Bronchialbaum  selbst,  der  unerklärlicherweise  vernachlässigt  blieb.  Man  be- 
gnügte sich,  den  groben  Bronchialverlauf  an  diesem  oder  jenem  Vogel  darzustellen,  gab 
auch  ein  System  der  Endverzweigungen  an,  ohne  jedoch  letzteres  auf  Grund  einwandsfreier 
Präparate  nachgewiesen  zu  haben.  Daher  ist  es  nicht  zu  verwundern,  daß  man  bezüglich  der 
letzten  Endigungen  oft  der  Auffassung  begegnet,  daß  die  Lungenpfeifen  mit  ihren  radiären 
Ausstrahlungen  in  traubige  Ausbuchtungen,  sogenannte  Alveolen,  blind  ausliefen.  Die  einen 
nahmen  zwischen  diesen  alveolären  Bildungen  Kommunikationen  an,  während  andere  das 
Vorhandensein  derselben  in  Abrede  stellten. 

Auf  diese  Unklarheiten  machte  mich  Herr  Professor  Boether,  Direktor  des  ana- 
tomischen Instituts  der  Tierärztlichen  Hochschule  zu  Hanno\er,  aufmerksam  und  empfahl 
mir,  die  Bearbeitung  dieses  interessanten  Themas  in  Angriff  zu  nehmen. 

Zoologlca.    Heft  46.  1 


—     2     — 

Ich  möchte  an  dieser  Stelle  Herrn  Professor  Boether  für  die  Benutzung  seines 
Privatlaboratoriums  und  die  in  liebenswürdiger  Weise  zur  \'erfügung  gestellten  wertvollen 
Apparate  und  Instrumente  des  anatomischen  Instituts,  sowie  besonders  für  das  rege  Inter- 
esse und  seine  wertvollen  Unterstützungen  während    der    Arbeit    meinen    ergebensten    Dank 

ausdrücken. 

Im  Anschluß  hieran  erfülle  ich  noch  eine  tief  empfundene  Pflicht  der  Dankbarkeit, 
indem  ich  des  mehrfach  bewiesenen  großen  Interesses  und  des  während  der  letzten  drei 
Jahre  überaus  wohlwollenden  Entgegenkommens  gedenke,  das  mir  in  freundlicher  Weise 
Herr  Professor  Dr.  Chun,  Direktor  des  zoologischen  Instituts  der  Königlichen  Universität 
Leipzig,  bewiesen  hat. 

Dank  der  bereitwilligen  Unterstützung  dieser  meiner  hochverehrten  Lehrer  wurde 
meine  Arbeit  in  allen  Teilen  günstig  gefördert. 


Kapitel  i. 
Technik.  X 

Zur  Herstellung  meiner  Korrosionspräparate  bediente  ich  mich  verschiedener  Injektions- 
vehikel und  zwar  gelDrauchte  ich  hauptsächlich  Wachsmassen,  Celloidin-,  Photoxylin-  und 
Celluloidlösungen. 

a.  Wachsinjektion. 

Als  eine  der  ältesten  Methoden  kann  die  Benutzung  heißer  Wachsmasse  zur  An- 
fertigung von  Korrosionen  gelten.  Von  den  verschiedenartigen  Zusammensetzungen  derselben 
wählte   ich  folgende   Mischung : 

3  Teile  feinstes  weißes  Wachs, 

2   Teile  pulv.  Colophonium, 

I   Teil  venet.  Terpentin. 

Nach  Belieben  kann  ein  säurebeständiger  Farbstoff  (Berliner  Blau  [Grübler]  oder  Zin- 
nober) zugefügt  werden. 

Nachdem  diese  Substanzen  über  mäßigem  Feuer  gut  verrührt  worden  sind,  wird  eine 
vorher  angewärmte  Metallspritze  damit  gefüllt.  Man  schiebt  dieselbe  alsdann  in  eine  in  die 
Trachea  eines  lebenswarmen  Vogels  eingebundene  Kanüle  und  injiziert  bei  gleichmäßig 
schwachem  Druck  die  etwa  50"  heiße  Wachsflüssigkeit.  Sobald  der  Körper  prall  gefüllt  er- 
scheint, ist  die  Injektion  genügend.  Das  Tier  selbst  wird  zur  raschen  Abkühlung  in  kaltes 
Wasser  gebracht  und  nach  einigen  Stunden  zur  Maceration  in  reine  Salzsäure  überführt. 
Nach  wenigen  Tagen  ist  die  völlige  Zerstörung  des  organischen  Gewebes  erfolgt  (bei  kalter 
Temperatur  bedeutend  langsamer),  und  das  Präparat  wird  zur  endgültigen  Säuberung  für 
längere  Zeit  (Stunden)  in  fließendes  Wasser  gelegt. 

Dieser  etwas  umständlichen  Methode  haften  mancherlei  Schwierigkeiten  an,  einmal  be- 
züglich einer  glücklich  zu  treffenden  Mischung,  dann  des  allseitig  bedingten  Wärmegrades 
(50")  und  schließlich  nicht  zum  wenigsten  des  Umstandes  wegen,  daß  nur  lebenswarme  Tiere 
hierbei  in  Betracht  kommen  können.  Indes  nicht  immer,  ja  seltener,  bestand  mein  Material 
aus  lebenden  Objekten,  und  so  war  ich  gezwungen,  zur  Verwertung  der  verendeten  Vögel 
andere  Substanzen  in  Anwendung  zu  bringen.  Unter  diesen  haben  sich  vornehmlich  Photo- 
xylin- und  Celloidinlösungen  für  meinen  Zweck  als  am  geeignetsten  erwiesen. 

b.   Photoxylin-  bezw.  Celloidinlösungen  zur  Injektion. 

Man  stellt  sich  eine  dicke  Lösung  von  Photoxylin-  bezüglich  Celloidin  her  (in  gleichen 
Teilen  Alcohol  absolutus  und  Äther  sulfuricus),  nachdem  die  käufliche,  wasserhaltige  Schieß- 


—     4     — 

baumwoUe  (Celloidinwolle)  gut  getrocknet  wurde.  Ist  die  Kanüle  fest  in  die  Trachea  des  zu 
injizierenden  Vogels  eingebunden,  bereite  man  die  eigentliche  Injektionsflüssigkeit  frisch  zu. 
Mehlartig  fein  verriebenes  Zinkweiß  oder  Zinnoberpulver  wird  zunächst  in  einer  Alkohol- 
äthermischung (alcoh.  absol.  aeth.  sulf.  ää)  tüchtig  verrieben  und  allmählich  dicke  Photoxylin- 
bezügl.  Celloidinlösung  hinzugefügt,  so  daß  eine  weiße  bez.  rote  sirupdicke  Masse  gewonnen 
wird.  In  einer  besonderen  Schale  fertigt  man  unter  Benutzung  dieser  dicken  Lösung  und 
der  gleichen  Quantität  Alkoholäther  eine  dünne  Mischung  an,  welche  zunächst  langsam  und 
mit  großer  Vorsicht  injiziert  wird.  Alsdann  schickt  man  die  dicke  Lösung  nach,  bis  der 
Körper  stark  aufgetrieben  ist.  Infolge  der  raschen  \"erdunstung  des  Alkoholäthers  ist  es 
für  das  Gelingen  einer  brauchbaren  Injektion  von  höchster  Wichtigkeit,  von  Zeit  zu  Zeit 
(etwa  jede  halbe  Stunde)  den  Stempel  der  hier  zu  verwendenden  Schraubenspritze  nachzu- 
drehen, um  das  Objekt  dauernd  in  prallem  Zustande  zu  erhalten.  Dadurch  wird  die  In- 
jektionsmasse  allmählich  dichter,  und  ihre  einzelnen  Bestandteile  werden  miteinander  in  enge 
und  feste  Verbindung  gebracht.  Je  nach  der  Größe  des  Tieres  erfordert  diese  Maßnahme 
Stunden  und  Tage,  bis  der  Photoxylin-  bez.  Celloidinbrei  völlig  erstarrt  ist.  Nach  der  Ma- 
ceration  des  injizierten  Vogels  in  reiner  Salzsäure  wird  das  Präparat  in  fließendem  Wasser 
längere  Zeit  ausgewaschen,  um  endlich  in  einer  Mischung  von  Alcohol  absolutus,  Glycerin 
und  Aqua  destillata  äa  aufbewahrt  zu  werden. 

Nicht  immer  war  jedoch  die  Einwirkung  der  reinen  Salzsäure  von  gewünschtem  Erfolge, 
namentlich  nicht  bei  kleineren  und  besonders  feinen  Ausgüssen.  Bei  diesen  erzielte  ich  mit 
einem  künstlichen  Verdauungsgemisch : 

Acid.  oxal.  6,0 
Pepsin,  pulv.   1,50 
Aqua  dest.  200,0 

bessere  Resultate,  so  daß  ich  später  selbst  größere  Objekte  nach  oberflächlicher  Maceration 
in  Acid.  hydrochl.  in  diese  Mischung  brachte,  um  daselbst  den  Zerstörungsprozeß  zu  voll- 
enden, vor  allem  aber  muß  diese  künstliche  Verdauung  unter  bestimmten  Kautelen  vor  sich 
gehen,  nämlich  im  Thermostat  bei  einer  beständigen  Temperatur  von  ca.  40".  Auch  hier  ist 
ein  Auswässern  des  Präparates  vor  Überführung  in  die  Aufbewahrungsflüssigkeit  bedingt. 

Bemerkt  sei  noch,  daß  die  mit  Zinnober  versetzte  Photoxylin-  bez.  Celloidinlösung 
schönere  Resultate  lieferte,  als  eine  solche  mit  Zusatz  von  Zinkweiß.  Die  Partikelchen  des 
letzteren  sind  in  der  Lösung  jedenfalls  nicht  so  fein  verteilbar,  wie  jene  des  Zinnobers;  da- 
her eignet  sich  dieses  hervorragend  für  Mischungen,  welche  zu  feinsten  Ausgüssen  ge- 
braucht werden  sollen. 

c.   Celluloidinjektion. 

Während  diese  eben  beschriebene  Methode  zur  Darstellung  der  gröberen  Bronchial- 
systeme verwandt  wurde,  wählte  ich  zur  Injektion  von  Blutgefäßen  eine  gefärbte  Celluloid- 
masse.  Celluloidabfälle  werden  in  Aceton,  pur.  gelöst,  so  daß  eine  sirupdicke  Masse  ent- 
steht. In  einem  zweiten  Gefäß  verrührt  man  eine  kleine  Quantität  sehr  fein  pulverisiertes 
Kieselgur  und  ebensoviel  Zinnoberpulver  in  Aceton,  pur.  Beide  Mischungen  werden  zu- 
sammengegossen und  geben  eine  homogene  Masse,  welche  sich  für  äußerst  feine  Ausgüsse 


eignet.  Die  Injektion  mit  dieser  Substanz  wurde  meist  vom  Herzen  oder  direkt  von  der 
Arteria  pulmonalis  aus  bei  gleichmäßigem  Druck  vermittelst  einer  Schraubenspritze  ausge- 
führt. Da  nun  das  Lösungsmittel  dieser  Masse  (Aceton,  pur.)  die  gleiche  Verdunstungs- 
neigung zeigt  wie  die  Alkoholäthermischung  des  Photoxylins,  so  kommen  hier  wieder  die- 
selben Maßnahmen  wie  dort  in  Betracht.  Die  Maceration  erfolgt  in  gleicher  Weise  anfangs 
in  Acid.  hydrochl.  und  später  im  künstlichen  Verdauungsgemisch.  Zum  Unterschied  von 
Photoxylinpräparaten  aber  können  die  hier  erhaltenen  Korrosionen  trocken  aufbewahrt  wer- 
den und  zeichnen  sich  überdies  durch  große  Zähigkeit  und  Haltbarkeit  aus. 

Für  Bronchialausgüsse  schien  mir  die  Celluloidmasse  indes  weniger  geeignet,  weil  sie 
leicht  durch  die  zarten  Wandungen  der  letzten  Luftwege  diffundiert  und  in  umliegende  Ge- 
webspartien  eindringt.  Versuche  dieser  Art  ergaben  unklare  Präparate,  so  daß  ich  ihre  An- 
wendung auf  Injektionen  der  mit  stärkeren  Wandungen  versehenen  Blutgefäße  beschränken 
mußte. 

d.    Gelatineinjektion. 

Während  ich  nach  eben  geschilderten 
Methoden  makroskopische  Ausgüsse  anfertigte, 
suchte  ich  die  Darstellung  der  mikroskopisch 
feinen  Luftwege  auf  andere  Weise  zu  erreichen. 
Zunächst  hielt  ich  es  für  nötig,  die  Luft  aus 
der  zu  injizierenden  Lunge  zu  pumpen,  um 
eine  möglichst  vollständige  Füllung  zu  erreichen. 
Sofort  nach  dem  Tode  des  Vogels  wird  der 
Thorax  desselben  mit  der  darin  befindlichen 
unverletzten  Lunge  und  dem  Herzen  von  allen 
ihn  umgebenden  Körperteilen  befreit.  Dieses 
Thoraxstück  wird  in  einen  Glascylinder  ge- 
bracht und  an  dessen  Boden  mit  einem  Metall- 
gewicht beschwert,  um  ein  Hochsteigen  in 
der  später  in  das  Glas  fließenden  Gelatine 
zu  verhindern.  Der  Brustkorb  mit  der  Lunge 
nimmt  möglichst  eine  senkrechte  Lage  in  dem 
Behälter  ein  und  zwar  so,  daß  die  Trachea 
oberhalb  der  Lunge  nach  der  Öffnung  des  Ge- 
fäßes zu  gerichtet  ist.  Das  letztere  wird  unter 
der  Luftpumpenglocke  aufgestellt.  Der  Kopfteil 
der  Glocke  ist  mit  einem  Gummistöpsel  luft- 
dicht verschlossen,  durch  welchen  ein  Glasrohr 
mit   einem    eingeschmolzenen    Glashahn    in    das 

Innere  derselben  hineinragt.  An  dieser  Röhre  wird  ein  Gummischlauch  befestigt,  der  bis 
auf  den  Boden  des  unter  der  Glocke  befindlichen  Gefäßes  reichen  muß.  (Siehe  Textfigur  i.) 
Nach  Schließen  des  Hahnes  bei  C,  Öffnen  des  Luftsaugeventils  bei  A  wird  die  Wasserluft- 
pumpe in  Tätigkeit  gesetzt.    Nachdem  die  Luft   bis   auf   ein   Vakuum   von    loo  mm    Druck 


Textfigur  i.     W  ^  Wasserdruckgebläse. 


—     6     — 

abgesogen  wurde,  läßt  man  von  obenher  durch  Glasröhre  und  Gummischlauch  die  50" 
warme  Gelatine  langsam  in  das  unter  der  Glocke  befindliche  Glas  einfließen,  und  zwar  so- 
weit, bis  die  Trachea  reichlich  von  der  Injektionsmasse  bedeckt  wird.  Durch  vorsichtiges 
Öffnen  des  Luftventils  bei  A  läßt  man  alsbald  die  atmosphärische  Luft  ganz  allmählich 
unter  die  Glocke  treten.  Hierbei  zeigt  sich  nun,  daß  die  Gelatinemasse  infolge  des  von 
außen  einwirkenden  Druckes  im  Glase  langsam  um  ein  weniges  einsinkt,  und  jene  im  Be- 
hälter gelegene  Lunge  erst  jetzt  völlig  von  der  Flüssigkeit  ausgefüllt  wird.  Das  Glas  stellt 
man  zur  raschen  Abkühlung  in  Eiswasser,  nimmt  einige  Stunden  später  den  injizierten 
Thorax  aus  der  steif  gewordenen  Gelatinemasse  und  bringt  ihn  zur  Fixierung  und  Härtung 
in  20  Ob  Formalinlösung.  Nach  24  bis  48  Stunden  können  Lungenstückchen  durch  die 
Alkohole  geführt,  in  Paraffin  eingebettet  und  in  dünnen  Schnitten  untersucht  werden.  Nach 
Möglichkeit  vermied  ich  aber  diese  Art  der  Einbettung,  weil  das  mit  Gelatine  injizierte 
Material  durch  die  Entwässerung  meist  so  hart  und  brüchig  wird,  daß  gute  Schnitte  nur 
selten  gelingen.  Ich  wählte  später  statt  dessen  eine  recht  einfache,  sehr  zweckmäßige 
Methode,  indem  ich  die  Lungenstückchen  auf  Korkwürfeln  mit  angewärmter  Glycerin- 
gelatine  aufklebte  und  das  Ganze  in  96"  Alkohol  erhärten  ließ.  Mit  einein  gut  befeuchteten 
(Alkoh.)  schräg  gestellten  Messer  konnte  ich  nach  24  Stunden  sehr  saubere  und  dünne  (bis 
6  fi)  Schnitte  anfertigen. 

Diese  technischen  Notizen  sollen  auf  die  Methoden  hinweisen,  die  ich  im  Laufe  der 
Untersuchungen  als  die  besten  erkannt  habe.  Die  Gelatincinjcktion  speziell  erfuhr  infolge 
der  bei  früheren  Methoden  stets  erfolgten  Zerreißungen  der  feinsten  Luftwege  eine  eingehende 
Modifikation,  bis  endlich  die  Imbibition  des  interstitiellen  Lungengewebes  sowie  der  lockeren 
Adventitia  der  Blutgefäße  vermieden  und  eine  korrekte  Füllung  des  Bronchialsystems  er- 
reicht wurde. 

Im  mikroskopischen  Teil  der  Arbeit  werde  ich  noch  kurz  auf  einige  Injektionsweisen 
zurückkommen,  die  ich  anfangs  benutzt  hatte.  Ebenso  will  ich  später  die  Anfertigung 
meiner  histologischen  Präparate  berühren. 


Kapitel  2. 

Untersuchungsmaterial. 

(Aufgestellt  nach  Leunis,  Synopsis  der  Tierkunde   1883.) 


Classis:  Aves. 

Ordo:   Im  penne  s. 
Famiha:  Spheniscidae. 
Genus :  Aptenodytes  Forst. 

Species:  Eudyptes  (Embryonen) 
Ordo:  Longipennes. 
Familia:  Laridae. 
Genus :   Larus  Linne. 


Exempl. 


Exempl. 
Species :   Larus  argentatus  Brünnich    i 


Ordo: 


Larus  canus  Linne 
Larus  fuscus  Linne 
Lamcllirostres. 


Familia :   Fuligulidae. 
Genus :  Fulix  Simd. 

Species :  Fulix  cristata  Steph. 
Genus :   Oidemia   Flem. 


—     7     — 


Exempl. 
Species :  Oidemia  nigra  Gray  i 

Familia :   Anatidae. 
Genus :  Anas  Linne. 

Species :   Anas  boschas   Linn6  5 

Anas  metopias  Popp  i 

Anas  crecca  Linne  3 

Anas  acuta  Linne  i 

Anas  strepera  Linne  2 

Anas  penelope  Linne  2 

Genus :  Dendrocycna. 

Species :  Dendrocycna  fulva   Gm.  i 

Genus :  Spatula  Boie. 

Species :  Spatula  clypeata  Boie  2 

Familia :  Tadornidae. 
Genus :  Tadorna  Leach. 

Species :  Tadorna  vulpanser  Flem.        i 
Tadorna  tadornoides  J.  u.  S.   i 
Familia :   Anseridae. 
Genus :  Anser  Linne. 

Species :  Anser  domesticus   Linne         i 
Anser  segetum  Bechst.  i 

Anser  ferus  Linne  (Embryo)    i 
Cereopsis   Novae-Hollandiae 
Lath.  I 

Familia :   Cygnidae. 
Genus :  Cygnus  Linne. 

Species  :  Cygnus  atratus  i 

Ordo:   Grallae. 
Familia :   Hemiglottides. 
Genus :   Platalea   Linne. 

Species :  Platalea  leucorodia  Linne        i 
Familia :   Ardeidae. 
Genus :   Botaurus   Steph. 

Species :  Botaurus  stellaris  Steph.  i 

Genus :  Ardea. 

Species :  Ardea  cinerea   Linne  i 

Familia :   Gruidae. 
Genus :  Anthropoides  Vieill. 

Species :  Anthropoides  virgo  Vieill.      i 
Familia:  Rallidae. 
Genus :   Fulicula  Linne. 

Species :   Fulicula  atra  Linne  i 


Exempl. 
Familia :  Charadriidae. 
Genus :  Haematopus  Linne. 

Species :   Haematopus  ostrealegus 

Linne  i 

Familia :  Scolopacidae. 
Genus :  Numenius  Linne. 

Species :  Numenius  arquatus  Linne       i 
Genus :  Scolopax  Linne. 

Species :  Scolopax  rusticola  Linne         i 
Ordo:   Gallinacei. 
Familia :  Phasianidae. 
Genus :  Gallus  Linne. 

Species :  Gallus  domesticus  Briss.         6 
Genus :  Phasianus  Linne. 

Species :   Phasianus  torquatus   Linne     i 
Phasianus  pictus   Linne  i 

Ordo:  Columbinae. 
Familia :  Columbidae. 
Genus :  Columba  Linne. 

Species:  Columba  liv.  dom.  Linne       25 
Columba  liv.tabellaria  Linne  i  5 
Ordo:  Raptatores. 
Familia :   Falconidae. 
Genus :  Tinnunculus  Vieill. 

Species :  Tinnunculus  rufipes  Beseke   i 
Tinnunculus  alaudarius  Gray  i 
Genus :  Falco  Vig. 

Species :  Falco  subbuteo  Linne  i 

Genus :  Aquila  Moehr. 

Species :  Aquila  chrysaetus  Bp.  i 

Genus :  Buteo  Bechst. 

Species :   Buteo   vulgaris   Bechst.  5 

Buteo  Variet.  Amerik.  i 

Genus :   Pernis  Cuv. 

Species :  Pernis  apivorus  Gray  3 

Genus :  Milvus  Cuv. 

Species :  Milvus  regalis   Cuv.  i 

Milvus  parasiticus  i 

Genus :   Nisus   Cuv. 

Species :   Nisus  comunis  Cuv.  i 

Familia :   Strigidae. 
Genus :  Otus  Cuv. 


Exempl. 

Species:  Otus  brachyotus  Cuv.  i 

Otus  vulgaris  Flem.  i 
Genus :  Syrnium  Sav. 

Species:  Syrnium  aluco  Boie  i 
Genus :  Strix  Sav. 

Species :  Strix  flammea  Linne  2 

Ordo:  Passeres. 
Subordo :  Oscines. 
Familia :  Cor\'idae. 
Genus : .  Corvus  Linne. 

Species :  Corvus  corone  Lath.  3 

Familia:  Icteridae. 
Genus :  Molothrus  Gm. 

Species :  Molothrus  bonariensis  Gm.    3 

Familia :  Fringillidae. 
Genus :  Emberiza  Linne. 

Species :  Emberiza  schoeniclus  Linne  i 
Genus :  Passer  Linne. 

Species :  Passer  dom.  Linne  6 

Genus :   Cardinalis   Bp. 

Species :  Cardinalis  virginianus  Bp.      2 
Genus :  Spermestes. 


Exempl. 

Species :  Spermestes  Swinhoe  Cab. 

Variet.  10 

Genus :   Habropyga  Gould. 

Species :  Habropyga  castanotis  Gould  3 
Subordo :   Clamatores. 
Familia :  Cotingidae. 
Genus :   Gymnocephalus   Geoffr. 

Species :  G}-mnocephalus  calvus  Geoff.  3 
Familia :  Anabatidae. 
Genus :  Furnarius  ^^ieill. 

Species :  Furnarius  rufus  d'Orb.  i 

Ordo:   Pici. 
Familia:  Picidae. 
Genus :  Dendrocopus   Koch. 

Species :  Dendrocopus  major  Koch       i 
Ordo:  Psittaci. 
Familia:  Psittacidae. 
Genus :   Chrysotis   Swains. 

Species :  Chrysotis  amazonica  2 

Genus :  Eclectus  Wayl. 

Species :  Eclectus  pectoralis  Wayl         i 
Genus :   Psittacus   Swains. 

Species :  Psittacus  erithacus  Linne        2 


Hinsichtlich  der  Aufzählung  der  einzelnen  Species  ist  zu  bemerken,  daß  mit  der 
niedersten  Gruppe,  den  Pinguinen,  begonnen  wurde,  während  die  Papageien  als  die  höchst 
entwickelten  Vögel  die  Reihenfolge  abschließen. 


I. 
Makroskopischer  Teil. 

Kapitel  3. 
Architektonik  der  Vogellunge. 

Zum  besseren  Verständnis  der  Beschreibung  des  Bronchialbaumes  der  Vögel  empfiehlt 
es  sich,  zuerst  auf  die  in  vorliegender  Arbeit  zur  Anwendung  gebrachten  Namen  und  Lage- 
bestimmungen kurz  hinzuweisen : 

Die  zwischen  Rippen  und  Wirbelsäule  gelegene  Lungenportion  wird  als  obere  dor- 
sale, der  dem  Herzen  und  Brustbein  zugekehrte  Teil  als  untere  ventrale  Lungenoberfläche 
bezeichnet.  In  der  Längsrichtung  mußten  drei  Abschnitte  der  Lunge  unterschieden  werden: 
ein  vorderes  craniales,  dann  ein  zweites  mittleres  und  zuletzt  ein  hinteres  caudales 
Drittel.  An  der  Hand  dieser  Bezeichnungen  spreche  ich  von  vorn  und  cranial,  mitten  und 
medial,  hinten  und  c  au  dal,  oben  und  dorsal,  unten  und  ventral.  Die  längs  der  Wirbel- 
säule verlaufenden  Lungenpartien  werden  innen  und  medial,  die  am  weitesten  davon  ent- 
fernten außen  und  lateral  auch   distal   genannt. 

An  Stelle  der  bisherigen  allgemeinen  Bronchialeinteilung  führte  ich  zur  besseren 
Charakteristik  Einzelnamen  der  Bronchien  ein.  Ich  ging  von  der  Erwägung  aus,  daß  vor- 
nehmlich Lage  und  Richtung  der  betreffenden  Organteile  die  wesentlichen  Faktoren  bei 
Festsetzung  einer  übersichtlichen  Nomenklatur  sein  müßten  und  unterschied  einen  cervi- 
calen,  clavicularen,  vorderen  und  hinteren  diaphragmatischen  sowie  einen  ab- 
dominalen Luftsack.  Die  in  dieselben  mündenden  Bronchien  benannte  ich  demzufolge 
Bronchus  cervicalis,  clavicularis,  diaphragmaticus  anterior  und  posterior. 
Für  den  Hauptbronchus  allein  behielt  ich  die  Bezeichnung  Mesobronchium  bei,  während 
die  Dorsalbronchien  als  Bronchi  dorsales  aufgeführt  wurden.  Jene  bislang  als  2.,  3.  und 
4.  Entobronchium  bezeichneten  Äste  benannte  ich  Bronchus  clavicularis  dorsalis, 
diaphragmaticus  anterior  und  caudalis.  Neu  unterschieden  wurden  die  Bronchi 
medialis  und  lateralis. 

Die  Lungen  der  Vögel  sind  verhältnismäßig  klein,  aber  der  Größe  der  respiratorischen 
Fläche  und  der  Dichtigkeit  des  Kapillarnetzes  wegen  sehr  leistungsfähig.  Sie  liegen  paarig 
symmetrisch  gestaltet  in  der  Brusthöhle  unter  der  Wirbelsäule  und  dem  dorsalen  Teil  der 
Rippen.  „Die  ventrale  freie,  der  Körperhöhle  zugewendete  Fläche  wird  zum  großen  Teil  von 
dem  rudimentären,  sehnigen  Zwerchfell  bedeckt,  welches  sich  durch  sparsame  Muskelbündel 
an  den  Rippen  und  sehnig  an  der  Wirbelsäule   befestigt.    Durch   Öffnungen,  welche  sich  an 

Zoologlca.    Uel't.  45,  o 


—     10     — 

der  ventralen  Fläche  der  Lunge  vorfinden,  stehen  die  Bronchien  mit  den  Luftsäcken  in  Ver- 
bindung. Das  craniale  zugespitzte  Ende  reicht  bis  zur  ersten  Rippe,  das  caudale  breite  Ende 
bis  zu  den  Nieren."    (Ellenberger  und  Baum    15.  pag.  937.)    (1900  pag.  36.) 

Die  Vogellunge  selbst  ist  nie  in  Lappen  gespalten  wie  die  Säugetierlunge.  Ihre  ventrale 
Oberfläche  ist  leicht  konkav  gebogen,  die  dorsale  hingegen  stets  konvex  gestaltet  und  in 
die  korrespondierenden  Partien  der  Thoraxwand  so  eingefügt,  daß  durch  die  Rippen  quer 
verlaufende  Einkerbungen  in  ihr  entstehen. 

a.    Hauptbronchus. 
Siehe  Taf.  I,  Fig.  i — 6.) 

Der  aus  der  Bifurkation  der  Trachea  hervorgehende  Hauptbronchus  (Mesobronchium 
Huxley  1875  pag.  36)  tritt  jederseits  an  der  ventralen  Fläche  der  Lunge  in  dieselbe  ein  und 
zwar  zum  größten  Teil  am  Anfang  des  zweiten  Drittels;  seltener  genau  in  der  Mitte  der- 
selben bei  Ärdea  cinerea,  Botaurus  stellaris,  Platalea  leucorodia,  Cygnus  atratus,  Ta- 
dorna  tadornoides  und  Anas  domestica.  Bald  nach  seinem  Eintritt  in  die  Lunge  erweitert 
er  sich  ampullenartig  zu  einem  Vestibulum,  von  dem  aus  sich  mehrere  große  Bronchien  ab- 
zweigen. Unter  allmählichem  Verlust  der  Knorpelringe  durchzieht  die  intrapulmonare  Portion 
dieses  Mesobronchmm  leicht  dorso-lateral  gebogen  die  Lungensubstanz,  ^m  am  hinteren  la- 
teralen Rande  mit  weiter  Öffnung,  dem  Ostium  posterius,  in  den  abdominalen  Luftsack 
überzugehen.  Während  dieses  Verlaufes  entsendet  der  Hauptstamm  noch  verschiedene  dorsal 
und  ventral  gerichtete  Äste  und  teilt  sich  etwa  zu  Anfang  seines  zweiten  Drittels  in  einen 
dorsal -fortziehenden  und  in  einen  ventralwärts  absteigenden  Kanal,  welch'  letzteren  ich 
Bronchus  diaphragmaticus  posterior  bezeichne.  Derselbe  ist  zwar  sehr  kurz,  aber  ver- 
hältnismäßig weit  und  führt  die  Luft  durch  das  geräumige  Ostium  int  er  medium  poste- 
rius in  den  hinteren  diaphragmatischen  Luftsack.  Sein  Ostium  liegt  auf  der  ventralen  Ober- 
fläche, fast  am  lateralen  Lungenrande  und  am  Anfang  des  distalen  Drittels  der  Lunge. 

Von  diesem  Mesobronchium  aus  nehmen  zwei  Bronchialbezirke  ihren  Ausgang,  der 
ventrale  auf  der  Innen-,  der  dorsale  auf  der  Außenfläche.  Bei  der  weiteren  Beschreibung 
sollen  daher  diese  beiden  Systeme  für  sich  und  nacheinander  berücksichtigt  werden. 


b.   Ventrales  Bronchialsystem. 
(Siehe  Taf.  I,  Fig.  i — 5.) 

Das  Mesobronchium  gibt  kurz  nach  seinem  Eintritt  in  die  Lunge  noch  vor  seiner  Erweite- 
rung zum  Vestibulum  aus  seiner  medio-dorsalen  Wand  den  ersten  \'entralbronchus  ab,  den 
ich  Bronchus  clavicularis  benennen  will.  (Siehe  Fig.  i  u.  2.)  Er  ist  als  erstes  Ento- 
bronchium-  (Gadow  1890  p.  36)  -bronche  diaphragmatique  =  Sappey  bekannt.  Mit  seinem 
Hauptast,  den  ich  als  Bronchus  cervicalis  bezeichne,  beherrscht  er  durch  reiche  Ver- 
zweigungen das  vordere  ventrale  Lungengebiet.  Er  selbst  biegt  bald  nach  seinem  Ursprung 
ni  kurzer   nach  dem  lateralen  Rande  zu  gerichteter  Kurve  um  die  Wurzel  des  Mesobronchium 


—    11    — 

sowie  um  die  lateralwärts  davon  gelegene  Pulmonalis  und  schickt  seine  Zweige  über  den 
cranialen  und  lateralen  Rand  hinweg  nach  der  dorsalen  Oberfläche.  Vermittelst  des  lateral 
von  der  Wurzel  des  Mesobronchium  befindlichen  Ostium  claviculare  versorgt  er  den  gleich- 
namigen Luftsack  und  setzt  seinen  bogenförmigen  Lauf  rings  um  den  Stammbronchus  bis 
genau  hinter  denselben  und  hinter  die  hier  verstreichende  Vena  pulmonalis  fort.  Knapp  vor 
der  Lungenmitte  endigt  er  mit  einem  kräftigen  sich  nach  dem  lateralen  Rand  zu  verästeln- 
den Zweig,  der  noch  an  seiner  Abgangsstelle  durch  eine  schmale  Öffnung  mit  dem  vorderen 
diaphragmatischen  Luftsack  in  Verbindung  steht. 

Der  bereits  erwähnte  Bronchus  cervicalis  setzt  die  anfänglich  gerade  Richtung 
seines  Mutterstammes  fort  und  begibt  sich  zur  vorderen  Lungenspitze,  um  kurz  vor  der- 
selben durch  das  Ostium  cervicale  in  den  gleichnamigen  Luftsack  einzumünden.  Auch 
er  sendet  eine  reiche  Anzahl  Zweige  über  den  cranialen  und  medialen  Lungenrand  nach  der 
dorsalen   Oberfläche. 

Von  der  medio-dorsalen  Wand  des  Mesobronchium  etwas  oberhalb  von  dem  vorigen 
gehen  am  L'rsprung  miteinander  verschmolzen,  aber  später  divergierend,  der  Bronchus 
clavicularis  dorsalis  (2.  Entobronchium)  und  der  Bronchus  medialis  ab.  Ersterer 
durchdringt  genau  parallel  zu  dem  unter  ihm  auf  der  ventralen  Oberfläche  sich  hinziehenden 
Bronchus  clavicularis  im  gleichen  Bogen  die  innere  Lungensubstanz,  verästelt  sich  in  derselben 
und  gibt  auch  Zweige  an  den  clavicularen  Luftsack  ab.  (Siehe  Fig.  i  u.  3.)  Der  Medialbronchus 
dagegen  strebt  geraden  Weges  zum  medialen  Rand,  über  den  hinweg  er  sich  mit  seinen 
Zweigen  dorsalwärts  begibt. 

Oberhalb  vom  Ausgangspunkt  dieser  Luftwege,  etwas  mehr  lateral  als  dorsal,  geht  der 
Bronchus  diaphragmaticus  anterior  (3.  Entobronchium)  nach  äußerst  kurzem  Laufe 
zur  hinteren  medialen  Ventralfläche  hinab,  um  durch  das  Ostium  intermedium  antcrius, 
welches  medio-caudalwärts  nahe  am  Mesobronchium  liegt,  in  den  vorderen  diaphragmatischen 
Luftsack  einzumünden. 

Während  die  soeben  geschilderten  Bronchien  mit  Ausnahme  des  Bronchus  medialis 
Verbindungen  mit  Luftsäcken  herstellen,  sind  die  nun  folgenden  ausschließlich  zur  Ven- 
tilation der  Lunge  selbst  bestimmt.  Nach  Abgabe  dieser  Kanäle  nämlich  beginnt  der 
Hauptbronchus  sich  zum  Vestibulum  auszudehnen,  von  dem  aus  verschiedene  kräftige  Äste 
entsendet  werden. 

Von  der  unteren  dorso-medialen  Wand  der  ampullenartigen  Erweiterung  zieht  der 
Bronchus  caudalis  (4.  Entobronchium),  weitaus  der  gewaltigste  ventrale  Stamm,  auf  dem 
medialen  Rande  entlang  zum  hinteren  und  mittleren  Lungenende.  Sein  Lumen  verengert 
sich  auf  diesem  Wege  allmählich,  bis  er  sich  schließlich  in  feine  Ästchen  auflöst.  Medial- 
wärts  gehen  von  ihm  mehrere  parallel  nach  dem  oberen  dorsalen  Rand  aufsteigende  und  sich 
weiter  verzweigende  Kanäle  ab,  die  nach  dem  Ende  ihres  Mutterbronchus  zu  entsprechend 
kleiner  werden.  Distalwärts  entspringt  nur  ein  kräftiger  Ast,  der  Bronchus  lateralis, 
welcher  sich  unmittelbar  nach  seinem  LTrsprung  in  zwei  Stämmchen  gabelt,  deren  vorderer 
leicht  gebogen  hinter  dem  Mesobronchium  und  der  Vena  pulmonalis  schräg  nach  außen 
und  vorn  zuläuft,  während  der  hintere,  parallel  zum  Caudalbronchus,  mit  seinen  lateralwärts 
abgehenden  Gängen  die  weitere  Versorgung  des  hinteren  ventralen  Lungenabschnittes  über- 
nimmt. 


—     12     — 

Das  gesamte  ventrale  Gebiet  der  Lunge  muß  mit  Rücksicht  auf  die  Art  der  Ver- 
ästelung in  zwei  Teile  geschieden  werden  —  einen  vorderen  und  einen  hinteren  — ,  deren  Grenze 
die  Eintrittsstelle  des  Hauptbronchus  in  die  Lunge  im  Verein  mit  dem  Bronchus  caudalis 
bildet.  Bemerkenswert  ist  schließlich  noch,  daß  der  vordere  Abschnitt  vornehmlich  von  groß- 
kalibrigen Ästen  beherrscht  wird,  während  im  Bereiche  des  hinteren  das  für  die  Vogellunge 
charakteristische  Lungenpfeifensystem  zur  Ausbildung  gelangt.    (Siehe  Fig.  5.) 


c.    Dorsales  Bronchialsystem 
(Siehe  Taf.  I,  Fig.  i  u.  6.) 

Von  der  intrapulmonaren  Portion  des  Hauptbronchus  aus  gehen  eine  Anzahl  fast 
gleichweiter  Bronchien  zur  dorsalen  Lungenfläche,  welche  mit  ihren  meist  parallel  verlaufen- 
den Kanälen  die  mediale  Lungenhälfte  ausfüllen.  Ich  bezeichne  sie  als  Bronchi  dorsales 
(Ektobronchien  Gadow  1890,  p.  36,  bronches  costales  Sappey).  Ihre  Zahl  schwankt  normaler- 
weise zwischen  6  und  10.  (Siehe  Tabelle  i — 3,  pag.  16 — 18.)  Sie  entspringen  von  der 
medio-dorsalen  Wand  des  Mesobronchium,  und  zwar  die  beiden  obersten  vom  Vestibulum 
selbst,  während  die  nachfolgenden  im  Hauptbronchus  wurzeln.  Auf  der  dorso  -  lateralen 
Lungenhälfte  ist  ferner  ein  gleichkalibriges  und  netzartig  verbundenes  Kanalsystem  erkenn- 
bar, welches  dadurch  entstanden  zu  denken  ist,  daß  die  aus  dem  Lungeninnern  hervortreten- 
den Lungenpfeifen  unter  sich  und  mit  sämtlichen  umliegenden  Bronchien  Anastomosen  ein- 
gegangen sind.  Mithin  kann  auch  hier  auf  der  Dorsalseite  ein  gröberes  und  ein  feineres 
Verästelungssystem  unterschieden  werden,  das  aber  nicht  —  wie  ventralwärts  —  auf  der 
vorderen  und  hinteren,  sondern  auf  der  inneren  und  äußeren  Lungenhälfte  ausgeprägt  ist. 

Die  von  den  Ventralbronchien  ausgehenden  Verzweigungen  verstreichen,  wie  bereits 
angeführt  wurde,  größtenteils  zur  dorsalen  Lungenseite.  Wir  können  bei  Betrachtung  der 
Dorsalfläche  deutlich  wahrnehmen,  wie  die  Ventraläste  nach  Erreichung  des  Lungenrandes 
umbiegen  und  nun  direkt  in  die  ihnen  entgegenkommenden  Ästchen  der  Bronchi  dorsales 
übergehen.  Die  letzten  Ausläufer  der  Bronchien  besitzen  überdies  eine  meist  gleiche  Ka- 
liberstärke, welche  im  entsprechenden  Einzelfall  dem  Lumen  der  zugehörigen  Lungenpfeifen 
entspricht.    (Siehe  auch  Tafel   IV— V.) 


d.  Lungenpfeifensystem. 
(Siehe  Taf.  I,  Fig.  7  u.  8.) 

Das  Lungeninnere  wird  von  zahlreichen  gleichweiten  Gängen  durchsetzt,  welche  von 
den  intrapulmonaren  Bronchien  allseitig,  von  den  oberflächlich  verstreichenden  einseitig  ab- 
gehen. Nur  der  Hauptbronchus  selbst  macht  von  dieser  Regel  eine  Ausnahme,  indem  er 
erst  nach  Erweiterung  zum  Vestibulum  nur  von  seiner  dorsalen  Wand  aus  mit  den  Kanälen 
anastomosiert,  seine  mediale  und  ventrale  Wand  hingegen  stets  geschlossen  bleibt.  Sie  sind 
unter  dem  Namen  Lungenpfeifen  bekannt  (Parabronchia  Huxley  1875  V^S-  3^,  cannaux  ter- 
tiaires  Cuvier,  Bronchial  tubes  Rainey,  canaliculi  aeriferi  Schulze  1871  p.  36).  Ich  bezeichne 
sie  als  Bronchi  fistularii.   (Siehe  Taf.  I,  Fig.  7.)    Unter  rechtem  Winkel  ziehen   dieselben 


—     13     — 

meist  parallel  angeordnet  von  außen  und  oben  nach  innen  und  unten  der  Lunge  hin.  Sie 
bilden  größtenteils  die  vermittelnden  Kanäle  zwischen  der  dorsalen  und  ventralen  Lungen- 
oberfläche sowie  die  Verbindungsbrücken  des  hinteren  medialen  und  distalen  Lungenrandes 
und  werden  ungefähr  in  der  Mitte  der  Lungensubstanz  durch  Seitengänge,  die  sämtlich  in 
einer  Ebene  liegen  und  das  Lumen  der  Pfeifen  besitzen,  miteinander  vereinigt. 

Meine  Schilderung  vom  gröberen  Bronchialbaum  der  Vögel  mag  den  bisherigen 
Mangel  einer  eingehenden  Darstellung  ersetzen.  Außer  von  Gadow  (1890)  und  Max  Baer 
(1896)  sind  genauere  Beschreibungen  desselben  nicht  geliefert  worden.  Selbst  die  Angaben 
der  letzteren  haben  das  Gebiet  noch  nicht  erschöpft,  und  noch  weniger  wurden  vergleichend- 
anatomische Untersuchungen  auf  diese  interessanten  Organe  ausgedehnt,  so  daß  ich  hier 
noch  ein   dankbares   Feld  der   Forschung   vorfand. 


Kap  itel  4. 

Blutgefäßsystem, 
(Siehe  Taf.  I,  Fig.  9,  10  u.  11.) 

Mit  dem  speziellen  Studium  der  Lungengefäße  habe  ich  mich  nicht  eingehend  be- 
faßt. Da  ich  indessen  von  einigen  Gefäßinjektionen  mehrere  brauchbare  Präparate  erhielt, 
so  möchte  ich  die  Befunde  nicht  unerwähnt  lassen.  Bevor  ich  dieselben  hier  anführe,  will 
ich  die  Worte  Max  Baers  (1896,  pag.  36),  welche  auf  die  Blutwege  Bezug  nehmen,  eitleren: 

„Die  Arteria  und  Vena  pulmonalis  sind  relativ  sehr  stark,  die  letztere  nur  einfach 
vorhanden.  Beide  verästeln  sich  im  gemeinschaftlichen  Verlauf  dichotomisch,  ohne  an  die 
Bronchien  gebunden  zu  sein,  und  lösen  sich  in  außerordentlich  zahlreiche  Endverzweigungen 
pinselförmig  auf." 

Auf  meine  Resultate  übergehend,  weise  ich  auf  folgendes  hin :  Die  Arterie  tritt  etwas 
seitwärts  und  vor  dem  Mesobronchium  in  die  Lunge  ein  und  teilt  sich  kurz  darauf  in 
zwei  Hauptstämme,  welche  die  medio-craniale  und  latero-caudale  Lungenhälfte  mit  Blut 
versorgen.  (Siehe  Taf.  IV,  Fig.  8.)  Der  erste  vorn  abbiegende  Ast  verstreicht  nach  dem 
medialen  Lungenrande  und  gibt  auf  seinem  Wege  allmählich  schwächer  werdende  Äste  in 
immer  kürzeren  Zwischenräumen  ab.  Der  zweite  kräftigere  Ast  bildet  die  Fortsetzung  des 
eigentlichen  Hauptstammes  und  verläuft  caudalwärts  zum  mittleren  hinteren  Lungengebiet,  in 
welchem  er  sich  in  zahlreiche  allseitig  abgehende  Zweige  auflöst.  An  seiner  Basis  gibt  er 
einen  kräftigen  Kanal  ab,  welcher  von  der  Wurzel  des  Hauptbronchus  und  längs  dessen  late- 
raler Wand  bis  zum  lateralen  hinteren  Lungenrand  verstreicht.  Derselbe  ernährt  hauptsäch- 
lich den  seitlich  vom  Mesobronchium  gelegenen  Lungenabschnitt. 

Die  feinere  Verzweigung  der  Pulmonalis  geht  mit  großer  Regelmäßigkeit  vor  sich, 
indem  die  in  immer  kürzeren  Zwischenräumen  radiär  abgehenden  Nebenäste  sich  wiederholt 
dichotomisch  teilen,  bis  die  letzten  Ausläufer  pinselförmig  oder  büschelartig  dicht  gedrängt 
in  das  Blutkapillarnetz  übergehen.  (Siehe  Taf.  I,  Fig.  9,  10,  11,  Taf.  V  die  Korrosionspräpa- 
rate der  Pulmonalis.) 


—     14     — 

Kapitel  5 
Das  Verhältnis  des  Bronchialbaums  zur  Pulmonalis. 

^^^ie  erwähnt,  tritt  die  Arterie  seitlich  und  dicht  vor  dem  Mesobronchium  in  die  Lunge 
ein.  Nach  ihrer  ersten  Teilung  zieht  sie  noch  eine  kurze  Strecke  an  der  vorderen  Wand 
des  Mesobronchium  dahin,  biegt  nach  Entsendung  eines  lateralen  Stammes  medialwärts  um 
den  Hauptbronchus  um,  trennt  sich  von  ihm  und  verstreicht  fast  geraden  Weges  zur  medialen 
hinteren  Lungenspitze,  während  jener  entgegengesetzt  zum  lateralen  hinteren  Rand  verläuft. 
(Taf.  I,  Fig.  9.)  Aeby  (1880  pag.  36)  hat  nun  den  Satz  aufgestellt,  daß  die  Lungenarterie  in 
der  Wirbeltierreihe  auf  die  Gestaltung  des  Bronchialbaumes  einen  entscheidenden  Einfluß 
ausübe.  Auf  Grund  von  Korrosionspräparaten  zahlreicher  Säugetierlungen  zeigte  dieser 
Forscher,  daß  die  Pulmonalis  an  der  Seite  des  Hauptbronchus  dahinziehe  und  in  einem  be- 
stimmten Verhältnis  zu  ihm  gelagert  sei.  In  diesem  Verhalten  erblickte  er  ein  hochwichtiges 
Moment  für  die  Entwickelung  des  Bronchialbaums  in  der  Wirbeltierreihe  und  stellte  an  der 
Hand  seiner  Untersuchungen,  die  er  nicht  nur  auf  die  Säugetierlungen,  sondern  auch  auf 
jene  der  Reptilien  und  Vögel  ausgedehnt  hatte  —  allerdings  auf  Grund  nur  weniger  Präpa- 
rate, die  nicht  abgebildet  worden  sind  — ,  ein  ep-  und  hypartielles  Bronchialsystem  auf. 
Prüfen  wir,  wie  sich  unsere  heutige  Kenntnis  vom  Bau  der  \'ogellunge  zur  Theorie  Aebys 
stellt,  so  müssen  wir  folgendes  konstatieren : 

Wenn  auch  die  Pulmonalis  nicht  gleiche  Verästelungswege  mit  dem  Bronchialbaum 
einschlägt,  ja  überhaupt  selbständig  ohne  jede  Rücksicht  auf  den  Bau  des  letzteren  in  der 
Hauptlungenmasse  zur  Ramifikation  schreitet,  so  bin  ich  doch  weit  entfernt,  aus  diesem 
Befunde  den  Einfluß  der  Arterie  auf  die  Luftwege  zu  leugnen.  Die  ausgesprochene  Zwei- 
teilung des  Bronchialbaumes  in  der  Vogellunge  aber  gibt  uns  weit  mehr  als  in  der 
Säugetierlunge  die  Berechtigung,  ein  ep-  und  hyparterielles  System  zu  unterscheiden. 
Die  Pulmonalis  gelangt  zwischen  beiden  Bezirken  zur  Ausbreitung  und  ermöglicht  durch 
ihre  anatomische  Lage  eine  strenge  Scheidung  in  Bronchien,  die  über  ihr  dorsal-  und 
in  solche,  die  unter  ihr  ventralwärts  verlaufen.  (Taf.  I^  Fig.  9;  Taf.  IV.  Fig.  2.)  Es  ent- 
sprechen demgemäß  die  in  früheren  Kapiteln  bereits  unterschiedenen  Dorsal-  und  \'entral- 
bezirke  jenen,  welche  wir  hier  als  ep-  und  hypartielle   Systeine  kennen  lernen. 

Vergleicht  man  schließlich  den  Verlauf  der  feineren  Blut-  und  Luftwege  miteinander, 
so  zeigt  es  sich,  daß  der  noch  zu  erörternden  radiären  Gruppierung  der  Bronchioli  um  die 
Bronchi  fistularii  eine  radiäre  Anordnung  des  Blutkapillarsystemes  parallel  geht.  Beide 
Systeme  nehmen  eine  gleiche  Verlaufsrichtung  und  suchen  sich  in  ihren  letzten  \"erästelungen" 
geradezu  auf,  indem  die  beiderseits  entwickelten  Kapillaren  dicht  nebeneinander  dahinziehen. 
Durch  zahlreiche  Kommunikationen  bilden  dieselben  jederseits  ein  Netz  von  Kanälen  und 
sind  somit  abwechselnd  miteinander  verschlungen.  (Taf.  II,  Fig.  5.)  Diese  überaus  zier- 
liche Verteilung  von  Luft-  und  Blutwegen  in  einem  relativ  kleinen  Räume  führt  uns  zu  dem 
berechtigten  Schluß,  daß  die  Vogellunge  selbst  den  höchsten  Ansprüchen  an  ihre  respira- 
torische Leistungsfähigkeit  gerecht  zu  werden  im  stände  ist.  Von  der  erstaunlichen  Energie 
dieses  Organs  waren  zwar  die  früheren  Autoren  hinreichend  überzeugt,  aber  noch  immer 
fehlte  der  Nachweis,  daß  der  feinere  anatomische    Bau    der    Leistung   parallel    geht.     Noch 


-~     15     — 

Gegenbaur  (1901  pag.  36)  sucht  in  der  Komplikation  der  Vogellunge  schlechthin  den   Faktor, 
der  diesen  ergiebigen  Gasaustausch  bedingt,  indem  er  sagt : 

,, Somit  ist  in  der  Vogellunge  eine  zwar  sehr  mannigfaltige,  aber  doch  im  allgemeinen 
übereinstimmende  Struktur  ausgeführt,  welche  alle  übrigen  an  Komplikation  übertrifft.  Da- 
durch sind  wir  berechtigt,  das  Organ  als  vollkommenstes  an  das  Ende  der  Lungengebilde 
zu  stellen,  wenn  auch  entfernte  Vorbereitungen  dazu  bereits  bei  Reptilien  bestehen. 

Kapitel  6. 
Vergleichend-anatomische  Ergebnisse. 

Da  bisher  die  vergleichende  Anatomie  der  Vogellungen  wenig  Berücksichtigung 
fand,  hielt  ich  es  für  angebracht,  die  Bronchialbäume  von  35  verschiedenen  Vogelarten  zu 
prüfen  und  miteinander  zu  vergleichen.  Der  besseren  Übersicht  halber  habe  ich  Tabellen  zu- 
sammengestellt, deren  Zahlen  mit  den  beigefügten  Photographien  die  Abweichungen  vor . 
Augen  führen  sollen.  Bei  Anfertigung  der  Tabellen  konnten  allerdings  nur  die  hauptsäch- 
lichsten Bronchien  Berücksichtigung  finden,  und  zwar  speziell  alle  diejenigen,  welche  zur 
Bildung  der  dorsalen  und  ventralen  Lungenoberfläche  beitragen. 

Bemerkt  sei  noch,  daß  die  Messungen  an  Celloidin-  bez.  Photoxylinpräparaten  aus- 
geführt wurden,  und  infolge  der  unvermeidlichen  Schrumpfungsstellen  an  solchen  Korro- 
sionen Ungenauigkeiten  untergelaufen  sein  können.  Da  indes  die  Messungen  sämtlich  in 
gleicher  Weise  und  unter  denselben  Bedingungen  erfolgt  sind,  so  wird  doch  der  Leser  an 
der  Hand  der  Tabellen  im  stände  sein,  eine  richtige  Vorstellung  von  der  Architektonik  der 
einzelnen  Bronchialbäume  zu  gewinnen. 

Das  Grundgesetz  für  die  Gestalt  der  untersuchten  Vogellungen  kann  nach  Messungen 
von  Länge,  Breite  und  Höhe  derselben  mit  kurzen  Worten  dahin  präzisiert  werden,  daß  die 
länglich-ovale  Form  zumeist  auftritt,  und  daß  das  Verhältnis  zwischen  Länge,  Breite  und 
Höhe  fast  durchweg  nach  dem  Schema  4:2:1  durchgeführt  ist,  wobei  die  Einheit  das  Maß 
für  die   Lungenhöhe  darstellt. 

Der  Hauptbronchus  ist  bei  seinem  Eintritt  in  die  Lunge  in  vielen  Fällen  oval  ge- 
formt. Bei  Tadorna,  Cygnus,  Anthropoides,  Milvus,  Corvus,  Molothrus,  Emberiza,  Passer, 
Habropyga,  Gymnocephalus  und  Dendrocopus  fand  ich  ein  kreisrundes   Lumen  vor. 

Das  ventrale  Bronchialsystem  zeichnet  sich  durch  grob  angelegte  dicht  nebeneinander 
dahinziehende  und  meist  großkalibrige  Luftwege  aus.  Die  Kaliberverhältnisse  der  Dorsal- 
bronchien bieten  dagegen  eine  größere  Mannigfaltigkeit.  Bei  einigen  Arten  sind  letztere 
sämtlich  von  gleicher  Weite,  bei  anderen  treten  die  vorderen  und  mittleren  kräftig  hervor, 
während  die  hinteren  und  letzten  immer  schwach  entwickelt  sind.  Regelmäßig  jedoch  bleiben 
sie  hinsichtlich  ihres  Kalibers  hinter  denen  des  viel  gröberen  ventralen  Systems  zurück. 
Auf  beiden  Lungenbezirken  aber  tritt  uns  stets  eine  ausgesprochene  Abgrenzung  in  zwei  je  für 
sich  ausgeprägte  Bronchialregionen  mit  verschiedenartigen  Weitenverhältnissen  entgegen.  Wir 
finden  sowohl  dorsal-  als  ventralwärts  ein  gröberes  und  feinkalibriges  Röhrensystem,  welches 
oben  (dorsal)  auf  der  inneren  und  äußeren  Fläche  auftritt,  unten  dagegen  auf  einen  vorderen 
und  hinteren  Abschnitt  verteilt  ist.    (Siehe  Taf.  I,   Fig.  5,  6   und  Taf.  IV — V.) 


\ 
'^'.' 


—     16 


Mass -Tabelle 

der  Lumina  der  wichtigsten  Bronchien  bei   35   Vögeln,    ausgeführt  nach  mm. 


Größe 
der  Lunge 

E 

3 

'£ 
u 

c 

0 

0 
m 

1 

3 
0 
'> 

u 

x: 
u 

c 
0 

'> 
u 

c 
0 

i-, 

Bronchus  ventralis 

Bronchi  dorsales 

Spezies 

c 
■■ci 

0 

x: 
X 

'■B 
0 

S 

.22 

a 
u 

c 
cd 

1 

D. 
ü 

0 

I 

n 

III 

IV 

V 

VI 

vn 

vni 

IX 

X 

Larus  argentatus 

60,0 

27,5 

13,0 

4.0:3,0 

3,0 

3,0 

2,0 

2,5 

1,5 

1,5 

1,5 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

1,2 

Anas  crecca 

1.2 

i.i 

1,1 

0.9 

0,9 

0,6 

0,6 

Fulis  cristata 

45,0  30,0 

14,0 

3,0:2,0 

2,0 

2,0 

1,5 

2,5 

1,1 

1,1 

1,2 

1,8 

1,4 

1.2 

0,9 

1,1 

1,1 

0,7 

Anas  dornest. 

70,035,020,0 

5,0:3.0 

4,0 

4.0 

2,0 

3,0 

1.5 

1,5 

2,0 

2,1 

3,0 

1,8 

1,5 

1,5 

Tadorna  tadornoid. 

80,0 

38,022,5 

5.0 

5,0 

3,0 

3,0 

3,0 

1,8 

2,8 

2,0 

2.5 

1,8 

1,8 

1,5 

1,5 

1,4 

1,4 

1,4 

Cygnus  atratus 

115,0 

60.035,0 

6,0 

6,0 

5,5 

3,0 

4,0 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

2,5 

2,5 

3,0 

3,0 

2,0 

1,5 

Platalea  leucorod. 

/5,o 

38,022,0 

5,0:3,0 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

1,5 

2,0 

1,8 

Botaurus  stellar. 

70,0 

30,016,0 

3,2:2,0 

2,8 

3,0 

4,0 

4.0 

1,5 

2,8 

2,0 

2,0 

1.5 

1,5 

2,0 

1,25 

Ardea  cinerea 

70,0 

40,0 

i7>5 

4,0:2,5 

4,0 

3,5 

3,0 

3,0 

2,0 

2,5 

1,2 

2,0 

2,0 

1,8 

1,8 

1,5 

Anthropoides  virgo 

60,035,018,0 

6,0 

1.0 

3.0 

3,0 

2,8 

2.0 

1,8 

1,8 

Fulicula  atra 

40,0   27,  5;I  2,0 

2,0:1,5 

1.5 

2,2 

2,0 

2,5 

1,0 

1,8 

1,0 

I.I 

1,2 

1,2 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

Haematopus  ostreal. 

45.0 

25.0|i3.o 

4,0:2,5 

3,0 

3.0 

2,0 

2.5 

1,2 

2,0 

1,6 

2,0 

2,0 

1.5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,2 

Numenius  arquat. 

52,0 

22,012,0 

3.0:2,5 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

1.5 

I.I 

1,0 

1.0 

1.0 

1.2 

1,2 

1,1 

1,0 

1,0 

1,1 

1,1 

Scolopax  rusticol. 

35,0  22,o]l  1,0 

3,0:1,5 

2,5 

2.5 

1,5 

2,1 

0,9 

1,0 

1,75 

1,9 

1,75 

I.I 

1,0 

1,1 

1,4 

1,1 

1,0 

Gallus  dorn. 

45-0 

32,017,5 

5.0:3.0 

3,5 

3,0 

2.0 

3,0 

2,2 

2,2 

1,5 

1.5 

2,0 

3.0 

2,0 

2,0 

2,0 

1,5 

Phasianus  torqu. 

45-0 

28,015,0 

3.5:3,0 

3,5 

3.0 

1,8 

3,0 

1,0 

1,0 

1,5 

3.0 

1.5 

1.5 

1,5 

1,5 

1,2 

Columba  liv.  dorn. 

35>o 

22,011,0 

2,5:2,0 

2,2 

2,0 

1.5 

2,2 

1.0 

1,5 

1,5 

1,1 

I.I 

1.1 

1,0 

1,5 

1,0 

0,8 

0,8 

Tinnunculus   rufip. 

25,0 

14,0  6,0 

3.0:2,0 

2,0 

2,0 

I.I 

1,8 

1.4 

2,0 

1,1 

1,2 

i.i 

1,0 

0,8 

0,75 

0,6 

0,5 

0,5 

Tinnunculus  alaud. 

28,0 

15,010,0 

2,0:1,2 

1,0 

1,0 

0,8 

1,2 

0,8 

0,8 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

0,8 

Aquila  chrysaet. 

70,0 

40,025,0 

6,0:3,5 

5.0 

5,0 

3.0 

4,0 

2,0 

4,0 

2,0 

4,0 

3,5 

3.0 

3.0 

3,0 

2,0 

1,5 

ButeoVariet.  americ. 

50,0 

28,o'i6,o 

5,0:4,0 

4.0 

4,0 

2,5 

4,0 

I.I 

1,4 

1,4 

2.8 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

1,25 

1,25 

1,0 

Buteo  vulgaris 

48,0 

27,0^17,0 

4.0:3.0 

3,0 

3,0 

2,0 

3.5 

1,0 

2,0 

1,4 

2,4 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

2,0 

1,5 

1,2 

Milvus  regalis 

40,0 

25,0 

12,5 

2,5 

2,0 

2,0 

1.5 

2.5 

1,0 

2,0 

1,0 

2,0 

2,0 

1,25 

1,0 

1,0 

0,8 

0,8 

Nisus  communis 

30,0 

15,0 

8,0 

2,0:1,5 

2,0 

2,0 

1,0 

1,8 

1,1 

1,0 

1,1 

1,2 

1,1 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

0,8 

Corvus  Corona 

40,0 

25,0 

12,0 

3.0 

2.5 

2,5 

1.5 

2,0 

1,5 

1.0 

1,0 

1.2 

1,1 

1,5 

1,5 

1,25 

1,2 

Molothrus  bonar. 

18,0 

13,0 

6,0 

1.4 

i.o 

1,1 

0,9 

1,5 

0,5 

0,9 

0,8 

1,0 

1,0 

1,0 

0.5 

0,4 

0,4 

Passer  dorn. 

14,5 

9.0 

5,0 

1,0 

1,0 

1,0 

0,6 

0,9 

0,4 

0,4 

0,6 

1,0 

ü,8 

0,8 

0,5 

0,4 

Emberiza  schoenicl. 

13,5 

9.5 

5.0 

1,0 

1,0 

1,0 

0,5 

1,0 

0,3 

0,3 

0,4 

0,8 

0,9 

0,8 

0,75 

0,4 

Habropyges  castan. 

11,0 

6,0 

3,8 

0,8 

0,8 

0,8 

0,7 

1,0 

0,7 

Spermestes  Svvinh. 

13,5 

7,0 

4,0 

0,9:0,5 

0,8 

0,8 

0,5 

0,8 

0,2 

0,3 

0,6 

0,6 

0.6 

0,8 

0,5 

Gymnoceph.  calv. 

15,0 

10,0 

6,0 

1,0 

1,0 

i.o 

1,0 

1.5 

0,25 

0,4 

0,5 

0,8 

0,75 

0,9 

1.0 

1,0 

0,75 

Dendrocopus  major. 

21,0 

14,0 

8,0 

i.i 

1,0 

1,0 

I.I 

1,1 

0,5 

0,75 

1,0 

0,8 

1.2 

1,0 

1,0 

0,75 

0,5 

0,4 

Chrj'sotis  amaz. 

22,5 

10,0 

6,0 

2,0:1,0 

1,5 

1,5 

0.9 

1.0 

0,5 

0,6 

1,0 

1,0 

1,0 

1,0 

0,8 

0,7 

Eclectus  pectoral. 

40,0 

26,5 

14,0 

4,0:2,0 

2,5 

2,5 

1,5 

2,5 

1,0 

2,5 

2,5 

2,0 

2.0 

1,5 

Psittac.  erith. 

40,0 

24,0 

15,0 

3.5:2^0 

3,0 

3.0 

1.5 

2,0 

1,0 

1,0 

1.5 

2,2 

2,0 

1,8 

1.5 

1.5 

1,2 

1,0 

—     17     — 


Tabelle 


über  die  Anzahl  der  wichtigsten    Zweige    der   Bronchien    bei  35   Vögeln. 


6 

'> 
JS 
u 

a 
2 

6 

'> 

OJ 

u 

u 

c 
0 

m 

Bronchus 
ventralis 

Bronchi 

dorsales 

Gesamt- 
verzweigung 

Spezies 

medialis 
caudalis 

I 

II 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

X 

Larus  argentatus 

6 

7 

6 

8 

7 

12 

12 

10 

7 

2 

10+77« 

Anas  crecca 

20 

10 

8 

5 

4 

5 

5 

— 

Fulix  cristata 

6 

15 

3 

12 

16 

10 

8 

5 

4 

6 

5 

5 

12+95 

Anas  dornest. 

6 

15 

6 

12 

16 

9 

10 

5 

4 

4 

10+87 

Tadorna  tadornoides 

5 

14 

3 

10 

9 

9 

5 

9 

3 

4 

4 

4 

4 

13+83 

Cygnus  atratus 

3 

15 

3 

12 

4 

3 

9 

9 

9 

9 

5 

4 

12+85 

Platalea  leucorod. 

7 

7 

7 

6 

2 

2 

2 

— 

Botaiirus  stellar. 

2 

5 

4 

8 

8 

18 

7 

4 

■^ 

6 

10+64 

Ardea  cinerea 

3 

12 

3 

12 

8 

10 

8 

4 

5 

5 

10+70 

Anthropoides  virgo 

3 

7 

18 

9 

6 

5 

5 

— 

Fulicula  atra 

6 

15 

3 

12 

6 

9 

9 

6 

4 

4 

5 

4 

4 

5 

14+92 

Haematopus  ostreal. 

6 

15 

4 

10 

12 

6 

10 

6 

6 

4 

2 

-> 

3 

6 

14+92 

Numenius  arquat. 

4 

14 

4 

14 

12 

12 

3 

6 

9 

7 

7 

7 

4 

6 

14+109 

Scolopax  rusticol. 

6 

15 

3 

12 

14 

12 

S 

4 

4 

4 

5 

5 

12+89 

Gallus  dorn. 

6 

15 

4 

5 

4 

-» 

7 

8 

4 

4 

4 

3 

12+66 

Phasianus  torqu. 

3 

15 

4 

12 

6 

6 

7 

I 

2 

4 

4 

11+64 

Columba  liv.  dorn. 

5 

15 

3 

9 

7 

7 

10 

6 

6 

6 

5 

5 

5 

13  +  89 

Tinnunculus  rufip. 

6 

15 

3 

9 

6 

8 

6 

8 

3 

6 

5 

4 

3 

13+82 

Tinnunculus  alaud. 

6 

15 

■> 

9 

S 

6 

6 

6 

6 

4 

3 

11+68 

Aqiiila  chrysaetus 

3 

15 

3 

9 

7 

IS 

15 

6 

6 

2 

4 

I 

12+86 

Buteo  Variet.  amer. 

6 

15 

4 

T    "> 

7 

:o 

7 

6 

5 

5 

4 

3 

6 

13+90 

Buteo  vulgaris 

6 

15 

5 

12 

7 

10 

5 

6 

S 

4 

4 

3 

4 

13+86 

Milvus  regalis 

6 

9 

3 

12 

7 

8 

6 

3 

6 

2 

'J 

3 

12+67 

Nisus  comunis 

7 

IS 

2 

9 

10 

6 

6 

6 

5 

5 

S 

11+76 

Corvus  corone 

6 

14 

4 

9 

6 

15 

I 

9 

1 1 

14 

10 

11+99 

Molothrus  bonar. 

3 

15 

"> 

9 

4 

14 

7 

1 1 

6 

6 

10+77 

Passer  dorn. 

5 

15 

-> 

7 

4 

9 

7 

7 

7 

4 

10+67 

Emberiza  schoenicl. 

6 

15 

■y 

7 

4 

7 

S 

8 

4 

4 

10+62 

Habropyges  cast. 

4 

-> 

9 

— 

Spermestes  Swinh. 

6 

15 

-> 

10 

1 

6 

3 

7 

8 

8 

10+67 

Gymnoceph.  calv. 

3 

15 

3 

7 

10 

6 

7 

5 

7 

5 

9+68 

Dendrocopus  maj. 

7 

IS 

3 

7 

7 

4 

6 

13 

9 

8 

5 

2 

12+86 

Chrysotis  amaz. 

5 

IS 

3 

9 

9 

8 

5 

3 

3 

4 

10+64 

Eclectus  pector. 

6 

15 

3 

9 

6 

12 

8 

1 1 

5 

6 

10+81 

Psittac.  erith. 

6 

IS 

6 

9 

16 

12 

8 

4 

4 

4 

4 

4 

12+92 

'  Die  erste  Zahl    weist  auf  die  Anzahl   der  eigentlichen  Bronchien   hin,    während  die  zweite  die  Anzahl   der  Zweige 
der  letzteren  angibt. 

Zoülogica.    Heft  45.  3 


18     — 


Tabellarische  Übersicht 

zur  Vergleichung  des  Verzweigungsreichtums    und  der  Kalibergrenzen    der 
ventralen  und  dorsalen  Bronchien  bei  35  Vögeln. 


Ventral 

Dorsal 

1  Gesamtzahl 

> 

> 

•d 

•0 

—      ü 

_ 

_ 

Spezies 

0 

J3 

u 

B 

3 
B 
U 
J3 

Kalibergrenze 
der  ventralen 

Titzah 

er 

ichien 

Titzah 

er 

eige 

Kalibergrenze 
der  dorsalen 

i         der 
Verzweigung 

0 

C 

0 
c 

c 

G 

Bronchien  und 

ri     ^     n 

Bronchien  und 

incl. 

0 
u 

33 

£ 

03 

0 

e 

0    TJ 

Zweige 

^       « 

0              ^ 
0 

Zweige 

Bronchien 

1 

Larus  argentatus 

6 

7 

6 

8 

27 

3,0-1,5 

6 

SO 

2,0—1,2 

(87)     91' 

Anas  crecca 

7 

57 

1,2  —  0,6 

Fulix  cristata 

6 

15 

3 

12 

36 

2,5  —  1,1 

8 

59 

1,8-0,7 

(107)111 

Anas  dorn. 

6 

15 

6 

12 

39 

4,0—1,5 

6 

48 

2.1-  1,5 

(97)  10 1 

Tadorna  tadornoid. 

5 

14 

3 

10 

32 

3,0  — 1,8 

9 

51 

2.5      1,4 

(96)  100 

Cygnus  atratus 

3 

15 

3 

12 

33 

6,0—2,0 

8 

52 

3,0-1,5 

(97)  lOI 

Platalea  leucor. 

/ 

33 

2,0  —  1,5 

Botaurus  stellar. 

2 

?5 

4 

8 

19 

4,0—1,5 

6 

45 

2,0-1,25 

(74)    78 

Ardea  cinerea 

3 

12 

3 

12 

30 

4,0-2,0 

6 

40 

2,0  -  1,2 

(80)    84 

Anthropoides  virgo 

7 

53 

3,0—1,0 

Fulicula  atra 

6 

15 

3 

12 

36 

2,5—1,0 

10 

56 

1,2-1,0 

(106)  110 

Haematopus  ostreal. 

6 

15 

4 

IG 

35 

3,0-  1,2 

10 

57 

2,0—1,2 

(106)  110 

Numenius  arquat. 

4 

14 

4 

14 

36 

2,0-  1,1 

10 

73 

1,2-1,1 

(123)  127 

Scolopax  rustic. 

6 

15 

3 

12 

36 

2,5-0,9 

8 

53 

1,9  -  1,0 

(101)  105 

Gallus  dorn. 

6 

15 

4 

5 

30 

3,5-2,2 

8 

36 

3,0-1,5 

(78)    82 

Phasianus  torqu. 

3 

15 

4 

12 

34 

3,5—1,0 

7 

30 

3,0-1,2 

(75)    79 

Columba  liv.  dorn. 

5 

15 

3 

9 

32 

2,2—1,0 

9 

57 

1,5-0,8 

(93)    97 

Tinnunculus  rufip. 

6 

15 

3 

9 

33 

2,0—1,4 

9 

49 

1,2  —  0,5 

(95)    99 

Tinnunculus  alaud. 

6 

15 

2 

9 

32 

1,2  -0,8 

7 

36 

1,0-  0,8 

(79)    83 

Aquila   chrysaetus 

3 

15 

3 

9 

30 

S,o—  2,0 

8 

56 

4,0—1,5 

(98)  102 

Buteo  Variet.  amer. 

6 

15 

4 

12 

37 

4,0-1,1 

9 

53 

2,8-1,25 

(103)  107 

Buteo  vulgaris 

6 

15 

5 

12 

38 

3,5—1,0 

9 

48 

2,4-1,2 

(99)  103 

Milvus  regalis 

6 

9 

3 

12 

30 

2.5—1,0 

S 

37 

2,0-0,8 

(79)    83 

Nisus  comunis 

7 

15 

2 

9 

33 

2,0  —  1,0 

'" 

43 

1,2-0,8 

(87)    91 

Corvus  corone 

6 

14 

4 

9 

33 

2,5  —  1,0 

7 

66 

1,5-1,0 

(110)  114 

Molothrus  bonar. 

3 

15 

1 

9 

29 

1,5—0,5 

6 

48 

1,0 — 0,4 

(87)    91 

Passer  dorn. 

5 

'5 

2 

7 

29 

1,0-0,4 

6 

38 

1 .0  -  0,4 

(77)    81 

Emberiza  schoenicl. 

6 

15 

'> 

7 

30 

1,0-0,3 

6 

32 

0,9  -  0,4 

(72)    76 

Habropyga  cast. 

4 

2 

9 

15 

1,0-0,7 

Spermestes  Swinh. 

6 

15 

2 

10 

33 

0,8-0,2 

6 

34 

0,8-0,3 

(77)    81 

Gymnoceph.  calv. 

3 

15 

3 

7 

28 

1,5—0,25 

6 

40 

1,0-0,5      ' 

(78)    82 

Dendrocopus  maj. 

7 

15 

3 

7 

32 

1,1—0,5 

8 

54 

1,2-0,4 

(981  102 

Chrysotis  amazon. 

5 

15 

3 

9 

32 

1,5—0,6 

6 

32 

1.0-0,7 

(74)    78 

Eclectus  pector. 

6 

15 

3 

9 

33 

2,5—1,5 

6 

48 

2,5-1,0     ' 

(91t    95 

Psittac.  erith. 

6 

15 

6 

9 

36 

3,0—1,0 

8 

56 

2,2-1,0 

(104)  108 

4  Ventralbronchien   (clavic.  dors.,  later.,  diaphragmat.  ant.  und   post ),    welche   bei   den  Tabellen    nicht   auf.'eführt 
sind,  wurden  bei  der  Gesamtzahl  eingerechnet.  " 


~     19     — 

Bei  der  vergleichenden  Untersuchung  hat  sich  hinsichthch  dieser  Zustände  die  Tat- 
sache ergeben,  daß  diese  Bezirke  um  so  schärf  er  hervortreten,  je  flugkräftiger 
ein  Vogel  ist,  und  daß  sie  bei  Landvögeln  mit  äußerst  mangelhaftem  Flug- 
vermögen stark  zurückgedrängt,  ja  fast  verschwunden  sind.  Gallus  domestieus 
(Taf.  V,  Fig.  i6)  z.  B.,  ein  im  Fliegen  schlecht  bewanderter  Vogel,  besitzt  in  der  Tat 
bei  einer  fast  gleichmäßigen  Verteilung  der  Bronchialröhren  ein  auffallend  grobes  Ver- 
zweigungssystem, gute  Flieger  hingegen,  wie  Corvus  corone  oder  Scolopax  rust.  (Taf.  V, 
Fig.  14.  23),  weisen  eine  äußerst  feine  Bronchialverästelung  in  scharf  abgegrenzten  Bezirken 
auf.  Eine  reiche  Verzweigung  in  feinkalibrige  Kanäle  auf  streng  voneinander  geschiedenen 
Flächen  in  dem  oben  erwähnten  Sinne  gibt  daher  berechtigten  Anlaß,  hieraus  auf  die  hohe 
Leistungsfähigkeit  des  respiratorischen  Apparates  eines  Vogels  zu  schließen. 

Bei  allen  untersuchten  Species  ist  die  Gleichmäßigkeit  auffällig,  mit  welcher  die  Ventral- 
äste aufzutreten  pflegen  und  ihr  Verhältnis  untereinander  streng  zu  bewahren  suchen.  Es 
finden  sich  immer  die  flächenartig  ausgeprägten  Cervical-  und  Clavicularbronchien  im 
innigen  Zusammenhang  vor,  und  die  hinteren  Luftwege  überziehen  ihrerseits  mit  großer 
Regelmäßigkeit  die  mittlere  hintere  Lungenhälfte.  Ausnahmsweise  zum  Beispiel  bei  Cygnus, 
Platalea  und  Gallus,  treten  auf  der  letztgenannten  Fläche  kleine  Abweichungen  auf,  die 
in  einer  Vermehrung  der  Äste  des  Bronchus  lateralis  ihren  Ausdruck  finden.  Derselbe 
gibt  bei  eben  erwähnten  Arten  nicht  nur  2,  sondern  3  auch  4  fiederförmige  Zweige  ab, 
welche  sich  strahlenförmig  über  die  hintere  ventrale  Lungenfläche  ausbreiten.  Ein  weiteres 
Charakteristikum  für  die  Ventralfläche  ist  endlich  noch,  daß  deren  Bronchien  regelmäßig 
in  der  gleichen  Anzahl  8  aufzutreten  pflegen :  (Bronchi  clavicularis,  cervicalis,  clavicul.  dors., 
diapragmat.   ant.   u.   post.,  medialis,   caudalis  und  lateralis). 

Nicht  so  konstant  erwiesen  sich  hingegen  die  entsprechenden  Zustände  auf  der  Dorsal- 
fläche, wo  die  Zahl  der  Bronchien  bei  den  einzelnen  Arten  zwischen  6  und  10  schwankt.  Daß 
frühere  Autoren  ihre  Anzahl  verschieden  (meist  6)  angegeben  haben  (Gegenbaur  7.  [1901  p.  36] 
und  Aeby  9.  [1880  p.  36]),  kann  nicht  wunder  nehmen,  da  ihre  Untersuchungen  in  der  Haupt- 
sache auf  eine  oder  wenige  Species  ausgedehnt  waren,  wo  die  von  ihnen  geschilderten 
Verhältnisse  auch  bestanden  haben  mögen.  Erst  die  vorliegende  Untersuchung  zahlreicher 
verschiedener  Vogelarten  konnte  die  erwünschte  Aufklärung  verschaffen,  und  es  hat  sich 
denn   auch   gezeigt,    daß   die   Zahl   der    Bronchi   dorsales   einer   Schwankung  unterworfen   ist. 

Endlich  ist  auch  die  wichtige  Frage,  ob  und  inwieweit  die  Luftwege  in  der  Lunge 
miteinander  kommunizieren,  ihrer  Lösung  zu  Gunsten  einer  allseitigen  Kommunikation,  wie 
sie  von  vielen  Forschern  mit  Recht  angenommen  wurde,  zugeführt  worden  und  zwar  durch 
den  Nachweis,  daß  einerseits  sämtliche  Dorsalverzweigungen  in  diejenigen  der  Ventralfläche 
übergehen,  und  andererseits  auch  die   Lungenpfeifen  beide  Bezirke  verbinden. 

Auf  Grund  der  in  den  Tafeln  IV  und  V  abgebildeten  Korrosionspräparate  konnte 
schließlich  noch  festgestellt  werden,  daß  die  dorsale  Lungenoberfläche  hauptsäch- 
lich die  unterscheidenden  M  erkmale  der  \- er  schieden  en  Species  zum  Aus- 
druck bringt.    (Siehe  Taf.  IV  und  V.) 

Auf  die  L^^nterscheidungsmerkmale  bei  den  einzelnen  Species  bin  ich  hier  nicht  näher 
eingegangen,  da  ich  ausführliche  Erklärungen  zu  den  in  Frage  kommenden  Tafeln  IV  und 
V  (pag.  42 — 46)  gegeben  habe.    An  der  Hand  zahlreicher  Abbildungen,  die  dort  zusammen- 


—     20     — 

gestellt  sind,  wird  der  Leser   sofort  einen  klaren  Überblick  über  die  Charakteristika  der  ein- 
zelnen Vogellungen  gewinnen. 

Kapitel  7. 

Vergleichung  der  Lunge  der  Vögel  mit  jener  der  Säugetiere. 

Infolge  des  anatomischen  Baues  der  A'ogellunge  ist  der  Bronchialbaum  gezwungen, 
seine  charakteristischen  Eigentümlichkeiten  in  der  Verästelung  anders  zum  Ausdruck  zu 
bringen  als  bei  der  Säugetierlunge.  Während  die  Bronchien  der  letzteren  sämtlich  einen 
intrapulmonaren  Verlauf  einschlagen  und  rings  vom  respiratorischen  Lungengewebe  umgeben 
werden,  sind  die  Verhältnisse  in  der  Vogellunge  entgegengesetzt  geartet. 

Aeby  (1880  p.  36)  sagt: 

„Die  bei  den  Vögeln  äußere  Seite  der  Lunge  ist  bei  den  Säugetieren  zur  inneren  ge- 
worden ..." 

„Die  bei  den  Vögeln  so  ausgesprochene  Zweiteilung  des  Bronchialbaums  ist  bei  Säuge- 
tieren beinahe  völlig  verschwunden." 

\\"ü\  man  auch  das  Auftreten  des  cp-  und  h)parteriellen  Systems  bei  beiden  Tier- 
klassen in  Betracht  ziehen,  so  dürfte  sich  herausstellen,  daß  die  Anlage  eines  solchen  in 
der  Vogellunge  bei  der  ausgesprochenen  Zweiteilung  des  Bronchialbaumes  entschieden 
schärfer  ausgeprägt  ist  als  bei  dem  Atmungsapparat  der  Säuger. 

Nicht  zum  wenigsten  darf  aber  das  gewaltige  Luftsackarrangement  in  der  Umgebung 
der  Vogellunge  außer  acht  gelassen  werden,  wenn  es  gilt,  Punkte  unterscheidender  Natur 
zwischen  dieser  und  der  Säugetierlunge  anzuführen.  Durch  die  Entwickclung  des  gewaltigen 
Luftsacksystems  ist  der  Atmungsapparat  des  Vogels  in  zwei  für  sich  ausgebildete  Bezirke 
zerlegt,  welche  sich  gegenseitig  unterstützen,  um  den  hohen  Anforderungen  der  Atmungs- 
funktionen gerecht  werden  zu  können.  Es  ist  hier  eine  Teilung  der  Arbeitsleistung  einge- 
treten, während  in  der  Säugetierlunge  ein  stark  elastisches,  in  mehrere  Lappen  geteiltes 
Organ  vorliegt,  das  den  Anforderungen  seiner  Tierklasse  entsprechend  eingerichtet  ist.  Wäh- 
rend die  Lunge  der  Vögel  mit  gewaltiger  Energie  ihre  respiratorische  Tätigkeit  vollbringt, 
speichern  die  voluminösen  Luftsäcke  große  Mengen  0-reicher  Luft  auf,  so  daß  das  Tier 
selbst  im  schnellsten  Fluge  bei  den  ungünstigsten  Gegenströmungen  der  Atmosphäre  ge- 
nügend mit  Atemluft  versehen  ist.  Führt  man  den  Vergleich  der  Säugetier-  und  Vogel- 
lunge weiter  aus,  so  finden  sich  auch  in  der  Art  der  Verzweigung  nicht  unwichtige  Ver- 
schiedenheiten vor.  Die  dendritische  Verästelungsweise  der  Säugetierlunge  steht  einem 
meist  kammartigen  oder  fiederförmigen,  radiären  Verzweigungssystem  in  der  Vogellunge 
gegenüber.  Die  an  die  Spirale  erinnernden  Gestaltungen  in  der  Säugetierlunge,  von  denen 
Ernst  Fischer  (1886  pag.  36)  sagt: 

„Die  feinen  und  feinsten  Bronchialäste  sitzen  den  eigentlichen  Bronchien  spiralig  auf- 
gereiht an  ..." 
treten  in  der  Vogellunge  erheblich,  wenn  auch   nicht   gänzlich,    zurück.    Denn    die    Lungen- 
pfeifen pflegen  rechtwinklig  von  ihrem  Stamm  abzugehen  und  meist  gerade   Bahnen  einzu- 
schlagen.    Bei    den    feinsten    Luftwegen    endlich    bleibt    die    Säugetierlunge    mit    ihren    ge- 


__     21     — 

schlossenen  alveolären  Bildungen  zurück  hinter  einem  überaus  fein  verteilten  Luftkapillar- 
netz der  Vogellunge.  In  keinem  Atmungssystem  dürfte  mithin  die  Vergrößerung  der 
respiratorischen  Fläche  zu  Gunsten  einer  ausgiebigen  Atmungstätigkeit  so  ausgeprägt  sein 
als  hier. 

Trotzdem  nun  diese  Unterscheidungsmerkmale  so  markant  hervortreten,  haben  sich 
doch  noch  wesentliche  Homologien  erhalten  und  zwar  bezüglich  des  Kalibers  gewisser  Bron- 
chien und  hinsichtlich  des  Bronchialreichtums  bestimmter  Lungenbezirke. 

Mit  den  Befunden  in  der  Säugetierlunge  deckt  sich  nämlich  völlig  die  Tatsache,  daß 
einmal  auch  beim  Vogel  der  ventrale  Bronchialbezirk  an  Kalibergröße  dem  dorsalen  über- 
legen ist. 

„Die  dorsalen  Bronchien  stehen  für  gewöhnlich  den  ventralen  nach,  was  Mächtigkeit 
anlangt.  Oft  ist  der  Unterschied  ein  bedeutender,"  sagt  Narrath  (1901  pag.  36)  von  der 
Säugetierlunge. 

Zum  anderen  wissen  wir,  daß  die  Dorsalfläche  der  Vogellunge  sich  durch  große 
Unregelmäßigkeit  bei  den  einzelnen  Species  auszeichnet,  eine  Eigenschaft,  die  Narrath  auch 
bei  Säugetierlungen  beobachtet  haben  will,  indem  er  behauptet : 

„Unregelmäßigkeiten  kommen  häufig  vor,  wie  ja  überhaupt  die  dorsalen  Bronchien 
nicht  so  an  strenge  Gesetze  gebunden  sind,  wie  die  ventralen.  Die  Anzahl  der  die 
einzelnen  Stammbronchusstrecken  bevölkernden  dorsalen  Bronchien  bleibt  nicht  immer  die- 
selbe. Die  meiste  Konstanz  findet  sich  auf  den  oberen  Strecken  und  sie  nimmt  in  der 
Richtung  nach  unten  zu  ab." 

In  dem  hiermit  zum  Abschluß  gelangenden  makroskopischen  Teil  meiner  Arbeit  sollte 
versucht  werden,  das  Grundgerüst  des  Bronchialbaumes  der  Vogellunge  festzustellen  und  die 
Beziehungen  der  einzelnen  Bronchien  zu  einander  sowie  zum  Luftsacksystem  klarzulegen.  An 
der  Hand  dieses  schematischen  Aufbaues  des  Bronchialbaumes  wird  es  unschwer  gelingen, 
Abweichungen  irgend  welcher  Art  bei  den  einzelnen  Vogelarten  zu  erkennen  und  aus  dem 
Grad  der  Differenzierung  auf  die  Höhe  der  respiratorischen  Leistungsfähigkeit  einer  Species 
zu  schließen. 


IL 

Mikroskopischer  Teil. 

Kapitel  8. 

Nachdem  ich  im  ersten  Abschnitt  dieser  Arbeit  die  makroskopische  Darstellung  des 
Bronchialbaumes  behandelt  habe,  sollen  nunmehr  meine  Resultate  bezüglich  der  feineren  und 
letzten  Verzweigungen  der  Luftwege  folgen.  Dem  Studium  dieses  Endsystems  wendete  ich 
um  so  mehr  das  größte  Interesse  zu,  als  ich  nach  Durchsicht  der  hierüber  vorhandenen 
Angaben  den  Mangel  einer  abgeschlossenen  Bearbeitung  erkannte. 

Zum  Studium  dieser  äußerst  komplizierten  feinsten  Hohlräume  genügt  es  nicht,  mikro- 
skopische Schnitte  der  Vogellunge  in  der  üblichen  Weise  herzustellen  und  nach  verschiedenen 
Färbungen  zu  untersuchen.  Es  muß  vielmehr  vorerst  die  Injektion  der  Lunge  mit  einer  ge- 
eigneten später  schnittfähigen  Masse  vorgenommen  werden,  um  den  Verlauf,  die  Weite 
und  das  System  der  feinsten  Luftwege  für  sich  und  im  Zusammenhang  mit  dem  umliegen- 
den Gewebe  erforschen  zu  können.  Nach  vielfachen  \'ersuchen  wählte  ich  eine  Methode, 
die  mir  bei  Vermeidung  jedweden  Druckes  die  Injektion  der  möglichst  luftleer  gemachten 
Lunge  mit  blauer  Gelatinemasse  (gefärbt  mit  konzentrierter  wässriger  Lösung  von  Berliner- 
Blau  la  Grübler)  gestattete.  Im  technischen  Teil  zu  Anfang  dieser  Abhandlung  wurde  die 
Ausführung  dieser  erfolgreichen  Injektionsart  beschrieben.  Zu  derselben  gelangte  ich  erst 
durch  eine  anfangs  von  mir  ausgeführte  Injektionsweise,  die  des  Interesses  halber  kurz 
erwähnt  werden  soll,  wenn  sie  auch  für  den  Nachweis  des  Endsystems  der  Bronchien 
(bei  sonst  praller  Füllung)  nicht  als  geeignet  erachtet  werden  kann.  Es  zeigte  sich  nämlich, 
daß  ein  allzu  starker  Druck  auf  die  Lunge  ausgeübt  wurde,  der  daselbst  Zerreißungen  und 
die  Imbibition  des  interstitiellen  Gewebes  mit  Gelatinemasse  herbeiführte. 

Den  Vogelkörper  hängte  ich  so  unter  der  Luftpumpenglocke  auf,  daß  die  Trachea 
vermittelst  einer  eingebundenen  Kanüle  mit  einer  von  oben  und  außen  nach  innen  führen- 
den Glasröhre  in  \^erbindung  stand.  Durch  die  nebenstehende  Figur  2  wird  der  benutzte 
Apparat  zur  Anschauung  gebracht.  Ich  war  mit  Hilfe  desselben  in  der  Lage,  die  Luft 
aus  dem  Atmungsorgan  des  Vogels  durch  das  Wasserstrahlgebläse  bis  auf  ein  Vakuum  von 
loo  mm  Druck  abzusaugen  und  dann  nach  Verstellung  der  Glasrohrhähne,  Schließen 
bei  B  und  Öffnen  bei  C,  die  Injektionsmasse  in  den  Körper  einströmen  zu  lassen.  Ich  er- 
reichte, wie  erwähnt,  wohl  eine  pralle  Füllung  der  Lunge,  fand  jedoch  bei  näherem  Zusehen, 
daß  die  Gelatine  überall  in  die  lockere  Adventitia  der  Blutgefäße  sowie  in  das  inter- 
stitielle Gewebe  eingedrungen  war  und  durch  vielfache  Verbindungsstränge,  die  auf  Schnitten 
sichtbar  wurden,  ein  allseitig  kommunizierendes  Röhrensystem  vortäuschte.    Ich  war  fast  ge- 


23 


neigt  anzunehmen,  daß  rings  um  die  Blutgefäße  sowie  um  die  Pfeifenbezirke  bei  Wasser- 
und  Landvögeln  perivasculäre  Lufträume  vorhanden  seien.  Indes  die  ungleichmäßige  Stärke 
der  feinsten  Kanäle,  das  Fehlen  von  charakteristischen  Schnittflächen  längs-  oder  quer- 
getroffener Röhrchen  erweckten  den  Verdacht  in  mir,  daß  hier  Kunstprodukte  geschaffen 
seien,  was  sich  bei  schärferer  Vergrößerung  auch  bestätigte.  Unzweifelhaft  waren  dieselben 
eine  Folge  der  mit  ungewöhnlichem  Druck  in  den  fast  luftleeren  Körper  einströmenden 
Gelatinemasse.  Diese  Umstände  veranlaßten 
mich,  diese  Injektionsweise  nach  der  unter 
„Technik"  beschriebenen  Modifikation  umzu- 
gestalten. 

Wenig  erfolgreich  waren  fernerhin  auch 
einige  Injektionen  von  embryonalen  Vogellungen 
(Eudyptes  und  Anser  ferus),  die  ich  der  Voll- 
ständigkeit  halber   noch   kurz   beschreiben   will. 

Von  drei  zur  künstlichen  Ausbrütung  in 
den  Brutschrank  (^bei  39 — 40"  Temperatur)  ein- 
gelegten Eiern  von  Anser  ferus  Naum.  war 
ein  einziges  zur  Entwickelung  gekommen.  Am 
21.  Tage  öffnete  ich  dasselbe  und  bereitete  die 
Injektion  der  Lunge  des  lebenswarmen  Embryo 
vor.  Mit  großer  Mühe  gelang  es,  eine  feine 
Kanüle  in  die  äußerst  zartwandige  Trachea  ein- 
zuführen und  in  ihr  zu  befestigen.  Aus  einem 
etwa  10  cm  über  dem  Niveau  des  Körpers  be- 
findlichen Irrigator  ließ  ich  langsam  mit  mög- 
lichster Vorsicht  die  blaue  Gelatine  in  den 
Körper  eindringen.  Allein  dieser  relativ  äußerst 
geringe  Druck  führte  bereits  eine  Zerreißung 
des  abdominalen  Luftsackes  und  der  Epidermis 
herbei.  Nach  Abstellung  der  Flüssigkeit  wurde 
die  verletzte  Stelle  umbunden  und  das  Tier  in 
toto  zur  raschen  Abkühlung  in  Eiswasser  über- 
führt. Die  Untersuchung  von  Stücken  der  injizierten  Lunge  ergab,  daß  die  Gelatine  nur 
bis  in  die  Lungenpfeifen  vorgedrungen  war. 

In  gleicher  Weise  erfolgte  auch  die  Füllung  der  Lungen  zweier  Pinguinembryonen, 
die  mir  Herr  Professor  Dr.  Chun  aus  seiner  wertvollen  Sammlung  freundlichst  überlassen 
hatte.  Diese  Objekte  mußten  außerdem  besonders  für  die  Injektion  vorbereitet  werden.  Sie 
hatten  4  Jahre  in  80 »o  Alkohol  verweilt  und  waren  dadurch  gehärtet,  ein  Umstand,  der  für 
das  Gelingen  einer  guten  Injektion  von  Nachteil  war.  Zur  Verbesserung  der  Elastizität  der 
Gewebe  ließ  ich  die  Embryonen  24  Stunden  im  Thermostat  bei  einer  Temperatur  von  40" 
in  Wasser  quellen  und  nahm  in  oben  beschriebener  Weise  die  P'üllung  der  Lunge  vor.  Das 
Resultat  war  allerdings  nicht  vollkommen,  aber  doch  besser  als  bei  den  Gänse-Embryonen. 
An  geeigneter  Stelle  wird  der  Befund  dieser  Präparate  hervorgehoben  werden. 


Textfigur  2 


Wasserdruckgebläse. 


—     24     — 

Kapitel  9. 

Endverhalten  des  Bronchialbaums. 

(Siehe  Taf.  II.) 

Die  Lungenpfeifen  durchqueren,  wie  bereits  im  ersten  Teil  der  Arbeit  berührt  wurde, 
die  gesamte  Lungensubstanz,  indem  sie  parallel  nebeneinander  von  außen  und  oben  nach 
innen  und  unten  die  Lunge  durchziehen.  Diese  Bronchi  fistularii,  wie  ich  sie  be- 
nannt habe,  sind  dickwandige  Röhren,  welche  durch  gegenseitigen  Druck  die  Form  von 
hexagonalen,  auch  polygonalen  Säulen  erhalten  haben.  (Taf.  II,  Fig.  4.)  In  ihr  Lumen 
springen  ringförmige  Leisten  vor,  die  durch  bindegewebige  Scheidewände  und  glatte  Muskel- 
züge ein  wabenartiges  Maschenwerk  bilden.  (Siehe  Taf.  III.)  Aus  diesem  gehen  radiär  zum 
Pfeifenzentrum  gerichtet  die  Ausführungsgänge  der  letzten  Verästelungen,  die  B  r  o  n  c  h  i  o  1  i 
oder  Radiärkanäle,  hervor.  (Siehe  Taf.  II,  Fig.  i — 5,  7.)  An  ihrer  Ursprungsstelle  sind  die 
letzteren  verhältnismäßig  mächtige,  aber  kurze  Stämme,  die  regelmäßig  um  die  einzelne 
Pfeife  gruppiert  mit  zahlreichen  Ästen  zwischen  ein  Blutkapillarnetz  vordringen.  Diese  Äste 
wiederum  verlaufen  selbst  meist  bis  dicht  an  die  Peripherie  ihres  Pfeifenbezirkes,  indem  sie 
ziemlich  langgestreckt  sich  dichotomisch  spitzwinklig  verzweigen  und  in  ein  Kanalwerk  über- 
gehen. Sämtliche  Kanäle  sind  von  gleicher  Weite  und  kommunizieren  allseitig  miteinander, 
indem  sie  ein  netzartiges  Gefüge  bilden,  welches  die  gesamten  Lungenpfeifen  mehr  oder 
weniger  miteinander  vereinigt.  Bei  guten  Fliegern  (Taf.  II,  Fig.  i,  4,  5,  7)  fand  sich  näm- 
lich, daß  diese  Netze  ohne  nennenswerte  LTnterbrechung  zwischen  den  Lungenpfeifen  zur 
Ausbreitung  gelangen,  während  bei  Land-  und  Wasservögeln  (Taf.  II,  Fig.  2;  Taf.  III, 
Fig.  2,  3,  5)  interstitielle,  auf  dem  Querschnitt  polygonal  geformte  Gewebsleisten  verhüten, 
daß  die  Bronchi  fistularii  mit  ihren  Kanalnetzen  allseitig  in  Fühlung  treten.  Für  kleinere 
Strecken  ist  allerdings  auch  bei  letzteren  Gattungen  eine  normale  Anastomose  der  benach- 
barten Pfeifen  ausgeprägt.  Bei  diesen  brechen  nämlich  ab  und  zu  einzelne  Äste  und  Kanäle 
durch  die  Peripherie  und  treten  mit  denen  einer  angrenzenden  Pfeife  in  \"erbindung  und 
stellen  somit  feinste  Kommunikationswege  dar.    (Siehe  Taf.  II,  Fig.  2.) 

Nach  den  bisherigen  Forschungen  wurde  als  feststehend  angenommen,  daß  diese 
Radiärkanäle  nach  geringfügiger  Teilung  in  alveoläre  Endanschwellungen  ausgingen,  und 
daß  in  diesen  terminalen  Ausbuchtungen  die  letzte  Luftverteilung  in  der  Vogellunge  statt- 
habe. Daß  sich  zwischen  denselben  weitere  Anastomosen  vorfänden,  bestreitet  F.E.Schulze, 
(1871  p.  36),  während  andere  solche  beobachtet  haben  wollen.  Zur  Vergleichung  dieser  mannig- 
fachen Ansichten  lasse  ich  darum  die  Citate  der  in  Betracht  kommenden  Forscher  wörtlich 
folgen : 

Ed.  Weber  (1842,  p.  36): 

„Die  Finalzweige  liegen  in  den  Zwischenräumen  eines  gröberen  Röhrennetzes,  das  die 
Grundlage  der  Lunge  bildet,  entspringen  aus  den  Wänden  der  Röhren  und  sind  höchst  enge, 
ästige,  mit  geschlossenen  Enden  aufhörende,  röhrenförmige  Anhänge  an  denselben. 
Sie  sind  viel  enger  als  die  Finalzweige  an  den   Lungen  der   Säugetiere." 


—     25     — 

Williams   2   (Referat   v.  Schröder),   (1855  p.  36): 

„Williams  nimmt  eine  sehr  feine  Membran  an,  welche  diese  Luftkanäle  inwendig  be- 
kleidet. Die  Bronchialgänge  kommunizierten  in  den  Lungen  überall  miteinander. 
Die  Luft  tritt  unmittelbar  in  die  Zwischenräume  eines  feinen  Kapillarnetzes,  jedes  Gefäß  ist 
von  seinem  Nachbargefäß  getrennt,  so  daß  die  Luft  durch  dieses  isolierte  Netz  von  Gefäßen 
hindurchtritt." 

Schröder  3,  (1860,  p.  36): 

„Die  Vogellunge  besteht  mithin  aus  einem  feinen  Balkengewebe,  dessen  Maschen 
überall  mit  Luft  gefüllt  sind  und  welche  überall  in  der  ganzen  Lunge  miteinander 
zu   kommunizieren   scheinen." 

Bowmann  (Referat  v.  Schröder): 

„Bowmann  beschreibt  die  Vogellunge  in  Nachfolge  \on  Rainey,  als  ob  die  Schleim- 
haut der  Bronchien  bei  ihrem  Übergang  in  die  Lunge  aufhfht,  und  die  Kanäle  als  Aus- 
höhlungen und  Gänge  zwischen  einem  kapillären  Gefäßgewebe  zu  betrachten  seien,  so  daß 
die  Luft  in  die  Zwischenräume  und  Maschen  der  Kapillargefäße  dringen  würde  und  mit  der 
Oberfläche  eines  jeglichen  Kapillargefäßes  in   Berührung  käme." 

C.  J.  Eberth  4,  (1863,   p.  36): 

,,lch  erkannte  deutlich  von  den  Pfeifen  nach  auswärts  tretende,  sich  teilende  Kanäle, 
deren  feinste   Ramifikationen   in  kleine  geschlossene  Anschwellungen  mündeten   .  .  . 

Das  jedoch  steht  fest,  daß  in  den  Luftzellen  wirklich  ein  feines  kapilläres  Netzwerk 
besteht,   welches   ringsum  von   Luft   umspült  wird." 

F.  E.  Schulze  5,  (1871,  p.  36): 

„In  dieses  letztere  (Lungenparenchym)  hinein  führen  \on  jeder  solchen  wabenartigen 
Seitennische  aus  einige  senkrecht  und  radiär  zur  Längsachse  der  Pfeifen  gerichtete  Gänge, 
welche  anfangs  einfach  und  gerade,  sich  alsbald  baumartig  und  zwar  vorwiegend  spitzwinklig 
dichotomisch  verzweigen  und  schließlich  in  kleine  seitliche  und  terminale  längliche 
Blindsäcke  auslaufen." 

Huxley   6,   (1875,   p.  36): 

„Hier  geben  sie  (Lungenpfeifen)  in  rechten  Winkeln  Reihen  sekundärer  Kanäle  ab, 
welche  ihrerseits  in  ähnlicher  Weise  noch  kleineren  tertiären  Kanälen  Ursprung  geben;  es 
wird  auf  diese  Weise  die  gesamte  Lungensubstanz  von  Röhrchen  durchdrungen,  von  denen 
die  feinsten  in  kleinstem  Maßstab  ausgesackte  Wandungen  besitzen.  Durchbohrung 
der  Wandungen  setzt  die  verschiedenen  Rö  hr  chen  sy  st  eme  in  Zusammen- 
hang." 

Miller   10,  (1893,  p.  36): 

.,The  pipes  just  below  the  surface  of  the  lung  anastomose  freely  and  alsosend  blind- 
tubes  into  the  interior  of  the  lung,  which  meet  liut  do  not  conununicate  whit  those  from 
the  opposite  side." 

Max  Baer   12,     1896,  p.  36): 

„Von  Rainey  und  anderen,  neuerdings  auch  von  Hans  Straßer,  wird  entgegen  der  An- 
sicht von  F.  E.  Schulze  angenommen,  daß  auch  zwischen  den  letzten  Hohlräumen,  also  den 
Alveolen,  derselben  und  benachbarter  Bronchien  zahlreiche  offene  Kommunikationen 

Zoologica.    Hefe  4ö. 


—     26     — 

zwischen  den  einzelnen  Bälkchen  der  Kapillargefäße  hindurch  bestehen.    Wir  haben  bei  der 
Untersuchung  von  Doppelinjektionspräparaten  derartige  Kommunikationen  verfolgen  können." 

Supino    14,   (1899,   p.  36): 

„Während  bei  den  Säugetieren  der  Bronchiolus  im  Infundibulum  endigt,  das  von  zahl- 
reichen Alveolen  gebildet  wird,  hat  bei  den  V'ögeln  dagegen  jeder  Bronchiolus  seinen 
Alveolus,  und  dieser  besteht  nur  aus  einer  einfachen  Erweiterung  des  Bronchiolus 
selbst." 

Gegenbaur   16,   (1901,   p.  36): 

„Diese  terminalen  B  1  i  n  dsä  r  k  c  h  en  sind  die  Enden  der  Luftwege  in  den 
Lungen." 

llnter  diesen  zahlreichen  Schilderungen  der  Endverzweigung  des  Bronchialbaums  findet 
sich  keine,  die  sich  mit  jener  von  mir  gegebenen  deckt.  Williams,  Schröder,  Bow- 
mann,  Eberth,  Huxley  und  Max  Baer  nehmen  sämtlich  die  überaus  feine  Verteilung 
der  Radiärkanäle  an.  Sie  zweifeln  nicht  daran,  daß  gleichsam  zwei  Netze  für  Blut-  und 
Luftwege  bestehen,  ja  sie  gehen  in  ihrer  \'orstellung  von  diesen  eigenartigen  Systemen  so- 
gar soweit,  daß  sie  daran  glauben,  die  Luft  dringe  unvermittelt  in  die  Zwischenräume  und 
Maschen  eines  Blutkapillargebietes.  Sie  scheinen  mithin  anzunehmen,  daß  die  letzten  Luft- 
wege keine  anderen  Wandungen  besitzen  als  die  der  Blutkapillaren  selbst.  Dahingegen  dürfte 
es  zweifellos  sein,  daß  die  feinen  Luftkapillarcn  doch  mit  wenn  auch  äußerst  zarten  epi- 
thelialen Wandungen   ausgerüstet   sind. 

Auf  meinen  Schnitten,  die  von  injizierten  Lungenstückchen  \on  Coluniba,  GallllS, 
Buteo  und  Hahropyges  hergestellt  wurden,  kann  man  deutlich  sehen,  wie  die  Bronchioli 
allmählich  kleiner  werdend  in  ein  Luftkanalwerk  auslaufen.  Netzartig  verbundene  Röhr- 
chen treten  teils  in  ihrer  Ebene  getroffen  auf,  teils  werden  die  Schnittflächen  nach 
oben,  unten  und  seitlich  abbiegender  Kanäle  sichtbar,  ohne  daß  indessen  alveoläre  Bildungen 
aufzufinden  sind.  Beim  Gebrauch  der  Mikrometerschraube  kann  man  stets  die  zapfen- 
artigen Stümpfe  der  Bronchialkanäle  verfolgen,  die  entweder  in  die  Tiefe  oder  schräg  zur 
Seite  abgehen. 

Auf  Taf.  II,  Fig.  3  ist  endlich  noch  zur  Bestätigung  der  kapillären  Gestaltung  der 
letzten  Luftwege  ein  Schnitt  der  injizierten  Lunge  von  Eudyptes  (Embryo)  zur  Anschauung 
gebracht.  Die  Lungenpfeifen  geben  hier  auf  dem  Längsschnitt  besonders  charakteristisch 
die  Anastomosierung  der  nicht  immer  gut  gefüllten  Bronchioli  wieder.  Die  feinen  Verbin- 
dungskanäle sind  an  ihrer  Ursprungsstelle  sichtbar,  ihre  weitere  Verfolgung  aber  bietet  große 
Schwierigkeiten. 

Kapitel   10. 
Verästelungssystem  der  feinsten  Blutgefäße. 

Unzweifelhaft  verdient  die  gleichartige  kapilläre  Gestaltung  von  Luft-  und  Blutwegen 
im  Endsystem  der  Vogellunge  eine  besondere  Beachtung,  und  so  will  ich  die  Übersicht  über 
diese  Verhältnisse  durch  die  in  der  Literatur  vorhandenen,  aber  noch  nicht  erwähnten  An- 
gaben von  den  letzten  Ramifikationen  der  Pulmonalis   vervollständigen. 


—     27     — 

C.  J.  Eberth  4,  ^1863,  p.  36): 

„Ich  will  nur  bemerken,  daß  bei  den  Vögeln  sowohl  durch  das  enge  Kaliber  der 
Kapillaren,  wie  durch  die  allseitig  nackte  Lage  derselben  die  größtmöglichste 
Respirationsfläche   und   der   rascheste   und   ergiebigste   Gaswechsel   erzielt   wird." 

Miller    10,   (1893,   p.  36): 

„Considering  the  termination  of  the  air  passages  and  the  arteries  and  veins,  we  have 
as  histological  unit  of  the  lung,  the  air  sac.  In  all  cases  it  has  one  artery  and  one  vein 
which  represent  the  termination  of  each  system.  The  artery  is  on  the  peripheral,  and 
between  the  two  a  rieh  capillary  network,  thus  giring  an  arterial  and  a 
venous   side   to   each   air-sac." 

Max  Baer   12,  (1896,  p.  36): 

„Die  Lungen,  welche  fast  ausschließlich  den  chemischen  Vorgängen,  dem  Gaswechsel 
zwischen  Blut-  und  Umgebungsmedium  dienen,  sind,  wenn  äußerlich  auch  von  verhältnis- 
mäßig geringem  Volumen,  mit  einem  Reichtum  an  Kapillargefäßen  ausgestaltet,  der  von 
demjenigen  der  leistungsfähigsten  Sänger  auch  nicht  annähernd  erreicht  wird.  Konzentration 
des  respirierenden  Parenchyms.  Diese  Kapillaren  sind  zudem  völlig  nackt  und  derart 
angeordnet,  daß  der  größte  Teil  ihrer  Oberfläche  mit  der  Luft  in  Berührung 
kommt.  In  diesem  Sinne  konnte  man  allerdings  von  einer  Vergrößerung  der  Atemfläche 
sprechen." 

E.  Seifert    11,  (1896,  p.  36): 

„Das  dichte  verfilzte  Kapillarsystem  aber,  das  in  die  Zwischenräume  der 
dendritischen  Endverzweigungen  eintritt,  bedingt  den  lebhaften  Gaswechsel,  der  in  diesen 
Organteilen  stattfinden  muß." 

Grober   13,   (1899,   p.  36): 

„Die  Blutkapillaren  der  Lunge  werden  bei  dem  großen  Volumen  der  Luftsäcke  so- 
wohl bei  der  Einatmung  als  auch  bei  der  Ausatmung  fast  allseitig  von  großen  Mengen  O- 
reicher  Luft  umspült,  und  der  Gasaustausch  zwischen  dem  rasch  zirkulierenden  Blut  und  der 
Luft  vollzieht  sich  kontinuierlich  und  mit  stets  gleicher  Energie." 

Die  eben  zitierten  Angaben  stimmen  in  den  wesentlichen  Punkten  überein  und  ent- 
werfen ein  Bild  vom  anatomischen  Bau  des  Blutkapillarsystems,  das  auch  mit  meinen  Unter- 
suchungen in  Einklang  steht.  Ich  konnte  feststellen,  daß  die  Blutgefäße  sich  in  dem  die 
Lungenpfeifen  voneinander  trennenden  interstitiellen  Gewebe  verzweigen  und  in  ein  Blut- 
kapillarnetz auflösen.  (Siehe  Taf.  II,  Fig.  6.)  Hervorzuheben  ist  besonders  die  Art  und  Weise 
des  Überganges  der  Gefäßästchen  in  die  Kapillaren,  insofern,  als  die  letzteren  bereits  von 
relativ  großen  Stämmchen  büschelartig  und  dicht  gedrängt  in  großer  Menge  all- 
seitig ausstrahlen.  (Siehe  Taf.  I,  Fig.  10  u.  1 1.)  Es  findet  keine  allmähliche  Abnahme  des  Lumens 
statt.  Die  Blutkapillaren  umflechten  die  feinen  Luftwege  korbartig  und  sind  mit  den  Luft- 
kapillaren  abwechselnd  verschlungen.  (Siehe  Taf.  IL  Fig.  5.)  Zwei  für  sich  entwickelte  Ka- 
pillarnetze greifen  somit  harmonisch  ineinander  und  führen  eine  möglichst  vollständige  Lüftung 
des  Blutes  bei  beschränktem  Räume  in  ausgezeichneter  Weise  herbei. 

(Siehe  Taf.  IL) 


—     28     — 

Sehen  wir  uns  an  der  Hand  dieser  gesamten  Beschreibung  der  feinsten  Luft  und 
Blutwege  auf  Taf.  II  die  Fig.  i,  2,  5  u.  7  an,  welche  nach  lo/t  dicken  Schnitten  gezeichnet  wurden, 
so  finden  wir  genau  eben  geschilderte  Verhältnisse  wieder.  Wir  sehen  nämlich,  wie  aus 
den  Lungenpfeifen  rings  herum  die  Bronchioli  her\'ortreten,  diese  sich  meist  deutlich  dicho- 
tomisch  verästeln,  die  Äste  wiederum  ziemlich  langgestreckt  und  nicht  weit  \'oneinander  ent- 
fernt zur  Peripherie  ihres  Pfeifenbezirkes  streben,  um  sich  daselbst  in  ein  enges  Maschen- 
werk von  Luftkapillaren  aufzulösen.  Wir  erkennen,  wie  bei  Colui)>ha  und  Hahropyges  die 
Netze  allseitig  miteinander  anastomosieren,  während  bei  Gallus  nur  einzelne  Zweige  und 
Kanäle  direkt  in  die  eines  benachbarten  Pfeifenbezirkes  übergehen.  Schließlich  führt  uns 
die  Fig.  6  noch  deutlich  die  Verzweigung  der  Blutkapillaren  vor  Augen  und  Fig.  5  zeigt,  wie 
Luft-  und  Blutkapillaren,  welch  letztere  rot  gehalten  sind,  dicht  gedrängt  miteinander  ab- 
wechseln. 

Die  im  makroskopischen  Teil  durchgeführten  Messungen  der  Bronchien  habe  ich 
auch  auf  die  Lungenpfeifen  und  die  aus  ihnen  her\'orgehenden  Kanäle  sowie  Luftkapillaren 
ausgedehnt.  Da  aber  in  diesen  feineren  \^erhältnissen  keine  sonderlichen  LInterschiede 
auftreten,  so  habe  ich  nur  die  Befunde  bei  Columha,  Gallus  und  Anas  mitgeteilt. 
Wenn  ich  auch  Gelatineinjektionen  bei  Milvus,  Buteo,  Chrysotis,  Syrninm,  Cardinalis, 
Molothrus,  Gyrmiocephalus,  Spermestes  und  Habropyga  ausgeführt  habe,  so  hatte  ich  bei 
letzteren  hauptsächlich  die  Erforschung  des  Endverlaufes  des  Bronchialbaums  im  Auge.  Zu- 
dem haben  meine  Kontrollmcssungen  an  diesen  in  Kanadabalsam  eingeschlossenen  Präpa- 
raten gezeigt,  daß  die  Kaliberverhältnisse  überall  entsprechend  dem  sonstigen  Bau  des 
Bronchialbaums  ausgebildet  sind,  d.  h.  je  feiner  die  Lungenpfeifen  gestaltet,  um  so  besser 
ist  die  Oberflächenvergrößerung  auch  auf  die  kapillären  Luftwege  ausgedehnt  und  umge- 
kehrt. 

Die  Messungen  wurden  mit  dem  Okularmikrometer  \on  Leitz,  Okular  i  und  Objektiv  3 
ausgeführt.  Es  ergab  sich,  daß  die  Weite  der  Bronchi  fistularii  durchschnittlich  0,75  mm 
bei  Columha,  1,15  mm  bei  Gallus  und  1,0  mm  bei  Anas  hoschas  betrug,  die  der  Luft- 
kapillaren hatte  eine  Stärke  von  0,015  "i™  bei   Columha,  0,03   mm  bei   Gallus. 


Kapitel   11. 
Histologische  Angaben. 

Auf  den  histologischen  Bau  der  Vogellunge  habe  ich  meine  l'ntersuchungen  nur  in- 
sofern ausgedehnt,  als  ich  den  Reichtum  an  elastischen  und  bindegewebigen  Fasern  festzu- 
stellen suchte.  Des  Vergleiches  halber  fertigte  ich  außerdem  Schnitte  der  Lungen  von  Sala- 
mandra  mandosa,  equus  cabalhis  und  mus  musculus  an.  Nach  Orientierung  in  einigen 
die  mikroskopisch-histologische  Technik  berührenden  Abhandlungen  (K.  T  elly  esn  iczky, 
Fuchs -Wolf  ring,  Röthig,  Seipp  und  Schulz)  wählte  ich  zur  Fixierung  von  Lungen- 
stückchen genannter  Tiere  und  einer  größeren  Anzahl  verschiedener  A'ögel  fünf  bewährte 
Fixationsflüssigkeiten :  Alcohol  absolutus,  Formalin  Solutio  10»,«,  beide  mit  Zusatz  von  5  »/o 
Acid.  acet.,    Hydrargyr.  bichl.  corros.  conc,    Zenker  sehe  und  Müllerschc  Flüssigkeit.    Die 


—    29     — 

in  Paraffin  von  54°  Schmelzpunkt  eingebetteten  Stückchen  wurden  zur  Darstellung  des  Binde- 
gewebes nach  van  Gieson  und  zur  Tinktion  der  elastischen  Fasern  nach  Weigert  und 
Röthig  (Kresofuchsin)  gefärbt. 

„Ich  erkenne,  schreibt  Ebcrth  (1863,  p.  36),  ein  sehr  feines,  aus  zartem  Bindegewebe 
bestehendes  Gerüst  ohne  glatte  Muskeln  und  elastische  Fasern,  welches  die  Ge- 
fäße trägt"  .  .  . 

„Elastische    Fasern    fehlen    dem   Lungengewebe    ganz." 

F.  E.  Schulze    5,   (1871,    p.  36)  dagegen   sagt: 

,,Das  Grundgerüst  der  dicken,  schwammigen  äußeren  Pfeifenwandung  wird  von  einer 
sehr  zartfaserigen,  fast  homogenen  Bindesubstanz  mit  feineren  elastischen  Faser- 
netzen gebildet,  welche  das  reiche,  zum  Austausch  der  Gase  bestimmte  Kapillarnetz  trägt." 

„Zwischen  den  Pfeifen  finden  sich  bei  einigen  Vögeln  (Gans,  Ente)  ziemlich  dicke, 
bei  anderen  (Taube)  kaum  erkennbare  Lagen  eines  hellen,  faserigen,  interstitiellen 
Bindegewebes." 

Gadow  9,  (1890,  p.  36J  schließlich  führt  bei  Beschreibung  der  Bronchial wandungen  aus: 
„Die  dritte  Schicht  ist  wieder  fibrös,  dünn  longitudinal,  nebst  elastischen  Fasern  und 
bildet   hauptsächlich   das   feine   wabenartige    Maschenwerk." 

In  diesen  Angaben  wird  fast  übereinstimmend  die  geringe  Anzahl  der  bindegewebigen 
und  elastischen  Fasern  zum  Ausdruck  gebracht.  Eberth's  Behauptung,  daß  die  Vogellunge 
jedweder  elastischer  Elemente  entbehre,  wird  durch  meine  Befunde  widerlegt,  aus  welchen 
hervorgeht,  daß  ihre  Anzahl  allerdings  nur  eine  geringe  ist.  Wo  und  wie  sie  im  Lungen- 
stroma  angeordnet  sind,  soll  uns  kurz  im  folgenden    Kapitel   beschäftigen. 


Kapitel   12. 
Histologische  Befunde, 

1.   Columba  liv.  dorn. 

Zenk.    Flüssigkeit,    van    Gieson. 
(Siehe  Taf.  III,  Fig.  i.) 

Bindegewebsfasern  finden  sich  auf  der  Innenwand  der  Bronchi  fistularii  und  im  Be- 
reich der  Blutkapillaren  nicht  allzu  reichlich  vor.  Jene  innerhalb  der  Pfeife  bei  der  Bildung 
der  muskulösen  Ringleiste  beteiligten  Septen  bestehen  in  der  Hauptsache  aus  ihnen. 

Formal.   10  "/o  acid.  acet.  5  "/o,  Weigert. 
(Siehe  Taf.  III,  Fig.  4.) 

Die  Innenfläche  der  Lungenpfeifen  ist  mit  einer  relativ  dicken  Schicht  elastischer 
Fasern,  die  gewundenen  Verlauf  nehmen,  ausgekleidet.  Spärlich  und  zerstreut  finden  sich 
solche  auch  in  den  am  Aufbau  der  Ringleiste  beteiligten  Septen.  Im  Kapillargebiet  treten 
außer  ganz  feinen  Fäserchen  keine  elastischen  Elemente  auf. 


—     30     — 

2.  Gymnocephalus  calvus. 
Form.   10  "/o    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  "/o,    van    G  i  e  s  o  n. 
Die  Anlage  der  Bindegewebsstränge  gleicht  der  bei  Columba  geschilderten  Anordnung. 

Form.   10  "/o    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  >,    Weigert. 

Auf  der  Innenwand  der  Pfeife  ist  eine  schwache  Lage  dicht  aneinander  gereihter, 
longitudinal  verlaufender  elastischer  Fasern  erkennbar,  während  sie  in  den  Ringleistensepten 
nur  vereinzelt  vorkommen  und  im  Kapillargebiet  gänzlich  verschwunden  sind. 

3.  Spermestes  Swinhoe. 

F  o  r  m.   10  %    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  "/o,    van    G  i  e  s  o  n. 

Ein  nur  schwacher  Ring  bindegewebiger  Substanzen  kleidet  die  Innenfläche  der  Pfeifen 
aus,  die  Ringsepten  bestehen  fast  gänzlich  aus  ihnen.  Das  Kapillargebiet  weist  nur  feine 
Züge  auf. 

Form.   10%    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  "/o,    Kresofuchsin. 

Derselbe  Befund  wie  bei  Gymnocephalus. 

4.  Anas  boschas. 

Zank.    Flüssigkeit,    van    Gieson. 

(Siehe  Taf.  III,  Fig.  3.) 

Innerhalb  der  Pfeifenwandung  ist  eine  mäßig  starke,  aber  dicht  gedrängte  Binde- 
gewebsanlage  vorhanden,  die  auch  im  Kapillargebiet  keine  große  Verbreitung  nimmt.  Da- 
gegen ist  die  Umrahmung  der  einzelnen  Pfeifensysteme  mit  einer  abwechselnd  dicken  und 
dünnen  Schicht  eng  aneinanderstoßender  Bindegewebsstränge  scharf  ausgeprägt,  wodurch  die 
Lungenpfeifen  voneinander  abgegrenzt  erscheinen.  Diese  Umrandung  ist  indes  niemals  völlig 
geschlossen,  so  daß  die  einzelne  Pfeife  mit  einer  wenn  auch  kleinen  Fläche  an  benachbarte 
unmittelbar  anstößt.  Diese  rings  um  den  Bronchus  fistularius  verlaufenden  Faserbündel 
umgrenzen  eine  auf  dem  Querschnitt   zumeist  hexagonale  bez.  polygonale  Fläche. 

Form.   10  "/o    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  '/o,    Weigert. 

Die  Innenfläche  der  Lungenpfeife  ist  mit  einer  schwachen,  etwas  aufgelockerten  Lage 
gekräuselter  elastischer  Fasern  ausgekleidet,  die  spärlich  auch  in  den  Ringleistensepten  auf- 
treten. Im  Kapillargebiet  sind  sie  nur  ganz  vereinzelt  anzutreffen,  während  dieselben  an  der 
Bildung  des  Bindegewebskranzes  rings  um  die  Pfeife  mit  mäßig  starken  Zügen  teilnehmen. 

5.   Anser  dorn. 
Form.   10  °/o    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5  °,'o,    van    Gieson. 

Die  Bindegewebsanlage  ist  ähnlich  wie  bei  Anas  ausgebildet,  nur  treten  hier  infolge 
stärkerer  Anhäufung  der  Fasern  die  betreffenden  Gewebsteile  schärfer  als  wie  dort  hervor. 


—     31     — 

Form.   10  "/o    a  c  i  d.  a  c  e  t.  5''/o,    Weigert. 

Entsprechend  der  reicheren  Verteilung  der  Bindegewebssubstanzen  haben  auch  die 
elastischen   Fasern  an   Zahl  zugenommen. 

6.   Gallus  dorn. 

H  y  d  r  a  r  g.  b  i  c  h  1.  cor.  c  o  n  c. ,  G  i  e  s  o  n. 
(Siehe  Taf.  III,  Fig.  2.) 

Hier  tritt  uns  die  reichste  Anlage  sowohl  bindegewebiger  als  auch  elastischer  Fasern 
in  der  bei  letztgenannten  Arten  konstatierten  Weise  entgegen.  Besonders  stark  sind  die  Ge- 
websstränge  rings  um  die  Pfeifen  entwickelt,  indem  sie  meist  in  zwei  Zügen  nebeneinander 
verstreichen.  In  die  Winkelecken  des  polygonalen  Gewebskranzes  sind  meist  größere  Blut- 
gefäßstämme eingelagert,  was  bei  den  vorbeschriebenen  Arten  (Anas,  Anser)  der  Land-  und 
Wasservögel  nicht  so  ausgesprochen  der  Fall  war.  Während  endlich  sonst  stets,  d.  h.  auf 
jedem  Quer-  oder  Längsschnitt,  kleine  Lücken  dieses  bindegewebigen  Ringes  Anastomosen 
benachbarter  Lungenpfeifen  herstellten,  finden  sich  hier  im  Querschnitt  einige  allerdings  ver- 
einzelte völlig  geschlossene  Bezirke  vor.  An  Längsschnitten  hingegen  treten  immer  kurze 
Kommunikationen   benachbarter   Pfeifen   auf. 

H  y  d  r  a  r  g.  b  i  c  h  I.  cor.  c  o  n  c. ,  K  r  e  s  o  f  u  c  h  s  i  n. 
(Siehe  Taf.  III,  Fig.  5.) 


Hand  in  Hand  mit  dem  reichlicher  entwickelten  Bindegewebe  nimmt  naturgemäß  auch 
istische  Faserwerk 
laufenden  Gewebskranz. 


das  elastische  Faserwerk  eine  größere  Ausbreitung,  vornehmlich  in  dem  um   die  Pfeife  ver 


Es  kann  mithin  auf  Grund  dieser  Befunde  der  bereits  früher  betonte  Mangel  an 
elastischen  Fasern  in  der  Vogellunge  zum  LTnterschied  von  Reptilien-  und  Säugetierlunge  be- 
stätigt werden.  Die  von  F.  E.  Schulze  (5)  angedeutete  bindegewebige  LTmrandung  der  ein- 
zelnen Pfeifen  bei  Anas  und  Anser  ist  zutreffend  und  hier  näher  beschrieben  worden. 
Diese  Abgrenzung  ist  von  großem  Wert  für  die  Charakterisierung  gewisser  Gattungen  und 
Familien.  Man  kann  nämlich  die  Lungen  in  solche  scheiden,  deren  Pfeifensysteme  von  poly- 
gonal verlaufenden  Gewebsmassen  (Bindegewebe  und  elastische  Fasern)  rings  begrenzt  wer- 
den und  in  andere,  deren  letzte  Ramifikationen  unbeschränkt  allseitig  miteinander  anasto- 
mosieren.  Die  guten  Fliegerarten  weisen  den  letzterwähnten  Zustand  auf,  während  die  Land- 
und  Wasservögel,  soweit  ich  sie  untersuchte,  stets  die  eigentümliche  Begrenzung  der  Pfeifen 
erkennen  ließen. 


—     32     — 

Kurze  Zusammenfassung  der  Gesamtresultate. 

Da  ich  glaube,  daß  meine  vergleichend-anatomischen  Befunde  über  den  gröberen  und 
feineren  Bau  der  Vogellunge  einige  neue  Tatsachen  kennen  lehrten  und  zugleich  zur  Klärung 
strittiger  Punkte  beitragen,  so  sei  es  gestattet,  kurz  die   Resultate  zu  rekapitulieren. 

Es  konnte  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  der  \'ogel  seinen  Lebensbedingungen  ent- 
sprechend mit  einem  überaus  komplizierten  Atmungssystem  ausgerüstet  sein  mußte.  Diese 
Annahme  hat  sich  noch  durch  die  Entdeckung  eines  Luftkapillarsystems  als  gerechtfertigt  er- 
wiesen. Die  Vogellunge  besitzt  keine  ausgiebige  Ausdehnungsfähigkeit  und  ist  nicht,  wie  die 
Atmungsorgane  anderer  höherer  Tiergruppen,  zur  Respiration  und  Luftaufspeicherung  gleich- 
zeitig bestimmt.  Die  Einrichtungen  zur  Aufspeicherung  O-reicher  Luft  und  zur  Herabsetzung 
des  spezifischen  Gewichtes  sind  in  dem  schon  frühzeitig  entdeckten  Luftsacksystem  enthalten. 
Wir  wissen  längst,  daß  die  mehr  oder  minder  feine  Ausbildung  desselben  mit  dem  Flug- 
vermögen gleichen  Schritt  hält. 

Die  vorliegenden  Untersuchungen  haben  weiterhin  ergeben,  daß  auch  die  Lunge 
selbst  eine  der  Flugfähigkeit  des  betreffenden  \'ogels  entsprechende  Gestaltung  aufweist. 
Mangelhafte  Flieger  sind  durch  grob  angelegte  Luftwege  charakterisiert,  welche  den  ge- 
ringeren respiratorischen  Anforderungen  genügen ;  gute  Flieger  zeichnen  sich  durch  ein 
überaus  feines  Verästelungssystem  ihrer  Bronchialbäume  aus,  wodurch  sie  zu  hohen  respira- 
torischen Leistungen  befähigt  werden.  Durch  die  Kapillarität  von  Blut-  und  Luftwegen 
kommt  endlich  eine  erstaunliche  Oberflächen\ergrößerung  zu  stände,  die  ihrerseits  wieder 
die  Energie  des  Gasaustausches  in  einem  relativ  kleinen  Räume  bedeutend  zu  steigern  \er- 
mag.  So  liefert  die  überaus  kunstvolle  Architektonik  der  \'ogellunge  auch  ein  schönes  Bei- 
spiel für  das  Prinzip  der  Oberflächenvergrößerung,  auf  welches  besonders  Rudolf  Leuckart 
oft  und  nachdrücklich  hingewiesen  hat.  Im  allgemeinen  wird  heute  die  flächenhafte  Aus- 
bildung intensiv  arbeitender  vegetativer  Organe  bereits  als  erwiesen  betrachtet,  wenngleich 
die  Spezialuntersuchungen  auf  diesem  Gebiet  noch  nicht  als  abgeschlossen  gelten  können. 
Meine  Befunde  über  die  Vogellunge  reihen  sich  diesen  Forschungen  als  weiterer  Beweis  ihrer 
Richtigkeit  an  und  lehren,  daß  die  hohe  Leistungsfähigkeit  dieses  Atmungsorgans,  die  von 
den  Physiologen  längst  angenommen  wurde',  tatsächlich  in  der  komplizierten  Gestaltung 
des  anatomischen  Baues  ihre  Begründung  gefunden  hat.  Mit  der  kapillaren  Verästelung  der 
Luftwege  hält  diejenige  der  Blutgefäße  gleichen  Schritt,  und  wenn  wir  uns  aus  der  über- 
raschenden Feinheit  der  beiden  Kapillarnetze  einen  Rückschluß  auf  die  Energie  des  Gas- 
austausches erlauben  dürfen,  so  müssen  wir  die  letztere  entschieden  sehr  hoch  bewerten. 

In  keiner  anderen  Tierklasse  haben  sich  bisher  gleich  komplizierte  \"erhältnisse  fest- 
stellen lassen,  so  daß  wir  darum  die  \'ogellunge  auf  Grund  der  anatomischen  Gestaltung 
wie  der  funktionellen  Leistungsfähigkeit  wegen  an  der  Spitze  aller  Respirations- 
apparate  in   der   Tierreihe   stellen    müssen. 


' ,Es  schwankt  der  Sauerstoffverbrauch  für  die  Gewichtseinheit  der  verschiedenen  Tiere  unter  denselben  Be- 
dingungen innerhalb  weiter  Grenzen.  Kleinere  Tiere  haben  ceteris  paribus  eine  größere  Atmungsintensität  als  größere. 
Die  stärkste  Atmung  zeigen  die  Vögel  und  zwar  eine  desto  größere,  je  kleiner  sie  selbst  sind. 
Während   die  kleinen  Singvögel   die  intensivste  Atmung  haben,   in   der  gleichen  Zeit   fast  lümal  so  viel  O  verbrauchen  als 

z.  B.  Hühner,  ist  die  Lebhaftigkeit  der  Atmung  bei  den  Kaltblütern  außerordentlich  gering." 

(Munk  1892  p.  80  Lehrbuch  der  Physiologie.) 


R  e  s  u  m  e. 

1.  Der  Bronchialbaum  der  Vögel  ist  streng  geschieden  in  einen  unteren 
ventralen  und  einen  oberen  dorsalen  Bezirk,  die  beide  um  den  Haupt- 
bronchus  gruppiert  sind.  Die  Luftwege  selbst  sind  nach  dem  Prinzip  der 
Oberflächenvergrößerung  in  der   Lunge  angeordnet. 

2.  Der  Ventralbezirk  ist  sehr  regelmäßig,  aber  großkalibrig  bei  den 
einzelnen  Species  angelegt  und  enthält  stets  8  größere  Luftwege:  Bronchi 
clavicularis,  cervicalis,  clavicularis  dorsalis,  diaphragmaticus  anterior  und 
posterior,  medialis,  caudalis  und  lateralis.  Die  Zahl  der  Bronchi  dorsales 
hingegen  schwankt  bei  den  verschiedenen  Arten  zwischen  6  und  lo.  Ihr 
Kaliber   ist    kleiner   als    das    des   ventralen  Bezirkes. 

3.  Die  dorsale  Lungen  ober  fläche  zeigt  insonderheit  vermöge  der 
Variabilität  \'on  Zahl,  Kaliber  und  Richtung  der  auf  ihr  ausgebreiteten 
Luftwege  die  für  die  einzelnen  Gattungen  charakteristischen  Unterschiede. 
(Siehe  Taf.  IV— V.) 

4.  Während  die  größeren  Bronchien  vorzugsweise  die  Außenfläche  der 
Lunge  überziehen,  wird  die  innere  eigentliche  Hauptlungenmasse  von  den 
Lungen  pfeifen,    die    Bronchi    fistularii    heißen,    gebildet. 

5.  Die  Pulmonalarterie  verzweigt  sich  vorwiegend  dichotomisch  und 
mit  ]•  a d i ä r  gruppierten  gröberen  Ästen  in  dieser  H  a  u  p  1 1  u  n  g  e  n m  a  s  s  e  und 
endigt  in  einem  zwischen  den  Pfeifen  überaus  fein  verteilten  Blutkapillar- 
netz. Die  stärkeren  Gefäß  stamme  breiten  sich  zwischen  dem  Ventral-  und 
Dorsal  bezirk  aus,  und  somit  repräsentieren  die  beiden  Bezirke  gleichzeitig 
ein    ep-    und    hyparterielles    System    (Aeby). 

6.  Um  das  Lumen  der  einzelnen  Pfeife  sind  kurz  gedrungene  Bronchioli 
radiär  angeordnet.  Sie  verästeln  sich  spitzwinklig  dichotomisch  und  lösen 
sich  allmählich  in  ein  L  u f  t  k  a p i  1 1  a  r  n  e  t  z  mit  zahlreichen  g  1  e  i  c  h  w  e  i  t  e  n 
Kanälen   auf. 

7.  Diese    Luftkapillaren    verflechten    sich    mit    den    BlutkapilJaren. 

8.  Sämtliche    Luftwege    anastomosieren    miteinander. 

Zoologica.    Heft  45.  5 


34     — 


9-    Blindsäcke    oder    Alveolen    scheint  die  Vogellunge  nicht  zu  besitzen. 

I  o.  Die  L  u  n  g  e  n  p  f  e  i  f  e  n  der  Land-  undWasservögel  (Gallus,  Anser,  Anas) 
sind  durch  scharf  ausgeprägte,  auf  dem  Querschnitt  polygonal  erscheinende 
Bindegewebszüge  ausgezeichnet,  die  stets  auch  elastische  Fasern  enthalten. 
Diese  Umgrenzung  ist  nicht  \öllig  ringsum  geschlossen.  Bei  besseren 
Fliegerarten  (Columba,  Milvus,  Buteo,  Syrnium,  Cardinalis,  Molothrus, 
Gymnocephalus,  Spermestes,  Habropyga   und    Chrysotis)   fehlen   sie   ganz. 

11.  Elastische  Fasern  treten  im  L u n g e n s t r o m a  im  allgemeinen  in  spär- 
licher Anzahl    auf;    bei    den    einzelnen   Gruppen   ist   dieselbe   noch   variabel. 

12.  Die  Leistungsfähigkeit  der  Lunge  läßt  sich  vom  anatomischen  Ge- 
sichtspunkt aus  bei  den  einzelnen  Species  auch  im  Bau  des  Bronchialbaums 
erkennen:  Reiche  \'erzweigung  der  auf  \'entral-  und  besonders  auf  Dorsal- 
fläche auftretenden  Bronchien  in  feinkalibrige  Kanäle,  allseitige  Kommuni- 
kation der  Pfeifenbezirke  und  der  Luftkapillaren  sind  die  charakteristischen 
Merkmale  guter  Flieger,  während  ein  grob  angelegtes  Bronchialsystem  mit 
eng  begrenzter  Kaliberschwankung  der  Luftwege  auf  ein  geringeres  Re- 
spirationsvermögen   schlechter    Flieger  hindeutet. 


Literatur- Angabe. 


a.    Benutzte  Arbeiten. 

1842.      I.  Weber,  Über  den  Bau  der  Lungen  bei  Vögeln.    Bericht  der   19.  Vers.  Deutsch.  Naturf.  u.  Ärzte. 

1842.    Braunschweig. 
1855.     2.  Williams,    Respiration.     Cyclop.  of  Anat.  and  Physiol.    June   1855.    p.  276. 
1860.     3.  Schröder,  Über  die  Struktur  der  Vogellunge,    p.  92.     1860.    Arch.  f.  d.  holl.  Beitr.  z.  Naturg.  u. 

z.  Heilk.    Utrecht. 
1863.     4.  Eberth,    Über  den  feineren  Bau  der  Lunge.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.    XII,    p.  450 — 51.     1863. 
1871.      5.  Schulze,  F.  E.,    Die    Lungen    der  Vögel,    Strickers    Handbuch    der  Lehre    von   den  Geweben. 

Bd.  I.     Leipzig   1871. 
1875.     6.  Huxley,  Anatomie  der  Wirbeltiere.     Breslau    1875. 
1880.     7.  Aeby,    Der  Bronchialbaum    der   Säugetiere    und   des    Menschen    nebst  Bemerkungen    über   den 

Bronchialbaum  der  Reptilien  und  Vögel.      1880. 
1886.     8.  Fischer,  Ernst,  Das  Drehungsgesetz  bei  dem  Wachstum  der  Organismen.    Straßburg   1886. 
1890.     9.  Bronn-Gadow,  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.    VI.  Bd.  IV.  Abt.  aves    p.  746.    1890. 

1892.  10.  Munk,  J.,    Physiologie  des  Menschen  und  der  Säugetiere.     Berlin   1892. 

1893.  II.  Miller,  W.  S.,    The  structure  of  the  lung.     Journ.  of.  Morph.    Vol.  8,    p.  165—188.     1893. 
1896.   12.  Siefert,  Ernst,    Über  die  Atmung  der  Reptilien  und  Vögel.    Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.    Bd.  64, 

p.  321 — 506.      1896. 
1896.    13.  Baer,  Max,    Beiträge  zur  Kenntnis  der  Anatomie  und  Physiologie  der  Atemwerkzeuge    bei  den 

Vögeln.     Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.    Bd.  61.     1896. 
1899.   14.  Grober,    Jul,    Über    die    Atmungsinnervation    der    Vögel.     Arch.    f.    d.    ges.  Physiol.     Bd.   76. 

H.  9  —  10,  p.  427 — 469.      1899. 

1899.  15.  Supino,  Feiice,  Richerche  sulla  struttura  del  pulmone  negli  ucelli.    Atti  della  Societä  Veneto- 

Trentina  di  Scienze  naturali  residente  in  Padova.  Anno  1899.  Ser.2.  V0I.3.  Fase.  2,  p.306— 316. 

1900.  16.  EUenberger   und    Baum,     Handbuch    der    vergleichenden    Anatomie    der    Haustiere.     9.  Aufl. 

Berlin   1 900. 

1901.  17.  Gegenbaur,  C,  Vergleichende  Anatomie  der  Wirbeltiere  mit  Berücksichtigung  der  Wirbellosen. 

Bd.  II.     Leipzig   1901, 
1901.   18.  Narrath,  A.,    Der    Bronchialbaum    der    Säugetiere    und    des    Menschen.     Bibl.  med.,  A,  Anat. 
Stuttgart    1901. 

ß.    Zusammenstellung   der  übrigen   allgemeinen   und   spezielleren   Abhandlungen 
über   den    Respirationsapparat   der  Vögel. 

384—322  a.  Chr.  n.     Aristoteles,    De  pulmone,    et  ejus  forma,    quibus  item  inseritur,    et  quibus  non,  in 

s.  Schrift    ,,De  partibus  animalium",    lib.  3.    Cap.  6,    p.   526. 
Um   1200  p.  Chr.  n.     Kaiser  Friedrich  IL,    Enkel  Barbarossas,  De  arte  venandi  cum  avibus  (fragm.). 


—     36     — 

1573-  Coiter,  De  avium  aspera  artciia,  pulmonibus,  thorace,  et  spiritualibus  instnimentis  in  s.  Schrift 
Anat.  avium  ins.  Werk:  Externarum  et  internarum  praecipalium  humani  corporis  partium  tabulae 
atque  anatomicae  exercitationes.     Noriberg,    p.   131. 

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1722.     Redi,  Fr.,  Alcune  lettre  di  Franc.  Redi. 

Supplement!  al  Giornale  di  letterati  d'  Italia.     T.  sep.  p.  55. 

Lettera    seconda ,    scritta    in  nome  di  Pietro  AUesandro  Fregosi   al  Dottore  Jacopo  del  Lapo,  in 

cui  si  fanno  alcune  osservazioni  sopra  i  Pulmoni  de  Volanti  etc.     Venezia   1722.    12. 

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Dissert.     Leipzig. 


Tafel-Erklärungen. 


Tafel  1. 


A  b  k  ü  r  z 

u  n  g  e  n  : 

M. 

= 

Mesobronchium. 

Lu. 

V. 

= 

Vestibulum. 

K. 

Cl. 

=: 

Bronch.  clavicularis. 

O.  c. 

C. 

= 

Bronch    cervicalis. 

O.  cl. 

Cl,  d. 

= 

Bronch.  clavic.  dorsalis. 

O  i.  a. 

D.  a. 

= 

Bronch.  diaphrag.  anterior. 

O.  i.  p. 

D.  p. 

= 

Bronch.  diaphrag.  posterior. 

O.  p. 

Ca. 

= 

Bronch    caudalis. 

a. 

L. 

= 

Bronch.  lateraMs. 

V. 

Me. 

= 

Bronch.  medialis. 

B. 

D. 

= 

Bronch.  dorsalis. 

Ka. 

Lungenpfeifen. 
Kanalwerk. 
Ostium  cervicale. 
Ostium  claviculare. 
Ostium  intermed.  anterius. 
Ostium  intermed.  posterius. 
Ostium  posterius. 
Arteria  pulmonalis. 
Vena  pulmonalis. 
Blutgefäßstamm. 
Blutkapillaren. 


Fig.  I.  Verlauf  des  Hauptbronchus.  Um  die  Ursprungsstellen  der  von  ihm  abgehenden  Bronchien  ersicht- 
lich zu  machen,  wurde  die  ventrale  Wand  des  Kanals  abgetragen.  Die  weitaus  größte  Zahl  der 
Bronchien  entspringt  von  der  dorsalen  Wand  des  Mesobronchium,  um  sich  dann  durch  Abwärts- 
steigen der  Ventraläste  zur  Bildung  des  ventralen  und  durch  Aufwärtsstreben  der  Dorsalbronchien 
zur  Gestaltung  des  dorsalen  Bezirkes  anzuschicken.  Die  Wand  des  Hauptstammes  ist  auch  sonst 
noch  von  zahlreichen  Poren  siebartig  durchlöchert,  von  denen  aus  die  Pfeifen  in  die  Lungen- 
substanz eindringen. 

Fig.  2.  Der  flächenartige  Verlauf  des  Bronchus  clavicularis  mit  seinem  ihm  ebenbürtigen  Ast  dem  Bronchus 
cervicalis.  Ersterer  mündet  in  den  clavicularen  und  den  vorderen  diaphragmatischen  Luftsack, 
letzterer  versorgt  den  cervicalen  Luftsack. 

Fig.  3.  Gemeinsame  Ursprungsstelle  der  Bronchi-clavicularis  dorsalis  und  -medialis,  die  sich  sofort  in  diver- 
gentem Lauf  voneinander  trennen.  Der  claviculare  Kanal  ramifiziert  sich  vornehmlich  in  der  inneren 
Lungensubstanz  und  kommuniziert  mit  dem  clavicularen  Luftsack,  der  mediale  hingegen  erstreckt 
sich  kurzen  Weges  zum  medialen  Lungenrand.  Die  zahlreichen  Poren  deuten  auch  hier  den  Ab- 
gang von  Lungenpfeifen  an. 

Fig.  4.  Der  Bronchus  diaphragmaticus  anterior  begibt  sich  fast  unmittelbar  nach  seinem  Ursprung  zum 
vorderen  diaphragmatischen  Luftsack.  Nach  ihm  entspringt  mit  geräumiger  Öffnung  der  Caudalis, 
um  teils  den  medialen  Lungenrand  mit  seinen  Zweigen  auszufüllen,  teils  seitlich  den  Lateralbronchus 
mit  zwei  Armen  abzusondern. 

Fig.  5  u.  6.  Die  Lungenpfeifen  sind,  soweit  sie  auf  der  Oberfläche  sichtbar  werden,  grau  schraffiert  ge- 
halten. Der  Verlauf  des  Mesobronchium  ist  durch  Schraffierung  angedeutet ,  während  die  Ober- 
flächenbronchien hell  geblieben  sind. 


-     40     — 

Fig.  7  u.  8.  In  den  Zeichnungen  ist  die  Anlage  der  Lungenpfeifen  im  Innern  der  Lunge  zur  Darstellung 
gebracht.  Ihr  Verhalten  zu  Hauptbronchus  und  den  übrigen  Bronchien  ist  durch  schematische  Ein- 
zeichnung  derselben  zum  Ausdruck  gelangt. 

Fig.  9.  Verästelung  der  Pulmonalis  und  ihr  Verhältnis  zum  Mesobronchium.  Beachtenswert  ist  die  dicho- 
mische  Verästelung  und  die  Gruppierung  der  Zweige  um  ihren  Stamm. 

Fig.  10  u.  II.  220fache  Vergröß.  D.D.  2.  Zeiß.  Besonderes  Merkmal  der  Blutverteilung  ist  der  hier  im 
Quer-  und  Längsschnitt  dargestellte  Ursprung  der  Kapillaren  direkt  von  einem  größeren  Gefäß- 
äst chen. 


Tafel    II.     (Doppeltafel.) 


Farbenerklärung: 
blau;  Luftwege. 

gelb  u.  rot ;    Blutwege. 


Ab  k  ürzung  en  : 


Lu 

= 

Lungenpfeifen. 

Br 

= 

Bronchioli. 

L. 

K. 

= 

Luftkapillaren. 

B. 

= 

Blutgefäßstamm 

B. 

K. 

= 

Blutkapillaren. 

Fig.   I.     Haliropiffia  castanotis,    Gelat.  Inj.,  Schnitt   10  11  dick,  Canadabalsam,     115  fache  Vergröß.,  Zeiß  B,   3. 

Zw'ei  Lungenpfeifen  zeigen  die  t\pische  \'erästelung  in  Bronchioli  und  Luftkapillaren,  welche  bei 

dem  guten  Flieger  allseitig   netzartig  mit  einander  verbunden  sind.     Charakteristisch  ist  der  Reicli- 

tum  relativ  großer  Blutgefäße  auf  der  kleinen  Fläche,  ein  Befund,  der  sich  auch  bei  anderen  kleinen 

Vogelarten  (Spermestes,  Molothrus,  Gymnocephalus,  Cardinalis)  konstatieren  ließ. 

Fig.   2.    Gallus  dorn.,    Gelat.  Inj.,    Schnitt   10  /t  dick,  Canadabalsam,     11 5  fache  Vergrößerung,     Zeiß  B,  3. 

Endverzweigungssystem  bei  einem  Typus  der  schlechten  Flieger.  Die  Luftkapillaren  zweier  be- 
nachbarter Pfeifen  gehen  nur  an  kleinen  Flächen  in  einander  über.  Die  Kaliberverhältnisse  zeigen 
auch  hier  die  schon  im  makroskopischen  Bau  typische  grobe  Gestaltung. 

Fig.   3.     Emli/jAes,  Embryo.    Gelat.  Inj.,    Schnitt   10  //,  Canadabalsam,    115  fache  Vergrößerung,  Zeiß  B,  3. 

Der  Längsschnitt  zeigt  trotz  der  Unvollständigkeit  der  Injektion  die  an  der  Peripherie  der  Pfeifen 
ausgeprägte  Neigung  der  Luftwege,  miteinander  zu  anastomosieren.  Zahlreiche  Blutgefäße  breiten 
sich  zwischen  den  Fistularbronchien  aus. 

Fig.  4.     Molothrits  bonariensis.     Gelat.  Inj.,  Querschnitt  10  h,  Canadabalsam,  31  fache  Vergröß.,  aa.  2  Zeiß. 

Ubersichtsbild  über  die  polygonal  einander  begrenzenden  Lungenpfeifen.  Typus  des  guten 
Fliegers. 

Fig.   5.     Columha  liv  dorn.,    Gelat.  Inj.,    Bronchien    und  Pulmonalis,    Schnitt    10  /<,    Canadabalsam,     22ofache 

Vergrößerung,     D.  D.   2  Zeiß. 
Darstellung  der  Luft-  und  Blutkapillaren,  die  netzartig  mit  einander  verschlungen  sind.    Allseitige 
Kommunikation  der  Luftwege.     Typus  des  guten  Fliegers. 

Fig.  6.    Columha  liv.  dorn.,    Gelat.  Inj.,   Pulmonalis,    Schnitt   10  |/,    Canadabalsam,     220  fache  Vergrößerung, 

D.  D.   2  Zeiß. 
Ausbreitung    des  Blutkapillarnetzes    zwischen    den  Pfeifen.     Der    charakteristische  Ursprung    der 
Kapillaren  von  relativ  größeren  Ästchen  ist  auch  hier  erkennbar. 

Fig.  7.    Buteo  vulgaris,    Gelat.  Inj.,    Schnitt   10  //,  Canadabalsam,    I40fache  Vergrößerung,  B.  4.  Zeiß. 

Die  typische  Endverzweigung  des  Bronchialbaumes  bei  einem  guten  Flieger.  Bronchioli  mit  den 
netzartig  verbundenen,  allseitig  kommunizierenden  Luftkapillaren. 


—     41 


Tafel 

III. 

Abkürzungen: 

Lu.  =  Lungenpfeifen. 

Br.    =  Bronchioli. 

B.      =  Blutgefäßstamm. 

m.     =-■  muskulös.  Ringleiste 

S.      =  Ringsepten. 

G.     =  Gewebskranz. 

Farbenerklärung: 

gelblich :     i   , 

1  Luneenstroma. 
blaugrau  :  ) 

karminrot :  Bindegewebe. 

braun :  Muskelzüge. 

gelb :  Blutgefäße. 

tiefblau  :  elast.  Fasern. 

Fig.   I.     CoJumha  lir.  dorn.,  Hydrarg.  bichl.  cor.  conc.  Fix,  v.  Gieson,  Canadabalsam,  So  fache  Vergr.  B,  2.  Zeiß. 

Anlage  des  Bindegewebes  im  Pfeifenbezirk.     Typus  des  guten  Fliegers. 
Fig.   2.     Gallus  dorn.,  Hydrarg.  bichl.  cor.  conc.  Fix,  v.  Gieson,  Canadabalsam,   31  fache  Vergröß.,  aa,  2.  Zeiß. 

Reichliche  Bindegewebsbildung  bei  dem  Typus  eines  schlechten  Fliegers. 

Fig.  3.     Anas  hosclus,  Hydrarg.  bichl.  cor.  conc.  Fix,  v.  Gieson,  Canadabalsam,  80 fache  Vergröß.,  B,  2.  Zeiß. 
Querschnitt  einer  Pfeife,  die  jene  für  Land-  und  Wasservögel  typische  bindegewebige  Umrandung 
zeigt.     Der  Bau  der  Pfeife  mit  dem  muskulösen  Ring  und  den  Septen  ist  klar  ausgeprägt. 
Fig.  4.     Columba  liv.  dorn.,    Zenk.  flüss.  Fix.,  Weigert,  Canadabalsam,    80  fache  Vergrößerung,    B.   2,  Zeiß. 
Anlage  der  elastischen  Fasern.     Typus  des  guten  Fliegers. 

Fig.   5.    Gallus  dorn.,    Zenk.  flüss.  Fix.,    Kresofuchsin,  Canadabalsam,  3 1  fache  Vergrößerung,    aa,  2,  Zeiß. 
Reichliche  elastische  Faserbildung  bei  dem  Typus  des  schlechten  Fliegers. 


Tafel    IV. 


Fig.   I.     Lanis  argentutus  Brunn  ich.     Celloidin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Die  gewaltig  entwickelten  Dorsalbronchien    überziehen    langgestreckt    die  Oberfläche ,    allmählich 
in  feinere  Ästchen  auslaufend.     Zahlreiche  Anastomosen  benachbarter  Bronchien  und  deren  Zweige 
charakterisieren  den  guten  Flieger. 
Fig.  2.     FuU.r   cristota  Steph.     Celloidin-Korrosionspräparat,    Doppelinjektion:    Bronchien    und    Pulmonalis 

Ventralansicht. 
Durch  Abtragung  der  hinteren  ventralen  Oberfläche  wird  die  charakteristische  Ausbreitung  des 
Blutgefäßsystems  innerhalb  der  Lunge  in  seinen  gröberen  Zügen  zur  Anschauung  gebracht,  gleich- 
zeitig auch  das  Verhältnis  von  Bronchialbaum  zur  Pulmonalis.  Wie  im  Texte  ausgeführt  wurde, 
liegt  die  Ausbreitung  dieses  großen  Gefäßstammes  mitten  zwischen  Ventral-  und  Dorsalfläche. 
Die  photographische  Aufnahme  läßt  leider  die  im  Präparat  schön  hervortretende  Doppelinjektion 
nur  schwer  erkennen. 
Fig.   3.     Fulix  cristata  Steph.     Dorsalansicht  des  vorigen  Präparates. 

Das    fein    verteilte  Bronchialsystem    deutet    auf    die    hohe  Leistungsfähigkeit    der  gut    fliegenden 
Reiherente    hin.     Bemerkenswert    ist ,    daß  sämtliche    letzten  Ausläufer    der  Dorsalbronchien    sowie 
die  zugehörigen  Lungenpfeifen  eine  fast  gleiche  Kaliberstärke  aufweisen. 
Fig.  4  a  u.  b.     Anas  hoschas  Linne.     Celloidin-Korrosionspräparat,  Dorsalansichten. 

Zwei  Präparate  demonstrieren  den  für  die  Wildentenlunge  charakteristischen  Verlauf  der  Dorsal- 
bronchien.  Figur  b  zeigt  ihn  besonders  scharf  und  bringt  auch  den  distal  gelegenen  feinen  Kanal- 
bezirk gut  zur  Anschauung. 
Fig.   5.    Attas  crecca  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,  Zinnober,   Dorsalansicht. 

Die  Lunge  ist  hoch  entwickelt  und  hebt  sich  inmitten  des  gewaltigen  Luftsacksystems  besonders 
charakteristisch  ab.     Die  durch  die  Rippen  bedingten  Einkerbungen    sind  scharf   markiert,  und  die 
Zweiteilung  der  dorsalen  Oberfläche  in  gröbere  Luftwege  und  einen  feinen  Kanalbezirk  ist  deutlich 
Zoologica.   Heft  45.  6 


—     42     — 

sichtbar.  Innerhalb  dieses  feinen  Kanalwerks  fällt  hier  das  Auftreten  eines  sonst  nirgends  beob- 
achteten größeren  Bronchialastes  auf,  der  sich  nach  dem  abdominalen  Luftsack  begibt,  unterwegs 
mit  zahlreichen  benachbarten  Luftwegen  anastomosierend. 

Fig.     6.    Tadornu  tadornoides  J.  u.  S.     Photoxylin-Korrosionspräparat,  Zinkweiß,    Dorsalansicht. 

In  der  hellen  Zone  des  Bildes  breiten  sich  die  kräftigen  Dorsalzweige  schräg  über  die  Lungen- 
oberfläche aus,  während  der  dunkel  schattierte  Kanalbezirk  in  seinen  Einzelheiten  nur  schwach  er- 
kennbar ist.     An  der  Basis  des  Präparates  ist  der  Stumpf  des  Hauptbronchus  sichtbar. 

Fig.     7.  Platalea  leucorodia  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Das  hier  abgebildete  Präparat  bringt  den  Ausguß  der  fein  differenzierten  Dorsalfläche  einer 
Reiherlunge  zur  Anschauung.  Die  Bronchien  verstreichen  langgestreckt  von  hinten  distal  über  die 
Oberfläche  nach  vorn  zur  Lungenspitze  und  medial  zum  Lungenrand,  ähnlich  wie  bei  Tadorna. 
Trotz  der  Schrumpfung  des  Präparates  sind  zahlreiche  Anastomosen  der  Luftwege  erkennbar.  Er- 
wähnt sei  besonders,  daß  die  Dorsalbronchien  hier  wie  auch  in  Fig.  6,  9,  10,  19,  20,  21  eine 
größere  Ausdehnung  nehmen  als  sonst  üblich. 

Fig.     8.  Botaurus  stellaris  Steph.     Wachskorrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Ohne  jede  Schrumpfung  treten  hier  Verlauf  und  Weite  der  Luftwege  entgegen.  Zwei  besonders 
starke  Dorsaläste  gehen  zur  vorderen  Lungenspitze,  kürzere  nach  medial  zum  Lungenrand.  Das 
Kanalwerk  zeigt  die  schöne  korbartige  Verflechtung  seiner  Ästchen.  Der  Hauptbronchus  scheint 
mehr  gestreckten  Verlauf  zu  nehmen  imd  kommt  hart  am  lateralen  Rande  zum  Vorschein. 

Fig.     9.  Ardca  cinerea  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,  Dorsalansicht. 

Leider  verhinderten  erhebliche  Schrumpfungen  der  Injektionsmasse  eine  genauere  Darstellung 
dieser  Lunge.  Das  gröbere  Bronchialgerüst  gibt  indes  einen  Anhalt  dafür,  daß  wir  die  Lunge  des 
Fischreihers  ihrem  Typus  nach  den  beiden  in  Fig.  7  u.  8  beschriebenen  Arten  zurechnen  können. 

Fig.  10.   Anthropoides  riryo  Vieill.     Celloidin-Korrosionspräparat,     Dorsalansicht. 

Kräftig  entwickelte  Bronchien  breiten  sich  über  den  größten  Teil  der  Oberfläche  aus,  scharf  ge- 
sondert von  dem  fein  verschlungenen  Kanalsystem.  Das  Präparat  ist  leider  nur  zum  Teil  brauch- 
bar erhalten,  zeigt  aber  doch  die  charakteristischen  Merkmale,  welche  bei  den  letzten  Figuren 
augenfällig  hervortraten. 

Fig.   II.   Fnlicula  atra  Linne.     Celloidin-Korrosionspräparat,    Ventralansicht. 

Die  ventrale  Lungenoberfläche  zeigt  bekanntlich  bei  den  einzelnen  Spezies  nur  geringfügige 
Unterschiede,  weshalb  die  vergleichende  Darstellung  dieser  Fläche  weniger  Berücksichtigung 
fand.  Im  vorliegenden  Präparat  tritt  uns  aber  eine  so  charakteristische  Zeichnung  entgegen, 
daß  ich  dieselbe  einfügen  zu  müssen  glaubte.  Bei  der  Betrachtung  fällt  sofort  die  Zweiteilung  der 
allerdings  nur  im  hinteren  Teil  deutlich  hervortretenden  Oberfläche  auf.  Vorn  und  medialwärts 
breiten  sich  die  gewaltigen  Ventraläste  aus ;  der  im  Bilde  erkennbare  vorderste  kurze  Ast  ist  der 
Bronchus  medialis,  dessen  weitere  Verzweigung  über  den  Rand  hinweg  angedeutet  ist.  Ihm  folgt 
nach  hinten  der  kräftige  Bronchus  caudalis,  dessen  eigenartige  Verästelungsweise  auf  dem  Bilde 
gut  zum  Ausdruck  gelangt.  Am  besten  getroffen  zeigt  sich  schließlich  der  Bronchus  lateralis,  der 
Hauptast  des  vorigen.  Kurz  hinter  seinem  Ursprung  gabelt  er  sich  in  zwei  Stämme  ;  der  größere 
zieht  parallel  zum  caudalis  zur  Lungenspitze,  während  der  kleinere  etwas  gebogen  lateralwärts  ab- 
biegt. Dieser  Lateralbronchus  bildet  nun  die  Grenze  der  auch  ventralwärts  scharf  unterschiedenen 
Bezirke :  gröbere  Luftwege  vorn  und  medial,  feinere  hingegen  hinten  und  distal.  Diese  feinen  parallel 
verlaufenden  Kanäle  bilden  den  Abschluß  der  Lungenpfeifen  nach  der  ventralen  Oberfläche  hin. 

Fig.  12.  Fulicula  atra  Linne.     Celloidin-Korrosionspräparat,  Dorsalansicht. 

Als  ein  viel  verzweigter,  durch  zahlreiche  Anastomosen  miteinander  verbundener  Komplex  von 
Bronchien  erscheint  die  Dorsalfläche  dieser  Lunge.    Die  10  Dorsalbronchien  verteilen  sich  fast  über 


—     43     — 

die  gesamte  Oberfläche,  parallel  verlaufende  letzte  Ausläufer  abgebend.  Der  feine  Kanalbezirk 
am  lateralen  Rande  ist  leider  nicht  vollständig  erhalten.  Bei  genauerer  Prüfung  läßt  sich  endlich 
noch  der  korkzieherartig  gewundene  Verlauf  der  medial  über  den  Lungenrand  nach  ventral  um- 
biegenden Kanäle  verfolgen. 

Tafel  V. 

Fig.  13.  Haeiiiatopiix  ostrealec/us  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dor.salansicht. 

Die  scharf  gezeichnete  Bronchialverteilung  läßt  auf  eine  hohe  Leistungsfähigkeit  der  Lunge 
schließen.  Die  beiden  Bezirke  grober  und  feiner  Kanäle  sind  voneinander  gesondert.  Wie  von  einer 
Linie  ausgehend  verstreichen  die  Dorsalbronchien,  gewundene  Ästchen  abgebend,  über  der  medialen 
Lungenhälfte.  Die  Eigenart  der  Verteilung  der  Bronchi  dorsales  ist  hier  erheblich  anders  als  bei 
den  Figuren  6 — 10.  Langgestreckt  ziehen  die  Luftwege  bei  letzteren  von  hinten  nach  vorn,  kurz 
gedrungen   verlaufen  sie  hier  mehr  von  lateral  nach  medial. 

Fig.  14.  Scolo2MX  rusticohi   Linnc.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Wie  in  vorigem  Präparate  liegt  auch  hier  ein  wohl  gelungener  Bronchialausguß  vor,  dessen  ein- 
zelne Merkmale  viel  Ähnlichkeit  mit  jenen  bei  Figur  13  besitzen.  Auffallend  ist  nur  die  relativ 
große  Ausdehnung  des  Kanalbezirkes  und  die  Verkürzung  der  Dorsalbronchien. 

Fig.  15.  Gallus  dornest  Briss.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

In  der  Lunge  des  Huhns  tritt  eine  bedeutend  vereinfachte  Bronchialverzweigung  auf,  die  da- 
durch charakterisiert  ist,  daß  sich  das  Kaliber  der  Luftwege  in  sehr  beschränkten  Grenzen  bewegt. 
Während  sich  bisher  bei  guten  Fliegern  gewaltige  Bronchien  in  feinste  Kanäle  aufzulösen  pflegten 
und  dadurch  sowie  durch  ihren  verschiedenartigen  Verlauf  der  betr.  Lungenoberfläche  das  für  sie 
charakteristische  Gepräge  gaben,  fehlen  hier  feinere  Differenzierungen.  Die  von  den  Bronchien  ab- 
gehenden Aste  sind  relativ  großkalibrig,  sodaß  hier  die  Dorsalfläche  das  sonst  abwechslungsreiche 
Bild  nicht  zu  bieten  vermag.  Immerhin  aber  sind  doch  die  Hauptmerkmale  der  dorsalen  Fläche 
erhalten  insofern,  als  auch  hier  eine  Zweiteilung  in  Bronchial-  und  Kanalbezirk  zu  konstatieren  ist. 

Fig.  16.  Columba  livia  dorn.  Linne.     Wachskorrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Das  Präparat  zeigt  den  naturgetreuen  Ausguß  der  gesamten  lufterfüllten  Räume  der  Taubs. 
Unter  ihnen  beansprucht  die  zierlich  gebaute  Lunge  größtes  Interesse.  Der  rechte  Lungenflügel 
ist  auf  der  Medialfläche  von  seinen  dort  verstreichenden  Bronchialästchen  entblößt,  wodurch  wir 
einen  Blick  in  das  Lungeninnere  gewinnen.  Wir  sehen,  wie  hier  die  Lungenpfeifen,  in  großer  Zahl 
parallel  nebeneinander  gelagert,  die  Lunge  durchziehen;  an  einzelnen  Punkten  werden  auch  die 
Verbindungsbrücken  zwischen  ihnen  sichtbar.  Am  vordersten  Ende  des  rechten  Lungenflügels,  das 
unversehrt  erhalten  ist,  tritt  der  gewundene  Verlauf  oberflächlicher  Kanäle  markant  hervor. 

Fig.  17.   Columba  livia  dornest.  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsal-  und  Ventralansicht. 

Zwei  gut  gelungene  Präparate  zeigen  einmal  die  ventrale ,  zum  andern  die  dorsale  Lungenober- 
fläche. Bei  Betrachtung  der  Ventralfläche  tritt  wieder  der  dort  übliche  regelmäßige  Bronchialverlauf 
zu  Tage,  wie  wir  ihn  schon  bei  Figur  11  (Fulicula  atra)  kennen  gelernt  haben.  Die  Dorsalseite 
zeichnet  sich  durch  zahlreiche  feine  Bronchialröhren  aus,  die  dicht  nebeneinander  über  der  Lungen- 
oberfläche verstreichen.  Eine  feinere  Differenzierung  wie  bei  Fig.  14  etwa  läßt  sich  hier  nicht 
wahrnehmen,  da  die  Kaliberunterschiede  auf  der  Dorsalfläche  nur  geringe  sind. 

Fig.  18.   Tinnuncidus  rufipes  Bes.     Photoxylin-Korrosionspräparat,   Dorsalansicht. 

Das  leider  nicht  vollständig  erhaltene  Präparat  läßt  noch  die  charakteristische  Verzweigungsart 
der  Lunge  des  Rotfußfalken  —  eines  guten  Fliegers  —  erkennen.  Von  der  gesamten  Dorsalfläche 
sind  nur  die  eigentlichen  Dorsalbronchien  vorhanden,  deren  Ursprung  vom  Mesobronchium  durch 
das  Fehlen  der  Oberflächenzweige  sichtbar  geworden  ist. 


—     44     — 

Fig.  igau.  b.  Aquila  chrtjsaetus  Bp.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Das  Bild  zeigt  eine  reich  verzweigte  Lunge  vom  Typus  eines  guten  Fliegers,  deren  gewaltige 
Bronchien  sich  fast  über  die  gesamte  Dorsalfläche  ausbreiten.  Der  Verlauf  des  Mesobronchium  ist 
deutlich  erkennbar,  und  man  kann  hier  die  einseitig  kammartige  Abzweigung  der  Dorsalbronchien 
nach  medial  verfolgen,  während  lateralwärts  vom  Hauptbronchus  die  feinen  Luftkanäle  zu  einem 
dichten  Maschennetz  vereinigt  sind.  Fig.  a  zeigt  den  rechten  Lungenflügel  in  natürlicher  Größe, 
Fig.  b  beide  Lungenflügel  desselben  Präparates  in  verkleinertem  Maßstabe. 

Fig.  20.  Buteo  rulgaris  Bechst.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Wir  sehen  zwei  scharf  voneinander  geschiedene  Bezirke:  medial  die  mächtigen  Dorsalbronchien, 
lateral  das  feine  Kanalwerk.  Besondere  Eigenarten  sind  an  dem  etwas  schadhaften  Präparat  nicht 
festzustellen,  die  erkennbaren  Züge  desselben  verraten  aber  eine  gute  Differenzierung  der  Luftwege. 

Fig.  21.  Buteo  nilf/.   mrietus  (Nordamerika).     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Der  vorliegende  Ausguß  gibt  ein  besseres  Bild  von  dem  dorsalen  Bronchialverlauf  der  Bussard- 
lunge als  Figur  20.  Die  starken  luftführenden  Kanäle  laufen  in  feine  Gänge  aus,  die  wiederum 
häufig  miteinander  und  mit  gröberen  Ästen  anastomosieren. 

Fig.  22.  Nisus  conuniis  Cuv.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Leider  sind  hier  nur  die  gröberen  Luftwege,  die  Luftsäcke  und  die  Dorsalbronchien  erhalten.  In 
Ermangelung  der  feineren  Zweige  und  Kanäle  treten  aber  die  letzteren  charakteristisch  in  den  Vorder- 
grund und  lassen  ihre  ganze  Ausdehnung  auf  der  dorsalen  Lungenhälfte  erkennen.  Die  Kaliber- 
unterschiede erscheinen  nicht  so  hoch  wie  bei  den  letzten  Arten. 

Fig.  23.  Corvus  corone  Lath.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Die  Krähenlunge  repräsentiert  ein  hochentwickeltes  Atmungsorgan ,  gröbere  und  fein  gestaltete 
Luftwege  wechseln  miteinander  ab.  Sie  schließt  sich  in  ihrem  Bau  an  die  guten  Fliegerarten  an 
und  ähnelt  besonders  der  in  Figur   14  dargestellten  Schnepfenlunge. 

Fig.  24.  a.  Gymnocephalus  calvus,  b.   Molothrus  bonartensis  und  c.  Sijermesfex  Sivinhoe.    Photoxylin-Korrosions- 
präparate,  Dorsalansichten. 

Die  drei  Ausgüsse  von  Lungen  kleinerer  Vogelarten  bieten  untereinander  keine  wesentlichen 
Unterschiede.  Die  Dorsalbronchien  überfluten  wie  von  einem  Punkte  abgehend  strahlenförmig  die 
Lungenoberfläche  und  verästeln  sich  meist  einseitig  in  parallel  nebeneinander  verlaufende  Kanäle. 
Beachtensw^ert  ist  noch,  daß  sich  die  Weitenverhältnisse  der  Luftwege  in  geringen  Grenzen  bewegen, 
charakteristisch  für  diese  kleineren  Arten  ist  aber  die  eigenartige  Ausbreitung  der  Dorsalbronchien. 

Fig.  25.  a.  Passer  dorn.,  b.   Molothrus  honar.,  c.  Sjjermestes  Swlnhoe.     Photoxylin-Korrosionspräparate,  Dorsal- 
ansichten. 

Diese  Lungenpräparate  reihen  sich  völlig  an  die  bei  No.  24  konstatierten  Verhältnisse  an. 

Fig.  26.  Emberiza  schoeniclus  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Hier  sehen  wir  die  Lunge  eines  kleinen  Vogels  im  Zusammenhang  mit  dem  stark  entwickelten 
Luftsacksystem. 

Fig.  27.  Üendrocopus  major  Koch.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Die  Lunge  des  Buntspechts  erinnert  an  jene  von  Corvus  corone,  was  feine  Verästelungen  an- 
langt, besitzt  aber  in  der  Anordnung  der  Dorsalbronchien  auch  Ähnlichkeit  mit  der  Lunge  kleinerer 
Vogelarten.  Rings  von  voluminös  angelegten  Luftsäcken  umschlossen  hebt  sich  die  zierliche  Bron- 
chialentfaltung markant  ab. 

Fig.  28.  Chrijsotis  amazonica  Swains.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Dorsalansicht. 

Diese  Lunge  zeigt  eine  normale  G  staltung  und  große  Ähnlichkeit  mit  dem  Piäparat  22.  Durch 
Abtragung  eines  Teiles  des  Kanalbezirkes  am  rechten  Lungenflügel  wird  der  Verlauf  des  Meso- 
bronchium und  der  von  ihm  entspringenden  Äste  deutlich  sichtbar. 


—     45     — 

Fig.  29.  Psittacus  eritJiacus  Linne.     Photoxylin-Korrosionspräpaiat,    Dorsal-  und  Ventralansicht. 

Auf  Dorsal-  und  Ventralfläche  kehren  hier  die  bereits  des  öfteren  erwähnten  Zustände  in  nor- 
maler Weise  wieder.  Auf  der  Ventralseite  tritt  besonders  günstig  die  grobe  Bronchialverästelung 
der  vorderen  Lungenhälfte  hervor,  während  auf  der  hinteren  Fläche  das  dunkel  schattierte  Kanal- 
system erscheint. 

Die  Figuren  30 — 32  stellen  Korrosionen  der  Pulmonalis  einzelner  Vogellungen  dar,  um  die 
gröberen  Verzweigungszustände  dieses  hochwichtigen  Gefäßstammes  zu  demonstrieren. 

Fig.  30.  a.  Cereopsis    Nova-Hollandiae    Lath.,     b.  Peruis   cipiBorus   Gray,     c.  Chrijsotis   amazonica    Swains. 
Photoxylin-Korrosionspräparate,    Pulmonalis. 

Bei  genauer  Betrachtung  der  drei  Ausgüsse  kann  man  sich  von  der  streng  dichotomischen 
Teilungsweise  der  Blutgefäßstämme  überzeugen.  Die  Hauptstämme  ziehen  mitten  durch  die  Lungen- 
substanz und  sind  allseitig  von  zahlreichen  Ästen  umgeben ,  die  sich  ihrerseits  bekanntlich  nach 
weiteren  dichotomischen  Teilungen  in  dichte  Knäuel  von  Kapillaren  auflösen. 

Fig.  3 1 .   Gijmnocephalus  calcus  Geoffr.     Celluloid-Korrosionspräparat,    Pulmonalis. 

Der  vorliegende  Ausguß  ist  vollständig  erhalten  und  kann  auch  als  Beleg  meiner  Darlegungen 
über  die  Verzweigung  der  Pulmonalis  dienen.  Das  erste  Bild  (links)  zeigt  die  ventrale,  das  zweite 
(rechts)  die  dorsale  Ansicht. 

Fig.  32.   Chrijsotis  amazonica  Swains.     Photoxylin-Korrosionspräparat,    Pulmonalis. 

Auch  das  letzte  der  Präparate  kann  den  beschriebenen  Verlauf  der  Pulmonalis  bestätigen ;  bei 
Lupenbetrachtung  wird  die  Verfolgung  auch  der  feineren  Ästchen  ermöglicht. 


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Zoologiea  Heft  XLV. 


Taf.  IV 


^i':.^\i. 


Verlag  von  Erwin  Naegele  in  Stuttgart. 


Lichtdruck:  K.  Schreiber,  Stuttgart 


Zoolofiica  Heft  XLV. 


Taf.  V. 


Verlag  von  Erwin  Naegele  in  Stultgart. 


LlohldruDk.  E.  BcLrclbtr,  Slulltftrl. 


ZOOLOGICA. 


Original- Abhandlungen 


dem  (JesamtgelDiete  der  Zoologie. 


Herausgegeben 

von 

Dr.  Carl  Chun  in  Leipzig. 

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Heft   46. 

Psycho-biologische  Untersuchungen  an  Hummeln 

mit  Bezugnahme  auf  die  Frage  der  Geselligkeit  im  Tierreiche. 

Von 

Wladimir  Wagner. 


Mit    I    Tafel    und   i  36  Textfiguren 


JW        XCJVLl.gl 


STUTTGART. 

E.   Schweizerbartsche  Verlagsbuchhandlung   (E.  Nägele). 

1907. 


Psycho-biologische 

Untersuchungen  an  Hummeln 


mit  Bezugnahme  auf  die  Frage  der  Geselligkeit  im  Tierreiche 


von 


Wladimir  Wag-ner. 


Mit   I   Tafel  und   136  Textfiguren. 


STUTTGART. 

E.  Schweizerbartsche  Verlagsbuchhandlung    (E.  Nägele). 

1907. 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


ürack  TOD  CarlRembold,   üellbronna.  N. 


Einleitung-. 


Die  Naturgeschichte  der  geselhg  lebenden  Insekten  umschheßt  Fragen  der  Biologie 
und  Psychologie,  die  das  Interesse  für  diese  Gruppe  von  Tieren  weit  über  die  Grenzen  der 
rein  zoologischen  Sphäre  hinausheben. 

Einerseits  liegt  uns  eine  Reihe  von  Ansichten  sehr  kompetenter  Naturforscher  aller 
Länder  vor,  wonach  diesen  Insekten  im  Reiche  der  wirbellosen  Tiere  die  höchste  Psychik 
zugeschrieben  wird;  dieselbe  soll  sich  u.  a.  in  einer  so  hohen  Form  des  Zusammenlebens 
äußern,  wie  sie  weder  bei  den  höchststehenden  Säugetieren,  noch  selbst  bei  vielen  mensch- 
lichen Rassen  zu  finden  ist.  So  gewinnen  die  Gelehrten  das  Material  nicht  nur  für  zahl- 
reiche Analogien  zwischen  Insekten-  und  Menschenstaaten,  sondern  auch  für  den  Aufbau 
soziologischer  Hypothesen,  die  auf  die  Biologie  der  Bienen,  Wespen  und  Ameisen  ge- 
gründet sind. 

Andererseits  haben  wir  es  mit  einer  Reihe  von  Ansichten  von  nicht  weniger  maß- 
gebenden Autoren  zu  tun,  welche  die  Berechtigung  derartiger  Hypothesen  a  priori  nicht 
anerkennen,  da  dieselben  den  allgemeinen  Angaben  der  Evolutionstheorie  prinzipiell  wider- 
sprechen. Diese  letztere  zwingt  uns,  an  der  Möglichkeit  der  Hypothese  zu  zweifeln,  daß  die 
gesellig  lebenden  Insekten  in  irgend  einem  Punkte  höher  stehen  sollten,  als  Menschenrassen, 
und  wären  dieselben  auch  noch  so  primitiv;  es  tritt  dies  um  so  deutlicher  zu  Tage,  wenn 
man  berücksichtigt,  daß  die  behauptete  Überlegenheit  der  Insekten  gerade  ein  Gebiet  be- 
trifft, nämlich  die  geselligen  Beziehungen,  das  gerade  den  allerkompliziertesten  und  voll- 
endetsten Bau  des  Nervensystemes  erfordern  dürfte. 

Die  Versuche,  Klarheit  in  diesen  Widersprüchen  zu  schaffen,  sind  noch  lange  nicht 
weit  genug  gediehen,  um  diese  Frage  in  einer  Weise  zu  lösen,  die  jeden  Zweifel  beseitigen 
und  die  Möglichkeit  bieten   würde,  sie  als  erledigt  zu  betrachten. 

Eine  der  Ursachen,  welche  diese  Lösung  der  Frage  erschweren,  erblicke  ich  in  der 
Mangelhaftigkeit  der  Untersuchungsmethode;  diese  letztere  beruht  bis  zur  gegenwärtigen 
Zeit  hauptsächlich  auf  dem  längst  veralteten  und  abgenützten  Verfahren,  die  Fragen  der 
vergleichenden  Psychologie  ad  hominem  oder  mit  Hilfe  der  subjektiven  Methode  zu 
erforschen,  wie  sie  von  Aug.  Comte  bezeichnet  wurde;  unter  Zuhilfenahme  dieser  Methode 
„maßen  die  Gelehrten  (und  messen  auch  heute  noch)  die  Psychik  der  Tiere  mit  dem  Maße 
menschlicher  Psychik".  Die  wissenschaftliche,  --  oder  objektive  Methode,  wie  A.  Comte 
sie    genannt    hat,    verlangt    das    direkt    entgegengesetzte     Verfahren:     sie    verpflichtet    den 


—   II   — 

Forscher,  nicht  \on  dem  Menschen  auf  die  Tiere,  sondern  umgekehrt  von  den  Tieren  auf 
den  Menschen  zu  schheßen.i  ich  bezeichne  diese  wissenschaftUche  Methode  zur  Erforschung 
der  vergleichenden  Psychologie  als  die  evolutionäre  Methode.^ 

Will  der  Naturforscher  diesen  Weg  betreten,  so  muß  er  dessen  eingedenk  sein,  daß 
zwar  einerseits  die  tierischen  Organismen  in  Bezug  auf  ihre  Psychologie  keine  isolierten 
Wesen  repräsentieren,  sondern  genetisch  miteinander  verbunden  sind,  andererseits  aber  die 
Psychik  der  verschiedenen  Gruppen  in  der  langen  Kette  des  Tierreiches  auf  den  verschie- 
denen Stufen  ihrer  Entwicklung  nicht  nur  cjuantitative,  sondern  auch  cjualitative  Charaktere 
besitzt,  welche  die  einzelnen  Gruppen  scharf  voneinander  abgrenzen;  die  auf  die  I^ösung 
irgend  einer  Frage  hinzielenden  Vergleichungen  müssen  daher  nicht  zwischen  einer  be- 
liebigen Gruppe  und  dem  Menschen  unmittelbar,  sondern  zuvor  zwischen  dieser  Gruppe  und 
den  vorhergehenden  und  darauffolgenden  Gruppen  angestellt  werden. 

Ein  derartiges  Vergleichen  genügt  jedoch  noch  nicht:  es  müssen  noch  dieselben 
Lebenserscheinungen  eines  bestimmten  Tieres  in  den  verschiedenen  Stadien  seiner 
Entwicklung  miteinander  verglichen  werden,  und  zwar  von  den  ersten  bis  zu  den  letzten 
Momenten  ihrer  Offenbarung.  Hieraus  ergeben  sich  zwei  Wege  für  die  vergleichende  Er- 
forschung des   Gegenstandes  mit  Hilfe  der  evolutionären  Methode : 

a)  Der  phylogenetische  Weg,  worunter  ich  das  Studium  der  Psychologie  der 
Tiere  auf  Grund  von  Materialien  verstehe,  welchen  das  Leben  der  Art  in  einer  seiner  Be- 
ziehungen zu  den  taxonomischen  Einheiten  der  genealogischen  Systematik  der  Tiere  zu 
Grunde  liegt;  den  leitenden  Faden  dieses  Weges  bildet  die  Vorstellung  von  der  genealogi- 
schen Verwandtschaft   in  der   Psychik  der  Organismen. 

b)  Der  ontoge netische  Weg,  worunter  ich  das  Studium  der  Psychik  der  Tiere 
auf  Grund  von  Materialien  verstehe,  welche  durch  eben  diese  Psychik  zu  verschiedenen 
Perioden  in  dem  Leben  des  Individuums  repräsentiert  werden,  und  zwar  von  dem  Momente 
an,  wo  das  letztere  beginnt,  psychisch  auf  die  Einwirkung  der  Lhiigebung  zu  reagieren,  — 
bis  zu  seinem  Tode ;  die  nächstliegende  Aufgabe  dieses  Weges  ist  die  Vorstellung  von  der 
Evolution   der   Psychik  des   Individuums. 

Die  Untersuchung  der  Psychobiologie  der  Hummeln,  welche  ich  den  Lesern 
nachstehend  vorlege,  stellt  einen  Versuch  dar,  in  Befolgung  der  angegebenen  Methode  die 
durch  die  Meinungen  der  Naturforscher  entstandenen  Widersprüche  aufzuklären,  die  darin 
bestehen,  daß  die  einen  Forscher  bemüht  sind,  die  sozialen  Probleme  unserer  Zeit  durch 
Hinweise  auf  die  Biologie  der  gesellig  lebenden  Tiere  zu  begründen,  die  anderen  dagegen 
—  den  Beweis  zu  liefern,  daß  ein  solcher  Versuch  jeder  wissenschaftlichen  Grundlage  entbehrt. 


'  Einige  Autoren  verstehen  unter  der  objektiven  Methode  weniger  eine  Methode  der  Wissenschaft,  als  eine  Auf- 
zählung der  Bedingungen  der  Untersuchung  und  der  dabei  angewandten  Verfahren,  aus  welchem  Grunde  sie  der  subjektiven 
Methode  nicht  ein  Element  der  wissenschaftlichen  Weltbetrachtung,  sondern  ein  durch  ihre  eigene  Erfahrung  erworbenes 
praktisches  Arbeitsverfahren  gegenüberstellen.  Derart  sind  z.B.  die  „Methoden"  in  den  Definitionen  von  Kline:  ,Methods 
in  Animal  Psychologie'  (Anur.  Soc.  of  Psychol.  X,  1899)  oder  von  Mills;  „The  nature  of  Animal  Intelligence  and  the  methods 
of  investigating"  (Psychol.  Rev.  VI,  1899). 

Siehe  M.  Wagner:  ,Die  biologischen  Untersuchungsmethoden    in  den  Fragen    der  Zoopsychologie"    (Russisch). 
(Trav.  Soc.  Natur.    St.  P6tersbourg,  T.  XXXIII,  liv.  2,  1902.) 


—  III   — 

Um  meine  Aufgabe  erfüllen  zu  können,  hatte  ich 

1.  die  Eigentümlichkeiten  der  Psychologie  festzustellen  und  abzuschätzen,  durch  welche 
die  „sozialen  Insekten"  sich  von  den  solitären  Arthropoden  überhaupt  unterschei- 
den, und 

2.  die  wahre  Natur  des  Zusammenlebens  der  sogenannten  sozialen  Insekten  klarzu- 
legen, welches  je  nach  der  Auffassung  verschiedener  Autoren  einer  Familie,  einer 
Gesellschaft,  einer  Herde  oder  endlich  einem  Staate  entspricht. 

Als  Objekt  für  meine  Untersuchungen  habe  ich  nicht  die  Bienen,  Wespen  oder 
Ameisen,  sondern  die  Hummeln  gewählt,  weil  diese  Gruppe  gesellig  lebender  Insekten  von 
den  Autoren  (auf  Grund  des  Nestbaues,  der  Unvollkommenheit  der  Kasten,  der  wenig  deut- 
lich ausgesprochenen  Arbeitsteilung)  für  die  einfachere  gehalten  wird,  und  die  evolutionäre 
Methode  es  verlangt,  daß  nicht  von  dem  komplizierteren  zu  •  dem  einfacheren,  sondern  um- 
gekehrt von  dem  einfacheren  zu  dem  komplizierteren    geschritten    werde. 

Die  Schlußfolgerungen,  welche  sich  in  Bezug  auf  die  beiden  erwähnten  Punkte  er- 
geben haben,  werden  ein  Material  abgeben,  das  von  sich  aus  zu  der  Beantwortung  der 
Frage  führen  wird,  ob  das  Zusammenleben  der  Insekten  als  ein  Glied  auf  dem  Wege  der 
in  der  Staatenform  der  menschlichen  Gesellschaft  gipfelnden  Evolution  der  Geselligkeit  im 
Tierreiche  betrachtet  werden  kann,  oder  ob  dieses  Zusammenleben  kein  derartiges  Ghed 
darstellt. 

Der  Verfasser. 


Einige  allg-emeine  Bemerkungen 

über   diejenigen   Arten   von   Hummeln,  an   \velchen   die   vorliegenden 
Untersuchungen  angestellt  wurden. 

In  meiner  Arbeit  „L'industrie  des  Araneina"'  habe  ich  auf  Grund  einer  ganzen  Reihe 
während  des  Studiums  der  Araneina  erkannter  Tatsachen  die  ungeheure  Wichtigkeit  der 
Lebensweise,  der  Gewohnheiten  und  Instinkte  der  Tiere  für  deren  Klassifizierung  nachgewiesen. 
Ich  habe  eine  Tabelle  mitgeteilt,  in  welcher  ich  die  Spinnen  auf  Grund  dieser  biologischen 
Merkmale  anordnete ;  dabei  habe  ich  nachgewiesen,  daß  da,  wo  die  der  Lebensweise  der 
Tiere  entnommenen  Ergebnisse  nicht  mit  deren  Klassifizierung  nach  morphologischen  Merk- 
malen übereinstimmen,  diese  letzteren  sich  stets  als  zweifelhaft  erweisen,  und  daß  die  Frage 
auf  Grund  der  Biologie  richtiger  entschieden  wird. 

Ich  wies  darauf  hin,  daß  dieses  biologische  Kriterium  sowohl  für  taxonomische  Ein- 
heiten höherer  Ordnung,  als  auch  für  die  Arten  einer  Gattung  gültig  ist.  Spätere  Unter- 
suchungen haben  die  Berechtigung  und  die  Wichtigkeit  dieses  Kriteriums  für  die  Klassifi- 
zierung anderer  wirbelloser  Tiere   bestätigt.- 

Bezüglich  der  Hummeln  unterliegt  diese  Frage  jedoch,  wenigstens  was  die  mittlere 
Zone  Rußlands  anbetrifft,  einstweilen  etwas  anderen  Bedingungen.  Die  auf  die  Wahl  des 
Ortes,  die  Auswahl  des  Materiales,  den  Bau  der  Waben,  die  Pflege  der  Nachkommenschaft 
und  den  Flug  nach  Tracht  gerichteten  Instinkte  sind  bei  den  verschiedenen  Species  von  Hum- 
meln bisweilen  ebenso  wenig  untereinander  verschieden,  wie  auch  deren  morphologische  Merk- 
male sich  wenig  voneinander  unterscheiden.  Die  Daten  des  biologischen  Kriteriums  bieten 
die  gleichen  Schwierigkeiten  für  die  Bestimmung  der  Hummelarten  dar,  wie  sie  auch  in  den 
morphologischen    Merkmalen    auftreten. 

Die  Tatsache  der  Unbeständigkeit  in  der  Färbung  und  die  Menge  \-on  Varietäten 
innerhalb  gewisser  Arten  \on  Hummeln  ist  schon  seit  lange  hervorgehoben  worden,  ebenso 
die  Übergänge  von  einigen  dieser  Varietäten  zu  anderen.  Als  Beispiel  hierfür  geben  wir  in 
Nachstehendem  eine  kurze   Bemerkung  von  Prof.  J.  Perez:^ 

„Aussi  n'est  il  point  rare  que  des  especes  fort  differentes  arrivent  par  le  caprice  de  leurs  variations 
ä  se  ressembler  tellement  par  leurs  couleurs,  qu'un  oeil  exerce  peut  seul  les  distingiier.    Tel  bourdon  noir 


'  L'industrie  des  Araneina.  Chapitre  IX.  M^moires  de  I'Acad^mie  Imp.  des  Sciences  de  St.  Pötersbourg.  VII.  s^r. 
T.  XLII,  No.  II.     1894. 

'  So  hat  Cockerell  (Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1S96),  indem  er  darauf  hinwies,  daß  eine  jede  Art  der 
Bienengattung  Perdita  eine  bestimmte  Pflanzenart  besuche,  einen  Gedanken  ausgesprochen  ,  welchem  ich  bereits  bezüglich 
der  Spinnen  im  Jahre  1894  Ausdruck  gegeben  habe,  und  zwar,  daß  „Les  traits  distinctifs  essentiels  entre  les  especes  sont 
physiologiques"  und  daß  „les  caracteres  morphologiques  n'ont  de  valeur  diagnostique  qu'en  tant  qu'ils  coincident  avec 
des  diff'^rences  physiologiques". 

"  J.  Perez.     Les  Abeilles.     Paris  1889. 
Zoologlca.    Heft  46.  1 


_     2     — 

cercle  de  jaune  et  de  blanc  est  frere  d'un  bourdon  jaunätre  avec  une  bände  noire  entre  les  alles.  Un  autre, 
qu'on  croirait  du  meme  nid  qua  le  dernier,  se  rattache  k  un  type  tout  noire,  roux  seulement  ä  l'arriere. 
Toutes  ces  modifications,  dont  les  causes  d'ailleurs  nous  echappent,  sont  par  elles-memes  dun  grand  interet." 

Siecheli  schreibt,  dieselbe  Frage  berührend,  folgendes: 

„Depuis  qua  la  facilite  des  moyens  de  communication  a  augmentee  la  frequence  des  voyages  et 
das  explorations  zoologiques,  la  multiplication  des  genres  et  surtout  des  especes  a  rendu  laur  etuda  de  plus 
en  plus  difficila.  Beaucoup  d'aspeces  ont  ete  decrites  sous  de  noms  differents ;  ces  descriptions  sont  dis- 
persees  dans  des  monographies,  des  voyages,  des  publications  periodiques,  souvent  rares  dans  les  bibliotheques 
et  d'un  acces  difficile.  Ce  qui  augmante  encore  ces  difficultes ,  c'est  qua  les  Varietes ,  au  premier  coup 
d'oeil,  different  souvent  tant  des  especes  typiques,  qu'on  ne  peut  les  y  rapporter  qu'apres  les  avoir  etudiees 
sur  de  grandes  series  d'individus  receuillis  dans  les  memes  localites.  Par  ces  raisons  l'etude  monographique 
des  especes  grouppees  par  series  et  surtout  celle  des  faunes  locales,  acquiert  de  jour  en  jour  une  plus 
haute  importance.  Elle  seule  peut  faire  rentrer  dans  des  limites  rationelles  le  nombre  des  especes 
qui  nous  debordent,  et  qui,  en  grande  partia,  ne  sont  basees  que  sur  de  simples  varietes." 

Die  gebührende  Würdigung  dieser  Tatsache  in  ihrer  weitesten  Bedeutung  wird  durch 
die  zu  große  Zahl  von  eingetragenen  Arten  unmöglich  gemacht,  von  denen  viele  augen- 
scheinlich keine  andere  Bedeutung  haben,  als  den  \\'unsch  ihres  Autors,  seinen  Namen 
hinter  denjenigen  einer  neuen   Spezies  zu  setzen. 

Die  Hummeln  sind  nicht  nur  polychrom,  sondern  auch  polymorph,  und  durch  diesen 
Polymorphismus  wird  natürlich  auch  der  Reichtum  an  Varietäten  bei  vielen  Hummelarten 
erklärt.  In  einigen  Gruppen  des  Tierreiches  hat  dieser  Reichtum  an  Varietäten  und  an 
Arten,  welche  nicht  einmal  durch  jene  bescheidenen,  von  den  Systematikern  für  die  Auf- 
stellung einer  neuen  Art  gestellten  Anforderungen  begründet  sind,  zu  einer  Umarbeitung 
ihres  ganzen   Systemes   geführt. = 

Unter  den  Hummeln  gibt  es  Arten,  welche  keine  Varietäten  besitzen;  allein  es  gibt 
auch  solche,  welche  deren  eine  mehr  oder  weniger  große  Zahl  aufweisen.  Dabei  fehlen 
zwischen  einigen  Arten  zwar  Formen,  welche  dieselben  verbinden  würden,  zwischen  anderen 
Arten  jedoch  bestehen  solche  Mittelformen  und  gewisse  Arten  stellen  ganz  augenschein- 
lich eine  einzige  polymorphe  Art  dar.'  Hierzu  gehören  z.  B.  Bomhus  lapidarius  bei  uns 
und  B.  caucasicus  und  niveatus  im  Kaukasus.  Diese  Hummeln  repräsentieren  unzweifel- 
haft eine  einzige  Art,   für  welche  nur  die  lokalen  Eigenschaften  angegeben  werden  müssen. 


'  S.  Siechel:  Essai  monographique  sur  le  Bombus  montanus  et  ses  vari^tds.     Lyon  1S65. 

'  Eine  außerordentlich  interessante  Serie  von  Tatsachen,  welche  das  oben  Dargelegte  bestätigen,  bieten  die  Unter- 
suchungen über  Mollusken  von  G.  Coutagne  (Georges  Coutagne,  Recherches  sur  le  polymorphisrne  des  MoUusques 
de  France).  Der  Autor  kommt  dabei  zu  dem  Schluße,  daß  der  größte  Teil  der  als  besondere  Arten  beschriebenen  Varia- 
tionen gar  keine  Arten  sind,  wie  dies  z.  B.  Bourguignat  annimmt,  sondern  nur  lokale  Varietäten  einer  sehr 
geringen  Anzahl  von  wirklichen  Arten  repräsentieren.  Der  Autor  spricht  außerdem  die  Ansicht  aus,  daß  der  aus 
lokalen  Ursachen  hervorgegangene  Polymorphismus  für  die  Bestimmung  der  Arten  mit  herangezogen  werden  muß.  Infolge- 
dessen schlägt  er  für  die  Bestimmung  der  Arten  eine  neue ,  den  neueren  Anforderungen  der  Wissenschaft  mehr  ent- 
sprechende Formel  vor;  einer  derartigen  Forderung  wird  man  selbstverständlich  die  Berechtigung  nicht  absprechen  können. 

Nicht  ganz  verständlich  ist  mir  in  den  Ausführungen  dieses  Autors  nur  folgender  Punkt  geblieben  :  warum  sollen 
unter  allen  Ursachen  des  Polymorphismus,  welcher  die  Aufstellung  einer  neuen  Formel  für  die  Bestimmung  der  Art  nach 
sich  ziehen  soll,  nur  die  lokalen  Bedingungen,  nicht  aber  andere,  den  Polymorphismus  überhaupt  hervor- 
rufende Bedingungen,  herangezogen  werden?  Jedenfalls  kann  ich  nicht  daran  zweifeln,  daß  wir,  wenn  auch  nicht  eine  ganz 
eben  so  große  Zahl  von  Arten,  wie  sie  A.  A.  Lo  c  a  r  d  für  die  französischen  Anodonta  aufstellte  (im  Ganzen  loi  Arten, 
w-ährend  Coutagne  nur  zwei  Arten  der  sehr  polymorphen  Mollusken  dieser  Gattung  unterscheidet),  so  doch  etwas  Ähn- 
liches auch  bei  den  Hummeln  annehmen  können;  um  sich  davon  zu  überzeugen,  genügt  es  den  ,,Catalogus  Hymenopterorum 
hucusque  descriptorura  systematicus  et  synonymicus"  von  Dr.  C.  G.  v.  D  a  1 1  a    Torre  genauer  kennen  zu  lernen. 

"  Eine  analoge  Erscheinung  bei  den  Coleopteren  wurde  bekanntlich  von  V  a  1  e  r  y  nachgewiesen. 


—     3       — 

Die  kaukasische  Varietät  von  Bombus  lapidarnis  besitzt  auf  den  letzten  Segmenten 
ihres  Abdomens  statt  ziegelroter  Haare  solche  von  ganz  weißer  Farbe.  In  der  Fauna  des 
mittleren  Rußlands,  wo  wir  von  den  verschiedenen  Varietäten  nur  diejenige  besitzen,  welche 
Bombus  lapidarms  heißt,  kann  man  bei  den  Arbeiterinnen  in  der  Färbung  der  betreffenden 
Hinterleibspartie  sämtliche  Übergänge,  vom  Ziegelroten  bis  zum  reinsten  Weiß  beobachten 
(Taf.  I,  Fig.  I). 

Von  großem  Interesse  ist  in  dieser  Hinsicht  der  Aufsatz  von  Ed.  Hoff  er  („Ein  sehr 
lehrreiches  Nest  des  Bombus  terrestris")K 

Ich  erachte  es  weder  für  notwendig  noch  für  möglich,  hier  näher  auf  die  in  dem 
genannten  Aufsatze  mitgeteilten  Tatsachen  einzugehen,  und  will  nur  die  von  dem  Autor  aus 
diesen  Tatsachen  gezogenen  Schlußfolgerungen  wiedergeben. 

Es  erwies  sich,  daß  das  beschriebene  Nest  Hummeln  enthielt,  welche  ihrer  Färbung 
nach  sämtlichen  bis  jetzt  bekannten  Varietäten  von  Bombus  terrestris  entsprachen,  mit  Aus- 
nahme einer  einzigen,  Bombus  sporadicus  N.,  welche  nur  im  Nordosten  angetroffen  wird. 
Hier  fanden  sich  Exemplare  mit  der  Färbung  sowohl  von  Bombus  viduus  Erichs.,  als  auch 
von  Bombus  pratorum  Z.,  Bomhiis  soroensis,  Bombus  co?ifusus,  Bombus  cryptorum 
Fabr.,  Bombus  dissectus  Gyllen  u.  s.  w.  Und  alle  diese  Hummeln  befanden  sich 
in    einem    Neste;    alle    waren    Nachkommen    eines    einzigen  Weibchens. 

Von  einem  der  aus  dem  betreffenden  Neste  stammenden  Exemplare  schreibt  Hoff  er, 
daß,  wenn  dasselbe  in  die  Hände  eines  der  früheren  Autoren,  welche  ihr  Hauptaugenmerk 
auf  die  Färbung  richteten,  gefallen  wäre,  die  große  Zahl  der  mystischen  Hummelarten  noch 
um  einen  Namen  vermehrt  worden  wäre. 

Welchen  Schluß  zieht  nun  der  Autor  aus  diesen  Tatsachen  und  wodurch  erklärt  er 
diese   Erscheinung  ? 

Die  Schlußfolgerung  besteht  einzig  und  allein  darin,  daß  Hoff  er  es  in  Anbetracht 
der  bei  den  Hummeln  auftretenden  Polychromie  für  notwendig  erklärt,  dieselben  nicht  in 
Museen,  sondern  in  ihren  natürlichen  Lebensbedingungen  zu  studieren,  da  eine  richtige 
Klassifikation  dieser   Insekten  nur  unter  solchen  Bedingungen  möglich  sei. 

Diese  Schlußfolgerung  ist  natürlich  ganz  berechtigt,  allein  sie  erscheint  schon  gar  zu 
bescheiden   und  trägt  zu   der  Erklärung  der  Erscheinung   selbst   nicht   das   Geringste   bei. 

Allerdings  dürfte  es  wohl  kaum  möglich  sein,  schon  jetzt  eine  bestimmte  Antwort  auf 
diese  Frage  zu  geben,  da  das  hierzu  erforderliche  Material  noch  fehlt,  allein  wir  können  wohl 
jetzt  schon  einige  Mutmaßungen  aussprechen.  Ich  für  meinen  Teil  vermute,  daß  es  zwei 
Ursachen  gibt,  welche  die  Polychromie  und  den  Polymorphismus  der  Hummeln  hervorrufen : 

Erstens  ist  es  die  weitgehende  Kreuzung  zwischen  den  verschiedenen  Arten.  Für 
diese  Voraussetzung  habe  ich  zweierlei  Gründe :  die  Ähnlichkeit  im  Bau  der  männlichen 
Genitalorgane  bei  verschiedenen  Arten  und  zahlreiche  Beobachtungen  über  Begattungen 
von  Hummeln. 

Was  den  Kopulationsapparat  der  cfcf  Hummeln  betrifft,  so  ist  innerhalb  der  Gattung 
Bombus,  wie  dies  bereits  Radoszkowski-  hervorgehoben  hat,  nur  „la  branche  du  forceps" 
und    deren    ,,volsella"    Abänderungen    unterworfen  und  zwar  ganz  unbedeutenden.    Was  die 


'  Wiener  entomologische  Zeitung,  IV.  Jalirgang,   1885. 

-  Radoszkowsl-;!.     Bullet,  d.  1.  See.  Imp.  d.  Natur,  d.  Moscou  1SS4;  Horae  Societ.  Entoni.  Ross.   1888. 


Begattung  anbelangt,  so  kriechen  die  Männchen  enier  jeden  Art  ohne  Unterschied  auf  jedes 
behebio-e  Weibchen.  Ich  setzte  in  einem  Terrarium  zu  einem  Weibchen  von  Bomhus  terrestris 
Männchen  verschiedener  Arten,  wobei  die  letzteren  alle,  ohne  Ausnahme,  sich  bemühten,  das 
Weibchen  zu  begatten,  wobei  sie  sich  gegenseitig  fortdrängten;  das  Weibchen  verhielt  sich 
seinerseits  allen  Männchen  gegenüber  ganz  gleichmäßig. 

Die  Resultate  einer  solchen  Kreuzung  kennen  zu  lernen  ist  außerordentlich  schwierig. 
Wenn  man  jedoch  in  Betracht  zieht,  daß  die  9  9  i"^  Frühjahre  eine  viel  ärmere  Auswahl  an 
verschiedenen  Formen  und  Farben  darbieten  als  wir  dies  bei  ihnen  im  \'erlaufe  des  Som- 
mers beobachten  können,  so  kann  man  wohl  die  Vermutung  aussprechen,  daß  die  Bastarde 
weder  überwintern,  noch  eine  Nachkommenschaft  erzeugen. 

Nichtsdestoweniger  kann  ihr  \'orhandensein  wohl  kaum  bestritten  werden,  wie  auch 
kaum  bestritten  werden  kann,  daß  derartige  Kreuzungsprodukte  bei  der  Bildung  neuer  Arten 
eine  Rolle  gespielt  haben;  eine  bedeutend  dankbarere  Aufgabe  für  das  Studium  dieser 
Bastarde,  in  einer  Richtung  nämlich,  welche  geeignet  wäre,  einige  Wechselbeziehungen 
zwischen  wirklich  bestehenden  Arten  aufzuklären,  ist  jedoch  meines  \\'issens  noch  von  nie- 
mandem in  Angriff  genommen  worden. 

Eine  andere  Ursache  des  Polymorphismus  der  Hummeln  liegt  \ielleicht  in  jener 
fehlenden  Übereinstimmung  desaccord  zwischen  dem  durch  die  herbstlichen  Bedingungen 
der  Umgebung  differenzierten  Keimplasma  und  den  Frühjahrsbedingungen,  welche  Marchai 
für  die  Grundbedingung  des  geschlechtlichen  und  sozialen  Di-  und  Polymorphismus  hält.  Ist 
die  Frage,  inwiefern  dieses  Prinzip  in  den  angeführten  Fällen  Gültigkeit  hat,  noch  unent- 
schieden, so  wird  man  jedenfalls  kaum  berechtigt  sein,  in  dem  Polymorphismus  der  Hum- 
meln, welcher  sowohl  durch  deren  launenhafte  Polychromie  als  auch  durch  ihre  zahlreichen 
Varietäten  zum  Ausdrucke  gelangt,  eine  große  Unbeständigkeit  des  Keimplasmas  sowie  des 
somatogenen  Plasmas  dieser  Tiere  bestreiten  zu  wollen. 


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Genau  dem  gleichen  Polymorphismus,  wie  wir  ihn  bei  den  \-erschiedenen  Arten  von 
Hummeln  in  Bezug  auf  morphologische  Eigenschaften  finden,  begegnen  wir  auch  in  ihren 
Instinkten,  welche  daher,  wie  wir  aus  den  weiteren  Ausführungen  erkennen  werden,  für  die 
Klassifikation  dieser  Insekten  sehr  wenig  Anhaltspunkte  geben.  Zur  Erläuterung  des  soeben 
Gesagten  möchte  ich  ein  Beispiel  anführen,  auf  welches  zurückzukommen  ich  gegebenen 
Ortes  Gelegenheit  haben  werde.  Betrachten  wir  die  nachstehend  aufgezählte  Reihe  von 
Nestern  A,  B,  C,  D,  E,  F  (Fig.  i). 


A.  Das  Nest  (N)  befindet  sich  unter  der  Erde  und  ist  in  gewisser  Tiefe  in  einem, 
an  einer   Stelle   erweiterten   Mäuseloche  angelegt. 

B.  Ein  ebensolches  Nest  (N),  welches  jedoch  näher  an  der  Erdoberfläche  liegt. 

C.  Das  Nest  (N),  in  einer  natürlichen  kleinen  Vertiefung  verborgen,  jedoch  so,  daß 
es  eben  sichtbar  ist. 

D.  Das  Nest  (N)  befindet  sich  in  einer  natürlichen  Vertiefung  und  sein  ganzer  äußerer 
Teil  ist  von  oben  zu  sehen. 

E.  Die  Vertiefung  ist  gering;  das  Nest  ist  von  oben,  sowie  zum  Teile  auch  von  den 
Seiten  zu  sehen. 

F.  Das  Nest  liegt  ganz  frei. 

Ziehen  wir  in  Betracht,  daß  der  zum  Bau  eines  äußeren  Nestes  erforderliche  Instinkt 
komplizierter  ist,  als  derjenige  für  den  Bau  eines  Nestes  in  einer  fremden  Erdhöhle  (in 
welcher  die  Anbringung  eines  Nestes  nur  eine  Erweiterung  der  Höhle  an  der  betreffenden 
Stelle  nötig  machte,  während  ein  äußeres  Nest  sowohl  die  Herbeibringung  bedeutenderen 
Baumateriales  als  auch  eine  vollständigere  Architektur  erfordert  und  außerdem  so  ein- 
gerichtet sein  muß,  daß  es  vor  den  Augen  der  zahlreichen  Feinde  verborgen  bleibt  u.  s.  w.), 
so  könnten  wir  diese  Reihe  als  von  A  bis  F  ansteigend  ansehen,  und  auf  Grund  derselben 
diejenigen  Hummeln  einteilen,  deren  Nester  irgend  ein  Stadium  dieser  Reihe  repräsentieren. 
Es  erweist  sich  jedoch,  daß  Bomhus  lapidarius  für  sich  allein  nicht  nur  Bauten  aller 
dieser  Typen,  sondern,  wie  wir  später  sehen  werden,  außerdem  noch  andere  Bauten  auf- 
führt. Ein  wahrhaft  erstaunlicher  Fall  von  Polymorphismus  des  Instinktes !  Ebenso  verhält  es 
sich  mit  vielen  anderen  Instinkten.  Dies  sind  die  Tatsachen,  welche  uns  von  allem  Anfange  an 
zwingen,  jede  Hoffnung  darauf  aufzugeben,  in  der  Systematik  der  Hummeln  feste  und  un- 
veränderliche Züge  für  die  Aufklärung  der  Biologie  dieser  Insekten  zu  finden  und  umge- 
kehrt aus  dem  biologischen  Kriterium  geeignete  Angaben  für  die  Systematik  derselben, 
in  derjenigen  Gestalt  und  mit  einer  so  grossen  Anzahl  von  Arten,  wie  sie  gegenwärtig  be- 
steht, zu  schöpfen.  Es  unterliegt  natürlich  keinem  Zweifel,  daß  diese  Unmöglichkeit,  die 
morphologischen  und  biologischen  Kriterien  zur  Anordnung  der  bestehenden  Gruppen  in 
genetische  Reihen,  unter  gegenseitiger  Vergleichung  und  Ergänzung,  heranzuziehen,  nicht 
etwa  als  ein  Beweis  für  die  Unzulänglichkeit  dieser  Kriterien  selbst,  die  genealogischen  Be- 
ziehungen der  Hunnneln  untereinander  aufzuklären,  sondern  nur  für  den  ungenügenden  Stand 
der  wahren  Kenntnisse  von  diesen  und  jenen   anzusehen  ist. 

Wie  dem  auch  sei,  so  trägt  doch  die  Systematik  der  Hummeln,  nach  den  Ergebnissen 
ihres  gegenwärtigen  Standes,  für  meine  Ziele  —  die  Aufklärung  der  Biologie  der  Hum- 
meln —  zu  wenig  bei,  als  daß  es  sich  lohnen  würde,  länger  bei  ihr  zu  verweilen;  das 
Wenige,  was  man  in  diesem  Sinne  dürfte  verwenden  können,  werde  ich  an  geeigneter  Stelle 
verwerten. 

Es  erübrigt  noch  zu  erwähnen,  daß  in  Anbetracht  des  oben  Gesagten  den  hauptsäch- 
lichsten Gegenstand  meiner  Studien  nur  folgende  Hummelarten  bildeten :  Bombus  terrestris, 
B.  lapidarius,  B.  muscorum,  B.  sylvarum  Walck. 


Erster  Teil. 

Die  solitären  Instinkte  der  Hummeln. 


Kapitel   I. 
Das  Überwintern  der  Hummeln. 

Warum  überwintern  die  Weibchen  nicht  in  ihren  Nestern r  Das  Aufsuchen  eines  Ortes  für  die  t'berwinterung 
durch   die   Arbeiterinnen   und    die    großen    Weibchen.      Einrichtung   der    Höhle.      Fälle   von    gemeinsamem 

Überwintern  mehrerer  Weibchen  von  Bombiis  lapidarius. 

Ich  beginne  die  Übersicht  der  Biologie  der  Hummeln  mit  dem  Überwintern,  da  das 
Leben  des  Weibchens,  dieser  zukünftigen  Stammesmutter  der  „Familiengemeinschaft"  oder 
des  „Staates"  von  Hummeln,  wie  die  Autoren  die  Form  des  gemeinschaftlichen  Lebens 
dieser  Insekten  bezeichnen,  eigentlich  erst  von  dem  Momente  an  beginnt,  wo  es  das  Nest 
vor  der  Periode  des  Überwinterns  verläßt.  Die  Lebenstätigkeit  des  Weibchens  äußert  sich  aller- 
dings bereits  im  Sommer  nach  dem  Verlassen  des  Cocons,  allein  diese  Periode  seines  Lebens 
repräsentiert  nicht  den  Zeitabschnitt  eines  selbständigen  Daseins,  sondern  denjenigen  eines 
Lebens  als  Glied  der  Familie,  in  welcher  das  Weibchen  entstanden  ist  und  seine  Entwicklung 
durchgemacht  hat.  Erst  nach  dem  Verlassen  des  Nestes  vor  der  Überwinterung  beginnt  das 
Weibchen  sein  unabhängiges  Leben.  Diese  Lebensperiode,  welche  nur  den  großen  Weibchen, 
d.  h.  einer  verhältnismäßig  geringen  Anzahl  von  Gliedern  der  Hummelfamilie,  eigentümlich  ist 
und  mit  voller  Berechtigung  als  eine  Periode,  während  derer  sie  einen  einsamen  Lebens- 
wandel führen,  betrachtet  werden  kann,  ist  eines  der  wichtigsten  Merkmale,  durch  welches 
das  große  Weibchen  sich  von  den  übrigen  Individuen  der  Hummelfamilie  unterscheidet.  Die 
Weibchen  überwintern  nicht  in  den  Nestern,  welche  ihre  Wiege  bildeten  und  in  welchen 
sie  ihre  ersten  Lebenstage  zugebracht  haben.  Die  Ursache  dieser  Erscheinung  liegt  darin, 
daß  das  Hummelnest  zum  Winter  nicht  nur  einen  Friedhof  für  die  daselbst  umgekommenen 
Glieder  der  Hummelfamilie,  sondern  auch  noch  ein  Bild  systematischer,  durch  einander  ablösende 
Parasiten  hervorgerufener  Zerstörung  darstellt ;  von  diesen  letzteren  fressen  die  einen  die  Über- 
reste der  Nahrungsvorräte,  andere  die  Leichen  der  Hummeln,  wieder  andere  ihre  Zellen  und 
Cocons  u.  s.  w.  Die  Tätigkeit  dieser  Parasiten  dauert  auch  dann  noch  fort,  wenn  die  jungen, 
durch  die  Männchen  befruchteten  Weibchen  mit  der  Frage  der  Wahl  eines  Ortes  für  die 
Überwinterung  bereits  ins  Reine  gekommen  sind.  Diese  Frage  wird  nicht  von  allen  Hum- 
meln zur  gleichen  Zeit  entschieden;  Hoff  er  bemerkte,  daß  Bomhns  lucorum  früher  zur 
Überwinterung  schreitet,  als  Bomhus  terrestris,  welche  Art  nach  seinen   Beobachtungen  zu 


—     7     — 

dieser  Zeit  noch  dicht  bevölkerte  und  tätige  Nester  aufweist.  Meine  eigenen  Beobachtungen 
geben  mir  keinen  Grund  zur  Unterscheidung  der  verschiedenen  Hummelarten  in  dieser  Be- 
ziehung. Alles  was  ich  hierüber  aussagen  kann,  ist,  daß  der  Beginn  der  Überwinterung 
bei  den  Hummeln  mit  dem  Herbstwetter  im  Zusammenhange  steht,  und  daß  die  mit  besser 
geschützten  (z.  B.  unter  der  Erde  oder  in  Heuschobern  angebrachten)  Nestern  versehenen 
Hummeln  später  zur  Überwinterung  schreiten  als  Hummeln  mit  offen  angebrachten  Nestern. 
Damit  will  ich  jedoch  nicht  gesagt  haben,  daß  das  Aufsuchen  der  Überwinterungsorte  und 
die  Übersiedelung  in  die  Winterlager  durch  die  Hummeln  ausschließlich  unter  der  Einwir- 
kung der  \\'itterung  stattfinde;  ihre  diesbezügliche  Tätigkeit  wird  auch  durch  andere  Fak- 
toren angeregt,  welche  wahrscheinlich  denjenigen  analog  sind,  welche  ich  bei  einigen 
Vögeln  beobachtet  habe.'  In  ähnlicher  Weise  zeigen  die  Hummelweibchen,  nachdem 
sie  ruhig  in  ihrem  Neste  gelebt  haben,  im  Herbste  eine  außerordentliche  Unruhe 
und  das  Bestreben  davonzufliegen.  Als  ich  ein  solches  Weibchen  vor  dem  Eintritte  des 
Winters  (am  i.  Oktober)  zwischen  die  Fensterrahmen  setzte,  wohin  ich  zuvor  etwas  Heu  ge- 
legt hatte,  vergrub  sich  dasselbe  sofort  in  letzteres,  obgleich  die  Temperatur  im  Freien  lo» 
Wärme  erreichte;  hieraus  folgt  natürlich,  daß  das  Bestreben,  sich  im  Heu  zu  vergraben, 
überhaupt  sich  zu  verstecken,  nicht  sowohl  eine  einfache  Reaktion  auf  eine  äußere  Einwir- 
kung des  umgebenden  Mediums,  sondern  einen  ziemlich  komplizierten  Instinkt  darstellt. 
Am  nächsten  sonnigen  Tage  kroch  das  9  aus  dem  Heu  hervor:  augenscheinlich  war  es 
von  den  Bedingungen  des  Überwinterungsortes  nicht  befriedigt.  Lange  Zeit  hindurch  stieß 
es  gegen  die  Fensterscheiben,  in  der  Absicht  davonzufliegen.  Endhch  ließ  es  sich  im  Heu  nie- 
der, doch  erwies  es  sich,  daß  die  Hummel  ganz  recht  gehabt  hatte,  den  Ort  für  nicht  zweck- 
entsprechend anzusehen :  sowohl  dieses  Hummelweibchen,  wie  auch  ein  zwischen  die  Fenster 
gesetztes  Wespenweibchen  gingen  beide  im  Winter  zu  Grunde  und  erlebten  das  Frühjahr 
nicht.2    Worin  die   Ursachen  der  unbefriedigenden  Bedingungen  liegen,  ist  schwer  zusagen; 


'  Ein  dem  Neste  entnommener  Strandläufer  {Actodromas  minuia),  welcher  bis  zur  Periode  des  Zuges,  welchen  er 
nie  gesehen  hatte  und  über  welchen  er  auch  nichts  erfahren  haben  konnte  (er  war  vom  Dorfe  nach  Moskau  gebracht 
worden ,  lebte  im  Zimmer  und  konnte  die  durchziehenden  Artgenossen ,  selbst  wenn  einige  derselben  sogar  über  der  be- 
treffenden Straße  dahingeflogen  wären ,  weder  gesehen  noch  gehört  haben)  ruhig  in  seiner  Voliere  gelebt  hatte,  gab  mir 
Anlaß  zu  folgender  Beobachtung :  Zur  Zeit  des  Abzuges  zeigte  er  eine  ungewöhnliche  Aufregung,  flog  in  der  Volifere  um- 
her, bemühte  sich  aus  derselben  herauszukommen  und  schlief  die  Nächte  über  nicht;  später  beruhigte  er  sich,  begann  aber 
im  Frühjahre,  zur  Zeit  der  Rückkehr  der  Artgenossen  genau  dieselbe  Aufregung  und  Unruhe  sowie  die  Tendenz  fortzu- 
fliegen, an  den  Tag  zu  legen. 

-  In  den  warmen  Ländern  wird  das  „Überwintern"  bisweilen  durch  andere  Ursachen  hervorgerufen.  Ch.  Ferton 
teilt  einige  interessante  diesbezügliche  Beobachtungen  mit,  welche  er  im  Verlaufe  vieler  Jahre  auf  der  Insel  Corsica  ange- 
stellt hatte.  Er  schreibt  u.  a.  Folgendes:  A  Bonifacio  le  Bomhiis  xanthopus  Kriechb.  a  des  moeurs  diff^rentes;  il  vole  pres- 
que  toute  l'annde,  mais  en  nombre  variable  suivant  les  Saisons.  L'dtd  est  d'une  secheresse  extreme  dans  cette  rdgion ; 
depuis  juin  jusqu'ä  la  fin  de  septembre  les  pluies  sont  e.xceptionelles,  et  ne  sont  que  de  courts  orages,  insuffisants  pour 
les  besoins  de  la  vdgötation.  Aussi  la  saison  des  fortes  chaleurs  (juillet,  aöut,  septembre)  est  eile  pauvre  en  fleurs,  et  par- 
tant  en  Hym^noptcres,  le  JB.  .xanthopus  devient  rare;  on  ne  voit  plus  en  aöut  que  quelques  mäles,  et  exceptionellement 
des  femelies.  En  septembre  ce  bourdon  a  disparu,  les  mäles  sont  morts  et  les  femelles  sont  endormies  attendant  la  floraison 
suivante.  Les  premiferes  pluies  arrivent  ä  la  fin  de  septembre  ou  au  d^but  d'octobre ,  les  jeunes  femelles  de  Bombus 
xanthopus  apparaissent  aussitöt,  parcourant  l'air  d'un  vol  rapide;  en  octobre  elles  sont  nombreuses ,  elles  explorent  les 
touffes  et  les  tas  de  pierres,  ä  la  recherche  de  l'emplacement  oü  elles  doivent  nidifier.  C'est  dans  la  premiere  quinzaine 
de  novembre  qu'elles  commencent  gön^ralement  ä  butiner  sur  les  Romarins  et  les  Arbousiers,  qui  sont  en  fleurs  depuis 
la  fin  d'octobre.  Enfin  les  ouvrieres  apparaissent  en  d^cembre  et  les  mäles  en  janvier."  (Ch.  Ferton.  Notes  d^tach(5es 
sur  l'instinct  des  Hymdnopteres  mellifferes  et  ravisseurs  avec  la  description  de  quelques  espfeces.  Annales  de  la  Soc.  Ento- 
mologique  de  France.     Vol.  LXX,  190 1.) 


—     8     — 

jedenfalls  ist  es  nicht  die  Temperatur  allein,  da  auch  spätere  Versuche  mit  dem  Überwintern 
von  Hummehveibchen  im  Zimmer  zu  denselben  Resultaten  führten. 

Für  gewöhnlich  jedoch  beginnen  die  Nachforschungen  nach  einem  geeigneten  Platze 
seitens  der  jungen  Weibchen  schon  viel  früher.  Ende  Juli  und  Anfang  August  beobachtete 
ich  die  Nachforschungen  eines  jungen  9  ^^^  Bonibus  lapidarius,  welches  von  einer  Erd- 
erhöhung zur  anderen  flog,  ohne  sich  unterwegs  aufzuhalten  oder  am  '\^'ege  stehende  Blumen 
zu  beachten.  Die  Hummel  ließ  sich  auf  jede  Erhöhung  nieder,  indem  sie  dieselben  auf  eine 
Entfernung  von  1.5 — 2  m  und  auch  mehr  bemerkte,  wenn  die  Bodenerhöhung  eine  be- 
deutendere war,  da  die  Entfernung,  auf  welche  eine  Hummel  einen  Gegenstand  entdeckt, 
mit  der  Größe  desselben  wächst;  die  beobachtete  Hummel  suchte  augenscheinlich  den  Ein- 
gang in  eine   Höhle   oder  A'ertiefungen  in  der  Erde. 

Mitte  August  fand  ich  Hummeln  anderer  Arten,  welche  damit  beschäftigt  waren,  sich 
ein  Winterlager  zu  suchen,  und  zwar  an  solchen  Stellen,  wo  es  keine  Blumen  gab  und  wo 
sie  mit  nichts  anderem  als  eben  mit  den  Nachforschungen  nach  einem  Lager  beschäftigt 
sein  konnten.    Diese  Nachforschungen  erfolgten  meist  an  der  Basis  von  Bäumen. 

Die  jungen  Weibchen  beginnen  demnach  im  Herbste  sich  mit  der  l'berwinterungs- 
frage  zu  beschäftigen.  Schon  von  Ende  Juli  an  kann  man  im  Gou\ernement  Kaluga  Weib- 
chen beobachten,  welche  von  dem  Fuße  eines  Baumes  zu  anderen  hinüberfliegen,  sich 
hier  und  dort  auf  Blätter  oder  Moos  niederlassen  und  sodann  wieder  weiterfliegen.  Am 
Abend  kehren  diese  Weibchen  in  ihr  Nest  zurück,  um  am  nächsten  Tage  ihre  Nach- 
forschungen wieder  aufzunehmen,  welche  sich  beim  Leben  in  der  Gefangenschaft  oft  sehr 
lange  hinausziehen.  Ich  beobachtete  den  Ausflug  junger  Weibchen  aus  dem  Neste  am 
5.  und  9.  September  (alten  Stiles)  bei  -f-  14"  R.  im  Schatten.  Die  Periode  dieser  Nach- 
forschungen ist  eine  Zeit,  während  der  die  Hummeln  zum  Teil  ein  einsames  Leben  führen, 
wobei  sie  ausschließlich  in  ihrem  eigenen  Interesse  tätig  sind,  zum  Teil  aber  als  Glieder 
einer  Gemeinde  leben,  welche  sie  als  zu  ihr  gehörig  betrachtet,  in  welcher  sie  zu  Hause 
sind,  und  für  welche  sie  einige  Arbeiten  verrichten.  Allein  der  Zeitpunkt  der  Absonderung 
naht  heran :  die  ^^'eibchen  kehren  immer  seltener  und  in  immer  geringerer  Anzahl  in  das 
Nest  zurück;  die  ,, Gemeinde"  besteht  fast  nur  aus  den  „Arbeitshummeln"'  und  dem  alten 
Weibchen,  wenn  letzteres  noch  nicht  zu  Grunde  gegangen  ist;  ein  großer  Teil  der  jungen 
Weibchen  hat  das  Nest  bereits  auf  immer  verlassen,  der  Ort  für  die  Überwinterung  ist  aus- 
gewählt und  die  Arbeiten,  wenn  solche  nötig  waren,  sind  beendet.  Die  Auswahl  des  Ortes 
bedeutet  die  Auswahl  eines  kleinen  Fleckchens  Erde,  auf  welchem  der  Bau  begonnen 
werden  kann,  falls  kein  fertiges  Lager  gefunden  wurde.  Die  Beobachtung  Ferton"s,  daß  die 
Hummeln  ein  Häufchen  Blätter  oder  Moos  als  Ort  für  die  Überwinterung  wählen,  ist  augen- 
scheinlich unrichtig.  Große  Arbeitshummeln  und  solche  von  mittlerer  Größe  verkriechen 
sich  allerdings  für  den  Winter  an  solche  Orte,  allein  sie  gehen  alle  zu  Grunde.  Ihre  Nach- 
forschungen nach  einem  Überwinterungsorte  im  Herbste  repräsentieren  eine  sehr  interessante 
Erscheinung.  Wir  haben  es  hier  mit  demselben  rudimentären  Instinkte  zu  tun,  welchem  wir 
bei  den  Dohlen  ,,vor  ihrem  Abzüge  zum  Winter"  begegnen.  Es  liegt  klar  zu  Tage,  daß  in 
diesem  letzteren  Falle  durch  die  Auslese  der  dem  Zuge  vorangehende  Instinkt  nicht  be- 
seitigt und  daher  von  den  Vögeln  beibehalten  worden  ist,  obwohl  er  für  die  Art  ohne 
Bedeutung   wurde.     Dieselbe    Erscheinung    sehen  wir  auch  bei  den  Arbeiterinnen  der  Hum- 


—     9     — 

mein;  diese  fliegen  im  Herbste  umher,  einen  Ort  für  ihr  Winterquartier  suchend  und  auf 
diese  Welse  einen  Instinkt  aus  früheren  Zeiten  bewahrend,  wo  die  Hummeln  noch  keine 
„geselligen"  Tiere  waren  und  alle  Individuen  ohne  Ausnahme  überwinterten.  Dieser  nach- 
gebliebene Instinkt  legt  nicht  nur  dafür  Zeugnis  ab,  daß  in  früheren  Zeiten  alle  Hummeln 
überwinterten,  sondern  auch  davon,  daß  die  Bedingungen  des  Überwinterns  selbst 
andere  waren:  es  gab  im  Winter  augenscheinlich  keine  so  strenge  Kälte,  welche  derartige 
Vorsichtsmaßregeln  verlangt  hätte,  wie  sie  sich  bei  den  Weibchen  mit  der  Zeit  herausgebildet 
haben.  Bei  den  Arbeiterinnen  dagegen  hat  sich  der  Instinkt  erhalten,  welcher  seinerzeit  für 
die  solitären  Hummeln  genügte;  die  „Geselligkeit"  trat  demnach  mit  der  Kälte  als 
eine   Folge  des   Kampfes   ums   Dasein  auf. 

Das  Suchen  beginnt,  wie  ich  oben  erwähnte,  im  Sommer,  vom  Ende  des  Juli  an; 
am  30.  sah  ich  ein  fortwährendes  Hin-  und  Herfliegen  der  Hummeln  von  einem  Baume  zum 
anderen;  am  2. — 3.  August  waren  die  Nachsuchungen  nach  einem  Winterlager  (im  Gouv. 
Orel)  in  vollem  Gange :  die  Hummeln  kamen  ununterbrochen  zu  dem  Baume  herangeflogen, 
an  welchem  ich  meine  Beobachtungen  über  ein  im  Eingraben  begriffenes  Weibchen  an- 
stellte; unter  den  Heranfliegenden  waren  sowohl  Weibchen  als  Arbeiterinnen  zu  bemerken, 
wobei  die  letzteren  recht  nachlässig  erschienen  und  wenn  sie  unterwegs  auf  Blumen  stießen, 
sich  sofort  auf  diese  niederließen.  Bei  den  Weibchen  war  dies  nie  der  Fall :  sie  suchten 
hartnäckig  nach  Plätzen,  ohne  sich  davon  durch  das  Suchen  nach  Nahrung  ablenken  zu 
lassen,  aus  dem  Grunde  natürlich,  weil  sie  solche  im  Neste  fertig  dargeboten  bekommen. 
Dieser  Umstand  hat.  eine  große  Bedeutung:  er  weist  auf  die  Wichtigkeit  einer  solchen  Ge- 
selligkeit hin,  wie  wir  sie  bei  den  Hummeln  sehen,  und  welche  es  ermöglicht,  daß  einige 
wenige  auf   Kosten   vieler   ihre   Existenz   verlängern  können. 

Nachdem  das  Weibchen  einen  passenden  Platz  gefunden  hat,  beginnt  es  eine  kleine 
Höhle  zu  graben,  wobei  es  die  Wurzeln  der  Gräser  abreißt,  welche  sie  bei  ihrer  Arbeit 
hindern.  Es  ist  wohl  möglich,  daß  die  Abwesenheit  einer  größeren  Menge  solcher  Wurzeln, 
worauf  durch  das  Vorhandensein  einer  grasfreien  Stelle  geschlossen  werden  kann,  eine  der 
Bedingungen  bei  der  Auswahl  des   Platzes  bildet. 

Das  Weibchen  von  Bomhus  lapidarius,  dessen  Arbeit  ich  beobachtete,  begann  am  Rande 
eines  Waldes,  von  der  Schattenseite  her,  in  einer  Entfernung  von  etwa  26  cm  von  der  Basis 
eines  Baumes  zu  graben.  Die  Arbeit  ging  so  langsam  vor  sich,  daß  das  Weibchen  in  der  Zeit 
von  12  Uhr  25  Min.  bis  i  Uhr  15  Min.  erst  eine  Vertiefung  gegraben  hatte,  in  welcher  es  sich 
nicht  einmal  vor  den  Blicken  des  Beobachters  verbergen  konnte,  indem  sein  Leib  (die  letzten 
Segmente)  noch  zu  sehen  war.  Um  4  Uhr  nachmittags  war  es  schon  ziemlich  weit  vorge- 
drungen: man  konnte  es  bereits  nicht  mehr  sehen,  jedoch  die  Menge  ausgeworfener  Erde 
war  noch  recht  gering. 

Großes   Interesse  bietet  die  Arbeit  der  Hummeln   bei    dem    Herausgraben    der    Erde. 

Die  Hummel  arbeitet  in  folgender  Weise:  mit  den  beiden  hinteren  Beinpaaren  wird 
die  Erde  aus  der  Vertiefung  herausgestoßen,  während  sie  mit  den  Vorderbeinen  die  Erde, 
welche  zum  Teil  mit  Hilfe  dieser  Beine,  zum  Teil  vermittelst  der  Kiefern  losgelöst  wurde, 
festhält  und  dieselbe  den  Hinterbeinen  übergibt;  zuletzt  schiebt  die  Hummel,  indem  sie  sich 
rückwärts  bewegt,  mit  dem  ganzen  Leibe  die  angesammelte  Portion  Erde  aus  der  Vertiefung 
vollends    heraus    (Fig.  2a,  b).     Die    Erde    wird   zuerst  nur  aus   dem   Neste  herausgestoßen; 

Zoologica.    Heft  46.  2 


—     10     — 


später,  wenn  sie  sich  in  größeren  Mengen  ansammelt  und  anfängt  bei  der  Arbeit  hinderlich 
zu  werden,  führt  die  Hummel  ein  Manöver  aus,  welches  dem  bei  der  Reparatur  des  Nestes 
angewandten  analog  ist :  sie  kriecht  über  die  bereits  aufgeführte  Erdanhäufung  hinüber  und 
beginnt,  indem  sie  die  Erde  von  dem  Walle  weggräbt,  dieselbe  immer  weiter  von  der  Ein- 


Fig.  3.    abcdefg  —  Bezirk  der  Oberfläche,  auf  welchem 
ein    Q    eine    Höhle    anlegte,     e.  T.    Öffnung   des    Ganges. 
Tr.    die    beim  Graben    ausgeworfene   und    in    einem  regel- 
mäßigen Streifen  angeordnete  Erde. 


Fig.  2.    O  von  Bombiis  lapidarius :    a  —  einen  Gang  in  die 

Erde    grabend,     b   —    die    Erde    aus    dem   Gange    hinaus 

befördernd. 


gangsöffnung  der  Höhle  fortzuwerfen ;  dabei 
wird  die  Erde  nicht  nur  nach  einer  Richtung 
von  der  Höhle  fortgeschleudert,  sondern  nach 
rechts  und  links  zerstreut,  so  daß  sie  ein  breites 
Band  bildet  (Fig.  3). 

Man  kann  sich  leicht  vorstellen,  welch  eine  Menge  unproduktiver  Arbeit  von  der 
Hummel  hierbei  geleistet  wird;  und  zwar  wird  sie  aus  dem  Grunde  geleistet,  weil  das  Insekt 
die  Resultate  seiner  Arbeit  nicht  voraussieht,  sondern,  indem  es  den  unerbittlichen  Forde- 
rungen seines  Instinktes  nachgeht,  bei  der  Lösung  seiner  Aufgabe  auf  jene  äußeren  Reize 
reagiert,  welche  mit  dem  Fortschreiten  in  deren  Erfüllung  zu  Tage  treten.  Daher  auch  das 
außerordentlich  langsame  Fortschreiten  der  Arbeit :  ein  jeder  Bruchteil  derselben  wird  ge- 
schafft, umgeschafft  und  nochmals  umgeschafft. 

Vergleichen  wir  diese  Arbeit  des  Hummelweibchens  mit  der  gleichen  Arbeit  des 
Weibchens  \on  TrocJiosa  singoriensis  Lax.,  so  erweist  sich  die  Arbeit  dieser  Spinne,  auch 
abgesehen  von  deren  für  diesen  Zweck  besser  angepaßten  Werkzeugen,  als  das  Resultat 
eines  präziseren  und  vollständigeren   Instinktes.^ 

Die  Richtung  der  Höhle  ist  keine  ganz  gerade;  die  Ursache  dieser  Erscheinung  ist 
die  gleiche  wie  bei  den  Taranteln,  indem  auch  hier  unterwegs  angetroffene  Stückchen 
Rinde,   Steinchen  u.  dergl.  m.   die   Regelmäßigkeit   der  Arbeit   beeinträchtigen. 

Nicht  immer  überwintern  die  Hummeln  in  solchen  selbständig  hergerichteten  Höhlen 
oder  Gängen.  Sie  benützen  zu  diesem  Zwecke  auch  fertig  vorgefundene  Höhlen,  wobei  beide 
Arten  von  Überwinterung  —  in  eigenen  und  in  fremden  Höhlen  —  bei  ein  und  derselben 
Hummelart  angetroffen  werden. 

Bomhus  lapidarüis,  dessen  Weibchen  ich  bei  der  Herrichtung  des  Winterlagers  be- 
obachtet habe,  überwintert  auch  in  Mäuselöchern.  Auf  der  Fig.  4  sehen  wir  ein  Nest,  welches 
mich  zu  dieser  Annahme  berechtigt  und  welches,  wie  wir  gleich  sehen   werden,  auch  noch 


'  Vergl.  W.  Wagner,  L'industrie  des  Araneina. 


—    11    — 

in  anderer  Hinsicht  Interesse  verdient.  Am  7.  Juni  fand  ich  im  Garten  eines  Bauernhofes 
ein  Nest  der  genannten  Hummelart,  welches  folgendes  Aussehen  hatte  (Fig.  4 ;  N  =  Hum- 
melnest). Zu  dem  Nest  führte  ein  enger  Gang  (tu),  welcher  zweifellos  von  einem  Hummel- 
weibchen speziell  angelegt  worden  war.  Das  Flugloch  (o)  befand  sich  unweit  eines  Baumes. 
Das  Nest  selbst  (N)  befand  sich  in  einer 
Tiefe  von  etwa  35 — 45  cm.  A  und  B 
sind  sehr  geräumige  Mäuselöcher;  in 
denselben  befindet  sich  recht  viel  Stroh, 
welches  natürlich  von  den  Mäusen  dorthin 

geschafft     worden     ist,     da     eine     derartige  pig.  4.     N.  das  Hummelnest ;   tu.  schmaler,  von  der  Hummel 

Last  die   Kräfte   einer    Hummel  unbedingt  angelegter  Gang;   o.  das  direkt  an  der  glatten  Erdoberfläche 

übersteigt.     Die    Anordnung    des    Strohs  """^'"^^  ^^''^'°'^'  ^  \^  ^^Jl  ""'  ^äusenestes,  mit 

°  '^  ^  Stroh    angefüllt. 

wies  zweifellos   darauf  hin,   daß   hier   ein 

Nest  oder  Nester  von  Mäusen  angelegt  worden  waren;  hier  fand  sich  ein  wahres  Labyrinth 
von  Höhlungen.  In  diesen  Höhlen  nun  hatten  Weibchen  von  B.  lapidarius  überwintert; 
da  jedoch  diese  Höhlen  nicht  tief  genug  unter  die  Erdoberfläche  reichten,  obgleich  der 
zu  ihnen  führende  Gang  recht  lang  war,  so  waren  die  Weibchen,  welche  sich  hierher  zu- 
rückgezogen hatten,  der  Winterkälte  zum  Opfer  gefallen.  Solcher  schon  vor  langer  Zeit  zu 
Grunde  gegangener  Weibchen  fand  ich  drei  dicht  nebeneinander  liegend.  Alle  waren  in 
gleichem  Maße  durch  die  Einwirkung  der  Zeit  zerstört.  Ein  anderes  Weibchen  von  Bombus 
lapidarius  fand  ich  in  diesen  Gängen  tot  aber  noch  frisch  an.  Man  kann  annehmen,  daß 
dieses  Weibchen  sich  in  diese  Gänge  zu  demselben  Zwecke  verkrochen  hatte,  wie  jenes 
Weibchen,  welches  die  Besitzerin  des  von  mir  gefundenen  Nestes  war.  Ist  diese  Voraus- 
setzung richtig,  so  haben  wir  einen  Fall  vor  uns,  wo  Weibchen  einer  Art  an  einem  Orte 
zu  mehreren  Individuen  zusammen  überwintern.  Es  ist  dies  durchaus  nichts  Wunderbares, 
indem  erstens  mehrere,  bisweilen  selbst  recht  viele  erwachsene  Weibchen  ein  und  desselben 
Nestes  überwintern  und  alle  ihren  Zufluchtsort  in  demselben  Rayon  suchen,  so  daß  in  einem 
geeigneten  Lager  unbedingt  untereinander  verwandte  Individuen  angetroffen  werden  können; 
zweitens  sind  die  jungen  Weibchen  im  Herbste  sehr  duldsam  gegen  die  Anwesenheit  anderer 
Weibchen,  noch  dazu  solcher  aus  dem  eigenen  Neste,  und  überfallen  einander  in  dieser 
Jahreszeit   nicht. 

Der  Zeitpunkt  des  Erwachens  tritt,  wie  auch  die  Zeit  des  Überwinterns  nicht  immer 
gleichzeitig  ein  und  ist  nicht  übereinstimmend  bei   allen  Arten. 

An  dieser  Stelle  will  ich  noch  auf  einen  Instinkt  der  9  9  Hummeln  hinweisen,  welcher 
bei  den  übrigen   Kasten   dieser   Insekten  noch  nicht  beobachtet  worden  ist. 

Wenn  9  und  q"  Hummeln  außerhalb  des  Nestes  nächtigen,  was  sowohl  im  Sommer 
wie  im  Herbste  ziemlich  häufig  der  Fall  ist,  so  suchen  sie  niemals  einen  Schlupfwinkel 
in  der  Erde.  Fast  immer  wählen  sie  zu  diesem  Zwecke  eine  Blüte  oder  einen  Blüten- 
stand, worauf  sie  übernachten,  nachdem  sie  einen  möglichst  versteckten  Platz  eingenommen 
haben.  Bisweilen  sieht  man  mehrere  Hummeln,  namentlich  Männchen,  nebeneinander  auf 
einer  Blüte  sitzen.  Im  Frühjahre  übernachten  die  Weibchen,  wenn  sie  auf  der  Suche  nach 
einem  Platze  für  das  anzulegende  Nest  begriffen  sind,  in  der  Erde,  indem  sie  zu  diesem 
Zwecke  neben  einem  Gebüsch  oder  Baumstumpfe  gelegene  Mäuselöcher  aufsuchen. 


—     12     — 

In  den  kalten  Tagen  am  Anfange  des  Juni  1904,  als  die  Hummelweibchen  (wie  auch 
andere  Insekten)  sehr  verspätet  an  ihre  Arbeit  gingen  und  noch  herumflogen,  ohne  ein  Nest 
zu  besitzen,  bemerkte  ich  Weibchen  von  Bomhus  varians  und  B.  lapidarius,  welche  nach 
einem  geeigneten,  passenden  Plätzchen  suchten.  Zuerst  vermutete  ich,  es  handle  sich  um 
die  Suche  nach  einem  Platze  für  das  Nest,  bemerkte  aber  bald  ein  hiervon  ganz  verschie- 
denes Gebahren.  Das  in  ersterem  Falle  äußerst  vorsichtige  Weibchen  ging  seinem  Geschäfte 
zwar  wie  stets  mit  großer  Beharrlichkeit  nach,  schenkte  jedoch  allem,  was  um  dasselbe 
herum  vorging,  nur  wenig  Beachtung.  Ein  Weibchen  zu  beobachten,  welches  im  Begriffe 
steht,  sich  ein  Nest  zu  bauen,  ist  außerordentlich  schwierig :  kaum  hat  es  eine  Be- 
wegung des  während  der  Arbeit  in  der  Nähe  stehenden  Menschen  bemerkt,  so  fliegt  es 
auch  schon  schleunigst  davon.  Hier  lag  die  Sache  ganz  anders:  ich  konnte  der  Hummel 
ohne  weiteres  folgen,  und  diese  ging  ihrem  Geschäfte  ruhig  nach,  indem  sie  sich  bald  hier, 
bald  dort  auf  die  Erde  niederließ,  unter  Blättern  herumlief,  oder  sich  in  Vertiefungen, 
Spalten  und  Gänge  verkroch,  dieselben  wiederum  verließ,  sodann  langsam  weiterflog,  um  in 
einer  Entfernung  \on  zwei  bis  drei  Fuß  das  gleiche  Manöver  von  neuem  zu  beginnen. 

Ferner  arbeitet  das  Weibchen,  wenn  es  einen  Ort  für  sein  Nest  sucht,  sehr  eilig,  ohne 
die  Arbeit  auch  nur  für  einen  Augenblick  zu  unterbrechen :  es  fliegt  unermüdlich  so  lange 
umher,  bis  es  endlich  Hunger  verspürt.  Dann  beginnt  es  von  einer  Blume  zur  anderen  zu 
fliegen,  Nahrung  zu  sich  zu  nehmen  und  auszuruhen.  Ist  das  Weibchen  damit  fertig,  so 
macht  es  sich  wiederum  an  die  Arbeit. 

Ganz  anders  benimmt  sich  das  Weibchen,  welches  auf  der  Suche  nach  einem  Nacht- 
lager begriffen  ist.  Dieses  arbeitet,  ohne  sich  zu  beeilen,  und  säubert  sich,  nachdem  es  unter 
den  Blättern  hervorgekrochen  ist;  trifft  es  auf  seinem  Wege  eine  verführerische  Blüte,  so 
läßt  es  sich  auf  derselben  nieder,  spaziert  darauf  herum  und  fliegt  sodann  gemächlich  weiter. 
So  ließ  sich  ein  Weibchen  ^•on  Bomhus  lapidarius,  welches  ich  beobachtete,  im  Verlaufe 
einer  Stunde  an  etwa  150  Stellen  nieder,  und  besuchte  5 — 6  Blüten  an  verschiedenen  Orten 
und  zu  verschiedenen  Zeiten.  Kurz  vor  Sonnenuntergang  kroch  es  endlich  unter  trockenes 
Laub  neben  einem  Haselnußstrauch,  worauf  es  sich  nicht  mehr  sehen  ließ.  Nachdem  ich 
etwa  10  Minuten  gewartet  hatte,  hob  ich  das  Laub  auf  und  entdeckte  die  Öffnung  eines 
Ganges,  welcher  tief  in  die  Erde  unter  dem  Strauche  führte.  Die  Hummel  hatte  sich  augen- 
scheinlich sehr  weit  in  denselben  verkrochen.  Ich  bekam  sie  nicht  mehr  zu  Gesicht  und 
ein  Nest  wurde  an  dieser  Stelle  nicht  angelegt. 

Eine  ganz  übereinstimmende  Erscheinung   beobachtete   ich   auch   bei    anderen   Weib-, 
chen  von  Bombus  lapidarius  und  B.  varians.  Letztere  legten  übrigens  selbst  auf  der  Suche 
nach  einem  Nachtlager  viel  mehr  Vorsicht  an  den  Tag. 

Durch  diese  Tatsachen  werden  zwei  in  gleichem  Maße  interessante  Umstände  fest- 
gestellt, und  zwar  i)  daß  die  Weibchen  noch  einen  Instinkt  besitzen,  welcher  den  übrigen 
Kasten  nicht  zukommt  und  offenbar  früheren  Ursprunges  ist,  und  2)  daß  dieser  Instinkt 
durchaus  den   Charakter  eines   völlig  solitären   Instinktes   aufweist. 


—     18     — 
Kapitel  II. 

Der  Bau  des  Nestes. 

Die  gesamte  mit  dem  Baue  des  Nestes  verbundene  Tätigkeit  ist  einzig  und  allein 
das  Werk  des  Weibchens;  wir  können  das  letztere  während  dieser  Periode  seines 
Lebens  demnach  ganz  ebenso  betrachten  wie  ein  jedes  andere  solitäre  Insekt,  von  welchem 
das  Hummelweibchen  sich  in  psychologischer  Hinsicht  weder  durch  den  Charakter  der  Ar- 
beit, noch  durch  deren  Zusammensetzung  unterscheidet. 

Innerhalb  dieser  Tätigkeit  der  Hummelweibchen  unterscheide  ich  dieselben  drei  ver- 
schiedenen Prozesse,  welche  ich  auch  bei  dem  Nestbaue  der  Spinnen  unterschieden  habe,' 
und  zwar: 

A.  Die  Wahl  des  Platzes  für  den  Nestbau. 

B.  Die  Vorbereitung  der   Baumaterialien  und 

C.  Den  eigentlichen  Bau  des   Nestes,   dessen  Architektur. 
Betrachten  wir  ein  jedes   dieser  Einzelbilder  im  speziellen. 

A.    Die  Wahl  des  Platzes  für  den  Nestbau. 

Inhalt  des  Abschnittes.  Die  spezifischen  Unterschiede  in  der  Wahl  eines  Platzes  für  den  Bau  des 
Nestes.  —  Die  Station  und  ihre  Grenzen  stimmen  bei  den  verschiedenen  Arten  mit  den  Grenzen  der  Tracht 
überein.  —  Der  für  den  Bau  des  Nestes  ausgewählte  Ort  muß  folgenden  Bedingungen  entsprechen;  a)  Er- 
leichterung der  ersten  Arbeit,  b)  Zugänglichkeit  und  Ergiebigkeit  des  zum  Nestbaue  notwendigen  Materiales.  — 
Hummeln  und  Mäuse.  —  „Ungewöhnliche"  Fundorte  für  Hummelnester.   —   Die  Psychologie  der  „Auswahl" 

eines  Platzes  für  die  Anlegung  des  Nestes. 

Es  ist  nicht  möglich,  irgend  welche  allgemeine  Angaben  über  diejenigen  Orte  zu 
machen,  welche  von  den  Hummeln  überhaupt  für  die  Anlage  ihres  Nestes  bevorzugt  werden. 
So  baut  das  9  von  Bombus  lapidarius  sein  Nest  tief  unter  der  Erde  oder  in  kleinen  Erd- 
hügeln, genau  in  derselben  Weise,  wie  wir  dies  bei  B.terrestris  sehen;  unter  der  Erde  an  Ab- 
stürzen; am  Orte  der  eigentlichen  Überwinterung;  an  der  Oberfläche  der  Erde:  im  Walde, 
aus  Moos,  genau  wie  Bonihiis  muscoruvi,  im  Felde,  aus  trockenen  Grashalmen;  in  der 
Nähe  von  bewohnten  Gebäuden,  in  Strohhaufen,   unter  dem   Boden   von   Speichern   u.  s.  w. 

Bombus  muscorum  baut  nicht  unter  der  Erde;  auf  der  Erdoberfläche  dagegen  habe 
ich  sein  Nest  an  den  verschiedensten  Orten  gefunden ;  einmal  fand  ich  ein  Nest  dieser  Art 
in  einem  auf  der  Erde  stehenden  Starenhäuschen,  ein  anderes  Mal  in  dem  Strohdache  einer 
Scheune,  in  einer  Höhe  von  3 — 4  Metern  über  der  Erde,  und  in  diesem  Jahre  (1905)  ent- 
deckte ich  ein  solches  Nest  über  einem  Fenster  dicht  bei  einem  Sperlingsneste,  in  welchem 
sich  Junge  befanden.  In  dieser  Beziehung  lassen  sich  die  Tatsachen  höchstens  so  präzi- 
sieren, daß  gewisse  Arten  ihr  Nest  ausschließlich  in  der  Erde  anlegen,  wie  z.  B.  Bombus 
terrestris,  andere  nur  auf  deren  Oberfläche,  wie  Bombus  muscorum.  Endlich  legen 
andere  Arten  ihre  Nester  sowohl  unter  wie  über  der  Erde  an,  wie  Bombus  lapidarius. 
Im  übrigen  finden  selbst  bei  dieser  in  so  allgemeiner  Form  aufgestellten  Norm  nicht 
selten  gewisse  Abweichungen   von   der   Regel   statt,    wenngleich   diese   letzteren   auch    mehr 


W.  Wagner.     Lindustrie  des  Araneina. 


—     14     — 

scheinbar  als  tatsächlich  sind;  so  legt  Bonibus  terrestris,  welcher  seine  Nester  für  gewöhn- 
lich unter  der  Erde   baut,   dieselben   bisweilen  auch  unter  Strohschobern   an. 

Bei  näherer  Betrachtung  bemerkt  man  unschwer,  daß  wir  es  hier  weder  mit  Defekten 
des  Instinktes,  wie  es  die  Autoren  nennen,  noch  mit  Aberrationen  i  desselben  zu  tun  haben, 
sondern  daß  wir  hier  nur  scheinbare  Abweichungen  von   der   Regel   vor  uns   sehen. 

In  dem  Stroh  findet  das  Hummelweibchen  ebenso  mühelos  einen  Eingang  zu  be- 
liebigen Tiefen,  wie  ihr  dies  beim  Bau  unterirdischer  Nester  durch  Mäuselöcher  geboten 
wird.  Niemals  gräbt  sich  das  Weibchen  in  dem  Stroh  nach  oben  zu  ein,  sondern  stets  ent- 
weder horizontal  oder  nach  unten,  dem  Inneren  des  Haufens  zu. 

Auch  in  der  Anlage  des  eigentlichen  Nestes  bemerken  wir  das  Aufsuchen  der  gleichen 
Bedingung,  d.  h.  der  größtmöglichen  Erleichterung  der  Arbeit.  Die  Strohnester  werden  in 
vorjährigen  Haufen  angelegt  und  zwar  meistens  in  demjenigen  Teile  des  Haufens,  wo 
das  Stroh  infolge  der  hier  beständig  herrschenden  Feuchtigkeit  in  Fäulnis  übergegangen 
und  daher  fast  schwarz  geworden  ist.  Es  kann  wohl  kaum  ein  Zweifel  darüber  bestehen, 
daß  solche  Plätze  aus  dem  Grunde  bevorzugt  werden,  weil  die  Anfertigung  einer  Höhlung 
für  das  Nest  hier  besonders  leicht  von  statten  geht,  da  faules  Stroh  sich  leicht  in  jeder 
Richtung  zerkleinern  läßt,  frisches  aber  nicht.  Häufig  vermissen  wir  Hummelnester  an 
solchen  Orten,  welche  sich  für  den  Nestbau  der  betreffenden  Art  gut  eignen  würden,  und 
zwar  aus  dem  Grunde,  weil  diese  Orte  von  dem  Menschen  aufgesucht  werden.  Nicht  alle 
Hummeln  verhalten  sich  übrigens   der   Nähe  des    Menschen   gegenüber   in   gleicher   Weise; 


'  Ich  erachte  es  für  notwendig,  hier  daran  zu  erinnern,  daß  ich  unter  dem  Ausdrucke  Aberration  der  In- 
stinkte durchaus  nicht  dasselbe  verstehe,  was  die  Autoren  „Defekte'  der  Instinkte  nennen. 

Das  Vorhandensein  solcher  Erscheinungen  in  der  instinktiven  Tätigkeit  der  Tiere ,  welche  als  Fehler  (Defekte) 
bezeichnet  werden  könnten,  kann  ich  in  keinem  Falle  zugeben.  Die  Abweichungen  von  dem,  was  die  vollkommene  Form 
eines  jeden  gegebenen  Instinktes  darstellt,  können  von  zweierlei  Art  sein.  Es  sind  dies  erstens  die  Abweichungen  der  In- 
stinkte in  der  direkten  Bedeutung  dieses  Wortes,  das  heißt  jene  seltenen  Fälle  von  „zufälligen'  fremdartigen  Angewohn- 
heiten bei  gewissen  Arten,  welche  nach  Darwin,  wenn  sie  sich  als  nützlich  erwiesen  hätten,  auf  dem  Wege  der  natür- 
lichen Auslese  ganz  neue  Instinkte  hätten  hervorbringen  können,  wenn  sie  sich  hingegen  als  schädlich  erwiesen  hätten,  durch 
eben  diese  Auslese  beseitigt  worden  wären.  Aus  dem  soeben  Gesagten  folgt  selbstverständlich,  daß  wir  die  Abweichungen 
in  den  Erscheinungen  des  instinktiven  Lebens  mit  demselben  Rechte  als  „Fehler'  bezeichnen  könnten ,  mit  welchem  wir 
das  Auftreten  neuer  Streifen  auf  dem  Felle  eines  Säugetieres  oder  ihrer  Form  oder  Farbe  nach  neuer  Federn  bei  den 
Vögeln  als  Fehler  auffassen  würden.  Indem  wir  Abweichungen  der  Instinkte  als  „Fehler'  bezeichnen,  begehen  wir 
selbst  einen  doppelten  Fehler:  dadurch,  daß  wir  die  betreffende  Erscheinung  mit  einem  ihr  nicht  entsprechenden  Ausdrucke 
belegen,  veranlassen  wir  einmal  zu  der  Voraussetzung,  daß  an  derselben  solche  psychologische  Momente  (vorhergehende 
Berechnung  und  Verständnis  dessen,  was  getan  ist  und  dessen,  was  hätte  getan  werden  müssen)  teilnehmen,  welche  in  Wirk- 
lichkeit keinerlei  Anteil  daran  haben;  ferner  veranlassen  wir  zu  der  Voraussetzung,  daß  das  Aultreten  einer  Abweichung 
etwas  unbedingt  korrekturbedürftiges  sei,  wobei  die  Verbesserung  dem  diese  Abweichung  aufweisenden  Individuum  er- 
wünscht sein  muß,  was  jedoch  in  Wirklichkeit  gar  nicht  der  Fall  ist.  Und  zwar  ist  dies  nicht  nur  nicht  der  Fall,  sondern 
es  kann  auch  gar  nicht  der  Fall  sein ,  da  nur  derjenige  irren  kann,  welcher  imstande  ist,  eine  Wahl  der  auszuführenden 
Handlungen  zu  treffen,  welcher  infolgedessen  fähig  ist  seinen  Irrtum  zu  erkennen,  denselben  zu  begreifen  und  wieder  gut 
zu  machen,  wenn  dem  nichts  im  Wege  steht.  Alle  diese  Momente,  welche  in  dem  Begrifle  eines  Irrtums  in  der  instinktiven 
Tätigkeit  enthalten  sind,  fehlen  aber  in  der  Tat. 

Eine  andere  Art  Abweichungen  von  dem  ,  was  die  vollkommene  Form  eines  gegebenen  Instinktes  repräsentiert, 
kann  man  in  der  Erscheinung  der  „Veränderungen  der  Instinkte'  beobachten.  Unter  dieser  Bezeichnung  ver- 
stehe ich  ständige  und  unbeträchtliche  Abweichungen  der  Instinkte  von  ihrem  normalen  Typus;  auf  derartige  Abweichungen 
übt  die  Auslese  keine  Wirkung  aus,  wofür  eben  die  Beständigkeit  dieser  Erscheinungen  Zeugnis  ablegt. 

Wie  wir  in  der  Morphologie  des  Pflanzen-  und  Tierreiches  keine  zwei  völlig  identische  Individuen  kennen,  wobei 
die  Unterschiede  fast  immer  unwesentlich  und  nur  in  seltenen  Fällen  sofort  bemerkbar  sind,  ebenso  haben  wir  es  in  der 
Zoopsychologie  mit  einer  Reihe  von  Tatsachen  zu  tun,  von  welchen  die  einen  unwesentliche  Abweichungen  (Schwankungen 
der  Instinkte)  repräsentieren,  während  andere,  welche  viel  seltener  auftreten,  sich  als  ganz  unzweifelhafte,  wirkliche  Ab- 
weichungen der  Instinkte  erweisen. 


—     15     — 


einige  Arten,  wie  z.  B.  Bombus  lapidarius,  kümmern  sich  sehr  wenig  um  die  Anwesenheit 
des  Menschen.  Ich  habe  Nester  dieser  Art  gesehen,  deren  eines  in  einer  Entfernung 
von  35  cm  von  einem  Vorratskeller  angebracht  war,  welcher  täglich  betreten  wurde,  ein 
anderes  dagegen  sich  in  einem  Speicher  befand.'  Im  allgemeinen  aber  sind  die  Hummeln, 
namentlich  in  der  Periode   des   Nestbaues,  ungewöhnlich  vorsichtig. 

Was  nun  die  „Station",  d.  h.  die  allgemeine  Lage  des  Nestortes  bei  den  verschiedenen 
Hummelarten  betrifft,  so  kann  an  der  Existenz  besonderer  Eigentümlichkeiten  in  dieser 
Hinsicht  nicht  gezweifelt  werden,  obgleich  deren  Feststellung  oft  schwierig  ist.  So  nistet 
Bombus  sylvarum  a  ausschließlich  im  Walde.  Niemals  traf  ich  Nester  dieser  Form  in 
Anpflanzungen,  Höfen,  im  Felde  oder  sonst  außerhalb  des  Waldes  an.  In  Anbetracht 
des  Umstandes,  daß  das  Leben  in  einem  von  mir  ins  Zimmer  verbrachten  Neste  dieser 
Hummeln  seinen  gewohnten  Verlauf  nahm  —  die  Hummeln  flogen  aus  und  kehrten  wieder 
zurück  wie  alle  anderen  auch  — ,  vermute  ich,  daß  die  Ursache  für  das  Fehlen  dieser 
Hummelart  in  der  Nähe  menschlicher  Wohnstätten  und  das  ausschließliche  Vorkommen 
ihrer  Nester  im  Walde  darauf  zurückzuführen  ist,  daß  ihre  Lebensbedingungen  (in  erster 
Linie  natürlich  die  Tracht)  mit  der  Flora  des  Waldes  in  innigerem  Zusammenhange  stehen, 
als  dies  bei  anderen  Arten  der  Fall  ist.  Ein  Zusammenhang  zwischen  der  Wahl  eines  Nest- 
platzes, im  Sinne  einer  Station,  und  dem  Einsammeln  der  Nahrung  kann  bei  den  Hummeln 
wohl  nicht  in  Zweifel   gezogen   werden. 

In  Übereinstimmung  mit  dem  eben  Gesagten  sind  die  Nester  derjenigen  Hummeln, 
welche  einen  weiten  Rayon  für  das  Einsammeln  ihrer  Nahrung  besitzen,  an  außerordentlich 
verschiedenartigen  Plätzen  anzutreffen,  während  bei  anderen  Arten,  wie  z.  B.  bei  B.  sylva- 
r2im,  wo  diese  Rayons  mehr  beschränkt  sind,  auch  die  Stationen  ihres  Nestbaues  ge- 
nauer festgelegt  erscheinen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  dieses  Prinzip  des  Zusam- 
menhanges und  der  Abhängigkeit  zwischen  der  Wahl  eines  Ortes  für  den  Nestbau  und  dem 
Bezirke,    wo    die    Nahrung    einge-  a  b  c 

sammelt  wird,  durch  die  erwähnte 
Unbestimmtheit  der  Station  bei 
gewissen  Hummelarten  in  keiner 
Weise  Einbuße  erleidet.  Das 
Prinzip  wird  in  solchen  Fällen  nur 
schwerer  zu  konstatieren  sein.  Ich 
verweise  hier  auf  einige  von  mir 
gezeichnete  Pläne  von  Fundorten 
der  Nester  von  B.  museorum 
außerhalb  von  Ansiedelungen,  wo 
sie  sehr  häufig  angetroffen  werden 
(Fig.  5 ;   a,  b,  c,  d,  e). 

Unvergleichlich  klarer  sind  jene  Bedingungen,  welchen  die  innerhalb  der  Stationen 
durch  die  Hummeln  auszusuchenden  „Winkel"   für  den  Nestbau   entsprechen  müssen. 

Solcher  Bedingungen  gibt  es  zweierlei: 


:sr0.:^ 


d  e 

Fig.  5.    A— Acker;   B— Gebüsch;    F— Fluß;    C  — Weg. 
N,  N,,  N,,  N3  —  Hummelnester. 


'  E.  Hoffer  (Die  Schmarotzerhummeln  Steiermarlcs)  sah  eine  Hummel  {B.  Upidarhis),   welche  ihr  Nest  unmittel- 
bar über  einer  Haustüre  anlegte. 


—      IH     — 

1.  Die    Umstände,    welche    die    Vornahme   der   ersten,   grundlegenden   Arbeiten   bei   der 
Anlage  des  Nestes  erleichtern  und 

2.  die  Zugänglichkeit  und  die   Menge   des   zum   Bauen   notwendigen    Materiales. 

I.  Wir  beginnen  mit  der  Besprechung  der  Umstände,  welche  die  Vornahme  der  anfäng- 
lichen Arbeiten  bei  der  Anlage  ober-  wie  unterirdischer  Nester  erleichtern. 

Was  die  ersteren,  d.  h.  die  auf  der  Erde  angelegten  Nester  betrifft,  so  kann  man 
sich  leicht  davon  überzeugen,  daß  diese  Nester  an  solchen  Orten  angefertigt  werden,  wo  ein 
Teil  der  Erdarbeiten  bereits  ausgeführt  ist,  und  die  bauende  Hummel  nur  die  fertig  vorge- 
fundene Arbeit  mehr  oder  weniger  ihren  Zwecken  anzupassen  braucht.  Ich  habe  nie  gesehen, 
wie  das  Weibchen  diese  Grundlage  ihres  Nestes  vorbereitet;  indem  ich  aber  die  zahlreichen. 


/ 


M  ^ 


V 


Fig.  6.     A.  Vertiefungen  der  Erde  (im  Querschnitt)  auf  denen  Nester  von  Bombus  muscormn  angelegt  wurden. 
B.  Dieselben  Vertiefungen  von  oben  gesehen;   die  Linien  a— b,  c— d,  e — f,  g— h  entsprechen  den  mit  den 
gleichen  Buchstaben  versehenen  Linien  des  Schemas  A. 


von  Bomhus  sylvarum  benutzten  Vertiefungen  in  der  Erde  miteinander  vergleiche,  glaube 
ich  behaupten  zu  dürfen,  daß  diese  Vertiefungen  in  der  Erde  nicht  von  den  Hummeln  aus- 
gegraben, sondern  von  diesen  nur  hergerichtet  wurden.  In  Fig.  6  gebe  ich  die  Schemata 
einiger  Nester,  welche  meine  \'oraussetzung  als  durchaus  berechtigt  erscheinen  lassen.    Hätten 

die  Hummeln  die  für  die  Grundlage  des 
Nestes  erforderlichen  \'ertiefungen  (Fig.  6;  ab, 
cd,  ef;  selbst  angefertigt,  so  würde  diese  Ar- 
beit naturgemäß  den  für  den  Instinkt  charak- 
teristischen schablonenmäßigen  Charakter  auf- 
weisen, wobei  natürlich  mehr  oder  weniger  be- 
deutende, dabei  aber  ganz  bestimmte  Schwan- 
kungen mit  unterlaufen  könnten.  Die  mitge- 
teilten Zeichnungen  dagegen  halten  jeden  Ge- 
danken an   eine   schablonenmäßige   Arbeit  fern 

Fig  7.  En.  —  natürliche  Vertiefung  des  Bodens,  auf  dem     und     liefern      gleichzeitig     keinerlei      Hinweise 

ein     Nest     von    Bombus     muscorum     angelegt     wurde ;  ,  ,       .  ,       . 

N.in.  — Grenzen  des  innerenNestcs;  N.ex.— äußeres  Nest,     ^veder    auf    einen    Plan    noch    auf    eme    Zweck- 


—     17     — 


mäßigkeit  der  Arbeit;  mit  anderen  Worten,  sie  weisen  direkt  auf  die  Zufälligkeit  der  Er- 
scheinung hin. 

In  Fig.  7  ist  das  Schema  eines  Nestes  von  B.  muscorum  mitgeteilt,  welches  in  einer 
natürhchen  Vertiefung  En  gebaut  ist,  deren  Breite  bei  a—b  20  cm  beträgt.  N.  in  =  innerer, 
N.  ex  =  äußerer  Teil   des   Nestes. 

Nicht  selten  benützen  die  oberirdische  Nester  anlegenden  Hummeln  zu  ihren 
Zwecken  verlassene  Mäuselöcher.  In  solchen  Fällen  errichten  sie  ihre  Bauten  über  der  Ein- 
gangsöffnung des  verlassenen  Mäusebaues  (Fig.  8)  oder  unmittelbar  neben  einer  solchen 
(Fig.  9);  die  Erde  ist  an  solchen  Gängen  gewöhnlich    mehr    oder    weniger    frei    von    Vege- 


N.  ex. 


-^.^ 


Fig.  8. 
Schnitte  durch  Hummelnester. 


tu. 


Mäuselöcher ; 


Fig.  9. 
N.  in.  —  inneres  Nest ;  N,  ex.  —  äußeres  Nest. 


tation,  während  die  Eingangsöffnung  in  den  Mäusebau  der  Hummeln  bei  feindlichen  An- 
griffen als  Zufluchtsort  während  des  Bauens  und  nach  Beendigung  desselben  dient.  Die 
ziemlich  weit  verbreitete  Ansicht,  die  Mäuse  zerstörten  Hummelnester,  beruht  zweifellos  auf 
einem  Irrtum.  Bei  der  Besprechung  der  komplizierten  Beziehungen  zwischen  den  einzelnen 
Erscheinungen  in  der  Natur  und  deren  Abhängigkeit  voneinander  wies  Darwin,  auf  Grund 
dieser  Legende,  auf  den  Zusammenhang  hin,  welcher  zwischen  den  Katzen  und  dem  Klee 
besteht :  die  Katzen  verfolgen  die  Mäuse,  die  Mäuse  zerstören  Hummelnester  und  vernichten 
deren  Bewohner,  die  Hummeln  sind  für  die  kreuzweise  Befruchtung  des  Klees  notwendig. 
Der  große  Naturforscher  hat  sich  augenscheinlich  geirrt,  natürlich  nicht  in  seinen  Gedanken 
über  die  komplizierten  gegenseitigen  Beziehungen,  welche  zwischen  der  Pflanzenwelt  und  der 
Tierwelt  bestehen,  wohl  aber  darin,  daß  er  dieselben  auf  die  Mäuse  und  Hummeln  anwandte : 
im  Sommer  zerstören  die  Mäuse  niemals  Hummelnester,  da  die  Hummeln  für  die  Verteidi- 
gung gegen  solche  Feinde,  wenn  hier  wirklich  von  Feinden  die  Rede  sein  könnte,  zu  gut 
gerüstet  sind.  Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  bestätigen  mir  direkte  Beobachtungen  so- 
wie die  Tatsache,  daß  die  Hummeln  gerne  in  Tennen  und  Strohhaufen  nisten,  in  der  aller- 
nächsten Nähe  einer  Menge  von  Mäusen  und  Mäusenestern,  wobei  ich  mich  nicht  er- 
innern kann,  an  solchen  Orten  jemals  zerstörte  Hummelnester  gefunden  zu  haben.  In 
einem  kleinen  Strohhaufen  beobachtete  ich  vier  verschieden  weit  entwickelte  Hummelnester, 
welche  sämtlich  von  Bewohnern  überfüllt  waren;  dicht  neben  diesen  Nestern  fand  ich 
auch  Nester  von  Mäusen.  Im  Jahre  1902  fand  ich  sogar  ein  im  Winterlager  einer  Maus  an- 
gelegtes Nest  von  B.  hortorum ;  die  Maus  war  in  ihrem  Lager  zu  Grunde  gegangen  und  war 
seinerzeit  durch  Fliegenlarven  und  andere  sich  von  Aas  nährende  Insekten  vertilgt  worden. 
Das  Hummelweibchen  benützte  bei  der  Anlage  seines  Nestes  nicht  nur  jene  Höhlung,  welche 

Zoologica.    Heft  4S.  .3 


18 


die  tote  und  in  Verwesung  übergegangene  Maus    enthielt,    sondern    sogar    die    Überreste    des 
Mäusefelles,   aus   welchen   es   das   Dach   seines  Nestes  verfertigte. 

Der  erwähnten  Legende  liegt  die  Tatsache  zu  Grunde,  daß  in  Hummelnestern  nicht 
selten  Lager,  ja  bisweilen  auch  Nester  von  Mäusen  angetroffen  werden.  In  Fig.  lo  ist  ein 
solches  Lager  einer  Maus  (N.M.j  nebst  Eingangs-  und  Ausgangsöffnung  (O,  ü;  abgebildet, 
welches  in  einem  vorjährigen  Hummelneste  (N)  angelegt  wurde.  In  keinem  Falle  findet  man 
solche  Nester  und  Lager  von  Mäusen  in  Hummelnestern  des  betreffenden  Jahres.  Es  unter- 
liegt keinem  Zweifel,  daß  die  Mäuse  diese  Nester  entweder  im  Spätherbste  oder  im  Winter 
beziehen.  Bisweilen  gehen  sie  selbst  in  diesen  Nestern  zu  Grunde,  was  ich  aus  den  Fell- 
stückchen erschließe,  welche  ich  in  jenem  Mäuselager  fand,  das  in  einem  Hummelneste 
angelegt  worden  war. 


Fig.  10. 


Fig.  II.     Schnitte  durcli  Hümpel  (k)  von  verschiedener  Höhe. 
N  —  Nest  ;    5 13,   10  b,   15  b  —  5,  10,  15  Zoll. 


Aus  dem  Gesagten  geht  herxor,  daß  Mäuse  und  Hummeln  sich  gegenseitig  mit  dem 
aushelfen,  dessen  sie  selbst  nicht  mehr  bedürfen,  ohne  sich  jemals  gegenseitig  anzugreifen; 
zählt  man  nun  die  einzelnen  Fälle,  wo  die  Mäuse  sich  den  Hummeln  nützlich  erweisen  und 
umgekehrt  die  Hummeln  den  Mäusen,  so  erweist  sich,  daß  letztere  mindestens  50  Mal 
häufiger  der  gebende   als   der   empfangende  Teil  sind. 

Wir  wollen  jedoch  zu  der  P^age  über  die  ,,Wahl  der  Winkel"  für  den  Nestbau  bei 
den  oberirdischen  Hummeln  zurückkehren.  Ich  erwähnte,  daß  eine  der  Bedingungen  bei 
der  Wahl  —  unter  gleichen  sonstigen  Umständen  —  die  größtmöglichste  Erleichterung 
der  Arbeit  sei,  —  ein  vollständig  begreiflicher  Instinkt,  wenn  man  berücksichtigt,  daß  die 
bauenden  Hummeln  gezwungen  sind,  sehr  eilig  zu  arbeiten  und  überdies  bisweilen  die  an- 
gefangene Arbeit  wiederholt  liegen  lassen  müssen,  um  sie  an  einem  anderen  Orte  wieder 
aufzunehmen. 

Was  die  unterirdischen  Nester  betrifft,  so  tritt  hier  die  Leichtigkeit  der  Arbeit  als 
eine  der  \^orbedingungen  für  die  Wahl  des  ,,Winkels""  noch  deutlicher  hervor.  Ein 
gutes  Beispiel  hierfür  bieten  die  Nester  von  B.  terrestris.  Wenn  diese  Hummeln 
einen  geeigneten  Winkel  für  ihr  zukünftiges  unterirdisches  Nest  aufsuchen,  so  benützen  sie 
zu  diesem  Zwecke  stets  ein  Mäuseloch,  das  bei  ihnen  jedoch  eine  andere  Rolle  spielt,  wie 
bei  den  oberirdisch  bauenden  Hummeln:  bei  letzteren  ist  diese  Rolle  eine  untergeordnete, 
indem  das  Mäuseloch  auch  fehlen  kann,  da  es  keine  eigentliche  Erleichterung  der  Arbeit 
bei  dem  Baue  des   Nestes  gewährt ;    bei   den   unterirdisch    lebenden    Hummeln    dagegen    er- 


—     19     — 

weist  sich  die  Anwesenheit  eines  solchen  Ganges  als  notwendig,  da  derselbe  nicht  nur 
die  Arbeit  erleichtert,  sondern  die  Hummel  einer  ungeheuren  Arbeit  ganz  enthebt,  indem 
er  einen  bereits  fertigen   Eingang  in  das  oft  tief  unter  der  Erde  gelegene  Nest  liefert. 

Nachdem  das  Hummelweibchen  ein  Mäuseloch  gefunden  hat,  kriecht  es  in  den  Gang, 
um  denselben  zu  „besichtigen".  Die  Bedingungen,  welche  den  Anforderungen  des  Instinktes 
entsprechen,  bestehen,  soweit  ich  mir  dies  erklären  konnte,  darin,  daß  der  Gang  möglichst 
horizontal  und  nicht  allzu  tief  unter  der  Erdoberfläche  verläuft.  Da  nun  Gänge,  welche 
unter  Erdhümpeln  verlaufen,  diesen  Anforderungen  am  besten  entsprechen,  so  legen  die 
Hummeln  in  solchen  Gängen  auch  am  häufigsten  ihre  Nester  an;  die  Höhe  des  Hümpels 
hat  hier  natürlich  nichts  zu  sagen.  Diese  Anforderungen,  welche  an  den  Platz  für  das  Nest 
gestellt  werden,  sind  in  Fig.  1 1  graphisch  dargestellt.  Interesse  verdient  der  Umstand,  daß 
die  Hummeln,  indem  sie  durch  das  Mäuseloch  kriechen,  in  dasselbe  gerade  so  weit  ein- 
dringen, daß  ihr  Nest  genau  in  die  Mitte  des  Hümpels  zu  liegen  kommt;  dabei  sind  von 
der  Eingangsöffnung  an  bisweilen  nur  14 — 18  cm,  ein  anderes  Mal  dagegen  bis  zu  45 — 55  cm 
und  mehr  zurückzulegen. 

Welches  sind  nun  die  Anhaltspunkte,  durch  die  sich  die  bauende  Hummel  bei 
dieser  in  vollständiger  Dunkelheit  getroffenen  Wahl  des  Platzes  leiten  läßt  ?  Ich  wage 
es  nicht,  diese  Frage  mit  Bestimmtheit  zu  beantworten.  Vielleicht  ist  es  die  größere  Leichtig- 
keit des  Grabens  in  der  Mitte  des  Hümpels  als  an  dessen  Rande  oder  außerhalb  desselben,  da 
in  der  Mitte  am  wenigsten  Pf  lanzen  wurzcl  n  zu  finden  sind,  welche  die  Arbeit  aufhalten 
oder  sogar  ganz  unmöglich  machen.  Für  die  Richtigkeit  dieser  Vermutung  spricht  unter 
anderem  auch  der  Umstand,  daß  auf  den  Wiesen  Nester  von  B.  terrestris  ausschließlich 
unter  Humpeln  gefunden  werden,  obgleich  Mäuselöcher,  welche  die  gewünschte  Neigung  zur 
Oberfläche  aufweisen,  zweifelsohne  massenweise  auch  außerhalb  \on  Humpeln  anzutreffen 
sind.  Finden  sich  mitunter  Nester  dieser  Hummeln  einfach  unter  der  Erde,  nicht 
aber  unter  einem  H  ü  m  p  e  1 ,  so  ist  dies 
nur  dann  der  Fall,  wenn  das  Mäuseloch  an 
einer  Böschung  oder  an  einem  Abhänge  be- 
ginnt (Fig.  12).  Die  von  den  Hummeln  gestellten 
Anforderungen  bleiben  natürlich  auch  hier  die- 
selben :  eine  größtmögliche  Erleichterung 
der    Arbeit    und    als    sekundäre    Bedingung    — 

eine    bestimmte    Neigung    des    Ganges    in    Bezug  Fig.  12.     Hummelnest  (N)    an    einer   Böschung   (H); 

auf  die  Horizontale.    Die  gleichen  Bedingungen        o  -  Ausgangsöflfnung  des  Mäuselochs  tu,  welche  als 

.  ^  .  Klugloch    verwendet   wurde.     Der    übrige   Abschnitt 

bezüglich   des    Platzes    für    das    zukunftige    unter-  ^^^  Mäuselochs   tu   wurde   von  den  Hummeln   nicht 

irdische  Nest  finden  wir  auch  bei  anderen  unter-  benutzt  und  am  Nest  verstopft. 

irdischen  Hummeln. 

So  legt  B.  sylvarum  var.  seine  Nester  unter  der  Erde  an,  wobei  er  sich  zu  diesem 
Zwecke,  aus  denselben  Ursachen  wie  B.  terrestris,  Mäusenester  zu  nutze  macht.  Ein 
Unterschied  besteht  nur  darin,  daß  i)  diese  Hummeln,  welche  ihre  Station  im  Walde  haben, 
auch  ihre  Nester  ausschließlich  im  Walde  anlegen  und  2)  daß  die  Richtung  des  Ganges 
unter  einer  so  starken  Neigung  in  das  Erdinnere  verlaufen  kann,  wie  ich  sie  bei  B.  terrestris 
nie  beobachtet  habe. 


—     20     — 

Diese  spezifische  Eigentümlichkeit  der  Instinkte  bei  B.  sylvarum  findet  ihre  Erklä- 
rung darin,  daß  Hümpel  sehr  selten  im  Walde  angetroffen  werden,  ferner  darin,  daß  eine 
starke  Neigung  des  Ganges  im  Walde  bei  Regengüssen  nicht  zu  den  Folgen  führen  kann, 
wie  sie  an  freiliegenden  Orten  nicht  nur  möglich,  sondern  unter  Umständen  geradezu  un- 
vermeidlich sein  würden. 

Genau  ebenso  wie  die  Schwankungen  in  der  Tiefe  des  Ganges  bei  den  grabenden 
Spinnen  von  den  Einflüssen  der  natürlichen  Auslese  nicht  berührt  werden,  indem  letztere  nur 
die  minimalen  und  die  maximalen  Grenzen  dieser  Tiefe  genau  bestimmt,  —  sehen  wir  auch  bei 
verschiedenen  Hummelarten  gleichfalls  in  bestimmten  Grenzen  verlaufende  Schwankungen 
in  der  größeren  oder  geringeren   Neigung  des   zu  dem   Neste   führenden   Ganges. 

2)  Die  andere  Bedingung  bei  der  A u s \\- a h  1  eines  Winkels  für  die  An- 
lage des  Nestes  besteht,  wie  bereits  gesagt,  in  der  genügenden  Menge  des 
zum    Baue    erforderlichen    Materiales. 

Diese  Bedingung  erweist  sich,  gleichwie  die  Leichtigkeit  der  Arbeit,  als  ebenso 
wichtig  für  die  unterirdisch  wie  für  die  oberirdisch  bauenden  Hummeln.  Ich  habe  niemals 
Hummelnester  in  solchen  Nadelwäldern  gefunden,  wo  der  Boden  mit  Nadeln  bedeckt  ist, 
indem  er  in  solchen  Fällen  ganz  untauglich  zur  Anlage  eines  Hummelnestes  ist.  Daß 
eine  Abhängigkeit  zwischen  dem  Materiale  des  Nestes  und  dessen  Standorte  besteht,  geht 
unter  anderem  aus  der  Tatsache  hervor,  daß  z.  B.  B.  muscorum  seine  Nester  niemals  auf 
offenen  Wiesen  anlegt,  sondern  zu  diesem  Zwecke  stets  Waldwiesen,  einen  Platz  am  Waldes- 
rande oder  endlich  den  Wald  selbst,  oder  aber  andere  Orte,  wo  die  zum  Bau  erforderlichen 
Gegenstände  zu  finden  sind,  auswählt.  Durch  dieselben  \'erhältnisse  wird  naturgemäß  auch 
der  Umstand  erklärt,  daß  wir  Hummelnester  nie  in  Kornfeldern  oder  überhaupt  in  großen 
besäten  Parzellen  finden:  solche  Orte  enthalten  eben  kein  Material  für  den  Bau  von  Nestern. 

Auf  die  gleiche  Weise  erklärt  sich  endlich  auch  jene  besondere  Neigung  der  Hum- 
meln, ihre  Nester  in  Tennen  und  im  Strohe  anzulegen :  hier  gibt  es  Material  in  Fülle  und 
die  Hummeln  finden  was   sie  brauchen  und  soviel  sie  brauchen. 

Ich  habe  zur  Besprechung  der  Auswahl  der  „Winkel"  noch  hinzuzufügen,  daß 
alle  diese  Winkel,  ungeachtet  ihrer  scheinbar  unendlichen  Mannigfaltigkeit,  im  wesent- 
lichen einander  doch  sehr  gleichen.  Die  spezifischen  Eigentümlichkeiten  der  Bauinstinkte 
bei  den  Hummeln  sind,  wie  ich  bereits  bemerkt  habe,  auf  die  Suche  nach  einem  Platze 
für  das  Nest  zurückzuführen,  wobei  die  einen  ihr  Nest  unter  der  Erde,  die  anderen  über 
der  Erde,  wieder  andere  hier  wie  dort  anlegen,  je  nachdem  wo  jene  Bedingungen  besser  er- 
füllt sind,  welche  den  grundlegenden  Anforderungen  bei  der  Entscheidung  der  Frage  über 
die  Wahl  eines  Winkels  —  Erleichterung  der  Arbeit  und  bequeme  Erlangung  von  Bau- 
material —  entsprechen  müssen.  In  letzterem  Falle  können  wir  Nester  an  den  verschiedensten 
Orten  finden :  im  Stroh,  unter  Steinen,  an  der  Oberfläche  der  Erde,  unter  dem  Boden  von 
Scheunen  u.  s.  w. 

Dabei  wird  man  natürlich  berücksichtigen  müssen,  daß  es  für  die  Hummeln  weder 
Scheunen,  noch  Stroh-  oder  Steinhaufen  u.  s.  w.  gibt ;  für  sie  kann  es  nur  das  Bedürfnis  nach 
solchen  Bedingungen  geben,  welche  einen  Winkel  bequem  machen;  wo  aber  dieser  Winkel 
gelegen  sein  wird,  ob  unter  einem  Hause,  unter  einem  Heuschober,  in  einem  Strohdache, 
—  dies  kann  von   der   Hummel  nicht  einmal   abgeschätzt   werden,   sondern    nur   ihrer   Aus- 


—     21     — 

wähl  unterliegen :  besucht  die  Art  die  gegebenen  Örtlichkeiten  unter  den  gewohnten  Lebens^ 
bedingungen,  so  kann  sie  dort  auch  einen  Platz  für  ihr  Nest  wählen,  besucht  sie  dieselben 
nicht  —  so  wird  sie  selbstverständlich  auch  ihr   Nest  nicht  dort   anlegen. 

Sehr  merkwürdig  kommen  mir  daher  die  Mitteilungen  über  „wunderbare",  „unge- 
wöhnliche" und  „sonderbare"  Fälle  von  Fundorten  für  Hummelnester  vor,  welche  in  Wirk- 
lichkeit durchaus  nichts  Sonderbares  darstellen  und  nur  aus  dem  Grunde  diesen  Eindruck 
machen,  weil  die  Autoren  solcher  Mitteilungen  annehmen,  diese  Insekten  besäßen  die  Fähig- 
keit, die  Gegenstände  in  derselben  Weise  zu  unterscheiden,  wie  dies  von  selten  des  Menschen 
geschieht. 

So  schreibt  z.  B.  Professor  J.  Perez  in  seinem  Buche  ,,Les  Abeilles",  der  „alleraußer- 
gewöhnlichste"  Fundort  für  ein  Hummelnest  wäre  das  auf  dem  Dachboden  eines  Bauern- 
hauses „ä  Boyanko  (?)  en  Ukraine"  entdeckte  und  von  Hoffer  beschriebene  Nest.  Dieses 
Nest  war  in  einem  alten  Pelzkleidungsstück  angelegt,  welches  in  einen  Winkel  des  Boden- 
raumes geworfen  worden  war.     Die   Species  der  betreffenden  Hummeln  ist  nicht  angegeben. 

Ich  vermute,  daß  dieses  Nest  B.  lapidarius  angehörte  und  kann  nicht  nur  nichts 
Wunderbares  in  dieser  Wahl  eines  Platzes  finden,  sondern  sehe,  unter  Berücksichtigung 
jener  Anforderungen,  welche  der  Instinkt  an  den  Nestwinkel  stellt,  in  dem  beschriebenen 
Falle  nur  eine  genaue  Befolgung  dieses  Instinktes.  Der  Autor,  wie  auch  viele  andere  in  ana- 
logen Fällen,  hat  sich  durch  den  Umstand  verblüffen  lassen,  daß  die  Wahl  eines  Ortes  für 
den  Nestbau  auf  einen  alten  Halbpelz  gefallen  war;  er  vergißt  dabei,  daß  ein  solcher  Gegen- 
stand für  die  Hummeln  nicht  existiert :  sie  können  denselben  in  seiner  Gesamtheit  nicht  ein- 
mal sehen  und  sind  in  keiner  Weise  im  stände,  sich  die  Gestalt  dieses  Gegenstandes  vor- 
zustellen; alles,  was  sie  erfassen  können,  das  ist,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  ein  ge- 
schlossener, warmer,  abgeschlossener  Winkel,   in   welchem   ein   Nest   angelegt   werden  kann. 

Wodurch  aber  dieser  Winkel  von  der  Außenwelt  abgeschlossen  ist,  ob  durch  Stroh, 
Fell,  Heu,  Flobelspäne,  Steine  —  dies  ist  für  die  Hummeln  gleichgültig  und  unterliegt  nicht 
ihrer  Kritik. '  Man  wird  aus  diesem  Grunde  weder  in  den  Mitteilungen  von  Schenk, 
welcher  ein  in  einem  \erlassenen  Eichhornneste  angelegtes  Nest  von  jB.  sylvarum  beschreibt, 
noch  in  denjenigen  Z.Smiths  über  einen  Fall,  wo  ein  Nest  von  B.agrorum  in  einem  Vogel- 
neste gefunden  wurde  und  anderen  ähnlichen  Erscheinungen,  etwas  „Wunderbares"  oder 
„Sonderbares"  finden  können. 

Indem  ich  die  Schlußfolgerungen  aus  allem  ziehe,  was  ich  über  die  Wahl  eines 
Platzes  für  den  Bau  des  Nestes  durch  die  Hummeln  gesagt  habe,  möchte  ich  die  dies- 
bezügliche Tätigkeit  dieser   Insekten  in  folgender  Weise   definieren : 

1.  Eine  Station  für  die  Nester  existiert  bei  den  Hummeln;  ihre  Grenzen  sind  für  die 
verschiedenen  Arten  zwar  verschieden,  stimmen  aber,  wie  es  scheint,  stets  und  bei  allen  Arten 
mit  den  Grenzen  der   Tracht  überein. 

2.  Als  Platz  für  das  zu  erbauende  Nest,  im  direkten  Sinne  dieses  Wortes,  erscheint 
ein  sehr  beschränkter  Winkel  auf  der  Oberfläche  der  Erde  oder  unter  der  Erde,  welcher 
den  fundamentalen  Anforderungen  des   Instinktes  entsprechen  muß,   und  zwar 


'  Fabre  verfällt  in  seinen  „Souvenirs  Entomologiques"'  in  einen  ganz  analogen  Fehler,   indem  er  den  Bau  einer 
Hymenoptere  in  den  Kleidern  von  Arbeitern  als  eine  staunenswerte  Erscheinung  beschreibt. 


22     

a)  der  größtmöglichen  Erleichterung  der  Arbeit  und 

b)  dem  Vorhandensein  \on   Baumaterial. 

Es  bleibt  noch  übrig,  eine  Frage  rein  psychologischer  Natur  zu  beantworten :  es 
handelt  sich  darum,  ob  eine  derartige  „Wahl"  zwischen  verschiedenen  \\'inkeln  für  den  Bau 
eine  Sache  des  Instinktes  ist,  oder  aber  ob  auch  gewisse  Fähigkeiten  des  \'erstandes  und 
des   Bewußtseins  daran  teilnehmen  ? 

Für  mich  unterliegt  es  nicht  dem  geringsten  Zweifel,  daß  wir  es  hier  ausschließlich 
mit  dem   Instinkte  allein   zu   tun  haben,   und  zwar  aus  folgendem   Grunde : 

Eine  „Wahl"  weist  nur  in  dem  Falle  auf  das  \^orhandensein  eines  Bewußtseins  hin, 
wenn  das  die  Wahl  vornehmende  Individuum  im  stände  ist,  sein  Werk  entweder  so  oder 
anders  auszuführen.  Dies  ist  jedoch  nur  unter  der  Bedingung  möglich,  wenn  nachgewiesen 
werden  kann,  daß  dieses  Indi\iduum  fähig  ist,  Gegenstände,  wenn  auch  nur  in  der  alier- 
elementarsten  Weise,  einander  gegenüber  zu  stellen,  sie  miteinander  zu  vergleichen  und,  als 
Resultat  dieses  \'ergleiches,  den  einen  oder  den  anderen  dieser  Gegenstände  vorzuziehen. 
Diese  letztere  Bedingung  erfordert  jedoch  augenscheinlich  ein  wenn  auch  undeutliches,  wenn 
auch   recht  verworrenes  \'erständnis   für  den  Zweck   der  ^^'ahl. 

Genügt  jene  Tätigkeit  der  Hummeln,  welche  man  als  die  ,,Wahl"  eines  Platzes  für 
den  Bau  des  Nestes  bezeichnet,  den  soeben  angegebenen  Bedingungen  für  das  Bewußtsein 
dieser   Handlung  oder  nicht  ? 

Es  ist  nicht  schwer,  sich  davon  zu  überzeugen,  daß  die  „Wahl"  der  Hummeln  keiner 
einzigen  dieser  Bedingungen  Genüge  leistet,  indem  sie  nicht  von  selten  irgend  eines  Indi- 
viduums, sondern  durch  die  Hummelart  selbst  erfolgt:  eine  Art  —  d.  h.  alle  dieselbe  aus- 
machenden Weibchen  —  „wählen"  das  eine,  alle  Weibchen  einer  anderen  Art  dagegen 
„wählen"  etwas  anderes,  wobei  alle  Individuen  einer  Art  nicht  eigentlich  wählen,  sondern 
vielmehr  alle  in  ein  und  derselben  Weise,  nach  einer  gemeinsamen   Schablone,   handeln. 

Es  ist  mir  natürlich  nicht  möglich,  zu  beweisen,  daß  die  Hummeln  nicht  im  stände 
seien,  die  Orte,  welche  sie  behufs  Erbauung  ihres  Nestes  in  Augenschein  nehmen,  mitein- 
ander zu  vergleichen;  ich  habe  jedoch  Veranlassung  zu  vermuten,  daß  schon  die  Menge 
der  in  der  Periode  des  Nestbaues  von  den  Weibchen  besuchten  Plätze,  deren  es  wohl 
Tausende,  wenn  nicht  Zehntausende  sind,  sowie  die  Kürze  der  Zeit,  welche  die  „Besichti- 
gung" eines  jeden  Platzes  in  Anspruch  nimmt,  die  Möglichkeit  ausschließt,  derartige  Gegen- 
überstellungen und  \"ergleiche  vorauszusetzen.  Diese  L'mstände  zwingen  uns  im  Gegen- 
teile zur  Annahme  einer  anderen,  viel  einfacheren  und  dem  ganzen  Sachverlaufe  viel  besser 
entsprechenden  Lösung  dieser  Frage:  die  Hummel  schätzt  keine  Eigenschaften  gegenseitig 
ab,  vergleicht  nichts  und  trifft  keinerlei  Auswahl,  sondern  entschließt  sich  direkt  für  das- 
jenige, wodurch  die  Anforderungen  ihres  spezifischen  Instinktes  befriedigt  werden;  dieser 
wird  aber  durch  die  erblich  festgelegte  Empfänglichkeit  ihrer  Sinnesorgane  und  ihre  Arbeits- 
werkzeuge bestimmt.  W'enn  der  gefundene  \\'inkel  in  bestimmter  Weise  auf  diese  Sinne  wirkt, 
so  ist  er  eben  für  den  Bau  „gewählt".  \'on  der  Richtigkeit  dieser  Annahme  werden  wir  durch 
den  Umstand  überzeugt,  daß  das  wichtigste  Merkmal,  welches  die  ,,Wahl"  unter  verschie- 
denen Gegenständen  zu  einem  bewußten  Akte  stempelt,  —  nämlich  die  Befähigung  zum 
Vorziehen  — ,   bei  den  Hummeln  nicht  vorhanden   ist;    diese   Fähigkeit    kann   auch   gar 


—     23     — 

nicht  vorhanden  sein,  da  diese  Insekten  sich  gar  keine  Vorstellung  von  dem  Zwecke 
machen  können,  von  welchem  sie  sich  bei  der  Wahl  eines  Platzes  müßten  leiten  lassen. 

Die  Weibchen,  welche  Nester  bauen,  haben  ja  nicht  einmal  die  Möglichkeit  gehabt,  zu 
erfahren,  daß  die  Räume,  in  welchen  sie  sich  entwickelten,  durch  Hummeln  hergestellt 
wurden  und  nicht  etwa  eine  natürliche  Kombination  von  Gegenständen  darstellen,  indem  diese 
Weibchen  später  als  die  übrigen  Kasten  zur  Welt  kommen  und  zwar  zu  einer  Zeit,  wo  be- 
reits alle  Arbeiten  der  Gemeinde  fertig  ausgeführt  sind.  Um  die  Möglichkeit  zuzugeben,  daß 
ein  junges,  im  fertigen  Neste  auftretendes  Weibchen  die  Fähigkeit  besitze,  zu  erkennen,  was 
vor  seinem  Erscheinen  auf  der  Welt  in  diesem  Neste  vor  sich  gegangen  ist,  müssen  wir 
eine  der  zwei  folgenden  Annahmen  zulassen:  entweder  besitzt  das  Weibchen  eine  Fähig- 
keit zur  Analyse  und  Synthese  der  es  umgebenden  Erscheinungen,  die  alles  in  den  Schatten 
stellt,  was  wir  in  dieser  Hinsicht  beim  Menschen  beobachten,  —  ist  es  doch  diesem  letzteren, 
ungeachtet  der  zahlreichen  Beobachtungen  über  das  Leben  der  Hummeln,  noch  nicht  ge- 
lungen, sich  über  alle  Einzelheiten  ihrer  Tätigkeit  klar  zu  werden;  oder  aber  die  Hummeln 
besitzen  eine  Umgangssprache,  welche  nicht  ärmer  sein  kann,  als  die  Sprache  der  Spezial- 
werke  über  Biologie. 

B.  Das  Baumaterial  der  Hummelnester. 

Inhalt  des  Abschnittes:  Das  Material,  welches  aus  verschiedenen  Gegenständen  pflanzlichen  (und  bis- 
weilen auch  tierischen)  Ursprunges  besteht,  und  das  Material,  welches  von  den  Hummeln  selber  ausgeschieden 
wird.  Das  an  Ort  und  Stelle  ,, vorgefundene"  und  das  ,, herzugetragene"  Material.  Die  ,,Wahr'  des  Mate- 
riales  für  oberirdische  Nester  und  seine  biologische  Bedeutung.  ,, Verbesserungen"  und  ,, Fortschritt"  in  der 
Auswahl  des  Materiales  nach  der  Ansicht  der  Autoren. 

Abweichungen  in  der  Wahl  des  Materiales  in  der  direkten  Bedeutung  dieses  Wortes.  Die  Psychologie 
der  mit  der  Wahl  des  Materiales  im  Zusammenhange  stehenden  Tätigkeit  der  Hummeln. 

Das  Material,  aus  welchem  das  Nest  gebaut  wird,  ist  bei  den  Hummeln,  wie  auch 
bei  vielen  solitären  Bienen  und  bei  den  Spinnen,  von  zweierlei  Art :  ein  Teil  desselben  wird 
von  den  Hummeln  in  der  Nähe  des  Nestes  gesammelt,  der  andere  von  ihnen  selber  ausge- 
schieden. Aus  ersterem  werden  die  äußeren  Teile  des  Nestes,  aus  dem  zweiten  einige 
Teile  der  inneren  Räume  hergestellt. 

Wir  wollen  mit  dem  Materiale  beginnen,  welches  von  den  Hummeln  in  der  Nähe 
ihrer  zukünftigen  Nester  gesammelt  wird  und  deren  äußere  Teile  bildet,  nämlich  die  Basis, 
die  Wände  des  Nestes  und  dessen  kuppeiförmiges  Dach. 

Ich  habe  nie  Gelegenheit  gehabt  zu  beobachten,  wie  die  Hummelweibchen  den  Bau 
ihrer  Nester  beginnen.  Aber  ich  habe  letztere  während  der  Periode  gesehen,  wo  sie  von 
einem  Weibchen  allein  bewohnt  waren;  ich  habe  gesehen,  wie  die  jungen  Weibchen  ihr 
Nest  ausbessern ;  ich  habe  das  Material  im  fertigeri  Neste  genau  untersucht  und  dasselbe 
mit  dem  verglichen,  wovon  das  Nest  umgeben  ist,  und  was  sich  direkt  neben  demselben 
befindet.  Diese  Beobachtungen  bieten  eine  Grundlage,  welche  vollkommen  genügend  ist, 
um  sich  nicht  nur  den  Prozeß,  sondern  auch  den  Sinn  der  Arbeit  dieser  Insekten  klar  zu 
machen. 

Wenn  wir  das  Material  der  Hummelnester  von  solchen  Gesichtspunkten  aus  be- 
trachten, so  bemerken  wir   folgendes:   Bei   den  einen  besteht  es   aus  Gegenständen,   welche 


—     24     — 

das  Nest  unmittelbar  umgeben,  ohne  besondere  Auswahl.  Dieses  Material  kann  man  als 
das  „an  Ort  imd  Stelle  vorgefundene"  bezeichnen.'  Ausschließlich  solches  beobachten  wir  z.B. 
bei  B.  lapidarius.  Bauen  sie  ihr  Nest  in  fertigen,  geschützten  Winkeln,  wie  z.  B.  in  Stroh, 
Heu,  Reisig,  zwischen  Steinen,  unter  abgefallenen  Blättern,  Moos,  so  fügen  diese  Hummeln  zu 
dem  fertig  Vorgefundenen  noch  Material  hinzu,  welches  sie  in  der  Nähe  finden  können. 
Wird  das  Nest  an  offenen  Plätzen,  wie  auf  Brachfeldern,  Wiesen  oder  in  Gärten  angelegt, 
so  schleppen  die  Hummeln  in  der  Nähe  liegende  trockene  Gras-  und  Blattstengel  u.dgl. m. 
zu  dem  Bauplatze  heran.  Bei  anderen  Hummeln,  wie  z.  B.  bei  B.  terrestris,  liegt  die  Sache 
anders.  Indem  diese  ihr  Nest  unter  der  Erde  anlegen,  haben  sie  schon  nicht  mehr  die 
Möglichkeit,  das  dazu  nötige  Baumaterial  in  der  nächsten  Nähe  aufzunehmen,  sondern  sie 
sind  gezwungen,  dasselbe  aus  einer  mehr  oder  weniger  beträchtlichen  Entfernung  herbei- 
zuholen. Hier  wird  das  Material  demnach  nicht  nur  ein  vorgefundenes,  sondern  auch  ein 
hinzugetragenes  sein.  Es  besteht  fast  ausschließlich  aus  dünnen,  zarten,  kurzen  Hälm- 
chen  von  krautartigen  Gewächsen,  welche  die  Hummeln  von  den  dem  Nest  zunächst  liegen- 
den Orten  in  ihren  Kiefern  nach  dem  Bestimmungsorte  schaffen.  Die  Wahl  dieses  Ma- 
teriales  beruht  auf  dessen  Transportfähigkeit,  welche  in  diesem  Falle  von  ganz  besonderer 
Wichtigkeit  ist,  da  dasselbe  in  einen  unterirdischen   Gang  verbracht  werden  muß. 

Die  Verwendung  des  Materiales  ist  nicht  überall  und  nicht  bei  allen  Hummeln  die 
gleiche.  In  den  unterirdischen  Nestern  dient  dasselbe  lediglich  als  ein  Mittel,  um  die  Familie 
vor  Feuchtigkeit  und  \or  jenen  feindlichen  Elementen  zu  schützen,  welche  aus  dem  umgeben- 
den Medium  in  das  Nest  dringen  können.  Bei  den  Hummeln  aber,  welche  ihr  Nest  an  der 
Oberfläche  der  Erde  anlegen,  erhält  das  Material  eine  kompliziertere  Bedeutung :  es  muß 
nicht  nur  den  bereits  angeführten,  sondern  außerdem  auch  noch  anderen  Anforderungen  ge- 
nügen,  welche  dort  nicht   vorhanden   waren. 

\"or  allem  bemerken  wir  hier,  daß  das  Material  des  Nestes  nicht  gleichartig  ist,  in- 
dem es  sowohl  in  seiner  Zusammensetzung  als  auch  nach  seiner  Bedeutung  eine  Differen- 
zierung erfahren  hat.  So  wird  z.  B.  bei  B.  muscorum  der  untere  Teil  des  Nestes  aus 
kleinen  Partikeln  von  Blättern,  Stengeln  u.  dergl.  m.  gebildet.  Indem  dieselben  den  Boden 
des  Nestes  dicht  auskleiden,  erfüllen  sie  denselben  Zweck,  der  durch  das  gleiche  Material 
bei  den  unterirdischen  Nestern  erreicht  wird,  und  sind,  ebenso  wie  bei  diesen,  ein  hinzu- 
getragenes Material.  Die  obere  Deckschicht  des  Nestes  hingegen  besteht  stets  aus  an  Ort  und 
Stelle  vorgefundenem  Materiale :  es  wird  aus  solchen  mehr  oder  weniger  leicht  herbeizuschaffen- 
den Gegenständen  zusammengesetzt,  welche  das  Nest  in  größter  Menge  umgeben.  Wird 
das  Nest  von  B.  muscorum  in  einem  Birkenwalde  angelegt,  in  welchem  der  Boden  nur 
mit  trockenen  Blättern  und  Teilen  von  solchen  dicht  bedeckt  ist,  so  besteht  auch  die  oberste 
Schicht  des  Nestes  nur  aus  trockenen  Blättern  und  deren  Bruchstücken,  durch  welche  das 
Nest  in  dem  dasselbe  umgebenden  Milieu  vollständig  unsichtbar  gemacht  wird.  Ist  das  Nest 
an  einem  Platze  angelegt,  wo  außer  den  Blättern  auch  Moos  vorkommt,  so  wird  in  der  obersten 
Schicht  des  Nestes  außer  Blättern  auch  Moos  enthalten  sein.  Da,  wo  die  Erde  hauptsäch- 
lich mit  Moos  bedeckt  ist,  werden  wir  in  der  Deckschicht  des  Nestes  auch  \-orzugsweise 
Moosteilchen  finden. 


'  Vergl.  L'industrie  des  Araneina.     p.  201  u.  ft". 


—     25     — 

Wird  ein  Nest  dieser  selben  Hummelart  auf  einem  brach  liegenden  Felde  angelegt, 
so  besteht  seine  oberste  Schicht  aus  trockenen  Halmen,  wie  sie  ringsherum  auf  demselben 
Brachfelde  angetroffen  werden;  in  dieser  Schicht  wird  man  hier  kein  einziges  trockenes 
Blatt,  kein  Stückchen  Moos  finden. 

Ein  ebensolches  zur  Hand  befindliches  Material  sehen  wir  auch  in  den  oberirdischen 
Nestern  von  B.  variahilis. 

Ein  Nest  dieser  Hummeln,  welches  im  Garten  gefunden  wurde,  erwies  sich  als  haupt- 
sächlich aus  Grashalmen  bestehend.  Ein  Nest,  welches  auf  einer  in  einem  Birkenwald  ge- 
legenen Blöße  gefunden  wurde,  war  hauptsächlich  aus  Teilchen  von  trockenen  Birken- 
blättern, sowie  aus  trockenen  Grashalmen  aufgebaut.  Ein  Nest,  welches  auf  einer  Wald- 
wiese, in  einem  aus  Kiefern  und  Birken  gemischten  Bestände  verfertigt  worden  war,  bestand 
hauptsächlich  aus   Moos   und   trockenem   Grase,   u.  s.  w. 

Es  versteht  sich  natürlich  von  selbst,  daß  eine  derartige  Zusammensetzung  des  Ma- 
teriales,  aus  welchem  das  Nest  besteht,  den  passendsten  Schutz  dieses  letzteren  bildet;  das 
Nest  wird  durch  sein  Schutzdach  vor  den  Blicken  derer  bewahrt,  für  welche  es  im  Interesse 
ihrer  eigenen  Zwecke  und  zum  Schaden  der  Hummeln  wünschenswert  wäre,  desselben  an- 
sichtig zu  werden.  Wir  haben  demnach  einen  der  Schutzfärbung  der  Tiere  analogen  Fall 
vor  uns.  Der  ganze  Unterschied  besteht  darin,  daß  letztere  durch  die  Auslese  , .zufällig" 
fehlgehender  morphologischer  Merkmale  zu  stände  gekommen  ist,  hier  dagegen  durch  die 
Auslese  entsprechender  Abweichungen  des  Instinktes.  Bis  zu  welcher  A'ollkommenheit  die 
Schutzfärbung  des  Hummelnestes  ihren  Zweck  erreicht,  ergibt  sich  unter  anderem  auch  aus 
folgender  Tatsache.  Im  Jahre  1901  fand  ich  auf  etwa  12 — 150/0  diesjähriger  Nester 
gegen  85  »/o  aus  dem  vorigen  Jahre  stammender  Nester.  Dieser  Umstand  erklärt  sich  na- 
türlich dadurch,  daß  das  Material  des  vorjährigen  Nestes  sich  den  Herbst,  Winter  und 
Frühling  hindurch  verändert  und  seine  Farbe  verloren  hat,  d.  h.  bis  zu  einem  solchen  Grade 
ausgeblichen  ist,  daß  es  nicht  mehr  geeignet  ist,  eine  seiner  wichtigsten  Funktionen  —  das 
Nest  vor  dessen   Feinden   zu  verbergen   —  auszuüben. 

Im  Jahre  1902  fand  ich  im  Verlaufe  der  ersten  Woche  des  Sommers  8  vorjährige 
Nester  und  kein  einziges  von  dem  betreffenden  Jahre.  Dies  erklärt  sich  zum  Teil  natürlich 
auch  dadurch,  daß  die  vorjährigen  Nester  größer  sind,  da  die  Nester  zum  Herbste  das 
Maximum  ihres  Umfanges  erreichen,  im  Frühjahr  dagegen  nur  klein  sind;  dieser  Umstand 
spielt  jedoch  eine  untergeordnete  Rolle,  während  der  Hauptgrund  in  der  Eigenschaft  des 
Materiales  zu  suchen  ist,  welches  nur  die  frischen  Nester  an  deren  Fundorten  vollständig 
maskiert. 

Die  außerordentliche  Wichtigkeit  der  Endresultate  der  Arbeit  wird  hier,  wie  überall 
in  der  Natur,  mit  den  allerminimalsten  Mitteln  erreicht.  Die  bemerkenswerte  Zweckmäßig- 
keit in  der  Auswahl  des  Materiales  für  die  obersten  Schichten  des  Nestes  wird  nur  dadurch 
erreicht,  daß  sie  sozusagen  ohne  Wahl  erfolgt,  in  viel  primitiverer  Weise,  als  dies  für  die 
unteren  Schichten  erforderlich  ist.  Ich  bin  daher  vollständig  davon  überzeugt,  daß  trotz  des 
scheinbaren  „Scharfsinnes"  in  der  Wahl  des  Materiales  für  die  obere  Schicht  des  Nestes, 
die  Differenzierung,  d.  h.  die  Vervollkommnung  in  der  Auswahl  des  Materiales,  nicht  da- 
mals eintrat,  als  sich  bei  diesen  Hummeln  derjenige  Instinkt,  welcher  sie  während  der  Ver- 
fertigung jener  den  Beobachter  durch  ihre  Zweckmäßigkeit  in  Erstaunen  versetzenden  Deck- 

Zoologica.    Heft  4S  4 


—     2ß     — 

Schicht  des  Nestes  leitet,  herausgearbeitet  hat,  sondern  umgekehrt  zu  der  Zeit,  als  sie  mit 
der  Verwendung  besonderen  Materiales  für  die  basale,  untere  Schicht  begannen.  Die  obere 
Schicht  ist  bei  diesen  Hummeln  nicht  das  Produkt  eines  sekundären,  sondern  dasjenige  eines 
ursprünglichen  Instinktes,  und  stammt  aus  einer  Zeit,  wo  Hummeln  ihr  Nest  an  der  Oberfläche 
der  Erde  aus  einem  Materiale  verfertigten,  welches  ohne  Auswahl,  so  wie  es  sich  neben  dem 
Orte  findet,  wo  das  Nest  angelegt  wurde,  gesammelt  worden  war.  Es  unterliegt  keinem 
Zweifel,  daß  solch  ein  grobes,  primitives  Material  das  Nest  von  oben  ausgezeichnet  vor 
Feinden  schützte,  von  unten  aber  nur  ungenügend.  Die  Differenzierung  des  Materiales,  eine 
Folge  der  Vervollkommnung  der  betreffenden  Schicht  des  Nestes,  ist  später  aufgetreten  und 
diese  Schicht  selbst,  nicht  aber  die  obere,  bildet  demnach  natürlich  das  Resultat  einer  pro- 
gressiven Vervollkommnung  in   dem   Materiale  des  Baues. 

Nach  dem  oben  Gesagten  versteht  es  sich  von  selbst,  daß  ungewöhnliche  Gegenstände, 
die  in  der  oberen  Schicht  des  Nestes  bisweilen  enthalten  sind,  nicht  als  Beweis  dafür  dienen 
können,  daß  die  Hummeln,  durch  Überlegung  geleitet,  das  Material  für  das  Nest  wechseln, 
indem  sie  demselben  neue,  passendere  Gegenstände  hinzufügen;  —  eine  Ansicht,  die  von 
den  Vertretern  der  alten  tierpsychologischen  Schule,  dem  großen  Darwin,  dem  berühmten 
Wallace  und  nach  ihnen  einer  langen  Reihe  mehr  oder  weniger  glücklicher  Nachfolger 
ausgesprochen  wird. 

Romanes  z.  B.  erzählt  (nach  Worten  anderer,  wie  dies  meist  geschieht),  daß  Hum- 
meln in  der  Nähe  menschlicher  Wohnstätten  anfingen,  Fäden  von  Baumwollengeweben 
als  Material  zu  ihren  Bauten  zu  verwenden ;  dieser  Umstand  veranlaßt  den  Autor  zu  der 
Schlußfolgerung,  daß  die  Baukunst  der  Hummeln  fortschreite,'  und  zwar  nicht  einfach, 
sondern  bewußt  fortschreite :    die   Hummeln  wählen  Neues,  Besseres. 

Das  Studium  der  Hummelnester  zeigt  uns  mit  völliger  Klarheit  das  Unsinnige  dieser 
Vermutung :  ^•on  allem  anderen  abgesehen,  genügt  es  darauf  hinzuweisen,  daß  die  Hum- 
meln, falls  sie  sich  von  den  Erwägungen  leiten  ließen,  welche  ihnen  von  diesen  oder  jenen 
Autoren  zugeschrieben  werden,  ihre  Arbeit,  wie  dies  aus  dem  oben  Gesagten  von  selbst 
hervorgeht,  immer  schlechter  und  schlechter,  d.  h.  immer  weniger  zweckmäßig  aus- 
führen würden. 

Ich  fand  in  der  oberen  Schicht  eines  Nestes  von  Bombus  muscoruyn  ein  Stückchen 
von  der  Haut  einer  Kreuzotter,  welches  bei  der  Häutung  abgeworfen  worden  war;  es  wäre 
interessant,  zu  wissen,  wie  Romanes  dieses  Baumaterial  qualifiziert  haben  würde:  im  Sinne 
eines  Fortschrittes  oder  in  demjenigen  eines  Rückschrittes  des  Instinktes?  Die  Tatsachen  lehren 
uns,  daß  in  diesem  Falle  weder  die  eine  noch  die  andere  dieser  Erscheinungen  vorliegt, 
sondern  die  gewohnte  Erscheinung,  daß  für  die  Deckschicht  jedes  beliebige  zur  Hand 
befindliche   Material  soweit  verwendet  wird,  als  dies  ohne   Auswahl  zulässig  ist. 

Ich  besitze  ein  Nest  von  Bombus  lapidarius,  dessen  umfangreiche  Wachsdecke  mit 
Schichten  von  verschiedenen  Materialien  bedeckt  wurde,  welche  ich  den  Hummeln  vorlegte : 
zuerst  dünne,  trockene,  graugefärbte   Grashalme,  darauf  in  kleine  Stücke  zerschnittenes  Fließ- 


'  Diesen  Gedanken  entlehnte  Romanes  bei  Wallace,  welcher  denselben  in  Bezug  auf  das  Material  der  Vogel- 
nester mitteilte;  dieser  Gedanke  ist,  in  Wahrheit  gesagt,  einer  der  mißlungensten  von  allen,  »eiche  dieser  hervorragende 
Gelehrte  jemals  ausgesprochen  hat.  Siehe  meine  Arbeit:  Die  Stadtschwalbe  (Chelido»  itrbicaj,  ihre  Industrie  und  ihr  Leben, 
als  Material  für  die  vergleichende  Psychologie      Mdm.  .Acad.  Sciences  St.  P^tersbourg.  T.  X,  No.  6,   1900. 


—      27     — 

papier  von  roter  Farbe  und  hierauf  Moospartikelchen;  zum  Schlüsse,  als  ich  aufgehört 
hatte,  den  Hummeln  Material  zur  Bedeckung  des  Nestes  anzubieten,  zerrupften  sie  alle 
neben  dem  Neste  liegenden  Wabenzellen  und  brachten  das  auf  diese  Art  gewonnene  lose 
Gewebe   in   der   gewohnten   Weise   auf   dem  Deckel  des   Nestes   an. 

Abweichungen  in  der  Auswahl  des  Materiales  sind  natürlich  möglich,  aber  erstens 
sind  sie  nicht  durch  die  Fälle  von  Einschließung  eines  Stückchens  Zeitungspapier  oder  schwarzer 
und  weißer  Fäden  u.  s.  w.  in  das  Baumaterial  repräsentiert,  welche  nichts  beweisen,  obgleich 
die  Beschreibungen  solcher  Fälle  von  mehr  oder  weniger  umfangreichen  Betrachtungen  der 
Autoren  über  die  Verständigkeit  der  betreffenden  Tiere  begleitet  zu  sein  pflegen,  und  zweitens 
sind  diese  Abweichungen  außerordentlich  selten. 

Im  Verlaufe  meiner  vieljährigen  Beobachtungen  der  Hummeln  habe  ich  nur  ein  ein- 
ziges Mal  eine  Abweichung  von  der  üblichen  Auswahl  des  Materiales  für  die  Deckschicht 
eines  Hummelnestes  beobachtet.  Ich  habe  oben  gesagt,  daß  das  Material  für  das  Nest  ent- 
weder als  an  Ort  und  Stelle  vorgefunden  oder  als  herbeigetragen  betrachtet  werden  kann,  wo- 
bei das  Material  in  den  Fällen,  wo  es  die  oberste  Schicht  eines  offenen  Nestes  bildet,  stets 
ein  vorgefundenes  ist,   so   daß   es   das   Nest   in   dessen    Umgebung   vorzüglich   maskiert. 

Einmal  jedoch  fand  ich  in  einem  Waldgraben  ein  ausgezeichnet  ausgeführtes,  großes 
Nest  (von  20x34  cm  Durchmesser),  welches,  obgleich  ganz  fertiggestellt,  dennoch  ganz  leer 
war  und  keinerlei  Anzeichen  des  Bewohntseins  aufwies,  und  welches  sich  scharf  von  den 
dasselbe  umgebenden  Gegenständen  abhob.  Der  Graben  war  dicht  mit  trockenem  vorjäh- 
rigem Laube  ausgekleidet,  in  welchem  hier  und  da  grüner  Graswuchs  zu  sehen  war.  Moos 
war  in  der  Nähe  äußerst  spärlich  vertreten  und  doch  bestand  die  Deckschicht  des  Nestes 
fast  ausschließlich  aus  solchem,  so  daß  das  Nest  sich  von  der  Umgebung  scharf  abhob  und 
von  weitem  in  die  Augen  fiel.  Das  gesamte  Material  war  augenscheinlich  herbeigetragen 
und  speziell  zu  diesem  Zwecke  ausgesucht  worden.  Unstreitig  liegt  hier  eine  Abweichung 
des  Instinktes  vor  und  ebensowenig  kann  bestritten  werden,  daß  diese  Abweichung  eine 
mißlungene  ist;  hierdurch  läßt  sich  natürlich  auch  der  Umstand  erklären,  daß  das  Nest  noch 
vor  der  Eiablage,  sofort  nach  Beendigung  des  Baues,  \on  dem  Weibchen  aufgegeben  wurde. 
Es  war  von  irgend  einem  Feinde  der  Hummeln  bedroht  worden,  wobei  das  Weibchen  ent- 
weder Zeit  fand,  sich  in  Sicherheit  zu  bringen,  oder  aber  noch  vor  der  Eiablage  vernichtet 
wurde. 

Natürlich  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  daß  derartige  Abweichungen  auch  in  einer 
für  die  Hummeln  günstigen  Richtung  möglich  sind  und  sie  werden  in  diesem  Falle,  wie 
auch  andere  analoge  Abweichungen,   unter  den  Schutz  der  Auslese  gelangen  können. 

Der  erwähnte  Fall  ist  unter  anderem  auch  in  der  Hinsicht  von  Interesse,  als  er  ein 
anschauliches  Beispiel  dafür  bietet,  welch  ungeheuer  großen  Umfang  die  Folgen  der  Ab- 
änderung irgend  eines  Instinktes  annehmen  können:  die  Hummel  begann,  statt  das  direkt 
neben  dem  Neste  liegende  Material  aufzunehmen,  dasselbe  von  solchen  Stellen  zu  holen,  welche 
in  der  weiteren  Umgebung  des  Nestes  liegen,  und  die  Folge  davon  war  die,  daß  die  gesamte 
Physiognomie  des  Nestes,  ja  die  ganze  Bedeutung  des  Baues  mit  einem  Male  verschwunden 
ist;  es  entstand  etwas  völlig  Neues,  in  diesem  Falle  Mißlungenes,  und  die  Auslese  ,,hat  der 
fehlgegangenen  Abweichung  in  deren   Entstehung  ein  Ende  gemacht". 


—     28     — 

Wir  haben  noch  die  psychologische  Bedeutung  der  soeben  von  uns  besprochenen 
Tätigkeit  der  Hummeln  zu  berücksichtigen.  Bewertet  man  die  oben  mitgeteilten  Tatsachen 
von  diesem  Gesichtspunkte  aus,  so  ergibt  sich  in  erster  Linie,  daß  bei  den  Hummehveib- 
chen  —  selbst  in  denjenigen  Fällen,  wo  die  Auswahl  des  Materiales  die  höchste  Stufe 
der  Komplikation  und  Vollkommenheit  erreicht  (oberirdische  Nester",  —  diese  Auswahl 
ihrem  Wesen  nach  eine  durchaus  schwankende  sein  kann.  So  wird  ein  im 
Walde  ausgeschlüpftes  Weibchen  von  B.  musco)'U)n,  dessen  Wiege  aus  trockenen  Blättern 
bestand,  sein  Nest  in  einer  Tenne  —  aus  Stroh,  an  schattigen  Stellen  des  Waldes  —  nur 
aus  Moos  allein  verfertigen,  u.  s.  w. 

Aus  diesem  Umstände  folgt,  daß  hier  keinerlei  ,, Wählen"  des  Materiales  in  dem 
Sinne,  wie  wir  ihn  für  Fälle  bewußter  Tätigkeit  verstehen,  stattfindet  noch  stattfinden  kann: 
das  ,, Wählen"  erfolgt  bei  den  Hummeln  ohne  \"ergleichung,  da  ja  das  Weibchen,  indem  es 
nur  ein  einziges  Mal  in  seinem  Leben  ein  Nest  anlegt,  das  Material  mit  nichts 
vergleichen  kann.  Die  Auswahl  erfolgt  auch  ohne  ,,\'orziehen"  eines  Materiales  vor  einem 
anderen,  da  z.  B.  das  an  dem  einen  Orte  (da  wo  es  vorwiegt)  verwandte  Blatt  an  einem 
anderen  Orte,  wo  Stroh  oder  Moos  vorwiegt,  nicht  vorgezogen  werden  wird;  hieraus  folgt 
wiederum,  daß  an  jedem  neuen  Orte  einem  neuen  ^^lateriale  der  \^orzug  ge- 
geben wird,  oder  mit  anderen  Worten,  daß  ein  Baustoff  einem  anderen  nicht  als  Material, 
sondern  auf  Grund  \on  Eigenschaften,  die  zum  Begriffe  ,, Material"'  keinerlei  Beziehungen 
haben,  vorgezogen  wird. 

Der  Instinkt  ,,in  der  Auswahl  des  Materiales"  repräsentiert  demnach  die  Reaktions- 
fähigkeit der  Hummeln  bei  dem  \'orhandensein  bestimmter  innerer  Antriebe  ,  —  nicht  etwa 
auf  solche  Gegenstände  der  l'mgebung,  welche  bestimmte  Eigenschaften,  Aussehen  oder 
Form  besitzen  —  sondern  auf  solche,  welche  sich  an  einem  bestimmten  Orte  vorfinden  und 
einer  bestimmten  Arbeit  bestimmter  Organe  jeder  betreffenden  Hummel- 
spezies entsprechen.  Auf  der  höchsten  Stufe  der  Komplikation,  wo  die  Auswahl  des  Ma- 
teriales differenziert  ist  und  uns  durch  die  scheinbare  Tiefe  des  Kombinationsvermögens 
der  Arbeiterinnen  überrascht,  erweist  sich  dieser  Instinkt  als  ein  zweifacher :  Im  Anfange  der 
Arbeit  ist  das  Material  von  bestimmter  Größe  und  bestimmtem  l'mfange,  sodann  aber  wird 
die  Arbeit  in  anderer  Weise  fortgesetzt,  und  das  nunmehr  herbeigetragene  Material  wird  in- 
folgedessen seiner  Größe  und   seiner  Art  nach  auch  ein   anderes  sein. 

C.  Die  Architektur  des  Nestes. 

Inhalt  des   Abschnittes:     i)  Die  Architektur  des  äußeren    Nestes 

a)  bei   den    oberirdischen    Hummeln: 

Die  allgemeine  Gestalt  des  Nestes;  seine  Größe.  Einrichtung  des  Nestes  und  die  Teile  desselben.  Die 
Rolle  des  Lichtes  bei  dem  Baue  des  Nestes ;  die  Analogie  zwischen  dieser  Rolle  und  derjenigen,  welche  das 
Licht  beim  Nestbau  der  Spinnen  spielt.    Die  Psychologie  der  Tätigkeit  der  Hummeln  bei  der  Anlage  des  Nestes. 

b)  Bei   den  unterirdischen    Hummeln: 

Die  Teile  des  Nestes  und  deren  Entstehung.     Die  Tiefe  des  Nestes. 

2)  Die    Architektur    des   inneren    Nestes. 
Die  vegetabilische  Schicht  dieses  Nestes  und  ihre  biologische  Rolle.   Das  Schwanken  in  diesem  Teile  der  Archi- 
tektur der  Bauten.    Die  aus  Wachs  bestehenden  Teile  des  Baues,  welche  bei  der  Anlage  des  Nestes  von  dem 
Weibchen  verfertigt  werden.    Das  Flugloch.    Die  Abweichung  des  Instinktes  in  der  Architektur  des  Nestes. 

In  den  Nestern  der  Hummeln  lassen  sich  folgende  zwei  Teile  scharf  unterscheiden : 
Erstens  das  äußere  Nest,  zu  dessen  Bestände   das   darin  angebrachte   Flugloch  gehört,   und 


—     29     — 

zweitens  das  innere  Nest,  in  welchem  ich  folgende  Bestandteile  unterscheide :  die  Wandung, 
welche  teils   aus   vegetabilischen   Substanzen,  teils  aus  Wachs  besteht,  und  die  Waben. 

Wir  wollen  hier  ein  jedes  dieser  Architekturelemente  einzeln  besprechen,  mit  Aus- 
nahme des  letzten  —  der  Waben  — ,  da  diese  ihren  ITrsprung  nicht  dem  Weibchen  allein, 
sondern  zum  Teile  den  Larven,  zum  Teile  erwachsenen  Hummeln  verdanken,  und  ihre  Her- 
stellung daher  nicht  in  die  Gruppe  der  solitären,  sondern  in  diejenige  der  sogen,  sozialen 
Instinkte  gehört. 

1)  Die  Architektur  des  äusseren  Nestes  der  Hummeln. 

Die  komplizierteste  Zusammensetzung  und  die  höchste  Vollkommenheit  des  äußeren 
Nestes  finden  wir  bei  denjenigen  Hummeln,  welche  ihre  Nester  an  der  Oberfläche  der  Erde 
anlegen,  die  geringste  Vollkommenheit  bei  den   unter  der  Erde   nistenden   Hummeln. 

Berücksichtigen  wir  jedoch  die  Reihenfolge  in  der  Phylogenie,  so  werden  wir  nicht  mit 
den  letzteren,  sondern  mit  den  ersteren  beginnen  müssen ;  der  Grund  hierfür  wird  seiner- 
zeit mitgeteilt  werden. 

a)  Die  Architektur  des  äusseren  Nestes  bei  den  oberirdischen  Hummeln. 

Die  allgemeine  Gestalt  des  Nestes  zeigt  eine  kleine  Erhöhung  über  dem  Boden, 
deren   Umfang  an  der   Basis   einen  Durchmesser  von  ca.    13 — 22   cm  besitzt. 

In   Fig.  13   sehen   wir   schematische   Darstellungen    der    Nester    von    B.    muscorum, 
welche  uns  auf  eine  lehrreiche  Korrelation  zwischen  der  Höhe  des  Nestes  und  dem  Durch- 
messer seiner  Basis  hinweisen  (Nester  B  u.  A) :  ^. 
je  höher  nämlich  das  Nest  ist,  desto  geringer                    ^. 
ist    der    Durchmesser    seiner    Basis    und    um-                       \\  ^-.'''■'~- 
gekehrt.     Das   Weibchen    verwendet    auf    die                   ^'-^^^^^T"^ 

Anlegung  des  Nestes  em  bestimmtes  Quantum    ^,^^^£;t,^^,^i^^,^^iH>^|^^,;,^^^^^^^^ 
von   Kraft   und    Material;    sobald   dieses    Quan-         y\<i    13     Konturen  dreier  oberirdischer  Nester  von  J5o,»J«s 
tum    verausgabt    ist,     beendigt     das    Weibchen         muscorum.      A.    Kontur   des   Nestes   c-d;     B.   Kontur   des 
TUT     ,  Nestes  e  — f;   C.  Kontur  des  Nestes  a— b. 

sem  Werk. 

Es  ist  ebenso  schwierig  zu  sagen,  wodurch  sich  der  Baumeister  bei  der  Bestimmung 
des  Momentes  für  die  Beendigung  der  Arbeit  leiten  läßt,  wie  es  schwierig  ist,  zu  sagen, 
wodurch  sich  eine  Wespe  leiten  läßt,  welche  Honig  in  eine  von  dem  Beobachter  unten  an- 
gebohrte Zelle  einträgt,  so  daß  der  Honig  herausfließt,  und  dennoch  nach  einer  bestimmten 
Anzahl  von  Ausflügen  nach  Nahrung  ein  Ei  in  die  leere  Zelle  ablegt  und  die  letztere  ver- 
schließt, als  hätte  sie  ihr  Werk  in  richtiger  Weise  ausgeführt.  Dieselben  Gründe,  von 
welchen  sich  die  Wespe  leiten  läßt,  nachdem  sie  ein  bestimmtes  Quantum  von  Kraft  an- 
gewendet und  eine  bestimmte  Muskelarbeit  geleistet  hat,  ohne  die  geringste  Vorstellung  da- 
von zu  haben,  inwieweit  dieser  Kraftaufwand  der  Bestimmung  des  ausgeführten  Werkes 
entspricht,  —  eben  diese  selben  Gründe  dienen  augenscheinlich  auch  der  Hummel  als 
Richtschnur  in  ihrem   Tun. 

Es   ist  klar,   daß,   wenn  bei  einem  bestimmten   Aufwand   von   Kräften    die    Höhe   des 


—     30     — 

Nestes  nur  ein  bestimmtes  Verhältnis  zu  dessen  Basis  haben  kann,  bei  einer  \'ergrößerung 
dieser  Basis  die   Höhe   des   Nestes  bei   demselben  Kraftaufwande  geringer  sein  muß. 

Die  schematische  Fig.  13  gibt  in  C  die  Umrisse  eines  Nestes  wieder,  welches  gleich- 
sam eine  Ausnahme  von  der  Regel  bildet.  Es  ist  jedoch  unschwer  zu  ersehen,  daß  dieses 
Nest  überhaupt  kleiner  ist,  als  die  Nester  A  u.  B ;  und  so  läßt  sich  dieser  Fall  wohl  durch 
den  Umstand  erklären,  daß  die  Kräfte  des  Weibchens  augenscheinlich  geringer  waren;  als 
Regel  bleibt  jedoch  die  angegebene  Relation  unzweifelhaft   bestehen. 

Abweichungen  von  der  regelmäßigen  Nestform  sind  stets  eine  Folge  besonderer 
örtlicher  Bedingungen,  welche  das  Weibchen  verhindern,  die  Arbeit  in  gehöriger  Weise 
auszuführen ;  sie  sind  meistens  nicht  sehr  bedeutend.  Die  Grenzwerte  der  Schwankungen 
können  aus  den  nachstehenden  Verhältnissen  des  größten  Durchmessers  (gr.  d.)  zu  dem 
kleinsten  (kl.  d.)  bei  B.  muscorum   festgestellt  werden : 

gr.  d.  kl.  d. 

17   cm  14  cm 

1 6  cm  1 5  cm 

34  cm  20  cm 

Im  Profil  zeigt  das  Nest  die  Gestalt  eines  kleinen  Hügelchens,  dessen  Ränder  je 
nach  der  Art  der  Hummeln  mehr  oder  weniger  stark  gewölbt  sind.  Bei  B.  lapidarhis 
verlaufen  die  Seiten  des  Nestes  ziemlich  flach  zum  Boden  hin,  während  sie  bei  JB.  mus- 
corum sehr  stark  gewölbt  sind.  Die  Kuppel  selbst  kann  mehr  oder  weniger  gewölbt  sein. 
Im   übrigen  können  auch  hier  sehr  bedeutende   Schwankungen   auftreten. 

Die  Größe  des  Nestes  ist  sowohl  je  nach  den  Arten,  als  auch  innerhalb  der 
Grenzen  einer  Art  eine  verschiedene.  Was  die  Arten  betrifft,  so  ist  das  Nest  um  so  größer, 
je  größer  die  das  Nest  bewohnenden  Hummeln  sind.  Das  kleinste  aller  mir  zu  Gesicht  ge- 
kommenen Nester  gehört  B.  muscorum  an. 

Was  die  Größe  des  Nestes  innerhalb  einer  Art  betrifft,  so  haben  wir  es  hier  mit 
einem  sehr  bedeutenden  Schwankungen  unterworfenen  Architekturelemente  zu  tun.  In 
nachstehender  Tabelle  sind  z.  B.  die  Dimensionen  von  den  4  ersten  im  Jahre  1902  auf- 
gefundenen Nestern  von  B.  lapidarius  in   Centimetern  mitgeteilt : 


Äusseres  Nest 

Inneres  Nest 

Wachsdecke 
Waben 

1  mit 

No. 

B 

u 
.■0 

c 

ad 

4) 

"5 

1^ 

E 

0 

c 

"5 

•X. 

Bemerkungen. 

♦ 

** 

I 

20 

20 

7 

4 

8 

8 

8 

4 

3'/* 

3 

*  —  über  der  Erdoberfläche. 
**  —  Tiefe  der  Grube 

, 

Die    ganze  Höhe    des  Nestes   ist 

2 

30 

20 

7 

4 

4 

4 

3 

3? 

3? 

demnach  gleich  der  Summe  der  beiden 

3 

10 

IG 

4     !    I 

4'/* 

4'/5 

A'l-o 

4 

4? 

4? 

Werte. 

4 

12 

i 

II 

4 
( 

5 

2 
5 

5*/5 

4*/5 

4'/5 

5'/5 

4 

4? 

;u 


.C.Ce 


Zu  diesen  Zahlen  muß  noch  bemerkt  werden,  daß  die  betreffenden  Messungen  un- 
gefähr zur  gleichen  Zeit  ^im  Verlaufe  von  2—3  Tagen)  ausgeführt  wurden,  sowie  daß  die  er- 
haltenen Zahlen  in  keinerlei  Verhältnis  zur  Größe  der  Familie  stehen.  Die  größte  Familie 
von  allen  Nestern,  deren  Dimensionen  oben  mitgeteilt  wurden,  gehörte  der  Nr.  3  d.  h.  dem 
seinem  Umfange  nach  allerkleinsten  Neste  an  (die  Familie  bestand  hier  aus  mindestens 
15—20  Individuen).  Die  kleinsten  Familien  (9  +4—5  §)  beziehen  sich  auf  die  Nester  Nr.  i 
und  Nr.  2,  d.  h.  die  allergrößten,  wobei  Nr.  i  außerdem  noch  das  vollkommenste  aller 
mir  zur  Verfügung  stehenden   Nester  darstellte. 

Nach  diesen  Bemerkungen  allgemeiner  Natur  wollen  wir  nunmehr  zu  der  eingehenden 
Betrachtung  jener  Elemente  der  Nestarchitektur  übergehen,  auf  welche  ich  oben  hingewiesen 
habe. 

Einrichtung  des   Nestes. 

Das  oberirdische  Nest  hat  die  Gestalt  eines  Sackes  (Fig.  14,  N.  e.)  mit  ungleichmäßig 
dicken  Wandungen,  wobei  p.  ext.  den  äußeren  (oberen),  dickeren  und  p.  inf.  den  unteren  Teil 
des  Nestes  bezeichnet.  Dieser  letztere,  dünnere  Teil  des  Sackes  ist  der  Erde  zugewendet  und 
bildet  die  basale  Schicht  des  Nestes,  auf 
welcher  das  innere  Nest  (Fig.  14,  N.  i.)  ruht. 
Das  Material,  aus  welchem  das  äußere  Nest 
gebildet  wird,  ist  nicht  einfach  zu  einem 
Haufen  zusammengelegt :  die  Grashalme,  Blätt- 
chen und  andere  Gegenstände,  aus  welchen 
dieser  Teil  des  Nestes  zusammengesetzt  ist, 
werden  von  den  Hummeln  mit  Hilfe  der 
Beine  und  Kiefern  so  dicht  untereinander  \er- 
filzt,  daß  nur  wenige  aus  dem  Neste  ent- 
fernt werden  können,  ohne  daß  andere  be- 
rührt oder  gar  mit  herausgezogen  werden. 
Dieses  Verfilzen  erfolgt  sowohl  während  des 
Heranziehens  des  Materiales  zum  Neste  als 
auch  dann,  wenn  das  Material  sich  bereits  auf 
dem  Neste  selbst  befindet.  Das  äußere  Nest 
umhüllt  das  innere  gleichmäßig  von  oben  her 
und  von  den  Seiten. 

Im  Mittelpunkte  des  inneren  Nestes  (N.  i.)  befindet  sich  die  erste  Wabe  (g  a),  über 
welcher  sich  ein  sorgfältig  aus  Wachs  verfertigtes  kappenförmiges  Gewölbe  (op)  erhebt, 
welches  die  Wabe  allseitig  (mit  Ausnahme  von  deren  Unterseite)  umhüllt.  In  die  Höhlung 
dieser  Kappe  führt  ein  kurzer,  aus  Wachs  verfertigter  Gang  (t.  ce.),  durch  welchen  das  Weib- 
chen, in  dieser  Periode  die  alleinige  Bewohnerin  des  Nestes,  zu  ihren  Puppen  gelangt,  wo 
sie  oft  tagelang  ununterbrochen  verweilt,  indem  sie  sich  während  dieser  Zeit  von  dem  durch 
sie  angelegten  Honigvorrat  ernährt.  Eine  derartige  besondere  Wachshülle  über  den  Waben 
habe  ich  nur  bei   B.  lapidarius,  nie  aber  bei   den   übrigen   Hummeln   beobachtet. 

Ich  habe  Nester  gefunden,  in  welchen  die  ersten  Waben  von  einer  vegetabilischen 
Hülle  des  inneren  Nestes  umgeben  waren,  während  die  Decke  nur  von  einer  kleinen  Wachs- 


Fig.  14.  N.  e.  —  äußeres  Nest ;  p.  inf.  —  dessen  untere 
Schicht;  N  i.  —  inneres  Nest;  ga  —  die  erste  Wabe;  op.  —  der 
die  Wabe  umhüllende  Wachsdeckel  (Kappe) ;  t.  ce.  —  kurzer, 
aus  Wachs  gefertigter  Gang  zu  den  Waben ;  tu.  —  Gang  in 
das  Innere  des  Nestes ;  en  —  Eingangsöffnung  (Flugloch) ; 
C.  ce.  —  Wachsdeckel  über  der  Höhlung  inneren  Nestes. 


—     32     — 

platte  gebildet  wurde;  bisweilen  war  die  Decke  aus  demselben  \egetabilischen  Materiale 
verfertigt,  wie  der  übrige  Teil  des  inneren  Nestes,  und  nur  hier  und  da  mit  Wachs  befestigt. 
Nicht  bei  allen  Hummeln  besitzen  jedoch  die  Nester  eine  so  reguläre  Gestalt  und  ein 
so  regelmäßiges  gegenseitiges  Verhältnis  der  einzelnen  Teile  zueinander,  wie  dies  in  der 
Fig.  14  angegeben  ist.  Bisweilen  finden  wir  bei  derselben  Art  B.  lapidar ius,  daß  die  vege- 
tabilische Schicht  des  inneren  Nestes  entweder  unvollständig  ist  v^ig-  15,  N.  i.i,  oder  aber 
fast  ganz  fehlt,  indem  sie  an  der  Decke  und  auf  den  Seiten  so  dünn  ist,  daß  ihre  Stärke 
kaum  den  achten  Teil  eines  Centimeters  beträgt.  Bisweilen  zeigt  der  Bau  des  Nestes  ein 
Aussehen,  wie  es  in  Fig.  16  dargestellt  ist:  das  Flugloch  p  des  Nestes  ist  nicht  seitlich, 
wie  dies  gewöhnlich  der  Fall  ist,  angebracht,  sondern  oben  am  Neste  und  zwar  so,  daß 
durch  seine  weite  Öffnung  die  Wabenmasse  zu  sehen  ist. 


/'  X,       -'"-"Sil 


^\\^\^V  ^v^\\^\\\\v\'^^^^^^^ 


'r-W.. 


Fig.  15.  Fig.  16. 

Erklärung  der  Buchstabenbezeichnungen  wie  bei  Fig.   14. 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  auch  das  innere  Nest  unter  solchen  L  mständen  eine  andere 
Einrichtung  besitzt,  als  wir  sie  gewöhnlich  sehen. 

Es  kommen  auch  scheinbare  Abweichungen  anderer  Art  vor.  In  jenen  Fällen,  z.  B., 
wo  sich  neben  dem  Neste  irgend  ein  fester  Gegenstand,  —  ein  Baum  oder  ein  Stein  — 
befindet,  erweist  sich  die  äußere  Schicht  an  der  Seite  dieser  Gegenstände  dünner,  als  auf 
ihrer  gesamten  übrigen  Ausdehnung;  wird  das  Nest  von  zwei  Seiten  eingeengt,  so  erweist 
sich  die  äußere  Schicht  an  zwei  Stellen  als  dünner  und  diese  Abweichung  von  der  Regel 
stört  die  Hummeln  nicht  im  mindesten.  Die  Fig.  17  B  und  C,  wo  N  das  äußere  Nest, 
m.  —  g.  die  Wabenmasse  des  inneren  Nestes,  O  die  außerhalb  gelegenen  Gegenstände, 
welche  die  regelrechte  Anlage  des  Nestes  verhindern,  bezeichnen,  veranschaulichen  das  oben 
Dargelegte  in  \orzüglicher  Weise,  und  erinnern  gleichzeitig  merkwürdig  an  die  analoge 
Tätigkeit  bei  der  Anlage  des  Nestes  sowohl  bei  gewissen  anderen  Insekten,  als  auch  bei 
den   Spinnen. 

Zerstört  man  bei  diesen  das  aus  Spinngewebe  verfertigte  Lager  oder  Nest,  so  verstopfen  die  Spinnen 
die  beschädigte  Stelle  mit  einer  Schicht  von  gleicher  Dicke  wie  die  ursprüngUche,  wobei  sie  sich, 
wie  ich  dies  seinerzeit  nachgewiesen  habe,  ausschheßHch  durch  das  Licht  leiten  lassen.'  Dafür,  daß  dies  wirk- 
lich der  Fall  ist,  habe  ich  eine  Reihe  von  Beweisen  angeführt,  wobei  ich  u.  a.  auf  Attiis  cupreus  hingewiesen 
habe,    welcher  sich  ein  Nest  aus  Gewebe  von  verschiedener  Dicke  anlegt,    und  zwar  eben  in  Abhängigkeit 


'  Siehe  ,L'Industrie  des  Araneina." 


oi. 


C3 


Ccc. 


"ob, 


—     3H     — 

davon,  wo  und  wie  das  Spinngewebe  des  Nestes  den  benachbarten  Gegenständen  anliegt,  oder  mit  anderen 
Worten  in  Abhängigkeit  davon,  wo  und  wie  das  Licht  in  das  letztere  eindringen  kann.  In  Fig.  i8  sind  drei 
Nester  aus  Spinngewebe  von  verschiedener  Dicke 
wiedergegeben.  Das  Nest  A  befindet  sich  zwischen 
der  Baumrinde  ob  und  dem  Holze  obi  ;  infolgedessen 
fällt  das  Licht  auf  das  Nest  Coc  nur  von  den 
Seiten  b— bi;  an  diesen  Stellen  nun  erweisen  sich 
die  Schichten  von  Spinngewebe  als  am  dicksten, 
während  da,  wo  das  Nest  sich  an  für  das  Licht 
undurchlässige  Gegenstände  anlehnt ,  die  Gewebe- 
schicht dünn  ist.  Die  Zeichnungen  B  und  C  zeigen 
uns ,  wie  die  Mächtigkeit  der  Schicht  des  Netzes 
immer  mehr  zunimmt,  je  kleiner  der  von  der  Baum- 
rinde (ob)  verdeckte  Teil  desselben  wird.' 

Bringt  man  nunmehr  das  Dickenverhältnis 
dieser  Zeichnungen  (Fig.  i8)  auf  den  Maßstab  der 
Fig.  1/  (A,  B,  C)  oder  umgekehrt,  so  erhält  man 
völlig  identische  Bilder. 


ob. 


Fig.    17.     N.  —  äußeres   Nest; 

m.  g.  —  Wabenmaße    des    inneren 

Nestes  ;  O  —  äußere  Gegenstände, 

welche  die  regelmäßige  Anlage  des 

Nestes  verhindern. 


Fig.  18. 


Die  oben  beschriebenen  Erscheinungen  sovs^ie  die  daraus  gezogenen  Schlußfolgerungen 
verdienen  meiner  Ansicht  nach  Interesse,  da  sie  neues  Licht  auf  den  psychologischen  Cha- 
rakter der  hier  zu  besprechenden  Tätigkeit  werfen :  sowohl  die  Nester  der  Spinnen,  als 
auch  das  äußere  Nest  der  oberirdischen  Hummeln  erscheinen  in  Gestalt  eines  Sackes,  bei 
welchem  die  ungleichmäßige  Dicke  der  Wandungen  durch  eine  bestimmte  Reaktion  des  Bau- 
meisters auf  das  Sonnenlicht  bedingt  wird.  Der  tiefere,  dem  das  Nest  erbauenden  Archi- 
tekten zweifelsohne  verborgen  gebliebene  Sinn  dieser  instinktiven  Reaktion  besteht  natürlich 
darin,  daß  da,  wo  das  Licht  stärker  als  notwendig  hindurchdringt,  der  Schutz  des  Nestes 
augenscheinlich  noch  nicht  mit  genügender  Solidität  ausgeführt  worden  ist ;  liegt  daher 
irgend  eine  Seite  der  Hummel-  oder  Spinnennester  einem  für  das  Licht  undurchlässigen 
Gegenstande  unmittelbar  an,  so  wird  die  mit  dem  Gegenstande  in  Berührung  stehende 
Wandung  des  Nestes  stets  dünner  ausgeführt  werden  und  zwar  bisweilen  in  sehr  bedeuten- 
dem Maße. 

Es  fragt  sich  nun,  wodurch  sich  in  dieser  Hinsicht  die  Psychologie  des  Hummelbau- 
meisters von  derjenigen  des  Spinnenbaumeisters  unterscheidet  ? 

Mit  Sicherheit  kann  man  sagen,  daß  beide  sich  durch  nichts  unterscheiden,  da  beide, 
sowohl  diese  wie  jene,  durchaus  instinktiv  sind,  weder  einer  Erlernung  noch  einer  Er- 
fahrung seitens  der  Baumeister  bedürfen  und  Reaktionen  auf  analoge  Empfänglichkeit  für 
analoge  Reize  darstellen. 

Was  die  Spinnen  betrifft,  so  verweise  ich  den  Leser  bezüglich  der  Belege  für  die 
Richtigkeit  dieser  meiner  Behauptung  auf  mein  Werk  ,,LTndustrie  des  Araneina";  was  je- 
doch die  Hummeln  angeht,  so  will  ich  die  Frage  dadurch  beantworten,  daß  ich  auf  nach- 
stehende Tatsachen  hinweise. 


'  Genau  dieselben  Erscheinungen  sehen  wir  auch  bei  Theridium  lineaium  (Ibid.  PI.  IV,  Fig.  201  B)   und  bei  vielen 
anderen  Spinnen. 


Zoologica,    Hell  46 


—     34     — 

Die  überwinterten  Weibchen  bauen  ihre  Nester  im  Frühjahre;  die  jungen  Weibchen 
schlüpfen  gegen  das  Ende  des  Sommers  aus.  Wie  konnten  nun  diese  letzteren  Kenntnisse 
im  Nestbau  erlangen,  da  sie  doch  weder  gesehen  hatten,  wie  ein  Nest  gebaut,  noch  wie 
es  ausgebessert  wird?  Woher  konnten  sie  Erfahrung  gewinnen,  da  doch  die  ungeheure 
Mehrzahl  aller  Weibchen  sich  nur  ein  einziges  Mal  in  ihrem  Leben  ein  Nest  baut?  Die 
Annahme,  das  Weibchen  sei  schon  dadurch,  daß  es  in  einem  fertigen  Neste  lebt,  be- 
fähigt, dessen  Architektur  und  Einrichtung  kennen  zu   lernen,   wäre   absurd. 

Denn  während  seines  Lebens  im  fertigen  Neste  könnte  das  Weibchen  nur  dasjenige  in 
der  Erinnerung  behalten  und  dementsprechend  im  gegebenen  Momente  natürlich  nur 
dasjenige  ausführen,  was  seinem  Erfassungsvermögen  auf  irgend  welche  Weise  zugänglich 
werden  konnte,  d.  h.  die  allgemeine  Form  des  Nestes,  dessen  oberflächliche  Schicht  samt 
der  Zusammensetzung  des  Materiales,  aus  welchem  sie  besteht,  die  der  äußeren  Schicht  an- 
liegende Schicht  des  inneren  Nestes,  die  allgemeine  Gestalt  dieses  letzteren  und  den  dar- 
unter befindlichen  Teil  der  basalen  Schicht.  Die  Verteilung  des  Materiales  in  der  Masse 
des  äußeren  Nestes,  den  Plan  und  die  Ausführung  der  Arbeiten  u.  s.  w.  kann  das  Weib- 
chen dagegen  nicht  kennen,  da  es  in  die  erstere  nie  hineingelangt,  bei  den  letzteren  nicht 
zugegen  ist.  Dabei  erweist  sich  aber,  daß  es  gerade  dasjenige  ausführt,  was  es  nicht  kennen 
kann  und  was  es  nie  gesehen  hat,  während  es  gerade  dasjenige,  was  es  gesehen  hat,  nicht 
reproduziert. 

Das  Weibchen  sieht  nämlich  die  allgemeine  Gestalt  des  Nestes,  allein  es  sieht  das- 
selbe anders,  als  wie  es  von  dem  Mutterweibchen  angelegt  wurde  und  als  es  selbst  es  seinerzeit 
ausführen  wird,  indem  die  ursprüngliche  Gestalt  des  Nestes  durch  die  Arbeitshummeln 
mit  der  Zeit  abgeändert  wird;  anfänglich  flach  und  abschüssig  angelegt,  kann  das  Nest 
zur  Zeit  des  Auskriechens  der  jungen  Weibchen  aus  den  Zellen  hoch  und  gewölbt  werden. 
Hierdurch  wird  natürlich  auch  der  Umstand  erklärt,  daß  es  im  Frühjahre  und  im  Früh- 
sommer schwerer  ist,  ein  Hummelnest  zu  finden,  als  gegen  das  Ende  des  Sommers  hin; 
im  Frühjahre  ist  das  Nest  kleiner,  als  es  Ende  Juni  und  im  Juli  sein  wird,  wo  es  von  den 
Arbeiterinnen  überbaut  worden  ist.  Der  Ausbau  erfolgt  aus  dem  Grunde,  weil  mit  der  all- 
mählichen Vergrößerung  der  Waben,  wie  wir  sehen  werden,  auch  eine  allmähliche  Ver- 
größerung des  inneren  Nestes  vor  sich  geht,  und  mit  der  Ausdehnung  dieses  letzteren  das 
äußere  Nest  sich  auseinanderschiebt  und  die  Kuppel  anfängt  durchscheinend  zu  werden;  das 
Licht  reizt  die  Arbeiterinnen,  welche  die  Lücken  mit  dem  in  der  Nähe  liegenden  Materiale 
ausbessern  —  und  das  Nest  wächst,  indem  es  seine  Gestalt  immer  mehr  und  mehr  ver- 
ändert. Hieraus  geht  hervor,  daß  junge  Weibchen,  welche  am  i.  Juli  ihre  Zelle  verlassen, 
in  der  oberflächlichen  Schicht  des  äußeren  Nestes  dasjenige  Material  und  diejenige  An- 
ordnung desselben  erblicken,  wie  es  von  den  Arbeiterinnen  gesammelt  und  angeordnet  wurde, 
während  sie  selbst  ihr  Nest  im  kommenden  Frühjahre  anders  und  aus  anderem  Materiale 
erbauen  werden,  selbst  dann,  wenn  sie  ihren  Bau  an  derselben  Stelle  anlegen  würden,  wo 
sie   das   Licht   der   Welt   erblickt   haben. 

Das  Weibchen  sieht  die  dem  äußeren  Neste  anliegende  Schicht  des  inneren  Nestes 
nicht,  und  legt  dieselbe  durchaus  nicht  in  derselben  Weise  an,  wie  dies  von  den  Arbeitern 
zu  der  Zeit  geschieht,   wo  die  jungen  Weibchen  zur  Welt  kommen. 

Das  Weibchen  sieht  die  allgemeine   Form  des  inneren  Nestes  am  Ende  des  Sommers, 


—     35     — 

verfertigt  sie  aber  so,  wie  sie  am  Anfange  des  Sommers  zu  sein  pflegt,  d.  h.  so  wie  sie 
es  niemals  gesehen  hat,  indem  die  Gestalt  des  inneren  Nestes  sich  unaufhörlich  ver- 
ändert und  am  Ende  des  Sommers  durchaus  von  dem  verschieden  ist,  was  es  am  Anfange 
desselben  gewesen  ist,  u.  dergl.  m. 

Andererseits  befolgt  das  Weibchen  genau  den  Plan  in  der  Anordnung  der  Schichten 
des  Nestes  und  führt  gerade  diejenigen  Einzelheiten  des  Baues  in  vollkommener  Weise  aus, 
welche   es  niemals   zu   Gesichte  bekommen  hat. 

b)  Die  Architektur  des  äußeren  Nestes  bei  den  unterirdisciien  Hummeln. 

Ich  habe  bereits  erwähnt,  daß  bei  den  Hummeln,  welche  ihr  Nest  unter  der  Erde 
bauen,  dessen  äußerer  Teil  viel  einfacher  eingerichtet  ist,  als  bei  den  oberirdisch  bauenden 
Hummeln.  Die  Höhlung,  welche  von  den  Hummeln  unter  der  Erde  für  den  Bau  des  Nestes 
angelegt  wird  und  deren  Wandungen  eigentlich  das  äußere  Nest  repräsentieren,  erreicht 
bis  zu  18  cm  im  Durchmesser;  diese  Höhlung  wird  sehr  regelmäßig  und  sorgfältig  ange- 
legt. Ein  Flugloch,  welches  bei  den  oberirdisch  bauenden  Hummeln  einen  Bestandteil  des 
Nestes  ausmacht,  wird  hier  gar  nicht  angebracht 
(im  inneren  Neste  dagegen  ist  ein  solches 
vorhanden);  es  wird  hier  durch  das  fertig  vor- 
gefundene Mäuseloch  dargestellt ,  in  dessen 
Verlaufe  die  Hummeln  in  einer  gewissen  Tiefe 
ihr  Nest  angelegt  haben.  In  einigen  Fällen 
dient  übrigens  ein  von  dem  Weibchen  selbst 
angelegter  Gang  als  Flugloch;   ich  habe  dies     Fig.  19.    Co.  -  Erdhügel ;  N  -  Nest  \on  Bombus  temstris; 

in   denjenigen   Fällen    konstatiert,   wo   das    Nest  O  -  Flugloch  ;    tu,  -  Abschnitt    des  Mäuseloches,    der  von 

....  ,  ..j    .,     .  den  Hummeln    in    den  Gang    zum  Nest   verwandelt   wurde; 

an     dem     Uberwmterungsorte     des     Weibchens  ,u^  _  A^chnitt    des    Mäuseloches,    der    von   den  Hummeln 

angelegt    wurde.      Solche    Nester    habe    ich    bei  nicht  verwendet  wurde;  a—b  Höhe,  c—d  Breite  des  Nestes. 

B.  lapidarms   beobachtet. 

In  folgendem  gebe  ich  die  Beschreibung  des  Nestes  von  J5.  terrestris,  dessen  Archi- 
tektur in  allgemeinen  Zügen  in  der  Fig.  19  dargestellt  ist.  o  bezeichnet  die  Eintrittsöffnung 
des  Nestes,  welche  gleichzeitig  als  Eingangs-  und  vielleicht  auch  als  Ausgangsöffnung  für 
den  Mäusebau  (tUi  und  tUg)  gedient  hat,  dessen  sich  die  Hummel  zur  Anlage  ihres  Nestes 
auf  eine  gewisse  Ausdehnung  vom  Eingange  an  gerechnet  bedient  hat,  und  zwar  unmittel- 
bar unter  dem  Gipfel  des  Hümpels  (Co),  in  einer  Tiefe  von  27  cm.  Dieses  Nest  besitzt, 
wenn  die  Hummelfamilie  ihre  volle  Entwicklung  erreicht  hat,  die  Gestalt  einer  fast  regu- 
lären Kugel  ab  cd.  Die  Erdarbeiten  sind,  was  ihre  Ausführung  betrifft,  von  tadelloser 
Qualität;    die  Wände  sind  fast  ganz  glatt  und   vollständig   gleichmäßig   abgerundet. 

Die  Tiefe,  in  welcher  die  Nester  dieser  Hummeln  angelegt  werden,  schwankt  von 
14  bis  68  cm.  Tiefen,  welche  diese  Grenzen  überschreiten,  habe  ich  nie  angetroffen.  Diese 
Schwankungen  sind  die  Folge  davon,  daß  die  Hummeln  den  Neigungen  der  Mäuselöcher 
folgen ;  der  Unterschied  in  dieser  Hinsicht  beruht,  wie  ich  bereits  weiter  oben  bemerkt  habe, 
nur  darauf,  daß  die  einen  Arten  Gänge  mit  stärkerer  Neigung,  andere  Arten  solche  mit 
geringerer  Neigung  bevorzugen. 


—     36     — 

Die  Schwankungen,  welche  wir  in  der  Größe  der  Nester  selbst  beobachten,  zeigen 
einen  Charakter  von  anderer  Art,  als  ich  dies  für  die  Nester  der  oberirdisch  bauenden 
Hummeln  angegeben  habe :  dort  treten  diese  Variationen  als  eine  Folge  von  Schwan- 
kungen des  Instinktes  des  bauenden  Weibchens  auf,  während  hier  die  Größe  der  Höhlung 
der  Größe  der  Familie  entspricht  und  mit  der  Zunahme  dieser  letzteren  ebenfalls  wächst. 
Ende  Juni  fand  ich  ein  Nest  im  ersten  Stadium  der  Entwicklung:  dasselbe  enthielt  etwa 
IQ — 15  Arbeiterinnen,  sowie  einen  großen  Haufen  Zellen  mit  Puppen.  Die  Größe  des  Nestes 
entsprach  genau  der  Größe  dieses  Haufens  plus  einem  für  die  ungehinderte  Zirkulation  der 
Nestbewohner  um  diesen  Haufen  herum  notwendigen  Zwischenraum.  Bei  sehr  großen  Fa- 
milien von  B.  terrestris  sind  die  Nester  sehr  umfangreich ;  bei  Familien  derselben  Art  oder 
anderer,  unterirdische  Nester  bauender  Arten,  v/elche  noch  weniger  zahlreich  sind,  als  die 
oben  angegebene,  ist  der  Umfang  des  Nestes  kleiner.  Diese  Tatsachen  veranlassen  mich 
zu  der  Vermutung,  daß  die  unterirdischen  Nester  nicht  auf  einmal  fertiggestellt  werden,  und 
ihre  endgültige  Gestalt  nicht  dem  Weibchen,  sondern    den    Arbeiterinnen    verdanken. 


2)   Die  Architektur  des  inneren  Nestes  der  Hummeln. 

Das  innere  Nest  besteht  sowohl  bei  den  oberirdischen  als  auch  bei  den  unterirdischen 
Hummeln  aus  denselben  Bestandteilen:  der  aus  vegetabilischem  Materiale  erbauten  Hülle 
und   dem   aus   Wachs   verfertigten,   unmittelbar  über  den  Waben  befindlichen   Deckel. 

Die  Hülle  aus  vegetabilischem  Materiale.  Der  Boden,  die  Seitenwände  und 
bisweilen  auch  die  Decke  des  inneren  Nestes  werden  bei  den  Hummeln  mit  kleinen  Pflanzen- 
partikelchen  ausgekleidet.  Diese  Partikelchen  werden  sehr  dicht  aneinandergelegt  und  bilden 
einen  Gegenstand  besonderer  Sorgfalt  von  Seiten  der  Hummeln.  Berücksichtigt  man  den 
Umstand,  daß  selbst  nach  starken  und  anhaltenden  Regengüssen  in  Nestern,  welche  in  vor- 
jährigen Haufen  fast  verfaulten  Strohes  angelegt  wurden,  wo  die  Feuchtigkeit  einen  außer- 
ordentlich hohen  Grad  erreicht,  eine  tadellose  Trockenheit  herrscht,  so  ist  man  wohl  zu  der 
Annahme  berechtigt,  daß  der  Zweck  dieser  vegetabilischen  Schicht  eben  darin  besteht,  die 
Waben  vor  Feuchtigkeit  zu  bewahren. 

Dieser  Teil  der  Architektur  des  Nestes  zeigt  ebensowenig  wie  der  vorher  besprochene 
(das  äußere  Nest)  irgend  welche  Beständigkeit  selbst  innerhalb  der  Grenzen  einer  Art,  und 
zwar  weder  in  Bezug  auf  seine  Zusammensetzung  noch  was  seinen  Umfang  betrifft.  Was 
die  Zusammensetzung  anbelangt,  so  sehen  wir  auf  Fig.  20  A  u.  B  Teilchen  von  verschie- 
denen Gegenständen,  welche  mit  Wachs  untereinander  verklebt  sind  und  das  Dach  über 
den  Waben  des  inneren  Nestes  bei  ein  und  derselben  Art  —  B.  terrestris  —  darstellen. 
Die  beiden  ersten  Nester  (A  u.  B)  sind  von  zwei  Weibchen  in  ein  und  demselben  Strohhaufen, 
in  einer  Entfernung  von  etwa  70  cm  voneinander  und  zu  derselben  Jahreszeit  angelegt  worden. 
Bei  dem  einen  besteht  das  Material  hauptsächlich  aus  mit  Wachs  i  cej  verklebten  Partikelchen 
von  Roggenblättern  und  Stroh  (Fig.  20  A),  bei  dem  anderen  dagegen  aus  den  Überresten 
des  Felles  einer  krepierten  und  bereits  in  V^erwesung  übergegangenen  Maus  (Fig.  20  B,  pi). 
Die  Larven  von  Fliegen,  welche  den  Körper  der  Maus  zerstört  hatten,  fanden  sich  neben 
dem  Hummelneste.    Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  das  Material  für  das  innere  Nest  zum 


— ■       6(       


Teil  aus  \orgefundenen  Gegenständen  besteht  und  wenn  diese  nicht  ausreichen,  aus  der 
nächsten   Umgebung  des   Nestes   herbeigeschafft  wird. 

Zum  Beschlüsse  habe  ich  bezüglich  der  Architektur  der  Hummelnester  noch  einige 
Worte  über  das  Flugloch  zu  sagen. 

Das  Flugloch  stellt,  wie  auch  alle  übrigen  Teile  der  Architektur,  eine  nicht  nur  ihrer 
Gestalt,   sondern  auch  ihrer  Anzahl  nach  unbeständige  Größe  dar. 

A  B 


Fig.  20.  Teile  des  Daches  über  den  Waben  (Decke  des 
inneren  Nestes),  rb  —  Roggenblättcr ;  ce  -  Wachsplättchen, 
mit  denen  das  Baumaterial  verklebt  wird ;  pi  —  Mäusefell, 
durch  ebensolche  Wachsplättchen  verstärkt;  st— Strohhalme. 


Fig.  21.  Horizontalschnitt  durch  ein  Nest  von  Bumhus 
muscorum.      N.  e  —  äußeres    Nest;     N,  i.  —  inneres 
Nest ;  o  —  Flugloch;  a  b  c  d  —  gewundener  Gang  (tu) 
von  dem  Flugloche  zum  inneren  Neste. 


In  den  unterirdischen  Nestern  ist  allerdings  die  Zahl  konstant:  hier  ist  immer  nur  ein 
Flugloch  vorhanden,  aber  dies  hat  seinen  Grund  darin,  daß  dasselbe  nicht  von  den  Hum- 
meln, sondern  von  der  Maus  angelegt  wird,  deren  Gang  den  Hummeln  als  Ausflugsöffnung 
dient.  Meist  ist  auch  in  den  oberirdischen  Nestern  nur  ein  Flugloch  vorhanden;  bei 
B.  muscorum  und  B.  lapidarius  habe  ich  z.  B.  stets  nur  eine  Flugöffnung  gefunden,  durch 
welche  die  Hummeln  ein-  und  ausflogen.  Bei  B.  sylvarum  dagegen  waren  zwei  und,  wie 
es  scheint,  sogar  mehr  Fluglöcher  vorhanden,  da  die  Hummeln  im  freien  Zustande  das  Nest 
von  verschiedenen  Seiten  her  betraten  oder  verließen.  In  Fällen  drohender  Gefahr  verlassen 
die  Hummeln  das  Nest  auch  unmittelbar  an  einer  beliebigen  Stelle  durch  seine  Deck- 
schicht. Das  Flugloch  ist  in  den  meisten  Fällen  gut  verborgen  und  wird  (z.  B.  bei  B.  mus- 
corum) nahe  über  der   Erde   in  der   Seitenwand   des   äußeren   Nestes   angebracht. 

Das  Flugloch  ist  augenscheinlich  ein  zufällig  gewählter  Eingang  durch  das  bereits 
fertiggestellte  Material  des  Nestes,  welchen  die  Hummeln  in  der  Erinnerung  behalten.  Es 
wird  nicht  speziell  hergestellt  und  \on  den  verschiedenen  Arten  sowie  den  verschiedenen 
Individuen  einer  Art  nicht  in  gleicher  Weise  angelegt.  In  einigen  Nestern  von  B.  musco- 
rum verläuft  es  anfangs  direkt  in  die  Tiefe  des  Nestes,  in  der  Richtung  zu  dessen  innerem 
Teile  (Fig.  21  ab,  Horizontalschnitt),  biegt  sodann  scharf  nach  der  Seite  um  und  beschreibt 
einen  Halbkreis  (bcd)  nach  dem  inneren  Neste  zu  (N.  i),  in  welches  es  an  einer  dem  Ein- 
gange fast  gegenüberliegenden  Stelle  einmündet. 

Die  Größe  des  Flugloches  der  oberirdischen  Nester  steht  in  Beziehung  zu  dem  Wachs- 
tum der  Hummeln.    Während  der  Ausbesserung    des    Nestes    kann    man    sehen,    daß    diese 


—     38     — 

Größe  davon  abhängt,  ob  das  Flugloch  ^  on  einer  Arbeiterin  oder  einem  Weibchen  angelegt 
wird:  erstere,  welche  das  Flugloch  nach  ihrem  Wüchse  anlegt,  gibt  ihm  einen  nur  unbe- 
deutenden, durch  die  Größe  ihres  Körpers  festgesetzten  Durchmesser  —  das  Weibchen 
erweitert   es. 

Alles  das,  was  in  dem  \-orstehenden  Abschnitt,  soweit  von  der  Tätigkeit  des  Weib- 
chens allein  die  Rede  war,  gesagt  worden  ist,  erscheint  seiner  psychologischen  Bedeu- 
tung nach  augenscheinlich  als  eine  ebensolche  Gesamtheit  von  Handlungen,  wie  wir  sie 
auch  bei  den  solitären  Insekten  sehen,  wenn  diese  ihrer  zukünftigen  Nachkommenschaft  eine 
Wohnstätte  vorbereiten. 

Kapitel   III. 
Die  Psychologie  der  Tracht. 

(Die    Nahrung   und    ihre    Gewinnung.) 

Inhalt  des  Kapitels.  Wonach  richten  sich  die  Hummeln  bei  dem  Besuchen  von  Blüten  behufs  Nahrungs- 
gewinnung.- Angaben  in  der  Literatur.  Meine  Untersuchungen.  Die  Rolle  der  Sehorgane  bei  dem  Auf- 
suchen der  Blüten  behufs  Einsammeln  von  Nahrung.  Die  Entfernung,  auf  welche  hin  die  Hummeln  be- 
fähigt sind,  Blüten  von  bestimmter  Farbe  zu  unterscheiden.  Die  Rolle  der  Geruchsorgane.  Die  Psychologie 
der  Tätigkeit  der  Hummeln  bei  der  Gewinnung  von  Nahrung  überhaupt  und  speziell  bei  dem  Durchnagen 
der  Blumenkrone  einiger  Blüten  behufs  Abkürzung  der  Arbeit. 

Die  Hummeln  nähren  sich,  wie  die  Bienen,  von  dem  Nektar  der  Blüten  und  \on 
dem   Pollen,  aus  welchem   sie   das  sogenannte  Brot  zubereiten. 

Die  Erscheinungen,  welche  wir  in  diesem  Kapitel  zu  besprechen  haben,  sind  alle  mit 
folgender  Frage  eng  verbunden :  Wonach  richten  sich  die  Hummeln  bei  dem  Besuchen 
von   Blüten  behufs  der   Gewinnung  von  Nahrung?' 

Die  Geschichte  der  Frage,  was  die  Hummeln  dazu  verlockt,  die  Blüten  zu  besuchen  — 
die  Farbe  oder  der  Geruch  — ,  ist  sehr  umfangreich,  und  es  ist  mir  schon  aus  diesem  Grunde 
nicht  möglich,  hier  länger  bei  ihr  zu  verweilen;  ich  beschränke  mich  daher  darauf,  die 
Debatten  zu  berühren,  welche  in  jüngster  Zeit  zwischen  J.  Plateau  und  A.  Forel  bezüg- 
lich  dieser   Frage   stattgefunden   haben. 

Die  biologischen  Anschauungen  von  Plateau  sind  den  meinigen,  im  allgemeinen  ge- 
sprochen, näher  verwandt,  als  diejenigen  von  Forel,  allein  ich  halte  das  \'erfahren  bei 
seinen  Untersuchungen  in  der  vorliegenden  Frage  für  etwas  grob  und  seine  Folgerungen  da- 
her für  unrichtig. 

Foreis  Ausführungen  enthalten  zu  viel  Anthropomorphismus  und  seine  Schlußfolge- 
rungen gehen  daher  mit  meinen  Ansichten  oft  sehr  weit  auseinander,  allein  seine  Unter- 
suchungsmethoden sind  schärfer  durchgeführt  und  seine  Analyse  ist  gründlicher  und  bietet 
mehr   Interesse,  als  diejenige  von   Plateau. 

In  nachstehendem  werde  ich  diejenigen  Deduktionen  kurz  zusammenfassen,  zu  welchen 
die  genannten  Autoren  bezüglich  der  Hummeln  gelangt  sind.^ 

'  Ich  werde  diese  Frage  nur  soweit  behandeln,  als  sie  auf  die  Hummeln  Bezug  hat,  da  ich  der  Ansicht  bin,  daß  eine 
Verallgemeinerung  derselben  auf  alle  Hymenopteren ,  geschweige  denn  auf  alle  Insekten ,  wie  dies  bisher  vielfach  beliebt 
wurde,  zu  den  Unmöglichkeiten  gehört. 

'  „Revue  generale  des  Sciences',     1901.  No.  8. 


—      89     — 

Plateau  vermutet,  daß  die  Hummeln  sich  nicht  von  dem  Gesichte,  sondern  von  dem 
Gerüche  leiten  lassen,  und  stützt  sich  zum  Beweise  hierfür  auf  seine  Versuche,  welche  seiner 
Ansicht  nach  bekräftigen  sollen,  daß  die  Bienen  und  die  Mehrzahl  der  Hymenopteren  über- 
haupt niemals  künstliche  Blumen,  so  künstlerisch  diese  auch  ausgeführt  sein  mögen,  für 
natürliche  halten.  Die  Insekten  vermeiden  den  Besuch  künstlicher  Blumen  selbst  dann, 
wenn  letztere  mit  echten  Blumen  vermengt  sind  und  Honig  in  ihre  Blütenkrone  gegossen 
worden  ist. 

Forel  glaubt  im  Gegenteil,  daß  die  Hummeln  zu  den  Blumen  hauptsächlich  durch 
deren  Färbung  und  Formen  angezogen  werden,  d.  h.  daß  sie  auf  der  Suche  nach  dem  Honig 
nicht  durch  den  Geruch,  sondern  durch  das  Gesicht  geleitet  werden.  Der  Autor  nimmt  an, 
daß  die  Hummeln  sich  des  Aussehens  einer  Blume  und  ihres  Standortes  erinnern  und 
das  Aufgefaßte  im  Verlaufe  von  8  Tagen  im  Gedächtnisse  behalten. 

Die  Angabe,  daß  die  Hummeln  sich  bei  dem  Aufsuchen  der  Nahrung  gerade  durch 
ihr  Sehvermögen,  nicht  aber  durch  den  Geruch  leiten  lassen,  bekräftigt  der  Autor  dadurch, 
daß  Hummeln,  denen  die  Fühler,  d.  h.  die  Geruchsorgane,  abgeschnitten  wurden,  trotzdem 
fortfuhren,  die  den  Honig  enthaltenden  Pflanzen  ebenso  aufzusuchen,  wie  sie  dies  vorher 
getan  hatten.  Er  vermutet  jedoch  gleichzeitig,  daß  die  Hummeln,  wenn  sie  zufällig  in  die 
Nähe  von   Blumen  herangeflogen   sind,   auch  deren  Aroma  zu   riechen   beginnen. 

Um  diese  Frage  zu  lösen,   haben  wir  zunächst  folgende   Punkte  festzustellen : 

A.  die  Rolle  der  Sehorgane  bei  dieser  Tätigkeit; 

B.  die  entsprechende  Rolle  der   Geruchsorgane  und 

C.  den  psychologischen  Charakter  dieser  Tätigkeit. 

A)  Die  Rolle  der  Sehorgane  bei  dem  Besuche  von  Blüten  durch  die  Hummeln. 

Nachstehend  teile  ich  meine  Beobachtungen  auf  diesem  Gebiete  der  biologischen  Er- 
scheinungen bei  den   Hummeln  mit. 

Vor  allem  handelt  es  sich  darum,  die  Farbe  der  Blumen  festzustellen,  die  von  den 
Hummeln   besucht   werden.    Es    sind   dies 

1.  Gelbe:   Taraxacum  officinale,  Melampyrum  nemorosum,  Primula  officinalis, 

Zinaria  vulgaris  u.  a.  m. 

2.  Rosafarbene:    Trifolium   pratense   u.  a.  Arten. 

3.  Violette:   Vicia  sepimn,   Viola   odorata,    Scabiosa   arvensis,    Orchis  maculata 

u.  a.  m. 

4.  Rote:  Dianthus  deltoides,  D.  carthusianorum  u.  a.  m. 

5.  Weiße:  Aesculus  hippocastanum,  Lamium  alhum  u.  a.  m. 

Diese  Blumen  werden  von  den  Hummeln  nicht  beliebig  aufgesucht.  Zu  gewissen  Zeiten 
fand  ich  die  Hummeln  hauptsächlich  auf  dem  Klee,  welchen  sie  zu  anderen  Zeiten  nur 
selten  besuchen,  obgleich  er  auch  dann  in  Blüte  ist;  wieder  zu  anderen  Zeiten  fand  ich  sie 
auf  der  Ackerwicke,  welche  sie  sonst  fast  gar  nicht  besuchen.  Dasselbe  Verhalten  findet 
auch  mit  der  Nelke   und  mit  vielen  anderen  Blumen  statt. 

Indem   ich  bemüht   war,   dem   Grunde  dieser   Erscheinung  auf  die   Spur   zu   kommen. 


_      40      _ 

bemerkte  ich  bald,  daß  die  Mehrzahl  der  Hummeln  das  betreffende  Gewächs  hauptsächlich 
während  der   Periode   seines   massenhaften    Blühens   besucht. 

Indessen  besuchten  die  Hummeln  zur  gleichen  Zeit,  wenn  auch  in  der  Minderzahl, 
auch  die  Blüten  anderer  Gewächse,  und  ferner  gibt  die  Erscheinung  des  Besuchens  von 
in  der  Massenblüte  begriffenen  Pflanzen  an  und  für  sich  noch  keine  Erklärung  für  die 
Frage  nach  der  Ursache  einer  derartigen  Bevorzugung.  Ich  begann  deshalb  die  Tätigkeit 
bestimmter  von  mir  zu  diesem  Zwecke  gewählter  Hummeln  zu  verfolgen  und  beobachtete 
die  letzteren  so  lange  als  sich  mir  die  Möglichkeit  hierzu  bot. 

Die  auf  dem  Wege  dieser  Beobachtungen  gewonnenen  Resultate  sind  folgende : 

1.  Bomhus  lapidariiis  9  sammelte  Honig,  indem  es  auf  einer  großen,  mit  den  ver- 
schiedensten, Ende  Mai  blühenden  Gewächsen  bedeckten  Wiese  flog;  die  ganze  Zeit,  solange 
ich  es  beobachten  konnte,  flog  dieses  Weibchen  von  einer  Blüte  von  Vicia  sepiuni  zur  an- 
deren, indem  es  31  mal  die  bei  dem  —  auf  mehr  oder  weniger  große  Entfernungen  aus- 
geführten —  Hinüberfliegen  angetroffenen  Gewächse  aller  anderen  Arten  vermied. 

2.  Bomhus  lapidarius,  ein  anderes  Exemplar;  dasselbe  —  28mal. 

3.  Boinhlis  lapidarius,  ein  drittes  Exemplar;   dasselbe  -     34mal. 

4.  Bo)iibus  lapidarius,  ein  viertes  Exemplar;   dasselbe  —    2omal. 

Einige  von  diesen  Hummeln  flogen  fort,  nachdem  sie  eine  große  Zahl  von  Exemplaren 
dieses  Gewächses  an  einer  Stelle  besucht  hatten,  und  ließen  sich  auf  Blüten  von  Vicia 
sepiuni  nieder,  welche  in  mehr  oder  weniger  beträchtlicher  Entfernung  von  der  früheren 
Sammelstelle  wuchsen.  Dabei  erwies  es  sich,  daß  der  Standort  einiger  Komplexe  von  Feld- 
wicken den  Hummeln  augenscheinlich  bekannt  war:  nachdem  sie  den  einen  von  ihnen  ver- 
lassen hatten,  flogen  sie  rasch  und  ohne  Um- 
wege auf  einen  anderen  zu,  welcher  oft  20 — 25  m 
von  dem  ersteren  entfernt  lag. 

5.   Bomhus  tcrrestris  flog  i5mal  von  einer 
Nelke    (Dianthus    carthusianoruni)    auf    die 
andere,  indem  er  unterwegs  mehrmals  an  Vicia 
sepium  vorbeiflog. 
Fig.  22.    Teil  des  Fluges  einer  Hummel  {Bombus  ^uf  Fig.  22  ist  ein  Teil  des  Weges  dieser 

ierrestris),  die  sich  auf  Di'antAws  carthusianonim  {X)  ^-,  i      i        i  -,  i  i     •  ■,         o  i 

niederließ  und  Vicia  sepixm  (Q)  überging.  Hummel  abgebildet,  wobei  +  den  Standort  von 

Nelken,  o  denjenigen  von  Feldwicken  bezeichnet. 

6.  Den  i8.  Juli  (1900)  besuchte  ein  Bomhus  muscorum  9  während  der  ganzen  Zeit, 
wo  die   Beobachtung  ausgeführt   werden  konnte,   ausschließlich   roten   Klee. 

7.  Den  25.  Ulli  hielt  sich  dieselbe  Art  nur  an  Scahiosa  und  ließ  sich  auf  keinen 
anderen  Blüten  nieder. 

8.  Den  25.  Juli  taten  4  Hummeln  das  Gleiche,  ohne  sich  jemals  auf  andere  Blüten  zu 
setzen. 

9.  Den  9.  August  flog  ein  Bomhus  terrestris  9  i26mal  von  einem  Exemplar  von 
Melampyrum  nemorostim  auf  das  andere,  ohne  sich  auf  andere  Blüten,  deren  es  auf 
der  betreffenden  Waldwiese  sehr  viele  gab,  zu  setzen  oder  sich  bei  ihnen  aufzuhalten. 

10.  An  demselben  Tage  und  zu  derselben  Stunde  setzte  sich  eine  Bombus  muscorum 
';  ,   welche    auf   eine    mit    ungeheuer   vielen   Melampyrum  nemorosum  bedeckte  Waldwiesc 


41     — 


geflogen  kam,  kein  einzigesmal  auf  diese  Blume,  sondern  besuchte  alle  Exemplare  von 
Salvia  pratensis  und  flog  davon,  ohne  irgend  eine  Art  von  anderen  Gewächsen  beachtet 
zu  haben. 

1 1 .  An  demselben  Tage  beschrieb  eine  Bombiis  lapidarius  ^;  auf  der  Waldwiese  im 
Fluge  einen  ziemlich  regelmäßigen  Kreis  von  etwa  6  m  Durchmesser,  wobei  sie  nach  Ver- 
lauf von  5 — 8  Minuten  zu  dem  Ausgangspunkte  zurückkehrte,  von  wo  sie  ihren  Flug  nach 
dem  Eintreffen  auf  der  Wiese  begonnen  hatte.  Nachdem  sie  sich  davon  überzeugt  hatte, 
daß  die  Blüten  hier  bereits  keinen  Honig  mehr  enthielten,  erhob  sich  die  Hummel  in  die 
Luft  und  flog  davon.  Während  dieser  ganzen  Zeit  wechselte  sie  kein  einziges  Mal  die  von 
ihr  benutzten  Blüten  von  Lamium  alhum,  an  welche  sie  sich  ausschließlich  hielt,  obgleich 
die  Waldwiese  außerordentlich  reich  an  anderen  Gewächsen  war;  darunter  befand  sich  unter 
anderem  auch  das  an  diesem  Tage  besonders  sorgfältig  von  Bombus  terrestris  besuchte 
Melampyrum  nemorosum,  während  diese  Art  ihrerseits  die  Blüten  von  Lamium  album 
nicht   beachtete. 

12.  Den  9.  August  hielt  sich  Bombus  sylvarum  an  dieselben  Pflanzen  wie  Bombus 
lapidarius. 

Ich  könnte  einen  langen  Auszug  aus  ferneren  Beobachtungen  vollständig  analogen 
Charakters  mitteilen,  glaube  aber,  daß  auch  das  bisher  Mitgeteilte  vollauf  genügt,  um  einen 
Begriff  von  dem  Bilde  zu  geben,  welches 
sich  bei  dem  Umherfliegen  der  Hummeln 
von  einer  Blüte  zur  anderen  bei  dem  Ein- 
sammeln von   Honig  darbietet. 

Auf  der  Fig.  23  ist  der  Flug  der 
Hummeln  beim  Einsammeln  ihrer  Beute 
schematisch  angegeben,  wobei  Ni  den  Weg 
von  einer  Blüte  zu  einer  anderen  für  nur 
eine  Pflanzenart  darstellt. 

Des  weiteren  habe  ich  eine  Reihe  von 
Beobachtungen  notiert,  welche  davon  Zeug- 
nis ablegen,  daß  einige  Hummeln  zwei  be- 
stimmte Pflanzenarten,  deren  Blüten  bis- 
weilen verschiedene  Färbung  und  Gestalt 
besitzen,  besuchen,  wobei  sie  sich  bald  auf 
die  eine,  bald  auf  die  andere  Art  nieder- 
lassen, so  wie  sie  zufällig  unterwegs  an- 
getroffen werden. 

So  flog  eine  Bombus  terrestris  ^  am  14.  Juni  von  der  Taubnessel  auf  die  Feld- 
wicke und  umgekehrt,  indem  sie  den  weißen  (Lämmer-)Klee  und  alle  anderen  weißblütigen 
Pflanzen  vermied;  diese  Erscheinung  konnte  ich  auf  eine  Entfernung  von  6 — 8  m  hin  ver- 
folgen. 

Den  19.  Juni  flog  Bombus  muscorum  von  Trifolium  pratense  auf  Melampyrum 
nemorosum  u.  s.  w.   u.  s.  w. 

Auf  dem   Schema   Fig.  23   sind   die  Wege   dieser   Hummeln   durch   N,  bezeichnet. 

Zoologioa.    Heft  46.  6 


»1- 


O  A 
-D-H-TIT 


Fig.  23.  N,  —  Weg  einer  Hummel,  die  sich  auf  den  Blüten 
einer  Pflanzenart  niederließ;  N^  — Weg  einer  Hummel,  die 
sich  auf  den  Blüten  zweier  Pflanzenarten  niederließ; 
N3  —  einer  Hummel,  die  sich  auf  Blüten  dreier  Pflanzen- 
arten niederließ. 


—     42     — 

Nunmehr  folgen  Beobachtungen,  welche  zeigen,  daß  einige  Hummeln  nicht  nur  eine 
der  genannten  Pflanzenarten  allein,  sondern  mehrere  Arten  mit  Blüten  von  gleicher  Farbe 
besuchen. 

So  hielt  sich  i)  Bombns  terrestris  am  17.  Juli  1900)  ausschließlich  auf  lilafarbenen 
Blüten  auf.  ohne  sich  auf  anders  gefärbte  niederzulassen,  und  2'  Bomhus  sylvarum  an 
demselben  Tage  vorzugsweise  auf  lilafarbenen  Blüten,  indem  er  gleichfalls  alle  Blüten  von 
anderer  Färbung  vermied  u.  s.  w.  Auf  dem  Schema  Fig.  23  sind  die  ^^'ege  dieser  Hummeln 
durch  Nr.  3  bezeichnet. 

Zum  Schlüsse  habe  ich  noch  zu  bemerken,  daß  die  angegebene  Ordnung  in  der 
Auswahl  von  Blüten  durch  zweierlei  Ursachen  mehr  oder  weniger  beeinträchtigt  wird. 
Erstens  —  durch  die  Abnahme  in  der  Anzahl  von  blühenden  Gewächsen  unmittelbar  nach 
dem  Mähen,  sodann  am  Ende  des  Sommers  und  zu  Beginn  des  Herbstes  infolge  der  Ab- 
nahme von  blühenden  Gewächsen  überhaupt.  Zweitens  —  durch  den  Beginn  des  Zerfalles 
der  Hummelfamilie,  wenn  die  Arbeit  weniger  intensiv  vor  sich  geht  und  die  Hummeln  an- 
fangen, ,, irgend  wie"  zu  fliegen.  Allein  auch  in  diesen  Fällen  macht  sich  der  fundamentale 
Instinkt  der  Ordnung  bemerkbar:  wenn  die  Hummeln  die  Pflanzen  wechseln,  beginnen  sie 
bei  der  ersten  passenden  Gelegenheit  sich  bis  zu  einem  neuen  Wechsel  an  irgend  eines 
dieser  Gewächse  zu  halten. 

Welches  sind  nun  die  Schlußfolgerungen,  die  wir  aus  den  angeführten  Tatsachen  ziehen 
können?  Dieselben  drängen  sich  uns  von  selbst  auf.  Erstens  wird  durch  diese  Tatsachen 
bewiesen,  daß  die  Hummeln  inistande  sind,  Blüten  von  den  \erschiedensten 
Farben  ohne  Unterschied  zu  besuchen;  zweitens,  daß  sie  sich  jedoch  während  jeder  ge- 
gebenen Zeitperiode  an  diejenige  Pflanze  halten,  welche  ihnen  in  dieser  Periode  [z.  B.  im 
\"erlaufe  eines  Tages^  die  beste  Ausbeute  geliefert  hat.  und  drittens,  daß  die  Hummeln  bei 
dem  Aufsuchen  dieser  Gewächse  ausschließlich  \on  ihren  Sehorganen  geleitet 
werden. 

Für  den  Fall,  daß  keine  einzige  Blüte  den  Hummeln  eine  reiche  Ausbeute  gegeben  hat, 
während  zwei  oder  drei  Arten  von  Gewächsen  sich  als  befriedigend  erwiesen  haben, 
werden  die  Hummeln  sich  bei  ihren  weiteren  Nachforschungen  nach  Honig  eben  an 
diese  Gewächse  halten.  Dies  ist  der  Grund,  warum  eine  jede  Art  \on  Hummeln  sich  an 
ein  und  demselben  Tage  systematisch  an  ihre  Gewächse  hält,  d.  h.  an  die  Gewächse,  deren 
Blüten  ihr  die  beste  Ausbeute  gegeben  haben. 

Da  nun  zu  solchen  Gewächsen  natürlicherweise  diejenigen  Arten  gehören,  deren  Massen- 
blüte eben  in  der  Periode  der  gegebenen  Tracht  stattfindet,  so  fällt  die  Massenblüte 
der  Honiggewächse  meistenteils  auch  mit  ihrer  Wahl  durch  die  Hummeln 
zusammen.'  Hieraus  ergibt  sich  natürlich  auch  die  Erklärung,  warum  die  Hummeln  an 
gewissen  Tagen  die  Blüten  des  Klees  z.  B.  gar  nicht  besuchen,  sondern  nur  die  Blüten  der 
Taubnessel  oder  von  Scabiosa  arvensis ;    ferner  gibt  dies  die  Erklärung  für  die  Entstehung 


'  Angesichts  der  von  mir  mitgeteilten  Beobachtungen  halte  ich  es  nicht  für  notwendig,  auf  die  Betrachtungen 
von  F.  Plateau  einzugehen  [,Observations  sur  le  phcnomene  de  la  constance  chez  quelques  Hymdnoptcres'  (Ann.  Soc. 
Entom.  Belg.  XLV],  nach  welchen  er  die  honigtragenden  Hymenopteren  in  ,oligotropes'  und  „polytropes"  einteilt;  diese 
Einteilung  ist  meiner  Auffassung  nach  zu  sehr  künstlich  und  entbehrt  der  Grundlage,  welche  der  Autor  hier  voraussetzt.  Jeden- 
falls liegt  nicht  der  geringste  Grund  vor,  die  Hummeln  für  ,hvmdnoptcres  trts  inconstants"  zu  halten,  wie  dies  von 
Plateau  geschehen  ist. 


—     43     — 

jenes  Iritunis,  nach  dem  die  Hummeln  angeblich  violette  Blüten  allen  anderen  vor- 
ziehen; endlich  wird  dadurch  auch  der  Grund  für  die  Fehlerhaftigkeit  solcher  Schlüsse  auf- 
geklärt, wie  sie  auf  Grund  der  Versuche  von  Plateau  gezogen  wurden:  die  Hummeln 
haben  sich  auf  die  künstlichen  Blüten  Plateaus  einfach  aus  dem  Grunde  nicht  nieder- 
gelassen, weil  sie  die  Blüten  der  nachgeahmten  Pflanze  an  dem  betreffenden  Tage  über- 
haupt nicht  besuchten,  obgleich  sie  sich  vielleicht  gestern  auf  dieselben  niedergelassen  hätten 
und  morgen  wieder  auf  dieselben  niederlassen  würden;  heute  jedoch  lassen  sie  sich  auf 
Blüten  dieser  Art  aus  dem  Grunde  nicht  nieder,  weil  sie  an  dem  betreffenden  Tage  keinen 
Honig  aus  denselben  sammeln,  oder  aber  aus  anderen  Gründen,  deren  Erklärung  nur  durch 
Beobachtungen  im  Walde  und  auf  der  Wiese   festgestellt  werden  kann. 

Auf  welche  Entfernung  können  Blüten  von  den  Hummeln  mit  Hilfe 
der    Sehorgane    bemerkt    werden? 

Bevor  ich  zu  der  Beantwortung  dieser  Frage  übergehe,  möchte  ich  auf  einen  Zug  in 
der   Fähigkeit  der  Hummeln,   Gegenstände  überhaupt   zu   unterscheiden,   hinweisen. 

Experimentiert  der  Beobachter  langsam  in  einem  Hummelneste,  so  bemerken  die 
Hummeln  gar  nichts  und  beschäftigen  sich  ruhig  mit  ihren  Angelegenheiten.  Sie  sehen 
weder  die  Hand,  noch  werden  sie  des  Experimentierenden  gewahr.  Sobald  jedoch  die  Be- 
wegungen etwas  rascher  werden,  so  bemerken  die  Hummeln  sofort  die  Anwesenheit  eines 
fremden,  feindlichen  Gegenstandes,  worauf  die  einen  sich  unruhig  hin  und  her  bewegen, 
andere  sich  zu  verteidigen  suchen,  wieder  andere   zum   Angriffe  übergehen. 

Es  ist  dies  eine  außerordentlich  charakteristische  und  wichtige  Eigentümlichkeit  des 
Sehvermögens  bei  den  Hummeln,  eine  Eigentümlichkeit,  welche  darauf  hinweist,  daß  ihr 
Sehen  in  diesem  Sinne  nicht  unserem  Sehen  entspricht :  sie  sehen  einen  Gegenstand,  wenn 
derselbe  sich  bewegt,  und  sehen  ihn  nicht,  wenn  er  in  Ruhe  ist  oder  sich  nur  langsam 
bewegt.  Ich  will  an  dieser  Stelle  eine  Beobachtung  mitteilen,  welche  an  freilebenden  Hum- 
meln angestellt  wurde  und  die  mitgeteilte  Schlußfolgerung  bestätigt.  Nachdem  die  Hummel 
mit  ihren  Nachforschungen  nach  Honig  auf  einer  Pflanze  fertig  geworden  ist,  fliegt  sie 
direkt  auf  die  nächste  Pflanze,  d.  h.  sie  fliegt  nur  dann  auf  dieselbe,  nachdem  sie  deren 
Anwesenheit  bemerkt  hat,  wenn  diese  Pflanze  sehr  nahe  gelegen  ist.  Eine  Entfernung  von 
über  35  cm  erfordert  seitens  der  Hummel  bereits  eine  gewisse  Vorbereitung,  um  dasjenige  zu 
bemerken,  dessen  sie  bedarf.  Diese  Vorbereitung  besteht  darin,  daß  die  Hummel  sich  bis  zu 
einer  gewissen  Höhe  in  die  Luft  erhebt  und  darauf  erst  auf  das  bemerkte  Gewächs  zufliegt. 
Auf  diese  Weise  fliegt  die  Hummel  von  einem  Gewächse  zum  anderen,  wenn  letzteres  in  einer 
Entfernung  von  annähernd  über  35  cm  steht,  in  unregelmäßigen  Bogenlinien.  Auf  der  Fig.  24 
ist  dieser  Flug  der  Hummel  schematisch  dargestellt.  Von  dem  Punkte  a  (F\g.  24  A.)  erhebt 
sich  die  Hummel  steil  nach  oben  längs  der  Linie  a — b;  sie  kennt  die  Richtung  noch  nicht, 
wohin  sie  fliegen  wird.  Während  dieser  Bewegung  machen  ihre  lichtempfindlichen  Organe 
augenscheinlich  denselben  Prozeß  durch,  welchen  sie  bei  der  raschen  Bewegung  eines  vor 
ihren  Augen  befindlichen  Gegenstandes  erleiden;  der  ganze  Unterschied  besteht  darin,  daß 
in  letzterem  Falle  der  Gegenstand  sich  bewegte,  während  die  Hummel  in  der  Ruhe  ver- 
blieb, im  ersteren  dagegen  der  Gegenstand  unbeweglich  bleibt,  die  Hummel  aber  sich  be- 
wegt, wodurch  das  Erblicken  des  Gegenstandes  ermöglicht  wird.  Sowie  dies  geschehen  ist, 
fliegt  die   Hummel   im   Bogen  b—c  auf  den  Gegenstand  zu.   Von  hier  fliegt  sie  in  gerader 


// 


—     44     — 

Linie  zu  einer  in  der  Nähe  befindlichen  Blüte  d;  findet  sich  nun  wiederum  keines  der 
zu  besuchenden  Gewächse  in  der  Umgegend,  in  einer  Entfernung,  wo  es  von  der  Hummel 
im  beiderseitigen  Ruhezustande  bemerkt  werden  könnte,  so  erhebt  die  letztere  sich  wiederum 
in  die  Luft  in  der  Linie  d — e,  bemerkt  /,  und  fliegt  im  Bogen  e — /  darauf  zu  u.  s.  w. 

Aus  dem  soeben  Gesagten  folgt,   daß  die  Entfernung,  auf  welche   hin   die   Hummeln 
Blüten    nach    ihrer    Farbe    unterscheiden    können,    nur    unbedeutend    ist    und    70    cm    nicht 

übersteigt. 

^""7^^  ^ Wir  werden  jedoch  alsbald  sehen, 

^  ^ — — ^        ■.,      daß  diese  Entfernung  nicht  für  alle 

Gewächse  die  gleiche  ist :  sie  kann 
kleiner  (gewisse  Blüten  werden  von 
den  Hummeln  selbst  auf  eine  Ent- 
fernung von  35  cm  nicht  erkannt) 
oder  auch  bedeutend  größer  sein 
—  es  hängt  dies  ausschließ- 
lich von  der  Größe  der  Blüte 
ab;  große  Blüten  werden  auf  wei- 
tere Entfernungen  bemerkt  als  kleine 
Blüten,  Blütenstände  auf  weitere 
Entfernungen  als  einzelne  Blüten. 
Im  Frühjahre,  wenn  auf  den  Wiesen  ganze  Beete  von  Vicia  cracca,  von  70  cm  bis  zu 
IG  m  im  Durchmesser,  auftreten,  welche  sich  infolge  des  Baues  ihres  Stengels  nicht 
über  die  sie  umgebenden  Pflanzen  erheben  können  und  einen  richtigen  Blütenfleck  bilden, 
kann  man  leicht  beobachten,  daß  diese  Beete  um  so  leichter  von  den  Hummeln  entdeckt 
werden,  je  größer  sie  sind  (eine  Erscheinung,  welche  uns  unter  anderem  die  Bedeutung 
der  Blütenstände  auf  eine  sehr  einfache  Weise  erklärt).  Ich  konnte  beobachten,  wie  ein 
Weibchen  von  Bomhus  terrestris  ein  großes,  inmitten  von  dichten  Feldern  von  roten  Nelken 
ganz  isoliert  gelegenes  Beet  dieser  blühenden  Wicke  auf  eine  Entfernung  von  mindestens 
IG — 12  m  bemerkte.  Die  Hummel  saß  auf  dem  Wickenbeete  (a),  neben  welchem  ich  mich  be- 
fand, und  als  sie  meiner  ansichtig  wurde,  erhob  sie  sich  und  flog  rasch  nach  dem  \\'alde 
zu,  beschrieb  aber  unterwegs  eine  scharfe  Wendung  in  der  Richtung  nach  einem  großen 
Beete  derselben  Wicke  (b),  auf  welches  sie  sich  niederließ,  um  Honig  einzusammeln  (Fig.  24  B). 
Die  endgültige  Beantwortung  der  Frage  über  die  Rolle  der  Sehorgane  bei  dem  Be- 
suche der  Blüten  zur  Gewinnung  von  Nahrung  wird  sich  demnach  folgendermaßen  ge- 
stalten: Bei  dem  Aufsuchen  eines  bestimmten  Gewächses  auf  gewisse  Entfernungen 
hin  lassen  sich  die  Hummeln  ausschließlich  durch  ihr  Sehvermögen  leiten,  während  die 
Entfernung  selbst,  auf  welche  sie  imstande  sind,  ein  Gewächs  zu  unterscheiden,  von  der 
Größe  der  Blüte,  des   Blütenstandes  oder  des   Beetes   abhängig   ist. 


Fig.  24  A.  Schematische  Darstellung  des 
Fluges  einer  Hummel  von  einer  Blüte 
zur  andern,  je  nach  der  größeren  oder 
geringeren  Entfernung  dieser  Blüten 
von  einander. 


Fig    24  B. 


B)   Die  Rolle  der  Geruchsorgane  bei  dem  Besuche  von  Blüten  durch  die  Hummeln. 

Spielt  das  Geruchs  vermögen   irgend   welche   Rolle   bei   dem    Besuche   von    Blüten 
durch  die  Hummeln?    Auf  diese  Frage  geben  meine  Beobachtungen  folgende  Antwort:  Die 


—     45     — 

Hummeln  setzen  sich  nicht  auf  Blüten,  selbst  wenn  dieselben  an  dem  betreffenden  Tage 
sonst  bevorzugt  werden,  wenn  diese  Blüten  soeben  erst  von  Hummeln  besucht  und 
daher  natürlich  ihres  Honigs  beraubt  worden  waren.  Ich  habe  viele  Male  Hum- 
meln beobachtet,  welche,  auf  einem  Blütenstande  herumkriechend,  in  eine  ganze  Reihe  von 
Blüten  ihren  Rüssel  nicht  versenkten,  sondern  dieselben  übergehend  davonflogen.  Ferner  sah 
ich,  wie  Hummeln,  nachdem  sie  zu  einer  Blüte  und  selbst  zu  einem  Blütenstande  ganz  dicht 
(und  zwar  stets  ganz  dicht)  herangeflogen  waren,  wieder  fortflogen,  obgleich  gerade  diese 
Blüten  an  dem  betreffenden  Tage  von  dieser  Hummelart  besucht  wurden.  In  solchen  Fällen 
erwies  es  sich  stets,  daß  diese  Blüten  soeben  erst  von  einer  anderen  Hummel  oder  von 
einer  Biene  oder  gar  von  derselben  Hummel,  welche  nach  Beendigung  ihres  Umfluges  zu 
dessen  Ausgangspunkte  zurückkehrte,  besucht   worden  waren. 

Ich  erwähnte  bereits  jenen  Bombus  lapidarius,  welcher  auf  eine  Waldwiese  geflogen 
kam  und  nachdem  er  einen  Kreis  beschrieben  hatte,  an  denjenigen  Punkt  zurückkehrte, 
von  wo  aus  er  das  Einsammeln  des  Honigs  begonnen  hatte;  nachdem  diese  Hummel  dicht 
an  eine  Blüte  herangeflogen  war,  auf  welcher  sie  vor  kurzem  selbst  verweilt  hatte,  setzte 
sie   sich  auf  dieselbe,   erhob   sich   aber   sofort  wieder   und   flog   von    der   Waldwiese   fort. 

Derartige  Erscheinungen  habe  ich  mehrfach  beobachtet  und  es  unterliegt  daher  für 
mich  keinem  Zweifel,  daß  die  Hummeln  imstande  sind,  Blüten,  welche  eben  erst  von 
anderen  Insekten  besucht  worden  waren,  von  anderen,  nicht  besuchten  Blüten,  zu  unterscheiden. 
Diese  Fähigkeit  der  Hummeln  spielt  bei  der  schwierigen  Arbeit  des  Einsammelns  augen- 
scheinlich die  Rolle   eines   außerordentlich   wichtigen  Hilfsmittels. 

Wie  werden  nun  die  bereits  besuchten   Blüten   von  den    Hummeln    erkannt? 

Ich  habe  solche  Blüten  sorgfältig  untersucht  und  mit  den  von  den  Hummeln  noch 
nicht  besuchten  verglichen.  Diese  langwierigen  Untersuchungen  haben  mich  zu  der  Über- 
zeugung geführt,  daß  äußerliche  Veränderungen  der  Blüte,  welche  die  Hummeln  \on  einem 
kürzlich  erfolgten  Besuche  durch  Insekten  in  Kenntnis  setzen  könnten,  nicht  existieren; 
selbst  dann,  wenn  solche  Veränderungen  vorliegen,  sind  dieselben  bei  den  Blüten  ein  und 
derselben  Art  derartig  verschieden,  daß  sie  für  ein  solches  Kriterium  keineswegs  taugen, 
um  so  mehr,  als   viele   Blüten  buchstäblich  keinerlei  Veränderungen    aufweisen. 

Was  hat  nun  den  Hummeln  die  Möglichkeit  gegeben,  diese  für  sie  so  wichtige  Frage 
mit  so  überraschender  Genauigkeit  und  Schnelligkeit  zu  lösen  ?  Ist  es  nicht  das  Sehvermögen, 
so  kann  es  augenscheinlich  nur  ein  sehr  feines  spezifisches  Geruchsvermögen  sein.  Ich 
sage  ein  spezifisches  Geruchsvermögen,  da  selbst  starkriechender  Honig,  welcher  Dutzende 
von  Wespen  auf  große  Entfernungen  anlockt,  für  die  Hummeln  ohne  Geruch  ist.  Legt  man 
ein  Stück  Wabe  mit  Honig  in  einen  Kasten,  welcher  ein  Hummelnest  enthält,  so  wird  es 
selbst  bei  herrschendem  Futtermangel  keine  der  Hummeln  anlocken,  und  wenn  diese  letzteren 
das  Vorhandensein  des  Honigvorrates  in  ihrem  Kasten  nicht  vorher  zufällig  in  Erfahrung 
gebracht  und  den  Ort  im  Gedächtnisse  behalten  haben,  so  wird  dieser  Vorrat  von  Wespen, 
welche  von  draußen  durch  den  Geruch  angelockt  werden,  vollständig  geplündert  werden, 
ehe  zwei  oder  drei   Hummeln   „darauf  kommen   werden",   was   hier  vorgegangen   ist. 

Das  Spezifische  des  Geruchsvermögens  der  Hummeln  äußert  sich  demnach  darin, 
daß  sie  von  diesem  Sinnesorgane  nur  auf  sehr  geringe  Entfernungen  geleitet  werden 
können.    Es  ist  durchaus  nicht  schwer,  sich  von  der  Richtigkeit  dieser   Schlußfolgerung  zu 


—     46     — 

überzeugen:  Angenommen,  die  Blüten  lockten  die  Hummeln  nicht  durch  ihre  Farbe,  sondern 
durch  den  Geruch  ihres  Honigs  an,  so  würden  die  letzteren  natürlich  nicht  auf  diejenigen 
der  für  den  betreffenden  Tag  gewählten  Blumen  zufliegen,  welche  ihres  Honigs  durch  frühere 
Besucher  bereits  beraubt  worden  sind;  es  ist  indessen  unbedingt  notwendig,  daß  die 
Hummel  jedesmal  dicht  zu  einer  Blüte  heranfliegt,  bevor  sie  entscheiden  kann,  ob  diese 
letztere   Honig  enthält  oder   nicht. 

Indem  ich  alle  von  mir  in  Bezug  auf  diesen  Gegenstand  erforschten  Tatsachen  zu- 
sammenstelle, glaube  ich  die  Lösung  der  aufgeworfenen  Frage  in  folgender  \\'eise  formu- 
lieren zu  können :  Die  Hummeln  lassen  sich  bei  dem  Besuche  von  Blüten  nicht  von  einem, 
sondern  von  zwei  Sinnesorganen  leiten,  und  zwar:  i;  von  dem  Sehvermögen,  welches 
ihnen  ermöglicht,  die  Farbe  der  Blüten  zu  unterscheiden  und  infolgedessen 
ihren  Flug  in  diejenige  Richtung  lenkt,  wo  sich  die  im  gegebenen  Momente  erwünschten 
Blüten  befinden,  und  2)  durch  ein  sehr  feines  und  spezifisches  Geruchsver- 
mögen, welches  ihnen  die  Möglichkeit  bietet,  in  Erfahrung  zu  bringen,  ob  eine  gegebene 
Blüte  Honig  enthält  oder  nicht,  —  eine  außerordentlich  wichtige  Fähigkeit,  wenn  man  den 
großen  Wert  der  Zeit   berücksichtigt,   an   welcher  so  viel  als  möglich  gespart  werden  muß. 


Im  Zusammenhange  mit  den  soeben  behandelten  Fragen  steht  die  bekannte  Fähigkeit 
der  Hummeln,  an  den  langgestreckten,  röhrenförmigen  Blütenkronen  gewisser  Blumen  z.  B. 
bei  Melanipyrum  nemorosum)  eine  Öffnung  über  dem  Honigbehälter  zu  durchnagen,  wo- 
durch sie  die  Möglichkeit  erlangen,  den  Honig  auf  dem  kürzesten  \\'ege  zu  erreichen,  ohne 
sich  auf  die  Blüte  zu  setzen  und  ohne  daß  sie  durch  die  Notwendigkeit,  den  Rüssel  tief  in 
die  Blüte  hineinstecken  zu  müssen,  Zeit  verlieren. 

Auf  die  psychologische  Bewertung  dieser  Erscheinung  werde  ich  weiter  unten  zurück- 
kommen; zuvor  will  ich  einige  Worte  darüber  sagen,  inwiefern  diese  Erscheinung  zur  Ent- 
scheidung der  Frage  über  die  Rolle  des  Geruches  bei  dem  Einsammeln  des  Honigs  durch 
die   Hummeln  beiträgt. 

Durch  Beobachtungen  wurde  nachgewiesen,  daß  die  Hummeln  die  \on  Insekten  zur 
Gewinnung  von  Honig  auf  die  genannte  künstliche  Weise  besuchten  Blumen  ebensogut  zu 
unterscheiden  verstehen,   wie  bei   dem  normalen  Verfahren. 

In  nachstehendem  teile  ich  eine  meiner  zahlreichen  Beobachtungen  mit,  welche  zur 
Aufklärung  dieser  Frage  dienen. 

Eine  Arbeiterin  von  Bonibus  ferrestris  kam  auf  die  Waldwiese,  wo  ich  meine  Be- 
obachtungen anstellte,  angeflogen  und  ließ  sich  aui  e'mer  Blüte  von  3Iela))ipijru)n  nenwi'OSiUH 
nieder,  wobei  sie  sich  nicht  der  Öffnung  der  Blütenkrone,  sondern  deren  Basis  zuwandte  ;- 
nachdem  die  Hummel  auf  ein  anderes  Exemplar  dieser  Pflanze  hinübergeflogen  war,  unter- 
suchte ich  das  erste  mit  der  Lupe  u.s.f.  Alle  Blütenkronen  waren  an  der  Basis  durchnagt.  Die 
Hummel  durchflog  die  Waldwiese,  wobei  sie  einen  unregelmäßigen  Kreis  von  etwa  6  m  im 
Durchmesser  beschrieb,  und  flog  schließlich  an  dieselbe  Stelle  heran,  von  wo  aus  sie  ihren 
Flug  begonnen  hatte,  und  zu  denselben  Exemplaren  von  Pflanzen,  wo  sie  bereits  \or 
10 — 15  Minuten  verweilt  hatte.  Während  des  Herüberfliegens  von  einer  Pflanze  auf  eine 
andere  setzte  sich  die   Hummel  mehrfach  auf  solche,  welche  sie   soeben   erst  besucht  hatte, 


47 


Fig.  25.     o  —  Öffnungen,  welche  von  den  Hummeln  in  den 

Blütenkronen  von  Melampyrum  nemorosum   zur  Gewinnung 

des  Nektars  angebracht  wurden. 


wobei  sie  unmittelbar  nachdem  sie  sich  niedergelassen  hatte  auch  wieder  davonflog;  bis- 
weilen flog  sie  auch  davon,  nachdem  sie  sich  einem  Blumenkelche  genähert  hatte,  ohne 
jedoch  den  Rüssel  in  die  hier  früher  angebrachte  Öffnung  hineinzusenken. 
Als  die  Hummel  ihren  Kreisflug  beendet  hatte,  zu  dessen  Ausgangspunkte  zurückgekehrt 
war,  und  sich  auf  einige  Blüten  niederließ,  bemerkte  sie  (ohne  jedoch  dabei  mit  dem 
Rüssel  oder  mit  den  Antennen  in  das  Innere  der  Blüten  einzudringen),  daß  diese  bereits 
ausgenutzt  waren,  worauf  sie  sich  in  die  Luft    erhob    und    davonflog. 

In  der  Fig.  25  gebe  ich  einige  Abbildungen  der  Öffnung  (o)  in  den  Blütenkronen 
von  Melampyrum  nemorosum  von  einer  und  derselben  Pflanze.  Man  bemerkt  un- 
schwer, daß  die  Gestalt  dieser  Öffnungen 
eine  verschiedene  ist.  Zieht  man  ferner  in 
Betracht,  daß  die  Ränder  einiger  Öffnungen 
vertrocknet  sind  und  sich  in  Gestalt  und  Vm- 
fang  nicht  \  erändern  konnten,  ferner  daß  die 
Hummeln,  indem  sie  ihren  Rüssel  durch  diese 
Öffnung  in  den  dahinter  befindlichen  Honig- 
behälter stecken,  gar  nicht  im  stände  sind, 
deren  Gestalt  zu  verändern,  endlich  daß  die 
Öffnung  in   solchen   Blüten,   welche   von   den 

Hummeln  sofort,  nachdem  sie  sich  ihnen  genähert  hatten,  —  ohne  den  geringsten  Versuch, 
sich  davon  zu  überzeugen,  ob  die  Blüten  Honig  enthalten  oder  nicht  — ,  wieder  verlassen 
worden  waren,  daß  diese  Öffnungen,  sage  ich,  nicht  selten  von  den  Spitzen  der  Kelchblätter 
bedeckt  sind,  —  so  wird  man  begreifen,  daß  das  Sehvermögen  bei  der  Entscheidung  der 
Frage,   ob  die  betreffende   Blüte   Honig  enthält   oder  nicht,   keinerlei   Anteil   hat. 

Gleichzeitig  ersieht  man  hieraus,  daß  diese  Frage  von  den  Hummeln  vermittelst  des 
Geruchsvermögens  entschieden  wird,  wobei  sie  jedoch  genötigt  sind,  ganz  dicht  an  die  Blüte 
heranzufliegen. 

Wir  wenden  uns  nunmehr  zu  der  Frage  über  die  psychische  Natur  derjenigen  Hand- 
lungen, welche  die  Hummeln,  um  die  Arbeit  und  Zeit  bei  der  Gewinnung  des  Honigs  zu 
verkürzen,  bei  dem   Durchnagen   einer   Öffnung  in  den  Blütenkelchen  ausführen. 

Perez'  erklärt  die  psychologische  Bedeutung  dieser  Erscheinungen,  indem  er  die  be- 
kannten Beobachtungen  und  Ansichten  Darwins  in  dieser  Frage  anführt,  auf  folgende 
Weise : 

„Les  animaux,  en  operant  ainsi,  n'agissent  pas  simplement  sous  Timpulsion  de  l'aveugle  instinct. 
Ils  fönt  assurement  preuve  d'intelligence.  On  n'en  peut  douter,  quand  il  s'agit  de  tirer  parti  du 
labeur  d'autrui.     Et  pour  celui  qua  linsecte  execute  lui  meme,  le  raisonnement  est  manifeste. 

Nous  venons  de  dire,  que  le  bourdon  est  parfaitement  capable  de  s'emparer  du  nectar  du  trefle 
rouge.  II  troue  cependant  cette  fleur  quand  eile  est  en  grand  nombre.  Quel  en  peut  etre  le  motif.?  I! 
n'y  a  que  l'economie  du  temps.  II  est  avantageux  pour  le  bourdon  et  aussi  pour  l'abeille  de  visiter  en  un 
temps  donne  le  plus  de  fleurs  possible.  Une  fleur  trouee  exige  moins  de  temps  pour  etre  epuis^e  de  son 
nectar  qu'une  fleur  non  perforee,  et  l'abeille  peut  plus  tot  passer  de  cette  fleur  ä  une  autre.  Darwin  a 
frequemment  observe,  dans  plusieurs  especes  de  fleurs,  que  la  Perforation  une  fois  effectuee,  abeilles  et 
bourdons    sugaient  ä  travers  ces  perforations   et   allaient  droit  ä  elles,    renon(jant  au  procede  ordinaire,    et 


loc.  cit. 


—     48     — 

finissaient  meme  par  prendre  une  teile  habitude  d'user  de  ces  trous,  que,  loisqu'il  n'en  existait  pas  dans 
une  fleur,  ils  passaient  ä  une  autre,  sans  essayer  dintroduire  leur  trompe  par  la  gorge. 

Ainsi  un  premier  acte  d'intelligence  pousse  ces  insectes  ä  trouer  les  coroUes  tubuleuses,  alors  meme 
que  la  longeur  du  tube  n'exige  pas  cette  Perforation ;  un  second  effet  de  leur  raison  leur  apprend  qu'il  y 
a  avantage  ä  user  de  cette  Perforation ,  une  fois  produite  par  d'autres ;  un  troisieme  acte  intellectuel  leur 
fait  adopter  ce  mode  de  visite,  et  les  fait  renoncer  au  mode  ordinaire  et  normal." 

„Meme  chez  les  animaux  haut  places  dans  la  serie  comme  les  singes,  remarque  Darwin,  nous 
eprouverions  quelque  surprise  ä  apprendre  que  les  individus  dune  espece  ont ,  dans  l'espace  de  vingt 
quatre  heures,  compris  un  acte  accompli  par  une  autre  espece,  et  en  aient  profite." 

„Nous  sommes  bien  loin  de  cet  instinct  aveugle,  inconscient,  immuable,  que  certains  naturalistes 
attribuent  aux  animaux,  et  plus  particulierement  aux  insectes,  leur  refusant  par  suite  tout  acte  relevant  de 
l'intelligence.     Nous  ne  voyons  d'aveugle  ici  que  l'esprit  de  Systeme,  Ihomme  et  non  la  bete." 

Mit  der  gleichen  Überzeugung,  mit  welcher  Perez  von  der  Blindheit  derjenigen 
Menschen  spricht,  welche  das  \'orhandensein  einer  Gabe  des  Verstandes  bei  den  gesellig 
lebenden  Insekten  leugnen,  behaupte  ich,  und  zwar  auf  Grund  derselben  Erscheinungen,  von 
welchen  die  Rede  ist,  daß  sowohl  in  diesem  Falle,  wie  überhaupt  immer,  eine 
Beurteilung  der  Tätigkeit  von  Insekten  ad  hominem  dem  Urteile  eines  Blinden  über  Farben 
gleichzustellen  ist. 

Bereits  wiederholt  mußte  ich  auf  Irrtümer  in  den  Anschauungen  des  großen  Biologen 
des  XIX.  Jahrhunderts,  Ch.  Darwin,  über  die  Natur  der  psychischen  Fähigkeiten  bei  den 
wirbellosen  Tieren,  über  die  Eigenschaft  der  Instinkte  und  über  deren  Entstehung,  hinweisen. 
In  allen  diesen  Fragen  sind  die  ^•on  ihm  begangenen  Irrtümer  um  so  größer,  je  mehr  er  sich 
bei  seinen  Schlußfolgerungen  auf  fremde  Beobachtungen  verlassen  hat.  l'nd  doch  war  er 
gezwungen,  von  solchen  recht  häufigen  Gebrauch  zu  machen.  Leider  war  der  größte  Teil 
dieses  Materiales  von  Naturfreunden,  nicht  aber  von  Naturforschern,  gesammelt  worden,  wes- 
halb die  verschiedenen  Erscheinungen  einzig  und  allein  mit  Hilfe  der  subjektiven  Methode 
erkannt  wurden,  einer  Methode,  nach  welcher  die  Handlungen  der  Tiere  mit  dem  Maße 
der  menschlichen  Psyche  bemessen  wurden. 

Um  nicht  dasselbe  zu  wiederholen,  was  ich  aus  dieser  \'eranlassung  schon  mehrfach 
ausgesprochen  habe,  verweise  ich  die  Leser  auf  meine  früheren  Arbeiten :  „L'industrie  des 
Araneina",  „Die  biologische  Methode  in  der  Zoopsychologie"  (Tire  des  „Travaux  de  la 
Soc.  Imp.  d.  Natural,  de  St.  Petersbourg.  T.  XXXIII.  fasc.  2,  russisch),  „Zoopsychologische 
Fragen"  (Moskau  1896,  russisch).  An  dieser  Stelle  will  ich  mich  auf  Erwägungen  be- 
schränken, welche  ausschließlich  die  Hummeln  betreffen. 

Vor  allem  möchte  ich  betonen,  daß  schon  in  der  Formulierung  der  Frage  selbst  eine 
grobe  Ungenauigkeit  enthalten  ist:  es  sind  nicht  die  Hummeln  im  allgemeinen,  welche 
um  an  Zeit  und  Arbeit  zu  sparen,  Öffnungen  durch  die  Blütenkronen  gewisser  Gewächse 
nagen,  wie  dies  in  dem  Zitat  von  Perez  angegeben  ist;  in  unserem  Faunengebiet  wenigstens 
und  soviel  ich  auf  Grund  meiner  eigenen  Beobachtungeir  annehmen  kann,  besitzt  nur  eine 
Hummelart,  und  zwar  Bo)nbiis  terrestris,  die  Fähigkeit,  die  erwähnten  Öffnungen  anzu- 
fertigen. 

Ich  wenigstens  habe  noch  nie  beobachtet,  daß  Bovibus  lapidarius,  Bomhus  sylrarum 
oder  Bomhus  muscorum  sich  auf  die  Blüten  von  Melampyrum  nemorosum  setzten,  welche 
ganze  Waldwiesen  wie  mit  einein  dichten  Teppich  bedeckten.    Ich  habe  diese  Arten  stunden- 


—     49     — 


lang  beobachtet  und  hal^c  nur  ein  einziges  Mal  gesehen,  wie  ein  Exemplar  von  Bomhus 
muscorum  sich  auf  eine  Blüte  dieser  Pflanze  niederließ,  den  Versuch  machte,  auf  die  ge- 
wöhnliche Art  und  Weise  durch  die  Blütenkrone  in  den  Honigbehälter  einzudringen 
und  nachdem  dieser  Versuch  mißlungen  war,  davonflog.  Keine  einzige  dieser  Hum- 
meln setzte  sich  an  den  basalen  Teil  der  Krone  der  genannten  Blüten,  an 
welchen  sich  Öffnungen  befanden  und  wohin  Bombus  terrestris  in  Massen  geflogen  kam. 
Dieser  Erscheinung  kommt,  wenn  sie  durch  andere  Beobachtungen  bestätigt  wird,  meiner 
Ansicht  nach   eine   ungeheure   Bedeutung   zu. 

Wie  könnte  man  dann  in  der  Tat  erklären,  warum  Insekten  einer  und  derselben  Gat- 
tung, welche  eine  sehr  übereinstimmende  Lebensweise  führen  und  die  gleichen  Instinkte  und 
Angewohnheiten  besitzen,  sich  durch  ihre  geistigen  Fähigkeiten  so  stark  voneinander  unter- 
scheiden? Die  Art  Bombus  terrestris  erweist  sich  als  befähigt,  komplizierte  Vernunfts- 
schlüsse zu  konstruieren,  während  die  übrigen  Arten  nicht  nur  außer  stände  sind,  selbst 
irgend  welche  derartige  Schlüsse  zu  ziehen,  sondern  nicht  einmal  dazu  befähigt  sind,  zu 
verstehen,  wie  sie  die  Resultate  eines  bereits  ausgeführten  Vernunftsschlusses  für  sich  ver- 
werten könnten.  Die  eine  Hummelart  hat  überlegt,  einen  Vernunftsschluß  gezogen  und  ge- 
handelt, während  eine  andere  im  Verlaufe  vieler  Jahrhunderte  nicht  begreifen  lernt,  daß 
durch  eine  fertige  Öffnung  der  Zugang  zum  Hoingbehälter  für  jede  beliebige  andere 
Hummelart  in  gleicher  Weise  erleichtert  wird,  wie  für  Bombus  terrestris.  Dieser  Umstand 
gestattet  es  nicht  mehr,  allgemeine  Betrachtungen  über  die  Erscheinung  anzustellen,  wie 
dies  von  Herrn  Perez  u.  a.  m.  so  weitläufig  geschieht,  sondern  ich  erblicke  darin  eine 
ganz  neue  Tatsache,  welche  den  Sinn  der  die  fragliche  Erscheinung  unrichtig  wieder- 
gebenden  Definition   vollständig  verändert. 

Doch  damit  nicht  genug. 

Unterwerfen  wir  die  Blüten  von  Melampyrum  nemorosum  einer  genaueren  Unter- 
suchung. 


B. 


Fig.  27.  0  —  Eine  Öffnung,  welche 
an  einer  noch  verschlossenen  Blüten- 
krone von  Melatnpyrum  nemorosum  an- 
gebracht wurde  (in  Fig.  B  vergrößert). 


Fig.  26.   o  —  durchbissene  Stellen 
in  der  Krone   einer  noch  nicht  geöff- 
neten   Blüte    von    Melampjrum    vemu- 
rostim. 


Fig.  28.     Öffnungen,   welche  an 
solchen  Stellen  der  Blüte  ange- 
bracht wurden,  wo  sie  gar  keine 
Bedeutung  haben  können. 


Bereits  an  den  ersten  zehn  Exemplaren  kann  man  sich  leicht  davon  überzeugen,  daß 
eine  Öffnung  nicht  nur  an  denjenigen  Blüten  vorhanden  ist,  welche  sich  vollständig  er- 
schlossen haben  und  Honig  enthalten,  sondern  auch  an  noch  ganz  geschlossenen  Blüten, 
welche  sich  vielleicht  erst  nach    einem,  zwei  oder   mehr   Tagen   öffnen   werden. 

Auf  der  Fig.  26  (A  —  seitlich,  B  —  en  face)  sehen  wir  eine  solche  Blüte,  welche 
noch  keine  richtige  Öffnung  besitzt,  an  welcher  jedoch  rechts  und  links  von  der  Rippe  ganz 
deuthch  ein  mittelst   der   Kiefern  ausgeführter   Biß   zu   sehen   ist   (Fig.  26  B.  o). 

Auf  Fig.  27  A  sehen  wir  an  einer  anderen,    ebenfalls   noch   nicht    erschlossenen   Blüte 

Zoologica,    Heft  46.  7 


—     50     — 

nicht  mehr  eine  nur  durchbissene  Stelle,  sondern  eine  bereits  fertige  Öffnung  von  der 
gewohnten  Gestalt  (Fig.  27  B  —  die  Öffnung  vergrößert,. 

Wovon  legen  nun   diese   Erscheinungen  Zeugnis  ab  ? 

Augenscheinlich  davon,  daß  die  Hummeln  die  Blüten  durchnagen,  ohne  einen  Be- 
griff davon  zu  haben,  ob  dieselben  Honig  enthalten  oder  nicht;  mit  anderen  Worten,  sie 
durchnagen  die  Blütenkrone  bereits  zu  einer  Zeit,  wo  noch  keinerlei  Ver- 
anlassung zur  Aufstellung  eines  A'ernunf tsschlusses,  betreffend  die  Zweck- 
mäßigkeit ihrer  Arbeit,  vorliegt.  Man  wird  ja  in  der  Tat  nicht  voraussetzen  können, 
daß  die  Hummeln  befähigt  seien,  etwa  folgende  Betrachtung  anzustellen :  ,, Diese  Blüte  ist 
noch  nicht  zur  vollen  Entwicklung  gelangt  und  enthält  keinen  Honig;  immerhin  will  ich 
eine  Öffnung  anbringen,  um  das  Eindringen  zum  Honig  zu  erleichtern,  wenn  auch  nicht 
mir,  so  doch  irgend  einer  von  meinen  Genossinnen." 

An  der  Hand  dieser  Erscheinung  werden  wir  offenbar  an  der  Formel  Darwins  eine 
weitere  Korrektur  vornehmen  müssen,  so  daß  dieselbe  in  ihrer  endgültigen  Gestalt  folgender- 
maßen lauten  wird:  Bombiis  terrestris  und  seine  \'arietäten  (nicht  aber  die  Hummeln 
überhaupt)  besitzt  den  speziellen  Instinkt,  in  der  Blütenkrone  gewisser  Blumen  Öffnungen 
anzubringen,  ohne  Rücksicht  darauf,  ob  diese  Blüten  Honig  enthalten  oder  nicht  (aber 
durchaus  nicht  zu  dem  Zwecke,  um  den  Zugang  zu  dem  Honig  zu  erleichtern),  obgleich  diese 
Öffnung  den   Hummeln   späterhin  beim   Einsammeln  des  Honigs  von   Nutzen  sein  kann. 

Auf  welche  Weise  konnte  sich  nun  ein  so  merkwürdiger  Instinkt  herausbilden? 
Offenbar  auf  demselben  Wege,  wie  ein  jeder  andere  Instinkt,  d.  h.  durch  ein  zufälliges  Ab- 
weichen von  den  Gewohnheiten,  welches  sich  für  die  Art  als  vorteilhaft  erwies. 

Daß  dem  auch  in  der  Tat  so  ist,  davon  überzeugen  uns  wiederum  die  Blumen,  und 
zwar  solche,  in  denen  der  Biß  nicht  an  derjenigen  Stelle  angebracht  ist,  wo  er  dem  Zwecke 
dient,  für  welchen  er  bestimmt  ist,  sondern  an  einer  solchen  Stelle,  wo  er  gar  keine  Be- 
deutung hat  und  ganz  sinnlos  erscheint,  wie  wir  dies  auf  der  Fig.  28  sehen.  Dieser 
interessante  Fall  weist  gleichzeitig  auch  auf  die  Entwicklungsgeschichte  dieses  speziellen 
Instinktes  einer  speziellen  Gruppe  der  Hummeln  hin.  Anfänglich  wurde  das  Durchbeißen 
nicht  an  derselben  Stelle  wie  gegenwärtig  ausgeführt,  sondern  an  einem  beliebigen  Punkte, 
später  dagegen  hat  sich  der  durch  die  Auslese  unterstützte  Instinkt  in  der  Weise  fixiert, 
wie  wir  ihn  noch  jetzt  sehen,  —  ähnlich  wie  die  Stiche  der  solitären  Wespen  anfänglich  wahr- 
scheinlich ganz  sinnlos,  späterhin  unregelmäßig  ausgeführt  wurden  und  erst  zuletzt  ausschließ- 
lich die   Ganglien  des   Nervensystems  trafen. 

Die  Richtigkeit  dieser  \'oraussetzung  wird  nicht  nur  durch  den  interessanten  Fall 
eines  offenbar  noch  nicht  festgelegten  Instinktes,  von  welchem  ich  soeben  gesprochen  habe 
(Fig.  28),   sondern  außerdem   auch   noch   durch  folgende  Erwägung  nachgewiesen. 

Eine  Menge  Beobachtungen  über  Hummeln  aller  Arten  beweisen  uns.  daß  diese  Insekten 
die  Fähigkeit  besitzen,  mit  Hilfe  ihres  Geruchssinnes  festzustellen,  ob  eine  Blüte  Honig  ent- 
hält oder  nicht;   in  letzterem  Falle  verlassen  sie  die  Blüte  unverzüglich   und  fliegen  weiter. 

Die  einzige  „Ausnahme"  in  den  Erscheinungen  dieser  Kategorie  bilden  jene  Fälle, 
wo  Bomhxis  terrestris  noch  unentwickelte  Blüten  derjenigen  Pflanzenarten  besucht,  bei 
welchen  sie  die  Blütenkronen  zu  durchnagen  pflegen :  hier  fliegen  sie  nicht  nur  nicht  fort, 
nachdem  sie  keinen  Honig  gespürt  haben,  —  in   einer  unentwickelten   Blüte   kann   das   Vor- 


—     51     — 

handensein   \on  Honig,   selbst   wenn  solcher  anwesend    wäre,    nicht    festgestellt     werden    

sondern  sie  beginnen  sogar  die  Blütenkrone  zu  durchnagen.  Diese  „Ausnahme"  bildet 
natürlich  gar  keine  Ausnahme,  sondern  sie  stellt  eine  Neubildung  dar,  welche  mit  der 
Psychologie  bereits  seit  langer  Zeit  eingebürgerter,  das  Einsammeln  von  Nahrung  durch  die 
Hummeln  begleitender  Handlungen  durchaus  nichts   zu  tun   hat. 

Hierdurch  erklärt  sich  natürlich  auch  der  Umstand,  woher  wir  diese  Neubildung  aus- 
schließlich nur  bei  einer  Gruppe  der  Hummeln  und  nicht  bei  allen  beobachten,  und  wo- 
her dieser  Instinkt  bei  dieser  Gruppe  mit  allen  übrigen,  die  Nahrungsgewinnung  begleiten- 
den und  für  alle   Hummeln  gemeinsamen   Instinkten  im  Widerspruche  steht. 


Kapitel   IV. 

Die  Psychologie  des  Ausfluges  der  Hummeln  aus  dem  Neste  und  ihrer  Rückkehr 

in  dasselbe. 

Inhalt    des    Kapitels.     Angaben    in  der  Literatur:    G.  W.  u.  El.  Peckham;    P.  Marchai;    E.    Mar- 
chand;   Bouvier;    Fahre;    Bethe. 
Meine  Untersuchungen  : 

A)  Beobachtungen  über  das  Zurückkehren  in  das  Nest  vermittelst  Laufens. 

B)  Beobachtungen  über  den  Abflug  vom  Neste  und  den  Rückflug  zu   demselben. 

a)  Beobachtungen  im  Zwinger.  Die  Wege  des  Ab-  und  Heimfluges  prägen  sich  dem  Gedächt- 
nisse der  Hummeln  in  verschiedener  Weise  ein  und  werden  unabhängig  von  einander  im  Gedächtnisse 
behalten. 

b)  Beobachtungen  über  den  Abflug  der  Hummeln  und  deren  Zurückkehren  in  das 
Nest  in  der  Freiheit.  Die  Hummeln  prägen  sich  die  Anordnung  der  Gegenstände  in  der  Form  ein,  wie  sie 
ihnen  bei  der  Rückkehr  erscheinen  wird,  nicht  aber  so,  wie  sie  sich  bei  dem  Abfluge 
aus   dem   Neste    darstellt. 

Die  Kategorien  von  Tatsachen,  welche  die  Richtigkeit  dieser  Schlußfolgerung  feststellen.  Die  Tat- 
sachen einer  dieser  Kategorien  beweisen  überdies,  daß  die  Hummeln  die  Wege  des  Abfluges  un- 
abhängig von  denen  der  Rückkehr  im  Gedächtnis  behalten,  daß  beide  Wege  keinerlei  Be- 
ziehungen zu  einander  haben,  und  daß  dieselben  zwei  selbständige  psychische  Akte  darstellen 

Die  Mittel  zur  Einprägung  der  leitenden  Pimkte  bei  dem  Abfluge  behufs  Ermöglichung  der  Rückkehr 
in  das  Nest.  Die  Sphäre  des  Sehens  und  die  Sphäre  des  Unterscheidens  der  Gegenstände  (nach  Farbe  und 
Gestalt).  Der  Richtungssinn  im  Prozesse  des  Abfluges  der  Hummeln  und  ihrer  Rückkehr  in  das  Nest  von 
dem  Fundorte  der  Tracht.  Allgemeine  Charakteristik  dieses  Prozesses  nach  dessen  grundlegenden  Momenten 
auf  der  gesamten  Strecke  des  Weges  und  die  biologische  Bedeutung  dieser  Momente  des  Prozesses. 

c)  Psychologie  des  Abfluges  und  der  Rückkehr  der  Hummeln  auf  Grund   des  dargelegten  Materiales. 


Die  in  diesem  Kapitel  zu  untersuchenden  Erscheinungen  umfassen  eine  ganze  Reihe 
von  Fragen,  welche  zum  Teil  mit  der  Funktion  der  Sehorgane  der  Hummeln  in  Verbindung 
stehen,  insofern  dieselbe  als  ein  die  Hummeln  bei  ihrem  Abfluge  und  bei  der  Rückkehr 
in  das  Nest  leitender  Faktor  erscheint,  zum  Teil  aber  mit  jenem  Gebiete  der  Psyche  der 
Insekten,  welches  mit  den  Erscheinungen  des  xA.bfluges  und  der  Rückkehr  in  das  Nest  zu 
tun  hat,  und  endlich  mit  der  Fähigkeit  der  Huinmeln,  ihr  Nest,  als  einen  die  Summe  der 
ihm  eigentümlichen  Merkmale    umfassenden  Gegenstand,   zu  erkennen. 

L^ber  die  Frage,  was  bei  den  Insekten  als  Mittel  zur  Orientierung  bei  dem  Fluge 
dient,  gibt  es  eine  ganze  Literatur,  welche  bezüglich  ihrer  Schlußfolgerungen  nach  zwei  ein- 
ander entgegengesetzten  Gesichtspunkten  über  diesen  Gegenstand  geordnet  werden  kann :  Nach 


—     52     — 

der  Ansicht  der  einen  Autoren  dienen  den  Insekten  als  Mittel  zur  Orientierung  ihre  Augen 
und  das  Gedächtnis,  oder,  mit  anderen  Worten,  der  \'organg  des  Abfluges  und  des 
Heimfluges  ist  der  Prozeß  einer  hoch  entwickelten  Psyche.  Nach  der  Ansicht  der  anderen 
verhält  sich  die  Sache  genau  umgekehrt,  indem  nämlich  dieser  Prozeß  nichts  Psychisches 
in  sich  einschließt. 

G.  W.  und  El.  Peckham'  vermuten,  daß  die  Hymenopteren  durchaus  nicht  infolge 
eines  besonderen  Richtungssinnes  in  das  Nest  zurückkehren,  sondern  ausschließlich  dank  ihrer 
Sehorgane  und  ihres  Gedächtnisses.  Diese  Ansicht  begründen  die  genannten  Autoren  auf  Er- 
gebnissen von  Beobachtungen,  durch  welche  nachgewiesen  wird,  daß  z.  B.  die  Sphegidae, 
welche  zuerst  ihren  Gang  graben  und  dann  erst  die  Beute  herzutragen,  nach  Beendigung 
der  Arbeit  die  Umgebung  ihres  Nestes  erst  aufmerksam  betrachten,  ehe  sie  nach  Beute 
fliegen :  sie  prägen  die  Lage  ihres  Nestes  dem  Gedächtnisse  ein.  Meist  beschreiben  sie,  in- 
dem sie  sich  allmählich  von  ihrem  Bau  entfernen,  mehrere  Kreise ;  in  anderen  Fällen  führen 
sie  mehrere  Zick-Zack-Linien  in  der  unmittelbaren  Nähe  über  dem  Baue  aus;  bisweilen 
fliegen  sie  von  dem  letzteren  fort,  um  sich  irgendwo  in  der  Nachbarschaft  niederzulassen 
und  kehren  sodann  zu  ihrem  Neste  zurück ;  sodann  fliegen  sie  von  neuem  nach  einer  anderen 
Seite  fort  u.  s.  w.  Späterhin  beschränken  sie  sich  auf  wenige  eilige  Kreise  und  fliegen  ge- 
radeaus. Ein  besonders  aufmerksames  und  eingehendes  Studium  widmen  diese  Wespen  der 
Umgebung  bei  ihrem  ersten  Ausfluge. 

Gibt  man  der  nächsten  Umgebung  des  Nestes  ein  verändertes  Aussehen,  so  bemerkt 
das  zum  Neste  zurückkehrende  Insekt  das  Vorgefallene  und  es  kommt  vor,  daß  es  dann 
seinen  Bau   gar  nicht   betritt. 

Eine  Bestätigung  der  aus  ihren  Beobachtungen  gezogenen  Schlußfolgerungen,  daß 
die  zum  Neste  zurückkehrenden  Insekten  durch  ihr  Sehvermögen  und  geistige  Fähig- 
keiten yintelligence)  geleitet  werden,  sehen  G.  W.  und  El.  Beckham  in  jenen  Fällen,  wo 
die  Wespen  sich  bei  dem  Aufsuchen  ihrer  Nester  irren,  wodurch  sie  in  die  Notwendigkeit 
versetzt  werden,  mehr  oder  weniger  langwierige  Nachforschungen  nach  ihrem  Neste  anzu- 
stellen. 

Eine  der  Schlußfolgerungen  dieser  Autoren  bezüglich  der  in  Rede  stehenden  Frage 
ist  unter  anderem  die  Bestätigung  dafür,  daß  die  Idee  von  den  ., wunderbaren"  Eigen- 
schaften bei  den  Insekten  (dem  Richtungssinn)  —  auf  einem   Irrtum  beruhe. 

Zu  demselben  Schlüsse  gelangt  auch  P.  Marchai-,  welcher  die  Rückkehr  in  das  Nest 
bei  Pompilus  sericeus  beobachtete   und  zu  dem  Schlüsse  kam,  daß  dieses  Insekt  bei  seinen 
Handlungen  sich  durchaus  nicht  von  dem  Richtungssinne  leiten  läßt,  sondern 
„uniquement  en  tirant  parti  dans  la  mesure  de  ses  moyens  fort  imparfaits,  des  donnees,  qui  lui  sont  fournies 
par  la  vue  et  par  la  memoire". 

Zu  einem  analogen  Schlüsse  gelangt  auch  E.  Marchand^.  Dieser  Autor  beobachtete 
eine  Bembex,  welche  ihr  Nest  angelegt  hatte 

„auprfes  d'un  pied  de  Vincetoxicum,  ä  peu  de  distance  dun  vieux  moulin.  Comme  il  vient  den  sortir  pour 
aller  en  chasse,  M.  arrache  le  Vincetoxiciim  et  le  replante  ä  0,60  m.  environ.     L'Hymenoptere  revient  Charge 


'  On  the  instincts  and  habits  of  the  solitary  Wasps.     (Wisc.  Geol.  and  Nat.  Hist.  Survey  Bull.   189S.  II.) 

'  Le  retour  au  nid  chez  le  Pompilus  sericeus  (C.-R.  Soc.  Biol.  LH.  1900). 

'  Sur  le  retour  au  nid  de  Bembex  rostrata  Fabr.     (Bull.  Soc.  Sc.  nat.  Ouest  X,  1900.) 


—     53     — 

d'une  proie,  s'abat  pres  du  Vinccto.vintm,  cherche,  s'agite,  parait  fort  desoriente.  M.  le  met  en  fuite,  replace 
la  plante  ä  sa  premieie  place  et  attend.  Au  bout  de  cinq  minutes ,  I'insecte  revient,  s'abat  de  nouveau 
au  pres  de  la  plante  et  cette  fois  trouve  son  nid.  C'est  la  demonstration  formelle  d'une  memoire  precise 
et  de  l'utilisation  de  repaires  pour  retrouver  le  nid.  Le  vieux  moulin  servait  sans  deute  de  repaire  pour 
les  grandes  distances." 

Dieser  Kategorie  von  Schlüssen  schließen  sich  auch  noch  viele  andere  Autoren  an, 
von  welchen  ich  noch  Bouvier  nennen  möchte,  welcher  Beobachtungen  über  die  Rück- 
kehr in  das  Nest  bei  einer  anderen  Art  von  Bembex  angestellt  hat.'  Er  schreibt  folgendes : 
,,Un  terrier  de  Bembex  calciatus  ctant  abrite  par  une  pierre  plate  et  blanche  d'un  decimetre  environ  que 
I'insecte  est  oblige  de  contourner  pour  rentrer  dans  son  nid,  l'auteur  deplace  la  pierre  et  la  transporte  ä 
deux  decimetres  environ.  Or,  rhymenoptere  charge  de  sa  victime  revient  bientot  et,  sans  hesitation  appre- 
ciabie,  va  s'abattre  sur  le  bord  de  la  pierre,  c'est  ä  dire  ä  deux  decimetres  de  son  terrier,  puis  se  met  ä 
fouir  comme  s'il  s'etait  trouve  ä  la  bonne  place.  La  pierre  ayant  ete  remise  au  lieu  öu  eile  etait  d'abord, 
I'insecte  retrouve  aussitöt  l'enlrce  de  son  logis.  Si  la  pierre  est  au-dessous  d'une  certaine  taille ,  eile  n'a 
plus  d'influence,  et  I'insecte  se  repairant  sans  deute  sur  des  accidents  locaux  plus  importants,  n'en  tient 
plus  compte." 

Aus  diesen  seinen  Beobachtungen  zieht  der  Autor  den  Schluß,  daß  das  Einprägen 
der  Gegend  und  der  Gesichtssinn  als  die  hauptsächlichsten,  wenn  nicht  als  die  einzigen 
leitenden  Faktoren  erscheinen,  deren  sich  die  Insekten  bei  der  Rückkehr  in  das  Nest 
bedienen. 

In  ganz  abweichender  Weise  werden  diese  Dinge  von  einer  anderen  Gruppe  von 
Naturforschern   aufgefaßt. 

Fahret  welcher  durch  seine  sorgfältigen  und  ein  hohes  Interesse  verdienenden  Be- 
obachtungen über  das  Leben  der  Insekten  bekannt  ist,  hat  in  seiner  Lebensbeschreibung  von 
Cerceris  der  Frage  über  die  Rückkehr  in  das  Nest  bei  diesen  Insekten  einen  ganzen  Ab- 
schnitt gewidmet.  Er  teilt  eine  ganze  Reihe  geistreicher  Beobachtungen  über  ihre  Rück- 
kehr zum  Neste  mit,  nachdem  er  sie  2 — 3  Kilometer  weit  von  dem  Standorte  des  Nestes 
fortgetragen  hatte  und  beschließt  die  Beschreibung  dieser  Versuche  mit  folgenden  Worten : 
,,eine  Entfernung  von  drei  Kilometern,  eine  Stadt  mit  ihren  Häusern,  Dächern,  rauchenden  Schornsteinen, 
Dingen,  welche  diesen  Dorfbewohnerinnen  so  neu  sind,  konnten  kein  Hindernis  für  deren  Rückkehr  in  das 
Nest  bilden.  Man  kann  vermuten,  dafS  die  Insekten  sich  nicht  einfach  durch  das  Gedächtnis,  sondern 
durch  irgend  eine  andere  Fähigkeit  leiten  lassen,  welche  uns  abgeht." 

Diese  ,, rätselhafte  Begabung"  der  Insekten,  wie  Fahre  sich  ausdrückt,  ist  eben 
der  „Richtungssinn"  der  Autoren. 

Ganz  besonders  lehrreich  sind  die  Versuche  Fahr  es  über  die  Rückkehr  in  das  Nest 
bei  Bembex,  dem  Insekt,  an  welchem  auch  E.  Marchand  und  Bouvier  ihre  Beobach- 
tungen angestellt  haben. 

Die  Beobachtungen  und  Versuche  von  Fabre  beweisen,  daß  Bembex  auch  dann  direkt 
und  ohne  Schwankungen  in  sein  Nest  zurückkehrt,  wenn  das  letztere  mit  einem  Steine  oder 
einem  Häufchen  Mist  bedeckt  wird,  wie  dies  von  dem  Beobachter  getan  wurde;  weder  die 
neue  Gestalt  der  auf  das  Nest  gelegten  Gegenstände,  noch  deren  Färbung  können  jene 
Regelmäßigkeit   beeinflussen,   mit   welcher   das   Insekt  sich  bei   der   Rückkehr  mit  Beute  auf 


'  Le  retour  au  nid  chez  les  Hymdnopteres  prddateurs  du  genre  Bembex.    (C.-R.  Sog.  Biol.  1900). 
'  Souvenirs  Entomologiques. 


—     54     — 

sein  Nest  niederläßt;    das   Insekt  setzt  sich  in  die  Mitte  des   aufgeworfenen   Haufens,  gräbt 
darin  und  findet  sofort  den  Eingang  zu  seinem  Wohnorte. 

Weitere  Versuche  von  Fahre  beweisen  mit  größter  Klarheit,  daß  der  Geruchssinn 
bei  der  Feststellung  der   Lage  des   Nestes   durchaus  keine   Rolle   spielt. 

Nicht  minder  lehrreich  sind  die  Beobachtungen  von  Fahre  über  die  Rückkehr  in 
das  Nest  bei  Chalicodoma.  Er  trug  diese  Insekten  weit  \on  ihrem  Neste  weg  in  ein 
Waldesdickicht,  aus  welchem  er  sich  selbst  die  erste  Zeit  hindurch  nur  mit  Hilfe  eines 
Kompasses  herausfinden  konnte;  er  transportierte  sie  auf  weite  Entfernungen  vom  Neste 
an  einen  solchen  Ort,  welcher  von  dem  Neste  durch  Hügel,  Wälder  u.  s.  w.  getrennt  war. 
Nachdem  die  freigelassenen  Insekten  einige  Kreise  beschrieben  hatten,  flogen  sie  in  der 
Richtung  nach  dem  Neste   davon,  als  hätten  sie  sich  nach  einem   Kompaß   gerichtet. 

Zu  analogen  Schlußfolgerungen  gelangen  mit  Fahre  noch  viele  andere  Forscher,  dar- 
unter auch  Bethe^.  Die  Befähigung  der  Bienen,  zu  ihrem  Stocke  zurückzukehren,  erklärt 
dieser  Autor  auf  folgende  Weise.  Er  setzt  voraus,  daß  ein  jeder  Stock  eine  spezielle 
flüchtige  Substanz  abscheidet,  welche  im  stände  ist,  die  Bienen  auf  Entfernung  an- 
zulocken, mit  anderen  Worten,  daß  die  Rückkehr  der  Bienen  in  ihren  Stock  als  eine 
spezielle  Form  von  Chemotropismus  der  Bienen  angesehen  werden  kann.  Indem  Bethe 
jedoch  in  Betracht  zieht,  daß  die  Bienen  Tiere  der  Luft  sind  und  daß  sie  sich  in  fort- 
währender Bewegung  befinden,  erscheint  es  ihm  schwierig,  die  Frage  endgültig  zu  beant- 
worten, um  so  mehr  da  die  Bienen  nach  seiner  Ansicht  sich  durch  ein  Etwas  leiten 
lassen,  was  nicht  dem  Stocke  angehört,  indem  dieses  Etwas  sie  nicht  zu  dem  Stocke  selbst 
führt,  sondern  zu  jenem  Orte,  wo  er  sich  befindet  und  zu  welchem  sie  auch  noch  geflogen 
kommen,  nachdem  der  Stock  \on  seinem  Platze  entfernt  worden  ist. 

Schließlich  verzichtet  der  Autor  darauf,  die  Natur  jenes  „quid  ignotum"  zu  erklären, 
welches  den  die  Bienen  leitenden  Faktor  ausmacht,  und  beschränkt  sich  auf  die  \"ermutung, 
daß  die  Bienen  durch  eine  uns  gänzlich  unbekannte  Kraft  zu  dem  Stocke  hinge- 
zogen werden,  welche  jedoch  allem  Augenscheine  nach  nichts  Psychisches  an 
sich  hat. 

Nach  diesen  in  der  einschlägigen  Literatur  enthaltenen  Angaben  gehe  ich  nunmehr 
zu  meinen  Beobachtungen  an  Hummeln  über,  durch  welche  der  Beweis  erbracht  wird,  daß 
die  Wahrheit  in  der  Mitte  zwischen  beiden  einander  entgegengesetzten  Ansichten  liegt, 
welche   einander   übrigens   gegenseitig   nicht  ausschließen,  wie   wir   später   sehen  werden. 

Die  Beschreibung  meiner  Beobachtungen  beginne  ich  mit  denjenigen,  welche  ich  über 
die   Rückkehr  der    Hummeln  vermittels    Laufens   angestellt   habe. 

A)   Die  Rückkehr  der  Hummeln  in  ihr  Nest  vermittelst  Laufens. 

Diese  Beobachtungen,  welche  an  frei  lebenden  Tieren  angestellt  wurden,  bestanden 
darin,  daß  ich  eine  beliebige  Hummel  fing,  ihr  die  Flügel  abschnitt  und  sie  in  einige  Ent- 
fernung vom  Neste  setzte.  Alle  diese  ^'ersuche  brachten  mich  zu  der  Schlußfolgerung, 
daß  die  Hummeln  einen  Richtungssinn  in  Gestalt  eines  besonderen,  den  uns  bekannten  Or- 
ganen nicht  entsprechenden  Sinnes,  nicht  besitzen :    die   Hummeln   fanden    den   Weg 


Alb.    Bethe.     Dürfen  wir  Ameisen  und  Bienen  psychische  Uualitätcn  zuschreiben:    Arcli.  f.  ges.  Physiol.  LXX. 


55 


Fig.  29. 


nach  Hause  nicht.  Die  Fig.  29  zeigt  uns  eine  dieser  Beobachtungen:  N  =  Nest  von 
Bomhus  terrestris ;  A  -=  Stelle,  wo  die  Hummel  auf  die  Erde  gesetzt  wurde;  A — B  =  Rich- 
tung  ihres  Weges. 

Die     Sache     ändert     sich     einigermaßen,  ■B'^' 

aber  nicht  bedeutend,  wenn  man  Beobachtungen  ....'•■■■■*' 

über    das    Laufen    der    Hummeln    vom    Neste 

nach    dem    Futter    auf    geringe     Entfernungen,  --' 

z.  B.   in   einem   Zwinger,   anstellt.    Solche   Beob-  ■*" 

achtungen  führte  ich  an  einer  isolierten  Hummel 

aus,    welche   als    erste    aus    der   ersten   Wabe  herausgekrochen  war,  nachdem  das  Weibchen 

aus  dem  Neste  genommen  wurde.    Diese  Hummel  wurde  ausschließlich  ihrer  eigenen  Kraft 

und  Befähigung  überlassen  und  in  einem  Zwinger  untergebracht,  in  dessen  einer  Ecke  eine 

Wabe  (Fig.  30  ga),  in  einer  anderen  ein  Schächtelchen  mit  Bienenhonig  (me)  aufgestellt  war. 

Nachdem  die  Hummel  am  zweiten  Tage  auf  dem  Wege  A — B  zufällig  zu  dem  Honig 
(me)  geraten  war  und  von  demselben  genossen  hatte,  kehrte  sie  nicht  direkt,  sondern  in 
der  Richtung  des  Pfeiles  nach  der  Wabe  zurück.  Die  Hummel  bewegte  sich  auf  dem 
Rückwege  längs  der  Linie  a — b  unter  trockenen  Blättchen,  mit  welchen  der  Boden  des 
Kastens  bestreut  war,  und  welche  sie  offenbar  für  ihr  Nest  ansah  (die  Blättchen  waren 
auch  wirklich  ihrem  Neste  entnommen  worden^ ;  nachdem  sie  die  gegenüberliegende 
Wand  erreicht  hatte,  machte  die  Hummel  Halt  und  schlug  dann  den  Weg  in  der  Richtung 
der  Linie  b — c  ein.  Bei  c  angekommen,  kroch  sie  etwas  nach  oben  und  wanderte  dann 
längs  der  Linie  c — d — e.  Von  hier  kehrte  sie  um,  korrigierte  ihre  Richtung  aber  bald, 
indem  sie  aufhörte,  längs  der  Wand  zu  gehen,  wandte  sich  längs  der  Linie  e — g  dem 
Innern  des  Kastens  zu  und  begann  hier  nach  der  Wabe  zu  suchen,  welche  sie  denn  auch 
nach  vielem  Herumirren  endlich  fand. 


Fig.  30. 


Fig-   31- 


Fig.  32- 


Aus  diesen  und  anderen  analogen  Beobachtungen  können  wir  folgende  Reihe  von 
Schlüssen  ziehen. 

Eine  Hummel,  welche  zum  ersten  Male  in  ihrem  Leben  selbst  Nahrung  gefunden  und 
davon  genossen  hat,  kehrt  zur  Wabe  zurück,  von  welcher  sie  ausgegangen  ist,  um  die 
Nahrung  zu  suchen.  Der  Rückweg"  zu  den  Waben  steht  in  gar  keiner  Beziehung  zu  dem 
Wege  von  den  Waben,  mit  Ausnahme  der  allgemeinen  Züge,  welche  mit  der  Richtung  nach 
vorwärts  und  nach  rückwärts  im  Zusammenhange  stehen.  Ihre  Spuren  erkennt  die  Hummel 
auf  dem  Wege  nicht,  und  erinnert  sich  ihrer  nicht.  Sie  kehrt  nicht  in  gerader  Linie  zum 
Neste  zurück,  wenn  sie  nicht  durch  äußere  Umstände,  z.  B.  durch  Kastenwände,  dazu  ge- 
zwungen  wird;   veranlassen   diese   Wände  jedoch  die   Hummel   eine    Richtung  einzuschlagen, 


—     56     — 

welche  derjenigen  zu  den  Waben  entgegengesetzt  verläuft,  so  verläßt  die  Hummel  die 
Wand,  längs  welcher  sie  ging,  und  bewegt  sich  nach  dem  Inneren  des  Kastens  zu.  Bei 
diesen  Nachforschungen  spielt  der  Geruchssinn  in  Bezug  auf  das  Auffinden  der  Lage  des 
Nestes  gar  keine  Rolle,  indem  die  Hummel  sehr  nahe  ait  der  Wabe  vorbeigeht,  ohne  die 
Richtung,  welche  sie  eben  verfolgt,  zu  verändern. 

Es  unterliegt  demnach  keinem  Zweifel,  daß  bei  jenen  Bedingungen,  unter  welchen 
diese  Versuche  ausgeführt  wurden,  ein  „Richtungssinn"  nicht  zum  ^'orschein  kam.  Erst  nach 
langem  Korrigieren,  Umherirren  und  Sichbekanntmachen  mit  den  auf  dem  Wege 
vom  Neste  zur  Nahrung  liegenden  Gegenständen  beginnen  die  Hummeln  in  einer  be- 
stimmten Richtung  zum  Honig  und  zurück  zum  Neste  zu  kriechen.  Dies  erfolgt  jedoch  sehr 
langsam,  erst  nach  Ablauf  von  vielen  Tagen.  Auf  der  Fig.  31  ist  ein  solcher  festgelegter 
Weg  von  der  Wabe  (ga)  zam   Honig  (me)  und   zurück  verzeichnet. 

Bi  Beobachtungen  über  den  Abflug  der  Hummeln  vom  Neste  und  über  ihre  Rückkehr. 

Diese  Beobachtungen  entrollen  vor  uns  eine  Reihe  von  Erscheinungen,  die  unver- 
gleichlich vielseitiger  und  psychisch  komplizierter  erscheinen,  als  das  Laufen  der  Hummeln 
von  einem  Orte  nach  einem  anderen,  welche  Fortbewegungsweise  übrigens,  im  allgemeinen 
gesprochen,  von  diesen  Insekten  nur  äußerst  selten  und  in  sehr  beschränktem  l'mfange 
angewendet  wird. 

a)  Beobachtungen  über  den  Flug  der  Hummeln  von  den  Waben  zum  Honige  Im  Zwinger. 

Dieser  Flug  stellt  eine  Erscheinung  dar,  welche  dem  \'organge,  welchen  wir  bei  dem 
Hinüberlaufen  der  Hummeln  \on  den  Waben  auf  den  Honig  beobachtet  haben,  ganz  ähnlich 
ist.  Die  Fig.  32  zeigt  uns  die  zwei  ersten  Wege  des  Fluges  von  dem  Honig  ^me)  zu  den  Waben 
(ga) :  i)  a — b — c — d  und  2)  e — f — g — h — i — k — 1 — m.  Beide  Wege  bestätigen  nochmals,  daß 
ein  Richtungssinn  bei  den  Hummeln,  unter  den  gegebenen  Bedingungen  des  Versuches, 
nicht  zu  Tage  tritt;  gleichzeitig  beweisen  diese  Versuche,  daß  es  den  Hummeln  im  Kasten 
nicht  gelingt,  sich  den  Weg  zu  den  Waben  auf  einmal  einzuprägen.  Endlich  beweisen  die 
beschriebenen  Versuche  noch,  daß  der  Rückweg  zum  Neste,  sowohl  im  Fliegen  als  auch  im 
Kriechen,  von  den  Hummeln  als  eine  Sache  für  sich  eingeprägt  wird,  und  keine  Wieder- 
holung des  bei  dem  Ausfluge  aus  dem  Neste  zurückgelegten  Weges  darstellt;  mit  anderen 
Worten,  es  wird  der  Nachweis  dafür  geliefert,   daß   die  Wege   des   i\bfluges   und   des 

Heimfluges  voneinander  \- erschieden 
sind  und  sich  dem  Gedächtnisse  der 
Hummeln  ganz  unabhängig  voneinan- 
der einprägen.  (Die  Wege  aus  dem  Neste 
Fig.  33.    tr.  ein  Stück  Erde;  N.e.  äußeres,  N.i.  inneres       ^^^^  Honig  sind  auf  der  Figur  nicht  eingezeich- 

Nest ;   ga   offene  Waben  ;   en.  Flugloch ;   me.  Honig.  . 

net  worden,  um  die   Linien  nicht  zu  verwirren.) 

Die  Erscheinungen,  durch  welche  die  Richtigkeit  der  letzten  Schlußfolgerung  be- 
wiesen wird,  sind  folgende : 

Auf  der  Fig.  33  sehen  wir  ein  Nest  (im  Durchschnitt)  von  Bomhus  terrestris ;  tr  = 
das  Stück  Erde,  auf  welchem   es  sich  befindet    und    mit    welchem    es    in    das    Zimmer    \er- 


—     57 


bracht  wurde;  Ne  =  äußeres,  Ni  =  inneres  Nest;  ga  =  offene  Waben;  en  =  das  nach- 
gebliebene frühere  Flugloch  des  Nestes;  me  ^  Bienenhonig  in  einem  Schächtelchen;  ab  = 
der  Weg,  auf  welchem  die  Hummeln  aus  dem  Neste  zu  dem  Honig  fliegen,  nachdem  dieser 
Weg  sich  endgültig  fixiert  hat;  cd  =  der  Weg,  auf  welchem  die  Hummeln  vom  Honig  zum 
Nest  zurückkehren.  Dieser  letztere  ist  stets  unveränderlich  der  gleiche.  Diese  Tatsache  be- 
sitzt, wie  wir  später  sehen  werden,  eine  außerordentlich  große  biologische  Bedeutung.  So- 
lange die  Hummeln  in  Freiheit  waren,  kehrten  sie  durch  das  Flugloch  in  das  Nest  zurück, 
flogen  aber  durch  dasselbe  auch  wieder  heraus.  In  der  Gefangenschaft  begannen  die  Hum- 
meln ihre  Wanderungen  durch  den  Kasten,  indem  sie  von  den  Waben  aus  abflogen,  da  letztere 
(für  die  Beobachtung^  geöffnet  worden  waren.  Zufällig  gerieten  sie  zu  dem  Honigvorrate;  der 
von  den  Hummeln  hierbei  zurückgelegte  Weg  übte  jedoch  keinen  Einfluß  auf  den  Rückweg 
aus,  obgleich  er,  wie  man  glauben  könnte,  der  allernatürlichste  gewesen  wäre;  später  flogen 
sie  v'on  c  nach  d,  obgleich  die  Rückkehr  auf  dem  nämlichen  \A'ege,  von  b  nach  a,  am  ein- 
fachsten erschienen  wäre,  allein  die  Hummeln  halten  sich  bei  dem  Heimfluge  an  den  Weg, 
welchen  sie  ganz  unabhängig  von  dem  Abflugswege  kennen,  d.  h.  an  den  Weg  durch 
das  Flugloch.  Von  Interesse  ist  der  Umstand,  daß  die  Hummeln,  nachdem  sie  eine  Hand- 
lung zum  ersten  Male  ausgeführt  haben,  dieselbe  das  zweite  Mal  in  gleicher  Weise  beginnen 
wie  das  erste  Mal ;  was  später  erfolgt,  kann  einer  Abänderung  unterliegen,  allein  der  Aus- 
gangspunkt bleibt  dauernd  und  unverändert  bestehen. 

Der  Flug  der  Hummeln  zum  Honig  bietet  das  erste  Mal  selbstverständlich  nicht  jene 
Regelmäßigkeit  des  Bogens  a — b,  wie  sie  bei  späteren  Flügen  erreicht  wird;  die  Richtung 
dieses  Weges  wird  korrigiert  und  abgekürzt,  allein  der  Ausgangspunkt  der  Bewegung,  das 
Sicherheben  von  den  Waben,  ist  von  den  Hummeln  für  alle  Zeiten 
festgehalten  worden,  und  um  auf  den  Honig  zu  fliegen,  benützten  sie 
niemals   die  Ausgangsöffnung  (en). 

Diese  Fähigkeit  der  Hummeln,  sich  den  Weg  des  Abfluges  unab- 
hängig von  dem  Wege  der  Rückkehr  einzuprägen,  wie  wir  sie  soeben 
in  den  engen  Grenzen  des  Zwingers  kennen  gelernt  haben,  kann,  wie 
ich  bereits  oben  erwähnte,  auch  unter  solchen  Bedingungen  beobachtet 
werden,   welche   denen  des  normalen  Lebens  in  der  Freiheit  nahekommen. 

b)  Beobachtungen  über  den  Abflug  der  Hummeln  aus  dem  Neste  im  Freien 

und  über  ihre  Rückl<ehr. 

Wenn  man  den  Abflug  der  Hummeln  aus  dem  Neste  im  Freien 
beobachtet,  so  kann  man  sich  unschwer  davon  überzeugen,  daß  dieser 
Abflug  nicht  nur  das  erste  Mal,  sondern  auch  die  nachfolgenden  Male 
eine  ihrer  psychologischen  Bedeutung  nach  sehr  komplizierte  Erscheinung 
darbietet. 

Eine  Hummel,  welche  bei  veränderter  Umgebung  vom  Neste  fliegt,  bemerkt  dieses 
sofort,  wendet  den  Kopf  dem  Neste  zu  und  beschreibt  in  dieser  Lage,  welche  sie 
bisweilen  verändert,  im  Fliegen  eine  Reihe  von  Schleifen,  die  bei  den  verschiedenen 
Individuen  eines  Nestes  nicht   identisch  sind,   und  deren  eine  auf  der  Fig.  34  abgebildet  ist. 

8 

Zoologie».    Heft  4tj. 


58 


Dabei  kommt  es  öfters  vor,   daß  die  Hummeln  auch  später  ihren  Kopf  nicht  mehr  von  dem 
Neste  wenden  und  rückwärts  (den  Kopf  dem  Neste  zugewandt)  davonfhegen. 

Die    Körperstellungen,    welche    von    den    Hummeln    in    dem    Zwischenräume    zwischen 
dem   Neste,   wenn  dieses   im   Zimmer  aufgestellt    ist,    und    dem    Fenster,    durch    welches    sie 
AB  CD 


fn. 


Fig.  35 

herausfliegen,  eingenommen  werden,  sind  unendlich  mannigfaltig.  Auf  den  Fig.  35  A,  B,  C,  D 
sind  vier  solcher  Abflüge,  sowie  die  Haltung  der  Hummeln  zwischen  dem  Neste  (N)  und 
dem  Fenster  (fn)  genau  wiedergegeben,  wobei  auf  der  Fig.  35  D  die  Kreuzchen  die  Halte- 
punkte der  Hummeln  bezeichnen.)  Dabei  bleibt  es  jedoch  nicht :  nachdem  sie  durch  das  Fenster 
hinausgeflogen  sind,  setzen  die  Hummeln  ihre  genaue  Untersuchung  in  ganz  analoger  Weise 
fort,  indem  sie  das  Fenster  selbst  und  die  dahinter  liegenden  Gegenstände  in  Augenschein 
nehmen.    Die  Fig.  36  A  und  B  geben  ein  Bild  dieses  Vorganges.   Auf  diesen  Figuren  ist  das 


F\o.    i;f,B. 


—     59     — 


Fenster  nicht  wie  auf  den  vorhergehenden  Zeichnungen  in  der  Front,  sondern  im  Durchschnitte 
abgebildet,  fn  =-  der  obere  Teil  des  Fensters;  a — b  =  Höhe  des  geöffneten  Fensters;  fb  = 
Schnitt  durch  die  Fensterbank  und  die  Wand;  N  =  Nest;  Z  -=  Zimmer.  Die  Hummel  auf 
Fig.  36  A  hatte  hinter  dem  Fenster  fünfmal  Halt  gemacht  (die  übrigen  fünfmal  im  Fenster 
und  im  Zimmer).  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  diese  Aufenthalte  nicht  in  einer  Ebene, 
wie  dies  auf  der  Zeichnung  abgebildet  ist,  sondern  in  verschiedenen  Ebenen   erfolgten. 

Die  Hummel  auf  Fig.  36  B   hatte  hinter  dem  Fenster  4   und   vor  dem   Herausfliegen 
durch  dasselbe  sieben   Haltepunkte. 

Es    kommt    vor,    daß    die 
Hummeln,    nachdem   sie    bis   auf 
eine  gewisse  Strecke  zum  Fenster 
hinausgeflogen    sind,    wieder    in 
das    Zimmer    zurückkehren    und 
ihre    genaue     Besichtigung    von 
neuem    beginnen,    wie    dies    auf 
Fig.  37   zu   sehen   ist.     Bisweilen 
kehren  die  Hummeln  selbst  dann 
noch  einmal  zurück,  um  ihre  Be- 
sichtigung   wieder    aufzunehmen, 
nachdem    sie    aus    dem    Fenster 
heraus    schon    so    weit    geflogen 
waren,  daß  der  Beobachtende  sie 
schon  nicht  mehr  sehen  konnte. 
Diese  ergänzende  Besichtigung  wird  oft 
zweimal    ausgeführt.     Auf    der    Fig.   38 
ist    dieser   letztere    Fall    wiedergegeben, 
wobei   die    Zahlen    I,    II    die    erste    und 
die   zweite   Rückkehr   der   Hummel   be- 
hufs    Besichtigung     des     Nestes     dar- 
stellen. 

Bei  dem  ersten  und  zweiten  Rück- 
fluge machte  die  Hummel  dreimal  Halt, 
um  die  Richtung  des  Fluges  zu  ver- 
ändern. 

Die  großen  Weibchen  prägen 
sich  die  Lage  des  Nestes,  wenn  sie  es 


Fig-  38- 


in   der   Gefangenschaft   verlassen,   ganz 
besonders    sorgfältig   ein. 

Was  wird  denn  nun  eigentlich  dem  Gedächtnisse  eingeprägt,  und  wie 
geht   dieses   Einprägen   vor    sich? 

Wollte  man  die  Beantwortung  dieser  Frage  ad  hominem  vornehmen,  so  würde  die 
Antwort  nicht  viel  Kopfzerbrechen  verursachen,  allein  wir  werden  auf  anderem  Wege  an 
diese   Beantwortung   herantreten,   und   vor  allem   uns  bemühen,   über  folgenden   Funkt  Auf- 


—     60     — 

klärung  zu  erhalten:  Geht  hier  dasselbe  vor  sich,  was  wir  bereits  im  kleinen  bei  der  Be- 
obachtung der  Rückkehr  und  des  Ausfluges  im  Zwinger  gesehen  haben,  oder  beobachten 
wir  hier,  unter  Bedingungen,  welche  mit  denen  des  Lebens  in  der  Freiheit  identisch  sind, 
etwas   anderes  ? 

Auf  diese  grundlegende  Frage  in  der  Psychologie  des  Abfluges  der  Hummeln  und 
ihrer  Heimkehr  in  das  Nest  geben  die  Tatsachen  folgende  Antwort. 

Ich  muß  daran  erinnern,  daß  die  Hummeln  sich  die  Lage  des  Nestes  stets  auf  die 
Weise  einprägen,  daß  sie  den  Kopf  demselben  zuwenden,  wie  wir  dies  soeben  gesehen 
haben.  Nachdem  sie  in  dieser  Stellung  einen  Augenblick  still  gehalten  haben,  fliegen  sie 
weiter,  drehen  sich  nochmals  nach  dem  Neste  um,  wiederholen  dieses  Manöver  ^on 
neuem  u.  s.  w.  Bisweilen  beschreiben  sie  dagegen  eine  ganze  Reihe  von  Schleifen,  ohne 
sich  auch  nur  ein  einziges  Mal  mit  dem  Kopfe  von  dem  Neste  abzuwenden,  und  fliegen 
rückwärts  davon.  Diese  Tatsachen  berechtigen  uns  zu  der  Annahme,  daß  sich  irgend  ein 
doppelter  psychologischer  Prozeß  vor  unseren  Augen  abspielt :  offenbar  können  die  Hum- 
meln Gegenstände  ^und  zugleich  auch  die  Lage  des  Nestes^  nicht  bei  jeder  beliebigen  Stel- 
lung ihres  Kopfes  (in  Bezug  auf  die  betreffenden  Gegenstände)  dem  Gedächtnisse  einprägen. 
Mit  anderen  Worten,  die  Eindrücke,  welche  die  Hummeln  von  der  Betrachtung  der  Gegen- 
stände A  und  B  aufnehmen,  wenn  der  erste  von  ihnen  sich  rechts,  der  zweite  dagegen  links 
befindet,  sind  nicht  identisch  mit  den  von  denselben  Gegenständen  erhaltenen  Eindrücken, 
wenn  diese  Gegenstände  sich  den  Augen  in  der  umgekehrten  Lage  darbieten,  d.  h.  wenn 
sich   der   Gegenstand  A   links   und  der   Gegenstand   B   rechts  befindet. 

Von  der  Richtigkeit  dieser  für  die  Erklärung  der  Psychologie  des  Prozesses  so  wich- 
tigen Voraussetzung  werden  wir  durch  vier  Kategorien  von  Tatsachen  überzeugt,  und  zwar : 

a)  Durch  den  direkten  Versuch:  der  Beobachtende  braucht  sich  nur  bei  den 
ersten  Ausflügen  der  Hummeln  aus  dem  Neste  rechts  von  dem  Fenster  aufzustellen  und, 
wenn  der  Ausflug  \or  sich  gegangen  ist,  auf  die  linke  Seite  herüberzugehen  und  alsbald 
wird  die  „Unentschlossenheif  der  Hummeln  sich  auf  das  deutlichste  offenbaren :  die  einen 
werden  den  Weg  revidieren,  indem  sie  das  Fenster  von  außen  besichtigen  und  erst  dann 
in  das  Zimmer  hereinfliegen,  nachdem  sie  sich  davon  ,, überzeugt"  haben,  daß  der  Weg 
richtig  zurückgelegt  worden  ist,  andere  dagegen  werden  wieder  fortfliegen. 

b'  Durch  Tatsachen,  welche  beweisen,  daß,  wenn  man  die  Hummel  bei  ihrem  ersten 
Ausfluge  aus  dem  an  einer  neuen  Stelle  befindlichen  Neste  daran  verhindert,  die  Gegend 
in  der  Weise  zu  besichtigen,  daß  sie  den  Kopf  dem  Neste  zuwendet,  sie  niemals 
zurückkehren  wird. 

c)  Durch  Tatsachen,  welche  uns  beweisen,  daß  eine  Hummel,  der  bei  dem  ersten 
Ausfluge  aus  dem  an  einer  neuen  Stelle  befindlichen  Neste  erst  dann  die  Möglichkeit  ge- 
boten wird,  die  Besichtigung  der  L'mgegend  \ orzunehmen,  wenn  sie  bis  auf  eine  natürlich 
relativ)  große  Entfernung  von  demselben  fortgeflogen  ist,  bei  ihrer  Rückkehr  nur  bis  zu 
jener  Stelle  gelangen  wird,  von  wo  sie  zum  ersten  Male  die  Möglichkeit  hatte,  die  Be- 
sichtigung vorzunehmen. 

In  nachstehendem  teile  ich  eine  der  vielen  mir  zur  \'erfügung  stehenden  und  zu  dieser 
Kategorie  gehörigen   Beobachtungen  mit.     Nachdem  ein  Nest  aus  dem  Kasten,  in  welchem 


—     61 


es  aus  dem  Walde  gebracht  worden  war,  in  das  Zimmer  gesetzt  wurde,  flog  eine  Hummel 
um  IG  Uhr  vormittags  aus;  die  Strecke  A — B  (Fig.  39)  durchflog  sie  rasch  und  ohne  Unter- 
brechung und  bemerkte  erst,  als  sie  bei  B  angekommen  war,  daß  die  Umgebung  für  sie 
neu  war,  weshalb  sie  begann,  eine  Besichtigung  a,  b,  c,  d  vorzunehmen.  Das  Nest  wurde 
verdeckt,  so  daß  keine  weitere  Hummel  aus  demselben  herausfliegen  konnte.  Die  bereits 
herausgeflogene  Hummel  flog  nun  8  Stunden  nacheinander  in  der  Nähe  des  Fensters  bis 
zu  dem  Punkte  B  herum,  indem  sie  das  Nest  suchte,  gelangte  aber  nicht  weiter.  Mit  anderen 
Worten,  sie  erkannte  den  Weg  nur  bis  zu  derjenigen  Stelle,  von  welcher  aus  sie  ihre 
Besichtigung  begonnen  hatte.  An  diesem  Tage  stellte  ich  keine  weiteren  Beobachtungen  an. 
Am  Morgen  des  nächsten  Tages  fand  sich  diese  Hummel  immer  noch  an  demselben 
Fenster,  durch  welches  sie  aus  dem  Neste  herausgeflogen  war,  und  setzte  ihre  fruchtlosen 
Nachforschungen  fort.     Diese  Tatsache   ist  auffallend   und  von  höchstem   Interesse. 


t"ig-  39- 


Fig.  40- 


d)  Die  Richtigkeit  der  Voraussetzung,  daß  die  Hummeln  bei  dem  Abfluge  die  Gegen- 
stände ihrem  Gedächtnisse  in  der  Form  einprägen,  wie  sie  sich  ihnen  bei  der  Rück- 
kehr darbieten  werden,  wird  durch  eine  Kategorie  von  Tatsachen  nachgewiesen,  welche 
Zeugnis  davon  ablegen,  daß  die  Wege  des  Ausfluges  und  diejenigen  der  Rückkehr  zwei 
vollständig  selbständige  psychologische  Akte  darstellen  und  dem  Gedächtnisse  unabhängig 
voneinander  eingeprägt  werden.     In  nachstehendem  teile  ich  einige  dieser  Tatsachen  mit. 

I.  In  dem  Zimmer  Zj  (Fig.  40)  befindet  sich  ein  Nest  Ni  gegenüber  dem  Fenster  fn,,. 
Wenn  die  gezeichneten  Hummeln  durch  das  Fenster  fn.,  hinausgeflogen  sind,  schließe 
ich  dasselbe.  Bei  ihrer  Rückkehr  fliegen  die  Hummeln  an  das  geschlossene  Fenster  heran 
und  sodann,  nachdem  sie  mehrmals  an  dasselbe  gestoßen  sind,  an  das  benachbarte,  offene 
Fenster  fu;.  Nachdem  sie  in  das  Zimmer  hereingeflogen  sind,  beginnen  sie  das  Nest  zu  suchen 
und  finden  dasselbe  nach  vielen  Bemühungen.  Nachdem  ich  das  Fenster  hierauf  geöffnet 
hatte,  konstatierte   ich,   wie   ich  dies  auch  auf   Grund   vorhergegangener    Beobachtungen   er- 


—     62     — 

wartete,  daß  die  Hummeln  in  Zukunft  zwar,  wie  beim  ersten  Male,  durch  das  Fenster  fn^, 
herausfliegen  (af),  aber  stets  nur  durch  das  Fenster  fnj  zurückkehren  (rf). 
Wochen  vergehen,  aber  die  Hummeln  fahren  fort,  ihren  großen  Umweg  zu  beschreiben, 
welcher  auf  der  Strecke  a — b,  wo  sich  eine  Menge  den  Flug  erschwerende  Gegenstände 
befinden,   besonders  beschwerlich   ist. 

2.  Ein  anderer  Versuch.  Die  Hummeln  des  Nestes  No  (Fig.  40)  in  dem  Zimmer  Z^, 
das  neben  dem  ersten  liegt,  wurden  gezeichnet  und  durch  das  Fenster  fua  herausgelassen. 
Nachdem  sie  fortgeflogen  waren,  wurde  das  Fenster  fn^  geschlossen ;  die  Hummeln  hatten 
nunmehr  Zutritt  zu  ihrem  Neste  durch  das  Fenster  des  ersten  Zimmers  Zi  und  die  von  da 
in  das  zweite  Zimmer  Z»  führende  Türe  p.  Etwa  nach  einer  Stunde  zeigten  sich  die  ge- 
zeichneten Hummeln  im  ersten  Zimmer  (Zj) :  sie  suchten  ihr  Nest,  unter  endlosem  Herum- 
irren. Endlich ,  nach  vielstündigem  Nachforschen  ist  die  Behausung  gefunden ;  öffnet 
man  nun  ihr  Fenster  fnj,  so  kann  man  ganz  sicher  sein,  daß  die  gezeichneten  Hummeln, 
welche  auf  dem  Wege  g — rf — d  in  das  Nest  geflogen  sind,  nur  noch  auf  diesem  Wege  in 
dasselbe  zurückkehren  werden.  Nach  Verlauf  von  2 — 3  Tagen  bringen  wir  diese  Hummeln 
in  eine  verzweifelte  Lage,  indem  wir  die  Türe  p.  schließen.  Öffnen  wir  dieselbe  wieder,  so 
stürzen  sie  sich,  ohne  unsere  Gegenwart  zu  beachten,  durch  diese  Türe  in  ihr  Nest.  Jeden 
Tag  und  jede  Stunde  fliegen  die  Hummeln  zu  dem  offenen  Fenster  fuj  ihres 
Zimmers  heraus,  aber  sie  erinnern  sich  dessen  nicht  und  können  die  Be- 
ziehung nicht  begreifen,  welche  zwischen  dem  Wege  des  Abfluges  und  dem 
Wege   ihrer   Rückkehr   bestehen   muß. 

Alle  vier  Kategorien  von  Tatsachen,  welche  ich  angeführt  habe,  beweisen  demnach, 
i)  daß  das  Einprägen  der  Lage  des  Nestes  bei  den  Hummeln  nur  dann  erfolgen  kann, 
wenn  sie  vor  dem  Fortfliegen  von  demselben  sich  mit  dem  Kopfe  nach  dem  Neste  wenden 
und  auf  diese  Weise  die  Möglichkeit  erhalten,  die  das  Nest  umgebenden  Gegenstände  in 
derjenigen  Lage  im  Gedächtnisse  zu  behalten,  wie  sie  ihnen  bei  der  Rückkehr  in  das 
Nest  erscheinen  werden;  ferner  2)  daß  die  Gegenstände,  so  wie  sie  den  Hummeln  bei  dem 
Abfluge  und  bei  der  Stellung  des  Körpers  in  der  Richtung  dieses  Abfluges  mit  vom 
Neste  abgewandtem  Kopfe  einprägen,  nicht  zur  Anleitung  für  die  Bestimmung  der  Lage 
des  Nestes  bei  der  Rückkehr  dienen  können. 

Mit  anderen  Worten :  diese  Tatsachen  beweisen  uns,  daß  das  Einprägen  des  Weges 
des  Abfluges  und  desjenigen  der  Rückkehr  in  das  Nest  bei  den  Hununeln  unabhängig  von- 
einander vor  sich  geht,  und  daß  die  Hummeln,  indem  sie  von  dem  Neste  weg  fliegen,  in 
erster  Linie  darum  besorgt  sind,  sich  die  Merkmale  für  die  Rückkehr  in  das  Nest  einzu- 
prägen. Ich  möchte  sogar  sagen,  daß  sie  sich  ausschließlich  nur  darum  bekümmern,  da 
bei  dem  Abfluge  aus  dem  Neste,  besonders  im  Anfange,  ihre  Körperstellung  nicht  selten 
eine   derartige   ist,   daß   sie   sich   nur   des   Rückweges   entsinnen  können. 

Ein  anderer,  den  Abflug  der  Hummeln  betreffender  L^^mstand,  von  welchem  ich  schon 
mehrfach  gesprochen  habe,  ohne  jedoch  bis  jetzt  seine  Bedeutung  hervorgehoben  zu  haben, 
besteht  darin,  daß  sie,  um  die  Lage  des  Nestes  im  Gedächtnisse  zu  behalten,  im  Fluge 
mehr  oder  weniger  zahlreiche  verschiedenartige  Figuren  um  dasselbe  beschreiben. 
Die    psychologische    Bedeutung    dieses    Verfahrens    ist    leicht    verständlich,    wenn    man    die 


—     fiB     — 

Eigentümlichkeiten  der  Sehorgane  bei  den  Hummehi  in  Betracht  zieht. ^  Es  ist  be- 
kannt, daß  ein  Gegenstand,  der  sich  sehr  langsam  in  der  Nähe  der  Hummeln  vor- 
bei bewegt,  von  diesen  nicht  gesehen  wird:  bewegt  man  die  Hände  sehr  langsam,  so  kann 
man  ein  Hummelnest  zerstören,  ohne  einen  Protest  seitens  der  Insassen  hervorzurufen. 
Rasche  und  hastige  Bewegungen  dagegen  werden  von  den  Hummeln  augenblicklich  bemerkt. 
Hieraus  ist  ersichtlich,  daß,  um  den  Hummeln  die  Möglichkeit  zu  geben,  einen  Gegenstand 
zu  „betrachten",  entweder  dieser  Gegenstand  rasch  vor  den  Augen  der  Hummeln  bewegt 
werden  muß,  oder  aber  daß  die  Hummeln  selbst  sich  rasch  an  dem  Gegenstand  vorbei  bewegen 
müssen,  den  sie  besichtigen.  Jeder  Naturforscher,  der  das  Leben  der  Hummeln  im  Felde 
oder  im  Walde  beobachtet  hat,  wird  zweifelsohne  oft  gesehen  haben,  wie  eine  von  ihm  auf- 
gescheuchte Hummel  neben  ihm  „Linien  zieht"  (wie  die  Bauernknaben  sagen),  d.  h.  ihr  zick- 
zackförmiges  Hin-  und  Herfliegen  beginnt.  Die  Entfernung,  auf  welche  hin  dieses  Hin-  und 
Herfliegen  erfolgt,  ist  stets  ungefähr  dieselbe,  und  zwar  beträgt  sie  nach  meinen  Beobach- 
tungen niemals  mehr  als  etwa  140 — 170  cm  von  dem  Gegenstand,  welchen  die  Hummel  be- 
trachtet.- In  allen  Fällen  des  Abfluges  von  Hummeln,  welche  sich  die  Lage  ihres  Nestes 
eingeprägt  hatten,  —  und  ich  habe  solche  Ausflüge  zu  Hunderten  beobachtet  — ,  blieb 
die  Grenze,  innerhalb  welcher  dieses  zickzackförmige  Hin-  und  Herfliegen  beschränkt  war, 
annähernd   unveränderlich. 

Wenn  wir  alle  Einzelheiten  des  soeben  beschriebenen  Prozesses  in  der  Tätigkeit  der 
Hummeln  in  Betracht  ziehen,  können  wir  mit  voller  Überzeugung  die  Ansicht  aussprechen, 
daß  da,  wo  bei  den  Hummeln  das  zickzackförmige  Hin-  und  Her  fliegen  auf- 
hört, auch  das  Vermögen,  Gegenstände  mit  der  ihnen  zugänglichen  Deut- 
lichkeit   zu    erblicken,    ein    Ende    nimmt. 

Weiter  unten  werden  wir  sehen,  daß  das  Sehvermögen  der  Hummeln  auch  innerhalb 
dieser  Grenzen  des  Sehens  ein  äußerst  unvollkommenes  ist.  Diese  Grenze  werde  ich  fortan 
die  Sehgrenze  nennen,  über  welche  hinaus  die  mit  dem  Fliegen  aus  dem  Neste  nach 
Nahrung  und  zurück  verknüpfte  Tätigkeit  der  Hummeln,  wie  wir  sofort  sehen  werden,  einen 
ganz  anderen  Charakter  annimmt. 

Zu  den  Mitteilungen  über  die  Sehgrenze  muß  nur  noch  hinzugefügt  werden,  daß  die 
Hummel,  ebenso  wie  sie  bei  ihrem  Ausfluge  aus  dem  Neste  ihren  Zickzackflug  an  den 
Grenzen  ihres  Sehvermögens  beendet,  auch  bei  dem  Zurückkehren  (natürlich  nur  die  erste 
Zeit)  den  Zickzackflug  sofort  beginnt,   sowie   sie   an   der    Stelle    angelangt    ist,    wo    ihr    Seh 


'  Anatomisch-physiologische  Daten  hegen  außerhalb  des  Bereiches  unserer  Interessen  bei  den  vorliegenden  Unter- 
suchungen;  ich  kann  jedoch  nicht  umhin,  den  Leser  an  die  interessanten  Untersuchungen  von  Exner  zu  erinnern,  welcher 
gerade  durch  anatomisch-physiologische  Untersuchungen  zu  der  Schlußfolgerung  gelangt  ist,  daß  während  das  Auge  der 
Wirbeltiere  für  eine  vollkommenere  Aufnahme  der  Gestalt  der  Gegenstände  eingerichtet  ist,  die  zusammengesetzten 
Augen  der  Wirbellosen  besser  befähigt  sind,  die  Bewegungen  der  Gegenstände  wahrzunehmen. 

'  Diese  Angabe  steht  einigermassen  im  Widerspruche  mit  den  Schlußfolgerungen  Exners,  welcher  sich  bekannt- 
lich der  Theorie  von  Müller  über  das  musivische  Sehen  der  Insekten  angeschlossen  hat,  wobei  er  dieselbe  insofern 
abänderte,  daß  das  Auge  der  Insekten  schließlich  nicht  ein  vielfaches  sondern  ein  ganzes  und  einziges  Bild  der  Gegen- 
stände aufnehmen  soll.  Die  Photographie,  durch  welche  diese  Ansicht  bestätigt  wird,  gibt  gleichzeitig  Veranlassung  zu  der 
Annahme,  daß  die  Insekten  imstande  sind,  die  Gestalt  großer  Gegenstände  auf  weite  Entfernungen  hin  zu  erkennen.  Bio- 
logische Beobachtungen ,  welche  ich  an  Hummeln  angestellt  hatte  (und  ebenso  an  Schmetterlingen  und  anderen  Insekten) 
und  welchen  ich  im  allgemeinen  unvergleichlich  mehr  vertraue  als  physiologischen  Ergebnissen,  bestätigen  diese  Ansicht 
Exners  nicht:  die  Grenzen  des  Sehvermögens  sind  bei  den  Hummeln  sehr  beschränkt. 


64     — 


vermögen  ein  Ende  hatte,  zuerst  in  Bezug  auf    das    Fenster    und    sodann,    wenn  sie     durch 
dasselbe  hereingeflogen  ist,   auch  auf  das   Nest. 

Auf  der  Fig.  41  sehen  wir  ein  der  Wirklichlceit  genau  entsprechendes  Schema  für 
einen  solchen  Abflug  und  die  Rückkehr  einer  Hummel  in  ihr  Nest  (nachdem  das  letztere 
an  einen  neuen  Platz  verbracht  wurde)  innerhalb  der  Grenzen  des  bei  den  Hummeln  noch 
deutlichen  Sehens.  Die  Hummel  fliegt,  indem  sie  Halt  macht  und  sich  umsieht,  längs  der 
durch  die  Zahlen  i,  2,  3  .  .  .  .  bis  12  bezeichneten  Linie  aus  dem  Neste,  wobei  ein  jedes 
nachfolgende  Teilstück  der  Fluglinie  stets  größer  ist  als  das  vorhergehende.  Selbstverständlich 
ist  dies  keine  beständige  Regel  und  es  kommen  fortwährend  Abweichungen  von  derselben 
vor,  jedoch  kann  sie  im  allgemeinen  unbedingt  als  bestehend  angesehen  werden.  Wenn 
die  Hummel  in  solchen  Zickzack-Linien  bei  einem  gewissen  Punkte  in  dem  vorliegenden 
Falle  ist  dieser  durch  die  Zahl  12  bezeichnet)  angelangt  ist,  welcher  der  Seh  grenze  (zu- 
erst für  das  Nest,  sodann  für  das  Fenster)  entspricht,  ändert  sie  sofort  die  Maßnahmen 
für  das  Einprägen  der  Örtlichkeit :  sie  wendet  sich  mit  dem  Kopf  nach  vorne  (in  der  Linie  a  f) 
und  fliegt,  wie  bereits  gesagt,  in  direkter  Linie    zu    der    Tracht    in    das    Feld,    nach    einem 

Garten   u.  s.  w. 

Diese  Veränderung  in 
dem  Charakter  der  Hand- 
lungsweise kann  in  Kürze 
folgendermaßen  formuliert 
werden :  Der  Zickzackflug, 
die  damit  verbundene 
Körperstellung  und  die 
Art  und  Weise  der  L^nter- 
suchung  der  ersten  Strecke 
auf  eine  Entfernung  von 
140 — 175  cm  wird  hinter 
der  Sehgrenze  durch  einen 
geradlinigen  Flug  bei  einer 
Körperstellung  mit  in  der 
Abflugslinie  nach  vorne 
gerichtetem  Kopfe  ersetzt. 
Die  Rückkehr  erfolgt  in  analoger  Weise:  Die  Hummel  kommt  vom  Felde  rasch  und 
in  gerader  Linie  rf  geflogen  bis  zu  dem  Punkte  a,  wo  die  Sehgrenze  beginnt;  hier  an- 
gekommen beginnt  die  Hummel  wiederum  Zickzack-Linien  zu  beschreiben,  und  zwar  anfangs 
längere  (b  c,  cd,  de  .  .  .),  später  dagegen,  bei  dem  Hereinfliegen  in  das  Nest,  kürzere  cf, 
fg,  gh,  hi.  Es  ist  demnach  klar,  daß  die  Hummel  auch  hier,  nachdem  sie  in  gerader 
Linie  bis  zu  der  Sehgrenze  geflogen  ist,  das  Kriterium,  durch  welches  sie  sich  in  den 
Merkmalen  leiten  läßt,  sowie  die  Maßnahmen,  um  dieselben  zu  betrachten,  abändert.  In- 
dem wir  diese  Veränderung  in  den  Handlungen  der  Hummeln  bei  ihrer  Rückkehr  in  das 
Nest  in  Kürze  formulieren,  können  wir  sagen,  daß  hier  der  über  die  Sehgrenze  hinaus 
liegende  geradlinige  Flug  durch  einen  zickzackföi  migen  ersetzt  wird.  Diese  Tatsachen  zeigen 
uns,   daß  das  von   den   Hummeln   angewandte    \' erfahren   auf   dem    einen    ^kurzen)   und 


Fig.  41. 


—     65     — 

dem  anderen  (langen)  Teile  des  Weges  bei  der  Heimkehr  in  das  Nest  nicht  das  gleiche 
sind.  Ist  nun  dieses  Verfahren  ein  verschiedenes,  so  folgt  hieraus  von  selbst,  daß  auch  die 
Kriterien,  von  welchen  sich  die  Hummeln  auf  diesen  beiden  Teilen  ihres  Weges  leiten 
lassen,  verschieden  sein  müssen. 

Welche  sind  nun  diese   Kriterien? 

Um  Klarheit  in  dieser  Angelegenheit  zu  schaffen,  müssen  wir  zu  dem,  was  sich  aus 
dem  Studium  der  nächstliegenden  Momente  des  Abfluges  der  Hummeln  ergeben 
hat,  noch  Angaben  über  die  auf  diese  Momente  folgenden  Erscheinungen  und  über  die 
Rückkehr  der   Hummeln   von  den   Nährpflanzen  zum  Neste   hinzufügen. 


af. 


Tf. 


jrr. 


Fig.  42 


Die  Gesamtheit  dieser  Erscheinungen  ist  in  Fig.  42  schematisch  dargestellt.  Von  dem 
Neste  (N)  bis  zu  dem  Orte  der  Tracht  (P)  fliegt  die  Hummel  rasch  und  in  einer  geraden 
Linie  af  ohne  jeden  Aufenthalt;  dort,  wo  sie  ihre  Tracht  sammelt,  fliegt  sie  von  einer 
Blume  auf  die  andere,  von  einem  Pflanzenkomplex  auf  den  anderen,  längs  der  Linie 
b,  c,  d,  e,  f,  g,  h,  k.  Am  Punkte  k  angelangt  erhebt  sie  sich  in  die  Luft  und  fliegt  in  der 
Geraden  rf.  Die  Frage  der  Rückkehr  zum  Neste  entscheiden  die  Hummeln,  nachdem  sie 
sich  in  die  Luft  erhoben  haben ;  sie  fliegen  nach  deren  Entscheidung  ohne  Unter- 
brechungen in  der  Richtung  nach  dem  Neste  zu.  Die  Richtung  dieses  Fluges  hat  mit  der- 
jenigen, welche  die  Hummel  beim  Einsammeln  des  Honigs  verfolgte,  nichts  zu  tun:  wie 
auch  die  Hummel  sich  bei  dieser  Beschäftigung  bewegen  mag  (am  häufigsten  im  Kreise), 
in  jedem  gegebenen  Momente,  wenn  sie  sich  nach  Hause  begeben  will,  bestimmt  sie  ge- 
nau diejenige  Richtung,  welche  sie  einhalten  muß,  um  zum  Neste  zu  fliegen.  Ebenso  wird 
der  Weg  für  die  Rückkehr  von  der  Hummel  ohne  jegliche  Beziehung  zu  denjenigen  Orten 
und  Gegenständen  bestimmt,  wo  sie  sich  bei  dem  Einsammeln  der  Tracht  aufhielt.  Würde 
die  Hummel  den  Rückweg  mit  Hilfe  dieser  Gegenstände  bestimmen,  so  müßte  sie  auf 
Fig.  42  längs  der  Linie  k,  h,  g,  f,  e,  d,  c,  b  und  von  hier  längs  der  Linie  af  fliegen.  Dies 
ist  aber  nie  der  Fall.  Es  unterliegt  demnach  keinem  Zweifel,  daß  es  nicht  die  unter- 
wegs während  des  Fluges  angetroffenen  Gegenstände  sind,  welche  den  Hum- 
meln den  Rückweg  anweisen.  Was  ist  es  denn  nun,  was  den  Hummeln  den  Rückweg  zeigt? 
Offenbar  dasjenige,  was  in  der  Literatur  der  Richtungssinn  genannt  wird,  und  erst  von 
der  Sehgrenze  an  wird  die  Hummel  von  dem  Gesichtssinne  in  der  direkten  Bedeutung  des 
Wortes  geleitet. 

Zoologica.    lieft  iß.  9 


—     66     ~ 

Von  der  Richtigkeit  dieser  Annahme  werden  wir  durch  folgende  Tatsache  überzeugt. 
Ich  fing  Hummeln  in  einer  Entfernung  von  etwa  i  Kilometer  jenseits  von  einem  Flusse  und 
brachte  sie,  in  ein  Papier  gewickelt,  zu  mir  nach  Hause.  Nachdem  ich  die  Hummeln  ge- 
zeichnet hatte,  ließ  ich  sie  fliegen  und  fand  sie  am  folgenden  Tage  wieder  in  ihrem  Neste.  Von 
diesem  Richtungssinne  geleitet  durchfliegen  die  Hummeln  bedeutende  Entfernungen  und 
zwar  mit  einer  derartigen  Überzeugung  von  der  Richtigkeit  der  gewählten  Richtung  und, 
was  die  Hauptsache  ist,  mit  einer  Geschwindigkeit,  welche  jede  \'oraussetzung  einer  Mög- 
lichkeit ausschließt,  bei  Anwendung  des  \'erfahrens,  welches  die  Hummeln  bei  der  Be- 
sichtigung von  Gegenständen  anwenden,  irgend  etwas  betrachten  oder  sehen  zu  können. 

Daß  der  Richtungssinn  jedoch  nichts  Derartiges  darstellt,  was  außerhalb  der  uns  be- 
kannten Sinnesorgane  liegen  würde,  sondern  bei  den  Hummeln  auf  die  Sehorgane  begründet 
ist  (wenngleich  diese  auch  anders  funktionieren  als  bei  dem  Betrachten  von  Gegenständen 
auf  kurze  Entfernung),  davon  werden  wir  unter  anderem  durch  die  Tatsache  überzeugt,  daß 
die  Hummeln,  wenn  sie  der  Möglichkeit  beraubt  sind,  ihre  Augen  in  der  Weise  zu  benützen, 
wie  sie  dies  bei  dem  Abfluge  und  der  Rückkehr  auf  weite  Entfernungen  tun,  von  dem  Rich- 
tungssinn im  Stiche  gelassen  werden.  Bewegen  sich  die  Hummeln  durch  Kriechen 
oder  fliegen  sie  im  Zwinger,  wo  die  Sehorgane  ihnen  keine  Dienste  leisten  können,  so  werden 
sie,  wovon  bereits  im  Anfange  dieses  Kapitels  die  Rede  war,  nicht  von  dem  Richtungssinn 
geleitet.  Indem  die  Hummeln  sich  von  dem  Richtungssinne  leiten  lassen,  fliegen  sie  in  ge- 
rader Linie  und  verändern  die  Richtung  nur  dann,  wenn  irgend  welche  im  Wege  stehende 
Hindernisse  umgangen  werden  müssen,  wie  z.  B.  hohe  Bäume,  Häuser  u.  dergl.  m. :  der  Rich- 
tungssinn führt  sie  mit  fast  absoluter  Genauigkeit  nach  Hause.  Es  kommen  jedoch  gewisse 
Abweichungen  \on  der  Geraden  vor,  und  diese  sind  von  Interesse  wegen  ihrer  Gering- 
fügigkeit, welche  Zeugnis  ablegt  von  der  außerordentlichen  Genauigkeit  des  Kriteriums,  von 
dem  sich  die  Hummeln  bei  der  Rückkehr  nach  Hause  leiten  lassen;  außerdem  sind  diese 
Abweichungen  auch  dadurch  interessant,   wo  und   wie  sie  korrigiert   werden. 

Nachstehendes  habe  ich  mehrfach  beobachtet :  Wenn  die  Hummeln  an  das  Nest 
heranfliegen,  korrigieren  sie  häufig  die  Richtung  ihres  Fluges.  Diese  Korrektionen 
beginnen  offenbar  von  dem  Momente,  wo  das  eine  Kriterium  —  der  Richtungssinn,  durch 
ein  anderes  —  den  Gesichtssinn  ersetzt  wird.  Der  letztere  tritt  in  verschiedenen  Entfernungen 
vom  Neste  in  seine  Rechte.  Ich  hatte  Gelegenheit,  an  ihr  Nest  heranfliegende  Hummeln 
zu  beobachten,  welche  sogar  in  einer  Entfernung  von  sechs  und  zehn  Metern  vom  Neste 
sich  etwas  seitlich  von  derjenigen  Richtung  hielten,  in  welcher  sie  hätten  fliegen  müssen, 
um  direkt  auf  das  Nest  zuzusteuern.  Ich  erkannte  diese  Hummeln  erst  dann  als  die  meinigen, 
als  sie  eine  brüske,  wenn  auch  meist  nicht  bedeutende  Schwenkung  ausführten,  welche  die 
Richtung  wieder  herstellte,  und  nach  dem  Fenster  flogen.  Graphisch  könnte  die  Erschei- 
nung, von  welcher  soeben  die  Rede  war,  so  dargestellt  werden,  wie  dies  in  der  Fig.  43 
geschehen  ist,  wo  der  Punkt  N  das  Nest,  a — b  den  Richtungsflug,  b — c  den  unter  der 
Leitung  der  Sehorgane  ausgeführten  Flug  bedeutet. 

Was  sehen  denn  die   Hummeln  nun  eigentlich   und   wie   sehen    sie? 

Folgende  Beobachtungen  können  Antwort  auf  diese  Frage  geben.  Auf  der  Fig.  44 
sehen  wir,  daß  die  Hummel,  indem  sie  zu  dem  Neste  zurückkehrt,  in  der  Richtung  rf  von 
a  nach  b  fliegt;    kann    sie   nicht   in   das   Fenster  fn,   hereinfliegen   oder   findet   sie   das   Nest 


—     67     — 


nicht,  nachdem  sie  durch  das  Fenster  hereingeflogen  ist,  so  beschreibt  sie  Schleifen  nach 
rechts  und  links  (cd)  und  erhebt  sich  sodann  in  derselben  Ebene  in  der  Luft  von  e  nach  f 
zum  zweiten  Stockwerke  an  das  Fenster  fn, ;  hier  wiederholt  sie  dasselbe  Manöver,  welches 
sie  im  unteren  Stockwerke  ausgeführt  hat,  d.  h.  sie  beschreibt  zuerst  Schleifen  g — h  und 
erhebt  sich  sodann  längs  der  Linie  k — m  in  derselben  Vertikalebene  wie  vorher  bis  zum 
Dache. 


Fig    44- 


Natürlich  kann  es  vorkommen,  daß  die  Hummel,  während  sie  die  Schleifen  c — d  am 
Fenster  fn,,  oder  g — h  am  Fenster  fn.  beschreibt,  zu  dem  Fenster  fuj  oder  fn^  hereinfliegt: 
sobald  sie  in  die  Sehsphäre  geraten  sind,  können  diese  Gegenstände,  infolge  ihres  identischen 
Aussehens,  die  Hummel  wohl  zu  einem  Irrtume  verleiten.  Allein  die  Erscheinung  des  Fluges 
in  einer  Vertikalebene  bei  der  Rückkehr  in  das  Nest  bleibt  eine  Tatsache,  welche  um  so 
weniger  zu  bezweifeln  ist,  als  ich  mehrfach  folgendes  beobachten  konnte :  Nachdem  eine  Hum- 
mel alle  Stufen  dieser  Vertikalebene,  von  a  bis  b,  von  e  bis  f  und  von  k — m  durchlaufen  hatte, 
umflog  sie  rasch  das  Haus  längs  der  Linie  op;  nachdem  sie  wiederum  in  jene  Ebene  ge- 
raten war,  welche  sich  ihr  offenbar  durch  rechts  und  links  von  ihr  befindliche  Gegenstände 
eingeprägt  hatte  und  welche  ihrem  Flug  in  der  hinter  der  Sehgrenze  liegenden  Sphäre  als 
Richtschnur  dient,  flog  sie  von  neuem  an  das  Fenster  heran  und  wiederholte  das  soeben 
beschriebene  Manöver.  Es  ist  klar,  daß  die  Augen  der  rechten  und  linken  Kopf- 
hälfte bei  dem  Abfluge  ein  jedes  bestimmte  Bilder  behält,  während  die 
Kombination  dieser  letzteren  den  Flug  leitet.  Durch  diese  Kombination  geleitet 
können  die  Hummeln  höher  und  tiefer  fliegen;  in  diesem  letzteren  Sinne  verfallen  sie 
daher  in  große    Irrtümmer.    Viel   seltener   werden  Abweichungen  nach  rechts  und  links  von 


—     «8     — 

der  Fluo'ebene  beobachtet.  Dadurch  erklärt  sich  natürhch  auch  der  Umstand,  warum  die 
Hummeln,  von  dieser  Ebene  des  Fluges  geleitet,  zuerst  an  das  Fenster  heranfliegen  und 
erst  später,  im  Falle  eines  Mißerfolges,  anfangen,  Schleifen  nach  rechts  und  links  zu 
beschreiben. 

Sind  nun  die  Hummeln  befähigt,  hierbei  die  Gestalt  einzelner  Gegenstände  zu  unter- 
scheiden ? 

Die  Beobachtungen  über  das  Einsammeln  der  Nahrung  beweisen,  daß  die  Hummeln 
Komplexe  blühender  Pflanzen  bis  auf  eine  Entfernung  von  lo  Metern,  Blütenstände  auf  be- 
deutend geringere  Entfernungen,  einzelne  Blüten  dagegen  erst  auf  ganz  nahe  Entfernungen 
erblicken. 1 

Mit  anderen  Worten:  Die  Hummeln  sind  im  stände,  mit  Hilfe  ihrer  Sehorgane  und 
geleitet  durch  die  Färbung  der  Gegenstände,  größere  Gegenstände  bis  auf  eine  Entfernung 
von   lo  Metern  zu  erkennen. 

Können  die  Hummeln  die   Form  der  Gegenstände   unterscheiden? 

Weiter  oben,  als  von  dem  Überwintern  der  Hummeln  die  Rede  war,  habe  ich  be- 
reits erwähnt,  daß  Bomblis  lapidarius  auf  der  Suche  nach  einem  Winterlager  von  einem 
Erdhümpel  zum  anderen  fliegt,  welche  er,  je  nach  ihrer  Größe,  in  einer  Entfernung 
von  2 — 5  Metern  bemerkt. 

Die  Weibchen  von  Bomhus  terrestris  fliegen  auf  der  Suche  nach  einem  Über- 
winterungsplatze auf  einer  großen  W^aldwiese  von  einem  Baume  zum  anderen,  wobei  sie 
diese  letzteren  auf  dieselbe  Entfernung,  bisweilen  aber  (wenn  ein  großer  Baum  einzeln  da- 
steht) auch  auf  eine  größere  Entfernung  —  bis  zu   lo  Meter  —   unterscheiden. 

Aus  diesen,  wie  auch  aus  anderen  analogen  Tatsachen,  geht  eo  ipso  die  Schlußfolge- 
rung hervor,  daß  die  Hummeln  befähigt  sind,  die  Gestalt  der  Gegenstände  auf  eine  ge- 
wisse Entfernung  zu  unterscheiden,  und  zwar  ist  diese  Entfernung  um  so  bedeutender,  je 
größer  der  Gegenstand  und  je  bekannter  seine  Gestalt  ist. 

Es  braucht  natürlich  nicht  hervorgehoben  zu  werden,  daß  diese  Fähigkeit  sehr  un- 
vollkommen ist,  und  daß  die  Hummeln,  indem  sie  Bäume  suchen,  oft  Gegenstände  für 
solche  ansehen,  welche  gar  keine  Ähnlichkeit  mit  Bäumen  haben  und  dieselben  erst  dann 
erkennen,  wenn  sie  sich  ihnen  mehr  oder  weniger  genähert  haben,  worauf  sie  plötzlich  die 
Richtung  des  Fluges  ändern,  nachdem  sie  ihren  Irrtum  gewahr  geworden  sind. 

Jetzt  können  wir  begreifen,  warum  die  Hummeln,  noch  bevor  sie  an  die  Seh- 
grenze herangeflogen  sind,  bereits  im  stände  sind,  die  Richtung  ihres  Fluges  zu 
korrigieren.  Diese  Fähigkeit  tritt,  wie  aus  meinen  Beobachtungen  hervorgeht,  in  einer  Ent- 
fernung bis  zu  IG  Metern  und  vielleicht  auch  etwas  darüber,  zu  Tage.  Die  Grenze  dieses 
Sehens  will  ich  zum  Unterschiede  von  der  Sehgrenze  für  einige  Details  des  Gegenstandes 
die  Unterscheidungsgrenze  nennen. 

Indem  wir  aus  allem,  was  über  die  Psychologie  des  Abfluges  und  des  Rückfluges  ge- 
sagt wurde,  die  Summe  ziehen,  können  wir  nunmehr  diesen  komplizierten  psychologischen 
Prozeß  zergliedern  und  ihn  folgendermaßen  erklären. 

Indem  die  Hummel  aus  dem  Neste  herausfliegt,  wird  sie  auf  der  Strecke  N  bis  a 
(Fig.  42)  von  ihrem  Sehvermögen  geleitet  und  prägt  sich  die  das  Nest  umgebenden  Gegen- 

'  Siehe  das  III.  Kapitel  dieser  Arbeit. 


—     69     — 

stände  bis  zu  einer  Entfernung  \'on  etwa  1,75  m  ein;  über  diese  Grenze  hinaus  spielt  das 
Sehen,  im  direkten  Sinne  des  Wortes,  gar  keine  Rolle  mehr.  Hinter  der  Sehgrenze  (p.  v.) 
beginnt  ein  Bereich,  innerhalb  dessen  die  Hummeln  nur  große  Gegenstände  mit  mehr  oder 
weniger  großer  Deutlichkeit  auf  größere  oder  geringere  Entfernung  (je  nach  ihrer  Größe) 
zu  unterscheiden  im  stände  sind.  Die  Unterscheidungsgrenze  (pd)  ist  augenscheinlich  auf 
IG  Meter  beschränkt.  Weiter  hinaus  erfolgt  der  Abflug  und  der  Rückflug  in  gerader 
Richtung  (af  und  rf);  als  leitendes  Kriterium  für  die  Bestimmung  dieser  Strecke  dient  der 
Richtungssinn. 

An  Ort  und  Stelle,  beim  Einsammeln  der  Tracht,  erweisen  sich  die  Augen  der  Hum- 
meln als  Organe,  welche  ihnen  die  Möglichkeit  bieten,  hauptsächlich  die  Farben  (wie  dies 
im  ni.  Kapitel  angegeben  worden  ist)  und  in  gewisser  Entfernung  auch  die  Gestalt  der 
Pflanzen  zu  unterscheiden.  Weder  diese  noch  jene  prägen  sich  dem  Gedächtnisse  der  Hum- 
meln ein,  da  diese  letzteren,  um  sich  eines  Gegenstandes  zu  erinnern,  denselben  viele  Male 
umfliegen  müssen,  wobei  sie  sich  in  gewohnter  Weise  zickzackartig  um  ihn  herumbewegen. 

Von  den  unzähligen  Gegenständen,  welche  die  Hummeln  auf  dem  Wege  vom  Neste 
zu  dem  Orte,  wo  die  Nahrung  gesammelt  wird  und  zurück  antreffen,  braucht  demnach  nur 
ein  ganz  minimaler  Teil  dem  Gedächtnisse  eingeprägt  zu  werden :  und  zwar  derjenige  Teil, 
welcher  innerhalb  einer  Sphäre  von  140 — 175  cm  Durchmesser  mit  dem  Neste  als  Mittelpunkt 
gelegen  ist;  dabei  können  sich  die  Hummeln  auch  diesen  Bruchteil  der  Gegenstände  nur 
von  einem  Gesichtspunkte  aus  einprägen,  nämlich  indem  sie  ihnen  den  Kopf  zuwenden  und 
andauernd   im   Zickzack   an   ihnen   vorbeifliegen. 

Alles  dagegen,  was  über  die  Grenzen  dieser  Sphäre  hinaus  liegt,  prägt  sich  ihrem 
Gedächtnisse  in  der  Eigenschaft  von  Gegenständen,  welche  ihren  Flug  leiten  könnten,  nicht 
mehr  ein,  wenigstens  nicht  in  der  Art,  daß  wir  den  geringsten  Grund  haben  würden,  bei 
den  Hummeln  einen  dem  üblichen  Begriffe  des  Sehens  entsprechenden  Sinn  vorauszusetzen. 
Eine  Ausnahme  von  dieser  Regel  müssen  wir  nur  für  jene  kleine  Strecke  vor  dem  Neste 
machen,  auf  welcher  die  Hummeln  die  Fähigkeit  zum  undeutlichen  Unterscheiden  größerer 
ihnen  bekannter  Gegenstände  besitzen,  die  augenscheinlich  sowohl  beim  Ausfluge  aus 
dem   Neste  als   auch  bei   der   Rückkehr  in  dasselbe    dem    Gedächtnisse    eingeprägt    werden. 

Die  biologische  Bedeutung  der  beschriebenen  Erscheinungen  besteht  offenbar  darin, 
daß  von  jener  elementaren  Fähigkeit  der  Hummeln,  Gegenstände  im  Gedächtnisse  zu  bewahren, 
welche  zweifelsohne  ihre  Wirkung  versagen  würde,  wenn  selbst  einigermaßen  größere  An- 
forderungen an  sie  gestellt  würden,  möglichst  sparsam  Gebrauch  gemacht  wird.  Durch  diese 
elementare  Fähigkeit  des  Bewahrens  im  Gedächtnisse  erklärt  sich  denn  auch  natürlich, 
warum  die  Hummeln  nicht  die  geringste  „Verwirrung"  an  den  Tag  legen,  wenn  sie  zum 
Beispiel  aus  dem  Walde   in   das   Zimmer  eines  Gutsgebäudes  geraten  u.  dergl.  m.'   Bei  ihnen 


'  Einen  schlagenden  Beweis  für  die  Richtigkeit  des  soeben  Gesagten  bieten  die  Beobachtungen  an  Hummeln, 
welche  ich  vom  Gute  nach  Moskau  überführte.  Nachdem  sie  das  neue  Fenster  in  der  gewohnten  Weise  besichtigt  hatten, 
flogen  die  Hummeln  in  einen  kleinen,  vor  den  Fenstern  gelegenen  Garten,  erhoben  sich  dann  über  das  dreistöckige  Haus, 
flogen  über  das  Dach  und  kamen  mir  aus  den  Augen ;  nach  20  —30  Minuten  kamen  sie  jedoch  in  ebenso  raschem  und 
sicherem  Fluge  in  ihr  Nest  zurück,  als  wäre  an  dieser  Stelle  nur  ihr  Fenster  allein  und  nicht  deren  Hunderte  rechts  und 
links  davon,  und  dazu  alle  von  gleicher  Größe,  Färbung  und  Gestalt. 

Der  Grund  hierfür  ist  der,  daß  für  die  Hummeln  in  der  Tat  nur  ein  einziges  Fenster  existiert,  indem  sie  nur 
dasjenige  unter  ihnen  kennen  und  sehen  ,    welches   am   Ende   ihres  Weges   1  i e g t ;  für  die  Bestimmung  dieses  Weges 


—      70     — 


beschränkt  sich  die  Neuheit  auf  einen  Bereich  von  140- -175  cm,  innerhalb  dessen  sie  die  Ge- 
stalt und  die  Farbe   der   Gegenstände   sehen  können. 

Nachdem  wir  das  Studium  der  Psychologie  des  Ausfluges  sowie  der  Heimkehr  der 
Hummeln  in  das  Nest  besprochen  und  diesen  Weg  der  Hummeln  in  drei  sehr  ungleich- 
mäßige Etappen,  d.  h.  in  das  Bereich  i)  des  Sehens,  2)  des  Unterscheidens  von  Gegenständen 
und  3)  den  ungeheuren,  über  diese  beiden  ersten  Etappen  hinausliegenden  Teil  des  Weges 
eingeteilt  haben,  wollen  wir  nunmehr  zu  dem  Detailstudium  desjenigen  Teiles  des  Weges 
übergehen,  in  welchem  die  Sehorgane  ihre  Hauptrolle  spielen,  d.  h.  des  Bereiches  des  Sehens. 
Wie  und  was  sehen  nun  die  Hummeln  in  diesem  Bereiche  des  Sehens  ? 
Nachstehend  teile  ich  einige  der  zahlreichen  von  mir  angestellten  Beobachtungen  mit, 
welche   auf   diese   Frage   Antwort   geben. 

Eine  der  Hummeln  eines  am 
16.  Juni  aus  dem  Freien  in  das 
Haus  verbrachten  Nestes  flog  am 
28.  dieses  Monats  aus;  nachdem 
sie  zurückgekehrt  war,  führte  sie 
j\^.  folgende  Bewegungen  aus,  ehe  es 
ihr    gelang,    das    Nest    zu    finden 

(Fig.  45)- 

Ich  bemerkte  die  Hummel  in 
dem  Augenblicke,  als  sie  sich  in 
dem  Punkte  A  befand.  Sie  flog 
zu  dem  Fenster  (fn)  herein  und 
im  Bogen  a — b  über  das  Nest  N 
hinweg;  am  Boden  pe  angelangt, 
erhob  sie  sich  wiederum,  wie  dies 
in  der  Zeichnung  angegeben  ist, 
bis  zu  dem  Punkte  c  und  flog  sodann  bis  d,  e,  f,  g,  h,  indem  sie  offenbar  ihr  Nest  suchte.  Als 
sie  dasselbe  nicht  gefunden  hatte,  flog  sie  zurück  und  wieder  zu  dem  Fenster  hinaus  zu 
den  anfänglichen  Wegweisern  für  die  Lage  des  Nestes,  oder  den  leitenden  Punkten, 
wie  ich  sie  nennen  will.  Von  diesen,  vom  Punkte  B  aus,  begann  die  Hummel  von  neuem 
einen  Bogen  zu  beschreiben,  welcher  sie  zum  Neste  führen  sollte,  flog  aber  wiederum  über 
das  Nest,  ohne  es  zu  bemerken,  obgleich  sie  unmittelbar  über  dasselbe  hin 
geflogen  war;  wieder  flog  sie  fast  bis  auf  die  Diele,  wiederholte  aber,  auf  dem  Punkte  o 
angelangt,  das  vorige  Manöver  und  geriet  erst,  nachdem  sie  das  dritte  Mal  von  den  leiten- 
den Punkten  aus  zum  Fenster  hereingeflogen  war,  endlich  direkt  in  das  Nest  (N).  Diese 
Beobachtung  beweist,  daß  die  Hummel  nicht  durch  die  Gestalt  oder  das  Aussehen  dieses 
Nestes  zu  demselben  geführt  worden  ist,  sondern  durch  eine  kleine  Zahl  von  leitenden 
Punkten,  welche  sie  sich  bei  dem  Ausfluge  aus  dem  Neste  eingeprägt  hatte,  d.  h.  nicht 
durch  den  Eindruck  eines   einzelnen   bestimmten  Gegenstandes,  sondern  durch  den 


t'ig-  45- 


aber  spielen  die  Gestalt  und  Färbung  der  Gegenstände  keinerlei  Rolle ,  und  zwar  nicht  nur  in  unserer  Bedeutung  des 
Wortes,  sondern  auch  in  derjenigen  Bedeutung  und  in  den  Grenzen,  in  welchen  diese  Gestalt  den  Piummeln  unter  Zu- 
hilfenahme des  Betrachtens  mittels  des  zick-zack-förmigen  Fluges  zugänglich  ist. 


71     — 


Eindruck,  welchen  die  Hummel  von  mehreren  im  Detail  betrachteten,  rechts  und  links 
von  der  Linie  des  Rückweges  gelegenen  Gegenständen  erhalten  hatte.  Diese 
Art  und  Weise  der  Aufnahme  von  Eindrücken  repräsentiert  augenscheinlich  eine  spezielle 
Psychologie,  welche  von  dem,  was  die  Psychologie  unseres  Sehens  darstellt,  ganz  verschieden 
ist.  In  dieser  Psychologie  wird  man  vielleicht  auch  die  Aufklärung  solcher  Erscheinungen 
suchen  müssen,  welche  mit  dem   Namen  Richtungssinn   belegt   werden. 

Der  Umstand,  daß  die  Hummeln,  wenn  sie  sich  auf  das  Nest  niederlassen,  dasselbe 
nicht  immer  sehen,  sondern  von  den  leitenden  Punkten  stimuliert  werden,  wird  durch  eine 
Menge  von   Beobachtungen  bestätigt. 

Ich  teile  hier  eine  dieser  letzteren  mit. 

Auf  der  Fig.  46  ist 
der  Rückweg  einer  Hummel 
zum  Neste  (N)  dargestellt, 
welches  sich  in  einem  Kasten 
K  befand.  Von  dem  Punkte 
A  aus,  da  wo  die  Zahlen 
stehen,  flog  die  Hummel, 
Zickzacklinien  beschreibend, 
zum  Neste,  wie  dies  auf  der 
Figur  angegeben  ist,  d.  h.  von 
I  nach  2,  3  und  unternahm, 
nachdem  sie  im  Bogen  3 — 4 
über  das  Nest  hinweggeflo- 
gen war,  eine  Reihe  von  Ver- 
suchen, von  der  (vom  Fenster 
aus  gerechnet)  hinterenWand 
in  den  Kasten  hereinzufliegen, 
indem  sie  an  den  Punkten 
4,    5,    6    gegen    die    Wand 

stieß.  Sodann  stieß  sie  am  Punkte  7  gegen  den  Boden  des  Kastens  (dieser  stand  auf  einem 
Untersatze)  und  flog  von  hier  zu  den  leitenden  Punkten  8,  9  und  10  zurück;  von  hier  begann  sie 
von  neuem  sich  zu  dem  Neste  herabzulassen.  Diesmal  flog  sie  nicht  über  dasselbe  hinüber, 
sondern  flog  zu  kurz  und  stieß  an  die  vordere  Wand  am  Punkte  1 1  und  sodann  an  den 
Punkten  12,  13,  14.  Da  sie  jedoch  das  Nest  noch  immer  nicht  finden  konnte,  so  flog  sie 
aufs  neue  an  ihren  Beobachtungsposten  zu  den  Punkten  15,  16,  17,  18;  von  hier  begann  sie 
wiederum  sich  zu  dem  Neste  herabzulassen  19,  flog  aber  von  der  Seite  (links  von  dem 
Fenster)  an  den  Kasten  heran,  stieß  an  den  Punkten  20,  21,  22  an  dessen  Wand,  erhob 
sich   nach   den   Punkten   23,  24,  25,  26,  27    und  flog  davon. 

Ein  anderes  analoges  Beispiel  ist  auf  der  Fig.  47  schematisch  und  ohne  Details  dar- 
gestellt. Die  Hummel  flog  am  Punkte  A  zum  Fenster  herein;  nach  dem  Neste  N  herab- 
fliegend, verfehlte  sie  dasselbe  und  flog  neben  dem  Kasten,  links  von  demselben,  vorbei. 
Da  sie  hier  das  Nest  nicht  fand,  begann  die  Hummel,  bevor  sie  den  Boden  erreichte, 
Schleifen   um   den   Kasten   zu   beschreiben;    als  sie  das  Gesuchte  noch  immer  nicht  fand,  flog 


Fig.  46. 


—     72 


sie  nach  dem   Fenster  zu   dem   Punkte   B,   d.  h.    zu   den   leitenden   Punkten,    und   geriet 
von  dort,  indem  sie  den   Bogen   B — C  beschrieb,  direkt  in  das  Nest. 

Ein  weiteres   Beispiel.    Die   Kiste  K  (Fig.  48),  in   welcher  sich  das   Nest  mit  den 
Hummeln  befand,  die  den  Weg  hierher  schon   längst   ohne   zu    irren   gefunden   hatten,   be- 


Fig.  47- 


Fig.  48. 


decke  ich  mit  einem  Brette  A.  B.  C.  D,  wobei  ich  neben  dem  Brette  einen  kleinen  Zwischen- 
raum O  O  offen  lasse,  damit  die  Hummeln  hindurch  gelangen  können.  Eine  derselben  (ihr 
Weg  ist  durch  die  Zahl  i  angegeben)  geriet  in  das  Nest,  ohne  sich  zu  irren.  Eine  andere 
(deren  Weg  mit  2  bezeichnet  ist)  ließ  sich  auf  das  Brett  bei  a  nieder,  sodann  auf  b  und  c, 
und  geriet  erst  dann  in  das  Nest:  es  ist  klar,  daß  sie  das  Brett  nicht  gesehen 
hatte,  also  denjenigen  Gegenstand,  auf  welchen  sie  herabflog.  Sie  sah  dasselbe 
nicht  und  korrigierte  ihren  Irrtum  selbst  dann  noch  nicht,  als  sie  ihn  zweimal  wiederholt 
hatte,  da  sie  das  dritte   Mal  von  neuem  gegen   das   Brett  stieß. 

Zu  derselben  Schlußfolgerung  läßt  uns  auch  der  Flug  der  Hummel  gelangen,  deren 
Weg  mit  der  Zahl  3  bezeichnet  ist. 

Nicht  weniger  anschaulich  wird  die  Richtigkeit  unserer  Schlußfolgerung  auch  durch 
folgende  Tatsache  bewiesen :  Ich  legte  ein  von  mir  nach  Hause  mitgebrachtes  Hummelnest 
in  eine  hölzerne  Kiste,  welche  ich,  um  den  Hummeln  Zeit  zu  geben,  sich  zu  beruhigen,  so 
mit  Büchern  verdeckte,  daß  der  äußere  Anblick  des  Gegenstandes  absolut  nichts  mehr  mit 
einem  Hummelneste  gemein  hatte.  Einige  Hummeln  fanden  eine  kleine  Öffnung  in  der 
Wand  der  Kiste  und  flogen  zum  Fenster  hinaus.  Nach  Hause  zurückgekehrt,  bestimmten 
sie  die  Lage  des  Nestes  ganz  richtig  und  ließen  sich  auf  die  Kiste  nieder,  welche  sie  noch 
nie  gesehen  hatten  und  welche  weder  in  ihrer  Färbung,  noch  in  ihrer  Gestalt,  noch  in  ihrer 
Größe  an  ein  Hummelnest  erinnerte.  Ohne  die  Möglichkeit  zu  besitzen,  in  das  Innere  ein- 
zudringen, fühlten  sie  sich  nichtsdestoweniger  zu  Hause  und  verteidigten  ihr  Nest  bei  meiner 
Annäherung,   indem   sie   drohend   auf   mich  zu   flogen. 

Die  Richtigkeit  der  Angabe,  daß  die  Hummeln,  indem  sie  sich  auf  das  Nest  nieder- 
lassen, nicht  immer  von   dem   Sehvermögen,  d.  h.  von  der  Gestalt  und  anderen  Merkmalen 


73 


des   Nestes,  sondern   \ün   jenen  leitenden   Punkten   beeinflußt    weiden,    welche    sie    sich    bei 
dem  Ausfluge  im  Detail   einprägen  und  welche   ihnen   den   zum    Neste   führenden  Weg   an- 
weisen,!  wird  noch  deutlicher  und  augenscheinlicher  gemacht  durch  die   Versuche  mit  dem 
Verschieben  dieser  Nester  innerhalb  der  Sphäre   des   Sehens   der   Hummeln. 
Im  nachstehenden  teile  ich  einige  von  diesen  Versuchen  mit. 
Nachdem  die   Hummeln    sich    an    die    Lage    ihres    Nestes    Ni 
(Fig.  49)  gewöhnt  haben,   zeichne   ich   einige   der   ausgeflogenen   Hum- 
meln und  verschiebe  das  Nest  unmittelbar  darauf  um  35 — 70  cm  auf 
die   Seite  (N,,),   wie   dies   auf   der   Fig.  49   angegeben   ist.    (Die   Unter- 
sätze,  auf   welchen   die   Nester   stehen,    sind   auf    der    Figur   nicht   an- 
gegeben,  um   dieselbe   nicht  durch  überflüssige  Details  komplizierter  zu 
gestalten.) 

Die  Hummeln  werden  in  der  Linie  af  durch  das  Fenster  her- 
ausfliegen und  in  der  Linie  rf  zurückkehren;  nachdem  sie  über  die 
Stelle,  wo  das  Nest  gestanden  hatte  ;^Ni)  hinweggeflogen  sind,  werden 
sie  sich  zur  Diele  (pe)  herablassen  und  hier  ihre  Nachsuchungen  an- 
stellen, welche  sie  unendhch  oft  wiederholen  werden.  Nach  lang  an- 
dauerndem Suchen  auf  der  Diele  kehren  sie  wiederum  zu  den  „leiten- 
den Punkten"  im  Fenster  zurück  und  fliegen  endlich  ganz  weg,  um 
nach  einiger  Zeit  wieder  in  das  Fenster  zurückzukehren  und  dasselbe 
Manöver  von  neuem  durchzumachen,  welches  soeben  beschrieben 
wurde. 

Es  ist  von  besonderem  Interesse,  daß  wir  die  soeben  beschriebenen  Fehlgriffe  und 
Nachsuchungen  sogar  dann  beobachten,  wenn  das  Nest  sich  nicht  in  einem  künst- 
lich verfertigten  Zwinger  befindet,  welcher  seinem  Aussehen  nach  den  Hummeln  gänzlich 
unbekannt  ist,  sondern,  wie  dies  einmal  der  Fall  war,  in  demselben  Behälter,  in  welchem 
es  sich  im  Freien  befand:  Ich  stellte  ein  Nest  von  Bomhus  muscorum  in  demselben 
Starenhäuschen  zur  Beobachtung  auf,  in  welchem  es  von  den  Hummeln  angefertigt  worden 
war;  als  diese  letzteren  sich  an  die  neue  Lage  des  Starenkästchens  gewöhnt  und  ihre 
regelmäßigen  Ausflüge  und  Rückflüge  begonnen  hatten,  stellte  ich  das  Starenkästchen  um 
etwa  18  cm  weiter  zur  Seite  und  beobachtete  nun  dasselbe,  was  ich  bei  dem  schon  be- 
schriebenen Versuche  beobachtet  hatte.  Ich  habe  einige  Fälle  notiert,  aus  welchen  hervor- 
geht, daß  wir  auch  bei  freilebenden  Hummeln  ganz  analoge  Erscheinungen  beobachten  können. 
Wenn  ein  Nest  von  der  Stelle  weggenommen  wurde,  wo  es  stand  und  wo  keine  Spur  von 
ihm  übrig  blieb,  ja  sogar  statt  des  sich  über  den  Boden  erhebenden  Nestes  sich  eine  Ver- 
tiefung in  der  Erde  bildete,  flogen  die  Hummeln,  welche  bei  der  Wegnahme  des  Nestes 
nicht  zugegen  waren  und  daher  nicht  mit  demselben  gefangen  wurden,  ebenso  genau  auf 
jene  Stelle  zu,  wo  sich  das  Flugloch  befunden  hatte.  Natürlich  finden  sie  dasselbe 
nicht  mehr  vor  und  fliegen  sofort  wieder  weg  (zu  den  Richtungspunkten),  kehren  sodann 
wieder  auf  dieselbe   Stelle   (zu   dem   Flugloche)   zurück   und   fliegen   von   neuem   fort.    Nach- 


Fig.  49 


'  Dasjenige,  was  im  III.  Kapitel  des  I.  Teiles  über  den  Geruchssinn  bei  den  Hummeln  und  das  Herüberfliegen 
derselben  über  das  Nest  gesagt  ist,  macht  es  überflüssig,  mit  diesen  Tatsachen  bei  den  in  Rede  stehenden  Erscheinungen 
zu  rechnen. 


Zoologica.    Uett  46. 


10 


_     74     — 

dem  sie  dieses  Wegfliegen  mehrere  Male  nacheinander  wiederholt  liaben,  betreten  sie  end- 
lich „das  Nest"  von  derjenigen  Seite,  wo  sich  früher  das  Fhigloch  befand  und  beginnen 
ihre  Nachsuchungen.  Das  Nest  selbst  ist  nicht  mehr  vorhanden,  aber  die  unzählige  Male 
auf  ihre  Richtigkeit  hin  geprüften  leitenden  Punkte  geben  an,  daß  das  Nest  gerade  hier 
sein  muß,  wohin  die  Hummeln  bereits  Dutzende  von  Malen,  von  den  leitenden  Punkten  zu- 
rechtgewiesen, geflogen  gekommen  waren  und  sie  fliegen  wieder  und  wieder! 

I\Ian  kann  demnach  als  erwiesen  betrachten,  daß  die  Hummeln  ihre  Nester 
sehr  schlecht  sehen  und  sich  nur  deshalb  auf  dieselben  niederlassen,  weil 
jene  leitenden  Punkte  zu  ihnen  führen,  welche  die  Hummeln  auf  eine  be- 
stimmte Art  und  Weise  bei  dem  Aus f luge  aus  dem  Neste  gut  wahrnehmen. 
Mit  anderen  Worten:  Die  Hummeln  kennen  ihr  Nest  als  einen  Gegenstand  mit  bestimmten 
Merkmalen  nur  sehr  unvollkommen,  und  dies  natürlich  infolge  ihres  nur  sehr  unvollkom- 
menen Sehvermögens.  Als  Indikator  in  der  Lösung  der  Frage  über  die  Lage  des  Nestes 
dient  ihnen  nicht  etwa  das  Nest  selbst  mit  seinen  Merkmalen,  sondern  die  Stelle,  wo  es 
sich  befindet,  wohin  die  Hummeln  durch  die  „leitenden  Punkte"  geführt  werden,  welche  sie 
sich  unter  den  das  Nest  umgebenden  Gegenständen  wohl  gemerkt  haben. 

Diese  Punkte  nun  sind  nicht  das  Resultat  eines  bestimmten,  von  ge- 
wissen Gegenständen  hervorgebrachten  Eindruckes,  wie  ich  dies  bereits 
hervorgehoben  habe,  sondern  sie  repräsentieren  offenbar  die  Summe  gleich- 
zeitig von  links  und  rechts  auf  der  Linie  des  Weges  ihrer  Rückkehr  nach 
dem  Ausfluge  zum  Neste  empfangener,  verschiedener  (und  daher  naturgemäß  un- 
deutlicher)  Eindrücke. 

Es  erübrigt  noch  einige  Worte  darüber  zu  sagen,  was  diese  Einprägungen  der  leiten- 
den Punkte,  vom  psychologischen  Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  darstellen :  erscheinen  sie 
jedes  einzelne  Mal  als  ein  Akt  der  Anpassung  an  neue  Lebensbedingungen  der  Hummeln, 
nachdem  deren  Nest  aus  dem  Walde  oder  Felde  in  ein  Zimmer  übergeführt  wurde,  oder 
aber  ist  in  diesen  Erscheinungen  des  Einprägens  nichts   Neues   enthalten? 

Um  eine  Antwort  auf  diese  Frage  geben  zu  können,  muß  man  unsere  Bemerkungen 
über  das,  was  die  Hummeln  sich  bei  ihrem  Ausfluge  aus  dem  Neste  für  die  bevor- 
stehende Rückkehr  eigentlich  einprägen,  berücksichtigen.  Im  Zusammenhange  mit  diesen 
Angaben  wird  man  sich  ferner  der  Beobachtungen  über  das  Leben  der  Hummeln  unter 
den  gewohnten  Bedingungen  ihres  Lebens  erinnern  müssen.  Diese  Beobachtungen  beweisen 
uns,  daß  die  Hummeln  mehr  als  einmal  in  ihrem  Leben  sich  die  leitenden  Punkte 
behufs  Feststellung  der  Lage  ihres  Nestes  einzuprägen  haben.  Die  Fälle  von  Lageverände- 
rungen des  Nestes  im  Zimmer,  in  so  engen  Grenzen  dieselben  auch  unserer  Ansicht 
nach  vorgenommen  werden,  bedeuten,  vom  Standpunkte  der  Hummel-Psychologie  betrachtet, 
genau  das  gleiche,  wie  die  Überführung  dieser  Nester  aus  dem  \\'ald  auf  das  Fenster  oder 
in  ein  Zimmer  unseres  Wohnhauses.  Unter  natürlichen  \'erhältnissen  sind  aber  Lagever- 
änderungen des  Nestes  durchaus  nicht  so  ausnehmend  selten,  w^ie  man  mit  Hinblick  auf 
seine  scheinbar  unbewegliche  Anlage  vermuten  könnte.  Ich  will  hier,  um  ein  Beispiel  zu 
geben,  auf  einen  derartigen  Fall  hinweisen.  Einst  fand  ich  ein  merkwürdig  kleines 
Hummelnest  (Fig.  50,  Ng)  von  Bombus  muscorum.  Die  Arbeiterinnen  und  Weibchen 
flogen    darin    aus    und    ein    genau    wie    in   einem  normalen   Neste.    Ich   öffnete   das  Nest 


75      - 


Fig-  50 


und  fand  darin  statt  der  üblichen  Wabenmasse  nur  ein  kleines  Bruchstück  derselben. 
Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß  dieses  Nest  aus  der  Zerstörung  eines  hier  kürz- 
lich vorhandenen  normalen  Nestes  hervorgegangen  war.  Als  ich  mich  umsah,  fand 
ich  in  einer  Entfernung  von  etwa  drei  Schritten  ein  anderes,  noch  kleineres  Nest 
(Fig.  50,  N3)  mit  Hummeln,  aber  ohne  Waben,  sowie  den  Platz,  wo  das  Nest  ursprünglich 
angelegt  worden  war  (Fig.  50,  Nij.  Es  war  nicht  schwer  zu  begreifen,  daß  der  Zerstörer 
des  Nestes  (wahrscheinlich  ein  Hund)  während 

seiner  Arbeit  die  Teile  von  Waben  und  Bau-  '  ^-  -^^ 

material  auf  ziemlich  weite  Entfernung  von 
dem  ursprünglichen  Standorte  des  Nestes 
herumgeworfen  hatte.  Die  am  Leben  ge- 
bliebenen Hummeln  sammelten  sich  bei  den 
ganz  gebliebenen  Bruchstücken  und  legten 
sich   Nester   an,   in    welchen   sie   wohnten. 

Derartige  (freiwillige  und  unfreiwillige)  Übersiedelungen  der  Hummeln  sind,  wie  ich 
bereits  hervorgehoben  habe,  durchaus  keine  ausnahmswcisen,  seltenen  Erscheinungen,  und 
deshalb  mußte  sich  bei  den  Hummeln  eine  Vorkehrung  herausbilden,  mit  Hilfe  deren  sie 
den  neuen  Bedingungen  der  Lage  ihres  Nestes  Rechnung  tragen  und  dasselbe  auffinden 
können. 

Eine  Lageveränderung  der  Wohnung  der  Hummeln  ist  demnach  auch  im  freilebenden 
Zustande  dieser  Insekten  möglich.  Bei  der  Abschätzung  der  genannten  Erscheinung  darf 
auch  nicht  vergessen  werden,  daß  die  das  Nest  umgebenden  und  als  leitende  Punkte 
dienenden  Gegenstände  durchaus  nicht  beständiger  Natur  sind,  sondern  sich 
fortwährend  verändern:  die  anfangs  niedrige  und  wenig  dicht  stehende  Vegetation  wird 
mit  der  Zeit  höher  und  treibt  Blüten ;  nach  dem  Mähen  verschwindet  sie  und  da,  wo  sich  vor- 
her ein  glatter  grüner  Teppich  ausbreitete,  erscheinen  jetzt  Haufen  von  Heu.  Im  Walde  ist  ein 
Baum  gestürzt  und  hat  sich  neben  das  Nest  gelegt ;  an  einer  Stelle  ist  das  grüne  Gras  gelb 
geworden,  an  einer  anderen  hat  es  sich  mit  trockenem  Laube  bedeckt;  die  grünen  Ge- 
büsche haben  sich  im  Frühjahre  in  weiße,  im  Frühherbste  in  rote  verwandelt.  Der  Bauer 
hat  auf  dem  Schober,  wo  noch  am  Tage  zuvor  Gras  neben  dem  Neste  wuchs,  Getreide  auf- 
gehäuft oder  über  einem   Heuhaufen  ein  Schutzdach  errichtet  u.  s.  w.   u.  s.  w. 

Aus  alledem  folgt,  daß  die  Besichtigung  der  L^mgebung  des  Nestes  durchaus  keine 
außergewöhnliche,  mit  einer  neuen  Lage  des  Nestes  in  der  Gefangenschaft  in  Verbindung 
stehende  Erscheinung  ist,  sondern   eine  allgemein  gültige  Regel   darstellt. 

Auf  die  Frage,  ob  der  Prozeß  des  Im- Gedächtnis -Bewahrens  der  Nestlage  bei  den 
Hummeln  eine  nur  in  der  Gefangenschaft  zu  beobachtende  Erscheinung  repräsentiert,  welche 
als  eine  Anpassung  an  neue  Lebensbedingungen  aufzufassen  ist,  müssen  wir  demnach  im 
verneinenden  Sinne  antworten :  diese  Erscheinung  ist  bei  den  Hummeln  auch  unter  den 
Bedingungen   des   Lebens    in   der   Freiheit   eine  ganz  gewöhnliche. 

Und  was  stellt  denn  eigentlich  die  Psychologie  dieses  Prozesses  dar? 

Sie  ist  sehr  anspruchslos  und  setzt  sich  zusammen  aus  den  Elementen  eines  Gedächt- 
nisses,   welches    befähigt    ist,    eine    sehr    geringe    Anzahl    von    Gegenständen    innerhalb    der 


—     7(1     — 

Sphäre  des  Sehens  unä  des   Unterscheidens  zu  behalten,  bis  zu  jener  noch  mehr  elementaren 
Fähigkeit,   welche  wir  den   Richtungssinn   nennen. 

Indem  ich  aus  allem,  was  in  diesem  Kapitel  über  die  Psychologie  des  Abfluges  und 
der  Rückkehr  der  Hummeln  gesagt  worden  ist,  die  Schlußfolgerung  ziehe,  fasse  ich  dieselbe 
in  folgender  Reihe   von  Thesen  zusammen : 

1.  Ein  jeder  Flug  der  Hummeln  setzt  sich  aus  zwei  verschiedenen  Akten  zusammen: 
dem  Abfluge  aus  dem   Neste   und  der  Rückkehr  in  dasselbe. 

2.  Diese  Wege  werden  dem  Gedächtnisse  unabhängig  voneinander  und  auf  ver- 
schiedene Art  und  Weise  eingeprägt  und  werden,  ein  jeder  auf  besondere  Weise,  im  Ge- 
dächtnisse behalten.  Im  übrigen  wird  nicht  etwa  der  Weg  des  Abfluges  aus  dem  Neste, 
sondern  derjenige  des   Rückfluges  zu  demselben  im  Gedächtnisse  behalten. 

3.  Die  Hummeln  behalten  diesen  letzteren  Weg  durch  sorgfältige  Besichtigung  nur 
weniger  in  der  Nähe  des  Nestes  gelegener  Gegenstände,  oder  mit  Hilfe  der  leitenden  Punkte 
im  Gedächtnisse. 

4.  Diese  Besichtigung,  sowie  das  damit  zusammenhängende  Einprägen  im  Gedächt- 
nisse kann  bei  den  Hummeln  nur  bei  derjenigen  Stellung  des  Körpers  erfolgen,  wie  sie 
dieser  letztere  bei   der  Rückkehr  nach   dem   Neste    einnehmen   wird. 

5.  Die  Besichtigung  von  Gegenständen,  welche,  wenn  auch  undeutliche,  Erinnerungen 
an  ihre  Merkmale  hinterlassen,  erfordert  von  selten  der  Hummeln  ein  besonderes  Verfahren : 
den  Zickzack-Flug  in  der  Nähe  des  Gegenstandes ;  Gegenstände,  welche  nicht  auf  diese 
Weise    besichtigt   wurden,    werden    von    den    Hummeln   dem    Gedächtnisse   nicht   eingeprägt. 

6.  Der  die  Besichtigung  begleitende  Zickzack-Flug  dauert  nur  so  lange  an,  als  die 
Hummeln  die  in  der  Nähe  des  Nestes  befindlichen  Gegenstände  sehen  können,  d.  h.,  wie 
dies  durch  zahlreiche  Beobachtungen  nachgewiesen  wird ,  innerhalb  einer  Sphäre  von 
höchstens   175   cm   Durchmesser. 

7.  Über  die  Grenzen  dieser  Sphäre  hinaus,  welche  ich  die  Sphäre  des  Sehens 
nenne,  folgt  eine  andere,  die  Sphäre  des  Unterscheidens,  welche  weder  das  Nest 
selbst,  noch  die  dasselbe  umgebenden  kleinen  Gegenstände,  sondern  nur  große  Dinge  um- 
schließt, welche  die  Hummeln  in  einer  Entfernung  von  über  10  Metern  nur  undeutlich 
unterscheiden  können. 

8.  Auf  die  Unterscheidungsgrenze  folgt  derjenige  Teil  des  Fluges,  bei  welchem  die 
Hummeln  von  dem  Richtungssinne  geleitet  werden;  von  diesem  lassen  sie  sich  sowohl  auf 
dem  Wege  von  dem  Neste  nach  dem  Orte,  wo  sie  ihre  Tracht  einsammeln,  als  auch  bei 
der  Rückkehr  von   da  zum  Neste  führen. 

9.  Während  des  genannten  Prozesses  des  Abfluges  und  des  Heimfluges  behalten  die 
Hummeln  demnach  nur  eine  geringe  Anzahl  von  Gegenständen,  oder  richtiger  gesagt,  von 
Punkten,  in  ihren  Einzelheiten  im  Gedächtnisse,  und  zwar  solche,  welche  dazu  geeignet  sind, 
ihre  Handlungen  innerhalb  der  engbegrenzten  Sphäre  der  Lage  des  Nestes  zu  leiten,  und 
welche  von  ihnen  nur  bei  einer  bestimmten  Stellung  ihres  Körpers,  so  wie  sie  bei  der  Rück- 
kehr in  das   Nest  eintreten  wird,   gesehen  werden  können. 

10.  Dieser  letztere  Umstand  beweist,  daß  das  Sehen  der  Hummeln  auch  innerhalb  jener 
Sphäre,  in  welcher  sich  das  Nest  befindet,  nur  sehr  unvollkommen  ist,  indem  sie  hier  nicht 


—     77     — 

alle  in  dieser  Sphäre  liegenden  Gegenstände,  sondern  nur  wenige  leitende  Punkte  unter- 
scheiden, welche  nicht  das  Resultat  bestimmter  Eindrücke  von  bestimmten  Gegenständen 
sind,  sondern  die  Summe  gleichzeitig  empfangener,  verschiedener  (und  infolgedessen  natür- 
lich undeutlicher»,  rechts  und  links  von  der  Linie  des  Rückweges  in  das  Nest  aufgenommener 
Eindrücke   repräsentieren. 

11.  Die  biologische  Bedeutung  der  Vorkehrungen,  von  welchen  uns  die  Einzelheiten 
im  Prozesse  des  Abfluges  der  Hummeln  und  ihrer  Rückkehr  in  das  Nest  Zeugnis  ablegen, 
besteht  darin,  daß  dem  im  höchsten  Grade  elementaren,  unzuverlässigen  und  daher  die 
Wohlfahrt  der  Art  nicht  sicherstellenden  Gedächtnisse  möglichst  wenig  Arbeit  zugemutet 
wird,  und  daß  gleichzeitig  die  Abhängigkeit  der  Art  von  diesem  Gedächtnisse  möglichst  ge- 
ring sei.  Infolgedessen  wird  von  den  Hummeln  nur  ein  verschwindend  kleiner  Teil  des 
ganzen  Weges  beim  Ab-  und  Heimfluge  dem  Gedächtnisse  eingeprägt. 

12.  Eine  wichtige  Rolle  im  Prozesse  des  Abfluges  und  der  I^ückkehr  spielt  endlich 
auch  der  Richtungssinn.  Die  biologische  Bedeutung  dieses  Hilfsmittels  ist  offenbar  ebenfalls 
da  zu  suchen,  wo  der  llrsprung  aller  übrigen  Hilfsmittel  des  Abfluges  und  der  Rückkehr  liegt. 

Darüber,  wie  sich  die  \on  mir  erzielten  Schlußfolgerungen  zu  den  Ansichten  der 
Autoren  in  der  gegebenen  Frage  verhalten,  was  sie  an  diesen  Ansichten  ändern  und  wie 
sie  dieselben  ergänzen,  darüber  endlich,  wie  sich  die  extremen  Gesichtspunkte  in  Bezug 
auf  diesen  Gegenstand  miteinander  vertragen  —  werde  ich  mich  nicht  weiter  auslassen,  da 
dies   an   und   für   sich   schon   klar   zu   Tage   liegt. 


Als  der  erste  Teil  meiner  .Arbeit  sich  bereits  im  Druck  befand,  beobachtete  ich  einige 
Erscheinungen  im  Leben  der  Llummeln,  die  einer  Erwähnung  wert  sind,  darunter  auch 
solche,  welche  sich  auf  die  Frage  über  die  Wahl  eines  Ortes  für  den  Nestbau  seitens  der 
Llummelweibchen  beziehen,  wovon  im  2.  Kapitel  (Seite  13  u.  ff.)  die  Rede  war. 

Im  verflossenen  Sommer  (1905;  beobachtete  ich  ein  Nest  von  Bombus  muscorum, 
welches  auf  dem  Gesims  eines  Fensters  angelegt  worden  war,  wobei  das  Flugloch  gleich- 
zeitig von  den  Hummeln  und  \  on  Sperlingen,  deren  Nest  sich  auf  demselben  Gesims  be- 
fand, benützt  wurde.  Die  „Wahl  des  Ortes"  hatte  sich  hier  trotz  der  günstigen  ursprüng- 
lichen  Bedingungen  für  die   Anlage   eines   Nestes,   als   verfehlt   erwiesen. 

Zu  gleicher  Zeit  mit  diesem  Falle  beobachtete  ich  Bauten  von  Bo7nbus  muscorum, 
welche  nicht  auf  der  Erde,  sondern  in  einer  mehr  oder  weniger  beträchtlichen  Höhe  über 
derselben  angelegt  und  sehr  gut  geraten  waren.  Faßt  man  diese  Fälle  zusammen  und  be- 
rücksichtigt dabei  diejenigen  Beobachtungen,  welche  von  früheren  Autoren  angestellt  wurden 
und  welche  darauf  hinausliefen,  daß  Bombus  muscorum  sein  Nest  unmittelbar  über  der 
Erdoberfläche  aus  Moos  anfertigt,  so  ist  man  wohl  zu  der  Annahme  berechtigt,  daß  diese 
Hummelart  den  interessanten  Prozeß  einer  Abänderung  des  Instinktes  der  Weibchen  bei  der 
Wahl  eines  Nistortes  durchmacht. 

Ich  habe  im  2.  Kapitel  darauf  hingewiesen,  daß  die  Wahl  eines  Platzes  bei  gewissen 
Arten   dadurch  charakterisiert   wird,   daß   einige  derselben  ihre  Nester  unter  der  Erde,  andere 


_     78      — 

dagegen  über  deren  Oberfläche  anlegen,  und  BoDihuH  inuscorum  gehört  zu  dieser  letzteren 
Kategorie. 

In  der  gegenwärtigen  Zeitperiode  erleidet  der  Instinkt  in  der  Wahl  der  Zone  bei 
diesen  Hummeln  eine  Abänderung:  \on  der  Oberfläche  der  Erde  siedeln  sie  nach  immer 
höher  und  höher  gelegenen  Orten  über,  wobei  sie  ihre  früheren  instinktiven  Anforderungen 
an  dasjenige,  was  ich  die  \\'ahl  eines  passenden  „Winkels"  für  den  Nestbau  genannt  habe, 
beibehalten. 

In  der  einschlägigen  Literatur  sind  \  iele  Fälle  derartiger  Abänderungen  des  Instinktes 
bekannt.  So  begann  eine  Taubenart  in  Samoa,  welche  Jahrhunderte  hindurch  ihre  Nester 
auf  der  Erde  gebaut  hatte,  rasch  an  Zahl  abzunehmen,  als  die  Europäer  Katzen  auf  diese 
Insel  einführten,  welche  sich  rasch  vermehrten  und  verwilderten.  Die  Vernichtung  der 
Tauben  wäre  wahrscheinlich  unvermeidlich  gewesen,  wenn  unter  den  stets  zu  beobachtenden 
Abänderungen  in  den  Instinkten  sich  nicht  eine  solche  gefunden  hätte,  welche  die  Tauben 
dazu  veranlaßte.  ihre  Nester  auf  den  obersten  Zweigen  der  Bäume  anzulegen.  Die  Ursache 
in  der  Veränderung  der  Zone  bei  der  Wahl  des  Nistortes  ist  bei  Bomhus  muscorum  augen- 
scheinlich darin  zu  suchen,  daß  sie  von  Psithyrus-Arten  in  großer  Menge  vernichtet  werden. 
Ob  sich  nun  die  Zahl  der  Psithyrus  in  jenen  Gegenden,  wo  ich  meine  Beobachtungen  über 
das  Leben  der  Hummeln  anstellte  ^Mittlere  Zone  Rußlands),  vermehrt  hat,  oder  ob  die  Ab- 
holzung  der  Wälder  und  die  Vergrößerung  der  kultivierten  Fläche,  wodurch  die  Hummeln 
gezwungen  wurden,  auf  kleineren  Bezirken  zu  nisten,  den  Parasiten  die  Aufsuchung  von 
Nestern  besonders  erleichterte,  ist  schwer  zu  sagen ;  allein  die  Tatsache,  daß  Bomhus  mus- 
corum am  meisten  von  diesen  Parasiten  zu  leiden  hat,  ist  wohl  kaum  anzuzweifeln.  Die 
Nachforschungen  der  PsithyrusSchmaxoX^ier  nach  Nestern  an  der  Oberfläche  der  Erde 
waren  wohl  dazu  geeignet,  die  natürliche  Auslese  bei  Bomhus  muscoru)!!  auf  jene  Abände- 
rungen in  der  Wahl  des  Ortes  (der  Zone)  zu  lenken,  wie  sie  gegenwärtig  vor  unseren  Augen 
sich  abspielt. 


Zoologica   Heil  XL\X 


Taf.  I. 


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12 


Vi:rJjig  von.  Erwin-  UÖgdc,  Stuitgart 


Zweiter  Teil. 

Die  „sozialen"  Instinkte  der  Hummeln. 

(Die  Elemente  ihres  „Familien"-  und  „geselligen  Lebens".) 


Die  „sozialen"  Instinkte  der  , .gesellig"  lebenden  Insekten  werden  von  den  Autoren 
für  so  kompliziert  und  so  vollkommen  gehalten,  daß  die  Bienen,  Ameisen  und  Termiten 
in  der  Phylogenie  der  Geselligkeit  bei  den  Tieren  die  höchste  Stufe  in  der  langen  Entwick- 
lungsreihe dieser  biologischen  Organisation  einnehmen:  nach  Ansicht  der  Autoren  sind  diese 
Insekten  (neben  dem  Menschen)  allein  dazu  befähigt,  ein  Zusammenleben  in  der  Gestalt  von 
Staaten  zu  bilden,  wobei  eine  weitgehende  gegenseitige  Hilfeleistung,  eine  komplizierte  Ar- 
beitsteilung und  eine  Sorge  um  ihre  Genossinnen,  sowie  um  die  junge  Generation  zu  Tage 
tritt,  welche  von  einem  selbst  für  die  höchsten  Säugetiere  unzugänghchen  Gefühle  von 
echtem   Altruismus   Zeugnis   ablegen. 

Ich  kann  mir  diese  Auffassung  der  Autoren  auf  folgende  Weise  erklären:  i)  durch 
die  Mangelhaftigkeit  ihrer  Untersuchungsmethoden,  bei  welchen  die  Beurteilung  der  Psycho- 
logie der  Insekten  ad  hominem  nicht  nur  als  wissenschaftlich,  sondern  oft  als  einzig  mög- 
lich angesehen  wird;  2)  dadurch,  daß  das  Leben  der  „sozialen"  Insekten  so  schwer  zu  er- 
forschen ist  und  diese  Forschungen  deshalb  auch  so  wenig  zufriedenstellend  ausgefallen 
sind:  ihre  Tätigkeit,  welche  von  einer  Menge  gleichgestalteter  Individuen  ausgeführt  wird, 
legt  der  Absonderung  der  Arbeit  (und  der  Psychologie)  des  Individuums  von  den  Re- 
sultaten der  Arbeit  der  Gesamtheit  ungeheure  Schwierigkeiten  in  den  Weg.  Es  erweist 
sich,  daß  nicht  nur  mit  den  genauen  Untersuchungsmethoden  wenig  vertraute  Beobachter, 
sondern  selbst  Spezialisten  in  der  erdrückenden  Mehrheit  aller  Fälle  nicht  im  stände  sind, 
sich  von  der  Idee  loszusagen,  daß  die  Logik  des  Ganzen  bei  den  gesellig  lebenden  In- 
sekten das  Resultat  der  Logik  der  das  Ganze  zusaminensetzenden  Teile  ist,  während  doch 
in  Wirklichkeit  diese  beiden  Logiken,  wenn  man  sich  so  ausdrücken  darf,  nichts  mitein- 
ander gemein  haben,  ebenso  wie  die  Logik  des  Atolls  nichts  mit  der  Logik  der  dasselbe 
aufbauenden   Korallenpolypen  zu   tun  hat. 

Um  der  Wahrheit  näher  zu  kommen,  wird  man  vor  allem  die  für  wissenschafdiche 
Untersuchungen  so  schädlichen  traditionellen  Gesichtspunkte  vergessen  und  die  Methode  der 
Analogie  mit  derjenigen  der  Evolution  vertauschen  müssen.^ 


'  Vergl.  W.  Wagner  „Die  biologische  Methode  in  der  Zoopsychologie." 


—     so- 
was das  „Familien-"   und  das  „gesellige"    Leben   der   Hummeln   vom   Gesichtspunkte 
dieser  Methode  aus  betrachtet  vorstellt,  werden  wir  aus  den  Beobachtungen  und  Versuchen 
ersehen,  deren  Darlegung  der  zweite  Teil  der   vorliegenden   Arbeit   gewidmet   ist. 

Die  Materialien,  die  ich  über  diesen  Gegenstand  gesammelt  habe,  zerfallen  von 
selbst  in  mehrere  Gruppen,  von  denen  jede  einzelne  in  einem  besonderen  Kapitel  behandelt 
werden  soll.    So  gestaltet  sich  die  Einteilung  des  zweiten  Teils  wie  folgt: 

Kapitel  I.  Die  mit  der  Eiablage  durch  das  Weibchen  in  \'erbindung  stehenden  Er- 
scheinungen der  „Geselligkeit"  in  der  Hummelfamilie. 

Kapitel  H.  Die  Sorge  für  die  Nachkommenschaft,  als  Zeugnis  für  die  hohe 
Entwicklung  des  „sozialen  Gefühles"  bei  den  gesellig  lebenden  Insekten. 

Kapitel  III.  Die  Psychologie  der  Gefühle  bei  den  Gliedern  der  „Familie"  (oder 
„Gesellschaft")  und  bei   benachbarten   „Familien"    ;oder  „Gesellschaften")  zueinander. 

Kapitel  I\'.  Über  die  Einrichtung  der  Waben  und  die  damit  im  Zusammenhange 
stehende   Tätigkeit  der    Hummeln. 

Kapitel  V.  Über  den  „gemeinsamen"  Angriff  und  die  „gemeinsame"  Verteidigung 
der    Familie   in    der   Gefahr  (Massenbewegung). 

Kapitel  VI.  Über  die  , .gemeinsame"  Tätigkeit  der  Hummelfamilie  bei  ihrer  Über- 
siedelung von  einem   Orte  nach  einem  anderen. 

Kapitel  VII.     Über   die   „Sprache"  der   „sozialen"   Insekten. 

Kapitel  VIII.  Die  Veränderungen  in  den  „sozialen"  Instinkten  in  der  Periode  des 
Unterganges  der  Hummelfamilie  i_bei  dem  Herannahen  der  Wintermonate)  und  unter  der 
Einwirkung  der  Gefangenschaft. 


Kapitel   I. 

Die  mit  der  Eiablage  durch  das  Weibchen  in  Verbindung  stehenden  Erscheinungen 

der  „Geselligkeit"  bei  der  Hummelfamilie. 

Nachstehend  teile  ich  die  wenigen  Angaben  mit,  welche  ich  in  einer  interessanten 
Arbeit  v.  B  u  1 1  el  -  Reep  c  ns^  bezüglich  der  Frage  über  die  erste  Eiablage  des  Hummel- 
weibchens finde.  Der  Autor  macht  diese  Angaben  zum  Teil  nach  den  Mitteilungen  von 
Herrn  Wegener,  welcher  ihm  persönlich  hierüber  berichtete,  zum  Teil  nach  älteren  Be- 
obachtungen Hofers. 

Nach  den  Mitteilungen  von  Wegener  erfolgt  die  Ablage  des  ersten  Eies  in  der  Weise, 
daß  das  Weibchen  den  Erdboden  mit  etwas  Wachs  bestreicht,  auf  den  so  vorbereiteten 
Fleck  mit  Honig  vermischten  Blütenstaub  bringt  und  darauf  ein  Ei  legt. 

Hof  er  beschreibt  diesen  ersten  Schritt  auf  dem  Wege  der  Wabenbildung  in  etwas 
anderer  Weise  (für  Bomhus  lapidarius):  Bevor  das  Weibchen  ein  Ei  auf  einen  mit  Wachs 
bestrichenen  Fleck  ablegt,  baut  es,  nachdem  es  Honig  und  Pollen  herbeigetragen  hat,  um 
diesen  Fleck  eine  ringförmige  Zelle  von  7  mm  Durchmesser  und  6  mm  Höhe.  Sodann  bringt 
es  Pollen  in  die  Zelle  und  legt  ein  Ei,  tut  neuen  Pollen  darauf  und  legt  wieder  ein  Ei  u.  s.  w. 
Ist   die  gehörige   Zahl   Eier  gelegt,   so  wird  die   Zelle   mit   Wachs  geschlossen. 

Mir  selbst  ist  es  nicht  gelungen,  die  erste  Eiablage  zu  beobachten.  Im  Sommer  1904 
wurde  der  Nestbau  der  Hummeln  durch  die  kühle  Witterung  auf  lange  Zeit  hinausgeschoben, 
und  das  erste  Nest,  das  ich  fand  (von  Bomhus  variabilis),  enthielt  bereits  die  erste,  sehr 
kleine  Larvenzelle.  Diese  Zelle  befand  sich  in  einem  sehr  kleinen  Neste,  dessen  Dimensionen 
auf  der  Fig.  51  genau  wiedergegeben  sind.  (Die  Zeichnung  stellt  einen  Schnitt  durch  das 
Nest  dar,  welcher  es  möglich  macht,  die  Lage-  und  Größenverhältnisse  seiner  Teile  zu  er- 
kennen.) Auf  dieser  Figur  unterscheiden  wir  folgende  Teile :  N.  ex  —  das  äußere  Nest, 
N.in  —  das  innere  Nest,  welches  zu  dieser  Zeit  weder  eine  Wachsunterlage  noch  einen 
Wachsdeckel  besaß  (vielleicht  kann  dieser  Umstand  dadurch  erklärt  werden,  daß  die  im 
höchsten  Grade  ungünstige  und  kalte  Witterung  das  Einbringen  der  Tracht  erschwerte); 
en  —  das  Flugloch  und  tu  —  das  Eingangsloch;  an  dessen  Ende,  an  der  Grenze  zwischen 
ihm  und  dem  inneren  Neste,  befindet  sich  mc  —  ein  Honigtopf,  welcher  aus  reinem  Wachse 
angefertigt  ist. 

Innerhalb  der  Höhlung  des  inneren  Nestes  befindet  sich  eine  kleine  Larvenzelle  La. 
Von  außen   zeigt  dieselbe,   besonders  von   der  Seite  (Fig.  51)  eine  mittlere  Einschnürung  und 


'  Biolog.  Centralblatt  1903,  No.  3,  p.  100. 

11 


Zoologica.    Heft  4G. 


82     — 


das  Vorhandensein  von  Spuren  einer  Querwand  (Fig.  51  w)  beweist  ganz  offenbar,  daß  an- 
fangs zwei  getrennte,  einander  dicht  berührende  Larvenzellen  (a  und  b)  angelegt  worden 
waren.  Der  untere  Teil  der  Larvenzelle  war  mit  Nahrungsstoffen  angefüllt,  welche  aus  mit 
Honig  vermischten   Pollen  bestanden. 


N.in.-   V  ^m '«-,.,'      h      l         )     -*^;  x:^  1 ^ 


Fig.  53- 


Fig.  51. 

Auf  der  Fig.  52  ist  die  Larvenzelle  im  Durchschnitte  dargestellt;  die  Buchstaben  m.i. 
bezeichnen  den  Nahrungsvorrat  im  Augenblicke  der  Eröffnung  der  Larvenzelle,  a  und  b 
die  Höhlung  der  Larvenzelle,  worin  sich  sechs  Larven  in  verschiedenen  Entwicklungsstadien 
befanden;  letzteres  ist  aus  Fig.  53  zu  ersehen,  welche  die  Größe  der  in  der  erwähnten 
Höhlung  (a,  b)  befindlichen  Larven  genau  darstellt. 

Die  Wände  der  Larvenzelle  waren  aus  einer  festen  und  ziemlich  dicken  Schicht  reinen 
Wachses  angefertigt.  Das  Weibchen  hielt  sich  so  fest  zu  dem  Neste,  daß  es  die  Larven- 
zelle nicht  verließ,  als  ich  den  oberen  Teil  des  Nestes,  um  einen  Einblick  in  dessen  innere 
Höhlung  zu  erhalten,  wie  dies  auf  der  Fig.  51  dargestellt  wurde,  mit  einer  Schere  hinweg- 
schnitt und  der  abgeschnittene  Teil  entfernt  wurde;  auf  der  Larvenzelle  verbleibend,  legte 
sich  das  Weibchen  auf  den  Rücken,  wobei  es  stark  summte  und  sich  zum  Stechen  an- 
schickte; in  dem  Augenblicke,  als  das  Nest  eröffnet  wurde,  spritzte  es  aus  seinem  Abdomen 
einen  Strahl  flüssiger  Substanz  mit  solcher  Gewalt  hervor,  daß  derselbe  einen  Bogen  von 
über  35  cm  Länge  beschrieb. 

Dieses  Nest  gibt  nun  auf  die  Frage  nach  der  Anlage  der  ersten  Larvenzelle  eine  ganz 
bestimmte  Antwort :  zuerst  wird  Nahrung  vorbereitet,  sodann  ein  Ei  abgelegt  und  hierauf 
beides  durch  eine  Wachsschicht  verschlossen.  Die  Lagerungsschichten  des  Wachses  beweisen 
zweifellos,  daß  dasselbe  nicht  vor,  sondern  nach  der  Eintragung  der  Nahrungsvorräte  er- 
baut worden  war. 

Ein  anderes  Nest  von  Bomhus  variabilis  fand  ich  in  demselben  Jahre  am  10.  Juni. 
Es  unterscheidet  sich  von  dem  soeben  beschriebenen  Neste  dadurch,  daß  in  demselben  nur 
eine  einzige  Larvenzelle  angefertigt  worden  ist;  diese  letztere  ist  genau  um  die  Hälfte  kleiner, 
als  die  auf  Fig.  51  dargesteUte  Zelle,  und  gibt  daher  den  deutlichen  Beweis  dafür,  daß  die 
oben  ausgesprochene  A'ermutung,   die  auf  Fig.  51   abgebildete   Larvenzelle  sei  eine  doppelte 


—     83     — 

Zelle,  richtig  ist.  Die  Larvenzelle  ist  von  allen  Seiten  geschlossen,  mit  Ausnahme  einer  ein- 
zigen Stelle,  wo  die  Wachsschicht  durchnagt  ist;  offenbar  sollte  hier  eine  neue  Larvenzelle 
angebaut  werden.  Das  Weibchen  selbst  zerstört  also  die  Wachshülle  auf  derjenigen  Seite, 
wo  sie  neues  Material  für  die  Ablage  eines  neuen  Eies  anhäuft.  Es  unterliegt  keinem 
Zweifel,  daß  den  beiden  ersten  Zellen  in  gleicher  Weise  auch  eine  dritte  und  vielleicht 
auch  eine  vierte  und  mehr  Larvenzellen  angefügt  werden. 

In  der  betreffenden  Larvenzelle  befanden  sich  6  Eier,  aus  denen  noch  keine  Larven 
ausgeschlüpft  waren.  Dieses  Nest  war  demnach  das  jüngste,  welches  ich  jemals  gefunden 
habe ;  sein  Bau  ist  noch  einfacher  als  derjenige  des  oben  beschriebenen  Nestes :  in  einem 
Haufen  vorjährigen  Pferdemistes,  und  zwar  in  dessen  oberem  Viertel,  war  eine  kleine  Höhlung 
angebracht,  worin  sich  das  Weibchen,  eine  kleine  Larvenzelle  und  ein  aus  reinem  Wachse 
angefertigter  Honigtopf  befanden.  In  das  innere  Nest  führte  ein  gerader  Gang.  Der  Honig- 
topf war  von  geringer  Größe.  Die  Honigvorräte  in  den  Honigtöpfen  anderer  Llummelarten 
(z.  B.  von  Bomlms  lapidarius)  sind  gewöhnlich  bedeutend  größer.  Taf.  I,  Fig.  2  und  3 
zeigen  je  fünf  solcher  Honigtöpfe  in  natürlicher  Größe,  Taf.  I,  Fig.  4  deren  vier.  Alle  diese 
Töpfe  sind  aus  reinem  Wachse  angefertigt  und  daher  bedeutend  heller  als  die  Wachsbauten 
der  Arbeiter.  ' 

In   diese  Töpfe  bringt  das  Weibchen 
Honig  ein  und  verschließt  sie,  nachdem  sie  ge- 
füllt sind.       Mehr  als  5  Töpfe,     wie  ich  sie  bei  ü 
Bovibus  lapidarius,  und  weniger  als  2  (Fig.  54),                                     ^'S-  54- 
wie   ich   dies   bei   Bonihus  muscorum  beobachtete,    hatte    ich    früher    nie    gefunden.     Diese 
Honigtöpfe  sind,  wie  aus  den  Figuren  zu  ersehen    ist,    ebenfalls    mit    Wachs    untereinander 
befestigt,   welches   bisweilen   eine   Art   von   Querverbindung  zwischen   den   Zellen  bildet  (b). 

Ich  kann  natürlich  nicht  mit  Bestimmtheit  behaupten,  daß  die  Anfertigung  der 
Honigtöpfe  der  Eiablage  stets  vorangeht,  da  ich  die  erste  Ablage  der  Eier  nie  beobachtet 
habe;  ich  vermute  jedoch,  daß  das  Einsammeln  des  Honigs  und  die  Anfertigung  der  Töpfe 
vor  der  Ablage  der  Eier  erfolgt,  da  in  dem  erwähnten  Neste  von  Bonihus  variahüis,  das 
eine  einzige  kleine  Larvenzelle  enthielt,  der  Honigtopf  fast  leer  und  sogar  etwas  zerdrückt 
war,  was  dafür  spricht,  daß  dieser  Topf  vor  längerer  Zeit  angefertigt  worden   war. 

Versehen  nun  die  Weibchen  die  \' o n  ihnen  in  die  E i e r z e  1 1  e n  abgelegten 
Eier  mit  Nährmaterial?  Hofer  beantwortet  diese  Frage  im  bejahenden  Sinne.  Er 
teilt  mit,  daß  das  Weibchen,  bevor  es  ein  Ei  legt,  in  die  von  ihm  hergestellte  Zelle  einen 
gewissen  Vorrat  von  Nährmaterial  bringt ;  hierauf  legt  es  erst  das  Ei  und  häuft  darauf  aber- 
mals Futter  für  die  Larve.  Eine  Ausnahme  von  dieser  Regel  gibt  der  Autor  nur  für  die 
Zellen  zu,  welche  für  die  Weibchen  und  Männchen  bestimmt   sind. 

Er  sagt  in  Übereinstimmung  mit  Hub  er,  daß  die  Hummeln  „ne  preparent  jamais 
de  pollen  dans   les   cellules   qui   doivent  servir   de  berceau   aux   mäles   et   aux   femelles"^ 

Das  trifft  nicht  ganz  zu :  es  ist  zwar  richtig,  daß  die  Eierzellen  mit  Eiern,  aus 
welchen  cfcf  und  99  hervorgehen  werden,  kein  Brot  enthalten,  allein  es  ist  nicht  ganz 
richtig,  daß  die  Weibchen  dieses  Nährmaterial  stets  für  die  Arbeitshummeln  vor- 
bereiten. 


'  Nach  Pörez. 


—     84     — 

Die  diesbezüglichen  Schlußfolgerungen  des  Autors  beruhen  augenscheinlich  auf  Be- 
obachtungen an  einem  Nest  von  Bomhus  terrestris  und  seine  Beschreibung  von  der  An- 
fertigung der  ersten  Eierzellen  durch  diese  Hummeln  ist  ganz  richtig:  hier  werden  in  der 
Tat  Nahrungsvorräte  beobachtet,  wenn  auch  nicht  immer,  wie  Hof  er  angibt,  unter  den 
Eiern,  sondern  bisweilen  auf  denselben;  mit  anderen  Worten,  das  Futter  wird  bei  ihnen 
nicht  vor  der  Eiablage,  sondern  nach  derselben  vorbereitet.  Ich  wenigstens  habe  bei 
Bomhus  lerrestris  Eierzellen  beobachtet,  welche  folgendermaßen  eingerichtet  waren :  Auf 
dem  Kokon  coc  (Taf.  I,  Fig.  5,  welche  eine  geöffnete  Eierzelle  pi  in  starker  Vergrößerung 
zeigt),  sehen  wir  die  Eierzelle  pi,  unter  deren  Wachsdecke  ce  oben  ein  \'orrat  von 
Nahrung  fpo)  liegt  und  darunter  die  Eier  ov.  Diese  letzteren  sind  der  Oberfläche  des 
Kokons  coc,  auf  welchem  die  Eierzelle  angebracht  ist,  nicht  in  horizontaler,  sondern 
in  vertikaler  Richtung  zugekehrt.  Im  übrigen  ist  die  Lage  der  Eier  bei  Bomhus 
terrestris  ziemlich  unregelmäßig,  nicht  immer  so  regelrecht,  wie  dies  auf  der  Taf.  I,  Fig.  5 
angegeben   ist. 

Was  hier  über  die  Einrichtung  der  Eierzelle  und  Lage  der  Eier  gesagt  wurde,  bildet 
jedoch  keine  allgemeine  Regel:  bei  Bomhus  lapidarius,  Bomhus  tnuscorum,  Bomhus 
sylvarum  und  anderen  Hummeln  verhält  sich  die  Sache  anders.  In  den  vielen  Dutzenden 
von  Eierzellen,  welche  ich  bei  diesen  Hummeln  öffnete,  fand  ich  niemals  Nahrungs- 
vorräte,  wie   sie  von   dem  Weibchen   angelegt  werden. 

Das  Aussehen  und  die  Einrichtung  einer  solchen  Eierzelle  sind  die  folgenden :  Auf 
der  Taf.  I,  Fig.  6  sehen  wir  sie  an  der  Seitenwandung  eines  großen  Kokons  angefertigt; 
auf  Taf.  I,  Fig.  7  sehen  wir  eine  Wabe,  auf  deren  Kokons  vier  Eierzellen  angebracht  sind. 
Alle  haben  das  Aussehen  eines  kleinen  Hügelchens  von  brauner  Farbe.  Öffnet  man  die- 
selben, so  sehen  wir  folgende  Anordnung  (Taf.  I,  Fig.  8} :  Auf  dem  Gipfel  des  Kokons  be- 
findet sich  die  Eierzelle  pi;  die  Wachshülle,  aus  welcher  die  letztere  besteht,  ist  im  \'er- 
gleich  zu  später  sehr  dick.  L'nter  dieser  Hülle  liegen  die  Eier  (ov)  in  Form  einer  regel- 
mäßigen kleinen  Pyramide;  die  Zahl  dieser  Eier  kann  sich  (aber  nur  äußerst  selten}  auf 
eines  beschränken  und  geht  bis  zwölf,  selten  mehr.  In  den  meisten  Fällen  sind  es  deren  6 — 8. 
Die  Eier  liegen  stets  parallel  der  Oberfläche  des  Kokons,  auf  welchem  die  Eierzelle 
angebracht  ist,  und  niemals  habe  ich  unter  dem  Deckel  dieser  letzteren  Nah- 
rungsvorräte   gefunden. 

Diese  Tatsache  hat  natürlich  eine  ungeheure  Wichtigkeit,  da  sie  beweist,  daß  bei 
diesen  Hummeln  eine  der  Obliegenheiten  des  Weibchens  auf  die  Arbeiterinnen 
übergegangen  ist.  Die  „Arbeitsteilung"  geht  hier  demnach  schon  etwas  weiter:  das 
Weibchen  füttert  die  Brut  nur  unter  gewissen  Bedingungen  bei  der  Ablage  der  ersten  Eier, 
wenn  es  noch  alle  Arbeiten  ausführt.  Späterhin  behält  das  Weibchen  diesen  Instinkt  nur 
bei  einigen   Hummelarten  bei,   während  die   Mehrzahl  der  Weibchen  denselben   verliert. 

In  eine  alte,  früher  angelegte  Eierzelle  legt  das  Weibchen  nicht  von  neuem  Eier  ab :  es 
bereitet  jedesmal  neue  Eierzellen  (Taf.  I,  Fig.  7).  Bisweilen  kommt  es  jedoch  vor,  daß  die 
Eierzellen  dicht  nebeneinander  liegen;  in  diesem  Falle  wird  das  Wachs  der  ersten  Eierzelle 
an  derjenigen  Seite,  wo  die  zweite  angelegt  wird,  abgetragen  und  so  eine  Verbindung 
beider  Eierzellen  zu  einem  Ganzen  hergestellt,  wobei  die  Entwicklungsstadien  der  in  ihnen 
enthaltenen  Eier  natürlich  verschieden  vorgeschritten  sein  können.  Das  allgemeine  Aussehen 


—     85     — 

von  drei  untereinander  vereinigten  Eierzellen  a,  b  und  c  von  Bombus  icrrcstrls  ist  auf 
Taf.  I,  Fig.  9A  dargestellt,  die  innere  Anordnung  und  ihre  gegenseitige  Lage  auf  Taf.  I, 
Fig.  9B.  Die  erste  dieser  Eierzellen,  a,  enthält  noch  Eier;  es  ist  dies  offenbar  die  zuletzt 
angelegte,  die  Eier  sind  als  kleine  Kreise  dargestellt,  da  der  Horizontalschnitt  der  Eierzelle 
durch  den  kleinsten  Durchmesser  der  Eier  gehen  mußte.  —  In  der  darauffolgenden  Eier- 
zcllc  b,  welche  schon  keine  Eierkammer  mehr  darstellt,  sondern  eine  Larvcnzelle,  indem  die 
Larve  bereits  das  Ei  verlassen  hat,  befinden  sich  Larven  auf  einer  frühen  Entwicklungs- 
stufe, in  der  letzten,   c,   etwas   ältere   Larven. 

Hof  er  vermutet,  daß  das  Weibchen  in  ein  und  dieselbe  Eierzelle  zweimal  und  öfter 
Eier  ablegt.  Diese  Ungenauigkeit  hat  ihren  Ursprung  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der 
Tatsache  der  Auffindung  \on  Larvenzcllen  mit  einer  großen  Anzahl  von  Larven,  welche  ihrer 
Entwicklungsstufe  nach  so  verschieden  voneinander  waren,  daß  sie  unter  keinen  Umständen 
aus  zu  gleicher  Zeit  abgelegten  Eiern  herstammen  konnten.  Derartige  Larvenzellen  habe 
auch  ich  bisweilen  beobachtet.  Allein  es  ist  doch  nicht  richtig,  daß  das  Weibchen  den 
Wachsdeckcl  der  Zelle  aufhebt  und  Eier  in  dieselbe  ablegt,  wie  der  genannte  Autor  dies 
vermutet.    Die  Sache  verhält  sich  vielmehr  viel  einfacher. 


la  .3 


l-'K-  55- 


Fig.  56. 


Auf  rig.  55  sehen  wir  die  schematische  Darstellung  einer  Larvenzelle,  in  welcher 
sich  drei  (laj)  bereits  vollständig  entwickelte  und  zum  Teil  schon  verpuppte  (coc)  Larven 
unmittelbar  unter  der  dünnen  Wachsdecke  der  Larvenzelle  (ce)  befinden;  darauf  folgen  sehr  weit 
entwickelte  Larven  lao*  und  endlich  Larven  von  verschiedener  Größe  bis  zu  noch  gänzlich  un- 
entwickelten (laa,  laj).  Es  ist  von  Interesse,  daß  die  vollständig  entwickelten  Larven  an  den  Rän- 
dern der  Larvenzelle  liegen,  die  weniger  entwickelten  hingegen  hauptsächlich  im  Zentrum  der- 
selben, in  der  Nähe  der  Nahrungsvorräte  (po).  Diese  Erscheinung  wird  durch  folgende  Tatsachen 
erklärt.  Erstens  kommt  es  vor,  daß  die  Eierzellen  zwar  zu  verschiedenen  Zeiten,  aber  sehr 
nahe  aneinander  gelegt  werden,  wo\on  soeben  die  Rede  war.  Zweitens  ist  eine  Verschmel- 
zung der  Eierzellen  miteinander  auch  dann  möglich,  wenn  dieselben  nicht  unmittelbar 
nebeneinander  liegen,  wobei  diese  Verschmelzung  in  diesem  Falle  dann  später  vor  sich  geht. 
Auf    Taf.  I,    Fig.  6   sehen   wir   z.  B.    eine    Eierzelle   (pi)   und   eine    Lar\enzelle   (lar),    welche 


Um  die  Zeichnung  nicht  zu  überladen,  sind  die  Larven  la»,  las  und  la,  durch  bloße  Linien  dargestellt  worden. 


—     86     — 

zweifelsohne  zu  einem  Ganzen  verschmelzen  werden.  Auf  der  Fig.  56  sehen  wir  zwei  große 
Larvenzellen  (lari  und  lar,),  welche  so  weit  voneinander  angelegt  wurden,  daß  trotz  ihrer  be- 
deutenden Größe  beide  durch  eine  künstliche  Brücke  (bri)  miteinander  verbunden  sind. 
Späterhin  ist  neben  der  ersten  Larvenzelle  (lar,)  eine  dritte,  (larg)  entstanden,  welche  noch  wenig 
entwickelt  ist;  sie  ist  ebenfalls  durch  eine  besondere  Brücke  (bra)  mit  der  ersten  Larvenzelle 
verbunden.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß,  wenn  zwei  Larvenzellen  sehr  nahe  beieinander 
liegen,  dieselben  zu  einem  Ganzen  verschmelzen  können,  in  welchem  die  Larven  sehr  ver- 
schiedenen Entwicklungsstadien  angehören  werden.  Das  gleiche  Resultat  wird  auch  dann 
erzielt  werden,  wenn  der  Fall  eintritt,  daß  das  Weibchen  auf  der  Larvenzelle  selbst  eine 
neue  Eierzelle  anlegt;  die  neu  hinzutretenden  Larven  werden  dann  in  einer  gemeinsamen 
Kammer  mit  bedeutend   weiter  entwickelten  Larven  zusammentreffen. 

Solche  Verschmelzungen  sind  nicht  nur  für  zwei,  sondern  auch  für  drei  und  mehr 
Larvenzellen  möglich.  Sie  erklären  auf  die  einfachste  Weise  das  Auffinden  von 
Larven  verschiedener  Entwicklungsstufen  in  einer  Zelle.  Jedenfalls  habe  ich 
niemals  beobachtet,  daß  die  Weibchen  in  ein  und  dieselbe  Eierzelle  mehrere  Male,  oder 
auch  nur  zwei  Male  Eier  abgelegt  hätten,  indem  sie  den  Wachsdeckel  der  Eierzelle  oder 
der  Larvenzelle   abhoben. 


Hiermit  beschließe  ich  die  Besprechung  der  Tätigkeit  des  Weibchens  in  der  ersten 
Periode  des  Lebens  der  Hummelfamilie,  da  die  Pflege  der  Eierzellen  sowie  der  sich  darin 
entwickelnden  Brut  in  weit  höherem  Maße  Sache  der  Arbeiterinnen  ist,  als  des  Weibchens. 
Hier  möchte  ich  nur  noch  bemerken,  daß  bis  zum  Ausschlüpfen  der  Arbeiterinnen  die  Ge- 
samtheit der  Pflegearbeiten  —  das  Bebrüten  der  Eierzellen,  LarvenzcUen  und  Kokons,  die 
Sorge  um  die  LTnterbringung  und  die  Fütterung  der  Larven  —  von  dem  Weibchen  allein 
(wenn  auch  nicht  in  ganz  identischer  Weise)  ausgeführt  werden ;  im  gleichen  Maße,  wie  die 
Zahl  der  Familiengliedcr  heranwächst,  nimmt  es  dann  weniger  und  weniger  an  diesen  Ar- 
beiten teil. 

Über  einige  Eigentümlichkeiten,  welcFie  mit  der  Ablage  der  Eier  durch  das  Hummelweibchen 
nach  den  Beschreibungen  der  Autoren  verbunden  sind. 

In   folgender  Weise   beschreibt   Prof.  Perez  eine   dieser   Eiablagen   nach    Hofer: 

Quand  le  moment  decisif  est  venu,  la  femelie,  an  grande  agitation,  court  deqk  et  delä  sur  las 
gäteaux,  paraissant  chercher  un  Heu  convenable  pour  deposar  ses  oeufs.  Ella  se  decide  enfin.  La  ponte 
achevee,  la  famalle  retire  aussitöt  l'abdonien  de  la  cellule  et  sa  met  ä  tourner  vivement  tout  autour,  donnant 
la  chasse  aux  ouvrieres  at  aux  autres  femelies  qui  se  pressant  vars  l'orifice,  et  eile  travailla  antra-tamps 
a  farmer  la  callula  avec  da  la  cire,  qua,  dans  ce  but,  eile  tenait  dejä  touta  preta  pendant  qu'alla  pondait, 
et  aussi  avec  de  la  cira  empruntee  au  bord  meme  da  la  cellule.  Si  les  importuns  s'avangent  trop ,  alle 
n'hesita  pas  ä  faire  un  exampla ;  alle  saisit  la  plus  audacieux  ou  le  plus  proche  avec  sa  bouche  et  ses  pattes, 
et,  apres  s'etre  un  instant  collatee  avec  lui,  tous  deux  degringolant  par-dassus  las  autres  bourdons  et 
tombant  ä  terra.  La  femelie  laisse  lä  le  coupable,  rudement  chätie  par  de  cruelles  morsures ,  et  remonte 
promptement  ä  sa  cellule,  pour  la  proteger  contre  les  attaquas  des  autres.  Trop  tard  le  plus  souvent,  car 
les  plus  prompts  ä  profiter  da  son  absence  l'ont  dejä  cravea  et  ont  derobe  quelques  oeufs  pour  las  devorer. 
Quelque    fois   capendant    il    arrive  qua  la  reine  elie-mema    na   sort  pas  indemne  du  combat.     L'observateur 


—     87     — 

vit  un  jour  la  femelle,  dejä  vieille  et  assez  pel^e,  il  est  viai,  lächer  tout  d'un  coup  une  petite  femelle  qu'elle 
avait  saisie.  Paralysee  sans  doute  par  un  coup  d'aiguillon,  eile  vecut  encore  une  vingtaine  d'heures,  inerte, 
en  but  aux  mauvais  traitements  des  petites  femelles,  qui  la  mordaient,  la  tiraillaient  sans  cesse  par  les  pattes 
et  par  les  alles.  «Ces  bourdons  si  placides  et  si  debonnaires  d'habitude,  ajoute  Hofer,  m'ont  toujours 
paru  feroces  et  brutaux  pendant  la  ponte;  et  si  la  femelle  vient  alors  ä  mourir,  son  cadavre  n'est  point 
menage;  petites  femelles  et  ouvrieres  se  jettent  dessus,  le  mordillent  aux  alles,  aux  pattes,  aux  antennes, 
et  fönt  de  vains  efforts  pour  mettre  dehors  la  gigantesque  morte. 

Quand  la  pondeuse,  apres  de  semblables  incidents,  est  heureusement  parvenue  ä  retrouver  sa  cellule, 
eile  6tale  encore  ä  plusieurs  reprises  sur  l'opercule  de  la  cire  prise  aux  bords.  Elle  va  ensuite  chercher 
d'autre  pollen  avec  du  miel,  qu'elle  colle  sur  la  cellule,  retourne  en  chercher  de  nouveau,  et  ainsi  de  suite, 
jusqu'ä  ce  qu'elle  trouve  la  provision  süffisante.  Elle  rouvre  alors  la  cellule,  y  pond  encore  quelques  oeufs, 
toujours  moins  cependant  que  la  premiere  fois,  et  les  choses  se  passent  encore  comme  on  l'a  dejä  vu,  avec 
les  memes  tracasseries  de  la  part  des  ouvriferes  et  des  femelles.  Suivant  l'espece  et  autres  circonstances 
d'epoque,  de  temperature  et  d'abondance  de  provisions,  cette  ponte  se  repete  plus  ou  moins  souvent,  au 
point  qu'une  cellule  peut  contenir  jusqu'ä  vingtquatre  oeufs,  mais  rarement  pourtant  plus  du  tiers  de  ce 
nombre«. 

La  ponte  terminee,  la  femelle  reste  lä  plusieurs  heures  sur  la  cellule.  Elle  y  apporte  de  la  pätee  ; 
eile  en  ronge  et  polit  les  asperites.  Souvent  meme  eile  se  pose,  le  ventre  applique  dessus,  comme  si 
eile  couvait. 

Les  agressions  des  autres  bourdons  deviennent  de  plus  en  plus  rares,  et  cessent  enfin  tout  ä  fait. 
Et  ces  memes  petites  betes,  qui  tout  ä  l'heure  se  jettaient  avidement  sur  les  oeufs  frais  pondus  pour  s'en 
repäitre,  deviennent  maintenant  les  gardiennes  attentives,  les  nourrices  devouees  de  leurs  soeurs :  elles  les 
rechauffent  et  pourvoient  avec  une  tendre  sollicitude  ä  leur  alimentation. 

Nachdem  Prof.  P^rez'  diese  Beobachtungen  mitgeteilt  hat,  ergibt  er  sich  bezüghch 
derselben   ziemlich  trüben   Betrachtungen : 

Mais  ce  retour  ä  de  meilleurs  sentiments  ne  peut  nous  faire  oublier  la  sauvagerie  de  l'instinct 
qui  les  a  un  instant  emportees.  C'est  lä  un  des  traits  de  moeurs  les  plus  etonnants  parmi  ceux  que  nous 
devons  aux  observations  de  Hof  er,  et  un  des  plus  inexplicables  que  presente  la  biologie  des  Bourdons. 
Que  la  pondeuse  defende  cnergiquement  sa  progeniture,  le  fait  est  si  ordinaire,  si  banal,  qu'il  ne  peut 
nous  surprendre.  En  tant  qu'instinct  acquis,  il  est  la  consequence  naturelle  du  cannibalisme  momentane 
des  disparus,  si  la  mere  indifferente  abandonnait  ses  oeufs  ä  la  voracite  de  ses  premieres-nees.  Mais  pour- 
quoi  cet  instinct  fratricide,  cette  folie  passagere,  qui  interrompt  un  instant  et  ternit  en  quelque  sorte 
l'honnete  vie  du  bourdon.?  Nous  voyons  bien  quelquefois,  chez  l'abeille  domestique,  les  ouvrieres  detruire 
et  Sans  doute  aussi  devorer  des  oeufs.  Mais  cela  n'arrive  qu'ä  l'epoque  oü  le  miel  est  abondant  dans  les 
fleurs,  oü  le  souci  d'emmagasiner  le  plus  de  provisions  possible  oblige  ä  sacrifier  ces  objets  d'une  si  tendre 
sollicitude  en  toute  autre  circonstance.  Les  coupables,  ici  n'ont  pas  une  teile  excuse.  Nous  sommes  bei 
et  bien  en  presence  d'une  gloutonnerie  manifeste.  L'oeuf  qui  vient  d'etre  pondu,  est  sans  doute  un  manger 
delicat,  d'oü  s'exhale  un  fumet  irresistible.  C'est  peut-etre  lä  tout  ce  qu'il  faut  voir  en  la  chose,  une 
imperfection  de  l'instinct  social,  que  la  s^lection  n'est  point  parvenue  ä  corriger.  Quant  ä  la  necessite 
d'une  restriction  ä  apporter  ä  la  trop  grande  multiplication  dans  la  colonie,  on  ne  peut  s'y  arreter  un 
instant.  Ici,  comme  chez  les  abeilles,  comme  ailleurs,  une  forte  population  c'est  la  richesse,  c'est  la 
puissance.  Et  si  la  nature  voulait  en  moderer  l'accroissement,  sans  parier  des  parasites,  eile  avait  un  moyen 
plus  simple,  moins  feroce :  celui  de  restreindre  la  ponte,  de  diminuer  le  nombre  des  oeufs  dans  les  ovaires 
de  la  pondeuse. 

Ce  n'est  pas  tout.  Ä  supposer  la  diminution  des  oeufs  avantageuse,  ce  qui  pourrait  legitimer  en 
quelque  sorte  l'instinct  fratricide  des  ouvrieres,  ä  quoi  bon  alors,  chez  la  mere,  l'instinct  qui  la  pousse  ä 
defendre  sa  ponte,  instinct  dont  l'effet  est  tout  l'oppose  du  premier.?     Pourquoi  deux  instincts,  non  seule- 


'  Loc.  cit.  p.  iio  u.  folg. 


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ment  contraires ,  mais  meme  contradictoires  r  Et  si  l'on  accepte  que  la  voracite  des  ouvrieres  exige  un 
correctif  que  I'instinct  maternel  de  la  femelle  soit  des  lors  utile  ä  l'espece,  il  faut  convenir  que  son  adap- 
tation  est  bien  defectueuse.  Mieux  vaudrait  que  la  mere ,  moins  emportee  ne  quittä  pas  un  instant  la 
cellule  et  n'en  vint  pas  aux  voies  de  fait  avec  les  agresseurs.  Pas  un  oeuf  ne  serait  perdu,  et  les  mal- 
intentionnes  en  seraient  pour  leur  convoitise  non  satisfaite.  Comment  debrouiller  un  tel  chaos?  Nous 
y  renon^ons  pour  ce  qui  nous  conceine.  On  s'abuse,  croyons-nous,  ä  vouloir  chercher  partout  et  quand 
meme  la  perfection  dans  la  nature.  Reconnaissons  que  tout  n'est  pas  pour  le  mieux  dans  le  monde  des 
bourdons,  pas  plus  que  dans  les  autres. 

Hof  er  unterscheidet  demnach  in  seiner  Beschreibung  der  Eiablage  bei  den  Hum- 
mehi  zwei  Kategorien  gleich  wichtiger  Erscheinungen;  die  eine  betrifft  jene  Beziehungen, 
welche  während  der  Ablage  der  Eier  zwischen  dem  Weibchen  und  den  Arbeiterinnen  auf- 
treten und  dem  Autor  Veranlassung  zu  den  trübseligen  Betrachtungen  bezüglich  der  Unvoll- 
kommenheit  in  der  Natur  gegeben  haben;  die  andere  Kategorie  umfaßt  jene  Handlungen 
des  Weibchens,  welche  unmittelbar  die  Eier  und  deren  Unterbringung  betreffen.  Die  erste 
Gruppe  von  Erscheinungen  ist  von  dem  Autor,  wie  wir  dies  gleich  sehen  werden,  nicht 
richtig  beurteilt  worden ;  die  zweite  bedarf  der  Ergänzung.  Diese  Erkenntnis  wird 
durch  die  Beschreibung  von  Hof  er  selbst  herbeigeführt.  In  der  Tat:  würde  die  Sache 
so  verlaufen,  wie  der  Autor  es  beschreibt,  so  könnten  die  Hummelfamilien  niemals  so  zahl- 
reich werden,  wie  sie  es  doch  sind,  da  die  Eier  unvermeidlich  von  einer  der  Arbeiterinnen 
vernichtet  werden  würden,  sobald  das  Weibchen  sich  an  die  Verfolgung  einer  anderen  zu- 
dringlichen Arbeiterin  macht ;  dies  erfordert  ja  bedeutend  weniger  Zeit,  als  dazu  erforder- 
lich ist,  sich  mit  irgend  einer  der  am  meisten  zudringlichen  Hummeln  herumzubalgen  und 
mit  ihr  auf  den  Boden  zu  rollen.  Während  derartiger  Handgemenge  können  nicht  nur  ein 
sondern    fünf   ,, Gelege"   geraubt   werden. 

Was  geht  denn  nun  aber  in  Wirklichkeit  vor  sich,  und  was  ist  es,  was  Hof  er  irre- 
geführt hat  und  mit  ihm  auch  diejenigen  Autoren,  welche,  sich  auf  seine  Beobachtungen  be- 
rufend, nicht  wissen,  was  sie  mit  der  Bedeutung  der  von  ihm  beschriebenen  Tatsache  an- 
fangen  sollen? 

Das  Weibchen  bewegt  sich,  wie  alle  Glieder  der  Hummelfamilie,  bei  jedem  Werke, 
das  sie  imternimmt,  sehr  viel,  ohne  doch  wesentlich  von  der  Stelle  zu  kommen.  Auch  die 
Eiablage  bildet  keine  Ausnahme  von  dieser  Regel.  Das  Weibchen  „scheint"  zu  dieser  Zeit 
sehr  aufgeregt ;  in  Wirklichkeit  ist  es  nur  etwas  mehr  geschäftig  als  zu  anderen  Zeiten ; 
es  bereitet  sich  vor,  Eier  zu  legen,  d.  h.  einen  der  bei  ihm  genau  festgelegten  Instinkte  zu 
erfüllen.  Es  stößt  die  Hummeln,  die  ihm  dabei  in  den  Weg  kommen,  und  das  ist,  da  jene 
sich  auf  denselben  Stellen  wie  das  Weibchen  aufhalten  tind  zwar  meist  in  seiner  nächsten 
Nähe,  beständig  der  Fall.  Dabei  jagt  das  Weibchen  sie  nicht  energischer  und  nicht  „er- 
boster" fort,  als  wir  dies  bei  dem  Herumstoßen  der  Arbeiterinnen  selbst  untereinander  be- 
obachteten, wenn  dieselben  aus  irgend  welchem  Grunde  erregt  sind,  z.  B.  bei  dem  Aus- 
bessern einer  Zelle  oder  wenn  eine  oder  zwei  Arbeiterinnen  anfangen,  sich  rasch  auf  den 
Waben  herumzubewegen,  wobei  sie  die  anderen  stoßen  und  wenn  dieselben  nicht  nachgeben, 
sie  mit  den  Beinen  und  Kiefern  umklammern  und  über  die  anderen  Hummeln  hinweg  auf 
den  Boden  rollen. 

Diese  letzteren  Szenen  kann  man  jederzeit  sehen,  sobald  man  zum  Zwecke  der  Be- 
obachtung das   Licht  in   das   innere    Nest  dringen  läßt,  und  dadurch  die  Hummeln  in  mehr 


—    89     — 

oder  weniger  hohem  Grade  beunruhigt  werden.   Nachstehendes  findet  sich  in  einem  meiner 
Notizbücher  verzeichnet : 

Als  ich  ein  Nest  von  Bombus  muscorum  in  der  Gefangenschaft  abends  (bei  künst- 
lichem Lichte)  beobachtete,  bemerkte  ich,  daß  einige  Individuen  ohne  sichtbare  Ursache 
miteinander  in  Streit  gerieten,  wobei  sie  die  Stachel  in  Anwendung  brachten,  Hals  über 
Kopf  übereinander  rollten  u.  dergl.  m.  Mit  einem  Worte,  es  ergab  sich  genau  dasselbe  Bild, 
welches  ich  gesehen  hatte,  wenn  die  Hummeln  ein  in  ihr  Nest  verbrachtes  Individuum  einer 
anderen  Art  überfielen.  Derartige  Aufzeichnungen  finden  sich  ziemlich  häufig.  An  einer 
anderen  Stelle  notierte  ich,  daß  bei  dem  Angriff  einer  Hummel  auf  eine  andere,  diese 
andere  den  Angriff  nicht  erwidert,  sondern  die  Beine  an  den  Leib  zieht  und  ruhig  sitzen 
bleibt,  ohne  sich  von  der  Stelle  zu  rühren.  Nachdem  die  angreifende  Hummel  eine  Zeit 
lang  um  sie  herumgegangen  ist,  läßt  sie  sie  in  Ruhe  und  geht  zu  einer  anderen  Hummel, 
mit   welcher  sie   ebenfalls   eine   Balgerei  beginnt. 

Alle  solche  und  analoge  Erscheinungen  waren  mir  lange  Zeit  hindurch  völlig  unver- 
ständlich, bis  es  mir  endlich  gelang,  mir  den  wahren  Charakter  dieser  Tätigkeit  überhaupt 
klar  zu  machen,  namentlich  zu  einer  Zeit,  wenn  die  Hummeln  gereizt  sind,  wie  dies  immer 
der  Fall  ist,  wenn  sie  beobachtet  werden,  wobei  das  Nest  offen  gehalten  werden  muß. 
Gerade  unter  solchen  Umständen  aber  mußte  auch  Hofer  seine  Beobach- 
tungen an  dem  legenden  Weibchen  anstellen,  welches  dieses  Geschäft 
unter    normalen    Verhältnissen    im    Dunkeln  erledigt. 

Dieses  Herumstoßen  und  Balgen  unter  abnormen  Bedingungen,  in  welche  die 
Hummeln  durch  den  Beobachter  unabsichtlich  versetzt  werden,  indem  er  diejenigen  Vor- 
gänge beleuchtet,  welche  sonst  mit  Ausschluß  des  Lichtes  vor  sich  gehen  —  ist  eine  ganz 
gewöhnliche  Erscheinung  und  geht  in  den  meisten  Fällen  spurlos  vorüber.  Hof  er 
hat  sie  durchaus  irrtümlicherweise  für  einen  Kampf  zweier  Parteien  angesehen,  von  welchen 
die  eine  die  künftige  Nachkommenschaft  verteidigte,  während  die  andere  dieselbe  angriff 
und   zu   vernichten   suchte. 

Ein  aufmerksames  Studium  des  Charakters  der  Tätigkeit  der  Hummeln  läßt  erkennen, 
daß  der  Grundzug  dieser  Tätigkeit,  soweit  sie  den  Bedingungen  des  Zusammenlebens  ent- 
springt, darin  liegt,  daß  die  bewiesene  Geschäftigkeit  größer  ist  als  die  mit 
ihrer  Hilfe  erzielten  Resultate:  an  Arbeit  fehh  es  nie;  stets  werden  Anstrengungen 
gemacht;  alle  Handlungen  erfolgen  in  übertrieben  hastiger  und  geschäftiger  Weise;  gleich- 
viel ob  es  sich  um  das  Zusammenscharren  von  Baumaterial  nach  einer  Verletzung  des 
Nestes,  um  das  Einlegen  des  mitgebrachten  Futters  in  eine  Zelle,  oder  um  „Zu- 
sammenstöße" untereinander  handelt  —  die  Hummeln  besorgen  diese  Arbeit,  welche  gerade 
an  der  Reihe  ist,  mit  erregter  Eile,  Beharrlichkeit  und  hastigen  Bewegungen.  Man 
braucht  z.  B.  nur  zuzusehen,  mit  welcher  „Verzweiflung"  eine  Hummel  gegen  die  Fenster- 
scheibe schlägt,  wenn  der  Beobachtende  während  ihres  Ausfluges  aus  dem  Stocke  das 
Fenster  schließt;  allein  es  vergehen  nur  wenige  Sekunden  und  die  Hummel  kehrt  zurück, 
als  ob  sie  gar  keine  Unruhe  ausgestanden  hätte ;  oder  aber  man  muß  sehen,  mit  welch  einer 
„Bosheit"  eine  Hummel  an  dem  Netze  sich  herumbewegt,  mit  welchem  man  ein  am  Waldes- 
rande aufgefundenes  Nest  bedeckt  hat,  mit  welch  fürchterlicher  Geschwindigkeit  sie  in  allen 
Richtungen  an  diesem  Netz  herumfliegt  —  indem    sie    den    Feind    sucht,    würde    ein   Autor 

Zuologlca.    Heft  16.  ^2 


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sao-en,  welcher  ad  hominem  urteilt.  Dem  ist  aber  nicht  so :  die  Hummeln  fliegen  herum 
infolo-e  der  angeborenen  Gabe,  „sich  viel  zu  bewegen,  ohne  vorwärts  zu  kommen".  Es  ver- 
gehen wenige  Sekunden,  und  die  soeben  noch  erbost  herumschwirrende  Hummel  läßt  sich 
plötzlich  auf  eine  Blüte  nieder,  welche  während  des  rasenden  Hin-  und  Herfliegens  ihre  Auf- 
merksamkeit erregt  hat,  und  bewegt  sich  nunmehr  auf  dieser  auf  und  ab,  aber  in  anderer 
Weise,  indem  sie  hurtig  die  Beinchen  bewegt  und  ihren  langen  Ri.issel  hier  und  da  in  die 
Blüte  versenkt.  Es  genügt,  wenn  man  alle  diese  und  die  zahllosen  Erscheinungen  ähnlicher 
Art  sieht,  um  sich  den  wahren  Charakter  ihrer  Tätigkeit  in  dem  von  H  o  f  e  r  angeführten 
Falle  vollständig  klar  vorstellen  zu  können:  Die  Bewegungen  des  Weibchens,  welches  mit 
seiner  Stirne  die  in  der  Nähe  befindlichen  Arbeiterinnen  stößt  und  von  Zeit  zu  Zeit  mit  einer 
derselben  handgemein  wird,  sind  absolut  identische  Erscheinungen  mit  den  zahllosen  Zu- 
sammenstößen der  Arbeiterinnen  unter  sich.^  Der  ganze  Unterschied  besteht  nur  in  der 
etwas  größeren  Hastigkeit  und  der  noch  höheren  Erregtheit. 

Zieht  man  indessen  die  Bedingungen  in  Betracht,  unter  welchen  diese  Zusammenstöße 
vor  sich  gehen,  d.  h.  die  Stärke  des  inneren,  die  Tätigkeit  des  Weibchens  bedingenden 
Triebes,  sowie  die  Stärke  der  äußeren  Reize  infolge  der  zentralen  Rolle,  welche  das 
Weibchen  in  der  Familie  der  Arbeiterinnen  spielt  —  diese  letzteren  bewegen  sich  um  das 
Weibchen  herum  hin  und  her,  wenn  dasselbe  der  Ruhe  bedarf,  ebenso  wie  sie  dies  zu  jeder 
anderen  Zeit  auch  tun,  wo  dieses  sich  Hin-  und  Herbewegen  dem  Weibchen  ganz  gleich- 
gültig ist  —  so  erscheint  die  überflüssige  Geschäftigkeit  und  Erregtheit  vollständig  begreiflich. 
Die  Unrichtigkeit  der  mitgeteilten  Beschreibung  kann  auch  auf  einem  anderen,  un- 
vergleichlich leichteren  und  kürzeren  Wege  festgestellt  werden,  als  dies  durch  das  \'erständ- 
nis  des  Charakters  der  Tätigkeit  der  Hummeln  erzielt  wird. 

Man  öffne  den  von  dem  Weibchen  angefertigten  Wachsbau,  worin  die  von  ihm  ge- 
legten Eier  sich  befinden,  und  den  ich  als  Eierzelle  bezeichne,  Taf.  I,  Fig.  6,  7,  17  u.  18  pi 
[Ende  Juni  findet  man  deren  in  jedem  Hummelneste  zu  mehreren  Stücken],  und  tue  dies 
sogar  bei  einem  Neste,  welches  nicht  im  Freien,  sondern  im  Zimmer  beobachtet  wird ;  man 
bedecke  darauf  das  Nest  so,  daß  es  sich  im  Dunkeln  befindet.  Nach  15 — 20  Minuten  decke 
man  das  Nest  wieder  auf  und  man  wird  die  Eierzelle  vollständig  ausgebessert  vorfinden. 
Beobachtet  man,  wie  dies  geschieht  (indem  man  den  Kasten  mit  einer  Glasscheibe  und  diese 
mit  einem  abnehmbaren  Brettchen  bedeckt),  so  wird  man  sehen,  daß  die  Ausbesserung  von  den 
Arbeiterinnen  ausgeführt  wird.  Ich  habe  derartige  Versuche  Dutzende  von  Malen  angestellt, 
sowohl  absichtlich  wie  auch  unabsichtlich,  indem  ich  die  Eierzelle  gelegentlich  einer  anderen 
im  Hummelstocke  ausgeführten  Arbeit  zerstörte,  und  fast  immer  war  ich  Zeuge  ein  und 
derselben  Erscheinung :  nachdem  die  Arbeiterinnen  auf  die  zerstörte  Eierzelle  gestoßen 
waren,  befühlten  sie  sorgfältig  die  bloßgelegten  Eier  und  gingen  sodann  an  die  Ausbesserung 
der  Zelle.  Nur  ganz  ausnahmsweise  beobachtete  ich,  wie  Arbeiterinnen  ein  Ei  aus  einer 
Eierzelle  ihres  von  mir  zerstörten  Nestes  auffraßen.  Dies  traf  dann  ein,  wenn  die  Eierzellen 
von  den  Hummeln  selbst  zerstört  worden  waren;  aus  welchem  Grunde  und  auf  welche 
Weise  diese  Zerstörung  erfolgte,  davon  wird  seinerzeit  die  Rede  sein.  Derartige  Fälle 
bilden    jedoch     eine     Ausnahme     und    treten    stets    infolge    eines    Zufalles    ein :    unter    nor- 


'  Hierzu  kommen  noch  die  Betraclitungen ,    welche  ich  im  III.  Kapitel    des  zweiten  Teiles,  Abschnitt  C    anführen 
werde. 


—     91     — 

malen  und  der  Norm  nahestehenden  Bedingungen  kommen  solche  Erscheinungen  nie- 
mals vor,  und  der  Satz  von  Prof.  Perez,  daß  die  Hummeln  ,,se  jettent  avidement  sur 
les  oeufs  frais  pondus  pour  s'en  repaitre",  steht  in  direktem  Widerspruche  mit  meinen  Be- 
obachtungen. Ich  vermute  jedenfalls,  daß  das  Weibchen,  nachdem  es  die  Eiablage  be-y<^ 
endet  hat,  die  Eierzelle  durchaus  nicht  aus  Furcht,  die  Arbeiterinnen  möchten  ihre  Eier 
aufzehren,  sondern  aus  dem  Grunde  selbst  verschließt,  weil  dies  eine  ihm  zukommende 
Arbeit  ist,  und  die  für  seinen  Teil  genau  fixierten  Instinkte  von  dem  Weibchen  unfehlbar 
ausgeführt  werden.  Die  Arbeiterinnen  drängen  sich  nicht  aus  dem  Grunde  in  der  Nähe 
herum,  weil  sie  auf  eine  günstige  Gelegenheit  warten,  sich  an  einem  „leckeren  Bissen"  zu 
delektieren,   sondern  weil  es  ihre  Aufgabe  ist,   dort  zu  sein,  wo  das  Weibchen  sich  aufhält. 

Es  bleibt  nunmehr  noch  die  Frage  zu  beantworten,  welchen  Beitrag  die  soeben  be- 
sprochenen, die  Ablage  der  Eier  durch  die  Weibchen  der  Hummeln  begleitenden  Erschei- 
nungen denn  eigentlich  zu  der  vergleichenden  Psychologie  der  solitären  und  gesellig  leben- 
den Insekten  liefern?  v.  Buttel-Reepen  bemerkt,  indem  er  die  obenerwähnten  Beobach- 
tungen Hofers  über  die  Eiablage  der  Hummelweibchen  anführt,  wonach  das  Weibchen 
in  dem  Neste  ein  Wachsplättchen  anbringt,  die  Eier  und  das  Futter  darauflegt  und  beides 
mit  einer  Wachshülle  umschließt,  daß  aus  diesen  Beobachtungen  die  Reihenfolge  bei  der 
Arbeit  des  Weibchens  nicht  genau  zu  ersehen  ist:  d.h.  ob  das  Weibchen  seine  erste  Pollen- 
ladung auf  den  Wachsfleck  deponierte  und  darauf  den  Bau  der  Ringzelle  begonnen  hat, 
oder  ob  es  umgekehrt  zuerst  die  Zelle  anlegte*  und  dann  erst  den  Pollen  in  dieselbe  ablud. 
Jedenfalls,  so  fügt  er  hinzu,  wird  die  Nahrung  von  den  Hummeln  eingesammelt,  ehe  die 
Zelle  fertig  ist.  Die  Notwendigkeit  dieser  Schlußfolgerung  sowie  der  Wert,  welchen  er  der 
etwas  unvollständigen  Beschreibung  Hofers  beilegt,  haben  ihren  Grund  darin,  daß  er  der 
Reihenfolge,  in  welcher  die  Insekten  Nahrung  für  ihre  Larven  suchen,  das  Ei  ablegen  und 
die   Zelle  aufbauen,   eine  wichtige  phylogenetische  Bedeutung  zuspricht. 

V.  Buttel-Reepen  vermutet,  daß  die  Reihenfolge  i)  Nahrung,  2)  Ei  und  3)  Zelle 
für  die  Hummeln  charakteristisch  ist  und  dem  ursprünglichen  Verfahren  entspricht,  indem 
diese  selbe  Ordnung  auch  bei  den  solitären  Bienen  beobachtet  wird.  Eine  ganz  andere  Er- 
scheinung sehen  wir  seiner  Ansicht  nach  bei  den  gesellig  lebenden  Bienen,  Apis  meUifica, 
wo  die  Reihenfolge  so  lautet:  i)  Zelle,  2)  Eier  und  3)  Nahrung,  weshalb  die  Bienen  nach 
V.  Buttel-Reepen  die  genetisch  nächstfolgende,  höhere  Form  der  Geselligkeit  repräsen- 
tieren. 

Da  jedoch  das  Hummelweibchen,  nachdem  es  die  erste  Zelle  (nach  meiner  Termino- 
logie nicht  die  „Zelle",  sondern  die  erste  „Larvenzelle")  aufgeführt  hat,  anfängt,  den  Larven 
Nahrung  zu  bringen,  so  nähert  es  sich  durch  diesen  neuen  Instinkt  einer  höheren  Form 
der  Geselligkeit.  Wenn  nun  schließlich  das  Volk  stark  heranwächst,  so  beschäftigt  sich  das 
Weibchen  fast  ausschließlich  nur  noch  mit  Eierlegen,  während  die  Arbeiterinnen  alles  übrige 
übernehmen.  Von  diesem  Zeitpunkte  an  wird  das  Ansammeln  von  Vorräten  nach  v.  Buttel- 
Reepen  überflüssig,  indem  kein  Mangel  an  Nahrung  mehr  eintreten  kann.  Die  Eier 
werden  in  die  leeren  Zellen  gelegt  und  es  tritt   fortdauernde   Fütterung   ein. 

In  diesem  Gang  der  Entwicklung  der  jungen  Hummeln  und  in  den  Beziehungen,  in 
welchen  die  Weibchen  und  Arbeiterinnen  dazu  stehen ,  erblickt  v.  Buttel-Reepen  ein 
prächtiges  Beispiel  des  biogenetischen  Gesetzes :  das  Weibchen  wirkt  am  Anfange  des  Som- 


—     92     — 

mers  wie  eine  solitäre  Hymenoptere  und  tritt  als  Allesschafferin  auf,  während  es  sich 
schHeßUch  nur  noch  mit  dem  Legen  von  Eiern  beschäftigt,  wie  eine  Königin  von  Apis 
mellifica. 

Wir  werden  indessen  sofort  sehen,  daß  die  Tatsachen,  von  welchen  ausgehend 
V.  Buttel-Reepen  sein  biogenetisches  Gesetz  aufstellt,  nicht  immer  richtig  sind;  wären 
sie  aber  auch  einwandsfrei,  so  ist  doch  der  Sinn  dessen,  was  er  ein  biogenetisches  Gesetz 
nennt,   ein  etwas   anderer,  als  er  vermutet. 

^'or  allem  verwandelt  sich  das  Weibchen  bei  den  Hummeln  niemals  in  einen  Apparat 
zum  Eierlegen,  als  welcher,  wie  v.  Buttel-Reepen  sich  sehr  richtig  ausdrückt,  das  Weib- 
chen von  Äjns  mellifica  erscheint.  Vielmehr  ist  das  Hummelweibchen,  Gründerin  der 
Familie,  selbst  fortwährend  tätig :  es  bebrütet  emsig,  indem  es  auf  den  Waben  herumgeht,  so- 
wohl die  Eierzellen  wie  die  Larvenzellen ;  es  fliegt  nur  nicht  aus  dem  Neste,  ein  Instinkt, 
welcher  außerordentlich  zweckmäßig  erscheint,  wenn  man  die  Wichtigkeit  der  Rolle  des 
Weibchens  für  das  Leben  des  Hummelnestes  und  die  häufig  vorkommenden  Fälle  von 
Verletzimgen  der   Flügel   in   Erwägung  zieht. 

Ferner  sehen  wir,  daß  bei  den  Hummeln  das  Weibchen  bei  den  späteren  Eiablagen 
nicht  mit  dem  Futter,  sondern  mit  dem  Ei  beginnt ;  die  Reihenfolge  der  Akte,  auf  welche 
V.  Buttel-Reepen  seine  Phylogenie  aufbaut  und  auf  Grund  deren  er  die  Hummeln 
zwischen  die  solitären  Hymenopteren  und  die  Honigbienen  stellt,  ist  daher  für  diesen  Zweck 
nicht  geeignet,  da  sie  keine  beständige  Erscheinung  ist.    Diese   Reihenfolge  kann  lauten : 

i)  Nahrung;  2)  Ei;   3)  Zelle;   es  kann  aber  auch  eine  andere   Folge  eintreten: 

i)  Ei;  2)  Nahrung;  3)  Zelle;  schließlich  kann  die  Reihenfolge  nachstehende  Gestalt 
annehmen : 

i)  Ei;  2)  Zelle;  3)  Nahrung. 

Wenn  wir  endlich  auch  in  der  Tat  sehen,  daß  bei  den  solitären  Hymenopteren  die 
Reihenfolge   nach  v.  Buttel-Reepen   diese  ist: 

i)  Nahrung;  2)  Ei;   3)  Zelle,  so  wird  gleichzeitig   auch  folgende   Ordnung  beobachtet: 

i)  Zelle;  2)  Nahrung;  3)  Ei  (welch  letzteres,  nachdem  es  abgelegt  wurde,  in  der  Zelle 
verschlossen  wird,  während  die  daraus  herausschlüpfende  Lar\e  sich  selbst  überlassen  bleibt); 
d.h.  mit  anderen  Worten,  wir  beobachten  dasselbe,  was  wir  auch  bei  solchen  gesellig  leben- 
den Insekten  gesehen  haben,  welche  in  Bezug  auf  Geselligkeit,  vom  Gesichtspunkte  v.  Buttel- 
Reepens  selbst  aus  betrachtet,  die  höchste  Stufe  der  Komplikation  erreicht  haben.  Es 
sind  dies  die  Meliponae  und  T rigonae ,  bei  welchen  die  Reihenfolge  genau  dieselbe  ist, 
wie  wir   sie  bei   den  solitären    Hymenopteren  sehen,  d.  h. 

i)  Zelle;  2)  Nahrung;  3)  Ei.  Nachdem  dieses  letztere  gelegt  ist,  wird  es  verschlossen 
und  die  daraus  hervorgehende   Larve  wird  sich  selbst  überlassen. 

Die  Erscheinungen,  welche  die  Eiablage  bei  den  Hymenopteren  begleiten,  liefern 
demnach  weder  für  die  Feststellung  der  Phylogenie  noch  für  die  Feststellung  des  Fortschrittes 
in   den  die  Eiablage  begleitenden   Instinkten  einen   wesentlichen   Beitrag. 


—     93     — 

Kapitel  II. 
Die  Pflege  der  Brut  durch  die  Mitglieder  der  Hummel-„Familie". 

Diese  Pflege  macht  sich  bei  den  Hummeln  bemerkbar  A)  in  dem  „Bebrüten"  der 
Larvenzellen  und  Kokons,  B)  in  der  Aufsicht  über  die  Behausungen  der  Larven  und  C)  in 
dem   Füttern  der   Brut. 

Die  psychische  Natur  der  Tätigkeit  bei  den  Hummeln,  soweit  sie  mit  der  Brutpflege 
im  Zusammenhange  steht,  wird,  außer  den  in  den  angeführten  Rubriken  erwähnten  Tatsachen, 
ferner  noch  festgestellt:  a)  durch  Beobachtungen  an  Hummeln,  welche  noch  vor  dem  Ver- 
lassen des  Kokons  isoliert  wurden,  und  b)  durch  die  Tatsache  der  Vernichtung  von  Eiern 
und  Larven  des  eigenen  Nestes  durch  die  Hummelarbeiterinnen. 

A.  Das  „Bebrüten". 

Wir  beginnen  mit  diesem  Instinkte  der  Hummeln,  weil  diese  letzteren,  eben  erst  aus 
dem  Kokon  ausgekrochen  und  noch  kaum  gehörig  trocken  geworden,  ihre  Tätigkeit  mit  dem 
Bebrüten  beginnen. 

Indem  v.  Büttel- Reepen  die  Beobachtungen  Hofers  über  diese  Erscheinung  bei 
den  Hummeln  erwähnt,  meint  er,  daß  dieser  Autor  hierüber  ganz  außergewöhnliche  Dinge 
mitteilt,  wenn  er  sagt,  daß  die  Hummeln  ,,sich  sogar  platt  auf  den  Zellen  ausstrecken  und 
den  Kopf  andrücken,  um  die  Zellen  besser  erwärmen  zu  können".  Diese  Ansicht  erscheint 
V.  Buttel-Reepen  irrtümlich.  Wir  werden  jedoch  weiter  unten  sehen,  daß  Hof  er  diese 
Erscheinung  äußerlich  ganz  richtig  beschrieben  hat  und  daß  die  Zweifel  v. Buttel-Reepen s 
unbegründet   sind. 

Was  die  Deutung  dieser  Erscheinung  durch  Hof  er  betrifft,  indem  er  angibt,  daß  die 
Hummeln  auf  solche  Weise  die  Larven  erwärmen,  so  glaube  ich,  daß  diese  Vermutung  der 
Bestätigung  bedarf,  nicht  aber  rundweg  geleugnet  werden  kann,  wie  es  v.  Buttel-Reepen 
tut,  welcher  zur  Bekräftigung  seiner  Negation  keinerlei  tatsächliche  Gründe  anführt;  er 
meint  nur,  die  Temperatur  der  Hummeln  sei  zu  diesem  Zwecke  zu  gering  und  spricht  die 
Vermutung  aus,  daß  nicht  die  Hummeln  ihre  Larven  erwärmen,  sondern  daß  umgekehrt 
die  Hummeln  von  den  Larven  erwärmt  werden. 

Beide  Voraussetzungen  sind  gleichermaßen  wenig  beweisend.  Meine  eigenen  Beob- 
achtungen  über  diesen   Gegenstand  ergaben  folgende  Resultate: 

i)  Die  Hummeln  „bebrüten"  sehr  eifrig  nicht  nur  die  Larvenzellen,  sondern  auch  die 
Eierzellen-Pyramiden,  sowie  die  Kokons,  welche  Puppen  enthalten  (Fig.  57,  58,  59)  und  welche 
den  sie  bebrütenden   Individuen  keine  Wärme  abgeben  können. 

2)  Das  Bebrüten  wird  von  den  Hummeln  auch  zu  solchen  Tagesstunden  betrieben, 
wo  die  Hitze  im  Neste  so  bedeutend  wird,  daß  sie  mehrere  Hummeln  als  „Ventilatoren"  > 
an   dessen   Oberfläche    getrieben   hat,    um   die    Luft   abzukühlen. 


'  Siehe  unten,  III.  Teil,  i.  Kapitel,  Abschnitt  F  über  die  „Trompeter". 


94 


3)  Endlich  bebrüten  die  Hummeln,  wenn  kein  passendes  Objekt  für  die  Bebrütung 
vorhanden  ist,  eifrigst  Stückchen  Wachs  (ce),  welche  sich  zufällig  am  Rande  der  Futter- 
schachtel (b-a)  angesammelt  hatten  (Fig.  60),  oder  aber  einfach  den  Wachsdeckel  des  Nestes; 
selbstverständlich  können  die  Hummeln  von  diesen  Gegenständen  keine  Wärme   empfangen. 

Ich  vermute  daher,  daß  die  Bedeutung  dieser  Tätigkeit,  welcher  sich  die  Hummeln 
mit  einer  außerordentlichen  Beharrlichkeit  und  Ausdauer  hingeben,  keine  gleichartige  ist. 
Zieht  man  die  Art  und  Weise  in  Betracht,  wie  die  Weibchen  und  Arbeiterinnen  das  Be- 
brüten ausführen  (sie  dehnen  ihren  Hinterleib  aus,  machen  ihn  flach  und  strecken  ihn  platt 
auf  die  zu  bebrütenden  Gegenstände  aus,  wobei  sie  ihre  Beine  fächerartig  nach  allen  Seiten 


coc 


I''ig-  57- 


Fig.  58. 


F'g-  59- 


hin  ausbreiten  (Fig.  57,  58,  59),  so  könnte  man  mit  Bestimmtheit  vermuten,  daß  diese  Tätig- 
keit eine  direkte  Einwirkung  auf  die  Entwicklung  der  Larven  ausübt ;  diese  Vermutung 
findet  eine  Bestätigung  in  der  Tatsache,  daß  Kokons,  welche  nicht  bebrütet  wurden,  wie  ich 
mich   durch  Versuche   überzeugt  habe,   in  der   Entwicklung  zurückbleiben. 

Andererseits  können  jene  Handlungen  der  Hummeln,  welche  wir  mit  dem  Worte  „Be- 
brüten" bezeichnen,  noch  eine  andere  Bedeutung  haben  und  besitzen  dieselbe  wahrschein- 
lich  auch. 

Die  Sache  ist  die,  daß  das  Hummelnest  eine  große  Anzahl  von  Parasiten  in  sich 
beherbergt.  Solchen  steht  ja  der  Zugang  zum  Neste,  das  vieles,  was  Schmarotzer  anlocken 
kann,  enthält,  von  allen  Seiten  offen,  wozu  noch  kommt,  daß  die  FI  ummein  außerordent- 
lich „gutmütige"  Geschöpfe  sind.  Mit  den  rechtmäßigen  Bewohnern  des  Nestes  sich  in 
einen  offenen  Kampf  einzulassen,  riskieren  jedoch  nur  die  wenigsten  dieser  Eindringlinge, 
während  die  Mehrzahl  von  ihnen  sich  sofort  zurückzieht,  sobald  sie  die  Berührung  mit  einem 
der  Nesteigentümer  spürt.  Da  nun  die  Hummeln,  indem  sie  die  Beine  fächerartig  aus- 
strecken und  sich  flach  ausbreiten,  wie  dies  auf  den  Fig.  57,  58,  59  und  61  angegeben  ist, 
sowohl  die  Eierzellen  wie  die  Larvenzellen  und  Kokons  mit  ihrem  Körper  überall  bedecken, 
so  gewinnen  sie  die  Möglichkeit,  jedem  Versuche  eines  Anschlages  auf  dasjenige,  was  sie 
zu    hüten    berufen   sind,    vorzubeugen. 

Ich  habe  mehrfach  beobachten  können,  einen  wie  starken  Widerstand  die  Hummeln 
zu  dieser  Zeit  jeder  Art  von  Käfern  und  Larven  entgegensetzen,  welche  zur  unrechten  Zeit 
dahin  geraten  sind,  wo  sie  Beute  vermuteten.  Die  Feinheit  des  Tastsinnes  der  Hummeln 
ist  eine  erstaunliche :  die  allerleichteste  Berührung  ihrer  Beine  durch  einen  dünnen  Gras- 
halm  ruft   sofort   eine   Gegenreaktion   hervor. 

Eine  andere  Frage  bildet  die  Psychologie  des  Prozesses.  Hierin  kommt  v.  Büttel- 
Reepen  der  Wirklichkeit  sehr  nahe,  indem  er  vermutet,  daß  die  Hummeln  bei  dieser  Tätig- 
keit nicht  durch  das  Bewußtsein  der  Bedeutung  jener  Arbeit,  welche  sie  vollbringen,  son- 
dern einfach  durch  ein  Gefühl  des  Angenehmen  geleitet  werden,  welches  sie  dabei  empfin- 


—     95     — 

den ;  hierbei  ist,  wie  ich  von  mir  aus  bemerken  will,  zu  beachten,  daß  dieses  Angenehme 
durchaus  nichts  mit  dem  Empfangen  von  Wärme  von  Seiten  der  Larven  zu  tun  hat,  wie 
aus  den  von  mir  beobachteten  Fällen  des  Bebrütens  von  Wachsstückchen  auf  dem  flachen 
Boden  des  Kastens  hervorgeht,  oder  des  Nestdaches,  oder  von  Wachsstückchen  (ce),  welche 
sich  in  einer  Ecke  der  Schachtel  (a  b)  mit  Futter  angesammelt  hatten  (Fig.  6i). 

B.  Die  Beaufsichtigung  der  Behausungen  für  die  Larven  durch  Hummelarbeiterinnen. 

Die  Wichtigkeit  einer  Pflege  der  Eierzellen  geht  aus  folgendem  hervor:  Nimmt  man 
eine  Eierzelle  vorsichtig  und  zwar  mit  einem  Teil  des  Kokons  (auf  welchem  sie  ja  von  dem 
Weibchen  stets  angebracht  werden),  hinweg,  so  daß  die  Eierzelle  selbst  gar  nicht  berührt 
wird,  so  geht  sie  schließlich  doch  immer  und  unausbleiblich  zu  Grunde,  indem  sie 
austrocknet.  Ich  habe  den  Versuch  gemacht,  solche  Eierzellen  in  Honig  zu  tauchen.  Diese 
hielten  sich  unvergleichlich  länger  und  trockneten  nicht  aus,  ebenso  wie  auch  die  darin  be- 
findlichen Eier  nicht  austrockneten,  während  sie  in  ersterem  Falle  zu  Grunde  gingen.  Aus 
dem  soeben  Gesagten  kann  man  schließen,  daß  die  Hummeln,  indem  sie  sich  fortwährend 
auf  der  Eierzelle  herumbewegen  und  dieselbe  von  Zeit  zu  Zeit  mit  den  Kiefern  befühlen, 
dieselbe  mit  Honig  einschmieren  und  ihr  auf  diese  Weise  die  nötige  Weichheit  verleihen, 
wodurch  die   Eierzelle  vor   dem  Austrocknen  bewahrt  wird. 


Fig.  6i.  Fig.  62. 

Was  die  Wartung  der  Larvenzelle  betrifft,  so  besteht  sie  in  folgendem :  Je  weiter  die 
Entwicklung  der  Larven  fortschreitet,  desto  dünner  wird  die  sie  umschließende  Wachshülle, 
da  die  Larven,  indem  sie  sich  weiter  entwickeln,  immer  mehr  und  mehr  an  Größe  zunehmen; 
sie  drängen  dabei  die  Wachshülle  auseinander,  welche  die  Larvenzelle  bedeckt ;  die  sich 
hierbei  bildenden  Risse  verstopfen  die  Arbeiterinnen,  indem  sie  rechts  und  links  an  dem 
Risse  vorsichtig  kleine  Stückchen  Wachs  ankleben,  wodurch  die  Öffnung  verschlossen  wird. 
Die  Fig.  62  zeigt  in  grob-schematischer  Darstellung  den  Hergang  einer  solchen  Arbeit.  Es 
bedeutet  hier 

1.  —  den  Moment  der  Bildung  eines  Risses;  ce  —  dicke  Wachsschicht  der  Larven- 
zelle (natürlich  bedeutend  vergrößert),  m  —  Riß  (entsprechend  vergrößert) ; 

2.  —  den  Moment,  wo  die  Hummeln  eine  kleine  Portion  Wachs  von  der  dem  Risse 
zugewandten  Fläche  der  Eierzelle  abgenommen  und  mit  ihr  den  Riß  einigermaßen 
verstopft  haben; 

3.  —  einen  weiteren  Moment  im  Gange  der  Arbeit,  wo  die  Wachsschicht  noch  dünner, 
die  Öffnung  dagegen  noch  kleiner  geworden   ist ;    endlich 

4.  —  den  Moment,  wo  der  Riß  ganz  verschlossen  ist,  während  die  Wachsschicht  noch 
;  dünner  geworden  ist. 


—     96     — 

Man  muß  übrigens  nicht  denken,  daß  die  Hummeln  zum  Bau  der  sich  vergrößern- 
den Larvenzelle  nur  den  bereits  vorhandenen  Vorrat  an  Wachs  verwenden :  derselbe  würde 
nicht  genügen,  wie  dünn  sie  die  Zelle  auch  machen  wollten;  darum  bereiten  die  Hummeln 
fortwährend  neue   Vorräte   davon. 

Der  Umstand,  daß  die  Hummeln  die  Hülle  in  der  angegebenen  Weise  immer  dünner 
und  dünner  machen,  wobei  sie  sich  von  dem  durch  das  Wachstum  der  Larve  von  innen 
auf  die  Hülle  ausgeübten  Druck  leiten  lassen,  wird  außer  durch  direkte  Beobachtungen 
über  die  Arbeit  der  Hummeln  an  den  Larvenzellen  auch  noch  durch  folgende  Tatsache  fest- 
gestellt. Es  kommt  bisweilen  vor,  daß  die  Eierzelle  auf  einem  Kokon  mit  verhältnismäßig 
sehr  dünnen  Wänden  angebracht  wird,  in  welchem  die  Larve  aus  irgend  welchem  Grunde 
eingegangen  ist.  Da  in  solchen  Fällen  der  von  den  Larven  ausgeübte  Druck  am  Deckel  der 
Larvenzelle  größeren  Widerstand  findet  als  von  selten  der  Kokonwandung,  so  gibt  die  letztere 
dem  Drucke  allmählich  nach  und  bildet,  indem  sie  sich  einbuchtet,  ein  ziemlich  tiefes  Grüb- 
chen, wie  dies  auf  Fig.  63  zu  sehen  ist;  dies  dauert  so  lange  fort,  bis  endlich  die  weitere 
Bewegung  in  dieser  Richtung  unmöglich  wird,  indem  die  Wachsdecke  an  den  Punkten  a  und  h 
sich  abzulösen  beginnt. 

In  der  einfachen  wie  in  der  zusammengesetzten  Larvenzelle  geht  die  Entwicklung 
ihren  Gang  und  zeigt  äußerlich  folgende  unterscheidbaren  Momente.  Anfänglich  nimmt  die 
Larvenzelle,  indem  sie  sich  mit  zunehmender  Nahrungszufuhr  entwickelt,  an  Größe  zu  und 
erreicht  bisweilen  sehr  bedeutende  Dimensionen  (je  nach  der  Anzahl  der  darin  befindlichen 
Larven),  wobei  sie  die  ganze  Zeit  über  eine  gleichmäßige  kugelförmige  Oberfläche  aufweist 
(Taf.  I,  Fig.  10).  Späterhin  beginnen  sich  auf  dieser  Oberfläche  Erhabenheiten  zu  bilden 
(Taf.  I,  Fig.  11),  welche  anfangs  kaum  bemerkbar  sind,  aber  mit  der  Zeit  mehr  und  mehr 
sichtbar  werden,  und  zwar  nicht  nur  aus  dem  Grunde,  weil  sich  an  der  betreffenden  Stelle 
ein  Hügelchen  bildet,  sondern  auch  deshalb,  weil  die  Wachshülle  hier  immer  heller  und 
heller  wird,  wie  dies  in  den  Figuren  12,  13  und  14  auf  Taf .  I  dargestellt  ist.  Das  Hügelchen 
besteht  aus  Kokons,  welche  schließlich  aus  der  gemeinsamen  Masse  hervortreten  und  von 
den  Arbeitshummeln  zur  Hälfte  von  ihrem  Wachs  befreit  werden  (Taf.  I,  Fig.  14  coc). 

Hoff  er  beschreibt  diesen  Prozeß  der  Entwicklung  der  Larvenzelle  nicht  ganz  richtig. 
Er  sagt   folgendes : 

'  Au  für  et  ä  mesure,  la  mere  remplace  la  nourriture  consommee,  en  meme  temps  qu'elle  agrandit 
la  cellule  autoiir  des  larves  en  rongeant  le  haut  avec  ses  mandibules,  elargissant  de  plus  en  plus  le  godet 
qu'elles  forment,  et  consolidant  les  parois  avec  de  la  cire,  jusqu'ä-ce-qu'enfin  la  cellule  acquiert  ä  peu  pres 
las  dimensions  dune  noix.  Les  larves  ont  alors  atteint  le  terme  de  le  leur  croissance  et  sont  agees  de 
quinze  jours  environ.  Ellas  sa  filent  une  coque  de  soie  dans  la  cellule  de  cire,  et  s'y  enferment.  Une 
cellule  contient  ainsi  trois,  huit,  dix  cocons  ou  plus,  au  tant  qu'ii  y  avait  au  d'oaufs  pondus,  et  ces  cocons 
sont  disposes  sans  ordre  les  uns  ä  cöte  des  autres.  La  mere  ronge  et  enleve  la  cire  autour  des  cocons 
et  facilite  ainsi  l'eclosion  das  jeunes  ouvrieres,  qui  surviennent  au  beut  de  quinze  autras  jours  environ. 
La  famille,  plus  riche,  peut  sa  donnar  du  confort ;  les  celulles  re^oivent  une  toiture  protectrice  en  cire  ;  des 
parois  laterales,  an  cire  egalemant,  s'y  adjoignent  qualquefois. 

Durch  meine  Beobachtungen  bestätigt  es  sich  nicht,  daß  sich  das  Weibchen  allein 
hiermit    beschäftigt,    ebenso    nicht,    daß    die    Beendigung   des    Prozesses    mit   der   Größe   der 


'  Nach  Pgrez. 


—     97     — 

Larvenzelle   in   Verbindung   steht,   welche  hierbei  keine  Rolle  spielt;  der  übrige  Teil  der  Be- 
schreibung  bedarf   einiger   Ergänzungen. 

Eröffnet  man  eine  Larvenzelle  in  dieser  Periode  der  Entwicklung,  so  sehen  wir,  daß 
eine  jede  Erhebung  einer  großen  Larve  entspricht.  Die  auf  Taf.  I,  Fig.  lo  abgebildete 
Larvenzelle  enthält  demnach  sechs  Larven.  Anfänglich  liegen  dieselben  nebeneinander  in 
der  Larvenzelle  ohne  in  irgend  welcher  Weise  voneinander  geschieden  zu  sein.  Erst  nach- 
dem sie  eine  gewisse  Entwicklungsstufe  erreicht  haben,  machen  sich  die  Larven  an  die  An- 
fertigung eines  Kokons  aus  Seidenfäden,  welche  sie  vermittelst  spezieller,  in  die  Mund- 
öffnung mündender  Drüsen  ausscheiden.  Diese  Arbeit  geht  bei  ihnen  sehr  langsam  vor 
sich;  die  Fäden  werden  im  Verlaufe  von  4 — 5  Tagen  untereinander  befestigt.  Die 
Exkremente,  welche  die  Larven  während  dieser  Zeit  abscheiden  (Fig.  64  ex),  werden 
auf  den  Boden  des  Kokons  abgelegt,  so  daß  dessen  definitiver  Umfang  etwas  be- 
deutender  ist   als   die   Größe  der  Larve  und  der  von    ihr   bewohnten   Kammer.     In    Fig.  64 


lar 


Fig.  63. 


Fig.  64. 


Fig.  65. 


sehen  wir  einen  Kokon  nach  beendeter  Arbeit  im  Durchschnitte :  coc  —  der  eigentliche 
Kokon,  welcher  von  gelber  Farbe  ist,  ex  —  der  Boden  des  Kokons;  dieser  ist  von  innen 
mit  der  gleichen  Masse  von  Seidenfäden  ausgelegt,  während  die  eigentliche  Masse  des 
Bodens  zum  Teil  aus  Wachs,  welcher  von  der  Larvenzclle  her  an  den  Kokons  haften  bleibt, 
größtenteils  aber  aus  den  Exkrementen  der  Larven  besteht.  Infolge  dieser  Einrichtung  der 
Kokons  ist  die  Larve  für  feindliche  Angriffe  von  unten  fast  unzugänglich.  Solche  Angriffe 
erfolgen  entweder  von  den  Seiten  oder  von  dem  Gipfel  aus,  welcher  von  den  Gliedern  der 
„Gemeinde"  bewacht  wird.  Innerhalb  des  Kokons  (Fig.  65)  liegt  die  Larve  in  etwas  ge- 
bogener Stellung,  wobei  ihr  Kopfende  (ca)  dem  Gipfel  der  Zelle  (a)  zugekehrt  ist. 


G.  Das  Füttern  der  Brut. 

Gleichzeitig  mit  der  Pflege  und  Beaufsichtigung  der  Behausungen  für  die  sich  ent- 
wickelnden Larven  erfolgt  die  Pflege  und  Fütterung  der  Larven  selbst.  Die  erste  Brut 
wird  von  dem  Weibchen  aufgezogen,  alle  nachfolgenden  hauptsächlich  (zum  Schlüsse 
sogar  ausschließlich)  von  den  Arbeiterinnen.  Ich  habe  bereits  erwähnt,  daß,  wenn 
auch  bei  einigen  Hummeln  das  Weibchen  nach  dem  Ablegen  des  Eies,  bevor  es  die  Eier- 
zelle mit  Wachs  verschließt,  einen  kleinen  Vorrat  von  Nahrung  in  dieselbe  tut,  ich  doch  in 
den  meisten  Fällen  keinerlei  Nahrungsvorräte  in  den  Eierzellen  beobachtet  habe;  diese 
letzteren   enthalten   nichts   außer  den  Eiern. 

Zoologlca     Heft  46.  13 


—     98     — 

Wie  ernähren  sich  nun  die  Larven? 

Sie  erhalten  die  Nahrung  durch  die  pflegenden  Hummeln,  und  zwar  entweder  un- 
mittelbar von  dem  Orte  der  Tracht,  oder  aus  den  aufgespeicherten,  aus  Honig  und  Brot  be- 
stehenden Vorräten.  Nach  dem  Ausschlüpfen  der  jungen  Hummeln  aus  den  Kokons  werden 
nämlich  diese  letzteren  mit  Vorräten  angefüllt. 

Das  erstere  (d.  h.  die  Ernährung  direkt  vom  Orte  der  Tracht)  geschieht  auf  sehr 
einfache  Weise :  Nachdem  die  Hummel  mit  Honig  angeflogen  gekommen  ist,  sucht  sie  sich 
ein  passendes  Näpfchen  aus,  in  welches  sie  Kopf  und  Brust  versenkt.  Nachdem  sie  so 
lange  verweilt  hat,  wie  nötig  ist,  um  die  Beute  abzuladen,  fliegt  sie  fort,  um  eine  neue 
Tracht  zu  holen. 

Mit  dem  Brote  geht  die  Sache  etwas  anders  vor  sich.  Nachdem  die  Hummel  mit 
dem  Vorrat  von  Blütenstaub  an  den  Beinen  zurückgekehrt  ist,  läuft  sie  unruhig  auf  den  Waben 
hin  und  her,  indem  sie  einen  Platz  sucht,  um  ihn  abzuladen,  da  das  Brot  nicht  nur  in 
Näpfchen,  sondern  auch  in  Zellen  gesammelt  wird;  es  wird  endlich  auch  direkt  am  Fuße 
der  Eierzellen  abgelegt,  wie  wir  dies  später  sehen  werden.  Nachdem  die  Hummel  einen 
passenden  Ort  aufgesucht  hat,  z.  B.  ein  Näpfchen,  so  wendet  sie  sich  demselben  in  der 
Weif.e  zu,  daß  sie  die  hinteren  Beine  in  dasselbe  versenken  kann.    Wenn  dies  geschehen  ist, 

streift  sie  leicht  mit  den  anderen  Beinen  die 
mitgebrachten  Vorräte  von  Nährmaterial  ab. 
Die  Fig.  66  zeigt  uns  ein  hinteres  Beinchen 
einer  Hummelarbeiterin  mit  einem  Vorrate  von 
Brot,  die  Fig.  67  endlich  das  Brot  selbst,  wie 
'°      '  '^'    '^'  es   deponiert  wurde. 

Nachdem  die  Hunmiel  ihre  Arbeit  verrichtet  hat,  trippelt  sie  einige  Zeit  lang  neben 
dem  Näpfchen  auf  und  ab,  reinigt  sich  sodann  mit  den  Beinen  und  fliegt  nach  neuen  Vor- 
räten davon.  Eine  andere  Hummel  tritt  an  das  Näpfchen  heran,  beugt  sich  in  dasselbe 
hinein  und  müht  sich  damit  ab,  die  mitgebrachten  Vorräte  an  Brot  zu  kneten  und  sie  zu 
ordnen.  Das  Resultat  dieser  Arbeit  ist  ganz  nichtig,  wie  auch  die  Arbeit  selbst,  allein  der 
Bemühungen  der  Hummel,  ihres  Getues  in  dem  Näpfchen  und  des  Herumtretens  in  dessen 
Umgebung  ist  kein  Ende.  Überhaupt  bietet  das  Inordnunghalten  der  Brotvorräte  in  den 
Näpfchen  eines  der  auffallendsten  Beispiele  für  das  Mißverhältnis  zwischen  Aufwand  an 
Zeit   und   Arbeit   einerseits   und  den  dabei  erzielten    Resultaten   andererseits. 

Es  erübrigt  noch  hinzuzufügen,  daß  nicht  alle  Hummeln  Brot  sammeln  und  daß  dies 
nicht  zu  allen  Zeiten  geschieht ;  dazu  gehören  besondere  Antriebe  nicht  nur  da,  wo  das  Brot 
gesammelt  wird,  sondern  auch  im  Neste.  Wenn  z.  B.  infolge  anhaltender  Regengüsse  die 
Larvenzellen  ohne  Nahrungsvorräte  bleiben,  so  bieten  am  ersten  sonnigen  Tage  die  Wiesen 
ein  lebhaftes  Bild  der  Brotvorräte  sammelnden  Hummeln.  Stellt  man  sich  zu  dieser  Zeit 
über  an  ein  Nest,  so  kann  man  beobachten,  wie  eine  Hummel  nach  der  anderen  mit  Vor- 
räten dahin  zurückkehrt.  Zu  anderen  Zeiten  werden  überhaupt  keine  derartigen  Vorräte  an- 
gelegt, sondern  die  Hummeln  sammeln  ausschließlich  Honig.  Sehr  interessant  pflegt  dieses 
Einsammeln  in  der  Periode  der  Entwickelung  von  Weibchen  zu  sein.  Überhaupt  sind  die 
Zellen  gegen  Ende  Juli  und  Anfang  August  meist  von  Honig\"orräten  üljerfüllt,  besonders 
wenn   das  Wetter  der  Tracht  günstig  ist. 


—     99     — 


pp< 


PV-1 


Ich  habe  bereits  gesagt,  daß  die  Hummeln,  wenn  sie  mit  einem  Vorrat  von  Brot  an 
den  Hinterbeinen  in  das  Nest  geflogen  kommen,  denselben  bisweilen  direkt  zu  den  Larven- 
zellen tragen.  Dabei  bewegen  sie  sich  lebhaft 
(wie  immer)  auf  den  Waben  hin  und  her, 
indem  sie  einen  Platz  suchen,  wo  sie  das- 
selbe ablegen  könnten.  Beobachtet  man  sie  zu 
dieser  Zeit,  so  sieht  man  unschwer,  daß  dieses 
Brot  entweder  direkt  an  der  Basis  der  Eier- 
zellen und  Larvenzellen  oder  in  besondere 
Wachszellen  abgelegt  wird,  welche  von  den 
Hummeln  an  diesen  wie  an  jenen  angebracht 
werden.  Auf  der  Fig.  68  kann  man  (in  sehr 
vergrößerter  schematischer  Darstellung)  sehen, 
wie  das  Nährmaterial  in  die  Eierzelle  mit 
deren  fortschreitender  Entwicklung  eingeführt 
wird.  A  —  stellt  den  Moment  dar,  wo  das 
Nährmatcrial  pp,  nur  an  der  Basis  der  Eier- 
zelle pi  angehäuft  wird.  B  den  nachfolgen- 
den Moment :  ppi  ist  zum  Teile  bereits  in  die 
Höhlung  der  Eierzelle  eingebracht.  C  —  der 
Vorrat  an  Nährmaterial  ppj  befindet  sich  schon 
in  dem  Inneren  der  Larvenzelle,  wobei  die 
Größe  der  Larven  schon  so  bedeutend  zu- 
genommen hat,  daß  die  die  Larvenzelle  um- 
schließende Wachshülle  von  dem  in  das  Innere 
der  Larvenzelle  eingeführten  Nahrungsvorrat 
bereits  etwas  nach  vorne  gedrängt  ist.  Zu 
dieser  Zeit  wird  an  eine  ihrer  Seiten  ein  neuer 

Vorrat  von  Brot,  ppa  herangebracht  und  auf  dieselbe  Art  und  Weise  in  das  Innere  geschafft, 
wie  dies  auf  derselben  Figur  dargestellt  ist.  Die  Zeichnung  E  zeigt  uns  den  Moment, 
wo  der  Vorrat  von  Brot  an  zwei  Stellen  ziemlich  tief  am  Boden  der  LarvenzcUe  unter- 
gebracht wird.  Um  diese  Zeit  ist  die  Wachshülle  derselben  aus  bereits  oben  angeführten 
Gründen   bedeutend  dünner   geworden.  ^^ 

Bisweilen  wird  das  Brot  —  wie  übrigens  '^^^\     I      / 

auch   der  Honig   —   nicht  direkt  an   der  Basis 
der    Eierzelle,     sondern    in    Ijesonderen    Wachs- 
zellen  abgelegt,    welche   neben    diesen   angelegt  ,     ^ 
sind   und  worin   diese   Vorräte,  wie  wir  auf  der                                         j,-i^    (,g 
Fig.   69    sehen,    angesammelt    werden.     Weiter 

unten  spreche  ich  eingehender  über  derartige  Zellen.  Hier  will  ich  nur  mitteilen,  daß  sie 
mit  ihrer  Öffnung  bisweilen  nicht  nach  oben,  wie  dies  gewöhnlich  der  Fall  ist,  sondern 
nach  der  Seite  zu  gerichtet  sind.  Einen  solchen  Fall  sehen  wir  auf  der  etwas  vergrößerten 
Fig.  69:   cel  —  die  Zelle,   an  deren   Boden  sich  das   Brot  ppa  befindet;   lar   —   die   Larven- 


PVt 


■  pp  z 


PPS  ■ 


Fig.  68. 


PPZ 


—     100     — 

zelle;  la  —  die  darin  befindliche  Larve  und  ppi  -  der  bereits  in  die  Höhlung  der  Larven- 
zelle eingeführte  Nahrungsvorrat;  coc  —  der  Kokon,  auf  welchem  die  Larvenzelle  an- 
gebracht ist. 

Das  Futter  wird  den  Larven  demnach  durch  die  Hummelarbeiterinnen  zugestellt, 
nachdem  die  Eierzellen  bereits  angefertigt  sind.  Nur  bei  einigen  Arten  legen  die  Weibchen 
das  Futter  gleichzeitig  mit  der  Eiablage  in  die  Eierzellen,  wie  ich  dies  schon  früher  erwähnt 
habe  (Taf.  I,  Fig.  5). 

Bisweilen  findet  sich  der  Brotvorrat  an  drei  Stellen  der  Larvenzelle,  stets  aber  ziemlich 
nahe  bei  einander,  da  er  in  den  ersten  Tagen  der  Entwicklung  der  Eierzelle  und  der 
Larvenzelle  vorbereitet   wird. 

Das  Futter  der  Larven  ist  je  nach  den  verschiedenen  Perioden  ihrer  Entwicklung  und 
nach  den  Kasten,  welchen  sie  angehören,  ein  verschiedenes.  Perez  teilt  hierüber  folgendes  mit: 

Circonstance  fort  remarquable,  et  qui  n'a  pas  manque  de  provoquer  les  reflexions  des  observateurs : 
tandis  que  les  cellules  destinees  ä  recevoir  des  oeufs  d'ouvrieres  sont  garnies  inteiieurement  de  poUen  et 
de  miel,  les  cellules  ou  sont  pondu  les  oeufs  des  mäles  et  des  femelles  ne  contiennent  aucune  provision. 

Indem  Hub  er  die  gleiche  Tatsache  vermerkt,  stellt  er  die  Frage: 

Quelle  peut  etre  la  raison  de  la  difference  des  soins  que  les  ouvrieres  donnent  aux  mouches  des 
trois  softes } 

Diese  Frage  beantwortet  der  genannte  Autor  in  folgender  Weise : 

Ce  n'est  pas  qu'ii  )'  ait  moins  de  pollen  sur  les  fieurs  au  mois  d'aoüt  qu'il  n'y  en  a  au  mois  de  juin, 
car  les  ouvrieres  en  apportent  tous  les  jours  dans  les  mois  d'aoüt  et  de  septembre,  et  d'ailleurs  elles  ont 
fait  des  provisions  considerables  ä  cette  epoque.  Mais  voici  l'explication  que  je  pourrais  donner  de  cette 
ndgligence  apparente.  Le  nombre  des  ouvrieres  est  beaucoup  plus  grand  au  mois  d'aoüt  qu'il  ne  Test  au 
mois  de  mai :  Les  vers  qui  sont  nes  dans  le  mois  de  mai  et  de  juin  courraient  le  risque  de  manquer  de 
nourriture,  s'ils  n'avaient  pas  de  provisions  dans  leurs  cellules,  car  le  petit  nombre  des  ouvrieres  ne 
permettrait  peut-etre  pas  qu'elles  aper^ussent  le  moment  oü  ils  eclosent,  et  celui  oü  ils  ont  besoin 
d'aliments;  tandis  qu'ä  la  fin  de  l'ete  leur  nombre  peut  suffire  ä  surveiller  et  ä  nourrir  tous  les  vers. 

In  nachstehendem  will  ich  einige  meiner  Beobachtungen  mitteilen,  welche  geeignet 
sind,   Licht   über   diese  Angelegenheit  zu  verbreiten. 

Wenn  infolge  andauernder  ununterbrochener  Regengüsse  und  kalter  Witterung,  wie 
z.  B.  im  Juni  und  in  den  ersten  Tagen  des  Juli  des  Jahres  1902,  kein  großer  Vorrat  an 
Brot  vorhanden  war,  während  andrerseits  die  Vorräte  an  Honig  (da  ich  den  Hummeln  in 
der  Gefangenschaft  Bienenhonig  vorsetzte)  unbegrenzt  waren,  so  bekamen  die  Larven  der 
Arbeiterinnen  während  einer  gewissen  Periode  ihres  Lebens  dennoch  nichts  außer  Brot; 
Honig  wurde  ihnen  erst  gereicht,  als  dessen  Reihe,  nach  Maßgabe  ihrer  Entwicklung,  ge- 
kommen war.  Fehlte  es  ganz  oder  fast  ganz  an  Brot  und  hungerten  die  Larven,  so  wurde 
dennoch  das  Brot  nicht  etwa  durch  eine  andere  Art  von  Nahrung  ersetzt,  sondern  das  Er- 
gebnis der  Situation  war  entweder  eine  Verringerung  des  Wuchses  der  Arbeitshummeln  bis 
zu  ganz  auffallend  kleinen  Dimensionen,  oder  aber  die  höchst  interessante  Erscheinung  der 
Vernichtung  der  Larven,  welche  ich  in  dem  nächsten  Abschnitte  mit  einer  Ausführ- 
lichkeit behandeln   werde,   deren   sie   vollauf  wert   ist. 

In  der  Freiheit  kehren  die  Hummelarbeiterinnen  in  den  Perioden  des  Futtermangels 
infolge  schlechter  Witterung  hauptsächlich  mit  Vorräten  desjenigen  Nährmateriales  beladen 
in  das  Nest  zurück,  dessen  Bedarf  gerade  an  der  Reihe  ist.    L^ntersucht  man  ihr  Nest  An- 


—     101     — 

fang  Juni,  so  kann  man  sich  davon  überzeugen,  daß  die  darin  befindlichen  Vorräte  von 
Honig  um  ein  vielfaches  kleiner  sind  als  die  Vorräte  an  Blütenstaub  Ende  Juli  und  Anfang 
August,  aber  daß  gerade  umgekehrt  die  Vorräte  an  Honig  viel  größer  sind  als  diejenigen 
an  Blütenstaub,  obgleich  es,  wie  Hub  er  sehr  richtig  bemerkt,  auch  jetzt  nicht  die  ge- 
ringsten  Schwierigkeiten   bietet,   diesen   letzteren  einzusammeln. 

Dieses  sind  die  Tatsachen,  welche  den  Beweis  dafür  liefern,  daß  die  Erwägungen 
Hubers  darüber,  warum  die  Larvenzcllen  der  Drohnen  und  Weibchen  kein  Brot  enthalten, 
durch  die  Wirklichkeit  nicht  bestätigt  werden.  Die  Ursachen,  warum  die  Hummeln  die 
Futterdiät  der  Larven  ändern,  liegen  nicht  in  der  im  Laufe  der  Sommermonate  wechselnden 
Zahl  der  zu  Gebote  stehenden  Pflegerinnen.  Sie  sind  vielmehr  in  den  Instinkten  enthalten, 
welche  den  Hummeln  anzeigen,  was  in  einer  gewissen  Lebensperiode  für  einen  jeden  Typus  von 
Larven  zu  geschehen  hat.  Der  Instinkt  zwingt  sie,  ohne  von  dem  Inhalte  einer  Eierzelle  mit  Eiern 
von  Arbeiterinnen  Kenntnis  zu  haben,  Brot  für  dieselben  vorzubereiten,  die  Weibchen  da- 
gegen mit  Futterbrei  zu  füttern.  Ich  sage  mit  Futterbrei  und  nicht  mit  Honig,  wie  Huber 
hierüber  schreibt  und  nach  ihm  Perez  u.  a.  m.  wiederholen,  und  zwar  auf  folgender  Grund- 
lage. Ich  habe  niemals  Vorräte  von  Brot  in  Larvenzellen  mit  zukünftigen  Männchen,  wohl 
aber  eine  Larvenzellc  in  der  Entwicklungsperiode  der  Männchen  und  Weibchen  gesehen, 
welche  mit  einer  Substanz  von  weißlicher  Farbe  (nicht  mit  Honig)  gefüllt  war;  in 
dieser  Substanz  befanden  sich,  gleichsam  darin  schwimmend,  die  Larven.  Auf  Taf.  I,  Fig.  15 
sind  zwei  dicht  nebcneinanderliegende  Larvenzellen  A  und  B  abgebildet.  Die  Zelle  A  ist 
nicht  geöffnet  und  zwar  so  gezeichnet,  wie  sie  von  oben  betrachtet  erscheint.  Die  andere 
Larvenzelle  ist  nach  Entfernung  der  oberen  Hälfte  ihres  Wachsdeckels  abgebildet ;  wir 
sehen  hier  die  Schnittränder  der  Wachshülle  der  Larvenzelle  ce,  die  weiße,  die  Larvenzelle 
anfüllende  Masse  ^Futterbrei)  mb,  welche  den  Larven  zur  Nahrung  dient,  und  diese  Larven 
selbst  la.  Es  ist  von  Interesse,  daß  die  dicht  neben  der  Larvenzelle  B  liegende  Larven- 
zelle J.  Larven,  aber  nicht  die  geringste  Spur  von  Nahrungsvorräten  enthielt. 
Aus  der  Larvenzelle  A  entwickeln  sich  Drohnen,  aus  der  Larvenzelle  B  Weibchen.  Offen- 
bar ist   der  Brei  nahrhafter  als   Honig,   mit   welchem  die   Männchen  aufgefüttert  werden. 

Wir  dürfen  also  annehmen,  daß  die  Wahl  des  Futters  nicht  durch  äußere  Umstände, 
sondern  durch  „innere"  L'rsachen  bedingt  wird,  nämlich  durch  die  Instinkte  der  Arbeits- 
hummeln. 

Was  ist  es  nun,  das  den  Hummeln  anzeigt,  welche  Larven  Männchen  und 
welche  Weibchen  geben  werden?  Diese  Frage  ist  einstweilen  ebensoschwer  zu  be- 
antworten, wie  diejenige,  wodurch  sich  die  Melipona-Arhe'iter'mnen  dazu  anleiten  lassen,  den 
Drohnenlarven  die  eine  und  den  Weisellarven  eine  andere  Nahrung  anzubieten.  Bei  Apis 
mellifica  wird  die  entsprechende  Erscheinung  gewöhnlich  dadurch  erklärt,  daß  die  für  jede 
Kaste  verschiedene  Form  und  Größe  der  Zellen  das  Auftreten  ungleicher  Fütterungstriebe 
hervorruft.  Bei  Melipona  aber  unterscheiden  sich  die  Zellen,  aus  welchen  die  Drohnen 
hervorgehen,   in  keiner  Weise   von  denjenigen  der  Arbeiterinnen  und  Weisel. 

Ferner:  Wodurch  wird  die  Tätigkeit  der  Arbeiterinnen  bei  der  Bestimmung  des 
Futters  für  die  Arbeiterinnen  und  Weibchen  bestimmt,  da  doch  die  Eier,  welche  diese 
wie  jene  geben  werden,  anfangs  vollständig  gleich  sind  und  ein  jedes  von  ihnen  sowohl  eine 
Arbeiterin  wie  ein  Weibchen  geben  kann?     Die    Beantwortung    aller    dieser    und    analoger 


—     102     — 

Fragen  steht  noch  offen.  Einstweilen  kann  man  nur  annehmen,  daß  die  uns  gleichai'tig 
erscheinenden  Gegenstände  in  WirkUchkeit  verschieden  sind,  und  daß  dieser  Unterschied 
durch  die  Sinnesorgane  der  Insekten  mit  Leichtigkeit  festgestellt  wird:  dann  können  diese 
Gegenstände  auch  verschiedene,  für  jeden  gegebenen  Fall  passende  Reaktionen  hervorrufen. 
Was  die  Art  und  Weise  betrifft,  wie  die  Larven  mit  Honig  (Drohnen)  und  Brei 
(Weibchen)  gefüttert  werden,  so  ergibt  sich  aus  meinen  Beobachtungen,  daß  sowohl  der 
Honig  als  auch  der  Brei  den  Larven  in  folgender  Weise  verabreicht  wird :  die  Hummel- 
arbeiterinnen stecken  ihren  Rüssel  durch  die  dünne  und  zarte  Wachshülle  der  Larvenzelle, 
ohne  dabei  natürlich  auch  die  geringste  Vorstellung  davon  zu  haben,  was  sich  hinter  dieser 
undurchsichtigen    Scheidewand   befindet,    und   füttern  die  einen  Larven  , .blindlings",  während 

sie  anderen  soviel  Nahrung  abladen,  daß  sie 
davon  allseitig  umspült  werden.  Die  Fig.  70 
stellt  den  Moment  dar,  wo  „männliche"  und 
„weibliche"  Larven  von  einer  Hummelarbeiterin 
to.  in   solcher  Weise   „blindlings"   gefüttert  werden 

'^'  ''°'  (lar  —  Wand    der    Larvcnzelle,    la  —  Larve). 

Diese  Tatsache,  in  Verbindung  mit  dem  Lanstande,  daß  die  Pflege  der  heranwachsen- 
den Generationen  mit  dem  Momente  aufhört,  wo  sich  die  Vertreter  dieser  Generationen 
außerhalb  der  Kokons  sehen  lassen,  d.  h.  gerade  zu  der  Zeit,  wo  den  Hummeln  die  Mög- 
lichkeit geboten  wird,  ., ihresgleichen  in  ihnen  zu  erkennen",  und  daß  diese  Pflege  nur  so 
lange  andauert,  als  die  Hummeln  nicht  die  geringste  Idee  davon  haben,  was  und  für  wen 
sie  arbeiten,  —  alle  diese  Tatsachen  geben  schon  eine  Vorstellung  vom  Wesen  jener 
Psychologie,  mit  der  wir  es  hier  zu  tun  haben.  \Jm  jedoch  die  psychologische  Natur  der  Hum- 
meltätigkeit, soweit  im  vorliegenden  Kapitel  von  ihr  die  Rede  war,  und  die  von  den  Autoren 
für  eine  Offenbarung  der  Sorge  der  „sozialen"  Insekten  um  ihre  Nachkommen- 
schaft" angesehen  wird,  vollkommen  klarzustellen,  ist  noch  zweierlei  erforderlich.  Es  muß 
i)  bewiesen  werden,  daß  die  gesamte  mit  dieser  Pflege  verbundene  Tätig- 
keit der  Hummeln  eine  instinktive  ist,  d.  h.  daß  sie  weder  von  Anweisungen  noch 
von   Erfahrungen   abhängig   ist ; 

2)  werden   die  mit   der  Vernichtung  der  Eier  und  Larven  durch  die  Arbeitshummeln 
in  Verbindung  stehenden  Tatsachen  zu  besprechen   und   abzuschätzen   sein. 


Daß  die  mit  der  Pflege  der  Nachkommenschaft  verbundene  Tätigkeit  der 
Hummeln  eine  instinktive  ist,  wird  durch  viele,  in  diesem  Kapitel  bereits  von  mir  be- 
schriebene Tatsachen  bewiesen,  mit  ganz  besonderer  Anschaulichkeit  jedoch  durch  Beob- 
achtung vor   dem  Ausschlüpfen   aus   dem  Kokon   isolierter  Hummeln  festgestellt. 

Auf  der  Taf.  I,  Fig.  16  ist  die  erste  Wabe  von  Bomhus  lapidnrius  abgebildet;  die 
Kokons  dieser  Wabe  (coc)  sind  von  zimmtbrauner  Farbe,  da  das  die  Lar\enzclle  bedeckende 
Wachs  von  dem  Weibchen  nicht  entfernt  wird.  Einer  der  Kokons  dieser  Wabe  hatte  eine 
Öffnung  (Taf.  I,  Fig.  16  coc.  1.),  durch  welche  der  weiße  Körper  der  darin  befindlichen 
Puppe  zu   sehen  war. 


—     103     ~ 

Die  erste  Hummel  verließ  ihren  Kokon  (v.r.),  nachdem  die  Wabe  am  lo.Juni  Vormittags 
isoliert  worden  war.  Trotzdem  die  Wabe  absichtlich  in  einer  falschen  Lage  hingelegt  worden  war, 
und  zwar  mit  dem  Kopfende  der  Puppen  nicht  nach  oben,  wie  sich  dies  gehörte,  sondern 
nach  unten  gerichtet,  kroch  die  Hummel,  nachdem  sie  die  Zelle  verlassen  hatte  und  sich 
unterhalb  der  Wabe  befand,  sofort  nach  oben  und  ließ  sich  auf  der  Wabe  nieder,  d.  h.  so, 
wie  dies  sich  gehört :  sie  korrigierte  den  absichtlichen  Fehler  des  Beobachters,  welcher  sie 
von  ihren  ersten  Schritten  in  der  Welt  angefangen  in  eine  ungewohnte  Lage  hatte  ver- 
setzen wollen.  Ihre  Haare  waren  noch  klebrig  und  lagen  dem  Körper  dicht  an,  wodurch 
diesem  eine  hellgraue  Färbung  verliehen  wurde.  Auch  die  Flügel  waren  augenscheinlich 
noch  verklebt  und  nicht  gerade,  sondern  schief  gerichtet.  Ich  bot  der  Hummel  auf  einem 
Papierröhrchen  Honig  an,  welchen  sie  sofort  zu  saugen  begann,  wobei  sie  sich  Kopf  und 
Fühler  damit  beschmierte. 

Die  Versuche  des  Tieres,  sich  von  dem  Honig  zu  reinigen,  waren  deshalb  von 
Interesse,  weil  sie  äußerst  schwach  und  ungeschickt  ausfielen.  Die  junge  Hummel  schien 
immer  neue  Versuche  zu  machen  und  stets  ohne  Erfolg;  erst  nach  etwa  fünf  Minuten  ge- 
lang es  ihr,  sich  von  der  lästigen  Masse  zu  befreien.  Dabei  war  sie  sowohl  mit  den  Beinen 
als  mit  dem  Hinterleibe  tätig.  Diese  ganze  Zeit  über  hielt  sich  die  Hummel  auf  der  Wabe 
auf,  welche  sie  nicht  verließ.  Bald  wurden  ihre  Bewegungen  immer  bestimmter  und  rascher, 
was  von  Minute  zu  Minute  deutlich  zu  verfolgen  war. 

Der  erste  Tag  der  jungen  Hummel  verging  in  folgender  Weise :  sie  fraß  dreimal  von 
dem  Honig  in  sehr  kleinen  Portionen  und  machte  sich  sehr  viel  an  der  Wabe  zu  schaffen, 
indem  sie  auf  derselben  hin  und  her  lief,  als  wollte  sie  sehen,  ob  alles  in  Ordnung  wäre; 
auch  kaute  sie  etwas  an  dem  halbgeöffneten  Kokon.  Um  5  LThr  schickte  sie  sich  zum 
Schlafen  an,  und  zwar  oben  auf  der  Wabe.  Daß  die  Hummel  schhef,  war  aus  ihrer  Un- 
beweglichkeit  und  den  lange  Zeit  aussetzenden  Atembewegungen  zu  ersehen.  L^nter  die 
Wabe   war  sie   kein   einziges   Mal   hinabgeklettert. 

Als  der  Hummel  am  11.  Juni  ein  Röhrchen  mit  Honig  angeboten  wurde,  offenbarte 
sie  Handlungen,  welche  am  Tage  zuvor  nicht  beobachtet  worden  waren.  Erstens  summte 
sie  gleichsam  drohend,  d.  h.  sie  verteidigte  die  Wabe.  Dieses  Summen  wird  als  Selbstver- 
teidigungsmittel von  den  Hummeln  außerhalb  des  Nestes  nicht  angewendet,  im  Neste 
aber  ist  es  bei  jeder  Erregung  das  erste,  was  die  Hummel  tut.  Lind  zwar  bedienen  sie 
sich  dieser  Lautäußerungen  vom  zweiten  Tage  an.  Es  ist  nun  im  höchsten  Grade  lehrreich, 
daß  unsere  isolierte  Hummel  sich  ebenso  verhielt.  Am  ersten  Tage  hatte  die  Hummel  bei 
der  Annäherung  eines  Röhrchens  mit  Honig  nicht  gesummt,  d.  h.  in  diesem  Gegenstande 
keine  Gefahr  für  die  Wabe  gesehen,  welche  sie  zu  beschützen  berufen  war;  am  zweiten 
Tage  aber  erblickte  sie  in  dem  gleichen  Gegenstande  etwas  sie  Bedrohendes,  obwohl 
doch  die  einzige  Erfahrung,  die  sie  inzwischen  gemacht  hatte,  sie  hätte  belehren 
sollen ,  daß  das  sich  nähernde  Röhrchen  nicht  nur  ungefährlich ,  sondern  sogar  sehr 
nützlich  war,  indem  es  ihr  Honig  verschaffte.  Andere  Hummeln  aber,  welche  ihr  dies 
hätten   eingeben   können,   waren   nicht   zugegen. 

Ferner  ließ  sich  die  Hummel,  als  sie  eines  fremden,  sich  bewegenden  Gegenstandes 
gewahr  wurde,  auf  den  Rücken  fallen,  was  ebensogut  ein  Mittel  zur  Selbstverteidigung  ist, 
wie  zur   Verteidigung  des    Nestes.     Dieses    Gebahren   ist,    wie   wir   bereits   wissen,    auch   den 


—     104     — 

erwachsenen  Indi\iduen  eigentümlich.  Das  junge  Insekt  wendet  dasselbe  in  \^ollkommen- 
heit  an,   ohne  jemals   etwas  Ähnliches   gesehen  oder  gelernt  zu   haben. 

Den  zweiten  Tag  über  sitzt  unsere  Hummel  meistenteils  auf  der  Wabe,  und  wenn 
sie  sich  nunmehr  einmal  bis  auf  eine  gewisse  Entfernung  von  ihr  entfernt,  so  beeilt  sie  sich 
immer,  auf  die  Wabe  zurückzukehren.  Sie  hält  sich  an  der  Oberseite  der  Wabe  auf 
und   zwar  meistens   ganz   ruhig. 

Das  Licht  beunruhigt  sie  augenscheinlich,  und  diese  instinktive  Erscheinung 
ist  wohl  am  meisten  geeignet,  in  Erstaunen  zu  versetzen. 

Der  Zwinger,  in  welchem  die  Hummel  sich  befindet,  ist  auf  Vio  seiner  Ausdehnung 
von  einem  undurchsichtigen  Gegenstande  bedeckt.  Eine  solche  Anordnung  der  Dinge 
scheint  die  Hummel  vollauf  zu  befriedigen,  indem  sie  an  das  übliche  Halbdunkel  im  Neste 
erinnert:  die  Hummel  sitzt  unter  solchen  Bedingungen  ruhig  auf  einer  Stelle.  Es  kann 
dies  leicht  festgestellt  werden,  indem  man  die  Breite  der  Spalte  bald  ein  wenig  vergrößert 
und  bald  verringert. 

Sowie  man  jedoch  den  für  das  Licht  undurchlässigen  Gegenstand  ganz  entfernt,  be- 
ginnt die  Hummel  eine  große  Unruhe  an  den  Tag  zu  legen :  sie  geht  rasch  auf  der 
Wabe  hin  und  her,  indem  sie  den  Kopf  in  die  Höhe  hebt,  als  wollte  sie  etwas  über 
ihr  Befindliches  mit  den  Fühlern  betasten;  endlich  geht  sie  von  der  Wabe  herab 
(was  sie  den  ersten  Tag  nicht  getan  hatte)  und  beginnt  etwas  zu  suchen.  Vor  unseren  Augen 
gehen  alle  jene  Handlungen  der  Hummeln  vor  sich,  welche  wir  bei  ihnen  beobachten,  wenn 
der  obere  Teil  ihres  Nestes  zerstört  wird.  Statt  des  gewohnten  Halbdunkels  erscheint  Licht, 
welches  die  Hummeln  von  der  Zerstörung  ihres  Nestes  in  Kenntnis  setzt  und  sie  daran 
mahnt,  dieses  letztere  in  Stand  zu  setzen,  d.  h.  auszubessern.  An  früherer  Stelle  war  bereits 
davon  die  Rede,  welche  Rolle  das  Licht  bei  der  Ausbesserung  des  Nestes  spielt.  Wir  be- 
obachten diese  Erscheinung  hier  bei  einer  Hummel,  welche  nie  ein  Nest  gesehen  hat, 
da  ich  dasselbe  entfernt  hatte,  und  die  Wabe,  aus  der  die  Hummel  hervorgegangen  war, 
sich  direkt  auf  einer  Grasunterlage  befand.  Ihre  Beinchen  nach  oben  streckend,  suchte  die 
Hummel  offenbar  dasjenige,  was  sich  über  den  Waben  befinden  mußte  und  in  Un- 
ordnung  gebracht  worden  war,   weshalb   es   ausgebessert   werden  sollte. 

Diese  Tatsache  bietet  zwei  in  gleichem  Maße  interessante  Momente :  das  Auftreten 
bestimmter  Handlungen  unter  der  Einwirkung  bestimmter  Faktoren  ohne  Belehrung 
und  Erfahrung;  ferner  den  Lhnstand,  daß  die  Hummel  diese  Flandlungen  erst  am 
zweiten  Tage  ihres  Lebens  offenbart,  wo  sie  die  Wabe  zum  ersten  Mal  verläßt.  Diese 
letztere  Tatsache  stellt  uns  vor  die  Frage :  womit  haben  wir  es  hier  zu  tun,  mit  dem  Auf- 
treten einer  Psyche  oder  mit  der  Ablösung  eines   Instinktes  durch  einen  anderen? 

Aus  folgenden  Gründen  entscheide  ich  mich  für  die  zweite  Möglichkeit.  Man  hätte 
die  soeben  beschriebene  Erscheinung  als  eine  psychische  Evolution  auffassen  können,  wenn  der 
Hummel  persönliche  Erfahrung  und  Beobachtungen  über  die  Unzweckmäßigkeit  des 
Verlassens  der  \\'abe  zu  Gebote  gestanden  hätten,  z.  B.  wenn  sie  sich  bei  dem  Herunter- 
kriechen von  derselben  verirrt  und  den  Rückweg  nicht  gleich  gefunden  hätte,  oder  wenn 
sie  durch  das  in  der  Umgebung  der  Wabe  liegende  Material  hätte  beunruhigt  werden  können. 
Aber  weder  das  eine  noch  das  andere  hat  stattgefunden :  die  Hummel  hat  sich  nicht  verirrt, 
und  die  Gegenstände  konnten  sie  nicht  beunruhigen,  da  sie  die  Wabe  ja  nicht  verließ.    Und 


—     105     — 

augenscheinlich  Wieb  sie  eben  darum  zunächst  noch  auf  der  Wabe,  weil  sie  durch  einen 
Instinkt,  der  gerade  diesem  Entwickelungsstadium  eigentümlich  ist,  dazu  gezwungen  wurde. 
Da  das  Verlassen  der  Waben  für  eine  junge  und  schwache,  noch  nicht  zu  Kräften  ge- 
kommene Hummel  gefährlich  wäre,  so  muß  man  die  Zweckmäßigkeit  eines  solchen  In- 
stinktes unter  normalen  Verhältnissen  anerkennen.  — 

Oder  wollte  etwa  die  Hummel  in  Voraussicht  der  Gefahr  sich  auf  keine 
Untersuchungen  einlassen,  indem  sie  ihren  Kräften  nicht  vertraute?  Man  könnte  diese 
grob-anthropomorphistische  Erklärung  nur  dann  diskutieren,  wenn  man  Grund  zu  der  An- 
nahme hätte,  daß  der  Hummel  diejenigen  Gegenstände  bekannt  seien,  welche  eine  Gefahr 
darbieten  und  wenn  die  am  zweiten  Lebenstage  auftretenden  Instinkte  von  irgend  einer  auf 
Erfahrung  und  Beobachtung  hinweisenden  Tatsache  begleitet  wären.  Das  war  aber  nicht 
der  Fall. 

In  der  besprochenen  Erscheinung  sehen  wir  zweifellos  dasselbe,  was  wir  auch  bei 
den  Spinnen  in  einer  frühen  Lebensperiode  beobachten:  die  Hummel  hält  sich  mit  einem 
Beine  an  der  Wabe  fest  und  verliert  den  Zusammenhang  mit  ihr  auf  keine  Minute,  ebenso 
wie  die  jungen  Lycosen  den  Zusammenhang  mit  ihrer  Mutter  nicht  verlieren,  zu  welchem 
Zwecke   sie   von    einem   Verbindungsfaden   Gebrauch  machen. 

,cap 


c 


PS. 


F'g    71.  Fig.  72.  Fig.  73. 

Ich  habe  bereits  oben  erwähnt,  daß  sich  in  einem  Kokon  der  isolierten  Wabe  eine 
Öffnung   befand,   durch   welche   die    Puppe   zu   sehen  war  (Taf.  I,   Fig.  16  coc.  1.). 

Am  II.  Juni,  etwa  um  2  Uhr  Mittags,  bemerkte  ich  zwei  Tatsachen:  i)  war  die 
Puppe  gar  nicht  mehr  zu  sehen,  indem  die  Öffnung  vollständig  verschlossen  worden 
war,  und  2)  war  von  einer  der  Zellen  ein  Teil  des  sie  bedeckenden  dunkelbraunen  Wachses 
hinweggenommen  (Fig.  71).  Da,  wo  das  Wachs  entfernt  worden  war,  erschien  die  Zelle 
nicht  braun,  sondern  hell  und  glänzend  gefärbt  (p.s.).  Diese  Veränderungen  waren  durch  die 
Hummel  hervorgebracht  worden,  welche  die  Verletzungen  des  Kokons  ausgebessert  hatte. 
Da  ich  zu  erfahren  wünschte,  auf  welche  Weise  sie  diese  Arbeit  ausgeführt  hatte,  zerstörte 
ich  den  Kokon  aufs  neue,  wobei  ich  das  von  demselben  entfernte  Wachs  ziemlich  weit  von 
dem  zerstörten  Kokon  auf  die  Wabe  legte;  die  Stelle,  wohin  das  Wachs  deponiert  wurde, 
ist   auf  Taf.  I,   Fig.  16  mit  einem   Kreuzchen  (x)  bezeichnet. 

Nachdem  die  Hummel  das  Vorgefallene  bemerkt  hatte,  machte  sie  sich  sofort  an  die 
Arbeit.  Ihre  eilige  und  geschäftige  Tätigkeit  nahm  kein  Ende;  sie  machte  sich  über  der 
Öffnung  zu  schaffen,  ohne  auch  nur  einen  Augenblick  zu  ruhen,  und  arbeitete  hauptsäch- 
lich mit  den  Fühlern,  Kiefern  und  dem  vorderen  Beinpaare,  welches  fast  die  ganze  Zeit  hin- 
durch wie  ein  Paar  Arme  gebogen  blieb  (Fig.  72  und  "j^.    Sie  änderte  so  häufig  ihre  Lage, 

Zoulogica.    Heft  46.  14 


—     106     — 

bewegte  den  Kopf  so  rasch  hin  und  her,  betastete  irgend  etwas  mit  den  Fühlern,  schüttelte  es 
mit  den  Kiefern  u.  dergl.  m.,  daß  es  sehr  schwer  war,   ihre   Tätigkeit  zu  verfolgen. 

Das  Material  für  die  Ausbesserungen  nahm  die  Hummel  von  den  benachbarten  Zellen. 
Anfangs  bewegte  sie  sich  nicht  vom  Fleck,  indem  es  an  der  geöffneten  Stelle  auch  ohne 
fremdes  Material  genug  zu  schaffen  gab :  die  Hummel  glättete  die  Ränder,  wobei  sie  sich 
des  zur  Stelle  befindlichen  Wachses  bediente.  Gegen  das  Ende  der  Arbeit  aber  unternahm 
sie,  um  Material  herbeizuholen,  besondere  Gänge,  die  sich  immer  öfter  und  öfter  wieder- 
holten. 

Obgleich  die  Arbeit  ohne  Unterbrechungen  und  dabei  äußerst  eilig  ausgeführt  worden 
war,  so  rückte  sie  doch  mit  auffallender  Langsamkeit  vor ;  nach  30  Minuten  war  erst  die 
eine   Hälfte   der  kleinen   Öffnung  des   Kokons   mit  Wachs   ausgeflickt. 

Allerdings  ist  diese  Arbeit  eine  sehr  schwierige,  indem  die  Hummel  den  Flicken  an 
einem  bewohnten  Kokon  anbringen  muß,  und  zwar  so,  daß  er  weder  sehr  hoch  über  der 
Puppe,  noch  sehr  tief,  d.  h.  nicht  direkt  auf  derselben  zu  liegen  kommt.  Die  Hummel  er- 
reichte dies  auf  die  Weise,  daß  sie  nicht  den  kleinsten  Fortschritt  in  dem  Bau  unternahm, 
ohne  vorher  den  Zwischenraum  zwischen  der  ruhig  daliegenden  Puppe  und  der  über  ihr 
im  Bau  begriffenen  Kuppel  mit  den  Fühlern  herauszufühlen;  ein  jedes  mit  den  Kiefern 
angebrachte  Stückchen  Wachs  wird  von  unten  (vom  Inneren  der  Zelle  aus)  mit  den  Fühlern, 
von  oben  mit   dem  vorderen  Beinpaare  reguliert. 

Die  Ausbesserung  der  Zelle  verursachte  der  Hummel  viele  Plackerei  und  45  Minuten 
nach  Beginn  der  Arbeit,  als  V5  derselben  bereits  fertig  gestellt  war,  näherte  ich  ihr  ein 
Röhrchen  mit   Honig,  welchen  sie  gierig  zu  saugen  begann. 

In  etwas  über  einer  Stunde  —  um  4  Uhr  20  Minuten  —  war  die  Arbeit  endlich  ganz 
beendigt.  Die  hauptsächlichste  Schwierigkeit  derselben  bestand  in  der  Instandsetzung  der 
Öffnung  der  verletzten  Stelle.  Hier  mußte  zusammengebogen,  dort  auseinandergebogen 
werden,  weiter  war  ein  Stückchen  abzureißen  u.  s.  w. ;  mit  einem  Worte,  es  mußte  an 
den  Rändern  der  Öffnung  die  Regelmäßigkeit  für  die  Kuppel  wiederher- 
gestellt werden.  Das  war  jetzt  erreicht.  Der  Deckel  war  glatt  und  regelmäßig  auf- 
geführt, wie  eine  richtige  Kuppel,  ohne  eine  Spur  der  Zerstörung  aufzuweisen. 
Und  dieses  Werk  vollführte  ein  junges  Hummelchen,  amdritten  Tage  seines  einsamen  Lebens! 

Am  II.  Juni  begann  die  Hummel,  wenn  sie  beunruhigt  wurde,  d.  h.  bei  der  Be- 
lichtung ihrer  Behausung,  größere  Erregung  an  den  Tag  zu  legen.  Sie  summte  stärker  und 
anhaltender,  und  ihre  Bewegungen  wurden  entschiedener.  Ich  fütterte  sie  zweimal.  An 
diesem  Tage  ging  in  ihrem  Leben  ein  neues  Ereignis  vor  sich:  sie  baute  eine  Wachs- 
zelle (Taf.  I,  Fig.  16  cell).  Der  gesamte,  von  der  gestrigen  Ausbesserung  übriggebliebene 
Wachsvorrat  wurde  zum  Bau  dieser  Zelle  verwendet,  und  es  unterliegt  natürlich  keinem 
Zweifel,  daß  die  Arbeit  der  Hummel  ebenso  eine  instinktive  Antwort  auf  einen  von  außen 
einwirkenden  Reiz  (die  auf  der  Wabe  liegenden  Wachsstückchen)  darstellte,  wie  dies  auch 
bei  der  Ausbesserung  des  verletzten  Kokons  der  Fall  war.  Die  neue  Zelle  wurde  seitlich  an 
der  Wabe  angebaut.  Die  Dimensionen  der  Zelle  waren  geringer  als  diejenigen  des  Kokons. 
Sie  war  tadellos  regelmäßig  angelegt,  mit  sehr  schön  und  glatt  ausgeführten  Rändern 
an  der  Öffnung.  Dieser  neue  und  auffallende  Instinkt  verdient  alle  Aufmerksamkeit. 
Eine    isolierte    Hummel    verfertigt    am    dritten    Tage    ihres    Lebens    aus   Wachs,    welches   sie 


—     107     — 

hier  und  dort  auf  der  Wabe  zusammenliest,  eine  Zelle,  deren  Bestimmung  selbst  für 
den  Beobachtenden  zunächst  noch  unklar  bleibt.  Zwar  stellt  sich  später  heraus, 
daß  die  Zelle  als  Vorratskammer  für  die  Larvennahrung  dient.  Die  Hummel  aber,  von  der 
die  Zelle  angefertigt  v^urde,  hat  weder  je  in  ihrem  Leben  eine  solche  Zelle,  noch  auch  die 
Nahrung,  noch  Larven  gesehen ! 

Eine  nicht  weniger  auffallende  Erscheinung  ist  der  Versuch  der  Hummel,  das  Nest 
auszubessern.  Erregt  durch  das  eindringende  Licht,  steigt  sie  von  der  Wabe  auf  den  Boden 
herab  und  kriecht  rückwärts  zu  derselben  zurück,  wobei  sie  die  bei  solchen  Gelegen- 
heiten üblichen  Bewegungen  des  „Zusammenscharrens"  trockener  Pflanzenteile 
ausführt,  d.  h.  nicht  nur  Bewegungen  macht,  deren  Bedeutung  sie  nicht  versteht,  son- 
dern nicht  einmal  im  stände  ist,  auch  nur  die  geringsten  Resultate  ihrer  Tätigkeit  wahrzu- 
nehmen, welche  sie  nur  aus  dem  Grunde  ausübt,  weil  diese  Tätigkeit  eine  Reaktion  auf  die 
Gesamtheit  der  äußeren  Reize  darstellt. 

Am  12.  Juni,  ebenfalls  gegen  ein  Uhr  Mittags,  erschien  das  Köpfchen  einer  zweiten 
Hummel  aus  einem  benachbarten  Kokon.  Ich  werde  die  erste  Hummel  künftig  mit  No.  i, 
die  zweite  mit  No.  2   bezeichnen. 

An  dieser  Stelle  möchte  ich  einige  Worte  darüber  sagen,  wie  die  Hummeln  aus  dem 
Kokon  kriechen,  was  ich  an  dieser  Hummel  No.  2  beobachten  konnte.  Das  Auskriechen 
der  Hummeln  aus  den  ersten  Waben,  d.  h.  denjenigen  mit  den  kleinsten  Hummeln,  erfolgt 
mit  größerer  Schwierigkeit  und  dauert  länger  als  bei  den  nachfolgenden,  wahrscheinlich 
weil  die  Zellen  von  den  Arbeitshummeln  mit  der  Zeit  immer  sorgfältiger  von  dem  sie  be- 
deckenden Wachse  gereinigt  und  aufmerksamer  bebrütet  werden.  Die  in  Rede  stehende 
Hummel  zeigte  sich  etwa  um  ein  Uhr  Mittags  und  war  um  drei  Uhr  ganz  aus  dem  Kokon 
herausgekrochen:  die  Prozedur  des  Auskriechens  hatte  demnach  zwei  Stunden  gedauert. 
—    Alle    Hummeln    durchbrechen    die    Zelle    in 

der  gleichen  Art  und  Weise,  nämlich  folgender-  /^^K  d 

maßen.     Zuerst    wird    an    der    Stelle,    wo    sich  [         |  ^1^   ' 

der    Kopf    befindet,    ein    Querriß    in    der    Zelle  \>     J  ^^^ 

angebracht,    Fig.  74,  A  (de).     Sodann    wird    der  j 

Riß  erweitert,  indem  die  Hummel  das  Gewebe  /CSC*^  ^irf^  3 

mit    den    Kiefern    zernagt,    wobei    sie    von    Zeit  b     I     '     1  '' 

zu    Zeit    ausruht.     Der    Riß    wird    bald    an    der  1  I  wa_v 

linken,  bald  an  der  rechten  Seite  weitergeführt ;  ^^ —  tP^  * 

der  obere  Rand  bleibt  glatt,  der  untere  da- 
gegen hat  ein  fransenartiges  Aussehen.  Auf 
der  Fig.  75  ist  eine  Reihe  von  (vergrößerten) 
Aufnahmen  des  im  Entstehen  begriffenen 
Risses  dargestellt :  a  der  obere,  glatte  Rand ; 
h    der    untere     Rand.      Je    länger    die    Arbeit  ^ig.  74-  F'g-  75- 

dauert,    desto  deutlicher    wird    deren    Plan :    der 

glatte  Rand  des  Risses  (a)  spielt  keine  besondere  Rolle;  er  dient  nur  als  Stützpunkt  für 
den  Kopf;  der  gefranste  Rand  wird  in  der  Richtung  nach  b  weiter  ausgenagt.  Schließlich 
entsteht  eine  Öffnung,  welche  die  Gestalt  eines  beinahe  regelmäßigen  gleichseitigen  Drei- 
eckes besitzt  (Fig.  74  und  75). 


¥' 


—     108     — 

Die  Hummel  No.  i  schenkte  der  No.  2  nicht  die  geringste  Beachtung  und  leistete 
derselben  absolut  keine  Hilfe  in  ihrer  schwierigen  Lage,  obgleich  sie  sich  sehr  viel  in 
der  Nähe  der  No.  2  zu  schaffen  machte.  Ebenso  fiel  es  ihr  nicht  ein,  die  neue  Gefährtin 
zu  füttern.  Ich  reichte  der  No.  2  ein  Röhrchen  mit  Honig,  von  welchem  sie  ein  wenig 
genoß.  No.  i  berührte  im  Vorbeigehen  No.  2  mit  ihren  Fühlern  wie  jeden  anderen  Gegen- 
stand und  ging  vorüber. 

Ohne  auf  weitere  Einzelheiten  der  Lebenstätigkeit  der  in  Frage  stehenden  Hum- 
meln einzugehen,  will  ich  hier  nur  einen  Umstand  erwähnen,  welcher  von  Interesse 
ist.  Ich  habe  bereits  mitgeteilt,  daß  die  Hummel  No.  i  eine  Wachszelle  (celj)  er- 
baut hatte.  Während  dies  geschah,  hatte  die  Wabe  die  ganze  Zeit  über  mit  ihrer  oberen 
Seite  nach  unten  zu  gelegen  (so  daß  die  Öffnung  des  Kokons  v.  r,  aus  welchem  die  Hummel 
No.  I  gekrochen  war,  nicht  gesehen  werden  konnte);  nach  Beendigung  der  Arbeit  wandte 
ich  die  Wabe  in  die  Lage,  wie  sie  auf  Taf.  I,  Fig.  16  zu  sehen  ist.  Als  die  zweite  Hummel 
ausgekrochen  war,  machten  sich  beide  zusammen  daran,  die  Wachszelle  auszubessern;  sie 
nahmen  deren  Deckel  (den  früheren  Boden)  ab,  was  sehr  rasch  von  statten  ging,  da  die 
Arbeit  an  der  Öffnung  des  Kokons  eine  gewohnte  instinktive  Tätigkeit  der  Hummeln  dar- 
stellt ;  als  jedoch  der  obere  Teil  hinweggenommen  war  und  ein  auf  beiden  Seiten  offener 
Wachscylinder  entstand  (wie  er  auf  Taf.  I,  Fig.  16  celj  dargestellt  ist),  so  wußten  die  Hum- 
meln nicht  mehr,  was  sie  tun  sollten ;  in  den  Instinkten  war  ein  solcher  Fall  nicht  vorge- 
sehen.   Schließlich  überließen  sie  ihn  seinem  Schicksale  und  bauten  eine  neue  Wachszelle  cel». 


Außer  der  Beobachtung  isolierter  Hummeln  wird  die  Handlungsweise  dieser  Insekten 
besonders  auch  durch  diejenigen  Tatsachen  „psychisch"  charakterisiert,  die  mit  der  Ver- 
nichtung der  Eier  und   Larven   durch  die   Arbeiterimien   im   Zusammenhange   stehen. 

Die  Instinkte  der  Sorge  um  die  Nachkommenschaft  sind  bei  den  ,, sozialen",  aus 
mindestens  drei  ,, Kasten"  zusammengesetzten  Insekten  bekanntlich  entweder  nur  zwei  oder 
gar  nur  einer  Kaste  eingepflanzt;  in  letzterem  Falle  ist  nicht  das  Weibchen,  d.  h. 
die  Mutter,  mit  diesem  Instinkte  versehen,  von  welcher  natürlich  eigentlich  die  Rede 
sein  sollte,  wenn  es  sich  um  mütterliche  Gefühle  handelt,  sondern  Individuen,  welche 
niemals  Mütter  gewesen  sind.  Die  Bedeutung  dieser  Tatsache  tritt  mit  besonderer 
Schärfe  hervor,  wenn  wir  in  Betracht  ziehen,  daß  diese  Individuen  eigentlich  auch  nicht 
mit  einer  mütterlichen  oder  brüderlichen  Liebe  begabt  sind,  sondern  mit  einem  solchen 
Instinkte,  bezüglich  dessen  wir  im  unklaren  sind,  was  wir  eigentlich  vor  uns  haben: 
Altruismus,  Anhänglichkeit,  Zuneigung  oder  im  Gegenteil:  Instinkte  der  ,, Grausamkeit",  des 
„Brudermords",  welche  die  ,, liebevoll  aufziehenden"  Arbeiter  unter  gewissen  Bedingungen 
dazu   anregen,   ihre   „innig   geliebten   Pfleglinge"    ihrem   Schicksale  zu   überlassen. 

Wir  wenden  uns   nunmehr  zu  der  Betrachtung    dieser    Erscheinung. 


'ö 


Die  Vernichtung  der  Larven  durch  die  Hummeln  und  ihre  Bedeutung. 

Das  Geschehnis  steht  mit  der  Auffassung  der  Psyche  bei  den  gesellig  lebenden   In- 
sekten, als  Tieren,  welche  erfüllt  sind  von  gegenseitiger  Sympathie  und  „aufopfernder  Liebe 


—     109     — 

zu  ihren  Kindern",  so  sehr  im  Widerspruche,  daß  es  von  den  Autoren  entweder  den  ge- 
heimnisvollen, unerklärbaren  Erscheinungen  zugezählt,  oder  aber  mit  solchen  Ausdrücken 
dargestellt  wird,  wie  dies  zum  Beispiel  durch  Romanes  geschehen  ist:  „Bei  der  An- 
näherung des  Herbstes  entbrennt  bei  den  Wespen  plötzlich  ein  Gefühl  des  Un- 
willens gegen  die  noch  unentwickelten  Larven  und  Puppen,  infolgedessen  diese  letzteren 
denn  auch  samt  und  sonders  vernichtet  werden" ;  diese  Ausdrücke  sind  augenscheinlich 
nicht  dazu  angetan,  Aufklärung  über  die  Sache  zu  geben,  sondern  verwickeln  dieselbe  im 
Gegenteile  noch  mehr. 

Indem  ich  zu  der  Erklärung  dieser  Erscheinung  übergehe,  will  ich  vorweg  be- 
merken, daß  meine  Beobachtungen  hauptsächlich  an  Hummeln  ausgeführt  wurden,  welche 
in  an  den  Fenstern  angebrachten  Stöcken  lebten  und  stets  einen  freien  Ausflug 
hatten;  wonach  die  Frage  entsteht,  ob  für  die  freilebenden  Stöcke  durchaus  dasselbe  gilt. 
Ich  glaube  diese  Frage  bejahen  zu  dürfen,  und  zwar  aus  mehreren  Gründen.  Vor  allem  will 
ich  bemerken,  daß  im  Jahre  1902  alle  Hummelfamilien  wenig  zahlreich,  bisweilen  sogar 
auffallend  arm  an  Mitgliedern  waren.  Vergleicht  man  diese  Familien  mit  denjenigen  des  vor- 
hergehenden Jahres,  so  kann  man  unbedingt  sagen,  daß  die  Familien  bei  Bomhus  terrestris, 
lapidarius  und  muscorum  an  Zahl  der  Individuen  den  vierten  Teil  der  vorjährigen  Fa- 
milien nicht  übertrafen.  Zur  Zeit  des  Auskommens  der  Weibchen  und  Männchen,  d.  h. 
gegen  Ende  Juli,  bestand  eine  Familie  von  Bomhus  lapidarius  aus  etwa  60  Individuen, 
während  im  vorhergehenden  Jahre  einige  Familien  die  Zahl  400  erreichten.  Die  Ursache 
dieser  Erscheinung  war  ausschließlich  auf  Futtermangel  zurückzuführen,  indem  der  Sommer 
des  Jahres  1902  im  Kreise  Tarussa  des  Gouvernements  Kaluga,  wo  ich  meine  Beobachtungen 
anstellte,  außerordentlich  regnerisch  und  kühl  war.  Es  kam  vor,  daß  die  Hummeln  im 
Verlaufe  ganzer  Wochen  weder  im  Walde  noch  auf  den  Wiesen  zu  sehen 
waren.  —  Außerdem  sind  von  mir  einige  Fälle  vermerkt,  wo  Hummellarven  neben  ihrem 
Neste  im  Freien  aufgefunden  wurden,  welche  offenbar  von  den  Hummeln  während 
dieser   Zeit   aus   dem    Neste   geworfen   worden   waren. 

Die  Vernichtung  der  Larven  bei  den  Hummeln  unterscheidet  sich  von  der  gleichen 
Erscheinung  bei  den  Bienen  und  Wespen.  Die  Bienen  vernichten  nur  die  Drohnenlarven 
gleichzeitig  mit  den  Drohnen  selbst.  Die  Wespen  vernichten  sowohl  die  Larven  der  Drohnen 
als  auch  diejenigen  der  Arbeiterinnen  beim  Eintritt  des  Winters,  doch  unterliegt  es  keinem 
Zweifel,  daß  sie  dieselben  ausnahmsweise  auch  während  des  Sommers  umbringen.  D  i  e 
Hummeln  dagegen  vei- tilgen  Larven  aller  Art  und  zu  jeder  Zeit  des  Som- 
mers. Die  Vernichtung  der  Larven  ist  demnach  bei  den  Hummeln  weder  an  eine  Zeit,  noch 
an  ein  Geschlecht  gebunden;  bei  den  Wespen  steht  es  in  Verbindung  mit  der  Jahreszeit,  bei 
den   Bienen   mit   dem   Geschlecht. 

Auf  welche  Weise  erfolgt  nun  diese  Vernichtung  der  Larven  bei  den  Hummeln,  und 
finden  sich  darin  vielleicht  Züge,  die  uns  auf  den  wahren  psychologischen  Sinn  der  Er- 
scheinung hinweisen  könnten?  Nachstehend  teile  ich  Tatsachen  mit,  die  ich  während  einer 
ganzen   Reihe  von  Jahren   beobachtet   habe. 

Ich  beginne  mit  den  auswandernden  Larven.  Hierunter  verstehe  ich  solche  Larven, 
welche  infolge  von  Futtermangel  (vielleicht  aber  auch  aus  anderen  Gründen)  aus  den  Larven- 


—     110     — 

Zellen  herauskriechen.  Dieses  Auswandern  ist  ebenso  gewöhnlich  wie  die  Erscheinung  des 
Vertilgens    der   Larven. 

Auf  der  Fig.  76  sehen  wir:  i)  eine  Larve  (a)  in  dem  Augenblicke,  wo  sie  die  Larven- 
zelle ganz  verlassen  hat,  2)  eine  Öffnung  in  der  Wachshülle  (o),  welche  von  der  Larve  für 
das  Verlassen  der  Larvenzelle  angefertigt  worden  ist,  und  3)  drei  Larven  (b,  c,  d),  welche 
im  Begriffe  stehen  auszuwandern.  Nachdem  sie  die  Lar\cnzelle  \crlassen  hat,  erregt  die 
Larve  in  den  meisten  Fällen  augenblicklich  die  Aufmerksamkeit  der  ihr  zunächst  befind- 
lichen Hummel,  welche  sie  vorsichtig  ergreift  und  dann  je  nach  L^nständen  handelt.  Bis- 
weilen trägt  sie  sie  zum  Neste  hinaus,  wobei  eine  große  Beharrlichkeit  an  den  Tag  gelegt 
wird ;  wenn  z.  B.  die  Hummel  auf  dem  Wege  über  die  Waben  die  Larve  fallen  läßt,  so 
wird  sie  dieselbe  unbedingt  entweder  selbst  wieder  auffinden,  oder  es  tut  dies  eine  andere 
Hummel,  auf  jeden  Fall  aber  wird  die  Lar\e  aus  dem  Neste  herausgeschafft  imd  weitab 
zur  Seite  geworfen. 

Bisweilen    ist    diese    Beharrlichkeit    weniger    stark    ausgeprägt,    indem    die    von    einer 

Hummel   begonnene  Entfernung  einer   Larve  von  den  anderen  nicht  fortgesetzt  wird,  wenn 

es  der  ersteren  nicht  gelungen  ist,  ihre  Aufgabe  zu  vollenden.  So  ließ  z.B.  einmal  eine  Hummel 

die  Larve,   welche   sie  davontrug,  in  eine  leere   Zelle   fallen;    statt   nun   die   Larve   \on   hier 

b     c 


9 


0       d 

Fig.  76.  l-'ig.  76A.  Fig.  76  B.  _        _    Fig    77. 


^y^^lä 

herauszuziehen,  verschlossen  die  anderen  Hummeln  die  Öffnung  der  Zelle  mit  Wachs  (Fig.  76  A), 
wodurch  sie  die  Larve  natürlich  dem  Tode  weihten.  Es  kommt  vor,  daß  eine  solche 
wandernde  Larve  gar  nicht  hinausgeschafft,  sondern  in  eine  spezielle  Wachshüllc  ver- 
schlossen wird,  wie  dies  auf  der  Fig.  76  B  angegeben  ist.  Solche  Larven  kommen  aber  nicht 
um:  sie  werden  von  den  Hummeln  ebenso  gepflegt,   wie  diejenigen   in   den   Eierzellen. 

Dasselbe,  was  wir  in  den  Beziehungen  der  Hummeln  zu  den  wandernden  Lar\en  be- 
obachten, können  wir  auch  bei  Larven  sehen,  welche  künstlich  aus  ihren  Zellen  heraus- 
genommen worden  sind,  oder  an  Larven,  deren  Behausung  zerstört  worden  ist,  so  daß  die 
Hummeln  Gelegenheit  haben,  in  unmittelbare  Berührung  mit  ihnen  zu  kommen.  So  werden, 
wenn  man  die  Wachsschicht,  welche  die  Lar\enzelle  bedeckt,  entfernt,  die  darunter  liegen- 
den Larven  sofort  von  den  Hummeln  bemerkt;  diese  letzteren  verfahren  nun  mit  den  Larven 
ebenfalls  je  nachdem  die  L^mstände  es  erfordern. 

Bei  schönem  Wetter,  wenn  die  Tracht  ergiebig  und  die  Familie  zahlreich  ist,  wird 
die  Beschädigung  der  Larvenzelle  ausgebessert.  Ist  das  Wetter  dagegen  schlecht  mit  an- 
dauernden Regengüssen  und  die  Tracht  infolgedessen  gering,  so  erfassen  die  Hummeln  die 
Larven  mit  den  Kiefern  und  bringen  sie  möglichst  weit  vor  das  Nest  hinaus;  erweist 
sich  dieses  nicht  gut  ausführbar,  so  fliegen  sie  mit  ihnen  davon,  lassen  sie  irgendwo  weit 
von   der  Behausung  fallen  und  kehren  dann  nach    letzterer    zurück.     Es    ist    mir    gelungen. 


—   111    — 

einen  solchen  Flug  einer  Hummel,  welche  eine  Larve  zwischen  den  Kiefern  trug,  bis  auf 
eine   Entfernung  von   25 — 30   Metern   zu   verfolgen. 

Einst  beobachtete  ich  bei  Bofnbus  lapidarius  folgende  Erscheinung.  Nachdem  die 
Wachshülle  von  einem  Teil  einer  Larvenzelle  entfernt  und  die  Larven  von  den  Hummeln 
bemerkt  worden  waren,  nahm  eine  Hummel  eine  der  Larven  zwischen  die  Kiefer  und 
schleppte  sie  zum  Neste  heraus ;  nachdem  sie  mit  ihrer  Last  eine  kleine  Strecke  zurück- 
gelegt hatte,  kam  sie  an  eine  Stelle,  welche  ihrer  Weiterbewegung  Hindernisse  in  den  Weg 
legte;  es  war  dies  eine  kleine  Vertiefung  (etwa  7  cm)  in  der  Erde.  Die  Hummel  legte  die 
Larve  auf  die  Erde,  kehrte  aber  bald  zu  ihr  zurück,  ergriff  sie  mit  den  Kiefern  und  breitete, 
nachdem  sie  eine  gewisse  Strecke  bis  zu  einer  freien  Stelle  zurückgelegt  hatte,  die  Flügel 
aus,  worauf  sie,  die  Larve  zwischen  den  Kiefern  haltend,  zum  Fenster  hinausflog  (Fig.  77). 
Ganz  in  der  gleichen  Weise  werden  unter  analogen  LImständen  auch  die  wandernden 
Larven   beiseite  geschafft. 

Die  soeben  beschriebenen  Erscheinungen  habe  ich  unzählige  Male  bei  allen  Hummel- 
arten beobachten  können.  Besonders  lehrreich  ist  es  aber,  daß  es  mir  gelungen  ist,  einer 
Vernichtung  der  Larven,  die  durch  das  Weibchen  von  Bombus  terrestris  selbst  aus- 
geführt wurde,  beizuwohnen.  Diese  Tatsache  zeigt  in  unwiderleglicher  Weise,  daß  der 
mütterliche  Instinkt  der  Weibchen  seiner  psychologischen  Natur  nach 
sich  in  keiner  Weise  von  demjenigen  unterscheidet,  was  wir  bei  den  Ar- 
beiterinnen in  ihrer  Pflege  der  sich  entwickelnden  Larven  gesehen  haben. 
Es  ist  dies  ein  Umstand,  welcher  für  das  Verständnis  der  im  Neste  vorsichgehenden  Prozesse 
von  größter  Wichtigkeit  ist. 

Eine  weitere,  mit  der  Vernichtung  von  Larven  zusammenhängende  Tatsache  ist 
folgende.  Während  eines  Futtermangels  oder  infolge  einer  zufälligen  Abnahme  der  Be- 
völkerung beginnen  die  Hummeln  von  sich  aus,  ohne  die  Auswanderung  der  Larven  ab- 
zuwarten, die  Larvenzellen  zu  zerstören  und  die  Larven  zu  „vernichten".  Ich  habe  diese 
Erscheinung  mehrfach  bei  der  Überführung  eines  Hummelnestes  aus  dem  Walde  oder  vom 
Felde  in  das  Zimmer  —  einmal  mitten  im  Sommer  an  drei  gleichzeitig  eingebrachten 
Hummelnestern  —  beobachten  können.  Infolge  dieser  Überführung  und  später  infolge  des 
mißglückten  Ausfluges  der  Hummeln  aus  dem  Neste  wird  die  Zahl  der  Familienglieder 
nicht  selten  bedeutend  verringert.  Die  nächste  Folge  hiervon  ist  die  Vernichtung  der  Larven- 
zellen und  der  Larven. 

Ich  habe  noch  hinzuzufügen,  i)  daß  das  Ereignis  der  Larvenvernichtung  zu  jeder 
beliebigen  Zeit  der  Existenz  einer  Hummelfamilic,  von  Anfang  Juni  bis  Ende  August  vor- 
kommen kann,  und  2)  daß  in  allen  beschriebenen  Fällen  die  Hummeln  ihre  Larven  nicht 
wirklich  selber  getötet  haben.  Das  letztere  geschah  nur  ganz  ausnahmsweise.  Ich  beob- 
achtete einen  Fall  dieser  Art  bei  Bombus  terrestris :  eine  Arbeiterin  schleppte  eine  der  Larven 
zuerst  aus  dem  Neste  und  begann  sodann  dieselbe  auszusaugen.  Diese  Erscheinung  ist  in 
Anbetracht  ihrer  außerordentlichen  Seltenheit  als  eine  ganz  zufällige  anzusehen  und  ent- 
spricht durchaus  dem,  was  oben  über  das  Aussaugen  eines  Eies  durch  eine  Arbeiterin  ge- 
sagt wurde,  welche  das  Ei  aus  der  Eierzelle  schleppte :  die  Larve  war  offenbar  durch  die 
Hummel  zufällig  verletzt  worden,  und  als  der  süßliche  Saft  der  letzteren  in  den  Mund  ge- 
riet,  fand  sie  denselben  zur   Nahrung  geeignet.    —   Es   unterliegt   natürlich   keinem   Zweifel, 


—     112     — 

daß  wenn  die  Vernichtung  der  Eier  und  Larven  in  der  Absicht  geschähe,  einen  „guten 
Bissen"  zu  ergattern,  die  Aussaugung  sofort  vorgenommen  würde,  sowie  die  Hummel  des 
Eies  oder  der  Larve  habhaft  wird.  Das  ist  jedoch  niemals  der  Fall.  So  fügt  denn  diese 
Zufälhgkeit  noch  einen  neuen,  charakteristischen  Zug  zu  der  Psychologie  der  „Mutterliebe" 
bei  den  Hummeln  und  der  Psychologie  ihres  in  der  Pflege  der  jungen  Nachkommenschaft 
sich    äußernden   „Altruismus". 

Fragen  wir  nunmehr  nach  den  Ursachen  der  Larvenvertilgung.  Ich  habe  bereits 
darauf  hingewiesen,  daß  die  Vernichtung  von  Larven  stets  dann  eintritt,  wenn  die  Hummeln 
aus  irgend  einem  Grunde  der  Möglichkeit  beraubt  sind,  den  Eierzellen  und  Larven  Nahrung 
in  genügender  Menge  zu  verschaffen.  Als  eine  der  gewöhnlichsten  L'rsachen  einer  solchen 
Futterarmut  ist  andauernd  schlechte  Witterung  anzuführen.  Man  darf  hierbei  nicht  außer 
acht  lassen,  daß  Futtermangel  für  Larven  und  Hummeln  durchaus  nicht  ein  und  dasselbe 
ist.  Die  Hummelfamilie,  welche  heute  in  die  Gefangenschaft  übergeführt  wird  und  Bienen- 
honig zur  Nahrung  vorgesetzt  bekommt  (den  sie  auch  sofort  in  ihre  Zellen  herüberträgt), 
beginnt  nichtsdestoweniger  die  Larvenzellen  zu  zerstören  und  Larven  herauszuwerfen,  deren 
Entwicklung  fast  vollendet  ist :  die  Hummeln  selbst  waren  mit  Futter  in  Fülle  versehen, 
doch  taugte  dieses  Futter  nicht  für  alle  Larven.  Wenn  ich  sie  nun  für  anderthalb  Tage 
der  Möglichkeit  beraubte,  auszufliegen,  so  trat  Mangel  an  Larvenfutter  und  Herausschaffen 
der   Larven  aus  dem  Neste  ein. 

Es  kann  vorkommen,  daß  Hummeln,  welche  Abends  in  das  Zimmer  gebracht  werden, 
und  am  andern  Morgen  die  Möglichkeit  erhalten,  nach  Tracht  auszufliegen,  trotzdem  Larven 
vernichten.  Die  L^rsache  für  die  \^ernichtung  liegt  hier,  wie  ich  beobachten  konnte,  in  der 
Tatsache  eines  bestimmten  Verhältnisses  zwischen  der  Quantität  der  Nach- 
zucht, d.  h.  der  Menge  von  Mündern,  die  zu  verpflegen  sind,  und  der 
Arbeitskraft  der  Familie.  Normalerweise  stellt  dieses  Verhältnis  eine  Art  von 
Gleichgewicht  dar.  Wenn  aber  das  Gleichgewicht  zwischen  der  Nachfrage  nach  Arbeit  und 
dem  Angebot  derselben  gestört  wird,  so  hat  dies  sofort  eine  gewaltsame  Verminderung  der 
überflüssigen  Münder  zur  Folge.  Natürlich  besteht  nicht  etwa  in  der  Seele  der  Hummeln 
ein  psychologischer  Zusammenhang  zwischen  der  Vorstellung  des  Futtermangels  und  den 
dadurch  bedingten  Folgen,  indem  die  Tiere  etwa  den  Vernunftschluß  zu  ziehen  vermöchten : 
„es  ist  kein  Futter  für  die  Larven  vorhanden,  weshalb  sie  umkommen  könnten,  daher  ist 
es  großmütiger,  sie  sofort  zu  töten  und  aus  dem  Neste  zu  entfernen" ;  sondern  sie  sehen 
den  Zusammenhang,  der  zwischen  der  Notwendigkeit  die  Larven  zu  füttern  und  dem  Mangel 
an  Futter  besteht,  ge.viß  nicht  im  entferntesten  ein,  obgleich  ihre  Handlungen  gleichsam 
als   die   Folge   von   Überlegung   erscheinen. 

Eigentlich  kommt  es  bei  der  ganzen  Sache  weniger  auf  die  Vernichtung  der  Larven 
(und  Eier)  an,  als  vielmehr  auf  eine  Bewahrung  des  Nestes  vor  denjenigen  Folgen,  denen 
dasselbe  durch  das  Sterben  der  Larven  ausgesetzt  würde;  dies  geht  am  besten  aus  jener 
Beharrlichkeit  hervor,  mit  welcher  die  Larven  möglichst  weit  von  dem  Neste  fortgetragen 
werden,  wovon  man  sich  so  leicht  überzeugen  kann,  wenn  man  das  Hummelnest  in  einen 
Kasten  mit  etwa  lo  cm  hohen  Wänden  legt.  Sich  auf  eine  derartige  Höhe  mit  einer  so 
großen  Last,  wie  sie  die  Larven  bisweilen  darstellen,  zu  erheben,  liegt  nicht  in  den  Kräften 
einer  jeden  Hummel,  und  so  hört  man  denn  von  Zeit   zu  Zeit  in  dem  Kasten  ein   ,, hilfloses" 


—     113     — 

fortwährend  unterbrochenes  Summen :  eine  Hummelarbeiterin  ist  es,  welche  sich  vergeblich 
bemüht,  über  die  Wand  des  Kastens  hinwegzufliegen;  nachdem  sie  sich  bis  zu  5  cm  Höhe 
erhoben  hat,  fällt  sie  auf  den  Boden  zurück,  und  dies  wiederholt  sich  Dutzende  und  Hunderte 
von  Malen,  bis  man  des  Summens  überdrüssig  wird  und  der  Hummel  irgend  einen  Gegen- 
stand unterstellt,  mit  dessen  Hilfe  der  Ausflug  bewerkstelligt  werden  kann.  Dabei  kommt 
es  vor,  daß  die  Hummel,  von  der  Schwere  ihrer  Last  herabgezogen,  sogleich  schräg  zum 
Boden  hinunterfliegt.  Ist  dagegen  die  Hummel  stark  und  die  Larve  nicht  groß,  so  ver- 
schwindet erstere  bald  aus  den  Augen  und  läßt  die  Larve  sehr  weit  vom  Neste  zu  Boden 
fallen. 

Dieser  Instinkt  des  Vernichtens  der  Larven  mußte  sich  durch  Auslese  nicht 
nur  aus  dem  Grunde  bilden  und  erhalten,  weil  die  infolge  andauernden  Futter- 
mangels zu  Grunde  gegangenen  Larven  durch  ihre  Verwesung  für  die  ganze  Fa- 
milie verderbliche  Folgen  hervorrufen  würden ;  dies  ist  nur  die  eine  Seite  der 
Sache  und  zwar  nicht  die  wichtigste,  indem  ein  Futtermangel,  welcher  so  lange  an- 
dauert, daß  er  den  Tod  der  Larven  nach  sich  ziehen  würde,  nicht  so  häufig  ein- 
tritt, als  daß  er  ein  beständig  sich  wiederholendes  und  so  leicht  hervorzurufendes 
Vertilgen  der  Larven  zur  Folge  haben  könnte;  der  Hauptgrund  ist  der,  daß  ein  das 
Gleichgewicht  zwischen  der  Nachfrage  nach  Futter  und  dem  Angebot  des- 
selben störender  Futtermangel,  selbst  dann,  wenn  er  auch  nicht  zum  Unter- 
gange  der  Larven  führt,  bei  den  Hummeln  doch  äußerst  schädliche  Folgen 
hervorruft:  er  hemmt  die  Entwicklung  und  vermindert  den  Wuchs  der  Ar- 
beiterweibchen und  damit  auch  die  Produktivität  der  Arbeit  selbst,  welche 
für  die  Allgemeinheit  zur  Zeit  des  Auskommens  der  erwachsenen  Weibchen 
notwendig   ist. 

Aus  dem  Obengesagten  folgt  von  selbst,  daß  der  Wechsel  der  Instinkte  der  Hummeln 
in  ihren  Beziehungen  zu  den  Larven  nicht  auf  der  Umwandlung  eines  mütterlichen  Gefühls 
in  Haß,  sondern  auf  einem  Wechsel  in  den  Einwirkungen  beruht,  denen  die  Hummeln 
durch  äußere  und  innere  Faktoren  ausgesetzt  sind;  ein  jeder  derselben  ruft,  wenn  die  Reihe 
der  Wirkung  an  ihn  gekommen,  das  Auftreten  des  einen  oder  des  anderen  Instinktes  her- 
vor. Die  Faktoren  wechseln  und  werden  durch  andere  ersetzt,  und  ebenso  wechseln  auch 
die  Instinkte,  welche  durch  sie  bedingt  werden;  und  wie  die  Faktoren,  indem  sie  einander 
ablösen,  durchaus  nicht  einer  aus  dem  anderen  hervorgehen  (wie  dies  den  Anforderungen 
der  menschlichen  Logik  entsprechen  würde),  so  stehen  auch  die  zeitlich  aufeinanderfolgen- 
den Instinkte  nicht  in  dem  geringsten  logischen  Zusammenhange  miteinander,  und  jeder 
von   ihnen  wird  in  absolut  gar  keiner  Weise  von   einem  anderen,  vorhergehenden,   bedingt. 

Ein  derartiger  Gesichtspunkt  macht  natürlich  die  Annahme  unmöglich,  die  Hummeln 
könnten  in  ihren  Larven  zukünftige  Mitglieder  der  Familie  sehen.  Ich  erblicke  vielmehr 
in  diesem  LTmstande  einen  neuen  Beweis  für  die  Richtigkeit  meiner  Auslegung.  Ich  zweifle 
keinen  Augenblick  daran,  daß  die  Hummeln  weder  eine  deutliche,  noch  eine  verworrene, 
noch  überhaupt  irgend  welche  Vorstellung  davon  haben,  daß  die  Larven  Entwicklungs- 
stadien der  Hummeln  sind.  Für  sie  sind  die  Larven  ein  Gegenstand,  bei  dessen 
Betastung  sie  auf  einen  empfangenen  Reiz  in  einer  bestimmten,  erblich 
festgestellten    Art    und   Weise    reagieren,   —   und  nichts  weiter. 

Zoologlca.    Hett  iS.  Id 


—     114     — 

Eine  andere  Beziehung  der  Hummeln  zu  den  Larven  kann  ich  schon  aus  dem  Grunde 
nicht  zugeben,  weil  ich  sonst  diese  Insekten  für  klüger  erachten  müßte  als  die  Menschen,  von 
denen  keiner  ohne  persönliche  Erfahrung  und  Belehrung  eine  Ahnung  von  der  Meta- 
morphose der  Insekten  haben  würde,  während  die  Hummeln  doch  ohne  gelernt  oder  irgend 
etwas  gesehen  zu  haben  sofort  nach  dem  Verlassen  der  Zellen  in  dieser  Sache  bewandert 
sind :  denn  sofort  nach  dem  Ausschlüpfen  aus  dem  Kokon,  mit  noch  verklebten  Härchen, 
verhalten  sie  sich  den  Larven  gegenüber  genau  ebenso  wie  die  vollständig  erwachsenen 
Tiere.  Ein  weiterer  Grund  ist  der,  daß  gerade  das  Verhalten  zu  den  heute  ,, innig  ge- 
liebten"  und  morgen  „ohne   Ursache'"  vernichteten   Larven  keine  andere  Auffassung  zuläßt. 

Die  Erklärung,  auf  welche  Weise  die  Tatsache  des  Futtermangels  mit  dem  In- 
stinkte der  Larvenvernichtung  verknüpft  werden  konnte,  und  die  Bezeichnung  der  Reize, 
auf  welche  der  Instinkt  als  Reaktion  erscheint,  bot  keine  Schwierigkeit.  Viel  schwerer  ist 
es,  die  psychischen  Prozesse  festzustellen,  die  uns  die  gleiche  Reaktion  bei  einer  Ver- 
minderung der  Arbeitskräfte  der  Hummelfamilie  erklären  könnten :  welche  Faktoren 
sind  an  dem  Prozesse,  dessen  Ausgangspunkt  die  \'erminderung  der  Arbeitskraft  und  dessen 
Endpunkt  die  Vertilgung  der  Larven  bildet,  beteiligt,  und  wie  wirken  sie  ?  Ich  vermute,  daß 
der  Anstoß  in  der  auf  den  Untergang  eines  Teils  der  Familienglieder  folgenden  allgemeinen 
Herabsetzung  der  Energie  der  Familie  zu  suchen  ist;  ein  auf  der  Rolle  der  Menge 
beruhender   Faktor,  von   dem   in  dem  folgenden   Kapitel  spezieller   die   Rede  sein  wird. 

Das  sind  die  Tatsachen  und  daraus  sich  ergebenden  Schlußfolgerungen  über  die 
Larvenvertilgung  bei  den  Hummeln,  ihre  biologische  Bedeutung  und  psychologische  Natur. 
Es  erübrigt  noch  die  Frage  zu  beantworten :  womit  läßt  sich  der  zwischen  den  Hummeln 
einerseits  und  den  Bienen  und  Wespen  andererseits  in  dieser  Hinsicht  bestehende  Unter- 
schied erklären  und  welches  ist  die  biologische  Bedeutung  dieses  L^nterschiedcs?  Die  Ant- 
wort hierauf  scheint  mir  vollständig  klar  zu  sein:  da  die  Gemeinschaften  der  Hummeln 
viel  weniger  zahlreich  sind,  als  diejenigen  der  Bienen  und  Wespen,  so  eilt 
die  Fruchtbarkeit  des  Hummel  Weibchens  unter  normalen  Verhältnissen 
stets  den  Kräften  der  Arbeitshände  voraus;  durch  dieses  normale  Übergewicht  des 
Bedarfs  an  Nahrung  über  das  Angebot  derselben  läßt  sich  zweierlei  erklären :  erstens,  warum 
die  ersten  Brüten  von  Arbeiterinnen  stets  aus  bedeutend  kleineren  Individuen  bestehen  als 
die  nachfolgenden  Brüten  und  warum  mit  dem  Anwachsen  der  Bevölkerungszahl  auch  der 
Wuchs  der  Individuen  zunimmt  (indem  die  Möglichkeit,  die  Nachfrage  zu  befriedigen, 
immer  größer  und  größer  wird);  und  zweitens  auch  der  Umstand,  daß  das  Gleichgewicht 
zwischen  Nahrungsbedarf  und  -angebot  bei  den  Hummeln  sehr  wenig  stabil  ist:  kaum 
treten  die  geringsten  Schwierigkeiten  in  der  Beschaffung  der  für  die  Larven  passenden 
Nahrung  ein,  so  wird  dasselbe  gestört,  und  es  beginnt  eine  Herabsetzung  des  Be- 
darfs, d.  h.  eine  Vernichtung  von  Larven,  die  entweder  eine  teilweise  (die  „auswandern- 
den"  Larven  treffende)  oder  eine  totale  sein  kann. 

Bei  den  Bienen  dagegen  werden  nicht  alle  Larven  getötet,  sondern  nur  die- 
jenigen, welche  Drohnen  ergeben  werden;  auch  werden  sie,  wie  wir  wissen,  in  Bezug  auf 
die  Zeit  nicht  ordnungslos  vertilgt,  sondern  genau  zu  der  Zeit,  wo  auch  die  Drohnen 
selbst  getötet  werden.  Die  Vertilgung  der  Larven  ist  also  auf  einen  bestimmten  Moment 
im   Leben  der  Familie  fixiert.     Die  Ursache  dieser    Abweichung   liegt    klar    zu    Tage.      Die 


—     115     — 

Familie  der  Bienen  ist  im  Gegensatze  zu  derjenigen  der  Hummeln  stets  gleichmäßig 
stark;  das  Gleichgewicht  zwischen  der  Zahl  der  Larven  und  der  der  Arbeitskräfte,  die 
bereit  sind,  ihnen  Nahrung  darzubieten,  ist  darum  in  der  Bienenfamilie  ein  unvergleichlich 
beständigeres.  Hierauf  beruht  die  Möglichkeit,  eine  größere  Anzahl  von  untätigen  Essern 
zu  unterhalten,  die  in  Anbetracht  der  Stärke  des  Stockes  nicht  viel  schaden,  gelegentlich 
aber  sich  als  nützlich  erweisen  können;  daher  auch  endlich,  —  neben  der  Spezialisierung 
in  der  Erziehung  der  Larven  von  Drohnen  und  Arbeiterinnen  —  die  Möglichkeit  einer 
Spezialisierung    des    Instinktes   zur   Vernichtung   einer  bestimmten  Art   von   Larven. 

Diese  normale  Ordnung  der  Dinge  kann  bekannthch  auch  gestört  werden  und  eben 
hierdurch  Zeugnis  davon  ablegen,  daß  die  Psychologie  der  Drohnenlarvenvertilgung  bei  den 
Bienen  sich  in  keiner  wesentlichen  Weise  von  demjenigen  unterscheidet,  was  wir  bei  den 
Hummeln  gesehen  haben;  abgesehen  natürlich  von  der  (in  psychologischer  Hinsicht  unbe- 
trächtlichen) Spezialisierung  des  Instinktes  in  der  Auswahl  der  Larven. 

Z.  B.  wissen  wir,  daß  bei  den  Bienen  die  \"ernichtungen  der  Drohnen  und  ihrer 
Larven  zeitlich  bisweilen  nicht  zusammenfallen;  es  sind  Fälle  bekannt,  wo  die  Drohnen 
in  Perioden  von  Futtermangel  schon  im  Frühsommer  ,, gemordet"  werden,  während  die 
Larven  in  Ruhe  gelassen  werden.  Es  sind  auch  Fälle  bekannt,  wo  sowohl  Drohnen  als 
Larven  im  Anfange  des  Sommers  getötet  worden  sind.  Ob  es  vorkommt,  daß  die  Larven 
vernichtet  werden,  die  Drohnen  aber,  wenn  auch  nicht  ganz  unangetastet  bleiben,  so  doch 
jedenfalls  nicht  in  Masse  getötet  werden,  darüber  habe  ich  in  der  Literatur  keine  Angaben 
finden   können,  zweifle  aber  nicht   im  geringsten   an   einer   solchen    Möglichkeit. 

Was  die  Wespen  betrifft,  so  unterscheiden  sich  diese  von  den  Bienen  und  Hummeln 
dadurch,  daß  sie  alle  Larven  ohne  Ausnahme  und  nicht,  wie  die  Bienen,  allein  die  Drohncn- 
larven  vernichten,  und  zwar  nicht  im  Sommer,  sondern  vor  dem  Eintritte  des  Winters,  im 
Herbste,  wenn  die  kalte  Witterung  beginnt  und  Futtermangel  eintritt.  Dieses  abweichende 
Verhalten  ist  ganz  verständlich,  wenn  man  die  Eigentümlichkeiten  der  Lebensweise  bei  den 
Wespen  im  Auge  behält,  und  ändert  im  Prinzipe  nicht  das  Geringste  an  den  Erklärungen, 
welche  ich  über  diese  Erscheinungen  bei  den    Hummeln  gegeben   habe. 

Roman  es  und  andere  Psychologen,  welche  sich  bei  diesem  Gegenstande  einer  ab- 
weichenden Forschungsmethode  —  der  Analogie  ad  hominem  —  bedienen,  urteilen  natür- 
lich anders ;  sie  finden  die  Erscheinung  unfaßlich  und  verstehen  nicht,  „warum  die  Wespen 
ihre  Larven  vor  dem  Winter  vertilgen,  da  sie  doch  gleich  nach  ihnen  auch  selbst  zu 
Grunde  gehen,  indem  die  Wespen  gleich  den  Hummeln  nicht  überwintern"  ?  Wenn  die  ge- 
samte Menschheit,  so  urteilt  der  achtungswerte  Naturforscher i,  mit  Ausnahme  einiger 
weniger  Frauen,  einem  periodischen  Untergange  geweiht  wäre,  welcher  sich  etwa  alle 
looo  Jahre  wiederholen  würde,  was  hätte  sie  dann  für  einen  Vorteil  davon,  wenn  sie  einige 
Monate  vor  dem  Ablauf  eines  jeden  Jahrtausends  alle  Kranken,  Wahnsinnigen  und  anderen 
„nutzlosen  Esser"  vernichtete?  Hierauf  möchte  ich  antworten,  daß  Romanes,  wenn  er 
die  Tiere  studieren  und  nicht  über  sie  dichten  würde,  eine  derartige  Frage  nie  ge- 
stellt hätte;  denn  er  müßte  dann  wissen,  daß  der  Gedanke  an  den  eigenen  Tod  nur  dem 
Menschen  zugänglich  ist,  vielleicht  auch  noch,  was  jedoch  noch  zweifelhaft  ist,  den  höheren 


Romanes;  Mental  evolution  in  Animals. 


—     116     — 

Wirbeltieren.  Bei  den  Wirbellosen  dagegen  ist  ein  solcher  Gedanke  absolut  ausgeschlossen. 
So  können  denn  auch  die  Wespen  in  keiner  Weise  darüber  urteilen,  was  für  einen  Vorteil 
sie  davon  haben,  wenn  sie  ihre  Larven  einige  Tage  vor  ihrem  eigenen  Untergange  ver- 
nichten. Ihr  eigener  baldiger  Untergang  ist  ihnen  nicht  bewußt :  sie  vernichten  die  Larven 
nicht  in  der  Erwartung  \on  irgend  etwas,  sondern  infolge  eintretenden  Futter- 
mangels, infolge  der  Unmöglichkeit  die  Larven  zu  füttern,  wie  wir  dies  auch  bei  den 
Hummeln   gesehen   haben. 

In  diesem  Akte  liegt  nicht  mehr  \'erständnis  und  \'oraussicht  als  in  dem  umgekehrten 
Fall :  in  dem  Herbeischleppen  von  Nahrungsprodukten  durch  Hummeln,  deren  Nest  voll- 
ständig und  unwiderbringlich  zerstört  worden  ist,  weshalb  die  zu  der  Stelle,  wo  es  vorher 
gestanden  hatte,  mit  voller  Ladung  von  Vorräten  heranfliegenden  Hummeln  daselbst  herum- 
irren, sodann  wieder  fortfliegen,  von  neuem  zurückkehren  u.  s.  w.  Wie  die  Hummeln  und 
Wespen,  indem  sie  ihre  Larven  vertilgen,  eine  einfache  Reaktion  als  Antwort  auf  eine  be- 
stimmte Gruppe  einwirkender  Faktoren  vollziehen,  ohne  dabei  weder  den  Zweck  noch  die 
Bedeutung  ihrer  Handlungen  zu  verstehen,  so  vollführen  sie,  indem  sie  Futter  in  das  ver- 
ödete  Nest  bringen,  eine  zweite  Reaktion  auf  eine  andere  Gruppe  von   Faktoren. 

Die  in  diesein  Abschnitte  behandelten,  äußerst  kompliziert  aussehenden  Erscheinungen 
sind  demnach  in  Wirklichkeit  i)  vollständig  unbewußt  und  2)  durchaus  elementar;  sie  können, 
wie  wir  gesehen  haben,  einerseits  auf  die  gewöhnlichen  und  außerordentlich  verbreiteten 
Instinkte  des  Aufsparens  von  Nahrungsvorräten  und  andererseits  auf  den  ebenso 
elementaren,  bei  den  „sozialen"  wie  solitären  Tieren  nicht  minder  verbreiteten  Instinkt  des 
Reinhaltens   der  Behausung  zurückgeführt   werden. 

I'  ■ 

Kapitel   III. 

Die  Psychologie  der  ..Gefühle',  welche  die  Glieder  einer  Hummelfamilie 
einander  gegenüber  an  den  Tag  legen. 

In  nachstehendem  teile  ich  mehrere  Tatsachen  mit,  welche  Licht  auf  diese  Frage 
werfen  können. 

Wenn  ein  Hummelnest  zerstört  und  die  Königin  getötet  ist,  so  versammeln  sich  die 
übrig  gebliebenen  Hummeln  und  zwar,  wenn  das  Nest  unterirdisch  angelegt  worden  war, 
irgendwo  in  seiner  Nähe  unter  der  Erde,  andernfalls  in  den  Überresten  des  Nestmateriales. 
Diese  Art,  die  Kolonie  aufrecht  zu  erhalten,  hat  gar  keinen  Zweck,  besitzt  doch  die  Ge- 
sellschaft weder  Eier  noch  Larven  für  die  nächste  Generation.  Nur  Hummelarbeiterinnen 
sind  übriggeblieben.  So  hätte  denn  die  Liebe  innerhalb  der  Gemeinschaft,  die  gegenseitige 
Sympathie  der  Mitglieder  die  schönste  Gelegenheit  zu  ihrer  Betätigung  gefunden :  die 
Hummeln    haben   außer   ihren    Genossen   niemanden,    für   den   sie    Sorge    zu   tragen   hätten. 

Allein  es  tritt  weder  gegenseitige  Hilfe  noch  Zuneigung  zu  Tage,  und  das  gemein- 
schaftliche Leben  führt  nur  zum  Untergang  der  Hummeln,  einer  jeden  für  sich,  in  einem 
Winkel  des  „gemeinschaftlichen"  Nestes.  Sie  irren  zwischen  den  Trümmern  ihres  alten 
Nestes  umher,  indem  eine  jede  von  ihnen  ihr  einst  so  bedeutungsvolles,  nunmehr  aber 
absolut    unnützes   Werk    fortsetzt.     Noch    zwei  Wochen,   nachdem   ein    altes    Nest   von   mir 


zerstört  worden  war,  lebten  die  Hummeln  in  ilirer  neuen  Ansiedelung,  indem  sie  wie 
früher  ihre  Arbeit  verrichteten :  sie  schleppten  Blütenstaub  an  den  Beinen  herbei,  liefen 
damit  herum  und  wußten  nicht  was  damit  anzufangen,  und  flogen  schließlich  mit  ihrer  Last 
wieder  davon.  Wenn  man  die  Öffnung  betrachtete,  durch  welche  sie  „besorgt"  aus-  und 
einflogen,  wenn  man  beobachtete,  wie  sie  den  Störer  ihrer  Ruhe  „drohend  umschwirrten", 
bereit,  ihre  Wohnung  und  die  „Ihrigen"  zu  verteidigen,  —  so  hätte  man  mit  Bestimmtheit 
voraussetzen  können,  wir  hätten  es  hier  mit  einem  normalen  Neste,  mit  der  Sorge  der 
Hummeln  um  ihren  Herd,  um  ihre  „Brüder  und  Schwestern",  mit  Fleiß  und  Bereitwillig- 
keit zum  Wohle  aller  zu  arbeiten,  zu  tun. 

In  Wirklichkeit  waren  jedoch  weder  ein  Herd,  noch  Larven,  noch  Puppen,  noch  eine 
Gemeinschaft  von  Brüdern  oder  Schwestern  vorhanden,  sondern  es  waren  nur  Individuen 
da,  welche  einander  fremd  waren,  von  der  Not  nach  einem  Orte  zusammengetriebene 
Einzeltiere  einer  Art;  Geschöpfe,  welche  weder  ein  gemeinsames  Werk,  noch  irgend  ein 
gegenseitiges   Interesse  für  einander  hatten. 

Die  Beobachtungen  über  das  Leben  einer  ,, Familie"  von  Hummeln  unter  minder  ab- 
normen  Bedingungen  führen  uns  zur  gleichen   Schlußfolgerung. 

Setzt  man  den  Hummeln  ein  Schüsselchen  mit  Honig  vor,  so  kann  es  geschehen, 
daß  einzelne  Hungrige  darin  ertrinken,  ohne  daß  jemals  eine  der  „liebenden"  Schwestern 
ihnen  zu  Hilfe  käme;  wie  auch  nie  eine  Hummel  zur  Rettung  einer  anderen  herbeieilt,  die 
der  Beobachter  mit  der  Pinzette  am  Beine  festhält,  so  daß  sie  zu  summen  beginnt.  — 
Solcher  und  analoger  Fälle  gibt  es  unendlich  viele;  doch  würde  man  aus  diesen  Fällen 
allein  nicht  viel  folgern  dürfen,  da  die  Hummeln  notorisch  taub  sind  und  schlecht  sehen. 
Auf  das  Summen  reagieren  sie,  im  allgemeinen  gesprochen,  überhaupt  nicht',  und  die  im 
Honig  ertrinkenden  Genossen  sehen  sie  wohl  kaum.  Jedenfalls  werden  durch  diese  Fest- 
stellungen diejenigen  Fälle,  wo  gegenseitige  Sympathie  der  Hummeln  etwa  in  Frage  kommen 
könnte,  auf  ein  Minimum  reduziert.  Allein  selbst  innerhalb  derartig  enger  Grenzen  gibt  es 
bei   den  Hummeln,  wie   wir  sofort   sehen  werden,   keine   Sympathie. 

Am  alleranschaulichsten  werden  wir  hiervon  durch  die  Beobachtungen  an  Hummeln 
überzeugt,  welche  in  einem  von  Füchsen  zerstörten  Neste  zurückgeblieben  sind.  Ich  habe 
viele  Male  Gelegenheit  gehabt,  solche  Beobachtungen  anzustellen,  und  habe  kein  einziges 
Mal  gesehen,  daß  gesunde  Hummeln,  indem  sie  an  verwundeten  oder  durch  Erde  halb 
verschütteten  Kameraden  vorbeigingen,  die  sie  auf  Schritt  und  Tritt  antrafen,  und  die  sie 
mit  den  Fühlern  betasteten,  sich  auch  nur  eine  Sekunde  länger  aufgehalten  hätten, 
als  sie  dies  tun,  wenn  sie  auf  einen  beliebigen  anderen  Gegenstand  stoßen.  Nur  ein  einziges 
Mal  beobachtete  ich,  wie  zwei  Hummeln  sich  eifrig  mit  einer  zerquetschten  Hummel  aus 
ihrer  zu  Grunde  gegangenen  Familie  zu  schaffen  machten :  sie  sogen  das  Innere  der 
Hummel  aus,  worin  wahrscheinlich  Partikelchcn  von  dem  Honig  enthalten  waren,  welchen 
das   Insekt  „zum  allgemeinen  Wohle"   nach   Hause   gebracht  hatte. 

Sind  aber  die  aus  den  oben  mitgeteilten  Tatsachen  gezogenen  Schlußfolgerungen 
richtig,  was  soll  dann  die  beständige  „schmeichelnde"  Berührung  mit  den  Fühlern,  jene 
„Begrüßungen",  mit  welchen  die  Arbeiterinnen   einander  bewillkommnen  und   die   „Zeichen 


'  Siehe  den  AbschniU  über  die  „Sprache"  der  „sozialen"  Insekten. 


—     118     — 

der  Aufmerksamkeit",  die  sie  sich  gegenseitig  erweisen?  —  Diese  Frage  kann  ich  mit  ab- 
soluter  Bestimmtheit  beantworten. 

Was  man  über  die  „schmeichehide"  Natur  des  Berührens  mit  den  Fühlern  gesagt  hat, 
ist  ein  Produkt  desselben  Anthropomorphismus,  auf  Grun,d  dessen  Drory  unter  anderem 
von  den  \"erneigungen  der  Arbeiterinnen  vor  der  Königin  imd  \on  dem  „anscheinenden 
Segnen"  der  ersteren  durch  die  letztere  bei  Melipona  mitteilt.  Ein  beständiges  gegen- 
seitiges Berühren  mit  den  Fühlern  ist  bei  den  Hummeln  allerdings  der  Fall,  allein  es  dient 
dazu,  daß  die  Hummeln  die  „Ihrigen"  von  „Fremden"  unterscheiden.  Sie  betasten 
jeden  Ankömmling,  wie  sie  alle  Gegenstände  betasten,  welche  ihnen  beim  Herumkriechen 
in  dem  Neste  in  den  Weg  geraten.  Dieser  Instinkt  hat  sich  bei  ihnen  im  Verlaufe  der 
natürlichen  Auslese  aus  dem  Grunde  erhalten,  weil  das  fortwährende  Befühlen  der  im 
Neste  befindlichen  Gegenstände  eines  der  Mittel  darstellt,  durch  welches  das  Nest  innerhalb 
derjenigen   Grenzen,  welche  den   Hummeln  zu  Gebote  stehen,  vor  Parasiten  geschützt  wird. 

Daß  diese  Betastungen  nichts  mit  Begrüßungen  oder  mit  gegenseitigen  Aufmerksam- 
keiten zu  tun  haben,  kann  jederzeit  durch  den  A^ersuch  nachgeprüft  werden :  beschmiert 
man  eine  Hummel  mit  Honig,  so  sieht  man,  wie  dieselbe  von  ihren  Schwestern  umringt 
wird,  wie  sorgsam  diese  bemüht  sind  —  nicht  etwa  der  Hummel  zu  helfen,  sich  von  dem 
lästigen  und  das  Leben  gefährdenden  klebrigen  Honige  zu  befreien,  —  sondern  einzig  und 
allein,  um  von  diesem  Honige  zu  genießen !  Ersetzt  man  den  Honig  durch  eingekochten 
Fruchtsaft,  den  die  Hummeln  nicht  annehmen,  so  ist  alle  Sorgfalt  mit  einem  Male  ver- 
schwunden :  die  teure  und  heißgeliebte  Schwester-Arbeiterin  mag  zu  Grunde  gehen  wie 
sie  will ! 

Wenn  wir  aber  mit  Bestimmtheit  sagen  können,  daß  die  Hummelarbcitcrinnen  unter- 
einander weder  Liebe  noch  Mitgefühl  besitzen,  könnten  dann  diese  Gefühle  etwa  in  den 
Beziehungen  der  Arbeiterinnen  zur  Königin  statthaben?  Man  erinnert  sich  der  be- 
kannten Tatsache,  daß  die  Bienenkönigin  bei  eintretendem  Hungern  des  Volkes  zuletzt  zu 
Grunde  geht,  da  die  Arbeiterinnen  das  letzte  Futter,  was  sie  besitzen,  ihr  zukommen  lassen, 
und   anderer  Fälle  analoger  Art. 

Ich  habe  derartige  Beobachtungen  an  Bienen  nicht  angestellt,  allein  wenn  ich  alles 
in  Betracht  ziehe,  was  mir  über  deren  Biologie  bekannt  ist,  so  muß  ich  mich  unbedingt 
denjenigen  Autoren  anschließen,  die  das  Vorhandensein  von  ,, Liebe"  in  den  genannten 
Fällen  leugnen,  und  in  den  Beziehungen  der  Arbeiterinnen  zu  der  Königin  nur  das  Resultat 
der  Zuchtwahl  sehen.  Die  Völker,  bei  denen  der  Instinkt,  die  Königin  zu  schützen  und 
zu  pflegen,  stärker  entwickelt  ist,  erwiesen  sich  widerstandsfähiger  im  Kampfe  um  das  Da- 
sein. In  Jahren  des  Futtermangels  mußten,  wie  dies  v.  Buttel-Reepen  mit  Recht  hervor- 
hebt, alle  Völker  mit  mangelhafter  Sorge  um  die  Königin  untergehen,  während  diejenigen 
Völker,  welche  diesen  Instinkt  kräftig  entwickelt  hatten,  am  Leben  blieben  und  Nach- 
kommenschaft   hinterließen. 

Was  die  Hummeln  betrifft,  so  kann  ich  mich  bei  diesen  Insekten  mit  voller  Be- 
stimmtheit über  das  Fehlen  einer   Liebe  der  Arbeiterinnen   zu  dem  Weibchen  aussprechen. 

Liebhaber-Autoren  würden  in  dem  Leben  der  Hummeln  eine  Menge  \on  Momenten 
finden  können,  welche  ihnen  Veranlassung  gäben,  rührende  Berichte  über  die  Achtung,  Er- 
gebenheit,  Liebe  u.  s.  w.  zu  schreiben,  welche    die    Arbeiterinnen    der   „Königin"   gegenüber 


—     119     — 

an  den  Tag  legen.  Auch  hier  kann  man  zu  der  Zeit,  wo  das  Weibchen  in  Gegenwart  der  Ar- 
beiterinnen eine  neue  Ansiedelung  anlegt,  sehen,  wie  ihr  die  „knechtisch  kriechende  Schar" 
ihrer  „Töchter-Untertaninnen"  nachfolgt,  wie  diese  ihr  alle  ihre  Köpfe  zuwenden  und  sich 
niemals  erlauben  werden,  ,,ihr  den  Rücken  zuzukehren" ;  auch  hier  können  wir  fortwährende 
„streichelnde"  Bewegungen  mit  den  Fühlern  sehen,  durch  welche  die  Arbeiterinnen  sich 
„bemühen",  der  Herrscherin  ihre  Ergebenheit  auszudrücken ;  mit  einem  Worte,  auch  hier 
könnte  ein  Dilettant  in  der  Beschreibung  des  Tierlebens  genügende  Vorwände  finden,  um 
einen   ganzen   Roman   zu   verfassen. 

Alles  dasjenige,  was  von  den  Arbeiterinnen  in  Bezug  auf  das  Weibchen  getan 
wird,  repräsentiert  eine  Reihe  von  Handlungen,  die  sowohl  quantitativ  wie  qualitativ  für 
bestimmte  Momente  des  Lebens  genau  fixiert  sind.  Alle  diese  Momente  werden  ohne  Aus- 
nahme durch  die  Interessen  der  Art  bestimmt.  Aber  kaum  sind  diese  Momente  vorüber,  so 
verschwindet  auch  die  sogenannte  Liebe.  Während  ich  diese  Zeilen  schreibe,  liegt  in  einem 
meiner  Stöcke,  welche  noch  nicht  ihre  volle  Entwicklung  erreicht  haben  (indem  in  den- 
selben noch  fleißig  Zellen  und  Puppen  bebrütet  werden),  eine  Königin  schon  den  dritten 
Tag  im  Sterben,  nachdem  sie  wahrscheinlich  während  des  Heraushebens  aus  dem  unter- 
irdischen Neste  verletzt  worden  war.  Diese  alte  Königin  muß  außerhalb  des  von  ihren 
Töchtern  verfertigten  neuen  Nestes,  auf  dem  Wege  zwischen  diesem  und  dem  für  die 
Hummeln  hingestellten  Futter  verenden;  hundert  und  tausend  Mal  gehen  die  Arbeiterinnen 
und  jungen  Weibchen  an  ihr  vorüber,  wie  sie  an  einem  Gegenstande  vorbei  gehen,  der 
seines  LTmfanges  wegen  nicht  aus  dem  Neste  entfernt  werden  kann,  um  den  man  sich  aber 
nicht  weiter  zu  kümmern  braucht.  Sie  lebt  noch,  die  alte  Mutter,  die  ihre  Pflicht  erfüllt 
hat,  und  sie  würde  unzweifelhaft  noch  ferner  um  das  Nest  „besorgt  sein",  wenn  ihr  kein 
Unfall  zugestoßen  wäre  —  nun  ist  sie  zu  einem  Gegenstande  geworden,  der  nur  darum 
nicht   hinausgeworfen  wird,  weil   er  etwas   schwer   fortzuschaffen   ist. 

Eine  ganz  analoge  Erscheinung  habe  ich  auch  bei  Botnbus  muscorum  beobachtet; 
als  die  Königin  „sich  schwach  fühlte",  verließ  sie  (wie  dies  übrigens  auch  alle  anderen 
Hummeln  zu  tun  pflegen)  das  Nest,  um  neben  demselben  „den  Tod  zu  erwarten";  die  am 
Leben   verbliebenen   Arbeiterinnen   schenkten   ihr   nicht  die  geringste   Beachtung. 

Zum  Beschlüsse  des  Kapitels  über  die  gegenseitige  Liebe  der  zu  einem  Staatenwesen 
verbundenen  sozialen  Insekten  habe  ich  noch  einige  Worte  über  eine  Erscheinung  zu  sagen, 
die  besser  als  alle  anderen  unser  Problem  charakterisiert,  —  ich  meine  den  Vorgang,  der 
unter  dem   Namen   der  ,, Drohnenschlacht"  bekannt  ist. 

Die  Drohnenschlacht. 

Bekanntlich  bringen  die  Bienen  und  Wespen  ihre  Drohnen  um.  Romanes  beschreibt 
diese  Erscheinung  in  seinem  Buche  „Mental  evolution  in  Animals"  bei  den  Bienen  in  fol- 
gender Weise : 

Wenn  die  Königin  befruchtet  ist,  und  die  Dienste  der  Drohnen  daher  nicht  mehr  nötig  sind, 
werfen  sich  die  Bienenarbeiterinnen  auf  ihre  unglückseligen  und  hilflosen  Brüder  und  töten  sie  entweder 
direkt  mit  Hilfe  ihres  Stachels,  oder  aber  sie  jagen  sie  aus  dem  Stocke  hinaus  in  die  Kälte,  wo  sie  zu 
Grunde  gehen.    Unmittelbar  darauf  werden  die  Drohnenzellen  zerstört  und  alle  übrig  gebliebenen  Drohnen- 


—     120     — 

eier  und  -larven  vernichtet.  Meist  weiden  alle  Drohnen,  deren  Zahl  bis  zu  Tausend  beträgt,  an  einem 
Tage  getötet. 

Was  diese  Tätigkeit  der  Bienenarbeiterinnen  in  psychologisclier  Hinsicht  nun  auch 
bedeuten  mag  —  einen  Instinkt  oder  eine  Vernunfthandlung  mit  bestimmter  Vorstellung 
von  dem  zu  erreichenden  Zwecke  —  jedenfalls  enthüllt  sie  das  Wesen  der  ,, geschwister- 
lichen Gefühle"  zwischen  Arbeiterinnen  und  Drohnen. 

Romanes,  von  seiner  gewohnten  Methode  geleitet,  die  Frage  ad  hominem  zu  ent- 
scheiden, führt  zur  Erklärung  dieser  Erscheinung  folgende  Zeilen  Büchners  an',  die  er 
widerspruchslos    mitteilt,    indem   er   augenscheinlich   die  Ansichten   dieses   Autors   teilt. 

„Der  Umstand,  daß  das  Töten  der  Drohnen  nicht  ausschließlich  aus  instinktivem  Antriebe  erfolgt, 
sondern  mit  vollem  Bewußtsein  des  beabsichtigten  Zieles,  wird  nach  der  Ansicht  des  Autors  dadurch  be- 
wiesen, daß  die  Drohnenschlacht  um  so  vollständiger  und  mitleidsloser  ins  Werk  gesetzt  wird,  je  frucht- 
barer das  Weibchen  ist.  Unterliegt  jedoch  diese  Fruchtbarkeit  einem  ernsten  Zweifel,  oder  wurde  das 
Weibchen  zu  spät  oder  gar  nicht  befruchtet ,  und  legt  es  aus  diesem  Grunde  ausschließlich  Drohneneier, 
oder  endlich :  ist  das  Weibchen  überhaupt  unfruchtbar  und  werden  darum  neue  Weibchen  aus  Arbeiterinnen- 
larven herangezogen ,  die  später  befruchtet  werden  müssen,  —  so  werden  einige  oder  alle  Drohnen  am 
Leben  gelassen  in  der  deutlichen  Voraussicht  davon,  daß  ihre  Dienste  noch  nötig  sein  werden.  Als  einen 
nicht  weniger  deutlichen  Beweis  für  eine  vernunftsgemäße  t'berlegung  und  die  Fähigkeit  mit  den  gegebenen 
Umständen  zu  rechnen,  müssen  wir  nach  Ansicht  des  Autors  auch  den  Umstand  auffassen,  daß  die  Bienen 
eines  Stockes,  welcher  aus  unserem  gemäßigten  Klima  nach  dem  Süden  verbracht  wird,  wo  die  Periode  des 
Futtereinbringens  von  längerer  Dauer  ist,  ihre  Drohnen  nicht  wie  gewöhnlich  im  August,  sondern  erst  später 
töten. 

Die  Bienen  führen  demnach  die  Drohnenschlacht  mit  vollem  Bewußtsein  und  in 
Voraussicht  einer  ganzen  Reihe  von  Erscheinungen  aus,  welche  davon  abhängen,  zu  welcher 
Zeit  das  Weibchen  befruchtet  worden  ist,  ob  dasselbe  fruchtbar   ist   u.  s.  w. 

Ohne  auf  den  völlig  grundlosen  Anthropomorphismus  eines  solchen  Raisonnements 
einzugehen,  bin  ich  erstaunt  darüber,  wie  Romanes  sich  einen  groben  logischen  Fehler 
zu  schulden  kommen  lassen  konnte,  indem  er  einerseits  die  genannte  Ansicht  Büchners 
über  die  Fähigkeit  der  Bienen  zu  solch  ,, verständigen  Berechnungen"  und  wunderbarer  Vor- 
aussicht anführt,  andererseits  gleich  darauf  seiner  Verwunderung  darüber  Ausdruck  gibt, 
daß  die  Bierien  nicht  auf  den  Gedanken  gekommen  sind,  die  Drohnen  ,,in  der  zu  diesem 
Zwecke  günstigsten  Zeit"  zu  töten;  als  solche  betrachtet  er  näiTilich  diejenige  Entwicklungs- 
phase, wo  die  Drohnen  sich  auf  dem  Larvenstadium  befinden.  So  kommt  er  zu  dem 
Schlüsse,  daß  die  Vernichtung  der  Drohnen  durch  die  Bienenarbeiterinnen  „das  all  er- 
auffallendste Beispiel  eines  unvollkommenen  Instinktes  im  ganzen  Tier- 
reiche" sei!  Offenbar  gibt  es  hier  nur  zwei,  einander  ausschließende  Möglichkeiten. 
Entweder  betrachtet  man  das  Vertilgen  der  Drohnen  als  einen  reinen  Instinkt,  an  dem  Ver- 
nunft nicht  den  geringsten  Anteil  hat,  dann  kann  man  (wenn  auch  mit  gewissem  \"orbehalte). 
davon  sprechen,  daß  dieser  Instinkt  unvollkommen  sei;  oder  aber  es  sind  die  Handlungen 
der  Bienenarbeiterinnen  Vernunftshandlungen,  dann  kann  hier  von  einer  Unvollkommenheit 
gar  keine  Rede  sein :  denn  wenn  die  Bienenarbeiterinnen  so  gescheit  sind,  in  gewissen,  viel 
komplizierteren  Fällen  die  Drohnen  überhaupt  nicht  zu  töten,  so  ist  doch  klar,  daß  sie  in 
diesem  einfachen  Falle  erst  recht  nicht  aus  Torheit  handeln,  sondern  irgend  etwas  voraus- 


'  NB.     In  freier  Wiedergabe! 


—     121     — 

sehen  werden,  was  dem  Naturforscher  entgeht.  —  Übrigens  ist  schwer  zu  entscheiden, 
welche  von  beiden  Auffassungen  mehr  dazu  angetan  ist,  das  gänzhche  Fehlen  einer 
schwesterlichen  Liebe  zwischen  Bienen  und  Drohnen  mit  größerer  Evidenz  zu  beweisen: 
beide   Möglichkeiten  lösen  diese  Aufgabe  in  gleichem   Maße  deutlich  und   bestimmt. 

Die  Hummeln  töten  weder  ihre  Drohnen,  noch  jagen  sie  dieselben  zum  Neste  hin- 
aus, allein  sie  vertreiben  sie  am  Tage  von  den  mit  Honig  gefüllten  Zellen,  wenn  die 
Drohnen  sich  einfallen  lassen,  davon  zu  saugen,  ganz  wie  sie  sich  auch  untereinander  in  dem 
gleichen  Falle  vertreiben  würden.  Dabei  kommt  es  nicht  selten  zu  einer  wahren  Balgerei : 
ertappt  eine  Hummel  eine  Arbeiterin  aus  dem  gleichen  Neste  auf  der  Tat,  so  jagt  sie  die- 
selbe fort,  wobei  sie  die  Genossin  bald  am  Beine,  bald  am  Flügel  hinwegschleppt ;  endlich 
stürzt  sie  sich  auf  dieselbe  und  beide  rollen  kopfüber  die  Waben  herunter,  meistens  ohne 
sich   den  geringsten  Schaden   zuzufügen. 

Einer  der  wesentlichsten  Unterschiede  zwischen  den  Beziehungen  der  Hummeln  zu 
ihren  „Brüdern"  und  dem  Verhalten  bei  den  Bienen  besteht  demnach  darin,  daß  die 
Hummelarbeiterinnen  ihre  Nahrungsvorräte  in  gleichem  Maße  vor  den  Männchen  wie 
auch  voreinander  verteidigen.  In  allem  übrigen  besitzen  die  Unterschiede  nur  quantitativen, 
nicht  aber  qualitativen  Wert.  Die  Tatsachen  zeigen,  daß  das  Töten  der  Drohnen  bei  den 
Bienen  durchaus  nicht  mit  einer  bestimmten  Jahreszeit  im  Zusammenhange  steht,  noch 
weniger  aber  mit  der  Vorstellung  des  bevorstehenden  Winters  oder  anderen,  auf  einer  Be- 
fähigung der  Bienen,  Ereignisse  vorauszusehen,  beruhenden  Erwägungen.  Das  Ver- 
treiben der  Drohnen  erscheint  vielmehr  bei  Bienen  wie  Hummeln  nicht  als  ein  den 
Ereignissen,  welche  angeblich  erwartet  und  weise  von  ihnen  vorausgesehen  werden, 
vorangehender  Akt,  sondern  als  ein  Akt,  der  unmittelbar  auf  gewisse  Ereig- 
nisse folgt,  und  aus  diesem  Grunde  keinerlei  Voraussehens  bedarf.  Daß  sich  dieses 
in  der  Tat  so  verhält,  können  wir  aus  dem  Umstände  entnehmen,  daß  wenn  unmittelbar 
auf  ein  günstiges  Frühjahr  andauerndes  kaltes  und  regnerisches  Wetter  eintritt,  die  Bienen- 
arbeiterinnen ihre  Drohnen  vor  dem  Beginne  des  Schwär  mens  umbringen.  Es  ist  da- 
her klar,  daß  die  Drohnenschlacht  bei  den  Bienen  als  die  Folge  einer  auf  verhältnismäßig 
lange  Zeit  sich  einstellenden  Kargheit  der  Tracht  aufzufassen  ist,  nicht  aber  als  ein  Akt, 
welcher  auf  Erwägungen  bezüglich  der  Zukunft   begründet   ist. 

Das  sind  die  Tatsachen,  die  uns  auf  die  Frage  nach  der  Psychologie  der  gegen- 
seitigen Gefühle  bei  den  Familiengliedern  „sozialer"  Insekten  Antwort  geben;  diese  Tat- 
sachen erweisen,  daß  bei  denselben  weder  Liebe,  noch  Sympathie,  noch  eine  wenn  auch 
minimale  Befähigung  vorhanden  ist,  bei  einem  etwaigen  Mißgeschick  gegenseitiges  Mit- 
gefühl an   den  Tag  zu  legen. 

Kapitel  IV. 

Über  die  Einrichtung  der  Waben  und  die  damit  zusammenhängende 

Tätigkeit  der  Hummeln. 

Die  Autoren  unterscheiden  in  den  Bauten  der  Hummeln  eine  viel  geringere  Anzahl 
von  Bestandteilen,  als  deren  in  der  Tat  vorhanden  sind;  überdies  wird  das  wenige,  was 
unterschieden  wird,  in  solcher  Weise  benannt,    daß    derselbe    Name    für    mehrere    durchaus 

Zoologica.    Heft  4G.  16 


—     122     — 

verschiedene  Dinge  gilt.i  Ich  bin  aus  diesem  Grunde  gezwungen,  mit  einer  Feststellung 
der  Bestandteile  der  Wabenmasse  und  ihrer  Terminologie  zu  beginnen.  In 
denjenigen  Fällen,  wo  die  Teile  der  Waben  bereits  eine  mehr  oder  weniger  genaue  Be- 
schreibung und  Bezeichnung  erfahren  haben,  werde  ich  letztere  natürlich  beibehalten,  allein 
es  sind  deren  nicht  viele;  alles  übrige  muß  neu  geschaffen  werden. 
Ich   unterscheide   in   den  Waben  folgende  Bestandteile : 

1.  Die  Honigtöpfe;  es  sind  dies  große  Wachszellen,  die  von  dem  überwinterten 
Weibchen  zur  Unterbringung  eines  Honigvorrates   angefertigt   werden   (Taf.  I,   Fig.  2,  3,  4). 

2.  Die  Wachs  Zellen,  die  von  den  Arbeiterhummeln  angefertigt  und  entweder 
einzeln  an  die  Waben  angeklebt  (Taf.  I,  Fig.  16,  17  cel;,  oder  aber  in  ganzen  Reihen  an- 
geordnet  werden  (Fig.  78    cel). 


cel. 


u 


Fig.  78.  Fig.  79.  Fig.  80. 

3.  Die  Eierzellen  —  Gebilde  aus  Wachs  von  der  Gestalt  kleiner  wächserner 
Deckelchen,  welche  die  von  dem  Weibchen  abgelegten  Eier  bedecken  ^^Taf.  I,  Fig.  6,  17, 
18  pi). 

4.  Die  Larvenzellen  —  Hüllen  aus  Wachs  von  größeren  oder  kleineren  Dimen- 
sionen, welche  die  in  ein  Häufchen  versammelten  Larven  nebst  der  für  diese  vorbereiteten 
Nahrung   umgeben    Taf.  I,   Fig.  6,  10 — 14   und    18  lar.). 

5.  Die  Kokons,  die  von  den  Larven  vor  ihrer  Verwandlung  in  Puppen  ange- 
fertigt werden  und  aus  von  den  Larven  ausgeschiedenen  Seidenfäden  bestehen  (Taf.  I, 
Fig.  6,  7,  14  u.  a.  m.  coc);  nachdem  diese  Kokons  von  den  darin  zur  Entwicklung  ge- 
langten Hummeln  verlassen  worden  sind,  dienen  sie  zum  Ansammeln  von  Nahrungsvorräten 
(Fig.  79,  80,  81  vr.). 

6.  Die  Kokons  und  die  verlassenen  Kokons  einer  Larvenzelle  bilden  eine  Unterabteilung 
der  Waben  —  das  Wabenstück  (Fig.  82,  83  gai,  2  und  Taf.  I,  Fig.  19  ga),  dem  sich  bis- 
weilen  auch   Zellen   anschließen   können   (Taf.  I,   Fig.  16  cel\ 

7.  Einige  fest  miteinander  verbundene  Wabenstücke  bilden  die  \\'abe,  die  aus 
I,  2,  3  oder  mehr  Wabenstücken  bestehen  kann  (Fig.82  gai,  ga»;  Taf.  I,  Fig.  19  gai,  gaa  u.s.w.). 

8.  Die  Waben  bilden  eine  Etage,  die  aus  i,  2  und  3  Waben  bestehen  kann 
(Taf.  I,  Fig.  21  eti,  etj,  ets  und  et^);  es  brauchen  übrigens  nicht  notwendig  ausgesprochene 
Etagen   vorhanden   zu    sein. 

9.  Die   Gesamtheit  aller  Waben  bildet  die  Wabenmasse,  endlich 

IG.  Die  Halbzellen,  welche  aus  einem  vr  mit  einem  Wachsauf  bau  c.  ce  bestehen, 
den  die  Hummeln  anfertigen,  wenn  sie  das  Sammeln  der  Vorräte  beendet  haben  (Taf.  I, 
Fig.  20  A,  B,  C). 

'  So  bezeichnen  die  Autoren  die  Hummelkokons,  d.  h.  diejenigen  Teile  der  Waben,  welche  ihren  Ursprung 
der  Tätigkeit  der  Larven  bei  deren  Verwandlung  in  das  Puppenstadium  verdanken  —  als  Zellen,  während  sie  unter  der- 
selben Bezeichnung  auch  die  echten  Wachszellen  der  Hummeln  verstehen.  Hieraus  ergibt  sich  eine  grosse  Verwirrung  bei 
dem  Vergleich  der  Hummelzellen  mit  den  Bienenzellen.  Eine  gleiche  Verwirrung  finde  ich  bei  den  Autoren  auch  in  der 
Bezeichnung  der  Wabenteile. 


123     — 


Wir  ersehen  hieraus,  daß  die  aus  Wachs  gefertigten  Gebilde  bei  den  Hummchi  un- 
vergleichhch  mannigfaltiger  sind,   als  dies   in  den   bezüglichen  Arbeiten   beschrieben   wird. 

Die  Zahl  der  Gebilde  und  ihre  Dimensionen  stehen,  wie  dies  aus  meinen  Versuchen 
und  Beobachtungen  hervorgeht,  in  direktem  Verhältnis  zu  dem  Reichtum  an  Futter.  In 
der  Gefangenschaft,  wenn  die  Hummeln  mit  Bienenhonig  gefüttert  wurden,  konnte  ich  bei 
Bombus  lapidarius  ganze  Zelte  aus  Wachs  beobachten,  welche  die  Decke  der  einzelnen 
Waben  bildeten;  die  Halbzellen  waren  in  der  Tat  halbe  Zellen,  d.  h.  sie  bestanden  zur 
Hälfte  aus  Wachs.  Außerdem  bauen  gefangene  Hummeln  Reihen  von  Wachszellen,  die 
ihrer  Gestalt  nach  an  Honigtöpfe  erinnern  und  nur  durch  kleinere  Dimensionen  sowie  die 
Farbe  des  Wachses  von  ihnen  verschieden  sind.  Mit  einem  Worte,  in  der  Gefangenschaft  und 
bei  Verabreichung  von  Bienenhonig  an  die  Hummeln  ist  der  Reichtum  und  die  Mannig- 
faltigkeit der  Wachserzeugnisse  wahrhaft  erstaunlich.  Anders  verhält  es  sich  bei  denselben 
Hummeln  unter  den  Bedingungen  des  freien  Lebens  :  dann  stellt  die  Decke  keine  durchgehende, 
selbständige  Wachslamelle  dar,  das  Wachs  dient  nur  zur  Verkittung  der  vegetabilischen,  das 


Fig.  8i. 


Fig.  8= 


Fig.  83. 


Dach  des  Nestes  bildenden  Materialien ;  die  Halbzellen  stellen  eine  einfache,  den  Kokon 
an  seiner  Öffnung  verschließende  Wachshülle  dar  (Taf.  I,  Fig.  20  B  im  Durchschnitt  und 
C  in  situ);  die  Verbände  sind  dünn  und  wenig  solide,  die  Wachszellen  vereinzelt  und  sehr 
wenig  zahlreich;    meistens   fehlen   sie   sogar    ganz. 

Die  Waben  der  Hummeln  können  von  zweierlei  Art  sein,  eine  Tatsache, 
die,  so  viel  mir  bekannt  ist,  noch  gar  nicht  bemerkt  worden  ist.  Sie  können  bestehen  einmal 
aus  Zellen,  d.  h.  von  den  Hummeln  aus  Wachs  angefertigt  werden.  Derartige  Waben 
werden  stets  bei  der  Übersiedelung  von  Hummeln  in  dem  neuen  Neste  beobachtet 
(Fig.  78  cel.).  Unter  normalen  Lebensbedingungen  finden  sich  diese  Waben  außerordent- 
lich selten.  —  Ferner  können  die  Waben  aus  Kokons  bestehen  (Fig.  81,  83  coc),  und 
wenn  die  Hummeln  die  letzteren  verlassen  haben,  auch  aus  leeren  Kokons  (Fig.  83  vr.); 
Wachszellen    werden    denselben    nur    im    Notfalle   und   in    nur   geringer   Anzahl    beigegeben. 

In  der  folgenden  Besprechung  der  Wabenmasse  werden  wir  gerade  diejenigen 
Waben  im  Auge  haben,  die  ihren  Ursprung  den  Kokons  verdanken.  Diese  Hummelwaben 
bestehen  aus  Materialien  von  zweierlei  Herkunft:  zum  Teile  werden  sie  aus  Wachs  her- 
gestellt,  zum   größten   Teile   jedoch   aus    einem    seidenartigen    Gewebe,    dessen    Fäden 


—     124     — 

von  den  Spinndrüsen  der  Larven  geliefert  werden;    die    letzteren    umflechten    sich    vor    der 
Verpuppung  mit  diesen  Fäden  und  es  bildet  sich  auf  diese  Weise  eine  Kokon-Zelle. 

Die  hierher  gehörigen  Untersuchungen  werden  in  folgender  Anordnung  besprochen 
werden : 

1.  Der  Bau  der  Waben  stücke  im  Zusammenhange  mit  den  Veränderungen  bei 
den  dieselben  zusammensetzenden  Kokons  (eine  Arbeit,  welche  zum  Teil  von  den  ausge- 
bildeten Hummeln,  größtenteils  aber  von  den  Larven  geleistet  wird). 

2.  Der  Bauplan  und  die  Entwicklung  der  Wabenmassen,  in  Abhängigkeit 
von  der  Anordnung  der  dieselben  zusammensetzenden  Wabenstücke  (Arbeit  der  Weibchen 
und  der  Arbeiterinnen). 


1.   Der  Bau  der  Wabenstücke. 

Wie  bereits  erwähnt  wurde,  besteht  ein  Wabenstück  aus  den  Kokons  (oder  verlassenen 
Kokons)  einer  Larvenzelle.  Diese  Kokons  werden,  wie  wir  wissen,  nicht  von  den  Hummeln, 
sondern   von   den    Larven   hergestellt. 

Die  Verbindung  der  Kokons  untereinander  ist  nicht  immer  die  gleiche:  in  den 
zuerstgebauten  Waben  ist  sie  weniger  innig,  als  in  den  späteren.    Entsprechend   wird  auch 


Fig.  84. 


Fig-  85- 


Fig.  86. 


der  Druck,  den  die  Kokons  aufeinander  ausüben,  immer  stärker  und  stärker,  und  die 
basalen  Teile  der  Kokons  (mit  welchen  diese,  als  dem  am  meisten  umfangreichen  Ab- 
schnitte, aneinanderliegen),  erhalten  dadurch  eine  interessante  und  lehrreiche  Gestalt.  Machen 
wir  einen  Schnitt  durch  die  Kokons  einer  Wabe  der  dritten  Etage  auf  dem  Niveau  ihres 
größten  Querdurchmessers  (Fig.  84),  so  erblicken  wir  zwei  konzentrische  Ringe  von  Kokons; 
einen  inneren  i,  2,  3,  4  und  einen  äußeren  5. — 14.  Die  Gestalt  der  Kokons  beider  Ringe 
ist  nicht  die  gleiche.  Die  Kokons  des  inneren  Ringes  sind  vielkantig,  6  eckig,  der  i.,  2. 
und  3.  mit  fast  gleichen  Seiten ;  die  Kokons  des  äußeren  Ringes  erweisen  sich  auf  der 
nach  innen  gewandten  Seite  als  entweder  3-kantig  (Kokon  6,  8,  9,  11,  13  und  14)  oder. 
4-kantig  (Kokon  5,  7,  IG,  12),  auf  der  freien  Seite  dagegen  immer  als  rund.  Besonders  deut- 
lich ist  die  Abhängigkeit  der  Gestaltung  des  basalen  Kokonabschnittes  von  dessen  Lage  an 
solchen  —  recht  häufigen  —  Wabenstücken  zu  erkennen,  welche  aus  7  Kokons  bestehen, 
von  denen  6  einen  Ring  um  den  7ten,  zentralen  bilden.  Auf  Fig.  85  sehen  wir  ein  Waben- 
stück mit  den  peripherischen  Kokons  a,  b,  c,  d,  e,  f  und  einem  inneren  Kokon  g,  dessen 
obere  Hälfte  abgeschnitten  ist,  so  daß  der  Boden  (g),  sowie  die  Seitenwände  (i,  2,  3,  4,  5,  6) 
der  unteren  Hälfte   zu   sehen  sind. 


—     125     — 

Jeder  derartige,  an  seiner  Basis  polyedrische,  im  letztgenannten  Falle  regelmäßig 
sechskantige  Kokon  ist  nun  von  einer  Larve  angefertigt  w^orden,  die  das  Vorhandensein 
ihrer  Nachbarinnen  und  deren  Lage  nicht  sieht,  da  sie  erstens  blind  ist,  zweitens  durch 
eine  für  das  Licht  undurchlässige  Wand  von  jenen  geschieden  ist  und  sich  außerdem  in 
der  überall  von  einer  Wachshülle  umschlossenen,  im  dunklen  Neste  gelegenen  Larvenzellc 
befindet!  In  Wirklichkeit  entsteht  eine  solche  Regelmäßigkeit  gleichsam  von  selbst,  in- 
folge der  Bedingungen,  unter  welchen  die  Arbeit  erfolgt.  Und  zwar  entsteht  diese  Regel- 
mäßigkeit genau  in  derselben  Weise,  wie  auch  die  zwei-  und  dreikantigen  Kokons  entstehen, 
wenn  diese  letzteren  in  zwei  Reihen  angeordnet  sind,   wie  wir  dies  auf  Fig.  86  sehen. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  hier  Berührungspunkte  zwischen  der  Tätigkeit  der 
Hummellarven  und  der  der  Bienenarbeiterinnen  gegeben  sind,  die  unwillkürlich  zu 
einer  Vergleichung  beider  herausfordern.  Aber  noch  stärker  tritt  diese  Übereinstimmung 
an  solchen  Wabenstücken   hervor,   deren   Kokons  nicht  in   einer  Ebene   liegen,   sondern  an 


»  .'  -^ 


Fig.  87.  Fig.  SS. 

zwei  Seiten  einer  Stützplatte  angeordnet  sind,  wie  wir  dies  z.  B.  bei  dem  ersten 
Wabenstück  von  Bomhus  muscoruvi,  B.  sylvarum  a  und  häufig  auch  bei  B.  lapidarius 
sehen.  Auf  Fig.  87  sehen  wir  ein  solches  Wabenstück  in  sehr  vergrößerter  schematischer 
Wiedergabe.  Die  Kokons  (coc)  liegen  zu  beiden  Seiten  der  Stützplatte  (stp)  und  sind  ein- 
ander mit  ihren  Böden  zugewandt;  diese  untere  oder  innere  Hälfte  der  Kokons  erweist  sich 
als  regelmäßig-  sechskantig.  Solche  Wabenstücke  finden  wir  bei  Bomhus  la/pidarius,  wo 
sie  im  übrigen  von  derart  unregelmäßiger  Gestalt  sind,  wie  ich  es  bei  keiner  anderen 
Hummelart  gesehen  habe  und  wie  dies  z.  B.  auf  der  Fig.  88   wiedergegeben   ist. 

Neben  solchen  krüppelhaft  unregelmäßigen  Wabenstücken  habe  ich  auch  solche  an- 
getroffen, deren  Kokons  längs  einer  Achse  angeordnet  sind,  gleich  den  Schwimmglocken 
der  Siphonophoren  (Fig.  89).  Bisweilen  aber  findet  sich  statt  der  Achse  eine  schmale  und 
lange  Stützplatte  und  die  Zellen  liegen  dann  außer  auf  der  rechten  (Fig.  90  r)  und  linken 
Seite  (1),  auch  noch  auf  den  Schmalseiten  der  Platte  (f).  Noch  mehr  Interesse  bietet  das 
in  Fig.  91  in  verkleinertem  Maßstabe  abgebildete  Wabenstück.  Wir  sehen  hier  Kokons 
und  leere  Kokons,  welche  rechts  (r)  und  links  (1)  von  der  Stützplatte  und  an  deren  Schmal- 
seiten (f)  liegen;  außerdem  aber  sehen  wir  unterhalb  dieses  Wabenstückes  einen  Anhang, 
welcher   aus   zwei    Reihen   von    Kokons   (Bechern)    besteht:    die    einen    derselben     sind    mit 


126 


ihren  freien  Enden  nach  oben  gerichtet  (o),  die  anderen  nach  unten  (u),  mit  ihrer  Basis 
dagegen  stoßen  sie  aneinander.  Bisweilen  sind  solche  „zweiseitige  Waben",  d.  h.  Waben 
mit  Kokons  (und  leeren  Kokons)  zu  beiden  Seiten  der  Stützplatte,  merkwürdig  gekrümmt, 
wie  dies  auf  Fig.  92  zu  sehen  ist  (die  Kokons  sind  hier  nicht  angegeben,  sondern  nur  die 
in  Gedanken  isolierte  Stützplatte);  es  kommt  auch  vor,  daß  sich  diese  gekrümmten  Waben 
verästeln,  wie  dies  auf  Fig.  93  zu  sehen  ist.  --  Über  die  Größe  und  den  Umfang  solcher 
Wabenstücke  kann  man  sich  ein  Urteil  bilden,  wenn  man  hört,  daß  auf  einigen  derselben 
bis  zu  60  Kokons  sitzen. 

Ich  habe  bereits  erwähnt,  daß  unter  den  Waben  von  Bombus  lapidarius  die  zuerst- 
gebauten, d.  h.  die  basale  und  die  oberste  Wabe,  zumeist  eine  regelmäßige  Gestalt  be- 
sitzen.    Die   erstere    dient   als    Stätte    für  die   Entv.icklung  der  kleinen  Arbeiterinnen;   sie  ist 


Fig.  89.  Fig.  90. 


Fig.  91. 


Fig.  92. 


I'i;,'-  93- 


bisweilen  unregelmäßig,  aber  stets  einseitig;  die  oberen,  für  die  Weibchen  bestimmten 
Waben  sind  ebenfalls  stets  einseitig.  Vielleicht  weisen  diese  Tatsachen  darauf  hin, 
daß  die  Einseitigkeit  der  Waben  die  genetisch  primitivere  Form  darstellt? 
Diese  Form  hat  sich  für  die  Weibchen  erhalten,  d.  h.  für  diejenigen  Formen,  die  bereits 
bestanden   haben,  ehe  die   Hummelfamilie  in   Kasten  zerlegt  wurde. 

Auf  denselben  Gedanken  führt  uns  nun  auch  die  Erwägung,  daß  die  Zweiseitigkeit 
der  Waben  zweckmäßig  ist :  sie  bietet  erhöhten  Schutz  gegen  Parasiten.  Denn  wenn  die 
Hummeln  die  Kokons  einer  einseitigen  Wabe  von  oben  bebrüten,  so  bleibt  die  Unterseite 
dieser  Kokons  ohne  Verteidigung;  bei  doppelseitiger  Bebrütung  aber  ist  jede  Möglichkeit 
eines  Angriffes  ausgeschlossen. 

Verhält  sich  dies  in  der  Tat  so,  dann  würde  die  Anordnung  der  Kokons  in  der 
Hummelwabe  folgende  Etappen  stammesgeschichtlich  durchlaufen  haben ;  erstens  regellose 
Zusammenfügung  der  Kokons  {Bombus  terrcstris);  zweitens  Bildung  einseitiger  Waben 
{Bombus  musconim),  endlich   radiäre   und   bilaterale    Symmetrie   {Bombus   lapularius). 


2.  Der  Bauplan  und  die  Entwicklung  der  Wabenmassen. 

Um  den  architektonischen  Plan  der  Wabenmasse  zu  erklären,  welcher,  wie  wir  sehen 
werden,  nicht  nur  bei  den  verschiedenen  Arten,  sondern  innerhalb  gewisser  Grenzen  auch 
bei  den  Völkern  ein  und  derselben  Art  ein  recht  verschiedener  sein  kann,  werde  ich  mich 
an  die  Arten   Bombus   terrestris,   B.  musconim,  B.  sylvarum   und   B.  lapidarius  halten. 

Bei  Bombus  terrestris  werden  die  Waben  durch  einen  Haufen  von  Kokons  gebildet. 


—     127     — 

in  deren  Anordnung  weder  ein  Plan,  noch  irgend  welche  Regelmäßigkeit  zu  bemerken  ist. 
Dieses  Fehlen  von  Ordnung  und  Symmetrie  weist  zweifellos  auf  die  Ursprünglichkeit  der 
Form  hin,  indem  hierdurch  allein  schon  viele  Unzulänglichkeiten  geschaffen  werden,  welche 
in   Bauten  anderer   Typen   völlig   vermieden   sind. 

Bei  Bomh'US  muscorum  wird  die  Wabenmasse  von  vielen  einzelnen  Waben  gebildet, 
welche  untereinander  oft  sehr  wenig  solide  verbunden  sind.  Es  ist  daher  auch  aus  vielen 
Gründen  recht  schwierig,  den  architektonischen  Typus  der  Wabenmasse  bei  diesen  Hummeln 
festzustellen.  Hindernd  wirkt  dabei  unter  anderem  der  Umstand,  daß  mitunter  einzelne 
Kokons  einer  Wabe  nicht  in  einer  Ebene  mit  den  anderen  liegen,  sondern  über  dieselben 
hinausragen,  und  zwar  bisweilen  in  so  bedeutendem  Maße,  daß  es  den  Anschein  hat,  als 
befänden  sie  sich  um  eine  Etage  höher.  Während  nun  unter  normalen  Bedingungen  die 
obere  Etage  der  Waben  später  gebildet  wird,  als  die  untere,  kann  es  infolge  unregel- 
mäßiger Anordnung  der  Kokons  geschehen,  daß  zwei  übereinander  liegende  Wabenstücke 
nicht  nacheinander,  sondern  zu  gleicher  Zeit  angefertigt  wurden;  besonders  dann,  wenn  die 
eine  Eierzelle  auf  einem  besonders  hoch  liegenden  Kokon,  eine  andere  auf  einem  be- 
sonders niedrig  liegenden  angelegt  wird.  Die  Beurteilung  wird  ferner  dadurch  erschwert, 
daß  die  den  Bestand  der  Waben  einer  Etage  ausmachenden  Wabenstücke  zu  verschiedenen 
Zeiten  angefertigt  werden,  bisweilen  zu  recht  weit  voneinander  entfernten  Zeitpunkten,  bis- 
weilen aber  auch  fast  gleichzeitig.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  hierdurch  die  Regel- 
mäßigkeit im  Bau  einer  Etage  noch  mehr  beeinträchtigt  sein  kann,  daß  die  Lage  einer 
neuen  Wabe,  oder  deren  Kokongruppen,  sich  in  einer  anderen  Ebene  befindet  u.  s.  w.  Die 
größte  Störung  wird  jedoch  dadurch  verursacht,  daß  der  architektonische  Plan  nicht  deutlich 
ausgesprochen  ist,  die  Zahl  der  Etagen  an  verschiedenen  Stellen  der  Wabenmasse  keine 
bestimmte  ist,  und  ein  Abweichen  von  dem  Bauplane  bereits  von  der  zweiten  Schicht 
an  bemerkt  wird.  —  Trotz  alledem  läßt  sich  hier,  im  Vergleiche  zu  dem,  was  wir  bei 
Bombus  terrestr'is  sahen,  eine  sichtbare  Tendenz  zu  einer  etagenf örmigen  Anlage 
der  Waben  konstatieren,  sowie  immerhin  eine  gewisse  Regelmäßigkeit  im  Baue  einer 
jeden  Etage. 

Auf  Taf.  I,  Fig.  21  sehen  wir  das  Schema  eines  Teiles  der  Wabenmasse,  aus  welchem 
wir  einen  Begriff  von  der  Architektur  des  Ganzen  erhalten.  Die  gesamte  Wabenmasse  be- 
steht aus  vier  Etagen.  In  allen  finden  sich  Kokons  von  ungleicher  Größe.  Die  erste 
Etage  (Taf.  I,  Fig.  21  i.  et.)  besteht  ihrerseits  aus  einem  oder  seltener  zwei  Waben- 
stücken. Ihre  Kokons  unterscheiden  sich  von  denen  der  übrigen  Etagen  dadurch,  daß  sie 
alle,  ohne  Ausnahme,  von  dunkelbrauner  Farbe  sind,  was  bei  den  nächstfolgenden  Etagen, 
wie  wir  sehen  werden,  nicht  der  Fall  ist.  Charakteristisch  für  die  Waben  dieser  ersten 
Etage  ist  die  Regelmäßigkeit  in  der  Anordnung  der  Kokons:  dieselben  sind  alle  annähernd 
in  ein  und   derselben   Ebene   gelegen. 

Auf  die  erste  Etage  folgt  die  zweite  (Taf.  I,  Fig.  21  2.  et.);  sie  besteht  aus 
zwei  Waben.  Die  Kokons  dieser  Etage  sind  nicht  durchweg  dunkelbraun,  sondern  weisen 
an  ihrer  Spitze  eine  hellgelbe  Färbung  auf.  Ihre  Größe  übertrifft  im  allgemeinen  diejenige 
der  Kokons  der  ersten  Etage;  die  Größe  der  Kokons  ist  übrigens,  wie  oben  erwähnt,  in 
allen  Etagen  eine  verschiedene.    Die  Verbindung  dieser  Etage  mit  der  ersten  wird  von  den 


—     128     — 

Hummeln  mittelst  Wachs  ausgeführt,  indem  sie  die  Waben  der  höherliegenden  Etage  an 
den  am  meisten  hervorstehenden  Kokons  der  darunterliegenden   Etage  befestigen. 

Die  dritte  Etage  (Taf.  I,  Fig.  21  3.  et.)  besteht  aus  Kokons,  die  an  ihrem 
oberen  Abschnitt  beinahe  bis  zur  Hälfte  gelb  werden;  ihre  durchschnittliche  Größe  wird 
noch  beträchtlicher  als  in  der  vorhergehenden  Etage.  Die  Verbindung  der  Kokons  unter- 
einander ist  eine  solidere,  ebenso  die  Verbindung  der  einzelnen  Stücke  und  wird,  wie  immer, 
durch  Wachs  hergestellt. 

Die  vierte  Etage  (4.  et.)  enthält  die  allergrößten,  nur  an  ihrer  Basis  braunen, 
sonst  gelb  gefärbten  Kokons;  sie  liegt  auf  der  dritten  Etage,  mit  Wachs  an  derselben  befestigt. 

Dieses  ist  der  Bestand  und  die  Anordnung  der  Waben  in  dem  beschriebenen  Bezirke 
der  Wabenmasse  bei  Bomhiis  muscorum.  In  mehr  oder  weniger  festem  Zusammenhange 
mit  ihnen   befindet   sich   noch  eine  Menge   anderer  Waben,    und   zwar 


mit  der  I.  Etage 

mit  der  II.  Etage 

mit  der  III.  Etage 

mit  der  IV.  Etage 

mit  der    V.  Etage 
(auf  der  Figur  nicht  angegeben^ 


Anzahl  der  Wabenstücke 

2  +  2*) 
4+I  +  I 

3+I+I+I+I 

3  +  I  +  I  +  I  +  I 


Anzahl  der  Kokons  in  den  Waben 

13 

25  +  11 

22  +  8  +  7  +  II+8 

24  +  S  +  9+IO+  II 


1  +  1+2  +  1  +  1  +  1      i       7  +  8  +  9+14+13  +  10+10  +  10 


Zu  den  9  Waben  mit  83  Kokons,  welche  den  betreffenden  Bezirk  der  Wabenmasse 
ausmachen,  müssen  demnach  noch  31   Waben  mit   248    Kokons   hinzugefügt   werden. 

Bei  einer  anderen  Hummel  (die  Species  kann  leider  nicht  mehr  festgestellt  werden) 
bildete  die  Wabenmasse  des  Nestes  ein  kompaktes  Ganzes :  alle  Teile  waren  solide  mitein- 
ander verbunden.  Das  Ganze  war  von  einer  gut  gefertigten  Wachslage  bedeckt.  Die 
Größe  der  Kokons  betrug  von  3,5  mm  bis  12,0  mm.  Der  Bauplan  dieses  Nestes  war  wesent- 
lich leichter  festzustellen,  als  bei  den  vorhin  geschilderten,  und  zeigte  trotz  einiger  Unge- 
nauigkeiten  doch  klare  Gesetze.  —  Auf  Fig.  94  sehen  wir  eine  schematische  Darstellung 
der  Anordnung  und  der  gegenseitigen   Beziehungen  von  drei   Etagen. 

Die  erste  Etage  (Fig.  94,  i.  et.)  besteht  aus  den  allerkleinsten  Kokons.  Auf  Taf.  I, 
Fig.  22,  I.  et.  ist  dieselbe  in  natürlicher  Größe  und  Färbung  abgebildet.'  Alle  ihre  Kokons 
sind  von  dunkelbrauner  Farbe,  und  deren  Zahl  beträgt  7 ;  sie  bilden  eine  Wabe  aus  einem 
Wabenstücke  von  länglicher  Gestalt,  in  dem  die  Kokons  paarweise  angeordnet  liegen,  mit 
Ausnahme  eines  unpaaren,  seitlich  angesetzten   Kokons. 

Über  dieser  Wabe  befinden  sich  die  Waben  der  zweiten  Etage,  zwei  an  der 
Zahl  (Fig.  94,  2.  et.  —  M.  und  N.).  Eine  jede  von  ihnen  repräsentiert  eine  längliche  Platte 
und  besteht  aus  zwei  Wabenstücken;  die  Wabenstücke  der  Platte  M  zählen  15  und  14  Kokons, 
die  der  Platte  N    15   und   16.  —  Die  Längsachsen  dieser   Platten  bilden   einen  fast   rechten- 


*)  Wenn  ich  schreibe:  2,  oder  3,  oder  4,  so  bedeutet  dies,  daß  die  Wabenstücke  (2,  3,  4),  aus  welchen  die  Wabe 
besteht,  sich  in  sehr  festem  Zusammenhange  untereinander  befinden  und  eine  Wabe  bilden;  schreibe  ich  dagegen  2+1, 
so  heißt  dies,  daß  2  Stücke  eine  Wabe  bilden,  während  i  Stück  nur  lose  mit  dieser  Wabe  verbunden  ist  und  von  der- 
selben abgesondert  liegt.  Diesen  Umstand  muß  man  im  Auge  behalten,  wenn  man  die  Schwierigkeit  berücksichtigt,  mit 
welcher  die  Bestimmung  der  Etage  verbunden  ist,  zu  der  die  eine  oder  die  andere  Wabe  gehört. 

'  Auf  beiden  Abbildungen    liegt    die  erste  Etage    über    der    zweiten  (2.  et.),    während    sie  in  Wirklichkeit    unter 
derselben  liegt. 


—     129     — 


Winkel  mit  der  Längsachse  der  Platte  der  ersten  Etage,  wie  dies  aus  dem  Schema  (Fig.  94) 
zu  ersehen  ist.  Auf  Taf.  I,  Fig.  22  sehen  wir  die  Anordnung  dieser  Waben  nicht  schematisch, 
sondern  nach  der   Natur  gezeichnet  (i.  et.  und  2.  et.). 

Die  dritte  Etage  (3.  et.)  besteht  ebenfalls  aus  zwei  Waben,  allein  dieselben  sind 
noch  größer  als  die  Waben  der  zweiten  Etage.  Eine  jede  der  Waben  A.  und  B.  besteht 
aus  zwei  Wabenstücken,  von  denen  wiederum  die  der  einen  20  und  10,  die  der  anderen 
17  und  12  Kokons  enthalten.  Es  ist  hervorzuheben,  daß  ihre  Lage  in  Bezug  auf  die 
Waben  der  zweiten  Etage  die  gleiche  ist,  wie  die  Lage  der  Waben  dieser  letzteren  Etage 
zu  den  Waben  der  ersten  Etage,  d.  h.  ihre  größeren  Achsen  kreuzen  sich  annähernd  unter 
einem  rechten  Winkel  mit  denen  der  zweiten  Etage.  Die  vierte  Etage  ist  auf  dem  Schema 
(Fig.  94)  nicht   angegeben. 

Wir  können  demnach  behaupten,  daß  bei  der  Wabenmasse  dieser  Art  ein  architek- 
tonischer Plan  existiert,  und  daß  dessen  Feststellung  verhältnismäßig  leicht  ist.  Dieser  Plan 
ist  von  höchster  Zweckmäßigkeit :  indem  er  freie  Zirkulation  um  alle  Waben  gestattet,  gibt 
er  gleichzeitig  der  Wabenmasse  eine  außerordentliche   Festigkeit   und   Dauerhaftigkeit. 


Fig.  96. 


Das  Charakteristische  der  Wabenmasse  bei  dieser  Art  ist,  abgesehen  von  deren  Plan- 
mäßigkeit, auch  noch  darin  enthalten,  daß  die  Waben  einer  jeden  Etage  so  eng  miteinander 
verbunden  sind,  daß  sie  auf  den  ersten   Blick  nur   schwer  zu   unterscheiden  sind. 

Die  Wabenmasse  von  Bomhus  sylvarum  bildet  ein  ziemlich  kompaktes  Ganzes.  Der 
Bauplan  der  Waben  ist  hier  noch  viel  leichter  festzustellen,  als  bei  der  vorhergehenden  Form. 

Auf  Fig.  95  und  96  sehen  wir  zwei  schematische  Darstellungen,  von  denen  uns  die 
erste  die  Reihenfolge  sowie  die  Anordnung  der  Waben  im  Vertikaldurchschnitt,  die  zweite 
dagegen  en  face  und  zwar  von  unten,  d.  h.  von  der  Seite  der  zuerst  angelegten  Wabe  aus, 
vor  Augen  führt. 

Auf  dem  ersten  dieser  Schemata  (Fig.  95)  sehen  wir  vier  Etagen  von  Waben,  welche 
dergestalt  angeordnet  sind,  daß  immer  die  eine  genau  parallel  über  der  anderen  liegt, 
gleichzeitig  aber  sie  an  Größe  übertrifft,  so  daß  die  Waben  nach  oben  zu  immer  mehr 
und  mehr  übereinander  vorspringen.  Das  Schema  Fig.  96  zeigt,  daß  die  in  Etagen  an- 
gelegten Waben  nicht  in  der  gekreuzten  Weise  angeordnet  sind,  wie  bei  der  vorhergehen- 
den  Form,   sondern   in    Gestalt   einer   Rosette. 

Die  erste  Etage  besteht  aus  einer  Wabe,  die,  wie  immer,  von  brauner  Farbe 
ist;   sie   besitzt    eine    längliche    Gestalt   und   besteht  aus   7 — 9   Kokons. 

Zoologlca.    Heft  46.  17 


—     130     — 

Die  zweite  Etage  enthält  4  ringförmig  angeordnete  Waben  (all,  bll,  cll,  dll). 
Eine  jede  dieser  Waben  besteht  aus  einem  Wabenstück  zu  7 — 14  Kokons;  im  ganzen  sind 
es  etwa  50  Kokons. 

Die  dritte  Etage  besteht  aus  5  Waben  (a  III,  b  III,  c  III ,  d  III,  e  III),  die  wiederum  ring- 
förmig über  den  Waben  der  zweiten  Etage  angeordnet  sind,  wie  diese  letzteren  über  den 
Waben  der  ersten  Etage.    Jede  Wabe  zählt  7 — 12   Kokons  (im   ganzen   60). 

Die  vierte  Etage  endlich  besteht  aus 
7  einzelnen  Waben  (alV,  bIV,  cIV,  dlV,  elV, 
flV,  glV),  abermals  in  Gestalt  eines  Rin- 
ges über  dem  Wabenring  der  dritten  Etage. 
Eine  jede  Wabe  besteht  aus  einem  Stück 
zu  7 — 9  Kokons;  im  ganzen  sind  es  etwa 
50 — 60  Kokons.  Diese  Kokons  sind  die  größ- 
ten der  ganzen  Wabenmasse.  Auf  Fig.  97  ist 
diese  Wabenetage  nicht  schematisch  (wie  auf 
Fig  97.  Fig.  96),     sondern  genau  nach  der  Natur  wieder- 

gegeben. 
Der  architektonische   Plan  der  Wabenmasse    von    B.  sylvarum    bietet    uns    demnach 
eine    neue    Lösung    der    Aufgabe,    den    Waben    Solidität    und    bequeme    Zugänglichkeit    zu 
sichern.    Dieser  Plan  steht  an  Zweckmäßigkeit    nicht    hinter    dem    vorhergehenden    zurück 
und  ist   noch   klarer   und   bestimmter. 

Berücksichtigt  man  alles  dasjenige,  was  über  die  außerordentliche  Unregelmäßigkeit 
der  Waben  von  Bombus  lapidarius  gesagt  wurde,  so  darf  man  von  vornherein  erwarten, 
daß  der  architektonische  Plan  der  von  ihnen  verfertigten  Wabenmasse  keine  große  Regel- 
mäßigkeit aufweisen  wird,  oder  wenigstens  keine  solche,  die  mit  einer  regulären  geo- 
metrischen Figur  irgend  welcher  Art  übereinstimmt.  Die  allgemeine  Gestalt  der  Waben- 
masse hat  allerdings  das  Aussehen  eines  Körpers,  der  im  Längsschnitte  ziemlich  regel- 
mäßig viereckig  ist,  wobei  die  kurze  Seite  an  der  Basis,  die  lange  dagegen  oben  liegt; 
die  innere  Anordnung  der  Waben  dagegen,  und  die  von  ihnen  gebildeten  Etagen  weisen 
keinerlei  Regelmäßigkeit  auf.  Die  Wabenmasse  besteht  aus  vielen  einzelnen  Teilen,  die 
ihrerseits  wieder  aus  einer  oder  mehreren  untereinander  verbundenen  Waben  zusammengesetzt 
werden.  Regelmäßige  Waben  und  aus  solchen  bestehende  Etagen  treffen  wir  nur  an  der 
Basis  und  dem  Gipfel.  Die  Grundlage  bilden  die  kleinen  Waben  der  ersten  Arbeiterinnen, 
welche  meistenteils  ein  ganz  regelmäßiges  Plättchen  bilden.  Es  kommt  jedoch  vor,  daß  so- 
gar dieses  erste  Plättchen  sich  schon  als  unregelmäßig  gestaltet  erweist. 

Zum  Schlüsse  der  Besprechung  über  die  Architektur  der  Bauten  von  B.  lapidarius 
habe  ich  noch  einige  Worte  über  das  Wachsdach  zu  sagen,  das  die  Hummeln  über  der 
Wabenmasse  errichten. 

Niemals  habe  ich  bei  anderen  Hummeln  Wachshüllen  von  solch  großem  L^mfange 
gesehen,  wie  bei  B.  lapidarius.  Bei  anderen  Arten  beschränkt  sich  die  Arbeit  aus  Wachs 
auf  die  Verkittung  des  vegetabilischen  Materiales  an  der  Decke  des  Nestes;  seltener  er- 
streckt sie  sich  auf  eine  Hülle,  welche  die  Waben  von  oben  dicht  umgibt,  noch  seltener 
geht  diese  Hülle  auch  auf  die  Seiten  über.    Diese  Verschiedenheit   in   der   Einrichtung   des 


—     131     — 

aus  Wachs  bestehenden  Teiles  der  Hülle  wird  nicht  so  sehr  durch  den  Zustand  der 
„Familie"  und  Überfluß  an  Nahrung  bedingt,  als  durch  den  Instinkt  der  betreffenden  Art. 
Davon  können  wir  uns  durch  Beobachtungen  an  Hummeln  in  der  Gefangenschaft  über- 
zeugen, wo  die  Lebensbedingungen  in  Bezug  auf  die  Nahrung  ganz  identisch  mit  der 
Natur   gestaltet   werden   können. 

Während  z.  B.  B.  lapidarms  ein  ganzes  Futteral  über  den  Waben  errichtet,  und 
zwar  bisweilen  gesondert  an  zwei  oder  drei  Stellen,  wenn  die  Waben  getrennt  voneinander 
liegen,  —  errichtet  B.  tnuscorum  überhaupt  keine  Decke  über  den  Waben.  Die  Hummeln 
dieser  Art  unterlassen  dies  nicht  etwa  aus  dem  Grunde,  weil  es  ihnen  an  Wachs  mangelt, 
sondern  deshalb,  weil  ihre  Bauinstinkte  in  dieser  Hinsicht  etwas  anders  geartet  sind,  als 
diejenigen  von  B.  lapidarms.  Daß  sie  Wachs  genug  haben,  wird  durch  den  Umstand  be- 
wiesen, daß  die  Hummeln,  um  dasselbe  loszuwerden,  einen  Teil  des  Papierschächtelchens, 
worin  sich  der  als  Futter  gereichte  Bienenhonig  befand,  damit  bedeckt  haben;  auf  dieses 
Schächtelchen  hatten  sie  eine  ganze  Reihe  kleiner  Wachsklümpchcn  von  unregelmäßiger 
Gestalt  abgelegt. 

Als  selbständiger  Bestandteil  des  Baues  wird  das  Wachsdach,  dafern  ein  solches  vor- 
handen ist,  von  den  Arbeitern  stets  an  dem  Orte  angelegt,  wo  sie  sich  in  der  betreffenden 
Periode  des  Familienlebens  am  meisten  aufhalten,  was  wiederum  durch  die  Lage  der 
Puppenzellen,   oder  wenn   solche   nicht   vorhanden   sind,   der    Honigzellen   bedingt   wird. 


In  engem  Zusammenhange  mit  dem  Bau  des  Nestes  steht  diejenige  Tätigkeit  der 
Hummeln,  die  man  als  Ausbesserung  des  Nestes  bei  Beschädigungen  be- 
zeichnen kann. 

Derartige  Reparaturen  werden  sowohl  von  den  Hummelarbeiterinnen  als  auch  von 
den  jimgen  Weibchen  ausgeführt ;  anscheinend  nehmen  auch  die  Männchen  einen  gewissen 
Anteil  an  der  Arbeit,   obgleich   ich  dies  nicht  mit   Gewißheit   behaupten   kann. 

Die  diesbezügliche  Tätigkeit  der  Hummeln  ist  von  zahlreichen  Naturforschern  be- 
schrieben worden.  Soviel  mir  bekannt  ist,  haben  dieselben  jedoch  zu  dem,  was  Reaumur 
über  die  Frage  geschrieben  hat,  nichts  Wesentliches   hinzugefügt. 

Dieser  Autor   teilt  folgendes  mit : 

Des  qu'on  cesse  de  les  inquicter,  ils  songent  ä  recouvrir  leur  nid,  et  n'attendent  pas  meme,  pour 
se  mettre  ä  l'ouvrage,  qiie  celui  qui  a  fait  le  dösoidre  sc  soit  cloigne.  Si  la  mousse  du  dessiis  a  ete  jetee 
assez  pres  du  pied  du  nid  ....  bientöt  ils  s'occupent  ä  la  remettre  dans  sa  premiere  place.  ...  La  fagon 
dont  les  Bourdons  ont  ete  instruits  ä  faire  parvenir  sur  leur  nid  la  mousse  qu'ils  y  veulent  placer,  est  la 
suivante  : 

„Considerons-en  un  seul  occupe  ä  ce  travail ;  il  est  pose  ä  terre  sur  scs  jambes,  ä  quclque  distance 
du  nid,  sa  tete  directement  tournee  du  cöte  oppose.  Avec  ses  dents,  il  prend  un  petit  paquet  de  brins 
de  mousse ;  les  jambes  de  la  premiere  paiie  se  presentent  bientöt  pour  aidcr  aux  dents  ä  separcr  les  brins 
les  uns  des  autres,  ä  les  eparpiller,  ä  les  charpir,  pour  ainsi  dire ;  elles  s'en  chargent  ensuite  pour  les  faire 
tomber  sous  le  corps ;  lä,  les  deux  jambes  de  la  seconde  paire  viennent  s'en  emparer,  et  les  poussent  plus 
pres  du  derriere.  Enfin  les  jambes  de  la  dernicre  paire  saisissent  ces  brins  de  mousse,  et  les  conduisent 
par  delä  le  derriere,  aussi  loin  qu'elles  les  peuvent  faire  aller.  »Apres  que  la  manoeuvre  que  nous  venons 
d'expliquer  ä  ete  repetee  un  grand  nombre  de  fois,  il  s'est  forme  un  petit  tas  de  mousse  derriere  le  Bourdon. 
Un  autre  Bourdon,  ou  le  meme,  repete  sur  ce  petit  tas  une  manoeuvre  semblable  ä  celle  par  laquelle    il  a 


—     132     — 

ete  forme;  par  cette  seconde  manoeuvre,  le  tas  est  conduit  une  fois  plus  loin.  C'est  ainsi  que  de  petita 
tas  de  mousse  sont  pousses  jusqu'au  nid,  et  qu'ils  sont  montes  jusqu'ä  sa  partie  la  plus  elevee."  Les 
Bourdons  ainsi  occupes  forment  de  la  sorte  une  chaine  plus  ou  moins  longue,  oü  ils  sont  tous  la  tete 
tournee  du  cöte  oü  est  la  mousse  a  recueillir,  le  derriere  tournee  du  cöte  du  nid.  Arrivee  au  lieu  oü  eile 
doit  etre  employee,  un  ou  plusieuis  Bourdons  la  disposent  oü  il  est  co'nvenable,  ä  l'aide  des  mandibules  et 
des  pattes  anterieures .' 

Dieser   Beschreibung  fügt   Professor   S.  Perez^  folgendes   hinzu: 

„Jamals  ils  ne  vont  en  chercher  au  loin  ;  jamais  on  ne  les  voit  venir  en  volant,  chargcs  du  plus  leger 
brin  de  plante." 

Die  obige  Schilderung  kommt  der  Wirklichkeit,  wie  wir  sofort  sehen  werden,  ziem- 
lich nahe,  mit  Ausnahme  eines  Punktes,  der  zweifellos  einem  Irrtum  zuzuschreiben  ist. 
Ich  meine  die  Angabe,  daß  die  Hummeln  eine  Kette  von  Individuen  bilden,  die  das 
Material  einander  weitergeben  und  so  an  den  Bestimmungsort  befördern,  um  es  daselbst 
in  passender  Weise  anzubringen.  Etwas  Derartiges  kommt  nicht  vor;  der  Irrtum 
ist  wohl  dadurch  entstanden,  daß  ein  Fall  von  sehr  bedeutender  Beschädigung  des  Nestes 
beobachtet  wurde,  infolge  deren  eine  große  Anzahl  von  Individuen  an  die  Arbeit  eilten; 
bei  der  Massenbewegung  dieser  letzten  konnte  man  sich  alle  beliebigen  Ketten,  Linien  und 
Figuren  vorstellen.  Dieser  Irrtum  ist  nicht  nur  aus  dem  Grunde  von  Wichtigkeit,  weil  er 
eine  Erscheinung  nicht  richtig  wiedergibt,  sondern  in  noch  viel  höherem  Maße  deshalb, 
weil  die  Behauptung  Reaumurs  die  Tätigkeit  der  Hummeln  in  einem  Lichte  erscheinen 
läßt,  das  ihr  durchaus  nicht  zukommt.  Die  von  Reaumur  gelieferte  Beschreibung  führt 
nämlich  zu  der  Auffassung,  daß  die  Hummeln  befähigt  sind,  gemeinsame  Handlungen 
auszuführen,  wobei  sie  sich  gegenseitig  bewußtermaßen  Hilfe  leisten,  d.  h. 
solche  Handlungen,  welche  nach  der  Terminologie  der  Autoren  einen  typisch  sozialen 
Charakter  tragen.  In  Wirklichkeit  dagegen  sind  die  Hummeln  zu  keinerlei  gemein- 
samer Tätigkeit  befähigt;  noch  weniger  sind  sie  zu  bewußter  gegenseitiger 
Hilfeleistung  befähigt.  In  nachstehendem  teile  ich  eigene  Beobachtungen  über  die  Aus- 
besserung des   Nestes   bei  den   Hummeln  mit,   die  das   Gesagte   beweisen   werden. 

Wenn  irgend  ein  Teil  des  Nestes  zerstört  worden  war,  zeigten  sich  an  der  betreffen- 
den Stelle  sogleich  Hummelarbeiterinnen,  die  zuerst  einige  Male  auf-  und  abflogen,  „den 
Feind  suchend",  um  sich  sodann  auf  das  Nest  niederzulassen  und  in  dasselbe  hinein- 
zukriechen, was  stets  und  unabänderlich  durch  das  Flugloch,  nicht  aber  durch  die  künst- 
lich hervorgebrachte  Öffnung  geschah.  Bald  darauf  erschienen  sie  wieder  an  der  Ober- 
fläche des  Nestes  dort,  wo  dasselbe  zerstört  worden  war,  und  wohin  sie  direkt  von  innen 
gelangten.  Nunmehr  bewegten  sie  sich  lebhaft  an  der  zerstörten  Stelle  auf  und  ab  und 
begannen  dieselbe  auszubessern.  Nach  Verlauf  einer  gewissen  Zeit,  deren  Dauer  von  der 
Größe  der  Beschädigung  abhängt,  beginnen  einige  Hummeln  in  das  Nest  zurückzukehren, 
und  zwar  wiederum  durch  das  Flugloch.  Sehr  bald  jedoch  zeigen  sie  sich  wieder  an  der 
Oberfläche  des  Nestes,  wohin  sie  geradeswegs  durch  die  dasselbe  umhüllende  Schicht  ge- 
langen, und  inachen  sich  von  neuem  an  die  Arbeit. 

Je  größer  die  Verletzung  ist,  um  so  größer  ist  auch  die  Zahl  der  an  der  Oberfläche 
des  Nestes  erscheinenden  Hummeln;  je  weiter    die    Ausbesserung    fortschreitet,    um    so    ge- 


Les  Abeilles.     18S9. 


—     133     — 

ringcr  ist  die  Zahl  der  Hummelarbeiterinncn,  die,  nachdem  sie  einmal  in  das  Nest  zu- 
rückgekehrt waren,  wieder  an  die  beschädigte  Stelle  heraustreten.  Endlich  erscheint  nur 
noch  eine  Hummel,  welche  eine  Zeit  lang  arbeitet  und  dann  in  das  Nest  zurückkehrt, 
worauf  sich  keine  Hummeln  mehr  auf  dessen  Oberfläche  sehen  lassen. 

Auf  den  ersten  Blick  sollte  man  glauben,  daß  den  Handlungen,  die  sich  hier  vor 
uns  abspielen,  eine  außerordentlich  verwickelte  Psychologie  zu  Grunde  liegt;  die  Hummeln 
haben  anscheinend  ein  Verständnis  dafür,  wann  die  Arbeit  eine  größere  Anzahl  von  Teil- 
nehmern   erfordert    und    wann    eine    geringere,   und   handeln   demgemäß. 

In  Wirklichkeit  ist  die  Sache  viel  einfacher  und  erklärt  sich  folgendermaßen.  Das 
Licht  dringt  für  gewöhnlich  nicht  in  das  innere  Nest  herein,  obgleich  es  vorkommen  kann,  daß 
die  Waben  sogar  durch  die  Öffnung  des  Flugloches  zu  sehen  sind,  doch  sind  dies  außer- 
ordentlich seltene  Fälle  (von  den  in  der  Gefangenschaft  künstlich  herbeigeführten  Erschei- 
nungen wird  später  die  Rede  sein);  sobald  nun  in  der  äußeren  Schicht  des  Nestes  eine  Be- 
schädigung erfolgt,  trifft  das  Licht  sofort  eine  gewisse  Anzahl  von  Hummeln,  —  nicht  alle 
natürlich,  da  sich  nicht  alle  Hummeln  in  dem  oberen  Teile  des  inneren  Nestes  befinden. 
Und  auch  in  diesem  oberen  Räume  ruft  das  Licht  nur  bei  denjenigen  Individuen  eine  Reaktion 
hervor,  welche  sich  außerhalb  des  Schutzes  der  über  dem  inneren  Neste  aufgeführten  Wachs- 
decke befinden.  Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  je  größer  die  angebrachte  Öffnung  und  je 
beträchtlicher  der  Schaden  ist,  auch  umsomehr  Licht  in  das  innere  Nest  dringt,  eine  um  so 
größere  Anzahl  von  Hummeln  durch  dasselbe  gereizt  wird,  und  umsomehr  Hummeln  in  der 
Richtung  nach  der  Quelle  des  Reizes  eilen  werden.  Diejenige  Erscheinung,  welche  sich  als 
eine  Kontrolle  der  Arbeit  durch  die  Hummeln  darstellt,  ist  eine  einfache  Wiederholung  der- 
selben Reaktion  auf  dieselbe  Quelle  des  ausgeübten  Reizes :  es  kann  sogar  vorkommen,  daß 
nicht  einmal  dieselben  Individuen  durch  die  Öffnung  heraustreten,  die  in  das  Nest  zurück- 
gekehrt sind,  sondern  andere,  die  zufällig  an  eine  solche  Stelle  des  inneren  Nestes  geraten 
waren,  wohin  das  von  einer  Beschädigung  zeugende  Licht  durch  die  noch  nicht  völlig  aus- 
gebesserte Bresche  hingelangt.  Je  weiter  die  Ausbesserung  fortschreitet,  um  so  weniger 
dringt  natürlich  das  Licht  in  das  Innere  des  Nestes,  und  um  so  geringer  ist  die  Anzahl  der 
Individuen,  die  den  entsprechenden  Reiz  empfangen;  desto  geringer  ist  auch  die  Zahl 
der  an  der  Oberfläche  erscheinenden  Hummeln  und  endlich  hört  dieses  Erscheinen  ganz 
auf.  Indem  man  die  Öffnung  mit  irgend  einem  undurchsichtigen  Gegen- 
stande  willkürlich  verdeckt,  kann  man  das  Herbeiströmen  der  Arbeiterinnen 
nach   dem    Orte   der   Ausbesserung   vermindern    oder   verstärken. 

Von  dem  Umstände,  daß  der  zur  Ausbesserung  des  Nestes  führende  Instinkt  bei 
den  Hummeln  in  gewissen  Fällen  durch  das  Licht  hervorgerufen  wird,  können  wir  uns, 
abgesehen  von  Beobachtungen  im  Freien,  auch  durch  folgende  Beobachtungen  an  ge- 
fangenen Hummeln  überzeugen. 

Nachdem  ich  das  Nest  eines  wenig  zahlreichen  Hummelvolkes  in  einer  Kiste  unter- 
gebracht hatte,  begann  ich  dasselbe  langsam  und  vorsichtig  zu  öffnen :  das  Licht  drang  all- 
mählich in  das  Innere  des  Nestes  ein.  Die  Hummeln  wurden  unruhig  und  machten  sich 
an  die  Ausbesserung  des  Nestes,  was  jedoch  so  langsam  und  so  wenig  einmütig  geschah, 
daß  die  Öffnung  zum  Abend  noch  nicht  verschlossen  war.  Hierauf  wurde  das  Nest  für 
die  Nacht  wieder  völlig  von  mir  bedeckt.    Während    der    Nacht    untersuchte    ich    das    Nest. 


134 


Die  plötzliche  Helligkeit  rief  eine  schreckliche  \'cr\virrung  und  großes  Getümmel  hervor, 
doch  beruhigten  sich  die  Hummeln,  nachdem  ich  den  Stock  vorsichtig  wieder  bedeckt 
hatte.  Am  nächsten  Morgen,  gegen  lo  Uhr,  deckte  ich  den  Stock  wieder  auf;  das  Nest 
war  die  ganze  Zeit  über  (gegen  14 — 16  Stunden)  unausgebessert  geblieben,  d.  h.  es  befand 
sich  genau  in  demselben  Zustande  wie  am  Tage  zuvor:  die  Waben  lagen  fast 
ganz  frei.  Das  plötzliche  Erscheinen  von  Licht  rief  die  frühere  Unruhe  und  Verwirrung 
hervor.  Ich  ließ  das  Nest  hierauf  unbedeckt  stehen;  es  begann  eine  einmütige  und  eilige 
Ausbesserung.  Nach  zwei  Stunden,  ja  sogar  etwas  früher,  war  dieselbe  beendet  und  das 
Nest  sah  aus,   als   ob   es   neu  angefertigt  worden   wäre. 

Ferner  teile  ich  folgende,  von  mir  an  einem  Neste  \on  Bonibus  lapidarms  ange- 
stellten Versuche  mit. 

Nachdem  die  Hummeln  eines  von  mir  mitgebrachten  Nestes  zeitweilig  entfernt 
worden  waren,  brachte  ich  die  Waben  (g.  m.)  in  die  Mitte  der  Kiste  A.B.  (Fig.  98);  darauf 
ließ  ich  die  Hummeln  in  diese  Kiste  und  bedeckte  die  letztere  mit  dem  Brette  a  b  c  d.  Die 
erste  Zeit  über  drang  gar  kein  Licht  in  die  Kiste.  Den  so  vorbereiteten  Zwinger  stellte 
ich  in  der  Weise  neben  das  Fenster,  daß  ich  durch  \"erschieben  des  Brettes  Licht  von 
vorne    und    von    hinten    eindringen    lassen    konnte.     Auf    Fig.   98    ist    das    Brett    ab  cd    so 


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Fig.  98. 

gestellt,  daß  das  Licht  nur  von  der  Seite  s  durch  die  Öffnung  o  in  das  Nest  eindringen 
kann.  In  sehr  kurzer  Zeit  hatten  die  Hummeln  über  den  Waben  eine  Wachsdecke  in  der 
Ausdehnung  k.  e.  m.  errichtet;  so  blieben  die  Dinge  während  eines  Zeitraumes  von 
1V2  Wochen  ohne  jede  \'eränderung.  Nach  Ablauf  dieser  Zeit  verschob  ich  das  Brett 
(ab cd),  wie  dies  auf  Fig.  99  angegeben  ist,  derartig,  daß  das  Licht  nicht  mehr  von  der 
Seite  s,  sondern  von  der  Seite  Si  durch  den  Spalt  Oj  her  in  die  Kiste  eindrang;  sofort 
machten  sich  die  Hummeln  an  die  Arbeit  und  hatten  im  Verlaufe  von  zwei  Tagen  das 
Nest  auf  dieser  Seite  in  der  Ausdehnung  k.  e.  m.  n.  ganz  ausgebessert,  indem  sie  auch  hier 
eine  Decke  aus  Wachs  anfertigten,  in  der  zum  Ein-  und  Ausgehen  spezielle  Öffnungen  an 
der   Seite   angebracht    waren. 

Endlich  habe  ich  bezüglich  der  Ausbesserung  des  Nestes  durch  die  Hummeln  noch 
hinzuzufügen,  daß  die  Art  und  Weise,  wie  eine  solche  Bauarbeit  ausgeführt 
wird,  bei  Indi\iduen  einer  Spezies  die  gleiche,  bei  verschiedenen  Arten 
dagegen   eine   verschiedene   ist. 

So  scharren  die  Hummeln  von  H.  niuscorum  das  Baumaterial  bei  der  Arbeit  mit 
allen  Beinen  paarweise  und  abwechselnd,  mit  dem  ersten  Beinpaare  beginnend,  zusammen, 
wobei  sie  das  Material  mit  jeder  Bewegung  nur  auf  eine  sehr  kurze  Entfernung  hin  weiter- 
schaffen. Die  Kiefern  werden  von  ihnen  bei  dieser  Arbeit  überhaupt  nicht  in  Tätigkeit 
gesetzt.  Dahingegen  bilden  diese  Organe  bei  B.  terrestris  gerade  das  hauptsächlichste 
Werkzeug,    mittelst    dessen    diese    Hummeln    das    Material    von    einer    Stelle    zur    anderen 


-  -     135     — 

tragen;  wodurch  natürlich  der  ganze   Gang  der  Ausbesserungsarbeit  bei  diesen  und  jenen 
Plummehi   ein  durchaus   verschiedener  wird. 

Bei  Bomblis  muscormn  schaffen  die  Individuen  das  Baumaterial  in  der  Weise  nach 
dem  Neste,  daß  sie  das  gesamte  Material  gleichzeitig  in  Angriff  nehmen.  Legt  man  auf 
den  Boden  eines  Zwingers  (Fig.  loo  AB)  offene  Hummelwaben  (mg.)  und  verteilt  dann 
das  Baumaterial  in  einer  gleichmäßigen  Schicht  derart  um  die  Waben  herum,  daß  die 
Blättchen  a,  b,  c,  d,  e,  f  .  .  .  o  in  der  auf  der  Figur  angegebenen  Weise  gelagert  sind,  so 
wird  die  Arbeit  der  Hummeln  in  folgendem  bestehen:  indem  die  Hummel  sich  auf  dem 
Baumaterial  von  den  Waben  mg.  aus  nach  dem  Rande  des  Stockes  zu,  also  nach  o,  Oi 
oder  Oo  bewegt  (den  Kopf  in  der  Richtung  der  Pfeile  haltend),  läßt  sie  alle  auf  ihrem  Wege 
liegenden  Blättchen,  indem  sie  dieselben  unter  sich  scharrt,  zwischen  ihren  drei  Beinpaaren 
hindurchgehen,  eines  nach  dem  anderen,  zuerst  a,  dann  b,  c,  d  u.  s.  w.  Dabei  gelangen 
die  Arbeiterinnen  nicht  alle  gleich  weit  und  nicht  immer  bis  zu  dem  Zwingerrande;  schließlich 
wird  aber  das  gesamte  daliegende  Material  an  das  Nest  herangeschoben.  Wenn  man  den 
Zwinger  am  ersten  und  an  den  darauffolgenden  Tagen  des  Versuches  betrachtet,  so  bieten 
sich  folgende  Bilder.  Auf  Fig.  loi  sehen  wir,  wie  das  Baumaterial  (Mt)  den  ganzen  Boden 
des   Zwingers   in   einer  dünnen   Schicht  gleichmäßig  bedeckt;  in  dem  nächsten  Stadium  der 


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>"                      Mt. 

Fig.   100. 


Fig.   loi. 


Fig.  102. 


Fig    103. 


Fig    105. 


Arbeit  bedeckt  dieses  Material  nur  noch  einen  bestimmten  Teil  des  Bodens  (Mt,  Fig.  102), 
während  die  Dicke  der  Schicht  beträchtlich  zugenommen  hat  (die  mehr  oder  weniger  dunkle 
Färbung  weist  auf  die  Unterschiede  in  der  Dicke  der  Schicht  hin).  Auf  Fig.  103  endlich 
ist  das  gesamte  Material  von  dem  Boden  der  Kiste  zu  den  Waben  hin  verschoben,  die 
davon  ganz  bedeckt  sind  (auf  der  Zeichnung  nicht  angegeben). 

Ein  ganz  anderes  Bild  zeigt  die  Arbeit  bei  Bomhus  terrestris.  Hier  wird  überhaupt 
nicht  das  gesamte  Baumaterial  zum  Neste  geschoben,  da  diese  Hummeln  vielmehr  nur  die 
passenden  Stücke  aus  dem  Materiale  heraussuchen,  und  dieselben  mit  den  Kiefern  fort- 
tragen (Fig.  105).  Mit  dem  für  die  Ausbesserung  des  Nestes  ausgewählten  Gegenstande  an 
den  Waben  angelangt,  legen  die  Hummeln  ihre  Bürde  direkt  auf  den  letzteren  nieder.  Das 
Nest  erhält  dadurch  bald  eine  mehr  oder  weniger  regelmäßige  Gestalt.  —  Eine  andere 
Eigentümlichkeit,  die  ihre  Ausbesserungsarbeit  von  derjenigen  der  oberirdisch  bauenden 
Hummeln  unterscheidet,  besteht  darin,  daß  B.  terrestris  stets  nur  in  einer  Richtung 
vom  Neste  aus  nach  Material  geht,  während  jene  sich  radiär  nach  allen  Seiten  hin  be- 
geben. Dieser  Umstand  läßt  sich  natürlich  dadurch  erklären,  daß  die  normalerweise  unter- 
irdisch bauenden  Hummeln  sich  innerhalb  ihrer  Gänge  stets  nur  in  einer  Richtung  be- 
wegten, um  Material  zu  holen:  unter  künstlichen  Bedingungen  benehmen  sie  sich  ebenso, 
obgleich  es  nun   nicht   den   geringsten   Sinn   mehr  hat. 


—     136     — 

Es  ist  ferner  von  Interesse,  daß  gefangene  jB.  terrestris  zur  Reparatur  ihres  Nestes 
genau  dieselben  Grashälmchen  verwenden,  die  ihnen  zum  Bau  ihrer  unterirdischen  Be- 
hausungen dienen.  Wenn  es  aber  dort  bequem  war,  einen  dünnen  Grashalm  durch  das 
lange  Mäuseloch  zu  schleppen,  der  Instinkt,  solche  Halme  zu  tragen,  also  nützlich  erschien, 
so  kann  er  hier  keineswegs  zweckmäßig  genannt  werden,  indem  nur  sehr  wenig  derartiges 
Material  vorhanden  ist.  Jedenfalls  wäre  es  für  die  Hummeln  in  der  Gefangen- 
schaft bequemer,  das  gerade  zur  Hand  befindliche  Material  zu  verwenden; 
aber  ihr  Instinkt  verweist  sie  eben  auf  ein  bestimmtes  anderes  Material,  und  so  bleibt  es 
dabei  auch  in  der   Gefangenschaft. 


Bevor  ich  die  Beschreibung  der  Hummelnester  und  ihrer  Ausbesserung  beende,  habe 
ich  noch  folgende  Frage  zu  beantworten:  Welche  Rolle  spielt  bei  dieser  gemeinschaft- 
lichen Arbeit  der  Hummeln  die  gegenseitige  Hilfe,  welche  die  „Familien"glieder 
einander  angedeihen  lassen,  und  welche  nach  der  Ansicht  vieler  Autoren  eines  der  wich- 
tigsten Merkmale  für  die  Unterscheidung  der  sozialen  Insekten  von  den  solitären  darstellt 
und  erstere  mit  den   Gesellschaften  des  Menschen   in   nähere    Beziehung   bringt. 

Viele  der  von  mir  bereits  weiter  oben  angeführten  Tatsachen  sprechen  in  recht  beredter 
Weise  dafür,  daß  die  Bautätigkeit  der  Hummeln  nur  aus  dem  Grunde  als  gemeinschaft- 
lich und  mit  gegenseitiger  Hilfeleistung  verbunden  erscheint,  weil  sie  von  den 
Hummeln  am  gleichen  Orte  und  auf  Grund  gleichartiger,  vererbter  Instinkte  ausgeübt  wird; 
in  Wirklichkeit  aber  ist  diese  gemeinsame  Arbeit  wohl  nichts  weiter  als  die  Summe  der  Ar- 
beiten einer  Summe  von  Individuen,  von  denen  jedes  auf  eigene  Gefahr  und  Rechnung 
tätig  ist.   —  Dies  möge  durch  folgende  Tatsachen  weiterhin   erhärtet  werden. 

In  Fig.  io6,  deren  Verständnis  für  den  Leser  notwendig  ist,  habe  ich  zehn  verschiedene 
Momente  aus  der  Baugeschichte  eines  Wachsdaches  (c.ci)  über  einer  Wabenmasse  (m.g.) 
dargestellt.  Diese  Wabenmasse  bestand  aus  fünf  einzelnen  Teilen  (Taf.  I,  Fig.  19,  welche 
denselben   Gegenstand  in  dem   Moment  des  Baues  darstellt,  welcher  auf  der  Fig.  106  durch 

b,  b,  b  .  .  .  wiedergegeben  wird)  gai,  ga»,  ga,,,  gaj,  gas  (der  letztgenannte   unter  dem  Dache 

c.  ci),  die  ich  nebeneinander  auf  den  Boden  des  Zwingers  gelegt  hatte ;  hier  waren  sie  nach 
einiger  Zeit  von  den  Hummeln  durch  wächserne  Querverbände  untereinander  verbunden 
worden.  Auf  Taf.  I,  Fig.  19  sind  dieselben  in  ihrer  natürlichen  dunkelbraunen  Färbung 
dargestellt. 

Die  Überdachungsarbeit  begann  am  Morgen  des  11.  August  oberhalb  der  fünften 
Wabe  (zwischen  A  und  B  in  Fig.  106),  und  die  Linie,  die  das  an  diesem  Tage  Geleistete 
umgrenzt,  habe  ich  auf  Fig.  106  mit  der  Ziffer  i  bezeichnet.  Am  13.  August  war  die 
Arbeit  zwar  außerordentlich  wenig,  aber  dafür  in  sehr  lehrreicher  Weise  vorgeschritten.' 
Auf  Fig.  106  markiert  die  Linie  2  den  Zustand  des  Daches,  wie  er  sich  an  diesem  Tage 
darbot,  und  in  Fig.  107  sind  die  Zustände  des  Daches  vom  11.  und  13.  August  nochmals 
einzeln  dargestellt;  das  Dach  vom  11.  August  ist  hier  durch  die  Buchstaben  A,  D,  C,  B 
bezeichnet,  das  andere  durch  die  Buchstaben  A,  E,  F,  G,  B.  Die  zwei  hier  dargestellten, 
aufeinanderfolgenden  Stadien  der  Arbeit  zeigen  mit  völliger  Klarheit,  daß  die  Hummeln  ihr 
Werk  nicht  gemeinschaftlich   beginnen   und    kontinuierlich    weiterführen;    sondern    während 


—     137     — 


an  einer  Stelle  gebaut  wird,  wird  an  einer  anderen  das  früher  Hergestellte  wieder  zerstört. 
Anfangs  hatte  das  Dach  die  Gestalt  eines  ziemlich  regelmäßigen  Vierecks  A  D  C  B,  allein 
nach  zwei  Tagen  war  ein  Teil  dieses  Vierecks  —  E  D  F  —  verschwunden,  während  der 
Teil  FGC  neu  aufgeführt  worden  war;  hieraus  ergab  sich  ein  Dach  von  der  unregel- 
mäßigen   Form   AEFGCB. 

Auf  welche  Weise  kann  nun  eine  so  merkwürdige,  in  der  Tätigkeit  der  solitären  In- 
sekten bisher  unbekannt  gebliebene  Erscheinung  erklärt  werden?  Wer  verbessert  das  be- 
reits Gemachte ;  wozu  wird  die  Arbeit  in  einer  bestimmten  Richtung  durchgeführt,  um 
morgen  wieder  umgebaut  zu  werden  und  eine  neue  Richtung  zu  erhalten  und  so  fort,  wie 
dies  in  Fig.  io6  an  den  mit  3,  4,  5,  6,  7,  8,  9  und  10  bezeichneten  Umrissen,  die  den  Fort- 
schritt des  Dachbaucs  darstellen,   zu  sehen  ist  ?     Die    Erklärung    hierfür    ist    viel   einfacher, 


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Fig.   106. 


Fig.  107. 


als  es  auf  den  ersten  Blick  den  Anschein  hat,  und  besonders  viel  einfacher  als  bei  einer 
Beurteilung  ad  hominem.  Von  dem  letzteren  Gesichtspunkte  aus  betrachtet  erscheint  die 
Sache  gänzlich  unbegreifbar,  wenn  man  nicht  etwa  „Anleitung  durch  Erfahrenere",  „die 
Fähigkeit,  einander  zu  verstehen  und  durch  Mittel,  die  wir  nicht  kennen,  einander  Mit- 
teilungen zu  machen"  und  dergleichen  mehr  phantastische  Vermutungen  zulassen  will.  Die 
Sache  verhält  sich  vielmehr  folgendermaßen : 

Beobachtet  man  die  Tätigkeit  irgend  eines  einzelnen,  am  Aufbau  eines  Daches  oder 
sonstigen  Ausbesserungen  des  Nestes  beschäftigten  Individuums,  so  überzeugt  man  sich,  daß 
diese  Tätigkeit  eine  von  dem  Individuum  auf  eigene  Gefahr  unternommene  Arbeit,  d.  h.  nur 
eine  Antwort  auf  bestimmte  äußere  Reize  darstellt.  Diese  Tätigkeit  nimmt  keinerlei  Bezug 
auf  die  Interessen  der  anderen  Individuen,  und  dieselbe  als  eine  „soziale"  zu  bezeichnen, 
hat  gerade  so  viel  Sinn,  als  wenn  man  die  Tätigkeit  einer  Blüte  —  als  Aufopferung  im 
Interesse  der  Art  hinstellen  wollte. 

Obwohl  mit  einer  Arbeit  —  der  Aufführung  eines  Daches  —  beschäftigt,  die  nicht 
nur  eine  persönliche,   sondern  eine  soziale  Bedeutung   erlangt,   arbeitet   doch   jede    Hummel 

Zoolnglca.    Heft  46.  18 


—     138 


im  Grunde  genommen  nur  für  sich  selbst,  ohne  Bezugnahme  auf  andere.  Ja,  bei  der  ge- 
meinsamen Arbeit  hindern  die  Hummeln  sich  sogar  gegenseitig,  die  Arbeit  so 
auszuführen,  wie  eine  jede  von  ihnen  sie  für  sich  gemacht  hätte,  und  zwar  um  so  stärker, 
je  größer  die  Zahl  der  gleichzeitig  arbeitenden  Hummeln  ist.  Wenn  nämlich  eine  Hummel 
irgend  eine  Arbeit  aus  Wachs  herstellt,  so  schleppt  sie  zwar  im  allgemeinen  Stückchen 
dieses  Materiales  aus  der  Umgebung  herbei ;  gelegentlich  aber  bricht  sie  dasselbe  irgendwo 
abseits  der  Stelle,  wo  sie  arbeitet,  vom  Dache  ab  oder  aber  von  einer  alten  Zelle  u.  s.  w. 
Doch  habe  ich  nie  gesehen,  daß  eine  Hummel  zu  diesem  Zwecke  ihre  eigene  Arbeit  oder 
den  Wachsaufbau  über  einer  Honigzelle  zerstört  hätte :  letztere  werden  von  den  Arbeiterinnen 
niemals  angerührt.  —  So  kommt  es,  daß  die  Hummeln,  die  den  Vorsprung  F.  G.  C.  ver- 
fertigen, durch  Abbrechen  von  Wachs  die  Ecke  bei  D  zerstören;  diejenigen  Individuen 
dagegen,  die  bei  E.  D.  F.  gearbeitet  hatten,  nehmen  sich  Wachs  von  anderen  Stellen,  auch 
von  F.  G.  C. 

Das  Resultat  einer  derartigen  ,, gemeinsamen  Arbeit"  ist  leicht  verständlich:  wenn 
an  dem  Dachabschnitte  F  G  C  zehn  Hummeln,  an  dem  Abschnitte  E  D  J  dagegen  nur  fünf 
arbeiten,  so  wird  ersterer  zwar  langsam,  aber  immerhin  rascher  fortschreiten  als  der  zweite, 
und  der  Bau  wird  sich  aus  ABCD  in  AEFGCD  verwandeln :  gleichsam  die  mittlere 
Proportionale  aller  Einzelbestrebungen   der  arbeitenden  Individuen. 

Den  Ausschlag  gibt  in  jedem  gegebenen  Momente  die  Mehrzahl  der  Arbeitenden; 
was  jedoch  nicht  etwa  dadurch  erreicht  wird,  daß  die  Individuen  der  Majorität  irgend 
welche  Vorzüge  vor  denen  der  Minorität  besäßen :  alle  Hummeln  sind  vielmehr  in  gleichem 
Maße  unerfahren  (indem  sie  diese  Arbeit  unter  den  gegebenen  lokalen  Bedingungen  alle 
zum  ersten  Male  ausführen)  und  können  auch  in  gleichem  Maße  einer  Anleitung  entbehren 
(indem  sie  dazu  befähigt  sind,  diese  Arbeit  sofort  nach  dem  Verlassen  der  Zelle  und  bei 
völliger  Isolation  zu  leisten).  Der  Grund  für  den  Eintritt  eines  mittleren  Resultates  liegt 
einfach  darin,  daß  stärkere  Schwankungen  des  Instinktes  —  als  extreme  Fälle  —  nur 
bei  der  Minderheit  beobachtet  werden ;  die  Mehrheit  dagegen  besitzt  Instinkte  mittlerer 
Ausbildung,    deren    Wirkungen    daher    als    die   vorherrschenden   erscheinen. 

Ich  will  dies  durch  folgendes  Beispiel  aus  der  Geschichte  der  Spinnen  klarzumachen 
suchen.  Trochosa  singoriiis  baut  Gänge,  deren  Tiefe  ziemlich  beträchtlichen  Schwankungen 
unterliegt.    Wir  können  die  ungleichen   Längenmaße   etwa    in    folgender    Weise    gruppieren.' 


5  Individuen  bauen  einen  Gang  von  i8     cm  Tiefe 


IG 

20 
40 
20 

IG 


22         „ 

26,5     „ 

31         - 

35,5    .. 

40      ,- 

44.5    •• 

Man  erkennt,  daß  diejenige  Tiefe,  die  \  011  der  Mehrzahl  eingehalten  wird,  d.  h.  etwa 
31   cm,  ziemlich  genau  der  mittleren  Gangtiefe  entspricht. 

Eine   im   psychologischen    Sinne   durchaus    übereinstimmende    Erscheinung    sehen    wir 


'  L'industrie  des  Araneina.     Mim.  de  L'Acad.  Imp.  Sc.  St.  Ptjtersb.     VII,  Scr,     T.  .XLII.     No.   ii. 


139     — 


auch  in  der  Tätigkeit  der  Hummeln  bei  der  Anfertigung  des  Wachsdaches  und  anderen 
„gemeinsamen"  Arbeiten. 

Wodurch  wird  denn  nun  die  Tätigkeit  eines  jeden  Individuums  —  außer  dem  all- 
gemeinen Instinkte  —  im  speziellen  geleitet?  —  Hier  kommen  äußere  Faktoren  und 
unter  diesen  zunächst   die   Größe  des  arbeitenden    Individuums    in    Betracht. 

Beobachtet  man  die  Arbeit  der  Hummeln,  so  wird  man  freilich  auf  den  ersten  Blick 
nicht  nur  keine  Abhängigkeit  zwischen  der  Größe  ihres  Körpers  und  der  produzierten 
Arbeit  bemerken,  sondern  sogar  den  Eindruck  bekommen,  als  ob  eine  solche  durchaus 
nicht  bestünde.  Fig.  io8  zeigt  uns  das  Bild  einer  solchen  Arbeit,  von  oben  gesehen; 
c.ce  stellt  die  Wachsdecke  dar.  Die  arbeitende  Hummel  sitzt  nicht  etwa  auf  der  Fläche 
des  Daches  (weder  oberhalb  noch  unterhalb),  sondern  hält  sich  an  dessen  freiem  Rande  bs 
fest.  Auf  diese  Weise  kommt  die  Hummel  während  der  Arbeit  gar  nicht  mit  den  Waben 
in  Berührung,  und  es  hat  den  Anschein,  als  könnten  dieselben  keinen  Einfluß  auf  die 
Arbeit    der    Hummeln    haben. 


bs 


Fig.   io8. 


Fig.   109. 


Richtet  man  sein  Augenmerk  jedoch  nicht  allein  darauf,  wie  die  Hummel  in  dem 
betreffenden  Momente  arbeitet  oder  vor  einer  Stunde  gearbeitet  hat  u.  s.  w.,  sondern  viel- 
mehr darauf,  wie  das  Dach  endgültig,  nach  vielfacher  Umgestaltung  aufgeführt  wird,  so  be- 
merkt man  unschwer,  daß  die  Entfernung  des  Daches  von  den  Waben,  wie  dies  aus  Fig.  109  A, 
B  und  C  hervorgeht,  fast  die  ganze  Zeit  über  die  gleiche  bleibt  und  den  Dimensionen 
der  jeweilig  allergrößten  Arbeiterin  gleichkommt.  Das  Dach  zeigt  Krümmungen 
(a — b,  Fig.  C),  welche  in  gewissem  Grade  den  Krümmungen  der  Wabenoberflächen  (aibi) 
entsprechen;  zuerst  steigt  es  an,  entsprechend  der  Steigung  der  Waben  (Fig.  109 A  c.ce), 
um   sich  darauf   entsprechend   der   Senkung   der  Waben  wieder   zu   senken   (Fig.  C). 

Von  dieser  Regel  kommen  sowohl  scheinbare  als  auch  wirkliche  Abweichungen  vor. 
Ersteren  Fall  sehen  wir  auf  der  Fig.  1 10.  Wird  der  Wachsbau  (c.ce.)  längs  der  vegetabilischen 
Schicht  des  inneren  Nestes  N.i.  aufgeführt,  so  bewegen  sich  die  Hummeln  mit  dem  Materiale 
für  den  Bau  nicht  auf  den  Waben,  sondern  auf  dem  Dache  selbst  fort.  Infolgedessen  tritt 
das  Dach  bald  direkt  an  die  am  meisten  hervorspringenden  Kokons  (coc)  heran  und  findet 
an  ihnen  einen  Stützpunkt,  indem  es  an  ihnen  befestigt  wird,  bald  entfernt  es  sich,  indem 
es  der  Hülle  des  inneren  Nestes  (N.i.)  folgt,  so  weit  von  der  Oberfläche  der  Waben  (ga), 
daß  jeder  Zusammenhang  zwischen  beiden  ganz  verloren  geht. 

Folgende  andere  Abweichung  von  der  erwähnten  Regel  habe  ich  bei  Hummeln  in 
der  Gefangenschaft  beobachtet.     Die   Wabenmasse  (Fig.  iii,  m.g.)  war  in  einer  Kiste,  nahe 


—      140 


an  ck'icn  Wand  (A — B)  untergebracht  worden;  als  die  Hummeln  ein  Wachsdach  (c.ce)  an- 
gefertigt hatten,  erwies  es  sich,  daß  dasselbe  in  demjenigen  Teile  seiner  Ausdehnung,  welcher 
der  Kistenwand  A— B  zugekehrt  war  (c— d),  dieser  Wand  genau  parallel  lief,  und 
daß  die  Entfernung  zwischen  beiden  der  Größe  der  Hummelarbeiterinnen  entsprach. 
Mit  anderen  Worten,  als  der  Gegenstand,  durch  welchen  die  Hummeln  sich  bei  der  Arbeit 
leiten  ließen,  erwiesen  sich  hier  nicht,  wie  sonst,  die  Waben,  sondern  die  Wand  der  Kiste; 
infolgedessen  bildete  sich  bei  B  zwischen  den  Waben  und  dem  Wachsdache  eine  verengte 
Stelle,  die  für  die  Hummeln  unpassierbar  war.  Sobald  jedoch  das  Wachsdach  die  Höhe 
der  Waben  bei  d  erreichte,  veränderte  es  sofort  seine  Richtung  und  wurde  oberhalb  der 
Waben  in  cK'r  Linie  d-  e  weitergeführt,  wobei  nunmehr  die  Waben  die  Rolle  des  den 
Abstand  regulierenden  Gegenstandes  spielten.  —  Solche  untl  iihnliche  Abweichungen  von 
der   Regel   finden    ihre    I^rklärung   in   dieser    Regel    selbst. 


c.c«. 


Fig.  HO. 


Fit; 


Der  in  Fig.  i  lo  abgeljildele  l'all  stellt  überhaupt  keine  eigentliche  Abweichung  dar, 
indem  das  Wachsdach  hier  kein  selbständiger  Teil  des  Nestes  war,  sondern  das  Wachs  nur 
zum  Verkleben  der  \egetabilischen  Teilchen  des  inneren  Nestes  diente  und  sich  natur- 
gemäß diesen  auf   Grund  anderweitiger   Instinkte   geordneten   Teilchen    anschmiegte. 

Was  dagegen  den  Kall  betrifft,  den  ich  im  Zwinger  lieobächtete  (Fig.  iii),  so  läßt 
sich  derselbe  natürlich  dadurch  erklären,  daß  sich  die  Ilummelarbeiterinncn  mit  ihrem  Bau- 
materiale  -  dem  Wachs  —  nicht  auf  ein  und  demselben  Wege  fortbewegten:  die  einen 
gingen  über  ilie  Waben,  die  andern  krochen  an  den  Wänden,  und  da  die  Mehrzahl  sich 
auf  den  Wänden  iortl>ewegtc,  so  bekam  schließlich  das  Wachsdach  die  Gestalt  und  das 
Aussehen,  wie  ich  sie  in  Fig.  1 1 1  wiedergegeben  habe.  Indem  die  Hummeln  an  dem  freien 
Rande  des  Daches  arbeiten ,  \erlieren  sie  dennoch  den  Zusammenhang  mit  den  Waben 
nicht:  sie  gehen  von  dem  Dache  auf  dieselben  hinüber  rmd  umgekehrt.  Hierdurch  wird 
natürlich  der  Umstand  erklärt,  daß  die  Arbeiten  der  Ihunmeln,  als  das  Dach  bis  zu  dem 
Punkte  d  aufgeführt  worden  war,  ihre  Richtung  veränderten,   und   von   d   nach  e  vorgingen. 

\'on  diesen  Schlußfolgerungen  ausgehend,  wird  es  uns  leii  ht  fallen,  jenes  verwickelte 
Netz  der  Fig.  106  zu  verstehen,  die  uns  verschiedene  MomeiUe  der  Aufführung  des 
Wachsdaches  zeigt. 


—     141     — 

Zustand  dos  Daches  am  n.  Auyiist.  Das  Dach  strlli  auf  Fig.  io6,  wo  seine 
Grenzen  durch  die  Ziffer  i,  —  und  auf  Fig.  107  —  wo  sie  durch  die  Buchstaben  ABCD 
bezeichnet   sind,   eine   Platte   von   zicmUch   regehnäßiger   viereckiger  Gestalt  dar. 

Am  13.  August :  dieses  X'iereck  verwandelt  sich  in  eine  unregelmäßige  Figur,  deren 
Grenzen  auf  Fig.  106  durch  die  Ziffer  2,  auf  Fig.  107  dagegen  durch  die  Buchstaben  AEFGCD 
bezeichnet  sind.  Die  Mehrzahl  der  Hummeln  hat  sich  an  einer  Stelle  FGC  vorwärts  be- 
wegt und  dabei  einen  Teil  des  bereits  früher  an  einer  anderen  Stelle  E  D  F  aufgeführten 
Baues  zerstört.  Sodann  stellen  sie  einen  Teil  des  zerbrochenen  Daches  wieder  her  (die 
Grenzen  des  Daches  sind  durch  die  Ziffern  3  bezeichnet")  und  vernichten  jenen  Vorsprung 
(F  G  C),  welcher  zum  Teile  mit  neuem  Wachs,  zum  Teile  auf  Kosten  der  Ecke  des  Daches 
E  D  F  aufgeführt  worden  war. 

In  diesem  Zustande  der  Aufführung  des  Daches  finden  wir  außer  bereits  bekannten 
auch  einen  neuen  Zug,  welcher  jedoch  seinen  Ursprung  in  denselben  Regeln  findet,  von 
welchen  oben  die  Rede  war.  Als  nämlich  das  Dach  den  in  Fig.  106  durch  die  Ziffer  3  mar- 
kierten Umfang  erreicht  hatte,  lag  sein  Rand  schon  nicht  mehr  fest  auf :  er  schwankte, 
da  er  von  dem  Stützi)unkte.  d.  h.  von  der  Linie  A — B,  weit  abstand.  Um  diesem  Miß- 
stände abzuhelfen,  führen  die  Hummeln  Stützplatten  oder  Stützpfeiler  auf.  Die- 
selben sind  auf  Taf.  I,  Fig.  19  dargestellt.  Diese  Stützen  haben  die  Gestalt  dünner  und 
unregelmäßig  gestalteter  Säulchen  oder  Bänder,  welche  von  dem  Rande  des  Daches  auf 
eine  darunterliegende  Zelle  herabgehen.  Ebenso  wie  auch  das  Dach  selbst,  haben  diese 
Stützen  keine  bestimmte  Größe,  indem  sie  im  Gegenteil  beständig  ihre  Lage  und  Gestalt 
verändern.  Bisweilen  bleiben  sie  unterhalb  des  Daches,  bisweilen  aber  werden  sie  an  dessen 
Rand  verlegt,  was   von  der  Gestalt  dieses   Daches   abhängt. 

Auf  den  durch  die  Ziffer  3  bezeichneten  Zustand  des  Daches  folgen  weiterhin  die 
Zustände  4  imd  5.  Der  Bau  des  Daches,  wie  er  sich  ungefähr  in  diesem  Monu-nte  be- 
findet, ist  einzeln  in  Fig.  106  s.S.  dargestellt.  In  diesem  Stadiiun  ist  das  Dach  bereits  mit 
drei  Strebepfeilern  ^b)  versehen;  es  bedeckt  die  eine  der  fünf  untereinander  verbundenen 
Waben  bereits  vollständig,  außerdem  einen  Teil  der  anderen  Waben.  Es  sind  mehrere 
Eingänge  unter  das  Dach  vorhanden,  die  selbst  den  größten  Individuen  der  Familie,  ein- 
schließlich ilcr  Weibclun,  das   l'.inclringen   in   das    Innere  des    Nestes   ermöglichen. 

i'ber  die  weiteren  Details  des  Baues  werde  ich  nicht  mit  der  gleichen  Ausführlich- 
keit reden,  da  diese  stets  ein  und  dieselbe  Erklärung  finden.  Ich  will  nur  erwähnen,  daß 
an  das  Dach,  nachdem  es  die  nnt  der  Ziffer  8  bezeichnete  Gestalt  erhalten  hatte,  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  zwei  Flügel  angebaut  wurden,  von  welchen  der  eine  mit  9,  der  andere 
mit  IG  l)ezeiclnK't  ist.  Auf  diesem  Stadium  blieb  der  Ausbau  des  Daches  stehen:  es  war 
die  Zeit  eingetreten,   wo  die   Arbeiten   der   Hummeln  ganz  aufhörten. 

Die  Arbeit  der  Hummeln  repräsentiert  demnach  nicht  ein  gemein- 
s a m es  und  zu  g e m e  i n n  ü  t  z i  g e m  Zwecke  a  u  s  g  e  f  ü  h  r  t  e  s  W  e  r  k ,  sondern  ein- 
fach die  Arbeit  einiger  oder  \'  i e  1  e  r ;  sie  wird  von  jedem  auf  seine  Weise  be- 
trieben und  ergibt  schließlich  aus  Gründen,  die  von  keinem  der  einzelnen 
Teilnehmer  abhängig  sind,  infolge  der  .Ähnlichkeit  der  Instinkte,  deren 
Gebot    diese   vielen    unterworfen    sind,    etwas    Ganzes,    Einheitliches. 


142 


Nachstehend  noch  ein  Beispiel,  das  die  Richtigkeit  des  Gesagten  auch  in  Kleinig- 
keiten  bestätigt. 

In  einem  ziemlich  zahlreich  bevölkerten  Neste  von  Bombus  lapidarius  wurde  am 
3.  August  in  der  aus  Wachs  verfertigten  Decke  des  Daches  eine  Öffnung  (Fig.  112  A) 
angebracht,  deren  Durchmesser  der  Dicke  eines  großen  Weibchens  entsprach.  Die  Öffnung 
hatte  unregelmäßig  geformte  Ränder  und  war  augenscheinlich  zum  Herauskriechen  ange- 
bracht worden,  denn  sie  war  die  4.  oder  5.  ihrer  Art,  und  die  früher  angelegten  dienten  als 
beständige  Eingänge  (Fig.  112  o  und  Oj).  Am  4.  August  wurde  die  angebrachte  Öffnung 
sehr  sorgfältig  verschlossen ;  der  Verschluß  hatte  das  Aussehen  einer  aus  konzentrisch  an- 
geordneten Kreisen  bestehenden  Oblate  (Fig.  113,  nat.  Größe),  wobei  die  Kreise  auf  den 
Gang  der  Arbeit  hinwiesen.  Die  Oblate  selbst  war  leicht  zu  bemerken,  indem  das  Wachs, 
aus  welchem  sie  bestand,  bedeutend  heller  war,  als  das  zur  Einrichtung  des  Daches  verwendete 
Wachs.  Am  5.  August  zeigte  sich  an  Stelle  der  angefertigten  Oblate  eine  neue  Öffnung, 
welche  diesesmal  sehr  regelmäßig  in  der  früher  aufgelegten  Oblate  angebracht  worden  war 


Fig.   112. 


Fig-   113- 


Fig.  114. 


und  einen  kleineren  Durchmesser  zeigte,  als  diese  letztere.  Am  6.  August  erwies  sich  die 
Öffnung  von  neuem  sorgfältig  verschlossen  (Fig.  114);  in  diesem  Zustande  verblieb  sie  bis 
zum   7.;    in  der  Nacht  des  8.  wurde  wiederum   eine    Öffnung   angebracht    u.  s.  w. 

Es  ist  klar,  daß  die  Anbringung  einer  Ausgangsöffnung  an  irgend  einer  Stelle  des 
Nestes  nicht  das  Werk  aller  ist  und  keinesfalls  gemeinsam  beschlossen  wird,  wie  man  dies 
erzählen  hört,  sondern  daß  dieselbe  von  jedem  einzeln,  auf  eigene  Gefahr  und  für  sich 
selbst  ausgeführt  wird :  die  einen  machen  eine  Öffnung,  die  anderen  machen  sie  \\ieder  zu, 
bis  sich  die  Minderzahl  an  dieselbe  gewöhnt,  und  zwar  unbedingt  die  Minderzahl,  da  die 
Mehrzahl   häufiger  etwas  schaffen   wird,   als   die  Minderzahl  es  umändert. 

Alle  diese  Tatsachen ,  zu  denen  noch  Hunderte  von  analogen  hinzugefügt  werden 
können,  weisen  mit  vollster  Klarheit  darauf  hin,  daß  bei  den  Hummeln  keine  ge- 
meinsame Arbeit  zu  finden  ist,  in  dem  Sinne  wie  es  die  Autoren  verstehen, 
welche  die  Erscheinung  der  gegenseitigen  Hilfeleistung  bei  den  Hummeln  und  anderen  ge- 
sellig lebenden  Insekten  beschrieben  haben.  In  Wirkhchkcit  unterscheidet  sich  diese  ihre 
„gemeinsame"  Arbeit  in  keiner  Weise  von  der  Arbeit  solitärer  Arthropoden,  selbst  derartig 
typisch  solitärer,  wie  es  die  Spinnen  sind. 

In  meiner  Arbeit  „L'industrie  des  Arancina"  habe  ich  auf  die  Bauten  nistender  Attus 
cupreus  Th.  hingewiesen.  Bei  diesen  Spinnen  richtet  eine  jede  ihr  besonderes  Nest  ein 
(Fig.  115,  N  I,  2,  3,  4),  und  zwar  genau  nach  demselben  „Plane",  den  die  Spinnen 
auch  dann  befolgen,   wenn  eine  Anzahl  zusammen   nistender   über   allen    Nestern    noch   ein 


—     143 


gemeinsames  schützendes  Plättchen  aus  Spinngewebe  anbringt  (Fig.  115,  k),  an  dessen  An- 
fertigung alle  Eigentümer  der  an  der  betreffenden  Stelle  gelegenen  Nester  teilnehmen. 
Indem  ich  eine  derartige  Erscheinung  der  „Mitarbeiterschaft"  bei  den  Spinnen  in  ihrem 
gemeinschaftlichen  Leben  erstmals  beschrieb,  wies  ich  nach,  daß  ein  solches  Schutzplättchen, 
trotz  seines  zweifellosen  Nutzens,  dennoch  ohne  die  geringste  Spur  von  einem  Verständnis 
für  diesen  Nutzen  angelegt  wird.  Die  gemeinschaftliche  Arbeit  der  Hummeln  bei  der  Ein- 
richtung und  Ausbesserung  des  Nestes  unterscheidet  sich  in  Bezug  auf  den  Charakter 
und  die  psychologische  Bedeutung  der  Arbeit  jedes  einzelnen  Individuums  durchaus  nicht 
von  dem,  was  wir  in  der  Arbeit  einer  zufälligen  Ansammlung  von  Spinnen  beobachten; 
indem  sie  an  einem  Werke  arbeitet,  welches  schließhch  nicht  allein  eine  individuelle, 
sondern  auch  eine  „soziale"  Bedeutung  erhält,  arbeitet  eine  jede  Hummel  eigentlich  nur 
für   sich   selbst,   ohne  jegliche    Beziehung  zu  anderen    Beweggründen. 


Fig.  115. 


Ist  eine  Hummel  mit  der  Ausbesserung  des  Nestes  allein  und  in  vollkommener 
Ruhe  beschäftigt,  so  bestehen  ihre  Bewegungen,  welche  auf  der  Fig.  116  ganz  genau 
wiedergegeben  sind,  in  folgendem.  Die  Zeichnung  wurde  in  dem  Momente  begonnen,  als 
die  Hummel  sich  auf  dem  Punkte  A  befand.  Von  da  aus  kroch  sie  rasch  zum  Punkte  o; 
von  hier  aus  begab  sie  sich  zu  dem  Platze,  wo  die  Ziffer  2  steht,  indem  sie  auf  dem  ganzen 
Wege  vegetabilisches  Material  des  Nestes  unter  sich  scharrte,  wie  dies  weiter  oben  be- 
schrieben wurde.  Von  dem  Punkte  2  ging  die  Hummel  wiederum  zu  dem  Punkte  o,  von 
hier  nach  3  u.  s.  w.,  wie  dies  auf  Fig.  116  abgebildet  ist.  So  ungefähr  sehen  die  während 
der  Reparatur  des  Nestes  ausgeführten  Bewegungen  aus,  wenn  die  Hummel  allein,  unge- 
stört und  mit  vollständiger  Ruhe  arbeitet.  Die  Bedeutung  dieser  Bewegungen  ist  vollkommen 
klar  und  ihr  erblich  fixierter  Plan  sehr  einfach:  nachdem  die  Hummel  durch  das  Licht 
an  diejenige  Stelle  gerufen  worden  ist,  wo  die  Ausbesserung  erfolgen  soll,  und  diese  Stelle 
als  Mittelpunkt  angenommen  hat,  geht  sie  von  diesem  Mittelpunkte  radiär  nach  allen  Seiten 
und  rollt  Gegenstände,  die  sich  leicht  vom  Platze  bewegen  lassen,  nach  dem  zentral  ge- 
legenen Punkte  hin.  Auf  diese  Art  wird  der  Zweck  der  Arbeiten  eines  Individuums  auf 
die   allerbeste   Weise    erreicht. 

Anders  verläuft  jedoch  die  Sache,  wenn  es  der  arbeitenden  Hummeln  sehr  viele  sind 


—     144     — 

und  wenn  sie,  sich  gegenseitig  in  Aufregung  setzend  (Psychologie  der  Menge),  sich  stoßend 
und  hastend  ein  und  dieselbe  Arbeit  durch  gleichzeitige  Bemühungen  vieler  ausführen.  Sie 
irren  sich  fortwährend,  beendigen  das  Angefangene  nicht,  beginnen  die  Arbeit  von  neuem 
an  einer  anderen  Stelle,  beendigen  sie  wiederum  nicht,  fangen  sie  an  einer  dritten  Stelle 
an  etc.  etc.  etc.  So  kommt  es,  daß  wenn  man  das  Verhältnis  der  von  der  einzelnen  Hummel 
aufgewandten  Mühe  zu  dem  erzielten  Resultate  mit  3:1  annimmt,  bei  Ausführung  des 
gleichen  Werkes  durch  gemeinsame  Arbeit  dieses  Verhältnis  mit  9 ;  i  angegeben  werden 
muß.  Die  „gemeinsame"  Arbeit,  wobei  die  einzelnen  Glieder  der  Familie  sich  gegenseitig 
„Hilfe"  leisten,  ergibt  nicht  nur  keine  Beschleunigung  in  der  Erzielung  der  Resultate,  son- 
dern sie  verlangsamt  dieselbe  sogar  in  beträchtlicher  Weise.  Aus  dem,  was  oben  über  die 
Bedeutung  und  den  Sinn  der  geselligen  Arbeit  der  Hummeln  gesagt  wurde,  begreift  man 
in  klarster  Weise,  woher  sich  dieses  so  verhält:  die  Arbeit  der  einen  Hummel  wird  durch 
eine  andere  fortwährend  verändert,  dann  durch  eine  dritte  u.  s.  w. ;  „aus  den  Händen  der 
letzten"  geht  sie  demnach  anders  hervor,  als  wenn  sie  so  geblieben  wäre,  wie  sie  von  der 
ersten  Hummel  ausgeführt  wurde;  die  Tatsache  selbst  eines  solchen  umgekehrten  Verhält- 
nisses der  kollektiven  Arbeit  zur  Einzelarbeit  ist,  im  Hinblick  auf  den  Zeitgewinn  und  die 
Summe  des  zustande  Gebrachten,  äußerst  lehrreich.  Argumentiert  man  ad  hominem  (und 
die  Tätigkeit  sozialer  Insekten  wird  ja  meistenteils  in  dieser  Weise  abgeschätzt),  so  erscheint 
ein  solches  Verhalten  unbegreiflich.  Wenn  ein  Pferd  in  einer  Zeiteinheit  100  Kilogramm 
um  I  Meter  fortbewegt,  so  bewegen  zwei  Pferde  in  derselben  Zeiteinheit  unter  gleichen 
Bedingungen  dieselbe  Last  um  2  Meter,  und  man  sollte  meinen,  daß  wir  bei  den  Hummeln 
ein  analoges  Verhalten  finden  müßten.  Hier  zeigt  sich  aber  gerade  das  Gegenteil:  je 
größer  die  Zahl  der  arbeitenden  Individuen  und  je  mehr  dieselben  einander  helfen,  desto 
langsamer  geht,  bis  zu  gewissen  Grenzen  und  relativ  gesprochen,  die  Arbeit  vor  sich.  Aber 
wir  kennen  jetzt   die   Ursache  dieser  seltsamen  Erscheinung. 

Kapitel  V. 

Über  den  „gemeinsamen"  Angriff  und  die  „gemeinsame"  Verteidigung 
der  Familie  in  der  Gefahr  (Massenbewegungen). 

Bei  der  Selbstverteidigung  und  der  Verteidigung  ihres  Nestes  verfahren  die  Hummeln 
nach  zweierlei  streng  voneinander  zu  unterscheidenden  Methoden.  Im  einen  Falle  liegt  klar 
am  Tage,  daß  dabei  jegliche  gegenseitige  Hilfeleistung  fehlt.  Im  anderen  findet  eine  solche, 
wenigstens  auf  den  ersten  Blick,  ebenso  zweifellos  statt ;  sind  doch  Fälle  verzeichnet  worden, 
wo  Individuen  von  Bomhus  lapidarius  sich  so  einmütig  und  in  solcher  Masse  auf  er- 
wachsene, ihre  Waben  bedrohende  Menschen  stürzten,  daß  diesen  nichts  anderes  übrig  blieb, 
als  ihr  Heil  in  der  Flucht  zu  suchen. 

Ich  beginne  mit  der  Darstellung  derjenigen  Fälle,  in  denen  die  sich  verteidi- 
genden Hummeln  selbständig  handeln,  und  gebe  zunächst  eine  Beobachtung  mit 
denselben  Worten  wieder,  mit  denen  ich  sie   in  mein  Notizbuch   eingetragen   habe. 

Bei  Sonnenuntergang  geriet  eine  Hummel  von  Bomhus  hortornm  in  ein  Nest  von 
Bomhus  lapidarius ;  sie  hielt  sich  daselbst  abseits,  kroch  unter  eine  Wabe,  als  sie  aber  später 


—     145 


wieder  zum  Vorschein  kam,  wurde  sie  sofort  von  einer  der  Insassinnen  des  Nestes  ange- 
griffen. Dieser  Angriff  war  jedoch  mehr  hastig  als  ernst  gemeint,  sie  trieben  sich  zwischen 
den  Blättchen  herum,  zuerst  summte  der  Fremdling,  dann  die  angreifende  Hummel,  und 
alles  beruhigte  sich  wieder.  Hier  wie  in  ähnlichen  Fällen  war  von  einer  gemeinsamen  Ver- 
teidigung des  Nestes  durch  die  Hummeln  keine  Rede :  zuerst  macht  sich  die  eine  zu 
schaffen  und  geht  darauf  davon,  später  eine  andere,  wenn  sie  zufällig  ebendahin  ge- 
rät, und  das   Spiel  geht  von  neuem  los.        "j    '        ! 

Mit  besonderer  Deutlichkeit  tritt  die  Hilflosigkeit  der  Hum- 
meln, die  aus  dem  Fehlen  gegenseitiger  Hilfeleistung  bei  der  Ver- 
teidigung des  Nestes  resultiert,  auch  in  der  Geschichte  ihrer  sehr 
umfangreichen  und  mannigfaltigen  Beziehungen  zu  den  Para- 
siten  zutage,  deren  es  in  den  Hummelnestern   unzählige  gibt. 

So  kommt  es  zum  Beispiel  vor,  daß  eine  Hummel  mit  einer 
ungewohnten  Last  langsam  vom  Felde  in  das  Nest  zurückkehrt : 
an  ihrem  Rüssel,  fest  mit  Hilfe  der  Kiefer  angeklammert,  sitzt 
ein  Käferchen,  Antherophagus  nigricornis  Fabr.  (Fig.  117),  das 
übrigens,  wie  hier  bemerkt  werden  mag,  regelmäßig  auf  solche 
Weise  in  das  Nest  gelangt.  Die  Hummel  scheint  offenbar,  wenn 
nicht  Schmerz,  so  doch  bedeutendes  Unbehagen  zu  empfinden; 
sie  kriecht  auf  den  Waben  des  Nestes  herum,  streckt  den  Rüssel 
hervor,  macht  eine  Reihe  von  Bewegungen,  um  die  Bürde  abzu- 
werfen, jedoch  alles  umsonst.  Es  bewegen  sich  Hummeln  an  ihr 
vorbei,  welche  sie  ,, zärtlich"  mit  ihren  Antennen  befühlen  und  so- 
dann vorbeigehen :  nicht  die  geringste  Spur  einer  dem  ,, Kame- 
raden" geleisteten  Hilfe,  nicht  der  geringste  Versuch,  bei  der  Ver- 
teidigung gegen  den  gefährlichen  Feind  Unterstützung  angedeihen 
zu  lassen.  Und  gefährlich  ist  er  in  der  Tat,  denn  aus  den  von 
dem  Käfer  abgelegten  Eiern  schlüpfen  Larven  aus,  die  enorme  Verwüstungen  im  Neste 
anrichten  werden,  indem  sie  sowohl  das  Wachs   wie   auch   die    Kokons   vernichten. 

Noch  deutlicher  geht  das  vollständige  Fehlen  einer  Hilfeleistung  gegen  Parasiten  aus 
folgendem  hervor.  Die  Raupen  der  Bienenmotte  (Galleria  melonella)  zerstören  das  Nest 
der  Hummeln  bis  auf  den  letzten  Rest  und  machen  schHeßlich  die  erwachsenen  Hum- 
meln zu  Krüppeln,  indem  sie  die  Härchen,  die  ihren  Körper  bedecken,  abreißen.  Eine 
Ansammlung  solcher  Raupen  trägt  stets  den  Sieg  über  den  „Staat"  der  Hummeln  davon, 
ungeachtet  der  furchtbaren  Bewaffnung  der  „Bürger  dieses  Staates".  Die  Erklärung  dieser 
Erscheinung  ist  wiederum  darin  zu  suchen,  daß  die  Hummeln  weder  zu  gemeinsamer 
Arbeit,  noch  zu  gemeinsamer  Verteidigung  und  gemeinsamem  Angriff  befähigt  sind.  Wären 
die  Hummeln  imstande,  einander  Hilfe  zu  leisten,  so  könnten  sie  die  Raupen  nicht  nur 
beim  Beginn  ihrer  Tätigkeit,  sondern  zu  jeder  beliebigen  Zeit  ohne  weiteres  vernichten. 

Der  solitäre  Charakter  der  Verteidigung  tritt  auch  im  typischen  Verhalten  der  einzelnen 
Hummel  zutage.  Die  Behauptung,  die  Hummeln  ertrügen  alles  LIngemach  „sans  jamais 
songer  ä  defendre  leur  demeure,  ni  tourner  leur  colere  contre  celui  qui  vient  les  tour- 
menter"   (Perez),   ist   unbedingt   unrichtig.        Diesen    Irrtum    wiederholen    die    Autoren    nach 

Zoologica     Ueft  46. 

19 


Fig.   117. 


—     14G     — 

ReaumuTj  und  er  läßt  sich  dadurch  erklären,  daß  die  Hummeln  viel  lieber  zu  der 
Verteidigung  ohne  Angriff  schreiten,  indem  sie  an  Ort  und  Stelle  bleiben,  statt  aktiv  vor- 
zugehen. Indem  ich  mich  auf  Reaumur  verließ,  welcher  kategorisch  erklärt,  daß  „il  n'y 
en  a  jamais  eu  un  seul  qui  m'ait  pique,  quoique  j'aie  mis  sens  dessus  dessous  des  cen- 
taines  de  nids",  habe  ich  mehr  als  einmal  schwer  für  mein  \'ertrauen  büßen  müssen. 
E.  Hoff  er  hat  vollständig  recht,  indem  er  behauptet,  daß  die  Hummeln  sich  nicht  nur 
bei  der  Zerstörung  ihres  Nestes  verteidigen,  sondern  auch  zum  Angriffe  übergehen,  be- 
sonders wenn  das   Volk   zahlreich   ist. 

Den  Umstand,  daß  die  Hummeln  selten  stechen,  erklärt  Perez  dadurch,  daß  bei  der 
Lage  ihres  Stachels  Stiche  nur  in  ganz  bestimmter  Richtung,  und  zwar  von  unten  nach 
oben  ausgeführt  werden  können,  weswegen  einige  Zeit  erforderlich  ist,  um  die  gewünschte 
Lage  einzunehmen.  Diese  Erklärung  ist  meiner  Ansicht  nach  eine  recht  mißlungene,  indem  die 
Sache  so  dargestellt  wird,  als  w-ären  die  Verwundungen  durch  Hummeln  aus  dem  Grunde  selten, 
weil  die  Lage  ihres  Stachels  nicht  zweckmäßig  ist.  Die  Lage  ihres  Stachels  ist  im  Gegenteile 
bemerkenswert  \- ollkommen  an  diejenige  Art  der  Verteidigung  angepaßt, 
welche  sie  am  häufigsten  anzuwenden  gezwungen  sind,  d.  h.  an  ihre  typische 
nicht   aktive   Verteidigung :    nicht  den  Angriff,   sondern  die   passive  Einzelverteidigung. 

Da  sich  das  Nest  der  Hummeln  auf  der  Erde  (oder  unter  derselben)  befindet,  so  läßt 
sich  dasselbe  natürlich  am  besten  nicht  etwa  von  oben  und  nicht  von  der  Seite  aus,  sondern 

gerade  von  unten  nach  oben  verteidigen.  Aus  diesem  Grunde  strömen 

<^  y -.*  die  Hummeln  bei  der  ersten  Beunruhigung  aus  dem  Neste  und  lagern 

\^Ly  \  sich   auf  demselben,    wobei    sie   lautlos   und   bewegungslos    auf   dem 

/    yi^B^    \  Rücken  daliegen,  wie  dies  auf  Fig.  ii8  abgebildet  ist,  und  zwar  mit 

d   -^.  ^^  ^=  'we'it  ausgebreitetem  hinterem   und  mittlerem   Beinpaare,   welche   sich 

an  den  Punkten  a,  b,  c,  d  auf  das  Nest  stützen,  wie  dies  auf  der  Zeich- 

Fig.   iiS. 

nung  angegeben  ist,  das  vordere  Beinpaar  an  den  Körper  angepreßt 
und  das  Abdomen  in  derjenigen  Lage  haltend,  bei  welcher  der  Stich 
nach  allen  Seiten  hin  ausgeführt  werden  kann  und  zwar  mit  erstaunenswerter  Kunstfertig- 
keit. Das  kleine  Nest  der  Hummeln  stellt  in  diesem  Augenblick  eine  wohlverteidigte,  von 
lebenden  Bajonetten  dicht  besäte  Festung  dar.  Solche  Hummelnester  konnte  ich  nur  so 
nach  Hause  tragen,  daß  ich  irgend  einen  Gegenstand  von  unten  her  unter  das  Nest  schob; 
von  oben  her  bedeckte  ich  es  mit  einem  Tuche,  damit  die  Hummeln  unterwegs  nicht  fort- 
fliegen konnten.  Den  Finger  einem  solchen  Tuche  nähern,  bedeutet  so  viel  als  mit  Sicher- 
heit gestochen  zu  werden.  —  Die  Lage  des  Hummelkörpers,  welcher  fest  und  beharrlich 
auf  den  Punkten  a,  b,  c,  d  ruht,  die  gewandten  und  raschen  Bewegungen  des  Abdomens 
stempeln  diese  Verteidigungsweise   der   Hummeln  zu  einer  wahrhaft   idealen. 

Der  auf  die  Verteidigung  des  Nestes  gerichtete  Instinkt  kann  bei  den  Hummeln  be- 
reits am  ersten  Tage  ihres  Lebens  beobachtet  w-erden.  Er  tritt  zu  dieser  Zeit  in  seinen 
beiden  typischen  Formen  zu  Tage:  dem  warnenden  Summen,  wenn  die  Beunruhigung 
nicht  groß  war,  und  dem  Einnehmen  einer  defensiven  Stellung  zur  Einzel- 
verteidigung des   Nestes,    wenn   die   Beunruhigung  bedeutend  war. 

Das  warnende  Summen  klingt  sehr  drohend,  namentlich  wenn  das  Volk  zahlreich 
ist.    Mehr  als  einmal  habe  ich  Hummeln  während  einer  derartigen   Beunruhigung  beobachten 


—     147     — 

können.  Die  einen  Hummeln  summen,  indem  sie  sich  auf  ihren  Beinen  erheben  und  auf 
der  Stelle  bleiben,  andere  laufen  unruhig  umher,  indem  sie  fortwährend  ihre  Flügel  bewegen. 
Wenn  auch  dieses  warnende  Summen  in  einzelnen  Fällen  statt  Nutzen  zu  bringen  sich  als 
schädlich  erweist,  indem  es  Feinden  die  Anwesenheit  der  Hummeln  verrät,  so  kann 
man  doch  keinen  Augenblick  daran  zweifeln,  daß  in  der  Mehrzahl  von  Fällen  das  Summen 
Nutzen  bringt,  da  anderenfalls  diese  instinktive  Methode  der  Selbstverteidigung  nicht  durch 
die   Auslese  fixiert  worden  wäre. 

Neben  der  soeben  beschriebenen  solitären  Verteidigungsart  der 
Hummeln  gibt  es  zweitens  eine  „gemeinschaftliche"  Verteidigung  und 
einen    ,,gemeinschaf tlichen"   Angriff. 

Man  kann  dieselbe  dadurch  hervorrufen,  daß  man  etwas  Honig  in  den  Beobachtungs- 
zwinger tut.  Fliegt  eine  Hummel  auf  diesen  Honig,  und  man  verjagt  dieselbe,  so  wird  sie 
etwas  „gereizt"  in  der  Nähe  umherfliegen.  Die  Aufregung  wächst  im  direkten  Verhältnis 
zu  der  Zahl  der  auf  dem  Honig  befindlichen  Individuen  der  Hummel-„Familie",  in  deren 
Stock  der  Honig  angebracht  wurde,  und  kann  zuletzt  in  einen  offenen  Angriff  übergehen. 
—  An  diesem  einfachen  Versuche  kann  man  den  Übergang  von  der  Tätigkeit  der  ein- 
zelnen Hummel  zu  dem  „gemeinsamen  Flandeln  der  Familie"  in  genauer  Aufeinanderfolge 
beobachten. 

Hier  tritt  also,  wie  wir  sofort  näher  auseinandersetzen  werden,  ein  neuer  Faktor  in 
die  Rechnung  ein:  die  Masse.  Und  wir  müssen  uns  klar  werden,  ob  dieses  Massen- 
verhalten, der  Massenangriff  der  „sozialen"  Insekten  dasselbe  darstellt, 
was  wir  bei   Massenangriffen  höherer  Säugetiere  sehen,  oder  etwas  anderes? 

Die  Autoren  nehmen  an,  i)  daß  Massenbewegungen  zum  Zweck  der  Verteidigung 
und  des  Angriffs  unter  den  wirbellosen  Tieren  nur  bei  den  „sozialen"  Insekten  be- 
obachtet werden,  2)  daß  diese  Bewegungen  der  „sozialen"  Insekten  nur  bei  der  Ver- 
teidigung und  dem  Angriffe  zu  Tage  treten,  endlich  3j  daß  diese  Bewegungen  typisch 
soziale  Erscheinungen  darstellen,  welche  durch  das  Gefühl  des  Altruismus  und  der 
gegenseitigen  Hilfeleistung  zwischen  den  einzelnen  Gliedern  der  Masse  hervorgerufen  werden, 
oder  mit  anderen  Worten :  daß  die  Massenbewegungen,  welche  bei  den  sozialen  Insekten 
beobachtet  werden,  nach  ihrer  psychologischen  und  biologischen  Bedeutung  mit  den  Massen- 
bewegungen in  der  menschlichen  Gesellschaft  übereinstimmen.  Aus  diesem  Grunde  bleibt 
die  Rolle  der  Masse,  als  ein  Faktor,  welcher  in  Abhängigkeit  \on  ihrem  Umfange  geeignet 
ist,  die  Energie  der  die  Masse  zusammensetzenden  Individuen  (in  bedeutenderem  oder  ge- 
ringerem Grade)  zu  heben,  in  den  meisten  Fällen  ohne  Erklärung.  So  weist  zum  Beispiel 
Friese,  indem  er  von  derartigen  Bewegungen  bei  den  Bienen  spricht,  darauf  hin,  daß  „ihre 
Masse  ihnen  den  Mut  gab",  ohne  des  näheren  zu  untersuchen,  warum  sich  dieses  so  ver- 
hält, und  was  dieser  „Mut"  bedeutet.  In  den  Fällen  aber,  wo  die  Autoren  eine  Erklärung 
versuchen,  liefern  sie  doch  in  Wirklichkeit  weiter  nichts,  als  ausführliche  Beschreibungen 
der  Erscheinung ;  solche  Beschreibungen  aber  führen  den  Leser  in  einen  Kreis  von  Un- 
ergründlichkeiten hinein,  etwa  so  mystisch,  als  wenn  von  den  Verdiensten  der  Bienen  um 
die    Korrektur   von    Logarithmentafeln   die    Rede  wäre. 

Ein  starkes  Bienenvolk,  so  lesen  wir  zum  Beispiel  in  einer  derartigen  Beschreibung, 
fällt  über  ein  schwaches  Volk  her,  um  es  zu  berauben,  tötet  bisweilen  die  Königin  und  be- 


—     148     — 

ginnt  zu  wirtschaften,  als  wäre  es  bei  sich  zu  Hause.  Hieraus  ergibt  sich  die  Vorstellung, 
als  handele  es  sich  nicht  etwa  um  die  Tätigkeit  von  Insekten,  sondern  um  eine  solche  von 
mit  höchstem  Verstand  begabten  Geschöpfen,  welche  , .gleich  kleinen  Bismarcks  und  Moltkes 
—  nachdem  sie  ihre  Stärke  weise  geprüft  und  mit  derjenigen  des  Gegners  verglichen  haben 
und  zu  der  Überzeugung  gelangt  sind,  daß  ihr  Staat  demjenigen  des  Nachbars  an  Stärke 
überlegen  ist  —  einsehen,  daß  sie  mit  Aussicht  auf  Erfolg  den  letzteren  angreifen,  seine 
Vorräte  annektieren  und  deren  Beschützer  töten  können",  wie  in  den  anekdotenhaften  Er- 
zählungen zu  lesen  ist,  welche  Romanes  unter  dem  Titel  „Animal  Intelligence"  (siehe  die 
französische  Ausgabe  von  Varigny  „L'evolution  mentale  chez  les  animaux,  1884)  zusammen- 
gestellt hat. 

Eine  ganz  ähnliche  „Erklärung"  finden  wir  auch  in  Bezug  auf  die  Bedeutung  und 
Rolle   der   „Masse"    im   Ameisenstaate.     So   schreibt    Forel   unter   anderem   folgendes:' 

„Der  Mut  einer  jeden  Ameise  wächst  im  Verhältnis  zu  der  Anzahl  ihrer  Kameraden  oder 
Freunde  und  verringert  sich  ebenso  in  dem  Maße,  als  sie  isoliert  ist.  Eine  Ameise  aus  einem  individuen- 
reichen Ameisenneste  ist  viel  kühner  als  eine  solche,  welche  in  einem  an  Individuen  armen  Neste  lebt. 

Dieselbe  Ameisenarbeiterin,  welche  inmitten  ihrer  Genossinnen  sich  nicht  davor  fürchtet  zehn  Mal 
getötet  zu  werden ,  erweist  sich ,  wenn  sie  allein  und  20  Schritte  von  ihrem  Neste  entfernt  ist,  als  feige, 
vermeidet  die  geringste  Gefahr  und  wird  sich  auch  vor  einer  ihr  an  Kräften  bedeutend  nachstehenden 
Ameise  durch  Flucht  zu  retten  suchen." 

Hier  begegnen  wir  sowohl  „Kameraden",  als  auch  „Freunden",  der  Bereitwilligkeit  zu 
sterben  und  allerhand  Ungereimtheiten  der  anthropomorphistischen  Anschauungsweise,  welche 
nicht  nur  selbst  keine  Erklärungen  gibt,  sondern  systematisch  alle  wissenschaftlichen  Er- 
klärungen unmöglich  macht:  mit  ebensoviel  Berechtigung  und  Grund,  wie  Forel  behauptet, 
den  Ameisen  wäre  der  Gedanke  an  den  Tod  zugänglich,  könnte  dieser  Autor  auch  be- 
haupten, ihnen  wären  die  literarischen  Produkte  Shakespeares  bekannt !  Jedenfalls  halte  ich 
es  nicht  für  notwendig,  derartige  Betrachtungen  überhaupt  zu  diskutieren.  Analogisierung 
der  Handlungen  einer  Ameise  mit  denjenigen  der  Menschen  kann  nun  und  nimmer  eine 
Erklärung   sein. 

Es  ist  ja  nicht  schwer  nachzuweisen,  daß  alle  diese  Ansichten  der  Autoren  gleich  weit 
entfernt  von  der  Wahrheit  sind.  Tatsachen  liefern  nämlich  den  Beweis:  i)  daß  Massenbe- 
wegungen nicht  nur  bei  den  sozialen,  sondern  auch  bei  solitären  Insekten  beobachtet 
werden;  2)  daß  die  Wirkung  der  Masse  auf  die  Hummeln  (und  zweifellos  auch  auf  alle 
sozialen  Insekten)  sich  durchaus  nicht  auf  Fälle  des  Angriffs  und  der  Verteidigung  be- 
schränkt und  3)  daß  diese  Bewegungen  bei  den  Hummeln  (u.  a.  sozialen  Insekten)  keinerlei 
Elemente  der  Geselligkeit  aufweisen,  während  der  psychologische  und  biologische  Sinn 
der  Bewegungen  sehr  weit  von  dem  entfernt  ist,  den  die  Massenhandlungen  der  mensch- 
lichen und  tierischen   Gesellschaften  aller   Stufen   enthalten. 

Ich  beginne  mit  den  Massenbewegungen  solitärer  Tiere.  Solche  kommen  bei 
einsam  lebenden  Bienen  (z.  B.  bei  Andrena),  wie  auch  bei  vielen  anderen  zwar  einsam 
lebenden,  aber  gelegentlich  an  irgend  einem  Orte  versammelten  Insekten  zur  Beobachtung, 
so  zum  Beispiel  bei  einigen  Museiden,  Östriden  u.  a.  m.,  die  bekanntlich  um  so  zudring- 
licher  oder,    in    der    Terminologie    des   Anthropomorphismus,   um   so    „furchtloser"    sind,   je 

'  Anm.  d.  Übersetzers :    In  freier  Wiedergabe  nach  dem  russischen  Te.xt,  wie  auch  viele  der  übrigen  Zitate. 


—     149     -- 

mehr  ihrer  sind.  Dieselbe  Beobachtung  machen  wir  ferner  bei  Mücken,  Schmetterhngen, 
Käfern  u.  s.  w.,  desgleichen  bei  einsam  lebenden  Wirbeltieren:  Fischen,  Vögeln  und  Säuge- 
tieren. Diese  Tatsachen  wurden  bisher  teils  wenig  berücksichtigt,  teils  gänzlich  ignoriert: 
als  Alfken  an  v.  Buttel-Recpen  über  einen  Fall  massenhaften  Angriffs  seitens  solitärer 
Bienen  Mitteilung  machte,  fiel  dieses  Ereignis  so  völlig  aus  dem  Rahmen  des  über  Massen- 
bewegung der  Insekten  bekannt  gewordenen  heraus,  daß  v.  Buttcl-Reepen  sich  genötigt 
sah,  eine  ganz  besondere  Erklärung  für  die  von  Alfken  mitgeteilte  Tatsache  zu  geben; 
nämlich  folgende : 

,,Wii-  sehen  hier  also  einen  Reflex  in  die  Erscheinung  treten,  der  nur  zur  Auslösung  gelangt,  wenn 
ganz  bestimmte  andere  Reize  mitwirken,  und  zwar  Reize,  die  nur  der  Vergesellschaftung  entspringen.  Wie 
diese  Coexistenzialfähigkeit  sich  phylogenetisch  entwickelt  haben  mag,  ist  schwer  auszudenken.  Im  Wesen 
finden  wir  aber  dieselbe  Erscheinung  bei  den  höchststehenden  Bienen  und  durch  alle  Tiere  bis  zum  Menschen 
hinauf. ' 

Die  von  Alfken  mitgeteilte  Beobachtung  bestand  darin,  daß  solitäre  Bienen  der  Art 
Änthophora  parietina  F.  sich  ungehindert  auf  ihren  Nestern  fangen  ließen;  als  aber 
der  Beobachter  es  versuchte,  dieselben  Bienen  auf  ihrem  Wege  nach  dem  Bache,  wohin 
sie  in  großen  ,, Mengen"  flogen,  mit  dem  Netz  zu  fangen,  so  stürzten  sich  die  Bienen  mit 
solcher  Energie  auf  ihn,  daß  er  fliehen  mußte.  —  In  dieser  Beobachtung,  welche  ohne 
irgend  eine  Schlußfolgerung  mitgeteilt  wurde,  ist  jede  Einzelheit  lehrreich.  Der  Massen- 
angriff wurde  durch  solitäre  Insekten  ausgeführt;  hieraus  folgt  erstens,  daß  die  Ursachen, 
welche  die  Massenbewegungen  der  sogenannten  sozialen  Insekten  hervorrufen,  durchaus 
weder  „der  freundschaftlichen  Gefühle"  der  Angreifer,  noch  der  „Liebe  zum  Nächsten 
und  des  Patriotismus"  der  Bienen,  noch  endlich  irgend  welcher  anderen  imaginären 
und  durch  nichts  bewiesenen,  erhabenen  Gefühle  dieser  Insekten  zu  ihrer  Erklärung  be- 
dürfen, sondern  daß  sie  auf  viel  allgemeineren,  sowohl  den  „sozialen"  wie 
auch  den  einsam  lebenden  Tieren  eigentümlichen  Erscheinungen  beruhen. 
Aus  derselben  Tatsache  geht  zweitens  hervor,  daß  die  Energie  des  „Angriffs"  und  der  „Ver- 
teidigung" eines  Individuums  in  keiner  Beziehung  steht  zu  dem  auf  unbekannte  Weise  von 
dem  Individuum  zu  erfassenden  Zugehörigkeitsgefühl  zu  einer  zahlreichen  oder  nicht  zahl- 
reichen Gesellschaft,  sondern  vielmehr  eine  Folge  der  im  gegebenen  Momente  wirkenden 
Faktoren  darstellt,  nämlich  der  Anzahl  anwesender    Individuen    und    sonstiger   Verhältnisse. 

Beachtenswert  ist  auch,  daß  die  AyithopJiora-'Q'ienen  ihren  Angriff  nicht  dort  aus- 
geführt haben,  wo  dies  im  Sinne  menschlicher  Logik  hätte  geschehen  sollen,  d.  h. 
nicht  auf  den  Nestern,  sondern  gerade  da,  wo  es  keinerlei  Sinn  hatte:  bei  dem 
Zurückfliegen  vom  Bache  zum  Nest.  Dies  geschah  offenbar  aus  dem  Grunde,  weil  diese 
Bienen  als  solitäre  Insekten  auf  ihren  Nestern  nicht  mit  solchen  Mitteln  aufein- 
ander einwirken  konnten,  wie  sie  auf  gemeinschaftlichen  Flügen  zur  Geltung  kommen. 
Der  Autor  erwähnt  nichts  darüber,  wann  die  Bewegung  dieser  Bienen  energischer  vor 
sich  ging,  —  als  sie  sich  auf  dem  Neste  hielten  oder  als  sie  in  Massen  zum  Bache  flogen? 
Ziehen  wir  jedoch  in  Betracht,  daß  sie  bei  den  Nestern  nicht  nur  den  Beobachter  nicht  an- 
griffen, sondern  sogar  seiner  Tätigkeit  keinerlei  Widerstand  entgegensetzten,  so  werden  wir 
wohl  kaum  einen   Fehler  begehen,  wenn  wir  behaupten,  daß  die  Aktivität  der  massenweise 


'  Biolog.  Zentralblatt  1903,  No    i. 


—     150     — 

fliegenden  Bienen  mehr  Energie  aufwies,  als  diejenige  der  bei  dem  Neste  zurückgebliebenen. 
Das  Fliegen  der  Bienen  in  Massen  und  ihre  physische  Einwirkung  aufeinander  bildete 
offenbar  die  Quelle  jener  unbestimmbaren  nervösen  Erregung,  welche  lange  Zeit  hindurch 
gegen  nichts  gerichtet  war,  später  jedoch  unter  der  Einwirkung  eines  von  außen  her  er- 
haltenen Reizes  plötzlich  einen  bestimmten  Charakter  und  eine  bestimmte  Richtung  annahm 
und  eine  Reihe  völlig  nutz-  und  sinnloser  Handlungen  hervorrief,  die  jedoch  in  Anbetracht 
dessen,  was  über  die  Eigenschaft  dieses  nervösen  Prozesses  gesagt  wurde,  vollständig  natür- 
lich erscheinen. 

Dies  ist  die  Bedeutung  der  Tatsachen,  welche  v.  Buttel-Reepen  durch  Alfken 
mitgeteilt  wurden.  Sie  stellen  keine  Ausnahme  von  der  Regel  dar  und  bedürfen  aus  diesem 
Grunde  gar  keiner  speziellen  Aufklärung,  wie  v.  Buttel-Reepen  meint;  sondern  sie  unter- 
liegen den  gleichen  Regeln,  wie  ähnliche   Handlungen  bei  den  gesellig  lebenden   Insekten. 

So  finden  wir  bei  Hummeln  eine  Erscheinung,  die  der  soeben  beschriebenen  voll- 
ständig analog  ist.  Wird  deren  Nest  zerstört,  so  fliegen  wohl  einige  von  ihnen  auf  den 
Störer  ihrer  Ruhe  zu,  und  zwar  fliegen  sie  um  so  energischer  und  „mutiger",  je 
mehr  es  ihrer  sind  und  mit  je  brüskeren  Bewegungen  die  Störung  ihrer  Ruhe  er- 
folgt. Individuen  dagegen  (und  bisweilen  sind  das  ziemlich  viele),  die  sich  vom  ersten 
Augenblicke  an  auf  den  Rücken  legen  und,  das  Abdomen  emporgestreckt,  den  Feind  er- 
warten, um  ihn  mit  ihrem  Stachel  zu  treffen,  verbleiben  in  dieser  Stellung  sehr  lange 
Zeit :  niemand  von  den  Gliedern  der  „Familie"  wirkt  auf  sie  ein.  Es  braucht  aber  nur  irgend 
eine  Hummel,  indem  sie  auf  dem  Neste  herumläuft  oder  über  dasselbe  hinwegfliegt,  auf 
einen  dieser  den  Feind  erwartenden  Wächter  zu  treffen,  und  denselben  zufällig  zu  berühren, 
so  tritt  ein  ,, Zusammenstoß"  ein,  und  beide  fliegen  davon,  um  anzugreifen  und  zu  verteidigen. 

Hier  offenbart  sich  meiner  Ansicht  nach  das  Wesen  und  die  psychologische  Grund- 
lage der  massenweisen  Bewegung  bei  Hummeln :  ein  gegenseitiges  Anstoßen  während  des 
Pliegens  oder  Kriechens,  das  plötzliche  Erscheinen  eines  Gegenstandes  vor  den  Augen,  eine 
unbestimmte  Serie  empfangener  Eindrücke  von  Reizen  der  Gehörorgane,  wenn  solche  vor- 
handen sind,  und  wenn  nicht,  der  sie  ersetzenden  Organe,  bisweilen  auch  der  Geruchs- 
organe —  alles  dies  erzeugt  den  Zustand  einer  allgemeinen,  unbestimmten 
Nervenerregung.  Aus  solcher  Erregung  aber  können  in  jedem  gegebenen  Momente 
,,Massen"-Bewegungen  hervorgehen,  die  gegen  irgend  ein  mit  den  betreffenden  zeitlichen 
und  örtlichen  Bedingungen  zusammenhängendes   Ziel  gerichtet   sind. 

„Unbestimmt"  ist  diese  Erregung  deshalb,  weil  sie  durch  Einwirkungen  der  Um- 
gebung bedingt  wird,  von  denen  keine  einzige  für  sich  eine  bestimmte  Reaktion  hervor- 
ruft, wie  zum  Beispiel  das  Zusammenstoßen  zweier  Hummeln  miteinander,  während  sie  auf 
den   Waben   des    Nestes    herumkriechen. 

Jedes  gegebene  Individuum  in  der  gemeinsam  handelnden  Masse  reagiert  demnach 
auf  zweierlei  Reize :  auf  die  Einwirkung  eines  bestimmten  Faktors  der  Umgebung  (oder 
eines  inneren  Impulses)  plus  einer  größeren  oder  geringeren  Zahl  von  Reizen,  die  aus 
gleichzeitig  an  einer  Stelle  ausgeführten  gleichgearteten  Handlungen  von  Individuen  ein 
und  derselben  Art  und  bisweilen  auch  verschiedener   Arten    resultieren. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  ergibt  sich  von  selbst,  daß,  wenn  das  über  die  Wirkung 
der   Masse  auf  das   Individuum   Gesagte   richtig  ist,  diese  Wirkung  sich  durchaus  nicht  allein 


—     151     — 

bei  der  Verteidigung  und  dem  Angriff,  sondern  überhaupt  bei  jeder  Art  von  Tätig- 
keit der  Hummeln  geltend  machen  muß;  und  ebenso  auch  bei  anderen  Insekten,  soweit 
diese  befähigt  sind,  die  zur  Hervorruf ung  einer  unbestimmten  Nervenerregung  notwendige 
Wirkung  aufeinander  auszuüben.  Folgende  Tatsachen  bestätigen  diese  Schlußfolgerung; 
zugleich  decken  sie  die  Quelle  der  Irrtümer  bei  denjenigen  Autoren  auf,  die  die  Fähigkeit 
der  Insekten,  eine  unbestimmte  Nervenerregung  hervorzurufen,  übersehen  und  die  Wirkung 
der  Masse  nur  bei  der  Verteidigung  und  dem  Angriff  angenommen   haben. 

Wenn  eine  Hummel  allein  mit  der  Ausbesserung  des  Nestes  beschäftigt  ist,  so  er- 
scheint ihre  Tätigkeit,  obwohl  wie  stets  geschäftig,  doch  wenig  energisch  und  intensiv. 
Kaum  hat  sich  jedoch  der  ersten  Hummel  eine  zweite  angeschlossen,  so  nimmt  bei  gleichen 
sonstigen  Bedingungen  die  Energie  der  Arbeit  zu  und  wächst  bei  jedem  neu  hinzutretenden 
Mitarbeiter  mit  voller  Augenscheinlichkeit.  —  Ganz  dieselbe  Erscheinung  habe  ich  auch 
bei   Grabwespen  beobachtet. 

Die  Masse  übt  ihre  Wirkung  auch  auf  das  ,, Bebrüten"  der  Kokons  und  Larvenzellen 
aus.  Die  Quelle  dieses  Instinktes  liegt  bei  den  Hummeln,  wie  ich  dies  schon  weiter  oben 
erwähnt  habe,  in  dem  organischen  Bedürfnisse,  eine  gewisse  Tätigkeit  mit  dem  Abdomen 
zu  produzieren.  Ungeachtet  dieser  Herkunft  sehen  wir  nun,  daß  die  Energie  der  Tätigkeit 
von  der  „Masse"  abhängt :  Sind  viele  Brüterinnen  vorhanden,  so  schmiegen  sie  sich  noch 
näher  an  die  Kokons  an,  indem  sie  sich  ganz  flach  auf  denselben  ausbreiten  und  die 
Beine  fächerartig  nach  allen  Seiten  hin  ausstrecken;  selbst  dann,  wenn  sie  sich  von  einer 
Stelle  nach  einer  anderen  begeben,  sind  sie  bemüht,  ihr  Abdomen  nicht  aus  dem  Kontakt 
mit  den  Zellen  zu  bringen.  Alle  diese  Bewegungen  werden  auch  bei  einer  geringeren  An- 
zahl anwesender  Hummeln  ausgeführt,  allein  in  anderer  Weise   und   weniger   intensiv. 

Die  Masse  übt  einen  Einfluß  auch  auf  die  übrigen  Arbeiten  im  Neste  aus,  wie  die 
Instandhaltung  (Reinigung),  den  Abflug  nach  Nahrung,  die  Unterbringung  der  letzteren  in 
die  betreffenden  Teile  des  Nestes  u.  s.  w.  Hierdurch  wird  unter  anderem  auch  die  Tatsache 
erklärt,  daß  eine  zahlreiche  ,, Familie"  von  Hummeln  infolge  der  angestrengten  Tätigkeit  der 
sie  ausmachenden  Individuen  und  der  entwickelten  Energie  und  Bewegung  noch  zahlreicher 
erscheint,  als  sie  es   in   Wirklichkeit   ist,  und  eine   individuenarme   noch   ärmer. 

Aus  unseren  Darlegungen  ergibt  sich  auch,  daß  die  Ansicht  derjenigen  Autoren  als 
ein  Irrtum  anzusehen  ist,  welche  angeben,  eine  „Gemeinde"  oder  ein  „Staat"  sozialer  In- 
sekten mit  2n,  3n,  4n  u.  s.  w.  Individuen  werde  um  2,  3,  4  etc.  mal  energischer  angreifen 
und  sich  verteidigen,  als  ein  Staat  von  n  Individuen;  und  dies  gelte  nicht  nur  für  die 
.Gemeinden  und  Staaten  als  Ganzes,  sondern  auch  bei  jedem  einzelnen  Individuum  ihres  Be- 
standes, so  daß  also  ein  Individuum  aus  einer  Gemeinde  von  4n  Gliedern  um  4  mal  kühner 
und  energischer  wäre   als   ein    Individuum  aus  einer  Gemeinde   von   n   Gliedern. 

Meine  Untersuchungen  zeigen  dagegen  auf  das  bestimmteste,  daß  die  Energie  des 
Angriffs  und  der  Verteidigung  bei  den  Hummeln  nicht  von  der  Menge  der  Glieder  der 
,, Familie",  zu  welcher  das  betreffende  Individuum  gehört,  abhängig  ist,  wie  dies  von  den 
Autoren  angenommen  wird,  sondern  vielmehr  —  bei  im  übrigen  gleichen  Bedingungen  — 
von  der  Größe  der  zu  einer  betreffenden  Zeit  an  dem  betreffenden  Orte  anwesenden 
Menge,  was  natürlich  nicht  ein  und  dasselbe  ist.  Eine  einzelne  Hummel  oder  eine  kleine 
Anzahl    von   solchen   greift    niemals    an,    wie    groß    das    Nest    auch   sein    möge,     zu    welchem 


—     152     — 

sie  gehören :  ihre  Verteidigung  ist  mehr  passiver  Natur :  sie  legen  sich  auf  den  Rücken 
und  warten,  bereit  mit  dem  Stachel  zu  stechen.  Andererseits  bin  ich  mehr  als  einmal  von 
Hummeln  (Bomhus  lapidarius),  deren  Neste  ich  mich  näherte,  angegriffen  worden,  wenn 
die  Zahl  der  auf  dem  Neste  befindlichen  oder  in  dessen  Nähe  herumfliegenden 
Hummeln  sehr  bedeutend  war.  Näherte  ich  mich  dem  gleichen  Neste  zu  einer  Zeit,  wo 
auf  dem  Neste  gar  keine  Hummeln  saßen  und  in  dessen  Nähe  nur  zwei  bis  drei  Ar- 
beiterinnen herumflogen,  so  kam  es  vor,  daß  sie  keinerlei  Anzeichen  feindseliger  Stimmung 
an  den  Tag  legten  und  überhaupt  nicht  angriffen. 

Endlich  erkennen  wir,  daß  die  Massenbewegungen  der  Hummeln  (und  anderer 
„sozialer"  Insekten)  eine  Erscheinung  darstellen,  die  ihrer  psychologischen  und  biologischen 
Bedeutung  nach  vollständig  identisch  ist  mit  den  Massenbewegungen  der 
einsam  lebenden   Insekten.    Diese    Identität    wird    durch    folgende    Belege    festgestellt: 

a)  Beide  entstehen  infolge  ausschließlich  physischer  Einwirkung  der  Indi- 
viduen aufeinander. 

b)  Beide  können  auf  mathematischem  Wege  berechnet  werden,  indem  sie  von  der 
Anzahl   im  direkten   Sinne   dieses   Wortes   abhängig   sind. 

c)  Diese  wie  jene  (d.  h.  die  Massenbewegungen  der  sozialen  und  der  solitären  Insekten) 
stellen  im  Leben  der  betreffenden  Tiere  nichts  absolut  Notwendiges  dar :  die  Massen- 
angriffe und  -Verteidigungen  können  bisweilen,  wie  wir  gesehen  haben,  nutzlos  sein,  wie 
die  oben  beschriebenen  Angriffe  von  Andrena ;  einzelne  Individuen  nehmen  vielleicht  kein 
einziges  Mal  in  ihrem  Leben  an  solchen  Massenbewegungen  teil,  obwohl  sie  zu  solchen 
befähigt    sind. 

Der  ganze  Unterschied  zwischen  beiden  besteht  nur  darin,  daß  die  „sozialen"  Insekten, 
indem  sie  miteinander  leben,  öfter  physisch  aufeinander  einwirken  können  und  daher 
häufiger  zu  „Massen"-Bewegungen  bereit  sind. 

Zum  Beschlüsse  des  Themas  über  die  Massenbewegungen  der  Insekten  und  die  Ein- 
wirkung der  Masse  auf  das  Individuum  überhaupt  noch  eine  Bemerkung.  So  groß  die 
Ähnlichkeit  zwischen  den  Massenbewegungen  der  gesellig  lebenden  und  denen  der  einsam 
lebenden  Insekten  ist,  so  bedeutend  unterscheiden  sich  diese  beiden  von  den  analogen  Be- 
wegungen höherer  Tiere.  Dasjenige  Merkmal,  worauf  dieser  Unterschied  in  erster  Linie 
beruht,  ist  die  Befähigung  der  höheren  Tiere  zur  Nachahmung:  solche  fehlt  den  In- 
sekten  unbedingt.^ 

Kapitel  VI. 

Über  die  „gemeinsame"  Tätigkeit  der  Hummel-„Familie"  bei  deren  Übersiedelung 

von  einem  Orte  nach  einem  anderen. 

Die  Übersiedelung  ist  bei  den  Hummeln  stets  die  Folge  einer  Zerstörung  ihres  Nestes 
durch  äußere  oder  innere  Feinde  (Parasiten);  unter  normalen  Lebensbedingungen  bleiben 
die  Hummeln  in  dem   Neste,  welches  sie  einmal  angefertigt  haben. 


'  Die  Frage  über  die  verschiedenen  Arten  der  Massentätigkeit  innerhalb  der  Ansammlung,  des  Aggregates,  der 
Herde  und  der  Menge  der  menschUchen  Gesellschaft  erweist  sich  als  so  kompliziert,  daß  ich  es  nicht  für  möglich  halte, 
dieselbe  in  vorliegender  Abhandlung  zu  berühren,  und  ich  verweise  Diejenigen ,  die  mit  dieser  Frage  bekannt  werden 
wollen,  auf  meinen  Aufsatz  ,,Die  Biologie  und  Psychologie  der  Menge"  (russ.). 


—     153 


Die  Übersiedelung  kann  bei  den  Hummeln  auf  zweierlei  Weise  erfolgen :  entweder  mit 
der  Königin,  wenn  letztere  am  Leben  geblieben  ist,  oder  ohne  Königin,  wenn  diese  zu  Grunde 
gegangen   ist. 

A.   Die  Übersiedelung  ohne  Königin. 

Ich  habe  bereits  oben  erwähnt,  daß  die  Hummelnester  massenweise  von  Füchsen  zer- 
stört werden.  In  den  meisten  Fällen  wird  das  Volk  dabei  in  solchem  Grade  dezimiert,  daß 
seine  Lebenstätigkeit  gänzlich  aufhört.  Sogar  Ende  Juli,  wo  der  Schwärm  am  stärksten  zu 
sein  pflegt,  kann  man  auf  den  Trümmern  eines  zerstörten  Nestes  nur  noch  zwei  bis  drei  herum- 
irrende Individuen  antreffen,  die  augenscheinlich  nicht  im  Neste  übernachtet  hatten  und 
erst  nach  der  Katastrophe  in  dasselbe  zurückgekommen  waren.  Es  kommt  jedoch  auch  vor, 
daß  ein  Hummelvolk  nicht  gänzlich  vertilgt  wird.  In  solchen  Fällen  kann  der  Fuchs  am 
nächsten  Tage  wieder  zu  dem  Neste  zurückkehren,  wie  ich  dies  an  einem  Neste  von 
B.  terrestris,  welches  am  27.  Juli  von  einem  Fuchse  teilweise  zerstört  worden  war,  be- 
obachtet habe;  dieses  Nest  fand  ich  am  folgenden  Tage  vollends  zerstört,  und  von 
seiner  am  Tage  zuvor  noch  ziemlich  zahlreichen  Bevölkerung  war  nur  eine  einzige  Arbeiterin 
übrig  geblieben.  —  Kehrt  jedoch  der  Fuchs,  nachdem  er  ein  Volk  von  Hummeln  nur  zum 
Teile  vernichtet  hat,  nicht  wieder  zu  dem  Neste  zurück,  so  machen  sich  die  am  Leben  ge- 
bliebenen Hummeln  an  die  Ausbesserung  des  Nestes.  Eine  solche  bietet  ganz  be- 
sonderes  Interesse  dar. 


Fig.  119. 

Auf  der  Fig.  119  ist  ein  Schnitt  durch  ein  Nest  im  ursprünglichen  Zustande  und  nach 
dessen  Ausbesserung  dargestellt.  Das  ursprüngliche  Nest  Nj  befand  sich  in  dem  Erdhümpel  co, 
der  von  einem  Fuchse  teilweise,  und  zwar  in  der  durch  den  Buchstaben  n.  bezeichneten 
Ausdehnung,  zerwühlt  worden  war.  Die  am  Leben  gebliebenen  Hummeln  begannen  das 
Nest  zu  reparieren.  Sie  sammelten  das  zerstreut  herumliegende  Baumaterial  und  brachten 
es  nach  der  früheren  Stelle,  wo  auch  einige  Stücke  von  Waben  übrig  geblieben  waren,  be- 
schränkten sich  jedoch  nicht  auf  diese  Arbeit :  sie  legten  außerdem  eine  Vertiefung  in  der 
Erde  (m.m.m)  an,  welche  sie  ganz  mit  demselben  herbeigeschleppten  Materiale  anfüllten,  so 
daß  das  Nest  N,  ein  ganz  neues  Bild  darbietet.  Es  waren  nicht  mehr  eine,  sondern  zwei 
Höhlungen,  Nj  und  N,,  vorhanden,  welche  beide  mit  einer  ziemlich  lockeren  Masse  vege- 
tabilischen Materiales  angefüllt  waren.  —  Die  neue  Abteilung  des  Nestes  hatten  die  Hummeln 
vor   allem   natürlich    aus    dem    Grunde   angelegt,   weil   das    Licht,    so    schwach   es  auch   sein 

Zoologica.    Heft  46.  20 


—     154     — 

mochte,  dennoch  durch  die  das  Nest  bedeckende  Schicht  des  herbeigetragenen  Materiales 
zu  den  Waben  hindurchdrang:  darum  ziehen  sie  sich  in  die  Tiefe  der  Erde  zurück,  ,,um 
die  Gefahr  zu  vermeiden",  vor  welcher  sie  durch  dieses  in  das  Nest  eindringende  Licht  ge- 
warnt werden. 

Ein  anderer  Fall  von  Übersiedelung  wurde  von  mir  durch  Ausgraben  eines  Nestes 
von  JBombus  lapidariiis  in  einem  Hümpel  (co)  hervorgerufen,  wie  dies  auf  Fig.  120  dar- 
gestellt ist.  Wir  sehen  hier  folgendes  Bild:  co  —  derjenige  Teil  des  Hümpels,  welcher  un- 
berührt geblieben  ist;  k,  1,  m,  n,  —  der  von  mir  aufgegrabene  Teil  des  Hümpels;  Ni  —  der 
Ort  des  früheren  Nestes;  ab  —  der  Teil  eines  Mauseloches,  den  die  Hummeln  früher  als 
Flugloch  benutzten;  c — d  —  die  Fortsetzung  desselben  Mäuseloches,  welche  von  den  Hum- 
meln \or  der  Zerstörung  ihres  Nestes  nicht  benutzt  worden  war,  und  worin  sie,  nachdem 
sie  dasselbe  in  geeigneter  Weise  erweitert  hatten,  ein  neues  Nest  N^  einrichteten,  das 
etwas  kleiner  ist  und  eine  etwas  unregelmäßige   Gestalt  aufweist. 

Solche  neue  Behausungen  sind  bezüglich  ihrer  Lage  stets  zufälliger  Natur.  Indem 
sie  ihr  altes  Nest  suchen,  graben  die  Llummcln  an  verschiedenen  Stellen  des  Hümpels ;  diejenige 
Vertiefung,  in  welcher  sich  hierbei  die  größte  Anzahl  von  Individuen  versammelt  hat,  dient 
nun  der  vergänglichen  Kolonie  zum  Wohnort.  Den  Anziehungspunkt,  welcher  sie  zeitweilig 
zusammenhält,  bildet  natürlich  die  Stelle  des  alten  Nestes,  zum  Teile  auch  die  Hummeln 
selbst:   sie  lassen   sich   dort   nieder,   wo  sich  ihrer  am  meisten  ansammeln. 

Es  ist  bisweilen  schwierig,  den  Zusammenhang  der  ausgewanderten  Hummeln  mit 
dem  ursprünglichen  Neste  festzustellen,  und  zwar  dann,  wenn  das  unterirdische  Hummel- 
nest nicht  durch  einen  an  der  Oberfläche  lebenden,  sondern  durch  einen  unterirdischen 
Feind  zerstört  worden  ist.  Die  geringe  Anzahl  der  am  Leben  gebliebenen  Hummeln  läßt 
sich  ohne  Weibchen  irgendwo  ganz  in  der  Nähe  des  vernichteten  Nestes  nieder,  allein  es 
ist  schwer,  den  Zusammenhang  mit  der  Auswanderung  festzustellen,  da  das  alte  Nest  nicht  zu 
sehen  ist.  Einmal,  im  \^erlaufe  langjähriger  Beobachtungen,  fand  ich  eine  solche  Kolonie  eines 
Nestes  von  Bomhus  lapidarius.  Dasselbe  bestand  aus  trockenem  Laub  und  befand  sich 
am  Fuße  einer  kleinen  Gruppe  junger  Birken.  Es  enthielt  10 — 12  Arbeiterinnen  ohne  Weib- 
chen; weder  dicht  daneben  noch  auch  in  der  Nähe  waren  Spuren  des  zerstörten  Nestes  zu 
sehen.  Erst  nach  genaueren  Nachforschungen  gelangte  ich  zu  der  Überzeugung,  daß  sich 
das  ausgerottete  Nest  gleich  hier  in  der  Erde,  unter  den  Wurzeln  der  Bäume  befand,  und 
daß  die  ausgewanderten  Hummeln  sich  am  Eingange   in  das  alte   Nest   angesiedelt   hatten. 

Von  den  Übersiedelungen  der  Hummeln,  welche  oberirdische  Nester  bauen,  habe  ich 
bereits  oben  gesprochen  (Fig.  51).  In  solchen  Fällen  kann  stets  unschwer  bestimmt  werden, 
von  wo  die  betreffenden  Auswanderer  gekommen  waren  und  wo  sich  das  ursprüngliche  Nest 
befand.  Es  ist  augenscheinlich,  daß  die  Lage  solcher  Ansiedelungen  eine  ebenso  zufällige 
ist,  wie  diejenige  der  Ansiedelungen  unterirdischer  Nester.  Den  Vereinigungspunkt  für  die 
Hummeln  bilden  hier  die  Wabenstücke  aus  ihrem  früheren  Neste,  oder  wenn  solche  nicht 
vorhanden  sind  —  das  Material,  welches  sie  vermittelst  des  Geruchsvermögens  als  das 
„ihrige"   erkennen. 

Die  Hummeln,  welche  sich  in  solchen  .Ansiedelungen  ohne  Weibchen  niedergelassen 
haben,  beginnen  ein  besonderes  Leben  zu  führen.  Sie  fliegen  nach  Nahrung  aus  und 
kehren    mit    Vorräten    von    Blütenstaub    „nach    Hause"    zurück,    welchen    sie    jedoch    von    zu 


—     155     — 

Hause  wieder  zurück  ins  Freie  tragen  und  dann  wiederum  nach  Hause  bringen.  Wahr- 
scheinlich bringen  sie  auch  Vorräte  von  Honig  mit,  welchen  sie  dann  selbst  verzehren, 
da  kein  Ort  vorhanden  ist,  wo  sie  ihre  Beute  hinlegen  könnten.  Hier  tritt  demnach  das 
,, Zusammenleben"  der  Hummeln  und  gleichzeitig  auch  das  ,, Einzelleben"  mit 
voller  Augenscheinlich keit  zu  Tage.  Das  Leben  einer  solchen  Aussiedelung  pflegt 
nicht  von  langer  Dauer  zu  sein;  sind  die  Bedingungen  günstig,  so  leben  die  Hummeln  bis- 
weilen noch  mehrere  Monate,  wobei  sie  beständig  an  Zahl  abnehmen;  bei  ungünstigen  Be- 
dingungen gehen  sie  schon  während  der  ersten  Tage  zu  Grunde.  Meist  sterben  sie  in  dem 
Neste  selbst  infolge  von  Entkräftung :  bei  ihren  tagelang  andauernden  Nachforschungen 
nach  dem  alten  Neste  kommen  sie  ganz  von  Kräften  und  verlieren  allmählich  die  Fähig- 
keit,  nach  Nahrung  zu  fliegen. 

Der  Untergang  tritt  um  so  rascher  ein,  je  ungünstiger  die  Bedingungen  für  das  Ein- 
tragen von  Nahrung  sind.  Ich  habe  auf  5  lebende  Individuen  12 — 15  tote  angetroffen, 
nachdem  drei  Wochen  seit  der  Zerstörung  des  Nestes  verflossen  waren.  Versuchen  wir 
aber,  eine  künstliche  Übersiedelung  ohne  Weibchen  aber  mit  den  Waben  zu 
veranlassen,  so  werden  wir  uns  bald  davon  überzeugen,  daß  das  Leben  der  Hummel- 
arbeiterinnen seinen  gewohnten  Gang  geht :  sie  fliegen  in  gleicher  Weise  nach  der  Tracht 
aus  und  kehren  mit  derselben  zurück,  verteidigen  das  Nest  ebenso  energisch,  bessern  das- 
selbe aus,  „bebrüten"  die  Kokons,  ziehen  die  Brut  auf,  bauen  neue  Wachszellen,  indem  sie 
dazu  alte  zerstören,  überbauen  sie  in  der  gewohnten  Weise,  d.  h.  so,  daß  oben  nur  eine 
winzige  Öffnung  bleibt,  damit  der  Honig  so  wenig  als  möglich  verdunstet,  bewahren  ihre 
Vorräte   auf  u.  s.  w. 

Ich  besaß  ein  solches  Nest  von  Bumhus  lapidarins,  welches  nur  aus  9  Arbeiter- 
hummeln, einer  Wabe  und  vier  großen  Honigtöpfen  bestand,  welch  letztere  stark  beschädigt 
waren.  Das  Nest  war  offenbar  von  einem  Feinde  zerstört  worden;  die  am  Leben  ge- 
bliebenen Hummeln  versahen  ihre  Arbeit,  als  ob  nichts  vorgefallen  wäre,  und  verteidigten  ihr 
Nest  unter  anderem  so  energisch,  daß  Hummeln  aus  einem  benachbarten  starken  Stocke, 
welche  in  ihren   Zwinger  nach   Honig  geflogen   kamen,   sofort   wieder  umkehrten. 

Das  weitere  Schicksal  solcher  weisellosen  Nester,  welche  einen  Teil  ihrer  Waben  be- 
halten haben,  hängt  von  dem  Zeitpunkt  ab,  wann  das  Nest  zerstört  wurde  und  was  für 
Larven  in  den  W^aben  am  Leben  geblieben  sind.  Ist  die  Zerstörung  des  Nestes  im  Früh- 
sommer erfolgt,  und  schlüpfen  aus  den  Kokons  kleine  Arbeiterinnen  oder  Männchen  aus, 
so  beginnt  die  Familie  zu  zerfallen,  und  ihr  Untergang  steht  nahe  bevor.  Ist  dagegen  die 
Zerstörung  des  Nestes  zu  einer  Zeit  erfolgt,  wo  sich  unter  den  Arbeiterinnen  große  Indi- 
viduen befanden,  so  kann  es  vorkommen,  daß  diese  letzteren  anfangen,  Eier  zu  legen,  und 
zwar  liefern  diese  Eier  nach  Huber  ausschließlich  Männchen,  nach  Hoffer  hingegen  auch 
Weibchen. 

Ich  selbst  habe  weder  das  eine  noch  das  andere  beobachtet;  die  ihrer  Weibchen  be- 
raubten Nester  gingen  meinen  Beobachtungen  nach  stets  zu  Grunde,  und  zwar  ebenso  un- 
weigerlich, wie  zerstörte  Völker  unweigerlich  ihr  Nest  wiederherstellen  und  eine  neue  Brut 
erzeugten,  wenn  das  Weibchen  unbeschädigt  geblieben  war,  und  zwar  selbst  dann,  wenn 
das  Nest  absichtlich  mehrere  Male  nacheinander  zerstört  und  auf  5 — 6  Arbeitshummeln 
reduziert  worden  war. 


—     156     — 

Was  die  Ablage  von  Eiern,  welche  Männchen  ergeben,  durch  die  Arbeiterinnen  be- 
trifft, wodurch  die  Existenz  des  Nestes  auf  lange  Zeit  gesichert  wird,  so  kann  ich  an  dieser 
Tatsache   nicht  zweifeln,   trotzdem  ich  selbst  derartige  Erscheinungen  nicht  beobachtet  habe. 

Dagegen  aber  muß  ich  den  entschiedensten  Zweifel  an  der  Angabe  aussprechen,  daß 
die  Hummelarbeiterinnen  im  stände  wären,  Eier  zu  legen,  aus  welchen  sich  Weibchen  ent- 
wickeln, wie  mir  auch  die  Begründung  selbst,  worauf  Hoffer  seine  Angaben  aufbaut,  nicht 
überzeugend  erscheint.     Nachstehend  teile  ich  diese   Begründung   mit : 

Am  20.  Juli  nahm  der  Autor  ein  Nest  von  Bomhus  agrorum  mit  nach  Hause;  dies 
geschah  am  Tage,  so  daß  viele  große  und  kleine  Arbeiterinnen  davonflogen;  das  Weibchen 
dagegen  wurde  mitgenommen.  Als  er  am  12.  September  an  dieselbe  Stelle  zurückkehrte,  fand 
er  dort  ein  neues  Nest  mit  einer  großen,  von  Larven  angefüllten  Wabe  und  eine  ziemlich 
große  Anzahl  von  Arbeiterinnen,  Männchen  und  Weibchen.  Hoff  er  vermutet,  daß  ,, unter 
normalen  Bedingungen  derartige  Erscheinungen  in  Ausnahmefällen  stattfinden,  z.  B. 
bei  dem  Untergang  des  Weibchens,  dessen  Mission  ^•on  den  Arbeiterinnen  fortgesetzt  wird. 

Diese  Meinung  erscheint  mir  wenig  wahrscheinlich,  weil  sie  uns  zwingt,  eine  willkür- 
liche Beziehung  der  Arbeiterinnen  zu  der  Kopulation  und  zur  Ablage  von  Eiern  anzu- 
nehmen, aus  welchen  sich  Weibchen  entwickeln.  So  außerordentlich  selten  auch  die  Be- 
dingungen eintreffen,  bei  welchen  derartige  Erscheinungen  nach  Ansicht  des  Autors  mög- 
lich sind,  so  ist  es  doch  klar,  daß,  wenn  der  diesbezügliche  Instinkt  der  Arbeiterinnen  sich 
als  doppelt  erweist  und  je  nach  L'mständen  der  eine  oder  der  andere  zu  Tage  tritt,  der 
ganze   Sinn  einer  solchen   Familie,   wie  sie  die    Hummelfamilie   darstellt,   verloren   geht. 

Allein  damit  nicht  genug:  die  Vermutung  Hof  fers  zwingt  uns,  zuzugeben,  daß  die 
Arbeiterinnen  im  Notfalle  sich  nicht  nur  als  befähigt  erweisen,  nach  eigenem  Gutdünken 
von  ihren  Geschlechtsfunktionen  Gebrauch  zu  machen,  sondern  überdies  fähig  sind,  in  einer 
ganz  eigenartigen  Weise  zu  funktionieren,  wie  wir  sie  nicht  einmal  bei  den  Weibchen  sehen : 
bei  letzteren  erfolgt  die  Eiablage  nach  dem  Ablauf  einer  langen  Reihe  von  \\'intennonaten, 
nach  erfolgter  Befruchtung  und  niemals  in  demselben  Jahre,  da  die  Weibchen  im  alten 
Neste  keine  Eier  legen;  hier  jedoch,  wenn  wir  uns  mit  der  Vermutung  Hof  fers  einver- 
standen erklären,  werden  wir  gleichzeitig  auch  bei  den  Arbeiterinnen  innerhalb  der  Sphäre 
der  Geschlechtstätigkeit  eine  ganz  neue  Serie  von  Instinkten  anerkennen  müssen,  welche 
um  so  merkwürdiger  erscheinen,  als  gerade  diese  geschlechtlichen  Instinkte  bei  den  Hummcl- 
arbeiterinnen    eine    Rückbildung    erfahren   haben. 

B.  Die  Übersiedelung  der  Hummeln  mit  der  Königin. 

Derartige  Fälle  \on  Übersiedelungen  werden  durch  Überfall  seitens  äußerer  wie  auch 
durch  innere  Feinde  hervorgerufen ;  zu  letzteren  gehören  die  Parasiten,  welche  die  Larven  ver- 
nichten, sowie  die  Faulbrut.  Die  Übersiedelungen  infolge  von  Parasiten  habe  ich  hauptsächlich 
an  Hummeln  in  der  Gefangenschaft  beobachtet,  allein  ich  zweifle  nicht  daran,  daß  solche 
auch  in  der  Freiheit  vorkommen.  In  Nachstehendem  gebe  ich  Tatsachen,  welche  Bezug  auf 
diese  Frage  haben. 

Einstmals  beobachtete  ich  bei  Bomhus  muscoriim,  fast  im  Mittelpunkte  einer 
Schonung,    ein    zerstörtes    Nest,    und    daneben,    in   einer    Entfernung    von    27 — 35   cm,   ein 


—     157     — 

anderes,  neues  Nest,  welches  genau  den  gleichen  Bauplan  aufwies.  In  so  großer  Nähe  von- 
einander lassen  sich  die  Hummeln  niemals  nieder,  so  daß  ich  vermute,  die  Bewohner  des 
neuen  Nestes  könnten  Auswanderer  aus  dem  alten  sein,  welches  augenscheinlich  durch 
schwarze   Ameisen  zerstört  worden  war. 

Ein  andermal  fand  ich  in  einer  Entfernung  von  etwa  70  cm  voneinander  zwei  Nester 
von  Bonihus  pratensis.  Das  eine  war  mit  Faulbrut  infiziert,  allein  es  befanden  sich  in 
demselben  einige  Arbeiterinnen;  das  andere  enthielt  ein  altes  Weibchen  und  Arbeiterinnen. 
Zwischen  beiden  Nestern,  von  welchen  das  letztere  augenscheinlich  das  Resultat  einer  Aus- 
wanderung war,  wurde   eine  Verbindung  unterhalten. 

In  der  Gefangenschaft  habe  ich  mehrfach  analoge  Fälle  von  Auswanderungen  infolge 
von  Parasiten  beobachtet.  Dieselben  werden  stets  auf  eine  mehr  oder  weniger  unbedeutende 
Entfernung  hin  ausgeführt  und  zwar  stets  „zu  Fuße",  da  das  Weibchen  bei  einer  solchen 
Fortbewegungsweise  keine  Gefahr  läuft,  ihre  Arbeiterinnen  zu  verlieren :  indem  es  eine  Spur 
hinter  sich  zurückläßt  (wovon  später  die  Rede  sein  wird),  gibt  es  ihnen  die  Möglichkeit, 
sich  zurechtzufinden;  wollte  das  Weibchen  durch  die  Luft  nach  einem  anderen  Orte  hin- 
überfliegen, so  wäre  dies  unmöglich.  An  dem  neuen  Orte  wird  die  Behausung  von  dem, 
Weibchen  angelegt,  die   Arbeiterinnen  schließen   sich   an. 

Da  an  dem  neuen  Orte  keine  Waben 
vorhanden  sind,  so  legen  die  Arbeiterinnen 
gleichzeitig  mit  dem  Neste  auch  die  ersten 
Wachszellen  an.  Auf  Fig.  121  sehen  wir  18 
solcher  Wachszellen,  welche  von  den  Arbeite- 
rinnen unmittelbar  auf  dem  hölzernen  Boden 
des  Zwingers  angebracht  wurden.  LInter  nor- 
malen Lebensbedingungen  habe  ich  derartige 
Bauten   bei    Botiibus   varians  beobachtet.     Un-  -^'S-  '21. 

geachtet    der    außerordentlichen    Eigenartigkeit 

dieser  Bauten,  —  in  welchen  gewisse  Autoren  einen  Beweis  für  die  Fähigkeit  der  Hummeln, 
sich  in  neuen  Lebensbedingungen  zurechtzufinden,  die  Fähigkeit  zu  Vernunftsschlüssen  u.dgl.  m. 
erkennen  würden  —  erblicke  ich  hier  nur  ein  interessantes  Zeugnis  für  die  Gemeinschaft- 
lichkeit einiger  Instinkte  bei  Hummelweibchen  und  Arbeiterinnen:  die  Wachswaben  der 
Arbeiterinnen  sind  genau  dasselbe  wie  die  Honigtöpfe  der  Weibchen;  der 
ganze  Unterschied  besteht  nur  in  ihrer  Größe.  Dieser  Umstand  bestätigt  wiederum  im  einzelnen 
nicht  nur  die  Gemeinsamkeit,  sondern  auch  die  Schablonenhaftigkcit  des  Instinktes:  die 
Tätigkeit  ist  bei  allen  identisch,  und  der  Unterschied  in  den  Resultaten  der  Arbeit  erscheint 
als  eine  Folge  des  Größenunterschiedes  der  Individuen;  der  Anreiz  zu  der  Arbeit  wird  bei 
allen    durch   gleichartige    Faktoren   hervorgerufen. 

Wenn  die  Wachszellen  hergestellt  sind,  so  bringt  das  Weibchen  über  ihnen  eine 
Eierzelle  an ,  derjenigen  vollkommen  gleich ,  die  sie  gewöhnlich  in  dieser  Periode 
der  Eiablage  anlegt.  Auch  diese  Tatsache  ist  sehr  bezeichnend  für  die  Charakteristik 
der  instinktiven  Tätigkeit:  die  ersten  Eier  werden  von  dem  Weibchen  auf  zuvor  vor- 
bereitetes Futter  abgelegt,  die  übrigen  legt  es  in  die  Eierzellen,  wo  ihnen  das  Futter  durch 
die  Arbeiterinnen  zugesteht  wird,  während  die   Eierzelle  selbst  von  dem   Weibchen   an   den 


—     158     — 

Kokons  der  Puppen  befestigt  wird.  Wird  ein  neues  Nest  —  eine  Kolonie  —  angelegt,  so 
geht  das  Weibchen  nicht  in  der  ersten,  sondern  in  der  zweiten  Reihenfolge  \or,  d.  h.  es 
befestigt  seine  Eierzellen  an  die  ^\'achszellen,  da  es  sich  eben  in  der  Periode  dieser  Methode 
der   Eiablage   befindet. 

Eine  mit  einem  Weibchen  versehene  Kolonie  führt  ein  Leben,  welches  sich 
in  keiner  Weise  von  dem  gewohnten  normalen  Leben  unterscheidet.  Nimmt  man  einer 
solchen  Kolonie  alles  was  sie  angefertigt  hat  —  die  Wachswaben,  die  von  den  Weibchen 
gelegten  Eier  und  die  fertigen  Puppen  — ,  wie  ich  dies  mit  Kolonien  von  Bomhus  »luscoriDii 
getan  habe,  so  ersetzen  die  Hummeln  dies  alles  von  neuem. 

Auf  Grund  dessen,  was  über  die  Übersiedelungen  der  Hummeln  gesagt  wurde,  kann 
man   folgende   Schlußfolgerungen   ziehen : 

i)  Erfolgt  die  Übersiedelung  durch  Arbeiterinnen  mit  einem  Weibchen,  so  wird  die 
Kolonie  an  einem  neuen,  von  diesem  letzteren  gewählten  Orte  gegründet  und  ihr  Leben 
verläuft   wie   unter   normalen   Bedingungen. 

2)  Führt  man  eine  künstliche  Übersiedelung  ohne  Weibchen  herbei,  allein  in  der 
Weise,  daß  Waben  mit  Vorräten  an  Honig  und  Larven  erhalten  bleiben,  so  wird  sich  das 
Fehlen  einer  Königin  in  keiner  Weise  bemerklich  machen,  wenigstens  wird  dieses  Fehlen 
in  der  Tätigkeit  der  Arbeiterinnen  nicht  zum  Ausdrucke  gelangen. 

3)  Ist  die  Übersiedelung  von  Arbeiterinnen  allein,  und  zwar  unter  den  gewöhnlichen 
Bedingungen,  welche  solche  Übersiedelungen  begleiten,  ausgeführt,  d.  h.  ohne  W^aben,  so 
werden  die  Hummeln  zusammen  leben  und  allmählich  aussterben,  da  sie  nicht  im  stände 
sind,  aus  den  Instinkten  ihres  „sozialen  Lebens"  irgend  einen  Nutzen  für  ihre  Existenz  zu 
ziehen;  die  Aufgabe  dieser  Geselligkeit  liegt  außerhalb  des  Bereiches  der  Interessen  der 
Arbeiterhummeln. 

Kapitel  \'IL 

Über  die  ,,Sprache"  der  „sozialen"  Insekten. 

Nach  dem  Bekanntwerden  der  \'ersuche  von  Lubbock,  Averkiev,  Bethe  und 
vielen  anderen  Autoren  ist  jene  Ameise  aus  der  wissenschaftlichen  Literatur  verschwunden, 
die  aus  dem  an  einem  Faden  aufgehängten  Glase  mit  Zucker  nach  ihrem  Neste  zurück- 
kroch und  daselbst  ihren  Freunden  erzählte,  wo  die  Spur  der  leckeren  Speise  zu  finden  sei, 
worauf  „die  kleinen  aber  verständigen  Geschöpfe  sich  in  ganzen  Schaaren  nach  dem  Zimmer 
mit  dem  Zuckcrglasc  aufmachten,  an  seiner  Wand  und  Decke  dahinkrochen  und  sich  sodann 
an  der  Schnur  in  das  Glas  herabließen"  :  man  kann  diese  Ameise  heute  nur  noch  in  Erzählungen 
für  Kinder  finden.  Wir  haben  jetzt  eine  andere  Ameise  kennen  gelernt,  welche  niemandem 
etwas  erzählt,  sondern  im  Kriechen  eine  Spur  von  Ameisensäure  hinterläßt,  von  welcher 
geleitet  die  ein  und  dasselbe  Nest  mit  ihr  bewohnenden  Ameisen  ihrer  Nestgenossin 
nachfolgen. 

Mit  dem  Geruchsvermögen  der  Hummeln  \ erhält  es  sich  ähnlich:  sie  sind  im  stände, 
ihre  Wabe  zu  erkennen,  indem  sie  sie  mit  ihren  Fühlern  betasten,  ebenso  ihr  Nest 
und  ihre  Nestgenossen';    allein  sie  sind  nicht    im    stände,    auf    die    Entfernung    zu    riechen, 

'  Näheres  hierüber  siehe  Kapitel  III  „Ober  das  Erkennen". 


159 


wie  dies  die  Wespen  und  Bienen  tun.  Aus  diesem  Grunde  sind  sie  unbedingt  unfähig, 
irgend  ein  Glied  des  Volkes  hinter  sich  her  zu  den  von  ihnen  entdeckten  Nahrungs- 
vorräten zu  führen.  Diese  Unfähigkeit  habe  ich  durch  viele  Beobachtungen  konstatiert 
und  kann  ihr  Vorhandensein  vollkommen  sicher  behaupten.  Da  ich  meinen  Beobachtungen 
an  gefangenen  Hummeln  nicht  genügendes  Vertrauen  schenkte,  führte  ich  neue  Studien 
im  Garten  aus,  indem  ich  die  seltenen  Fälle  abwartete,  wo  eine  Hummel  durch  Zufall  auf 
einen  Teller  mit  Honig  geriet.  Hierbei,  wie  auch  bei  solchen  Hummeln,  die  zufällig  in 
das  Zimmer  hereinflogen  und  von  den  Honigvorräten  naschten,  ergab  sich  allemal  das 
gleiche :    nie   wurden   andere   Hummeln   zu   den  gefundenen  Vorräten   hingeführt. 

Nachstehend  gebe  ich  zwei  Beobachtungsreihen  an  Hummeln  wieder,  die  zufällig 
aus  dem  Freien  in  das  Zimmer  geflogen  waren  und  sodann  fortfuhren,  systematisch  ab- 
und  zuzufliegen  und  Honig  zu  rauben.  Beide  Hummeln  gehörten  zu  Bonibus  muscorum ; 
Hummel  A  war  eine  kleine,  Hummel  B  eine  große  Arbeiterin.  Das  Nest  von  einer  dieser 
Hummeln  konnte  ich  ausfindig  machen;  es  befand  sich  im  Garten,  in  einer  Entfernung 
von  ca.  30  Metern  von  dem  Zimmer.  —  Das  Herbei-  und  Abfliegen  geschah  in  folgender 
Ordnung : 


Hummel  A. 

Hummel  B. 

Herbeifliegen : 

Abfliegen  : 

Herbeifliegen : 

Abfliegen  : 

l^  45 

1"  50 

2"  02 

2"  05 

\^  54 

\^  59 

2''  16 

2"  20 

2"  - 
2"  09 

2"  04 
2''  15 

Unterbrechung  d 

er  Beobachtung 

Unterbrechung  c 

er  Beobachtung 





3"  20 

Z^  25 

3''  33 

S"-  35 

3"  32 

3"  36 

3"  44 

3"  47 

^^  39 

3''  43 

4h  _ 

4''  04 

S"»  48 

3"  52 

4'»  12 

4"  15 

3"  58 

3'"  59 

4"  20 

4"  24 

4"  03 

4"  04 

4''  30 

4''  35 

4"  07 

4''  10 

4"  47 

4"  52 

4"  13 

4"  17 

4"  57 

b^  03 

4'^  20 

4''  24 

4"  27 

4''  30 

4"  35 

4"  38 

4''  41 

4''  45 

4''  48 

4''  58 

41^  56 

ö""  Ol 

5"  04 

5"   10 

5»  12 

— 

Aus  den  angeführten  Daten  geht  hervor,  daß  die  Arbeit  der  Hummeln  mit  großer 
Regelmäßigkeit  und  Energie  betrieben  wird;  der  Raub  beginnt  am  Vormittag  und  endet  vor 
Sonnenuntergang.  Jedesmal  sogen  sich  die  Hummeln  dermaßen  voll  Honig,  daß  sie  nur 
mit    Mühe    auffliegen    konnten    und    bisweilen    sogar    gezwungen    waren,    aus    dem    Zwinger 


—     160     — 

herauszukriechen,  bevor  sie  ihren  Flug  begannen.  —  Die  Beobachtung  dauerte  über  eine 
Woche  (8  Tage)  und  das  Resultat  blieb  unabänderlich  das  gleiche:  während  dieser  ganzen 
Zeit  kam  keine  einzige  neue  Hummel  zu  dem  Honig.  Auch  könnte  ich  noch  eine  Reihe 
anderer  eigener  Beobachtungen  anführen,  welche  die  Tatsache  bestätigen,  daß  die  Hummeln 
ihre  Nestgenossen  nicht  zu  den  von  ihnen  entdeckten  Vorräten  , .mitbringen". 

Ich  zweifle  keinen  Augenblick  daran,  daß  der  Grund  dieser  Erscheinung  in  der  Be- 
schaffenheit ihres  Geruchsvermögens  zu  suchen  ist,  ebenso  wie  auch  die  Ursache  da- 
für, daß  die  Wespen  und  Bienen  ihre  „Genossinnen"  mit  sich  bringen,  in  der  Beschaffen- 
heit ihres  Geruchsvermögens  liegt.  Das  Lexikon  der  Hummeln  enthält  demnach  um  ein 
Wort  weniger  als  das  Lexikon  der  Bienen :  —  das  Wort,  welches  dem  Geruchsvermögen 
der  letzteren  von  einer  Spur  Mitteilung  macht,  vermittelst  welcher  sie  nach  dem  gesuchten 
Gegenstande   gelangen   können. 

Die  mitgeteilten  Tatsachen  und  Betrachtungen  berechtigen  mich  zu  der  Behauptung, 
daß  die  Erzählungen  von  der  Fähigkeit  der  Insekten,  ihren  Kameraden  über  den  Fundort 
von  Nahrungsvorräten,  und  dazu  noch  mit  genauer  Beschreibung  dieses  Ortes,  Mitteilung  zu 
machen,  —  gänzlich  in  die  Kategorie  des  Jägerlateins  verwiesen  werden  müssen.  Dahinein 
gehört  aber  noch  vieles  andere;  z.B.  auch  die  Geschichte  von  den  ,,Trompetern" 
der  Hummeln,  nebst  Betrachtungen  darüber,  warum  und  weshalb  sie  trompeten!  Prof. 
Perez'  erzählt  sehr  ausführlich  hierüber;  auf  diesen  Autor  verweise  ich  denn  auch  den 
Leser,  der  sich  für  den  Gegenstand  näher  interessiert;  das  Wesentliche  der  alten  und  nied- 
lichen Geschichte  besteht  darin,  daß  der  Trompeter  des  Morgens  auf  dem  Neste  erscheint, 
um  seine  Genossinnen  zu  wecken,  damit  sie  ihren  Arbeitstag  beginnen.  Was  Perez  selbst 
betrifft,   so   ist    seine   Ansicht   über   diese   Erscheinung  die   folgende : 

,,L'utiIite  de  ce  reveilleur  des  Bouidons  nous  echappe,  surtout  quand  nous  voyons,  dans  les  obser- 
vations  de  Hoff  er,  des  ouvrieres  sorties  des  quatre  heures,  alors  que  la  diane  ne  commence  ä  se  faire 
entendre  que  huit  minutes  plus  tard.  Pourquoi  donc,  au  Heu  de  s'empresser  de  sortir,  la  premiere  ouvriere 
eveillee  ne  se  charge-t-e!le  point  des  fonctions  de  trompette?  Faudrait-il  ä  celle  qui  les  remplit  quelque 
titre  officiel  .^  Serait-ce  un  bourdon  deterniine,  et  pas  un  autre ,  ä  qui  seul  doit  incomber  le  devoir  de 
reveiller  ses  freres  ^ 

II  serait  en  tout  cas  assez  mal  choisi,  ce  reveilleur,  qui  n'est  pas  le  premier  leve. 

Notez  encore  que  son  rappel  dura  un  quart  d'heure ,  vingt  minutes  ou  meme  plus.  Est-il  donc 
necessaire  qu'il  soit  si  long,  pour  etre  eftlcace.'  Quel  dures  oreilles  que  ces  bourdons !  Eh  oui,  en  effet,  ils 
sont  sourds,  bien  sourds,  comme  les  abeilles,  comme  les  fourmis,  car  on  ne  supposera  pas,  sans  deute, 
que  seuls  ils  n'entendent  point.     Et  s'ils  n'entendent  pas,  ä  quoi  bon  alors  la  sonnerie  du  trompette.' 

S'il  est  impossible  de  croire  que  ce  bruyant  personnage  remplisse  une  fonction  sociale  quelconque 
dans  la  colonie,  il  est  tres  naturel  d'admettre  qu'il  ne  s'agite  tant  que  pour  son  propre  compte.  II  en  est 
du  trompette ,  vraisemblablement ,  comme  des  abeilles  dites  ventilateuses ;  ce  doit  etre  un  bourdon  eclos 
depuis  peu,  n'ayant  point  encore  fait  sa  premiere  sortie,  et  qui  se  prcpare,  par  un  entrainement  prealable, 
aux  longs  voj'ages  qu'il  lui  faudra  bientot  fournir.  II  n'est  nullement  prouve ,  que  le  trompette  ainsi  que 
Ho  ff  er  parait  le  croire,  soit  tous  les  jours  le  meme.  II  serait  d'ailleurs  facile  de  s'en  assurer,  comme  aussi 
de  constater  si  c'est  toujours  ou  non  un  bourdon  venant  d'eclore.  II  est  bon  de  rappeler  ä  ce  propos  que 
Ho  ff  er  lui-meme  a  vu ,  ainsi  que  nous  l'avons  rapporte  plus  haut,  les  mäles  depuis  peu  sortis  du  cocon 
s'exercer  dans  le  nid  en  agitant  leurs  ailes,  et  developper  ainsi  les  muscles  du  vol." 


'  loc.  cit.  p.  117  u.  ff. 


—     161     — 

Das  bisher  letzte  Wort  in  unserer  Angelegenheit  ist  im  Jahre  1903  gesprochen  worden. 
V.  Buttel-Reepen  gibt,  indem  er  sich  ebenfalls  auf  die  Beobachtungen  von  Hoff  er 
beruft,  folgende  Deutung:  er  vermutet,  daß  die  Trompeter  bei  den  Hummeln  dieselbe 
Rolle  spielen,  wie  unter  den  Bienen  die  Arbeiterinnen  bei  der  Ventilation  des  Stockes ;  zu 
diesem  Zwecke  stehen  eine  oder  mehrere  solcher  Bienen  am  Flugloche  und  befördern  die 
Reinigung  der  Luft  durch  rasche  Bewegungen  ihrer  Flügel,  v.  Buttel-Reepen  hat  die 
Erscheinung  indessen  nicht  selbst  beobachtet,  und  wiederholt  infolgedessen  eine  ganze  Reihe 
ungenauer  Angaben  Hoffers.  Z.  B.  sollen  Trompeter  nur  bei  individuenreichen  Völkern 
vorhanden  sein.  Dies  ist  unbedingt  falsch :  nicht  ein  Mal,  sondern  sehr  viele  Male  habe 
ich  Trompeter  bei  Völkern  beobachtet,  welche  aus  höchstens  12  Individuen  bestanden. 
Einstmals  „trompeteten"  in  einem  aus  10  Individuen  bestehenden  Neste  von  Bonibus 
muscoruni  sogar  fünf  derselben;  es  war  dies  um  i  Uhr  Mittags,  als  die  Temperatur  in  der 
Sonne  eine  solche  Höhe  erreicht  hatte,  daß  das  Wachs  des  Nestdaches  weich  geworden  war. 

In  diesem  Volke  von  Bomhus  muscoruni  beobachtete  ich  nicht  allein  ganze  500/0 
von  Trompetern,  sondern  ich  konnte  dieselben  auch  nach  meinem  Belieben  zum  Trompeten 
zwingen ;  um  das  zu  erreichen,  brauchte  ich  die  Kiste  mit  dem  darin  befindlichen  Neste 
nur  an  die  Sonne  zu  stellen  und  dieselbe  zu  V-t  rnit  einem  Stücke  dunklen  Glases  zu  be- 
decken: nach  Verlauf  von  5 — 10  Minuten  erschienen  die  Trompeter  bereits  auf  ihrem  Platze 
und  begannen  zu  trompeten.  Wurde  das  Glas  aufgehoben  und  die  Luft  abgekühlt,  so  ver- 
stummten die  Trompeter  sofort.  In  einem  Neste  von  Bomhus  lapidarius  (von  etwa 
100  Individuen)  zwang  ich  10  Individuen  und  darüber  gleichzeitig  zu  „trompeten".  —  Diese 
und  viele  andere  in  gleicher  Richtung  ange- 
stellte Versuche  führten  mich  zu  dem  zweifel- 
losen Schlüsse,  daß  der  sogenannte  Trompeter 
ein  lebender  Ventilator  ist ,  welcher  zu 
arbeiten  beginnt,  sobald  die  Luft  im  Neste 
den  Anforderungen  nicht   mehr  entspricht,   aus  p.     ^^^ 

welchen   Gründen  dieses  letztere  auch  erfolgen 
möge. 

Ferner  spricht  v.  Buttel-Reepen,  wiederum  nach  Hoff  er,  darüber,  daß  Trompeter 
nur  bei  unterirdisch  bauenden  Völkern  bekannt  sind.  —  Ich  habe  dagegen  Trompeter  bei 
Hummeln  mit  allen  Arten  von  Nestern  beobachtet,  am  häufigsten  jedoch  und  am  deutlichsten 
ausgesprochen  bei  Bambus  lapidarhis.  Der  Grund,  warum  die  Autoren  bei  einigen  Hummel- 
arten keine  Trompeter  gesehen  haben,  liegt  darin,  i)  daß  sie  dieselben  nicht  unter  den  ge- 
eigneten Bedingungen  beobachtet  haben,  und  2)  daß  nicht  alle  Trompeter,  indem  sie  die 
Luft  ventilieren,  hörbar  summen;  bei  Bomhus  muscorum  habe  ich  Trompeter  beobachtet, 
die  ihre  Flügel  in  eine  solche  Stellung  brachten,  und  dieselben  verhältnismäßig  so  langsam 
bewegten,  daß  sie  keinen  Laut  von  sich  gaben.  Auf  Fig.  122  sehen  wir  einen  Trompeter, 
welcher  auf  einem  Flecke  (den  Waben)  stehend,  ein  starkes  Summen  hören  läßt;  seine 
Flügel  sind  weit  ausgebreitet,  wie  dies  durch  zwei  denselben  entsprechende  Linien  ange- 
deutet ist.  Auf  Fig.  123  sehen  wir  einen  Querschnitt  durch  den  Cephalothorax  (Ceph)  an 
der  Stelle,  wo  die  Flügel  an  ihm  befestigt  sind;  die  Schwingungen  dieser  letzteren,  durch 
punktierte  Linien  angegeben,  sind  stets  kleiner    als    beim    Fluge,    bisweilen    sogar    sehr    be- 

Zoologica.    Heft  46.  21 


—     162     — 

trächtlich.  Dementsprechend  ist  auch  die  Kraft  des  Tones  eine  verschiedene,  bis  zum  völhgen 
Verschwinden. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  auch  alle  Erklärungen  v.  Buttel-Reepens,  warum  man 
Trompeter  nur  bei  unterirdische  Nester  bauenden  Hummeln  beobachten  kann,  durch  meine 
Beobachtungen  haltlos  werden.  Ebenso  werden  die  Erklärungen,  die  v.  Buttel-Reepen  für 
den  Umstand  gibt,  daß  wir  die  Trompeter  nur  früh  am  Morgen  hören,  hinfällig ;  es  liegt 
kein  Grund  vor,  dies  zu  erklären,  da  wir  die  Trompeter  eben  zu  jeder  Tageszeit  hören 
können.  Abgesehen  von  diesen  Ungenauigkeiten  kommt  aber  die  Erklärung  v.  Buttel- 
Reepens,  indem  der  Autor  dasjenige  auf  die  Hummeln  überträgt,  was  bereits  für  Apis 
mellifica  bekannt  war,  nicht  nur  der  Wahrheit  näher,  sondern  sie  ist  sogar  unbedingt 
richtig.  Der  Hummel-Trompeter  ist,  wie  ich  bereits  gesagt  habe,  ein  lebender  Ventilator; 
Prof.  Perez  begeht  demnach  einen  Irrtum,  wenn  er  den  Trompetern  eine  soziale  Funktion 
abspricht,  und  seine  eigene  Erklärung,  wonach  dem  Summen  der  Hummeln  die  Be- 
deutung einer  Flügelgymnastik  zukommt,  —  stellt  einen  zweiten  Irrtum  dar.  Anderseits 
ist  der  Autor  ganz  im  Rechte,  wenn  er  vermutet,  daß  eine  jede  in  dieser  Weise  ar- 
beitende Hummel  „ne  s'agite  tant  que  pour  son  propre  comptc"  :  weder  die  Sorge  um  die 
Interessen  der  „Gesellschaft"  noch  das  Verständnis  der  „sozialen"  Rolle  haben  hier  auch 
nur  den  geringsten  Einfluß,  obgleich  die  Resultate  der  Arbeit  eben  dieser  ganzen  „Ge- 
meinde" zugute  kommen. 

So  prosaisch  endet  die  Legende  von  den  Hummeln,  die  ihre  Schwestern  mit  Musik 
zu  des  Tages  Arbeit  rufen !  Der  lebende  Ventilator  ist  nicht  nur  unfähig  zum  Herbeirufen, 
sondern   er  wird   auch   zweifellos   von   niemandem  bemerkt  und   gehört. 

Wir  wollen  nunmehr  von  den  alten  Untersuchungsmethoden  der  vergleichenden 
Psychologie  und  \on  den  Schlußfolgerungen  ad  hominem  zu  den  Resultaten  übergehen, 
die  ich  durch  Beobachtungen  an  Hummeln  erzielt  habe.  Diese  Beobachtungen  geben, 
wie  wir  sogleich  sehen  werden,  auf  die  Frage:  besitzen  die  „sozialen"  Insekten  eine 
Sprache,  welche  der  „Sprache"  der  höheren  Tiere  halbwegs  ähnlich  ist?  —  die  kategorische 
Antwort:  nein,  sie  besitzen  keine  solche  Sprache.  Können  aber  vielleicht  die 
sozialen  Insekten  sich  irgend  welche  Nachrichten  auf  eine  Art  und  Weise  zukommen  lassen, 
die  nichts  mit  der  Sprache  der  höheren  Tiere  zu  tun  hat?  Auf  diese  Frage  antworte  ich 
ebenso  kategorisch :  ja,  sie  können  dies,  aber  als  Redeorgan  dient  ihnen  der  Geruch  und 
das  Gefühl,  und  die  Psychologie  dieser  „Sprache"  hat  einen  ganz  anderen  Charakter,  als 
diejenige  einer  wirklichen,  durch  das  Gehörorgan  aufgenommenen  Rede.  Auch  repräsentiert 
jene  Geruchs-  und  Gefühlssprache,  entgegen  der  Ansicht  der  Autoren,  keineswegs  ein 
Etwas,  wodurch  die  gesellig  lebenden  Insekten  ganz  besonders  ausgezeichnet  wären  und 
direkt  mit  den  höheren  Formen  der  Geselligkeit  —  der  menschlichen  —  verglichen  werden 
könnten,  sondern  sie  übertrifft  dasjenige,  was  wir  bei  den  solitären  Insekten  antreffen,  in 
keiner  Weise   und   bleibt   sogar   hinter  einigen   derselben   zurück. 

1.  Die  Sprache  des  Geruchssinnes. 

Die  Sprache  dient  bei  den  Hummeln  hauptsächlich  zur  Lösung  zweier  Aufgaben. 
a)  in  Fällen   der  Auswanderung  aus   dem  alten    Neste   und    Anlegung   eines    neuen   zur   Mit- 


—     1G3     — 

teilung  über  die   Lage  des  letzteren;   b)  zum  Erkennen   von    Genossen    und    Fremden.     Wir 
besprechen   nacheinander   die    hierhergehörigen   Erscheinungen: 

a)  Die  Mitteilung  über  den  Platz,  wo  das  neue  Nest  bei  der  Über- 
siedelung  eingerichtet   werden    soll. 

Wenn  schwärmende  Bienen  den  Stock  verlassen,  so  siedeln  sie  sich  an  einem  be- 
liebigen Orte  an,  indem  sie  den  ersten  passenden  Gegenstand  hierzu  benützen,  —  bisweilen 
in  einem  Mäuseloche,   das   in  einer  bestimmten  Tiefe  zu  ihrer  Behausung  hergerichtet  wird.^ 

Bei  den  Hummeln  findet  ein  Schwärmen  nicht  statt,  allein  Fälle  von  Übersiedelungen 
in  Gemeinschaft  mit  dem  Weibchen  kommen  vor,  wenn  auch  außerordentlich  selten.  Der- 
artige Auswanderungen  aus  dem  alten  Neste  werden  nur  „zu  Fuße",  niemals 
im  Fluge  ausgeführt.  Die  Ursache  dieser  Erscheinung  liegt  natürlich  in  jenen  Eigenschaften 
des  Geruchssinnes  der  Hummeln,  von  denen  ich  bereits  oben  gesprochen  habe.  Während 
die  Bienen  durch  die  von  den  „Kameradinnen"  in  der  Luft  zurückgelassene  Spur  geleitet 
werden,  vermögen  die  Hummeln,  die  ein  analoges  Geruchsvermögen  nicht  besitzen,  nur  mit 
Hilfe  des  taktilen  Geruchs  einander  zu  folgen.  Übrigens  interessiert  uns  hierbei  nicht 
sowohl  dieser  LImstand,  als  die  Frage:  wer  gibt  Nachricht  über  die  Notwendigkeit  der 
Übersiedelung  und  über  den  Ort,  wo  das  neue  Nest  begründet  werden  muß,  und  auf 
welche  Weise   geschieht    dies  ? 

Ich  kann  diese  Frage  durch  folgende  Beobachtung  beantworten :  Mitte  Juli  brachte 
ich  ein  kleines  Nest  von  Botnhus  muscorum  nach  Hause,  welches  aus  nur  lo — 15  Indi- 
viduen bestand,  da  die  Waben  durch  Parasiten  fast  vollständig  zerstört  worden  waren.  Ich 
legte  das  Nest  mit  dem  noch  darin  befindlichen  Weibchen  in  eine  Kiste.  Um  den  Hummeln 
Gelegenheit  zu  geben  sich  zu  erholen,  gab  ich  ihnen  Futter  und  reinigte  das  Nest  von  den 
Parasiten.  Durch  die  Pinzette  beunruhigt,  krochen  die  Hummeln  mitsamt  dem  Weibchen 
auf  dem  glatten  Boden  der  Kiste  nach  allen  Seiten  auseinander.  Nachdem  das  Weibchen 
eine  Zeit  lang  in  der  Kiste  herumgekrochen  war,  gelangte  es  endlich  in  die  dem  Neste 
gegenüberliegende  Ecke  und  begann  sich  hier  auf  einer  Stelle  hin  und  her  zu  bewegen. 
Die  Arbeiterinnen  hielten  sich  daneben  auf.  Bald  bemerkte  ich,  daß 
das  Weibchen  den  Boden  der  Kiste,  den  es  mit  der  Spitze  des  Ab- 
domens unmittelbar  berührte,  unter  seitlichem  Hin-  und  Herbiegen  des 
Hinterleibes  zu  beschmieren  anfing,  und  zwar  wurden  hierbei  außer- 
ordentlich feine  Wachsteilclien  auf  den  Boden  aufgetragen.  Bei  den  Ar- 
beiterinnen rief  diese  Substanz  eine  starke  Reaktion  hervor :  sie  folgten 
den   Bewegungen   des  weiblichen  Abdomens  unmittelbar  und  ohne  Unter- 

*=       ^  Fig.    124. 

laß,    indem   sie    die    von    dem  Weibchen  hinterlassene,  für  meine  Augen 

unsichtbare  Spur  mit  den  Fühlern   betasteten  (Fig.   124)   —  ein  Verhalten, 

das   ich  bis  dahin  noch  nie  bei  ihnen  gesehen   hatte.    So   schwankte   der  ganze   Haufe  von 

Arbeiterinnen,  eifrig  tastend,   eine  Weile  hin   und    her.     Bald    darauf    legten    die    Hummeln 

an  dem  neuen   Platze  Wachszellen  an.     Hierauf   schleppten  sie   das   ganze   Baumaterial  von 

dem  früheren  Neste  nach  dem  neugewählten  Orte  und  bauten  ein  neues  Nest  mit  Eingang, 


'  Ich  halte  es  selbstverständlich  nicht  für  angebracht,  mich  bei  den  Anekdoten  über  Berichte,  die  der  Königin 
von  ihren  auf  Rekognoszierung  der  Örtlichkeit  ausgesandten  Untertanen  erstattet  werden,  auch  nur  einen  Augenblick  auf- 
zuhalten. 


—     164     — 

Dach  und  einem  Dutzend  Wachszellen,  die  mit    Honig   gefüllt    wurden;    endlich    legte   das 
Weibchen  Eier  ab   und  es  begann  ein  neues   Leben :  die   Hummeln  waren  übergesiedelt. 

Das  Hummelweibchen  ist  demnach  dazu  befähigt,  eine  Spur  zu  hinterlassen,  welche 
den  Arbeiterinnen  als  ein  Hinweis  auf  die  auszuführenden  Arbeiten  dient,  gleich  der  Spur, 
welche  von  den  Ameisen  hinterlassen  wird,  damit  ihre  Kameraden  ihnen  folgen  können. 
Erkennen  wir  eine  solche  Tätigkeit  als  ein  Element  der  „Sprache"  an,  so  wird  das  be- 
treffende Wort  von  dem  Hummelweibchen  mit  dem  Abdomen  geschrieben  und  von  den 
Arbeiterinnen  mit  Hilfe  der  Fühler  gelesen.  \"on  einem  gewissen  Gesichtspunkte  aus  be- 
trachtet, ist  dies  natürlich  eine  Sprache,  indem  mit  dieser  Methode  ein  Insekt  seinen  Ka- 
meraden etwas  „sagt".  Allein  darin  liegt  noch  keine  Veranlassung,  die  „sozialen"  Insekten 
aus  ihrer  Klasse  herauszuheben  und  mit  Überspringung  aller  Zwischenstufen  neben  die 
höchsten  Tiere  —  die  Vögel  oder  Säuger  —  zu  stellen;  denn  über  eine  solche  Sprache 
verfügen  auch  viele   solitäre   Insekten. 

b)    Über  das   „Erkennen"   der  Nestgenossen    und   fremder    Individuen. 

Außer  über  den  Nistplatz  können  die  Hummeln  vermittelst  ihrer  Geruchs- 
sprache  auch  darüber  unterrichtet  werden,  ob  eine  in  das  Nest  geratene  Hummel  zu 
ihnen  gehört,  oder  ob  es  eine  Fremde  ist.  Die  Tatsache,  daß  ein  persönliches  Erkennen 
weder  bei  den  Bienen,  noch  bei  den  Wespen,  noch  endlich  bei  den  Ameisen  vorkommt, 
wird  gegenwärtig  augenscheinlich  von  allen  Autoren  als  feststehend  betrachtet ;  gleichzeitig 
wird  damit  natürlich  auch  anerkannt,  daß  dasjenige  Erkennen,  zu  welchem  diese  Insekten 
befähigt  sind,  etwas  ganz  anderes  darstellt,  als  das  Erkennen  bei  den  höheren  Tieren. 
Diese  Fähigkeit  bezeichnet  ßethe  bei  den  Bienen  und  Ameisen  bekanntlich  durch  den 
Ausdruck  Chemoreflex,  indem  er  derselben  alles  Psychische  abspricht  und  sie  den  Ge- 
ruchsorganen zuordnet.  Jeder  gegebene  Stock  oder  jedes  Nest  einer  jeden  einzelnen  Art 
scheidet  einen  bestimmten  Geruch  aus  —  nämlich  eine  besondere,  durch  den  Stoffwechsel 
gelieferte  Substanz;  indem  nun  die  Individuen  der  gegebenen  Familie  die  Ihrigen  oder 
Fremde  mit  den  Fühlern,  die  mit  dem  spezifischen  Geruchsvermögen  ausgerüstet  sind,  be- 
rühren,   erfolgt   der    Chemoreflex. 

Folgende  Tatsachen  sind  geeignet,  die  betreffenden  \"erhältnisse  bei  den  Hummeln 
klarzulegen. 

Bereits  oben  habe  ich  erwähnt,  daß  das  Weibchen  in  besonderem  Maße  die  Fähig- 
keit besitzt,  die  Ihrigen  von  Fremden  zu  unterscheiden.  Fliegt  ein  Weibchen  zufällig  in 
ein  fremdes  Nest,  so  wird  es  bei  der  ersten  Berührung  ihrer  Fühler  mit  einer  der  Ar- 
beiterinnen des  fremden  Nestes  sich  sofort  zurückziehen  und  davonfliegen;  setzt  man  eine 
fremde  Hummel  in  sein  eigenes  Nest,  so  wird  es  dieselbe  sofort  als  eine  Fremde  erkennen 
und   hinausjagen. 

Andere  Tatsachen  stehen  hiermit  in  Widerspruch.  Ich  setzte  ein  junges,  soeben 
erst  aus  dem  Kokon  ausgekrochenes  Weibchen  von  Bombus  lapidarius  in  ein  ihm 
fremdes  Nest  derselben  Hummelart.  Es  verhielt  sich  zu  demselben,  als  wäre  es  das 
seinige;  auch  die  Hummelarbeiterinnen  betrachteten  das  Weibchen  als  das  Ihrige  und 
ließen  es  in  Ruhe.  —  Ein  anderes  Mal  setzte  ich  das  \\'eibchen  eines  Volkes  von  Bomhus 
lapidarius,  das  aus  verschiedenen  Ursachen  fast  gänzlich  zu  Grunde  gegangen  war,  zu 
einem  anderen  Volke  derselben  Art,  welches  kein  Weibchen  besaß.    Die  Arbeiterinnen   er- 


—     165     — 

kannten  das  fremde  Weibchen  nicht  als  ein  Glied  ihrer  Familie  an,  allein  das  Weibchen 
beachtete  dies  nicht  im  geringsten,  begann  die  Waben  zu  besorgen,  dieselben  zu  bebrüten 
u.  dergl.  m.  Nach  einem  Tage  erwies  sich  die  Familie  schon  als  ein  wohl  zusammen- 
gefügtes Ganzes  und  das  Weibchen  war  in  seinen  „Rechten  und  Pflichten"  anerkannt.  — 
Einstmals  brachte  ich  ein  Weibchen  von  Bomhus  terrestris  von  einer  Wiese  mit  nach 
Hause  und  setzte  dasselbe  in  ein  weiselloses  Nest  von  Hummeln  derselben  Art.  Sofort 
stürzte  sich  eine  Arbeiterin  auf  das  fremde  Weibchen,  welches  sich  unter  die  Waben  ver- 
steckte ;  später  kroch  es  nach  oben  und  begann  aus  einer  Zelle  Honig  zu  saugen.  Die  Arbeite- 
rinnen überfielen  das  Weibchen ;  es  begann  eine  Balgerei,  in  welcher  die  Wirte  des  Nestes 
den  angreifenden  Teil  bildeten;  das  Weibchen  begnügte  sich  damit,  die  Angriffe  abzuwehren 
und  versteckte  sich  wiederum  unter  die  Waben.  Nach  etwa  zwei  Stunden  fand  ich  es  auf 
den  Waben,  ganz  ruhig  neben  den  Arbeiterinnen  sitzend;  alle  saßen  durchaus  friedlich  bei- 
sammen,  als   gehörten    sie   zu    einer   Familie. 

Unveränderlich  und  beständig  ist  das  Betragen  der  Königinnen  verschiedener  Völker 
zueinander:  eine  Begegnung  derselben  im  Neste  führt  unausbleiblich  zu  einem  hartnäckigen 
und  tödlichen  Kampfe. 

Bei  den  Hummelarbeiterinnen  ist  die  Fähigkeit,  die  Ihrigen  von  Fremden  der  gleichen 
Art  zu  unterscheiden,  viel  schwächer  ausgebildet,  als  bei  den  Weibchen,  und  überdies  nicht 
nur  bei  verschiedenen  Völkern,  sondern  auch  bei  Individuen  ein  und  desselben  Volkes  ver- 
schieden groß.    Hierüber  habe  ich  eine  Menge  von  Versuchen  angestellt. 

Ein  Teil  dieser  Experimente  ergab,  daß  die  Hummelarbeiterinnen  sich  in  der  Ge- 
fangenschaft hinzukommenden  Individuen  gegenüber  oft  recht  gutmütig  verhalten  und  die- 
selben  durchaus   nicht   angreifen,   wie   die   letzteren   es   in    Bezug   auf  die  Wirte   tun. 

Ich  besitze  eine  ganze  Reihe  von  Aufzeichnungen  mit  dem  Vermerke,  daß  4,  5,  10, 
20  Individuen  in  ein  bestimmtes  Nest  gesetzt  wurden,  und  daß  der  Zuwachs  von  dem  fremden 
Volke  ohne  den  geringsten  Widerstand  oder  doch  nur  mit  ganz  geringem  Widerstände  auf- 
genommen worden  war.  Besonders  gut  gelangen  mir  diese  Versuche  in  den  Fällen,  wenn 
ich  die  Hummeln,  nachdem  ich  sie  gezeichnet  hatte,  für  die  Nacht  hinzutat.  Es  kam  sehr 
häufig  vor,  daß  die  hinzugesetzten  Hummeln  die  Rolle  der  Wirte  übernahmen,  die  Wirte 
dagegen  sich  wie  Geschwister  der  Ankömmlinge  verhielten,  und  zwar  ohne  die  geringsten 
Schwankungen  oder  Mißverständnisse.  Es  ist  hierbei  von  entscheidender  Wichtigkeit,  ob 
die  hinzugesetzten  Hummeln  aus  einem  normal  beweiselten  oder  einem  weisellosen  Volke 
stammen.  War  das  letztere  der  Fall,  so  gelang  die  Vereinigung  um  so  leichter,  je  länger 
die  Weisellosigkeit  gedauert  hatte.  Es  kam  einmal  vor,  daß  eine  weisellose  Hummel,  die 
in  ein  fremdes  Nest  gesetzt  ward  und  dort  verblieb,  bei  der  Heimkehr  von  der  Tracht  in 
ihr  früheres,  am  benachbarten  Fenster  belegenes  weiselloses  Nest  einkehrte  und  sich  hier 
an  eine  Arbeit  machte.  Ich  nahm  die  Hummel  mit  der  Pinzette  und  setzte  sie  in  jenes 
fremde  Nest  zurück,  aus  dem  sie  ausgeflogen  war,  worauf  die  Hummel  daselbst  ihre  Arbeit 
ruhig  fortsetzte,  ohne  die  \'erändcrung  zu  bemerken.  Von  großem  Interesse  sind  in  dieser 
Hinsicht  auch  Versuche  an  einer  Arbeitshummel  von  Bomhus  muscorum,  die  mit  ver- 
kümmerten Flügeln  aus  der  Zelle  eines  schon  seit  langer  Zeit  weisellosen  Nestes  aus- 
gekrochen war.  Ich  verbrachte  dieselbe  aus  dem  Neste  Nr.  2  in  das  Nest  Nr.  15  (ebenfalls 
von  Bomhus  muscorum  und  ebenfalls  weisellos).      Die    Hummel    fraß    zuerst    von    dem    als 


—     166     — 

Futter  dargebotenen  Bienenhonig,  wandte  sich  nach  eingenommener  Mahlzeit,  da  Lage  und 
Anordnung  der  Zwinger  bei  mir  überall  dieselbe  ist,  direkt  nach  den  Waben  des  fremden 
Nestes  um  und  machte  sich  hier  an  die  Arbeit.  Die  Glieder  der  Familie  beachteten  den 
Ankömmling  in  keiner  Weise,  und  dieser  selbst  wurde  zu  einem  Mitglied  der  neuen  Familie : 
er  benahm  sich  wie  einer  der  Wirte,  d.  h.  verteidigte  das  Nest  so  gut  er  konnte,  besserte  es 
aus  u.  s.  w. 

Von  höchstem  Interesse  sind  Tatsachen,  durch  die  der  Beweis  geliefert  wird,  daß 
die  Arbeitshummeln  den  Geruch  ihrer  „anverwandten  Schwestern  aus  dem  heimatlichen 
Neste"  sehr  rasch  vergessen.  Dies  Vergessen  der  Seinigen,  das  bisweilen  auffallend 
rasch  eintritt,  kann  durch  eine  ganze  Reihe  von  Beobachtungen  bestätigt  werden,  von 
denen   ich  hier   einige   mitteile. 

Ich  brachte  einige  Hummeln  aus  einem  von  Füchsen  zerstörten  Neste  mit  nach 
Hause,  setzte  sie  in  eine  Kiste,  in  der  sich  früher  ein  Hummelnest  befunden  hatte,  und 
gab  ihnen  dort  Honig  zu  fressen.  Am  nächsten  Tage  brachte  ich  eine  andere  Hummel  aus 
dem  gleichen  zerstörten  Neste,  und  es  erwies  sich,  daß  weder  sie  die  am  Tage  zuvor  ge- 
holten Hummeln  als  die  Ihrigen  anerkannte,  noch  auch  diese  die  neu  hinzugekommene 
Hummel  als  eine  der  Ihrigen:  sie  hielten  sich  getrennt  und  zeigten  keine  Geneigtheit,  in 
nähere  Verbindung  miteinander  zu  treten.  Offenbar  hatte  der  Geruch  des  neuen  Nestes, 
welchen  sie  während  des  eintägigen  Aufenthaltes  in  demselben  angenommen  hatten,  die 
Hummeln   einander   fremd   gemacht. 

Wenn  eine  Hummel,  die  man  einem  fremden  Volke  beigesellt,  am  Tage  feind- 
selig von  diesem  Volke  aufgenommen  wurde,  so  braucht  man  sie  nur  am  Abende,  wenn  die 
Hummeln  schlafen  und  daher  nicht  an  Angriff  denken,  dahin  zu  setzen,  um  sie  am 
nächsten  Tage  von  denselben  entweder  ganz  gutmütig  oder  doch  mit  unvergleichlich  ge- 
ringerer Feindseligkeit  von  Seiten  einzelner  Hummeln  aufgenommen  zu  sehen.  Ich  habe  Fälle 
verzeichnet,  wo  einer  am  Tage  in  ein  fremdes  Nest  gesetzten  Hummel  so  übel  mitgespielt 
wurde,  daß  sie  wieder  fortgenommen  werden  mußte ;  dieselbe  Hummel,  am  Abend  in  das- 
selbe Nest  gesetzt,  machte  sich  am  nächsten  Morgen  an  den  Waben  zu  schaffen,  und  fühlte 
sich  in  dem  fremden  Neste  wie  zu  Hause.  Es  kann  jedoch  \orkommen,  daß  sich  im  Volke 
Hummeln  finden,  welche  auch  nach  Verlauf  eines  Tages  noch  eine  Fremde  erkennen,  und 
daher  ist  eine  hinzugesellte  Hummel  im  allgemeinen,  selbst  wenn  die  Mehrzahl  der  Familien- 
glieder sich  ihr  gegenüber  ganz  friedfertig  verhält,  noch  nicht  völlig  vor  Angriffen  sicher. 
Es  kam  ein  Fall  vor,  wo  eine  hinzugesellte  Hummel,  die  in  einem  fremden  Neste  bei  voll- 
ständig friedfertigem  Verhalten  seitens  der  Glieder  der  fremden  Familie  etwa  einen  Tag 
zugebracht  hatte,  von  einer  großen  Arbeiterin  angegriffen  wurde,  und  zwar  in  so  er- 
bitterter Weise,   daß    sie   tödliche   V^erlctzungen  davontrug. 

Die  zu  dieser  Kategorie  gehörigen  Tatsachen  finden  ihre  Erklärung  natürlich  in  defn 
Umstände,  daß  einerseits  das  Geruchsvermögen  bei  den  Individuen  eines  Nestes  nicht  in 
gleichem  Maße  ausgebildet  ist,  und  daß  andererseits  die  riechende  Substanz,  welche  dem 
Akt  des  „Erkennens"  der  Seinigen  und  deren  Unterscheidung  von  Fremden  als  materielle 
Grundlage  dient,  wenig  haltbar  ist  und  unter  veränderten  Bedingungen  leicht  durch  eine 
andere  ersetzt  wird :  es  genügt,  einige  Stunden  in  einem  fremden  Neste  zu  verweilen,  um 
den  Geruch  desselben  anzunehmen  und  in  den  Augen  seiner  Wirte  zu  einem  anverwandten 


—     167     — 

Mitgliede  ihrer  Gemeinde  zu  werden.  —  Durch  eine  solche  physiologische  Grundlage  der 
Erscheinung,  welche  psychologisch  als  das  gegenseitige  Erkennen  der  Hummeln  einer  „Ge- 
meinde" bezeichnet  wird,  ist  der  Charakter  der  Hummelfamilie,  als  Form  des  Zusammen- 
lebens, gut  definiert. 

Der  Teil  eines  Volkes  von  Bombiis  muscorum,  der  an  dem  früheren  Standorte  seines 
Nestes  verblieben  war,  wurde  nach  einem  Tage  von  mir  nach  Hause  gebracht,  wohin  ich 
das  ganze  Nest  mit  den  Waben  und  dem  Weibchen  schon  früher  transportiert  hatte.  Diese 
Hummeln  wurden  von  den  Ihrigen  sofort  anerkannt  und  flogen  nicht  nach  dem  früheren 
Orte  zurück :    der   Geruch  war   bei  diesen   wie   bei   jenen    der  gleiche. 

Ein  anderer  Fall.  Zwei  Wochen,  nachdem  ein  Nest  von  Bomhus  lapidarius  mit 
Waben  und  dem  Weibchen  nach  Hause  gebracht  worden  war,  holte  ich  auch  diejenigen  Hummeln, 
welche  am  alten  Orte  am  Leben  geblieben  waren;  das  Weibchen  stürzte  sich  auf  dieselben, 
zog  sich  aber  bald  wieder  zurück;  die  anderen  Hummeln  ließen  sie  ganz  in  Ruhe. 
Die  neu  hinzugebrachten  Hummeln  fühlten  sich  nicht  sofort  zu  Hause;  es  endete  aber 
damit,  daß  sie  nach  5 — 6  Minuten  durch  das  Flugloch  in  das  Nest  krochen  und  dort  ver- 
schwanden; keine  einzige  dieser  Hummeln  flog  aus  dem  Neste  fort,  obgleich  dasselbe  offen 
stand.  So  wurden  also  Hummeln  aus  demselben  Neste  nach  zwei  Wochen,  wenn  auch 
nicht  ohne  „Mißverständnisse",  von  den  Ihrigen  erkannt  und  erkannten  ihrerseits  das  Nest 
als  das  ihrige. 

Bei  diesen  Untersuchungen  überzeugte  ich  mich  ferner  davon,  daß  bisweilen  einer  in 
ein  fremdes  Nest  (derselben  Art)  gesetzten  Hummel  von  nur  einer  gewissen  Gruppe 
der  Familienglieder  Widerstand  geleistet  wird,  während  die  übrigen 
Glieder  den  Ankömmling  nicht  als  ein  fremdes  Individuum  ansehen  und 
sich  demselben  gegenüber  völlig  gleichgültig  verhalten.  Und  nicht  genug  da- 
mit, daß  die  Individuen  eines  Stockes  sich  einem  Fremdling  gegenüber  ungleich  verhalten : 
auch  diejenigen,  die  ihm  feindselig  gegenübertreten,  legen  ihre  Feindseligkeit  nicht  mit 
gleicher  Intensität  an  den  Tag.  Dementsprechend  wird  auch  die  fremde  Hummel  entweder 
ihren  Verfolgern  weichen  und  fortgehen,  oder  aber  dem  Angriff  nicht  die  geringste  Be- 
achtung schenken  und  an  Ort  und  Stelle  bleiben,  worauf  sie  sich  nach  einiger  Zeit  an  dem 
neuen  Orte  einlebt. 

Ich  habe  versucht,  mir  diejenigen  Glieder  der  Familie  zu  merken,  bei  welchen  die 
Fähigkeit,  die  Ihrigen  von  Fremden  zu  unterscheiden,  besonders  stark  entwickelt  ist,  und 
habe  mich  davon  überzeugt,  daß  ihre  Angriffe  auf  Fremde  keine  Zufälligkeit,  sondern  ihre 
spezielle  Eigenschaft  darstellen.  Ich  gelangte  zu  dem  Schlüsse,  daß  es  die  Hummel- 
arbeitcrinnen  der  ersten  Eiablagen  sind,  welche  diese  Eigenschaft  besitzen,  d.  h.  die 
allerkleinsten  Tiere,  die  das  Nest  nur  selten  verlassen.  Allerdings  kommt  es  vor,  daß  wir 
auch  unter  den  größeren  Exemplaren  von  Arbeiterinnen  solche  finden,  welche  diese  Eigen- 
schaft  in  hohem   Maße   besitzen,  aber  dies  geschieht  viel  seltener. 

Wie  das  Verhalten  der  Arbeiterhummeln  eines  Volkes,  hinzugekommenen  Individuen 
der  gleichen  Art  gegenüber  ein  verschiedenartiges  ist,  so  ist  auch  das  Verhalten  der 
hinzugesetzten  Individuen  zu  den  fremden  Nestern  ein  verschiedenes.  Was  nun  ganz 
besonders  lehrreich  erscheint,  das  ist  der  Umstand,  daß  diejenigen  Individuen,  welche  sich 
als  die  am  meisten  eifersüchtigen   Beschützer  ihres  Nestes  zeigen,   sich  gleichzeitig  auch  als 


—     168     — 

besonders  wenig  nachgiebig  erweisen,  wenn  sie  in  ein  fremdes  Nest  gesetzt  werden.  Kaum 
haben  sie  herausgebracht,  daß  das  Nest,  in  welches  man  sie  gesetzt  hat,  nicht  ihnen  ge- 
hört, so  gehen  sie  augenblicklich  fort;  bietet  sich  jedoch  keine  Gelegenheit  fortzufliegen, 
so  halten  sie  sich  abseits  von  dem  fremden  Neste  und  gewöhnen  sich  nie  an  dieses  letztere. 
—  Andere  Individuen  treten  im  Gegenteil  gerne  in  eine  fremde  Familie  ein,  wenn  sie 
auf  keinen  Widerstand  treffen,  wieder  andere  bleiben  sogar  dann  auf  den  Waben  sitzen, 
wenn  sie  von  den  Wirten  des  Nestes  überfallen  und  gezaust  werden  und  geben  nur  in  dem 
Falle   nach,    wenn    die   Angriffe    allzu   energisch  werden. 

In  der  Gefangenschaft  pflegen  derartige  Angriffe  übrigens  selten  energisch  ausgeführt 
zu  werden,  namentlich  zwischen  Individuen  einer  und  derselben  Art;  die  das  Nest  bewohnende 
Hummel  stürzt  sich  einzeln  auf  den  Eindringling,  dessen  Anwesenheit  sie  entdeckt  hat, 
packt  ihn  am  Beine  und  läuft  um  ihn  herum ;  viel  seltener  setzt  sie  sich  auf  denselben,  in- 
dem sie  ihn  zu  stechen  sucht,  wobei  beide  sich  mit  den  Beinen  umklammern,  sich  miteinander 
überschlagen,  ohne  daß  jedoch  irgend  welche  ernstliche   Folgen   daraus  entstehen. 

Meistens  jedoch  verhält  sich  der  Ankömmling  selbst  dann,  wenn  sein  Kommen  von 
2 — 3  Hummeln  des  fremden  Nestes  bemerkt  wurde,  gegen  solche  Angriffe  ziemlich  indiffe- 
rent, oder  er  begibt  sich  in  das  Innere  des  Nestes.  Damit  endet  denn  auch  das  Ganze,  da 
die  Hummeln  sich  in  einigen  Stunden,  oder  im  äußersten  Falle  in  einigen  Tagen  vollständig 
miteinander  einleben.  Je  entfernter  verwandt  die  Arten  der  Hummeln  sind,  um  so  besser 
erkennen  sie  sich  gegenseitig,  und  um  so  unbedingt  feindseliger  ist  ihr  Verhalten  gegen- 
einander bei  einer  Begegnung  im  Neste.  Hier  treten  zu  dem  Geruchssinne  augenscheinlich 
noch  andere   Indikatoren   für  das   Eigene  und  Fremde  hinzu. 

Bombiis  lapidariiis  und  B.  terrestris  können  als  ein  ausgezeichnetes  Beispiel  für 
das  Obengesagte  dienen.  Ich  sah  einst,  wie  eine  in  ihrem  Neste  beunruhigte  Hummel  von 
B.  lapidariiis  aus  demselben  herausflog  und  aus  Versehen  statt  nach  Hause  zurückzukehren 
in  ein  benachbartes  Nest  von  B.  terrestris  geriet;  als  sie  dort  auf  eine  Hummelarbeiterin 
stieß,  griff  sie  dieselbe  wütend  an  und  brachte  ihr  eine  Wunde  bei,  an  welcher  jene  nach 
Verlauf  von   zwei    Stunden   zu    Grunde   ging. 

Ich  versuchte  eine  eben  erst  ausgeschlüpfte  B.  terrestris  einem  Volke  von  B.  lapi- 
darius  beizugesellen;  die  junge  Hummel  hatte  noch  eine  ganz  glatt  anliegende  Behaarung, 
indem  die  einzelnen  Haare  noch  nicht  ihre  normale,  vom  Körper  abstehende  Lage  einge- 
nommen hatten.  Eine  Arbeiterin  von  B.  lapidarius  entdeckte  die  fremde  Hummel  augen- 
blicklich und  jagte   sie  zum  Neste  hinaus. 

Über  die  Fähigkeit  der  Hummeln,  ihre  Waben  zu  erkennen  und  die- 
selben  von    fremden   Waben    zu    unterscheiden. 

Die  dargelegten  Beobachtungen  und  \'ersuche  beweisen,  daß  das  Erkennen  der 
Hummeln  sowie  das  Anerkennen  der  einen  als  der  Ihrigen,  anderer  als  Fremder  —  durch- 
aus durch  den  taktilen  Geruchssinn  bedingt  wird;  auf  die  Entfernung  können  sie  die 
Ihrigen  von  Fremden  selbst  dann  nicht  unterscheiden,  wenn  sie  sich  nebeneinander  be- 
finden. Ich  habe  diese  Tatsache  durch  zahlreiche  Versuche  festgestellt,  l^m  über  ihre  Be- 
ziehungen zu  einer  ihnen  in  den  Weg  kommenden  Hummel  oder  einem  anderen  Gegen- 
stande klar   zu   werden,   müssen   die   Hummeln    dieses    Objekt    unbedingt    mit    ihren    Fühlern 


—     169     — 

berühren.  Dasselbe  Verfahren  wenden  die  Hummehi  auch  an,  um  ihr  Nest,  ihre  Waben 
u.  dergl.  m.   zu   erkennen. 

Durch  eine  ganze  Reihe  von  Versuchen,  bei  welchen  Bienenwaben  in  Kisten  mit 
Hummelwaben  verbracht  wurden,  konnte  mit  voller  Augenscheinlichkeit  bewiesen  werden, 
daß  die  Hummeln  die  ersteren  nicht  als  die  ihrigen  anerkennen.  Wenn  wir  zum  Beispiel  in 
einem  Hummelstock  einen  Teil  der  eigenen  Waben  mit  Honig  in  einer  Ecke,  den  anderen 
in  einer  anderen  Ecke,  in  einer  Entfernung  von  20 — 25  cm  unterbringen,  so  werden  beide 
Teile  als  eigene  anerkannt;  die  Hummeln  halten  sich  hier  wie  dort  auf  und  tragen  keinen 
Honig  aus  den  Zellen  der  einen  Wabe  in  die  der  anderen.  Legt  man  die  Waben  dagegen 
nahe  aneinander,  in  einer  Entfernung  bis  zu  etwa  4  cm,  so  vereinigen  die  Hummeln  die- 
selben  vermittelst  aus  Wachs   verfertigter  Verbindungswände. 

Ganz  anders  gestaltet  sich  das  Bild,  wenn  wir  neben  die  Hummelwabe  das  Stück 
einer  Bienenwabe  mit  Honig  legen,  so  daß  beide  einander  berühren ;  die  Hummeln  er- 
kennen das  letztere  nicht  als  das  ihrige  an,  indem  sie  nicht  nur  beide  Waben  nicht 
miteinander  verbinden,  sondern  auch  Bienenhonig  in  ihre  Waben  hinübertransportieren. 
Man  darf  jedoch  nicht  glauben,  daß  die  Hummeln  ihren  eigenen  Honig  von  dem  der 
Bienen  unterscheiden  und  es  für  notwendig  halten,  letzteren  einer  gewissen  Bearbeitung  zu 
unterwerfen :  füllt  man  die  Zelle  einer  Hummelwabc  mit  Bienenhonig,  so  verschließen  die 
Hummeln  dieselbe,  wie  sie  es  auch  mit  ihrem  eigenen   Honig  machen   würden. 

Legen  wir  eine  Wabe  aus  einem  Neste  von  Bonibus  lapidarius  in  ein  anderes  Nest 
(Zwinger)  derselben  Hummelart  in  einer  Entfernung  von  20 — 25  cm,  so  sehen  wir  folgen- 
des Bild.  Am  ersten  Tage  läßt  das  Benehmen  der  Hummeln  der  fremden  Wabe  gegen- 
über deutlich  erkennen,  daß  sie  dieselbe  nicht  als  die  ihrige  anerkennen.  Allein  bereits 
nach  Verlauf  eines  Tages  erkennen  sie  dieselbe  als  die  ihrige  an  und  laufen  zu  ihr  aus 
dem  Neste  und  umgekehrt,  genau  wie  sie  dies  tun,  wenn  man  Waben  aus  ihrem  eigenen 
Neste  zerteilt. 

Die  Ursache  dieser  Erscheinung  folgt  ohne  weiteres  aus  dem,  was  weiter  oben  über 
die  Art  und  Weise  des  Erkennens  der  Ihrigen  und  des  Ihrigen  seitens  der  Hummeln  ge- 
sagt worden  ist. 

Es  erübrigt  noch ,  über  das  Verhalten  der  Hummeln  einer  Art  zu  den 
Waben    von    Hummeln    einer    anderen   Art    zu   sprechen. 

Ich  legte  einer  Familie  von  Bombus  lapidarius,  die  ich  aus  einem  zerstörten  Neste 
nach  Hause  mitgebracht  hatte,  Waben  von  Bombus  terrestris  unter.  Ein  großer  Teil  der 
Hummeln  erkannte  die  fremden  Waben  nicht  als  die  ihrigen  an,  während  sie  doch  die 
wenigen  Kokons,  die  ich  aus  ihrem  eigenen  zerstörten  Neste  mit  heimgebracht  hatte,  sofort 
als  die  ihrigen  erkannten  und  sich  emsig  damit  zu  schaffen  machten.  Erst  nach  Verlauf 
von  einigen  Stunden  wurden  auch  die  terrestris-Wahen  angenommen,  und  die  Tiere  be- 
gannen die  darin  befindlichen  Kokons  zu  bebrüten,  die  leeren  aus  den  Vorräten  mit  Honig 
zu  füllen  u.  s.  w.     Das  Weibchen  machte  sich  eifrig  an  seine  Arbeit. 

Obgleich  nun  in  diesem  Falle  die  fremden  Waben  schließlich  als  eigene  anerkannt 
wurden,  so  bleibt  doch  der  Umstand,  daß  die  Hummeln  jene  anfangs,  wenn  auch  kurze 
Zeit    hindurch,   als   fremde   betrachteten,   immerhin    eine    Tatsache,    die    Beachtung    verdient. 

Zoologica.    Hett  46,  22 


~     170     — 

Was  war  es,  das  den  Hummeln  in  dieser  Sache  als  Kriterium  diente  ?  Berücksichtigt  man 
den  Umstand,  daß  eine  aus  dem  gleichen  Neste  stammende  Wabenmasse  von  den  Hummeln 
sofort  als  die  ihrige  anerkannt  wird,  und  zwar  in  einem  jeden  ihrer  Bestandteile  und  nicht 
nur  an  dem  Orte,  wo  sich  das  Nest  befand,  sondern  auch  dann,  wenn  die  Hummeln  nach 
einem  anderen,  für  sie  fremden  Orte  verbracht  werden,  —  wobei  es  ganz  gleichgültig  ist, 
ob  diese  Teile  gleichzeitig  mit  dem  Volke  transportiert  oder  demselben  nach  einiger  Zeit 
untergelegt  werden,  ob  sich  der  in  den  Zellen  enthaltene  Honig  in  den  Waben  erhalten  hat, 
oder  aus  denselben  entfernt  wurde,  endlich  ob  alle  Zellen  ganz  geblieben  sind,  oder  einige 
derselben  beschädigt  wurden,  —  so  können  wir  mit  voller  Überzeugung  behaupten,  daß 
weder  die  allgemeine  Gestalt  der  Wabenmasse,  noch  die  Gestalt  und  der  Bau  der  einzelnen 
Waben  bei  diesem  Erkennen  auch  nur  die  geringste  Rolle  spielen. 

Andererseits  erweist  es  sich,  daß  die  Hummeln  nur  eine  gewisse  Zeit  auf  den  Waben 
zu  verweilen  und  sich  auf  denselben  hin  und  her  zu  bewegen  brauchen,  damit  eine  immer 
größere  und  größere  Anzahl  von  ihnen  dieselben  als  die  ihrigen  anerkennt.  Hierbei  wer- 
den die  Waben  verschiedener  Völker  ein  und  derselben  Art  verhältnismäßig  rasch  an- 
erkannt; die  Waben  verschiedener  Arten  werden  einige  Zeit  lang  als  fremde  betrachtet,  so- 
dann aber  um  so  rascher  in  den  Kreis  der  wirtschaftlichen  Tätigkeit  des  Volkes  herein- 
gezogen, je  häufiger  und  in  je  größerer  Anzahl  sie  von  dessen  Gliedern  besucht  werden. 
Wenn  es  nicht  das  Sehvermögen  und  die  Erinnerung  an  das  Aussehen  der  eigenen 
oder  fremden  Architektur  des  Baues  ist,  so  kann  nur  das  Geruchsvermögen  das  Mittel 
sein,  um  zu  erkennen,  ob  es  sich  um  etwas  Eigenes  oder  um  ein  Fremdes  handelt;  und 
die  Fühler  sind  es,  vermittelst  welcher  diese  Frage  gestellt  und  Antwort  auf  dieselbe 
empfangen  wird. 

Die  Richtigkeit  dieser  Schlußfolgerung  wird  auch  durch  die  Erscheinungen  bestätigt, 
von  welchen  ich  bereits  oben  gesprochen  habe,  als  ich  Fälle  der  Übersiedelung  von  Hum- 
meln mit  der  Königin  an  einen  neuen  Ort  und  von  dem  Benehmen  dieser  letzteren  wie 
auch  der  Arbeiterinnen  beschrieb.  Nach  den  dort  erwähnten  Fällen  stellte  ich  noch  zahl- 
reiche Versuche  ähnlicher  Art  mit  Bomhus     muscorum  an.    Ich  entnahm  einem  Neste  die 

Königin  und  eine  kleine  Anzahl  von  Arbeite- 
rinnen ohne  Waben  und  setzte  dieselben  in 
einen  Zwinger  mit  Baumaterial.    Die  Hummeln 

bauten     bald     ihre     Waben     aus     Wachszellen 

Pi„   ,25.  entweder  direkt  auf  dem   Boden   des   Zwingers 

(Fig.  125),  oder  auf  einem  Stückchen  Karton, 
oder  endlich  auf  einem  beliebigen,  auf  den  Boden  der  Kiste  gelegten  Gegenstande,  wenn 
derselbe  mit  demjenigen  Teile  des  inneren  Nestes  eingerieben  wurde,  auf 
welchem  die  Waben  lagen  und  welcher  beständig  von  den  Hu  m  mein  be- 
gangen wurde.  Ein  derartiges  Einreiben  kann  auf  die  W^eise  erfolgen,  daß  absolut  keine 
sichtbaren  Spuren  nachbleiben;  trotzdem  erkennen  die  Hummeln,  indem  sie  das  geriebene 
Plättchen  oder  den  Teil  des  Kistenbodens  befühlen,  diese  Stelle  sofort  als  die  ihrige  an 
und  machen  sich  an  die  Arbeit.  Durch  diese  Versuche  wird  die  Tatsache,  daß  die  Hummeln 
über  einen  gut  entwickelten  taktilen  Geruchssinn  verfügen,  d.  h.  über  einen  Geruchssinn, 
welcher  sie  dazu  befähigt.  Eigenes  von  Fremdem  durch  Berührung  mit  den  Fühlern  zu  unter- 


rl!»tr«ft 


—     171     — 

scheiden  —  mit  vollster  Augenscheinlichkeit  festgestellt.  Bis  zu  welchem  Grade  der  Fein- 
heit dieser  Geruchssinn  bei  den  Hummeln  entwickelt  ist,  erhellt  aus  folgender  Beobachtung. 

In  der  Nähe  eines  zerstörten  Nestes,  etwa  70  cm  von  demselben  entfernt,  sammelte 
sich  einmal  eine  ziemlich  ansehnliche  Gruppe  von  Hummelarbeiterinnen.  Der  Gegenstand, 
welcher  diese  Ansammlung  an  einer  Stelle  verursacht  hatte,  erwies  sich  als  ein  Stückchen 
Wabe  mit  Puppen.  Ich  nahm  dieses  Stückchen  mit  den  darauf  sitzenden  Hummeln  mit 
nach  Hause.  Als  ich  am  nächsten  Tage  nach  dem  zerstörten  Neste  sah,  fand  ich  wiederum 
eine  Gruppe  von  Hummeln  an  derjenigen  Stelle  vereinigt,  wo  gestern  das  Wabenstückchen 
gelegen  hatte;    die   unsichtbaren  Spuren  desselben  hatten  die  Insekten  angelockt! 

Indem  wir  alles,  was  über  die  „Sprache"  des  Geruches  bei  den  Hummeln  gesagt  wurde, 
kurz  zusammenfassen,  können  wir  erstens  behaupten,  daß  eine  derartige  Sprache  wirklich 
vorhanden  ist;  zweitens,  daß  deren  Anwendung  sich  im  wesentlichen  auf  das  eine  Wort 
„Eigenes"  beschränkt,  da  alles,  was  nicht  eigen  ist,  —  fremd  sein  muß,  und  durch  seine 
Einwirkung  auf  die  Hummeln  bei  diesen  eine  entsprechende  Reaktion  hervorruft :  ein 
fremdes  Nest,  das  Glied  eines  fremden  Volkes  u.  s.  w.  Endlich,  daß  die  Hummeln  das- 
jenige als  das  ihrige  anerkennen,  was  den  Geruch  ihres  Nestes  hat,  wenn  sie  auch  von 
den   anderen    Eigenschaften    des    Gegenstandes  nicht   die   geringste  Vorstellung  haben. 

Den  besten  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  können  folgende  Tatsachen 
abgeben.  Hat  ein  Psithyrus  eine  Zeit  lang  im  Neste  gesessen,  so  wird  er  von  den  Hum- 
meln als  einer  der  ihrigen  anerkannt  und  wird,  wenn  er,  nachdem  er  das  Nest  verlassen 
hat,  wieder  heimkehrt,  durchaus  freundschafthch  empfangen;  begibt  sich  ein  solcher  Psi- 
thi/rus  in  ein  anderes  Hummelnest,  so  wird  er  getötet  oder  fortgejagt  werden;  es  liegt  auf 
der  Hand,  daß  es  von  seinem  Gerüche  abhängt,  ob  der  Psithyrus  als  ein  Genosse  oder  als 
ein  Fremder  behandelt   wird. 

Es  fragt  sich  nun,  woher  dieser  für  ein  jedes  betreffende  Nest 
spezifische  Geruch  stammt,  und  von  wem  diese  Substanz  ausgeschieden  wird?  Durch 
viele  der  von  mir  angeführten  Tatsachen  wird  die  Ansicht  Bethes  anscheinend  auf  das 
beste  bestätigt,  wonach  diese  „Substanz"  von  jedem  einzelnen  Individuum  jeder 
gegebenen  Familie  der  sozialen  Insekten  ausgeschieden  wird  und  als  ein 
Resultat  des  Stoffwechsels  in  deren  Organismus  zu  betrachten  ist.  Diese 
Substanz  dient  ihnen  als  Mittel,  sich  gegenseitig  zu  erkennen,  und  bildet  die  Grundlage  jenes 
Chemo reflexes,   von  welchem   der  Autor  spricht. 

Beobachtungen  haben  mich  gelehrt,  daß  je  energischer  die  Lebenstätigkeit  der 
Hummeln  ist,  desto  leichter  dieselben  die  Fremden  erkennen,  und  umgekehrt:  daß  sie  sich 
um  so  schwieriger  erkennen,  je  schwächer  diese  Tätigkeit  zu  Tage  tritt.  Wenn  nun  die  Be- 
wegungen der  Hummeln  infolge  andauernden  Lebens  in  der  Gefangenschaft  weniger  leb- 
haft werden,  und  das  Ausfliegen  eingestellt  wird,  so  wird  auch  die  Fähigkeit,  die  Ihrigen 
von  Fremden  zu  unterscheiden,  entsprechend  herabgesetzt.  Offenbar  geht  mit  der  Herab- 
setzung der  Lebenstätigkeit  der  Hummeln  eine  Abschwächung  ihres  Stoffwechsels  und  da- 
mit eine  verminderte  Ausscheidung  der  für  jedes  Volk  spezifischen  Substanz  Hand  in  Hand. 
Besonders  beweisend  im  Sinne  dieser  Schlußfolgerung  erscheinen  diejenigen  Tatsachen, 
durch  welche  festgestellt  wird,  daß,  wenn  man  zu  einem  Volke  von  Hummeln  mit  herab- 
gesetzter Lebenstätigkeit  (d.  h.  zu  einem  solchen,   welches   lange    in  der   Gefangenschaft  ge- 


—     172     — 

lebt  hat)  eine  „aus  der  Freiheit"  mitgebrachte  Hummel  setzt,  die  ersteren  dieselbe  sofort 
als  eine  Fremde  erkennen;  setzt  man  dagegen  eine  Hummel  aus  einem  fremden  \'olke  zu 
ihnen,  welche  ebenfalls  lange  in  der  Gefangenschaft  gehalten  worden  war,  so  erkennen  sie 
dieselbe  nicht  als  Fremde.  Von  dem  Gesichtspunkte  der  Hypothese  Bethes  aus  betrachtet, 
haben  wir  es  hier  mit  einer  herabgesetzten  Lebenstätigkeit  des  fremden  Nestes  zu  tun,  wo- 
durch die  Ausscheidung  der  chemischen  Substanz  herabgesetzt  wird,  weshalb  die  betreffen- 
den Tiere  auch  nicht  mehr  als  Fremdlinge  angesehen  werden. 

Ebenso  einfach  läßt  sich  offenbar  auch  folgende  Tatsache  vom  Gesichtspunkte  der 
Be theschen  Hypothese  aus  erklären:  setzt  man  zu  einem  ,,aus  der  Freiheit"  mitgebrachten 
A'olke  eine  Hummel,  welche  lange  in  der  Gefangenschaft  gelebt  hat,  so  wird  letztere  bis- 
weilen nicht  als  Fremde  betrachtet :  die  Ausscheidung  der  „Substanz"  ist  bei  dieser  Hummel 
zu  unbedeutend,  um  sie  als  Fremde  zu  charakterisieren.  —  Alle  diese  und  ähnliche  Tat- 
sachen sprechen  zu   Gunsten   der  erwähnten  Hypothese. 

Es  gibt  jedoch  eine  Tatsache,  deren  Beweiskraft  genügend  stark  ist,  um  diese  Hypo- 
these für  unhaltbar  zu  erklären,  und  zwar  ist  es  die  nachstehende.  Die  Beobachtungen,  von 
welchen  ich  oben  gesprochen  habe,  beweisen  zweifellos,  daß  eine  Hummel,  ja  sogar  ein 
Fsithyrus,  welche  in  ein  fremdes  Nest  gesetzt  wurden,  von  den  Inhabern  desselben  als  zum 
Volk   gehörig  anerkannt   wurden,   nachdem   sie  12 — 13  Stunden  in  dem  Neste  verweilt  haben. 

Wie  läßt  sich  diese  Erscheinung  mit  der  Be  theschen  Hypothese  in  Überein- 
stimmung bringen?  Ist  der  Stoff,  welcher  dazu  dient,  das  Eigene  von  Fremdem  zu  unter- 
scheiden, eine  spezielle  Ausscheidung  des  Organismus,  —  so  werden  sich  seine  Eigen- 
schaften natürlich  dadurch  nicht  ändern,  daß  die  Hummel  von  einem  Orte  an  einen  anderen 
verbracht  worden  ist ;  wenn  aber  dieser  Stoff  unverändert  bleibt,  so  wird  er  heute  und 
morgen  und  nach  einem  Monate  die  Glieder  des  betreffenden  A'olkes  davon  in  Kenntnis 
setzen,  daß  in  ihrer  Mitte  ein  Fremder  weilt,  was  jedoch  in  Wirklichkeit  nie  der 
Fall  ist:  es  brauchen  nur  12 — 15  Stunden  zu  vergehen  und  die  Hummeln  erkennen  den 
untergeschobenen  Fremdling  durch  die  Bank  als  einen  der  Ihrigen  an.  Es  ist  klar,  daß 
es  sich  hier  nicht  um  eine  chemische  Substanz  handeln  kann,  die  \on  jeder  einzelnen 
Hummel   ausgeschieden  wird,   sondern  um  etwas  ganz  anderes. 

Die  Hypothese  von  Bethe  müßte  meiner  Ansicht  nach  in  zweierlei  Hinsicht  korri- 
giert werden. 

Erstens  stellt  der  Stoff,  der  den  Gliedern  einer  Familie  dazu  dient,  sich  gegenseitig 
zu  erkennen,  nicht  ein  besonderes,  eigens  hierfür  ausgeschiedenes  Stoff  Wechselprodukt  dar. 

Zweitens  besitzen  nicht  alle  Individuen  eines  Volkes  die  Fähigkeit,  den  erwähnten 
Stoff   auszuscheiden,   sondern   allein   die   Königinnen. 

Diese  meine  Folgerungen  begründe  ich  einmal  auf  die  oben  mitgeteilten  Erscheinungen, 
welche  das  Erkennen  ^resp.  Nichterkennen)  der  Angehörigen  und  Fremden  begleiten,  ferner 
aber  noch  auf  jene  Erscheinungen,  welche  ich  bei  der  Besprechung  der  Übersiedelungen 
beschrieben  habe.  Ich  erwähnte  damals,  daß  das  Weibchen  den  für  Anlegung  einer  neuen 
Ansiedelung  ausgewählten  Platz  mit  einer  außerordentlich  feinen  Schicht  von 
Wachs  (das  sie  aus  ihrem  Abdomen  abscheidet)  einreibt,  und  daß  diese  letztere  die  Attraktion 
für  die  Arbeiterinnen  ausmacht,  die  die  von  der  Königin  hinterlassene  Spur  fortwährend 
mit  den  Fühlern   berühren.     Indem  ich  mit  dem  Gegen  stände,  auf  welchem  die  Königin 


—     173     — 

eine  solche  feinste  Wachsschicht  hinterlassen  hatte,  einen  anderen  Gegenstand  einrieb, 
zwang  ich  die  Hummeln,  diesen  letzteren  als  den  Ort  anzusehen,  wo  das  Nest  gebaut 
werden  sollte.  Auf  diese  Weise  gelang  es  mir,  die  Hummeln  zu  veranlassen,  ihre  Zellen  auf 
einem  Stückchen  Karton,  auf  einem  Blättchen  Papier  u.  dergl.  m.  anzulegen.  Derartige 
Spuren   hinterlassen,  d.  h.   riechendes  Wachs  ausscheiden,    kann   aber   allein   das   Weibchen. 

Die  Arbeiterinnen  scheiden  bekanntlich  ebenfalls  Wachs  aus,  allein  dieses  Wachs 
unterscheidet  sich  nicht  nur  darin  von  dem  Wachs  des  Weibchens,  daß  die  Arbeiterinnen 
dasselbe  mit  fremden  Elementen  vermischt  verwenden :  auch  in  reinem  Zustande  ist  ihr 
Wachs  weder  nach  Farbe  noch  nach  Qualität  demjenigen  gleich,  das  wir  an  den  Bauten 
des  Weibchens  sehen   (Honigtöpfe). 

Ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit  bemerken,  daß  das  Weibchen  nach  dem  Aus- 
schlüpfen der  ersten  Gruppe  von  Arbeiterinnen  noch  keine  Wachsbauten  anfertigt:  es  baut 
keine  Honigtöpfe,  macht  keinen  Aufbau  an  den  leeren  Kokons  u.  s.  w.  Dennoch  unterliegt 
es  keinem  Zweifel,  daß  schon  zu  dieser  Zeit  seine  Drüsen  Wachs  ausscheiden.  Nur  wird 
eben  dieses  erste  Wachs  lediglich  zum  Einreiben  der  Waben  und  verschiedener  anderer 
Teile  des  inneren  Nestes  verwendet,  indem  es  gleichsam  als  ein  Bindemittel  dient,  durch  das 
die  leblosen  wie  die  lebenden  Bestandteile  des   Volkes  fest   miteinander   verbunden  werden. 

Die  Verbesserungen,  welche  ich  an  der  Be theschen  Hypothese  angebracht  habe^, 
scheinen  mir  ein  gewisses  Licht  auch  über  andere  Vorgänge  im  Leben  der  Hummeln  (und 
wahrscheinlich   der  Bienen)  zu   verbreiten. 

Durch  sie  wird  erklärt,  woher  die  Fähigkeit  zum  Erkennen  bei  im  Zwinger  gehaltenen 
Hummeln  allmählich  abnimmt :  einerseits  wird  die  Lebenstätigkeit  der  Hummeln  in  der  Ge- 
fangenschaft überhaupt  herabgesetzt,  imd  damit  auch  ihre  Neigung,  auf  den  spezifischen 
Reiz  zu  reagieren;  andererseits  nimmt  auch  die  Intensität  des  Reizes  infolge  der  verminderten 
Tätigkeit  der  Königin  ab.  Immerhin  bleibt,  solange  die  Königin  anwesend  ist  und  an  dem 
Leben  des  Stockes  Anteil  nimmt,  dessen  Gesamttätigkeit  und  damit  auch  die  Fähigkeit  des 
Erkennens  nahe  der  Norm.  Sobald  jedoch  das  Weibchen  zu  Grunde  geht  oder  seine  Tätig- 
keit (das  Begehen  der  Waben,  das  Bebrüten)  einstellt,  so  wird  die  Quantität  der  von  ihm 
ausgeschiedenen  Substanz  immer  geringer  und  geringer;  die  Hummelarbeiterinnen  haben 
immer  weniger  Gelegenheit,  die  Substanz  mit  den  Beinen  zu  berühren  und,  indem  sie  ihren 
Körper  reinigen,  die  denselben  bedeckenden  Härchen  damit  einzuschmieren.  Hieraus  resul- 
tiert eine  immer  schwächer  werdende  Fähigkeit  zum  Erkennen ;  fehlt  die  Substanz  je- 
doch vollständig,  so  findet  kein  Erkennen  mehr  statt.  LTnd  das  ist,  vom  biologischen 
Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  auch  selbstverständlich;  denn  im  entgegengesetzten  Falle 
müßten  ja  alle  aus  dem  Kokon  geschlüpften  Hummeln  einander  als  Fremde  betrachten  und 
umbringen.  Wir  haben  dagegen  gesehen,  daß  die  soeben  aus  dem  Kokon  geschlüpften  In- 
dividuen einer  bestimmten  Spezies  in  allen  Nestern  ihrer  Art  als  Angehörige  anerkannt 
werden.  Es  ist  augenscheinlich,  daß  der  Instinkt,  von  dem  die  Hummeln  geleitet  werden, 
indem  sie  Individuen  der  gleichen  Art,  welche  sich  den  Geruch  des  betreffenden  Nestes 
noch   nicht  angeeignet  haben,   als  die   Ihrigen    anerkennen,   —   dauerhaft   fixiert   sein   muß. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  noch  bemerken,  daß  das  Anerkennen  einer  eben 
aus  dem  Kokon  geschlüpften  Hummel  ebenfalls  gegen  die  Hypothese  von  Bethe  spricht, 
wonach  alle  Glieder  einer  Familie  befähigt  wären,  eine  gleichartige  chemische  Substanz  aus- 


—     174     — 

zuscheiden ;  wäre  dem  so,  so  müßten  ja  die  Hummeln,  die  soeben  erst  aus  den  Kokons 
eines   Nestes  geschlüpft   sind,   in  einem  anderen    Neste   als    Fremde   angesehen   werden. 

Auf  Grund  der  von  mir  gegebenen  Erklärung  wird  es  ferner  unbegreiflich,  warum 
eine  Hummel,  nachdem  sie  auf  den  Waben  eines  fremden  Nestes  herumgewandert 
ist,  von  den  Bewohnerinnen  dieses  Nestes  als  eine  der  Ihrigen  anerkannt  wird:  sie  hat 
offenbar  bereits  Gelegenheit  gehabt,  sich  mit  dem  Wachse  einzuschmieren,  das  von  der 
Königin  des   Nestes   ausgeschieden  worden   ist   und   die   betreffende   Familie   charakterisiert. 

Meine  Erklärung  macht  uns  auch  die  Unversöhnlichkeit  zweier  Königinnen  unter- 
einander begreiflich,  die  andauert,  so  lange  man  beide  in  einem  Neste  hält :  eine  jede  von 
ihnen  scheidet  eine   ihr  (dem   Gerüche  nach)  ausschließlich   eigentümliche   Substanz   aus. 

Sie  macht  es  ferner  begreiflich,  warum  verschiedene  Individuen  eines  Nestes  Fremd- 
linge nicht  in  gleich  energischer  Weise  verfolgen :  je  mehr  sich  eine  Hummel  an  ihr  Nest 
hält,  desto  stärker  wird  sie  von  dessen  Geruch  durchdrungen,  desto  feindseliger  wird  sie  von 
fremden   Nestern   empfangen    und   desto    leichter  erkennt  sie   selbst  Fremdlinge. 

Endlich  macht  meine  Erklärung  noch  die  biologische  Rolle  selbst  begreiflich,  welche 
die  Königin  in  der  Hummclfamilie  spielt,  sowie  die  Unmöglichkeit,  diese  Königin  durch  ein 
anderes   Individuum  der   Familie  zu  ersetzen. 

Fragen  wir  nach  alledem,  wie  das  gegenseitige  Erkennen  der  Glieder  einer  Hummel- 
familie untereinander  zu  beurteilen  ist,  so  lautet  die  Antwort :  es  handelt  sich  dabei  um  einen 
Instinkt,  der  durch  die  Ausscheidung  eines  speziellen,  nur  der  Königin  allein  eigentüm- 
lichen, duftenden  Wachses  geweckt  wird.  Dieses  Wachs  ist  bei  jedem  Weibchen  —  der 
Begründerin  der  betreffenden  Hummel-„Gemeinde"  —  verschieden  geartet.  Indem  das 
Wachs  bei  den  unaufhörlichen  Bewegungen  des  Weibchens  die  Waben  und  alle  Gegen- 
stände des  inneren  Nestes  bedeckt,  gelangt  es  notwendig  auf  den  Körper  aller  umherlaufen- 
den, dann  wieder  den  Leib  mit  den  Beinen  reinigenden  Familienglieder.  So  wird  ein 
gleicher,  genau  präzisierter  Geruch  allen  Gliedern  der  Familie  mitgeteilt ;  und  dieser  dient 
ihnen  als  Mittel,  die   Ihrigen  von  Fremden  zu    unterscheiden. 

Es  muß  noch  hinzugefügt  werden,  daß  das  Wachs  des  Weibchens  den  ihm  eigen- 
tümlichen Geruch  begreiflicherweise  nicht  eine  unbegrenzt  lange  Zeit  hindurch  von  sich 
geben  kann.  In  der  Tat  stellte  ich  fest,  daß  ein  weiselloses  Volk,  das  ja  keine  frischen  Vor- 
räte des  duftenden  Wachses  mehr  erhält,  seinen  Erkennungsgeruch  verliert;  —  zuletzt  in 
solchem  Maße,  daß  eine  fremde  Königin  das  fremde  Volk  und  die  fremden  Waben  als  ihre 
eigenen  annimmt,  wenn  dieselben  lange  Zeit  hindurch   ihrer  Königin   beraubt   waren. 

Von  der  Sprache  des  Geruchssinnes  wollen  wir  nunmehr  zu  der  Sprache  des  Gefühls 
im  eigentlichen  Sinne  übergehen.  Ich  sage  im  eigentlichen  Sinne,  weil  ja  der  taktile  Ge- 
ruch der  Hummeln  dem   Gefühl  im  wesentlichen   nahe   steht. 

2.    Die  Sprache  des  Gefühlssinnes. 

Ich  beginne  mit  einer  Tatsache,  wie  sie  von  mir  gleich  nach  der  Beobachtung 
notiert  wurde. 

Um   9  Uhr  Abends  (im  Alonat  Juni)  brachte  ich  ein  Nest  von  Bombus  tet'reslris  aus 

dem  Walde  nach  Hause.    Ein  Teil  der  Hummeln  befand  sich  in  dem  Neste,  in  Gesellschaft 


—     175     — 

des  Weibchens,  welches  die  Waben  keinen  Augenblick  verließ,  die  übrigen  in  zwei  Draht- 
käfigen. Die  Hummeln  waren  schläfrig  und  saßen  ruhig  an  ihren  Plätzen;  meine  Be- 
mühungen, dieselben  in  einem  gemeinsamen  Käfig  zu  vereinigen,  führten  zu  keinem 
Resultate,  weshalb  ich  sie  einzeln  mit  einer  Pinzette  herübersetzen  mußte.  Hier,  an  dem 
neuen  Orte,  beruhigten  sie  sich  bald  und  ließen  sich  von  neuem  auf  ihren  Plätzen  nieder. 
Darauf  stellte  ich  den  Käfig  beiseite,  und  begann  das  Nest  von  der  Erde  zu  reinigen, 
womit  dasselbe  unterwegs  beschmutzt  worden  war.  Die  in  dem  Neste  befindlichen  Hummeln 
wurden  unruhig  und  begannen  zu  summen.  Ich  fuhr  in  meiner  Arbeit  fort  und  setzte,  als  ich 
damit  fertig  war,  den  Käfig  so  auf  das  Nest,  daß  die  darin  befindlichen  Hummeln  am  nächsten 
Tage  bequem  in  das  letztere  hinübergehen  konnten.  Das  Weibchen  hatte  während  dieser 
ganzen  Zeit  sehr  erregt  im  Neste  gearbeitet;  als  der  Käfig  auf  das  Nest  gestellt  wurde, 
verfügte  es  sich  von  den  Waben  nach  außen  und  ließ,  auf  einem  Flecke  stehend, 
nacheinander  mehrere  durchdringende  Laute  mit  den  Flügeln  ertönen. 
Gleich  darauf  verschwand  das  Weibchen  wiederum  zwischen  den  Waben,  während  die 
Hummeln  (wenigstens  ein  großer  Teil  derselben)  in  dem  Käfig  in  Bewegung  ge- 
rieten  und  einige   derselben   in  das   Nest   hinabstiegen. 

Dieses  war  meine  erste   Beobachtung  bezüglich  der  Sprache  des  Gefühlssinnes.   Nach- 
her  bin  ich   mehrfach   Zeuge  einer  gleichen   Erscheinung   gewesen;   jedesmal    im    Momente 

cb  a. 

€b  a, 

Fig.  126.  Fig.   127.  Fig.  128.  Fig.  129 

der  höchsten  Gefahr,  wenn  das  Weibchen  z.  B.  mit  den  Waben  zusammen  aus  dem  Neste 
genommen  wurde,  begann  dasselbe  sich  unruhig  auf  den  Waben  hin  und  her  zu  bewegen, 
worauf  ich  dieselben  eigenartigen  Töne  ihrer  Flügel  hörte  und  sogleich  eine  energische 
Bewegung  der  Arbeiterinnen  behufs  Verteidigung  des  Nestes  bemerkte,  eine  Bewegung, 
welche  eine  ganz  augenscheinliche  Antwort  auf  den  „Herbeiruf"  des  Weibchens  darstellt. 
Diesen  Ton  produziert  das  Weibchen,  indem  es  seinen  Flügeln  eine  besondere  Lage  gibt 
und  dieselben  in  mehreren  Absätzen,  d.  h.  mit  regelmäßig  aufeinanderfolgenden  Unter- 
brechungen, bewegt,  wobei  es  auf  einem  Flecke  stehen  bleibt.  Die  Flügel  beschreiben  dabei 
am  Abdomen  einen  kleinen  Bogen  und  zwar  auf  ganz  andere  Weise  und  bei  einer  anderen 
Stellung  (Fig.  126  und  127),  als  dies  während  des  Fluges  der  Fall  ist.  In  ersterem  Falle 
beschreiben  die  nach  hinten  gerichteten  Flügel,  wie  dieses  aus  der  Fig.  126  zu  ersehen  ist, 
die  Bögen  a — b,  welche  nicht  den  Radien  eines  Kreises  entsprechen,  dessen  Mittelpunkt  der 
Cephalothorax  darstellt,  sondern  vielmehr  um  die  Wölbung  des  Abdomens  erfolgen  (Fig.  127); 
bei  dem  Fluge  dagegen  sind  die  Flügel  fast  unter  einem  rechten  Winkel  gegen  den  Cephalo- 
thorax gerichtet  (Fig.  128)  und  beschreiben  ihre  Bögen  längs  den  Radien  eines  Kreises, 
dessen  Ebene  mit  einem  Querschnitt  durch  den  Cephalothorax  an  der  Befestigungsstelle  der 
Flügel  übereinstimmt  (Fig.  129);  das  Abdomen  befindet  sich  hierbei  außerhalb  der  Fläche 
der  Flügelbewegung. 


—     176     — 

Dies  ist  eine  Reihe  der  Tatsachen,  welche  mich  auf  den  Gedanken  brachten,  daß 
die  Huramelweibchen  die  Fähigkeit  besitzen,  den  übrigen  Gliedern  der  Familie  Nachricht 
von  einer  dem  Neste  drohenden  Gefahr  zu  geben,  und  daß  die  Flügel  als  Organ  für  diese 
Mitteilung  dienen.  Eine  andere  Kategorie  von  Tatsachen,  welche  mich  in  meiner  Vermutung 
bezüglich  der  von   den   Flügeln  gespielten   Rolle  bestärkte,  besteht   in   folgendem. 

Eines  Tages  entstand  um  2  Uhr  Mittags  in  einem  ruhig  seinen  Geschäften  nach- 
gehenden Stocke  von  Bombus  lapidarius  ein  furchtbarer  Tumult;  es  begann  ein  rasendes 
Summen  und  ein  Hin-  und  Herlaufen  der  ganzen  Bevölkerung  auf  den  Waben.  Dies 
dauerte  3 — 4  Minuten,  worauf  sich  alles  wieder  beruhigte.  Den  Urheber  dieses  plötz- 
lichen Alarms  konnte  ich  nicht  feststellen,  allein  zweifellos  war  es  irgend  ein  Feind. 
—  Wie  wurde  nun  diese  Unruhe  auf  alle  weiterverbreitet?  Die  Hummeln  flogen  nicht, 
sie  liefen  auf  den  Waben  herum,  indem  sie  ihren  Flügeln,  mit  welchen  sie  summten,  eine 
Lage  gaben,  welche  zwischen  der  von  mir  für  das  Weibchen  beschriebenen  und  der  ge- 
wohnten  Lage  der   Flügel  beim   Fliegen  die   Mitte   hielt  (Fig.   130).    Durch   diese  besondere 

i  o  1 

Abd, 

Fig.   130. 

Lage  der  Flügel  wird  natürlich  auch  der  besondere,  von  den  Hummeln  produzierte  Laut 
erklärt.  Dieser  Laut  erlitt  keine  Unterbrechungen,  wie  wir  dies  in  den  Fällen  sehen,  wo 
das  Weibchen  von  einer  Gefahr  in  Kenntnis  setzt,  sondern  dauerte  ununterbrochen  während 
der  ganzen  Beunruhigung  an. 

Ed.  Hoffer  teilt  eine  in  diesem  Sinne  sehr  interessante  Tatsache  mit,  deren  Be- 
deutung er  jedoch  in  keiner  Weise  abzuschätzen  versucht.  Bei  der  Beschreibung  des  Ver- 
haltens der  Hummeln  gegenüber  den  in  ihren  Nestern  erscheinenden  Psithyrus  sagt  er 
unter  anderem,  daß  diese  Erscheinungen  bei  Bombus  poniorum  am  allerdeutlichsten  zu  be- 
obachten sind,  indem  diese  Hummeln  bei  dem  Eindringen  irgend  eines  Psithyrus  der- 
maßen im  Neste  herumlaufen  und  summen,  daß  sie  selbst  in  den  benachbarten 
Nestern  Unruhe  hervorrufen.  Hoffer  teilt  nur  die  Tatsache  mit,  ohne  sie  weiter 
zu  erörtern,  und  doch  ist  sie  äußerst  lehrreich :  was  hörten  die  tauben  Hummeln  der  be- 
nachbarten Nester  und  auf  welche  Weise  hörten  sie  es?  Denn  daß  die  Hummeln 
taub  sind,  und  zwar  völlig  taub  für  Laute  aller  Art,  diese  Tatsache  unter- 
liegt keinem  Zweifel:  ich  habe  in  dieser  Richtung  eine  Menge  von  Versuchen  angestellt 
und  kann  dies  in  positivster  Weise  bestätigen. 

Zu  den  oben  beschriebenen  kommt  noch  eine  Erscheinung,  die  ich  das  Be- 
wachen nennen  möchte,  wenn  in  dieser  Erscheinung  auch  nur  die  geringste  Regelmäßig- 
keit in  Bezug  auf  Reihenfolge  und  Zeit  zu  Tage  treten  würde.  Es  handelt  sich  darum,  daß 
sich  auf  dem  Dache  des  Nestes  sowie  an  den  Eingängen  in  dasselbe  Tags  und  Nachts 
sehr  häufig  i,  2,  3  oder  mehr  Hummeln  aufhalten;  bisweilen  jedoch,  z.  B.  bei  kaltem 
Wetter,  sind  die  Hummeln  nicht  an  ihren  Plätzen.  Offenbar  hat  sich  das  Bewachen  bei 
den  Hummeln  nicht  als  ein  spezieller  Instinkt  herausgearbeitet,  allein  alle  Bedingungen  zum 


177     — 


Entstehen  eines  solchen  Instinktes  sind  bereits  vorhanden :  die  Glieder  der  Familie  sammeln 
sich  aus  irgend  einem  Grunde  nicht  unbedingt  alle  im  Inneren  des  Nestes,  sie  halten  sich 
auch  auf  demselben  und  über  ihm,  bisweilen  (in  der  Freiheit)  um  35  cm  höher  auf.  Auf  einem 
Neste  von  Bomhus  lapidarius  (in  der  Gefangenschaft)  habe  ich  auf  dem  Dache  des  Nestes 
im  Verlaufe  eines  ganzen  Monates  jede  Nacht  3 — 8  Individuen  beobachtet.  Bei  der  ge- 
ringsten Gefahr  beginnen  sie  unruhig  zu  summen  und  auf  diese  Töne  hin  erscheinen  neue 
Hummeln  aus  dem  Neste. 

Aus  allen  diesen  Tatsachen  und  anderen,  analogen,  glaube  ich  den  Schluß  ziehen  201 
können,  daß  bei  den  Hummeln  die  Flügel  die  Rolle  des  Gehörorganes  über- 
nehmen (durch  Konsonanz),  und  daß  ihr  Gehör  genau  genommen  ein  Fühlen  auf 
die    Entfernung    ist. 

Zu  welcher  Art  von  Mitteilungen  sind  denn  nun  die  Hummeln  vermittelst  dieses 
Sprechorganes  befähigt,  oder  können  sie  etwa  alle  Arten  von  Flügelschwingungen  in  solcher 
Weise   aufnehmen  ? 

Die  erste  Frage  wird  durch  die  zu  meiner  Verfügung  stehenden  Tatsachen  in  ganz 
bestimmter  Weise  dahin  beantwortet,  daß  die  Hummeln  mit  Hilfe  ihrer  Flügel  nur  von 
drohender   Gefahr   und   von   nichts   anderem  Kunde  geben  können. 

Die  zweite  Frage  —  über  die  Art  der  Flügelschwingungen,  welche  reflektorische 
Handlungen  nach  sich  ziehen  —  beantworten  die  Tatsachen  mit  der  gleichen  Bestimmtheit 
dahin,  daß  die  Hummeln  bei  weitem  nicht  auf  alle  Arten   solcher  Schwingungen  reagieren. 

Es  gibt  in  dem  von  den  Flügeln  hervor- 
gebrachten Tone  eine  Menge  von  Abstufungen, 
welche  entweder  auf  der  Lage  des  Kör- 
pers zu  der  Richtung  der  Vorwärtsbewegung 
(Fig.  131)  oder  aber  darauf  beruhen,  ob  die 
Hummel  sich  erhebt  oder  herabfliegt,  oder 
endlich  auf  dem  höheren  oder  geringeren 
Grade  von  Erregung  u.  s.  w.  Alle  diese  Ab- 
stufungen kann  ich,  ohne  mich  zu  irren,  unterscheiden  und  erkennen;  die  Hummeln  da- 
gegen unterscheiden  dieselben  gar  nicht,  und  schenken  ihnen  keinerlei  Beachtung.  —  Hier- 
für einige  nähere  Beweise. 

i)  Drückt  man  eine  Hummel,  die  sich  auf  den  Rücken  fallen  ließ,  um  einen 
Feind  anzugreifen,  mit  einem  Bleistifte  nieder,  so  beginnt  sie  mit  ihrem  Stachel  nach  dem 
Bleistifte  zu  stoßen  und  verzweifelt  zu  summen,  allein  keine  einzige  der  übrigen  Hummeln 
schenkt  diesen  Tönen  auch  nur  die  geringste  Beachtung.  Versuche  dieser  Art  ergaben 
stets  das  gleiche  Resultat. 

2)  Faßt  man  eine  Hummel  mit  der  Pinzette,  so  summt  sie  auf  eine  andere  Weise; 
allein  auch  auf  diesen  Ton  hin  antwortet  keine  einzige  Hummel  durch  irgend  welche 
Handlung.  Dasselbe  Verhalten  habe  ich  auch  bei  Bienen  und  Wespen  beobachtet,  wenn 
sie  in  das  Zimmer  geflogen  kamen,  um  von  dem  den  Hummeln  als  Nahrung  angebotenen 
Honig  zu  naschen. 

3)  Soviel  der  „Trompeter"  auch  trompeten  mag,  es  wird  der  Ton  seiner  Flügel  doch 
weder  einen   Alarm,   noch    Nachahmung,   noch    irgend    welche    Beachtung    hervorrufen. 

Zoologlca.    lieft  46.  23 


—     178     — 

4)  Befindet  sich  eine  Hummel  in  schwieriger  Lage,  etwa  wenn  sie  mit  einer  Last, 
die  sie  nicht  zu  heben  vermag  (z.  B.  einer  großen  Larve)  aus  einer  Schachtel  herauszu- 
fliegen versucht,  so  läßt  sie  ganz  bestimmte  unterbrochene  Laute  ertönen,  allein  soviel  sie 
auch  summen  mag,  so  wird  sie  doch  niemandes  Aufmerksamkeit  erregen,  obgleich  ich,  zum 
Beispiel,  diesen  spezifischen  Laut  ausgezeichnet  erkenne  und  allemal  ohne  mich  zu  irren 
mit  einem  geeigneten  Gegenstande  herantrete,  um  Hilfe  zu  leisten. 

5)  Das  Summen  der  Hummeln  beim  Hereinfliegen  in  das  Nest,  oder  das  mehr  oder 
weniger  lang  anhaltende  Summen,  das  sie  hören  lassen,  wenn  sie  vor  der  Eingangsöffnung 
des  Nestes  im  Kreise  herumfliegen,  —  beides  charakteristische  Töne,  —  rufen  niemandes 
Beunruhigung  hervor,  obgleich  diese  Laute  —  namentlich  bei  großen  Weibchen  —  außer- 
ordentlich kräftig   zu  sein   pflegen. 

6)  Besonders  auffallend  ist  das  vollständig  indifferente  Verhalten  der  Hummeln  den 
Tönen  gegenüber,  welche  die  Glieder  ihrer  Familie  bei  normaler  Flügelstellung  während 
der  absoluten  Ruhe  ertönen  lassen.  Diese  Töne  werden  kläglich  genannt :  sie  sind  gleich- 
zeitig auch  sehr  zart.  Was  bezwecken  diese  „kläglichen  Töne",  wenn  doch  die  Glieder  der 
gleichen  Familie  diese  Töne  nicht  einmal  hören  und   niemals  auf   dieselben   reagieren? 

Wodurch  lassen  sich  nun  alle  diese  Erscheinungen  erklären  ? 

Es  ist  mir  nicht  möglich  gewesen,  die  Methode  zur  Untersuchung  der  Flügelbewegung 
anzuwenden,  von  welcher  Robert  von  Lendenfeld  in  seiner  Arbeit  „Beitrag  zum 
Studium  des  Fluges  der  Insekten  mit  Hilfe  der  Momentphotographie"  (Biol.  Centralbl. 
Bd.  XXIII,  No.  6)  Mitteilung  macht;  ich  kann  mich  daher  nicht  darüber  aussprechen,  ob 
die  Flügel  der  Hummeln  durch  Konsonanz  bei  jeder  Art  ihrer  Bewegung  und  in  jeder 
Stellung  mitschwingen  können.  Einstweilen  sprechen  die  Tatsachen  dafür,  daß  sich  bei 
den  Hummeln  die  Fähigkeit  herausgebildet  hat,  nur  auf  ganz  bestimmte  Flügeltöne  in  ent- 
sprechender Weise  zu  reagieren.  Die  übrigen  Töne  dagegen  rufen  bei  ihnen  keinerlei  Re- 
aktion hervor,  und  zwar  aus  folgenden  Gründen : 

i)  Weil  unter  allen  Fällen,  von  welchen  die  Hummeln  einander  „Mitteilung 
machen"  könnten,  nur  diejenigen  für  das  Gedeihen  der  Art  von  Wichtigkeit  sind,  wo  ein 
Feind  auftritt.  Darin  findet  natürlich  auch  der  Umstand  seine  Erklärung,  daß  das  einzige 
in  dieser  Sprache  zu  übermittelnde  und  den  Hummeln  verständliche  Wort  des  Hummel- 
lexikons das  Wort  „Feind"  oder  "Gefahr"  ist. 

2)  Weil  alle  übrigen  Niiancen  der  mit  den  Flügeln  hervorgebrachten  Töne  die 
Hummeln  von  solchen  Erscheinungen  benachrichtigen,  welche  nur  dann  eine  Reaktion  her- 
vorrufen könnten,  wenn  gewisse  psychische  Elemente,  wie  Mitgefühl,  Altruismus,  gegen- 
seitige Hilfeleistung  vorhanden  wären,  d.  h.  Fähigkeiten,  die  bei  den  Hummeln  nicht  zu 
finden  sind. 

Wie  dem  nun  auch  sein  mag,  so  können  die  Hummeln  einander  doch  nur  von 
drohender  Gefahr  und  sonst  von  nichts  anderem  mit  den  Flügeln  Mitteilung  machen,  ob- 
gleich die  Abstufungen  der  bei  der  Bewegung  der  Flügel  hervorgebrachten  Töne  eine 
ganze  Seite  von  Noten  ausmachen  könnten :  diese  übrigen  Töne  erklingen,  wie  vieles  andere 
in  der  Harmonie  der  Natur,  nämlich  ohne  Zweck,  ohne  irgend  jemandem  etwas  zu  sagen, 
als   nur  dem   mit   Ohren  zum   Hören  begabten  Menschen. 


i7{)     — 


Das  gesamte    Lexikon  der   Hummeln    beschränkt   sich    also   auf    drei    „Worte" 


Wort 

Organ  des  Hervorbringens 

Organ  des  Empfangens 

I.   „Gefahr" 

Flügel 

Flügel 

2.  „Hinweis  auf  den  Ort,  wo 
eine  Arbeit  stattfinden  soll" 

Abdomen 

Fühler 

3.   „Unsrig"   oder  „Fremd" 

Jeder  Gegenstand  des  Nestes 

Fühler 

Es  bleibt  nun  noch  die  Frage  zu  beantworten,  inwieweit  eine  derartige  „Sprache"  dazu 
berechtigt,  die  Hummeln  den  einsam  lebenden  Insekten  als  eine  Gruppe  von  Geschöpfen 
mit   komplizierteren   und   höherstehenden   psychischen  Eigenschaften   gegenüberzustellen. 

Vor  allem  will  ich  bemerken,  daß  bei  der  Aneignung  und  Benützung  dieser  Sprache 
weder  Vernunft,  Verständnis,  Erlernung,  noch  Erfahrung  auch  nur  die  geringste  Rolle 
spielen.  So  ist  die  Flügelsprache  des  alten  Weibchens  den  Arbeiterinnen  bekannt,  die  sie 
in  dem  normal  entwickelten  Neste  doch  noch  nie  gehört  haben;  denn  das  Weibchen  läßt 
dieselbe  nur  in  Fällen  äußerster  Gefahr  vernehmen,  die  es  selten  überlebt.  Dabei  „ver- 
stehen es"  aber  die  jungen  Weibchen,  welche  diese  Sprache  nie  gehört  haben,  dieselbe  von 
sich  zu  geben,  und  die  Arbeiterinnen  sind  im  stände,  sie  zu  verstehen.  —  Dasselbe  gilt 
für   die   Anweisung   des   Ortes  zur   Gründung  eines   neuen   Nestes. 

Was  das  Erkennen  der  ,, Ihrigen"  mit  Hilfe  der  Fühler  betrifft,  so  kann  nach  den 
diesbezüglichen  Versuchen  von  Bethe  an  Ameisen  wohl  kaum  davon  die  Rede  sein,  daß 
dieser  Akt  völlig  instinktiver  Natur,  d.  h.  erblich  überliefert  ist,  ganz  ohne  Erlernung  und 
Erfahrung  ausgeübt  wird  und  ohne  die  geringste  Vorstellung  von  dem  Zwecke  der  aus- 
geführten  Bewegungen    und   Handgriffe   erfolgt. 

Eine  andere  Frage  besteht  darin,  ob  diesen  Instinkten  solche  Fähigkeiten  inne- 
wohnen, welche  nur  das  Produkt  der  Geselligkeit  darstellen  und  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  sogar  die  Geselligkeit  bedingen  würden?  Indem  Wundt'  bezüglich  dieser  Frage 
ausführt,  ,,daß  die  Erscheinungen  des  geselligen  Lebens  ein  deutliches  Zeugnis  ablegen  für 
das  Vorhandensein  einer  Sprache  bei  den  Ameisen,  Bienen  und  Termiten",  fügt  er  hinzu, 
daß  eine  Sprache  nur  auf  einer  ziemlich  hohen  Stufe  psychischer  Entwicklung  möglich  sei, 
als  deren   Produkt  sie  anzusehen   ist. 

Wir  haben  gesehen,  was  die  Sprache  der  Hummeln  darstellt  und  was  sie  ihrem 
Wesen  nach  bei  den  übrigen  gesellig  lebenden  Tieren  darstellen  kann,  welche  noch  eines  ge- 
naueren Studiums  bedürfen.  Was  wir  nun  gesehen  haben,  unterscheidet  diese  Sprache  in 
psychologischer  Hinsicht  durch  nichts  von  den  zahlreichen  Vorrichtungen  bei  den  einsam 
lebenden  Insekten,  —  während  einige  solcher  Vorrichtungen  bei  diesen  letzteren,  wie  zum 
Beispiel  die  Organe  zur  Hervorbringung  von  Tönen  und  zu  deren  Aufnahme  bei  den 
Orthopteren,   sogar  einen  höheren   Grad  der   Vollkommenheit    erreicht   haben. 

Man  wird  mir  vielleicht  darauf  erwidern,  daß  die  Reaktion  der  Hummeln  auf  einen 
durch  die  Flügel  erhaltenen  Reiz  eine  Tätigkeit  zur  Folge  hat,  die  nicht  nur  für  das  eine  HummeL 
individuum,  sondern  für  die  ganze  Gemeinde  und  deren  Wohlergehen  zweckmäßig  ist,  wobei  die 
Hummel,  nach  diesem  Wohlergehen  strebend,  wenigstens  instinktiv  an  einem  Werke  von  sozialer 


'  Wundt,    Vorlesungen  über  die  Menschen-  und  Tierseele. 


—     180     — 

Bedeutung  teilnimmt.  —  Dieser  Punkt  ist  aber  ebenso  2\veifelhaft,  wie  das  Zulassen  einer 
sozialen  Bedeutung  bei  den  Bewegungen  des  Abdomens  eines  Weibchens,  durch  welche  den 
Arbeiterinnen  die  Arbeit  angewiesen  wird.  In  beiden  Fällen  ist  nicht  mehr  Soziales  zu  finden, 
als  bei  dem  Nestbau  vieler  einsam  lebender  Bienen.  Die  Weibchen  vollbringen  doch  ihre 
Arbeit  auch  dann,  wenn  sie  gänzlich  vereinsamt  sind  und  gar  keine  Arbeiterinnen  mehr 
besitzen;  ebenso  setzen  die  Arbeiterinnen  ihre  Arbeit  auch  ohne  Weibchen  fort.  Der  ganze 
Unterschied  besteht  nur  darin,  daß  in  letzterem  Falle  die  Arbeit  den  Stempel  des  Unge- 
regelten tragen  wird :  an  dieser  Arbeit  wird  noch  deutlicher  zu  erkennen  sein,  daß  die 
Hummeln,  trotzdem  sie  zusammen  und  gemeinsam  arbeiten,  im  Grunde  genommen 
doch  eine  jede  einzeln  für  sich  und  auf  eigene  Gefahr  arbeitet.  Die  Anwesenheit  des 
Weibchens,  in  dessen  Nähe  sie  sich  aufhalten,  schafft  Einheit  und  Zusammenhang 
zwischen  den  Hummeln;  allein  auch  diese  Einheit  und  dieses  Band  sind  für  die 
Hummeln  nicht  subjektiver,  sondern  objektiver  Natur.  Die  Elemente  subjektiver  Einheit 
werden  den  Hummeln  von  solchen  Beobachtern  zugeschrieben,  die  größtenteils  die 
Möglichkeit  des  \'orhandenseins  eines  solchen  rein  äußerlichen,  die  getrennte  Arbeit  ver- 
bindenden Stimulus  nicht  einmal  ahnen  und  aus  diesem  Grunde  die  Quelle  der  Einigung 
in  der  Psychologie  suchen. 

Was  nun  endlich  das  Erkennen  der  Ihrigen  mit  Hilfe  der  Fühler  betrifft,  so  kann 
ich  über  diesen  Punkt  nur  sagen,  daß  von  allen  ,, Worten  der  Hummelsprache"  dieses  am 
wenigsten  dazu  geeignet  ist,  das  Vorhandensein  von  psychischen  Eigenschaften  bei  diesen 
Insekten  zu  beweisen,  die  in  irgend  welcher  Beziehung  die  Fähigkeiten  der  einsam 
lebenden  Insekten  überträfen.  Denn  auch  diese  letzteren  besitzen  die  Fähigkeit,  ihr  Nest 
von  einem  fremden  selbst  dann  zu  unterscheiden,  wenn  dasselbe  dicht  bei  den  Nestern 
anderer  Indi\iduen  der  gleichen  Art  angelegt  wurde.  Auch  ihnen  sind  die  Worte 
„Feind",  ,,die  Unsrigen"  oder  „ein  Fremder"  wohlbekannt;  der  ganze  Unterschied  besteht 
nur  darin,  daß  diese  Begriffe  auf  verschiedene  Art  und  Weise  und  von  verschiedenen  Natur- 
objekten ausgedrückt  und  daher  auch  von  den  Insekten  in  verschiedener  Weise  aufge- 
nommen werden. 

Eine  derartige,  im  psychologischen  Sinne  völlig  identische  Erscheinung  finden 
wir  sogar  bei  einer  Art  der  Spinnen,  dieser  typischen  solitären  Arthropoden.  Theridinm 
pictum  verläßt  (siehe  „L'Industrie  des  Araneinae")  schleunigst  ihr  Nest  und  überläßt  ihre 
Jungen  ihrem  Schicksale,  sobald  sich  ihr  Todfeind,  ein  kleiner  Pompilus,  längs  eines  Fadens 
des  Gewebes  nähert.  Die  Spinne  flieht  vor  diesem  kleinen  Feinde,  obwohl  sie  die  zehnmal 
größere  und  stärkere  >4pis  mellifica  furchtlos  angreift.  In  der  Sprache  der  klassischen  Methode 
zur  Lösung  solcher  Fragen  ausgedrückt  wäre  der  psychische  Hergang  der  folgende:  Die  Spinne 
hat  die  Annäherung  des  Feindes  erkannt,  und  da  sie  gleichzeitig  weiß,  daß  dieser  Feind  nur 
ihr  selbst,  nicht  aber  ihrer  Nachkommenschaft  (die  er  nicht  angreift)  gefährlich  ist,  so  hat  sie  es 
vorgezogen,  sich  aus  dem  Staube  zu  machen.  Nach  unserer  Ausdrucksweise  dagegen  stellt 
dieser  Prozeß  einen  blinden  Instinkt  dar,  der  eine  durch  die  Auslese  erblich  fixierte  be- 
stimmte Reaktion  auf  einen  bestimmten  Reiz  der  Gefühlsorgane  darstellt,  und  nichts 
anderes.  Denn  man  kann  nicht  etwas  „erkennen",  was  man  noch  nie  gesehen  hat  und 
wovon  man   also  nicht   den  geringsten   Begriff  hat,   —  und  die  Spinne  kann  keinen  Begriff 


—     181     — 

von  diesem  ihrem  Feinde  haben,  da  sie  den  Versuch,  ihn  zu  erhalten,  mit  dem  Leben  be- 
zahU   haben  müßte. 

Hier  werden  die  Sinnesorgane  unmittelbar  durch  den  Feind  gereizt,  bei  den 
Hummeln  dagegen  durch  Vermittelung  des  Weibchens,  allein  im  wesentlichen  bleibt  die 
Erscheinung  hier  wie  dort  die  gleiche,  wenn  man  berücksichtigt,  daß  das  Weibchen 
seinen  „Ruf"  auch   dann  ertönen  läßt,  wenn  absolut   niemand  herbeizurufen   ist. 

Kapitel  VHI. 

Veränderungen  in  den  sozialen  Instinkten 

während  der  Periode  des  Zugrundegehens  des  Hummelvolkes   mit  Eintritt 

der  Wintermonate,  sowie  unter  der  Einwirkung  der  Gefangenschaft. 

Inhalt  des  Kapitels:  Zugrundegehen  des  Hummelvolkes  vor  dem  Eintritt  der  Wintermonate.  Tage- 
buch über  ein  solches  Volk,  von  September  bis  Mitte  Oktober,  d.  h.  bis  zum  Untergang  der  letzten  Indi- 
viduen. Systematische  Veränderungen  der  Instinkte  während  dieser  Periode  im  Leben  der  Hummeln. 
Beobachtungen  über  den  Zerfall  des  Hummelvolkes  unter  der  Einwirkung  der  Gefangenschaft.  Die  Ver- 
änderungen der  Instinkte  unter  solchen  Bedingungen  erweisen  sich  als  identisch  mit  denjenigen  Veränderungen, 
welche  bei  den  Hummeln  während  ihres  Zugrundegehens  am  Ende  des  Herbstes  beobachtet  werden.  Durch 
die  Tatsachen  dieser  beiden  Kategorien  wird  bewiesen  :  A)  daß  in  beiden  Fällen  die  Veränderungen  der 
Instinkte  in  der  Aufhebung  (dem  Ausfall)  einiger  ihrer  Teile  bestehen ;  B)  daß  dieses  Wegfallen  in  der 
chronologischen  Reihenfolge  ihres  Auftretens  vor  sich  geht  und  endlich  C)  daß  weder  Bewußtsein,  noch 
Vernunft,  selbst  wenn  eine  solche  bei  den  Hummeln  angenommen  werden  könnte,  auch  nur  den  geringsten 

Anteil  an  diesen  Veränderungen  haben. 

Ich  will  zuerst  diejenigen  Tatsachen  mitteilen,  die  ich  in  der  Periode  des  Zugrunde- 
gehens der  Hummelvölker  vor  dem  Eintritt  der  Wintermonate  beobachtet  habe,  und 
darauf  andere  anführen,  die  ich  bei  dem  Zerfall  der  Hummel„Familie"  unter  der  Ein- 
wirkung des  Lebens  in  der  Gefangenschaft  feststellen  konnte.  Die  betreffenden 
Vorgänge  sind,  wie  wir  sehen  werden,  nicht  nur  analog,  sondern  identisch.  Der 
ganze  Unterschied  zwischen  ihnen  besteht  nur  darin,  daß  die  Vorgänge  im  zweiten  Falle 
langsamer,  im  ersten  Falle  aber  bedeutend  rascher  erfolgen,  wodurch  sie  natürlich  bisweilen 
weniger  deutlich  und  weniger  augenscheinlich  werden. 

Da  das  Absterben  \or  dem  Eintritt  der  Wintermonate  bei  allen  Hummelarten  an- 
nähernd in  der  gleichen  Weise  vor  sich  geht,  so  will  ich  die  Darlegung  dieses  Prozesses 
mit  den  Auszügen  aus  dem  Tagebuch  über  ein  Nest  von  Bonibus  lapidarius  vom  9.  Sep- 
tember beginnen,  obgleich  die  Tätigkeit  der  Hummeln  schon  von  Mitte  August  an  Züge 
aufzuweisen  beginnt,  welche  auf  die  das  Leben  des  Hummelvolkes  bedrohende  Katastrophe 
hinweisen. 

9.  September. 

Auf  dem  dargebotenen  Honig  befinden  sich  keine  Hummeln.  Alle  sitzen  im  Neste; 
es  ist  weder  Bewegung  noch  Leben  zu  bemerken,  nur  bei  Beunruhigung  des  Nestes  ver- 
lassen die  Hummeln  dasselbe  unter  Summen  und  begeben  sich  auf  das  Dach,  bereit,  das 
Nest  zu  verteidigen.  Die  Bewegungen  sind  um  diese  Zeit  überhaupt,  sowohl  qualitativ  als 
quantitativ,  geringer  geworden. 


1H2 


II.  September. 

Das  vegetabilische,  das  Nest  bedeckende  Material  (Fig.  132X)  wurde  von  einigen 
Hummeln  hinweggeschafft;  so  zeigten  sich  entblößte  Stellen  des  Wachsdaches  (Fig.  132  p.n.); 
diese  kahlen  Stellen  wurden  von  anderen  Hummeln  ausgebessert,  dann  aber  wieder  von 
anderen  von  neuem  entblößt;    die  Sinnlosigkeit   der  Arbeit   trat   deutlich  zu  Tage. 

13. — 15.  September. 

Wachs  wird  von  den  Hummeln  fast  bis  zu  den  letzten  Tagen  ihres  Lebens  weiter 
produziert.  Sie  verstärken  damit  das  Dach,  auf  welchem  infolgedessen  Knollen  entstehen, 
oder  aber  sie  lassen  es  unverwendet.  Die  Wachsabfälle  häufen  sich  an  verschiedenen  Stellen 
des  Nestes  an;  ich  habe  deren  in  ziemlich  bedeutender  Menge  auf  dem  Honige  gesehen, 
wohin  sie  an  den  Beinen  verbracht  worden  waren. 


XX  XXX  XXXX^J<XXX  ^  ^ 


oa. 


Cel. 


Fig    Ij3 


Sehr  häufig  beginnen  die  Hummeln  Zellen  zu  bauen,  was  sowohl  in  Bezug  auf  den 
Ort,  wo  diese  angelegt  werden,  z.  B.  über  dem  Dache  (Fig.  133  cel.),  wie  auch  aus  dem 
Grunde,  weil  sie  niemals  mit  Honig  gefüllt  werden,  vollständig  sinnlos  erscheint,  um  so 
mehr,  da  noch  viele  alte  Zellen  leer  bleiben.  Dieser  letztere  Umstand  beweist  unter  anderem 
in  ausgezeichneter  Weise,  daß  die  Hummeln  sich  der  Zwecke  ihrer  Handlungen 
nicht   bewußt   sind. 

16.  September. 

Um  einen  Teil  der  Waben  mit  dem  darauf  befindlichen  Deckel  vor  Parasiten  zu 
retten,  mußte  ich  dieselben  aus  dem  Stocke  herausnehmen,  da  die  Zahl  der  die  inneren 
Teile  des   Nestes  zerstörenden  Parasiten  von  Anfang   August   an   bedeutend   zunimmt. 

17.  September. 

Bei  Berührung  des  Nestes  verläßt  eine  kleine  Anzahl  von  Arbeiterinnen  dasselbe  zu 
dessen  \'erteidigung,  wobei  diejenigen,  die  heraustreten,  nur  schwach  summen ;  der  Ton, 
den  die  Hummeln  von  sich  gaben,  erinnerte  an  das  Rauschen  von  Papier.  Die  Be- 
wegungen sind  sehr  schwach  geworden,  mit  Ausnahme  des  Gehens,  das  noch  ziemlich 
rasch  ist :  die  Hummeln  fliegen  gar  nicht,  selbst  wenn  man  sie  durch  Berührung  mit  irgend 
einem  Gegenstande  beunruhigt ;  es  kommt  vor,  daß  sie  auf  diesen  Gegenstand  herauf- 
klettern,  langsam  auf  demselben   herumkriechen  und  mit  den  Flügeln  schwirren. 

Alle  Arbeiten  haben  aufgehört  (wenn  man  von  dem  Bebrüten  durch  ein  Indivi- 
duum absieht),  ebenso  das  Einsammeln  von  Vorräten.  Auf  dem  angebotenen  Futter  finden 
sich  sehr  wenige  (i — 2)  Hummeln  ein,  und  auch  dies  nicht  häufig;  meistens  bleibt  das 
Futter  unbesucht  und   sein   Vorrat  nimmt   fast  gar  nicht   ab.    Es  liegt   auf  der   Hand,   daß 


—     183     — 

gleichzeitig  mit  der  Herabsetzung  der  erwähnten  Funktionen,  d.  h.  mit  dem  Einstellen  des 
Sammeins  von  Vorräten  und  der  Ausführung   von   Bauten   am   Neste,   auch   das    Bedürfnis 
an   Nahrung  abnimmt. 
i8. — 19.  September.    Keine  Veränderung. 

20.  September. 

Neben  einer  angefertigten  Zelle,  wo  sich  Hummeln  aufhielten,  begann  sich  ein  augen- 
scheinlich aus  Wachsabfällen  bestehendes  Hügelchen  zu  erheben  (Fig.  133  col.),  in  dessen 
Umgebung  drei  Hummeln  sich  außerordentlich  eifrig  zu  schaffen  machen.  Dieses  Hügelchen 
gleicht  seiner  äußeren  Gestalt  nach  einer  Eierzelle;  schließlich  begannen  die  Hummeln  dieses 
Hügelchen  wie  eine  richtige  Eierzelle  zu  bebrüten. 

21.  September. 

Das  Bebrüten  wird  von  zwei  Hummeln  fortgesetzt.  Einige  andere  bauen  eine  neue 
Wachszelle,  zu  welcher  sie  das  Material  dem  Dache  entnehmen,  und  da  diese  Zelle  ver- 
schiedenfarbig ist,  so  kann  man  verfolgen,  von  wo  die  Hummeln  das  für  dieselbe  verwandte 
Material  hernehmen. 

Das  Dach  wird  zu  diesem  Zwecke  nach  und  nach  zerstört.  Eine  Hummel  sitzt  auf 
dem  Honig,  von  welchem  sie  jedoch  nicht  ißt  und  welchen  sie  nicht  verläßt.  Derartige 
Erscheinungen  treten  nicht  zum  ersten  Male  auf.  In  den  Reservezellen  ist  der  Honig  völlig 
verschwunden.    Sie  werden  von  niemandem  mehr  bewacht. 

22.  S  ep  t  emb  er. 

Auf  dem  dargebotenen  Futter  befinden  sich  keine  Hummeln.  Überhaupt  essen  die- 
selben sehr  wenig.  Es  arbeiten  nur  vier  Hummeln,  und  zwar  immer  die  gleichen,  welche 
sich  gestern  und  vorgestern  auf  dem  Dache  befanden  (die  Tiere  sind  gezeichnet).  Einige 
Arbeiterinnen  bebrüten  (um  2  Uhr  Nachmittags)  eifrig  den  Wachshügel,  von  dem  oben 
die  Rede  war,  und  der  nichts  enthält ;  er  wird  bebrütet  und  gepflegt  wie  eine  Eierzelle. 
Mit  dieser  Arbeit  beschäftigen  sich  drei  bis  vier  Hummeln.  Um  4  Uhr  Nachmittags  wies 
das  Wachsdach  des  Nestes  neben  jenem  Hügel,  der  bebrütet  wurde,  sehr  merkwürdige 
Zerstörungen  auf:  neben  der  falschen  Eierzelle,  die  von  den  Hummeln  bebrütet  worden 
war,  jetzt  aber  umgestürzt  dalag  und  von  niemandem  mehr  bebrütet  wurde,  war  eine  große 
Öffnung  zu  sehen ;  diese  letztere  machte  den 
Eindruck,  als  ob  das  Wachs  von  hier  irgend- 
wo hingeschafft  worden  wäre.  An  den  Rän- 
dern des  Loches  sind  die  Spuren  der  Kiefer 
zu  sehen. 

23.  September. 

Heute  wies  die  Zerstörung  der  Nest- 
decke rasche  Fortschritte  auf;  es  machte  den 
Eindruck,   als  würde  das  Wachs   in  gewissen  Fig.  134. 

Bezirken     a,    b,    c,    d    (Fig.    134)    gefressen. 

Zuerst  hatte  ich  die  Parasiten  im  Verdachte,  diese  Zerstörung  verursacht  zu  haben,  und 
nahm  das  Nest  auseinander,  nachdem  ich  zuvor  die  Hummeln  daraus  entfernt  hatte.  Dies 
war  nicht   schwer  zu  bewerkstelligen,   indem  keine   einzige   der   Hummeln   flog,    wäh- 


—     184     — 

rend  einige  nicht  einmal  krochen^  sondern  auf  dem  Rücken  lagen,  als  wären  sie  so 
hingelegt  worden.  Ein  Summen  war  gar  nicht  zu  hören,  die  Flügel  raschelten  nur  bei  den 
großen  Arbeiterinnen.  Das  große  Weibchen  war  am  muntersten  von  allen;  es  kroch  noch 
ziemlich  energisch  herum  und  versuchte  sogar  zu  fliegen.  Im  ganzen  waren  lo — 12  Indi- 
viduen am  Leben  geblieben.  Unter  den  Waben  des  Nestes  fand  ich  auf  dem  Stroh  zwei 
große  Arbeiterinnen  und  eine  Drohne  tot  daliegend.  Dieselben  waren  jedenfalls  nicht  vor 
Hunger  gestorben,  da  Honig  in  genügender  Menge  zur  Stelle  war. 

Parasiten  waren  in  großer  Anzahl  vorhanden,  in  den  Waben  waren  ihrer  jedoch  nur 
wenige;  es  erwies  sich,  daß  die  Decke  zweifellos  von  den  Hummeln  selbst  und  nicht  von  den 
Parasiten  zerstört  worden  war;   Stückchen  dieser  Decke  fand  ich  neben  den  Waben  liegend. 

Die  Bedeutung  dieses  „sonderbaren",  „unbegreiflichen"  Instinktes  der  Zerstörung, 
wie  die  Autoren  denselben  bezeichnen,  werden  wir  weiter  unten  erfahren,  wenn  von  der 
Einwirkung  der  Gefangenschaft  auf  das  Leben  der  Hummeln  die  Rede  sein  wird. 

26. — 29.  September. 

Das  Nest  wird  nicht  nur  nicht  ausgebessert,  sondern  systematisch  immer  mehr  zer- 
stört. Ziemlich  große  Stücke  des  Daches  werden  abgerissen  und  einige  davon  von  dem 
Neste  hinweggeschleppt,  das  eine  auf  4V2,  ein  anderes  auf  9  cm  Entfernung.  Die  Ein- 
wirkung des  Lichtes  auf  die  Hummeln  erweist  sich  jedoch  als  noch  bemerkbar.  Sie 
reagieren  aber  nur  außerordentlich  schwach  darauf. 

Der  allgemeine  Charakter  ihrer  Bewegungen  ähnelt  den  Bewegungen  von  Tieren, 
denen  der  Kopf  abgerissen  ist.  So  versuchte  eine  der  Hummeln  infolge  meiner  absichtlich 
unvorsichtigen  Bewegungen  im  Neste  zu  „summen",  wobei  sie  die  für  solche  Gelegenheiten 
übliche  Stellung  einnahm;  ein  eigentliches  Summen  fand  aber  nicht  statt,  sondern  es  war  nur 
die  entsprechende  Stellung  und  ein  schwaches  Bewegen  der  Flügel.  Nachdem  die  Hummel 
diese  Bewegungen  einmal  begonnen  hatte,  setzte  sie  dieselben  verhältnismäßig  (nament- 
lich in  Berücksichtigung  ihres  Schwächezustandes)  ziemlich  lange  fort  und  ließ  sie 
dann   aufhören. 

Eine  andere,  durch  eine  brüske  Bewegung  des  W^eibchens  aufgeschreckte  Hummel, 
ließ  sich  auf  den  Rücken  fallen,  indem  sie  eine  Stellung  der  bewaffneten  Verteidigung  ein- 
nahm, und  blieb  in  dieser  Stellung  außerordentlich  lange  liegen.  Die  Ursache  dieser  Be- 
wegungen ist  wahrscheinlich  dieselbe,  wie  bei  den  fortgesetzten  Bewegimgen  der  dekapi- 
tierten  Insekten,  d.  h.  eine  herabgesetzte  Empfänglichkeit  für  die  von  außen  einwirkenden 
Reize,  wodurch  eine  einmal  eingetretene  Reaktion  eine  unbestimmte  Zeit  hindurch  andauert. ' 

4.  Oktober. 

Die  Hummeln  begannen  abzusterben.  Heute  lagen  vier  von  ihnen  an  ver- 
schiedenen Stellen  des  Zwingers,  wobei  sie  kaum  mehr  ein  Lebenszeichen  von  sich  gaben. 
Sie  lagen  im  Sterben,  allein  nicht  vor  Hunger,  da  eine  derselben  auf  dem  Honig  starb. 
Dieser  Honig  war  indessen  im  Verlaufe  von  mehr  als  einer  Woche  bereits  von  niemandem 
mehr  berührt  worden;  diejenige  Hummel,  die  auf  dem  Honig  starb,  hatte  ich  mit  anderen 
dahin   gesetzt,  aber   diese   letzteren  waren   wieder  fortgekrochen. 


'  Bemerkung:    Siehe  W.Wagner,    Das  Gehirn  der  Wirbellosen   als  Lebensorgan.     In:    Nachrichtenblatt  für 
Psychologie,   kriminelle  Anthropologie  und  Hypnotismus-  (Russisch.)     1904,  Lief.  7,  8. 


—     185     — 

Als  ich  die  Hummeln  auf  den  Honig  herübersetzte,  begannen  einige  von  ihnen,  wenn 
auch  mühsam  zu  fressen,  andere  fraßen  nicht  einmal  auf  dem  Honige  sitzend,  wahrscheinlich 
aus  dem  Grunde,  weil  sie  das  Gefühl  des  Hungers  verloren  hatten,  ebenso  wie  auch  alle 
anderen  Empfindungen  bei  ihnen  verloren  gegangen  waren. 

6.  Oktober. 

Fünf  Hummeln  sind  außerhalb  des  Nestes  gestorben  und  nur  eine  hatte  nicht  die 
Kraft  besessen,  die  Wabe  zu  verlassen;  vier  Hummeln  sind  noch  am  Leben.  Das  Ab- 
sterben erfolgt  bei  den  Hummeln  nach  Körperteilen,  von  vorne  nach 
hinten:  zuerst  kommt  der  Kopf  daran;  die  Fühler  zeigen  zu  dieser  Zeit  bereits  gar  keine 
Reaktion  auf  Reize ;  dann  kommt  das  vordere  Beinpaar  an  die  Reihe,  darauf  das  mittlere 
Paar  und  endlich  das  hintere,  das  noch  ziemlich  energisch  auf  Reize  reagiert,  während  das 
vordere  und  das  mittlere  Beinpaar  bereits  abgestorben  sind.  Das  Abdomen  lebt  noch  und 
führt  ziemlich  energische  Bewegungen  aus.  Heute  (am  6.  Oktober)  wurden  die  am  Leben 
gebliebenen  Hummeln  an  die  Sonne  herausgestellt:  draußen  hat  es  12"  Wärme,  und  nach 
IG — 15  Minuten  sind  sie  soweit  wieder  zu  sich  gekommen,  daß  eine  derselben  sogar  begann, 
die  Waben  etwas  zu  verteidigen,  indem  sie  mit   den   Flügeln   schwirrte. 

7.  Oktober. 

Das  Wetter  hat  umgeschlagen.  Die  Empfindlichkeit  der  Hummeln  ist  so  gering  ge- 
worden, daß,  als  eine  von  ihnen  ein  Bein  auf  dasjenige  einer  anderen  setzte,  diese  letztere 
ihr    Bein   nicht   einmal   zurückzog. 

12.  Oktober. 

Bis  heute  war  nur  noch  eine  Hummclarbcitcrin  am  Leben  geblieben;  alle  übrigen 
waren  zu  Grunde  gegangen. 

15.  Oktober. 

An  diesem  Tage  starb  das  letzte  Glied  der  Familie  des  Nestes  von  Botnlms  lapi- 
darius  (das  Weibchen   ausgenommen). 

Das  große  Weibchen  dieses  Volkes  war  im  Verlaufe  der  ganzen  Zeit  bis  zum 
17.  Oktober  munter  geblieben  und  bemühte  sich  an  sonnigen  Tagen  energisch,  aus  dem 
Räume,   in  welchem  es  sich  befand,   herauszufliegen. 

Beobachtungen,  welche  an  einem  Neste  von  Bombus  muscorum  angestellt  wurden, 
fügten  im  wesentlichen  nichts   Neues  hinzu.    Die    letzte    Hummel    dieses    Volkes    starb    am 

16.  Oktober,  nachdem  sie  zuvor  das  Nest  verlassen  und  sich  davon  so  weit  als  möglich  ent- 
fernt hatte.  Genau  dasselbe  kann  man  auch  in  anderen  Hummelnestern  beobachten,  welche 
denselben   oder  anderen   Arten  angehören. 

Dies  sind  in  kurzem  die  Erscheinungen,  von  denen  das  Zugrundegehen  des  Hummel- 
volkes vor  dem  Eintritte  der  Wintermonate  begleitet  wird.  —  Was  stellen  nun  diese  Er- 
scheinungen dar,  wenn  die  Instinkte,  im  allgemeinen  gesprochen,  keinen  Veränderungen  (für 
das  Individuum)  unterworfen  sind,  und  was  sind  die  Ursachen,  welche  diese  Erscheinungen 
hervorrufen  ? 

Um  diese  Fragen  zu  beantworten,  genügen  Beobachtungen  an  Hummeln  vor  dem  Be- 
ginne des  Winters  nicht,  indem  die  zu  untersuchenden  Prozesse  hier  zu  rasch  vor  sich  gehen 
und  die  Erscheinungen  in  nicht  genügend  bestimmter   Weise    klarlegen.     Das    Material    für 

Zoologica.    Heft  46.  24 


—     186     — 

das  Studium  dieser  Fragen  muß  daher  durch  eine  andere  Kategorie  von  Tatsachen  er- 
gänzt werden,  die  dazu'  angetan  sind,  den  Gegenstand  zu  erklären.  Diese  Kategorie  von 
Tatsachen  können  uns  Beobachtungen  über  das  Leben  der  Hummieln  in  der  Ge- 
fangenschaft  hefern. 

Bevor  wir  jedoch  zu  der  Besprechung  dieser  Beobachtungen  übergehen,  wollen  wir 
aus  dem  soeben  dargelegten  Materiale  die  wichtigsten  Schlußfolgerungen,  für  welche  das- 
selbe als  genügende  Grundlage  dienen  kann,  ziehen.  Wir  können  diese  Schlußfolgerungen 
in    nachstehender  Weise    formulieren. 

Vom  Eintritte  des  Herbstes  an  treten  drei  Faktoren  mit  täglich  sich  steigernder 
Intensität  zu  Tage: 

a)  Die  Herabsetzung  der  Energie,  die  den  Hummeln  durch  die  Sonne  mit- 
geteilt wird,  deren  Bedeutung  für  das  Leben  der  Insekten  und  der  kaltblütigen  Wirbeltiere 
eine  so  ungeheure  ist; 

b)  Die  Verkürzung  der  täglichen  Arbeitszeit  im  Zusammenhange  mit  dem 
Kürzerwerden  der  Tage,  und  endlich 

c)  Die  Verringerung  der  Tracht,  zum  Teil  infolge  der  natürlichen  Abnahme 
der  Blumen  mit  dem  Beginne  des  Herbstes,  zum  Teil  infolge  des  menschlichen  Einflusses 
auf  die  Natur  (Mähen,   Ackern  der   Brachfelder   u.  s.  w.^. 

Die  normalen  Bedingungen  für  die  Existenz  der  ,, Familie"  haben  eine  Störung  er- 
fahren. Diese  Störung  ist  aber  nicht  allein  dadurch  erfolgt,  daß  die  Menge  des  Futters 
geringer  geworden  ist :  wir  haben  ja  gesehen,  daß  der  LTntergang  eines  Volkes  auch  durch 
das  reichliche  Vorhandensein  von  Honig  nicht  aufgehalten  wird.  Die  Ursache  des  Unter- 
ganges liegt  vielmehr  offenbar  in  der  Summe  derjenigen  Bedingungen,  welche  die  nor- 
male  Lebenstätigkeit  der   Hummeln  abgeändert  haben. 

Von  diesen  Schlußfolgerungen  wenden  wir  uns  nunmehr  zu  dem  Leben  der  Hummel- 
„Familie"   unter  dem   Einfluß   der   Gefangenschaft. 

Ich  habe  bereits  weiter  oben  bemerkt,  daß  diese  Veränderungen  der  Instinkte  in 
beiden  Fällen  nicht  nur  ähnlich,  sondern  sogar  identisch  sind.  Der  ganze  L'nterschied  be- 
steht in  der  Dauer  des  Prozesses.  Bei  einem  in  der  Gefangenschaft  lebenden  Volke  be- 
ginnt der  Prozeß  des  Zerfalles  mit  seinen  Begleiterscheinungen  in  Bezug  auf  „Verände- 
rungen" der  Instinkte  schon  lange  vor  der  Zeit,  wo  diese  Vorgänge  unter  normalen  Be- 
dingungen des  Lebens  beobachtet  werden ;  er  geht  infolgedessen  unvergleichlich  langsamer 
vor  sich,  und  wir  erhalten  daher  die  Möglichkeit,  diese  „Veränderungen"  der  Instinkte 
unter   Bedingungen  zu   verfolgen,   welche  für  die   Beobachtung  viel   günstiger   sind. 

Beobachtungen  über  die  Veränderung  der  Instinkte  eines  Hummelvolkes 
unter  der  Einwirkung  der  Gefangenschaft 

Vor  allem  muß  bemerkt  werden,  daß  die  Gefangenschaft  an  und  für  sich,  d.  h.  die 
Überführung  des  Nestes  in  einen  Zwinger,  noch  keinerlei  Folgen  nach  sich  zieht,  und  daß 
das  Leben  der  Hummeln  in  der  gewohnten  Weise  weitergeht,  wenn  man  ihnen  die  Mög- 
lichkeit bietet,  so  zu  leben,  wie  sie  dies  unter  natürlichen  Bedingungen  tun,  d.  h.  indem 
man  ihnen  keinen  Zwang  auferlegt  und  die   Grundbedingungen  ihres  Lebens  nicht  antastet. 


—     187  .— 

Diese  Bedingungen  unverändert  zu  bewahren,  ist  jedoch  eine  recht  schwere  Aufgabe.  So 
viel  wir  uns  auch  bemühen,  das  Leben  der  Tiere  in  der  Gefangenschaft  demjenigen  im 
Freien  möghchst  entsprechend  zu  gestaUen,  so  wird  dies  doch  niemals  ganz  gelingen,  und 
zwar  aus  folgenden  Gründen:  i)  weil  die  Fähigkeiten  der  Hummeln  und  ihre  Gefühle 
nicht  zur  vollen  Ausübung  kommen,  indem  die  Umgebung  weniger  mannigfaltig  auf  sie 
einwirkt,  ferner  2)  weil  die  Beschaffung  der  Nahrung  viel  leichter  von  statten  geht,  wenn 
neben  dem  Neste  Futter  aufgestellt  worden  ist,  und  infolgedessen  die  Ausflüge  cjuantitativ 
abnehmen  oder  sogar  gänzlich  eingestellt  werden.  Auf  diese  Weise  werden,  wenn  auch  nicht 
alle,  so  doch  einige  der  Grundfaktoren,  die  das  Zugrundegehen  der  „Familie"  der  Hummeln 
im  Herbste  bedingen,  künstlich  geschaffen. 

Besonders  wichtig  erscheint  die  Verminderung  der  Bewegungen,  die  mit  den  Aus- 
flügen der  Hummeln  verbunden  sind  und  für  die  Tiere  eine  unbedingte  Notwendigkeit  dar- 
stellen :  durch  das  Fliegen  wird  der  Atmungsprozeß  verzehnfacht  und  dadurch  gleichzeitig 
die  Tätigkeit  der  übrigen  vitalen  Organe  gehoben;  indem  sie  ihre  Ausflüge  aus  dem  Neste 
einstellen,  werden  sie  träge,  und  wenn  der  Aufenthalt  im  Neste  einige  Tage  nacheinander 
andauert,  so  sind  die  Hummeln,  die  sich  für  gewöhnlich  mit  Leichtigkeit  von  den 
Waben  erheben,  hierzu  nicht  mehr  im  stände.  Sie  fallen  zu  Boden,  und  erst  nach  vielen 
Versuchen  aufzufliegen  (und  infolgedessen  auch  nach  energischer  Tätigkeit  und  damit  ver- 
knüpfter erhöhter  Atmung),  wird  es  ihnen  möglich,  nachdem  sie  ihren  Körper  mit  Luft  voll- 
gepumpt haben,  sich  vom  Boden  zu  erheben ;  häufig  fallen  sie  auch  dann  wieder  nieder, 
und  erst  nach  erneuten  Versuchen  gelingt  es  ihnen  endlich,  sich  bis  zur  Höhe  des  Fensters 
zu   erheben   und   hinauszufliegen. 

Gleiche,  wenn  auch  aus  verschiedenen  Ursachen  entstehende  Faktoren  führen  natür- 
lich auch  gleiche  Resultate  herbei :  die  Verringerung  des  Zuflusses  von  Nervenenergie  von 
außen  her,  die  Herabsetzung  der  Lebenstätigkeit  überhaupt  während  der  Gefangenschaft, 
haben  dieselben  Folgen,  wie  sie  bei  den  Hummeln  durch  die  Bedingungen  des  Herbst- 
lebens sich  einstellen.  Der  Unterschied  besteht  in  der  Stärke  dieser  Faktoren :  in  der 
Gefangenschaft  wirken  sie  schwächer,  und  infolgedessen  gehen  auch  die  von  ihnen  hervor- 
gerufenen Prozesse  langsamer  vor  sich. 

Diese  Prozesse  bestehen  nun,  wie  wir  sogleich  sehen  werden,  nicht  etwa  in  Ver- 
änderungen der  Instinkte  —  solche  habe  ich  weder  bei  den  Hummeln  noch  bei  anderen 
Tieren  jemals  beobachtet \  sondern  in  dem  Wegfall  einiger  Bestandteile  der 
kompliziertesten    Instinkte.- 

Nachstchend  einige  Tatsachen,  die  das  Gesagte  beweisen.  Als  ich  von  der  Psycho- 
logie der  Tracht  sprach,  wies  ich  unter  anderem  darauf  hin,  daß  bei  dem  Zerfalle  des  Volkes 
die  Honig  sammelnden  Hummelarbeiterinnen  anfangen,   die  Blumen   nicht   mehr  in  der  ge- 


'  Die  Instinkte  sind  unveränderlich,  —  das  ist  ihre  Grundeigenschaft;  sie  sind  natürUch  in  demselben  Sinne  un- 
veränderlich, in  welchem  die  morphologischen  Merkmale  unveränderlich  sind  Diese  sind  beständig  für  das  Indi- 
viduum und  unterliegen  Veränderungen  bei  der  Spezies,  und  es  treten  hier  wie  dort,  d.  h.  sowohl  im  Ge- 
biete der  morphologischen  Merkmale,  wie  in  demjenigen  der  Instinkte,  dieselben  Gesetze  in  Erscheinung. 

'  Derartige  Reduktionen  komplizierter  Instinkte  unter  der  Einwirkung  der  Gefangenschaft  sind  von  mir  auch 
für  die  Spinnen  in  meiner  Untersuchung  über  deren  Industrie  („L'industrie  des  Araneina")  angegeben  worden  ;  bei  diesen 
Tieren  wurden  Reduktionen  in  der  Gefangenschaft  auch  in  Bezug  auf  diejenigen  Instinkte  beobachtet,  welche  auf  die 
Bewachung  und  das  Aufziehen  der  Nachkommenschaft  gerichtet  sind. 


~     188     — 

wohnten,  im  Interesse  des  \^olkes  produktivsten  Ordnung  zu  besuchen,  sondern  „aufs 
Geratewohl",   d.  h.   in  einer  nur  für  den  Arbeiter  genügend  produktiven  Art  und  Weise. 

Diese  Erscheinung  beruht  offenbar  darauf,  daß  derjenige  Teil  des  Instinktes,  durch 
welchen  die  Auswahl  einer  bestimmten  Sorte  Blumen  von  gleicher  Färbung  und  Gestalt 
bedingt  wird,  hinweggefallen  ist. 

Nun  wird  man  wohl  kaum  daran  zweifeln  können,  daß  bei  den  Vorfahren  der 
jetzigen  Hummeln  der  Instinkt  zur  Auswahl  noch  nicht  existierte:  er  war  unnötig,  indem 
die  solitäre  Hummel  für  sich  genug  Nahrung  finden  konnte,  wenn  sie  den  Honig  wie  die 
Männchen  sammelte,  d.  h.  ohne  einen  Unterschied  zwischen  den  Blumen  zu  machen 
aufs  Geratewohl  von  einer  Blume  auf  die  andere  flog.  Die  Sache  nahm  ein  anderes  Aus- 
sehen an,  als  es  notwendig  wurde,  Honig  als  \'orrat  für  die  ,, Familie"  zu  sammeln. 
Jetzt  mußten  im  Kampfe  um  das  Dasein  zwischen  den  Hummelvölkern  diejenigen  von  ihnen 
das  Übergewicht  bekommen,  bei  welchen  zu  dem  primären  Instinkte  ein  neuer  Zug  hinzu- 
kam —  die  Fähigkeit,  bestimmte  Blumen  oder  bestimmte  Gruppen  derselben  auszu- 
w  ä  h  1  e  n. 

Sobald  nun  aber  aus  irgend  welchen  Gründen  eine  Herabsetzung  der  Arbeitsenergie 
eintritt,  so  fällt  sofort  aus  der  Summe  der  die  Tätigkeit  beim  Einsammeln  von  Nahrung  be- 
stimmenden Instinkte  derjenige  Teil  aus,  der  zuletzt  erworben  worden  ist;  es  ist  dies  eine 
Erscheinung,  wie  sie  auch  bei  gewissen  pathologischen  Prozessen  des  Gehirns  bei  höheren 
Tieren  und  dem  Menschen  beobachtet  wird,  wenn  die  chronologisch  späteren  funktionellen 
Erwerbungen  dieses  Organes  verloren  gehen.  Die  geschwächten  Hummeln  beginnen  also 
wieder  die  Blumen  ohne  Einhaltung  irgend  einer  Reihenfolge  zu  besuchen. 

Die  nächste  Folge  dieser  Veränderung  besteht  darin,  daß  fortan  die  Hummeln  nicht 
nur  mit  „leeren  Händen",  sondern  bisweilen  geradezu  hungrig  nach  Hause  zurück- 
kehren; die  Folge  davon  wieder  ist  der  Ausfall  eines  anderen  Instinktes:  Nahrungsvorräte 
werden  von  den  Feldblumen  in  ungenügender  Menge  oder  auch  gar  nicht  mehr  gesammelt. 
Damit  nicht  genug :  gibt  man  den  Hummeln  kein  Futter,  so  beginnen  sie  die  eigenen  \'or- 
räte  in  den  Waben  zu  \ertilgen,  welche  im  Laufe  des  Tages,  wie  wir  wissen,  sorgfältig  be- 
wacht werden.  Und  auch  hierbei  bleibt  der  Prozeß  noch  nicht  stehen.  Denn  indem  die 
Hummeln  der  Möglichkeit  beraubt  sind,  Vorräte  anzuhäufen,  und  darum  „zu  Hause"  öfters 
hungern  müssen,  werden  auch  die  Arbeiten  im  Neste,  d.  h.  dessen  Reinigung  und  Aus- 
besserung, die  Pflege  der  Larven,  entweder  in  bedeutendem  Maße  abgeschwächt  oder  aber 
ganz  eingestellt.  —  Es  braucht  eben  nur  einer  jener  Instinkte,  welche  den  Charakter  des 
sogenannten  „sozialen  Instinktes"  tragen,  wegzufallen,  um  auch  den  Wegfall  einer  ganzen 
Reihe   anderer,  von   ihm  bedingter   Instinkte  als  unvermeidliche   Folge  nach  sich  zu  ziehen. 

\"on  diesem  Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  wird  auch  jene  ,, rätselhafte"  Erscheinung 
aus  dem  Leben  der  gesellig  lebenden  Insekten  verständlich,  welche  die  Autoren  als  den 
„unbegreiflichen"    Instinkt  der   Zerstörung   beim  Eintritt   des  Winters  bezeichnen. 

Wie  natürlich  von  vorne  herein  zu  erwarten  war,  enthält  dieser  Instinkt  nichts  Un- 
begreifliches oder  Geheimnisvolles,  und  die  Sache  läßt  sich  bei  den  Hummeln  auf  eine  sehr 
einfache  Weise  erklären.  Die  Herabsetzung  der  Tätigkeitsenergie  der  Hummeln  übt  ihre 
Wirkung,  wie  ich  bereits  gesagt  habe,  zuerst  auf  das  Einsammeln  der  Nahrung,  sodann 
(unvermeidlich)  auf  verschiedene   andere   Seiten  der   Tätigkeit   und   darunter  auf  die   Aus- 


—     189     — 

besserung  des  Nestes  aus.  Die  gemeinsame  Tätigkeit  der  Hummeln  ist,  wie  wir  wissen, 
die  Tätigkeit  vieler  Individuen,  die  an  einem  Orte  versammelt  und  mit  gleichem,  wenn  auch 
in  Einzelheiten  nicht  durchweg  identischem  Instinkte  ausgerüstet  sind;  das  Ergebnis  der 
Arbeit  wird  hierbei  durch  den  Instinkt  der  Mehrheit  bestimmt.  Man  kann  sich  nun  un- 
schwer vorstellen,  was  infolge  des  ungleichmäßigen  Wegfalles  einiger  Teile  der  komplizierten 
Instinkte  geschehen  muß.  Die  Sache  beginnt  vielleicht  damit,  daß  das  vegetabilische 
Material  von  dem  einen  Individuum  von  einer  Stelle  des  Nestes  „zu  einem  bestimmten 
Zwecke"  nach  einer  anderen  Stelle  hinübergeschleppt  wird,  wobei  die  hierdurch  entstehenden 
Entblößungen  der  Wachsdecke  unausgebessert  bleiben.  Ferner  beginnen  einige  Individuen 
zu  analogen  „Zwecken"  das  Wachs  von  dem  Dache  wegzuschleppen.  Unter  diesen  Zwecken 
hat  man,  wie  ich  an  seinem  Orte  nachgewiesen  habe,  eine  Tätigkeit  zu  verstehen,  die 
daraus  nicht  von  einer  Vorstellung  dessen,  was  daraus  folgt  und  einem  Verständnis  desselben 
begleitet  wird,  sondern  nichts  weiter  als  eine  erblich  und  zweckmäßig  fixierte  Reaktion  auf 
einen  bestimmten  Reiz  darstellt.  Da  sich  nun  einige  Gegenstände  und  Erscheinungen  im 
Neste  infolge  der  Verminderung  der  , .sozialen  Instinkte"  selbst  verändert  haben  und  aus 
diesem  Grunde  bereits  keine  zweckdienliche  Wirkung  auf  die  Hummel  mehr  ausüben 
können,  die  ein  Stückchen  von  dem  Dache  abgebrochenen  Wachses  trägt,  so  wirft  das 
Tierchen,  nachdem  es  sich  mit  diesem  Stückchen  auf  der  Wabe  hin-  und  hergetrieben  hat, 
dasselbe  irgend  wohin  oder  baut  eine  völlig  nutzlose  Wachszelle  oder  beginnt  irgend  eine 
andere,  ebenso  nutzlose  Arbeit,  zu  der  sie  bei  ihrem  Herumtreiben  auf  dem  Neste  durch 
irgend  einen  Reiz  zufällig  veranlaßt  wurde,  und  die  bald  darauf  von  einer  anderen  Hummel 
umgebaut  d.  h.   zerstört  werden  wird. 

Man  kann  sich  leicht  vorstellen,  wohin  ein  derartiger  Ausbesserungsbetrieb  die  „Ge- 
meinde der  Hummeln"  führen  muß;  es  resultiert  schließlich  eine  Zerstörung 
des  Nestes,  obgleich  doch  die  wirksamen  Instinkte  auf  Ausbesserung  und 
nicht  auf  Zerstörung  gerichtet  sind.  Nur  wird  eben  diese  Ausbesserungstätigkeit 
infolge  des  Ausfallens  einiger  mit  ihr  bisweilen  in  recht  weitem  Zusammenhange  stehenden 
Instinkte  zu  einer  sinnlosen,  und  führt  nicht  zum  Aufbaue  des  Nestes,  sondern  zu  dessen 
Ruin   und  scheint   daher  auf  den  ersten   Blick    dessen   Zerstörung    zu    bezwecken. 

So  heißt  es  am  29.  September  in  meinem  Tagebuche :  wollte  man  die  Vorgänge  im 
Neste  bewerten,  indem  man  die  Handlungen  der  Hummeln  mit  dem  Maßstabe  der  mensch- 
hchen  Psychik  mißt,  so  müßte  ich  einschreiben :  „der  Geist  der  Zerstörung  unterliegt 
keinem  Zweifel".  Allein  ich  weiß,  daß  ein  derartiger  Geist  hier  nicht  vorhanden  sein  kann, 
und  vor  allem  kenne  ich  Tatsachen,  die  den  Vorgang  auf  zweifellose  Art  erklären,  das 
Raten  ad  hominem  aber  überflüssig  ma,chen. 

Ich  sehe,  daß  das  Wachsdach  in  der  Tat  nach  und  nach  zerstört  wird,  daß  die 
Wachsstücke  nicht  nur  abgerissen,  sondern  auch  von  dem  Neste  hinweggeschleppt  werden, 
die  einen  auf  5,  die  anderen  auf  10  cm  Entfernung  von  demselben.  Die  beschädigten 
Stellen  des  Daches  werden  weder  am  Rande  noch  in  der  Mitte  ausgebessert.  Trotzdem 
liegt  hier  durchaus  kein  Zerstörungsgeist  vor:  dieses  alles  sind  vielmehr  Akte  der  Aus- 
besserung, nur  tritt  dieser  Instinkt  in  anderer  Weise  zu  Tage  als  unter  normalen  Lebens- 
bedingungen. 


—     190     — 

Ein  detailliertes  Studium  der  Erscheinungen,  die  den  Zerfall  des  \'olkes  begleiten, 
hat  mich  außerdem  noch  zu  der  Schlußfolgerung  gebracht,  daß  die  Reduktion  der  Instinkte 
in  ihren  einzelnen  Bestandteilen  in  derselben  Ordnung  und  Reihenfolge  \or  sich  geht,  wie 
die  Reduktion  der  Instinkte  in  ihrem  ganzen  Bestände,  d.  h.  in  der  umgekehrten  Reihen- 
folge ihrer  stammesgeschichtlichen  Erwerbung. 

Ich  will  damit  sagen,  daß  die  instinktiven  Handlungen,  die  eine  Bedeutung  für  das 
Wohlergehen  der  „Familie"  besitzen,  zuerst  verschwinden ;  hierzu  gehören :  das  Füllen  der 
Wabenzellen  mit  Honig,  das  Verteidigen  der  Vorräte  den  anderen  Hummeln  gegenüber,  das 
Füttern  der  Larven,   d.  h.  die  chronologisch  zuletzt    entstandenen    Instinkte. 

Unmittelbar  darauf  verschwinden  diejenigen  Instinkte,  welche  in  gleichem  Maße  für 
das  Gedeihen  des  Volkes  wie  für  dasjenige  des  Individuums  selbst  Bedeutung  besitzen;  hier- 
her gehören:   die   Instandhaltung  des  Nestes,   die  Reinhaltung  desselben  u.  dergl.  m. 

Als  letzte  verschwinden  endlich  diejenigen  Instinkte,  deren  Bestimmung  ausschließlich 
das  Wohlergehen  des  Individuums  ist,  oder  richtiger  gesagt  diejenigen,  die  für  das  In- 
dividuum, auch  ohne  jegliche  Beziehungen  zu  seiner  Familie,  notwendig  sind,  wie  die  Fähig- 
keit, den  Weg   und  die  Nahrung  ausfindig  zu  machen,  sich   zu  verteidigen  u.  s.  w. 

Nachdem  das  Individuum  die  ersten  von  diesen  Instinkten  eingebüßt  hat,  behält  es 
noch  die  zweiten  und  dritten,  es  kann  aber  niemals  vorkommen,  daß  nach  Verlust  der 
zweiten  Instinkte  die  ersten  beibehalten  würden,  oder  nach  Verlust  der  dritten  -    die  zweiten. 

Ich  habe  nunmehr  noch  mit  einigen  Worten  zu  beweisen,  daß  bei  den  Prozessen  der 
Instinktssubstitution,  die  vor  Eintritt  des  Winters  oder  beim  Zerfall  des  Volkes  in  der  Ge- 
fangenschaft eintreten,  weder  Bewußtsein,  noch  Vernunft  auch  nur  den  ge- 
ringsten Anteil  haben.  Daß  dem  in  der  Tat  so  ist,  geht  aus  der  Tatsache  hervor, 
daß  durch  die  bloße  Reduktion  der  Instinkte  zweckmäßige  Handlungen  sogleich  in  sinn- 
lose und  zwecklose  verwandelt  werden,  und  daß  der  etwaige  Ersatz  bestimmter  Instinkte 
durch  andere  durchaus  nicht  durch  einen  logischen  Zusammenhang  der  betreffenden  In- 
stinkte bedingt  wird.  Die  Logik  der  Erscheinungen  liegt  vielmehr  in  der  Evolution  der 
komplizierten    Instinkte   und   in   den   Gesetzen   ihrer   Reduktion. 

Eine  Menge  biologischer  Tatsachen  beweisen  dies  mit  \oller  Augenscheinlichkeit. 
Ich  führe  einige  derselben  an,  die  als  besonders  passende  Beispiele  hierfür  dienen  können. 

Bei  der  Reduktion  der  auf  das  Einsammeln  von  Nahrung  für  die  Familie  gerichteten 
Instinkte  gibt  es  eine  Periode,  wo  die  Hummeln  noch  Pollen  sammeln,  mit  demselben  auch  nach 
Hause  zurückkehren,  ihn  aber  nicht  in  den  Waben  unterbringen,  sondern  wieder  davon- 
fliegen. Wenn  die  Bewußtheit  einen  Anteil  an  der  Reduktion  der  Instinkte  hätte,  so  würden 
die  Hummeln  offenbar  nicht  Pollen  einsammeln,  dessen  weder  sie  selbst  noch  ihr  \'olk  be- 
dürfen, und  mit  welchem  sie  nichts  anzufangen  wissen ;  mit  anderen  Worten,  indem  die 
Hummeln  eine  instinktive  Handlung  ausführen,  haben  sie  nicht  nur  deren  definitive  Be- 
deutung und  Sinn  nicht  im  Auge,  sondern  sie  ahnen  nicht  einmal  die  nähere  Beziehung  der 
ausgeführten  Handlung  zu  der  unmittelbar  darauffolgenden;  infolgedessen  stellt  sich  der 
komplizierte  Instinkt,  so  lange  er  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  zur  Ausführung  gebracht 
wird,  bisweilen  als  wunderbar  zweckmäßig  und  durchaus  verständig  dar;  nach  der  Reduktion 
aber  erweist  er  sich  als  in  demselben  Maße  auffallend  sinnlos. 


—     191     — 

Ein  anderes   Beispiel : 

An  einem  Volke,  welches  bei  mir  in  der  Gefangenschaft  lebte,  hatte  ich,  —  als  die 
Hummelarbeiterinnen  ganz  aufhörten,  Nahrungsvorräte  einzusammeln  und  Honig,  der  ihnen 
dargeboten  wurde,  in  die  Waben  herüberzutragen,  als  niemand  zum  Einsammeln  mehr  da 
war  und  die  Familie  ihrem  Ende  rasch  entgegenging  —  am  19.  September  Gelegenheit  zu 
beobachten,  wie  einige  Hummeln  sich  daran  machten,  eine  Zelle  aus  Wachs  zuzubereiten. 
Das  benötigte  Wachs  gewannen  sie  zum  Teile  dadurch,  daß  sie  das  Dach  zerstörten,  zum 
Teile  aber  wurde  es  von  ihnen  selber  neu  ausgeschieden;  wobei  diese  Ausscheidung  ver- 
mutlich die  Hummeln  zu  ihrer  Tätigkeit  gereizt  hatte.  Da  nun  aber  ein  Teil  der  „sozialen" 
Instinkte  (im  gegebenen  Falle  das  Füllen  der  zum  Einsammeln  von  Vorräten  angelegten 
Zelle  mit  Honig)  verschwunden  war,  die  verfertigte  Zelle  auch  weder  jemals  mit  Honig  an- 
gefüllt wurde,  noch  irgend  jemandem  Nutzen  erweisen  konnte  (um  so  mehr  da  niemand 
vorhanden  war,  dem  Nutzen  gebracht  werden  konnte),  so  verwandelt  sich  das  scheinbar 
Vernünftige  in  etwas  Sinnloses.  Diese  Sinnlosigkeit  wird  besonders  augenscheinlich,  wenn 
man  berücksichtigt,  daß  eine  Menge  von  Zellen  in  den  Waben  des  Nestes,  von  welchem 
die  Rede  ist,  leer  geblieben  waren;  die  Anfertigung  einer  neuen  Zelle  war  demnach  auch 
von  dieser  Seite   aus   betrachtet,  vollständig  nutzlos. 

Durch  diese  Beispiele,  deren  ich  noch  mehrere  anführen  könnte,  wird  mit  genügen- 
der Deutlichkeit  bewiesen,  daß  die  Hummeln  dasjenige,  was  sie  tun,  nicht  verstehen,  und 
daß  das  Bewußtsein,  dessen  Vorhandensein  bei  den  Hummeln  überhaupt  in  keiner  Weise 
bewiesen  ist,  an  den  Erscheinungen  der  Reduktion  von  Instinkten  nicht  den  geringsten  An- 
teil hat. 


Dritter  Teil. 
AUg-emeine  Ergebnisse  und  Schlussfolgernng'en. 

Kapitel   I.  ' 

Die  Geselligkeit  der  Insekten  und  die  Geselligkeit  der  höherstehenden  Tiere 

in  der  einschlägigen  Literatur. 

Die  Hummeln,  Wespen,  Bienen,  Ameisen  und  Termiten  bezeichnet  man  bekanntlich 
als  soziale  Insekten,  allein  ihre  Gesellschaften  selbst  werden  bald  „Familien",  bald  ,, Kolonien", 
bald  „Familiengemeinschaften",  bald  einfach  „Gesellschaften",  endlich  —  und  zwar  am  häu- 
figsten —  „Staaten"  genannt,  wie  sie  nur  bei  diesen  Insekten  und  bei  dem  Menschen  vor- 
kommen sollen.  Schon  dieser  Umstand  allein,  —  der  mit  den  allgemeinen  Daten  der  Ent- 
wicklung in  so  schroffem  Widerspruche  steht,  indem  er  uns  dazu  zwingen  würde,  die  Bienen, 
Ameisen  und  Termiten  nicht  nur  höher  als  die  geistig  am  meisten  entwickelten  Säugetiere, 
sondern  (nach  der  Behauptung  einiger  Autoren)  sogar  über  die  Menschen  unkultivierter 
Rassen  zu  stellen  —  läßt  eine  derartige  Auffassung  der  Geselligkeit  bei  den  Insekten  in 
einem  zweifelhaften  Lichte  erscheinen. 

Solche  Zweifel  waren  denjenigen  Naturforschern,  welche  sich  mit  den  Erscheinungen 
der  Geselligkeit  im  Tierreiche  beschäftigten,  schon  längst  aufgestiegen.  Allein  hier  zeigte 
sich  wieder  einmal  die  Macht  des  Hergebrachten:  Die  Staatenwesen  der  Insekten  ent- 
sprechen nicht  dem  Begriff  der  Geselligkeit  in  jenem  Sinne,  wie  er  aus  dem  Studium 
der  biologischen  Organisationen  auf  deren  E volutions wege   im  Tierreiche   hervorgeht. 

Professor  Dr.  Claus,  einer  der  ersten  Gelehrten,  die  in  einer  wissenschaftlichen 
Arbeit  Gedanken  über  den  Staat  der  Bienen  ausgesprochen  haben,  war  gleichzeitig 
der  erste,  der  auf  den  erwähnten  Widerspruch  stieß.  Indem  dieser  Forscher  auf  die  hohe 
geistige  Entwicklung  der  Affen  hinweist  und  denselben  den  Bienenstaat  gegenüberstellt,  sagt 
er  folgendes : 

Vielleicht  werden  viele  durch  den  Umstand  in  Erstaunen  versetzt  werden ,  daß  wir  die  Existenz 
eines  Tierstaates  in  seiner  vollkommensten  Form  bei  niedrigen ,  zu  der  Klasse  der  Insekten  gehörenden 
Tieren  anerkennen ,  während  wir  die  Bildung  von  Staaten  selbst  bei  solchen  viel  vollkommeneren  Tieren 
leugnen,  welchen  weder  eine  gewisse  Portion  geistiger  Entwicklung  noch  eine  gewisse  Fähigkeit  zur  Ver- 
vollkommnung abgesprochen  werden  kann. 

Und  was  antwortet  Claus  auf  diesen  Kardinalpunkt  der  Hypothese,  wie  sucht  er  diese 

Schwierigkeit   zu  besiegen  ?     Hier   seine  ganze   Antwort : 

Dieser  Umstand  wird  dadurch  erklärt,  dalj  bei  den  höheren  Tieren  die  Beschränkung  der  geistigen 
Fähigkeiten ,    welche    sich    niemals   bis    zur  Vernunft    erheben    können ,    der    Arbeitsteilung    unüberwindliche 


—     193     ~ 

Schranken    entgegensetzt;    bei    den    niederen   Tieren    dagegen    führt    die    schonungslose    Notwendigkeit    un- 
mittelbar, mit  Umgehung  der  individuellen  Freiheit,  zu  dem  Ziele  des  gemeinsamen  Lebens. 

Es  kommt  demnach  darauf  hinaus,  daß  das  Ziel  eines  gemeinsamen  Lebens,  das  Ziel 
eines  Staatenwesens  außerhalb  der  Interessen  der  diesen  Staat  ausmachenden  Glieder  liegt, 
und  daß  eine  für  die  höher  stehenden  Tiere  unerreichbare  Lebensform  sich  für  die  In- 
sekten aus  dem  Grunde  als  zugänglich  erweist,  weil  deren  geistige  Fähig- 
keiten  beschränktere  sind! 

Hiermit  begannen  die  Versuche,  die  Schwierigkeit  zu  überwinden,  in  welche  die  Natur- 
forscher durch  die  Gedanken  über  den  Staat  der  Hymenopteren  versetzt  wurden.  Auf 
diesen  ersten  Versuch  folgte  eine  ganze  Reihe  anderer,  die  zwar  auf  den  ersten  Blick 
originell  erscheinen,  allein  indem  sie  in  methodologischer  Hinsicht  miteinander  überein- 
stimmen, zu  keinem  Resultate  führen  konnten,  das  fruchtbarer  gewesen  wäre,  als  das  oben 
angeführte.  Ich  will  hier  nur  auf  einen  der  neuesten  Versuche  zur  Lösung  dieser  unlös- 
baren  Aufgabe   hinweisen. 

Während  man  in  Bezug  auf  die  menschliche  Gesellschaft  nach  den  Arbeiten  von 
Bachovan,  Mac  Lenan,  Teylor,  Max.  Kowalevsky,  Grosset  und  Morgan  schon 
zu  der  Annahme  berechtigt  war,  daß  die  älteste  Form  des  menschlichen  Zusammenlebens 
durch  das  „Herdenwesen"  oder  die  ,, Horde"  mit  ungeregelter  geschlechtlicher  Gemeinschaft 
der  eine  solche  Horde  zusammensetzenden  Männer  und  Frauen  repräsentiert  wird,  und  daß 
auf  diese  Form  der  Lebensweise  der  väterliche  oder  mütterliche  „Stamm"  folgte,  worauf  sich 
dann  erst  die  „Familie"  entwickelte  (welche  demnach  nicht  etwa  den  ersten  Beginn,  den 
Keim  der  Gesellschaft  darstellt,  sondern  eine  Folge  des  Zerfalles  des  Stammeslebens)  • — 
setzte  Ribot  auseinander,  daß  die  Sache  sich  wahrscheinlich  bei  den  Tieren  ebenso  verhielte, 
daß  also  auch  bei  den  Insekten,  ebenso  wie  bei  den  höheren  Tieren,  nicht  die  Familie,  sondern  die 
Herde  den  Boden  abgäbe,  auf  welchem  sich  die  Geselligkeit  entwickelte.  Nach  der  Ansicht 
dieses  Forschers  repräsentiert  das  Zusammen  leben  bei  den  Bienen  und  Ameisen 
weder  eine  Familie,  noch  eine  Gesellschaft,  sondern  eine  Herde,  wobei  die 
sozialen  Instinkte  dieser  Insekten  eine  hohe  Stufe  erreicht  haben  und  die 
entsprechenden  Instinkte  vieler  Säugetiere  übertreffen.  Dabei  fügt  der  Autor 
hinzu,  daß  die  Geselligkeit  eine  der  höchsten  und  kompliziertesten  Formen  der  Emotion 
darstelle,  welche  im  Leben  des  Menschen  die  wichtigste   Rolle  gespielt  haben. 

Wenn  dem  aber  so  ist,  auf  welche  Weise  kann  dann  der  Widerspruch  zwischen 
der  Entwicklung  der  Geselligkeit  und  der  genetischen  Klassifikation  beigelegt  werden?  Es 
kann  doch  niemand  daran  zweifeln,  daß  die  zoologische  Evolution  in  gerader  Linie  fort- 
geschritten ist.  Und  wie  die  genetische  Klassifikation  den  Ausdruck  der  allmählichen  Ent- 
wicklung der  Formen  darstellt,  so  müssen  auch  die  psychischen  Fähigkeiten,  welche  mit 
dieser  Entwicklung  im  allgemeinen  im  Zusammenhange  stehen,  mit  der  zoologischen 
Evolution   im    Einklang   stehen;    und  dies  ist  zweifelsohne  auch  der  Fall. 

Dem  gegenüber  ergäbe  sich  nach  der  Ansicht  von  Ribot,  daß  die  höchsten  emotionellen 
Fähigkeiten  der  Ameisen  diejenigen  einiger  Säugetiere  übertreffen.  Wie  soll  man  nun 
diesem  Dilemma  entgehen,   und  die  Schwierigkeiten    dieses    Widerspruches    beseitigen? 

„Man  darf  nicht  vergessen,"  so  lautet  die  Antwort  des  Autors,  „dalj  die  Entwicklung  der  Organisation 
und  diejenige  der  sozialen  Instinkte    nicht  immer  pari   passu  gehen.    So  übertreffen  zum  Beispiele  die 

Zoologica.    Ueft  46.  25 


—     194     — 

sozialen  Fähigkeiten  der  Ameisen  und  Bienen  diejenigen  einiger  Säugetiere,  welche  ihrer  Organisation  nach 
als  weit  über  diesen  Insekten  stehend  betrachtet  werden.  Angesichts  dieses  Umstandes  werden  wir,  ohne 
uns  über  die  im  Einzelnen  mangelnde  Übereinstimmung  zwischen  der  zoologischen  Taxonomie  und  der 
soziologischen  Psychologie  aufzuhalten,  das  Vorwärtsschreiten  des  sozialen  Instinktes  verfolgen,  ohne  Rück- 
sicht  auf  die  Ordnung  und  Klasse  des  genealogischen  Stammbaumes,    auf  welcher  derselbe  zu  Tage  tritt." 

Der  Leser  entdeckt  hier  unschwer  denselben  Fehler,  den  auch  Espinasse  begangen 
hat,  als  er  auf  Tatsachen  der  genealogischen  Klassifikation  stieß,  die  mit  seiner  Ansicht 
über  die  Evolution  des  „mütterlichen  Gefühles"  im  Widerspruche  standen.  In  beiden  Fällen 
haben  die  Autoren  ihre  Augen  vor  den  überzeugenden  Beweisen  der  Klassifikation  ge- 
schlossen, und  statt  ihre  Ansicht,  weil  sie  mit  jenen  unmöglich  in  Übereinstimmung  zu 
bringen  war,  preiszugeben,  sind  sie  ohne  Rücksicht  auf  die  Daten  der  Klassifikation,  ja  so- 
gar diesen  direkt  zuwider  an  den  Aufbau  ihrer  Hypothesen  herangegangen.  Hypothesen 
über  Evolution  bestimmter  Erscheinungen  im  Tierreiche  wurden  unabhängig  von  der 
Evolution  der  betreffenden  Tiere  selbst  aufgebaut. 

Hieraus  ergab  sich  nun,  daß  ein  Fehler  sich  auf  den  andern  häufte',  indem  ihie 
Quelle  in  der  Methode  liegt,  die  bei  der  Lösung  der  Aufgabe  angewendet  wird.  Die  Auf- 
fassung, das  Zusammenleben  der  Bienen  sei  eine  mehr  oder  weniger  hochstehende  Form 
der  Geselligkeit,  stellt  unzweifelhaft  das  Ergebnis  einer  Analogie  zwischen  dem  Zusammen- 
leben dieser  Insekten  und  demjenigen  des  Menschen  dar.  Hieraus  ergibt  sich  denn  auch, 
daß  die  Bewertung  aller  Einzelheiten,  aus  denen  dieses  Zusammenleben  besteht,  eine  Be- 
wertung ad  hominem  sein  mußte  und  in  der  Tat  auch  eine  solche  war;  eine  derartige 
Bewertung  besitzt  keinen  wissenschaftlichen  Wert  und  konnte  zu  keinen  auch  nur  halbwegs 
ernst  zu   nehmenden   Ergebnissen  führen. 

Was  uns  anbetrifft,  so  werden  wir  an  die  Lösung  dieser  Aufgabe  auf  dem  Wege  der 
evolutionistischen  Methode  herantreten.^  Unter  Benutzung  dieser  Methode  will  ich  mich 
bemühen,  klarzulegen,  was  das  „Zusammenleben"  der  Hummeln  (sowie  der  übrigen  soge- 
nannten „sozialen"  Insekten)  eigentlich  vorstellt :  ob  eine  Familie,  eine  Gesellschaft,  einen 
Staat,  wie  dies  von  den  Autoren  angenommen  wird,  oder  weder  das  erstere,  noch  das  zweite, 
noch  auch  das  dritte,  sondern  den  Typus  einer  biologischen  Organisation,  die  von  der 
Familie  ebenso  weit  entfernt  ist  wie  von  der  Gesellschaft  und,  wie  ich  vermute,  eine 
besondere    Form    der    Symbiose    darstellt. 

Um  diesen  meinen   Gedanken   zu  begründen,   liegt   es    mir   ob, 

i)  den  Zusammenhang  der  „Gesellschaft",  als  einer  biologischen  Individualität  von 
besonderem  Typus,  mit  den  Individualitäten  anderer  Kategorien  klarzulegen  und  festzustellen; 

2)  zu  beweisen,  daß  das  Zusammenleben  der  sogenannten  sozialen  Insekten  mit  der 
„Gesellschaft"   oder  gar  mit  der  Familie   in  keinem  genetischen   Zusammenhange   steht; 

3)  zu  zeigen,  daß  das  Zusammenleben  der  Insekten  nicht  eine  Form  des  gesellschaft- 
lichen Lebens,  sondern  eine  originelle  Form  von  Symbiose  mit  deutlich  ausgesprochenen 
Zügen  eines   ihr  zu  Grunde  liegenden  Parasitismus  darstellt. 


'  Ribot  z.B.  sieht  sich  einerseits  gezwungen,  das  mütterliche  Gefühl  bei  den  Bienen  und  Ameisen  zu  leugnen, 
während  er  gleichzeitig  diese  Gefühle  nicht  nur  bei  den  Würmern,  sondern  selbst  bei  den  Echinodermen  u.  s.  w.  zu- 
geben muß. 

'  W.  Wagner.     Die  biologische  Methode  in  der  Zoopsychologie.     In:  Trav.  Soc.  Imp.  Natur,  de  St.  Pctersbourg. 
T.  XXXIII,  fasc.  2. 


195 


Kapitel  II. 
Die  psychischen  Fähiglteiten  der  sogenannten  sozialen  Insekten, 

welche   den    psychischen  Fähigkeiten    der    einzeln    lebenden  Hymenopteren    als 

hochentwickelt  gegenübergestellt  werden,       stehen  in  Wirklichkeit  nicht  höher, 

ja  vielleicht  niedriger  als  diese  letzteren. 

Wir  brauchen  natürlich  nicht  auf  alle  diese  Instinkte  einzugehen;  es  wird  genügen, 
die  wichtigsten  derselben  herauszugreifen.  Von  der  Legende  über  die  Fähigkeit  der  „sozialen" 
Insekten  „einander  zu  erkennen"  ist  bereits  früher  die  Rede  gewesen;  ebenso  haben  wir 
bereits  von  der  angeblichen  Befähigung  derselben  zu  gegenseitiger,  über  die  Begriffe  „ja" 
und  ,,nein"  hinausgehender  „Verständigung  untereinander"  gesprochen.  Diese  Fähigkeiten 
fügen  zu  dem,  was  wir  bereits  bei  den  einsam  lebenden  Insekten  kennen  gelernt  haben, 
wie  wir  jetzt  wissen,  weder  qualitativ  noch  sogar  quantitativ  etwas  Neues  hinzu.  Wir  werden 
hier  demnach  nur  über  folgende  Instinkte  sprechen:  A)  Die  Überwinterung;  B)  die  Bau- 
instinkte; C)  die  mit  der  Erlangung  der  Nahrung  für  sich  selbst  und  für  die  Nachkommen- 
schaft verbundenen  Instinkte  und  endlich  D)  die  Instinkte,  welche  auf  die  Verteidigung  der 
Nachkommenschaft  sowie  auf  die   Sicherstellung  ihrer  Entwicklung  gerichtet  sind. 

A.  Das  Überwintern  der  einsam  lebenden  Hymenopteren. 

Vergleichen  wir  das  Überwintern  der  einsam  lebenden  Insekten  mit  demjenigen  der 
Hummeln,  so  können  wir,  ohne  auch  nur  einen  Augenblick  zu  zögern,  behaupten,  daß  die 
Instinkte,  die  diesen  Akt  begleiten,  bei  solitären  Insekten  höher  stehen  und 
komplizierter  sind  als  bei  den  Hummeln.  Wir  treffen  allerdings  hier  wie  dort  zum 
Teil  die  gleichen  Maßnahmen  an :  auch  die  einsam  lebenden  Insekten  ergreifen  Maßregeln 
zur  Selbstverteidigung  während  dieser  für  sie  so  schweren  Lebensperiode,  genau  wie  die 
Weibchen  der  Hummeln,  —  ein  jedes  für  eigene  Rechnung  und  Gefahr;  allein  darüber 
hinaus  begegnen  wir  bei  ersteren  Erscheinungen  einer  regelrecht  organisierten  ge- 
meinsamen Überwinterung,  wie  sie  bei  Hummeln  nur  eine  außerordentlich  seltene 
und  ganz  zufällige  Erscheinung  darstellen.  Beispiele  für  das  gemeinsame  Überwintern  ein- 
sam lebender  Bienen  geben  die  Arten  der  Gattungen  Xylocopa,  Ceratina,  ferner  Halictus 
moiin  F.   u.  a.  m. 

Nun  beruht  ja  die  gemeinsame  Überwinterung  solitärer  Bienen  gewiß  meist  auf  Zu- 
fall, indem  sie  einfach  davon  abhängt,  ob  der  betreffende  Ort  für  den  gegebenen  Zweck 
passend  ist  oder  nicht.  Allein  bei  Ceratina  z.  B.  höhlen  die  gemeinsam  überwinternden 
Männchen  und  Weibchen  nach  Giraudi  gemeinschaftlich  einen  Ort  für  die  Überwinterung 
in  Zweigen  von  Rubus  aus.  Eine  noch  größeres  Interesse  bietende  Erscheinung  der  Ge- 
selligkeit zum  Zwecke  der  Überwinterung  beobachten  wir  bei  Halictus  niorio.    Verhoeff- 


'  Giraud.     Mdmoires  sur  les  insectes,  qui  habitent  les  tiges  sfeches  de  la  Ronce.     1866. 

'  Verhoeff.     Zur  Lebensgeschichte   der   Gattung    Halictus,   insbesondere   einer   Übergangsform   zu   sozialen 
Bienen.    Zool.  Anz.  1897. 


19G 


beschreibt  den  Vorgang  wie  folgt:    Unter  dem  Steine,  dessen  Rand  auf  unserer  Fig.  135  mit 
den  Buchstaben  St  bezeichnet  ist,  sehen  wir  einen  Gang,  welcher  bei  R  nach  außen  mündet. 

Dieser  Gang  teilt  sich  in  einer  gewissen  Tiefe 
in  zwei  blind  endigende  Arme  A;  M  ist  die 
Fortsetzung  des  Hauptganges,  welcher  sich 
etwas  in  die  Tiefe  senkt  (durch  Punktierung 
angegeben)  und  ebenfalls  in  zwei  blind  endi- 
gende Arme  Ue  ausläuft.  Diese  letzteren  Arme 
dienen  als  eigentlicher  Ort  für  die  Überwinte- 
rung. In  ihnen  befanden  sich  sieben  Weibchen 
dicht  nebeneinander  (ihre  Lage  ist  durch 
Kreuzchen  bezeichnet);  die  übrigen  Weibchen 
befanden  sich  in  dem  Hauptgange,  nach  der 
Öffnung  R  zu.  Das  Frühjahr  war  bereits  ein- 
getreten, und  einige  Halictus-Arten  waren  schon 
an  der  Arbeit. 

In  dieser  Erscheinung  erblicken  wir  eine  typische  Form  der  temporären  Geselligkeit 
und  erkennen  auch  die  Zweckmäßigkeit  eines  derartigen  Instinktes.  Hummeln  und  Wespen 
stehen  in  diesem  Punkte  tiefer:    ihre  großen  Weibchen  überwintern,  wie  wir  wissen,  einzeln. 


l'ig-   135- 


B.  Die  Anlage  eines  Nestes  durch  das  Weibchen  zur  Aufzucht  der  Nachkommenschaft 

bei  den  „sozialen"  und  „solitären"  Insekten. 

Über  den  Bau  des  Nestes  im  Frühjahre  seitens  des  Hummelweibchens,  wo  letzteres  als 
solitäres  Insekt  arbeitet,  habe  ich  bereits  früher  gesprochen,  als  von  den  solitären  Instinkten 
der  ,, sozialen"  Insekten  die  Rede  war.  Ich  werde  demnach  hier  nur  einige  Worte  darüber 
zu  sagen  haben,  in  welcher  Beziehung  diese  Instinkte  der  „sozialen"  zu  den  entsprechenden 
Instinkten  der  ,, solitären"   Insekten  stehen. 

Über  die  Wahl  des  Platzes  für  den  Bau  ist  nichts  zu  sagen:  bei  den  Weibchen 
der  Hummeln,  wie  bei  den  Weibchen  der  einsam  lebenden  Hymenopteren  ist  dieser  Instinkt 
im  wesentlichen  gleich  elementar  und  besteht   in  dem   Aufsuchen   eines  bequemen  Winkels. 

Anders  verhält  es   sich   mit  der  Wahl  des   Material  es. 

Bei  den  Hummeln  befindet  sich  dieses  Material  selbst  dann,  wenn  es  herbeigetragen 
werden  muß,  doch  stets  in  der  Nähe  und  wird  zu  dem  Neste  entweder  einfach  durch  Scharren 
mit  den  Beinen  oder  1  seltener)  mit  den  Kiefern  herbeigeschafft;  seine  Differenzierung  besteht 
nur  darin,  daß  die  kleineren  Bestandteile  des  Materiales  für  bestimmte  Teile  des  Nestes,  die 
größeren  für  andere  verwendet  werden.  Außer  diesem  Materiale  verwenden  die  Hummeln 
für  den  Bau  ihrer  Wohnung  noch  Wachs,  das  \on   ihrem   Organismus   ausgeschieden  wird. 

Bei  den  einsam  lebenden  Insekten  dient  zum  Baue  des  Nestes  nicht  nur  (bisweilen 
aus  großen  Entfernungen)  herbeigeschafftes,  sondern  auch  sorgfältig  ausgewähltes 
Material,  wie  z.B.  bei  Osmia.  Es  braucht  nicht  erst  nachgewiesen  zu  werden,  daß  ein  solcher 
Instinkt  in  der  Auswahl  des  Materiales  eine  höhere  Komplikation  aufweist,  als  die  Ver- 
wendung von  Gegenständen,  welche  neben  dem    Bauplatze    liegen,    mögen    dies   nun    Moos, 


—     197     — 

Sägespäne  oder  trockene  Pflanzenteile  sein';  um  auswählen  zu  können,  muß  man  wissen, 
was  nötig  ist,  man  muß  es  verstehen,  das  Nötige  zu  finden,  es  auf  irgend  welche  Weise 
von  den  übrigen  Gegenständen  absondern,  der  Gegenstand  muß  herbeigeschafft  und  zu 
diesem  Zwecke  passend   bearbeitet   werden  u.  s.  w. 

Ferner  ist  das  Material  bei  den  einsam  lebenden  Hymenopteren  in  den  verschie- 
denen Teilen  des  Baues  nicht  immer  gleichartig.  Sodann  kommt  es  vor,  daß  die  fi.ir  den 
Nestbau  gewöhnlich  verwendeten  Blumen  aus  irgend  welchem  Grunde  plötzlich  fehlen  und 
durch  ein  anderes  entsprechendes  Material  ersetzt  werden  müssen.  So  teilt  Ferton-  von 
Osmia  lanosa  mit,  daß  sie,  wenn  „les  fleurs  de  Pavot  viennent  ä  lui  manquer,  tapisse  ses 
cellules  avec  des   lambeaux  de  petales  jaunes  de  Glaucium   luteum  Scop.". 

Bisweilen  sind  die  Nachforschungen  nach  dem  Materiale  für  den  Bau  mit  einem  be- 
deutenden Aufwand  von  Kraft  und  Beharrlichkeit  verbunden.  So  finden  die  ,,Hymenopteres 
rcsiniers  cn  Corse"  nach  den  Worten  des  gleichen  Autors  das  von  ihnen  gesuchte  Bau- 
material   unter    anderem    in    den    ,,planches    de   Pin   Laryx  exposees   ä  l'air  sous  forme  de 

portes,  volets  etc qui,  plus  de  dix  ans   apres  avoir  debitees,  laissent  suinter  la  resine 

ä  travers  la  peinture". 

Eine  derartige  Tätigkeit  erfordert  offenbar  bedeutend  kompliziertere  Instinkte 
als  die  oben  beschriebene  Tätigkeit  bei  der  Wahl  des  Materiales  seitens 
der  Hummeln. 

Was  die  Verwendung  von  Ausscheidungen  des  Organismus  als  Bau- 
material betrifft,  so  habe  ich  hierzu  folgendes  zu  bemerken:  i)  kommt  ein  derartiges 
Material  auch  bei  einigen  einsam  lebenden  Bienen  zur  Verwendung,  indem  die 
einzelnen  Teile  des  Baues  damit  befestigt  werden  oder  dem  Material  selbst  damit  mehr 
Halt  gegeben  wird;  2)  spielt  bei  den  Hummeln  das  Wachs  dieselbe  Rolle  und  3)  spricht 
die  ergiebigere  Verwendung  des  Wachses  für  die  Bauten,  wovon  in  dem  vorhergehenden 
Kapitel  die  Rede  war,  nicht  nur  keineswegs  zugunsten  einer  höheren  Vollkommenheit  und 
einer  größeren  Kompliziertheit  der  Instinkte,  sondern  weist  im  Gegenteile  auf  einen 
Rückschritt  der  genannten  Insekten  in  diesem  Sinne  hin,  obgleich  die  Autoren  ganz  entgegen- 
gesetzter Ansicht   sind. 

Es  muß  noch  hinzugefügt  werden,  daß  auch  die  Architektur  der  Bauten  bei 
den  einsam  lebenden  Wespen  alles  weit  hinter  sich  läßt,  was  wir  bei  den  „sozialen" 
Hymenopteren  sehen. 

Die  Hummeln  werden  bei  dieser  Frage  gewöhnlich  nicht  berücksichtigt:  ihre  Bauten 
gelten  als  primitiv,  und  doch  sind  diese  Bauten  hinsichdich  ihrer  Architektur  schon  aus 
dem  einen  Grunde  nicht  weniger  vollkommen,  als  diejenigen  der  Bienen  z.  B.,  weil  sie 
einen  mannigfacheren  Charakter  aufweisen.  —  Seit  die  Bienenzelle  aufgehört  hat  als  das 
Produkt  einer  geheimnisvollen  Macht  und  raffinierten  Berechnung  zu  gelten,  (die  seinerzeit 
zu  einer  Korrektion  der  Logarithmentafeln  beigetragen  hat),  ist  aus  diesem  „Wunder  der 
Baukunst"  etwas  sehr  bescheidenes  geworden :  ein  schablonenmäßiges  Erzeugnis,  dessen  An- 
fertigung nicht  so  sehr  durch  die  Psychik,  als  durch  die  Gestalt  und  die  Lage  des  Körpers 

'  Unter  den  Spinnen  finden  wir  derartige  Bauten  mit  ausgewähltem  Materiale  bei  Agroeca  in  den  wunderbaren 
Nestern  dieser  Gattung  („L'industrie  des  Araneina"). 

'  Ch.  Ferton.  Notes  ddtachdes  sur  l'instinct  des  Hymdnopteres  melliferes  et  ravisseurs  avec  la  description  de 
quelques  espfeces.     Annales  de  la  Soc.  Entomologique  de  France.     Vol.  LXX.     1901. 


—     198     — 

ihres  Erbauers  bedingt  wird.  Die  Bauten  der  Wespen  stellen  in  psychologischer  Hinsicht 
schon  wegen  der  Eigenschaften  ihres  Baumateriales,  der  Befestigungsweise  des  hängenden. 
Nestes,  der  Einrichtung  seiner  Hülle  u.  s.  w.  unendlich  höhere  Anforderungen.  Allein  auch 
bei  diesen  Insekten  finden  wir  in  Bezug  auf  Architektur  viel  von  jener  Schablone,  durch 
welche  die  Bauten  der  Bienen  charakterisiert  werden.  Ich  will  damit  natürlich  nicht  gesagt 
haben,  daß  wir  bei  den  einsam  lebenden  Hymenopteren  ein  Fehlen  jeder  Schablone  erwarten 
können.  Dies  ist  nicht  der  Fall:  Da  wo  der  Instinkt  als  Baumeister  auftritt,  herrscht  eine 
deutliche  oder  versteckte  Schablone  als  eine  Regel,  die  keine  Ausnahme  duldet.  Allein 
auch  hier  ist  es,  vom  Standpunkte  der  Komplikation  der  Instinkte  aus  betrachtet,  nicht 
einerlei,  ob  eine  geometrisch  regelmäßige  Figur  gebildet  wird,  wie  wir  dies  bei  den  Bienen 
sehen,  oaer  aber  ob  die  hergestellten  Gegenstände  i)  ihrer  Gestalt  nach  verschieden  sind 
und  aus  mehreren,  einander  durchaus  unähnlichen  Teilen  bestehen  und  2)  wegen  dieser 
ihrer  Verschiedenartigkeit  auch  verschiedenartige  Reaktionen  seitens  des  Baumeisters,  wenn 
er  mit  jenen  in  Berührung  kommt,  hervorrufen  müssen.  —  Es  läßt  sich  nun  behaupten, 
daß  das  Schablonenmäßige  im  Bauinstinkte  bei  den  Hummeln  nicht  niedriger,  sondern 
höher  steht,  als  bei  den  Bienen.  Um  sich  hiervon  zu  überzeugen,  genügt  es,  sich  diejenigen 
Teile  des  Nestes  in  Erinnerung  zu  rufen,  aus  denen  sein  innerer  Abschnitt  besteht,  sowie 
die  verschiedenartigen  Erzeugnisse,  welche  die  Hummeln  aus  Wachs  anfertigen.  Allerdings 
sind  die  Bauten  der  Bienen  als  Ganzes  betrachtet  zweckentsprechender  imd  also  voll- 
kommener, als  die  Bauten  der  Hummeln.  Wir  sehen  bei  ihnen  keine  Schwankungen,  keine 
unproduktive  Arbeit,  kein  Umarbeiten,  wie  es  bei  den  Hummeln  in  so  hohem  Maße  be- 
ständig zu  bemerken  ist  und  sozusagen  den  allerwcsentlichsten  Zug  in  deren  Tätigkeit  dar- 
stellt: alles  dieses  wurde  durch  einen  fabrikmäßigen  Betrieb  ersetzt;  es  ist  eine  auf  Ver- 
schiedenheit der  physischen  Organisation  begründete  Arbeitsteilung  ein- 
getreten ;  es  hat  sich  ein  Mechanismus  herausgebildet,  der  auf  den  ersten  Blick  kompliziert 
erscheint  und  den  Laien  und  den  Schwärmer  in  Erstaunen  versetzt,  für  denjenigen  Menschen 
aber,  der  es  versteht,  aus  der  gleichzeitigen  .Arbeit  Hunderter  von  Individuen  den  Plan  und 
die  Tätigkeit  des  einzelnen  herauszusondern,  bei  näherer  Betrachtung  sich  als  einfach  und 
kunstlos  herausstellt. 

Noch  komplizierter  aber  als  bei  den  Hummeln  ist  die  architektonische  Tätigkeit  der 
einsam  lebenden  Hymenopteren!  Ich  erinnere  hier  als  Beispiel  an  die  ,,cheminee  audcssus 
de  leur  nid",  die  gewisse  Arten  von  Andrcna,  Ccramius,  Ody)icrus  u.  a.  m.  anlegen,  oder 
an  das   Nest  von  Eumenes,  von  welchem   Fertoni   folgendes   mitteilt: 

„Tout  le  monde  connait  l'elegante  cellule  des  Eumenes,  petite  coupole  bätie  contre  iine  pierre, 
un  morceau  de  bois  ou  iine  mince  tige  d'aibuste.  Dans  la  construction  de  cet  edifice,  linstinct  de  la 
guepe  est  arrive  ä  un  haut  degre  de  perfection;  il  met  simultanement  en  oeuvre  tous  les  outils  de  l'insecte 
et  leur  fait  executer,  avec  rapidite  et  precision ,  un  tiavail  qui  peut  etre  considerc  conime  un  des  plus 
complexes  qu'aient  ä  realiser  les  Hymenopteres  de  nos  regions." 

Aus  derselben  Beschreibung  erfahren  wir  überdies,  daß  die  Tätigkeit  des  Insektes 
bei  dem  Bau  des  Nestes  sich  als  eine  auffallend  mannigfache  und  wechselnde  erweist.  — 
Ich  erinnere  ferner  an  den  Bau  von  Colletes,  von  welchem  Perez-  unter  anderem  folgen- 
des berichtet : 

'  loc.  cit. 
'  loc.  cit. 


—     199     — 

„Elle  humecta  la  poussiere  scche  du  sol ,  et  en  fit  une  boulette,  qu'elle  appoita  ä  sa  coupole  et 
mit  aussitöt  en  oeuvre.  Les  mandibules,  faisant  office  de  truelles,  enlevaient  peu  ä  peu  ä  la  boule  le 
mortier  qu'elles  mettaient  de  suite  en  place ,  et  pendant  ce  temps  les  pattes  de  devant  maintenaient  la 
boulette,  et  lui  imprimaient  un  mouvement  de  rotation,  de  sorte  qua  les  mandibules  lui  laissaient  en  la 
räclant  la  forme  spheiique ;  la  guepe  pivotait  au  für  et  ä  mesure  qu'avani;ait  la  cloison,  et  les  antennes 
toujours  en  mouvement  palpaient  et  mesuraient  la  coupole.'' 

„Au  fond  d'une  galerie  plus  ou  moins  longue,  des  cellules  laterales  isolees,  ou  plusieurs  ä  la  file 
dans  un  meme  conduit.  La  paroi  de  terre  n'est  pas  simplement  polie ;  eile  est  soigneusement  tapissee 
d'une  delicate  pellicule,  incolore,  transparente,  ayant  l'aspect  de  la  baudruche,  mais  incomparablement  plus 
fine,  bien  qu'elle  soit  composee  de  plusieurs  feuillets,  trois  ou  quatre  au  moins,  et  si  unie,  si  lustree  qu'elle 
defie  le  plus  merveilleux  satin.  Teile  est  la  tenuite  d'un  lambeau  de  cette  membrane,  que  Reaumur  la 
compare  k  ces  trainees  argentees  que  la  limace  laisse  sur  son  chemin.  Briilee,  cette  substance  repand  la 
meme  odeur  que  la  soie.  Mais  eile  n'en  a  point  la  structure;  nulle  trame,  nulle  fibre  ne  s'y  peut  recon- 
näitre.  Comment  est  fabriquee  cette  membrane?  Personne  ne  l'a  vu  mais  on  suppose  —  que  faire  de  plus? 
—  que  c'est  le  produit  d'une  secretion  etendiie  par  l'insecte,  ä  l'etat  fluide,  sur  la  paroi  de  la  cellule  ,  et 
qui  se  concrete  ä  l'air  comme  le  fait  la  soie.  Et  l'on  ajoute  que  la  courte  langue  bilobce  de  l'abeille  est 
Sans  doute  la  spatule  destinee  ä  etendre  ce  vernis. 

La  cellule,  remplie  d'une  pätee  semiliquide,  regoit  un  oeuf,  qui  est  pondu,  non  sur  le  miel,  comme 
Mr.  Fabre  l'a  vu  chez  les  Antophores,  mais  un  peu  au  dessus,  sur  la  paroi,  selon  Mr.  Val.  May  et.  La 
cellule  est  bouchee  ensuite  ä  l'aide  de  plusieurs  doubles  de  la  substance  qui  tapisse  la  paroi.  La  pätöe 
se  trouve  ainsi  enfermee  dans  une  sorte  de  vessie  membraneuse  close  de  toute  part.  Cette  enveloppe,  non 
seulement  est  impermeable  au  miel,  mais  eile  constitue ,  selon  M,  Mayet,  une  fermeture  si  hermetique 
qu'elle  eclate  avec  un  certain  bruit,  quand  on  la  comprime  suffisamment  entre  les  doigts. 

La  cellule  close,  qui  ä  la  forme  ordinaire  d'un  de  ä  coudre,  ou  bien  reste  isolee  au  fond  du  petit 
canal,  ou  bien  plusieurs  sont  empilees  ä  la  file. 

Es  folgen  nunmehr  einige  Instinkte,  deren  Aufgabe  darin  besteht,  das  Nest  für  die 
Feinde  unsichtbar  zu  machen.  Zu  diesem  Zwecke  werden  die  Gänge  mit  Erdteilchen  in 
der  Weise  zugedeckt,  daß  auch  das  schärfste  Auge  nicht  imstande  ist,  die  Anwesenheit  des 
Baues  zu  entdecken.  So  begnügt  sich  z.  B.  Osmia  hicolor  nicht  damit,  für  ihr  Nest  einen 
so  ausgezeichnet  schützenden  Gegenstand  wie  eine  Muschel  auszuwählen,  sondern  sie  ver- 
schließt die  Öffnung  dieser  Muschel,  nachdem  sie  ihre  Arbeit  in  deren  Innerem  beendet  hat, 
nicht  nur  auf  das  vollkommenste,  sondern  sie  bedeckt  auch  noch  die  Muschel  selbst  in  der 
Weise  mit  Kiefcrnadeln,  daß  sie  ganz  unsichtbar  wird.  Und  diese  Erscheinung  ist  um  so 
wunderbarer,  als  0.  hicolor  bald  nach  vollendeter  Anlage  ihres  Nestes  abstirbt,  ihre  Brut 
niemals  zu  Gesichte  bekommt  und  nie  etwas  über  die  Zweckmäßigkeit  der  von  ihr  an- 
gebrachten  Schutzvorrichtungen   sowie  über    die    Feinde    ihrer    Kinder   erfahren   kann. 

Die  mitgeteilten  Beispiele  könnte  ich  noch  durch  sehr  viele  andere  vervollständigen, 
von  denen  ein  jedes,  gleich  den  bereits  angeführten,  Zeugnis  dafür  ablegt,  daß  die  Bau- 
instinkte der  einsam  lebenden  Hymenopteren  nicht  nur  nicht  niedriger  stehen,  als  die 
schablonenhafte  Tätigkeit  solcher ,, sozialer"  Insekten,  wie  es  die  Bienen  sind,  sondern  die- 
selben  sogar   unvergleichlich    übertreffen. 

C.  Die  Instinkte,  die  mit  der  Beschaffung  von  Nahrung  für  die  Nachkommenschaft 

im  Zusammenhange  stehen. 

Wenn  auch  die  Art  und  Weise,  wie  die  einsam  lebenden  Insekten  bei  der  Erlangung 
von    Nahrung   für   den   eigenen   Bedarf  vorgehen,  iin  psychologischen  Sinne  nicht  kompli- 


—     200     — 

zierter  ist  als  bei  den  gesellig  lebenden  Insekten,  so  sind  doch  die  auf  die  Erlangung  von 
Nahrung  für  die  Nachkommenschaft  gerichteten  Instinkte  bei  den  einsam  lebenden 
Hymenopteren  im  allgemeinen  viel  komplizierter  als  bei  den  Hummeln  und  Bienen.  Dies  folgt 
schon  allein  aus  der  Tatsache,  daß  bei  diesen  letzteren  die  für  die  erwachsenen  Tiere 
bestimmte  Nahrung  im  wesentlichen  auch  für  die  Larven  dient  (höchstens  wird  diese 
Nahrung  vermittels  organischer  Ausscheidungen  bearbeitet  und  so  ein  wenig  verändert); 
bei  den  einsam  lebenden  Hymenopteren  dagegen  unterscheidet  sich  die  Nahrung  der  er- 
wachsenen Insekten  durchweg  von  derjenigen  für  die  in  der  Entwicklung  begriffene  Gene- 
ration und  hat  mit  derselben  bisweilen  gar  nichts  gemein.  So  kommt  es,  daß  die  erwachsenen 
Individuen  der  einsam  lebenden  Hymenopteren  einerseits  bei  der  Erlangung  von  Nahrung 
für  sich  selbst  in  der  gleichen  Art  und  Weise  vorgehen,  wie  Bienen  und  Hummeln ; 
außerdem  aber  sind  viele  einsam  lebenden  Hymenopteren  gezwungen,  bei  der  Erlangung 
von  Nahrung  für  ihre  Nachkommenschaft  zu  einem  Verfahren  von  ganz  speziellem  Charakter 
zu  greifen,  welches  bisweilen,  vom  Standpunkte  der  die  Tiere  dabei  leitenden  Instinkte  be- 
trachtet, ganz  erstaunlich  kompliziert  erscheint.  Es  genügt  wohl  hier  an  das  von  der  Gattung 
Ästata  Latr.  angewandte  Verfahren  zu  erinnern,  die  ihre  Larven  mit  Hymenopteren 
füttert,  wobei  einige  Arten  bei  dieser  Jagd  ihren  Stachel  in  den  Hals  des  Opfers  an 
der  Verbindungsstelle  zwischen  Kopf  und  Sternum  versenken  müssen;  hierher  gehört  auch 
das  von  den  Pompilus-Arten  angewandte  Verfahren,  von  welchen  die  Mehrzahl  ihre  Jungen 
mit  Spinnen  füttert  und  gezwungen  ist,  ihre  Beute  in  den  Mund  zu  treffen,  d.  h.  an  eine 
Stelle,  welche  so  gut  bewaffnet  und  mit  einem  für  Pompilus  tödlichen  Gift  versehen  ist. 
Endlich  ist  noch  an  das  Verfahren  der  Gattung  Sphex  zu  erinnern,  die  mit  ihrem 
Stachel  eine  Reihe  von  Stichen  in  die  Ganglienknoten  der  Nervenkette  ihres  Opfers  aus- 
führt, indem  sie  die  Beute  nicht  tötet,  sondern  nur  lähmt. 

Der  Hinweis  auf  diese  Tatsachen  wird  genügen,  um  uns  zu  der  Behauptung  für  be- 
rechtigt zu  halten,  daß  die  Verfahren,  welche  die  einsam  lebenden  Hymenopteren 
anwenden,  um  für  sich  selbst  und  für  ihre  Nachkommen  Nahrung  zu  be- 
schaffen, in  ihrer  Gesamtheit  eine  Psychik  repräsentieren,  die  nicht  selten  bedeutend 
komplizierter  erscheint,   als  die   analogen  Instinkte  bei  den  sogenannten  sozialen  Insekten. 

D.  Die  Instinkte,  die  auf  die  Verteidigung  der  Nachkommenschaft  und  auf  die 
Sicherstellung  ihrer  Entwicklung  gerichtet  sind,  bei  den  gesellig  und  bei  den  einsam 

lebenden  Insekten. 

Bei  den  sogenannten  geselligen  Insekten  kommen  spezielle  Instinkte  dieser  Art 
überhaupt  nicht  zur  Beobachtung :  diejenigen  \'erfahren,  die  sie  zur  Selbstverteidigung  und 
zur  Verteidigung  ihres  Nestes  anwenden,  dienen  gleichzeitig  auch  als  Mittel  zur  \^erteidigung 
der  Nachkommenschaft.! 

Etwas  ganz  anderes  beobachten  wir  bei  den  einsam  lebenden  Hymenopteren:  hier  ist 
die  Mannigfaltigkeit  und  die  Komplikation  der  auf  die   Sicherstellung  der  Entwicklung  der 


'  Mit  besonderer  Deutlichkeit  tritt  diese  Erscheinung  bei  den  Hummeln  zu  Tage:  die  Selbstverteidigung  der 
Hummel,  welche  sich  auf  den  Rücken  legt  und  sich  auf  bestimmte  Art  und  Weise  mit  den  Beinen  festhält  um  bequemer 
stechen  zu  können,  stellt  gleichzeitig  auch  die  am  häufigsten  vorkommende  Form  der  Verteidigung  des  Nestes  und  der 
Brut  dar. 


—     201     — 

Brut  gerichteten  Instinkte  außerordentlich  groß.  So  ist  z.  B.  bekannt,  daß  sogar  die  Lage 
des  Eies  auf  der  Beute  oder  neben  derselben  für  die  Entwicklung  der  Nachkommen- 
schaft eine  sehr  große  Rolle  spielen  kann.  Diese  Gruppe  von  Instinkten  treffen  wir  weder 
bei  den  Bienen  noch  bei  den  Meliponen  an,  wo  das  Weibchen  von  einer  Zelle  zur  anderen 
übergehend  seine  Eier  ablegt,  ebensowenig  bei  den  Hummeln,  deren  Weibchen  zu  diesem 
Zwecke  von  einem  Kokon  zum  anderen  übergeht.  Die  ganze  Mannigfaltigkeit  beschränkt 
sich  hier  darauf,  daß  da  wo  die  Drohnen  sich  in  besonderen  Zellen  entwickeln,  der  Instinkt 
des  Weibchens  diesem  die  Möglichkeit  bietet,  in  die  einen  Zellen  unbefruchtete,  in  andere 
befruchtete  Eier  abzulegen. 

Anders  verhält  sich  die  Sache  bei  den  einsam  lebenden  Hymenopteren ;  hier  stehen 
diese  Handlungen  mit  einer  ganzen  Reihe  äußerst  wichtiger  Instinkte  im  Zusammenhange. 
Ch.  Ferton^    teilt   hierüber   folgendes   mit: 

,,chez  les  Hymcnopti-res  ravisseurs  la  mise  en  place  de  l'oeuf  sur  la  proie  est  Tun  des  actes  les 
plus  importants  de  la  via,  c'est  gencralement  une  des  manifestations  de  l'instinct  les  mieux  fixees,  les 
moins  sujettes  aux  variations. 

Der  Verfasser  gibt  ein  ganzes  Verzeichnis  solcher  instinktiver  Eigentümlichkeiten  bei 
verschiedenen    Formen. 

Alle  diese  Tatsachen,  deren  Zahl  ich  noch  durch  weitere  vervollständigen  könnte, 
berechtigen  uns  zu  der  Behauptung,  daß  diejenigen  Instinkte,  durch  die  nach  der 
Ansicht  der  Autoren  eine  hohe  Entwicklung  des  „Familienelementes"  bei  den  soge- 
nannten sozialen  Insekten  bewiesen  wird,  in  Wirklichkeit  nicht  nur  mit  einem  solchen  Ele- 
mente nichts  zu  tun  haben,  sondern  sogar  geringer  entwickelt  sind,  als  die  entsprechenden 
Instinkte  der  einsam  lebenden  Hymenopteren. 


Aus  der  Gesamtheit  der  in  dem  gegenwärtigen  Kapitel  dargelegten  Tatsachen  folgt 
i)  daß  die  „sozialen"  Insekten,  entgegen  der  einstimmigen  Meinung  der  Autoren,  weder 
eine  hochentwickelte  Familie,  noch  viel  weniger  einen  Staat  darstellen;  2)  daß  ihr  „Zu- 
sammenleben" vielmehr  eine  typische  Form  von  Symbiose  mit  charakteristisch 
ausgesprochenen    Merkmalen    des    Parasitismus  repräsentiert. 

Dieser  Parasitismus  wird  hier  allerdings  sehr  undeutlich  gemacht,  nicht  nur  durch 
den  Umstand,  daß  Wirtstiere  und  Parasiten  gleichsam  als  Glieder  einer  Familie  erscheinen, 
sondern  auch  dadurch,  daß  der  Lösung  der  Frage,  wer  hier  Wirtstier  und  wer  Parasit  ist, 
gewisse  Schwierigkeiten  entgegenstehen,  indem  einerseits  Männchen  und  Weibchen,  anderer- 
seits aber  die  Arbeiterinnen  als  Wirte  gelten  müssen.  Man  wird  zweifelsohne  die  Frage  an 
mich  richten,  wieso  denn  solche  Elemente  der  „Gesellschaft"  Wirte  sein  können,  welche 
ihrer  Stellung  in  dieser  Gesellschaft  nach  die  Rolle  von  Arbeitern,  von  Dienern  spielen, 
und  zwar  von  Dienern,  welche  nicht  nur  „der  Königin  gehorsam  dienen",  wie  dies  sogar 
in  Spezialwerken  (z.  B.  über  Bienen)  beschrieben  wird,  sondern  sogar  in  Bezug  auf 
diese    Königin    „Zeichen    höchster    Ehrerbietung    und    Ergebenheit"    an    den   Tag    legen.^ 


'  loc.  cit. 

'  So  erzählt  z.  B.  Drory  (Quelques  observations),  daß  die  Arbeiterinnen  von  der  Gattung  Melipona,  indem  sie 
an  ihrer  Königin  vorbeigehen,  sich  vor  derselben  verbeugen,  daß  die  Verehrung,  mit  welcher  sie  die  Königin  umgeben, 
den  Beobachter  in  Erstaunen  versetzt  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Zoologie».    Heft  46.  26 


—     202     — 

Wie  kann  man  aber  den  Zustand  knechtischer  Unterwürfigkeit  mit  dem  Begriffe  des  Wirtes 
und  umgekehrt,  die  Stellung  des  Wirtes,  vor  welchem  sich  alles  beugt  —  mit  dem  Begriffe 
des   Parasitismus  verbinden  ? 

Selbstverständlich  wird  man  diese  Dinge  solange  nicht  in  Übereinstimmung  bringen 
können,  solange  -wir  die  Erscheinungen  im  Leben  der  Tiere  (und  besonders  der  wirbellosen 
Tiere)  vom  Gesichtspunkte  menschlicher  Beziehungen  oder  selbst  mit  Bezug  auf  die  Er- 
scheinungen im  Leben  der  höchststehenden  Tiere  betrachten  und  zu  erklären  suchen.  Haben 
doch  bei  der  Lösung  von  Aufgaben  der  vergleichenden  Psychologie  selbst  genaue  Forscher, 
wie  Lubbock  z.  B.,  der  sich  in  vielen  Punkten  von  dem  in  dieser  Wissenschaft  herrschen- 
den Anthropomorphismus  frei  gemacht  hat,  jener  Methode  jedesmal  ihren  Tribut  ent- 
richtet, sobald  es  ihnen  an  Tatsachen  für  die  objektive  Beantwortung  einer  Frage  gebrach. 

Wenn  von  der  Psychologie  wirbelloser  Tiere  die  Rede  ist,  so  entbehren  Worte  wie 
„Knechtschaft,  Sklaverei"  nicht  nur  desjenigen  Sinnes,  den  sie  in  Bezug  auf  Menschen 
haben,  sondern  sie  haben  überhaupt  gar  keinen  Sinn. 

Es  berührt  sonderbar,  wenn  man  in  dem  Werkchen  von  Lubbock  („Bees,  wasps  and 
ants")  Betrachtungen  darüber  liest,  daß  wir  bei  gewissen  Ameisen  eine  „verachtungswerte 
Sklaverei"  antreffen,  wobei  das  Epitheton  ,, verachtungswert"  fast  ein  jedesmal  angewandt 
wird,  sowie  von  den  Sklaven  und  ihrer  verächtlichen  Stellung  die  Rede  ist.  Die  „Sklaverei", 
so  lesen  wir  bei  Lubbock,  „hat  bei  den  Ameisen  wie  bei  den  Menschen  eine  Degradation 
derjenigen  zur  Folge,   welche  dieselbe  auf  sich   nehmen"    u.  s.  w. 

Die  Folge  solcher  Betrachtungen  ad  hominem  ist  die,  daß  wir  unausbleiblich  hier 
oder   dort   auf   „Rätsel"    und   „Geheimnisse"   stoßen. 


Kapitel  IIL 

Das  Zusammenleben  der  sogenannten  sozialen  Insekten 

repräsentiert  weder  eine  Familie,  noch  eine  Herde,  noch  eine  Gesellschaft, 
noch  weniger  endlich  ein  Staatenw^esen. 

Meine  Betrachtungen  über  den  in  der  Überschrift  aufgestellten  Satz  will  ich  in  zwei 
Teile  zerlegen;  in  dem  ersten  Teil,  A,  werde  ich  auf  diejenigen  Ergebnisse  hinweisen,  auf 
Grund  deren  das  Zusammenleben  der  Insekten  nicht  mit  einer  Familie  verglichen  werden 
kann,  in  dem  zweiten  Teil,  B,  dagegen  diejenigen  Ergebnisse  anführen,  infolge  deren  das 
Zusammenleben  der  Insekten  nicht  mit  einer  Herde,  einer  Gesellschaft  noch  einem  Staaten- 
wesen verglichen  werden  kann. 

A.  Das  „Zusammenleben"  der  Hummeln  (sowie  der  übrigen  „sozialen" 
Insekten)  kann  nicht  als  eine  Familie  aufgefaßt  werden;  dies  geht  aus  folgen- 
den weiteren  Betrachtungen  hervor : 

Diesem  „Zusammenleben"  fehlt  die  morphologische  Einheit,  die  für  eine  jede, 
auf  sozialen  Instinkten  basierte  biologische  Organisation  einen  unbedingt  notwendigen 
Faktor  darstellt.  Der  L^nterschied  zwischen  den  Gliedern  einer  derartigen  Organisation  kann 
auf  Grund  der  biologischen  Bedeutung  dieser  letzteren   nicht   weiter  gehen,    als   der   Leiter- 


—     203     — 

schied  zwischen  Männchen  und  Weibchen ;  bei  gewissen  „sozialen"  Insekten  ist  dagegen 
der  Unterschied  zwischen  den  die  Gemeinschaft  zusammensetzenden  Ghedern  so  beträchthch, 
daß  diese  letzteren,  falls  sie  nicht  alle  zusammenleben  (ein  „Nest"  ausmachen)  würden,  von 
den  Naturforschern  nicht  nur  verschiedenen  Gattungen,  sondern  selbst  verschiedenen 
Familien  zugezählt   werden  müßten. 

Die  Frage  der  Kasten  bot  ein  ganz  besonderes  Interesse,  als  man  in  ihrer  Genese 
und  Entwicklung  nicht  allein  ein  Element  der  progressiven  Entwicklung  in  der  Geselligkeit 
bei  den  Tieren  erblickte,  sondern  obendrein  eine  Erscheinung,  die  sich  die  Menschheit  bei 
der  Lösung  gewisser  sozialer  Fragen  sehr  wohl  zu  Nutzen  machen  konnte.  Gegenwärtig, 
wo  wir  diese  Erscheinung  als  eine  spezielle  Form  der  Symbiose  auffassen  müssen,  verliert 
die  Frage  augenscheinlich  ihre  frühere  Bedeutung  und  ihr  ursprüngliches  Interesse,  erweckt 
dagegen  zum  Ersätze  ein  anderes,  rein  biologisches    Interesse. 

Die  Frage  über  die  letzten  Ursachen  der  Entstehung  und  Entwicklung  der  Kasten 
befindet  sich  nocli  immer  im  Gebiete  der  Hypothesen.'  —  Diese  Seite  der  Frage  hat  nie- 
mals mein  Interesse  besonders  erwecken  können,  indem  sie  einstweilen  zu  viel  des  Rätsel- 
haften enthält.  Ich  werde  mich  daher  nicht  bei  ihr  aufhalten  und  beschränke  mich  auf 
eine  kurze   Darlegung  der  Ansichten  nur  derjenigen  Autoren,   deren  Anschauungen  meiner 


'  An  merk.  Eine  der  bekanntesten  Hypothesen  ist  diejenige  von  Weis  mann,  welcher  annimmt,  daß  das  Ei 
der  Bienen,  Wespen  und  Hummehi  eine  gewisse  Anzahl  von  Determinanten  enthält,  durch  welche  die  Kaste  der  sich  aus 
diesem  Ei  entwickelnden  Insekten  bestimmt  wird.  Gelegentlich  einer  Besprechung  der  bekannten  Kontroverse  zwischen 
Weismann  und  Spencer  über  den  Polymorphismus  bei  den  Hymenopteren ,  schließt  sich  F.  Wagner  („Einige  Be- 
merkungen zu  O.  Hertwig's  Entwicklungstheorie")  der  Ansicht  von  Weismann  an,  indem  er  annimmt,  daß  die 
spezielle  Ernährungsweise  nichts  weiter  darstellt  als  eine  (äußere)  Bedingung,  welche  in  der  Tat  in  der  von  Spencer  an- 
gegebenen Weise  bestimmend  einwirkt;  die  Bestimmung  bestehe  jedoch  darin,  daß  durch  die  betreffende  Ernährungsweise 
diese  oder  jene  spezielle  Determinanten  des  Keimplasmas  bevorzugt  werden. 

Andererseits  besitzen  wir  Hypothesen,  welche  mit  dieser  Ansicht  in  mehr  oder  weniger  bedeutendem  Widerspruch 
stehen.  Emery  z.  B.  spricht  sich  in  seiner  Arbeit  ,,Le  polymorphisme  des  Fourmis  et  la  castration  alimentaire  (C.-R. 
3.  Congr.  Intern  Zool  Leyde  1S95)  bezüglich  der  Frage  über  die  verschiedenen  Kasten  des  Ameisennestes,  in  folgender 
Weise  aus : 

,,Le  fondement  de  l'espece  et  des  diffcSrentes  formes  qu'elle  peut  comporter  r(;side  dans  les  propriet^s  du  plasma; 
mais,  d'autre  part,  on  doit  admettre,  dans  une  mesure  plus  (5tendue  que  Weismann  les  faits  d'(!pigdnese,  dans  ce  sens 
que  les  organes  influent  les  uns  sur  les  autres  durant  Involution  individuelle  (Emery,  Driesch).  II  ne  semble  donc  pas 
que,  pour  expliquer  le  dimorphisme  sexuel  ou  le  polymorphisme  social ,  il  soit  n^cessaire  d'admettre  des  dilT^rences  prd- 
formdes  ou  une  multiplicitö  de  ddterminants  pour  chaque  organe  di-  ou  polymorphe;  il  suffit  que,  durant  leur  Formation, 
ces  organes  soient  capables  de  se  modifier  sous  l'influence  de  la  fonction  des  organes  se.\uels,  de  la  nourriture ,  de  la 
tempi^rature. 

II  faut  observer  toutefois  que  tous  les  individus  ne  röagissent  pas  de  la  meme  fagon  aux  memes  stimulants  de  la 
nutrition,  et  c'est  pröcis^ment  cette  diff^rence  de  reaction  qui  fait  intervenir  le  facteur  blastogene  dans  la  Constitution  des 
difförentes  castes.  Si  les  individus  r^agissent  d'une  faijon  diffdrente  ä  un  meme  stimulant,  c'est  en  raison  de  ce  fait  bien 
connu  que  les  etres  provenant  d'une  meme  ponte  ont  un  pouvoir  de  nutrition  variable." 

P.  Marchai,  aus  dessen  Darlegung  der  erwähnten  Arbeit  von  Emery  („l'Annde  biologique")  ich  den  obigen  Aus- 
zug mitteile,  begleitet  dieselbe  u.  a.  mit  nachstehender  Schlußfolgerung: 

,,Nous  partageons  entierement  les  idiSes  de  l'auteur  pour  toute  la  premiere  partie  de  son  dtude  dans  laquelle  il 
insiste  sur  la  haute  importance  des  phönomenes  d'^pigenese  dans  le  polymorphisme  Mais,  tout  en  rendant  hommage  ii  la 
haute  valeur  de  ses  travaux,  nous  ne  voyons  vraiment  pas  pourquoi  renon^ant  ä  son  ancienne  thdorie  de  la  diff(5renciation 
par  la  Variation  de  la  nourriture,  Emery  ariive  ä  faire  ä  la  th^orie  de  la  preformation  dans  le  germe  celtc  concession 
que  les  ouvrieres  de  petite  taille  proviennent  de  germes  difförents  de  ceux  des  ouvrieres  de  grande  taille ,  et  que  ce  sont 
ceu.x  qui  donnent  des  ouvrieres  de  grande  taille  qui  sont  choisies  pour  faire  des  femelles". 

In  letzter  Zeit  sind  neue  Hypothesen  in  der  Frage  über  die  Ursachen  des  Polymorphismus  bekannt  geworden. 
Hierher  gehört  z.  B.  die  Hypothese  von  C.  Jickeli  ,,Die  Unvollkommenheit  des  Stoffwechsels  als  Veranlassung  für  die 
Vermehrung.  Berlin  1902."  Es  ist  jedoch  noch  nicht  an  der  Zeit,  irgend  welche  Schlußfolgerungen  auf  Grund  dieser  Hy- 
pothese aufzustellen. 


—     204     — 

Auffassung  nach  am  meisten  begründet  sind  und  mit  meinen  eigenen  Beobachtungen  am 
besten  übereinstimmen. 

Die  Veränderhchkeit  der  Organismen  überhaupt  wird,  wie  dies  von  Emery'  erstmals 
ausgesprochen  worden  ist,  durch  Ursachen  von  zweierlei  Art  bedingt ;  die  einen  werden  durch 
die  Eigenschaft  des  Keimplasmas,  die  anderen  durch  die  Bedingungen  des  umgebenden 
Mediums  bestimmt.  Erstere  bezeichnet  der  Autor  als  angeborene,  blastogene,  letztere  als 
erworbene,  somatogene  Faktoren.^  Diese  letzteren  erscheinen  denn  auch  als  die  nächst- 
liegendsten Ursachen  für  die  Entstehung  der  Kasten  und  derjenigen  Modifikationen, 
welche  bei   ihnen   beobachtet  werden. 

Vom  Gesichtspunkte  dieser  Theorie  aus  betrachtet,  erscheinen  die  Arbeiter  der  Hum- 
meln, Wespen,  Bienen  und  Ameisen  als  eine  Folge  der  Ernährungsweise,  deren  Charakter 
Marchai 3  durch  die  Worte  „castration  nutritiale"  bezeichnet  hat.  Die  ungeschlechtlichen 
Individuen  waren  demnach  ein  Ergebnis  experimenteller  Teratogenie,  welche  von 
den  Insekten  selbst  ausgeführt  und  von  der  natürlichen  Auslese  unterstützt  wurde.  Die 
Tatsachen,  durch  welche  dieser  Schluß  bestätigt  wird,  sind  so  zahlreich,  daß  dessen  Rich- 
tigkeit nicht  mehr  angezweifelt  werden  kann.* 

Ich  werde  hier  nur  eine  solche  Tatsache  anführen:  In  zwei  Nestern  von  Bombus 
muscorum  fand  ich  im  Sommer  1903  je  zwei  Generationen  von  Zwergarbeiterinnen. 
Gewöhnlich  treten  solche  Arbeiterinnen  bei  den  Hummeln  am  Anfange  des  Sommers 
als  erste  Individuen  der  Brut  auf.  Die  Nahrung  ist  zu  dieser  Zeit  nur  spärlich 
vorhanden,  da  dieselbe  von  der  Königin  allein  zubereitet  wird.  Allein  es  ereignete 
sich,  daß  das  Nest  ^'on  Parasiten  heimgesucht  wurde,  deren  es  in  dem  betreffen- 
den Jahre  sehr  viele  gab  (ich  fand  5  Nester,  welche  von  Parasiten  fast  gänzlich  zerstört 
waren,  und  während  meiner  Abwesenheit,  vom  17.  Juni  bis  zum  8.  Juli,  gingen  alle  sechs 
von  mir  in  der  Gefangenschaft  gehaltenen  Stöcke  infolge  verschiedener  Parasiten  zu  Grunde). 
Zu  dieser  Zeit  waren  schon  viele  Larvenzellen  in  den  verschiedensten  Entwicklungsstadien 
vorhanden;  da  nun  die  Larven  einiger  Parasiten  die  Puppen  der  Hummeln  angreifen  (in- 
dem sie  deren  Kokons  durchnagen),  so  ereignete  sich  folgendes :  Die  Zahl  der  das  Futter 
liefernden  Arbeiterinnen  hörte  mit  einem  Schlage  auf,  sich  zu  vermehren,  was  unter  normalen 
Bedingungen  des  Lebens  hätte  erfolgen  müssen,  während  die  Zahl  der  nahrungsbedürftigen 
Mäuler  immer  größer  wurde  und  mit  jedem  Tage  immer  mehr  und  mehr  Nahrung  verlangt 
wurde.  L^nd  nun  begann,  offenbar  weil  viel  weniger  Nahrung  herbeigeschafft  wurde  als  not- 
wendig   gev/esen    wäre,    eine    zweite    Generation    von    Zwergweibchen    den    Kokons    zu    ent- 


'  C.  Emery,  Le  polymorphisme  des  Fourmis  et  la  castration  alimentaire.  Compte-rendu  des  seances  du  troisieme 
Congres  International  de  Zoologie  1896,  Leyde. 

'Daniel  Rosa,  (,,Die  progressive  Reduction  der  Variabilität  und  ihre  Beziehung  zum  Aussterben  und  zur  Ent- 
stehung der  Arten".  Jena  1903)  hält  eine  solche  Einteilung  für  künstlich  und  nimmt  an,  ein  jedes  Merkmal  sei  zum  Teile 
blastogenen  zum  Teile  somatogenen  Ursprunges.  Diese  Correction  ändert  meiner  Ansicht  nach  nichts  an  dem  von  Emery 
aufgestellten  Prinzipe,  da  schließlich  alle  Erscheinungen  auf  gemeinsame  und  alleinige  Gesetze  zurückzuführen  sind,  woraus 
jedoch  natürlich  durchaus  nicht  folgt,  daß  die  Unterscheidungen  zwischen  denselben  künstlich  sind;  logischerweise  hätte 
Rosa  behaupten  müssen,  daß  auch  die  Unterscheidung  zwischen  dem  Menschen  und  Affen  eine  künstliche  sei,  da  sowohl 
der  Affe  Merkmale  der  menschlichen  Organisation,  wie  der  Mensch  Merkmale  des  Affen  besitzt. 

'  P.  Marchai,  La  castration  nutritiale  chez  les  Hymenopteres  sociaux.  Compte-rendus  de  la  Socidte  Biologi- 
que.  I897. 

'  P.  Marchai,  La  reproduction  et  l'i^volution  des  guepes  sociales.  Archives  de  Zoologie  expörimentale  et  g^ndrale. 
III.  s6r.,  Tom.  IV.    Annäe  1896. 


—     205     — 

schlüpfen.  Der  größte  Teil  derselben  wurde  in  ihren  Kokons  von  den  Parasiten  gefressen, 
allein  diejenigen,  welche  sich  hatten  entwickeln  können,  legten  Zeugnis  von  dem  Prozesse 
ab,  der  sich  hier  abgespielt  hatte  und  in  folgender  Weise  ausgedrückt  werden  kann :  statt 
der  üblichen  Vergrößerungen  im  Wüchse  der  Weibchen  mit  dem  Auftreten  neuer  Gene- 
rationen (wobei  wir  5  Größengrade  für  die  Arbeiterinnen  der  Hummel-,, Familie",  und  zwar 
1)  die  Zwergweibchen  und  2),  3),  4)  und  5)  die  großen  Weibchen  annehmen;  —  ergab  sich 
folgende  Reihe:  i,  2,  3,  wiederum  i  und  hierauf  der  Untergang,  oder  richtiger  gesagt,  das 
langsame  Absterben  der  „Gemeinde". 

Diese  Rückkehr  zum  ursprünglichen  Stadium  ergab  sich  als  eine  direkte  Folge  der 
Ernährungsweise,  wie  sie  während  der  Entwicklung  des  Zusammenlebens  dieser  Insekten  zu 
jeder  Zeit  beobachtet  werden  kann. 

Von  großem  Interesse  im  Sinne  des  angeführten  Gesichtspunktes  sind  auch  die  von 
E.  Wasmann  mitgeteilten  Tatsachen.'  Dieser  Forscher  berichtet  folgendes :  In  den  Ameisen- 
nestern finden  sich  bekanntlich  Individuen,  die  zwischen  den  Arbeiterinnen  (neutres)  und 
den  Weibchen  stehen ;  es  erweist  sich  nun,  daß  wenn  eine  Larve  zuerst  die  für  Weibchen 
bestimmte  Nahrung  erhält,  sodann  aber  mit  der  Nahrung  der  Arbeiterinnen  (neutres)  gefüttert 
wird,  aus  dieser  Larve  ein  Wesen  entsteht,  das  zwar  den  Körper  des  Weibchens  besitzt,  allein 
geschlechtslos  ist  (asexue).  Wird  dagegen  die  Ernährung  in  der  umgekehrten  Reihenfolge 
vorgenommen,  so  bildet  sich  aus  der  Larve  ein  Wesen  mit  dem  Körper  einer  Arbeiterin 
(neutre),   allein   mit   ausgebildeten   Geschlechtsorganen  (sexue). 

Die  Richtigkeit  des  Gedankens  von  der  Einwirkung  der  Nahrung  auf  die  Entwick- 
lung wird  ferner  durch  einige  Tatsachen  bestätigt,  auf  welche  Emery  hingewiesen  hat:  die 
mangelhafte  Ernährung  der  Larven  ruft  das  Auftreten  von  zwergartigen  Fliegen,  Schmetter- 
lingen und  verschiedenen  anderen  Tieren  hervor. 

Für  die  Hummeln  und  Wespen  kann  eine  solche  Wirkung  der  Nahrung  im  unmittel- 
baren Sinne  angenommen  werden,  d.  h.  diese  Wirkung  wird  hier  durch  die  Quantität  und 
Qualität  der  Nahrung  direkt  bestimmt.  Was  die  Bienen  betrifft,  wo  die  zwischen  der 
Königin  und  den  Arbeiterinnen  liegenden  Stadien  ausgefallen  sind,  so  daß  der  Unterschied 
zwischen  den  am  weitesten  voneinander  stehenden  Kasten  ein  sehr  tiefgehender  ist,  so  läßt 
sich  die  Sache  folgendermaßen  erklären:  der  Evolutionsprozeß  dieser  Insekten  ist  in  einer 
so  langen  Zeitperiode  vor  sich  gegangen,  daß  die  gegenwärtige  Bienenkönigin  und  -arbeiterin 
einerseits  als  das  Produkt  der  Ernährungsweise,  welche  sich  vielleicht  in  einer  anderen  Art 
und  auf  einem  anderen  Stadium  der  postembryonalen  Entwicklung  geltend  gemacht  hat, 
andererseits  aber  als  das  Produkt  jener  vererbten  Fähigkeiten  aufgefaßt  werden  kann,  welche 
unter  der  Mitwirkung  der  natürlichen  Auslese  in  der  Vergangenheit  von  ihrem  Keimplasma 
herausgearbeitet  worden  waren. 

Wie  sich  nun  auch  die  Ergebnisse  bezüglich  der  Entstehung  der  Kasten  bei 
den  „sozialen"  Insekten  gestalten  mögen,  —  so  legt  doch  dasjenige,  was  über  die 
biologische  Bedeutung  dieser  Erscheinung  bekannt  geworden  ist,  einstweilen  dafür 
Zeugnis  ab,  daß  die  morphologische  Verschiedenheit  zwischen  den  Ghedern  der  „Ge- 
meinden"  bei  den   sogenannten  sozialen   Insekten  eine  äußerst  tief  eingreifende  ist,  nament- 


Die  ergatogynen  Formen  bei  den  Ameisen  und  ihre  Erklärung.     (Biolog.  Zentralbl.  XV,  1895). 


—     200     — 

lieh  da,  wo  mehrere  Kasten  vorhanden  sind:  nicht  allein  die  morphologischen  Merk- 
male, sondern  auch  die  psychologischen  Fähigkeiten  können  in  ebenso  hohem  Maße 
verschieden  sein,  wie  bei  jeder  anderen  Symbiose.  Diese  Schlußfolgerung,  in  Verbin- 
dung mit  derjenigen,  welche  ich  bezüglich  des  Fehlens  einer  morphologischen  Ein- 
heitlichkeit bei  den  Hummeln  (Bienen,  Ameisen  u.  s.  w.;  ausgesprochen  habe,  veranlassen 
mich,  den  ersten  der  drei  weiter  oben  von  mir  aufgestellten  Sätze  —  daß  das  Zu- 
sammenleben der  sogenannten  sozialen  Insekten  nicht  einer  Familie  entspricht  —  als  be- 
wiesen zu  erachten :  es  gibt  bei  den  Tieren  keine  solche  Familie  in  der  direkten  Bedeutung 
dieses  Wortes),  in  welcher  der  morphologische  Unterschied  zwischen  den  Gliedern,  aus  denen 
dieselbe  besteht,  dauernd  größer  bliebe,  als  der  Unterschied  zwischen  Männchen  undWeibchen. 

B.  Das  „Zusammenleben"  der  Hummeln  kann  weder  als  eine  Herde, 
noch  als  eine   Gesellschaft  und  noch   weniger  als  ein  Staat  aufgefaßt  werden. 

Der  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieses  Satzes  fällt  nicht  schwerer,  als  derjenige  für 
den  ersten   Satz,  von  dem  soeben  die  Rede   war.    Der  zweite  Satz  wird  bewiesen : 

i)  Durch  das  Fehlen  der  morphologischen  Einheitlichkeit,  wie  sie  bei 
einer  Ansammlung,  einer  Herde  oder  einer  Gesellschaft  in  unserem  Sinne  stets  vorhanden 
ist,  einerlei  auf  welcher  Entwicklungsstufe  diese  biologischen  Organisationen  auch  stehen 
mögen.  Ich  werde  hierauf  nicht  nochmals  eingehen,  sondern  nur  bemerken,  daß  durch  das 
Leben  in  einer  echten  ,, Gesellschaft"  die  individuellen  morphologischen  Eigentümlichkeiten 
ihrer  Glieder  nie  verändert  werden,  während  bei  den  Hummeln  und  den  gesellig  lebenden 
Bienen  das  Zusammenleben  eine  um  so  höhere  Stufe  erreicht,  je  mehr  die  individuellen 
Glieder  der  betreffenden   Gesellschaft  morphologisch  und  psychologisch  verloren  haben. 

Das  Zusammenleben  in  echten  Gesellschaften  erweist  sich  als  um  so  vollkommener, 
je  vielseitiger  und  entwickelter  die  Instinkte  der  die  Gemeinde  ausmachenden  lndi\iduen 
sind,  imd  je  mehr  ein  jedes  dieser  Individuen  aus  dem  geselligen  Leben  Vorteil  zieht.  Im 
direkten  Gegensatz  hierzu  ist  die  ,, Gesellschaft"  der  sogenannten  sozialen  Insekten  um  so 
\ollkommener,  je  mehr  die  Instinkte  der  Einzelticre  durch  spezielle,  für  die  Art  vorteilhafte, 
für  das   Individuum  dagegen  nachteilige  Funktionen  verändert   und  eingeschränkt  werden. 

2)  Ein  zweiter  Beweis  liegt  in  der  Tatsache,  daß  nicht  nur  in  der  menschlichen  Ge- 
sellschaft, sondern  auch  in  den  halbwegs  entwickelten  tierischen  Gesellschaften  eine  Ar- 
beitsteilung unter  den  Gliedern  dieser  Gesellschaften  besteht,  während  bei  den  ,, sozialen" 
Insekten  keine  Spur  davon  zu  bemerken  ist.  Allerdings  reden  die  Autoren  bei  der  Be- 
schreibung des  Lebens  der  „sozialen"  Insekten  von  einer  solchen  Arbeitsteilung,  allein  es 
fällt  nicht  schwer,  den  Nachweis  dafür  zu  liefern,  daß  diejenige  Erscheinung,  die  bei  den 
Insekten  als  „Arbeitsteilung"  beschrieben  wird,  in  keiner  Weise  einer  solchen  entspricht. 
Dasjenige,  was  wir  bei  den  genannten  Insekten  beobachten,  ist  keine  Einteilung  der 
Arbeit  unter  den  Individuen  einer  Gesellschaft,  sondern  eine  \'erteilung  der  physio- 
logischen Funktionen,  was  durchaus  nicht  dasselbe  ist:  die  Arbeitsteilung  ist  ein  öko- 
nomisches, die   Verteilung   der   Funktionen   dagegen    ein    anatomisch-physiologisches    Prinzip. 

Ich  brauche  hiernach  nicht  ausführlich  zu  begründen,  daß  ich  eine  V^erwechslung 
dieser  beiden  Begriffe  für  einen  groben  Fehler  halte.  Ich  will  nur  folgendes  hervorheben: 
greifen  wir  irgend  eine  echte  Gesellschaft  bei  den  Tieren  heraus  —  von  deren  erstem  Auf- 


—     207     — 

treten  an  bis  zu  den  höchsten  Formen  des  menschlichen  Zusammenlebens  — ,  so  werden 
und  können  wir  niemals  eine  Organisation  derselben  finden,  die  durch  morphologische 
Eigentümlichkeiten  der  die  Gesellschaft  ausmachenden  Glieder  bedingt  wäre, 
ausgenommen  die  Eigentümlichkeiten,  die  das  Männchen  vom  Weibchen  unterscheiden. 
Bei  den  „sozialen"  Insekten  dagegen  ist  die  sogenannte  Arbeitsteilung  geradezu  eine  Folge 
der   entsprechenden   Veränderungen    in    der    Organisation. 

Aus  diesem  Grunde  nimmt  die  Hummelgemeinschaft,  in  der  die  Verteilung  der 
Funktionen  weniger  scharf  ausgesprochen  ist,  als  bei  allen  übrigen  sogenannten  sozialen 
Insekten,  in  Wirklichkeit  nicht  die  niedrigste,  wie  gewöhnlich  angenommen  wird,  sondern 
die  höchste  Stufe  unter  diesen  Insekten  ein,  d.  h.  diejenige,  welche  von  der  wahren  Ge- 
selligkeit die  geringste  Abweichung  zeigt. 

Die  Arbeiterinnen  unterscheiden  sich  bei  den  Hummeln  nur  wenig  von  den  echten 
Weibchen  und  die  Bezeichnung  der  kleinen  Weibchen  in  der  Hummelfamilie  mit  dem 
gleichen  Ausdruck  Arbeiterin,  der  auch  für  gewisse  Kasten  der  Bienen,  Wespen  und 
Ameisen  gebraucht  wird,  erscheint  daher  als  nicht  ganz  treffend.  Und  wie  die  Hummel- 
arbeiterinnen nicht  den  Bienenarbeiterinnen  entsprechen,  so  entsprechen  auch  die  Drohnen 
der  Hummeln  nicht  denjenigen  der  Bienen :  sie  suchen  sich  ihre  Nahrung  selbst  und  ar- 
beiten im  Neste. 

Was  übrigens  die  Arbeitsfähigkeit  der  Männchen  bei  den  sogenannten  sozialen  In- 
sekten betrifft,  so  hat  dieselbe  nichts  mit  der  Vollkommenheit  der  „Arbeitsteilung"  bei  ihnen 
zu  tun:  bei  Mclipona  z.  B.,  wo  die  „Gemeinde"  aus  der  befruchteten  Königin,  nicht  be- 
fruchteten Weibchen  (welche  parthenogenetisch  Männchen  hervorbringen),  echten  Ar- 
beiterinnen und  Drohnen  besteht,  beteiligen  sich  die  letzteren  an  dem  Bau  des  Nestes,  sie 
besitzen  die  Fähigkeit  gleich  den  Arbeiterinnen  Wachs  auszuscheiden  u.  s.  w.  Auch  dieser 
Umstand  weist  darauf  hin,  daß  die  Art  des  Zusammenlebens  der  sogenannten  sozialen 
Hymenopteren  keinerlei  Beziehung  hat  zu  der  Verteilung  der  Arbeit  unter  den  Gliedern 
einer  wahren  Gemeinde,  d.  h.  zu  jenem  Prinzip  der  Arbeitsteilung,  wie  es  in  der  Soziologie 
unter  dieser  Bezeichnung  aufgefaßt  wird. 

Kapitel   IV. 
Das  Studium  der  verschiedenen  Formen  biologischer  Organisation  im  Tierreiche 

führt    zu    der    Überzeugung,    daß    zwischen    dem    Zusammenleben    der    sogenannten 
sozialen  Insekten  und  der  wahren  Geselligkeit  keinerlei  Zusammenhang  besteht. 

Angefangen  von  Compte^,  der  im  Jahre  1822  die  Soziologie  als  eine  „Fortsetzung  der 
Biologie"  bezeichnete,  bis  zu  Kidd^,  der  bald  nach  Compte  und  Spencer  die  Soziologie  für 
einen  „Teil  der  Biologie"  hielt  —  vernehmen  wir  einmütige  und  übereinstimmende  Aussprüche 
über  die  innigen  Beziehungen  und  über  die  Unzertrennlichkeit  dieser  beiden  Disziplinen  der 
Wissenschaft,  sowie  über  die  Unmöglichkeit,  die  erstere  unabhängig  von  der  zweiten  zu  be- 
handeln. 

Sobald    jedoch     die     Frage    aufgeworfen     wird,      worin     denn    eigentlich     diese     Be- 


'  A.  Compte,  Systfeme  de  politique  positive. 
'Benjamin    Kidd,  Social  Evolution. 


~     208     — 

Ziehungen  bestehen,  und  wo  denn  eigenthch  beide  Wissenschaften  ihren  Berührungspunkt 
haben,  —  beginnen  alsbald  die  Meinungsverschiedenheiten,  die  sich  nicht  selten  über 
die  gesamte  Front  der  Argumentation  der  Widersacher  erstrecken.  Den  Ausgangspunkt  in 
der  Polemik,  welche  die  Anhänger  der  verschiedenen  Ansichten  über  den  Gegenstand  mit- 
einander ausfechten,  bildet  die  Frage :  was  stellen  die  Gesellschaft  und  der  Staat  vor,  und 
woher  können  in  ihrem  Leben  Gesetze  der  Biologie  mehr  oder  weniger  ausgedehnte  Anwen- 
dung finden  und  finden  sie  auch  in  der  Tat  ?  —  Bezüglich  dieser  Frage  finden  wir  in  der 
einschlägigen  Literatur  zwei  Kategorien  von  Ansichten. 

Zu  der  einen  dieser  Kategorien  gehören  diejenigen  Autoren  (und  zwar  bilden  die- 
selben die  Mehrheit\  welche  die  Gesellschaft  für  einen  Organismus  ansehen;  dabei  ist 
dieser  Organismus  nach  der  Auffassung  der  einen  kein  realer  Organismus,  sondern  ein 
dem  wahren,  morphologischen  durchaus  analoger  Organismus  (hierzu  gehören  Compte, 
Spencer,  Schäffle,  A.  Fouillee  u. A. m.),  nach  der  Auffassung  Anderer  sind  Gesellschaft 
und  Staat  echte,  reale  Organismen  (Lilienfeld-Worms),  während  endlich  eine  dritte  Gruppe 
von  Forschern  die  Gesellschaft  für  einen  Organismus  sui  generis  erklärt,  der  gleich  dem 
tierischen  Organismus  ein  Nervensystem  besitzt,  nämlich  die  Summe  von  Gehirnen  der  die 
Gesellschaft  oder  den  Staat  ausmachenden   Individuen   (A.  Fouillee). 

Zu  der  anderen  Kategorie  gehören  diejenigen  Autoren,  die  die  Gesellschaft  (und 
den  Staat)  als  das  Produkt  einer  Familie  ansehen,  die  auf  den  Instinkten  der 
Fortpflanzung  beruht ;  die  Blutsverwandtschaft  ihrer  Glieder  untereinander  ruft  bei  dem 
Übergange  der  Familie  in  die  Gesellschaft  die  Entstehung  des  altruistischen  Gefühles 
hervor,  welches  dazu  dient,  die  Elemente  der  Gesellschaft  untereinander  zu  einem  organi- 
schen Ganzen  zu  verbinden.  Für  die  Autoren  dieser  Kategorie  stellt  sich  die  Stammes- 
geschichte der   Gesellschaft   in   folgender   Gestalt  dar: 

i)  Das  Paar. 

2)  Die  Familie. 

3)  Die  Gesellschaft. 

4)  Der  Staat. 

Durch  ein  Ausgehen  von  derartigen  Gesichtspunkten  werden  die  Fragen  über  den 
Punkt,  wo  sich  die  Soziologie  an  die  Biologie  anschließt,  wie  auch  darüber,  worin  denn 
eigentlich  der  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden  Disziplinen  besteht,  naturgemäß  von 
vorne   herein   beantwortet. 

Was  nun  meine  eigene  Ansicht  betrifft,  so  halte  ich  den  Organismus  und  die  Ge-. 
Seilschaft  durchaus  nicht  für  gleichgeartet,  sondern  für  prinzipiell  voneinander  verschieden: 
der  Organismus  —  eine  so  niedrige  Stufe  der  Einfachheit  er  auch  darbieten  möge  —  unter- 
scheidet sich  scharf  von  der  Gesellschaft  durch  den  innigen  ^organischen)  Zusammenhang 
seiner  Teile  untereinander,  sowie  durch  das  Vorhandensein  eines  Sensoriums,  wie  Spencer 
jene  Elemente  des  Ganzen  nennt,  in  welchen  die  Sensibilität  konzentriert  ist.  Die  Gesell- 
schaft dagegen,  wie  auch  alle  anderen  Formen  biologischer  Organisation,  worunter  ich 
Assoziationen  von    Organismen   untereinander  verstehe   (welches    auch    die    daraus    entstehen- 


—     209     — 

den  gegenseitigen  Beziehungen  der  Organismen  zueinander  sein  mögen),  ist  durch  Merk- 
male charakterisiert,  welche  den  angeführten  diametral  entgegengesetzt  sind.  Als  solche  sind 
hervorzuheben :   die   räumliche   Trennung  der     Teile  und   das   Fehlen  eines  Sensoriums. 

Alle  Versuche,  den  radikalen  und  tiefgreifenden  Unterschied  zwischen  Gesellschaft 
und  Organismus  zu  beseitigen,  erscheinen  mir  nicht  nur  als  der  Beweiskraft  entbehrend, 
sondern  sie  lassen  meiner  Ansicht  nach  diesen  Unterschied   nur  noch  mehr  hervortreten. 

Aus  dem  Obengesagten  ergibt  sich,  daß  ich  von  Individualitäten  morphologischer  Or- 
ganismen hier  nicht  zu  reden  brauche,  indem  alle  Typen  dieser  Individualitäten  der  uns 
interessierenden  Frage  ganz  fernstehen. 

Was  dagegen  die  biologische  Organisation  betrifft,  so  werden  wir  uns  mit  der- 
selben zu  beschäftigen  haben,  da  von  ihr  in  der  einschlägigen  Literatur,  soviel  mir  bekannt 
ist,  entweder  nirgends  die  Rede  ist  oder  aber  dieselbe  von  einem  anderen  Standpunkte  aus 
behandelt  wird,  als  der  meinige  es  ist,  und  weil  deren  genaue  Feststellung  für  die  Lösung 
der  zu  besprechenden  Frage  von  außerordentlicher  Wichtigkeit   erscheint.^ 


'  Anmerkung.  Der  erste  Autor,  welcher  die  biologischen  Individualitäten  (jedoch  nicht  die  biologischen 
Organisationen)  zur  Sprache  brachte,  war  meines  Wissens  G.   Jäger   (Lehrbuch  der  Zoologie). 

Dieselben  werden  seiner  Ansicht  nach  aus  morphologischen  Individualitäten  zusammengesetzt  und  unterscheiden 
sich  von  diesen  dadurch,  daß  sie  biologische  Assoziationen  darstellen  Eine  Grenze  zwischen  beiden  kann  jedoch  nach  den 
Worten  des  Autors  nicht  gezogen  werden.  Die  genetischen  Prozesse ,  durch  welche  die  Entstehung  der  biologischen  In- 
dividualitäten bedingt  wird,  bestehen  nach  Jäger  in  der  Fortpflanzung.     Er  unterscheidet: 

1.  Das  Paar  als  primäre  biologische  Individualität;  dasselbe  kommt  bei  geschlechtlich  getrennten  Tieren  zur  Be- 
obachtung, während  bei  den  Hermaphroditen  dieser  Typus  von  Bio-Individualitäten  mit  der  morphologischen  Individualität 
vereinigt  erscheint.     Die  Paare  können  eingeteilt  werden  : 

nach  ihrer  Zeitdauer  in 

a.  temporäre, 

b.  während  des  ganzen  Lebens  andauernde  (Ehepaare), 
nach  der  Zahl  der  sich  zusammentuenden  Individuen,  in 

a.  monogame  Paare, 

b.  polygame  Paare, 

nach  ihren  morphologischen  Merkmalen,  in 

a.  gleichgestaltete  Paare, 

b.  ungleichgestaltete  Paare. 

2.  Die  Familie ;  dieselbe  kann  sein  : 

a.  ohne  Haupt  (ohne  Führer;  z.  B.  der  Heuschreckenschwarm  u.  a.  m.) 

b.  mit  einem  Familienhaupt  und  zwar 
eine  Patriarchie,  oder 

eine  Matriarchie  (Gänse). 

3.  Den  Staat,  welcher  aus  Familien  zusammengesetzt  wird.  Das  charakteristische  Merkmal  des  Staates  ist  die 
Arbeitsteilung  innerhalb   der  Gesellschaft.     Diese  Organisation  wird  nur  bei  den  Insekten    und  dem  Menschen  angetroffen. 

Mit  Ausnahme  des  Gedankens  von  der  Notwendigkeit,  die  Familie  und  die  Gesellschaft  in  das  Gebiet  des  zu 
untersuchenden  Gegenstandes  mit  einzuschließen,  bieten  alle  Betrachtungen  Jäger's  eine  Reihe  von  Irrtümern  dar,  ein- 
schließlich der  Wiederholung  des  alten  Fehlers,  seine  biologische  Reihe  (d.  h.  die  Lehre  von  der  Familie  und  der  Gesell- 
schaft als  biologische  Individualitäten)  der  Reihe  morphologischer  Individualitäten  anpassen  zu  wollen.  Jäger's  Anschau- 
ungen darüber,  daß  der  Staat  aus  der  Familie  entstanden  ist,  daß  derselbe,  als  eine  der  Formen  des  Zusammenlebens,  das 
höchste  Glied  in  der  Kette  der  biologischen  (sich  unmittelbar  an  die  Reihe  der  morphologischen  anschließenden)  Individua- 
litäten darstellt  und  nur  bei  den  Menschen,  den  Bienen,  Wespen,  Ameisen  und  Termiten  angetroffen  wird  —  stellen  sämt- 
lich eine  Reihe  von  Irrtümern  dar. 

Die  Tatsache,  daß  die  Gesellschaft  ihren  Ursprung  nicht  der  Familie  verdankt,  und  daß  sie  nicht  das  höchste 
Glied  jener  von  Jäger  vorausgesetzten  Kette  biologischer  Individualitäten  darstellt,  wird  von  selbst  aus  demjenigen  her- 
vorgehen, was  in  dem  vorliegenden  Kapitel  über  die  biologischen  Organisationen  gesagt  werden  wird ;  was  jedoch 
die  Bestätigung  Jäger's  darüber  betrifft,  daß  die  Staatenform  der  Geselligkeit  bei  dem  Menschen,  den  Bienen,  Wespen, 
Ameisen  und  Termiten  angetroffen  wird,  so  beabsichtige  ich  auf  diese  Frage  —  um  deren  Lösung  sich  so  viele  hervor- 
ragende Forscher  resultatlos  bemüht  haben,  —  in  einem  späteren  Kapitel  zurückzukommen,  welches  darüber  handeln  soll 
„was  .Staaten  der  sogenannten  sozialen  Insekten  vorstellen". 

Zoologlca.    Heft  46.  27 


—     210     — 

Ich  bemerke  vor  allem,  daß  ich  in  den  Erscheinungen,  welche  als  biologische  Or- 
ganisationen bezeichnet  werden,  drei  parallele,  unabhängig  voneinander  zur  Ent- 
wicklung gelangte  und  trotz  vielfacher  enger  Berührungspunkte  durchaus 
selbständige  Reihen  unterscheide,  von  welchen  eine  jede  ihre  Geschichte, 
ihre  spezifischen  Züge  und  gewisse  ihr  allein  zukommende  Eigentümlich- 
keiten besitzt. 

Die  nachstehende   Tabelle  zeigrt  uns  diese  Reihen  mit   den   sie  aufbauenden   Gliedern. 


Biologische  Organisationen: 


1.  Reihe 

2.  Reihe 

3.  Reihe 

a)  Der  Kommensalismus. 

a) 

Das  Paar. 

a)  Die  Ansammlung  (Zusammenscharung). 

b)  Der  Mutualismus. 

b)  Zeitweilige    und   ständige  Aggregationen. 

c)  Der  Parasitismus. 

b) 

Die  Familie. 

c)  Die  Herde. 

d)  Die  biologische  Organisation 

der 

soge- 

A)  Die  Horde. 

nannten  sozialen  Insekten   u 

a. 

m. 

B)  Eine  Reihe  anderer  Formen  menschlicher 
Organisationen  des  Gesellschaftslebens. 

C)  Der  Staat. 

Die  erste  Reihe  unterscheidet  sich  von  den  beiden  anderen  dadurch,  daß  die  bio- 
logischen Organisationen  dieser  Reihe  stets  zwischen  Tieren  mit  verschieden- 
artigen morphologischen  Merkmalen  zustande  kommen.  Dabei  können  die  Eigen- 
tümlichkeiten, welche  die  Verschiedenartigkeit  der  Merkmale  bedingen,  bisweilen  recht  auf- 
fallend sein  (so  bei  den  Tieren  verschiedener  Klassen}.  Sie  sind  bisweilen  aber  auch  gering, 
übertreffen  jedoch  stets  die  unterscheidenden  Eigentümlichkeiten  zwischen 
Männchen   und   Weibchen   einer   Art. 

Diese  Reihe,  für  welche  ich,  um  keinen  neuen  Namen  aufstellen  zu  müssen,  die  Be- 
zeichnung als  die  symbiotische  Reihe  biologischer  Organisationen  vorschlage,  wird  außer- 
dem noch  durch  folgende  Eigenschaften  charakterisiert:  i)  Der  Vorteil  derartiger  Organi- 
sationen ist  in  den  meisten  Fällen  nicht  nur  auf  den  einen  Teilnehmer  beschränkt,  sondern 
in  gewissen  Fällen  (Parasitismus)  gereicht  er  dem  anderen  Teilnehmer  sogar  zum  Nach- 
teil; 2)  weder  altruistische  Erregungen,  noch  Befähigung  zu  Traditionen,  noch  endlich 
ein  Vermögen  der  Nachahmung  kommt  bei  dieser  Reihe  zur  Beobachtung.' 

Die  zweite  Reihe,  die  man  am  treffendsten  als  die  geschlechtliche  biologische 
Organisation  bezeichnen  könnte,  kommt  im  Gegensatze  zu  der  ersten  Reihe  stets  nur  zwischen 
Individuen  einer  Art  zustande;  die  morphologischen  Eigenschaften  dieser  Individuen  sind 
niemals  stärker  voneinander  verschieden,  als  bei  Märmchen  und  Weibchen  einer  Art.  Diese 
Organisation    ist    stets    für    alle    Individuen     der    betreffenden    Art     und    des    betreffenden 


'  Anmerkung.  Die  wirbellosen  Tieren  besitzen  überhaupt  gar  keine  Fähigkeiten  zur  Nachahmung  in  dem 
Sinne,  wie  wir  sie  bei  den  höherstehenden  Tieren  auffassen ;  was  diese  letzteren  betrifft,  so  besitzen  sie  diese  Fähigkeiten 
nur  in  Bezug  auf  Individuen  der  gleichen  Art.  In  Bezug  auf  diejenigen  Tiere,  mit  welchen  sie  eine  Symbiose 
eingehen,  werden  Fähigkeiten  zur  Nachahmung  nicht  beobachtet ;  Zebras  können  Zebras  nachahmen,  .Strauße  —  Straußen, 
aber  zu  einander  verhalten  sich  diese  Tiere  wie  zu  Gegenständen  lebloser  Natur,  obgleich  sie  sich  zusammen  aufhalten. 


—     211 


Verbandes  von  Vorteil.  —    Die  Grundlage  für   diese   Organisation  bildet  der  geschlechtliche 
Instinkt. 

Die  dritte  Reihe  könnte  man  am  treffendsten  die  gruppenweise  oder  soziale  ■ 
biologische  Organisation  nennen.  Sie  unterscheidet  sich  von  der  ersten  Reihe  dadurch: 
i)  daß  sie  zwischen  Individuen  zustande  kommt,  deren  morphologische  Eigentümlichkeiten 
die  das  Männchen  vom  Weibchen  unterscheidenden  Eigentümlichkeiten  niemals  über- 
treffen, 2)  daß  eine  solche  Organisation,  auf  welch  tiefer  Stufe  der  Entwicklung  sie  auch 
stehen  möge,  dennoch  stets  für  alle  Individuen  der  gegebenen  Art  und  des  gegebenen  Ver- 
bandes von  Vorteil  ist,  3)  endlich,  daß  derartigen  Organisationen  die  Befähigung  zur  Nach- 
ahmung, bei  den  höheren  Typen  des  Tierreiches  auch  eine  solche  zu  Traditionen,  zu 
Grunde  liegt. 

Von  der  zweiten  Reihe  dagegen  unterscheidet  sich  diese  biologische  Organisation  da- 
durch, daß  sie  weder  für  ihre  Genese  noch  für  ihre  Evolution  der  geschlecht- 
lichen Instinkte  bedarf.  So  kommt  es,  daß  bei  den  hierher  gehörigen  Tieren  die  soziale 
Geselligkeit  typisch  ausgeprägt  sein  kann,  während  zu  gleicher  Zeit  Familienbildung  völlig 
fehlt;  wie  ja  auch  umgekehrt  die  familiäre  Organisation  von  der  sozialen  durchaus  unab- 
hängig ist.  Außerdem  unterscheidet  sich  die  dritte  Reihe  von  der  zweiten  noch  dadurch,  daß 
ihr  ein  Instinkt  zu  Grunde  liegt,  den  man  am  passendsten  als  den  Gruppeninstinkt,  bei 
den  höherstehenden  Tieren  dagegen  als  den  sozialen  Instinkt  bezeichnen  könnte.  Wir 
finden  diesen  Instinkt  bereits  auf  der  ersten  Stufe  dieser  Reihe  biologischer  Organisationen, 
als  welche  ich  die  Ansammlungen  (Zusammenscharungen)  von   Tieren   auffasse. 

Das  nachstehende  Schema  gibt  uns  ein  ganz  bestimmtes  Bild  davon,  was  ich  unter 
den  Reihen  von   biologischen   Organisationen  verstehe. 


Biologische  Individualitäten 


Morphologische 
Reihe 


Physiologische  Reihe 


1.  Plastide 

2.  Organe 

i 

3.  Antiineren 

I 

4.  Metameren 

I 

5.  Personen 

(nach  Häckel). 
—  X  — 

1.  Zelle 

I 

2.  Zellcomplex 

3.  Pflanze  (Knospe) 
(nach  Schi  eiden) 


1.  Wirklicher  Biont 

I 

2.  Möglicher  Biont 

.    I 

3.  Spezieller  Biont 

(nach  Häckel) 


Biologische  Organisationen. 


Symbiotische  Reihe 


Reihe  der 
geschlechtlichen 
Organisationen 


1.  Commensalismus 

I 

2.  Mutualismus 

.1 

3.  Parasitismus 

Zu  dieser  letzteren  Gruppe 
gehören  die  sogenannten 
sozialen   Insekten. 


1.  Paar 

I 

2.  Familie 

(mit  ihren  Unter- 
einteilungen). 


Reihe  der 

Gruppen-  Organisationen 

(soziologische  Reihe) 


1.  Ansammlung. 

I 

2.  Zeitweilige u. bestän- 
dige Aggregationen. 

3.  Herde. 

I 

4.  Horde. 

I 

5.  Verschiedene  andere 
Formen  menschlich. 
Organisationen  der 
Gesellschaft. 

I 

6.  Staat. 


Das  von  mir   vorgeschlagene   Schema  gibt  uns  eine  ganz  bestimmte  Antwort  auf  die 
aufgeworfene    Frage :    in    welcher    Beziehung    steht    das    Zusammenleben    der    sogenannten 


—     212     — 

sozialen  Insekten  zu  der  Evolution  der  Geselligkeit  im  Tierreiche  ?  Es  gibt  hierauf  nur  die 
eine  Antwort :  jenes  Zusammenleben  steht  in  keinerlei  Beziehung  zu  dieser  Evolution  und 
hat  mit  ihr  absolut  nichts  zu  tun. 

In  den  nachfolgenden   Kapiteln  werde  ich  eingehende  Betrachtungen  mitteilen,  welche 
den  in  der   obenstehenden   Tabelle  ausgedrückten   Gedanken   bestätigen. 


Kapitel  V. 

Das  Zusammenleben  der  „sozialen  Insekten" 

repräsentiert  eine  spezielle  Form  der  Symbiose,  mit  dem  Charakter 
eines  deutlich  ausgesprochenen  Parasitismus. 

Was  stellt  das  „Zusammenleben"  der  sogenannten  ,,sozialen"  Insekten, 
als    biologische    Organisation    betrachtet,   dar? 

Indem  ich  die  oben  dargelegten  Angaben  berücksichtige  —  d.  h.  den  Polymorphis- 
mus der  zusammenlebenden  Indi\iduen,  das  Fehlen  eines  mütterlichen  Instinktes,  endlich 
die  absolute  Unfähigkeit  zur  Nachahmung  und  zu  gegenseitigen  Mitteilungen  durch  Hilfs- 
mittel, wie  sie  diese  Fähigkeit  bei  den  Individuen  einer  Herde  und  einer  Gesellschaft  cha- 
rakterisieren — ,  komme  ich  zu  dem  Ergebnisse,  daß  das  Zusammenleben  der  sogenannten 
sozialen  Insekten  weder  eine  Familie,  noch  eine  Herde,  noch  eine  Gesellschaft  und  noch 
weniger  ein  Staatenwesen  genannt  werden  darf. 

Aber   was   stellt    denn   dieses   Zusammenleben   dar? 

Es  ist  eine  spezielle  Form  der  Symbiose,  die  den  Charakter  eines 
deutlich  ausgesprochenen  Parasitismus  zur   Schau  trägt. 

Ich  begründe  diese  meine  Behauptung  durch   folgende   Erwägungen : 

i)  Der  Polymorphismus  der  zusammenlebenden  Individuen ;  dieser  Umstand  ist  bereits 
weiter  oben  erwähnt  und  seine  Bedeutung  besprochen  worden,  weshalb  ich  mich  bei  diesem 
Gegenstande  nicht  länger  aufhalten  werde. 

2)  Den  Ausgangspunkt  in  der  Phylogenie  der  „sozialen  Insekten"  bilden  Formen, 
welche  parasitische  Instinkte  besitzen  und  sich  parthenogenetisch  fortpflanzen,  und  zwar  sind 
dies  keine  zufälligen  und  vorübergehenden  Merkmale,  sondern  obligatorische  und  beständige. 

3)  Die  außerordentliche  Fruchtbarkeit  der  Weibchen,  die  für  einen  parasitischen 
Charakter  des  Wesens   der   „Gemeinde"   spricht. 

4)  Die  Reduktion  vieler  Instinkte  bei  den  „sozialen"  Insekten  im  Vergleiche  mit 
den  einsam  lebenden   Insekten. 

5)  Die  Reduktion  des  Nervensystemes  der  Weibchen  und  Männchen  gegenüber  dem 
der  einsam  lebenden  Bienen. 

6)  Die   Reduktion   einiger  morphologischer   Merkmale. 

Untersuchen  wir  nunmehr  einen  jeden  dieser  fünf   letzten   Punkte   einzeln. 

2)  Den  Ausgangspunkt  in  der  Phylogenie  der  Bienen  bilden,  wie  dies 
durch  wissenschaftlich  nachgewiesene  Tatsachen  erhärtet  wird,  Formen, 
welche  durch  parasitische  Instinkte  und  durch  Parthenogenese  gekenn- 
zeichnet  sind,   und   zwar   die   Gattungen  Sphecodes  und   Halictus. 


—     21B     — 

Die  Phylogenie  der  Hymenopteren  ist  bereits  von  vielen  Autoren  festgestellt  worden; 
die  in  chronologischer  Reihenfolge  allerletzten  Versuche,  diese  Frage  zu  lösen,  finden  wir 
bei   Friese   und    v.  Buttel-Reepen. 

Die  von  Friese  aufgestellte  Tabelle  setzt  sich  aus  zwei  Gruppen  zusammen,  von 
denen  die  eine  alle  Gattungen  von  Bienen  umfaßt,  welche  die  Vorräte  mit  den 
Beinen  einsammeln  (Beinsammler),  die  andere  dagegen  diejenigen  Gattungen,  welche 
mit  dem  Bauche  einsammeln  (Bauchsammler).  Die  höchsten,  letzten  Stufen  in  der 
Gruppe  der  Bauchsammler  nehmen  nach  dem  genannten  Autor  die  Gattungen  Osmia, 
Chalicodoma  u.  a.  m.  ein,  während  die  Gattung  Frosopis  deren  Ausgangspunkt  bildet. 
Unter  den  höchsten  Vertretern  der  Bein  sammler  finden  wir  die  Gattungen  Bonihiis 
und  Apis.  Es  ist  nun  meiner  Ansicht  nach  sehr  lehrreich,  daß  Friese  als  den  Aus- 
gangspunkt der  genealogischen  Reihen  in  dieser  letzteren  Gruppe  die  Gat- 
tungen Sphecodes  und   Halictus  ansieht.    Und  was   stellen  denn  diese  Bienen  dar? 

Was  die  Gattung  Sphecodes  betrifft,  so  sind  dies  nach  P.  Marchai,,  Ferton,  Alf- 
ken,  Breitenbach,  von  Buttel-Reepen  u.  a.  m.  entweder  echte  Parasiten,  oder  aber 
Formen,  welche  nahe  daran  sind,  es  zu  werden,  v.  Buttel-Reepen  hält  die  erstere  An- 
nahme, d.  h.  daß  Sphecodes  ein  echter  Parasit  sei,  für  die  richtigere.  Friese  vermutet, 
daß  hier  „entweder  ein  symbiotisches  Verhältnis  vorwalten  möge,  oder  daß  wir  es  mit  der 
eben  erwähnten  Möglichkeit  zu  tun  haben,  nämlich  mit  einer  Art,  die  sich  in  einigen 
Gegenden  dem  parasitären  Leben  zuwendet."  Smith  führt  Beobachtungen  an,  aus  welchen 
hervorgeht,  daß  Sphecodes  kein  Parasit  ist.  Andererseits  konstatieren  einige  französische 
Forscher  in  Bestätigung  der  parasitischen  Lebensweise  dieser  Bienen,  daß  erbitterte  Kämpfe 
zwischen  Sphecodes  und  den  Inhabern  des  Nestes  stattfanden,  indem  erstere  dieses  Nest  für 
ihre  Zwecke  benutzen  wollten.  Allerdings  ist  darauf  erwidert  worden,  daß  ein  echter  Parasit 
angeblich  niemals  kämpfe,  allein  dies  beruht  auf  einem  Irrtum:  Psithyrus  ist  ein  echter  und 
zweifelloser  Parasit  der  Hummeln  (in  der  allgemein  angenommenen  Bedeutung  dieses  Be- 
griffes) und  doch  hat  bereits  Ed.  Hoff  er  bestätigt,  daß  sich  zwischen  dem  Hummelweibchen 
und  Psithyrus  häufig  ein  richtiger  und  andauernder  Kampf  entspinnt,  der  solange  an- 
dauert, bis  ersteres  sich  entweder  endlich  davon  überzeugt,  daß  sein  Widerstand  umsonst 
ist,  worauf  es  sich  dem  Eindringling  unterwirft,  oder  aber  bis  es  im  Kampfe  zu  Grunde 
geht.  Ich  selbst  habe  mehr  als  einmal  Gelegenheit  gehabt,  mich  von  der  Richtigkeit  dieser 
Beobachtung  zu  überzeugen.  —  Unter  Berücksichtigung  aller  dieser  und  anderer  Be- 
obachtungen und  Ansichten  neige  ich  zu  der  Annahme,  daß  Sphecodes  keine  parasitische 
Form  repräsentiert,  da  sie  Vorrichtungen  an  den  Beinen  zum  Einsammeln  von  Nahrung  be- 
sitzt, wohl  aber  eine  Form,  welche  eine  Tendenz  zum  Parasitismus  an  den  Tag  legt,  und  bereit 
ist,  zu  einem   Parasiten  zu  werden,   sobald  sich  nur  die   Gelegenheit  dazu  bietet. 

Was  nun  die  Gattung  Halictus  betrifft,  welche  als  Ausgangspunkt  in  der  Phylogenie 
der  „sozialen"  Insekten  betrachtet  und  von  einigen  Forschern  (wie  z.  B.  v.  Buttel-Reepen) 
den  Hummeln  nahegestellt  wird,  so  können  wir  in  Anbetracht  der  Beobachtungen  von 
Fabre^  und  Friese  die  Parthenogenese  bei  Halictus  als  festgestellte  Tatsache  hinnehmen, 
trotz  der  Einwände   von   Perez   in   dessen  Buche   „Les  Abeilles". 


'  J.  H.  Fahre.     Etudes  sur  la  parth^nogönfese  des  Halictus.^Ann.  Sc.  Nat.  9«  s6r.  t.  IX. 


—     214     — 

Den  Übergang  von  den  solitären  Halictus  zu  den  sozialen  Insekten  konstruiert 
V.  Büttel-Reepen   auf    Grund   folgender   Betrachtungen: 

„In  besonders  günstigen  Gegenden  entwickelte  sich  vielleicht  eine  Nestform  ähnlich  wie  die  bei 
Halictus  quadricinctus  zu  großem  Zellenreichtum,  so  dalj  viele  Junge  der  rein  weiblichen  Sommer- 
generation, da  sie  keiner  Befruchtung  bedurften,  sofort  ihren  Fütterinstinkten  beim  Anblick  der  noch  offenen 
Zellen  gehorchten  und  Nahrung  herbeitrugen  und  so  der  Mutter  zur  Hand  gingen,  wenn  ich  mich  so  aus. 
drücken  darf.  Sie  halfen  nun  naturgemäß  nicht  allein  bei  der  Fütterung ,  sondern  kamen  auch  ihren  Bau- 
und  Legeinstinkten  nach,  so  daß  jetzt  in  der  Tat  mehrere  Weibchen  an  einem  Nest  tätig  waren.  Die  erste 
Familie  (Kolonie)  war  damit  erreicht. 

Trotz  der  ganz  unwahrscheinlichen  Annahme,  daß  die  Sommerweibchen  von  Halictus 
„bei  dem  Anblick"  der  leeren  Zellen  ihrer  Mutter  hilfreich  zur  Hand  gingen  (einer  An- 
nahme, welche  mit  der  von  dem  Autor  selbst  und  zwar  mit  vollem  Recht  aufgestellten  These 
von  der  Unveränderlichkeit  der  Instinkte  unter  der  Einwirkung  psychischer  Mo- 
tive\  in  direktem  Widerspruche  steht,  lassen  die  Beobachtungen,  durch  w^elche  das  Vor- 
handensein gewisser  elementarer  sozialer  Instinkte  bei  Halictus  sowie  die  Befähigung  dieser 
Bienen  zur  Parthenogenese  festgestellt  werden,  die  Ansicht  v.  B  u  tt  el- Ree  pens  — 
diese  Insekten  stellten  eine  der  untersten  Etappen  der  phylogenetischen  Stufenleiter  der 
gesellig  lebenden   Insekten   dar  —  als  äußerst  glaubwürdig   erscheinen. 

Man  wird  natürlich  zugeben  müssen,  daß  zwischen  Halictus  und  den  Hummeln  un- 
endlich weniger  Ähnlichkeit  als  Unterschied  besteht,  was  sogar  in  der  Parthenogenese  zu 
Tage  tritt;  bei  Halictus  hat  diese  letztere  keine  anderen  Folgen  als  jene,  die  bei  den  der 
Parthenogenese  fähigen  Insekten  allgemein  verbreitet  sind  (und  die  schon  Leuckart  als 
ein  Mittel  der  Art,  die  Zahl  ihrer  Individuen  zu  vermehren,  bezeichnet  hat)  —  und  sie 
steht  in  keinerlei  Beziehungen  zu  besonderen  Erscheinungen  ihres  Zusammenlebens. 
Bei  den  Hummeln  und  anderen  sogenannten  „sozialen"  Insekten  dagegen  hat  die  Partheno- 
genese einen  gänzlich  anderen  Sinn  und  eine  andere  Bedeutung;  hier  besteht  ihre  Aufgabe 
nicht  darin,  die  Individuenzahl  einer  Art  zu  vergrößern,  sondern  in  der  Errichtung  einer 
besonderen  Form  des  Lebens,  als  deren  Grundlage  und  notwendige  Bedingung  die  Partheno- 
genese erscheint,  und  die,  wie  auch  jede  andere  Form,  eines  der  Mittel  im  Kampfe  um 
das  Dasein  darstellt. 

Immerhin  besteht  die  Parthenogenese  sowie  gewisse  andere  Ähnlichkeiten,  so  daß  die 
Annahme  v.  Buttel-Reepens  durchaus  nichts  Unwahrscheinliches  in  sich  trägt.  Daß 
aber  v.  Buttel-Reepen  gerade  Halictus  als  diejenige  Form  bezeichnet  hat,  von  der  seiner 
Auffassung  nach  bei  den  Insekten  die  höchste  Art  der  Geselligkeit  ihren  Ursprung  nimmt, 
—  und  zwar  hauptsächlich  deswegen,  weil  hier  wie  dort  Parthenogenese  vorkommt,  — 
erscheint  mir  lehrreich  für  die  Lösung  der  ganzen  Frage. 

Die  Phylogenie  derjenigen  Reihen  von  Bienen,  deren  Gipfel  die  sozialen  Insekten 
(Hummeln  und  Honigbienen)  einnehmen,  wird  demnach  durch  Formen  eröffnet,  von  welchen 
die  eine  Neigung  zum  Parasitismus  (Spltecodes),  die  andere  Befähigung  zur  Parthenogenese 
(Halictus)  besitzt.  Beides  spricht,  wie  mir  scheint,  in  hohem  Grade  für  die  von  mir  ver- 
teidigte Lehre. 


'  V.  Buttel-Reepen   behauptet,   und    darin  kann  man  mit  ihm   nur  übereinstimmen,   daß   die  Motive   zu   den 
Handlungen  bei  den  Insekten  in  der  Biologie,  nicht  aber  in  der  Psychologie  zu  suchen  sind. 


—     215     — 

Die  Parthenogenese,  von  welcher  die  „Staaten"-Bildung  der  sogenannten  „sozialen" 
Insekten  ihren  Ausgang  nimmt,  stellt  keine  zeitweilige  und  vergängliche  Erscheinung  dar, 
sondern  ein  unveränderliches,  obligatorisches  Merkmal  dieser  Staatenbildung,  welches  um 
so  wichtiger  erscheint,  als  schon  der  Charakter  dieser  Parthenogenese 
selbst  auf  deren  regressive  Natur  hinweist.  Die  Bedeutung  dieses  Faktors  ist  der 
Aufmerksamkeit  der  Autoren  merkwürdigerweise  entgangen ;  die  Tatsache  selbst  ist  natürlich 
schon  längst  vermerkt  worden,  aber  ihre  biologische  Bedeutung  ward  weder  festgestellt 
noch  erwogen.    Und  doch  ist  diese  Bedeutung,  ohne  Übertreibung  gesagt,  ganz  unermeßlich. 

Wir  wissen  (Al.Mrazek),  daß  bei  gewissen  Tieren  (z.B.  dem  Rädertier  Asplanchna),  das 
parthenogenetische  Ei  wenn  auch  nicht  immer,  so  doch  bisweilen  auf  andere  Weise  ge- 
bildet wird,  als  das  befruchtete  Ei  und  dabei  ein  anderes  Dottermaterial  (materiel  vitellin) 
besitzt.   Wir  wissen  ferner  durch  Mrazek,' 

,,que  dans  la  Parthenogenese,  le  second  globule  polaire  ou  ne  se  forme  pas  (Weismann)  ou, 
apres  s'etre  forme,  rentre  dans  l'oeuf  et  s'unit  de  nouveau  ä  la  vesicule  germinative  (Brauer  1903). 
Cette  copulation  du  second  globule  avec  la  vesicule  germinative  est  vraiment  necessaire  ä  l'oeuf  pour  qu'il 
puisse  se  passer  de  spermatozo'i'de  et  se  developper  parthenogenetiquement. 

Chez  les  Vertebres,  on  sait  qu'il  n'y  a  pas  d'exemples  d'oeuf  parthenogenötique  donnant  naissance 
ä  un  nouvel  individu;  on  admettait  cependant  que  cet  oeuf  pouvait  subir  un  commencement  de  develop- 
pement.  Les  observations  de  Jan-  et  de  Barfurth  montrent  qu'il  n'en  est  rien,  que  dans  certains  cas 
l'oeuf  considere  comme  parthenogenctique  ne  Test  pas,  mais  qu'il  est  feconde  par  des  spermatozoides  ayant 
sejourne  longtemps  dans  les  voies  genitales  de  la  Foule.  Pour  les  oeufs  sürement  parthenogenetiques  pro- 
venant  de  Poules  vierges ,  Barfurth  montre  que  ce  qu'on  a  appele  segmentation  n'est  qu'un  simple 
morcellement  physique  de  vitellus  sans  multiplication  de  noyaux. 

Wir  wissen  mit  anderen  Worten,  daß  das  Ei,  welches  sich  parthenogenetisch  ent- 
wickelt, bereits  gewisse  Eigentümlichkeiten  in  sich  birgt,  die  mehr  oder  weniger  tief  ein- 
greifende Folgen   für  die  daraus  entstehende   Form  nach   sich  ziehen  können. 

Es  ist  ferner  von  besonderem  Interesse,  daß  nicht  nur  die  bei  der  Parthenogenese 
auftretenden  Eigentümlichkeiten  erblich  sind,  wie  dies  von  E.  Warren  (entgegen  der 
aprioristischen  Ansicht  Weismanns)  nachgewiesen  wurde,  sondern  auch  daß  die  auf 
parthenogenetischem  Wege  entstandenen  Individuen  (z.  B.  bei  den  Daphniden)  der  Variabilität 
in  noch  höherem  Maße  unterworfen  sind,  als  dies  unter  gewöhnlichen  Verhältnissen  der 
Fall  ist. 

Die  Parthenogenese  führt  demnach,  kraft  ihrer  Besonderheit,  eigenartige,  von  den 
normalen  Lebensbedingungen  abweichende  Elemente  in  das  Leben  der  betreffenden  Tiere 
ein.  So  darf  denn  das  Vorhandensein  von  Parthenogenese  bei  der  Bewertung  von  Er- 
scheinungen, welche  durch  dieselbe  bedingt  und  charakterisiert  werden  und  sich  auf  deren 
Grundlage  entwickeln,  nicht  ignoriert  werden :  eine  „Geselligkeit",  die  durch  Parthenogenese 
bedingt  wird  und  derselben  ihre  Entstehung  verdankt,  ist  schon  allein  aus  diesem  Gnmde 
etwas  gänzlich  anderes,  als  die  echte  Geselligkeit,  in  welcher  die  Parthenogenese  keinerlei 
Rolle  spielt.     Für  die   Beurteilung  der  „Geselligkeit"    der    sozialen    Hymenopteren    gilt    dies 


'  Das  nachfolgende  Zitat  ist  einem  französischen  Werke  entnommen. 

'Jan.     Die  parthenogenetische  Furchung  des  Hühnereies.     Inaug.-Diss.,  Dorpat. 


—     216     — 

um  so  mehr,  als  hier  die  Parthenogenese  nicht  einen  progressiven,  sondern  einen  regressiven 
Charakter  aufweist.' 

Ziehen  wir  nach  alledem  in  Betracht,  daß  der  Ursprung  des  Parasitismus  ein  sehr  ver- 
schiedenartiger ist,  daß  der  Parasitismus  sehr  selten  bei  den  Mollusken  und  den  Wirbeltieren  an- 
getroffen wird,  bei  den  Würmern  und  Gliedertieren  dagegen  eine  äußerst  weite  \"erbreitung 
hat,  endlich  daß  die  Parthenogenese  mit  dem  regressiven  Charakter,  welchen  sie  bei  den 
Insekten  zeigt,  zu  dieser  oder  jener  Reduktion  des  normalen  Typus  der  betreffenden  Tiere 
führt,'  —  ziehen  wir  alles  dieses  in  Betracht,  so  gibt  es  uns  eine  neue  Berechtigung,  die 
Geselligkeit  der  sogenannten  „sozialen"  Insekten  als  eine  Erscheinung  der  Symbiose  anzu- 
sehen, welche  den  Charakter  eines  echten  Parasitismus   trägt. 

3)  Die  außerordentliche  Fruchtbarkeit  der  Weibchen  bei  den  soge- 
nannten   sozialen    Insekten. 

Diese  Erscheinung,   welche   für  freilebende  Formen   durchaus   anormal,   für  Parasiten 


'  A  n  m.  Schon  Häckel  hat  darauf  hingewiesen,  daß  in  der  Erscheinung  der  Heterogonie  zwei  Reihen 
zu  unterscheiden  sind,  eine  progressive  und  eine  regressive;  zu  der  ersteren  gehören  diejenigen  Fälle, 
wo  die  Heterogonie  einen  der  Momente  in  dem  sich  entwickelnden  Übergang  von  der  ungeschlechtlichen  Fortpflanzung 
—  der  Rlonogonie ,  zu  der  geschlechtlichen  Fortpflanzung  —  der  Amphigonie  repräsentiert.  Die  Vorfahren  der  eine 
solche  Monogonie  aufweisenden  Tiere  pflanzten  sich  nicht  ausschließlich  auf  geschlechtlichem  Wege  fort,  und  die 
Parthenogenese  stellte  bei  ihnen  eine  Form  der  Fortpflanzung  dar,  welche  viel  mehr  verbreitet  war,  als  in  gegen- 
wärtiger Zeit.  Auf  die  andere,  regressive  Reihe  bezieht  Häckel  die  Fälle  der  Rückkehr  von  der  Amphigonie  zu  der 
Monogonie,  eine  Erscheinung,  welche  an  Atavismus  erinnert.  Die  Tiere,  bei  denen  diese  Form  der  Monogonie  beobachtet 
wird,  haben  seinerzeit  jenen  Weg  bereits  ganz  zurückgelegt,  dessen  progressive  Entwicklung  wir  bei  den  Tieren  der  ersten 
Gruppe  sehen ;  allein  sie  sind,  unter  der  Einwirkung  gewisser  Bedingungen,  wiederum  zu  einer  einstmals  bei  ihnen  herr- 
schenden Fortpflanzungsweise  zurückgekehrt,  ähnlich  wie  das  dreizehige  Pferd  Caesar's  (vorausgesetzt,  daß  ein  solches 
wirklich  existiert  hat)  einen  Rückschlag  zu  Merkmalen  der  Vorfahren  bedeutet.  Zu  dieser  Gruppe  von  Tieren  mit  regres- 
siver Heterogonie  stellt  Häckel  auch  alle  jene  Tiere,  welche  einen  regelmäßigen  Wechsel  zwischen  geschlechtlicher 
(Amphigonie)  mit  ungeschlechtlicher  Fortpflanzung  (Parthenogonie)  darbieten. 

Der  Gesichtspunkt,  von  welchem  Häckel  diesen  Gegenstand  betrachtet,  erscheint  mir  von  ganz  besonderem  Inter- 
esse ,  trotz  der  zweifellos  künstlich  gezogenen  Grenze  zwischen  der  geschlechtlichen  und  der  ungeschlechtlichen  Fort- 
pflanzung, was  ja  auch  von  dem  Autor  selbst  zugegeben  wird.     (Häckel.     Generelle  Morphologie.     2  Bde.     1S66.) 

Weis  mann  behandelt  diese  Frage  bekanntlich  in  etwas  anderer  Weise,  allein  er  hält  den  Gedanken  von 
Häckel,  mit  gewissen  Einwürfen  allerdings,  aufrecht.  Der  Autor  unterscheidet  in  der  Heterogonie  zwei  Gruppen,  von 
welchen  er  die  eine  als  Metagenese,   die  andere  als   Heterogonie   bezeichnet. 

Die  Metagenese  kann  eine  primäre  Erscheinung  sein,  wenn  (wie  bei  den  Hydromedusen  und 
Trematoden)  die  niedrigsten  Entwicklungsstadien  stets  die  Fähigkeit  besessen  haben,  sich  auf  ungeschlechtliche  Weise  fort- 
zupflanzen (Ammenzeugung) ;  sie  kann  aber  auch  sekundärer  Natur  sein,  wenn  (wie  bei  den  Larven  einiger  Cecidomyiden) 
die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung  eine  neu  erworbene  Fähigkeit  darstellt  (bei  anderen  Arten  der  Cecidomyiden  besitzt 
die  Larve  diese  Fähigkeit  nicht).  Hier  ist  die  Metagenese  aus  der  Metamorphose  entstanden.  Man  erkennt  unschwer, 
daß  die  primäre  Metagenese  Weis  mann 's  ihrem  Wesen  nach  der  progressiven  Reihe  in  der  Heterogonie  bei  Häckel 
entspricht. 

Was  die  Heterogonie  nach  W  e  i  s  m  a  n  n  betrifft ,  so  entspricht  dieselbe  augenscheinlich  der  regressiven  Reihe 
H  äckel's. 

Die  Heterogonie  ist  eine  Form  des  Generationswechsels,  welche  dadurch  entstanden  ist,  daß  anfänglich  ganz 
gleich  gebaute  Generationen  unter  dem  Einflüsse  von  periodisch  wirkenden  äußeren  Ursachen  zu  der  Bildung  von  Gene- 
rationen veranlaßt  wurden ,  von  denen  eine  oder  mehrere  gewisse  Eigentümlichkeiten  in  der  Organisation  oder  in  der 
Vermehrungsweise  erlangten.  Aus  dem  soeben  Gesagten  geht  von  selbst  hervor,  daß  die  Parthenogenese  der  „ge- 
sellig lebenden"  Hymenopteren  Fälle  einer  regressiven  Reihe  im  Sinne  von  Häckel  oder  Fälle 
von  Heterogonie  im  .Sinne  von  Weismann  darstellt.  (A.  Weismann.  Studien  zur  Descendenztheorie. 
I.  Ueber  den  Saisondimorphismus  der  Schmetterlinge.     Leipzig  1S75.) 

'  Anm.  Obgleich  Yves  Delage,  und  zwar  natürlich  nicht  ohne  eine  gewisse  Berechtigung,  behauptet,  daß  die 
Parthenogenese  „pas  plus  que  la  G6n6ration  sexuelle  ou  l'Auto-fdcondation  n'aboutit  fatalement  (mein  Sperrdruck!) 
ä  la  deg^n^rescence  de  la  race  et  que  l'Amphimi.xie  n'est  pas  une  ndcdssit^  absolue  des  organismes"  —  so  wird  man  diesem 
Autor  doch  nur  mit  gewissem  Vorbehalte  Recht  geben  können.  (Vves  Delage,  La  structure  du  protoplasma  et  les 
th^ories  sur  l'h^rddit^.     1895.) 


—     217     — 

dagegen  außerordentlich  charakteristisch  ist,  bildet  ein  weiteres  Argument  für  die  soeben 
ausgesprochene  Schlußfolgerung  bezüglich  der  Eigenschaft  der  Geselligkeit  bei  den  Insekten. 
Eine  derartig  außergewöhnliche  Fruchtbarkeit,  —  wie  wir  sie  bei  keiner  einzigen  solitären 
Biene  und  ebensowenig  bei  irgend  welchen  Vertretern  der  echten  Geselligkeit  im  ganzen 
Tierreiche  antreffen,  —  bildet  bei  den  Insekten  das  charakteristischste  Merkmal  der  parasiti- 
schen Lebensweise. 

Nachfolgend  teile  ich  einige  Daten  mit,  die  das  Gesagte  bestätigen.  Während  die 
Zahl  der  Eier  bei  den  einsam  lebenden  Bienen,  sowie  bei  denjenigen,  wo  wir  echte  Ge- 
selligkeit beobachten,  sich  nur  auf  einige  Dutzende  beläuft,  erreicht  diese  Zahl  bei  den 
„sozialen"  Bienen  mehrere  Zehntausende  (so  z.  B.  bei  Apis  dorsata  bis  zu  70000  Stück) 
und   bisweilen    sogar    Hunderttausende   (wie    z.  B.   bei   Apis  meUifica). 

Diese  ungeheure  Anzahl  von  Eiern  würde  uns  selbst  ohne  irgend  welche  andere 
Betrachtungen  allein  schon  dazu  berechtigen,  das  Vorhandensein  von  Parasitismus  bei  diesen 
Insekten  vorauszusetzen ;  zwingt  sie  uns  doch  zu  der  Frage,  auf  wessen  Kosten  diese 
Menge  zukünftiger  Larven  aufgezogen  und  ernährt  werden  kann  ?  Auf  diese  Frage  kann 
es  nur  zwei  Antworten  geben:  entweder,  daß  das  Aufziehen  einer  solchen  Menge  von  Eiern 
einen  Fall  von  echtem  Parasitismus  der  Bienenmännchen  und  -weibchen  auf  Kosten  der  so- 
genannten Arbeiterinnen  darstellt;  oder  aber,  daß  wir  hier  nicht  etwa  eine  biologische 
Erscheinung  mit  allen  ihren  auf  natürlichem  Wege  im  Kampfe  ums  Dasein  festgelegten 
charakteristischen  Merkmalen  (und  dabei  ohne  die  geringste  Teilnahme  eines  Bewußtseins, 
weder  von  selten  der  Wirte  noch  von  selten  der  Parasiten)  vor  uns  haben,  sondern  vielmehr 
einen  Fall  hoher  psychischer  Entwicklung  einer  „Gemeinschaft",  deren  Glieder  sich  bewußt 
und  freiwillig   dem  allgemeinen  Wohle  zum   Opfer  bringen. 

Es  ist  sehr  merkwürdig,  daß  es  noch  niemandem  eingefallen  ist,  die  Frage  in  der  zu- 
erst angegebenen  Weise  zu  lösen ;  noch  merkwürdiger  ist  es  aber,  daß  die  zweite  Art  der 
Lösung  nicht  nur  von  solchen  Autoren  angewendet  wird,  die  den  Bienen  sowohl  mensch- 
liche Emotionen  als  auch  menschliche  Geistesfähigkeiten  zusprechen,  sondern  auch  von 
solchen,   die    das   Vorhandensein   dieser  wie  jener  bei   den   Bienen  bestreiten. 

Ich  kann  es  begreifen,  wenn  ein  Autor,  nachdem  er  den  Bienen  menschliche  Eigen- 
schaften zugesprochen  hat,  über  die  Einbildung  bei  den  Bienen,  über  bewußte  Beschränkung 
der  eigenen  Individualität  im  Interesse  der  Gesellschaftlichkeit,  über  Laster  der  Bienen  und 
deren  Abgewöhnung,  über  Chemiker,  Steinmetze,  Bildhauer,  Mathematiker,  Totengräber, 
Wächter  und  andere  Gewerbe  im  Bienenstocke,  endlich  über  eine  bei  den  Bienen  höher  als 
bei  den  Menschen  entwickelte  Sittlichkeit  spricht,  wobei  diese  Sittlichkeit  sich  für  jeden 
Stock  als  eine  verschiedenartige  erweist,  indem  bei  einigen  Völkern  die  Begriffe  der  Achtung 
vor  fremdem  Eigentum  u.  s.  w.  verloren  gegangen  sind. 

Es  ist  mir  jedoch  völlig  unerklärlich,  wie  es  möglich  ist,  daß  man  gleichzeitig  (und 
zwar  mit  vollem  Rechte)  den  „sozialen"  Bienen  das  Vorhandensein  von  Mutterliebe,  von 
Altruismus,  von  Fähigkeiten  des  Verstandes  abspricht,  nachdem  man  ihre  gesamte  Tätig- 
keit in  Bezug  auf  die  gegenseitigen  Beziehungen  zueinander  als  eine  Folge  vererbter  und 
genau  fixierter  Instinkte  erkannt  hat,  und  trotzdem  unter  solchen  Bedingungen  in  der  Sym- 
biose der  Bienen  und  Hummeln  eine  hoch  entwickelte  Form  der   Geselligkeit  sehen  kann !  ? 

Zoologica.    Hert  46  28 


—     218     — 

Durch  auf  wissenschaftlicher  Grundlage  angestellte  Beobachtungen  und  Versuche 
kommen  wir  zu  der  unanzweifelbaren  Schlußfolgerung,  daß  bei  den  gesellig  lebenden  Bienen 
weder  gegenseitige  Liebe,  noch  Anhänglichkeit,  noch  Verständnis  dafür,  was  sie  tun,  indem 
sie  ihre  Brut  pflegen,  vorhanden  ist ;  wenn  dem  aber  so  ist,  was  kann  dann  das  Erziehen 
von  Zehn-  und  Hunderttausenden  von  Eiern  des  Weibchens,  welches  jede  Fähigkeit  außer 
der  Eiablage  eingebüßt  hat  (und  nach  den  Worten  derselben  Autoren  zu  einer  Art  Lege- 
apparat geworden  ist),  was  kann  diese  Erscheinung  anderes  darstellen,  als  nur  eine  spezielle 
Form  von  Parasitismus  der  Weibchen  und  Männchen  auf  Kosten  der  sogenannten  Ar- 
beiterinnen ? 

Die  biologische  Bedeutung  der  großen  Zahl  von  Eiern  bei  den  gesellig  leben- 
den Insekten  ist  nun  offenbar  die  gleiche,  wie  bei  den  Parasiten  überhaupt :  immer  liegt 
diese  Bedeutung  darin,  daß  die  Aufopferung  Vieler  notwendig  ist,  um  das  Leben 
Weniger  zu  erhalten. 

Es  ist  hierbei  von  Interesse,  daß  die  Zahl  der  Eier  sich  nach  dem  Grade  der  Un- 
tätigkeit der  Weibchen  und  Männchen  richtet.  Je  geringer  die  Aktivität  der  letzteren  und 
damit  auch  die  Rolle,  die  sie  in  der  Lebenstätigkeit  der  Art  spielen,  um  so  größer  ist  die  Zahl  der 
von  dem  Weibchen  abgelegten  Eier.  Bei  den  Honigbienen  erinnert  das  Weibchen  gewisser- 
maßen an  einen  Hermaphroditen,  welcher  die  intensive  Arbeit  von  Tausenden  von  Arbeite- 
rinnen durch  seine   Fruchtbarkeit   niederdrückt. 

4)  Die  Instinkte  der  sogenannten  „sozialen"  Insekten  erscheinen  im 
Vergleiche    mit    denjenigen    der    solitären    Insekten    als    reduziert. 

Zu  solchen  reduzierten  Instinkten  bei  den  Weibchen  der  Hummeln  gehört  selbstver- 
ständlich deren  Benehmen  bei  einer  Gefahr,  die  das  Nest  und  die  Familie  bedroht :  nicht 
nur  greifen  die  Weibchen  niemals  die  Feinde  an,  sondern  sie  verteidigen  sich  sogar  höchst 
selten.  Für  gewöhnlich  eilen  die  Weibchen,  sich  zwischen  den  Waben  zu  verstecken,  und 
wenn  sie  bis  hierher  verfolgt  werden,  so  verlassen  sie  die  Waben  und  versuchen  sich  im 
Moose  des  Nestes  zu  verkriechen.  Eine  Tätigkeit  legen  sie  nur  den  Individuen  ihrer  Familie 
und  namentlich  anderen  Weibchen  ihrer  Art  gegenüber  an  den   Tag. 

Eine  solche  Veränderung  der  Instinkte  des  Weibchens  erscheint,  wie  auch  jede  An- 
passung überhaupt,  natürlich  als  sehr  zweckmäßig,  indem  es  durchaus  nicht  vorteilhaft  für 
die  Art  ist,  das  Leben  des  Weibchens  für  die  Verteidigung  des  Nestes  aufs  Spiel  zu  setzen; 
ihren  reduktiven  Charakter  büßt  diese  Anpassung  infolge  ihrer  Zweckmäßigkeit  jedoch 
natürlich   nicht    ein. 

Bei  den  echten  Parasiten,  als  welche  die  Psithyrns  anzusehen  sind,  geht  diese  Re- 
duktion noch  viel  weiter :  bei  der  geringsten  drohenden  Gefahr  verstecken  sich  die  Psithyrns ; 
bei  weiterer  Beunruhigung  fliegen  sie  aus  dem  Neste  davon,  indem  sie  die  darin  abge- 
legten Eier  sowie   die  aus  letzteren   hervorgegangenen  Larven  im   Stiche  lassen. 

Ich  möchte  hier  noch  auf  einen  weiteren,  in  diesem  Sinne  charakteristischen  Zug  in 
der  Tätigkeit  der  Weibchen  hinweisen.  Die  jungen  (wie  übrigens  auch  die  alten)  Weibchen 
führen,  indem  sie  aus  dem  Neste  herausfliegen,  gewisse  Manöver  aus,  um  sich  den  Ort 
des  Nestes  einzuprägen;  sie  tun  dies  viel  länger  und  ,,gründliclicr"  als  die  Arbeiterinnen, 
und  trotzdem  haben  sie  bei  der  Heimkehr  mehr  Mühe,  dieses  Nest  wieder  aufzufinden,  als 
die   Arbeiterinnen :    es   ist   dies   offenbar  nicht    ihre    spezielle    Beschäftigung.     Die   Weibchen 


—     219     — 

fliegen  beständig  an  dem  Neste  vorbei,  lassen  sich  auch  auf  den  Boden  nieder,  geraten 
mitunter  in  fremde  Nester  u.  s.  w.,  während  die  Arbeiterinnen  schon  längst  den  richtigen 
Weg  erkannt  haben  und  direkt  und  ohne  sich  zu   irren  auf  ihr  Ziel  zufliegen. 

In  gleich  überzeugender  Weise  sprechen  auch  die  Bauinstinkte  für  die  Reduziertheit 
der   Instinkte   bei    den   sogenannten   sozialen  Insekten. 

Es  ist  sehr  merkwürdig,  wie  die  althergebrachte  Auffassung  von  den  hohen  psychi- 
schen Eigenschaften  dieser  Insekten  auf  die  Bewertung  aller  Seiten  ihres  Lebens  eingewirkt 
hat  und  wie  infolgedessen  die  Autoren  einen  Fortschritt  da  zu  erkennen  glauben,  wo  in  der 
Tat  ein  Rückschritt   vorliegt. 

Indem  z.  B.   v.  Buttel-Reepen  von  den  Tatsachen  ausgeht: 

i)  daß  die  Hummeln  ihre  Wohnungen  aus  vegetabilischem  Matcriale  erbauen,  welches 
sie  herbeischaffen  und   nur  hier  und  dort  mit  Wachs   verkleben, 

2)  daß  die  Melipona-Arten  bereits  unvergleichlich  mehr  Wachs  für  ihre  Bauten  ver- 
wenden, welches  sie  außerdem  mit  Harz  vermischen,    und 

3)  daß   die   Bienen   zu  ihren   Bauten  ausschließlich   Wachs   verwenden   — 

erhebt  er  den  Überfluß  oder  den  Mangel  an  Baumaterial,  das  vom  Organismus  selbst  aus- 
geschieden wird,  zu  einem  genetischen  Prinzipe.  Je  mehr  von  solchem  selbsterzeugten 
Materiale  vorhanden  ist,  d.  h.  je  weniger  Material  von  auswärts  herbeigetragen  wird,,  um  so 
höher  steht  nach  der  Ansicht  v.  Buttel-Reepens  die  Geselligkeit  der  betreffenden  Insektenart. 

Eine  lange  Reihe  unbezweifelbarcr  Tatsachen  liefert  dagegen  den  Beweis  dafür,  daß 
eine  derartige  Schlußfolgerung  des  Autors  nicht  richtig  ist;  diese  Tatsachen  legen  Zeugnis 
dafür  ab,  daß  je  geringer  die  Menge  des  vom  eigenen  Organismus  ausgeschiedenen 
Materiales  ist,  die  das  Insekt  für  einen  Bau  verwendet,  desto  höher  die  Instinkte 
des  Baumeisters  entwickelt  sind  und  desto  höher  die  Stellung  ist,  welche  er  auf  dem 
Gebiete  der  Industrie   einnimmt. 

V.  Buttel-Reepen  weist  selbst  darauf  hin,  daß  ein  Insekt  eine  Unmenge  Nahrung 
zu  sich  nehmen  muß,  um  ein  gewisses  Quantum  von  Wachs  hervorzubringen,  und  doch 
redet  er  andererseits  von  einem  Fortschritt,  der  in  dieser  Erscheinung  liegen  soll. 
Von  seinem  Standpunkte,  d.  h.  von  der  vorgefaßten  Meinung  ausgehend,  daß 
es  eine  —  von  den  freilebenden  Vertretern  über  solche  mit  schwach  ausgesprochener 
Geselligkeit  bis  zu  der  höchsten  Staatenform  dieser  Geselligkeit  bei  den  Bienen  —  an- 
steigende genetische  Reihe  gibt,  kann  v.  Buttel-Reepen  auch  gar  nicht  anders  als  da- 
von reden.  Dabei  ist  dieser  Grundsatz  bei  v.  Buttel-Reepen  (sowie,  wenn  ich  nicht  irre, 
auch  bei  allen  anderen  Forschern)  so  sehr  in  Fleisch  und  Blut  übergegangen,  daß  es  ihm 
nicht  einmal  einfällt,  nachzuprüfen,  inwieweit  z.  B.  der  Ersatz  fremden  Materiales  durch  Aus- 
scheidungen des  Organismus  bei  der  Ausführung  von  Bauten  in  der  Tat  auf  einen  Fort- 
schritt hinweist.  Die  Bauten  der  freilebenden  Formen  des  gesamten  Tierreiches,  von  den 
Foraminiferen  angefangen  bis  zu  den  Vögeln,  hätten  ihm  ein  aufierordentlich  reiches  Material 
für  die   Lösung  dieser  Frage  im  entgegengesetzten  Sinne  geboten. ^ 

Aber  so  groß  ist  nun  einmal  die  Macht  des  Vorurteils :  bei  den  Bienen  sehen  wir 
reines  Wachs,  bei  den   Hummeln  fremdes   Material;  da  nun  die  Geselligkeit  der  Bienen  eine 


'  Meine  eigenen  Untersuchungen  bezüglich  dieser  Frage   habe    ich    in  zwei  Arbeiten  mitgeteilt:    „L'industrie   des 
Araneina"  und  „Die  Stadtschwalbe"  (Mömoires  Acad.  Imp.  Sc.  St.  Pötersbourg  Vllle  s^r.,  T.  X.  No.  6). 


—     220     — 

höhere  ist,  als  diejenige  der  Hummeln,  so  muß  auch  der  Gebrauch  von  reinem  Wachs  ein 
Merkmal  der  Progressivität   im   Baue  der  Wohnung  darstellen! 

Eine  völlig  abweichende  Bedeutung  erlangt  diese  Erscheinung,  wenn  sie  von  meinem 
Gesichtspunkte  aus  betrachtet  wird.  Die  „sozialen"  Insekten  repräsentieren  seitliche  Ab- 
zweigungen \on  dem  geraden  Wege  in  der  Entwicklung  der  Geselligkeit,  und  zwar  tragen 
diese  Zweige  nicht  einen  progressiven,  sondern  einen  regressiven  Charakter.  Hieraus  ergibt 
sich  von  selbst  der  folgende  Schluß :  je  weiter  sich  die  betreffende  biologische  Organisation 
dem  Rückschritte  zuneigt,  je  vollkommener  und  vollständiger  die  durch  ihr  Leben  hervor- 
gerufenen Folgen  bei  ihr  zu  Tage  treten  —  um  so  niedriger  ist  ihre  Psychik  überhaupt 
ausgebildet. 

Da  die  biologische  Organisation  der  Hummeln  weniger  stark  von  dem  normalen  Typus 
der  Geselligkeit  abweicht,  so  darf  infolgedessen  das  Wachs  in  ihrem  Leben  auch  nicht  die- 
jenige Rolle  spielen,  welche  sie  bei  den  am  weitesten  von  der  Norm  abgewichenen  Bienen  spielt. 

Hieraus  folgt  natürlich  noch  nicht,  daß  der  Überfluß  oder  der  Mangel  an  Material, 
welches  vom  Organismus  zum  Zwecke  des  Baues  einer  Wohnung  ausgeschieden  wird,  an 
und  für  sich  auch  als  Kriterium  für  den  Grad  der  Abweichung  dienen  kann;  ich  will  nur 
sagen,  daß  die  Erscheinung,  welche  v.  Buttel-Reepen  infolge  falscher  Voraussetzungen 
für  eine  progressive  angesehen  hat,  und  die  er  für  seinen  genetischen  Stammbaum  zu 
verwenden  wünschte,  —  in  Wirklichkeit  eine  regressive  Erscheinung  darstellt  und  aus 
diesem  Grunde  für  den  genannten  Zweck  in  keiner  Weise   verwendet   werden  kann. 

5)  Das  Nervensystem  ist,  im  Vergleiche  mit  dem  der  einsam  lebenden 
Bienen,  reduziert,  und  im  Zusammenhange  hiermit  weisen  auch  gewisse 
morphologische    Merkmale    eine    Reduktion   auf. 

Auch  das  Nervensystem  der  Hummeln  bestätigt  meine  Ansicht,  wonach  die  Gruppe 
der  sogenannten  sozialen  Insekten  nicht  eine  Entwicklungsreihe  darstellt,  die  von  den 
Hummeln  als  niedrigsten  zu  den  Bienen  als  höchsten  Können  fortschreitet.  Denn  auch  in 
Bezug  auf  das  Nervensystem  weisen  die  Bienen,  die  von  dem  normalen  Typus  der  Ge- 
selligkeit am  meisten  abgewichen  sind,  die  geringste  Vollständigkeit  und  die  größte  Reduktion 
auf,  die  Hummeln  dagegen  die  geringste  Reduktion  bei  geringster  Abweichung  von  der 
Nenn  der   Geselligkeit.    Folgende  Tatsachen  werden  dies   beweisen. 

Die  stielförmigen  Körper  des  Gehirnes  (corpora  pedunculata)  der  Weibchen,  Arbeite- 
rinnen und  Männchen  weisen  bei  den  Hummeln  mehr  Ähnlichkeit  untereinander  auf,  als 
bei  den  Bienen  und  Wespen.  —  Das  Gewicht  des  Gehirnes  im  Vergleiche  zu  dem  gesamten 
Körpergewichte  beträgt  allerdings  bei  den  einsam  lebenden  Wespen  Vioo  und  bei  den  Bienen- 
arbeiter innen  Vi;i.  Allein  man  muß  im  Auge  behalten,  daß  für  die  Feststellung  des 
wirklichen  Verhältnisses  des  Gehirnes  der  „sozialen"  Insekten  zu  dem  der  einsam  lebenden 
keineswegs  das  Gehirn  der  Arbeiterinnen,  sondern  dasjenige  der  Weibchen  und  Männchen 
zu  Grunde  gelegt  werden  muß.  Hierdurch  würde  sich  das  Verhältnis  ganz  gewaltig  ändern. 
Aber  selbst,  wenn  man  für  einen  solchen  Vergleich  nur  das  Mittel  aus  dem  Gehirne 
aller  drei  Kasten  der  sozialen  Formen  verwendet,  modifiziert  sich  das  oben  angeführte 
Verhältnis  bereits  wie  folgt :  während  das  Gewicht  des  Gehirnes  bei  den  solitären 
H)Tnenopteren  Vioo  beträgt,  geht  dasjenige  der   „sozialen"    Bienen   auf   Viooo   herab,   d.  h.   es 


—     221     — 

zeigt  nunmehr  eine  ganz  ungeheure  Reduktion  gerade  jener  Organe,  durch  welche  der  Grad 
der  psychischen   Fähigkeiten  einer  Art  bemessen  wird. 

Schon  diese  Tatsache  allein  hätte  die  Autoren  darauf  hinweisen  müssen,  daß  wir  hier 
keine  wahre  Geselligkeit  vor  uns  haben,  sondern  etwas  ganz  anderes,  da  der  wahren  Ge- 
selligkeit nie  eine  Herabsetzung,  sondern  immer  eine  Erhöhung  der  geistigen  Entwicklung 
zu  Grunde  liegt ;    sind  doch  z.  B.  die  Bieber   unbestreitbar  die   Klügsten  aller  Nagetiere. 

6)  Älit  der  Reduktion  der  Instinkte  beobachten  wir,  wie  dies  bei  den 
Erscheinungen  des  Parasitismus  stets  der  Fall  ist,  gleichzeitig  auch  eine 
Reduktion  der  morphologischen  Merkmale.  (Über  die  primitive  Stellung  der  Q 
und  ^  im  Zusammenhange  mit  deren  morphologischen  und  anatomischen  Eigentümlichkeiten). 

Diese  morphologische  Reduktion  tritt  bei  den  Weibchen  um  so  deutlicher  und  vielseitiger 
zu  Tage,  je  mehr  ihre  Abhängigkeit  von  den  Arbeiterinnen  wächst,  mit  anderen  Worten,  je  aus- 
gesprochener ihr  Parasitismus  wird.  Das  Hummelwcibchen  übertrifft  die  Arbeiterinnen  noch 
in  vielen  Beziehungen,  und  letztere  sind  nicht  sowohl  für  das  alte  Weibchen  notwendig,  als 
vielmehr  dafür,  die  jungen  Männchen  und  Weibchen  bis  zum  Eintritt  des  Winters  aufzu- 
ziehen. Bei  den  gesellig  lebenden  Bienen  und  Wespen  aber  stellen  die  Weibchen  bereits 
Formen  dar,   die  rein  parasitisch  und  stark   regressiv  sind. 

So  bestehen  bei  der  Bienenkönigin  die  zusammengesetzten  Augen  aus  nur  8 — 9000 
Facetten,  statt  der  normalen  Zahl  von  12-13000  Facetten.  Sie  besitzt  keine  zur  Wachs- 
abscheidung  dienenden  Drüsen  und  hat  an  den  Beinen  weder  Bürsten  noch  Körbchen. 
Statt  dieser  Organe,  die  man  bei  einigen  ihrer  freilebenden  Genossinnen  beobachtet, 
sind  bei  der  Königin,  als  einem  wahren  Parasiten,  ungeheure  Eierstöcke  zur  Entwicklung 
gelangt,  und  es  hat  sich  bei  ihr  ein  neues  Organ  herausgebildet,  das  Receptaculum  seminis, 
wodurch  sie  zu  einem  Wesen  geworden  ist,   das  an  einen  Hermaphroditen  erinnert. 

Sehr  lehrreich  und  ihrer  Bedeutung  nach  ebensowenig  gewürdigt  ist  die  Tatsache, 
daß  der  Unterschied  in  den  morphologischen  Eigentümlichkeiten  bei  den  Weibchen  und 
Arbeiterinnen,  im  Sinne  einer  Reduktion  der  Merkmale,  ein  um  so  tiefgreifender  ist,  je  „voll- 
kommener" die  „Geselligkeit"  bei  diesen  Insekten  erscheint,  ein  Umstand,  welcher  uns 
wiederum  an  Parasitismus  denken  läßt.  Hier  und  dort,  sowohl  im  Parasitismus  als  auch  in 
der  Geselligkeit  der  Insekten,  erweist  sich  die  Reduktion  um  so  weitgehender,  je  stärker 
Parasitismus  und   Geselligkeit  ausgesprochen   sind. 

Bei  den  Hummeln  stellen  die  sogenannten  Arbeiterinnen  sowohl  in  morphologischer 
wie  auch  in  anatomischer  Hinsicht  echte  Weibchen  dar;  der  ganze  Unterschied  besteht  nur 
in  der  Größe  der  Individuen,  die  ihrerseits  eine  direkte  und  zweifellose  Folge  der  Ernährung 
ist.  Die  Arbeiterinnen  der  Bienen  und  Wespen  dagegen  weisen  einen  sehr  tiefgreifenden 
Unterschied  von  den  Weibchen  auf :  sie  haben  stets  reduzierte  Geschlechtsorgane,  gleich- 
viel, worin  diese  Reduktion  bestehen  mag,  in  welcher  Periode  ihres  Lebens  sie  auftritt  und 
wozu  sie  schließlich  führt.  Bei  ihnen  sind  ferner  gewisse  andere  morphologische  Merkmale 
reduziert,  die  mit  dem  Genitalsysteni  zum  Teil  in  Verbindung  stehen,  zum  Teil  auch  von 
demselben  ganz  unabhängig,  aber  ebenfalls  nur  für  das  Weibchen,  nicht  die  Arbeiterin  not- 
wendig sind.  Endlich  sind  bei  ihnen  eine  gewisse  Anzahl  von  Instinkten  reduziert,  die  mit 
der  Sphäre  der  geschlechtlichen  Tätigkeit  der  Weibchen  im  Zusammenhange  stehen  und 
bei  den   Arbeiterinnen  mehf  oder  weniger  vollständig    verschwunden    sind. 


—     222     — 

Sowohl  die  Arbeiterinnen  wie  auch  die  Weibchen  erscheinen  demnach  als  Kasten, 
die  sich  von  ihrem  ursprünglichen  Typus  entfernt  haben :  bei  ersteren  haben  die  mit 
den  geschlechtlichen  Funktionen  in  Verbindung  stehenden  Organe  eine  Reduktion  erfahren, 
bei  den  zweiten  dagegen  die  mit  den  Instinkten  der  Ernährung  zusammenhängenden  Organe. 

Es  ist  hier  der  Ort,  einige  Worte  über  die  Frage  zu  sagen,  welche  von  diesen 
beiden  Kasten,  die  Arbeilerinnen  oder  die  Weibchen,  als  primitiver  und  dem  Urtypus 
näherstehend  betrachtet  werden  muß  ?  Von  den  Autoren  wird  diese  Frage  in  verschiedener 
Weise  beantwortet.  Was  mich  anbetrifft,  so  halte  ich  die  Arbeitsbiene  für  den  primordialen 
Typus,  und  zwar  aus  folgenden  Gründen:  Die  neuesten  Ergebnisse  über  die  fundamentale 
Rolle  der  Genitaldrüsen  in  der  Lebenstätigkeit  des  Organismus  berechtigen  uns  zu  der  An- 
nahme, daß  der  Eintritt  geschlechtlicher  Funktionslosigkeit  oder  die  Reduktion  der  Genital- 
drüsen auf  Grund  des  Gesetzes  der  korrelativen  Entwicklung  allemal  eine  ganze  Reihe  von 
sonstigen  Veränderungen  nach  sich  ziehen  müsse.  In  welcher  Richtung  erfolgen  nun  der- 
artige korrelative  Veränderungen  bei  wirbellosen  Tieren?  Hierauf  geben  uns  gewisse  Be- 
obachtungen an  Tieren,  die  ihrer  Geschlechtsdrüsen  durch  Parasiten  beraubt  worden 
waren',  eine  ganz  bestimmte  .\ntwort:  das  Männchen  von  Carcinus  7}iae)ias,  bei 
welchem  das  Parasitieren  der  SaccuUna  zur  A'erkümmerung  der  Geschlechtsdrüsen 
führt,  nimmt  einige  Merkmale  des  Weibchens  an.  Bei  Stenorhynchus  pha- 
Jangium  verschwinden  die  Geschlechtsdrüsen  (ebenfalls  infolge  des  Parasitierens  der 
Sacculina)  fast  vollständig,  und  die  Folge  dieses  Verschwindens  ist  wiederum  eine 
Verringerung  des  geschlechtlichen  Dimorphismus.  Auch  die  Männchen  von  Eiipa- 
gurus  hernhardi  erwerben  unter  dem  Einflüsse  des  Parasitismus  \on  Phryxus  paguri 
Rathke  gewisse  Eigentümlichkeiten  der  Weibchen:  im  Bereiche  des  Hinterleibes  treten  bei 
ihnen  am  zweiten  Segmente  überzählige  .Anhänge  auf,  die  normalerweise  nur  beim 
Weibchen  vorhanden  sind,  während  die  übrigen  Anhänge  der  Männchen  sich  in  gleicher 
Weise  entwickeln  wie  bei  den  Weibchen  und  zum  Tragen  der  Eier  angepaßt  sind,  d.  h.  zu 
einer  Funktion,  welche  sie  niemals  ausüben  werden,  vor  der  Differenzierung  der  Geschlechts- 
merkmale jedoch  wahrscheinlich  ausgeübt  haben.  Yon  besonderem  Interesse  ist  der  nach- 
stehende Fall:  Ein  Krebs,  den  Giard  künstlich  von  seinem  Parasiten  befreite,  bekam,  als 
er  nach  einem  Monate  sich  häutete,  äußere  Merkmale,  die  deutlich  auf  eine  Rückkehr  zum 
normalen  männlichen  Typus  hinwiesen;  ein  Umstand,  der  sich  dadurch  erklären  läßt,  daß 
die  Funktion  seiner  Geschlechtsdrüsen  zu  dieser  Zeit  wieder  einen  normalen  \'erlauf  ge- 
nommen hatte.  —  Nicht  weniger  Interesse  bietet  auch  die  von  Emery  mitgeteilte  Tat- 
sache ^  daß  die  Männchen  amerikanischer  .\meisen  unter  der  Einwirkung  von  Parasiten 
charakteristische  Züge  der  dem  Weibchen  ähnlich  sehenden   Arbeiter  erworben  haben. 

.\uf  Grund  aller  dieser  Tatsachen  können   wir  folgende    Schlußfolgerung   ziehen:   Die 
Reduktion  der   Geschlechtsdrüsen   ruft   korrelative  Veränderungen  anderer  Teile  des  Organis-" 
mus  hervor,  durch  welche  der  vorhandene  Di-  und   Pohmorphismus   der   Individuen  der  ge- 
gebenen Art  ausgeglichen  wird;  mit  anderen  Worten,  die  Reduktion  der  Geschlechtsdrüsen 
ruft  eine  Rückkehr  der  di-  und  polymorphen   Tiere  zu   deren   ursprünglichem   Typus  hervor. 


'  Alfred  Giard,  La  castration  parasitaire,  nouvelles  recherches.   Bull.Scient.de  la  France  etc.,   iSSS,  III.  Sdr. — 
Etüde  des  etres  organisds.     Compt.-Rend.  d.  sc^anc.  de  lAcad   d.  Sc,  T.  CXVIII.  1894  u.  a.  m. 

^  C.  Emery.     Zur  Kenntnis  des  Polymorphismus  der  Ameisen.     Zoo!.  Jahrb.,  Suppl.  VII.  1904. 


_     223     — 

welcher  stammesgeschichtlich  der  Differenzierung  der  sekundären  Geschlechtscharaktere 
voranging.  Hieraus  aber  folgt  für  den  speziellen  Fall  der  Honigbiene,  daß  der  Typus  der 
Arbeiterin  ursprünglicher   ist,   als  der  der   Bienenkönigin. 

In  der  Tat  haben  wir  zwei  Faktoren  vor  uns,  unter  deren  Einwirkung  die  Evolution 
der  Kasten  vor  sich  gegangen  ist :  einerseits  die  Ernährungskastration  der  Geschlechtsdrüsen 
bei  den  Arbeiterinnen,  andererseits  die  parasitische  Lebensweise  der  Weibchen.  Ein 
jeder  dieser  Faktoren  übte  naturgemäß  seine  Einwirkung  auf  die  Veränderungen  in  dem 
Organismus  dieser  Kasten  aus.    Aber  in  welcher  Weise  ? 

Wir  haben  gesehen,  daß  die  Wirkung  der  Kastration  im  stände  ist,  diejenigen  dimorphen 
Merkmale  auszugleichen,  die  hauptsächlich,  wenn  nicht  ausschließlich,  mit  den  Geschlechts- 
funktionen im  Zusammenhange  stehen.  Der  Parasitismus  hingegen  erweist  sich  als  ein  un- 
vergleichlich mächtigerer  Faktor,  der  dazu  befähigt  ist,  eine  tiefgehende  Reduktion  der  fun- 
damentalen Merkmale  eines  Organismus  —  bis  zu  dem  allerbeständigsten  derselben,  dem 
Nervensystem  —  nach  sich  zu  ziehen. 

Nach  alledem  ergibt  sich  mit  Deutlichkeit,  daß  wir  mit  viel  mehr  Berechtigung  den 
Typus  der  Arbeitsbiene  als  den  der  Königin  für  primitiver  erklären  können;  ferner  daß  die 
charakteristischen  Merkmale  in  der  Organisation  der  Arbeiterin  (nämlich  deren  Bürstchen 
und  Körbchen  an  den  Beinen)  keine  Neuerwerbung  darstellen,  sondern  alte  Merkmale ; 
während  andererseits  die  Eigentümlichkeiten  der  Königin  (unter  anderem  der  Verlust  der 
soeben  erwähnten  Organe  der  Arbeiterin)  eine  Folge  ihrer  parasitischen  Lebensweise  und 
neue  Erscheinungen  sind. 


Aus  allen  diesen  und  vielen  anderen  Gründen,  von  denen  an  verschiedenen  Stellen 
der  vorliegenden  Arbeit  die  Rede  ist,  geht  zwingend  hervor,  daß  dasjenige,  was  bisher  für  die 
höchste  Stufe  der  Geselligkeit  im  Tierreiche  angesehen  wurde,  wie  sie  angeblich  nur  bei  den 
Hymenopteren  und  dem  Menschen  anzutreffen  ist,  weder  die  höchste,  noch  überhaupt  irgend 
eine  Form  der  Geselligkeit  in  der  wahren  und  einzig  zulässigen  Bedeutung  dieses  Wortes 
darstellt ;  sondern  vielmehr  eine  selbständige  Form  der  Symbiose  mit  deutlich  ausge- 
sprochenen Merkmalen  eines  Parasitismus ;  mit  anderen  Worten :  Dasjenige,  was  bei  den 
sogenannten  sozialen  Hymenopteren  als  Geselligkeit  bezeichnet  wurde,  ist  eine  spezielle 
Art  von  Parasitismus,  welcher  sich  bei  der  Nachkommenschaft  eines  (oder  mehrerer) 
blutsverwandter  W^eibchen   auf   Grund   der   Parthenogenese   entwickelt   hat. 

Kapitel  VL 

Die  Genesis  und  die  Evolution  der  Geselligkeit 
erfolgen  nach  Gesetzen  und  auf  Wegen,  von  welchen  das  Zusammenleben  der  sogenannten 
sozialen  Insekten  weit  abseits  liegt,   und  auf  der  Stufenleiter  der  Evolution  dieser  biolo- 
gischen Organisation  —  der  Geselligkeit  —  (Ansammlung,  zeitweilige  und  ständige  Aggre- 
gation, Herde,  Horde,  verschiedene  Formen  der  menschlichen  Geselligkeit,  Staat)   keine 

einzige  Stufe  einnimmt. 

Nachdem  wir  die  wahre  Natur  der  „Geselligkeit"  der  sogenannten  sozialen  Insekten 
festgestellt  haben,  nachdem  die   Tatsachen  uns    gezwungen    haben,     ihr    Zusammenleben    in 


—     224     — 

eine  ganz  spezielle  und  sehr  entfernt  liegende  Reihe  biologischer  Organisationen  überzu- 
führen, die  in  keinerlei  Beziehung  zu  der  Reihe  der  „Geselligkeit"  steht,  —  sind  wir 
nunmehr  in  den  Stand  gesetzt,  den  Entwicklungsgang  der  wahren  Geselligkeit  im  Tierreiche 
festzustellen.  Das  Hindernis,  das  bisher  einer  solchen  Darlegung  im  Wege  stand,  —  näm- 
lich das  Zusammenleben  der  sogenannten  sozialen  Insekten,  das  die  Autoren  schließlich  zu 
der  Schlußfolgerung  geführt  hat,  die  Entwicklung  des  Gesellschaftswesens  der  Tiere  falle 
weder  mit  der  Entwicklung  ihrer  Psychik,  noch  mit  der  Evolution  überhaupt  zusammen, 
da  ja  die  Bienen  hierin  noch  über  den  höchststehenden  Säugetieren  ständen,  —  ist  jetzt 
beseitigt. 

In  Nachstehendem  teile  ich  meine  Gedanken  darüber  mit,  wie  die  Geselligkeit  im 
Tierreiche  sich  als  durchaus  selbständige  biologische  Organisation,  mit  separatem  Ursprünge 
und  eigenem  Evolutionsgange,  entwickelt  hat. 


Den  Ausgangspunkt  für  die  biologischen  Organisationen  dieser  Reihe  er- 
blicke ich  in  den  sogenannten  ,,zufälligen  Ansammlungen  oder  Zusammen- 
scharungen"  von  Tieren  einer  Species. 

Diese  Ansammlungen  werden   durch   folgende   Merkmale  charakterisiert : 
i)  durch  das  Fehlen  eines  deutlich  ausgesprochenen   Zweckes,   einer   Koexistenz,    und 
von  Massenbewegungen ; 

2)  durch  die  unbegrenzte,  durch  keinerlei  Faktoren  bestimmte  Zahl  der  Glieder; 

3)  durch   die    äußerst   schwache   Einwirkung  der  Menge  auf  das  Individuum  und  der 
Individuen  aufeinander. 

Für  gewöhnlich  vermutet  man,  daß  der  einzige  Grund  für  jene  ungeheuren  Ansamm- 
lungen, welche  wir  bei  vielen  Vertretern  der  pelagischen  Fauna,  wie  z.B.  bei  den  Medusen, 
Acalephen  (Pelagla  noctUuca),  Ctenophoren,  Copepoden,  Pteropoden  und  anderen  Tieren  be- 
obachten, in  der  Temperatur  einer  bestimmten  Meeresschicht  zu  suchen  sei,  welche 
für  alle  Individuen  der  Ansammlung  gleich  günstig  erscheint.  Mit  anderen  Worten,  man  nimmt 
an,  daß  die  Ursache  für  die  Entstehung  der  Ansammlungen  nicht  in  den  Individuen,  welche 
die  Ansammlung  ausmachen,  sondern  außerhalb  derselben,  in  der  für  die  Individuen  am 
meisten  zuträglichen  Temperatur  des  umgebenden  Mediums  liegt.  Ebenfalls  in  äußeren 
Faktoren  ist  nach  der  Ansicht  der  Autoren  der  Grund  für  die  Ortsveränderung  einer 
solchen  zufälligen  Ansammlung  zu  suchen :  diese  Translokationen  werden  auf  die  Strömungen 
im  Wasser  zurückgeführt.  Außerdem  soll  der  Zusammenhang  zwischen  den  Bestandteilen 
der  Ansammlung,  die  durch  kein  inneres  Band  aneinander  geknüpft  sind,  sofort  gelöst 
werden,  sobald  jene  äußeren  Ursachen  zu  bestehen  aufhören,  durch  deren  Anwesenheit  die. 
Existenz  der   Ansammlung  selbst   hervorgerufen  wurde. 

Was  mich  betrifft,  so  bin  ich  anderer  Ansicht  über  diese  Erscheinungen.  Ich  ver- 
mute, daß  diese  ihrer  Organisation  nach  elementaren ,  ihrer  Zahl  und  ihrer  Zusammen- 
setzung nach  unbeständigen  und  ihrem  Charakter  nach  unbestimmten  Ansammlungen  eben 
den  Ausgangspunkt  für  alle  übrigen  Typen  des  geselligen  Lebens  —  bis  zu  den  höchsten 
einschließlich  —  ausmachen.  Ich  will  vor  allem  bemerken,  daß  die  Auffassung  von  dem 
unbedingten   Fehlen   innerer   Anregungen   bei  der    Bildung    der    erwähnten    Ansammlungen, 


—     225     — 

nicht  von  allen  Autoren  geteilt  wird.  So  spricht  sich  Wundt'  bezüglich  solcher  Ansamm- 
lungen von  Tieren  dahin  aus,  daß  man  bereits  auf  den  niedrigsten  Stufen  des  tierischen 
Lebens  beobachten  kann,  wie  die  Tiere  die  Gesellschaft  von  Ihresgleichen  aufsuchen.  So 
sammeln  sich  viele  Mollusken,  Insekten  und  Fische  zu  Zeiten  in  großen  Mengen  an.  In 
solchen  Fällen  ist  ein  gemeinsames,  auf  die  Art  der  Tiere  bezügliches  Band  vorhanden.  Es 
ist  offenbar,  fährt  der  genannte  Autor  fort,  daß  der  Ursprung  einer  solchen  sozialen  Regung 
in  dem  Gefühl  einer  wenn  auch  ganz  primitiven  Zuneigung  zu  suchen  ist,  welche  die 
Tiere  ein  und  derselben  Art  einander  nähert,  und  welche  durch  bestimmte  Eindrücke  der 
Sinnesorgane  (des   Geruchs-  oder   Gesichtssinnes)  bedingt  wird. 

Diese  Auffassung  läßt  sich,  meiner  Ansicht  nach,  viel  besser  mit  den  Tatsachen  in 
Übereinstimmung  bringen,  als  jene,  nach  welcher  für  die  Begründung  solcher  Ansammlungen 
nichts  anderes  als  die  Einwirkung  äußerer  Ursachen  herangezogen  werden  kann.  In  der  Tat 
müssen  diese  äußeren  Ursachen  für  pelagische  Formen,  welche  irgend  eine  Bucht  von 
20 — 22  qkm  Oberfläche  bewohnen,  identisch  erscheinen  und  doch  werden  sich'  nicht  alle, 
sondern  nur  gewisse  Arten  von  Tieren  zu  Tausenden  von  Individuen  versammeln,  und  es 
versammeln  sich  nur  die  zu  ein  und  derselben  Art   gehörenden'  Tiere. 

Ich  habe  mich  dahin  ausgesprochen,  daß  der  Gedanke  von  Wundt  eher  mit  den 
Tatsachen  übereinstimmt,  allein  vollständig  stimmt  er,  meiner  Ansicht  nach,  doch  nicht  mit 
ihnen  überein.  Ich  weigere  mich  auf  das  entschiedenste,  in  den  inneren  Ursachen,  welche 
die  Ansammlungen  hervorrufen,  „ein  auch  noch  so  primitives  Gefühl  der  gegenseitigen  Zu- 
neigung bei  den  die  Ansammlung  konstituierenden    Individuen"   anzuerkennen. 

Das  „Gefühl  der  Zuneigung"  ist  zu  kompliziert  für  Infusorien  und  Coelenteraten,  und 
man  wird  daher  auf  diesen  Entwicklungsstufen  des  Tierreiches  von  einem  derartigen  Ge- 
fühle mit  demselben  Rechte  sprechen  können,  wie  z.  B.  von  einem  Bewußtsein  der  Blätter 
auf  den  Bäumen,  welche  so  zweckmäßig  auf  dem  Zweige  verteilt  sind,  daß  das  Gewächs 
gerade  bei  einer  solchen  Anordnung,  wie  sie  vorhanden  ist,  in  die  Möglichkeit  versetzt 
wird,  die  Strahlen  der  Sonne  mit  größtmöglichster  Bequemlichkeit  und  Vorteil  auszunützen." 

Immerhin  wird  wohl  kaum  ein  Zweifel  darüber  bestehen  können,  daß  die  Ursachen 
der  Ansammlungen  nicht  ausschließlich  auf  Faktoren  der  Umgebung  zurückzuführen  sind. 
Der  Trieb,  welcher  die  Individuen  einer  Art  zu  Ihresgleichen  drängt,  beruht  auf  anderen, 
inneren  Anregungen.  Welcher  Art  diese  letzteren  sind,  ist  schwer  zu  bestimmen.  Zieht  man 
in  Betracht,  auf  welch  einfacher  Stufe  der  Organisation  einige  solche  Ansammlungen  bil- 
dende Tiere  sich  befinden,  so  kann  man  vermuten,  daß  die  Anregung  in  jener  kosmischen 
Grundlage  zu  suchen  ist,  welche  einfach  als  die  Tatsache  eines  Dranges  des  „Gleichartigen 
zum  Gleichartigen"  bezeichnet  werden  kann. 

Auf  die  zufälligen  Ansammlungen  folgen  als   zweite  Etappe  der  Evolution : 

Die    zeitweiligen    und   beständigen    Aggregationen. ^ 
Ich  habe   hier  vor  allem   eine   Bemerkung  vorauszuschicken :   indem  ich  diesen  Typus 
aufstelle   und    in   mehr   oder   weniger   bestimmter    Weise    von    dem    vorhergehenden    unter- 

'  iSiehe  Wundt,  'Vorlesungen  über  die  Menschen-  und  Tierseele. 

'  Siehe  \V.  Wagner.     Die   Psychologie   der   Tiere.     Kap.  IV.     (Russ.) 

'  Ich  habe  nicht  die  Absicht,  alle  verschiedenen  Arten  und  Formen  von  Aggregationen  anzuführen,  indem  es  deren 
zu  viele  sind  und  ihre  Aufzählung  nicht  notwendig  erscheint;  ich  will  hier  nur  einige  wenige  Beispiele  besprechen,  welche 
zur  Illustration  meines  Gedankenganges  dienen  sollen. 

Zoologlca.    Heft  46  29 


—     226     — 

scheide,  so  ist  diese  Abgrenzung  doch  nur  eine  theoretische.  In  Wirklichkeit  besteht  (was  stets 
im  Auge  zu  behalten  ist)  zwischen  allen  Typen  von  Aggregaten  und  Ansammlungen  eine 
außerordentlich  allmähliche  und  successive  Reihe  von  Übergangsformen.  So  findet  sich  auch 
zwischen  den  rein  zufälligen  Ansammlungen,  deren  Ursprung  nach  den  W'ortcn  der  Autoren 
„auf  ausschließlich  äußere"  Ursachen  zurückzuführen  ist,  und  den  zeitweiligen  Aggregaten 
eine  Reihe  von  Übergangsformen,  wobei  einige  derselben  einen  so  wenig  feststehenden 
Charakter  aufweisen,  daß  es  schwer  fällt,  die  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Typen  festzustellen. 

Die  in  langen  Zügen  sich  dahinbewegenden  Mückenlarven  (der  sogenannte  Heer- 
wurm), bilden  solche  wandernde  Ansammlungen,  nach  der  Ansicht  einiger  Naturforscher, 
„zweifellos  auf  Grund  äußerer  Ursachen".  Andererseits  stoßen  wir  bei  den  Raupen  der 
unter  dem  Namen  Prozessionsspinner  bekannten  Schmetterlinge  auf  Erscheinungen,  welche 
nach  Espinas  von  einem  vagen  Schein  von  Absichtlichkeit  Zeugnis  ablegen.  Die  Raupen 
von  Papilio  archelaus  „ordnen  sich,"  nach  den  Angaben  von  Lacordaire,  nach  welchem 
Espinas  diese  Tatsache  mitteilt,  während  ihrer  Wanderungen  dicht  aneinandergedrängt  und 
die  Köpfe  nach  einer  Seite  gerichtet  an;  berührt  man  eine  dieser  Raupen,  so  beginnt  das 
beunruhigte  Insekt  sofort  mit  einer  gewissen  Energie  durch  Bewegungen  des  Schwanz- 
abschnittes zu  reagieren,  und  alle  übrigen  Raupen  wiederholen  in  demselben  Augenblicke 
die  gleichen  Bewegungen."  Dienen  derartige  Bewegungen  schon  dem  einzelnen  Individuum 
als  Mittel  der  Selbstverteidigung  und  um  Feinde  zu  bedrohen,  so  kann  die  gemeinschaft- 
liche Aktion  aller  Individuen  der  Aggregation  dieses  Ziel  gewiß  mit  noch  größerem  Erfolge 
erreichen.  Also  dient  hier  die  zeitweilige  Genossenschaft  einem  deutlich  ausgesprochenen 
Zwecke,  was  uns  zu  der  Behauptung  berechtigt,  daß  einige  zeitweilige  Aggregationen 
wirbelloser  Tiere  als  nützlich  im  Kampfe  um  das  Dasein  von  der  natürlichen  Auslese  fest- 
gelegt worden   sind.' 

Mit  anderen  W'orten,  die  zeitweiligen  Aggregationen  legen  bereits  von  ihrem  ersten 
Auftreten  an  Zeugnis  dafür  ab,  daß  ihrer  Genese  einerseits  jener  innere  Trieb  der  Individuen 
einer  Spezies  zueinander,  welchen  ich  weiter  oben  bei  der  Besprechung  der  Ansammlungen 
erwähnt  habe,  andererseits  aber  das  Prinzip  des  Vorteils  zu   Grunde  liegt. 

Die  Wanderungen  der  Heuschrecken  zeigen  uns  Ansammlungen  von  Tieren  einer 
Spezies,  deren  Zweck  —  nämlich  der  Vorteil,  der  für  die  Individuen  aus  dem  kollektiven 
Aufsuchen  der  Nahrung  erwächst  —  bereits  mit  voller  Deutlichkeit  zu  Tage  tritt.  Be- 
sonders lehrreich  sind  auch,  von  meinem  Gesichtspunkte  aus  betrachtet,  solche  willkür- 
liche Versammlungen  zu  vorübergehenden  und  ganz  bestimmten  Zwecken,  wie  wir  sie  z.  B. 
bei  den  Totengräbern  (Necrophoriis  vesplllo)  antreffen ,  die  sich  zu  Aggregationen  von 
verschiedener  Größe  zusammentun,  wobei  sich  die  Zahl  der  Individuen  nach  der  Größe  des 
zu  verscharrenden   toten   Tieres   richtet. 

Zeitweilige  Aggregationen  treffen  wir  auch  bei  den  Wirbeltieren  an.  Allein  bei  den 
höchsten  Vertretern  dieser  Tiere,   den  \'ögeln   und    Säugetieren,    weisen   die   Aggregationen 

'  Daß  wir  es  hier  nictit  mit  einer  ,, Nachahmung",  mit  einer  ,, Association  gewisser  Empfänglichkeit"  oder  gewissen 
anderen,  auf  Bewußtsein  beruhenden  psychologischen  Akten  zu  tun  haben,  sondern  mit  einem  einfachen  Instinkte,  dessen 
Genese  voll  und  ganz  auf  dem  Anteil  der  Auslese  und  auf  dem  Kampf  um  das  Dasein  beruht  —  dies  geht  aus  der  Tat- 
sache hervor,  daß  die  Raupen  die  der  betreffenden  Spezies  eigentümlichen  Bewegungen  selbst  dann  noch  ausführen,  wenn 
sie  in  den  ersten  Tagen  ihres  Lebens  decapitiert  werden.  (Siehe  \V.  Wagner.  „Die  Frage  der  Zoopsychologie."  (Russ.) 
Ausg.  von  Pantelejev,  St.  Petersburg,  1S96). 


—     227     — 

Züge  auf,  die  im  Leben  der  wirbellosen  Tiere  unbekannt  und  überaus  wichtig  sind.  Es 
gesellen  sich  nämlich  zu  dem,  was  in  derartigen  zeitweiligen  Assoziationen  für  die  höheren 
Wirbeltiere  und  die  Wirbellosen  gemeinschaftlich  ist,  noch  psychische  Elemente,  die  wir  bei 
den  letzteren  gar  nicht  antreffen. 

Bei  den  Totengräbern  ist  die  Arbeit  eine  gleichartige  und  schablonenhafte;  kein 
einziger  der  Käfer  führt  dabei  irgend  eine  Handlung  aus,  die  auf  persönliche  Erfahrung, 
oder  auf  Nachahmung  eines  anderen  Individuums  zurückgeführt  werden  könnte,  indem  die 
wirbellosen  Tiere  weder  zu  dieser  noch  zu  jener  befähigt  sind.  Anders  verhält  es  sich  bei 
den  höheren  Wirbeltieren.  Hier  haben  wir  bei  den  Vögeln  zeitweilige  Assoziation,  zur  Er- 
füllung irgend  einer  bestimmten  Aufgabe,  wobei  die  Glieder  der  Assoziationen  nach  Aus- 
führung ihrer  Aufgabe  wieder  auseinandergehen,  gerade  so,  wie  wir  dies  unter  den  Wirbel- 
losen bei  den  Totengräbern  gesehen  haben.  So  greifen  z.  B.  die  Krähen  gemeinschaftlich 
Hasen  an,  mit  denen  sie  einzeln  nicht  fertig  werden  können  u.  s.  w.  Hierher  gehören  auch 
bei  den  Säugetieren  die  Rudel  der  Wölfe,  wenn  letztere  über  große  und  starke  Tiere  her- 
fallen u.  s.  w.  Aber  indem  die  Wölfe  sich  zu  Rudeln  zusammentun,  oder  die  Krähen  sich 
scharenweise  verbünden,  handeln  sie  durchaus  nicht  bloß  schablonenmäßig,  sondern  sie 
lassen  sich  in  ihrer  Tätigkeit  von  persönhcher  Auffassungsgabe,  Findigkeit,  Erfahrung  und 
gegenseitiger  Beobachtung  leiten.  Und  dieses  Element  persönlicher,  nicht  allgemein 
spezifischer  Fähigkeiten,  das  von  den  höheren  Tieren  in  die  Zahl  der  übrigen  Merkmale 
zeitweiliger  Tieransammlungen  hereingetragen  wird,  ist  für  diese  höheren  Formen  besonders 
charakteristisch. 

Auf  die  zeitweiligen  A  g  g  r  e  g  a  t  i  o  n  e  n  folgen  die  bleibenden  Aggre- 
gationen. Dieser  Typus  wird  zum  Teile  durch  dieselben  Merkmale  gekennzeichnet,  wie 
wir  sie  bei  den  zeitweiligen  Aggregationen  zu  bestimmtem  Zwecke  gesehen  haben,  zum  Teile 
aber  stellt  er  etwas  Neues  dar.  Dabei  erfolgt  der  Übergang  von  den  zeitweiligen  zu  den 
bleibenden  (icsellschaften  ebenso  successive,  wie  der  von  den  zufälligen  Ansammlungen  zu 
den  zeitweiligen  Aggregationen.  Auch  hier  sehen  wir  eine  Reihe  von  Übergangsformen,  die 
uns  allmählich  von  einem  Typus  zum  anderen  leiten.  Auf  der  untersten  Stufe  sammeln  sich 
die  Tiere,  die  Aggregate  bilden,  ohne  jede  Rücksicht  auf  die  Zeitdauer,  und  die  Versamm- 
lungen selbst  werden  nur  durch  zufällige  Umstände  hervorgerufen;  daraufhin  finden  regel- 
mäßige periodische  Versammlungen  statt;  später  nehmen  diese  Perioden  an  Länge  zu  und 
wir  erhalten   auf  diese   Weise  schließlich  bleibende  Aggregate. 

Die  allmähliche  Ausbildung  der  bleibenden  Aggregate  vom  Auftreten  der  periodischen 
Aggregationen  an  bietet  ein  außerordentlich  großes  Interesse,  namentlich  bei  den  höheren 
Wirbeltieren.  Hier  findet  der  von  Wundt  ausgesprochene  Gedanke  über  den  Trieb  der 
Individuen  einer  Spezies  zueinander  auf  Grund  gegenseitiger  Zuneigung,  einige  Be- 
rechtigung. 

Alle  Aggregationen,  gleichviel  wo  dieselben  zur  Beobachtung  kommen,  sei  es  bei 
Wirbeltieren  oder  Wirbellosen,  sind  durch  das  Vorhandensein  eines  Instinktes  charakterisiert, 
den  man  am  treffendsten  als  M  a  ssen  i  ns  t  i  n  k  t  bezeichnet.  Weiter  oben,  als  von  den 
Massenangriffen  der  Hummeln  die  Rede  war,  habe  ich  bereits  davon  gesprochen,  was  ich 
unter  diesem  Instinkte  verstehe;  ich  kann  mich  daher  an  dieser  Stelle  auf  einige  wenige  Be- 
merkungen beschränken. 


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Der  Masseninstinkt  ist  ein  Instinkt,  der  den  Tieren,  welche  sich  zusammengetan 
haben,  die  Möghchkeit  verleiht,  gegenseitige  P2inwirkungen  von  ganz  speziellem  Charakter 
aufeinander  auszuüben,  und  zwar  Einwirkungen,  die  keine  bestimmte  Reaktion  nach  sich 
ziehen,  sondern  nur  eine  allgemeine  Erhöhung  der  Nervenerregung  her\-orrufen,  die  sich 
nach  jeder  beliebigen  Richtung  hin  betätigen  kann.  Dabei  liegt  die  Quelle  der  erwähnten 
Einwirkungen  in  Bewegungen,  z.  B.  dem  Fluge,  welche  die  Individuen  der  Aggregation 
voreinander  ausführen,  in  gegenseitigen  Berührungen  beim  Zusammentreffen,  in  Lärm  (falls 
ein  entsprechend  ausgebildetes  Gehörorgan  vorhanden  ist),  im  Geruch  u.  s.  w.  So  erlangt 
die  Masse  die  Fähigkeit,  auf  die  Individuen,  aus  welchen  sie  besteht,  durch  ihre  numerische 
Stärke  zurückzuwirken ;  sie  übt  einen  Einfluß  auf  die  Arbeitsenergie  der  betreffenden 
Aggregation  aus,  wohin  diese  Energie  auch  gerichtet  sein  mag :  auf  Verteidigung,  Flucht, 
Angriff  oder  eine  andere  Tätigkeit.  Die  Ursachen,  aus  denen  ein  schwaches  Hummelvolk 
alle  seine  Arbeiten  mit  geringerer  Energie  ausführt  als  ein  starkes,  sind  im  Prinzipe  durch- 
aus identisch  mit  denjenigen,  die  die  Angriffsweise  der  solitären  Anthophora  je  nach  ihrer 
Anzahl  lebhafter  oder  matter  werden  lassen,  und  die  den  ,, Angriff"  von  lo — 15  Kiebitzen 
auf  den  Jäger  bedeutend  energischer  gestalten,  als  den  Angriff  von  ein  oder  zwei  Vögeln 
dieser  Art. 

Dem  gleichen  Masseninstinkte  begegnen  wir  übrigens  (in  Gestalt  eines  Überbleibsels 
aus  früheren  Zeiten)  auch  in  der  menschlichen  Gesellschaft :  er  ist  es,  durch  den  jene  Er- 
scheinungen hervorgerufen  werden,  von  welchen  wir  Zeuge  sind,  wenn  wir  ein  ungeduldig 
das  Aufgehen  des  Vorhanges  erwartendes  Theaterpublikum  beobachten,  wie  unmittelbar, 
nachdem  das  erste  einzelne  mahnende  Klatschen  ertönt  ist,  ein  allgemeines  stürmisches 
Händeklatschen  beginnt.  Tarde^  weist  auf  diese  Tatsache  hin  als  ein  Beispiel  der  Offen- 
barung des  „Haufens"  und  erkennt  als  die  Grundlage  dieser  Erscheinung  die  Nachahmung. 
Dies  ist  nicht  ganz  richtig;  der  „Haufe"  als  Faktor,  von  welchem  weiter  unten  die  Rede  sein 
wird,  spielt  hier  nur  zum  Teile  eine  Rolle:  bevor  er  seine  Tätigkeit  mit  derjenigen  Gewalt 
offenbart,  wie  sie  bisweilen  plötzlich  an  den  Tag  tritt,  mußte  das  Publikum  schon  vorher  nervös 
erregt  sein.  Diese  Erregung  selbst  hatte  keinen  bestimmten  Charakter  und  war  bereit,  sich 
in  jeder  beliebigen  Richtung  (als  Bewillkommnung,  Unwillen,  Ungeduld,  Ermunterung  u.s.w.) 
zu  entladen.  Diese  unbestimmte  Erregung  ist  nun  gerade  die  Folge  des  von  den  Vorfahren 
ererbten  Masseninstinktes,  welcher  als  Rudiment  in  der  menschlichen  Gesellschaft  erhalten 
geblieben  ist :  der  „Haufe"  entsteht  auf  einer  durch  den  Masseninstinkt  vorbereiteten  Grund- 
lage. —  Es  braucht  nicht  erst  betont  zu  werden,  daß  in  der  Genese  dieses  menschlichen  In- 
stinktes weder  Sympathie  unter  den  Gliedern  der  Aggregation,  noch  Familienbande  irgend 
eine  Rolle  spielen,  da  dieser  Instinkt  ja  bereits  im  Tierreiche  beobachtet  wird,  bevor 
„Sympathie"  oder  „Familienbande"   sich  konstatieren  lassen. 

Was  die  biologische  Bedeutung  des  Masseninstinktes  betrifft,  so  besteht  dieselbe 
augenscheinlich  darin,  die  Nervenenergie  des  einzelnen  Individuums  durch  die- 
jenige der  übrigen  zur  Aggregation  gehörigen  Individuen  vermittelst  der  oben  erwähnten 
gegenseitigen  Einwirkung  zu  verstärken.  Und  der  hierin  liegende  \^orteil  wird  una  so  be- 
deutender sein,  je  mannigfaltiger  sich  die  Möglichkeit  gestaltet,  die  auf  solche  Weise  er- 
regte Nervenenergie  den  anderen   Individuen  mitzuteilen. 

'  Tarde.     L'opinion  publique  et  la  foule. 


—     229     — 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  daß  wir  erst  bei  den  Vögeln  innerhalb  der  Aggregation 
den  Spuren  einer  Organisation  begegnen.  Die  Papageien  z.  B.  besitzen  Wächter, 
auf  deren  Signal  hin  die  ganze  Schar  sich  entweder  in  aller  Ruhe  der  Plünderung 
hingibt,  oder  aber  schleunigst  davonfliegt.  Diese  Rolle,  welche  durchaus  nicht  den  Charakter 
einer  Anführerschaft  in  sich  trägt,  übernehmen  bei  den  Papageien  augenscheinlich  die 
ältesten  Individuen.  Die  Kraniche  stellen  stets  Wachen  aus,  deren  Aufgabe  darin  besteht, 
für  die  allgemeine  Sicherheit  Sorge  zu  tragen.  Wenn  diese  Vögel  veranlaßt  werden,  einen 
Ort  aus  irgend  welchem  Grunde  zu  verlassen,  so  schicken  sie,  bevor  sie  an  denselben  zu- 
rückkehren, Kundschafter  aus.  —  Dagegen  ist  die  Arbeitsteilung  bei  den  Vögeln  noch  recht 
wenig  ausgesprochen  (Ablösung  der  Vordermänner  beim  Zuge,  Ablösung  der  Wachen);  es 
gibt  bei  ihnen  weder  eine  Leitung,  noch  Anführer,  noch  irgend  eine  andere  Repräsentation 
der  Macht. 

Auf  die  zeitweiligen  und  beständigen  Aggregationen  folgt  das  Zusam- 
menleben in  Herden,  bei  Tieren  die  höchststehende  Form  des  gemeinschaftlichen  Lebens. 
Wir  treffen   sie  ausschließlich  bei  den   Säugetieren  an. 

In  der  Herde  finden  wir  zum  ersten  Male  deutlich  ausgesprochene  Elemente  von  Macht 
und  Leitung:  diese  sind  mit  dem  Vorhandensein  eines  Führers  unvermeidlich  verknüpft,  wäh- 
rend die  Anwesenheit  dieses  letzteren  wiederum  eine  unabänderliche  Bedingung  des  Herden- 
lebens darstellt.  Die  Lebensweise  in  Herden  finden  wir  bei  vielen  Grasfressern.  So  leben  z.  B. 
die  Rinder  in  vielköpfigen,  aus  erwachsenen  Tieren  beiderlei  Geschlechts  sowie  aus  jungen  In- 
dividuen bestehenden  Herden.  Aus  der  Zahl  der  geschlechtsreifen  männlichen  Tiere  gehen  nun 
meistensteils,  auf  dem  Wege  der  erbittertsten  Nebenbuhlerschaft,  die  Führer  hervor,  die 
über  die  Sicherheit  der  Herde  wachen  und  von  den  übrigen,  weniger  starken  Individuen 
begleitet  werden.  Das  Haupt  der  Herde  erfreut  sich  eines  derartigen  Einflusses  auf  deren 
Glieder,  daß  es  seine  Macht  nur  denjenigen  unter  ihnen  fühlbar  macht,  die  ebenfalls  An- 
sprüche auf  die  Führerschaft  erheben  möchten.  Derartige  Fälle  werden  jedoch  gewöhnlich 
sofort  durch   Kampf  entschieden,   worauf  die   ganze   Herde   sicli   dem    Sieger  anschließt. 

Die  Frage  über  die  Genesis  des  Herdeninstinktes  haben  viele  Autoren  zu  lösen  ver- 
sucht. Spencer  war  es,  der  zuerst  seine  Ansicht  hierüber  ausgesprochen  hat.  Seiner 
Meinung  nach   war  der  Entwicklungsweg  des    Herdeninstinktes    der    folgende: 

i)  Die  Individuen  der  Herde  führen  bei  drohender  Gefahr  Handlungen  aus  und  geben 
Laute   von    sich,   die   von   den   übrigen    Individuen  gesehen    und  gehört   werden. 

2)  Durch  die  häufige  Wiederholung  dieser  Erscheinung  wird  eine  Assoziation  zwischen 
der  Art  der  Gefahr  und  einer  bestimmten  Gruppe  von   Lauten  und   Handlungen  hergestellt. 

3)  Die  angeeigneten  Gewohnheiten  werden  erblich  übertragen  und  verwandeln  sich 
in  einen   Instinkt. 

Alle  Glieder   in   dieser   Kette  von   Betrachtungen  bedürfen   der   Korrektur. 

i)  Wenn  die  Individuen  einer  Herde  in  der  von  dem  Autor  angegebenen  Weise 
einander  gegenseitig  nachahmen,  so  lernen  sie  damit  noch  nicht  dem  Führer  nachzuahmen, 
und  ohne   Führer  ist  eine  Herde  undenkbar. 

2)  Es  liegt  keine  einzige  wissenschaftlich  festgestellte  Tatsache  vor,  durch  welche  die 
in  der  klassischen  tierpsychologischen  Literatur  a  priori  angenommene  Doktrin  beglaubigt 
wird,  laut   welcher   Gewohnheiten   in  erbliche    Instinkte  übergehen  können. 


—     230     — 

Andererseits  aber  gibt  es  eine  Menge  von  Tatsachen,  die  zeigen,  daß  erworbene  An- 
gewohnheiten ebensowenig  durch  \'ererbung  übertragen  werden,  wie  die  erworbenen  INIerk- 
male    im   Gebiete  der  Morphologie. 

Mit  wissenschafthcher  Begründung  wurde  die  Frage  über  die  Genesis  und  Evolution 
der  Herdeninstinkte  zum  ersten  Male  von  Galton  behandelt,  der  interessante  und  gründ- 
liche Untersuchungen  über  das  Leben  des  Damar-Rindcs  in  Südafrika  anstellte.  Sein  wich- 
tigstes Resultat  besteht  darin,  daß  er  im  Leben  dieser  Herdentiere  zum  ersten  Male  zwischen 
Herden  in  stinkten    im    eigentlichen    Sinne   und  sozialen    Instinkten   unterscheidet. 

Durch  die  Her  den  Instinkte  werden  die  Tiere  ausschließlich  zum  Zwecke  der 
Selbsterhaltung  —  Verteidigung  und  Angriff  —  zu  einer  Gruppe  verbunden,  und  zwar 
stets  unter  der  Leitung  eines  Führers,  indem  sie  seinen  Handlungen  nachahmen  oder  seinen 
durch  Bewegungen  oder  die  Stimme  erteilten  Anweisungen  Folge  leisten.  Die  sozialen 
Instinkte  dagegen  stehen  nicht  in  direkter  Beziehung  zur  Selbsterhaltung  und  entstehen 
durch  Nachahmen  der  Individuen  untereinander    nicht  aber  dem  Führer). 

Der  Zweck  des  Herdenlebens  besteht  darin,  ein  Maximum  von  Gefahrlosigkeit  unter 
Anwendung  eines  Minimum  \on  Wachsamkeit  zu   erzielen. 

Zu  dem,  was  über  das  Herdenleben  gesagt  worden  ist,  bleibt  noch  hinzuzufügen,  daß 
wir  der  höchsten  Form  der  sozialen  Instinkte  bei  den  Affen  begegnen,  wie  dies  auch  zu 
erwarten  war.  Prof.  J.  J.  Metschnikoff  schreibt  in  seinem  interessanten  Werke  „Studien 
über  die   Natur  des  Menschen"  unter  anderem  folgendes : 

„Wir  sind  nur  ungenügend  über  das  gesellige  Leben  der  menschenähnlichen  Affen 
unterrichtet,  jedoch  nach  allem,  was  uns  bekannt  ist,  weist  dieses  Leben  nur  die  allerersten 
Anzeichen  einer  Geselligkeit  auf.  Der  Mensch  ist  in  dieser  Hinsicht  natürlich  viel  weiter 
fortgeschritten.  Selbst  die  unter  allen  jetzt  lebenden  \'ölkerschaften  am  tiefsten  stehenden 
und  primitivsten  Rassen,  wie  z.  B.  die  Buschmänner  und  die  Eingeborenen  Australiens,  legen 
einen  scharf  ausgesprochenen   sozialen   Instinkt  an  den  Tag." 

Mit  alledem  wird  man  sich  natürlich  ein\erstanden  erklären  müssen:  die  Ge- 
selligkeit der  Affen  repräsentiert  selbst  im  \'ergleichc  mit  den  allerprimitivsten  \'ölker- 
stämmen  etwas  sehr  Primitives.  Allein  dies  hindert  sie  nicht,  zu  gleicher  Zeit  für  das  Tier- 
reich die  höchste  Form  darzustellen.  Der  LTnterschied  zwischen  einer  Affengesellschaft  und 
dem  Herdenleben  von  Gruppen  anderer  Tiere  liegt  erstens  in  der  gegenseitigen  Hilfe- 
leistung, wie  sie  von  den  Gliedern  einander  erwiesen  wird,  oder  der  zwischen  ihnen  herr- 
schenden Solidarität,  und  zweitens  in  der  Subordination  oder  der  Unterwerfung  aller,  sogar 
der  Männchen,  unter  den  Willen  eines  Oberhauptes,  welches  mit  der  Wahrung  der  gesell- 
schaftlichen Sicherheit  betraut   ist. 

„Die  gesellschaftliche  Solidarität  offenbart  sich  hier  nicht  nur  in  gemeinschaft- 
lichen Arbeiten,  sondern  auch  in  der  unmittelbaren  L'nterstützung,  die  von  jedem 
einzelnen  Mitglied  der  betreffenden  Schar  allen  seinen  Kameraden  geleistet  wird.  So 
säubern  sich  die  Affen  gegenseitig  von  Parasiten  und  Insekten ;  sie  entfernen  sich  nach 
Wanderungen  durch  Gestrüpp  gegenseitig  die  in  das  Fell  und  das  Fleisch  eingedrungenen 
Dornen  und  Stacheln;  sie  bilden  Ketten,  um  von  einem  Baume  auf  einen  anderen  zu  ge- 
langen ;  sie  versammeln  sich  und  heben  oder  verschieben  mit  gemeinschaftlichen  Kräften 
einen  allzu  schweren  Stein  und  endlich  behüten  und  verteidigen  alle  erwachsenen  Mitglieder 


—     231     — 

ihrer  Gesellschaften  m  gleicher  Weise  die  Jungen,  deren  Erziehung  sehr  lange  dauert. 
Erkrankt  eines  der  in  der  Gefangenschaft  gehaltenen  Löwenäffchen,  so  eilen  alle  seine  Ge- 
nossen zu  ihm  und  bemühen  sich,  seine   Leiden    auf    irgend    welche    Weise    zu    erleichtern. 

Die  Subordination  tritt  in  einer  ganzen  Reihe  von  Erscheinungen  zu  Tage,  angefangen 
von  dem  Nachahmen  von  Bewegungen  bis  zur  Weitergabe  von  Wünschen  durch  Zeichen : 
diese  Subordination  wird  von  dem  Führer  verlangt,  der  gleichzeitig  die  Herde  regiert  und 
anführt." 

Was  lehrt  uns  nun  die  Stufenfolge,  die  bei  der  E  n  t  w  i  c  k  e  1  u  n  g  der 
tierischen    Geselligkeit    durchlaufen   worden   ist? 

Vor  allem  erfahren  wir  durch  sie,  daß  der  ausschließlich  durch  die  natürliche  Aus- 
lese im  Kampfe  ums  Dasein,  wie  überhaupt  alle  Instinkte,  entstehende  Gruppeninstinkt 
schon  aus  diesem  einen  Grunde  einen  für  das  Leben  der  Spezies  nützlichen  Instinkt  dar- 
stellen muß ,  was  denn  auch  in  der  Tat  der  Fall  ist.'  Das  lehrt  uns  die  Biologie.  Es 
versteht  sich  von  selbst,  daß  wenn  das  Zusammenleben  im  Kampfe  ums  Dasein  eine  Waffe 
darstellt,  diese  Waffe  um  so  sicherer  den  Zweck  erreichen  hilft,  je  vollkommener  sie 
ist;  je  höher  entwickelt  und  je  vollkommener  sich  die  Form  des  gemeinschaftlichen  Lebens 
demnach  darbietet,  desto  größer  ist  der  Nutzen,  den  sie  der  betreffenden  Spezies  bringt. 
Hierdurch  wird  es  verständlich,  warum  die  Evolution  der  Geselligkeit  in  direktem  und  un- 
auflösbarem Zusammenhange  steht  mit  der  Entwicklung  des  Nervensystems,  d.  h.  mit  der 
Evolution  des  Tierreiches  selbst.  Infolgedessen  erblicken  wir  bei  den  Säugetieren  auch  die 
höchste  Form  der  Geselligkeit.  Bei  den  Affen  finden  wir  gleichzeitig  mit  der  höchsten 
Form  des   Herdenlebens  auch  den  höchsten   Grad   geistiger   Fähigkeiten   entwickelt. 

Mit  anderen  Worten:  die  Tatsachen  beweisen  uns,  daß  die  Evolution  der  Ge- 
selligkeit, wie  dies  auch  zu  erwarten  war,  bei  den  Tieren  mit  der  Entwick- 
lung ihrer  psychischen  Fähigkeiten  gleichen  Schritt  hält  und  ebenso  unmerk- 
lich und  allmählich  von  einer  Stufe  zur  anderen  emporsteigt,  wie  dies  auch  bei  der  Evo- 
lution des  Tierreiches  selbst  der  Fall  ist. 


Mit  den  Betrachtungen  über  die  Genese  und  die  Evolution  der  Geselligkeit  im  Tier- 
reiche ist  die  Aufgabe,  die  ich  mir  bei  der  vorliegenden  Abhandlung  gestellt  habe,  erfüllt. 
Die  Biologie  der  Hummeln  hat  uns  die  wahre  Natur  der  Erscheinung  kennen  gelehrt,  die 
als  das  „Zusammenleben"  der  geselligen  Insekten  bezeichnet  wird,  und  uns  gezeigt,  daß 
dieses  ,, Zusammenleben"  nichts  anderes  darstellt,  als  eine  Symbiose,  die  den  deutlich  aus- 
gesprochenen Charakter  des  Parasitismus  in  sich  trägt,  —  d.  h.  ein  Phänomen,  das  zu  einer 
ganz  anderen  Kategorie  biologischer  Organisationen  gehört,  als  die  wahre  Geselligkeit. 
Hierdurch  wurden  wir  in  den  Stand  gesetzt,  den  Entwicklungsgang  dieser  letzteren  Er- 
scheinung zu  verfolgen,  indem  die  Hindernisse,  die  den  Forschern  früher  durch  die  be- 
rühmten ,, Staaten  der  Hymenopteren"  in  den  Weg  gelegt  wurden,  beseitigt  worden  sind. 
So  hat  uns  unsere   Betrachtung  von  dem  kosmischen    Prozesse,    der    dem    Triebe    der    ein- 


'  Bezüglich   der  Entstehung   und   der  Entwicklung   der   Instinlite   ausschließlich   auf  dem  Wege   der   natürlichen 
Auslese,  vergl.  meine  Arbeit:  „Die  Frage  der  Zoopsychologie." 


—     232     — 

fachsten   Organismen,   sich   einander   anzuschließen,    zu    Grunde    liegt,    bis    zu    dem    sozialen 
Instinkte  der   Herde   ununterbrochen  emporgeführt. 

Der  soziale  Instinkt  der  Tiere  spielt  auf  jeder  beliebigen  Stufe  der  Entwicklung  eine 
untergeordnete  Rolle  gegenüber  dem  Herdeninstinkte.  Erst  in  der  menschlichen  Gesellschaft 
nehmen  die  sozialen  Instinkte  nicht  nur  den  Kampf  mit  den  Herdeninstinkten  auf,  sondern 
behalten  dabei  bisweilen  auch  die  Oberhand. 

Das  beigefügte  Schema  (Fig.  136)  gibt  uns  ein  klares  Bild  von  der  Evolution  der 
Geselligkeit,  wie  sie  aus  den  tatsächlichen  Angaben  der  vorliegenden  Untersuchung  hervor- 
geht, wobei  auch  die  letzte  Entwicklungsstufe  —  die  Stufe  der  Geselligkeit  mit  dem 
derselben  zu   Grunde   liegenden   sozialen   Instinkte,  mit   einbegriffen  worden  ist. 


TV 
O 


Fig.   1^6. 


Dieses  Schema  weist  außerdem  auch  noch  auf  die  gegenseitigen  Beziehungen  hin, 
welche  zwischen  den  von  der  menschlichen  Gesellschaft  aus  alter  Vorzeit  ererbten  Instinkten 
bestehen,  sowie  auf  deren  genetischen  Zusammenhang  und  die  Bedeutung,  die  ihnen  in  den 
verschiedenen  Epochen  der  Evolution  zukam.  A,  f,  b,  c,  d,  e  —  zeigt  uns  den  Gang  und 
den  Zustand  der  Entwicklung  jener  Kraft,  die  ich  das  kosmische  Prinzip,  in  dem 
Prozesse  der  A'^ereinigung  von  Individuen  einer  Spezies  genannt  habe.  Aus  dieser  primären 
Gewalt  entspringt  ein  Faktor  \on  bereits  psychologischer  Natur  —  der  Massen  Instinkt 
(B,  g,  h,  i,  j);  der  Ausgangspunkt  B  dieses  Faktors  ist  in  der  ersten  Vertikalreihe  (I)  an- 
gegeben; seine  höchste  Entwicklung,  in  der  zweiten  Reihe  (II)  ist  gleichzeitig  charakteristisch 
für    diese    Stufe    in    der    Evolution    der    Geselligkeit ;    mit    dem    Übergange    auf    die    dritte 


—     233     — 

Stufe  (III)  beginnt  die   Bedeutung  des   Masseninstinktes    abzunehmen    (h)   und   geht   in   die 
vierte  und  letzte  Stufe  (IV)  in  seiner  Rolle  bereits  bedeutend  schwächer  geworden  über. 

Auf  der  Grundlage  des  Masseninstinktes  entwickelt  sich  in  k  der  Herdeninstinkt, 
dessen  Verlauf  durch  die  Buchstaben  k,  1,  m,  p  bezeichnet  ist.  Durch  diesen  Instinkt  wird  die 
dritte  Stufe  der  Geselligkeit  charakterisiert,  auf  welcher  derselbe  auch  seine  höchste  Ent- 
wicklung im  Tierreiche  erreicht.  In  dem  Punkte  m  geht  er  auf  die  vierte  Stufe  über  — 
die  menschliche  Gesellschaft  — ,  in  der  er  fortfährt,  eine  außerordentlich  große  Rolle  zu 
spielen,  nämlich  als  ein  zur  Massenbildung  führender  Instinkt,  insofern  die  Menge  (der 
Haufen)  als  ein  Produkt  des   Herdenprinzipes  erscheint. 

Auf  derselben  dritten  Entwicklungsstufe  der  Geselligkeit,  und  zwar  im  Punkte  r,  ent- 
steht aus  dem  Herdenleben  der  Tiere  ein  neuer  Instinkt,  von  welchem  schon  weiter  oben 
die  Rede  war  —  der  soziale  Instinkt.  In  dem  Punkte  s  geht  dieser  Instinkt  in  die 
nächstfolgende  vierte  Stufe  über,  wo  er  auf  der  Bahn  seiner  Entfaltung  in  sehr  vielen 
Punkten  mit  dem  Herdeninstinkte  zusammentrifft.  Das  Viereck  m,  n,  o,  s  unseres  Schemas 
bezeichnet  das  Gebiet  dieses  Zusammentreffens  der  Herden-  und  der  sozialen  Instinkte;  es 
ist  ein  Gebiet,  dessen  Zergliederung  und  Auseinanderhaltung  in  der  menschlichen  Gesell- 
schaft große  Aufmerksamkeit  und  die  für  die  Lösung  dieser  Aufgabe  notwendigen  Grund- 
lagen erfordert.  Jenseits  dieses  gemeinsamen  Feldes  haben  wir  einerseits  das  Gebiet  der 
ausgesprochenen  und  stark  differenzierten  sozialen  Instinkte  mqn,  andererseits  dasjenige  der 
ebenfalls  deutlich  ausgesprochenen  und  differenzierten   Herdeninstinkte   der   Menge   s  o  p. 

Die  Gesellschaft  stellt  demnach  auf  der  höchsten  Stufe  ihrer  Entwicklung,  d.  h.  in 
der  Gestalt,  wie  wir  sie  bei  dem  Menschen  antreffen,  eine  äußerst  komplizierte  Vereinigung 
der  diese  Gesellschaft  zusammensetzenden  Individuen  zu  einem  Ganzen  dar.  Dieser  Ver- 
einigung liegt  eine  Gruppe  von  Instinkten  zu  Grunde,  die  die  Menschheit  aus  der  fern- 
liegenden Vergangenheit  ererbt  hat:  der  Masseninstinkt  und  Herdeninstinkt,  die  auf  den 
vorhergehenden  Stufen  der  Entwickelung  die  vorwiegenden  Instinkte  waren,  und  der  soziale 
Instinkt,  der  sich  in  der  Menschheit  die  führende   Stelle   erobert. 

Ausführlich  über  die  gegenseitigen  Beziehungen  dieser  Instinkte  zueinander  und  über 
ihre  Bedeutung  für  die  menschliche  Gesellschaft  zu  sprechen  ist  hier  nicht  der  Ort ;  sie 
sollen  in  einem  demnächst  im  Drucke  erscheinenden  Kursus  von  Vorlesungen  über  die  Bio- 
logie der  Sozialwissenschaften  näher  betrachtet  werden. 


ZooIogicB.    Heft  46.  30 


Erklärung  zu  Tafel  I. 


Fig.  I.  Verschiedenheit  in  der  Färbung  des  Abdomens  bei  Arbeiterinnen  von  Bombus  lapidarius,  — ziegel- 
rot bis  rein  weiß. 

Fig.  2,  3,  4.  Honigtöpfe :  große  Wachszellen,  welche  durch  überwinterte  Weibchen  angefertigt  werden ; 
bisweilen  sind  dieselben  durch  besondere  Verfestigungen  miteinander  verbunden    (Fig.   36). 

F'o-  5-  pi  ~  Eierzelle  von  Bombus  terrestris;  ce — Wachs,  aus  welchem  dieselbe  gebildet  wird;  ov  —  Eier; 
po  —  Nährmaterial ;  coc  —  Kokon,  auf  welchem  die  Eierzelle  angebracht  ist. 

Fig.  6.  Wabe,  auf  deren  Kokons  (coc)  zwei  Eierzellen  (pi)  angefertigt  wurden,  von  denen  die  eine  bereits 
zu  einer  kleinen  Larvenzelle  (lar)  geworden  ist. 

Fig.    7.    Kokons  (coc),  auf  welchen  Eierzellen  (pi)  und  eine  Larvenzelle  (lar)  angebracht  sind. 

Fig.     8.     Eierzellen  im  Durchschnitt;     Bezeichnungen  wie  in  Fig.   5. 

Fig.  9.  (A  u.  B.)  Drei  Eierzellen,  welche  derart  nebeneinander  aufgeführt  wurden,  daß  ihre  Höhlungen 
miteinander  in  Verbindung  stehen. 

Fig.  10,  II,  12,  13,  14.  Larvenzelle  in  verschiedenen  Stadien  der  Entwicklung;  auf  dem  letzten  Stadium 
(Fig.  14)  haben  die  Larven  sich  verpuppt,  ihre  Kokons  (coc)  beginnen  über  die  ganze  Masse 
hervorzutreten,   wobei  die  Arbeiterinnen  dieselben  vom  Wachse  reinigen. 

Fig.  15.  Zwei  Larvenzellen,  A  u.  B,  beide  in  natürlicher  Größe.  A  —  nicht  geöffnet,  B  —  geöffnet  und 
von  der  sie  bedeckenden  Wachshülle  befreit,  sodaß  die  in  einer  weißlichen  Flüssigkeit  (m  b) 
schwimmenden  Larven  (lar)  zu  sehen  sind. 

Fig.  16.  Isolierte  Wabe  von  Bombus  lapidarius;  vr  —  Becher,  aus  welchem  die  erste  Hummel  ausgekrochen 
ist ;  coc  —  Kokons,  in  welchen  Larven  enthalten  waren ;  coc.  1  —  etwas  beschädigter  Kokon,  in 
welchem  eine  Larve  zu  sehen  war ;  cel,  u.  cel,  —  Wachszellen ;  x  —  die  Stelle,  wohin  ich  das 
versuchsweise  von  dem  instandgesetzten  Kokon  (coc.  1)  hinweggenommene  Wachs  hingelegt  hatte. 

Fig.  17.  Kokons  (coc);  auf  dem  einen  derselben  sind  zwei  Eierzellen  (pi)  und  zwei  Wachszellen  (cel,  u.  cel,) 
angefertigt  worden. 

Fig.  18.  Wabe,  bestehend  aus  einer  geringen  Anzahl  von  Kokons  (coc);  auf  dem  einen  dieser  letzteren 
sind  eine  Eierzelle  (pi)  und   zwei  bedeutend    vorgeschrittene  Larvenzellen  (lar,  u.  lar,)  angebracht. 

Fig.  19.  Wachsdach  (c.ce)  eines  Nestes  von  Bombus  lapidarius,  über  einer  aus  fünf  einzelnen  Teilen  (ga,, 
g^i)  gSai  ga^»  g35>  von  welchen  letztere  sich  unter  dem  Dache  c.ce  befindet)  bestehenden  Waben- 
masse aufgeführt. 

Fig.  20.    A  —  Halbzelle,  bestehend  aus  dem  Becherchen  vr  und  einem  Wachsaufbau  c.  ce. 

B  u.  C  —  Halbzellen  mit  unvollkommenem  Wachsaufbau    (B  —  im  Schnitt,  C  —  in  tote). 

Fig.  21.    Aus  4  Etagen  et,,  et^,  et,,  et,  bestehende  Wabenmasse;    coc  —  Kokons;  vr  —  Becherchen. 

Fig.  22.    Zwei  Etagen  von  Waben:  et,  u.  et^ ;    erstere  besteht  aus  einer,  letztere  aus  zwei  Wabeh. 


Inhalt. 

Seite 

Einleitung I— HI 

Einige  allgemeine  Bemerkungen  über  diejenigen  Arten  von  Hummeln,  an  welchen 

die  vorliegenden  Untersuchungen  angestellt  wurden 1  —  5 

Erster  Teil. 
Die  solitären  Instinkte  der  Hummeln. 

Kapitel   I.     Das  Überwintern  der  Hummeln. 

Warum  überwintern  die  Weibchen"  nicht  in  ihren  Nestern?  Das  Aufsuchen  eines  Ortes  für 
die  Überwinterung  durch  die  Arbeiterinnen  und  die  großen  Weibchen.  Einrichtung  der 
Höhle.     Fälle  von   gemeinsamem  Überwintern   mehrerer  Weibchen   von  Boinbus    lapidarius        6 — 12 

Kapitel  II.     Der  Bau  des  Nestes. 

A.  Die  Wahl  des  Platzes  für  den  Nestbau.  Die  spezifischen  Unterschiede  in  der 
Wahl  eines  Platzes  für  den  Bau  des  Nestes.  —  Die  Station  und  ihre  Grenzen  stimmen 
bei  den  verschiedenen  Arten  mit  den  Grenzen  der  Tracht  überein.  —  Hummeln  und 
Mäuse.  „Ungewöhnliche"  Fundorte  für  Hummelnester.  —  Die  Psychologie  der  „Auswahl" 
eines  Platzes  für  die  Anlegung  des  Nestes. 

B.  Das  Baumaterial  der  Hummelnester.  Das  Material,  welches  aus  verschiedenen 
Gegenständen  pflanzlichen  (und  bisweilen  auch  tierischen)  Ursprunges  besteht,  und  das 
Material,  welches  von  den  Hummeln  selber  ausgeschieden  wird.  Das  an  Ort  und  Stelle 
„vorgefundene"  und  das  ,, herzugetragene"  Material.  Die  „Wahl"  des  Materiales  für  ober- 
irdische Nester  und  saine  biologische  Bedeutung.  „Verbesserungen"  und  , .Fortschritt" 
in  der  Auswahl  des  Materiales  nach  der  Ansicht  der  Autoren. 

Abweichungen  in  der  Wahl  des  Materiales  in  der  direkten  Bedeutung  dieses  Wortes. 
Die  Psychologie  der  mit  der  Wahl  des  Materiales  im  Zusammenhange  stehenden  Tätigkeit 
der  Hummeln. 

C.  Die   Architektur    des    Nestes. 

1.  Die    Architektur   des   äußeren  Nestes. 

a)  bei    den    oberirdischen    Hummeln: 

Die  allgemeine  Gestalt  des  Nestes ;  seine  Größe.  Einrichtung  des  Nestes  und  die 
Teile  desselben.  Die  Rolle  des  Lichtes  bei  dem  Baue  des  Nestes;  die  Analogie 
zwischen  dieser  Rolle  und  derjenigen,  welche  das  Licht  beim  Nestbau  der  Spinnen 
spielt.     Die  Psychologie  der  Tätigkeit  der  Hummeln  bei  der  Anlage  des  Nestes. 

b)  Bei   den    unterirdischen    Hummeln: 

Die  Teile  des  Nestes  und  deren  Entstehung.     Die  Tiefe  des  Nestes. 


236 


Seite 


2.  Die  Architektur   des   inneren   Nestes. 

Die  vegetabilische  Schicht  dieses  Nestes  und  ihre  biologische  Rolle.  Das  Schwanken 
in  diesem  Teile  der  Architektur  der  Bauten.  Die  aus  Wachs  bestehenden  Teile  des 
Baues,  welche  bei  der  Anlage  des  Nestes  von  dem  Weibchen  verfertigt  werden.  Das 
Flugloch.     Die  Abweichung  des  Instinktes  in  der  Architektur  des  Nestes    ....       13 — 38 

Kapitel  III.     Die  Psychologie  der  Tracht.  (Die  Nahrung  und  ihre  Gewinnung). 

Wonach  richten  sich  die  Hummeln  bei  dem  Besuchen  von  Blüten  behufs  Nahrungsgewinnung.' 
Angaben  in  der  Literatur.  Meine  Untersuchungen.  Die  Rolle  der  Sehorgane  bei  dem 
Aufsuchen  der  Blüten  behufs  Einsammeln  von  Nahrung.  Die  Entfernung,  auf  welche  hin 
die  Hummeln  befähigt  sind,  Blüten  von  bestimmter  Farbe  zu  unterscheiden.  Die  Rolle  der 
Geruchsorgane.  Die  Psychologie  der  Tätigkeit  der  Hummeln  bei  der  Gewinnung  von  Nah- 
rung überhaupt  und  speziell  bei  dem  Durchnagen  der  Blumenkrone  einiger  Blüten  behufs 
Abkürzung  der  Arbeit 38 — 51 

Kapitel   IV.     Die  Psychologie  des  Ausfluges   der  Hummeln    aus  dem  Neste  und 
ihre  Rückkehr  in  dasselbe. 

Angaben  in  der  Literatur :   G.  W.  u.  El.  Peckham ;  P.  Marchai;  E.  Marchand;  Bouvier; 
Fabre;    Bethe. 
Meine  Untersuchungen  : 

A.  Beobachtungen  über  das  Zurückkehren  in  das  Nest  vermittelst  Laufens. 

B.  Beobachtungen  über  den  Abflug  vom  Neste  und  den  Rückflug  zu  demselben. 

a)  Beobachtungen  im  Zwinger.  Die  Wege  des  Ab-  und  Heimfluges  prägen  sich 
dem  Gedächtnisse  der  Hummeln  in  verschiedener  Weise  ein  und  werden  unabhängig 
von  einander  im  Gedächtnisse  behalten. 

b)  Beobachtungen  über  den  Abflug  der  Hummeln  und  deren  Zurückkehren 
in  das  Nest  in  der  Freiheit.  Die  Hummeln  prägen  sich  die  Anordnung  der  Gegen- 
stände in  der  Form  ein,  wie  sie  ihnen  bei  der  Rückkehr  erscheinen  wird, 
nicht  aber  so,   wie  sie  sich  bei  dem  Abfluge  aus  dem  Neste  darstellt. 

Die  Kategorien  von  Tatsachen,  welche  die  Richtigkeit  dieser  Schlußfolgerung  fest- 
stellen. Die  Tatsachen  einer  dieser  Kategorien  beweisen  überdies,  daß  die  Hummeln 
die  Wege  des  Abfluges  unabhängig  von  denen  der  Rückkehr  im  Ge- 
dächtnis behalten,  daß  beide  Wege  keinerlei  Beziehungen  zu  einander  haben,  und 
daß  dieselben  zwei  selbständige  psychische  Akte  darstellen. 

Die  Mittel  zur  Einprägung  der  leitenden  Punkte  bei  dem  Abfluge  behufs  Ermöglichung 
der  Rückkehr  in  das  Nest.  Die  Sphäre  des  Sehens  und  die  Sphäre  des  Unterscheidens 
der  Gegenstände  (nach  Farbe  und  Gestalt).  Der  Richtungssinn  im  Prozesse  des  Ab- 
fluges der  Hummeln  und  ihrer  Rückkehr  in  das  Nest  von  dem  Fundorte  der  Tracht. 
Allgemeine  Charakteristik  dieses  Prozesses  nach  dessen  grundlegenden  Momenten  auf 
der  gesamten  Strecke  des  Weges  und  die  biologische  Bedeutung  dieser  Momente  des 
Prozesses. 

c)  Psychologie  des  Abfluges  und  der  Rückkehr  der  Hummeln   auf  Grund  des  dargelegten 

Materiales 5' — 7^ 


—     237     — 

Seite 

Zweiter  Teil. 

Die  „sozialen"  Instinkte  der  Hummeln. 

(Die  Elemente  ihres   „Familien"'-  und  , geselligen  Lebens".) 

Kapitel   I.    Die  mit  der  Eiablage  durch  das  Weibchen  in  Verbindung  stehenden 
Erscheinungen  der  „Geselligkeit"  bei  der  Hummel-„Familie". 

Über  einige  Eigentümlichkeiten,  welche  mit  der  Ablage  der  Eier  durch  das  Hummelweibchen 

nach  den  Beschreibungen  der  Autoren  verbunden  sind. 
Versehen  die  Weibchen  die  von  ihnen  in  die  Eierzellen  abgelegten  Eier  mit  Nährmaterial  ?  .       79—92 

Kapitel  IL     Die  Pflege  der  Brut  durch  die  Mitglieder  der  Hummel-„Familie". 

A.  Das  Bebrüten   der   Larvenzellen    und  Kokons. 

B.  Die  Beaufsichtigung  der  Behausungen  der  Larven  durch  die  Hummel- 
arbeiterinnen. 

C.  Das  Füttern   der  Brut. 

Die  gesamte  mit  dieser  Pflege  (dem  Bebrüten,  der  Beaufsichtigung  der  Behausungen  der 
Larven,  dem  Füttern)  verbundene  Tätigkeit  der  Hummeln  ist  eine  instinktive,  d.  h.  sie 
ist  weder  von  Anweisungen  noch  von  Erfahrungen  abhängig. 

Der  Charakter  der  psychischen  Tätigkeit  der  Hummeln,  insofern  er  durch  Tatsachen, 
welche  mit  der  Vernichtung  der  Eier  und  Larven  durch  die  Arbeiterinnen  im  Zusammen- 
hange stehen,    bestimmt  wird 93 — 116 

Kapitel   III.     Die  Psychologie    der  Gefühle,   welche   die  Glieder  einer  Hummel- 
„Familie"  einander  gegenüber  an  den  Tag  legen. 

Die    Drohnenschlacht 116— 121 

Kapitel   IV.     Über  die  Einrichtung  der  Waben  und  die  damit  zusammenhängende 
Tätigkeit  der  Hummeln. 

1.  Der  Bau  der  Wabenstücke  im  Zusammenhange  mit  den  Veränderungen  bei  den  die- 
selben zusammensetzenden  Kokons  (eine  Arbeit ,  welche  zum  Teil  von  den  Hummeln, 
größtenteils  aber  von  den  Larven  geleistet  wird). 

2.  Der  Bauplan  und  die  Entwicklung  der  Wabenmassen,  in  Abhängigkeit  von 
der  Anordnung  der  dieselben  zusammensetzenden  Wabenstücke  (Arbeit  der  Weibchen  und 
der  Arbeiterinnen). 

Die  Tätigkeit  der  Hummeln,  welche  als  die  Instandhaltung  des  Nestes  bei 
etwaigen    Beschädigungen    bezeichnet    wird. 

Die  Art  und  Weise,  wie  eine  Bauarbeit  ausgeführt  wird,  ist  bei  Individuen  einer  Art 
die  gleiche,  bei  verschiedenen  Arten  dagegen  eine  verschiedene. 

Über  die  gegenseitige  Hilfeleistung  bei  den  gesellig  lebenden  Insekten, 
welche  nach  der  Ansicht  vieler  Autoren  eines  der  wichtigsten  Merkmale  für  die  Unter- 
scheidung der  „sozialen"  Insekten  von  den  solitären  darstellt  und  erstere  mit  den  Gesell- 
schaften des  Menschen  in  nähere  Beziehung  bringt 121      144 


—     238     — 

Seite 
Kapitel  V.    Über  den  „gemeinsamen"  Angriff  und  die  „gemeinsame"  Verteidi- 
gung der  „Familie"  in  der  Gefahr. 

Massenbewegung. 

Die  Massenbewegungen  der  Hummeln  (und  anderer  „sozialer"  Insekten)  stellen  eine  Er- 
scheinung dar,  welche  ihrer  psychologischen  und  biologischen  Bedeutung  nach  vollständig 
identisch  ist  mit  den  Massenbewegungen  der  einsam  lebenden  Insekten 144 — 152 

Kapitel  VI.  Über  die  „gemeinsame"  Tätigkeit  der  Hummel-„Familie"  bei  deren 
Übersiedelung  von  einem  Orte  nach  einem  anderen. 

A.  Die  Übersiedelung  ohne  Königin. 

B.  Die  Übersiedelung  mit  der  Königin 152 — 158 

Kapitel  VII.    Über  die  „Sprache"  der  „sozialen"  Insekten. 

1.  Die    „Sprache"    des    Geruchsinnes 

a)  Die  Mitteilung  über  den  Platz,  wo  das  neue  Nest  bei  der  Übersiedelung  eingerichtet 
werden  soll. 

b)  Über  das  Erkennen  der  Nestgenossen  und  fremder  Individuen. 

2.  Die  ,, Sprache"  des  Gef  üh  Is  sinnes 158 — 181 

Kapitel  VIII.  Veränderung  in  den  sozialen  Instinkten  während  der  Periode  des 
Zugrundegehens  des  Hummelvolkes  mit  Eintritt  der  Wintermonate 
sowie  unter  der  Einwirkung  der  Gefangenschaft 181  — 191 

Dritter  Teil. 

Allgemeine  Ergebnisse  und  Schlußfolgerungen. 

Kapitel  I.  Die  Geselligkeit  der  Insekten  und  die  Geselligkeit  der  höher  stehen- 
den Tiere  in  der  einschlägigen  Literatur 192  —  194 

Kapitel  II.  Die  psychischen  Fähigkeiten  der  sogenannten  sozialen  Insekten, 
w^elche  den  psychischen  Fähigkeiten  der  einzeln  lebenden  Hyme- 
nopteren  als  hochentw^ickelt  gegenübergestellt  w^erden,  stehen  in 
Wirklichkeit  nicht  höher,  ja  vielleicht  niedriger  als  diese  letzteren. 

A.  Das  Überwintern    der  einsam  lebenden  Hymenopteren. 

B.  Die  Anlage  eines  Nestes   durch  das  Weibchen    zur  Aufzucht  der  Nachkommen- 
schaft bei  den  ,, sozialen"  und  ,,solitären"  Insekten. 

C.  Die    Instinkte,     die     mit     der    Beschaffung     von    Nahrung     für     die    Nach- 
kommenschaft  im  Zusammenhange    stehen. 

D.  Die  Instinkte,    welche  auf    die  Verteidigung    der  Nachkommenschaft    und 
auf   die   Sicherstellung    ihrer    Entwicklung    gerichtet    sind,    bei    den    gesellig 

und  bei  den  einsam  lebenden  Insekten 195—202 

Kapitel  III.  Das  Zusammenleben  der  sogenannten  „sozialen  Insekten"  reprä- 
sentiert w^eder  eine  Familie,  noch  eine  Herde,  noch  eine  Gesell- 
schaft, noch  w^eniger  endlich  ein  Staatswesen 202  —  207 


—     239     — 

Seite 
Kapitel  IV.    Das  Studium   der  verschiedenen  Formen  biologischer  Organisation 
im  Tierreiche  führt  zu   der  Überzeugung,    daß  zwischen  dem   Zu- 
sammenleben der  sogenannten  „sozialen  Insekten"  und  der  wahren 
Geselligkeit  keinerlei  Zusammenhang  besteht 207—212 

Kapitel  V.  Das  Zusammenleben  der  „sozialen  Insekten"  repräsentiert  eine  spe- 
zielle Form  der  Symbiose  mit  dem  Charakter  eines  deutlich  aus- 
gesprochenen Parasytismus 212—223 

Kapitel  VI.  Die  Genesis  und  die  Evolutionen  der  Geselligkeit  erfolgen  nach 
Gesetzen  und  auf  Wegen,  von  w^elchen  das  Zusammenleben  der 
sogenannten  sozialen  Insekten  weit  abseits  liegt  und  auf  der  Stufen- 
leiter der  Evolution  dieser  biologischen  Organisation  —  der  Gesellig- 
keit —  (Ansammlung,  zeitw^eilige  und  ständige  Aggregation,  Herde, 
Horde,  verschiedene  Formen  der  menschlichen  Geselligkeit,  Staat) 
keine  einzige  Stufe  einnimmt 223 — 233 

Erklärung  zu  Tafel  I 234 

Inhalt 235—239 


ZOOLOGICA. 


Original- Abhandlungen 


aus 


dem  GesamtgelDiete  der  Zoologie. 


Herausgegeben 


von 


Dr.  Carl  Chun  in  Leipzig. 

Heft    47. 

Untersuchungen  über  den  feineren  Bau  und  die 
Metamorphose  des  Cyphonautes 


von 


Hans  Kupelwieser,  (Wien). 

(Aus  dem  zoologischen  Institut  der  Universität  Leipzig.) 


Mit   s   Tafeln  und  <S   Textfiguren. 


STUTTGART. 

Verlag    von    Erwin  Nägele. 
1905. 


Untersuchungen 


über  den 


feineren  Bau  und  die  Metamorphose 

des  Cyphonautes 


von 


Hans  Kupelwieser, 

(Wien). 
(Aus  dem  zoologischen  Institut  der  Universität  Leipzig.) 


Mit    5    Tafeln    und    8  Textfiguren. 


STUTTGART. 

Verlag    von    Erwin    Nägele. 
1905, 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


Druck  von  Carl  Kemljold,  Heilbronn  a.  N. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

Einleitung 1 

Methode 2 

Historischer  Überblick 2 

I.   Topographie 3 

II.  Histologie ^ 

A)  Äußeres  Ektoderm 5 

Die  Polster 5 

Das  Scheitelorgan ^ 

B)  Inneres  Ektoderm ^ 

Der  Saugnapf "^ 

Das  birnförmige  Organ ^2 

Muskel  Insertion;  Innervierung 14 

Funktion  des  birnförmigen  Organs 1" 

Die  Corona.     Der  Innenbogen 18 

Wimperzelltypen        1" 

Das  Velum 22 

Morphologische  Fragen   bezüglich  der  Corona 24 

Funktion  der  Corona ....  26 

Zur  Theorie  des  Wimperverbandes  etc.  etc.     . 26 

C)  Mesoderm 28 

Das  Muskelsystem 28 

Das  Nervensystem 30 

Bindezellen ;    Körnerzellen 32 

D)  Entoderm 32 

III.  Metamorphose 34 

A)  Mechanik   des  Festsetzens 35 

B)  Histolyse;    Polypidanlage 36 

IV.  Allgemeiner  Teil 41 

Literatur-Verzeichnis 45 

F  i  g  u  r  e  n  -  E  r  k  1  ä  r  u  n  g 46 


Einleitung-. 

Ich  fand  den  Cyphonautes  compressus  während  meines  Aufenthaltes  an  der  russi- 
schen zoologischen  Station  in  Villefranche  im  Frühjahre  igo2  massenhaft  im  Auf- 
trieb und  untersuchte  ihn  auf  seinen  feineren  Bau,  wobei  mir  die  Möglichkeit  vorschwebte, 
den  Vergleich  zwischen  Ectoprocten-Larve  und  Trochophora  weiter  zu  führen,  als  es  auf 
Grund  bisheriger  Kenntnisse  möglich  war.  Je  mehr  ich  aber  in  die  Organisation  der  Larve 
eindrang,  desto  mehr  machte  sich  das  rein  biologische  Interesse  geltend  und  verwischte  das 
anfänglich  gesteckte  Ziel.  Die  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  gewonnenen  Resultate  bezüg- 
lich der  Bedeutung  der  Organe  (speziell  des  birnförmigen  Organs  und  der  bewimperten 
Zellen  überhaupt)  wurden,  auch  soweit  sie  theoretischer  Natur  waren,  der  Tatsachen- 
beschreibung in  besonderen   Abschnitten  jeweilig  angegliedert. 

Die  Metamorphose  konnte  erst  zwei  Jahre  später,  Ende  März  1904,  beobachtet 
werden,  wo  die  das  Plankton  geradezu  beherrschenden  Larven  sich  innerhalb  einer  etwa 
10  Tage  währenden  Periode  überall  an  den  Wänden  der  Plankton-Gefäße  (auch  in  Uhr- 
schalen) und  auf  in  die  Gefäße  eingetauchte  Posidonien  festsetzten.  Durch  Zufall  ge- 
lang es  auch,  einige  Exemplare  während  der  Festsetzung  selbst,  die  nur  wenige  Sekunden 
dauerte,  zu  beobachten.  Dann  wurden  die  mechanischen  Faktoren  des  Festsetz-Prozesses 
studiert. 

Demgegenüber  wurden  die  Beobachtungen  über  die  auf  die  Festsetzung  folgenden  Er- 
scheinungen, Histolyse  und  Neuanlage,  nur  an  zwei  verhältnismäßig  weit  voneinander  ent- 
fernten Stadien  angestellt,  so  daß  die  dadurch  gewonnenen  Resultate  nur  als  vorläufige  zu 
betrachten  sind. 

Erst  jetzt  stellte  sich  das  Bedürfnis  ein,  auch  weiter  entfernte  Larven-Typen  zum 
Vergleiche  heranzuziehen,  ein  Vergleich,  der  sich  jedoch  hauptsächlich  nur  auf  Metamorphose- 
Vorgänge  und  Entwicklungsrichtungen  beziehen  konnte  und  weniger  auf  histologisches  Detail. 
Diesbezügliche  Resultate  finden   sich  im  allgemeinen  Teil  zusammengefaßt. 

Außer  dieser  Species,  die  ihre  Zugehörigkeit  zu  Membranipora  pilosa  bewies,  standen 
mir  noch  vier  weitere  zur  Verfügung,  die  sich  ihrem  feineren  Bau  nach  nur  sehr  wenig 
von  der  erstgenannten  unterscheiden.  Das  gilt  vor  allem  von  einer  bei  Helgoland  sehr 
häufigen  Larve,  die  sich  von  der  „M  ittel  meer- Larve",  wie  ich  den  von  mir  unter- 
suchten Cyphonautes  aus  rein  praktischen  Gründen  nennen  will,  nur  durch  größere  Dimen- 
sionen unterscheidet.  Es  ist  wahrscheinlich  dieselbe  Larve,  die  Schneider  (i)  in  der  Nord- 
see in  Memhranipora  pilosa  übergehen  sah.  Drei  weitere  Larvenformen  unterscheiden  sich 
durch  ihre  bedeutende  Größe,  bis  ins  Extrem  gehende  seitliche  Abplattung  und 
besonders  dicke  Schalen  von  der  Mittelmeer-Larve.  Diese  drei  Formen  stammen  durch- 
wegs  von   Fängen,   die  auf  hoher  See  ausgeführt  wurden,   zum  Teil  aus   dem  Material  der 

Zoologica.    Hell  47.  1 


—     2     — 

Deutschen  Tiefsee-Expedition,  zum  Teil  aus  A'illefrancher  Vertikalnetzfängen  fSoo  bis 
iioo  m  Tiefe).  Sie  unterscheiden  sich  untereinander  durch  verschiedenartige  Zähnelung  der 
Schalenränder.  Die  häufigste  dieser  Formen  habe  ich  eingehender  untersucht,  und  keine 
namhaften  Differenzen  zwischen  ihr  und  der  Mittelmeer-Larve  in  der  inneren  Organisation 
gefunden;    des   Fundortes  wegen  will   ich   sie  „Hochsec-Larve"  nennen. 


o 


Methode. 

Ganz  besonders  eignete  sich  das  Objekt  zum  Studium  der  Wimperzellen,  wobei 
die  Heidenheinsche  Eisen-Hämatoxylin- Methode  ausgezeichnete  Dienste  leistete. 
Überhaupt  wurde  das  Material  fast  durchgehends  nach  dieser  Methode  behandelt,  nachdem 
es  mit  Flemmingscher  oder  Her  mann  scher  Lösung  konserviert  war.  Schwierigkeiten 
machte  es,  die  Larven  vorher  zu  betäuben,  was  noch  am  besten  durch  tropfenweises  Zu- 
setzen von  Chloral-Hydrat  erreicht  wurde.  Doch  waren  später  gerade  kontrahierte  Exemplare 
besonders  lehrreich.  Von  den  festgesetzten  Stadien  wurde  Material  zum  Schneiden  auf  die 
Weise  gewonnen,  daß  man  die  Larve  sich  auf  Posidonien  festsetzen  ließ  und  dann  Larve 
samt  L'nterlage  konservierte,  eine  Methode,  die  sich  aber  in  der  Folge  als  ungünstig  er- 
wies, da  sich  gerade  Posidonia  gar  nicht  zum  Schneiden  eignet.  Eine  von  Prouho  (4)  an- 
gegebene Methode  tat  ungleich  bessere  Dienste :  Man  bringt  die  Larven  in  vorher  mit  Kol- 
lodium ausgegossene  Gefäße,  läßt  sie  sich  festsetzen  und  schneidet  dann  aus  dem  Kollodium 
Blatt chen  heraus,  auf  denen  man  die  Tiere  weiter  behandeln  und  schneiden  kann.  Direkt 
auf  das  Glas  festgesetzte  Stadien  ließen  sich,  auch  wenn  sie  genügend  gehärtet  waren,  meist 
nicht  ohne  Verletzung  loslösen. 

Historischer  Überblick. 

Von  den  vielen  Bearbeitern  des  Cyphonautes  will  ich  nur  die  glücklichsten  erwähnen. 
Vor  allen  gebührt  A.  Schneider  (i  ;  1869)  sowohl  das  A'erdienst,  die  Metamorphose  in 
eine  Membranipora  pilosa  beobachtet,  als  auch  die  x'lnatomie  der  Larve  aufgedeckt  zu 
haben,   soweit   es   ohne   Anwendung  von   Schnittserien   überhaupt  möglich  war. 

Ostroumoff  ;3 ;  1885)  konnte  nachweisen,  daß  das  von  Schneider  „rätselhaftes" 
genannte  Organ  zum  Festsetzen  dient  und  mit  dem  schon  vorher  von  Barrois  (12;  1879) 
entdeckten  Saugnapf  anderer  mariner  Ektoprokten-Lar\en  identisch  ist.  A'on  besonderer 
Bedeutung  sind  zwei   Arbeiten  von 

Prouho  (1890  und  1892),  von  denen  die  eine  (4)  zum  erstenmal  sowohl  den  feineren 
Bau  einer  dem  Cyphonautes  ähnlichen  Larve  'FhtstreUa  hispida  G.),  als  auch  deren  Meta- 
morphose eingehend  behandelt,  die  andere  (5)  nachweist,  daß  noch  Alcyonidium  albldum 
und  Hypophorella  expansa  den  Typus  Cyphonautes  als  Larve  haben,  die  sich  hier  ebenso, 
wie  bei  Membranipora  pilosa,  frei  entwickelt.  Außerdem  bringt  diese  Abhandlung  die 
ersten  Entwicklungsvorgänge  und  histologische  Daten,  vor  allem  über  das  Nervensystem, 
die  hier  zum  größten  Teil  bestätigt  werden  können. 

Vigelius  ;i4;  1886)  gab  für  den  Vergleich  mit  Cyphonautes  wichtige  Angaben  über 
die   Histologie  der  Larve  von  Bugula, 

Harmer  (16;   1887)  über  die  von  Älri/onidiuui. 


I.  Topographie.^ 

Der  Cyphonautes  hat  das  Aussehen  einer  zusammengedrückten  Glocke,  in  deren 
Innenraum,  das  Atrium,  Mund  und  After  münden.  Entsprechend  den  beiden  durch  die  Zu- 
sammendrückung gewonnenen  größten  Flächen  liegen  der  Außenseite  zwei  dreieckige  Schalen 
an,  die  durch  einen  fresp.  zwei)  Schließmuskel  zusammengehalten  werden.  Am  unteren  Rand, 
also  der  Glockenöffnung  entsprechend,  weichen  die  Schalen  auseinander,  während  sie  sich 
an  den  beiden  Seiten  beinahe  berühren.  Am  Scheitel  der  Glocke  sind  die  Schalen  halbrund 
ausgeschnitten,  wodurch  ein  weiteres  Auseinanderweichen  an  dieser  Stelle  zu  stände  kommt. 

Um  das  Verständnis  der  Anatomie  der  Larve  zu  erleichtern,  denke  ich  sie  mir  für 
den  Moment  aus  dem  Trochophora-Typus  derart  entstanden,  daß  die  Hyposphäre  der 
Trochophora  in  die  Episphäre  hineingedrückt  ist,  wie  man  etwa  einen  Ball  von  der  einen 
Seite  eindrückt.  Parallel  der  Mediane  platt  gedrückt,  stellt  eine  derartige  Trochophora  den 
Typus  des  Cyphonautes  dar.  Die  frühere  Hyposphäre  heißt  jetzt  Oralseite  und  ist  die  Um- 
klcidung  des  Atrium,  in  welches  Mund  und  After  einmünden;  die  Scheitelplatte  der  Trocho- 
phora entspricht  dem  ,, Scheitelorgan"  des  Cyphonautes ;  der  Prototroch  der  Corona,  we- 
nigstens auf  Jugendstadien  (siehe  S.  i6). 

Fig.  4  (Taf.  II)  stellt  die  Aufsicht  auf  die  Innenseite  einer  durch  Medianschnitt  ge- 
wonnenen Hälfte  dar.  Das  von  eingestülptem  Ektoderm  umkleidete  Atrium  (Ati  +  Ato  1- At;,) 
bildet  drei  sowohl  untereinander,  als  mit  der  Außenwelt  frei  kommunizierende  Räume,  die 
durch  die  Wimperwülste  (Co. Mo;  J)  -  einspringende  Verdickungen  der  Atriumwand  —  von- 
einander getrennt  werden.  At,,  das  eigentliche  Atrium,  verengt  sich  scheitelwärts  in  den 
Schlund  Schi,  und  endet  mit  dem  Munde  o,  der  durch  einen  Sphinkter  verschließbar  ist. 
Von  den  an  das  eigentliche  Atrium  angrenzenden  Räumen  fällt  Ati  in  den  Bereich  des 
birnförmigen  Organs,  das  selbst  nur  eine  Modifikation  der  Atriumwand  darstellt.  Ata  ist 
der  Teil  des  Atriums,  in  den  der  After  mündet.  Damit  ist  auch  die  Lage  des  gebogenen 
Verdauungsstraktes  mit  Mund  (o),  Magen  (m)  und  After  (an)  gegeben.  Der  äußerste  Rand 
des  Atrium,  zugleich  die  Übergangsstelle  von  innerem  zu  äußerem  Ektoderm,  bildet  die 
Grenze  zwischen  Oral-  und  Aboralregion  und  wird  von  einem  Wimperkranz,  der  Corona, 
umsäumt,  die  jedoch  in  ihrem  den  mittleren  Atrium-Abschnitt  begrenzenden  Teile  stark  re- 
duziert ist.  Eine  Modifikation  der  Corona  stellt  der  nach  innen  strebende  paarige  Wimper- 
wulst (Co  Mo)  dar,  während  der  Bogen  (J)  zwar  topographisch  kontinuierlich  in  die  Corona 
übergeht,  seiner  Entwicklung  nach  aber  sowohl  gesondert  entsteht  (Prouho  5;  S.  616),  als 
auch  dem  histologischen  Befund  nach  der  Corona  nicht  gleichwertig  ist.  Die  Aboralregion 
zeigt  fünf  Flächen :    zwei  dreieckige  Seitenflächen    mit    den    sie    ganz    bedeckenden    Schalen 


'  Zur  Erleichterung  des  Verständnisses  wird  hier  einiges  vorausgenommen,  was  im  Detail  erst  weiter   unten  be- 
sprochen wird. 


und  zwei  durch  die  Kompression  stark  reduzierte,  \on  denen  eine  \ordere  dem  Schlund  ent- 
lang (V.  Fl.),  eine  hintere,  dem  Magen  und  Enddarm  entlang  (rkw.  Fl.)  verläuft.  Diese  vier 
Flächen  treten  scheitelwärts  zusammen  und  bilden  die  fünfte  durch  die  schon  oben  er- 
wähnten Ausschnitte  schalenfreie  Fläche  von  etwa  elliptischer  Gestalt.  Hier  ist  das  Ekto- 
derm  zu  einem  soliden  Knopf  \erdickt,  das  Scheitelorgan  (SO),  dessen  Außenseite  von 
Sinnesepithel  gebildet  wird,  während  innen  Nerven  und  Muskeln  inserieren.  Übrigens  weisen 
auch  die  beiden  andern  schalenfreien  Flächen  Sinnesepithel  auf. 

Die  Leibeshöhle  ist  durch  das  nahe  Aneinandertreten  der  eingestülpten  Oralregion 
plus  \'erdauungstrakt  an  das  aborale  Ektoderm  äußerst  reduziert  und  außer  einem  ansehn- 
licheren Hohlraum  in  der  ■Mediane  der  vorderen  Fläche  entlang  (v.  Lh.)  finden  sich  nur 
schmale,   durch   Muskel,   Nerven   und   Bindegewebe   fast    vollständig   ausgefüllte    Spalträume. 

Ein  eigentümliches  Organ  ektodermaler  Provenienz,  der  Saugnapf  (Organ  Adhäsiv; 
sac  interne)  [Sgn]  kommt  während  seiner  Bildungsperiode  in  die  Leibeshöhle  zu  liegen.  Er 
entsteht  als  eine  nach  innen  gerichtete  Ektodermverdickung  unterhalb  des  Magens.  Durch 
einen  Hohlraum,  der  in  dieser  Verdickung  auftritt,  wird  das  Organ  zu  einer  einschichtigen 
Blase.  Diese  vergrößert  sich  mehr  und  mehr,  jedoch  nicht  in  der  Mediane,  wo  Magen  und 
Schlund  keinen  Platz  lassen,  sondern  zu  beiden  Seiten  (den  Schalen  zu),  so  daß  schließlich 
ein  in  der  Mediane  tief  eingeschnittener  Sack  zu  stände  kommt,  der  dem  oberflächlichen 
Beobachter   leicht   als   paarig   erscheinen    kann. 

Kräftiger  als  bei  allen  anderen  Bryozoen-Larven  ist  die  Muskulatur  ausgebildet.  Es 
finden  sich  zwei  Schalenschließer  (Taf.  I,  Fig.  i;  Adjj  Adj),  ein  medianer,  in  der  Dorsal- 
linie verlaufender  Muskel  i  I\I  D),  der  am  birnförmigen  Organ,  am  Scheitelorgan  und  der 
Corona  inseriert,  und  drei  laterale  Muskelgruppen,  die  sternförmig  von  einem  Insertionspunkte 
an  den  Schalen  (Ans.  St.)  ausstrahlen,  und  zwar  jederseits  eine  nach  der  vorderen  Corona 
(M.  lat.  a.;,  eine  nach  der  rückwärtigen  (M.  lat.  p),  und  nach  dem  Saugnapf  (M.  Sg).  Außer- 
dem findet  sich  Ringmuskulatur  um  den  Oesophagus,  darunter  der  Sphinkter  (M.  R.  Schi.), 
ferner  der  Velum-  und  Corona-Ringmuskel  (M  R  V ;  M  R  Co). 

Ungleich  schwerer  nachzuweisen  ist  das  Nervensystem.  Der  Hauptstrang  (N)  inseriert 
mit  der  Hauptmasse  am  Scheitelorgan  und  folgt  dann  jederseits  dem  A'erlauf  des  Dorsal- 
muskels vor  allem  nach  vorn,  wo  er  das  birnförmige  Organ  und  die  Corona   innerviert. 


IL  Histologie. 

Das  äussere  Ektoderm. 

Es  sind  zwei  sowohl  funktionell,  als  histologisch    differente   Zonen    zu    unterscheiden : 

1.  Das    Epithel    unter   den    Schalen. 

2.  Das   Epithel   zwischen    den    Schalen,    der    vorderen 
und  rückwärtigen  Fläche  entlang. 

Zwischen  beide,  also  überall  den  Schalenrändern  entlang,  ferner     Polster 
unter  den  Schalen  von  der  Mitte  des  Atriumrandes  scheitelwärts  auf- 
steigend   sind    schrnale    Streifen   eines   drüsenartigen   Gewebes   einge- 
schaltet,   die     ich    in   Hinsicht  auf  ihre  später  zu  erklärende  Funktion 
Polster   nennen    will.     (Das    nebenstehende    Schema   zeigt    ihr   Aus-  ^ 

breitungsverhältnis.)  Ausbreitung  der  Polster. 

Das  Epithel  unter  den  Schalen  liegt  diesen  dicht  an;  die  Zellen  sind  stark  ab- 
geplattet, besonders  in  der  l'mgebung  des  Magens  und  Saugnapfs  und  werden  nur  gegen 
die  Polster  zu  etwas  höher,  wo  auch  die  Kerne  nicht  flach,  sondern  gegen  die  Schale  zu 
zugespitzt  erscheinen  (Taf.  IV,  Fig.  17).  Zellgrenzen  sind  nur  sehr  selten  deutlich  zu  er- 
kennen. Die  Nucleinkörper,  die  in  den  Kernen  in  Ein-  oder  Zweizahl  vorhanden  sind, 
werden  von  einem  hellen  Ring  umgeben,  der  sich  bei  stärkerer  Vergrößerung  als  ein  Kranz 
kleiner  Vacuolen  oder  lichtbrechender  Körperchen  zu  erkennen  gibt ;  doch  kommt  diese 
Eigentümlichkeit  auch  in  anderen  Geweben  gelegentlich  vor. 

Die  Polster  (Taf.  III,  Fig.  n,  12.  Po;  Taf.  IV,  Fig.  17,  18,  20,  21;  Co  Po)  bestehen 
aus  großen  Zellen,  die  vielfach  nicht  in  einer  Schicht  liegen.  Sie  enthalten  eine  speckig  aus- 
sehende Substanz,  die  sich  durch  Eosin  stark,  durch  Eisen-Hämatoxylin  gar  nicht  färbt, 
und  sehr  spärliches  wandständiges  Protoplasma  mit  stark  chromatischem  Kern.  Da  sich 
die  „speckige"  Substanz  bei  der  Konservierung  immer  zerklüftet,  so  sieht  man  auf  Schnitten 
ein  ganz  charakteristisches  Mosaik  von  polyedrischen  Figuren.  Das  Plasma  greift  oft  mit 
feinen  Lappen  und  Ästen  zwischen  diese  Klüfte  hinein,  und  da  es  außerdem  besonders  stark 
färbbar  ist,  die  speckige  Substanz  aber  gar  nicht,  so  erhält  man  auf  z.  B.  mit  Hämatoxylin 
gefärbten  Totopräparaten  sternförmig-verästelte  Zellen  vorgetäuscht.  Häufig  findet  man  die 
Polstersubstanz  in  ganz  schwarz  tingierte,  weit  voneinander  abstehende  Kugeln  zerfallen, 
auch  bei  Präparaten,  die  von  den  übrigen  Geweben   noch  brauchbare   Bilder  geben. 


Bei  Wurinlarven  wurden  Drüsenzellen  sowohl  über  die  Haut  \  erstreut,  als  auch  be- 
sonders häufig  in  Form  eines  den  Prototroch  begleitenden  Wulstes  beschrieben :  der 
„Drüsenwulst"  bei  Polygordius  [Woltereck  (20),  Tat'.  IV,  Fig.  5],  der  „Randwulst" 
bei  Pilidium  [Salensky  (19),  Taf.  XVIll,  Fig.  5].  Vergleicht  man  die  angegebenen  Ab- 
bildungen mit  Fig.  17  (Taf.  IV),  die  das  Corona-Polster  geschnitten  zeigt,  so  drängt  sich  die 
Ähnlichkeit  dieser  Bildungen  auf,  um  so  mehr,  als  W^oltereck  bei  Polygordius  auch 
„speckiges  Aussehen",  Tingierbarkeit  mit  Eosin  als  charakteristisch  angibt.  Während  aber 
dieser  Forscher  die  sekretorische  Funktion  dieser  Zellen  bei  Polygordius  nachgewiesen  hat 
(Drüsenlöcher ;  in  das  Medium  ausgepreßte  Substanz  etc.),  konnte  bei  C.  nichts  derartiges 
gefunden  werden,  wohl  aber  andere  Funktionen,  die  sich  im  folgenden  (S.  14)  und  im  Zu- 
sammenhang mit  der  Beschreibung  der  Corona,  deren  integrierender  Bestandteil  das  Corona- 
polster  darstellt,  ergeben  werden. 

Die  beiden  schalenfreien  Flächen  werden  \on  je  einer  Doppelreihe  von  geißel- 
tragenden Zellen  gebildet,  die  \'on  der  Corona  zum  Scheitel  zuerst  kubisch  und  dann  hoch- 
cylindrisch  werden  (Taf.  I,   Fig.  i  ;   C,). 

Die  Geißeln  sind  sehr  zart  und  schlagen  langsam.  Es  kann  jedoch  sein,  daß  diese 
Bewegung  eine  passive,  durch  das  Medium  hervorgerufene  ist.  Auf  Schnitten  (Eisen-Häma- 
toxylin-Eosin)  sieht  man  die  Geißeln,  von  denen  je  eine  zu  einer  Zelle  gehört,  blaßrosa  ge- 
färbt, als  deren  direkte  Fortsetzung  eine  straffe,  schwarz  tingierte  und  resistentere  Faser 
durch  die  Zelle  hindurch  am  Kern  vorbei  bis  unmittelbar  an  die  basale  Zellgrenze  zu  ver- 
folgen ist  (Taf.  II,  Fig.  3).  Gelegentlich  wurde  auch  beobachtet,  daß  diese  Wurzel  basal- 
wärts  aus  der  Zelle  austritt,  wie  es  z.  B.  in  der  Figur  bei  x  gezeichnet  ist,  jedoch  ist  diese 
auffallende  Eigenschaft  hier  weniger  deutlich,  als  bei  ähnlichen  Zellen  am  Scheitelorgan.  Bei 
schlecht  konserviertem  Material  sind  im  Verlauf  der  W^urzel  Knöpfchen,  sowohl  der  äußeren 
Zellkontur  anliegend,  als  auch  im  mittleren  und  basalen  Teil  der  Zelle  zu  erkennen,  die 
natürlich  mit  den  „Basalkörpern"  der  Wimperzellen  nichts  zu  tun  haben.  Über  die  Inner- 
vierung dieser  Zellen  läßt  sich  nichts  aussagen.  Der  Hauptnervenstrang  (Fig.  3;  N)  kommt 
zum  größten  Teil   unter  dieses   Geißelepithel   zu  liegen. 

Da  sich  an  die  beiden  Epithelstreifen  sowohl  Muskelfasern,  als  auch  Bindegewebs- 
fasern anlegen,  die  sie  in  Verbindung  mit  dem  Dorsalmuskel  bringen,  so  wird  bei  dessen 
Kontraktion  auch  das  Epithel  in  der  Mediane  zurückgezogen,  wobei  die  zu  beiden  Seiten 
liegenden  Polster  darüber  zusammenschlagen  Fig.  11  ;  Taf.  III).  Somit  scheint  es,  daß  die 
Polster  in  erster  Linie  eine  wirksame  Schutzvorrichtung  für  die  feineren  Epithelien  der 
vorderen  und  rückwärtigen  Fläche  darstellen,  und  nicht  nur  für  diese,  sondern  auch  für  das 
Scheitelorgan  und  den  Wimperkranz,  wie  sich  zeigen  wird;  überall  schlagen  bei  Kontraktion 
die  Polster  zusammen  und  füllen  den  Raum  zwischen  den  Schalen  derart  aus,  daß  außer 
Schalen   und   Polster   überhaupt   nichts   mit   der  Außenwelt   in   Berührung  kommt. 

Das  Scheitelorgan. 

Das  Scheitelorgan  hat  bei  allen  Ektoprokten-Larven  sein  Homologon  und  wurde 
„Calotte"    (Barrois),    „retraktiles    Scheibenorgan"    (Vigelius),    „organe    aboral" 


Central  Zone 
£igment.  Zone 
Periphere  Zone 


(Prouho)  genannt.  Seine  Lage  am  Scheitelpol,  sowie  der  vollständige  oder  teilweise 
Wimperbesatz  ist  überall  konstant.  Ein  Charakteristikon  des  Organs  bei  den  meisten  Larven 
ist  seine  nervöse  Verbindung  mit  dem  birnförmigen  Organ.  Merkwürdig  ist,  daß  der  am 
weitesten  verbreitete  Name  „Retraktiles  Scheibenorgan"  von  Vigelius  (14)  für  die 
darmlose  BugulaLarve  geprägt  wurde.  Bei  C.  ist  diese  Retraktion  durchaus  nichts  Auf- 
fallendes, weil  alle  Organe  gleichmäßig  durch  Muskelkontraktion  unter  die  Schalen  zurück- 
gezogen werden  können,  während  bei  Bugula  weder  Schalen  vorhanden  sind,  die  eine  Re- 
traktion rechtfertigen,  noch  überhaupt  Muskeln    beschrieben    sind. 

Das  Organ  links  und  rechts  von  Polsterzellen,  vorn  und  hinten  vom  schalenfreien 
Epithel  begrenzt  (s.  Text-Fig.  II),  ist  ein  kompaktes,  unregelmäßig  zweischichtiges  Zellpolster, 
welches  nach  außen  tellerförmig,  in  retrahiertem 
Zustande  becherförmig  konkav  ist  und  gegen 
die  Leibeshöhle  zu  mit  einer  Kuppe  einspringt 
(Taf.  I,  Fig.  i;  Taf.  II,  Fig.  7,  SO).  Da  die 
Zellgrenzen  beinahe  nie  deutlich  erkennbar  sind, 
läßt  sich  auf  die  Gestalt  der  Zellen  nur  aus 
Form  und  Lage  der  Kerne  schließen.  Hiernach 
sind  die  Deckzellen  langgestreckt,  die  inneren 
Zellen  mehr  gedrungen.  In  der  Schichte  der 
Deckzellen  kommt  eine  deutliche  Zonenbildung 
dadurch  zu  stände,  daß  ein  Teil  der  Zellen  ein 
rötlichbraunes  Pigment  führt.  Die  Pigment- 
zone bildet  einen  Ring  um  den  zentralen  Teil 
des  Organs.  Dieser  sich  von  den  pigmentführen- 
den Zellen  der  Umgebung  scharf  abgrenzende 
Teil,  die  Zentralzone,  besteht  aus  3  oder  4 
auffallend  langgestreckten  Zellen,  die  die  ganze 
Dicke  des  Organs  einnehmen  (Taf.  I,  Fig.  i 
ct.  Zo).  Die  Pigmentzone  wird  von  einem  Kranz 
unpigmentierter  Zellen,  der  peripheren  Zone, 
umgeben  (Textfig.  II). 

Alle  Deckzellen  sind  mit  je  einer  Cilie  versehen,  die  sich  von  den  Cilien,  wie  sie 
oben  an  den  Zellen  des  Zwischen-Schalen-Epithels  beschrieben  wurden,  dadurch  unterscheiden, 
daß  sie  starr  sind. 

Ein  weiterer  Unterschied  zeigt  sich  darin,  daß  die  Zellen  der  Zentral-  und  Pigment- 
zone eine  Crousta  aufweisen,  wie  sie  sonst  nur  für  Wimperzellen  charakteristisch  ist. 
Was  die  Binnenstruktur  betrifft,  so  erscheinen  die  Wurzeln  auch  hier  ungleich  kräftiger  als 
die  Cilien,  straff,  stärker  tingierbar  und  resistenter.  Am  schönsten  sind  sie  in  den  Zentral- 
zellen zu  sehen,  weil  hier  besonders  helles  Plasma  die  dunkeltingierten  Fasern  sehr  deutlich 
hervorhebt. 

Das  basale  Austreten  der  Wurzeln  aus  den  Zellen  bekommt  man  ja  nicht  allzu  häufig 
zu  sehen  (so  ist  z.  B.  an  dem  in  Fig.  i  abgebildeten  Präparat  nichts  davon  zu  erkennen), 
und   doch  muß   ich   diese   Eigentümlichkeit   auf  Grund  zweier  Präparate,  von  denen  eines  in 


Schalen 


J'olster  ■ 


Zwischen 
SchalervEpithel 


Fig.  11.     Das  Scheitelorgan  von  oben  gesehen, 
schemaüsch. 


Fig.  lo,  Taf.  II  dargestellt  ist,  auf  das  bestimmteste  hervorheben.  Die  ausgetretenen  Enden 
reichen  ganz  nahe  an  die  unter  dem  Organ  vorbeiziehenden  Muskeln  heran,  denen  sie  auch 
in  der  Färbung  sehr  ähnlich  sind.  Zwischen  den  Muskeln  und  dem  Organ  sieht  man 
Nervenfasern  verlaufen,  in  die  also  die  \\'urzelenden  hineinreichen.  Der  größte  Teil  der 
Fasern,  die  dem  von  der  Corona,  resp.  dem  birnförmigen  Organ  kommenden  Hauptnerven- 
strang zugehören,   hat   sich   schon   bei  «    unter   dem   Organ    aufgesplittert. 

Die  Retraktion  der  ganzen  dorsalen  Partie  der  Larve  geschieht  durch  Kontraktion 
des  Dorsalmuskels  (Fig.  i,  Taf.  I;  M  D\  Die  spezifischen  Retraktoren  des  Scheitelorgans 
sind  aber  im  \'erhältnis  zur  analwärts  ziehenden  Hauptmasse  des  Dorsalmuskels  nur  Aus- 
läufer desselben  und  die  mehrfach  vorkommende  Angabe,  ein  Hauptmuskeltraktus  verbände 
das  „birnförmige  Organ"  mit  dem  Scheitelorgan,  ist  nicht  ganz  zutreffend.  Eine  meines 
Wissens  nach  bisher  nirgends  beobachtete  Art  der  Insertion  zeigt  der  Retraktor,  insofern  er 
nämlich  nicht  an  der  Innenfläche  des  Organs  ansetzt,  sondern  zwischen  die  Zellen  in 
das  Organ  eindringt  und  an  der  Crousta  'Fig.  i  ret.)  inseriert.  Dieses  Phänomen  steht 
aber  hier  nicht  vereinzelt  da,  sondern  findet  sich  beinahe  bei  allen  Insertionen,  am 
Wimperkranz,  am  birnförmigen  Organ  und  am   auffälligsten   am   Saugnapf. 

Die  Lagerung  des  Pigments,  nämlich  die  stärkste  Konzentration  desselben  unmittel- 
bar an  der  Crousta  (Fig.  i  P.Zo.^  läßt  vermuten,  daß  die  pigmentführenden  Zellen  selbst 
lichtempfindlich  sind    und  nicht  die  zentralen  Zellen   etwa   vom    Pigment   isoliert). ' 

Die  Larve  schwimmt  immer  mit  dem  Scheitelorgan  voran ;  seine  Bedeutung  als 
wichtigstes  Sinnesorgan  ist  nicht  zu  bezweifeln.  Diese  Funktion  gibt  es  aber  unmittel- 
bar vor  dem  Festsetzen  an  das  birnförmige  Organ  ab,  welches  beim  Aufsuchen  der  ge- 
eigneten Unterlage  die  Führung  übernimmt  s.  p.  17}.  Leider  läßt  sich  von  einer  innigeren 
Verbindung  des  Nerventractus  und  den  inneren  Zellen  des  Scheitelorgans  zu  wenig  sehen, 
als  daß  man  den  letzteren  gangliöse  Natur  zuschreiben  könnte ;  trotzdem  würden  die  mehr 
abgerundeten  Kerne  darauf  hindeuten  und  dieselben  Kriterien,  die  viele  Forscher  veranlaßt 
haben,  die  „Scheitelplatte"  als  Zentralorgan  aufzufassen,  könnten  auch  hier  Anwendung 
finden. 

Das  innere  Ektoderm. 

Das  innere  Ektoderm  besteht  vorwiegend  aus  Wimperepithel.  In  typischer  Ausbildung 
kleidet  es  den  Schlund  aus  (Fig.  i  ;  Taf.  I.  Schl.^.  Die  flachen  Zellen  sind  regelmäßig  sechs- 
eckig vmd  tragen  ca.  je  30  zarte  Wimpern.  Im  anschließenden  Atriumteile  bis  an  das  \'elum 
(Fig.  18,  Taf.  I\')  flacht  das  Epithel  mehr  ab.  Zellgrenzen  sind  hier  nur  selten  sichtbar.  In 
ungleichmäßigen,  oft  großen  Abständen  finden  sich  Kerne,  die  die  Zellen  zitzenartig  auf- 
treiben {FlustreUa,  Prouho;  ,,boutons  cilies"),  und  nur  an  diesen  Stellen  finden  sich  spär- 
liche Wimpern  (Fig.  7,  Taf.  II;  Fig.  13.  Taf.  III.  Wz.  zz.).  Einen  Komplex  für  sich  bildet  der 
postanale  Wimperstreifen  p.  an;  Fig.  i,  Taf.  I),  der  in  der  Fortsetzung  des  Rectum  gelegen 
die  Fäces-Abfuhr  bewerkstelligt.  Diesem  Wimperstreifen  entspricht  offenbar  der  isolierte 
Wimperbesatz  bei  der  darmlosen  Larve  von  Alcyonidium  (Harmer  16)  an  Stelle  eines  nicht 


'  Vielleicht  wird  das  Pigment  gebildet  und  unter  der  Crousta  konzentriert,  um  die  lichtempfindlichen  Zellen,  auf 
deren  Reizung  hin  das  Aufsteigen  der  Larven  vom  Grunde  in  die  obersten  Schichten  erfolgte,  vor  dem  Festsetzen  wieder 
abzublenden. 


mehr  vorhandenen  Anus,  sowie  das  gleiche  Rudiment  bei  der  Flustrella-harve  (Prouho4). 
Die  intrazelluläre  Differenzierung  dieser,  sowie  der  oben  erwähnten  Epithelwimperzellen,  ob- 
wohl zum  Teil  sogar  besonders  deutlich,  weicht  so  unbeträchtlich  von  dem  in  dieser  Hin- 
sicht dankbarsten  Objekt,  der  Corona-Wimperzelle,  ab,  daß  ich  auf  die  eingehende  Beschrei- 
bung der  letzteren  verweisen  kann  (p.  19  ff.)  und  außerdem  auf  die  vergleichende  Zusammen- 
stellung aller  hier  überhaupt  vorkommenden  Wimperzellen. 

Außer  den  genannten  Epithelien  findet  sich  noch  unbewimpertes  membranartiges 
Epithel  vor  allem  im  rückwärtigen  Atrium-Abschnitte  (Taf.  IV,  Fig.  17.  i.  Ek.),  dann  im  mitt- 
leren, wo  es  sich  an  der  Bildung  des  Velum,  einer  Falte  des  Atrium -Epithels  (p.  22),  be- 
teiligt und  schließlich  im  vorderen  Atrium-Abschnitt  dem  birnförmigen  Organ  dicht  an- 
liegend (Taf.  II,  Fig.  9.  i.  Ek;  Fig.  i,  Taf.  I).  Es  ist  zum  Teil  schwer  nachweisbar;  in  der 
Umgebung  des  Saugnapfes  ist  es  bei  der  erwachsenen  Larve  ganz  geschwunden.  (In  der 
schem.  Fig.  4  (Taf.  II)  wurde  es  zum  besseren  Verständnis  gezeichnet;  vergl.  hiezu  Fig.  i). 
Von  Bedeutung  ist  das  unbewimperte  Epithel  insofern,  als  von  ihm  die  Bildung  des  Saug- 
napfes ausgeht. 

Der  Saugnapf. 

Der  Saugnapf  ist  ein  für  alle  gymnolämen  Larven  typisches  Organ.  In  der  großen 
embryologischen  Arbeit  von  Barrois  1877  (8)  findet  man  es  überall  abgebildet,  aber  noch 
als  „ventouse"  bezeichnet.  Jedoch  schon  in  der  nächstfolgenden  Arbeit  beschreibt  es  der- 
selbe Forscher  (12)  bei  LepraUa  unicornis  als  ektodermalen  Sack,  erkennt  seine  Funktion 
als  Festsetzorgan  und  nennt  es  ,,sac",  später  „sac  interne".  Fast  gleichzeitig  mit  ihm 
kommt  Repiachoff  (11)  bei  der  Untersuchung  von  Tendra  zu  demselben  Resultat  und 
nennt  das  Organ  „Saugnapf".  Erst  im  Jahre  1885  wies  Ostroumoff  (3)  nach,  daß  das 
,, rätselhafte  Organ"  des  Cyphonantes  mit  dem  „sac  interne"  der  anderen  Larven 
identisch  ist;  aber  heute  noch  sind  die  Abbildungen  davon  in  deutschen  Lehrbüchern  rätsel- 
haft; so  wird  z.  B.  der  daneben  liegende  Schließmuskel  „ähnliches  kleineres  Organ"  ge- 
nannt, obwohl  schon  Schneider  1869  hier  eine  Anwachsstelle  des  Körpers  an  die  Schale 
gefunden  und  ganz  richtig  gezeichnet  hat,  und  obwohl  Prouhos  (4)  sehr  richtige  Abbildung 
der  ganzen  Larve  schon  seit  14  Jahren  existiert.  Ich  bleibe  bei  der  Bezeichnung  „Saug- 
napf", obwohl  derselbe  Ausdruck  nacheinander  für  das  birnförmige  Organ  von  Schneider, 
für  das   Scheitelorgan  von   Hatschek  und  Nitsche  benützt  wurde. 

Betrachtet  man  einen  Medianschnitt  durch  das  jüngste  planktonische  Stadium  (Fig.  7, 
Taf.  II),  so  findet  man  die  wichtigsten  Larvenorgane,  das  Scheitelorgan  (SO)  und  die 
Corona  (Co)  schon  vollkommen  entwickelt,  das  birnförmige  Organ  (bf.  O.A.)  in  der  Anlage. 
Vom  Saugnapf  ist  am  Leben  überhaupt  noch  nichts  zu  sehen.  Auf  unserem  Schnitte  trifft 
man,  das  innere  Ektoderm  vom  wimpernden  Schlundepithel  (Schi)  nach  rückwärts  verfol- 
gend, zuerst  eine  membranartig  dünne  Partie  unterhalb  des  Magens,  dann  oberhalb  vom 
Hauptschließmuskel  (Adj)  eine  Verdickung,  den  an  der  L'mbiegstelle  quer  getroffenen  inneren 
Wimperbogen  (J),  und  unterhalb  des  Schließmuskels  und  präanal  einige  sehr  große  Zellen 
(Sgn. A.),  die  Anlage  des  Saugnapfs.  Diese  verdickte  Zellplatte  spaltet  sich  nach  innen 
ab,  was  hier  an  der  analen  Partie  schon  begonnen  hat,  und  füllt  so  den  kleinen  Leibes- 
höhlenraum   neben    dem    Schließmuskel    aus.     Zwischen    den    beiden    Blättern    tritt    nun    ein 

Zoologica.    Heft  47.  2 


—     10     — 

Lumen  auf.  Die  Zellen  rücken  dann  weiter  auseinander  und  bilden  so  ein  Bläschen,  das 
sich  nun,  bei  seinem  Bestreben  sich  mehr  auszudehnen,  und  da  die  Leibeshöhle  dafür  zu 
wenig  Platz  läßt,  zwischen  Entoderm  des  Magens  und  Enddamis,  äußeres  und  inneres  Ekto- 
derm  einzuzwängen  sucht.  Dieses  Stadium  finden  wir  in  Fig.  5,  Taf.  II.  Die  Zellen  haben 
insoferne  verschiedene  Funktionen  übernommen,  als  die  unteren  Zellen  Sekret  auszuscheiden 
beginnen,  den  künftigen  Klebestoff  zur  Festheftung.  Während  nach  der  Atriumöffnung  zu 
die  Ausdehnung  in  der  Mediane  leicht  vor  sich  gehen  kann,  steht  scheitel-  und  rückwärts 
der  Magen  und  das  Rectum  als  Bollwerk  entgegen.  Auch  dem  Schließmuskel  muß  ausge- 
wichen werden,  und  das  Bläschen  knickt  sich  deshalb  am  oberen  Ende  und  zwängt  sich 
zwischen  Magen  und  Schließmuskel  gegen  den  INIund  zu  durch.  Für  eine  weitere  \'ergröße- 
rung  des  oberen  Teiles  des  Bläschens  ist  aber  in  der  Mediane  zu  wenig  Platz,  was  leicht 
einzusehen  ist,  wenn  man  sich  mittleres  Atrium  und  Darmtractus  als  zwei  in  entgegen- 
gesetztem Sinne  nebeneinander  liegende  Trichter  vorstellt :  sie  stoßen  in  der  Mediane  zu- 
sammen und  weichen  zu  beiden  Seiten  auseinander.  Daher  geht  die  weitere  Vergrößerung 
hauptsächlich  zu  beiden  Seiten  der  Mediane  vor  sich,  indem  nach  dem  Munde  zu  zwei 
Hörner  vorgeschoben  werden,  und  das  ganze  Organ,  sich  seitlich  den  Schalen  nähernd, 
hier  immer  mehr  an  L'mfang  gewinnt.  Jetzt  haben  wir  die  definitive  Form  vor  uns,  näm- 
lich einen  in  der  Mediane  eingeschnürten  Sack,  der  nach  vorne  in  zwei 
Hörner  ausgezogen  ist  (Fig.  4,  Taf.  11^.  Zu  Ende  der  Larvenperiode  ist  das  Organ 
derart  vergrößert,  daß  die  Hörner  auch  den  Schlund  umgreifen,  daß  das  Rectum  ganz  und 
der  Mitteldarm  beinahe  zur  Hälfte  in  die  mediane  Einschnürung  versenkt  erscheinen,  während 
nach  unten  das  Organ  sich  beinahe  bis  zur  Corona  erstreckt  (Taf.  III,  Fig.  13;  Hö;  Fig.  11, 
12.  Sgn.  Lu;  Taf.  I,  Fig.  i.  Sgn;.  So  hat  es  bei  diesen  Stadien  den  Anschein,  als  wenn  zwei 
Schilde  die  Larven  von  beiden  Seiten  bedeckten,  was  den  Einblick  in  die  innere  Organi- 
sation am  lebenden  Objekt  bedeutend  erschwert  und  zu  mannigfaltigen  Irrtümern,  wie  sie 
überall  in  den  älteren  Abbildungen  zu  Tage  treten,  \"eranlassung  gab.  Während  dieser 
Formveränderung  haben  sich  auch  die  Wandungen  des  Sackes  weiter  differenziert  (Fig.  i). 
Eine  deutlich  einschichtige,  aus  besonders  regelmäßigen,  hochcylindrischen  Zellen  bestehende 
Platte,  die  dem  Magen  anliegt,  grenzt  sich  scharf  gegen  die  umliegenden  sekretbildenden 
Epithelien  ab ;  die  letzteren  (sec.  Z.)  scheinen  auf  den  ersten  Blick  mehrschichtig  zu  sein, 
wenigstens  nach  unregelmäßig  liegenden  Kernen  zu  schließen.  Man  überzeugt  sich  aber 
bald,  daß  auch  sie  einschichtig  sind,  und  daß  nur  die  langen  Zellen  zum  Zwecke  weitest- 
gehender Raumausnützung  ihre  kernhaltigen  Teile  gegeneinander  verschoben  haben.  Diese 
Ökonomie  gewinnt  eine  besondere  Bedeutung  beim  Festsetzen,  wo  sich  diese  hohen  Cylinder- 
und  Spindelepithelien  plötzlich  in  eine  membrandünne  Platte  umwandeln  müssen.  (Bei  der 
„Hochseelarve"  ist  die  spätere  ,,plaque  adhäsive"  nicht  als  Spindelepithel,  sondern 
als  mehrfach  gefaltetes  Plattenepithel  präformiert  (Taf.  III,  Fig.  14,  Hö].)  Die  Sekretbildung 
ist  scheitelwärts  immer  weiter  fortgeschritten.  Am  unteren  Ende  des  Organs  hat  sich  der 
zellige  Zusammenhang  gelöst.  Hier  finden  sich  Sekretklumpen,  die  zum  l'nterschiede  von 
dem  jüngst  ausgeschiedenen  Sekret  der  oberen  Zellen  aus  Körnchen  zusammengesetzt  und 
besonders  dunkel  tingiert  erscheinen  ^Taf.  I,  Fig.  i;  Taf.  III,  Fig.  12.  sec).  Da  nun  nach- 
weisbar (Taf.  y,  Fig.  23)  eine  ganz  minimale  Menge  Klebestoff  (sec)  zum  Festheften  der 
späteren  Adhäsivplatte  in  Frage  kommt,  so  ist  als  wahrscheinlich  anzunehmen,  daß  die  .Sekret- 


-    11    — 

bildung  (Kirch  Erschöpfung  der  terminalen  Zellen  das   Offnen  des  Sackes  bedingt,   und  daß 
sich  diese  Öffnung  in  dem  Maße  vergrößert,  als  die  Sekretklumpen  erstarren. 

Die,  wie  schon  oben  erwähnt,  nicht  secernierende  Zellplatte  unter  dem  Magen  ist 
durch  die  auffallende  Erscheinung  charakterisiert,  daß  sich  zwischen  je  zwei  der  hohen 
cy lindrischen  Zellen  eine  von  Eisen-Hämatoxylin  stark  tingierte  Faser 
findet  fFig.  i;  Taf.  I.  E.  M.  Sg.).  Diese  Fasern  sind  bis  an  das  Lumen  zu  verfolgen  und 
man  erkennt  hier  bei  stärkerer  Vergrößerung,  daß  sie  sich  pinselförmig  in  feinste  Fibrillen 
zersplittern  (Fig.  2,  Taf.  II).  Auf  Querschnitten  durch  die  Larve  (Fig.  1 1,  Taf.  III)  findet  man  auch 
die  Querschnitte  der  Fasern  zwischen  den  Zellen  (M.Sg.E.)  und  gegen  das  Lumen  zu  die  End- 
pinsel  im  Querschnitt  als  zarte  Punktkreise  getroffen  in'.  Verfolgt  man  die  Fasern  nach  außen, 
so  trifft  man  auf  ein  paariges  Muskelbündel,  das  jederseits  von  vorn  über  die  Hörner 
hinweg  an  das  Organ  herantritt,  und  dessen  letzte  Ausläufer  eben  die  genannten  Fasern 
sind.  Der  Verlauf  dieses  Muskels  läßt  sich  am  besten  auf  dem  etwas  schiefen  Frontalschnitt 
Fig.  13  (Taf.  III)  übersehen.  Man  findet  auf  der  Abbildung  links  die  Ansatzstelle  an 
der  Schale  in  der  nämlichen  Region,  wo  auch  der  vordere  und  rückwärtige  Lateral-Muskel 
an  den  Schalen  inserieren  (vergl.  Fig.  i,  Taf.  I.  Ans.  St.)  und  erkennt  zugleich  den  Unter- 
schied zwischen  dem  Saugmuskel,  wie  ich  ihn  seiner  Funktion  wegen  nennen  will,  und 
dem  vorderen  Lateralmuskel ;  während  der  Saugmuskel  ebenso  wie  alle  übrigen  Muskel  eine 
deutliche  Querstreifung  aufweist,  ist  der  ersterc  glatt.  Von  der  Ansatzstelle  gegen  die 
Hörner  zu  krümmt  sich  der  Strang  S-förmig  und  macht  so  den  Eindruck,  als  wäre  er  nicht 
gespannt  —  etwa  um  so  den  Kontraktionen  der  Larve  nachgeben  zu  können.  Dann  verläuft 
er  über  die  Hörner  hinweg  (Fig.  13  links)  und  senkt  sich  zwischen  Saugnapf  und  Magen 
ein  (rechts),  um  schon  hier  seine  Ausläufer  zwischen  die  Zellen  zu  senden  (vergl.  Fig.  11, 
Taf.  III  links). 

Die  Anlage  des  Saugmuskels  geht  der  Bildung  des  Saugnapfs  parallel,  fällt  also  in 
eine  Zeit,  in  der  die  ganze  übrige  Muskulatur  bereits  funktioniert.  Fig.  6  (Taf.  11)  zeigt  die 
Anlage  an  einem  Stadium  des  Saugnapfes,  das  älter  ist,  als  das  in  Fig.  5  abgebildete.  Die 
Fasern  sind  nur  bis  zur  Oberfläche  des  Organs  zu  verfolgen,  dringen  aber  zweifellos  schon 
auf  diesem  Stadium  zwischen  die   Zellen  ein. 

Die  saugende  Funktion  des  Muskels,  auf  die  schon  aus  der  ganzen  Anlage  zu 
schließen  war,  ging  bei  der  Untersuchung  der  Metamorphose-Stadien  zur  Evidenz  hervor 
(pag.  36);  Fig.  24,  Taf.  V).  Da  der  Muskel  aber  nicht  in  die  fertige  Bryozoe  übergeht,  son- 
dern wie  die  Larvenorgane  der  Histolyse  anheimfällt,  so  ist  er  als  spezifisch  der  Meta- 
morphose dienendes   Organ  zu  betrachten. 

Die  Entwicklung  des  Saugnapfs  ist  bei  den  anderen  Gymnolaemen-Larven  bedeutend 
verkürzt  und  vereinfacht,  was  schon  bei  der  sonst  dem  C.  so  nahe  stehenden  Flustrella- 
Larve  (Prouho  4)  auffällt.  Die  Anlage  tritt  sehr  früh  als  einfache  Ektodermeinstülpung 
auf  [vergl.  u.  a.  Lepralia  (Barrois,  12),  i^M^fM/a  (Vigelius,  14),  Alci/omdium(Harmer,  16)], 
so  daß  der  Bildungsmodus,  wie  er  sich  bei  C.  zeigt,  einzig  dasteht.  Das  Resultat  ist  im 
Grunde  dasselbe:  Ein  ektodermaler  Sack  mit  der  Öffnung  ins  Atrium.  Nur  ein 
Saugmuskel  ist  bisher  nirgends  beschrieben;  auch  scheint  das  Klebesekret  selten  in  nach- 
weisbaren  Mengen   vorzukommen. 


—     12     — 

Das  birnförmige  Organ. 

Der  Name  stammt  von  Barrois  (12)  und  ist  insoferne  günstig  gewählt,  als  er  be- 
züglich der  Funktion  des  Organs  indifferent  bleibt.  Aber  wenn  gerade  der  Bryozoenkenner 
Barrois  der  Urheber  dieser  Bezeichnung  ist,  so  beweist  uns  dies,  daß  das  Organ  durch  die 
Reihe  der  marinen  Ektoprokten-Larven  immer  in  mehr  oder  weniger  gleicher  Form  vor- 
kommt. Barrois  unterschied  innerhalb  dieses  Organs  noch  einen  abgerundeten  drüsigen 
Körper  als  ,,organe  glandulaire",  und  auch  dieses  scheint  außer  bei  Alcyonidium  und 
den  Cyclostomen  konstant   zu  sein. 

An  der  vorderen  Partie  des  inneren  Ektoderms  findet  man  bei  der  jüngsten  plankto- 
nischen Larve  (Fig.  7,  Taf.  II)  eine  sackförmige  Depression,  an  deren  blindes  Ende  der 
Dorsalmuskel  fM  D)  heranreicht.  Der  Sack  öffnet  sich  ins  Atrium  und  zwar  in  dessen  vor- 
deren Abschnitt.  Der  vordere  Atrium-Abschnitt  +  Sack  hat  jetzt  die  Gestalt  eines  Helms, 
und  etwa  mit  dem  Gesichtsausschnitt  desselben  ließe  sich  die  Öffnung  vergleichen,  durch 
die  der  vordere  mit  dem  mittleren  Atriumteil  kommuniziert.  Den  seitlichen  Rändern  dieser 
Öffnung  entlang,  aber  scheitelwärts  nicht  ineinander  übergehend  (sie  sind  also  im  Median- 
schnitt nirgends  getroffen)  verlaufen  die  von  der  Corona  hackenförmig  abbiegenden 
Wimper wülste  (Co  Mo,  als  Schatten  angedeutet). 

Es  sei  schon  jetzt  ausdrücklich  betont,  daß  man  es  hier  aus  obigen  Gründen  nicht 
mit  einem  besonderen  Wimperkranz  zu  tun  hat,  wie  früher  mehrfach  angenommen  wurde, 
sondern  lediglich  mit  einer  Modifikation  der  Corona,  was  die  beiden  gemeinsame  Zell- 
anordnung beweist. 

Dort  wo  das  innere  Ektoderm  des  mittleren  Atriumabschnittes  in  das  des  vorderen, 
resp.  den  Sack  übergeht,  findet  sich  der  Querschnitt  des  „Velum-M  uskels"  (MR.  V.), 
eines  Ringmuskels,  der  in  derselben  Art  wie  der  Corona-Muskel  (MR.  Co)  und  die  Schlund- 
Ringmuskulatur  das  Atrium  umgürtet.  Der  Sack,  der  die  erste  Anlage  des  birnförmigen 
Organs  darstellt,  wird  von  Zellen  gebildet,  die  sich  von  den  übrigen  Zellen  des  oralen  Ekto- 
derms durch  ihre  Größe  unterscheiden,  sich  aber  untereinander  noch  nicht  weiter  differen- 
ziert haben.  An  einem  Frontalschnitt  durch  ein  etwas  älteres  Stadium  zeigt  sich  ein  Bläs- 
chen am  blinden  Ende  des  Sackes  abgeschnürt  (Fig.  8 ;  Gl.  A.),  das  aber  durch  einen 
schmalen  Spalt  mit  dem  Sack  in  Verbindung  bleibt.  (Dieser  Schnitt  trifft  den  Spalt  nicht, 
sondern  verläuft  etwas  hinter  demselben.)  Die  Zellen  des  Bläschens  sind  größer  und  unter- 
scheiden sich  im  Habitus  von  den  Zellen  des  Sackes.  Dieser  verengt  sich  gegen  das  Bläs- 
chen und  bildet  so  unterhalb  desselben  eine  schmale,  in  der  Mediane  verlaufende  Rinne,  die 
sich  im  Laufe  der  weiteren  Entwicklung  vertieft  und  dadurch  das  Bläschen  einkerbt  (Text- 
Fig.  III).  Zu  gleicher  Zeit  verdickt  sich  das  Epithel  des  Säckchens  zu  beiden  Seiten  der 
Rinne  durch  die  Bildung  mehrerer  Reihen  hoher  Wimperzellen.  Diese  Reihen  verlaufen  mit 
der  Rinne  und  stoßen  hier  direkt  auf  die  oben  erwähnte  Corona-Modifikation,  so  daß  man  die 
beiden  für  eine  einzige  Bildung  halten  könnte  Fig.  4,  Taf.  II.Ww.).  Die  Wimperwälle  zeigen 
jedoch  einen  von  der  Corona  grundverschiedenen  Bauplan  und  legen  sich,  wie  wir  gesehen 
haben,  später  an  als  diese.  Ich  will  deshalb  die  Wimperzellenreihen  in  Begleitung 
der  Rinne  zum  Unterschied  ,, Wimperwälle"  nennen.  Damit  sind  die  beiden  wichtigsten 
Teile  des  Organs  angelegt,  und  zwar  entspricht  das  Bläschen,  das  später  drüsenähnliche  Be- 


_     13     ~ 

schaffenheit  gewinnt,  dem  „organe  glandulaire"  („Entodermknospe"  Hatschek),  die 
Rinne  mit  den  Wimperwällen  zu  beiden  Seiten  der  „fente  ciliee"  (Barrois);  „Mund- 
furche" (Nitsche).  Die  vorliegende  Untersuchung  beweist  im  Gegensatze  zu  Barrois 
(i2.  S.  24)  und  Hatschek  (9)  und  in  Übereinstimmung  mit  Vigelius  (14)  die  gleiche  und 
zwar  ektodermale  Abstammung  der  beiden  Organe  und  ihre  innige  Zusammen- 
gehörigkeit. 

Die  weiteren  Veränderungen  des  Organs  betreffen  hauptsächlich  den  von  mir  bisher 
„Bläschen"  genannten  Teil  desselben.  In  dessen  Zellen  tritt  innere  Sekretion  auf,  wodurch 
sie  sich  dem  Boden  der  Rinne  zu  konvergierend  strecken.  Das  Lumen  des  Bläschens  wird 
dadurch  sehr  bald  ausgefüllt,  die  Kerne  bleiben  mit  etwas  Plasma  peripher  und  nur  Spuren 
von  Plasma  finden  sich  an  den  übrigen  Zellwandungen.  Auf  Fig.  9  (Taf.  II)  findet  man  das 
Organ  in  diesem  Stadium  nahezu  median  geschnitten,  aber  doch  so,  daß  man  den  Verlauf  der 
die  „Wimperrinne"  (Fente)  begleitenden  „Wimperwälle"  an  den  Querschnitten  der  Wimpern 
erkennen  kann.  Rinne  und  Wälle  verstreichen  nach  vorwärts  in  eine  Grube,  die,  wie  ich 
später  zeigen  werde,  eine  besondere  Bedeutung  gewinnt.  Vergleicht  man  nun  den  Frontal- 
schnitt Fig.  8  und  die  Textfigur  III  mit  dem  entsprechenden  Schnitt  durch  das  ausgebildete 
Organ  in  Fig.  13  (Taf.  III),  so  wird  die  Abkunft  des  nun  dominierenden  „Gallertkopfes", 
wie  ich  den  oberen  Teil  des  Organs  fortan  nennen  will,  von  dem  ,, Bläschen"  ohne  weiteres 
einleuchten.  Wie  man  sieht,  haben  nur  die  äußeren  Zellen 
an  der  Sekretbildung  teilgenommen  und  sich  nach  innen 
immer  weiter  verlängernd  die  innen  gegen  die  „Rinne"  zu 
gelegenen  Zellen  zwischen  sich  genommen.  Die  letzteren 
haben  ihre  Wirkungssphäre  nach  außen  gerichtet,  sich  zu 
Wimperzellen  umgewandelt ,  und  vervollständigen  so  den 
Wimperbesatz  der  „Wimperwälle"  bis  in  den  Boden  der 
Rinne  hinein.  Auch  nach  außen  haben  sich  die  sekretbilden- 
den Zellen  xerlängert ,  wie  die  von  ihrer  früher  peripheren 
Lage  mehr  nach    innen    gerückten,    übrigens   schon   ganz    de- 


prunares 


-WtmpeninjhE' 
Coronou 


Fig.  III.     Schema  des  entstehenden 
birnförmigen   Organs.     Die   Schnitt- 


generierten    Kerne  beweisen.    Eine  Eigentümlichkeit,  die  sich     --i^htung  entspricht  der  in  Fig.  8, 
bei  den  meisten   meiner    Präparate    wiederfindet,   ist   die,    daß 

die  sekretbildenden  Zellen  weit  auseinandergerückt  sind,  was  ich  aber  für  Schrumpfungs- 
erscheinungen halte.  Was  die  Tinktion  der  Sekretzellen  betrifft,  so  färben  sie  sich  durch 
Eisen-Hämatoxylin  bis  auf  eine  ganz  feine  Granulation  beinahe  gar  nicht,  sondern  bleiben 
hellgelb,  während  sie  Teerfarbstoffe,  wie  z.  B.  Methylgrün,  mit  besonderer  Vorliebe  annehmen. 


Besonders  kompliziert  wird  das  Organ  durch  die  überaus  mannigfaltigen  Endverzwei- 
gungen von  Muskeln  und  Nerven ;  dies  gilt  vor  allem  von  den  ersteren,  die  den  Gallertkopf 
teils  durchdringen,  teils  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  umspannen.  Der  hier  einzig  in 
Betracht  kommende  Muskel  ist  der  Dorsalmuskel  (Fig.  i,  Taf.  I.  MD),  dessen  Verlauf  und 
teilweise  Insertion  am  Scheitelorgan  wir  bereits  kennen  gelernt  haben,  während  der  vordere 
Lateralmuskel  (M.  lat.  a),  den  man  am  Leben  ebenfalls  über  das  birnförmige  Organ  hinziehen 
sieht,  gar  nicht  damit  in   Berührung  kommt,  sondern  an  der  Corona  inseriert.    Der  Haupt- 


—     14     — 

nervenstrang,   ebenfalls  schon   in   Verbindung  mit    dem    Scheitelorgan   erwähnt,   bildet    einen 
ständigen   Begleiter  des   Dorsalmuskels,   den   er  nur  zur   Innervierung  der   Corona  \erläßt. 

1.  Dorsalmuskel,  medianer  Ast;  Haupt-Nervenstrang,  medianer  Ast.  Während 
bei  dem  ersten  untersuchten  Stadiurn  (Fig.  7,  Taf.  11)  der  Muskel  nur  bis  an  das  blinde 
Ende  des  primären  Sackes  reicht,  sieht  man  einen  Ast  desselben  auf  dem  späteren 
Stadium  (Fig.  9)  in  das  Bläschen  eingedrungen,  und  zwar  hat  er  die  Bläschenwand  rück- 
wärts, wenig  oberhalb  der  Rinne  durchbrochen;  das  gleiche  Verhalten  also,  wie  es  beim 
Scheitelorgan  und  dem  Saugnapf  beschrieben  wurde.  Er  verläuft  dann  in  der  Medianlinie 
und  der  Rinne  parallel  zwischen  den  Sekretzellen  nach  vorne,  wo  er  fein  ausgezogen  zwischen 
ein  paar  medianen  Zellen  endet.  Von  den  Hauptstämmen  sieht  man  zugleich  mit  dem  Muskel 
auch  einen  medianen  Nervenstrang  abzweigen,  der  ihn  auch  weiter  durch  den  Gallertkopf 
begleitet.  Der  Nervenstrang  ist  auf  den  Präparaten  weniger  deutlich,  als  er  auf  der  Figur 
dargestellt  ist,  hauptsächlich  deswegen,  weil  das  Paket  dicht  aneinander  liegender  Fibrillen 
ähnlich  wie  die  Gallertzellen  wenig  färbbar  ist.  Immerhin  zeigt  es  mehr  dunklere  Farbe  und 
hebt  sich  so  deutlicher  ab.  Charakteristisch  für  den  Strang  ist,  daß  die  Fibrillen  niemals 
gespannt  sind,  sondern  sich  immer  wellenförmig  überkreuzen.  Auch  auf  Querschnitten  findet 
man  nicht  punktförmige  Fibrillenquerschnitte,  sondern  wellige  Linien.  Betrachten  wir  einen 
Längsschnitt  durch  das  fertige  Organ  (Fig.  i,  Taf.  1),  so  finden  wir  den  Dorsalmuskel  mit 
dem  Fibrillenbündel  (MD  +  Nm)  den  ganzen  Gallertkopf  durchsetzen.  Er  verästelt  sich  vor 
der  Rinne  und  schickt  feinste  Endfasern  zwischen  eine  Gruppe  besonders  zu  betrachtender 
Wimperzellen. 

Fossette  anterieur  (Prouho).  Der  Wimper  schöpf  (plumet  vibratil;.  Der 
Bereich,  in  den  die  genannten  Wimperzellen  fallen  (fo),  unterscheidet  sich  \'on  der  rück- 
wärts anschließenden  Wimperrinne  hauptsächlich  dadurch,  daß  er  mehr  einer  halbrunden 
Grube,  als  einer  scharf  eingeschnittenen  Rinne  gleicht  (Fig.  12,  Taf.  111  fo.).  Außerdem  ist 
diese  vorderste  Partie  in  einem  stumpfen  Winkel  von  der  Rinne  abgesetzt.  Entsprechend 
der  Form  dieser  Grube  ist  die  Konvergenz  der  Gallertzellen  (Gl.  Z.)  hier  geringer;  diese 
stehen  nämlich  immer  zur  freien,  wimpernden  Fläche  senkrecht,  was  sich  an  dem  Quer- 
schnitt Fig.  12  erkennen  läßt,  wo  man  die  Zellen  im  Bereich  der  Rinne  längs,  nach  vorne 
zu  jedoch  quergetroffen  findet.  Eingekeilt  zwischen  die  Gallertzellen  in  derselben  W^eise, 
wie  es  oben  von  den  Wimperzellen  der  Rinne  beschrieben  wurde,  und  auch  von  gleicher 
Abstammung  wie  diese  finden  sich  die  obenerwähnten  Wimperzellen,  die  längsten,  die  in 
der  Larve  vorkommen  (Fig.  i,  Taf.  I.  pl).  Die  Wimpern  der  ganzen  Zellgruppe  bilden  einen 
einzigen  Schopf,  so  daß  es  am  lebenden  Objekt  den  Anschein  hat,  als  klebten  sie  anein- 
ander; jedoch  läßt  sich  das  auf  Schnitten  nicht  kontrollieren.  Die  Bewegungsart  des 
Schopfes  ist  von  der  typischen  Wimperbewegung  grundverschieden,  noch  weniger  läßt  sie 
sich  mit  Vibration  vergleichen,  so  daß  ich  den  von  Barrois  für  Lepralia  geprägten  Aus- 
druck „plumet  vibratil"  wenigstens  für  C.  nicht  treffend  finde.  Der  Schopf  bleibt,  solange 
das  Tier  schwimmt,  vorne  hackenförmig  gekrümmt,  und  eine  Art  Nickbewegung  erfolgt  von 
der  Basis  des  Schopfes  aus.  Die  Exkursion  erfolgt  immer  in  der  Mediane,  so  dafi  in  der 
äußersten  Schwinglage  die  Spitze  in  die  Rinne  zu  liegen  kommt.  Der  basale  Teil  der  Zellen 
ist  sehr  lang  und  so  fein  ausgezogen,  daß  man  hier  von  Zellgrenzen  nichts  mehr  sehen  kann. 
Die   Längsachse  der  Zellen  fällt   genau  in  die    Richtung    des    Muskel-    und    Nervenstranges. 


—     15     — 

Während  die  Muskeln  deutlich  zwischen  die  Zellen  zu  \'erfolgen  sind,  lassen  sich  die  Nerven- 
fibrillen von  den  fein  ausgezogenen  Wimperzell-Endigungen  nicht  mehr  trennen.  Es  macht 
beinahe  den  Eindruck,  als  gingen  sie  kontinuierlich  ineinander  über.  (Über  Wimperwurzeln, 
die  hier  auch  sehr  deutlich  bis  in  die  basalen  Enden  zu  verfolgen  sind,  siehe  das  Kapitel 
„Wimperzellen' ' .) 

2.  Die  intermediären  Äste  des  Dorsalmuskels  und  des  Haupt -Nervenstranges. 
Verfolgen  wir  den  Muskel-  und  Nervenstrang  nach  der  Abzweigung  des  medianen 
Astes  oralwärts,  so  finden  wir,  daß  sie  sich  sehr  bald  in  zwei  intermediäre  Äste  teilen 
(Fig.  I,  Taf.  I,  Transparentbl.  a)  MD  im;  N  im).  Auf  dem  Querschnitt  Fig.  12  (Taf.  III) 
sieht  man  bei  MD.  im.;  N.  beiderseits  Muskel-  und  Nervenstrang  in  die  Gallertmasse  ein- 
gesenkt ;  hier  wird  also  kein  Epithel  durchbrochen.  Ma;n  erkennt  ferner,  daß  die  inter- 
mediären Aste  des  Dorsalmuskels  ungleich  schwächer  sind,  als  der  mediane  Ast,  während 
umgekehrt  die  intermediären  Nervenstränge  die,  wie  gleich  hier  erwähnt  werden  soll,  auch 
die  Corona  zu  versorgen  haben,  den  medianen  an  Fibrillenzahl  bedeutend  überlegen  sind. 
Ganz  allgemein  ist  im  Bereiche  der  wimpernden  Organe  eine  deutliche  Proportionalität 
zwischen  Wimperzellen  und  den  hinzutretenden  Nervenbündeln  zu  erkennen.  Wenig  oralwärts 
der  auf  dem  Querschnitt  Fig.  12  getroffenen  Stelle  biegen  die  Nerv-Muskelstränge  recht- 
winkelig nach  vorwärts  um,  und  verlaufen  immer  an  der  Basis  des  „Wimperwalles",  so- 
weit derselbe  reicht. 

Fig.  13,  ein  etwas  schiefer  Frontalschnitt,  zeigt  sie  sich  rechts  zwischen  Gallertkopf 
und  Wälle  einzwängen  (N.  im;  MD.  im),  links  im  Querschnitt  nach  vorne  verlaufend.  (Um 
falschen  Vorstellungen  vorzubeugen,  sei  hier  erwähnt,  daß  das  Organ  sowohl  weiter  vorge- 
streckt, als  auch  eingezogen  werden  kann,  als  es  die  Figur  darstellt;  im  letzteren  Falle 
spannt  sich  das  Epithel  zwischen  Gallertkopf  und  Corona  und  die  auf  der  Figur  gezeichnete 
Falte  verschwindet,  so  daß  die  Nerv-Muskelstränge  nicht  mehr  eingezwängt  erscheinen.)  Aus 
der  auf  dem  Transparentblatt  a  gezeichneten  Figur  (Fig.  i,  Taf.  I)  erkennt  man  ferner,  daß 
sich  der  Muskel  erst  unmittelbar  vor  der  Grube  mehrfach  verzweigt,  während  der  Nerven- 
strang schon  vorher  nach  allen  Zellen  des  Wimperwalles  gleichmäßig  Fibrillen  aussendet. 
Details  über  Innervierung  lassen  sich  auch  hier  nicht  erkennen,  weil  die  Wimperwurzeln  in 
gleicher  Richtung  wie  die  hinzutretenden  Fibrillen  verlaufen,  was  eine  klare  Unterscheidung 
beider  unmöglich  macht. 

Corona-Innervation.  Die  Hauptmasse  der  fibrillären  Nervensubstanz  tritt  aber 
überhaupt  nicht  in  das  Organ  ein,  sondern  behält  nach  dem  Abzweigen  der  intermediären 
Äste  seine  alte  Richtung  der  Corona  zu  bei  (Taf.  II,  Fig.  9,  Nad  Co.).  Auf  dem  Front- 
schnitt Fig.  13  (Taf.  III)  rechts  (N.  ad  Co)  finden  wir  den  einen  der  paarigen  Stränge  nicht 
mehr  in  Begleitung  des  Dorsalmuskels,  ebenso  in  Fig.  8  (Taf.  II),  aus  der  zu  sehen  ist,  daß 
die  Nervenbündel  unter  der  Corona-Modifikation  verlaufen.  In  die  eigentliche  Corona  ein- 
tretend, gabeln  sie  sich  jederseits;  die  vorderen  und  rückwärtigen  Äste  schließen  zu  je  einem 
Bogen  zusammen. 

Mit  den  bisher  betrachteten  Ästen  des  Dorsalmuskels :  ein  medianer  Ast  zum  „plumet, 
zwei  intermediäre  Äste  zu  den  vorderen  Enden  der  Wimperwälle,  die  wir  „Retraktoren" 
nennen  können,  ist  die  Zahl  der  für  das  Organ  in  Betracht  kommenden  Verzweigungen 
noch  keineswegs  erschöpft. 


IG 


3.  Die  handförmigen  Äste  des  Dorsalmuskels,  l'nmittclbar  scheitelwärts  vom  Organ 
zweigen  zwei  sich  bandförmig  verästelnde  Gruppen  ungleich  zarterer  Muskeln  ab, 
die  oral-  und  vorwärts  verlaufen.  Sie  liegen  dem  Gallertkopf  dicht  an,  dessen  vordere 
Hälfte  sie  umspannen.  Auch  der  oralen  Einwölbung  des  Kopfes  folgend  konvergieren  sie 
zum  „plumet",  um  schließlich  an  der  Crousta  der  großen  Wimperzellen  selbst  anzusetzen. 
Fig.  I  (Taf.  I)  zeigt  eine  dieser  Fibrillen  (MD.  hdf.'  in  ihrem  ganzen  \>rlauf;  die  übrigen 
sind  auf   der   Transparentblatt-Zeichnung   ergänzt. 

4.  Die  ringförmigen  Äste  des  Dorsalmuskels.  Endlich  findet  sich  noch  ein  System 
von  drei  oder  vier  Muskeln,  die  \on  den  intermediären  Ästen  in  senkrechter  Richtung  einzeln 
und  in  gleichen  Abständen  voneinander  nach  vorne  abzweigen.  Sie  verlaufen  dicht  dem 
Gallertkopf  anliegend  in  zueinander  parallelen  Kreisen,  die  nur  rückwärts  nicht  geschlossen 
sind,  umgeben  also  den  Gallertkopf  wie  eine  Art  Ringmuskulatur  (Fig.  i 
Transp.  a,  MD.  rgf.).  Fig.  12  (Taf.  III)  zeigt  die  Abzweigstelle  eines  solchen  Muskels  (MD.rgf.); 
da  der  Schnitt  aber  nicht  in  der  Ebene  eines  derselben  geführt  ist,  sieht  man  mehrere  hinter- 
einander liegende  getroffen. 

Außer  den  Refraktoren  finden  sich  also  zwei  aufeinander  senkrecht  stehende  in  ihrer 
Gesamtheit  den  Gallertkopf  netzartig  „umfassende"  Systeme,  wie  ich  sie  vorläufig 
nennen  will. 

Funktion  des  birnförmigen  Organs. 

Aus  der  Anordnung  der  Muskulatur  ergibt  sich  ohne  weiteres  die  rein  mechanische 
Funktion   des   Gallert kopfes    organe   glandulaire,   Barrois).    Schon   am   Leben   fällt  die 

ungeheure  Beweglichkeit  des  Organs  auf,  das 
fortwährend  seine  Form  verändert  und  so  weit 
vorgestreckt  werden  kann,  daß  die  für  gewöhn- 
lich konkaven  Flächen,  die  Wimperrinne  und 
die  „fossette  anterieure",  zu  Konvexen  werden 
(siehe  Text-Fig.  IV).  Im  Extrem  ist  das  un- 
mittelbar vor  der  Festsetzung  der  Fall,  wobei 
der  das  „plumet"  tragende  Teil  der  „fossette" 
wie  eine  Zunge  hervorragt,  die  sogar  ganz 
selbständige  Bewegungen  auszuführen  vermag. 
All  dies  wäre  überhaupt  gar  nicht  denkbar 
ohne  die  überaus  sinnreiche  Einrichtung  einer 
Art  inneren  Skelettes,  wie  es  die  Gallertzellen 
darstellen,  die  vermöge  ihrer  offenbar  gallertig- 
knorpeligen Konsistenz  den  Muskelkontraktio- 
nen nachgebend,  zugleich  mit  der  Form  des 
ganzen  Kopfes  auch  die  des  wimpernden  Epithels  beliebig  verändern  können.  Während,  wie 
schon  oben  erwähnt,  der  mediane  und  die  intermediären  Muskeln  der  Retraktion 
dienstbar  sind,  besorgen  die  beiden  „umfassenden"  Systeme  die  Expulsion,  und  da 
die  beiden  Gruppen  sich  direkt  entgegenwirken,  lassen  sie  alle  Abstufungen  zu.  Überdies 
wird  die  Richtung  der  Expulsion,  und  speziell  die  feinere  Einstellung  des  plumet,  durch  die 


CoTxmcu 


Fhunet 


Wimperriitne. 
Vehmv  Emffntus^l 
Fig.  IV.    Das  birnfürmige  Organ  nach  einem  med.  Schnitt. 
Die  Pfeile    bedeuten    die   Richtung    des   Nahrungsstromes. 


17 


Wirkung  der  bandförmig  verästelten  Gruppe  geregelt,  wie  sich  aus  deren  Insertion  unmittel- 
bar an  der  Crousta  der  großen  Wimperzellen  ergibt.  Die  mechanische  Funktion  des  „Or- 
gane glandulaire"  ist  zu  augenscheinlich,  als  daß  es  nötig  wäre,  die  meist  mit  Reserve  aus- 
gesprochenen Meinungen  anderer  Autoren  zu  berücksichtigen.  Wozu  aber  diese  weitgehende 
Formveränderlichkeit  der  wimpernden  Epithelien  ?  Wir  müssen  vor  allem  zwei  deutlich  ver- 
schiedenartige Funktionen  des  Organs  voneinander  trennen,  die  erste  Avährend  des  Frei- 
schwebens,  die  zweite  während  des  Kriechens  auf  der  Unterlage  knapp  vor  dem  Festsetzen. 
Die  Frage,  ob  das  Organ  während  des  Freischwebens  Lokomotionsorgan  sei,  fällt  von  vorn 
herein  weg;  denn  erstens  ist  seine  Bewegung  am  lebhaftesten,  wenn  das  Tier  an  der  Wasser- 
oberfläche still  liegt,  und  zweitens  erfolgt  der  wirksamste  Schlag  des  Wimperbusches  nach 
der  Rinne  zu,  gleichsinnig  mit  der  Schwimmrichtung,  also  die  Schwimmbewegung  hemmend. 
Aber  gerade  dieser  Schlag  des  plumet,  das  hiebei  an  der  Spitze  gekrümmt  bleibt,  ist  ge- 
radezu eine  „Gr eif be wegung"  und  dessen  weite  Vorstreckbarkeit  zum  Ergreifen  ent- 
fernterer Nahrungspartikel  sehr  günstig,  die  dann  in  die  Wimperrinne  gebracht,  von  dieser 
weiter  in  den  Schlund  befördert  werden.  Sollte  es  in  Fig.  i  (Taf.  I)  den  Anschein  haben, 
als  würde  durch  Vorstülpung  des  Organs  die  Kommunikation  zwischen  dem  vorderen  Atrium- 
abschnitt resp.  der  Rinne  und  dem  mittleren  Atriumabschnitt  unterbrochen  werden,  so  be- 
weist die  ebenfalls  nach  einem  meiner  Präparate  gezeichnete  Text-Fig.  IV  das  Gegenteil.  Ge- 
rade durch  äußerste  Expulsion  streckt  sich  die  Rinne  und  führt  direkt  zum  Schlund.  Ob 
dem  plumet  außerdem  die  Funktion  zufällt,  eine  Auswahl  zwischen  den  Nahrungspartikeln 
zu  treffen,  ist  fraglich;  zweifellos  als  Sinnes- 
organ fungiert  es  jedoch  unmittelbar  vor  dem 
Festsetzen. 

Hiebei  ändert  sich  zuerst  die  Art  der 
Fortbewegung,  indem  die  Larve  nicht  mehr 
schwimmt,  sondern  mit  der  Atriumöffnung 
auf  der  Unterlage  aufsitzend  mit  Hilfe  der 
Corona-Wimpern  eine  Zeitlang  umherkriecht, 
wobei  man  sie  bequem  unter  dem  Mikroskope 
beobachten  kann.  Hiebei  ist  die  Fortbewe- 
gungsrichtung geändert ;  während  früher  das 
Scheitelorgan  das  vorgeschobene  Sinnesorgan 
war,  so  kriecht  die  Larve  jetzt  mit  dem  birn- 
förmigen  Organ  voran.  Der  schopftragende 
Teil  des  Organs  ragt  wie  eine  Zunge  unter 
der  Corona  weit  hervor  (s.  Text-Fig.  V)  und  bewegt  sich  selbständig  in  der  Ebene  der 
Unterlage  hin  und  her.  Der  Schopf  selbst  führt  dieselbe  Bewegung  aus,  wie  vorher  bei  der 
Nahrungszufuhr,  nur  kann  er  natürlich  nicht  mehr  bis  in  die  Rinne  hineinschlagen,  weil  die 
LInterlage  ihn  daran  hindert;  und  so  klopft  er  mit  dem  hackenförmig  gebogenen  Ende  auf 
diese  auf.  Die  ganze  Bewegung  erinnert  jetzt  frappant  an  die  einer  Ameise,  die  den  Kopf 
hin  und  her  wendet  und  hiebei  ihre  Umgebung  mit  den  Antennen  „betastet"  —  und 
als  Tastorgan  haben  wir  somit  auch  das  birnförmige  Organ  hier  aufzufassen.  Es 
scheint,   daß   die   Larve  nach   einer  möglichst  glatten    LTnterlage    sucht,    denn    sie    setzt    sich 

Zuologlca.    Heft  47.  3 


derdasFlumet 
traqende.  Teil 
desGallerOtopfes 
die.  Zun^a  " 


Fig.  V.     Nach   Beobachtung     am    lebenden   Objekt    kon- 
struierter   Medianschnitt    durch   das    birnförmige   Organ 
während   des   Kriechens    auf   der   Unterlage.     Der   Pfeil 
bedeutet  die  Fortbewegungsrichtung. 


—      iS      — 

mit  Vorliebe  auf  bisher  von  Bryozoen  unbenutzte,  vor  allem  junge  Posidonienblätter  fest, 
und  ebenso  gern  auf  Glas  und  Kollodium.  Ist  die  passende  Stellung  gefunden,  so  erfolgt 
die  Retraktion  sowohl  des  Organs,  als  der  ganzen  Larve  unter  die  Schalen  durch  eine  zwar 
langsame,  aber  bis  ins  Extrem  gehende  Kontraktion  des  Dorsalmuskels,  die  das  Reißen  des 
Schalenschließers  verursacht  und  den  ganzen  Festsetz-Prozeß  einleitet  (vgl.  pag.  34  ff.\  Wie 
man  sieht,  geht  die  Fähigkeit,  den  Dorsalmuskel  zur  Kontraktion  zu  bringen,  vom  Scheitelorgan 
ganz  auf  das  birnförmige  Organ  über,  und  diese  Kontraktion  erfolgt  jetzt  langsam  und 
nicht  ruckweise,  wie  früher. 

Der  feinere  Bau  des  Organs  ist  sonst  nur  bei  Flustrella,  Bugula  und  Alcyonidiicm 
besser  bekannt.  Bei  Flustrella  sind  nach  Prouhos  Abbildungen  (4.  PI.  XXII,  Fig.  4,  5) 
die  ^^'imperzellen  der  Zahl  nach  reduziert  (so  zeigen  die  Wimperwälle  nur  jederseits  eine 
Zellreihe),  und  alle  Äste  des  Dorsalmuskels  fehlen,  bis  auf  den  medianen,  der  aber  am 
aboralen  Ende  des  Organs  inseriert.  Im  übrigen  zeigt  das  Organ  bezüglich  des  Gallert- 
kopfes und  der  Innervierung  genau  gleiche  Verhältnisse.  Bei  Bugula  (Vigelius  14) 
kofnmt  die  Muskulatur  ganz  in  Wegfall  und  bei  Alcyonidium  nach  H  arm  er  s  Abbildungen 
(16.  PI.  XXVII,  XXVIII)  vielleicht  auch  der  Gallertkopf,  so  daß  schließlich  nur  mehr  an- 
scheinend innervierte  Wimperzellen  konstant  bleiben. 


Die  Corona.     Der  Innenbogen  (arceau). 

Während  Scheitelorgan,  Saugnapf  und  birnförmiges  Organ  bei  den  marinen  Ekto- 
prokten-Larven  überall  wiederkehren,  ist  ganz  allein  bei  C.  eine  „Corona",  d.  i.  ein  einheit- 
licher präoraler  Wimperkranz,  von  vornherein  nicht  zu  konstatieren.  Betrachtet  man  die 
Fig.  4  (Taf.  II),  so  hat  man  die  Verhältnisse  vor  sich,  wie  sie  sich  auf  Totopräparaten  dar- 
stellen. Man  erkennt  dann  rückwärts  und  nach  innen  einbiegend  einen  geschlossenen  circu- 
manalen  Wimperkranz,  vorne  eine  AMmperschnur,  die  ebenfalls  einbiegt,  aber  in  der  Mediane 
nicht  geschlossen  ist.  So  ungefähr  fand  auch  Prouho  (4  pag.  433)  „.  .  .  la  division  de  la 
couronne  en  deux  bandes  ciliees  distinctes,  l'une  anterieure  preorale,  l'autre  posterieure  peri- 
anale." 

Nun  findet  man  aber  am  Leben  zwischen  dem  vorderen  und  rückwärtigen  Wimper- 
band, am  Rande  der  mittleren  Atriumpartie,  Reihen  schwach  verdickter  und  wimpernder 
Zellen.  Andererseits  macht  es  häufig  den  Eindruck,  als  ob  die  Kernreihen  des  ,,Innen- 
bogens"  nicht  kontinuierlich  in  die  Reihen  des  den  Schalenrändern  entlang  nach  rückwärts 
verlaufenden  Wimperkranzabschnittes  übergingen,  sondern  eher  auf  ihnen  senkrecht  stünden. 

Die  embryonalen  Entwicklungsvorgänge,  die  Prouho  (5)  bei  drei  Species,  die  den  C 
als  Larventypus  haben,  studiert  hat,  bringen  Licht  in  diese  komplizierten  \'erhältnisse.  Er 
fand,  daß  die  Larve  erst  einen  präoralen  Wimperkranz,  also  eine  richtige  Corona 
anlegt,  während  sich  erst  nachträglich,  \on  zwei  symmetrischen  Höckern  im  Atrium 
seinen  Ausgang  nehmend  der  „Innenbogen"  (arceau)  bildet.  Erst  sekundär  tritt 
dieser  mit  der  Corona  in  Verbindung,  und  zugleich  beginnt  die  Rückbildung  des 
mittleren   Corona-Abschnittes.    Da   die   Stadien,  an   denen   meine   Untersuchungen   ge- 


—     19     — 

macht  wurden,  pelagisch  gefischt  waren,  konnte  ich  chese  succesiven  Bildungen  zwar  nicht 
beobachten,  wohl  aber  deutliche  Unterschiede  in  der  Struktur  des  Innenbogens  und  der 
Corona  auffinden.  Um  dies  erläutern  zu  können,  bedarf  es  einer  eingehenden  Beschreibung 
der  vorkommenden  Wimperzellen,  die  sich  aber  zum  Studium  ihrer  feineren  Struktur  ganz 
vortrefflich  eignen,  sich  scharf  in  Typen  sondern  lassen,  und  so  vielleicht  später  für  die  ver- 
wandtschaftlichen Beziehungen  der  Troche  überhaupt  Konsequenzen  zulassen  werden. 

Die  Wimperzellen. 

Betrachtet  man  einen  Querschnitt  durch  den  rückwärtigen  Corona- Abschnitt  Fig.  17 
(Taf.  IV),  so  findet  man  drei  Wimperzellen,  jede  der  Repräsentant  einer  Reihe,  und  zwar 
zwei  eigentliche  Wimperzellen  und  eine  „Zweicilienzelle".  Die  mittlere  (Wz.  A) 
eignet  sich  am  besten  für  die  Untersuchung,  und  ich  will  an  ihr  zuerst  die  den  Wimper- 
zellen gemeinsam  zukommenden   Charaktere  demonstrieren. 

Die  Zelle  ist  von  dem  charakteristischen  Körnerplasma  gleichmäßig  erfüllt  und  von 
einer  stark  lichtbrechenden  hyalinen  Plasmaschicht,  der  Crousta,  bedeckt.  Verfolgen  wir 
die  einzelne  Wimper,  so  finden  wir  sie  außen  und  durch  die  Crousta  hindurch  zarter  ge- 
färbt, dann  derselben  von  innen  anliegend  eine  sehr  intensiv  gefärbte  Verdickung,  den 
Basalkörper;  darauf  folgt  eine  straff  gespannte,  dunkler  als  der  extrazelluläre  Teil  ge- 
färbte Faser,  die  Wurzel,  die  sich  bis  unmittelbar  zur  Zellbasis  verfolgen  läßt. 

Soweit  stimmen  alle  Wimperzellen  miteinander  überein.  Der  Faserteil  vom  Basalkörper 
nach  außen  zeigt  sich  oft  gegenüber  der  Wurzel  geknickt,  was  auf  eine  Gelenkung  inner- 
halb des  Basalkörpers  schließen  ließe.  Das  ganze  Fasersystem  ist  äußerst  resistent,  und  er- 
hält sich  meistens  auch  bei  schlechter  Konservierung  und  Erhitzung,  wenn  das  übrige 
Plasma  schon  geschwunden  ist.  Auch  der  Histolyse  gegenüber  zeigen  die  W'urzeln  unter 
allen  Differenzierungen  die  größte  Widerstandsfähigkeit  (Fig.  26,  Taf.  V).  Ein  Abreißen  der 
Fasern  an  irgend  einer  Stelle  gehört  zu  den  Seltenheiten.  Die  kräftigsten  Wimper- 
wurzeln finden  sich  an  den  Zellen  des  Velum  (Fig.  19,  Taf.  IV.  Wz.  V.),  wo  sie  geradezu 
an  Muskelfibrillen  erinnern,  wie  solche  z.  B.  in  die  Adhäsivplatte  eindringen.  In  manchen 
Fällen  findet  man  die  Wenzeln  äußerst  regelmäßig  in  Körnchen  zerfallen,  wie  es  auch  sonst 
beobachtet  wurde;  jedoch  weiß  ich  nicht,  worauf  der  Zerfall  zurückgeführt  werden  könnte. 
Kehren  wir  nun  zu  den   Eigentümlichkeiten   zurück,   die   die   Zelle   vom 

Typus  A  zeigt  (Fig.  17,  Taf.  IV;  Fig.  i,  Taf.  I;  Fig.  8,  Taf.  II;  Fig.  13,  Taf.  III 
Wz.  A.).  Sie  hat  die  Form  einer  vierseitigen  Pyramide,  deren  Basis,  die  Außenfläche 
der  Zelle,  ein  langgestrecktes  Rechteck  darstellt  (Fig.  19,  Taf.  IV,  Wz.  A.).  Derselbe 
Schnitt  trifft  die  Wimperwurzeln  quer  (Py  Qu.  A),  und  zwar  in  der  Höhe  der  Basalkörper, 
woraus  sich  ein  rechteckiges  Punktfeld  ergibt,  dessen  Längsseite  der  Breitseite  der  Zell- 
basis entspricht.  Bei  genauerem  Zusehen  findet  man  die  Punkte  parallel  der  Längsseite 
des  Rechteckes  in  Reihen  angeordnet,  d.  h.  die  Punkte  (Basalkörper)  stehen  in  dieser 
Richtung  näher  aneinander  als  in  der  darauf  senkrechten.  Man  kann  circa  5  Längs- 
reihen von  je  7 — 10  Punkten  unterscheiden.  Im  nächsten  Schnitt  derselben  Serie  (Fig.  20), 
der  durch  die  Kernregion  hindurchgeht,  findet  man  das  noch  immer  rechteckige,  aber 
etwas    kleinere    Punktfeld    zwischen    Kern    und    aboraler    Zellwand    eingekeilt.     Die    Wimper- 


—     20     — 

wurzeln  bilden  also  eine  vierseitige  Pyramide  (siehe  auch  Text-Fig.  VI).  Der  zentral  ge- 
legene, nach  außen  zugespitzte  Kern  füllt  die  geringe  Zellbreite  fast  vollständig  aus  und 
grenzt  somit  zwei  Zellpartien  voneinander  ab.  Die  kleinere  enthält  die  Faserpyramide,  die 
größere  ist  von  Körnerplasma  erfüllt  (Fig.  17).  Für  letztere  will  ich  im  folgenden  den  von 
Heidenhein  eingeführten  Ausdruck  , .toter  Raum"  benützen.  Die  unverhältnismäßig  große 
Ausdehnung  des  toten  Raumes  bildet  eine  Eigentümlichkeit  dieser  Zelle,  die  nur  noch  von 
einer  Zelle  des  Innenbogens  (Fig.  22;  Wz.  C.)  darin  übertroffen  wird.  In  Fig.  17  kann  man 
die  Wurzeln  bis  unmittelbar  vor  die  Zellbasis  einzeln  verfolgen.  Hier  verblassen  sie  aber 
und  lassen  sich  nicht  mehr  voneinander  trennen.  Diese  basale  Partie  der  Faserpyramide, 
die  „Stammfaser"  (Engelmann  22),  tritt  mit  einer  seichten  Biegung  in  aboraler  Rich- 
tung aus,  —  oder  wenn  man  will :  die  Zelle  setzt  sich  in  einen  Schwanz  fort,  der  nichts 
anderes,  als  die  Stammfaser  enthält;  denn  diese  unterscheidet  sich  vom  übrigen  Körner- 
plasma der  Zelle  ganz  auffallend  dadurch,  daß  sie  überall  eine  ganz  charakteristische  blasse 
und  homogene  Färbung  zeigt.  Auf  Fig.  21  der  Querschnittserie  sieht  man  sie  bei  St.  Qu. 
quergetroffen  als  ein  Rechteck,  das  dem  Querschnitt  durch  die  Faserpyramide  entspricht. 
Eine  feinste  Punktierung  glaube  ich  manchmal  gesehen  zu  haben. 

Die  Stammfaser  läßt  sich  bis  zum  Corona-Nervenbündel  verfolgen,  mit  dem  sie  in 
innigen  Kontakt  tritt.  Auf  Längsschnitten  durch  die  Zellen,  wie  in  Fig.  17,  läßt  sich  über 
die  Innervierung  der  Stammfaser  nichts  aussagen,  weil  der  Querschnitt  des  Nervenbündels 
nur  selten  und  dann  undeutlich  zu  erkennen  ist.  An  Fig.  21  der  Querschnittserie  kann  man 
noch  etwas  mehr  sehen,  nämlich  daß  viele  Fibrillen  bis  zu  je  einer  Stammfaser  hinziehen, 
während  sich  zwischen  je  zwei  Stammfaser-Querschnitten  ein  paar  Fibrillen  in  einem  ganz 
feinen  Bündel  mehr  oralwärts  zu  den  zwei  Cilien-Zellen  weiter  verfolgen  lassen.  Der  Schnitt 
trifft  die  Zellreihe  A  nicht  überall  in  gleicher  Höhe,  und  dort,  wo  die  Stammfaser  (bei  a) 
höher  getroffen  ist,  sieht  man  die  Fibrillen  ihr  in  einem  Bogen  ausweichen  und  nur  in  den 
Zwischenräumen  zur  Zwei-Cilien-Zellreihe  ziehen.  Die  Stammfaser  tritt  also  nur  mit  ihrem 
Ende  in  Kontakt  mit  den  Fibrillen;  ob  sie  dort  von  ihnen  umsponnen  wird,  oder  ob  die 
Fibrillen  hier  inserieren,  oder  in  die  Stammfaser   eintreten,   entzieht   sich   der    Beobachtung. 

Hiermit  ist  aber  die  Differenzierung  noch  nicht  erschöpft.  In  Fig.  17  findet  man  un- 
mittelbar unterhalb  der  Crousta  in  der  Höhe  der  Basalkörper  und  von  diesen  weg  einen 
sehr  intensiv  gefärbten  schmalen  Streifen  ziehen,  der  sich  durch  den  toten  Raum  bis  zur 
Zellgrenze  der  Zwei-Cilien-Zellen  verfolgen  läßt  (BK.  F.).  Anfänglich  glaubte  ich,  der  Streifen 
bedeute  nichts  anderes,  als  daß  sich  die  Crousta  innen  dunkler  färbe  wie  außen,  bis  mich 
der  in  Fig.  15  (Taf.  III)  abgebildete  (in  der  Richtung  /iv  Fig.  17)  geführte  Längsschnitt  durch 
die  Corona  eines  Besseren  belehrte.  Der  Schnitt  trifft  die  Zellreihe  vom  Typus  A  in  der 
Partie  der  Wimperwurzel  bei  Wz.  A.,  und  im  toten  Raum  bei  t.  R.,  und  ich  fand  der  Crousta 
von  innen  anliegend  innerhalb  des  toten  Raumes,  nicht  wie  ich  anfänglich  erwartet  hatte, 
Streifen,  sondern  Punkte,  so  daß  wir  es  hier  tatsächlich  mit  Fasern  zu  tun  haben,  die  im 
Schnitte  quer  getroffen  sind.  Die  Querschnitte  entsprechen  sowohl  der  Zahl  nach  (ca.  10 
per  Zelle),  als  nach  Größe  und  Intensität  der  Färbung  den   Basalkörpern. 

Nun  war  mir  auch  die  blasse  Streifung  verständhch,  die  ich  an  dem  Corona-Längs- 
schnitte  (Fig.  19)  schon  früher  gesehen  hatte,  jedoch  zu  deuten  nicht  im  stände  war.  Ich 
hielt  sie  für  ein  Trugbild,   etwa  der   Crousta  aufliegende  Wimpern.    Der   Schnitt,  der   nicht 


—     21 


I'ig  VI.  Wimperzelle  A  chematisiert,  um  den  Verlauf 
der  Fasersysteme  zu  zeigen.  Die  Wimpern  vom  Basal- 
körper  nach  außen  und  der  Kern  sind  fortgelassen.  In 
Wirklichkeit  sind  vielmehr  Wurzeln,  Basalkörperfasern 
und  Basalkörper  vorhanden  und  die  letzteren  stoßen  in 
der  Richtung  der  BK-Fasern  beinahe  aneinander. 


genau  in  der  Eigene  der  Basalkörper  resp.  der  P^asern  verläuft,  hat  die  Fasern  zum  größten 
Teil  nur  angeschnitten,  weshalb  sie  blasser  erscheinen  und  nur  vereinzelt  die  intensive  Fär- 
bung der  Basalkörper  zeigen  (BK.  F.).  Sie  schließen  an  gleiche  Fasern  der  Innern  Zelle 
(Typus  B),  nur  durch  die  Zellgrenze  von  ihr  getrennt,  an,  scheinen  die  Basalkörper  in 
den  Querreihen  miteinander  zu  verbinden  und  verlaufen  durch  den  toten  Raum  zur  gegen- 
überliegenden Zellgrenze.  Genauere  Untersuchung  zeigt  aber,  daß  die  Basalkörper,  die  eigent- 
lich nur  in  dieser  Querreihe  im  ganzen  Durch- 
messer getroffen  sind,  einen  ganz  schmalen 
hellen  Zwischenraum  zwischen  sich  lassen,  was 
aber  natürlich  nicht  ausschließt,  daß  trotzdem 
eine  wenig  färbbare  Verbindung  existiert.  Wie 
die  angeschnittenen  und  daher  blasseren  Fasern 
beweisen,  gehört  je  eine  derselben  zu  einer 
Basalkörper-Querreihe.  Deshalb,  ferner  wegen 
des  entsprechend  großen  Querschnittes  und  der 
gleichartigen  Färbung  will  ich  sie  „Basalkörper- 
Fasern"  nennen,  und  nur  besonders  betonen, 
daß  nie  eine  Wimper  aus  ihnen  entspringt  (siehe 
Text-Fig.  VI).  Nach  den  nun  gewonnenen  Ge- 
sichtspunkten lassen  sich  auch  die  übrigen 
Wimperzelltypen   leicht   charakterisieren. 

Typus  B.  Die  Zellen  der  gegen  das  Atrium-Innere  anschließenden  Zellreihe  (Fig.  17, 
Taf.  IV;  Fig.  i,  Taf.  I;  Fig.  8,  Taf.  II;  Fig.  13,  Taf.  III;  Wz.  B.)  zeigen  im  wesentlichen 
dasselbe  in  Bezug  auf  Wimpern,  Basalkörper  und  Wimperwurzeln,  nur  hat  die  Wurzel- 
pyramide eine  andere  Richtung,  als  bei  A;  sie  durchmißt  die  Zelle  in  der  Diagonale  und  ist 
daher  länger.  Da  die  Wurzelpyramide  in  Fig.  20  nicht  quergetroffen  ist,  wurde  sie  des  unklaren 
Bildes  wegen  weggelassen.  In  Fig.  19  zeigen  die  Fasern  resp.  Basalkörper  ein  rechteckiges 
Punktfeld,  dessen  Längsrichtung  der  Querrichtung  des  Punktfeldes  bei  A  entspricht.  Der  tote 
Raum  ist  geringer  und  erstreckt  sich  mehr  nach  der  dem  Atrium  zugelegenen  Zellwand, 
umgekehrt  wie  bei  A.  Die  Stammfaser  ist  kürzer  als  bei  A  (Fig.  17).  Die  Basalkörper-Fasern 
sind  ganz  kurz  und  verlaufen  von  den  Basalkörpern  zur  Zelle  A.  Die  Kerne  sind,  wie  bei 
A,  gegen  die  Crousta  zugespitzt. 

Hier  ist  noch  zu  erwähnen,  daß  die  Ausläufer  des  Dorsalmuskels  (Fig.  i,  Taf .  I 
EMD)  und  des  rückwärtigen  und  vor  deren  Lateralmuskels  (E  M  lat.  a)  immer  an 
der  Zelle  B  und  zwar  genau  in  der  Höhe  der  Basalkörper  ansetzen,  nachdem  sie  zu- 
vor in  den  Zwischenräumen  zwischen  den  Begleitzellen  (Bgl.  Z)  in  das  Epithel  einge- 
drungen sind  (Fig.  20,  19,  17,  Taf.  IV;   ME.) 

Derart  finden  sich  Muskelendigungen  Basalkörper  und  Basalkörper-Fasern  immer  in 
einer  Ebene  (Fig.  19  ME). 

Typus  C.  des  „Innenbogens"  (Fig.  22,  Wz.  C.)  zeigt  den  toten  Raum  (t.  R.)  bis 
ins  Extrem  vergrößert  und  demgemäß  auch  die  Basalkörper-Fasern  bedeutend  verlängert. 
Dazu  kommt  noch,  daß  der  Kern  nicht  zugespitzt,  wie  bei  den  bisher  betrachteten  ZeUtypen, 
sondern  rund  ist,   und  von  den  Wimperwurzeln  weit  ab  mitten  im  toten  Raum  liegt.    Auch 


—     22        - 

hier  zeigt  der  Querschnitt  durch  die  Wurzehi  (Kig.  21  Wz.  C)  ein  rechteckiges,  im  Quer- 
durchmesser der  Zelle  langgestrecktes  Punktfeld.  Die  Punkte  sind  zahlreicher  und  liegen 
enger  aneinander,  als  bei  A  und  B ;  und  zwar  scheinen  sie  hier  in  Längs-  und  Querreihen 
gleichweit  voneinander  zu  liegen.  Gegen  die  Basis  zu  getroffene  Zellen  (ß)  zeigen  das  Punkt- 
feld nur  wenig  verkleinert,  die  Zellbreite  ganz  ausfüllend,  aber  bedeutend  blasser.  In  der 
Basis  selbst  erkennt  man  immer  noch  ein  schmales  homogenes  Band  als  den  Quer- 
schnitt der  Stammfaser.  Unter  der  Zellbasis  verläuft  ein  sehr  schwaches,  von  der  Co- 
rona aus  den  Innenbogen  versorgendes  Nervenbündel  (N  J). 

Andere  Verhältnisse  zeigen  die  Wimperzellen  des  Wimperwalles  und  des  „plumet",  die 
ich  unter 

Typus  D  subsummiere.  Es  sind  durchweg  langgestreckte  Cylinderzellen  (Fig.  13, 
Taf.  III.  Ww;  Fig.  i,  Taf.  I,  pl;  Ww),  die  mit  spindelförmig  ausgezogener  Basis  in  die  Fi- 
brillenbündel  hineinragen.  Die  Wimpern  bedecken  die  mehr  oder  weniger  kreisrunde  Zell- 
oberfläche vollständig.  Basalkörper  unter  der  Crousta  sind  überall  deutlich,  die  Wurzeln 
treten  kegelförmig  zusammen  und  sind  noch  weit  unterhalb  des  spindelförmigen  Kernes  ge- 
trennt zu  erkennen,  dann  verschmelzen  sie  zur  Stammfaser.  Ob  der  fein  ausgezogene  Basal- 
teil die  Stammfaser  allein  oder  den  Zellschwanz  darstellt,  ist  nicht  festzustellen.  Der  tote 
Raum  ist  ganz  reduziert,  und  infolgedessen  sind  auch  keine  Basalkörper-Faser  nachzu- 
weisen.  Zu 

Typus  E  zähle  ich  alle  wimpernden  Epithelzellen,  die  mit  Ausnahme  der  postanalen 
Wimperzellen  (Fig.  i,  Taf.  I  p.  an)  flächenhaft  entwickelt  sind  und  eine  mehr  oder  weniger 
bauchig  aufgetriebene  Endfläche  aufweisen  (Wz.  E  ;  Fig.  13,  Taf.  III  Wz.  zz.).  Wimpern  wie 
intrazellulärer  Faserapparat  sind  ungleich  schwächer  entwickelt.  Eine  Stammfaser  konnte  nur 
bei  einer  Zelle  des  Innenbogens,  die  sonst  diesem  Typus  entspricht,  nachgewiesen  werden 
(Fig.  22  Wz.  E). 


Typus  V.  Das  Velum.  Was  ich  mit  dem  Namen  \'elum  bezeichne,  ist  eine  Falte  des 
oralen  Ektoderms.  Sie  zweigt  vom  Innenbogen,  der,  wie  Fig.  22  zeigt,  ebenfalls  eine  Falte 
darstellt,  innerhalb  des  Atriums  rechtwinklig  gegen  das  birnförmige  Organ  ab.  Verfolgt  man 
den  Velum-Ringmuskel  (MR.  V.)  in  Fig.  i  (Taf.  I),  so  sieht  man  ihn  bei  «  und  y  im  Querschnitt. 
Von  a  verläuft  er  in  der  Falte  des  Innenbogens  bis  ß,  wo  er  in  die  Velumfalte  eintritt  (Fig.  1, 
Transparentbl.),  um  bei  y  zugleich  mit  der  Falte  im  Bogen  umzukehren.  Quer  getroffen 
findet  man  den  Ringmuskel  im  Querschnitt  durch  den  Innenbogen  (Fig.  22)  und  durch  das 
\'elum  Fig.  18).  Wie  man  an  dieser  Figur  ferner  sieht,  wird  die  Falte  \on  zwei  membran- 
dünnen, sich  dicht  aneinanderlegenden  Zellen  gebildet,  von  denen  jede  den  Repräsentanten 
einer  Reihe  darstellt.  Die  Zellgrenze  zwischen  den  zwei  Zellen  findet  sich  bei  q.  Nun  sind 
die  oralwärts  hegenden  Zellen  Wimperzellen,  deren  einzige  Reihe  von  Wimpern  an  den 
Grat  der  Falte,  also  unmittelbar  an  die  Zell  grenze  gerückt  ist.  Hier  findet  sich  auch 
eine  Reihe  Basalkörper  unter  einem  ganz  schmalen  Crousta-Streifen ;  außerdem  eine  Reihe 
äußerst  kräftiger  und  intensiv  gefärbter  Wimperwurzeln,  die  sowohl  darin,  als  auch  durch 
ihre  Länge  die  Wimperwurzeln  aller  andern  Zellen  übertreffen.  Eine  solche  Wurzel  läfit 
sich   in  der   Figur  zwischen   dem  ganz  platten    Kern    und    dem    Muskel,    der    innerhalb    der 


23 


ScKZuTidy 


Falte  liegt,  hindurch  weiter  verfolgen.  Die  Wurzeln  liegen  also  alle  in  einer  der  Zellbasis 
parallelen  Ebene.  Fig.  21  (WZV)  zeigt  die  Wimperzellenreihe  längs  getroffen  und  man  sieht 
über  dem  im  Verhältnis  zu  seiner  Dicke  riesenhaften  Kern  die  Wurzel  verlaufen,  die  ich 
ihrer  äußerst  intensiven  Färbung  wegen  anfänglich  für  einen  Muskel  hielt.  Diese  Wurzeln 
konvergieren  auch,  blassen  aber  einzeln  vor  Zusammentritt  zu  einer  Stammfaser  ab  und 
sind  dann  nicht  zu  verfolgen. 

Schon  am  Leben  sah  ich  ein  eigentümliches  Lhidulieren 
im  Atrium,  das  ich  nicht  zu  deuten  vermochte.  Die  Text-Fig.  VII 
soll  ein  hypothetisches  Bild  von  der  Bewegungsart  des  Velum 
geben.  Bei  Kontraktion  des  Muskels  würde  die  Membran  nach  B, 
dinch  Expansion  wieder  in  die  ursprüngliche  Lage  nach  A  zu- 
rückschlagen, wobei  dann  die  Wimpern  noch  außerdem  als  Reuse 
fungierend  gedacht  werden  können. 


Corona 


Fig.  VII  entspricht  dem  Frontal- 
Schnitt  Fig.  17,  Taf.  VI,  zur  Er- 
läuterung    einer    hypothetischen 
Bewegiingsart  des  Velum. 


Die  Zwei-Cilien-Zellen  finden  sich  an  der  Corona  am  weitesten  nach  außen  vor- 
geschoben (Fig.  17,  Taf.  IV;  Co)  und  am  Innenbogen  zwischen  je  eine  Wimperzelle  einge- 
schaltet (Fig.  22).  Gleich  von  vornherein  wollen  wir  feststellen,  daß  den  zwei  zarten  Cilien 
gegenüber  den  kräftigen  Wimperbüschen  der  Zellen  A  und  B  keine  ausschlaggebende 
motorische  Funktion  zukommen  kann,  und  zweitens,  daß  ihnen,  wie  die  LIntersuchung 
am  Leben  zeigt,  eine  von  der  der  Wimpern  grundverschiedene  Bewegungsweise  eigentümlich 
ist:  Die  Cilie  vibriert  nämlich  mit  ganz  geringer  Exkursion,  wie  es  scheint,  in  einer  Ebene, 
ohne  daß  an  irgend  einer  Stelle  eine  Krümmung  sichtbar  wäre.  Daraus  können  wir  ohne 
weiteres  den  Schluß  ziehen,  daß  sie  Sinneshär  ch  en  und  keine  motorischen  Wimpern 
darstellen. 

Die  Zwei-Cilien-Zelle  an  der  Corona  zeigt  wie  die  Nachbarzelle  A  einen  schmalen 
rechteckigen  Querschnitt  (Fig.  19  C^)  und  wird  gegen  das  Polster  zu  niedriger  (Fig.  17). 
Der  Kern  ist  rund  und  liegt  der  inneren  Zellwand  beinahe  an.  Das  Plasma  ist  nicht  so 
gleichmäßig  körnig,  sondern  zeigt  unregelmäßige,  dunkel  gefärbte  Einschlüsse.  Was  die 
Geißeln  betrifft,  so  ist  das  Fehlen  einer  dem  Basalkörper  gleichkommenden  Verdickung  am 
auffälligsten.  Die  beiden  Wurzeln  sind  dick,  intensiv  gefärbt  und  verlaufen  von  der  Zell- 
basis bis  zur  Crousta,  und  setzen  unterhalb  derselben  plötzlich  ab,  um  der  äußerst  zarten, 
sich  nach  außen  fortsetzenden  Cihe  den  Ursprung  zu  geben.  Auf  Fig.  19  (WQuCa)  sieht 
man  die  Wurzel-Querschnitte  zu  zweien  dem  Kern  beinahe  anliegend  immer  etwas  schief 
hintereinander,  in  der  Fig.  20  etwas  tiefer,  alle  in  einer  Geraden  liegend,  so  daß  auf  dicker 
geratenen  Schnitten  (Fig.  17)  das  Trugbild  einer  Vereinigung  der  beiden  Wurzeln  basalwärts 
zu  Stande  kommt ;    sie  blassen  jedoch  einzeln  ab  und  verschwinden. 

Fig.  21  (Co)  läßt  über  die  Innervation  auch  dieser  Zellen  keinen  Zweifel  obwalten;  und 
zwar  sehen  wir  in  den  Zwischenräumen  zwischen  je  zwei  Stammfasern  von  A  zu  jeder  ein- 
zelnen Zelle  ein  feines  Fibrillenbündel  ziehen,  das  mit  ihr  in  unmittelbaren  Kontakt  tritt. 
Das  auf  allen  Frontalschnitten  immer  wiederkehrende  Bild  (Fig.  8,  Taf.  II;  Fig.  13,  Taf.  III  Co) 
zeigt  Fibrillenbündel  und  Zellfortsatz  ohne  Färbungsunterschied  ineinander  übergehen.  In 
welcher  Beziehung  die  Wurzel  zu  dem  Fortsatz,  resp.  dem  Bündel  steht,  läßt  sich  nicht  erkennen. 


—     24     — 

Die  Zwei-Cilien -Zelle  des  Innen  böge  ns  ist  größer,  vierseitig  prismatisch  und 
von  Körnerplasma  gleichmäßig  erfüllt.  Crousta,  Cilien  und  Wurzeln  zeigen  das  gleiche  Ver- 
halten, wie  bei  der  Zwei-Cilien-Zelle  der  Corona,  nur  alles  in  größeren  Dimensionen.  Die 
Wurzeln  (vergl.  deren  Querschnitt  Fig.  21  [J]  C.,)  sind  derart  starr,  massiv  und  dunkel  ge- 
färbt, daß  man  versucht  ist,  sie  „Stäbchen"  zu  nennen  und  sie  für  verlängerte  Basalkörper 
zu  halten.  Über  Innervierung  läßt  sich  hier  nichts  Bestimmtes  aussagen.  Wenn  wir  zum 
Vergleich  hier  noch   kurz  die   Charakteristik  der 

Ein-Cilien-Zellen  angliedern,  so  konstatieren  wir  (Fig.  i,  Taf.  I.  ct.  Zo.)  vor  allem 
durchgängig  das  Fehlen  von  Basalkörpern  und  bei  den  Zellen  des  Zwischen-Schalen-Epithels 
(Fig.  3,  Taf.  II)  überdies  das  Fehlen  einer  Crousta.  Wie  schon  oben  gezeigt  wurde,  treten 
die  Wurzeln  basal  aus  der  Zelle  aus  und  sind  hier  außerhalb  der  Zelle  ebenso  intensiv  ge- 
färbt, wie  innerhalb  (Fig.  10,  Taf.  II).  Da  die  Cilien  teils  starr  (Scheitelorgan),  teils  peitschen- 
artig, jedoch  wahrscheinlich  nur  passiv  beweglich  sind,  so  werden  wir  sie  ebenfalls  als 
Sinneszellen  aufzufassen  haben. 


Morphologische   Fragen. 

Es  läßt  sich  nun  die  oben  Seite  18  gestellte  Frage  ventilieren,  ob  wir  es  hier  mit  einer 
einheitlichen  ringförmigen  Corona  oder  nur  mit  voneinander  getrennten  Stücken  einer  solchen 
zu  tun  haben.  Vorher  aber  müssen  wir  noch  einen  Blick  auf  die  für  die  Wimperzell-Reihen 
funktionell  wichtigen  Begleitzellen,  dann  Muskeln  und  Nerven  einen  Blick  werfen.  Be- 
trachten wir  zuerst  noch  einmal  den  für  den  vordem  und  rückwärtigen  Teil  (Fig.  i,  Taf.  I. 
Co.)  der  Corona  charakteristischen  Querschnitt  Fig.  17. 

Corona-Polster.  An  eine  Reihe  verdickter  Zellen  des  aboralen  Ektoderms  schließen 
sich  die  massiven  Polsterzellen,  die  als  Ringwulst,  dessen  Querschnitt  wir  hier  vor  uns  haben, 
den  Schalenrand  begleiten.  Sie  wurden  oben  (pag.  5)  eingehend  beschrieben,  ebenso  ihre  Funk- 
tion, wie  sie  sich  an  anderer  Stelle  zeigt.  Auch  hier  muß  ihnen  ähnliche  Funktion  zugeschrieben 
werden,  insoferne  sie  bei  stärkerer  Retraktion  der  Corona  (als  in  Fig.  13,  Taf.  III)  über 
derselben  zusammenschlagen.  Eine  andere  Funktion  des  Wulstes  scheint  mir  noch  wichtiger 
zu  sein,  und  für  die  Wirksamkeit  der  Wimperzellreihen  geradezu  grundlegend.  In  Fig.  8 
(Taf.  II)  sieht  man  die  Corona  am  weitesten  vorgestreckt,  wobei  sich  die  Wimperzellen  in 
einem  Bogen  um  das  Polster  ausbreiten,  das  ihnen  offenbar  als  Stütze  dient.  Bezüglich  dieses 
Verhaltens  erinnert  der  Polsterwulst  in  gewissem  Sinne  an  den  Gallertkopf.  Auf  das  Vor- 
kommen ähnlicher  Bildungen  an  den  Wimperkränzen  von  Wurmlarven  (Pilidium,  Foly- 
gordius)  wurde  pag.  6  schon  hingewiesen. 

An  den  Polsterwulst  schließen  (Fig.  17,  Taf.  IV)  eine  Reihe  Zwei-Cilien-Zellen, 
dann  die  beiden  Reihen  Wimperzellen  vom  Typus  A  und  B  und  schließlich  eine 
Reihe  Begleitzellen  (BglZ),  welch  letztere,  wie  schon  oben  erwähnt,  insoferne  wichtig  sind, 
als  zwischen  ihnen  die  Muskelendigungen  an  die  Wimperzellen  B  herantreten.  Sie  vermitteln 
den  Übergang  von  den  flachen  Atriumzellen  zu  den  hohen  Wimperzellen  und  zeigen  eine 
bauchige  Oberfläche.  Zwischen  Polster  und  Zwei-Cilien-Zelle  finden  wir  den  Querschnitt  des 
Ringmuskels   (MR.  Co.)   und   aboralwärts  den    Querschnitt    des    Ringnervenbündels 


—     25 


I 


(N  Co.).  Der  Ringnerv  stellt  einen  Ausläufer  des  Hauptnervenstranges  dar,  den  wir  bis  zu 
seinem  Eintritt  in  die  Corona  beiderseits  vom  birnförmigen  Organ  verfolgt  haben,  wo  er 
sich  wieder  jederseits  teilt  und  in  zwei  Halbbögen  zu  einem  Ring  zusammenschließt  (Fig.  9, 
Taf.  II  N.Co.). 

Wie  man  sieht,  stellt  sich  die  Corona  als  ein  kompliziertes  Organ  dar,  dessen  einzelne 
Teile  funktionell  innig  miteinander  verknüpft  sind.  Es  handelt  sich  jetzt  also  i)  darum: 
Läßt  sich  dieser  Komplex  auch  am  Rande  des  mittleren  Atriumteils  (Fig.  4,  Taf.  II  At2) 
nachweisen,  oder  finden  wir  hier  nur  Ringwulst,  Ringmuskel  und  Ringnerv?  In  Figur  18 
finden  wir  nun  nicht  nur  diese,  sondern  auch  eine  Zwei-Cilien-Zelle  in  genau  derselben  Lage, 
und  daran  anschließend  eine  Wimperzelle,  die  bezüglich  der  unverhältnismäßig  großen  Aus- 
dehnung des  toten  Raumes  und  der  Lage  des  Kernes  nur  mit  dem  Typus  A  der  Corona 
vergleichbar  ist.  Eine  zweite  Zellreihe  vom  Typus  B  und  die  Begleitzellen  fehlen  ebenso 
wie  die  ansetzenden  Muskeln.  Betrachten  wir  2)  den  Querschnitt  durch  den  Innenbogen 
(Fig.  22),  so  finden  wir  insoferne  ganz  andere  Verhältnisse,  als  auf  die  Reihe  Zwei-Cilien- 
Zellen  noch  eine  Reihe  Wimperzellen  (vom  Typus  E)  dort  anschließt,  wo  sich  bei  der  Corona 
der  Polsterwulst  findet.  Von  der  Zwei-Cilien-Zelle  gegen  den  analen  Atriumteil  zu  findet 
sich  statt  zweier  Wimperzellen  nur  eine,  und  zwar  vom  Typus  C. 

Endlich  bleibt  noch  die  Frage  zu  erörtern,  wie  die  von  dem  vorderen  Corona- 
Abschnitt  nach  innen  einbiegenden  und  sich  nicht  vereinigenden  Wimperzell-Reihen  aufzu- 
fassen sind. 

Die  Äste  bestehen  aus  den  drei  charakteristischen  Zcllreihen  (Zwei-Cilien-Zelle;  Typ.  A 
u.  B),  die  hier  endigen  und  sich  weder  nach  vorwärts  in  die  Zellreihen  der  Wimperwälle 
(Typ.  D),  noch  etwa  nach  rückwärts  umkehrend,  in  ihre  ursprüngliche  Lage  zum  Schalen- 
rand weiter  verfolgen  lassen. 

Daraus  läßt  sich  folgender  Schluß  ziehen:  Die  Wimperzellreihe  vom  Typus  A,  die 
Reihe  Zwei-Cilien-Zellen,  dann  Ringmuskel,  Ringnerv  und  Polster  bilden  einen  geschlosse- 
nen  Ring,  der  einem  präoralen  Wimperkranz  resp.  einer  Corona  gleichkommt. 

Sie  erfährt  in  ihrem  mittleren  Teil  durch  Ausbleiben  der  Zellreihe  B  eine  Rück- 
bildung. 

Die  Abzweigung  vorne  stellt  eine  Modifikation  der  Corona  und  keinen  selb- 
ständigen Wimperkranz  dar,  und  ist  von  den  Wimperwällen  des  birnförmigen  Organs  deut- 
lich  unterschieden. 

Der  „Innenbogen"   ist  eine  durchaus    selbständige    Bildung. 

Ein  Versuch,  den  Innenbogen  als  überkommenen  Rest  ursprünglicherer  Formen  zu 
erklären,  scheint  mir  nicht  dankbar,  weil,  wie  schon  erwähnt,  nach  Prouhos  Angaben  (5) 
über  die  Embryonalentwicklung  der  Bogen  später  als  die  Corona  und  zwar  zu  gleicher  Zeit 
mit  der  oralen  Depression  auftritt.  Ferner  stößt  eine  Deutung  desselben  als  Metatroch  der 
Trochophoren  auf  unüberwindliche  Schwierigkeiten.  W'ürde  man  andererseits  den  Innenbogen 
mit  dem  Velum  zu  einem  Ganzen  verbinden,  wozu  der  Verlauf  des  Velum-Ringmuskels  ver- 
leiten könnte  (Fig.  i,  Taf.  I  Transp.-bl.  a.),  so  hätte  man  wohl  einen  ,,circumoralen  Wimper- 
kranz", für  den  ich  aber  gar  kein  Homologon  finde. 

Zoologlca.    Heft  47.  4 


Die  Funktion   der  Corona 

muß  bei  Cyphonautes  ungleich  komplizierter  sein  als  bei  den  darmlosen  Larven,  wo  dieser 
Wimperkranz  lediglich  zur  Lokomotion  dient.  Ebenso  sind  die  Troche  der  Larve  vom  Trocho- 
phora-Typus  Lokomotionsorgane,  und  nur  geringfügige  Verdickungen  ober-  und  unterhalb  des 
Stomas  kommen  für  die  Nahrungszufuhr  in  Betracht.  Erst  die  tiefe  Einsenkung  der  Oralseite 
hat  es  mit  sich  gebracht,  daß  jetzt  Mund  und  After  in  einen  gemeinsamen  Raum,  das  Atrium, 
münden,  das  wiederum  nur  durch  eine  Öffnung  mit  der  Außenwelt  kommuniziert.  Da  nun 
diese  Öffnung  vom  Troch  eingerahmt  war,  so  konnte  auf  dessen  Mitwirkung  zur  Nahrungs- 
zufuhr und  Faeces-Abfuhr  gerechnet  werden,  aber  erst  dann,  wenn  eine  geeignete  Modifi- 
kation des  Atrium-Epithels  eine  räumliche  Trennung  der  beiden  Wege  ermöglicht,  was  durch 
die  Bildung  des  Innenbogens  erreicht  wurde.  Diese  Auffassung  wird  durch  die  Lage- 
beziehungen der  Zwei-Cilien-Zellreihe  noch  besonders  gestützt :  Diese  Zellen,  denen  ich  aus 
oben  erwähnten  Gründen  rezeptorische  Tätigkeit  zuerkenne,  finden  sich  hier  nämlich  zwischen 
zwei  Zellreihen  eingeschaltet,  von  denen  die  eine  (C)  die  Faeces-Abfuhr,  die  andere  (E)  die 
Nahrungszufuhr  besorgt,  und  haben  hier  offenbar  zwischen  Zu-  und  Abfuhrstoffen  zu  son- 
dieren, l^nd  tatsächlich  kann  man  am  Leben  leicht  erkennen,  daß  durch  Profiländerungen 
am  Innenbogen  und  durch  verschieden  kräftiges  Schlagen  einzelner  Wimperzellen  an  be- 
liebigen Stellen  Ströme  erzeugt  werden  können,  die  gelegentlich  den  Übertritt  kleinster  Teil- 
chen von  einem  Atriumabschnitt  zum  andern  gestatten. 

Als  Folgeerscheinung  der  seitlichen  Kompression  ließe  sich  die  Bildung  des  \'elum 
erklären.  Man  könnte  sich  vorstellen,  daß  hiedurch  die  Atriumöffnung  gegenüber  dem 
Munde  für  genügende  Nahrungszufuhr  zu  schmal  wurde,  weshalb  die  Corona  an  dieser  Stelle 
eine  Reduktion  erfuhr.  Die  Zellen  sind  hier  niedriger,  die  Cilien  kürzer.  L'm  den  verloren- 
gegangenen Zufuhrmechanismus  zu  ersetzen,  wäre  jetzt,  mehr  ins  Atrium  hineingerückt,  das 
Velum  aufgetreten,  das,  ohne  dem  Nahrungsstrom  den  Weg  zu  verlegen,  einen  viel  wirk- 
sameren Apparat  abgibt,  als  es  die  Corona  war,  und  gleichzeitig  noch  das  \on  der  Wimper- 
rinne des  birnförmigen  Organs  zugeführte  Material   in   seine   ^^'irkungssphäre   einbezieht. 

Zur  Theorie  des  Wimper  Verbandes;  zur  Frage  nach  der  Bedeutung  der  in  Wimperzellen 

vorkommenden  Differenzierungen. 

Bekommt  man  die  lebende  Larve  von  der  Oralseite  zu  sehen,  so  fällt  sofort  auf,  daß  die 
Cilienbewegung  in  der  Längsrichtung  der  Corona  metachron  geschieht :  man  sieht  nämlich 
regelmäßige,  nirgends  unterbrochene  \\'ellen  im  Kreise  herumlaufen.  Betrachtet  man  jedoch 
die  Larve  von  der  Seite,  die  Zellen  A  und  B  wie  sie  in  Fig.  17  (Taf.  IV)  abgebildet  sind,  so 
erkennt  man,  daß  ihr  Schlag  senkrecht  auf  die  Richtung  der  Corona,  also  senk- 
recht auf  die  Richtung  der  Metachronie  erfolgt.  Das  Bild  der  im  Kreise  laufenden' 
Wellen  kommt  also  nicht  dadurch  zu  stände,  daß  die  Cilien  fortlaufend  regelmäßi,g  ver- 
schieden gegeneinander  geneigt  sind,  sondern  dadurch,  daß  sie  regelmäßig  verschieden  weit 
vom  Zellkörper  abstehen.  Sie  kommen  also  in  der  Richtung  der  Metachronie  überhaupt 
nicht  miteinander  in  Berührung  und  eine  äußere  Reizübertragung  durch  die  Cilie  selbst  ist 
von  vornherein  auszuschließen.  Was  nun  die  innere  Reizleitung  betrifft,  so  hält  \'erworn 
(23)  eine  nervcnartige  für  unmöglich,  und  zwar    auf    Grund    der    „Autonomie     des    Flimmer- 


—     27     — 

elcmentes",  \-on  denen  jedes  als  Ausgangspunkt  einer  neuen  Erregung  zu  betrachten  wäre, 
wodurch  eine  in  der  Richtung  der  Metachronie  beschleunigte  Bewegung  zu  stände  kommen 
müßte.  Nun  schlagen  aber  bei  Verworns  Versuchsobjekten,  den  Ctenophoren,  die  Flimmer- 
plättchen  vom  Scheitelpol  zum  IMundpol  immer  gleichartig.  Etwas  anders  liegen  hier  die  Ver- 
hältnisse, als  der  Kreis  metachronschlagender  Elemente  geschlossen  ist,  und  somit  auch  bei 
nervenartiger  Weiterleitung  die  Bewegung  so  lange  beschleunigt  würde,  bis  im  Maximum 
alle  Elemente  gleichartig  weiterschlügen.  Für  die  Annahme  protoplasmatischer  Weiterleitung 
hätten  wir  histologisch  keine  anderen  Anhaltspunkte,  als  daß  etwa  die  Basalkörper  in  der 
Richtung  der  Metachronie  sowohl  innerhalb  der  Zellen  näherstehen,  als  auch  von  Zelle  zu 
Zelle  nahe  aneinander  schließen  (Fig.  19).  Daß  die  Wimperzellen  mit  Nerven  in  unmittel- 
barer Verbindung  stehen,  wird  wohl  aus  den  in  Fig.  21  dargestellten  Verhältnissen  unmittel- 
bar hervorgehen.  Demgemäß  ist  auch  eine  willkürliche  Beeinflußbarkeit  des 
Wimper  Spiels  zu  beobachten:  i)  können  die  Zellen  einer  Reihe  (A  oder  B)  allein  schlagen, 
die  anliegende  aber  stillstehen,  und  2  muß  die  Wimperbewegung  beim  Kriechen  (pag.  17, 
34,  Text-Fig.  V;  unbedingt  anders  gerichtet  sein  als  beim  Freischwimmen.  Wie  schon  bemerkt, 
erfolgt  das  Kriechen  mit  dem  birnförmigen  Organ  voran;  trotzdem,  und  das  läßt  sich  deut- 
lich beobachten,  läuft  die  Welle  gerade  so  im  Kreise  herum,  wie  beim  Schwimmen.  Damit 
nun  eine  \^orwärtsbewegung  überhaupt  zu  stände  kommen  kann,  muß  jede  Cilie  ihren 
Schlag  nach  rückwärts  richten,  und  das  bedeutet  für  die  Cilien  der  einen  Seite  eine 
Veränderung  der  Schlagrichtung  im  Sinne  der  Metachronie,  für  die  der  andern  Seite  eine 
solche  Veränderung  im  entgegengesetzten  Sinne.  3)  kommt  an  manchen  Stellen  gelegentlich 
ein  Ein-  oder  Ausströmen  vor.  Ob  es  aber  durch  lokal  stärkeren  Wimperschlag  oder  Ver- 
änderung der  Schlagrichtung  zu  stände  kommt,  oder  ob  allein  die  Kontraktion  eines  der 
bei  Zelle  B  inserierenden  Muskeln  die  Schlagwirkung  gelegentlich  verstärkt,  konnte  ich  leider 
nicht  entscheiden. 

Was  die  Wimperwurzeln  betrifft,  so  spricht  die  Tatsache,  daß  gerade  der  die  Stamm- 
faser allein  enthaltende  Zellschwanz  mit  den  Ner\en  in  Berührung  tritt,  für  ihre  reizleitende 
P\mktion.  Andererseits  konnte  schon  Engel  mann  (22)  in  seiner  grundlegenden  Arbeit  kon- 
statieren, daß  Wimperwurzeln  und  Nervenfibrillen  ihrer  Färbbarkeit  und  optischem  Verhalten 
nach  weit  voneinander  abweichen,  und  genau  dasselbe  gilt  auch  hier.  Obendrein  sind  die 
Wurzeln  hier  beinahe  straff  und  oft  stäbchenartig.  Ein  Ausweg  würde  sich  nur  dann 
finden  lassen,  wenn  man  die  Wurzeln  nicht  selbst  als  leitende  Fasern,  sondern  als  Richt- 
stäbe auffassen  würde,  die  die  herantretenden  Fibrillen  in  bestimmte,  voneinander  isolierte 
Bahnen,  also  nach  der  Cilie  leiten  sollen  (vergl.  Fig.  10,  Taf.  II).  Damit  ließe  sich  auch 
die  bis  jetzt  plausibelste  Auffassung  der  Wurzeln,  an  die  kein  Nervenzutritt  konstatiert 
werden  konnte,  als  rein  mechanische  Verankerungen  der  Cilien  im  Zelleib  (Eismond  25) 
wohl  verbinden. 

Die  völlige  Bewegungslosigkeit  der  Basalkörper  läßt  sich  am  lebenden  Objekt  deut- 
lich erkennen.  Da  man  auf  Schnitten  (Fig.  17  WZ.  A.)  häufig  im  Basalkörper  eine  Knickung 
der  Außencilie  gegen  die  Wurzel  findet,  so  liegt  es  sehr  nahe,  sie  als  Gelenke  aufzufassen. 
Damit  würde  auch  das  gänzliche  Fehlen  der  Basalkörper  bei  den  Zwei-Cilien-Zellen  ver- 
ständlich, deren  Cilien  bei  ihrer  geringen  Exkursion  keines  solchen  Gelenkes  bedürfen. 
Dasselbe  gilt  von  den  Ein-Cilien-Zellen,   deren   Cilien   teils   starr,   teils   mit  in   Ruhe   bleiben- 


—     28     ~ 

dem  Basalteil  peitschenförmig  beweglich  sind.  Da  ich  wegen  Mangels  an  diesbezüglichen 
Beobachtungen  zur  Frage  nach  der  kinetischen  Funktion  der  Basalkörper  Teter  24)  keine 
Stellung  nehmen  kann,  so  kommt  mir  die  Eismondsche  Auffassung  (25)  der  Basalkörper  als 
Widerlanger  annehmbarer  vor,  insbesondere  deswegen,  weil  sie  von  innen  der  dichteren 
Crousta  anliegen,   oder  ihr  vielleicht   sogar    implantiert   sind. 

In  den  „Basalkörperf asern",  die  immer  starr  und  bisweilen  sanft  gebogen  den 
unverhältnismäßig  langgestreckten  toten  Raum  durchziehen,  sehe  ich  ein  elastisches  Gerüst- 
werk, das  die  Zelle  in  ihrer  langgestreckten  Form  erhalten  soll.  Und  diese  Form  ist  äußerst 
wichtig;  denn  nur  dadurch  kann  der  in  dieser  Richtung  erfolgende  Wimperschlag  von  den 
anschließenden  Sinneszellen  ferngehalten  werden,  die  sonst  durch  ihn  beeinträchtigt  würden 
(Fig.  17,  22).  Das  Material  dieser  Fasern,  oder  besser  Leistchen,  erinnert  so  frappant  an 
das  der  Basalkörper,  daß  man  einen  genetischen  Zusammenhang  zwischen  beiden  vermuten 
möchte;  vielleicht  stellen  sie  sekundär  miteinander  verschmolzene  Basalkörper  dar,  nach  Art 
der  häufig  vorkommenden  Plättchen  und  Leistchen,  denen  nur  der  Cilienbesatz  verloren  ge- 
gangen ist. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  es  merkwürdig,  daß  gerade  in  der  Höhe  der  Basal- 
körper und  der  Basalkörper-Fasern  auch  die  Muskeln  inserieren  und  zwar  so  zahlreich,  daß 
man  an  jedem  Frontalschnitt  auch  eine  an  die  Corona  herantretende  Muskelfaser  trifft.  Xun 
ist  uns  aber  die  Vorliebe  der  Muskeln  an  der  dichteren  Crousta  zu  inserieren  schon  mehr- 
fach begegnet,  ferner  erscheint  gerade  diese  Insertionsstelle  für  eine  profiländernde  Tätig- 
keit an  der  Corona  sehr  passend,  und  wir  brauchen  uns  nicht  in  Spekulationen  einzulassen, 
ob  vielleicht  durch  die  Basalkörperfasern  zweier  Zellen  hindurch  von  der  Sinneszelle  aus 
ein  Reiz  auf  den  Muskel  übertragen  werden  könnte. 

Auffällig  ist  der  gänzliche  Mangel  nachweisbarer  Ganglienzellen,  deren 
Vorkommen  an  Wimperkränzen  allgemein  beschrieben  wird ;  noch  auffälliger  das  Fehlen 
von  Ganglienzellen  in  unmittelbarem  Anschluß  an  die  Sinneszellen. 

Schließlich  will  ich  noch  auf  die  interessante  Tatsache  hinweisen,  daß  bei  Flustrella, 
der  zweifellos  nächstverwandten  Larvenform,  die  Flimmerbewegung  an  der  Corona  in 
genau  entgegengesetzter  Weise  erfolgt.  Wie  Prouho  beschreibt  und  abbildet 
(4  pag.  415,  Text-Fig.  2)  erfolgt  der  Schlag  aller  in  der  Richtung  der  Corona  gelegenen  Cilien- 
reihen  synchron,  der  auf  diese  Richtung  senkrechten  metachron,  so  daß  von  der  Oralseite 
gesehen,  eine  konzentrische  Streifung  zu  stände  kommt. 

Mesoderm. 

Das  Muskelsystem. 

Die  Larve  ist  während  der  Schwebeperiode  allein  auf  die  Tätigkeit  der  quergestreiften 
Muskulatur  angewiesen.  Die  glatten  Muskeln  zeigen  teils  überhaupt  keine  Kontraktion 
(Schalenschließer),  teils  fällt  ihre  Tätigkeit  in  das   Stadium   der   Metamorphose. 

Die  glatte  Muskulatur.  Der  paarige  Saugmuskel  (Fig.  i,  Taf.  I  und  Transp.- 
Bl.  b,  M  Sgj  wurde  schon  jaag.  if  gelegentlich  der  Beschreibung  des  Saugnapfs  ausführlich 
besprochen.    Betreffs   seiner   Funktion   siehe  Kapitel   Metamorphose. 


—     29     — 

Die  unpaaren  Schale nsc hl ießniuskel.  Der  H  aupt- Schalenschließmuskel 
durchquert  die  Leibeshöhle  von  Schale  zu  Schale  unterhalb  des  Magens  und  der  Hörner 
des  Saugnapfs  bei  erwachsenen  Larven  (Fig.  12,  Taf.  III;  Fig.  i,  Taf.  I ;  Adj).  Oberhalb  und 
vorwärts  zwischen  Magen  und  Schlund  findet  sich  der  Nebenschließmuskel  (Ad,),  der 
aber  bedeutend  schwächer  ist  und  deshalb  bisher  unbeachtet  blieb.  An  den  Ansatzstellen 
beider  Muskel  an  den  Schalen  ist  die  Larvenhaut  geschwunden.  Eine  Bewegung  der  Schalen 
gegeneinander  konnte  nicht  nachgewiesen  werden.  Fünf-  bis  zehnmal  größer  ist  der  Quer- 
schnitt dieses  Muskels  bei  der  Hochseelarve,  und  daß  ihn  hier  Clarparede  für  ein  dem 
Saugnapf  ähnliches   Organ   erklärt,   ist   nicht  zu  verwundern. 

Die  quergestreifte  Muskulatur,  i)  Inserierende  Muskeln.  Der  Dorsal muskcl 
(Fig.  I,  Taf.  I  mit  Transpbl.  a  und  b;  MD)  stellt  nicht,  wie  es  von  allen  Beobachtern  bisher 
beschrieben  wurde,  nur  die  Verbindung  von  birnförmigem  Organ  und  Scheitelorgan  her 
(tractus  musculo-nerveux),  sondern  von  ungefähr  20  Fasern  inserieren  nur  zwei  am  Scheitel- 
organ, während  die  Hauptmasse  unter  diesem  in  der  Rückenlinie  weiterverläuft,  um  sich 
dann  zu  teilen,  und  beiderseits  an  der  rückwärtigen  Corona  mit  feinsten  Endfasern  an  der 
Zelle  B  zu  inserieren.  Wegen  dieser  Zweiteilung,  die  schon  im  Verlauf  vom  birnförmigen 
zum  Scheitelorgan  kenntlich  ist  (Fig.  11,  Taf.  III.  MD),  ist  er  als  paariger  Muskel  aufzu- 
fassen. Die  Insertionen  am  Scheitelorgan  und  birnförmigen  Organ  wurden  schon  in  den  be- 
treffenden Abschnitten  behandelt  (pag.  8,  14  ff.).  Ein  Teil  der  Fasern  splittert  vor  der 
Corona  nicht  auf,  sondern  geht  kontinuierlich  in  die  Bahn  des  „lateralis  posterior"  über, 
so  daß  diese  Fasern  in  ihrem  ganzen  Verlauf  vom  birnförmigen  Organ  zur  Ansatzstelle  des 
Lateralmuskels  an  der  Schale  eine  Spirale  darstellt  (Fig.  21,  Taf.  IV;  Fig.  ib,  Taf .  I  MD.  sp.). 
Da  aber  die  beiden  Muskel  zum  größten  Teil  jeder  für  sich  an  der  Corona  inserieren,  will 
ich  sie  auch  getrennt  behandeln. 

Der  rückwärtige  und  der  vordere  Lateralmuskel  (Fig.  ib,  Taf.  I.  M.lat.p.; 
M.lat.a.),  beide  paarig,  haben  die  gleiche  Ansatzregion  (ebenso  der  Adhäsivplattenmuskel) 
an  der  Schale  (Ans.  St.)  und  divergieren  zur  Corona.  Ein  in  der  Nähe  der  Ansatzstelle  ge- 
führter Querschnitt  (Fig.  11,  Taf.  III;  M.lat.a  +  p)  zeigt  die  beiden  Gruppen  noch  beisammen, 
ein  coronawärts  geführter  Schnitt  derselben  Serie  (Fig.  12)  den  posterior  mit  8,  den  anterior 
bedeutend  stärker,  mit  12  Fasern.  Vor  der  Corona,  die  auf  dem  etwas  schiefen  Schnitt 
etwas  angeschnitten  ist,  zersplittern  sie  fächerförmig  in  feinste  Fibrillen  (E.  M.  lat.  a),  von 
denen  jede  das  Epithel  durchbricht  und  an  einer  Wimperzelle  B  in  der  Höhe  der  Basal- 
körper  inseriert. 

Die  quergestreifte  inserierende  Muskulatur  zeigt  also  durchgehends  paarige  Anord- 
nung. Bezüglich  ihrer  Funktion  läßt  sich  ganz  allgemein  der  Satz  aufstellen,  daß  jede  Faser 
sich  in  ihrer  ganzen  Länge  kontrahierend  für  die  Retraktion  des  Körpers  unter  die  Schale 
in  Betracht  kommt  (im  Extrem  bei  der  Metamorphose,  s.  dort),  während  dieselben  Fasern 
durch  partielle  Kontraktion  anderen  Funktionen,  wie  der  Profiländerung  an  der  Corona, 
Expulsion  des  birnförmigen   Organs  etc.,   dienstbar  sind. 

2)  Die  Ringmuskulatur.  Die  Schlundmuskulatur  (Fig.  i,  Taf.  I.  MR.  Schi.)  be- 
steht aus  ca.  14  zueinander  parallelen  Ringen,  unter  diesen  der  Sphinkter,  und  vermag  die 
Schlundröhre  in  peristaltische  Bewegung  zu  versetzen,  resp.  gänzlich  gegen  den  Magen  ab- 
zuschließen. 


—     30     — 

Der  Velum-Ringmuskel  Fig.  i.  MR.\''.  besteht  aus  nur  einer  in  die  Hautduplikatur 
des  Velum  und  des  Innenbogens  eingelassenen  Faser.  Auf  dessen  mutmaßliche  Funktion 
wurde  schon  pag.  23  eingegangen  (s.  Text-Fig.  VII). 

Der  Corona-Ringmuskel  besteht  ebenfalls  nur  aus  einer  Faser.  Seine  Kontraktion 
würde  die  Rückziehung  der  Corona  zur  Folge  haben,  die  hier  zwar  weniger  ausgiebig,  aber 
mit  geringeren  Mitteln  zu  stände  käme  als  durch  gleichzeitige  Kontraktion  aller  bei  \\'imper- 
zelle  B  ansetzenden  Fasern. 

Die  am  lebenden  Objekt  schon  deutlich  sichtbare  Querstreifung  tritt  i^ei  Färbung  mit 
Eisenhämatoxylin  besonders  scharf  hervor.  Zwischenstreifen  konnten  nie  nachgewiesen  wer- 
den, wohl  aber  ist  die  Mittelscheibe  gelegentlich  deutlich  zu  erkennen  Fig.  21,  Taf.  IV; 
MRV).  In  jeder  Faser  korrespondieren  die  Schichten  der  einzelnen  Fibrillen  derart,  daß 
die  anisotropen  Schichten  einheitliche  parallele  Streifen  darstellen.  Jedoch  sind  diese  Streifen 
selten  geradlinig,  sondern  meistens  vielfach  geknickt  (Fig.  21 ;  M.  lat.  p.),  so  daß  die  Streif ung 
nicht  senkrecht  auf  die  Faserrichtung  zu  stehen  kommt,  eine  Eigentümlichkeit,  die  sich  viel- 
leicht damit  erklären  ließe,  daß  die  Fibrillenbündel  coronawärts  auseinandertreten  und  die 
Streifung  schon  vor  der  Trennung  auf  die  spätere  Richtung  senkrecht  verläuft.  Dabei  ist 
es  nur  auffallend,  daß  sich  die  Schichten  nicht  gegeneinander  verschieben,  sondern  immer 
kontinuierliche  Zickzack-Linien  bilden.  Nun  sind  wirkliche  Verbindungen  zwischen  der  Fi- 
brillengruppen  nachweisbar,  die  aber  erst  deutlich  werden,  wenn  die  Trennung  schon  statt- 
gefunden hat.  Am  angeschnittenen  Lat.  post.  (in  derselben  Fig.  sieht  man  korrespondierende 
anisotrope  Schichten,  durch  gleichgefärbte  Linien  miteinander  verbunden,  die  zueinander 
parallel  und  immer  entsprechend  der  Lage  der  anisotropen  Schicht  geknickt  sind.  Es  läßt 
sich  jedoch  aus  den  Schnitten  nicht  erkennen,  ob  jeder  anisotropen  Schicht  eine  derartige 
Linie  entspricht,  auch  nicht,  ob  diese  wirklich  einen  Bestandteil  des  Muskels  darstellt. 
Kerne  wurden  nur  selten  und  degeneriert  den  Muskelfasern  anliegend  vorgefunden  (Fig.  12, 
TaL  III). 

In  Betreff  dieser  komplizierten  Muskulatur  steht  der  Ci/pho)Uii(tes  im  Gegensatz  zu 
allen  anderen  Ektoprokten-Larven.  Bei  den  meisten  wurden  trotz  der  anwesenden  retraktilen 
Organe  überhaupt  keine  Muskeln  beschrieben.  Nur  bei  Flustrella  (Prouho  4)  findet  sich 
ein  ähnlich  kompliziertes,  wenn  auch  nicht  homologes  System.  Querstreifung  der  Muskeln 
wurde  jedoch   dort  nicht  beschrieben. 

Das  Nervensystem. 

Die  Kenntnis  eines  Nervensystems  bei  C.  ist  den  Untersuchungen  Prouhos  (5;  zu 
verdanken,  und  ich  kann  seinen  Ausführungen    nur   wenig   hinzufügen. 

Was  über  Inner\ation  des  birnförmigen  Organs  und  der  Corona  erkennbar  war,  wurde 
gelegentlich  der  Besprechung  dieser  Organe  ausführlich  erörtert  und  es  erübrigt  hier  nur 
noch  eine  Übersicht  des  \^erlaufs  der  Fibrillen  zu  geben,  die  in  ihrer  äußersten  Zartheit, 
weil  sie  mitten  im  fasrigen  Bindegewebe  liegen,  nur  dann  überhaupt  nachweisbar  sind,  wenn 
sie  in  größeren  Verbänden  auftreten. 

Das  ganze  Systetn  besteht  aus  einem  paarigen  Fibrillenbündel,  das  vom  Scheitelorgan, 


—     Hl      — 

unter  dem  es  aufsplittert  (Fig.  lo,  Taf.  II  N)  in  der  Rückenlinie  zum  birnförmigen  Organ 
verläuft  (Fig.  ii,  Taf.  III.  N,  vorne),  dort  erst  einen  medianen  Ast  zum  plumet  vibratil  ^Fig.  i, 
Taf.  I  Nm),  dann  sich  jederseits  in  die  Gallertmasse  einsenkend  (Fig.  12,  Taf.  III  N),  zwei 
intermediäre  Äste  nach  den  Wimperwällen  (Fig.  13.  N  im)  aussendet,  mit  der  Hauptmasse 
aber  in  die  Corona  eintritt,  um  sich  jederseits  dichotom  zu  gabeln  und  in  zwei  Halbkreisen 
nach  vorne  und  rückwärts  zusammenzuschließen  (Fig.  9,  Taf.  II.  N  Co).  Dem  Innenbogen 
folgt  ein  zartes  Bündel,  das  von  der  Corona  abzweigt  (Fig.  21,  Taf.  IV  NJ).  Soweit  stimmt 
Prouhos  Schema  (5,  PI.  XXX  Fig.  100)  bis  auf  Kleinigkeiten  überein.  Aber  nicht  die  ganze, 
von  der  Corona  resp.  dem  birnförmigen  Organ  kommende  Fibrillenmasse  splittert  sich 
unter  dem  Scheitelorgan  auf,  sondern  ein  kleiner  Teil  desselben  verläuft  in  einem  paarigen 
Bündel  zitgleich  mit  dem  Dorsalmuskel  in  der  Rückenlinie  weiter,  wie  auf  Querschnitten 
Fig.  II  (Taf.  III)  und  Fig.  12  bei  N.  (rückwärts)  nachweisbar  ist.  Mit  dem  Muskel  tritt 
auch  das  Bündel  vor  der  Corona  beiderseits  aus  der  Medianebene  aus  und  folgt  den  „spira- 
ligen" Ästen  des  Muskels  (Fig.  21,  Taf.  IV.  N  [sp]).  Da  aber  die  Fibrillen  hier  nicht  mehr 
zu  einem  dichten  Bündel  geschlossen  sind,  wird  die  weitere  Verfolgung  unsicher,  jedoch  ist 
es  wahrscheinlich,  daß  sie  bis  zur  Ursprungstelle  der  spiraligen  Äste  an  der  Schale,  wo 
sich  auch  das  Kontraktionszentrum  der  ganzen  lateralen  Muskulatur  befindet,  weiter  ver- 
laufen. 

Daß  der  Nervenverlauf  wie  hier  beschrieben  nur  das  Gerüst  eines  wahrscheinlich  viel 
verzweigteren  Systems  darstellt,  beweisen  zahlreiche  Abzweigungen;  mit  Sicherheit  konnten 
solche  jedoch  nur  in  Begleitung  der  Schlund-Ringmuskeln  weiter  verfolgt  werden  (Fig.  11, 
Taf.  III;    MR.  Schi.). 

Ebenso  wie  Prouho  konnte  auch  ich  bei  C.  keine  Ganglienzellen  finden,  die  nach 
desselben  Forschers  Angaben  über  die  Flustrella-Larve  zu  schließen,  dem  Nervenbündel 
zwischen  birnförmigem  Organ  und  Scheitelorgan  seitlich  angeschaltet  zu  erwarten  waren. 
Prouho  hat  auch  bei  der  Larve  von  Älcyonidium  (4)  dieselben  Elemente  an  gleicher  Stelle 
wiedergefunden,  während  Harmer  (16)  bei  dieser  Larve  einen  mit  den  Fibrillen  in  Ver- 
bindung stehenden,  dem  birnförmigen  Organ  aufliegenden  Zellhaufen  geradezu  „Gehirn  der 
Ektoprokten-Larven"  nennt.  In  direkten  Beziehungen  zu  den  Fibrillen  können  hier  nur  die 
Wimper-  und  Cilien-Zellen  angenommen  werden.  Während  andere  Zellen,  die  sich  in  der 
Nähe  des  Bündels  befinden,  teils  als  echte  Bindegewebszellen  (Fig.  11,  Taf.  III.  Bd.  Z.), 
teils  als  Zellen  mit  phagocytärem  Charakter  (pag.  32;  Fig.  13.  K.  Z.)  angesprochen  werden 
müssen.  Außer  diesen  kämen  vielleicht  noch  zweierlei  Zellen  in  Betracht,  erstens :  Zellen 
oder  besser  Kerne  ohne  nachweisbares  Plasma  von  spindelförmiger  Gestalt,  die  in  der  Corona 
innerhalb  der  Fibrillen  liegen  (Fig.  21,  Taf.  IV.  x).  Sie  sind  jedoch  selten  und  nicht  gleich- 
mäßig verteilt ;    zweitens :   Etwa  die   inneren  Zellen  des   Scheitelorgans. 

Das  Fehlen  eines  anastomosierenden  Ganglienzellplexus  oder  Nervennetzes  kann  des- 
wegen nicht  verwundern,  weil  ja  die  Schalen  das  Tier  zum  größten  Teil  verdecken.  Der 
isolierten  Nervenleitung,  wie  sie  hier  zur  Verbindung  von  Endorganen  an  schalenfreien 
Flächen  allein  vorkommt,  dürften  wohl  vereinzelte  Ganglienzellen  angelagert  sein,  doch  wird 
deren  Auffindung  im  maschigen  Bindegewebe  noch  einige  Schwierigkeiten  bereiten. 


—     S2      - 

Mesodermzellen. 

Die  übrigen  mesodormalen  Gebilde  sind  von  geringer  Verbreitung.  Ihre  Zusammen- 
setzung aus  zweierlei  grundverschiedenen  Elementen  läßt  sich  schon  am  Leben  deutlich  er- 
kennen.    Es  finden  sich 

1.  Bindezellen,  die  als  lockeres  maschiges  Gewebe  die  Muskeln  umspinnen  und 
sie  mit  den  Epithelien  verbinden  (Fig.  ii,  13;  Taf.  III  Bd.  Z.).  Das  Plasma  erscheint  hell, 
homogen  bis  fein  granuliert,  und  enthält  einen  großen,  ebenfalls  sehr  hellen  elliptischen 
Kern,  der  einen   runden  Nucleolus  aufweist.    Zellgrenzen   sind  nicht   nachweisbar. 

2.  Körnerzellen,  die  durch  ihre  stark  lichtbrechenden  Einschlüsse  schon  am  Leben 
besonders  an  reifen  Larven  auffallend  sind.  Sie  finden  sich  unregelmäßig  verteilt,  besonders 
in  der  durch  den  Dorsalmuskel  gekennzeichneten  Leibeshöhlenpartie,  zu  besonderen  Haufen 
vereint  konstant  unterhalb  des  Scheitelorgans  und  zu  beiden  Seiten  des  Gallertkopfes  (Fig.  i, 
Taf.  I.  K.  Z.).  Diese  Zellen  scheinen  verschiedene  Phasen  durchzumachen.  Man  findet  sie 
immer  mit  deutlichen  Zellgrenzen  häufig  würfelförmig  gestaltet  mit  dichtem  homogenem 
Plasma  und  großem  chromatinreichem  Kern  Fig.  11,  Taf.  III.  K.  Z.);  dazwischen  solche  mit 
mehr  oder  weniger  ausgesprochenen  amöboiden  Fortsätzen,  die  sich  meistens  zu  den  Muskeln 
erstrecken.  Dann  zeigt  sich  das  Plasma  von  Eosin  tingiert  und  enthält  kleine  körnige  Ein- 
schlüsse. Der  Kern  ist  in  einen  großen  Chromatinbrocken  verändert  und  erscheint  bei 
stärksten  Vergrößerungen  von  einem  Kranz  winziger  Vacuolen  umsäumt,  um  den  sich  oft 
als  zweiter  Kranz  die  Körnchen  gruppieren  Fig.  13,  Taf.  III.  K.  Z.);  und  endlich  findet  man 
kaum  mehr  Plasma  überhaupt,  sondern  nur  mehr  Haufen  schwarztingierter  Körner,  eben 
die,   denen  das   Lichtbrechungsvermögen  am  lebenden  Objekt  zukommt    Fig.  i,  Taf.  I.K.  H.). 

Demnach  glaube  ich,  annehmen  zu  dürfen,  daß  es  sich  hier  um  Zellen  handelt,  die 
die  wichtige  Funktion  übernommen  haben,  Ermüdungsstoffe,  wie  sie  in  der  l'mgebung  des 
unausgesetzt  tätigen  Dorsalmuskels  auftreten  müssen,  in  sich  aufzunehmen  und  in  eine  feste 
Form  umzuwandeln,  in  der  sie  dem  Organismus  keinen  Schaden  zuzufügen  vermögen. 
Dieser  eigentümliche  Modus  innerer  Abscheidung  von  Verbrauchsstoffen  würde  ein  Ex- 
kretionsorgan  zum  Teil  wenigstens  ersetzen.  Es  fragt  sich  nur,  was  mit  den  abgesetzten 
Stoffen  weiterhin  geschieht  ?  Denn  man  kann  sich  schwer  vorstellen,  daß  die  Körnerhaufen 
zugleich  mit  dem  histolysierten   Material   zur  Neubildung   aufgebraucht   werden. 

Bei  der  Larve  von  Flustrella  hispida  hat  Prouho  (4.  pag.  422)  eine  kontinuier- 
liche Mesodorm-Membran  nachgewiesen,  die  dort  während  der  Metamorphose  erstens 
als  geschlossene  Kapsel  die  desorganisierten  Elemente  in  sich  schließt  und  zweitens  mit 
ihrem  verdickten  aboralen  Teil  unter  dem  Scheitelorgan  (lame  mesodermiciue(  zum  Aufbau 
des   Polipids   beiträgt.    Bei   C.   ist  nichts  derartiges   zu   konstatieren. 

Entoderm. 

Der  Magendarm  setzt  sich  einerseits  gegen  den  Schlund  zu  mit  dem  engen,  durch 
den  Sphinkter  geschlossenen  Ostium  scharf  ab,  andererseits  geht  er  ohne  Grenze  in  den 
Enddarm  über  (Fig.  i,  Taf.  I.m).  Ein  Teil  des  Magens  wird  bei  der  reifen  Larve  von  dem 
in  der  Mediane  eingeschnürten  Saugnapf  wie  von  zwei  Schildern  bedeckt,  so  daß  er  von  früheren 
Beobachtern  meist  nur  als  schmale  Röhre  gezeichnet  wurde.    Die  Elemente  des  Verdauungs- 


—     33     — 

traktes  sind  im  Magen-  und  Enddarm  gleichartig.  Es  sind  typische  Entodermzellen,  denen 
zahlreiche  körnige  Einschlüsse  am  Leben  intensiv  braune  Färbung  verleihen.  Auf  Schnitten 
findet  man  die  Einschlüsse  als  Körner  und  Brocken  meist  in  hellen  Kreisen,  wahrscheinlich 
Vakuolen,  eingeschlossen  und  dunkel  tingiert,  wodurch  ein  äußerst  unruhiges  Bild  zu  stände 
kommt  (Fig.  ii,  Taf.  III).  Immerhin  sind  die  Zellgrenzen  deutlich  und  lassen  sechsseitig 
prismatische  Form  der  Zellen  erkennen.  Der  Kern  findet  sich  meist  der  Zellbasis  anliegend 
und  enthält  zusammengeballtes  Chromatin.  Gegen  das  Darmlumen  zu  springen  die  Zellen 
mit  meist  Cilien  tragenden  Kuppen  vor,  der  einzige  Teil  der  Zelle,  der  immer  von  Ein- 
schlüssen und  Vakuolen  frei  und  von  homogenem  Plasma  erfüllt  erscheint.  Hier  sind  auch 
häufig  Basalkörper  und  gelegentlich  Wimperwurzeln  zu  erkennen  (Fig.  i,   Taf.  I.  m). 

Neben  diesen  typischen  Entodermelementen  kommen  bei  einem  ganz  bestimmten 
Mittelstadium  zwischen  junger  und  reifer  Larve  einige  Zellen  vor,  die  sich  färberisch  genau 
entgegengesetzt  verhalten.  Am  auffälligsten  sind  sie  auf  ganz  schwach  mit  Hämatoxylin  be- 
handelten Totopräparaten.  Dann  sind,  wenn  alle  übrigen  Gewebe  noch  keine  Farbe  ange- 
nommen haben,  ca.  5  bis  8  sehr  große,  unregelmäßig  konturierte  Zellen  an  jeder  Magen- 
seite schon  so  dunkel  gefärbt,  daß  sich  die  Kerne  vom  Plasma  kaum  mehr  abheben  (Magen- 
anschnitt Fig.  6,  Taf.  II.  d).  Sie  scheinen  dem  Magen  für  gewöhnlich  von  außen  ganz  flach 
anzuliegen  und  sind  deshalb  auf  Schnitten  durch  den  Magen  nicht  leicht  nachzuweisen. 
Woltereck  hat  diese  Zellen  bei  C.  gesehen  (20  pag.  ^^^j)  und  sie  mit  „sehr  chromophilen 
Zellen  mit  amoeboiden  Fortsätzen,  die  sich  von  außen  zwischen  Darmepithelzellen  hinein- 
drängen", am  Magendarm  der  Polygordius-Laxve  und  ähnlichen  Elementen  bei  Mitraria, 
Tornaria  und  PiUidium  in  eine  Reihe  gestellt.  Leider  kann  ich  über  ihre  Funktion  bei  C. 
nichts  aussagen.  Nachdem  sie  aber  bei  Polygordius  bei  der  Erneuerung  des  Darmepithels 
mitwirken  (20  p.  63)  und  da  das  Darmepithel  bei  C.  an  Jugendstadien  meist  mehr  degeneriert 
aussieht  (Fig.  7,  Taf.  II),  als  auf  älteren  (Fig.  23,  Taf.  V),  da  ich  ferner  auf  ganz  reifen 
Stadien  nie  eine  Spur  dieser  Zellen  auffinden  konnte,  so  scheint  mir  die  Annahme,  daß 
diese  Zellen  verbrauchte  Darmzellen  schon  während  der  Larvenperiode  zu  ersetzen  haben, 
nicht  allzusehr  gewagt. 


Zoologloa.    Heft  47. 


III.  Metamorphose. 


Der  Prozeß  der  Metamorphose  wird,  wie  schon  erwähnt,  dadurch  eingeleitet,  daß  die 
Larve  ihre  Schwimmbewegung  aufgibt  und  auf  dem  Gegenstand,  der  als  Unterlage  dienen 
soll,  vermittelst  Cilienschlags  mit  dem  birnförmigen  Organ  voran  umherkriecht.  Der  das 
„plumet"  tragende  Teil  des  Organs  ragt  hiebei  zungenförmig  unter  der  Corona  hervor  und 
„tastet"  die  Unterlage  ab  (s.  Text-Fig.  V).  Häufig  geben  die  Larven  diese  Bewegung  auf, 
schwimmen  wie  früher  kurze  Zeit  umher,  um  dann  den  Prozeß  des  Kriechens  wieder  von 
Neuem  aufzunehmen.  Wie  erwähnt,  scheint  die  Larve  eine  glatte  l' nterlage  zu  bevorzugen ; 
jedoch  schien  es  gleichgiiltig  zu  sein,  wie  diese  Ihiterlage  zum  Licht  orientiert  war,  wie  tief 
sie  unter  dem  Wasserspiegel  lag  und  ob  sie  sich  in  horizontaler  oder  vertikaler  Lage  befand. 
Ist  die  geeignete  Stelle  gefunden,  so  kontrahieren  sich  alle  Teile  gleichzeitig 
unter  die  Schalen,  genau  so.  wie  dies  auch  beim  Freischwimmen  geschieht,  so  daß  die 
Lar\'e  jetzt  nur  mehr  mit  den  oralen  Schalenrändern  auf  der  LT  nterlage  steht. 
Die  Kontraktion,  die  mit  einer  plötzlichen  Zuckung  begonnen  hat,  schreitet  nun  langsam  bis 
zum  Extrem  fort.  Wie  wir  auf  Schnitten  sehen  werden,  geschieht  dies  durch  Kontraktion 
des  Dorsalmuskels  und  der  lateralen  Muskelgruppen.  Jetzt  weichen  die  Schalen  mit  ihren 
rückwärtigen  Rändern  ganz  allmählich  soweit  auseinander,  bis  diese  ebenso  wie  die 
Atriumränder  mit  der  L^nterlage  in  Berührung  kommen.  So  ist  die  Larve  jetzt  gegen  die 
Unterlage  noch  mehr  plattgedrückt,  als  früher  in  der  Mediane.  Soweit  die  Verhältnisse,  als 
sie   sich   unmittelbar  am   Leben   beobachten  lassen. 

Daß  die  mit  der  maximalen  Kontraktion  \erbundene  Verdickung  der  Larve  die 
Schalen  unter  Zerreißung  des  Schließmuskels  auseinanderweichen  macht,  ist  ohne 
weiteres  zu  verstehen.  Nun  legen  sich  die  Schalen  ganz  regelmäßig  so,  wie  es  die  Fig.  i6 
Taf.  III  (Transp.Bl.)  zeigt,  mit  den  vorderen  Rändern  übereinander.  Nur  an  zwei  Stellen 
(in  der  Figur  durch  rote  Punkte  gekennzeichnet)  haben  sich  die  Schalen  nicht  gegeneinander 
verschoben.  Schneidet  man  aus  schwachem  Karton  die  beiden  Schalen  aus,  verbindet  sie 
an  diesen  zwei  Punkten  etwa  durch  Bindfaden  miteinander  und  öffnet  sie,  so  kommen  ohne 
weiteres  die  in  Fig.  i6  (Transparentbl.)  gezeichneten  Lagebeziehungen  zu  stände.  Deshalb  ist 
mit  ziemlicher  Bestimmtheit  anzunehmen,  daß  die  Schalenklappen  außer  durch  die 
Schalenschließer  noch  an  diesen  zwei  Punkten  miteinander  verbunden  sind.  Auf 
keinen  Fall  hängen  die  Schalen,  wie  Schneider  (i)  beschrieben  hat,  längs  des  ganzen  vor- 
deren Randes  („Schloßrand")  miteinander  zusammen.  Wie  schon  Schneider  bemerkt  hat, 
tritt  an  den  aufgeklappten  Schalen  eine  Eigentümlichkeit  deutlicher  hervor,  die  man  an  den 
schwimmenden  Larven  leicht  übersieht.  Dem  rückwärtigen  Schalenrande  ungefähr  parallel 
verläuft  eine  Linie,  in  welcher  die  Schalen  in  einem  stumpfen  Winkel  geknickt  sind.  Die 
beiden   Knicklinien  schneiden  sich  in   einem   Winkel  (Fig.  i6  Transp.Bl.  Kn),   der  durch   die 


—     35     — 

Dorsallinie  halbiert  wird.  Die  Bedeutung  dieser  Knickung  ist  mir  nicht  klar,  vielleicht  wird 
dadurch  die  Berührung  der  rückwärtigen  Schalenränder  mit  der  Unterlage  ermöglicht  (vgl. 
Fig.  23,  Taf.  V.  Kn.). 

Mechanik  des  Festsetzens. 

Die  Mechanik  des  Festsetzens  besteht  lediglich  aus  drei  Akten,  die  sich  innerhalb 
20  Sekunden  abspielen. 

1.  Der  den  ganzen  Vorgang  einleitende  Akt,  die  maximale  Kontraktion  aller  in- 
serierenden Muskeln,  läßt  sich  auf  Schnitten,  wie  Fig.  23  (Taf.  V),  die  von  unmittelbar 
nach  der  Festsetzung  konservierten  Exemplaren  gemacht  wurden,  sofort  kontrollieren.  Das 
birnförmige  Organ  und  die  Corona  ringsum  wurde  maximal  zurückgezogen,  und  demgemäß 
sehen  wir  den  Dorsalmuskel  um  den  15.  bis  20.  Teil  seiner  Länge  verkürzt.  Das  gleiche 
Verhalten  zeigen  die  Lateralmuskel.  Eine  Übersicht  über  diese  Muskelkontraktionen  gibt 
die  Abbildung  einer  eben  festgesetzten  Larve  in  toto,   Fig.  16  (Taf.  III).i 

2.  Der  Saugnapf,  ein,  wie  wir  sahen,  zu  Ende  seiner  Entwicklung  sich  ins  Atrium 
öffnender  Sack,  hat  sich  zu  einer  membrandünnen  Platte  ausgebreitet  (Fig.  23, 
Taf.  V.  Adh.  PI.),  die  beinahe  bis  zu  den  vier  die  l^nterlage  berührenden  Schalenrändern 
reicht  (Fig.  16,  Taf.  IIL  Adh.  PI.).  Der  äußere  Rand  der  Adhäsivplatte  krempelt  sich  nach 
innen  um  und  verschließt  so  das  ehemalige  Atrium  vollständig.  Derart  kommt  der  Atrium- 
rand überall  in  nächste  Nähe  des  Coronapolsters  zu  liegen.  Die  Wimperzellen  der  Corona 
sind  jetzt  alle  nach  einem  inneren  ringförmigen  Hohlraum  gerichtet,  der  nichts  anderes 
ist,  als  das  durch  die  Kontraktion  reduzierte  und  durch  die  Adhäsivplatte  abgeschlossene 
Atrium,  als  dessen  Auskleidung  das  innere  Ektoderm  deutlich  zu  erkennen  ist  (Fig.  23,  24, 
Taf.  V  rgf.  H.).  Das  Scheitelorgan  wurde,  wie  es  auch  an  der  freischwimmenden  Larve 
immer  geschieht,  so  tief  zurückgezogen,  daß  sich  die  umliegenden  Epithelien  vollständig 
darüber  schließen;  die  Reste  des  gerissenen  Schließmuskels  wurden  bei  der  Ausbreitung 
des  Saugnapfes  von  dessen  vorderem  Teil  mitgenommen  und  kommen  jetzt  unterhalb  des 
birnförmigen  Organs  zu  liegen  (Fig.  23.  Adj). 

Der  Magen  (m)  konnte  sich,  da  die  ihn  von  den  Seiten  einzwängenden  Hörner  des 
Saugnapfs  unter  ihm  gewichen  waren,  flach  ausbreiten.  Schlund  und  Rectum  haben  sich 
\'on  der  Mediane  mehr  nach  den  Seiten  zu  verschoben. 

Vergleicht  man  die  beiden  Medianschnitte  vor  (Fig.  i,  Taf.  I)  und  nach  der  Fest- 
setzung, so  erscheint  die  Formveränderung  der  früher  spindelförmigen  Zellen  der  Saugnapf- 
wände (Sp.  Z.)  in  membrandünne,  schon  an  und  für  sich  ungeheuerlich.  Dazu  kommt  aber 
noch,  daß  keine  Muskulatur  bei  der  Ausbreitung  beteiligt  war,  und  ferner,  daß  ungeachtet 
der  früher  spezifischen  durch  umliegende  Organe  diktierten  Form  des  Sackes  (mediane  Ein- 
schnürung, ,, Hörner")  doch  nur  eine  ovale  Platte  resultiert.  Würde  man  einen  ebenso  ge- 
stalteten Sack  aus  Kautschuk  an  den  Rändern  fassen  und  zu  einer  Platte  ausdehnen,  so 
würde  dadurch  jeder  Bezirk  verschieden  stark  gedehnt.  Hier  wirkt  aber  keine  äußere  Kraft, 
sondern  die   Dehnung  geht  von  jeder  Zelle  selbst   aus,   und   jede   Zelle   muß   sich   demnach 


'  Aus  dieser  Figur  sind,  da  sie  geradezu  eine  Projektion  der  Larve  auf  die  orale  Fläche  darstellt,  weiterhin  manche 
Eigentümlichkeiten  der  Larvenorganisation  besser  zu  ersehen  als  anderswo,  so  z.  B.  das  Nervensystem  und  am  birnförmigen 
Organ  das  Verhältnis  der  Wimperwälle  zu  der  vorne  nach  innen  umbiegenden  Coronamodifikation. 


—     36     — 

anders  und  zwar  um  ein  ganz  Bestimmtes  ausdehnen,  oder  richtiger  ausgedrückt :  Jede  Zelle 
muß  mit  einem  ganz  genau  bestimmten  \'olumen  für  die  spätere  Ausbreitung  vorgebildet  sein. 

Bezüglich  des  Reizes,  der  die  Zellen  zur  spontanen  Ausbreitung  bringt,  ließe  sich 
denken,  daß  durch  das  Reißen  des  Schalenschließers  rein  mechanisch  Spannungen  in  den 
Zellen  frei  werden.  Nun  finden  sich  aber  unter  meinen  Präparaten  Bilder,  die  auf  eine 
Innervation  der  Saugnapfzellen  schließen  ließen.  So  sieht  man  in  Fig.  ii  (Taf.  III)  einige 
Zellen  gegen  die  Leibeshöhle  zu  geschwänzt  (x)  und  mit  feinsten  Fasern,  die  wahrscheinlich 
Nervenfasern  sind  und  vom   Hauptstrang  zu  kommen   scheinen,   in   Verbindung. 

3.  Auf  die  wahrscheinlich  gleichlaufenden  Akte :  Kontraktion  der  inserierenden  Muskel 
und  Ausbreitung  des  Saugnapfs,  folgt  als  dritter  Akt  die  Kontraktion  des  Saug- 
muskels. Auf  Fig.  24  (Taf.  V)  sieht  man  die  Zellen,  zwischen  welche  der  Muskel  mit  seinen 
Endfasern  in  das  Epithel  eindringt,  gerafft.  Wie  man  sieht,  haben  es  die  neuen  Lage- 
beziehungen zwischen  Adhäsivplatte  und  Schalen  mit  sich  gebracht,  daß  die  Zugrichtung 
des  Muskels  auf  der  Platte  senkrecht  steht.  Die  Funktion  des  Muskels  besteht,  wie  schon 
der  ganzen  Anlage  nach  zu  erwarten  war,  darin,  daß  er  nach  Ausbreitung  der  Platte  und 
Verkleben  ihrer  Ränder  mit  der  Unterlage,  durch  seine  Kontraktion  zwischen  Platte  und 
Unterlage  ein  A'akuum  herzustellen  bestrebt  ist,  welches  das  Festhalten  der  Larve  verbürgt 
(vergl.  den  , .pneumatischen  Leuchter").  Und  überdies  hält  er  die  dem  Tiere  nur  mehr  locker 
aufliegenden  Schalenklappen  in  ihrer  Lage  fest.  Soweit  die  rein  mechanischen  Faktoren  der 
Umwandlung. 

Die  Festsetzung  mißlingt  häufig  und  zwar  meistens  dadurch,  daß  die  Larve,  wenn  sie 
die  Corona  zurückgezogen  hat  und  nur  durch  die  Schalenränder  mit  der  L^nterlage  in  Be- 
rührung ist,  umfällt.    Die  Schalen  weichen  auseinander  und   die   Larve  geht   zu   Grunde. 

Histolyse.    Polypid-Anlage. 

Die  Histolyse  setzt  nun  überall  an  den  Polsterzellen  ein  und  zwar  vor  allem  an 
dem  Coronapolster  fFig.  25,  Taf.  \''  Co  Po).  Die  Membran  der  Polsterzellen  scheint  aufge- 
löst zu  werden,  denn  die  einzelnen  Sekretstücke  und  das  dunkle,  spärliche  Plasma  trennen 
sich  voneinander  und  vom  anschließenden  Ektoderm  und  kommen  in  den  ringförmigen  Hohl- 
raum zu  liegen.  Nun  ist  die  Corona  vom  äußeren  Ektoderm  ringsum  abgeschnürt.  Die 
Ektodermzellen  strecken  sich  bis  zu  den  Rändern  der  Adhäsivplatte,  mit  denen  sie  offen- 
bar in  organischen  Zusammenhang  treten  (V.).  Gleichzeitig  senkt  sich  das  eingestülpte 
Scheitelorgan  (So.)  dadurch  tiefer  ein,  daß  dessen  äußerster  Rand,  die  pigment- 
freie Zone,  früher  aus  hohen  Spindelzellen  bestehend  (Fig.  i,  Taf.  I,  pe.  Zo.),  sich  zu  einer 
Membran  ausdehnt.  Es  löst  sich  der  Zusammenhang  zwischen  pigmentfreier  Zone  und 
umliegendem  Epithel  wahrscheinlich  auch  durch   Desorganisation  der   Polster. 

Das  Ektoderm  verschmilzt  über  dem  eingestülpten  Scheitelorgan,  das  mit  der  membran- 
artig ausgedehnten  pigmentfreien  Zone,  der  Pigment-  und  Zentralzone  einen  Hohlraum 
umgibt,  in  welchem  die  Reste  der  Cilien  noch  deutlich  erkennbar  sind  (H).  Ob  die  Ränder 
der  pigmentfreien  Zone  ebenfalls  in  organischen  Zusammenhang  miteinander  treten  oder 
nicht,  läßt  sich  aus  dem  Schnitt  nicht  erkennen,  doch  werden  die  folgenden  Stadien  darüber 
Aufschluß  geben. 


—     87     - 

Nun  sind  also  alle  Organe  einschließlich  des  Scheitelorgans  in  einem 
einschichtigen  Sack  eingeschlossen,  der  aus  dem  äußeren  Ektoderm  der 
Larve  +  der   Adhäsivplatte   besteht. 

Die  Histolyse  schreitet  gleichzeitig  weiter;  ihre  Wirkung  zeigt  sich  zuerst  bei  den 
Wimperzellen  und  der  Muskulatur.  An  die  Wurzelpyramide,  die  zu  einem  Ganzen  vereint 
bleibt  und  sich  als  homogen  aussehender,  spitzwinklig-dreieckiger  Körper  zu  erkennen  gibt, 
legt  sich  der  Kern  mit  etwas  Plasma  dicht  an;  gelegentlich  findet  man  noch  Basalkörper- 
fasern  in  ihrer  alten  Lage,  so  daß  das  Plasma  wie  in  einem  Gerüst  zwischen  diesen  und  der 
Wurzelpyramide  ausgespannt  erscheint  (Fig.  25,  WzA,  B).  Die  Muskeln  zerfallen  in  kleine 
Bruchstücke,  die  man  häufig  noch  spät  an  der  Querstreifung  erkennen  kann.  Etwas  später 
als  die  übrige  Muskulatur  zerfällt  auch  der  Adhäsivplatten-Muskel,  der  sich  einerseits  von 
den  Schalen,  anderseits  von  der  Platte  loslöst,  jedoch  so,  daß  die  Endfasern  zwischen  den 
Zellen  der  Platte  zurückbleiben  (E.  M.  Sg.).  Die  Zugwirkung  des  Muskels  wird  wohl  des- 
halb unnötig,  weil  sich  die  Platte  an  den  Rändern  nun  durch  die  Bildung  der  definitiven 
Schale  fest  mit  der  LTnterlage  verkittet. 

Während  an  den  Polstern,  dem  Gallertkopf,  der  Muskulatur  und  Zellen  mit  so  aus- 
geprägtem Charakter  wie  die  Wimperzellen  schon  relativ  kleine  Veränderungen  wahrgenommen 
werden  können,  wird  bei  den  übrigen  Geweben,  vor  allem  Magen-  und  Mesodermzellen,  der 
Entscheid,  ob  die  Histolyse  eingegriffen  hat  oder  nicht,  um  so  schwerer,  als  schon  während 
der  Schwebeperiode  Degenerationserscheinungen  aufgetreten  sind,  wie  bei  den  Körnerzellen 
(s.  Seite  32)  und  wahrscheinlich  auch  teilweise  Wiedererneuerung,  wie  bei  den  Darmzellen 
(s.  Seite  33). 

Die  Desorganisation  des  Magens  findet  zweifellos  statt  und  zwar  unter  eigentümlichen 
Erscheinungen.  Es  treten  in  den  Zellen  gelbbraune  unfärbbare  Körper  auf,  teils  vereinzelt, 
teils  als  Konglomerat  von  Kugeln  (Fig.  25,  g),  die  auch  in  die  angrenzenden  Leibeshöhlen- 
partien gelangen ;  und  damit  sind  die  Zellgrenzen  auch  zum  größten  Teil  verschwunden. 
An  den  meisten  Darmzellen  finden  sich  auch  sonst  deutliche  Anzeichen  von  Degeneration. 
Das  Chromatin  der  Kerne  legt  sich  an  der  Kernmembran  an,  am  häufigsten  einseitig  als 
Kappe.  Manche  Darmzellen  sehen  aber  noch  sehr  aktiv  aus  (ß);  ihr  Plasma  erscheint  dichter, 
der  Kern  enthält  verteiltes  Chromatin  und  einen  zentralen   Nucleolus. 

Noch  aktiver  sehen  Mesodermzellen  aus,  die  sich  in  den  benachbarten  Leibeshöhlen- 
partien vorfinden,  zu  einem  förmlichen  Haufen  vereinigt  in  dem  Teil  derselben,  der  durch 
Ausstülpung  des  Saugnapfs  zu  beiden  Seiten  des  Magens  frei  geworden  ist  und  dann  durch 
den  Verlauf  des  Saugmuskels  charakterisiert  war  (mes.).  Ihr  Plasma  scheint  locker  zu  sein 
und  läßt  keine  Zellgrenzen  erkennen.  Der  Kern  ist  spindelförmig  und  enthält  einen  leuch- 
tend schwarzen,  die  Kernbreite  fast  völlig  ausfüllenden  Chromatinbalken.  Neben  ihnen 
finden  sich  noch  Körnerhaufen  (r)  von  etwas  anderem  Aussehen,  als  die  schon  während  der 
Schwebeperiode  abgelagerten,  da  die  einzelnen  Körner  hier  weiter  voneinander  stehen.  Ich 
kann  nicht  sagen,  woher  diese  Zellen  dorthin  gekommen  sind;  am  ehesten  würden  sie  mich 
an  Körnerzellen  von  der  ersten   Phase  erinnern  (Fig.  12,  Taf.  III.  KZ). 

Die  Ansammlung  aktiver  Zellen  gerade  dort,  wo  jederseits  drei  Muskelgruppen  an 
den  Schalen  inserieren,  würde  die  Vermutung  aufkommen  lassen,  daß  es  sich  hier  um 
Phagocyten  handelt,  aber  erst  wenn  sich  das    Plasma   besser   definieren   ließe   und   Muskel- 


—     88     — 

stücke  (M.  Sg.)  davon  umflossen  würden.  So  bleibt  uns  also  nur  zu  konstatieren,  daß  sich 
ein  Teil  der  Mesoderm-Zellen  länger  aktiv  erhält,  als  alle  anderen  Gewebe.  Ein  Teil  der 
Mesoderm-Zellen  wird  jedenfalls  auch  histolysiert,  wie  degenerierte  Kerne  (mes'j  beweisen. 

Betrachten  wir  einen  der  Fig.  25  entsprechenden  Frontalschnitt  durch  ein  älteres 
Stadium  (Fig.  26),  so  finden  wir  Polypidanlage  und  Histolyten  scharf  voneinander 
abgehoben.  Die  histolysierten  Gewebe  sind  zu  beiden  Seiten  und  unter  dem  eingestülpten 
Scheitelorgan  zusammengesunken,  wodurch  für  dieses  Platz  geschaffen  wurde.  Der  früher 
durch  Einstülpung  des  Organs  und  Streckung  der  pigmentfreien  Zone  entstandene  Hohl- 
raum (H,  Fig.  25)  hat  sich  in  eine,  im  Schnitte  quer  getroffene  Rinne  vertieft,  in  deren 
Grunde  wir  die  pigmentführenden  Zellen  wiedererkennen.  Gleichzeitig  haben 
sich  alle  Zellen  enorm  vergrößert.  Nun  erkennen  wir  auch  deutlich,  daß  das  Ektoderm 
über  dem  Organ  verschmolzen  ist,  während  die  Ränder  der  pigmentfreien  Zone  der  Histo- 
lyse  anheimfielen,  so  daß  jetzt  zwischen  dem  Organ  und  dem  Ektoderm  nur  eine 
ganz  lockere  Verbindung  besteht  (Vb).  Von  der  inneren  Zellschicht  der  Polypid- 
anlage, die  wir  auf  den  ersten  Blick  als  die  des  Scheitelorgans  erkannt  haben,  hebt  sich  eine 
äußere  deutlich  ab.  Über  die  Herkunft  dieser  Schicht  kann  ich  nichts  Positives  aussagen, 
da  mir  Zwischenstadien  zwischen  dem  in  Fig.  25  und  in  Fig.  26  abgebildeten  Stadium  fehlen. 

Wie  erinnerlich,  haben  wir  aber  von  Anfang  an  am  Scheitelorgan,  wenn  auch  nicht 
in  deutlich  abgegrenzten  Schichten  geordnet,  doch  äußere,  cilientragende  Zellen  (Zentral-  + 
Pigment-  +  pigmentfreie  Zone)  von  inneren  Zellen  mit  runden  Kernen  unterschieden,  und  den 
letzteren,  da  der  Nervenstrang  unter  ihm  aufsplittert,  gangliöse  Natur  zugemutet  Seite  8 
und  Fig.  10,  Taf.  H\  Die  allernatürlichste  Erklärung  für  die  Herkunft  der  äußeren 
Schicht  der  Polypidanlage  wäre  also  die,  sie  von  den  inneren  Zellen  des  Scheitel- 
organs herzuleiten,  wofür  außer  der  Ähnlichkeit  der  Kerne  (vergl.  Fig.  25)  noch  der  Um- 
stand spricht,  daß  sie,  von  \ornherein  in  der  Minderzahl  vorhanden,  sich  nachträglich  ver- 
mehren müssen,  was  im  vorliegenden  Stadium,  wie  die  Mitosen  zeigen,  noch  im  Gange  ist. 
Sonst  kämen  nur  noch  Mesoderm-Zellen  in  Betracht,  die,  da  sie  unter  dem  Schcitelorgan 
nicht  vorhanden  sind  (Fig.  25),  erst  hinwandern  und  sich  in  einer  Schicht  gruppieren  müßten. 

Das  histolysierte  Material  liegt  frei  in  dem  von  äußerem  Ektoderm  +  Adhäsivplatte 
gebildeten  Sack  und  in  unmittelbarer  Berührung  mit  der  Polypid-Anlage.  Zugleich  mit  dem 
\^erfall  haben  sich  die  Gewebe  von  vorn  nach  rückwärts  zurückgezogen  und  man  erkennt 
noch  zu  beiden  Seiten  der  Anlage  die  Gallertzellen  des  birnförmigen  Organs  wieder 
(G.  Z.).  Ebenso  sind  die  Zellen  der  aboralen  Magenwand  an  ihren  Konturen  zu  erkennen 
(m.  Z.).  Das  Plasma  ist  beinahe  vollkommen  geschwunden,  nur  die  Kerne  zeigen  sich  nicht 
stark  verändert.  Ihre  Individualität  noch  gar  nicht  eingebüßt  haben  die  Faserpyramiden 
der  Wimperzellen  (\Vp. Wz).  Die  Resistenz  der  Wimperwurzeln  i,vergl.  Prouhos  ..triangle 
protoplasmique"  PI.  XXIV,  Fig.  29,  hc)  und  der  Umstand,  daß  sie  desorganisiert  noch 
straff  bleiben,  wird  für  meine  auf  Seite  27  geäußerte  Auffassung  derselben  als  Stütz-  und 
Richtstäbe  sprechen.  Auch  Stücke  quergestreifter  Muskulatur  sind  noch  deutlich 
zu  erkennen.     Sie  sind  meistens  von  einer  Plasmazone  eingeschlossen  (M). 

Die  Kerne  erscheinen  in  typischer  Weise    verändert.     Das    Chromatin    hat    sich    der 


—     S9     — 

Kernmembran  angelegt,  und  zwar  so,  daß  es  von  einem  Punkte  ausgehend,  sich  weiter  ver- 
breitet. Schnitte  durch  diese  Chromatinkappe  geben  sie  hei-  bis  halbmondförmige 
Bilder  (K.  F.),  die  von  einer  dichteren  abgerundeten  Plasma-Zone  umgeben  sind.  Es  ist 
nicht  uninteressant,  daß  in  nächster  Nähe  des  Embryos  von  Plumatella  (Braem  17, 
3.39  ff.;  Taf.  IV)  ebensolche  Kernformen  auftreten.  Braem  hält  sie  für  umgewandelte  Ei- 
kerne,  die  samt  dem  sie  umgebenden  Plasma  zur  Ernährung  des  Embryos  beitragen.  Das 
bedeutet  natürlich  nur  eine  physiologisch  gleichwertige  Histolyse. 

Dann  finden  sich  noch  größere  plasmaähnliche  Körper,  die  zahlreiche  dunkelgefärbte 
Kugeln  enthalten  (Ku.  K.).  Sehr  auffallend  sind  schließlich  sehr  chromophile  kugelige  Körper, 
die  außen  varikös  aussehen  und  innen  in  einem  helleren  Hof  einen  tiefschwarzen  ab- 
gerundeten  Fleck   zeigen,   möglicherweise   einen   stark   vergrößerten    Nucleolus   (v.  K.). 


Vergleichen  wir  den  Vorgang  der  Metamorphose  bei  Cyphonautes  mit  dem  bei  FlustreUa, 
wie  ihn  Prouho  (4)  beschreibt,  so  finden  wir  in  Bezug  auf  die  mechanischen  Faktoren  keine 
Unterschiede,  nur  kommt  bei  C.  noch  die  Tätigkeit  des  Saugmuskels  hinzu.  Auch  die  Ab- 
schnürung der  Corona  und  nachträgliche  Verschmelzung  des  äußeren  Ektoderms  mit  den 
Rändern  der  Adhäsivplatte  zu  einem  einheitlichen  Sack  ist  bei  beiden  Formen  gleich.  Die 
weiteren  Vorgänge  zeigen  aber  namhafte  Unterschiede,  und  zwar  beschreibt  Prouho  die- 
selben bei  FlustreUa  folgendermaßen : 

i)  Das  Scheitelorgan  wird  nach  der  ersten  Einstülpung  abgeschnürt  und  histo- 
lysiert.  2)  Das  über  der  Einstülpungsöffnung  verschmelzende  Ektoderm,  und  die  schon 
während  der  Larvenzeit  unter  dem  Scheitelorgan  vorhandene  „lame  mesodermique"  ver- 
einigen sich  zu  einer  zweischichtigen  Platte,  der  „disque  meso-ectodcrmique",  die  sich 
ihrerseits  einstülpt  und  so  die  Polypidanlage  darstellt,  deren  innere  Schicht  (Ektoderm  der 
Larve)  den  Lophophor,  die  äußere  Tentakel-Wand,  das  Ganglion,  die  innere  Wand  der  ein- 
gestülpten Tentakelscheide,  Pharynx,  Magen  und  Rectum  zu  bilden  berufen  ist;  während 
die  äußere  Schicht  (Mesoderm  der  Larve)  die  Innenwandung  der  Tentakel,  die  äußere  Wand 
der  eingestülpten  Tentakelscheide,  die  Muskulatur  und  die  Umkleidung  des  Darmtraktes 
abgibt. 

Bei  Cyphonautes  können  wir  konstatieren,  daß  das  Scheitelorgan  nicht  histo- 
lysiert  wird,  sondern  zur  Bildung  des  Polypids  beiträgt.  Wir  sehen,  wenn  wir 
Prouhos  Fig.  22  mit  unserer  Fig.  26  vergleichen,  daß  die  äußere  Schicht  des  Scheitel- 
organs der  Ektodermschicht  der  ,,disc[ue"  bei  FlustreUa  vollkommen  ent- 
spricht. 

Die  Frage  nach  der  Herkunft  der  äußeren  Schicht  der  Polypidanlage  wollen  wir 
vorläufig  offen  lassen  und  nur  konstatieren,  daß  es  bei  C.  keine  „lame  mesodermique" 
gibt.  Ebensowenig  gibt  es  eine  Mesoderm- Membran,  wie  sie  Prouho  bei  FlustreUa 
beschreibt,  die  mit  ihren  Rändern  mit  der  ,,lame"  verschmilzt,  und  so  als  geschlossener  Sack 
das  histolysierte  Material  in  sich  schließt.  Mit  dem  Fehlen  der  Membran  wird  es  auch  un- 
wahrscheinlich, daß  bei  Membranipora  überhaupt  eine  die  Leibeshöhle  an  den  Cystidwänden 


—     40     — 

auskleidende  Membran  vorkommt.  Ein  weiterer  Unterschied  ergibt  sich  ferner  daraus,  daß 
bei  C,  im  Gegensatz  zu  Flustrella,  wo  die  Parietal-Muskel  erhalten  bleiben,  die  ganze 
Muskulatur   der   Histolyse   anheimfällt. 

Würde  sich  meine  Vermutung  bestätigen,  daß  das  motorisch-germinative  Blatt  der 
Polypidanlage  von  den  inneren  Zellen  des  Scheitelorgans  abstammt,  dann  müßte  man  vor 
allem  nachprüfen,  ob  wirklich,  wie  es  bisher  als  sicher  galt,  das  Scheitelorgan  in  seiner 
Totalität  ektodermalen  Ursprungs  ist.  In  diesem  Falle  würden  sich  allerdings  weitgehende 
Folgerungen  ergeben. 


'  < 


Allgemeiner  Teil. 

Prouho  hat  in  seiner  „Contribution"  (5)  eine  Fülle  von  neuen  Tatsachen  ge- 
bracht, unter  denen  ich  nur  die  für  die  Vergleichung  der  Bryozoen  -  Larven  untereinander 
wichtigsten  hervorheben  möchte.  Er  hat  für  die  Form  Cyphonautes  (Membrani'pora 
pilosa ;  Alcyonidium  albidum ;  Hypophorella  expansa)  ovipare  Entwicklung  nachgewiesen 
und  bei  der  neuen  von  ihm  entdeckten  Species  Alcyonidium  duplex  eine  Art  von  Brut- 
pflege gefunden,  die  zwischen  der  Oviparen  Entwicklung  und  der  Brutpflege  bei  den  übrigen 
Ektoprokten  insoferne  die  Wage  hält,  als  sich  die  Eier  außen  angeheftet  an  das  Diaphragma 
entwickeln  und  nur  bei  Retraktion  des  Polypids  in  die  schützende  Mundhöhle  gelangen.  In 
seinem  Kapitel :  „Des  rapports  de  l'embryon  avec  le  bryozoite  .  .  ."  Seite  624,  auf  das  ich 
ganz  besonders  verweisen  möchte,  stellt  er  neben  diese  Art  von  Brutpflege  noch  3  weitere, 
die  noch  unter  sich  kleine  Unterschiede  bezüglich  deren  Vollständigkeit  erkennen  lassen. 
Daß  sich  daran  als  Extrem  die  Brutpflege  der  Phylactolämen  gliedert,  ist  eine  schon  von 
Nitsche  (7)  und  späteren  Forschern  ausgesprochene  und  durch  Braem  (17)  gefestigte  Auf- 
fassung. Braem  weist  (S.  84)  überdies  auf  ein  Stadium  von  Plumatella  hin,  das  er,  ob- 
wohl es  sich  noch  im  Oöcium  befindet,  mit  dem  Stadium  der  Festsetzung  der  Gymnolämen- 
Larven  morphologisch  vergleichbar  hält.  Es  wird  uns  nicht  gewagt  erscheinen,  wenn  Prouho 
die  ovipare  Entwicklung  für  die  ursprüngliche  hält;  die  Konsequenzen,  die  er  für  die  vivi- 
paren  Gymnolämen  a  priori  daraus  zieht,  daß  mit  der  verkürzten  Larvendauer  auch  die 
Larvenorgane  succesive  rückgebildet  werden  müssen,  wird  durch  den  Bau  dieser  Larven 
aus  dem  Bereich  der  Hypothese  gerückt. 

Auch  die  vorliegenden  LTntersuchungen  werden  Prouhos  Auffassung,  daß  Cypho- 
nautes den  ursprünglichsten  Larven typus  einer  Reihe  ihr  Larvenleben  abkürzender 
Formen  darstellt,  nur  unterstützen  können.  Lim  die  Verhältnisse  der  Larvendauer  bei  Ovi- 
paren und  Viviparen  zu  beleuchten,  will  ich  darauf  aufmerksam  machen,  daß  während  zweier 
Monate  zu  Beginn,  mit  nur  ganz  vereinzelten  Ausnahmen,  nur  junge,  zu  Ende  nur  reife 
Cyphonautes  gefunden  wurden,  während  Nitsche  (6;  Seite  5)  die  Larven  von  Bugula 
flabellata  sich  wenig  Stunden  nach  dem  Ausschlüpfen  festsetzen  sah.  Den  kurzlebigen 
Larven  fehlt  der  Darm;  aber  auf  Jugendstadien  sind  häufig  Rudimente  desselben  nachzu- 
weisen {Flustrella,  Prouho  4;  Älcyonidmm,  Harmer  16).  Bei  denselben  Larven  findet 
sich  das  funktionslose  Rudiment  des  postanalen  Wimperstreifens,  der  bei  C.  die  Faeces-Ab- 
fuhr  besorgt.  Dieses  Rudiment  verweist  überdies  auf  eine  Larvenform  mit  mehr  oder  weniger 
eingestülpter  Oralseite  zurück.  Der  Gallertkopf  zeigt  bei  Bugula  (Vigelius  14)  noch  genau 
denselben  histologischen  Charakter;  nur  fehlt  die  Muskulatur,  die  diesen  Teil  des  birn- 
förmigen  Organs  erst  vollwertig  macht. 

Zoologica.    Uett  47.  G 


—     42     — 

Auch  das  Scheitelorgan  als  Sinnesorgan  scheint  mir  bei  den  meisten  Larven  eine 
Rückbildung  erfahren  zu  haben;  wenigstens  beschreibt  Harmer  i6\  daß  die  Larve  von 
Alcyonidium  immer  mit  dem  birnförmigen  Organ  voran  schwimmt  und  nicht  mit  dem 
Scheitelorgan  wie  bei  C),  und  so  wird  es  auch  bei  allen  andern  Darmlosen  sein,  deren  Be- 
wegungen \on  \ornherein  nach  dem  Festsetzobjekt  gerichtet  sind.  Der  kompliziertere  Bil- 
dungsmodus des  Saugnapfs  als  geschlossenes  Bläschen,  gegenüber  der  einfachen  sack- 
förmigen Einstülpung  der  Oralseite  bei  Alcyonidium,  dürfte  sich  damit  erklären  lassen,  daß 
ein  sich  ins  Atrium  öffnender  Sack  für  den  Nahrung  zustrudelnden  Organismus  als  Bhnd- 
sack  schädlich  wirken  müßte. 

Speziell  dem  Cyphonautes  eigentümliche  Charaktere  sind:  Seitliche  Abplattung 
und  extreme  Einsenkung  der  Oralregion.  Die  Bedeutung  der  seitlichen  Kompression 
für  das  Tier  wird  sofort  klar,  wenn  man  es  schwimmen  sieht.  Es  stellt  die  größten  Flächen 
möglichst  horizontal,  was  besonders  dann  auffällt,  wenn  es  sich  in  Spirallinien  oder  sich 
nach  Art  eines  Drachens  hin  und  her  werfend  „hinaufschraubt".  Die  seitliche  Kompression 
ist  also  eine  Schwebe-Anpassung.  Eine  solche  scheint  überall  dort  notwendig  zu  sein,  wo 
durch  Einsenkung  der  Oralregion  das  spezifische  Gewicht  einer  Larve  erhöht  wird,  wie  z.  B. 
bei  Püidium  (Seitenlappen)  und  bei  Mitraria  (Schwebestacheln).  Die  extreme  Ein- 
senkung der  Oralregion  dürfte  als  Schutzeinrichtung  zu  deuten  sein;  mit  ihr  im  unmittel- 
baren Zusammenhang  steht  die  Bildung  des  Innenbogens.  Wie  man  sieht,  bewegt  sich  diese 
Entwicklungsrichtung  in  genau  entgegengesetztem  Sinne,  als  die  der  Hauptreihe,  die  durch 
die  Darmlosen  repräsentiert  wird,  nämlich  auf  die  Anpassung  an  pelagische  Verhältnisse. 
Nebenher  geht  die  Bildung  des  Saugmuskels,  und  es  ließe  sich  aus  dieser  Konvergenz  der 
Schluß  ziehen,  daß  die  Larve  während  ihrer  langen  Lebensdauer  und  vermöge  ihrer 
Schwebe-  und  Bewegungsfähigkeit  in  die  Lage  kommt,  sich  an  exponierteren  Orten  festzu- 
setzen, die  gleichzeitig  aber  einen  ausgiebigen  Befestigungsapparat  erfordern.  Als  Endpunkt 
dieser  Entwicklungsrichtung  hätte  man  wegen  ihrer  extremen  Kompression  (Fig.  19,  Taf.  Hl) 
die  „Hochsee-Larve"   anzusehen. 

Trotz  diesen,  wie  mir  scheint,  sekundären  Anpassungen ,  werden  die  angeführten 
Gründe,  erstens :  freie  Entwicklung ;  zweitens :  Larvenorgane,  bei  allen  andern  Lar\en.  mehr 
oder  weniger  rudimentär,  hier  jedoch  vollwertig,  genügen,  um  die  Auffassung  des  Cypho- 
nautes als  die  ursprünglichste  Bryozoen-Larve  zu  stützen.  Allerdings  besitzt  auch  die  Larve 
von  Tendra  einen  ausgebildeten  Darmkanal,  doch  geben  Repiachoffs  Angaben  (lo,  11) 
keine  Auskunft,  ob  der  Darm  hier  auch  funktioniert. 

Fragen  wir  nach  weiterer  \'erwandtschaft,  so  führt  uns  der  ganze  Habitus  unserer 
Larve  auf  einen  Vergleich  mit  der  Trochophora,  ein  Vergleich,  der  nicht  von  heute  ist,  und 
sich  darauf  stützt,  daß  sich  bei  beiden  Larven  an  gleicher  Stelle  drei  gleichwertige  Organe 
mit  ähnlichem  Bau  vorfinden :  Das  Scheitelorgan  entspricht  der  Scheitelplatte,  die  Corona 
dem  Prototroch,  und  der  geknickte  Darm  steht  zu  diesen  beiden  im  gleichen  typischen  Ver- 
hältnis. 

Neben  diesen  drei  Larvenorganen,  die  sich  auch  meist  bezüglich  histologischer  Details 
entspredien,  findet  sich  ein  gleicher  Differenzier ungspo!  bei  der  typischen  Trocho- 
phora von  Polygordins,  wie  bei  Cyphonautes. 


—     43     — 


Wie  nämlich  Woltereck  (21)  nachweisen  konnte,  entsteht  bei  der  Trochophora  von 
Volygordius  der  Rumpfkeim  präanal  (siehe  Text-Fig.  VIII),  also  genau  an  gleicher 
Stelle,  wo  bei  CypJwnautes  der  Saugnapf  entsteht  (Fig.  6,  Taf.  II.  Sgn.A.),  der  auch  hier 
einen  großen  Teil  der  definitiven  Leibeswand  zu  bilden  berufen  ist.  In  der  weiteren  Ent- 
wicklung dieser  beiden  Keime  treten  Divergenzen  auf.  Bei  Polygordius  umwächst  der  Keim 
den  After,  bei  C.  bleibt  er  präanal;  doch  stehen  diese  Unterschiede  mit  den  entgegengesetzten 
Tendenzen  der  beiden  Larven  im  Zusammenhang.  In  dem  einen  Falle  soll  für  das  weiter 
freilebende  Tier  ein  terminaler  Rumpfteil  gebildet  werden,  der  den  After  mit  in  sich  ein- 
bezieht, im  anderen  für  das  sich  festsetzende 
Tier  eine  Fußscheibe,  die  auch  dann,  wenn 
der  Darmtrakt  erhalten  bliebe  (und  dieser  Fall 
ist  bei  Actinotrocha  verwirklicht),  den  End- 
darm außerhalb  lassen  müßte.  Eine  weitere, 
wenn  auch  unwichtigere  Ähnlichkeit  besteht 
zwischen  der  Nordsee-Species  von  Polygordius 
und  Cyphonautes  darin,  daß  beide  die  de- 
finitive Körperwand  in  eingestülptem  Zustande 
mit  sich  herumtragen.  In  beiden  Fällen  ver- 
schmelzen bei  der  Metamorphose  die  Ränder 
der  ausgestülpten  Körperwand  mit  einem 
cephalen  Abschnitt,  wobei  der  larvale  Loko- 
motionsapparat  in  dem  einen  Fall  nach  außen. 


Hiin/bxjig  d&s 


.■  Müteldarnv 

■Prototi'och/ 


Metatrochj 
EnddcuTTV 

PrcuzrutLcm^aTv 

(Iticmpßi,eLnv) 


in  dem  andern  nach  innen  ausgeschaltet  wird. 


Fig.  VIII.  aus  Woltereck  [21  j  Te.xtfig.  3,  junge  Polygordius- 
larve  mit  praeanalem  Rumpfkeim. 


Das  nächstliegende  sollte  es  sein,  Acti>iotroch(t.  die  Larven  von  Fcdieellina  und 
Argiope  zum  Vergleiche  heranzuziehen,  da  diese  Larven  sowohl  als  trochophoroide  dem 
Cyphonautes  gleichstehen  und  obendrein  die  Tendenz,  sich  festzusetzen,  mit  ihm  gemein- 
sam haben. 

Nun  liegt  bekanntlich  die  größte  Schwierigkeit,  diesen  Vergleich  durchzuführen,  darin, 
daß  bei  Actinotrocha  und  Fedicellina  der  larvale  VcrdauungsApparat  in  das  fertige  Tier 
übergeht,  während  Cyphonautes  das  primäre  Entoderm  durch  die  Histolyse  für  sich  und 
die  ganze  Kolonie  verliert.  Bei  der  Larve  von  Argiope  ist  der  Vorgang  der  Metamorphose 
zu  wenig  bekannt,  doch  ist  meines  Erachten s  Kowalewskys  Fig.  21,  Taf.  II  (18)  nur  so 
zu  verstehen,  daß  sich  der  neue  Mund  durch  Einstülpung  der  Scheitelplatte  bildet,  also 
ebenso,  wie  bei  Cyphonautes.  Sehen  wir  indessen  von  diesen  unsicheren  Vergleichspunkten 
ab,  so  haben  alle  diese  Larven  das  eine  gemeinsam :  sie  setzen  sich  mit  dem  oralen  Pol 
fest.  Und  gerade  dieser  Pol  scheint  uns  am  ungeeignetsten,  weil  nun  eine  vollkommene 
Umwälzung  folgen  muß,  die  unnötig  wäre,  wenn  diese  Larven,  wie  es  Hatschek  damals 
annahm,  sich  mit  dem  Scheitelpol  festsetzen  würden.  Nun  bringt  mich  der  Umstand,  daß 
der  Cyphonautes  vor  dem  Festsetzen  noch  eine  Zeit  lang  mittelst  Cilienschlags  herum- 
kriecht, dieser  Cilienschlag  hiebei  nach  den  beiden  Seiten  der  Symmetrie  verschieden  ge- 
richtet sein  muß,  auf  die  Hypothese,  daß  die  Bryozoen  und  die  anderen  sich  mit  der  Oral- 
seite festsetzenden  Formen  von  mittelst  Cilienschlags  kriechenden  Formen  abstammen  mögen. 


—     44     — 

Das  Festsetzen  überhaupt  wäre  dann  einfach  die  Folge  von  immer  träger  werdendem  Cihen- 
schlag,  und  es  würde  nicht  ungeheuerhch  erscheinen,  daß  gleichzeitig  die  erstbeste  Ein- 
stülpung auf  der  Aboralregion  als  verdauendes  Epithel  fungiert  und  sich  zu  einem  neuen 
Darm  vertieft. 


Am  Schlüsse  sei  es  mir  gestattet,  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Prof.  Dr.  Chun, 
für  mannigfache  Belehrung  und  das  liebenswürdige,  meiner  Arbeit  entgegengebrachte  Inter- 
esse meinen  wärmsten   Dank  auszusprechen. 

Den  herzlichsten  Dank  für  viele  Bemühungen  und  rege  Anteilnahme  bin  ich  auch  den 
Herrn  Assistenten  des  Leipziger  Zoologischen  Institutes  schuldig,  Herrn  Prof.  O.  zur  Strassen 
und  meinem  Freunde  Dr.  R.  Woltereck,  dessen  Führung  geradezu  Bedingung  für  das  Ge- 
lingen dieser  Arbeit  war. 

Endlich  möchte  ich  an  dieser  Stelle  auch  Herrn  Dr.  M.  von  Davidoff  für  die 
liebenswürdige  Aufnahme  an  der  Zoologischen   Station  Villefranche  herzlichst  danken. 


Literatur-Verzeichnis. 


über  Cyphonautes: 

1.  Schneider,  A.,  Zur  Entwicklungsgeschichte  und  systematischen  Stellung  der  Bryozoen  und  Gephyreen 

Arch.  Mikr.  Ant.    B.  V.     1869. 

2.  Repiachoff,  W,,    Bemerkungen  über  Cyphonautes.     Zool.  Anz.    2.  Jahrg.      1S79. 

3.  Ostrooumoff,  A.,    Note  sur  la  metamorphose  du  Cyphonautes.     Zool.  Anz.    8.  Jahrg.      1885. 

4.  Prouho,    H.,    Recherches  sur  la  larve  de  la  Flustrella  hispida ,    structure  et  metamorphose.     Arch.  d. 

Zool.  exper.  et  gen.   2.  ser.     Vol.  VIII.      1890. 

5.  —    Contribution  a  l'histoire  des  Bryozoaires.     Arch.  d.  Zool.  exper.  et  gen.     2.  ser.     Vol.  X.      1892. 

Über  Bryozoen  und  Diverses: 

6.  Nitsche,  H.,    Beiträge  zur  Kenntnis  der  Bryozoen.     Zeitschr.  f.  w.  Zool.    XX.  Bd.      1869. 

7.  —    Betrachtungen     über     die     Entwicklungsgeschichte     und     Morphologie     der     Bryozoen  ;      ebenda  : 

XXII.  Bd.     1872. 

8.  Barrois,  J.,    Recherches  sur  l'embryogenie  des  Bryozoaires.     Lille   1877. 

9.  Hatschek,  B.,    Embryonalentwicklung  und  Knospung  der  Pedicellina  echinata.     Zeitschr.  f.  w.  Zool. 

XXIX.  Bd.     1877. 

10.  Repiachoff,  W.,    Über    die    ersten    embryonalen    Entwicklungsvorgänge    von    Tendra    zostericola. 

Zeitschr.  f.  w.  Zool.     XXX.  Bd.  (Suppl.)     1878. 

11.  —    Embryologie  der  Tendra.     Zool.  Anz.     2.  Jahrg.     1879. 

12.  Barrois,    J.,    Memoire    sur  la   metamorphose    des  Bryozoaires.     Annales  des  sc.  nat.     6.  ser.    (Zool.) 

t.  IX.      1879—80. 

13.  —    Embryogenie  des  Bryozoaires.     Journal  d.   l'anat.  et  phys. ;    Patis    tome  XVIII.    1882. 

14.  Vigelius,  W.  J.,  Zur  Ontogenie  der  marinen  Bryozoen.    Mitteil.  a.  d.  Zool.  Station  Neapel.   Bd.  VI.    1886. 

15.  —  „  „  „  „  „  ebenda  Bd.  VIII.    1888. 

16.  Harmer,  S.  F.,  Sur  l'embryogenie  des  Bryozoaires  ectoproctes.  Arch.  d.  Zool.  exper.  2.  ser.  tome  V.  1887. 
(4.)  Prouho,  H.,  ebenda   1890. 

(5.)  —    ebenda   1892. 

17.  Braem,  F.,  Die  geschlechtliche  Entwicklung  von  Plumatella  fungosa.    Bibliotheca  Zool.  Heft  23.    1898. 

18.  Kowalewsky,  A.,    Beobachtungen  über  die  Entwicklung  der  Brachiopoden  (russisch).  Moskau   1874. 

19.  Salensky,  W.,    Bau  und  Metamorphose  des  Pilidium.     Zeitschr.  f.  w.  Zool.     Bd.  XLIII.      1886. 

20.  Woltereck,  R.,    Trochophora-Studien  I.     Bibliotheca  Zool.     Heft  34.      1902. 

21.  —    Wurm,, köpf",  Wurmrumpf  und  Trochophora.     Zool.  Anz.     Bd.  XXVIII.     1904. 

22.  Engel  mann,  Th.  W.,    Über  die  Flimmerbewegung.     Jen.   Zeitschr.     Bd.  IV.      1868. 

23.  Verworn,  M.,    Studien  zur  Physiologie  der  Flimmerbewegung.     Pflügers  Archiv    Bd.  48.      1891. 

24.  Peter,  K.,    Das  Zentrum  für  die  Flimmer-  und  Geißelbewegung.     Anatom.  Anz.     Bd.  XV.      1899. 

25.  Eismond,    J.,    Über    die    Natur    der    sogenannten    kinetischen    Zentren    der   Zellen.      Anatom.    Anz. 

Bd.  XVIII,  Ergänzungsheft.      1900. 


Figuren-Erklärung". 


Die  Buchstaben  bedeuten : 

Ad,  Haupt-Schalenschließer. 

Adj  Neben-Schalenschließer. 

an  Anus. 

At,  vordere  Atrium-Partie. 

Atj  mittlere  , 

Atj  anale  , 

Bd.  Z.  Bindezelle. 

Bgl.  Z.  Begleitzelle  (der  Corona). 

bf.  O.  birnförmiges  Organ. 

Co.  Corona. 

Co.  Mo.  Corona-ÄIodifikation  (die  vorderen  nach  innen 

einbiegenden  .\ste). 

Co.  Po.  Corona-Polster 

Ct.  Zo.  Centralzone  (des  Scheitelorgans) 

C,  Ein-Cilien-Zellen   des  Epithels   zwischen    den 

Schalen 

Cj  Zvvei-Cilien-Zellen      (der     Corona     und     des 

Innenbogens) 

E.  M.  D.  Endfaser  des  Dorsalmuskels. 
E.  M.  lat.  a.  „  ,     vorderen  lateralen  Muskels. 

E.  M.  lat.  p.  ,  „     rückwärtig.     „  „ 

E.  M.  Sg.  ,  „     Saugmuskels, 

fe.  die  Wimperrinne  (fente  ciliee)  am  bf.  Organ. 

fo.  fossette    anterieure    (vorderer   Teil    der   fe.) 

am  bf.  Organ. 

Gl.  Gallert-Kopf  (org.  Glandulaire). 

Gl.  Z.  Gallert-Zelle. 

Hö.  Hörner  des  Saugnapfs. 

1.  Innenbogen    (von    der    Corona    nach    innen 

einbiegender  Wimperbogen). 

i  Ek,  inneres  Ektoderm. 

K.  H.  Körner-Haufen  in  der  Leibeshöhle. 

K.  Z.  Körner-Zellen      ,      ,  „ 

m  Magen. 

MD.  Dorsalmuskel. 

MD.  hdf.  handförmig  den  Gl.  umgebende  Aste. 

MD.  m.  medianer  Ast  des  MD. 

MD.  i  intermediäre  Aste  des  MD. 

MD.  rgf.  ringförmig  den  Gl.  umgebende  Aste. 


MD.  sp.  spiralige  .\ste  des  MD. 

M.  lat.  a.  vorderer  Lateral-Muskel. 

M.  lat  p.  rückwärtiger  Lateral-Muskel. 

M.  R.  Co.  Corona-Ring-Muskel. 

M.  R.  Schi.  Schlund-Ring-Muskulatur. 

M.  R.  V.  Velum-Ring-Muskel. 

M.  Sg.  Saug-Muskel. 

N.  Haupt-Nervenstrang. 

N.  ad  Co.  vom  bf.  O.  zur  Co.  verlaufender  Teil  des  N. 

N.  Co.  Corona-Ringnerv. 

N.  im.  Die  intermediären  ,\ste  des  N.  (zu  den 
Wimperwällen  des  bf.  O.) 

N.  m.  Der  mediane  Ast  des  N.  zum  ,plumet". 

O.  Mund. 

p.  an.  Die  postanalen  Wimperstreifen. 

p.  Zo  Pigment-Zone  des  Scheitel-Organs. 

pe.  Zo  periphere  Zone  ,  „ 

Po.  Polster,  Polsterzellen  (drüsig  veränderte  Zellen) 

pl.  Wimperschopf  (plumet)  am  bf.  O.  im  Bereich 
der  fo. 

rec.  Rectum. 

ret.  Retractor  des  Scheitelorgans. 

sec.  Secret-Klumpen  im  Saugnapf 

sec.  Z.  Secernierende  Zellen  im  Saugnapf 

Sgn.  Saugnapf. 

Sgn.  Lu.  Saugnapf-Lumen. 

Seh.  Schalen. 

Schi.  Schlund. 

So.  Scheitelorgan 

V.  Velum,  Falte  des  Atriumepithels. 

Ww.  Die  Wimperwälle,  zu  beiden  Seiten  der  Wim- 
perrinne (fe)  des  bf.  O. 

WZ.  A.  Wtmper-Zelle  vom  Typus  A  an  der  Corona. 

WZ.  B.  „  ,  ,       B    „      ,  , 

WZ.C.  „  ,  ,       C  am  I. 

WZ.  E.  ,  „  „       E  am  I,  im  Schi.  etc. 

WZ.  V.  Wimper-Zelle  am  Velum. 

WZ.  Z.  Zizzenförmige  Wimperzelle  im  Atrium. 


Tafel    I. 


Fig.  I.  Medianer  Längsschnitt  durch  eine  reife  Larve;  durch  Transparentblätter  werden  seitliche  Schichten 
ergänzt ;  die  Verhältnisse  in  den  Transpbl. -Figuren  wurden  mit  Hilfe  von  Abbes  Zeichenapparat 
aus  Schnitten  derselben  Serie  wie  die  Hauptfigur  angelegt,  aber  schematisch  ausgeführt. 


—     47     — 

Transpbl.  Fig.  a)  ergänzt  die  seitlichen  Ausläufer  des  Dorsalmuskels  und  Nervenstranges  im  Bereich 
des  birnförmigen  Organs  und  zeigt  den  Verlauf  des  Velumringmuskels  (M.  R.  V). 
Transpbl.  Fig.  b)  Die  äußerste,  unter  den  Schalen  gelegene  Schicht,  zeigt  die  rückwärtigen  aus  der 
Mediane  austretenden  Äste  des  MD,  die  laterale  Muskulatur  und  deren  Ansatz- 
stelle an  den  Schalen. 

Ans.  St.  Ansatzstelle  der  lateralen  Muskulatur. 

MD  +  N.  m.         Dorsalmuskel,  medianer  Ast  imd  Nervenstrang  med.   Ast. 

MRV  («,  ß  y)      Verlauf  des  Velumringmuskels. 

N.im-)-N.adCo.  intermed.  Ast  des  Nervenstranges  und  Ast  zur  Corona  noch  vereinigt. 

Zp.  nicht  secernierende  Zellplatte  des  Saugnapfs. 


Tafel  II. 

Fig.     2.  Ein-Cilien-Zellen  vom  rückwärtigen  Zwischen-Schalen-Epithel  aus  einem  medianen   Längsschnitt. 
X    basal  austretende  Wimperwurzel  ? 

Fig.  3.  Ein  Teil  des  Saugnapfs  aus  einem  medianen  Längsschnitt  durch  die  reife  Larve,  um  die  Endfasern 
des  Saugmuskels  zu  zeigen  ;  Ep.  deren  Endpinsel  am  Lumen  des  Saugnapfs. 

Fig.  4.  Durch  Medianschnitt  gewonnene  Hälfte  eines  Cyphonautes  von  innen  gesehen  (schematisch).  Der 
Saugnapf  (Sgn.)  hat  noch  nicht  seinen  definitiven  Umfang  erreicht;  das  innere  Ektoderm  unterhalb 
des  Saugnapfs  in  Wirklichkeit  auf  diesem  Stadium  schon  geschwunden,  wurde  des  Verständnisses 
halber  gezeichnet  (vergl.  Fig.   i). 

v.  Fl.     vordere  (schalenfreie)  Fläche. 

r.  Fl.     rückwärtige       ,,  ,, 

V.  Ih.     vordere  Leibeshöhlenpartie. 

Fig.  5.  Die  Saugnapf-Anlage  (Sgn.  A.)  aus  einem  dünnen  Längsschnitt  (beinahe  median)  durch  ein  etwas 
älteres  Stadium,  als  in  Fig.  7. 

Fig.  6.  Ein  etwas  älteres  Stadium  als  in  Fig.  5,  längs  angeschnitten,  um  die  Anlage  des  Saugmuskels  (M.  Sg.) 
zu  zeigen. 

d.     dunkel  tingierte  dem  Magen  von  außen  anliegende  Zellen  (Ersatzzellen.?). 

Fig.  7.  Medianer  Längsschnitt  durch  das  jüngste  planktonische  Stadium.  Die  Communicationen  zwischen 
Schlund,  Magen ,  Rectum  und  analem  Atrium  sind  nicht  getroffen ;  die  Corona,  Corona-Modifi- 
cation  und  Innenbogen  wurden,  soweit  sie  außerhalb  der  Mediane  liegen,    als  Schatten  angedeutet. 

bf.  A.       Anlage  des  birnförmigen  Organs  (primäres  Säckchen). 

Sgn.  A.    Anlage  des  Saugnapfes. 

Fig.     8.  Das  birnförmige  Organ  aus  einem  Frontalabschnitt    durch  ein  etwas  älteres  Stadium    als  in  Fig.  7. 
Gl.  A.      Gallertkopfanlage  (primäres  Bläschen). 
Co.  Mo.  Die  Corona-Modification,  ist  links  angeschnitten. 

Fig.    9.  Das  birnförmige  Organ  aus  einem  Längsschnitt  (beinahe  median)   durch  ein  etwas  älteres  Stadium 
als  das  in  Fig.  8.     Die  Corona    ist  angeschnitten;    (Co.  Mo.)    der  Verlauf    der  Corona-Modification 
und  (Ww.)  des  Wimperwalles  sind  an  den  Wimperquerschnitten  zu  erkennen. 
Gl.     Anlage  des  Gallertkopfes. 

Fig.  10.  Ein  Teil  des  Scheitelorgans  (stark  retrahiert)  aus  einem  Längsschnitt,  um  das  basale  Austreten  der 
Wimper-Wurzeln  zu  zeigen.     Ein  Teil  des  Nervenstranges    splittert  bei  a  unter  dem  Organ  auf. 


—     48     — 

Tafel    III. 

Fig.  II.  Ein  etwas  schiefer  Querschnitt  durch  die  reife  Larve,  nach  der  Richtung  ar  in  Fig.  i,  zeigt  rechts 
den  Saugmuskel  zwischen  Magen  und  Saugnapf  eingezwängt  und  in  die  Endfasern  aufspHtternd 
die  man  Hnks  im  Querschnitt  zwischen  den  Zellen  des  Saugnapfs  findet. 

m.  Lu.     Magen-Lumen. 

X.  Verbindung  zwischen  Magen  und  Rectum. 

71.  Quergeschnittene  Endpinsel  am  Saugnapf-Lumen. 

Fig.  12.  Querschnitt    durch   die    reife  Larve,    in    der  Richtung   jttv  in  Fig.    i,    nur    ist    das  bf.   Organ    mehr 
zurückgezogen,  weshalb  die  Lumina  der  Wimperrinne  und  der  Fossette  und  der  vorderste  Teil  der 
Wimperwälle  in  der  Schnittrichtung  lagen;  zeigt  den  Saugnapf,  den  Schalenscließer,  den  Innenbogen 
an  der  Umbiegstelle  angeschnitten,  das  birnförniige  Organ  und  die  Corona  angeschnitten, 
qu     quergetroffene  Gallertzelle. 

Fig.  13.  Orale  Partie  eines  Frontalschnittes  durch  die  reife  Larve,  nach  der  Richtung  der  Pfeile  a,  u>  in 
Fig.  I,  doch  etwas  schief,  so  daß  in  der  Figur  links  mehr  vordere  Partien,  rechts  mehr  rückwärtige 
getroffen  sind.  Sie  zeigt  das  birnförmige  Organ  (Gallertkopf,  Wimperrinne  und  Wimperwälle), 
die  Corona  im  Querschnitt  und  die  Ht'irner  des  Saugnapfs. 

Fig.  14.  Frontalschnitt  durch  eine  nicht  ganz  entwickelte  ,, Hochseelarve" ;  die  oralen  Schalenränder  sind 
einseitig  abgebogen. 

Fig.  15.  Ein  Längsschnitt  durch  die  Corona  aus  einem  Längschnitte  durch  die  Larve,  bei  der  die  Corona 
wie  in  Fig.  17  ausgestreckt  war.  Die  Schnittrichtung  entspricht  ungefähr  der  Pfeilrichtung  (tv  in 
Fig.  17.  Der  Schnitt  trifft  die  Zelle  A  sowohl  in  der  Partie  der  Wimperwurzeln,  als  im  toten 
Raum.  \vo  die  Querschnitte  der  Basalkörper-Fasern  unter  der  Crousta  sichtbar  sind. 

BK.  F.  (Qu)  Basalkörperfasern-Querschnitt. 

t.  R.  toter  Raum. 

Ek.  Z.  Ektoderm-Zelle  (anschließend  an  das  Corona-Polster.). 

Fig.  16.  Totopräparat  der  festgesetzten  Larve.  Die  Transparentblatt-Zeichnung  soll  die  Lagebeziehungen 
der  Schalen  erläutern.  Die  roten  Punkte  zeigen  die  Stellen  an ,  in  denen  sich  die  Schalen  nicht 
gegeneinander  verschoben  haben  und  wo  wahrscheinlich  eine  Verbindung    zwischen  ihnen  existiert. 

or.  Seh.  R.    oraler  Schalen-Rand. 

Kn.  Knicklinie  der  Schalen. 

R.  Rand  der  Adhaesivplatte. 


Tafel    IV. 

Fig.  17.  Querschnitt  durch  die  Corona  aus  einem  Frontalschnitt  durch  die  Larve. 
t.  R.        toter  Raum  der  Wimperzelle   vom  Typus  A. 
BK.  F.    Basalkörper-Fasern  derselben  Zelle. 
M.  E.      Muskelendigung  an  der   Wz.  B. 

Fig.  18.  Querschnitt  durch  den  mittleren  rückgebildeten  Teil  der  Corona  und  Querschnitt  durch  das  Velum, 
aus  einem  Frontalschnitt  durch  die  Larve. 

o    Zellgrenze    zwischen   der  Wimperzelle  V  imd    der    membrandünnen  Zelle ,    die    die  Velum- 
falte  bilden. 


—     49     — 

Fig.  19,  20,  21.  Drei  aufeinander  folgende  Längsschnitte  durch  die  Corona  aus  einer  Längsschnittscrie 
durch  die  Larve,  bei  der  die  Corona  retrahiert  war,  also  nicht  vorgestreckt  wie  in  Fig.  17.  Die 
Schnittrichtung  in  Fig.    19  entspricht  annähernd  der  Pfeilrichtung  n  q  in  Fig.    17. 

^^''  ^      X,    I  Querschnitte  durch  die  Wurzelpyramide  der  Zellen  A  und  B. 
Pyr.  Qu.  B.  J   " 

M.  E.  Muskelendigungen. 

W.  Qu.  C2       Wurzelquerschnitt  der  Zelle  Cj. 

St.  Qu.  Stammfaser-Querschnitt  der  Zelle  A. 

N  I  Nervenbündel  zum  Innenbogen. 

N  (sp.)  Nervenbündel  in  Begleitung  der  spiraligen  Äste  (MD  sp.)  des  Dorsalmuskels. 

ß  Wurzelquerschnitt  nahe  der  Basis  der  Zelle  vom  Typus  C. 

X  Kerne  innerhalb  der  Coronanerven. 

a  die  Fibrillen  weichen  liier  der  Stammfaser  aus. 

Fig.  22.  Querschnitt  durch  de:i  Innenbogen,  aus  einem  Querschnitt  durch  die  Larve  (etwas  oralwärts  von 
der  Schnittrichtung  der  Fig.    12). 

t.  R.       toter  Raum  der  Wimperzelle  vom  Typus  C. 
BK.  F.  Basalkörperfasern  derselben  Zelle. 


Tafel  V. 

Fig.  23.  Medianer  Längsschnitt    durch    eine   Larve    unmittelbar    nach    dem  Festsetzen.     Mund    und  Rectum 
kommen  außerhalb  der  Mediane  zu  liegen. 

Adh.  PI.     Adhäsivplatte  =  dem  ausgebreiteten   Epithel  des  Saugnapfes. 

R.  Rand  der  Adhäsivplatte,  nach  innen  eingekrempelt. 

rgf.  H.       Ringförmiger  Hohlraum. 

Kn.  Knicklinie  der  Schalen,  quergetroffen. 

Fig.  24.  Frontalschnitt  durch  eine  Larve  unmittelbar  nach  dem  Festsetzen.    Links  vom  Saugmuskel  schema- 
tisiert ;  dazu  ein  Schema  eines  entsprechenden  Schnittes  durch  die  freischwebende  Larve. 
R.  Rand  der  Adhäsivplatte. 

rgf.  H.     Ringförmiger  Hohlraum. 

Fig.  25.  Frontalschnitt  durch    die    festgesetzte  Larve,    in    der    die    Histolyse    eingegriffen    hat;    links    nicht 
ausgeführt. 

bl.  Ek.  bleibendes  Ektoderm. 

Adh.  PI.  Adhäsivplatte. 

H.  Hohlraum   im  eingestülpten  Scheiteloigan. 

E.  M.  Sg.  (abg.)  abgerissene  Endfasern  des  Saugmuskels. 

fi  erhaltene  Magenzellen. 

g  gelbe  Körper. 

mes  erhaltene  Mesodermzellen. 

mes'  histolysierte  Mesodermzellen. 

1  Körnerhaufen. 

V  Verschmelzungsstelle  zwischen  Ektoderm  und  Rand  der  Adhäsivplatte. 

Fig.  26.  Der    vorhergehenden    Figur    entsprechender    Frontalschnitt    durch    ein    älteres    Stadium.      (Stadium 
des  Cystid.) 

Poly.       Polypidanlage 

hi.  Rd.    histolysierter  Rand  der  peripheren  Zone  des  Scheitelorgans. 

Zoologlca.    Hel't  «7.  7 


—      50     -  - 

R.  Durch  Vertiefung  des  Hohlraumes  (H.  Fig.   26)  entstandene  Rinne,  ([uer  getroffen. 

Vb.  Lockere  Verbindung  zwischen  der  Polypidanlage  und  dem  Ekdoderm. 

i.  S.  Innere  Schicht  der  Polypidanlage. 

a.  S.  Äußere       „  ,,  ,, 

histolys.  Histolysiertes  Material. 

m.  Z.  Magenzellen. 

M.  Muskelstücke  von  Plasma  eingeschlossen. 

VVp.  Wz.  Wimperwurzeln. 

KF  Kernformen. 

Ku.  K.  Kugeln  enthaltender  Körper. 

V.  K.  Varikös  aussehender  Körper. 

bl.  Ek.  bleibendes  Ektoderm. 

Adh.  PI.  Adhaesivsplatte. 


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n  tlei    r  "lypidanlage  und  dem  Ekdpderm. 
Polypidanlage.  /^ 


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KF 

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Ku.  iv.. 

t.^^an  enthaltender  Körp. 

V.  K. 

Vankös  aussehender  Körpi 

bl.  Ek. 

bleibendes.  Ektoderm.       / 

Adh.  PI. 

Adhaesivsplattr                / 

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flg.  26)  entstandene  Kinne,  qiiei   getroffen 
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Ku.  K. 
V.  K. 
bl.  Ek. 


tücke  von  Piasina  ein^je 

wurzeln. 

inen. 
Kugeln  enthaltender  Körper 
Varikös  aussehender  Körpijf 
bleibendes  Ektoderm. 


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ZOOLOGICA. 


Original- Abhandlungen 


aus 


dem  Gesamtgetiete  der  Zoologie. 


Herausgegeben 


Dr.  Carl  Chun  in  Leipzig. 


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Heft    48. 

Achatinellen-Fauna  der  Sandwich-Insel  Molokai, 

nebst  einem  Verzeichnis  der  übrigen  daselbst  vorkommenden  Land-  und  Süßwassermollusken 


von 


Fr.  Borcherding,   Yegesack. 


Mit    10  kolorierten  Tafeln  und  einer  Karte  von  der  Insel  Molokai. 


STUTTGART. 

E.   Schweizerbartsche  Verlagsbuchhandlung   (E.  Nägele). 

1906. 


Achati  nellen- Fauna 


der 


Sandwich-Insel  Molokai 


nebst  einem 


Verzeichnis  der  übrigen  daselbst  vorkommenden  Land-u.Süfswassermollusken 


von 


Fr.  Borcherding-,  Vegesack. 


Mit    lo  kolorierten  Tafeln  und  einer  Karte  von  der  Insel  Molokai. 


STUTTGART. 

E.   Schweizerbartsche  Verlagsbuchhandlung  (E.   Nägele) 

1906. 


— ->   Alle  Rechte  vorbehalten. 


Druck  von  Carl  Rembold,  Heilbronn  a.  N. 


Vorrede. 

Die  Achatinellen  der  Sandwich -Inseln  gehören  bezüglich  ihres  endemischen  Vor- 
kommens, ihrer  zum  Teil  herrlichen  Farbenpracht  und  ihrer  großen  Variabilität  wohl  mit 
zu  den  interessantesten  Gruppen  der  Landmollusken.  Daher  werden  dieselben  auch  von  den 
Konchyliologen  sehr  geschätzt  und  gern  gesammelt.  Aber  trotz  ihrer  Beliebtheit  und  trotz 
der  großen  Zahl  der  bekannten  Arten  gibt  es  bis  auf  den  heutigen  Tag  keine  zusammen- 
hängende Fauna  der  Achatinellen.  Nur  einige  Kataloge,  s.  Literaturverzeichnis,  gibt  es,  die 
eine  Aufzählung  der  beschriebenen  Arten  und  \'arietäten  geben;  aber  diese  Kataloge  sind 
nur  ein  nacktes  Namenverzeichnis.  Selbst  die  letzte  große  und  verdienstvolle  Arbeit  von 
Sykes  „Fauna  Moll.  Hawaiiensis"  ist  nur  ein  Namenverzeichnis  mit  Fundorten  und  be- 
schränkter Literaturangabe,  nebst  einigen  neuen  Arten  mit  Diagnose  und  Abbildung.  Die 
gesamte  übrige  Literatur,  welche  in  den  verschiedenartigsten  Schriften  enthalten  ist,  enthält 
zumeist  Beschreibungen  neuer  Arten,  oder  sie  beschäftigt  sich  mit  dem  Vorkommen  und  der 
Verbreitung  der  Achatinellen  im  allgemeinen,  oder  sie  versucht  die  große  Variabilität  der 
Arten  auf  philosophischem  oder  sogar  auf  mathematischem  Wege  zu  erklären,  s.  Literatur- 
verzeichnis. 

Will  man  sich  eingehend  mit  dem  Studium  der  Achatinellen  befassen,  so  ist  man  ge- 
zwungen, sich  die  gesamte  sehr  verzettelte  Literatur  zu  verschaffen  und  durchzuarbeiten. 
Verfasser,  dem  die  Bearbeitung  der  stattlichen  Achatinellen-Sammlung  von  Molokai  —  circa 
9000  Stück  — ,  welche  von  Meyer  in  Kalae  auf  Molokai  dort  gesammelt,  und  welche  in  den 
Besitz  des  Bremer  Museums  übergegangen  ist,  anvertraut  wurde,  empfand  oben  erwähnten 
Übelstand  ganz  besonders.  Eine  Reihe  von  Jahren  sind  darüber  verstrichen,  um  nur  die 
gesamte  Literatur  zusammenzubringen.  Nachdem  letzteres  dem  Verfasser  nach  vielen  Mühen 
gelungen  ist,  hat  derselbe  sich  entschlossen,  von  der  Insel  Molokai  eine  Gesamtfauna  zu  geben. 

Zur  Aufstellung  derselben  diente  in  erster  Linie  dem  Verfasser  die  oben  erwähnte 
Mcyersche  Ausbeute,  welche  aus  130  verschiedenen  Nummern  bestand  und  sich  auf  37  ver- 
schiedene Distrikte  der  Insel  verteilte.  Auf  der  beigegebenen  Karte  sind  die  einzelnen  Lo- 
kalitäten, an  denen  von  Meyer  das  Material  gesammelt  worden  ist,  mit  entsprechenden  Ziffern 
bezeichnet.  Ferner  stand  dem  Verfasser  die  großartige  Achatinellen-Sammlung  von  Hart- 
man, West-Chester  bei  Philadelphia,  welche  ebenfalls  in  den  Besitz  des  Bremer  Museums 
übergegangen  ist,  und  welche  die  Grundlage  zur  Aufstellung  des  Hartmanschen  Kataloges 
gewesen  ist,  als  wichtiges  Vergleichsmaterial  zur  Verfügung.  Weiter  benutzte  Verfasser  zur 
Aufstellung  seiner  Fauna  die  alte,   recht  ansehnliche   Museumssammlung,   welche   s.  Zt.   von 


—     Vi- 
elem verstorbenen  Dr.  von  dem  Busch  zusammengebracht  war,  sowie  seine  eigene  Sammlung. 
Endlich  hat  Verfasser  auch  die  Achatinellen  des   Hamburger,   sowie   des   Berliner  Museums 
einer  Einsicht   und  \'ergleichung  unterzogen. 

Was  nun  die  Anordnung  der  Fauna  anbelangt,  so  möge  zur  Orientierung  derselben 
folgendes  vorausgeschickt  werden.  Im  ersten  Teile  derselben  hat  Verfasser  die  gesamte  auf 
Ächatinella  bezügliche  Literatur  eingehend  nach  ihrem  Inhalte  behandelt,  so  daß  der  ge- 
neigte Leser  weiß,  was  er  in  der  betreffenden  Arbeit  zu  finden  hat.  Das  Verzeichnis  der 
gesamten  behandelten  Literatur  befindet  sich  am  Ende  dieser  Arbeit.  Am  Schlüsse  des 
ersten  Teiles  sind  dann  des  Verfassers  Ansichten  über  Art  und  Varietät,  sowie  über  die  alt- 
hergebrachte Meinung,  „jede  Insel,  jedes  Tal  und  Tälchen,  beherberge  eine 
distinkte  Species",  klargelegt  und  ein  Verzeichnis  der  Arten  angeführt,  welche  auf  mehr 
als  einer  Insel  vorkommen.  Im  zweiten  Hauptteile  folgt  dann  eine  monographische  Bearbei- 
tung der  sämtlichen  auf  Molokai  vorkommenden  Arten.  Bei  jeder  Art  ist  die  gesamte  Lite- 
ratur und  die  Synonymik  angegeben,  außerdem  die  Originaldiagnosen  sowie  naturgetreue 
Abbildungen  der  einzelnen  Arten  und  Varietäten  nach  Form  und  Farbe  und  den  verschie- 
denen Fundorten.  Bei  manchen  Arten  sind  ganze  Serien  abgebildet,  um  den  Übergang  von 
einer  Form  zur  andern  an  der  Hand  der  Zeichnung  zu  illustrieren  und  das  Erkennen  der 
oft  sehr  \ariablen  Form  zu  erleichtern. 

Daß  dieses  möglich  wurde,  verdankt  der  Verfasser  dem  freundlichen  Entgegenkommen 
des  Herrn  Verlegers,  der  keine  Mühen  und  Kosten  scheute,  um  die  zahlreichen  Tafeln  und 
die  Karte  in  vorzüglicher  Ausführung  herstellen  zu  lassen.  Dem  Herrn  Verleger  auch  an 
dieser  Stelle  herzlichen  Dank  dafür  zu  sagen,   hält  Verfasser  für  eine  angenehme  Pflicht. 


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Bei  der  Behandlung  der  einzelnen  Arten  hat  Verfasser  besonderes  Gewicht  darauf 
gelegt,  nachzuweisen,  daß  nicht  jede  Insel,  jedes  Tal,  jeder  Bergrücken  eine 
besondere  Art  beherberge,  sondern  daß  es  verwandte  Formenkreise  sind, 
die  zu  einer  Art  gehören.  An  der  Hand  des  nach  vielen  Tausenden  von  Stücken  zählen- 
den Materials  war  es  dem  Verfasser  möglich,  die  verwandtschaftlichen  Formen  bei  manchen 
Arten  nachzuweisen. 

Herr  Professor  von  Martens,  dem  Verfasser  die  kritischen  Formen  jederzeit  vor- 
legen durfte,  stand  demselben  mit  seiner  für  letzteren  maßgebenden  Ansicht  und  seiner 
enormen  Artenkenntnis  stets  mit  Rat  und  Tat  zur  Verfügung  und  stimmte  demselben  in 
allen  kritischen  Fällen  völlig  bei.  Auch  an  dieser  Stelle  muß  Verfasser  noch  den  Dank 
wiederholen,  den  derselbe  mündlich  verschiedentlich  dem  jetzt  leider  der  Wissenschaft 
durch  den  Tod  entrissenen  Altmeister  der  Konchylienkunde,  Herrn  Geheimen  Regierungsrat, 
Professor  Dr.  Ed.  von  Martens  ausgesprochen  hat  für  die  jederzeit  bereitwillige  Unter- 
stützung mit   Rat  und  mit  Tat. 

Auch  Herrn  Sykes,  der  dem  Verfasser  über  manche  Arten  Aufschluß  gab,  ist  der- 
selbe zu  Dank  verpflichtet.  Zu  ganz  besonderem  Danke  ist  er  auch  Herrn  Rev.  Baldwin, 
Hamakuapoko,  Insel  Maui,  verpflichtet  für  die  freundliche  Übersendung  vieler  kritischer 
Formen,  sowie  für  fast  sämtliche  von  ihm  beschriebenen  neuen  Arten  und  Formen. 


—    VII     — 

Um  ein  Gesamtbild  der  Molluskenfauna  von  Molokai  zu  geben,  hat  Verfasser  dann 
in  einem  weiteren  Teile  die  nicht  zu  den  Achatinelliden  gehörenden  Land-  und  Süßwasser- 
mollusken als  Anhang  angefügt;  bei  jeder  Art  die  Literatur  angegeben,  wo  dieselbe  zuerst 
publiziert  und  gut  abgebildet  ist,  ferner  jeder  Art  die   Originaldiagnose  beigegeben. 

Endlich  findet  der  Leser  ein  Verzeichnis  sämtlicher  bekannten  Pflanzen,  auf  denen 
die  Achatincllcn  leben,  sowie  ein  Verzeichnis  der  Pflanzennamen,  wie  sie  im  Munde  der 
Kanaker   gebräuchlich    sind. 

Den  Schluß  der  Arbeit  bildet  ein  Verzeichnis  der  gesamten  auf  Achatinella  bezüg- 
lichen Literatur,  sowie  eine  Erklärung  der  Tafeln  und  ein  Register  der  Namen  der  be- 
handelten  Arten   und   Varietäten. 


Vegesack,    12.  September   1904. 

Fr.  Borcherding. 


Inhaltsverzeichnis. 


Pag. 

I.  Inhaltsübersicht  der  gesamten  Achat  inellen- Literatur 1 

II.  Bemerkungen  über  Art  und  Varietät 45 

III.  Verzeichnis  der  Arten,  welche  auf  mehreren  Inseln  vorkommen        48 

IV.  Verzeichnis  der  gesamten    Achat  ine  llen -Arten    von  Molokai    nebst   kritischen  Be- 
merkungen      50 

V.  Verzeichnis  der  übrigen  auf  Molokai  lebenden  Land-  und  Süßwassermollusken      .     .  149 

VI.  Verzeichnis   der   aus    der   Literatur    mir    bekannt    gewordenen   Pflanzen,    auf   welchen 

Achatinellen  leben 161 

Via.  Verzeichnis   der   bei   den   Eingeborenen   gebräuchlichen   Pflanzennamen    für   Pflanzen, 

auf  welchen  Achatinellen  beobachtet  sind 164 

VII.  Benutzte    Literatur,    zugleich  ein    Verzeichnis    der    auf   die    Gattung   Achatinella, 
Swainson,  bezüglichen  Schriften: 

A.  In  chronologischer  Reihenfolge 166 

B.  In  alphabetischer  Reihenfolge 176 

VIII.  Erklärung  der  Tafeln 187 

Villa.  Bemerkungen  zu  der  Karte  von  Molokai 191 

IX.  Register  über  die  Namen  der  behandelten  Arten  und  Varietäten 192 


Zoolo|ica  S.  ZLOn. 


MOLOKAI 


I    ' 


Maßstab!  =  240.000. 

r  Borcherding  del. 


®Kealia 
®Juinve/eu 


T^JüiohU'  (g)  haiakapiuuv       ®ffanpu. 

®Kaupelua  ®  XeiAanm  ©fblekimu 


®IQdanimda  ®  h  aikolu 


®Waileia 


@TfaiIau 


Majuiwai  ^Moaketv 

®l'alapue  ®ffa/an-u 

@  JuiliiaaTia  ®  Lepmstalione/v 


% HanakaRloläo      ^RwJwlekole  @Mapidehu.         ®KanfuiAakai  Hafen 


®KaIuahauoni  ®  Jfa/atJmpaia  ®MaAo/e/au 

\®JfaAana/ua          ®KauMetJtukai  ®KamokiL  ©Kamtdo  ^ 

\®KahLwao               ®Maunahui  @Kawela,  ®Jüuuno/a  ®MoaTLiti 

Iö7"|a5'                 IST'IooL                               156°  55'  156°|30 


3) h'aiidua  ®Olokui  WOO Fuß 

®Puukaeha         ®MaimaLoa  HSL'Fuß 


Wä"  lä 


Varlag  von  Erwin  Nageta  in  SrultgarK 


Lrr.u.DriJcli  V.  Wilh  CRütissmonSluligarr 


I.  Inhaltsübersicht 

der  gesamten  Achatinellen-Literatur. 

Die  Hawaiischen  Inseln,  auch  Sandwich-Inseln  genannt,  liegen  im  nördlichen  Teile  des 
Stillen  Ozeans  am  Nordrande  der  nördlichen  Hälfte  der  Tropen-Zone  zwischen  dem  154"  40' 
und  160"  30'  Längengrade  westlich  von  Greenwich  und  dem  18°  55'  und  22°  16'  nördlicher 
Breite.  Die  Inselgruppe  setzt  sich  zusammen  aus  8  größeren  bewohnten  Inseln:  Niihau,  der 
nordwestlichsten;  Kauai ;  Oahu,  mit  der  größten  Stadt  der  gesamten  Inseln,  Honolulu; 
Molokai ;  Lanai ;  Maui ;  Kahoolawe  und  Hawaii,  der  südöstlichsten ;  sowie  aus  drei  kleinen 
nicht  bewohnten  Felseninseln :  Lehua,  nördlich  von  Niihau ;  Kaula,  südwestlich  von  Niihau, 
und  Molokini  im  Alalakeiki-Kanale,  zwischen  Maui  und  Kahoolawe.  Da  die  Inselgruppe  eine 
sogenannte  Inselkette  bildet,  welche  sich  von  Südosten  nach  Nordwesten  zieht,  so  könnte 
man  auch  noch  die  nordwestlich  von  Kauai  gelegenen  Vogelinseln  Nihoa,  Laysan  und 
andere  kleine,  zu  dem   Hawaiischen   Inselreiche  rechnen. 

Die  Inseln  sind  vulkanischen  Ursprungs,  daher  die  Gesteine  vulkanischer  Bildung, 
vorwiegend  Basalte.  Während  auf  den  sieben  oben  zuerst  angeführten  größeren  Inseln  die 
Vulkane  erloschen  sind,  sind  auf  der  südöstlichen  größten  Insel  Hawaii  noch  zwei  Vulkane, 
der  Mauna  Loa  und  der  Kilauea,  in  Tätigkeit.  Hiernach  müssen  die  am  weitesten  nach 
Nordwesten  vorgeschobenen   Inseln  die  ältesten  sein;   Kauai  die  älteste,  Hawaii  die  jüngste. 

Wenn  auch  nicht  größere  Ströme  die  Inseln  durcheilen,  so  finden  sich  doch  eine 
Reihe  von  Flüßchen  und  Rinnsalen,  welche  fruchtbare  Täler  gebildet  haben,  die  die  üppigste 
Vegetation  aufweisen;  daher  floriert  auch  auf  der  Insel  der  Zuckerbau  und  bildet  den  wich- 
tigsten Exportartikel  nach  Amerika.  Ferner  wird  dort  Reis  und  Kaffee  mit  großem  Erfolge 
gebaut,  auch  Bananen  und  Apfelsinen  gedeihen  in  beträchtlicher  Menge.  Ebenso  wird  mit 
gutem  Erfolge   Viehzucht  getrieben. 

Das  Klima  ist  mild  und  gesund  und  bedeutend  kühler  als  auf  manchen  andern  Inseln, 
die  unter  derselben  Breite  liegen. 

Alle  diese  herrlichen  Vorzüge,  die  diese  Inseln  besitzen,  geben  uns  den  Schlüssel  zu 
der  frühen  Invasion  dieses  entfernt  und  isoliert  gelegenen  Inselreichs.  Nach  Fornander, 
„An  account  of  the  Polynesian  Race ;  ancient  history  of  the  Hawaiian  people",  London, 
1878 — 85,  3  Bde.,  —  man  vergleiche  auch:  W.  D.  Alexander,  „Brief  history  of  the  Ha- 
waiian people",  New-York,  1891  und  Dr.  Adolf  Marcuse,  „Die  Hawaiischen  Inseln",  Ber- 
lin, 1894  —  läßt  sich  nachweisen,  daß  die  Hawaiischen  Inseln  schon  ums  Jahr  500  n.  Chr. 
bewohnt  gewesen  sein  müssen.  Unter  alten  Korallenschichten  und  Lavaströmen  hat  man 
menschliche  Skelette  gefunden.  Nach  einer  alten  Tradition  soll  die  Invasion  von  Sawaii, 
der  größten  Insel  der  Samoa-Gruppe,  erfolgt  sein.  Auch  die  Maoris  auf  Neu-Seeland,  die 
mit  den  Kanaken  der  Sandwich-Inseln  große  Ähnlichkeit  haben,  sollen  nach  einer  dortigen 
Tradition  aus  dem  Lande  Hawaiki  stammen.  Nach  der  Etymologie  soll  Hawaiki  =  Sawaii 
=  Hawaii  sein.   Daher  der  Name  „Hawaiische  Inseln".    Der  Name  „Sandwich-Inseln"   stammt 

Zoologica.    Heft  48.  1 


von  Cook.  Er  nannte  sie  die  Sandwich-Eilande,  zu  Ehren  des  Grafen  von  Sandwich,  seines 
besondern  Patrons,   der  damals   Präsident  des   Admiralitätskollegiums   war. 

Den  Europäern  sind  diese  paradiesischen  Inseln  viel  später  bekannt  geworden.  Nach 
dem  Tode  des  berühmten  Häuptlings  Umi  sollen  die  ersten  Europäer  im  Jahre  1527  auf 
Hawaii  gelandet  sein.  Es  war  eine  spanische  Flotte  von  drei  Schiffen,  welche  unter  dem 
Befehle  des  Don  Alvarado  de  Savedra  von  Mexiko  nach  den  Molukken  segeln  wollte.  Eins 
dieser  Schiffe  soll  bei  einem  Sturme  auf  Hawaii  an  der  Küste  von  Kona  gescheitert  sein. 
Nur  der  Kapitän  und  seine  Schwester  sollen  gerettet  und  von  den  Eingeborenen  freundlich 
aufgenommen  sein.  28  Jahre  später,  1555,  entdeckte  ein  spanischer  Seefahrer  die  Hawaiische 
Inselgruppe,  wie  aus  alten  Seekarten  des  spanischen  Archivs  hervorgeht.  Freilich  blieben 
diese  Entdeckungen  im  übrigen  Europa  ziemlich  unbekannt  und  erst  200  Jahre  später,  durch 
die  Wiederentdeckung  der  Hawaiischen  Inseln  im  Jahre  1778,  durch  den  britischen  See- 
fahrer Cook,  erhielt  die  damalige  zivilisierte  Welt  Kunde  von  diesen  Inseln.  Es  war  am 
18.  Januar  1778,  als  Cook  die  Insel  Oahu  entdeckte  —  er  wollte  den  nördlichen  Teil  des 
Stillen  Ozeans  durchqueren,  um  in  den  Atlantischen  Ozean  zu  kommen  — .  Kauai,  Maui  und 
auch  Hawaii  wurden  dann  von  ihm  entdeckt.  Ungehörigkeiten,  welche  von  selten  der  briti- 
schen Seeleute  begangen  wurden,  führten  zu  Feindseligkeiten  zwischen  den  Eingeborenen 
und  den  Engländern.  Die  Feindseligkeiten  steigerten  sich,  es  entspann  sich  ein  erbitterter 
Kampf,  in  welchem  Cook  von  einem  Häuptlinge  erdolcht  wurde.  Dieses  geschah  am 
14.  Dezember  1778  in  der  Kealakekua-Bai  an  der  Westküste  der  Insel  Hawaii.  Dies  tragische 
Ereignis,  durch  welches  die  gutmütigen  Eingeborenen  in  den  falschen  und  unverdienten 
Ruf  gerieten,  Kannibalen  zu  sein,  hatte  zur  Folge,  daß  die  seefahrenden  europäischen 
Nationen  viele  Jahre  den  Besuch  dieser  Inseln  mieden.  Bald  jedoch  erkannte  man  diese 
irrige  Ansicht  und  es  mehrte  sich  nun  von  Jahr  zu  Jahr  der  Besuch  dieser  herrlichen  Ei- 
lande. Die  Folge  davon  war,  daß  die  Inseln  einen  schnellen  Aufschwung  nahmen.  Man 
erkannte  bald  die  Wichtigkeit  dieser  Inseln,  nicht  allein  als  Station  für  die  Ozeandurchquerer 
und  als  Winterstation  für  die  Pelzjäger  und  Robbenfänger,  sondern  auch  seiner  fruchtbaren 
Bodenverhältnisse  und  des  günstigen  Klimas  wegen  als  ein  Land,  für  den  Anbau  von  Zucker, 
Kaffee  u.  dgl.  Exportartikel  vorzüglich  geeignet.  Welche  Bedeutung  man  diesem  Inselreiche 
beilegte,  beweisen  die  vielen  wissenschaftlichen  Expeditionen,  welche  sowohl  von  Europa  als 
auch  von  Amerika  aus  unternommen  wurden,  um  die  verschiedensten  naturwissenschaftlichen 
Aufgaben  zu  lösen.  Von  Cooks  Entdeckung  1778  bis  zum  Ende  des  19.  Jahrhunderts  sind 
nicht  weniger  als  achtzehn   größere  Expeditionen  nach  diesen   Inseln  abgesandt  worden. 

Herr  Professor  Dr.  H.  Schauinsland,  Direktor  des  städtischen  Museums  für  Natur-, 
Völker-  und  Handelskunde  in  Bremen,  welcher  in  den  Jahren  1896  und  1897  die  Südsee, 
sowie  verschiedene  Inseln  derselben  besuchte  zur  Lösung  wichtiger  naturwissenschaftlicher 
Probleme  —  man  vergleiche  dessen  darauf  bezügliche   Schriften  1   — ,   hielt   sich   auch   einige 


'  Drei  Monate  auf  einer  Koralleninsel  (Laysan).     Bremen,    1S99. 
Beiträge  zur  Biologie  und  Entwickelung  der  Hatteria  nebst  Bemerkungen  über  die  Entwickelung  der  Sauropsiden. 

Anatomischer  Anzeiger,  Bd.  XV,  No.   17  u.  18.    Jena,  1899. 
Weitere  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte   der  Hatteria.     Archiv  für  mikrosk.  Anatomie   und  Entwickelungs- 

geschichte.     Bonn,  Bd.  57.     1900. 
Ein  Besuch  auf  Molokai,  der  Insel  der  Aussätzigen.     Abh.  Nat.  Ver.  Bremen,  Bd.  XVI,  Heft  3.     1900. 
Beiträge   zur   Entwickelungsgeschichte   und    Anatomie   der  Wirbeltiere.   I.  II.  III.     Zoologica.    Bd.  XVI,    Heft  39. 

Stuttgart,   1903. 


—      3     — 

Zeit  auf  den  Hawaiischen  Inseln  auf.  Bei  seinem  Besuche  auf  Molokai  fand  genannter 
Herr  bei  einem  Herrn  Meyer  in  Kalae  eine  nach  mehreren  Tausenden  zählende  Achatinellen- 
Sammlung,  welche  von  Meyer  und  seinen  Söhnen  im  Laufe  der  Jahre  auf  Molokai  an  den 
verschiedensten  Lokalitäten  gesammelt  worden  waren.  Herrn  Professor  Schauinsland  gelang 
es  nach  Rückkehr  seiner  Weltumsegelung  durch  großmütige  Vermittlung  des  naturwissen- 
schaftlichen Vereins  in  Bremen,  die  Sammlung  für  das  dortige  Museum  zu  erwerben.  Ver- 
fasser dieses  wurde  mit  der  Bearbeitung  dieses  kostbaren  und  reichhaltigen  Materials  be- 
traut. Ehe  derselbe  jedoch  zur  Behandlung  des  Materials  schreitet,  soll  eine  zusammen- 
stellende Übersicht  dessen  gegeben  werden,  was  sich  über  diese  interessante  Mollusken- 
gattung in  den  verschiedensten  Zeitschriften,  Reisewerken,  Faunen  u.  s.  w.  —  man  vergleiche 
das  Literaturverzeichnis  am  Ende  —  findet  von  der  ersten  Entdeckung  dieser  Gattung  an 
bis   auf   unsere   Tage. 

Die  älteste  und  erste  Nachricht,  welche  wir  von  den  Achatinellen  haben,  findet  sich 
in  „Dixon,  G.  A.,  voyage  round  the  world.  London,  1789"  und  in  „Der  Kapitäne  Portlocks 
und  Dixons  Reise  um  die  Welt,  besonders  nach  der  nordwestlichen  Küste  von  Amerika 
während  der  Jahre  1785  bis  1788  in  den  Schiffen  King  George  und  Queen  Charlotte";  her- 
ausgegeben von  dem  Kapitän  Georg  Dixon.  Aus  dem  Englischen  übersetzt  von  Johann 
Reinhold  Forster,  Berlin,   1790. 

In  einem  Anhange  zu  diesem  Reisewerke,  pag.  309 — 314,  betitelt:  „Naturgeschichte", 
findet  sich  die  Beschreibung  einiger  Naturkörper,  welche  während  der  Reise  entdeckt  und 
gesammelt  worden  sind.  Zuerst  werden  einige  Krabben  erwähnt,  welche  an  den  Sandwich- 
Eilanden  gefunden  wurden;  dann  fährt  der  Verfasser  pag.  309  fort:  „Bei  eben  den  Inseln 
gibt  es  eine  große  Menge  schöner  Konchylien,  z.  B.  Cypraea  tigrina,  Mauritiana,  talpa, 
und  andere  mehr  von  demselben  Geschlechte,  sowie  auch  unzählige  Arten  (Species)  von 
kleineren,  aus  welchen  die  Eingeborenen  Hals-  und  Armbänder,  nebst  anderen  Zieraten  ver- 
fertigen. An  einem  dieser  Halsbänder  war  eine  ganz  besondere  Art  der  ÄeZiaj-Gattung  des 
Linne,  die,  wie  man  mir  sagt,  in  süßem  Wasser  lebt.  Sie  ist  auswendig  glatt,  hat  sieben 
Gewinde,  und  eine  schwarzbraune  Farbe,  außer  daß  die  Spitze  blaßgelb  ist.  Die  innere 
Seite  ist  glatt  und  weiß,  und  die  Mündung  hat  inwendig  eine  Art  von  Saum.  Sie  ist  wegen 
einer  Erhöhung  oder  eines  Zahnes  an  der  Spindel  merkwürdig,  der  sich  aber  nicht  mitwindet, 
so  daß  sie  keine  Voluta  sein  kann,  ob  sie  gleich  dem  ersten  Ansehen  nach,  zu  dieser  Gat- 
tung zu  gehören  scheint.  Da  ich  glaube,  daß  diese  Art  bisher  noch  nicht  beschrieben 
worden  ist,  so  habe  ich  mir  die  Freiheit  genommen,  ihr  den  Namen  „Apex  fulva  oder 
die  gelbgespitzte  Schnecke"  zu  geben.  Eine  Abbildung  derselben  in  zwei  Lagen  sieht  man 
auf  einem  der  beigefügten  Kupfern.  Im  Le\-erschen  Museum  sind  verschiedene  Muscheln 
dieser  Art." 

Zu  den  beiden  Abbildungen,  die  tadellos  sind,  und  auf  den  ersten  Blick  Achatinella 
lugubris,  Chemnitz,  erkennen  lassen,  schreibt  Dixon  „die  gelbgespitzte  Mondschnecke  {Turho 
Apex  Fulva)  von  den   Sandwich-Inseln." 

LTm  festzustellen,  daß  nicht  der  Verfasser  des  Reisewerkes,  sondern  Kapitän  Dixon 
der  Autor  der  ersten  Beschreibung  der  Achatinelle  ist,  möge  das  Folgende  noch  erwähnt 
werden. 


Die  ganze  Reisebeschreibung  ist  nicht  von  Dixon,  sondern  es  sind  Tagebuch-Auf- 
zeichnungen eines  mit  W.  B.  Unterzeichneten.  J.  R.  Forst  er  sagt  darüber  in  seiner  Vorrede, 
pag.  ig: 

„Der  Verfasser  war  vermuthch  ein  Freund  oder  Verwandter  des  Schiffseigentümers, 
und  hatte  vielleicht  einen  Teil  der  Handelsgeschäfte  für  das  Schiff  zu  besorgen.  Dies  ist 
alles,  was  man  von  ihm  erraten  kann.  Da  Kapitän  Dixon  nicht  die  Erziehung  gehabt  hat, 
selbst  eine  Geschichte  seiner  Reise  zu  schreiben,  so  bediente  er  sich  dieses  Tagebuches  von 
einem  jungen  Manne,  da  es  ihm  hinlänglich  zu  dem  Zwecke  schien,  das  Publikum  von  seinen 
wichtigen  Verhandlungen  zu   unterrichten." 

Die  ganze  Reisebeschreibung  besteht  daher  aus  49  Briefen  nebst  einem  Anhange, 
gerichtet  an  „Mein  heber  Hamlen"  und  unterzeichnet  mit  W.  B.  Die  Einleitung  zu  diesem 
Reisewer"ke,  pag.  III — XV,  ist  mit  George  Dixon,  also  vom  Kapitän  selbst,  unterzeichnet. 
Am  Schluß  der  Einleitung,  pag.  1 5,  schreibt   Dixon  im  letzten  Absätze : 

„Noch  habe  ich  die  Güte  und  Nachsicht  des  Lesers,  der  das  folgende  Werk  durch- 
laufen wird,  zu  erbitten,  da  es  von  einem  Manne  an  Bord  der  Queen  Charlotte  geschrieben 
worden  ist,  der  weder  mit  den  Wissenschaften,  noch  mit  der  Lebensart  eines  Seefahrers  im 
geringsten  bekannt  war.  Doch,  um  jeden  Einwurf  vorzubeugen,  der  in  Rücksicht  der  Kennt- 
nisse, die  zur  Schiffahrt  erforderlich  sind,  geinacht  werden  könnte,  bin  ich  selbst  äußerst 
sorgfältig  gewesen,  diesen  Teil  des  Werkes  zu  verbessern.  Überdies  habe  ich  in  einem  An- 
hange eine  kurze  Nachricht  von  den  wenigen  zur  Naturgeschichte  gehörigen  Gegen- 
ständen mitgeteilt,  die  uns  vorgekommen  sind,  und  die  vielleicht  die  Aufmerksamkeit  der 
Kenner  auf  sich  ziehen  möchten ;  und  ich  hoffe,  daß  eine  ungekünstelte  Erzählung  von 
Tatsachen,  die  zu  der  Zeit  niedergeschrieben  wurden,  als  sie  sich  zugetragen,  doch  inter- 
essant sein  wird,  wenn  ihnen  gleich  an  dem  Aufputze  der  Sprache  und  der  Eleganz  des 
Stils  etwas  abgehen  sollte." 

Dixon  ist,  wie  aus  dem  obigen  erhellt,  der  Entdecker  und  Autor  der  ersten  Achati- 
nelle,  nach  der  Diagnose  und  der  naturgetreuen  Abbildung  ist  die  Art  unverkennbar.  Der 
einzige  Fehler,  der  von  ihm  begangen,  besteht  in  der  Binomenklatur,  dieselbe  war  aber  in 
damaliger  Zeit  gebräuchlich.  Da  wir  aber  eine  ganze  Reihe  solcher  Namen  besitzen,  die  nur 
in  ein  Wort  zusammengefaßt  sind,  wie  z.  B.  Achatinella  albospira,  Smith,  Achatmellü  con- 
cavospira,  Pfeiffer,  Achatinella  nigrolahris,  Smith,  u.  a.  m.,  die  anstandslos  gebraucht  wer- 
den, so  kann  auch  dieser  Name  in  Achatinella  apexfulva,  Dixon,  zusammengezogen  werden. 
Die  anderen  später  für  diese  Art  angewandten  Namen:  Achatinella  luguhris,  Chemnitz', 
Achatinella  seminigera,  Lamarck  und  Achatinella  pica,  Swainson,  müssen  in  der  Syno- 
nymik zu  dieser  gestellt  werden,  und  die  Schnecke  muß  fortan  den  Namen  führen : 
Achatinella  apexfulva,  Dixon,  besser:  apicefulva.  Sykes  hat  bereits  in  seinem  Ver- 
zeichnisse der  Hawaiischen  Mollusken  dem  Dixonschen  Namen  die  Priorität  gegeben.  Zu 
bedauern  ist,  daß  in  dieser  verdienstvollen  Arbeit  und  bis  jetzt  besten  Zusammenstellung  der 
Hawaiischen   Mollusken   die   Diagnosen,   bis  auf   die   neu   kreierten   Arten,   fehlen    und   man 


'  Nebenbei  möge  hier  bemerkt  werden,  daß  der  Name  „Helix  luguhris"  schon  von  Gmelin  für  eine  Conchylie, 
marshes  near  the  sea-side  in  Coromandel,  verwendet  ist.  Vergl.  ,,Systema  Naturae  ä  Jo.  Frid.  Gmelin,  Lipsiae,  1788, 
pag.  3665"  und  Dillwyn,  L.  W.,   A  descriptive  Catalog  of  recent  Shells.     London,  1817.     Vol.  II,  pag.  950,  142. 


immer  noch  gezwungen  ist,  sich  dieselben  aus  den  verschiedensten  Werken,  die  zum  Teil 
sehr  schwer  zugänglich  sind,   zusammenzusuchen. 

Die  nächste  Notiz,  die  sich  auf  Achatinella  bezieht  und  uns  aus  der  Literatur  bekannt 
ist,  findet  sich  in  dem  alten  J.  H.  C  hemnit  zschen  Systematischen  Konchylien- Kabinet, 
Band  XI,  Nürnberg  1795,  pag.  278,  Tab.  209,  Fig.  2059  und  2060.  Da  auch  diese  Arbeit  wie 
die  Dixonsche  nicht  jedem  Leser  zugänglich  ist,  so  gebe  ich  auch  von  dieser  eine  wört- 
liche Kopie : 

„Ex  Museo  Spengleriano. 

Die  traurende  Mondschnecke,  Turbo  lugubris,  testa  trochiformi,  nitida,  nigerrima, 
apice    albo,    apertura    subrotundato. 

Auf  den  SandwichTnseln  der  Südsee  wird  diese  Schnecke  in  süßen  Wassern  gefun- 
den. Dem  Herrn  Spengler  sind  vor  einiger  Zeit  mehrere  von  dieser  Gattung  aus  London 
mit  der  Beyschrift  zugeschickt  worden:  in  Dixon's  voyage  round  the  world  werde  man  um- 
ständlichere Nachrichten  von  ihr  antreffen.  Möchte  man  es  doch  auch  mit  ein  paar  Worten 
angemerket  haben,  an  welcher  Stelle  und  auf  welcher  Seite  dieses  Buches  das  weitere  von 
ihr  nachgelesen  werden  könne,  wie  sehr  würde  dies  mir  und  anderen  das  Nachschlagen  er- 
leichtern. 

Es  hat  diese  spiegelglatte  Schnecke  sechs  Windungen.  Ihre  Farbe  gleichet  einem 
Trauerkleide.  Sie  ist  kohlschwarz  und  bei  den  obersten  Stockwerken  schneeweiß,  auch  da- 
bei so  glatt  und  glänzend,  daß  ich  vermute,  ihre  Schale  sei  schon  in  den  Südländern  ab- 
geschliffen worden.  Die  Mündung  ist  beinahe  rund.  Die  kurze  weiße  Spindellefzc  ist  in 
der  Mitte  etwas  verdickt,  als  wenn  daselbst  ein  Zahn  stehe.  Die  Innern  Wände  sind 
schmutzig  weiß.  Auf  den  Sandwich  Inseln  pflegen  die  Einwohner  diese  Schnecken  als  einen 
Schmuck  oder  als  Zierraten  am  Halse,  an  den  Ohren,  an  der  Nase  zu  tragen.  Daher  kommt 
es,  daß  fast  alle,  die  von  dieser  Gattung  nach  Europa  gekommen,  eine  durchbohrte  oder 
durchlöcherte  Schale  haben,  dadurch  das  Band  gezogen  worden,  damit  man  diese  Schnecken 
dem  Halse  oder  den  Ohren  anzuhängen  pfleget.  Daß  man  auch  Linksschnecken  von  dieser 
Gattung  habe,  werden  wir  am  Ende  dieses  Bandes   bei    Fig.  3014 — 3015   erfahren." 

Auf  Tab.  209,  Fig.  2059  und  2060  finden  sich  zwei  ganz  leidliche  Abbildungen  der 
Chemnitzschen  Achatinella  lugubris. 

Die  nächste  Notiz  über  Achatinella  findet  sich  ebenfalls  in  Chemn.  Konch.-Kab. 
Bd.  XI.   Nürnberg,  1795,   P^g-  307.   Tab.  213,   Fig.  3014.  3015: 

„Ex  Museo  Spengleriano. 

Die  trauernde  linksgewundene  Mondschnecke.     Turbo    lugubris   sinistrorsus. 

Testa  trochiformi  nitida,  nigro-fusca,  fasciis  albis  penes  suturam  cincta,  apice  albo, 
apertura  subrotunda.  Die  rechtsgewundene  von  dieser  Gattung  ist  schon  bei  Fig.  2059.  2060 
beschrieben  worden.  Hier  ist  nun  eine  linksgewundene,  die  man  als  keine  eigene  Gattung, 
sondern  als  ein  ausgeartetes  Kind  jener  rechtsgewundenen  Gattung  anzusehen  hat.  Ihre 
Schale  ist  spiegelglatt  und  braunschwärzlich  gefärbet.  Nahe  bei  der  Nath  werden  die  Ge- 
winde von  einem  weißen  Bande  zierlichst  umgeben.  Die  Spitze  ist  weiß.  Es  wohnt  diese 
seltene  Linksschnecke,  für  welche  der  Herr  Spengler  zwei  Guineen  in  London  hat  bezahlen 
müssen,  in  den  süßen  Wassern  der  in  der  Südsee  liegenden  Sandwich-Insuln.  Die  Innern 
Wände  sind  weißlich.    Weil  die  Bewohner  jener  Insuln  diese  Arten  von  Schnecken  als  einen 


—      6      — 

Hals-  und  Ohrenschmuck  zu  tragen  gewohnt  sind,  und  daher,  um  eine  Schnur  hindurchzu- 
ziehen, die  Schalen  durchbohren,  so  hat  man  hievon  bey  dieser  raren  Linksschnecke  keine 
Ausnahme   gemacht,    sondern    sie    gleichfalls  durchbohret." 

Auch  hiervon  gibt  Chemnitz  auf  Tab.  213,  Fig.  3014  und  3015  zwei  leidliche  Abbil- 
dungen. Die  Art  hat  aber  nichts  mit  Ach.  apexfulva,  Dixon,  zu  tun,  sondern  es  ist  die 
später  von  Ferussac  beschriebene  Ach.  decora,  Prodrome,   1822,  pag.  60,  Nro.  430. 

L  a  m  a  r  c  k  muß  weder  die  Dixonsche  noch  Chemnitzsche  Beschreibung  gekannt 
haben,  denn  er  beschreibt  in  seiner  ,,Histoire  naturelle  des  Animaux  sans  vertebres",  Bd.  VII, 
pag.  27 >  Nro.  21,  1822,  eine  in  seinem  Kabinette  befindliche  Schnecke  als  „Monodonte  semi- 
noire",  ,.Monodonta  seminigera',  hält  sie  auch  für  eine  marine  Art,  denn  er  gibt  als  Fund- 
ort an:  Habite  la  mer  Pacifique,  sur  les  rivages  de  l'ilo  d'Othaiti  (statt  Owaihi^.  Lamarck 
bemerkt  dabei :  „La  reine  de  cette  ile  en  fait  des  boucles  d'oreille."  Die  Lamarcksche 
Schnecke  ist  unzweifelhaft   Dixons   „Ach.  apexfulva"    gleich    Chemnitz'   „lugiibris" . 

Bis  zum  Jahre  1822  waren  die  beiden  oben  angeführten  Arten  die  einzigen,  welche 
von  den  Sandwich-Inseln  bekannt  waren.  Dann  erhielt  die  Molluskenfauna  der  Inseln  einen 
kleinen  Zuwachs.  Auf  der  „Voyage  autour  du  Monde,  execute  sur  les  corvettes  de  S.  M. 
rUranie  et  la  Physicienne,  pendant  les  annees  1817,  1818,  1819  et  1820"  liefen  die  französi- 
schen Kriegsschiffe  auch  die  Hawaiischen  Inseln  im  Jahre  18 19  an.  Die  Beschreibung  der 
von  dort  mitgebrachten  Landschnecken  finden  wir  bei  Ferussac.  In  seinem  „Tableaux 
systematiques  des  animaux  mollusques,  suivis  d'un  Prodrome  general"  1822  pag.  60,  Nro.  429 
bis  437  findet  sich  ein  vorläufiges  Verzeichnis  von  9  Landschnecken,  welche  er  zur  Gruppe 
Cochlogena  =  Bidimus,  Gattung  „Les  Helicteres,  Fer."  stellt.  LTnter  diesen  befinden  sich 
die  beiden  Chemnitzschen  Arten,  ,Miguhris"  und  „luguhris  sinistror'Slis" ,  letztere  benennt 
Ferussac  „decora\  Die  sieben  neu  hinzugekommenen  Arten  sind:  .,vulpina",  „lorata", 
„spirizona",  „turritella",  „tristis",  „textilis"  und  „ventulus" .  Mit  Ausnahme  der  letzten, 
welche  nach  seiner  Angabe  von  der  Insel  Gouham,  einer  der  Mariannen,  stammen  soll,  sind 
sämtliche  von  den  Sandwich-Inseln  und  ihm  von  Freycinet,  dem  Kapitän  der  L'rania,  und 
von  einem  Gaudicho  mitgeteilt.  Auf  pag.  70  des  Prodromus  findet  sich  dann  noch  die  Be- 
schreibung einer  „Partida  auricnla".  Die  genauen  Diagnosen,  begleitet  mit  vorzüglichen, 
nicht  zu  verkennenden  Abbildungen,  finden  sich  dann  in  der  Reisebeschreibung  „Voyage 
autour  du  Monde,  execute  sur  les  corvettes  de  S.  M.  l'Uranie  et  la  Physicienne,  pendant  les 
annees  1817,  1818,  1819  et  1820.  pag.  475 — 482  und  486.  Planche  68,  Fig.  4 — 14,  Paris,  1824. 
Gr.  4"."  in  der  von  Ferussac  verfaßten  Monographie  complete  du  quatrieme  groupe  du  sous- 
genre  cochlogene,   celui   des   helicteres. 

Außerdem  finden  sich  diese  Arten,  nebst  zwei  neuen  ,,gravida"  und  ,,hdeoIa"  in  dem 
Prachtwerke:  „Histoire  naturelle  des  Mollusques  terrestres  et  fluviatiles",  par  D.  de  Ferus- 
sac et  G.  P.  Deshayes,  Paris,  1820 — 1851,  2  Vol.  Gr.  4".  pag.  191- — 197,  Planche  155, 
Fig.  I — 15.    Hier  werden  auch  schon  genauere  Fundorte  von  den  einzelnen  Arten  angegeben. 

Im  Jahre  1827  erschien  in  den  Contributions  of  the  Maclurian  Lyceuni  to  the  Arts 
and  Sciences,  Philadelphia,  eine  Arbeit  von  J.  Green:  „Description  of  two  new  species  of 
Achatina  from  the  Sandwich  Islands  —  with  some  remarks  on  the  Ti,  the  plant  on  which 
the  Shells  are  commonly  found.'  1.  c.  pag.  47 — 50.  Dort  werden  neu  beschrieben:  ..Achatina 
Stewartii"  und  „Ach.  Oahiiensis",  beide  von  der  Insel  Oahu,  und  auf  Tafel  5,  Fig.  i — 5 


vorzüglich  abgebildet.  Außerdem  findet  sich  hier,  pag.  50,  die  erste  Nachricht  von  der 
Pflanze,  auf  welcher  die  Arten  leben.  Es  ist  der  von  den  Eingeborenen  „Ti"  genannte 
Strauch  „Dracena  terminalis,  Jacquin".  Im  3.  Hefte  dieser  seltenen  Zeitschrift,  1829,  pag. 
66 — 67,  finden  sich  dann  noch  ,,Remarks  on  „Achatina  Stewartii"  von  J.  Green.  Letztere 
Arbeit  einzusehen,  ist  mir  nicht  möglich  gewesen.  Während  ich  Heft  i  u.  2  von  der  Königl. 
Universitäts-Bibliothek  in  Beriin  erhielt,  war  Heft  3  in  keiner  Berliner  Bibliothek,  noch  in 
Göttingen,  Hamburg  und  Bremen  vorhanden. 

Inzwischen  war  in  den  Annais  of  Philosophy,  New  Series,  Vol.  IX,  London  1825, 
pag.  134 — 140  und  pag.  407 — 415  von  John  Edward  Gray  erschienen:  ,,A  List  and  Descrip- 
tion  of  some  Species  of  Shells  not  taken  Notice  of  by  Lamarck.'"  Hierin  zitiert  Gray  auf 
pag.  414:  „Achatina  decora".    Helix,  Fer.    Chemn.  XI.  t.  213,  f.  3014,  3015. 

ß.  dextra.    „A.  lugubris",    Helix,    Fer.    Chemn.  XI.  t.  209,   fig.  2059,  2060." 

Weder  Dixon,  der  bei  Lamarck  fehlt,  noch  die  sieben  neuen  bei  Ferussac  an  der- 
selben Stelle  im  „Prodrome"  beschriebenen  Arten,  wo  „decora,  Fer."  steht,  werden  von  Gray 
in  obiger  Arbeit  angeführt.  Mit  dem  gewissenhaften  Vergleichen  der  bezüglichen  Literatur 
scheint  man  es  in  damaliger  Zeit  nicht  sehr  genau  genommen  zu  haben,  daher  ist  auch  von 
vornherein  ein  solcher  Wirrwarr  in  der  Nomenklatur  der  Achatinellen  entstanden.  Vielleicht 
läßt  es  sich  damit  entschuldigen,  daß  die  Literatur  den  Verfassern  nicht  hinreichend  zu 
Gebote   stand. 

Das  Jahr  1828  brachte  eine  wichtige  Bereicherung  in  der  Achatinellen-Literatur.  In 
dem  „Quarterly  Journal  of  Science,  Literatur  and  Art,  the  royal  Institution  of  Great  Britain", 
Brands  Journal,   Neue   Serie,    1828,   pag.  81 — 86   erschien   von   William    Swainson: 

„The  Characters  of  Achatinella,  a  new  group  of  terrestrial  Shells,  with  descriptions 
of  six  species." 

In  dieser  verdienstvollen  Arbeit  betont  Swainson  mit  Nachdruck,  daß  die  Haupt- 
momente zur  Bestimmung  eines  Tieres  und  zur  Stellung  im  Systeme  im  Tiere  selbst  liegen. 
Da  aber  die  Anatomie  der  Tiere  der  Achatinellen  noch  terra  incognita  ist,  so  läßt  sich  die 
Stellung  im  Systeme  vorläufig  nur  durch  Analogie  verwandter  Arten  feststellen,  und  er  stellt 
daher  die  Sandwich-Schnecken  nach  dem  Bau  der  Gehäuse  zwischen  Lamarcks  Bulimus  und 
Achatina,  und  da  dieselben  im  Gehäusebau  einige  Ähnlichkeit  mit  Achatina  haben,  aber 
im  allgemeinen  immer  viel  kleiner  sind,  führt  Swainson  für  diese  Schnecken  den  Namen 
„Achatinella",  kleine  Achatina,  ein.  Dieser  Name  ist  seitdem  auch  allgemein  anerkannt 
worden,  mit  Ausnahme  von  Harper  Pease,  vergl.  weiter  unten.  Swainson  gibt 
eine  präzise  Gattungsdiagnose  der  Achatinella  -  Gruppe  und  fügt  dann  die  sechs  ihm 
bekannten  Arten  an.  Leider  zum  Teil  alte  Bekannte  unter  einem  neuen  Namen.  Seine 
„Ach.  pica"  ist  Dixons  „apexfnlva"  =  Chemn.  „lugubris" ,  seine  „perversa"  ist  Fer.  „decora" 
=  Chemn.  „lugubris  sinistrorsus",  seine  „acuta"  ist  Fer.  „spirizona" .  Livida,  buli- 
moides,  rosea  und  pulcherrima  sind  neue  Arten.  Dadurch  ist  die  Anzahl  der  be- 
kannten Arten  auf  13  gestiegen.  Swainson  gibt  im  Quarterly  Journal  vorzügliche  Diagnosen. 
In  den  Zoological  Illustrations  von  Swainson,  Bd.  III,  II.  Serie,  London  1832 — 1833,  pag. 
99,  108  und  123  und  plate  99,  108  und  123  gibt  der  Verfasser  dann  nochmal  kurze  Beschrei- 
bung und  gute  Abbildungen  der  sieben  in  Brands  Journal  1828,  pag.  81 — 86,  beschriebenen 
neuen  Achatinellen-Arten. 


—     8     — 

Im  folgenden  Jahre  erhielt  die  Achatinellen-Literatur  eine  interessante  Bereicherung 
aus  der  Feder  des  deutsch  gewordenen  Dichters  und  Naturforschers  Adalbert  von  Cha- 
misso.  Letzterer  war  im  Jahre  1815  zum  Naturforscher  für  die  von  den  Russen  zu  unter- 
nehmende Entdeckungsreise  in  die  Südsee  und  um  die  Erde  ernannt  worden.  Er  machte 
diese  Fahrt  mit   dem   Kapitän   Otto  von   Kotzebue   auf   dem   russischen   Schiffe   „Rurik". 

Nach  seiner  Rückkehr  fand  er  bei  Durchmusterung  der  von  der  Sandwich -Insel 
„0-Wahu"  mitgebrachten  Pflanzen  einige  kleine  Land-Konchylien,  welche  er  für  neu  hielt 
und  in  den  „Verhandlungen  der  Kaiserlichen  Leopoldinisch-Carolinischen  Akademie  der 
Naturforscher",  Band  XIV,  Abt.  II,  pag.  639  und  640,  Taf.  36,  Fig.  i  und  2,  Bonn  1829, 
genau  beschrieb  und  abbildete.  Chamisso  benannte  sie  „Anricida  o-ivaihiensis  und  ein 
junges  linksgewundenes  Exemplar  derselben  Art  „Au)-iciila  sinistrorsa".  Leider  kann  dem 
Dichter,  von  dem  Franz  Dingelstedt  sagt :  ,,Ein  Fremdling  war  er  unserm  deutschen  Norden, 
in  Sitt"  und  Sprache  andrer  Stämme  Sohn,  und  wer  ist  heimischer  als  du  ihm  worden?", 
die  Priorität  der  Benennung  der  Art  nicht  zuerkannt  werden.  Dieselbe  ist  schon  von  Fe- 
russac  in  seinem  Prodrome    1822   pag.  70  als   ,,Partida  auricula"   beschrieben   worden. 

In  dem  „Bulletin  des  sciences  naturelles  et  de  geologie",  redige  par  M.  J\I.  Delafosse, 
Guillemin,  Lesson  et  Luroth,  sous  la  direction  de  M.  le  baron  de  Ferussac,  Bd.  XVI.  pag. 
138 — 141,  Paris  1829,  erschien  dann  von  Ferussac  eine  Besprechung  der  von  Green  und 
Swainson  verfaßten  Arbeiten  und  neuen  Arten.  Ferussac  weist  nach,  daß  Greens  „Achatina 
Stewartii"  nur  eine  Farbenvarietät  seiner  „Helicteres  vulpina"  und  „Achatina  oahuensis, 
Green",   ein   unausgewachsenes   Exemplar,   seine  „Helicteres    turritella"  sei. 

In  der  Besprechung  der  Swainsonschen  Arbeit  rügt  Ferussac,  daß  Swainson  keine 
seiner  Arbeiten  berücksichtigt  hat  und  fast  allen  von  ihm  benannten  Arten  neue  Namen 
gibt  unter  Anwendung  seines  neuen  Gattungsnamens  „AchatineJla".  Ferussac  schreibt 
pag.  140:  „Son  (Swainson)  genre  AchatineUa  n'est  que  la  copie,  sous  un  autre  nom,  de 
notre  groupe  des  Helicteres,  etabli  d'abord  dans  notre  Prodrome  et  ensuite  dans  le  Voyage 
de  M.  de  Freycinet.  II  eüt  ete  convenable  de  nous  citer  et  de  proposer  alors  franchement 
l'ötablissement  de  genre  distinct  de  notre  groupe  des  Helicteres,  et  discutant  les  raisons 
qui  nous  ont  porte  ä  le  laisser  parmi  les  Helices,  notamment  l'identite  de  leurs  animaux. 
M.  Swainson  parait  ignorer  notre  travail  sur  ce  groupe,  soit  dans  notre  Prodrome,  soit  dans 
le  voyage  de  M.  de  Freycinet,  oü  plusieurs  de  nos  especes  sont  figurees. 

Nous   allons   suivre   les   especes   que   decrit   M.  Swainson   comme   etant    nouvelles. 

Nro.  I.  AchatineUa  pica.  Avant  nous,  cette  espece  a  ete  decrite  et  figuree  par  Dixon, 
a  voy.  round  the  world;  App.,  pag.  354,  Fig.  i,  sous  le  nom  de  Turbo  apex-fulva,  et  par 
Chemnitz  sous  le  nom  de  Turbo  lugnbris  que  nous  lui  avons  conserve.  C'est  lä  l'espece 
dont  M.  de  Lamarck  a  fait,  par  une  application  fächeuse  du  principe  des  formes  de  la 
coquille,   un   Monodonte   sous   le   nom   de  M.  seminigra. 

Nro.  2.  A.  perversa  est  notre  Helix  decora,  Prodr.  No.  430,  Freycinet,  loc.  cit., 
pag.  478,  dejä  figuree  par   Chemnitz  avec  la  precedente. 

Nro.  3.    A.  acuta  parait  etre  notre  H.  spirlzona,  Prodr.,  No.  433,  Freycinet,  pag.  480. 

Nro.  4.  A.  livida.  Nous  ne  pouvons  parfaitement  distinguer  cette  espece  parmi  plu- 
sieurs des  nötres  qui   s'en  rapprochent. 

Nro.  5.    A.  bidimoides.    C'est  notre   lorata,  Prodr.,  No.  432,  Freycinet,  pag.  479. 


—     9     — 

Nro.  6.   A.  pulcherrima.    Celle-ci  se  trouve  dans  le  cas  du  no.  4. 

II  est  fächeux  que  M.  Swainson  n'ait  pas  accompagne  son  memoire  de  la  figure  en 
couleur  des  especes   qui   y   sont   decrites." 

Swainson  hat  gute  Abbildungen  seiner  in  Brands  Journal  beschriebenen  Arten  in  den 
„Zoological  Illustrations"    1832,  also  nach   Ferussacs  Kritik  gegeben. 

Trotz  der  Ferussacschen  Replik  hat  sich  sein  vorgeschlagener  Name  „Helicteres" 
nicht  eingebürgert. 

Ferussacs  Gattungsname  soll  sich  jedenfalls  auf  Helix  mit  gelber  Spitze  beziehen. 
'EXmij,  'Eh^  =  Windung,  Epheu,  Schnecke;  iXiy.%riQ  =  jeder  gewundene  Körper;  ixieqog 
=  Gelbsucht. 

Der  Name  Helicteres  ist  übrigens  schon  1737  von  Linne  für  einen  zur  Ordnung  der 
Columniferen,  Fam.  der  Malvaceen,  Sterculiaceen,  gehörenden  Baum  Indiens  „Helicteres 
isora,  L."  vergeben  worden,  wegen  der  aus  fünf  länglichen  Karpellen  schraubenförmig  zu 
einem  cylindrischen   Ganzen  zusammengerollten  Frucht. 

Zu  den  beiden  vorhandenen  Gattungsnamen  fügte  C.  Th.  Menke  in  seiner  „Synopsis 
MoUuscorum",  II.  Aufl.  Pyrmont,  1830,  pag.  25  und  26,  noch  einen  dritten  hinzu.  Menke 
gründete  seine  Gattung  auf  den  starken  Columellarzahn,  welcher  bei  den  beiden  ihm  be- 
kannten Arten :  vulpina,  Fer.  und  seminiger,  Lam.  deutlich  vorhanden  ist  und  nannte  sie 
„Odontostylus"  und  stellte  sie  als  Unterabteilung  zu  Bulinms.  ööovg  =  Zahn,  arvAog  =  ein 
spitziger  aufrechtstehender  Körper.  Der  Menkesche  Name  ist  in  der  Literatur  nicht  weiter 
berücksichtigt  worden. 

Nach  den  Publikationen  von  Ferussac  und  Swainson  verstrich  eine  geraume  Zeit,  ehe 
die  Zahl  der  bekannten  Arten  vermehrt  wurde.  Nur  Wood  fügte  in  seinem  „Index  Testa- 
ceologicus"  II.  ed.  London,  1828,  pag.  29,  PL  7,  Fig.  30  eine  neue  Art  hinzu:  „Achatina 
Byronii",  gibt  aber  nur  den  Namen,  keine  Diagnose,  und  als  Fundort  ,,Otaheite  an,  jeden- 
falls „Owaihi",  denn  die  nach  der  Abbildung  unverkennbare  Art  lebt  auf  Oahu. 

Ferussacs  sowie  Swainsons  Publikationen  der  Achatinellen  müssen  in  Frankreich  wenig 
bekannt  geworden  sein,  denn  Cuvier  erwähnt  in  seinem  klassischen  Werke  „Le  regne  ani- 
mal"  weder  in  der  I.  noch  in  der  IL  Ausgabe  in  den  Bänden,  welche  die  Mollusken  behan- 
deln, der  Gattung  Achatinella,  geschweige  denn  einzelner  Arten,  nur  Voigt  bringt  in  der 
Übersetzung  der  II.  Ausgabe  von  Cuviers  „Regne  animal"  itB  3.  Bd.,  welcher  die  Mollusken 
behandelt,   Leipzig,    1834,   pag.  80  unter  Bulimus  die  Lamarcksche  „seminigera" . 

Unsern  deutschen  Konchyliologen  waren  die  Arbeiten  bekannt,  denn  Beck  führt  in 
seinem  „Index  molluscorum"  Hafniae  1837,  pag.  51  schon  12  Arten,  von  denen  zwei  Arten, 
Helicteres  leucozonalis,  Ins.  oc.  pacif.,  pag.  51,  Nro.  2,  und  Helicteres  sulphurata,  Ins.  oc. 
pacif.,  pag.  51,  Nro.  6,  nicht  zu  den  Achatinellen  =  Becks  Helicteres,  gehören,  unter  dem 
Namen  Helicteres  auf. 

Fr.  Schlüters  Subgenus  Achatinella  von  Bulimus  —  in:  Kurzgefaßtes  Verzeichnis 
meiner  Konchyliensammlung  u.  s.  w.  Halle,  1838,  pag.  8  —  hat  mit  den  Achatinellen  nichts 
gemein.    Schlüter  faßt  darunter  Arten  von  der   Gruppe    Cionella,  Jeffreys   zusammen. 

Auch  Anton,  „Verzeichnis  der  Konchylien,  welche  sich  in  seiner  Sammlung  befinden", 
Halle  1839,  pag.  41,  besitzt  nach  demselben  schon  eine  Reihe  Ferussacscher  Arten  mit  ver- 
schiedenen Varietäten. 

Zoologica.    Heft  48.  2 


—      10     ~ 

Der  Amerikaner  John  C.  Jay  gibt  in  seinem  „Catalogue  of  the  shells,  arranged  accor- 
ding  to  the  Lamarckian  System^  together  with  descriptions  of  new  or  rare  species",  New- 
York,  1839.  III.  ed.  pag.  119,  Taf.  VI,  Fig.  3  Abbildung  und  Beschreibung  einer  neuen  Art 
„Achatina  (Carelia)  bicolor"  und  pag.  58,  1.  c.  ein  Verzeichnis  von  acht  Arten,  darunter 
fünf,  die  Nuttal  zum  Autor  haben,  ohne  Diagnose.  Ach.  alba,  Nutt.,  und  pallida,  Nutt.  = 
lorata,  Fer.,  Stewartii,  Nutt.  =  Stetvartii,  Green,  und  turbinata  Nuttal  =  turritella  Fer., 
sämtlich  schon  vorher  beschriebene  Arten.  Die  Benennung  von  Arten,  die  darin  besteht, 
daß  nur  der  „nomen  solum"  angegeben  wird,  muß  in  der  Synon.  unberücksichtigt  bleiben. 
In  der  4.  ed.  seines  Kataloges '  gibt  er  dann  ein  Verzeichnis  der  bis  dahin  bekannten  Arten.^ 
Achatina  bicolor,  Jay  =  adusta,  Gould  ist  keine  echte  Achatinella,  —  sowohl  der  Bau  des 
Gehäuses  wie  der  anatomische  Bau  zeigen  Verwandtschaft  mit  den  Stenogyridae,  man  ver- 
gleiche :  „Dr.  Paul  Fischer,  Manuel  de  Conchyliologie  et  de  Paleontologie  conchyliologique" 
ou  Histoire  naturelle  des  mollusques  vivants  et  fossiles.  Paris,  1887,  pag.  490  und  W.  G. 
Binney,  On  the'  lingual  Dentition,  Jaw,  and  Genitalia  of  Carelia  u.  s.  w.  in :  „Proc.  of  the 
Acad.  of  nat.  scienc.  of  Philadelphia",  1876,  pag.  185 — 187,  PI.  VI,  Fig.  G.  cc,  und  o.,  — 
sondern  eine  Carelia,  H.  u.  G.  Adams,  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,  1858,  pag.  132, 
deren  Verbreitungsgebiet  sich  nur  auf  Kauai,  der  nordwesdichsten  der  Sandwich-Inseln,  er- 
streckt, mit  Ausnahme  einer  subfossilen  Art,  die  auf  der  benachbarten  Insel  Niihau  vor- 
kommt. Da  eine  große  Analogie  im  Gehäuse  sowie  in  der  Lebensweise  von  „Carelia",  H. 
u.  A.  Adams,  und  „Amastra",  H.  u.  A.  Adams,  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,  1858, 
pag.  137,  besteht,  so  ergibt  vielleicht  eine  genauere  Untersuchung  der  Tiere  dieser  beiden 
Gruppen  doch  noch  eine  innigere  Zusammengehörigkeit  derselben,  als  bislang  angenommen 
wird. 

G.  B.  Sowerby  jun.  gibt  in  seinem  „A  Conchological  Manual"  London  1839  auf 
pag.  2  nur  eine  kurze  Diagnose  der  Gattung  Achatinella  Sow.  —  am  Schlüsse  seiner  Ar- 
beit wird  der  Fehler  Sow.  in  Swainson  rektifiziert  —  und  Fig.  287  gibt  ein  tadelloses  Bild 
einer  Achatinella  ohne  Namen,  es  ist  die  auf  den  ersten  Blick  zu  erkennende  Ach.  lorata, 
Fer.  Auch  Delessert,  B.,  gibt  in  seinem  „Recueil  de  Coquilles  decrites  par  Lamarck  et 
non  encore  figurees",  Paris,  1841  auf  Taf.  2>7'  Fig.  2  nur  eine  Abbildung  der  Monodonta 
seminigera,  Lam. 

Die  vierziger  Jahre  liefern  zu  den  bislang  bekannten  Achatinellen  bedeutenden  Zu- 
wachs. Im  Jahre  1841  erschien  Dr.  Lud.  Pfeiffers  ,,Symbolae  ad  Historiam  Heliceorum", 
Sectio  prima,  Cassel  1841.  Darin  finden  wir  pag.  25  ein  Verzeichnis  von  fünf  Ferussacschen 
Achatinellen  unter  Bulimiis.  In  der  Sectio  altera,  1842,  pag.  14  fügt  er  dann  noch  zwei 
weitere  Ferussacsche  Achatinellen  als  Bulinms  und  die  Chamissosche  Auricula  owaihiensis 
als  Tornatellina  hinzu.  Die  Diagnosen  zu  den  Arten  finden  sich  auf  pag.  44  der  I.  Sect., 
und  auf  pag.  52  und  53  der  II.  Sect.  1.  c.  Sodann  erschien  von  demselben  in  den:  ,,Pro- 
ceedings  of  the  Zoological  Society  of  London",  in  Part.  XIII,  1845,  pag.  89  und  90:  „Re- 
marks  on  the  genus  Achatinella  Swainson  and  descriptions  of  six  new  species  from  Mr. 
Cumings    Collection".     Diesen    sechs    neuen  Arten    fügt    er    dann    in    derselben    Zeitschrift 


'  J'iyi  John  C,  M.  D.   A  Catalogue  of  the  Shells,   arranged  according  to  the  Lamarckian  System.    Fourth  edition, 
New-York,  1850,    4°.     Ohne  Abbildungen,  pag.  214  —  215. 
*  26  Arten    No    5203 — 5237  u.  21  Varietäten. 


—    11    — 

Part  XIV,  1846  pag.  38  noch  zwei  weitere  Arten  hinzu,  so  daß  er  nun  schon  in  seiner 
„Symbolae",  Pars  tertia,  1846  auf  pag.  48  ein  Verzeichnis  von  22  Arten  geben  konnte.  Zur 
selben  Zeit,  am  15.  Januar  1845,  war  in  den  Proceedings  of  the  Boston  Society  of  Natural 
History  Vol.  II,  1845  P^S-  '^ — -5  ^ir's  Arbeit  von  Dr.  J.  W.  Mighels  erschienen:  „De- 
scriptions  of  Shells  from  the  Sandwich  Islands  and  other  localities."  In  dieser  Arbeit,  die 
leider  ohne  Abbildungen  erschien,  werden  12  neue  Arten  beschrieben,  von  denen  3  Arten 
schon  beschrieben  sind.  Achatina  turricula,  Migh.  ist  eine  Carelia  und  Ach.  picta  Migh. 
ist  von  Pfeiffer  ebenfalls  als  Ach.  picta  beschrieben.  Da  aber  Mighels  Arbeit  am  15.  Jan. 
1845  ui^d  Pfeiffers  Arbeit  am  26.  Aug.  1845  erschien,  so  gehört  dem  Mighelschen  Namen 
die  Priorität.  In  derselben  Zeitschrift:  Proc.  Bost.  Soc.  erschien  ebenfalls  im  IL  Bande  1845, 
Jan.  15,  pag.  26 — 28  eine  Arbeit  von  Dr.  Gould:  „Descriptions  of  Species  of  Landshells 
from  the  Sandwich  Islands,  supposed  to  be  hitherto  undescribed."  Das  Verzeichnis  enthält 
sieben  neu  beschriebene  Arten.  Die  Synonymik  erhielt  wieder  Zuwachs ;  Goulds  adusta  ist 
Carelia  bicolor  Jay,  Goulds  jnicrostoma  ist  textUis,  Fer.,  und  Goulds  fuliginosa  ist  tristis 
Fer.  Goulds  radiata  und  Pfeiffers  radiata  sind  zwei  ganz  verschiedene  Arten.  Goulds 
radiata  ist  eine  Partulina,  aber  Pfeiffers  radiata  ist  Mighels  viridans  und  gehört  als 
synonym  zu  viridans,  da  Mighels  Name  der  ältere  ist.  Da  Goulds,  Mighels  und  Pfeiffers 
Arbeiten  ungefähr  zu  gleicher  Zeit  erschienen  waren,  und  dadurch  eine  Anzahl  Arten  mehr- 
fach beschrieben  worden,  veröffentlicht  Pfeiffer  im  III.  Bd.  der  Zeitschr.  für  Malakozoo- 
logie,  1846,  pag.  113 — 120  eine  Arbeit:  ,,Über  neue  Landschnecken  von  Jamaica  und  den 
Sandwich-Inseln.  Dieselbe  enthält  kritische  Berichtigungen  zu  den  in  den  oben  genannten 
Schriften  neu  beschriebenen  Arten.  Eine  Anzahl  derselben  erhält  ihren  Platz  als  Synonyme 
bei  bereits  bekannten  Arten.  Man  vergl.  1.  c.  Nro.  23  und  Nro.  27 — 44.  Pfeiffer  konnte  nun 
schon  in  seiner  „Monographia  Heliceorum  viventium",  Bd.  II,  Leipzig,  1848,  pag.  233 — 242, 
ein  Verzeichnis  von  28  Arten  und  26  Synonymen  aufführen,  exklusive  Ach.  virgulata, 
Mighels  und  Ach.  auricula,  Fer.,  dieselben  führte  Pfeiffer  gesondert  als  Bulimiis  Rohri 
Pfr.,  und  Bulimus  auricula,  Fer.  im  IL  Bd.  der  Mon.  Hei.  viv.  pag.  74  und  75  auf.  Mittler- 
weile war  wieder  in  den  Proc.  Bost.  Soc.  Bd.  II,  Jan.  1847,  pag.  200 — 203  ein  Verzeichnis 
neuer  Arten,  welche  \on  der  „United  States  exploring  expedition"  mitgebracht  waren,  er- 
schienen. Dr.  Gould:  „Descriptions  of  Shells  of  the  Genera  Achatinella  and  Helicina." 
Darin   werden   fünf  neue   Arten  beschrieben. 

Die  Bearbeitung  der  Ausbeute  an  Mollusken,  welche  von  der  „L'nited  States  explo- 
ring Expedition,  commanded  by  Charles  Wilkens,  during  the  years  1838 — 1842,  mitgebracht 
worden  waren,  wurde  dem  Dr.  August us  A.  Gould  übertragen.  Die  vorläufigen  Diagnosen 
der  neuen  Arten  wurden  in  den  ersten  Bänden  der  ,, Proceedings  of  the  Boston  Society  of 
''  Natural  History"  niedergelegt.  Eine  Zusammenstellung  sämtlicher  von  ihm  beschriebenen 
Arten  finden  wir  in  den  „Otia  Conchologica"  Boston,  1846 — 1862.  Die  wissenschaftliche  Be- 
arbeitung der  Ergebnisse  der  Expedition  nahm  längere  Zeit  in  Anspruch.  Der  XII.  Band, 
enthaltend  die  „Mollusca  and  Shells  by  Augustus  A.  Gould",  erschien  1852  in  Philadelphia. 
Der  Atlas  dazu  in  groß  ImperiaLFormat  mit  52  prachtvoll  kolorierten  Tafeln  gelangte  erst 
1856  zur  Ausgabe.  Im  XII.  Bande  findet  sich  pag.  85 — 90,  ohne  besondere  Überschrift,  Be- 
schreibung sieben  neuer  Achatinellen  von  den  Sandwich-Inseln,  die  tadellosen  Abbildungen 
dazu  im  Atlas,  PI.  7,  Fig.  94 — loo  und  auf  pag.  5  des  Atlasses  Erklärung  der  Abbildungen. 


—      12     — 

Interessante  Bemerkungen  über  die  Fauna  der  Sandwich-Inseln,  besonders  der  Achatinellen, 
finden  wir  aus  der  Feder  Goulds  auf  pag.  XV  der  Einleitung  zum  XII.  Bande. 

Dr.  L.  Pfeiffers  Aufsatz:  „Descriptions  of  nineteen  new  species  of  Helicea,  from  the 
Collection  of  H.  Cuming",  Proc.  zool.  Soc,  Dez.  12,  1847,  pag.  228 — 232,  enthält  nur  die 
Diagnose  einer  Achatinelle  von  Molokai,  Ach.  Mighelsiana,  Pfr.,  pag.  231. 

Die  in  der  Zeitschr.  für  Malakozoologie,  Jahrgang  6,  1849,  pag.  90 — 91,  auf  Achati- 
nella  bezügliche  Arbeit  von  Dr.  L.  Pfeiffer  ist  nur  ein  Nachtrag  zum  Verzeichnisse  im 
II.  Bd.  der  Mon.  Hei.  viv.  1.  c.   und  enthält  keine  neue  Art. 

Die  erste  zusammenfassende  Arbeit  mit  Diagnosen  und  Abbildungen  erschien  1850 
in  dem  großen  Sammelwerke  von  Lovell  Reeve,  „Conchologia  Iconica"  als  Monograph 
of  the  Genus  Achatinella.  Abgehandelt  werden  darin  45  Arten,  darunter  15  neue  von  Reeve 
beschriebene  Arten.  Die  Abbildungen  sind  naturgetreu,  aber  viele  von  den  Arten  sind  nur 
Varietäten   oder   gar   nur   Formen. 

Die  Proz.  zool.  Soc.  1851  brachten  pag.  252 — 263  eine  weitere  Arbeit  Dr.  L.  Pfeiffers: 
„Descriptions  of  fifty  four  new  species  of  Helicea  from  the  Collection  of  Hugh  Cuming, 
Esq."  Dieselbe  enthält  auf  pag.  261  und  262  Diagnosen  von  drei  neuen  Achatinellen.  In 
derselben  Zeitschrift  1853,  pag.  124 — 128,  findet  sich  ein  neuer  Aufsatz  aus  der  Feder 
Dr.  L.  Pfeiffers:  „Descriptions  of  nineteen  new  Species  of  Helicea  from  the  Collection 
of  Mr.  Cuming."  Darin  findet  sich  auf  pag.  128  die  Diagnose  von  Spiraxis  paradoxa  von 
Kauai,   einer  echten   Carelia. 

Die  Ergebnisse  dieser  letzten  Publikationen  hatten  trotz  der  Einziehung  mancher 
fraglichen  Arten  doch  einen  beträchtlichen  Zuwachs  an  Arten  geliefert,  so  daß  Dr.  L.  Pf  eif  f  er 
in  seinein  Supplemente  zur  Mon.  Hei.  viventium,  Bd.  III,  1853,  pag.  455  und  pag.  467 — 504 
ein  Verzeichnis  von  53  Arten  mit  diversen  Synonymen   geben   konnte. 

Die  neue  Ausgabe  von  Mart.  u.  Chemn.  Kcftichylien-Kabinett  enthält  in  der  XIII.  Ab- 
teilung des  I.  Bandes  die  Beschreibung  der  Bulimiden  und  Achatinen  von  Dr.  H.  Küster. 
In  demselben  Bande  finden  auch  die  Achatinellen  Berücksichtigung,  pag.  40,  Nro.  32  und 
pag.  277- — 288,  Nro.  I  — 15,  Abbildungen  dazu  Taf.  8,  Fig.  9 — 12  und  Taf.  67,  Fig.  5 — 31. 
Die  Bearbeitung  der  Achatinellen  ist  von  Dr.  L.  Pfeiffer,  teste  Mon.  Hei. viventium,  Bd.  IV, 
1859,  pag.  515,  Vorrede  zu  den  Achatinellen.  Pfeiffer  gibt  nur  ein  Verzeichnis  von  15  Arten 
mit  den  vielen  dazu  gehörenden  Synonymen  —  reichlich  die  dreifache  Zahl  von  Arten  war 
schon  bekannt  • — .  Die  Literatur  über  die  erwähnten  Arten  ist  mit  peinlichster  Sorgfalt  be- 
rücksichtigt und  die  Diagnosen  sind  mit  Pfeifferscher  Genauigkeit  gegeben.  Die  Ab- 
bildungen auf  Taf.  8,  Fig.  9 — 12  sind  eine  Kopie  aus  dem  alten  Martini-Chemnitz,  1.  c.  Die 
Abbildungen  auf  Taf.  67  sind  neu,  lassen  aber,  was  Kolorit  und  Form  anbelangt,  sehr  viel 
zu  wünschen  übrig  und  geben  nicht  immer  ein  sicher  erkennbares  Bild  der  Art.  Der  Titel 
des  Bandes  hat  als  Jahreszahl  1850.  Dagegen  wird  in  der  Vorrede  zu  den  Achatinellen 
schon  Newcombs  Arbeit,  die  erst  1853  erschienen  ist,  erwähnt,  ebenfalls  wird  am  Schlüsse 
der  Vorrede  Pfeiffers  ,, Skizze  einer  Monographie  der  Achatinellen,  Malak.  zool.  Blätter,  Bd.  I, 
1854,  erwähnt.  Die  Herausgabe  der  Achatinellen-Arbeit  kann  daher  vor  1854,  resp.  1855 
nicht  erfolgt  sein.  Die  Ferussacsche  „auricula"  findet  sich  in  diesem  Verzeichnisse  nicht. 
Sie  wird  am  Schlüsse  der  Partula-Gruppe,  Mart.  Chem.  1.  c.  pag.  277,  Nro.  23  als  abnorme 
Art  erwähnt.     Die   Beschreibung  und   Abbildung   findet    sich    in    Küsters    Monographie    der 


—     13     — 

Auriculacecn,  Neue  Ausgabe  von  Mart.  Chemn.,  Konchylien-Kabinett  1844,  pag.  26,  Taf.  3, 
Fig.  14 — 16.  Ebenfalls  findet  sich  in  Mart.  Chemn.  Konch.  I.e.  nicht  Pfeiffers  Tomatellina 
Petitiana,  Zeitschr.  für  Malakozzologie,  Jahrg.  IV,  1847,  pag.  149,  —  eine  junge  Auricu- 
lella  —  sondern  in  Küsters  Monogr.  der  Gattung  Pupa,  Mart.  Chemn.  1852,  pag.  153, 
Taf.  18,  Fig.  24  und  25,  auch  nicht  Pfeiffers  Balea  Netvcombi,  Proc.  zool.  Soc.  1852,  pag.  67, 
ebenfalls  eine  junge  Auriculella,  welche  der  Autor  selbst  später  in  seinem  „Versuch  einer  An- 
ordnung der  Heliceen  nach  natürlichen  Gruppen",  Malakoz.  Blätter,  II.  Bd.  1856,  pag.  166 
als  Auriculella  obeliscus,  Pfr.  aufführt. 

J.  R.  Bourguignat  scheidet  in  seinem  Aufsatze:  „Sur  le  genre  Balia,  Amenites 
malacologiques,  §  67,  pag.  66,  Paris,  1860,  einige  als  Balia  beschriebene  Arten  aus  dieser 
Gattung  aus,  darunter  auch  Pfeiffers  Balea  Newcomhi,  und  stellt  sie  zu  der  H.  u.  A.  Adams- 
schen  „Temesa"   als   Temesa  Newcomhi,  1.  c.  pag.  80,  Nro.  8. 

Diese  paar  Beispiele  mögen  vorläufig  genügen,  um  zu  zeigen,  daß  selbst  von  den 
Koryphäen  der  damaligen  Konchylienkunde  neue  Arten  auf  unausgewachsene  Exemplare, 
welche  ihnen  zudem  oft  nur  in  i  oder  2  Stücken  vorlagen,  gegründet  wurden.  So  sind  eine 
Reihe  von  Arten  entstanden,  die,  da  auch  keine  Abbildungen  dazu  gegeben  sind,  mit  Sicher- 
heit nicht  identifiziert  werden  können.  Mighels  Ach.  accincta  und  Pfeiffers  A.  Sandwigensis 
haben  sich  in  Reeves  Monograph  of  the  Genus  Achatina,  London,  1849/50,  Nro.  loi  und 
il6,  Taf.  19  und  20  verirrt,   beide  gehören  zu  Leptachatiua,  einer  Gruppe  der  Achatinellen. 

Die  fünfziger  Jahre  brachten  zu  den  bislang  bekannten  Achatinellen  eine  stattliche 
Anzahl  neuer  Arten.  In  den  „Figures  of  Molluscous  animals,  selected  from  various  authors" 
von  M.  E.  Gray,  London,  1850,  werden  nur  drei  alte  bekannte,  turritella,  Fer.,  decora, 
Fer.  und  auricula,  Y€r.  auf  Taf.  303,  Fig.  3,  5  u.  6  abgebildet.  Die  Abbildung  Fig.  3  ist 
eine  Kopie  aus  Soul.  Taf.  29,  Fig.  7.  In  den  ,, Annais  of  the  Lyceum  of  Natural  History  of 
New-York,  Vol.  V,  1850,  pag.  41 — 44  —  der  komplette  Band  erst  1852  ausgegeben  —  publi- 
ziert C.  B.  Adams  ,,Descriptions  of  new  species  of  Partula  and  Achatinella"  sechs  neue 
Achatinellen.  Die  ,,Contributions  to  Conchology"  Nro.  8,  New-York,  185 1  enthalten  auf  pag. 
125 — 128  den  wörtlichen  Abdruck  der  von  C.  B.  Adams  in  den  Annais  1.  c.  publizierten  Arbeit. 

Über  die  Ausbeute  an  Mollusken,  welche  die  Schiffe  ,, Herald"  und  „Pandora"  wäh- 
rend ihrer  ,,Surveying  Voyages"  gemacht  haben,  berichtet  Professor  Edward  Forbes  in 
der  Arbeit  „On  the  species  of  Mollusca  collected  during  the  Surveying  Voyages  of  the  He- 
rald and  Pandora,  by  Kapitän  Kellett,  R.  N.C.B.,  and  Lieut.Wood,  R.  N."  in  den  Proc.  Zool. 
Soc.  London,  Part  XVIII,  1850.  Daselbst  findet  sich  unter  der  Rubrik  i  :  „On  the  Land- 
shells collected  during  the  Expedition"  1.  c.  pag.  53 — 57  auf  pag.  54  eine  kurze  Notiz  über 
die  Achatinellen.  „Of  the  curious  genus  Achatinella,  two  species,  livida  and  alba,  are  in 
the  Collection,  both  procured  at  the   Sandwich  Jslands." 

Auch  die  Expedition  der  französischen  Korvette  Bonite  während  der  Jahre  1836  und 
1837  brachte  nur  wenig  neues  von  den  Sandwich-Inseln.  Die  Resultate  dieser  Forschungs- 
reise sind  niedergelegt  in  dem  vorzüglich  ausgestatteten  Reisewerke :  „Voyage  autour  du 
Monde,  execut6  pendant  les  annees  1836  et  1837  sur  la  corvette  „La  Bonite",  commandee 
par  M.  Vaillant,  capitaine  de  vaisseau."  Paris,  1852.  Die  Zoologie  ist  bearbeitet  von  den 
beiden  Medizinern,  Drs.  Eydoux  und  Souleyet,  welche  die  Expedition  mitgemacht  haben. 
Der  II.  Band  der  Zoologie,  die  Mollusken,  ist  von   Souleyet  bearbeitet.    Souleyet  gibt  auf 


—     14     — 

pag.  5o8 — 510  des  II.  Bandes  die  Anatomie  von  Ach.  vulpina,  Fer.,  turritella,  Fer.,  und 
deeora,  Fer.  Das  Ergebnis  dieser  Untersuchung  ist :  Die  Tiere  haben  äußerlich  die  größte 
Ähnlichkeit  mit  Helix,  unterscheiden  sich  aber  wesentlich  von  diesen  durch  den  Genital- 
apparat; sie  müssen  daher  ihre  Stellung  zwischen  Bulinius  und  Achatina  haben.  —  Die 
von  Souleyet  beschriebene  „Partida  Dumartroy" ,  Revue  zoologique  de  France,  Paris,  1842, 
pag.  102,  zieht  derselbe  auf  pag.  511  wieder  ein  und  stellt  sie  als  synonym  zu  Partula 
auricula,  Fer.  Seine  neu  beschriebene  Auricula  Sandwichiensis  ist  ein  Melamjnis,  Pfeiffer, 
Dr.  L.,  Monographia  Auriculaceorum  viventium,  Cassel,  1856,  pag.  50.  Außerdem  werden 
in  diesem  Prachtwerke  noch  einige  Limax,  Succineen,  Limnaeen  und  Helicineen,  Land-  und 
Süßwasserschnecken  von  den  Sandwich-Inseln  beschrieben.  Sämtliche  Arten  sind  von  vor- 
züglichen Abbildungen  begleitet.  Die  Achatinellen  sind  abgebildet  auf  Taf.  29,  Fig.  3 — 11 
und  Fig.  29 — 32. 

Im  Jahre  1850  erschien  in  Berlin  die  I.  Auflage  von:  Joh.  Christ.  Albers,  „Die 
Heliceen  nach  natürlicher  Verwandtschaft  systematisch  geordnet."  Darin  auf  pag.  188  und 
189,  —  zwischen  Bulimus  und  Achatina,  —  Genus  XV,  Achatinella,  Gattungsdiagnose  und 
Verzeichnis  von  18  Arten,  gruppiert  in  zwei  Abteilungen  nach  der  Schale,  nebst  Anmerkungen 
über  geographische  Verbreitung  und  Lebensweise,  sowie  einigen  kritischen,  zutreffenden  Be- 
merkungen über  einzelne  Arten. 

Auch  Dr.  R.  A.  Philipp i  stellt  schon  die  Achatinellen  in  seinem  für  damalige  Zeit 
klassischem  Werke:  „Handbuch  der  Konchyliologie  und  Malakozoologie,  Halle,  1853" 
zwischen  Bulimus  und  Achatina,  gibt  auf  pag.  248  eine  präzise  Gattungsdiagnose  und  er- 
wähnt gegen  25  bekannte  Arten,  welche  lebendig  gebärend  sind  und  auf  den  Sandwich- 
und  Gesellschafts-Inseln  leben  sollen.  Der  zuletzt  angeführte  Fundort  ist  allerdings  nicht 
zutreffend.  Das  endemische  Vorkommen  der  Achatinellen  hatte  schon  Philipp!  erkannt,  denn 
er  schreibt  im  2.  Kapitel:  Geographische  Verbreitung  der  Mollusken,  pag.  15,  bezüglich  der 
Fauna  des  Stillen  Ozeans :  „Eigentümlich  sind  auch  die  Land-  und  Süßwasserkonchylien. 
Außer  ziemlich  zahlreichen  Helix-Arten  sind  den  Inseln  des  Stillen  Ozeans  die  Achatinellen 
und  die  echten  Partula-Arten  eigen. 

An  dieser  Stelle  möge  auch  eines  Werkes  gedacht  werden,  welches  lange  Zeit  in  den 
Händen  der  Konchyliensammler,  denen  die  teuren  kolorierten  größeren  Konchylienwerke 
nicht  zu  Gebote  standen,  das  fast  alleinige  Buch  zum  Ordnen  ihrer  Sammlungen  war  — 
mit  A.  R.  Reichenbachs  Naturgeschichte  der  Würmer,  Leipzig,  1842,  welche  in  diesem 
Bande  auch  die  Konchylien  behandelt  und  auf  62  Tafeln  leidlich  abbildet,  war  nicht  viel 
anzufangen  —  und  erst  1878  durch  das  ,, Illustrierte  Konchylienbuch  unsers  Altmeisters 
Kobelt  verdrängt  wurde  —  nämlich  des  ,,Konchylienbuches  von  F.  Berge,  Stuttgart,  1855, 
mit  726  kolorierten,  zum  Teil  recht  guten  Abbildungen.  In  demselben  werden  sogar  auf 
pag.  153,  allerdings  unter  Achatina,  vier  Swainsonsche  Achatinellen  beschrieben  und  Taf.  25, 
Fig.  13 — 16  leidlich  abgebildet. 

Im  Jahre  1853  erschien  die  erste  Arbeit  über  Achatinellen  von  einem  Manne,  welcher 
sich  in  der  Achatinellen-Literatur  einen  bedeutenden  Ruf  erworben  hat.  Es  war  Wesley 
Newcomb,  Dr.  med.,  welcher  sich  fünf  Jahre  als  Arzt  in  Honolulu  aufhielt  und  in  seinen 
Mußestunden  sich  hauptsächlich  mit  der  Erforschung  der  Molluskenfauna  der  Sandwich- 
Inseln,  speziell  der  Achatinellen,  beschäftigt  hat.    Näheres  über  diesen  Achatinellenforscher 


—     IT)     — 

findet  der  geneigte  Leser  im   ,, Nautilus"   Vol.  V.   Nro.  ii,  Philadelphia,   1892,  pag.  121  — 124, 
geschrieben  von   Robert   E.  E.  Stearns. 

Die  erste  Publikation  Dr.  W.  Newcombs  findet  sich  in  den  „Annais  of  the  Lyceum 
of  Natural  History  of  New-York",  Vol.  VI,  Nro.  i,  pag.  18 — 30,  1853,  unter  dem  Titel: 
„Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella  from  the  Sandwich  Islands"  und  enthält  die 
Diagnosen  von  21  Arten.  Es  konnte  nicht  ausbleiben,  daß  nun  eine  Reihe  von  Arten 
doppelt  und  mehrfach  beschrieben  wurden,  da  Newcomb  auf  den  Sandwich -Inseln  und 
Pfeiffer  hauptsächlich  Cumingsches  Material  beschrieb.  Wenn  die  Literatur  bei  der  da- 
maligen langsamen  Beförderung  in  die  gegenseitigen  Hände  kam,  dann  waren  die  Publi- 
kationen längst  erfolgt  und  so  entstand  allmählich  ein  Wirrwarr  unter  den  Arten,  deren 
Lösung   ein   gordischer   Knoten   ist. 

Die  nächste  Arbeit  Newcombs  erschien  in  den  Proceedings  of  the  zoological  Society 
of  London.  Part  XXI,  1853,  pag.  128—157,  Taf.  XXII,  XXIII  und  XXIV,  Fig.  1—79. 
„Descriptions  of  seventy-nine  New  Species  of  Achatinella,  Swains.,  a  genus  of  Pulmoni- 
ferous  Mollusks,  in  the  Collection  of  Hugh  Cuming,  Esq.  By  W.  Newcomb,  M.  D.,  Corr. 
Memb.  Lyc.   Nat.   Hist.    New-York,    Nat.   Hist.  Soc.  Montreal." 

Es  befremdet  einigermaßen,  daß  Newcomb  diese  Beschreibungen  nicht  nach  seinem 
eigenen  Materiale,  sondern  nach  den  Exemplaren  der  Cumingschen  Sammlung  gemacht  hat. 
Es  finden  sich  daher  auch  eine  Reihe  von  Ungenauigkeiten  in  der  Bestimmung  der  Arten 
sowie  in  der  Darstellung  der  Arten.  Eine  Anzahl  von  Abbildungen  stimmt  absolut  nicht  mit 
den  Diagnosen.  Die  erste  Abbildung  läßt  Ach.  Gouldi  kaum  erkennen.  Fig.  3  gibt  ein  ganz 
falsches  Bild  von  Ach.  rufa,  sowohl  in  Form  als  Kolorit.  Fig.  4  stellt  Ach.  tesselata  aber 
nie  splendida  vor,  Fig.  5  hat  ebenfalls  mehr  Ähnlichkeit  mit  tesselata  als  nur  im  ent- 
ferntesten mit  Redfieldi.  Fig.  14  gibt  ein  falsches  Bild  von  violacea.  Diese  und  noch 
andere  LIngenauigkeiten  haben  nur  dazu  beigetragen,  daß  die  Feststellung  mancher  Arten 
noch  unsicherer  wurde.  Die  Zeichnungen  können  nicht  unter  Newcombs  Anweisungen  ge- 
macht sein,  denn  sonst  hätten  sich  solche  LIngenauigkeiten  nicht  einschleichen  können.  Es 
müssen  Verwechslungen  der  Arten  stattgefunden  haben.  Es  ist  nur  zu  bedauern,  daß  bei  der 
Lesung  der  Korrektur  nicht  diese  Irrtümer  berichtigt  worden  sind.  Trotzdem  ist  es  eine 
sehr  wertvolle  Arbeit  —  entstanden  nach  Newcombs  Rückkehr  von  den  Sandwich-Inseln  — , 
da  sie  nicht  allein  eine  große  Anzahl  guter  Arten  neu  beschreibt,  sondern  es  werden  auch 
genauere  Fundorte  angegeben,  außerdem  werden  die  Lebensweise  der  Tiere  sowie  die 
Pflanzen,  an  welchen  selbe  mit  Vorliebe  leben,  genauer  angegeben. 

Dieser  Publikation  von  Newcomb  folgte  dann  weiter  in  den  Proc.  Zool.  Soc.  London, 
Part  XXII,   1854:    „Abstract  of  Descriptions  of  some  Animals  of  Achatinella  and  other  Re- 
marks  by  Dr.  Newcomb,   1.  c.   pag.  310 — ^311.     Newcomb    beschreibt    hierin    die    Tiere    von' 
17  Achatinellen. 

In  den  Proc.  of  the  Boston  Soc.  of  Nat.  Hist.  Vol.  V,  July  25,  1855,  erschien  pag. 
218 — 220,  „Description  of  five  new  species  of  Achatinella",  by  Dr.  W.  Newcomb.  Die 
Diagnosen  sind  leider  ohne  Abbildungen.  Die  folgende  Publikation  Newcombs  erschien  in 
den  „Annais  of  the  Lyceum  of  Nat.  Hist.  of  New-York  Vol.  VI.  Sept.  17,  1855,  pag.  142 
bis  147  unter  dem  Titel:  „Descriptions  of  new  species  of  Achatinella",  by  Dr.  W.  Newcomb. 


—     16     — 

Sieben  weitere  Arten  mit  präzisen  Diagnosen,  leider   wieder  ohne   Abbildungen,   werden   als 
neu  der  bereits  beträchtlich  gewachsenen  Anzahl  von  guten  und  fraglichen  Arten  hinzugefügt. 

Mittlerweile  waren  nun  auch  wieder  von  Dr.  L.  Pfeiffer  eine  Reihe  von  Publikationen 
über  Achatinella  erschienen.  Die  Beschreibungen  sind  nach  dem  Materiale,  welches  sich 
in  Cumings  Sammlung  befand,  und  zum  Teil  von  Newcomb  und  von  Dr.  Frick,  einem 
französischen  Konsularbeamten  auf  Honolulu,  stammte.  Frick  hat  das  Material  undetermi- 
niert  an  Cuming  gesandt,  ii8  Nummern;  Newcomb  muß  auch  vieles  unbestimmt  an  Cu- 
ming  geschickt  haben,  daher  häufig  doppelte  Diagnosen  derselben  Art  von  Pfeiffer  und 
Newcomb. 

Die  erste  wichtige  Arbeit  Pfeiffers  findet  sich  in  den  ,,Malakozool.  Blättern",  Bd.  I, 
1854,  pag.  112 — 145  unter  dem  Titel:  „Skizze  einer  Monographie  der  Gattung  Achatmella, 
Swainson." 

Pfeiffer  gibt  in  der  Einleitung  ein  kurzes  Resume  über  den  damaligen  Stand  der  Acha- 
tinellen-Kenntnis,  gibt  einige  kritische  Bemerkungen  über  die  gemachten  Unterabteilungen 
und  führt  dann  ein  Verzeichnis  von  122  Arten  auf,  welche  er  unter  7  natürliche  Gruppen 
verteilt.  I.  Partulina,  Pfr.,  mit  9  Arten,  resp.  Varietäten ;  II.  Newcombia,  Pfr.,  mit  8  Arten 
und  Varietäten;  III.  Bulimella,  Pfr.,  mit  26  Arten  und  Varietäten;  IV.  Lamhiella,  Pfr., 
mit  37  Arten,  Varietäten  und  Synonymen;  V.  Achatinellastrum,  Pfr.,  mit  48  Arten,  Varie- 
täten und  Synonymen  —  darunter  die  bekannten  Amastra- Arten  — ;  VI.  Labiella,  Pfr., 
mit  I  Art  und  schließhch   VII.  Leptachatina,  Gould,  mit    10  Arten. 

Daß  bei  einem  derartigen  ersten  Versuche  allerlei  Ungenauigkeiten  vorkommen  wür- 
den, liegt  klar  auf  der  Hand,  da  die  Kenntnis  mancher  Arten  ziemlich  unsicher  war,  so 
finden  sich  auch  in  Pfeiffers  Skizze  Arten  der  ersten  Gruppe  unter  der  dritten  und  Arten 
der  siebten  unter  der  zweiten  u.  s.  w. 

Pfeiffer  setzte  seine  Achatinellenstudien  mit  großem  Eifer  fort.  So  publizierte  er  im 
folgenden  Jahrgange  der  „Malakozool.  Blätter"  II.  Bd.  1855,  auf  pag.  i — 7  und  pag.  64 — 70: 
„Weitere  Beobachtungen  über  di*  Gattung  Achatinella"  und  beschreibt  eine  Reihe  neuer, 
von  Newcomb  an  Cuming  gesandter  Arten,  außerdem  eine  große  Zahl  von  Frick  an  Cu- 
ming gesandter  Arten.  Trotzdem  Pfeiffer  in  der  Vorrede,  1.  c.  pag.  i,  sagt:  „Unter  den  von 
ihm  (Frick)  eingesandten  Arten  befanden  sich  nicht  viele  entschieden  neue  Arten,"  werden 
neunzehn  neue  Arten  nach  Frickschem  Materiale  beschrieben.  Auch  eine  neue  Gruppe 
mit  einer  neuen  Art  nach  einem  einzigen  Exemplare  wird  aufgestellt :  „Frickella,  Pfr.,  Art 
Frickella  amoena,  Pfr. 

Im  selben  Jahrgänge  der  „Malakozool.  Blätter  pag.  112 — 185  veröffentlichte  Pfeiffer 
seinen  „Versuch  einer  Anordnung  der   Heliceen  nach  natürlichen   Gruppen." 

Nach  kurzer  Darlegung  der  Motive,  welche  für  ihn  maßgebend  gewesen  sind  bei  der 
Aufstellung  der  Gruppen,  führt  Pfeiffer  dann  die  einzelnen  natürlichen  Gruppen  mit  den  da- 
zu gehörenden  Arten  auf.  Auf  pag.  162 — 166  findet  sich  Achatinella.  Die  Gattung  wird  in 
IG  Untergattungen:  Partulina,  Pfr.,  Bulimella,  Pfr.,  Labiella,  Pfr.,  Achatinellastrum,  Pfr., 
Amastra,  H.  u.  A.  Adams,  Laminella,  Pfr.,  Newcombia,  Pfr.,  Leptachatina,  Gould,  Auri- 
culella,  Pfr.,  und  Frickella,  Pfr.,  eingeteilt.  Das  Gesamtverzeichnis  enthält  201  Arten, 
Varietäten  u.  s.  w.  Die  8  von  Kauai  stammenden  Carelia-Arten  vereinigt  Pfeiffer  unter  der 
Gattung  Spiraxis,  C.  B.  Adams,   pag.  116,  1.  c. 


—     17     — 

Von  demselben  Verfasser  erschien  1854  in  den  Proc.  zool.  Sog.  London,  Bd.  XXII, 
pag.  122 — 126:  ,,Descriptions  of  sixteen  New  Species  of  Helicea  from  the  Collection  of 
H.  Cuming,  esq."  Auf  pag.  126  gibt  Pfeiffer  die  Diagnose  von  Achatina  Maniensis  — 
muß  Mauiensis,   Insel   Maui,   heißen. 

In  Band  XXIII,  Jahrgang  1855,  derselben  Zeitschrift  finden  sich  eine  Reihe  von  Ab- 
handlungen über  die  Sandwich-Inseln  aus  der  Feder   Dr.  L.  Pfeiffers. 

Zuerst  auf  pag.  i — 7:  „Descriptions  ot  Twenty-seven  New  Species  of  Achatinella, 
from  the  Collection  of  H.  Cuming,  collected  by  Dr.  Newcomb  and  by  Mons.  D.  Frick,  lata 
Consul-Gencral  of  France  at  the  Sandwich-Islands."  Die  Diagnosen  sind  durch  27  kolorierte 
Abbildungen  illustriert. 

Leider  decken  sich  Diagnose  und  Abbildung  nicht  immer.  Nro.  i,  Ach.  aptycha, 
stellt  Pfeiffer  zur  Sektion  „Newcofnbia",  die  Abbildung  könnte  wohl  Partulina  Gouldi,  Newc. 
sein,  nie  eine  Neu'combm ;  Fig.  5,  Ach.  cinerosa,  nach  Pfeiffer  zu  BulimeUa  gehörig,  läßt 
sich  nicht  identifizieren.  Nach  Hartman  ist  es  eine  Partulina,  nach  Baldwin  Varietät  von 
Apex  perversa,  Swains.,  nach  Sykes  Varietät  von  Aeh.  decora ;  ebenso  unsichere  Arten 
sind  FricM,   Pfr.,   Fig.  7   und  valida,   Pfr.,    Fig.  24. 

Nach  brieflicher  Mitteilung  des  jetzt  verstorbenen  Hartman,  West-Chester,  hat  man, 
um  den  Sammlern  möglichst  viele  neue  Arten  zu  verschaffen,  künstlich  nachgeholfen.  Ein 
beliebtes  Verfahren  sei  „manufactured  by  scraping" ;  vielleicht  trifft  das  auch  bei  einer  oder 
der  andern  von  diesen  Arten  zu,  sonst  hätten  sich  doch  wohl  später  einige  authentische 
Exemplare  gefunden. 

Auf  Seite  91  —  loi  der  Proc.  findet  sich  ein  weiterer  Aufsatz  Pfeiffers:  „Descriptions 
of  forty-seven  New  Species  of  Helicea,  from  the  Collection  of  H.  Cuming."  LTnter  diesen 
Diagnosen  findet  sich  Nro.  35  eine  neue  Leptachatina  und  Nro.  36  eine  neue  Auriciilella. 
Während  die  andern  Arten  zum  Teil  auf  Taf.  XXXI  abgebildet  sind,  sind  diese  beiden 
ohne  Abbildungen.  Die  Leptachatina  obclavata  Pfr.  ist  schon  einmal  als  Sandwicensis, 
Pfr.,    in    den    Proc.   zool.   Soc.   London,    1846,  pag.  32   beschrieben   worden. 

Eine  interessante  neue  Art,  „Spiraxis  (Carelia)  Cumingiana",  Pfr.,  von  Kauai  — 
nicht  wie  Pfeiffer  schreibt  Kanal  —  lieferte  Pfeiffer  in  den  Proc.  zool.  Soc.  Lond.  Bd.  XXI II, 
1855,  pag.  106 — 108.  ,, Descriptions  of  Nine  New  Species  of  Helicea,  from  Mr.  Cumings 
Collection." 

Die  Abbildung  PI.  XXXII,  Fig.  i  zu  der  Diagnose  pag.  106  ist  recht  mäßig,  läßt 
aber  die  charakteristische  Art  doch  erkennen. 

Descriptions  of  Twenty-three  New  Species  of  Achatinella,  collected  by  Mr.  D.  Frick 
in  the  Sandwich  Islands;  from  Mr.  Cumings  Collection,  by  Dr.  L.  Pfeiffer;  in:  ,,Proc.  zool. 
Soc.  London,  Bd.  XXIII,  1855,  pag.  202 — 206,  brachte  einen  neuen  Zuwachs  von  23  — 
teilweise  schon  beschriebenen  —  sogenannten  neuen  Arten  und  am  Ende  der  Arbeit  Be- 
richtigung einiger  Synonyme. 

Auf  pag.  207 — 210  derselben  Zeitschrift,  1855  gibt  Pfeiffer  die  Diagnosen  von  16  neuen 
Newcombschen  Achatinellen,  welche  letzterer  an  verschiedenen  Stellen  in  den  Proc.  zool. 
Soc.  London,  in  den  Proc.  of  Boston  Soc.  in  den  Annais  of  Nat.  Hist.  New-York  veröffent- 
licht hatte,  als :  ,, Descriptions  of  sixteen  New  Species  of  Achatinella  from  Mr.  Cumings 
Collection,   collected   by   Dr.  Newcomb   in   the  Sandwich  Islands." 

Zoologica.    Heft  48.  3 


—     18     — 

Die  Abbildungen  hierzu  finden  sich  in  einer  späteren  Arbeit  Newcombs  in :  Amer. 
Journ.  of  Conchology,  Vol.  2,  1866.  Vergl.  weiter  unten  bei  Newcombs  Publikationen.  Noch 
eine  Pubhkation  Pfeiffers  aus  den  Proc.  zool.  Soc.  London,  Bd.  XXIII,  1855,  pag.  210 — 211, 
muß  erwähnt  werden :  „Descriptions  of  Five  New  Species  of  Terrestrial  Mollusca  from  the 
Collection  of  H.  Cuming,  By  Dr.  L.  Pfeiffer."  Auf  pag.  211  findet  sich  die  Diagnose  einer 
neuen  Leptachatina,  Lept.  sculpta,  Pfr.,  ohne  Abbildung. 

Auch  der  folgende  Jahrgang  der  Proc.  zool.  Soc.  London,  1856,  Bd.  XXIV,  brachte 
Aufsätze  von  Pfeiffer,  in  welchen  neue  Achatinellen  beschrieben  wurden. 

In  den:  Descriptions  of  Fifty-eight  New  Species  of  Helicea  from  the  Collection  of 
H.  Cuming,  By  Dr.  L.  Pfeiffer.  Proc.  1.  c.  pag.  324 — 336,  findet  sich  auf  pag.  332,  Nro.  39 
die  Diagnose  von  Bulimus  kanaiensis,  muß  hauaiensis  heißen  —  eine  Art,  welche  sicher- 
lich nicht  von  den  Sandwich-Inseln  stammt,  höchstwahrscheinlich  eine  südamerikanische  — 
Chile  —  Art.  Man  vergl.  Sykes  Molluskenfauna  Hawaiiensis  pag.  399.  —  Auf  pag.  334 
der  Proc.  1.  c.  gibt  Pfeiffer  noch  drei  weitere  Diagnosen  neuer  Arten  unter  Nro.  50 — 52, 
Nro.  54  und  55,  pag.  335  bringen  zwei  neue  Spiraxis-  (Carelia-)  Arten. 

Pfeiffer  hatte  die  Überzeugung,  daß  manche  seiner  Arten  bereits  von  andern  Autoren 
vorher  beschrieben  waren,  er  spricht  dieses  auch  offen  aus,  denn  in  seiner  Schlußbemerkung 
zur  ,, Skizze  einer  Monographie  der  Gattung  Achatinella  Swainson.  Mal.  Bl.  Bd.  I,  1854, 
pag.  145,  schreibt  er:  ,,Die  mehrfach  in  Mon.  Suppl.  zitierten  Abbildungen  zu  Goulds  Ex- 
pedition Shells  habe  ich  noch  nicht  zu  Gesichte  bekommen,  wie  auch  keine  authentischen 
Exemplare  derselben.  Dieselben  mögen  teilweise  mit  den  neu  beschriebenen  Arten  zu- 
sammenfallen." 

Im  IV.  Bande  der  Malakozool.  Blätter,  1857,  pag.  29 — 2,7,  berichtet  Pfeiffer:  „Über 
die  in  Goulds  Expedition  Shells  beschriebenen  und  abgebildeten  Landschnecken." 

Auf  pag.  36  gibt  Pfeiffer  einige  wenige  kritische  Bemerkungen  über  die  Achatinellen. 

In  den  Malakozool.  Blättern,  Bd.  IV,  1857,  pag.  85^89,  veröffentlicht  Pfeiffer:  „Neue 
Landschnecken."  Darunter  Nro.  9  auf  pag.  89  eine  neue  Newco7nbia,  Achatinella  Philipplana 
Pfr.,  eine  gute  Art,  und  im  selben  Bande  der  Mal.  Bl.  pag.  229 — 232 :  Diagnosen  neuer 
Heliceen  von  Dr.  L.  Pfeiffer.  Auch  hier  beschreibt  Pfeiffer  vier  gute  Arten,  die  er  zu  New- 
combia  stellt,  pag.  230,  Nro.  4  cinnamomea  und  Nro.  5  gemma,  sowie  pag.  231,  Nro.  6  sul- 
cata  gehören  zur  Sektion  Newconibia,  dagegen  ist  die  auf  pag.  231,  Nro.  7  beschriebene 
minuscula  eine  Perdicella.  Die  Abbildungen  hierzu  finden  sich  in  den  Proc.  zool.  Soc. 
London   1858,  PI.  XL,  vergl.   weiter  unten. 

Diese  letzten  vier  genannten  Arten  mit  Diagnosen  und  guten  Abbildungen  veröffent- 
licht Pfeiffer  dann  noch  einmal  im  XXVI.  Bd.  der  Proc.  zool.  Soc.  London,  1858,  pag.  20 
bis  23,  PI.  XL,  Fig.  8.  9.  10  und  11  unter  dem  Titel:  ,, Descriptions  of  eleven  New  Species 
of  Land-Shells,  from  the  Collection  of  Mr.  H.  Cuming." 

Ganz  vereinsamt  erscheint  die  Beschreibung  einer  neuen  Achatinella  Deshaysii  von 
M.  Arthur  Morelet  im :  ,, Bulletin  de  la  Societe  d'histoire  naturelle  du  Departement  de  la 
Moselle,  8.  Cahier,  Metz,  1857,  pag.  27,  Nro.  3  in:  Testacea  nova  Australiae  par  M.  Arthur 
Morelet,  pag.  26 — 32.  Morelets  drei  Originale  befinden  sich  im  Brit.  Museum,  davon  sind 
zwei  Exemplare  Newcombs  assiwilis  und  das  dritte  Newcombs  biplicata,  teste  Sykes,  Fauna 
Hawaiiensis,  pag.  334,   Nro.  4  und   Nro.  7. 


—     19      — 

In  dem  klassischen  Werke :  „The  Genera  of  Recent  Mollusca,  arranged  according  to 
their  Organization.  By  Henry  Adams  and  Arthur  Adams.  In  three  Volumes,  London,  1858" 
werden  auch  die  Achatinellen,  \'ol.  11,  pag.  132  und  pag.  136 — 140  synoptisch  behandelt. 
Auf  pag.  132  werden  die  eigentümlichen  Formen,  bislang  unter  Spiraxis,  Bulimus,  Steno- 
gyra  u.  s.  w.  zerstreut,  —  welche  nur  von  Kauai  bekannt  sind,  —  zu  einem  neuen  Subgenus 
„Carelia"  vereinigt.  Fi.inf  Arten  zählen  die  Adams  dazu.  Auf  pag.  136 — 140  geben  sie  dann 
eine  Klassifikation  der  eigentlichen  Achatinellen.  Sie  gruppieren  dieselben,  154  Arten,  unter 
IG  Subgenera,  und  bilden  für  die  eigentümlichen  Erdbewohner  ein  neues  Subgenus  „Amastra" . 
Jede  Gruppe  ist  mit  einer  präzisen  Diagnose  versehen  und  dann  folgen  die  dazu  gehörenden 
Arten. 

Genus  Achatinella,  s.  str.  mit  42  Arten,  Subgenus  A^nastra  mit  14,  Partulina  mit  6, 
Bidhnella  mit  32,  Lamhiella  mit  34,  Newcombia  mit  8,  Leptachativa  mit  11,  Lahiella 
mit  2,  AuriculeUa  mit  4  und  FricJiella  mit  i  Art.  Fundorte  und  Abbildungen  werden  nicht 
gegeben;  nur  zwei  Typen,  Ach.  decora,  Fer.,  und  Ach.  vulpina,  Fer.,  werden  tadellos  ab- 
gebildet. 

Einen  bedeutenden  Zuwachs  an  neuen  Namen,  weniger  an  neuen  Arten,  erhielt  die 
Achatinellen-Literatur  durch  eine  Arbeit  von  J.  T.  Gulick.  Dieselbe  findet  sich  in  den 
„Annais  of  the  Lyceum  of  Natural  History  of  New-York,  Vol.  VI,  1858,  pag.  173 — 255  und 
führt  den  Titel :  „Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella,  from  the  Hawaiian  Islands. 
By  J.  T.  Gulick." 

Die  einzelnen  Hefte  dieses  Bandes  sind  von  1853 — 1858  erschienen,  die  erste  Hälfte 
von  Gulicks  Arbeit,  pag.  173 — 230,  Dez.  1856,  die  zweite  Hälfte  pag.  231 — 255,  Febr.  1858. 
Die  Arbeit  enthält  73  Diagnosen  mit  79  Abbildungen  auf  3  Tafeln.  Die  Abbildungen  exi- 
stieren in  zwei  Ausgaben,  einer  schwarzen  und  einer  kolorierten.  Die  erstere  ist  bedeutend 
sauberer  als  die  letztere.  Die  ersten  beiden  Tafeln  der  kolorierten  Ausgabe  sind  sehr  mangel- 
haft hergestellt. 

Gulick  scheint  die  größere  Anzahl  der  beschriebenen  Formen  —  Arten  kann  man 
die  meisten  nicht  nennen  —  selbst  an  Ort  und  Stelle  gesammelt  zu  haben,  hat  aber  die 
vorhandene  Literatur  recht  wenig  zu  Rate  gezogen,  denn  Newcomb  führt  von  den  72  Arten 
in  seiner  Synopsis,  vergl.  weiter  unten,  nur  10  selbständige  Gulicksche  Arten  auf,  und  auch 
einige  von  diesen  gehören  noch  in  die  Synonymik. 

Welchen  Wert  diese  Arbeit  hat,  möge  aus   einigen   wenigen    Belegen    erhellen. 

Vier  Gulicksche  Arten:  diversa,  raria,  analoga  —  immature  species  —  und  virens 
zieht  Newcomb  zu  vulpina  Fer.;  induta,  plumhea  und  ustulata,  letztere  reversed,  gehören 
zu  marmorata,  Gould;  gummea  und  fragilis  sind  guttula,  Gould;  eburnea,  ampulla  und 
fasciata  sind  Form-  und  Farben-Varietäten  von  Tappaniana,  C.  B.  Adams;  cervina,  ro- 
tunda,  spadicea  und  phaeozona  gehören  zu  ovata  Newcomb.  So  ließen  sich  noch  eine 
Reihe  von  Beispielen  anführen,  daß  drei  und  vier  neue  Namen  für  eine  schon  bekannte  Art 
auftauchen.  Nicht  allein  Farbenvarietäten  haben  neue  Namen  gegeben,  auch  junge,  —  un- 
reife Exemplare,  wie  Newcomb  sagt,  —  linksgewundene,  Zwergformen,  bauchige  und  kurze 
Formen,  sowie  verwitterte  und  aufgefrischte  Formen  sind  als  neue  Arten  beschrieben  worden. 
Daß  dadurch  die  Synonymik  in  ein  fast  unentwirrbares  Stadium  treten  mußte,  liegt  klar  auf 
der  Hand. 


—     20     — 

Pfeiffer  gibt  die  Diagnosen  dieser  Arbeit,  leider  ohne  die  Gulickschen  Bemerkungen, 
im  5.  Bd.  der  IMalakozool.  Blätter,  1858,  pag.  198 — 224  unter  dem  Titel:  „Beschreibung  von 
73  neuen  Achatinellen  von  J.  T.  Gulick"  und  weist  schon  in  kurzen  Bemerkungen  auf  die 
Unhaltbarkeit  mancher  Arten  hin. 

Trotz  der  vielen  Schattenseiten  der  Gulickschen  Arbeit  hat  dieselbe  auch  nicht  zu 
verkennende  und  zu  gering  zu  schätzende   Lichtseiten. 

Gulick  hat  mit  offenen  Augen  gesammelt,  er  gibt  bei  manchen  Arten  Farbennüancen, 
Bändervariationen  u.  dgl.  an.  Er  gibt  die  genaue  Größe  der  Exemplare  an,  ja  sogar  ein 
Durchschnittsgewicht.  Was  aber  noch  weit  wichtiger  in  der  Arbeit  ist,  ist,  daß  er  bei  jeder 
Form  den  genauen  Fundort  angibt,  bei  den  Erdschnecken  außerdem,  wo  er  sie  gefunden, 
unter  Steinen,  oder  auf  dem  Grunde  in  Wäldern,  unter  totem  Laube,  an  feuchten  Plätzen, 
an  den  Rhizomen  der  Farne  u.  s.  w.  u.  s.  w.  Bei  den  Baumschnecken  gibt  er  eine  Reihe  von 
Pflanzen  an,  auf  welchen  die  Tiere  leben,  z.  B.  AJeurites  triloba.  und  moliiccana,  der 
„Tutui"  oder  .,Kukui-tree"  der  Eingeborenen,  eine  Euphorbiacee ;  Cordyline  terminalis,  der 
„Ti"  oder  ,,Ki"'  der  Eingeborenen,  eine  Liliacee;  Eugenia  Malaccensis,  „Ohia",  eine 
Myrtacee;  Erythrina  monosperma,  „Wiliwili",  eine  Papilionacee ;  Freycinetia  scandens, 
,,Jeie"  der  Eingeborenen,  eine  Pandanacee;  Lobelia  Grlmesiana,  ,,Ohawai",  eine  Lobeliacee ; 
Pandanus  odoratissimus,  „Hala",  eine  Pandanacee;  <S'/(?a,  „Ilima",  eine  Alalvacee;  »S'cöefoZfl 
Chamissoniana,  „Naupaka",  eine  Goodenoviee;  Urtica  grandis,  „Mamaki",  eine  Urticacee; 
und  noch  eine  Reihe  von  Namen  der  Eingeborenen,  ohne  den  wissenschaftlichen  Namen 
der  Pflanze.  Diese  genauen  Angaben,  besonders  die  der  Lokalpflanzennamen,  sind  von 
großer  Wichtigkeit,  besonders  für  spätere  Sammler,  da  sie  bestimmte  Anhaltspunkte  haben, 
wo  und  wie  die  einzelnen  Arten  zu  finden  sind. 

Eine  wichtige  Bereicherung  erhielt  die  Achatinellen-Literatur  durch  die  ,, Synopsis  of 
the  Genus  Achatinella".  By  W.  Newcomb,  welche  erschien  in  den:  „Annais  of  the  Lyceum 
of  Natural   History  of   New- York",   Vol.  VI,    1858,  pag.  303 — 336,  issued  September   1858. 

Newcomb  hatte  nach  seiner  Rückkehr  von  den  Sandwich-Inseln  neben  seinen  sonsti- 
gen konchyliologischen  Arbeiten  ganz  besonders  dem  Studium  der  Achatinellen  seine  volle 
Aufmerksamkeit  gewidmet.  Auf  seiner  Reise  durch  Europa  hatte  er  die  wichtigsten  Samm- 
lungen angesehen  und  sich  einen  Einblick  über  die  Originale  der  verschiedenen  Autoren 
verschafft,  welche  in  den  großen  europäischen  Sammlungen  vorhanden  waren.  Ferussacsche, 
Swainsonsche,  Graysche,  Reevesche,  Pfeiffersche  und  Gulicksche  Originale  hatte  er  studieren 
und  mit  seinen  Originalen  vergleichen  können.  Das  Resultat  seiner  Forschungsreise  war 
seine  Synopsis.  Er  sagt  über  die  Entstehung  seiner  Synopsis  folgendes :  „As  several  parties 
were  engaged  at  the  same  time  in  these  labors,  it  is  not  at  all  surprising  that  many  species 
were  repeatedly  described  under  different  names,  which  had  led  to  much  confusion  in  their 
arrangement.  To  obviate  this  difficulty,  J  have  at  the  solicitation  of  many  friends  consented 
to  supply  a  Synopsis  of  the  genus,  as  it  now  Stands;  and  have  given,  in  addition,  descrip- 
tions  of  many  of  the  animals,   to  aid  in  a  correct   diagnosis   of   species." 

In  den  allgemeinen  Vorbemerkungen  zu  seiner  Synopsis  gibt  Newcomb  zunächst  eine 
kurze  Übersicht  über  den  damaligen  Stand  der  Achatinellen-Kenntnis,  erwähnt  dann  seine 
eigenen  Studien  und  streift  dann  ganz  kurz  die  Frage :  Was  ist  Art,   was   \'arietät  ? 


—     21     — 

Als  eine  Hauptquelle  der  Irrtümer,  die  zur  Aufstellung  der  Synonyme  Veranlassung 
gewesen  ist,  gibt  Newcomb  die  Unkenntnis  der  Lokalitäten  an.  Durch  die  heftigen  Regen- 
güsse während  der  Wintermonate  werden  Arten  aus  den  feuchten,  bewaldeten  Gebieten  auf 
ebene  und  dürre  Distrikte  gespült,  führen  dort  ein  kümmerliches  Dasein  und  werden  im 
Laufe  der  Zeit  sogenannte  „Hungerformen",  wie  das  ja  auch  bei  einer  Reihe  von  deutschen 
Formen  der  Fall  ist,  die  nicht  die  günstigen  Lebensbedingungen  finden.  Ich  will  nur  an  die 
Limnaeen  und  Planorben  aus  Marsch-  und  Moorgräben  erinnern.  Letztere  sind  oft  Zwerge 
im  Verhältnis   zu   ersteren,   und   doch   dieselbe  Art. 

Dann  aber  führt  Newcomb  eine  Reihe  von  Umständen  an,  die  auch  zu  falschen  Auf- 
stellungen von  Arten  geführt  haben.  Tiere  mit  Gehäuse  mit  zarter  grüner  Epidermis  sind 
im  heißen  Wasser  getötet,  dadurch  ist  die  Epidermis  gelb  geworden,  die  Schale  hat  ein 
anderes  Aussehen  erhalten  und  ist  neu  beschrieben.  Man  hat  sie  längere  Zeit  im  kalten 
Wasser  liegen  lassen,  um  neue  Farbenvarietäten  zu  erhalten.  Eine  häßliche  Düpierung  der 
Sammler  kennzeichnet  Newcomb  mit  folgenden  Worten:  ,,Ambitious  collectors  have  not  in 
all  cases  resisted  the  temptation  to  remove  portions  of  epidermis  from  shells  varying  some- 
what  from  the  typical  forms,  which  has  led  to  the  multiplikation  of  species  by  this  exhibition 
of  their  artistic  skill,"  und  weiter  unten  pag.  315:  „The  artistic  skill  of  the  „late  Consul- 
General  of  France",  as  displayed  upon  these  shells,  proved  quite  sufficient  to  deceive  their 
describer,  and  lead  to   a   wrong   „diagnosis". 

Noch  einen  Grund,  der  zur  Aufstellung  synonymer  Arten  beigetragen  hat,  erwähnt 
Newcomb  folgendermaßen :  „The  Variation  in  the  different  stages  of  growth  of  the  same 
species  has  been  a  fruitful  source  of  error,  and  encumbered  our  table  of  Synonyms  with  a 
large  list  of    names." 

Sodann  haben  die  Autoren  neue  Arten  aufgestellt  nach  einem  Exemplare,  welches  in 
ihren  Besitz  gekommen,  ohne  es  mit  der  verwandten  Gruppe  zu  vergleichen.  Wohin  das 
führt,  haben  wir  bei  Gulicks  Arbeit  erfahren,  vier  und  fünf  neue  sogenannte  Arten  werden 
benannt  und  sind  nur   Formen  einer  längst  bekannten  Art. 

All  diese  Irrtümer,  die  sich  auf  diese  Weise  eingeschlichen  haben,  sucht  nun  New- 
comb in  seiner  Synopsis :  ,,as  far  as  practicable,  J  have  endeavored,  to  make  suitable  cor- 
rections." 

Nach  diesen  einleitenden  Bemerkungen  gibt  Newcomb  nun  ein  Verzeichnis  von  181 
Arten,  angeführt  im  ganzen  hat  er  365  Arten,  184  davon  hat  er  als  Synonyme  zu  den 
181  Species  gestellt.  Bei  jeder  Art  wird  angegeben,  wo  die  Publikation  zuerst  erfolgt  ist. 
Bei  vielen  Arten  wird  auch  eine  kurze  Beschreibung  des  Tieres  gegeben.  Eine  ganze  Reihe 
kritischer  Bemerkungen  über  den  Wert  und  die  Stellung  der  Art  werden  angefügt  und 
zeugen  von  großer  Sachkenntnis.  Leider  vermißt  man  bei  den  weitaus  meisten  Arten  die 
Fundortsangabe.  Außerdem  fehlt  eine  geordnete  Übersicht  der  Arten,  sie  sind  ganz  willkür- 
lich bunt  durcheinander  gewürfelt,  und  da  auch  ein  Inhaltsverzeichnis  fehlt,,  wird  das  Auf- 
finden der  einzelnen  Arten  sehr  erschwert,  wenn  man  nicht  den  kompletten  Band  der  Annais 
besitzt,  in  dem  die  Synopsis  publiziert  ist,  dort  findet  sich  am  Schlüsse  ein  Generalindex  und 
in  demselben   alle   Gulickschen  und   Newcombschen  Arten. 

In  der  Literatur-Übersicht  im  VI.  Band  der  Malakozool.  Blätter,  1859,  pag.  178 — 188, 
bespricht   Pfeiffer   den   VI.  Band   der   Annais  of  the  Lyceum  of  Natural   History  of  New- 


22     

York.  Dort  werden  auch  die  Newcombschen  Arbeiten,  die  sich  in  diesem  Bande  finden,  be- 
handelt. Die  Synopsis  erfährt  eine  eingehende  Besprechung.  Pfeiffer  erkennt  die  Gründe, 
die  Newcomb  angibt,  die  die  Beschreiber  häufig  verleitet  hätten,  sowohl  Alters-  oder  Farben- 
und  Größenverschiedenheiten,  sowie  Arten  mit  verschiedener  Lebensweise,  als  besondere 
Arten  anzusehen,  an,  bemerkt  aber  dazu :  „Beiden  Fehlern  kann  der  europäische  Beschreiber, 
namentlich  bei  dem  wohl  niemals  feststellbaren  Begriffe  von  Species  oder  Varietät,  nicht 
entgehen.  Bei  Arten,  wo  es  auf  diese  Beobachtungen  ankommt,  müssen  wir  also  den  Re- 
sultaten eines  gewissenhaften  Beobachters  die  unsrigen  unterordnen;  denn  eine  unbestreit- 
bare Wahrheit  ist  es,  welche  Newcomb  ausspricht,  daß  alle  Jungen  gemeinschaftlicher 
Eltern,  wie  verschieden  sie  auch  sein  mögen,  als  eine  einzige  Art  betrachtet  werden  müssen." 
Newcomb  wollte  feststellen,  daß  zur  Beschreibung  einer  Art  nicht  ein  „only  specimen",  her- 
ausgerissen aus  einer  Farben-  oder  Formenreihe,  maßgebend  sei,  wenn  nur  kleine  Abwei- 
chungen von  bekannten  vorhanden  seien,  sondern  eine  Art  muß  eine  Form  darstellen,  die 
von  den  andern  scharf  abgegrenzt  werden  kann. 

Das  Zusammenziehen  vieler  Arten  zu  einer  scheint  mit  Pfeiffers  Ansicht  nicht  ganz 
zu  stimmen;  denn  er  schließt  seine  Kritik  mit  folgenden  Worten:  ,,lch  glaube,  unsre  Kennt- 
nis von  den  Arten  der  Achatinellen  wird  kaum  je  viel  weiter  fortschreiten,  als  sie  jetzt  ist, 
und  daß  in  den  meisten  Sammlungen  die  Arten  so  liegen  bleiben  werden,  wie  sie  sich  jetzt 
darin  befinden,  nur  daß  demnächst  irgend  ein  Autor  sich  das  Vergnügen  machen  möchte, 
die  über  200  beschriebenen  Arten  auf  50  oder  vielleicht  auf  30  zu   reduzieren." 

Ich  kann  mich  der  Ansicht  Pfeiffers,  daß  die  Kenntnis  der  Achatinellen  als  abge- 
schlossene Wissenschaft  zu  betrachten  sei,  nicht  anschließen.  Noch  jetzt,  fast  50  Jahre 
später,  gibt  es  zahllose  Lücken  zwischen  den  einzelnen  Formenreihen,  die  der  Überbrückung 
harren.  Zahlreiche  „gulches"  auf  den  einzelnen  Inseln  hat  noch  nie  ein  Sammler  betreten 
und  manche  Form,  die  eine  Lücke  in  der  Artenkette  ausfüllen  wird,  harrt  sicherlich  noch 
ihrer  Entdeckung. 

Auch  die  Ansicht  Pfeiffers,  daß  die  Arten  in  den  Sammlungen  so  liegen  bleiben 
werden,  wie  sie  damals  waren,  teile  ich  nicht.  Gute  Arten  bleiben  selbstredend  so  liegen. 
Aber  je  mehr  unsere  Kenntnis  eindringt  in  das  Gesamtbild  der  Fauna,  desto  mehr  Arten 
werden  zu  Gliedern  einer  zusammenhängenden  Formenreihe  zusammengezogen  werden 
müssen.  Noch  eigentümlicher  berührt  der  Schlußsatz  der  Pfeifferschen  Kritik,  daß  ein 
Autor  zum  Vergnügen  die  über  200  beschriebenen  Arten  auf  50  oder  gar  30  reduzieren 
möchte.  Darnach  muß  Pfeiffer  über  die  Artberechtigung  der  Arten,  er  selbst  hat  allein 
weit  über  100  Arten  publiziert,  doch  eine  fragliche  Ansicht  gehabt  haben,  denn  zum  Ver- 
gnügen und  ohne  Grund  zieht  ein  wissenschaftlicher   Forscher   keine   Arten   zusammen. 

Im  IV.  Bd.  der  Mon.  Hei.  viventium  1859,  pag.  517 — 570  und  pag.  571  und  572  gibt 
Pfeiffer  ein  Verzeichnis  von  210  Arten  mit  diversen  Varietäten  und  Synonymen  und  auf 
pag.  571   und  572  ein  Verzeichnis  von  7   Carelia-Arten  unter   Spiraxis. 

Sehr  wertvoll  in  dieser  Zusammenstellung  ist,  daß  die  Literatur  eine  eingehende  Be- 
rücksichtigung erfährt. 

In  den  Proc.  zool.  Soc.  London,  Part  XXVII,  1859,  pag.  30 — 32  erschien  von  Pfeiffer 
ein  Aufsatz:  „Descriptions  of  Eight  New  Species  of  Achatinella"  from  Mr.  Cumings  Collection. 

Die  Exemplare,  nach  welchen  die  Diagnosen    gemacht    wurden,    stammten    von    dem 


—     28     — 

„late  Consul-General  of  France",  daher  zum  Teil  fragliche  Arten  und  leider  ohne  Ab- 
bildungen. 

Die  letzte  Publikation  Pfeiffers  findet  sich  im  XXIX.  Bde.  der  Proc.  zool.  Soc.  London, 
1861,  pag.  20 — 29.  „Descriptions  of  forty-seven  New  Species  of  Landshells  from  the  Col- 
lection  of  H.  Cuming."  Darin  wird  auf  pag.  24,  Nro.  22,  die  Diagnose  von  Bulimus  pyr- 
giscus,  ohne  Abbildung,  gegeben.  Diese  Art  ist  keine  Achatinella,  sondern  ein  Opeas, 
Fam.   der  Stenogyridae. 

In  dem  prächtig  ausgestatteten  und  höchst  wertvollen  Werke:  „Manuel  de  Conchylio- 
logie  et  de  Palaeontologie  conchyliologique  par  Dr.  J.  C.  Chenu,  Paris,  1859,  haben  Vol.  I, 
pag.  430 — 432  die  Achatinellen  ihre  Stellung  am  Schluß  vom  Tribus  „Achatininae"  gefun- 
den. Von  Carelia  wird  eine  typische  Abbildung  der  C.  Cochlea  gegeben.  Die  Achatinellen 
sind  in  9  „sous-genre"   geteilt  und  jedes  durch   eine   gute   Abbildung   illustriert. 

Auch  Lovell  Reeve  in  seinen  „Elements  of  Conchology;  an  introduction  to  the  na- 
tural history  of  Shells  and  of  the  animals  which  from  them."  London,  1860,  Vol.  I,  pag. 
212 — 214,  reiht  die  Achatinelliden  an  Genus  Achatina.  Nach  kurzer  Beschreibung  des 
Tieres  und  der  Schale  gibt  Reeve  eine  gedrängte  Übersicht  über  den  Stand  der  Wissen- 
schaft, merkwürdigerweise  hat  er  die  älteste  Arbeit,  „Dixons  voyage  round  the  world",  er- 
schienen in  London,  weder  hier  noch  in  seinem  „Monograph  of  the  Genus  Achatinella" 
erwähnt.  Die  älteste  Nachricht  für  Reeve  findet  sich  in  Chemnitz,  Systematisches  Conchylien- 
Cabinet,  in  demselben  kann  man  aber  auf  pag.  278  lesen :  ,,in  Dixons  voyage  round  the 
world  werde  man  umständlichere  Nachrichten  von  ihr  —  Turbo  lugubris  sinistrorsus  — 
antreffen." 

Reeve  gibt  dann  ein  bloßes  Namensverzeichnis  von  197  Arten  ohne  Fundorte.  Von 
Ach.  decora,  Fer.  wird  auf  PI.  20,  Fig.  113  eine  leidliche  Abbildung  gegeben.  Die  Carelia- 
Arten  sind  nicht  gesondert  aufgeführt,  sondern  finden  sich  teils  unter  Achatina,  teils  unter 
Spiraxis,  pag.  209 — 212. 

Einen  hervorragend  bedeutenden  Zuwachs  erhielt  die  Literatur  durch  die  Bearbeitung 
der  Achatinellen  aus  der  Feder  des  Geheimrats  Prof.  Dr.  Ed.  von  Martens,  des  bedeu- 
tendsten Konchyliologen  der  Jetztzeit,^  in  der  2.  Ausgabe  von  Albers  Heliceen.  Dieses  Werk 
wurde  nach  dem  Tode  Albers  neu  mit  bedeutenden  Erweiterungen  von  von  Martens  her- 
ausgegeben, Leipzig,   1860. 

Auf  pag.  241 — 253  erhielt  das  Genus  Achatinella  eine  eingehende  Behandlung.  In 
der  Einleitung  wird  ein  Bild  der  Geschichte  dieser  interessanten  Schneckengattung  ent- 
worfen und  die  bedeutendsten  literarischen  Erscheinungen  bis  zum  Jahre  1854  erwähnt.  So- 
dann gibt  von  Martens  eine  Gruppierung  der  Arten.  Er  teilt  dieselben  in  8  Untergattungen, 
die  bedeutend  präziser  begrenzt  sind  als  die  Adamschen  Subgenera  in  ihren  „Genera  of 
recent  Mollusca".  Jedem  Subgenus  ist  eine  klare  Gattungsdiagnose  beigegeben,  außerdem 
sind  die  dazu  gehörenden  Arten,  bei  welchen  sowohl  Literaturnachweis  wie  Fundorte  an- 
gegeben sind,  wieder  in  Unterabteilungen  —  nach  ihrem  Schalenbau  —  gruppiert.  Wichtige 
Bemerkungen  über  Lebensweise  und  Vorkommen,  sowie  kritische  Bemerkungen  über  einzelne 
Arten,  die   von   großer   Sachkenntnis   zeugen,  erhöhen  den  Wert  der  Arbeit  ganz  bedeutend. 


'  leider  am   17.  August   1904  verstorben. 


—     24     — 

Die  Carelia-Gruppe  hat  von  Martens  auf  pag.  208  als  7.  Gattung  des  Genus  Acha- 
tina aufgeführt.  Er  folgt  hier  der  Ansicht  der  Gebrüder  Adams,  sie  als  Untergattung  von 
Achatina  anzusehen,  während  AchatineUa  damit  nicht  vereinigt  werden  kann. 

Einige  Bereicherungen  erhielt  die  Achatinellen- Literatur  noch  durch  Publikationen 
Newcombs,  welche  in  den  6oer  Jahren  erschienen. 

In  den  „Annais  of  the  Lyceum  of  natural  History,  New-York,  Vol.  VII,  erschien 
April  1860,  pag.  145 — 147  ein  Aufsatz  Newcombs:  „Descriptions  of  New  Species  of  the 
Genus  AchatineUa  and  Pupa."  Darin  wird  eine  der  interessantesten  Formen,  ,,Achatinella 
Kauaiensis"  von  der  Insel  Kauai  beschrieben.  Eine  Abbildung  dieser  höchst  merkwürdigen 
Form  finden  wir  auf  Taf.  13,  Fig.  i  im  ,,Amer.  Journ.  of  Conchology,  1866,  siehe  weiter  unten. 

Auch  Pfeiffer  erwähnt  diese  abweichende  Form  in  peinem  Berichte  über  den\'ll.  Bd. 
der  Annais  Lyc.  of  New-York,  Mal.   Blätter,   Bd.  IX,    1862,   pag.  25. 

Sodann  erschien  von  Newcomb  in  den  Proc.  of  the  California  Academy  of  Natural 
Sciences,  Vol.  II  1858 — 1862.  im  Jahre  1861,  pag.  91  — 94:  „Descriptions  of  New  Shells"  und 
im  III.  Bande  derselben  Zeitschrift,  1863 — 1867,  im  Jahre  1865,  pag.  179 — 182:  ,,Description 
of  New  Species  of  Land  Shells." 

In  der  ersteren  Arbeit  wird  pag.  93  die  Diagnose  der  schönen  Aynastra  Anthonii  und 
in  der  letzteren  die  Diagnose  der  schönen  Maui-Art  Ach.  Alexandri  auf  pag.  182  gegeben. 
Beide  Arten  sind  ebenfalls  auf  Taf.  XIII   des   Amer.  Journ.,    s.  o.,    vorzüglich   abgebildet. 

Die  letzte  Arbeit  Newcombs  über  Achatinellen  findet  sich  im :  American  Journal  of 
Conchology,  Vol.  II,  1866,  pag.  209 — 217,  Tafel  13,  Fig.  i  — 16,  und  führt  den  Titel:  „De- 
scriptions of  Achatinellae." 

Es  ist  eine  Zusammenstellung  „from  Zoological  Proceedings,  London;  Annais  of 
Lyceum  Nat.  Hist.,  New-York;  Proc.  Boston  Nat.  Hist.  Society  and  Proc.  California  Acad. 
Nat.  Sciences,  with  original  remarks  and  figures  not  before  published",  und  gibt  nochmal 
die  schon  publizierten  Diagnosen  mit  wichtigen  kritischen  Bemerkungen,  außerdem  von  jeder 
Art  eine  gute  kolorierte  Abbildung. 

Anfang  der  sechziger  Jahre  erschien  ein  neuer  Autor  auf  der  Bildfläche;  es  ist 
W.  H  a  r  p  e  r  P  e  a  s  e ,  der  sich  ebenfalls  längere  Zeit  auf  den  Sandwich-Inseln  aufgehalten 
hat.  Seine  Publikationen  brachten  eine  ganze  Reihe  neuer  Arten,  von  denen  aber  manche 
nicht  im  guten  Ansehen  stehen  und  nur  noch  mehr  den  Wirrwarr  unter  den  Arten  ver- 
mehrt haben. 

Die  erste  Publikation  erfolgte  in  den  „Proc.  zool.  Soc.  London,  Part  XXX,  1862,  pag. 
3 — 7 :  „Descriptions  of  two  New  Species  of  Helicter  (AchatineUa  Swains.)  from  the  Sand- 
wich Islands  with  a  history  of  the  Genus."  Pease  versucht  nochmal  wieder  den  Ferussac- 
schen  Namen  „Helicter"  für  AchatineUa  Swainson  zur  Geltung  zu  bringen,  gibt  die  von 
Ferussac  schon  angeführten  Gründe  nochmal  an,  ist  aber  in  der  Wissenschaft  nicht  damit 
durchgedrungen.  Der  Swainsonsche  Name  ist  allseitig  anerkannt  worden.  Sodann  gibt  auch 
Pease  eine  Übersicht  über  die  geschichtliche  Entwicklung  dieser  endemischen  Gruppe.  Zum 
Schluß  gibt  Pease  die  Diagnosen  zwei  neuer  Arten,  der  PartuUna  proxima,  einer  vorzüg- 
lichen Art,  und  der  Amastra  Hutchinsonii,  die  ich  mit  Amastra  elongata  Newc.  und 
Amastra    villosa,    Sykes,    vereinigen    möchte,   doch  darüber  weiter   unten. 

Die  folgende   Publikation   Peases   erschien   im   „Amer.  Journ.   of   Conch.    WA.  II,    1866, 


—     25     — 

pag.  289 — 293,  betitelt :  „Descriptions  of  new  Species  of  Land  Shells,  iuhabiting  Polynesia." 
Auf  pag.  293  veröffentlicht  Pease  die  Diagnose  von  Carelia  olivacea  von  Kauai.  Über  die 
Artberechtigung  dieser  Carelia  sagt  Pease  selbst,  Journ.  Conch.  Vol.  XVIII,  1870,  pag.  402  : 
„Le  C.  olivacea,  Pease,  que  j'ai  decrit  d'apres  un  seul  individu,  peut  bien  n'etre  qu'une 
simple  variete  du  C.  variabilis,  Pease." 

In  dem:  „Journal  Conchyliogie  de  France,  Vol.  XVI,  1868,  pag.  342 — 347,  Taf.  XIV, 
Fig.  6.  7.  8  publizierte  Pease :  „Descriptions  d'especes  nouvelles  d'Auriculella  provenant  des 
lies  Hawaii." 

Außer  einem  Verzeichnisse  der  6  bekannten  Auriculellen  gibt  er  dann  die  Diagnosen 
von  5  neuen  Arten,   von  denen  3  leidlich  abgebildet  werden. 

Im  XVII.  Bande  derselben  Zeitschrift,  1869,  pag.  167 — 176,  folgte  dann  weiter:  „De- 
scription  d'especes  nouvelles  du  genre  Helicter."  Darin  werden  4  neue  Leptachatina, 
I  Labiella,  2  Amastra,  i  LamineUa  und  i  Partulina,  compta,  beschrieben,  von  denen 
ebenfalls  einige  ins   Reich  der   Synonyme  gehören. 

Die  „Proc.  zool.  Soc.  London,  1869,  pag.  644 — 652,  bringen  eine  neue  Arbeit  Peases 
„On  the  Classifikation  of  the  Helicterinae".  Mit  eiserner  Beharrlichkeit  versucht  er  noch- 
mals mit  dem  Namen  „Helicter"  durchzudringen,  aber  vergeblich.  Die  Zahl  der  bekannten 
Arten  gibt  er  auf  388  an  und  zählt  davon  166  zu  den  Synonymen.  In  übersichtlicher  Ta- 
belle gibt  er  die  Größe  der  einzelnen  Inseln  und  das  Vorkommen  der  Anzahl  der  Arten  auf 
denselben  an.  In  seiner  Klassifikation  teilt  er  seine  Subfamilie  Helicterinae  in  13  Genera 
ein:  i.  Helicter,  Fer.  mit  16  Arten;  2.  Achatinellastrum,  Pfr.  mit  2  Sektionen,  zur  ersten 
16,  zur  zweiten  2  Arten;  3.  Bulimella,  Pfr.,  3  Sektionen,  die  erste  mit  11,  die  zweite  mit  5 
und  die  dritte  mit  7  Arten;  4.  Eburnella,  Pease,  ein  neues  Genus,  welches  später  wieder 
eingezogen  ist,  2  Sektionen  mit  7  und  2  Arten;  5.  Fartulina,  Pfr.,  2  Sektionen  mit  10  und 
3  Arten;  6.  LamineUa,  Pfr.,  3  Sektionen  mit  7,  14  und  i  Art;  7.  Frickella,  Pfr.,  mit  einer 
Art;  8.  Perdicella,  Pease,  mit  7  Arten;  9.  Newcombia,  Pfr.,  2  Sektionen  mit  6  und  3  Arten; 
10.  Auriculella,  Pfr.,  mit  12  Arten;  11.  Amastra,  H.  u.  A.  Adams,  4  Sektionen,  die  erste 
mit  18,  die  zweite  mit  14,  die  dritte  mit  3  und  die  vierte  mit  8  Arten;  12.  Leptachatina, 
Gould,  Sectio  „Achatini-  vel  Buliformes"  12  Arten,  Sectio  ,,Laeves  aut  tenuiter  striatae" 
19  Arten,  Sectio  „Costulosae"  14 Arten;  und  13.  Labiella,  Pfr.,  2  Sektionen  mit  3  und  9  Arten. 
Zum  Schluß  der  Arbeit  finden  sich  einige  wertvolle  kritische  Bemerkungen  über  einzelne 
fragliche  Arten. 

Im  XVIII.  Bande  des  Journ.  Conchyl.  1870  finden  sich  zwei  weitere  Publikationen 
Peases,  die  erste,  pag.  87 — 97 :  „Observations  sur  les  especes  de  Coquilles  terrestres  qui 
habitent  l'ile  de  Kauai  (iles  Hawaii)  accompagnees  de  descriptions  d'especes  nouvelles" 
enthält  zunächst  eine  Aufzählung  der  von  Kauai  bekannten  15  Leptachatina-Arten  und 
der  5  von  dort  bekannten  Amastra-Arten,  sodann  folgt  die  Beschreibung  von  8  neuen 
Leptachatina-Arten  von  Kauai  und  die  Beschreibung  zweier  neuer  Amastra-Arten,  eben- 
falls von  Kauai. 

Die  zweite  Arbeit,  pag.  393 — 403,  1.  c,  führt  den  Titel:  „Remarques  sur  certaines 
especes  de  Coquilles  terrestres,  habitant  la  Polynesie,  et  description  d'especes  nouvelles  par 
W.  Harper  Pease."    Auf  pag.  402  beschreibt  Pease  die  schon  oben  erwähnte  Carelia  varia- 

Zoologlca.    Heft  48.  4 


_     2(5     — 

bilis  und  eine  Var.  ß.  viridis  davon;  ferner  auf  pag.  403  die  Var.  angulata  von  der  Carelia 
adusta,  Gould  =  bicolor,  Jay. 

In  der  letzten  Peaseschen  Arbeit :  „Catalogue  of  the  Landshells  inhabiting  Polynesia, 
with  Remarks  on  their  Synon^Tny,  Distribution,  and  Variation,  and  Descriptions  of  New 
Genera  and  Species'"  Proc.  zool.  Soc.  London,  1871.  Vol.  XXIX,  pag.  449 — 477,  werden  die 
Achatinellen  nicht  aufgezählt.  Pease  sagt  darüber  pag.  471:  „In  the  following  Catalogue 
the  Helicterinae  are  omitted,  a  list  having  been  lately  published  in  the  Societys  Proceedings, 
1869,  pag.  644,  to  which  but  one  species  has  been  added  since."  Dagegen  findet  sich  pag. 
472  u.  473  das  Genus  Carelia  bei  der  Subfamilie  Achatininae  mit  6  Arten  und  4  Varietäten. 

Im  Anschluß  an  die  Peaseschen  x\rbeiten  möge  hier  gleich  eine  Arbeit  Erwägung 
finden,  die  sich  auch  mit  Peaseschen  Arten  beschäftigt  und  nach  dem  Tode  von  Pease  von 
H.  Crosse  im  Journ.  de  Conch.  Vol.  XXIV,  1876,  pag.  95 — 99  PI.  I.  IL  III  veröffentlicht 
wurde.  Der  Titel  der  Arbeit  lautet :  „Note  complementaire  sur  quelques  especes  de  mol- 
lusques  habitant  l'ile  Kauai  (iles  Hawaii)  par  H.  Crosse."  In  dieser  Arbeit  handelt  es  sich 
um  die  5  Leptachatinen  und  die  2  Amastra- Arien,  welche  Pease  schon  im  X\TII.  Bande 
des  Journ.  Conch.  1870,  pag.  87 — 97  beschrieben  hatte.  Crosse  gibt  auf  den  drei  Tafeln 
Abbildungen  dieser  neuen  Arten,  nach  Exemplaren,  die  aus  der  Hand  Peases  sich  in  Grosses 
Sammlung  befinden. 

Im  Jahre  1867  erschien  in  den  Mal.  Blättern,  Bd.  XIV,  pag.  146 — 156  die  erste  ana- 
tomische Arbeit  über  Achatinellen  von  F.  D.  Heynemann:  „Die  Zungen  von  Partula  und 
Achatinclla  mit  Taf.  i."  In  derselben  wird  durch  Wort  und  Bild  die  evidente  Verschieden- 
heit der  beiden  Gattungen  nachgewiesen.  Vergl.  auch  hierüber  dieselbe  Zeitschr.  Bd.  XIV 
1867.  pag.  232,   Pfeiffers   Ansichten  darüber. 

Bronns  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs,  III.  Bd.  IL  Abt.  Malacozoa,  fort- 
gesetzt von  Prof.  W.  Keferstein,  bringen  1866,  pag.  1251  das  Genus  Achatinella  mit 
Pfeifferscher  Gruppierung,  207  Arten.  Ferner  nehmen  die  Achatinellen  in  dem  Aufsatze 
„Verbreitung  der  Lungenschnecken  im  Räume,  1.  c.  pag.  1270 — 1302,  eine  eigene  Provinz, 
„die    Sandwich-Provinz",    von    den    34    aufgeführten   ein. 

Dieselben  Auseinandersetzungen  finden  sich  in  der  Leunis sehen  Synopsis  des  Tier- 
reichs, 3.  Auflage,  herausgegeben  von  Prof.  Dr.  Hubert  Ludwig,  Hannover,  1883,  Bd.  I, 
pag.  876,   über  Verbreitung   im   Räume. 

Ein  Bild  von  dem  Stande  der  Achatinellen-Wissenschaft,  von  den  beschriebenen 
Arten  mit  den  fast  endlosen  \'arietäten  und  Synonymen  gibt  Dr.  L.  Pfeiffer  im  \T.  Bande 
seiner  ]\Ion.  Hei.  viv.  1868,  pag.  161  — 188.  Nach  Angabe  der  wichtigsten  Literatur  und 
dem  Conspectus  specierum  gibt  er  ein  Verzeichnis  von  230  Arten  und  den  A'arietäten,  Syno- 
nymen, Formen  u.dgl.,  verteilt  unter  11  Subgenera :  Partulina,  Pfr.  mit  8  Arten;  Buli- 
mella,  Pfr.  mit  45  Arten;  Labiella,  Pfr.  mit  3  Arten;  AchatineUastrum ,  Pfr.  mit  54  Arten; 
Amastra,  H.  u.  A.  Ad.  mit  18  Arten;  Laminella,  Pfr.  mit  54  Arten;  Newcombia,  Pfr., 
a  Distincte  sculptae,  8  Arten;  und  ß  sublaevigatae,  mit  7  Arten;  Leptachatina,  Gould  mit 
25  Arten;   FriclceUa,  Pfr.  mit   i   Art  und  AuriculeUa,  Pfr.  mit  7  Arten. 

Die  7  Carelia-Arten,  sämtlich  Bewohner  von  Kauai,  finden  sich  noch  als  i.  Subgenus, 
Carelia,  von  Spiraxis  auf  1.  c.  p.  188  und  189. 

Ein  Verzeichnis  der  bekannten  Achatinella-  und  Carelia-Arten  brachten  dann  die  für 


—     27     — 

die  Sammler  sehr  wichtigen  Pät eischen  Kataloge.  Der  erste  erschien  unter  dem  Titel: 
„Molluscorum  Systema  et  Catalogus.  System  und  Aufzählung  sämtlicher  Konchylien  der 
Sammlung  von  Fr.  Paetel,  herausgegeben  von  Dr.  L.  W.  Schaufuß,  Dresden,  1869.  Die 
folgenden  Ausgaben  sind  von  Paetel  selbst  besorgt  als :  Katalog  der  Konchyliensammlung 
von  Fr.  Paetel.  2.  Auflage,  Berlin,  1873,  3-  Auflage,  Berlin  1883,  4.  Auflage,  Berlin  1889. 
Die  vierte  Neubearbeitung  ist  für  Sammlungen  und  Sammler  besonders  wertvoll  und  fast 
unentbehrlich  dadurch  geworden,  daß  fast  alle  bis  dahin  bekannten  publizierten  rezenten 
Arten  sowie  die  ermittelten  Synonyma  hinzugefügt  sind.  Während  die  erste  Ausgabe,  1.  c. 
1869,  pag.  83  und  84  ein  Verzeichnis  von  90  Achatinellen-Arten  und  auf  pag.  80  4  Carelia- 
Arten  bringt,  beträgt  in  der  vierten  Neubearbeitung,  1.  c.  1889,  die  Anzahl  der  Carelia- 
Arten,  pag.  241  der  2.  Abteilung:  Die  Land-  und  Süßwasser-Gastropoden,  12  Nummern;  die 
Auriculellen,  pag.  269  derselben  Abteilung,  sind  mit  21  Arten  vertreten.  Das  Verzeichnis 
der  Achatinellen,  pag.  269 — 276  derselben  Abteilung,  enthält  347  Arten  und  ,, sogenannte 
Arten",  welche  nach  der  zu  Anfang,  pag.  269,  gegebenen  Übersicht  zu  12  Sektionen  und 
einer  Subsectio  gehören. 

Einen  Zuwachs  von  neuen  Arten  erhielten  dann  noch  die  Achatinellen  im  Jahre  1873. 
In  den:  „Proc.  zool.  Soc.  London,  1873,  P^g-  73 — 89,  veröffentlichen  E.  A.  Smith  und 
J.  T.  Gulick  einen  Aufsatz:  „Dcscriptions  of  New  Species  of  Achatinellinae."  50  neue, 
zum  Teil  sehr  fragliche  Arten  publizieren  die  beiden  Autoren  und  illustrieren  dieselben  auf 
Tafel  IX  und  X  mit  ziemlich  mäßigen  kolorierten  Abbildungen.  Die  meisten  der  beschrie- 
benen Formen  sind  Farben-Nuancen  und  Varietäten  längst  bekannter  Arten.  Andere  er- 
hielten von  dem  verstorbenen  Hartman  das  Attribut,  „immature"  oder  „manufactured",  oder 
gar  „manufactured  by  scraping".  Welchen  Wert  solche  Arten  für  die  Erforschung  einer 
Fauna  haben,  braucht  kaum  angedeutet  zu  werden.  Nur  wenige  beschriebene  Formen  haben 
ihr  Artrecht  in  der  Literatur  behaupten  können. 

Im  Anschluß  an  diese  Arbeit  veröffentlicht  J.  T.  Gulick  in  derselben  Zeitschrift,  1.  c. 
pag.  89 — 91  einen  kleinen  belanglosen  Aufsatz :  „On  the  Classifikation  of  the  Achatinellinae." 
Hierin  teilt  Gulick  die  Achatinellen  zunächst  in  zwei  große  Gruppen :  A.  Arboreal  Genera 
und  B.  Terrestrial  Genera.  Zur  ersten  Gruppe  werden  gezählt:  i.  Achatinella,  Swainson, 
Vertreter  A.  vulpina,  Fer. ;  2.  Bulimella,  Pfr.,  Vertreter  B.  rosea,  Swainson;  3.  Afex,  von 
Martens,  Apex  decora,  Fer.;  4.  Laminella,  Pfr.,  L.  gravida,  F6r. ;  5.  Partidina,  Ffr., 
P.  virgulata,  Migh. ;  6.  Perdicella,  Pease,  P.mmiiensis,  Newc;  7.  Ehiirnella,  Pease,  E.va- 
riabilis,  Newc;  8.  Newcombia,  Pfr.,  N.  cumingi,  Newc;  9.  Auriculella,  Pfr.,  Aur.  auri- 
cula,  Fer.  —  ob  ein  arboreal  genus?  Die  von  Meyer,  Kalae  Molokai,  erhaltenen  zahlreichen 
Exemplare  tragen  die   Bezeichnung  „ground  shells"  — ;   10.  Frickella,  Pfr.,  Fr.  amoena,  Pfr. 

Zur  zweiten  Gruppe  gehören:  i.  Carelia,  H.  u.  A.  Ad.,  C.adusta,  Gould;  2.  Amastra, 
H.  u.  A.  Ad.,  A.  magna,  C.  B.  Adams;  3.  LeptacJiatina,  Gould,  L.  acuminata,  Gould  und 
4.  Labiella,  Pfr.,  L.  labiata,  Newc. 

Am  Schlüsse  seiner  Klassifikation  finden  sich  folgende  Bemerkungen :  „J  add  some 
corrections  relating  to  species  described  by  me  in  the  „Transactions  of  the  New-York  Ly- 
ceum  of  Natural  History."  Three  —  nur?  —  of  these  species  J  find  had  been  previously 
described;  therefore  LeptacJiatina  granifera,  mihi,  is  a  syn.  of  L.  margarita,  Pfr.;  Buli- 


—     28     — 

mella  limbata,  mihi,  is  a  syn.  of  B.  hyronii,  Wood;  Achatinella  dimorpha,  mihi,  is  a  syn. 
of  Ä.  curia,  Newc." 

„The  rest  of  the  seventy-three  species  described  at  that  time,  J  find,  after  comparison 
of  all  the  typical  specimens  in  the  British  Museum  and  of  all  the  descriptions  published, 
to  be  good  species."    Sic!    Warum  dann  diese  Rechtfertigung? 

Ein  wichtiges  Verzeichnis  \on  Achatinellen  findet  sich  in :  „Hand  List  of  Mollusca, 
in  the  Indian  Museum.  Calcutta,  Part  I,  Gastropoda,  1878,  von  Geoffroy  Nevill.  In 
diesem  Verzeichnisse  werden  nicht  nur  die  Anzahl  der  Exemplare,  sondern  auch  die  Per- 
sonen, von  welchen  die  Exemplare  stammen,  und  genaue  Fundorte,  von  wo  dieselben 
stammen,  angegeben.  Pag.  146,  Verzeichnis  von  3  Carelia-Arten,  Pag.  151  — 159  ein  Ver- 
zeichnis von  119  Achatinella-Anen,  einschheßlich  dreier  Auriculellen,  und  Pag.  160  2  Tor- 
natellinen  von  den   Sandwich-Inseln. 

Die  letzte  Arbeit  Pfeiffers,  die  sich  noch  mit  den  Achatinellen  befaßt,  ist  die  Zu- 
sammenstellung des  gesamten  Materials  im  8.,  dem  Schlußbande,  seiner  klassischen  Mon. 
Hei.  viv.  Jahrg.  1877.  Auf  pag.  209 — 214  gibt  er  ein  Verzeichnis  der  gesamten  bis  dahin 
publizierten  Auricitlella-Arten  mit  Varietäten,  Synonymen  und  genauem  Literaturnachweis. 
Es  sind  18  Arten,  exklusive  der  Varietäten  und  Synonyme  und  zweier  ihm  gänzlich  unbe- 
kannter Arten.  Dann  folgt  pag.  214 — 250  das  Verzeichnis  der  bekannten  Achatinellen-Arten, 
ebenfalls  mit  Varietäten,  Synonymen  und  genauem  Literaturnachweis.  Dasselbe  enthält  288 
von  Pfeiffer  anerkannte  Arten,  ausschließlich  der  Varietäten  und  Synonyme  und  der  am 
Schlüsse  angeführten   10  Arten,   die   ihm  völlig  unbekannt  sind. 

Das  Verzeichnis  schließt  pag.  250 — 252  mit  der  Aufzählung  der  7  Carelia-Arten,  die 
jetzt  unter  dem  besonderen,  von  H.  u.  A.  Adams  aufgestelltem  Genus  „Carelia"  aufgeführt 
werden. 

Die  Gruppierung  in  Sektionen  ist  dieselbe  geblieben,  wie  im  VI.  Bd.  1.  c,  man  ver- 
gleiche Bd.  VIII,  pag.  214  und  215,  nur  hat  die  Sectio  Aniastra  eine  Teilung  erfahren  in: 
„ecarinatae" ,  Amastra  und  ,,carinatae" ,  Carinella,  diese  letzte  neue  Sektion  ist  von  Pfeiffer 
aufgestellt  worden  in:  Pfeiffer,  Novitates  conchologicae,  Cassel,  1870 — 1876.  Bd.  IV  pag.  116 
und  dort  ist  auch  die  dazu  gehörende  interessante  Ach.  Eauiensis,  Newc.  genau  beschrieben 
und  tadellos  abgebildet;  vergl.  Pfeiffer,  Novitates  Conch.  Band  I\^.  Cassel  1870 — 1876,  pag. 
115,   Nro.  818,  Taf.  126,  Fig.  8 — 11. 

Sein  letztes  Werk,  „ein  natürliches  System  der  Heliceen",  sollte  der  Altmeister  der 
Heliceenkunde  nicht  mehr  im  Druck  vollendet  sehen,  es  wurde  nach  seinem  Tode  — 
2.  Oktober  1877  —  von  Clessin  vollendet  und  im  Jahre  1881  der  Nachwelt  übergeben.  Es 
bildet  gewissermaßen  den  Schlußband  der  achtbändigen  Monogr.  Hei.  viv.  und  erschien 
unter  dem  Titel :  ,, Nomenciator  Heliceorum  viventium,  quo  continetur  nomina  omnium  hujus 
familiae  generum  et  specierum  hodie  cognitarum  disposita  ex  affinitate  naturali.  Opus 
postumum  Ludovici  Pfeiffer  Dr.,  ed.  S.  Clessin,  Cassel,  1881.  In  demselben  sind  unter  der 
Fam.  Achatinida,  Subfamilie  Achatiniuae  als  52.  Genus  „Carelia",  pag.  267,  mit  8  Arten 
aufgeführt;  pag.  303 — 304  als  63.  Genus,  Fam.  BuUminida,  Auriculella  mit  21  Arten  und 
pag.  304 — 317  Genus  Achatinella,  ebenfalls  zur  Fam.  BuUminida  gerechnet  mit  288  Arten 
und  vielen  Varietäten.  Die  Disposition  weicht  etwas  von  der  im  8.  Bande  der  Mon.  Hei.  viv. 
ab.     I.  Sect.  Partulina,   Pfr.,   8   Arten;    2.  Sect.  Bulimella,   Pfr.,  43  Arten;    3.  Sect.  Acha- 


~     29     — 

tinellastrum,  Pfr.,  49  Arten;  Subsectio  Eburnella,  eine  neue  von  H.  Pease,  Proc.  zool.  Soc. 
London,  1869,  pag.  647  aufgestellte  Section,  mit  9  Arten;  4.  Sect.  Apex,  Albers,  aufgestellt 
in  der  2.  Ausg.  von  Albers  Heliceen,  1860,  pag.  248,  mit  30  Arten;  5.  Sect.  Frickella,  Pfr., 
I  Art;  6.  Sect.  Amastra,  H.  u.  A.  Adams,  22  Arten;  7.  Sect.  Carinella,  Pfr.,  2  Arten;  8.  Sect. 
Laminella,  Pfr.,  70  Arten;  g.  Sect.  Newcombia,  Pfr.,  8  Arten;  10.  Sect.  Perdicella,  Pease, 
7  Arten;  11.  Sect.  Labiella,  Pfr.,  6  Arten;  12.  Sect.  Leptachatina,  Gould,  39  Arten.  Dar- 
unter befinden  sich  noch  eine  Reihe  fraglicher  Arten.  Einige  Arten  müssen  nach  unserer 
jetzigen  Kenntnis  andern  Sektionen  angereiht  werden,  selbst  einige  Sektionen  sind  nicht 
haltbar  geblieben. 

Dr.  W.  Kobelt  hat  in  seinem  „Illustrierten  Konchylienbuche",  Band  2,  Nürnberg, 
1881,  die  Pfeiffersche  Einteilung  adoptiert  und  bringt  pag.  263  die  bekanntesten  Vertreter 
der  Gattung  Carelia,  nebst  zwei  guten  Abbildungen,  Fig.  9  und  16  auf  Tafef  81.  Auf 
pag.  292 — 294  werden  die  Hauptrepräsentanten  der  Auriculellen  und  Achatinellen  kurz,  aber 
kenntlich  beschrieben  und  auf  Taf.  87,  Fig.  24 — 36  und  auf  Taf.  88,  Fig.  i  die  Hauptver- 
treter der  einzelnen  Sektionen  gut  und  kenntlich  abgebildet. 

Dr.  Paul  Fischer  weicht  in  seinem  „Manuel  de  Conchyliologie  et  de  Paleontologie 
conchyliologique  ou  Histoire  naturelle  des  MoUusques  vivants  et  fossiles",  Paris,  1887,  von 
der  Pfeifferschen  Gruppierung  ab  und  schließt  sich  Pease  mehr  an.  Seine  Disposition  ist 
folgende : 

1 .  Sousgenre,  Helicter,  sensu  stricto,  dazu  gehören :  Achatinellastrum,  Type,  Ach. 
vulpina,  Fer.,  Bulimella,  Type,  Ach.  rosea,  Swains.,  Apex,  Type,  Ach.  decora,  Fer.,  Par- 
tulina,  Type,  Ach.  virgulata,  Migh.  und  Newcombia,  Type  Ach.  cumingi,  Newc. 

2.  Sousgenre  Auriculella,  Pfr.,  dazu  rechnet  Fischer  Auriculella,  Pfr.,  Vertreter, 
Aur.  auricula,   Fer.,   und  Frickella,   Pfr.,  Vertreter,  Ach.  amoena,  Pfr. 

3.  Sousgenre  Amastra,  H.  u.  A.  Adams,  dazu  zählt  Fischer  Amastra,  H.  u.  A.  Adams, 
Type  A.  tristis,  Fer.,  Laminella,  Pfr.,  Type,  L.  gravida,  Fer.,  Leptachatina,  Gould,  Type, 
L.  aciiminata,  Gould  und  Carinella,  Pfr.,  Type,   C.  Tcauaiensis,   Newc. 

4.  Sousgenre   Carelia,  H.  u.  A.  Adams,  ohne  Sektionen,  Vertreter  Carelia  bicolor,  Jay. 

Über  die  Stellung  im  Systeme  äußert  sich  Fischer  folgendermaßen:  „Les  sous-grenres 
Helicter,  Auriculella,  ont  la  meme  dentition  de  la  radule ;  les  rangees  de  dents  sont  obliques 
et  toutes  les  dents  ressemblent  aux  marginales  des  Succinea.  Le  sous-genre  Amastra  a  la 
mächoire  finement  striee  comme  les  precedents,  mais  ses  dents  centrale  et  laterales  de  la 
radule  ressemblent  ä  Celles  des  Achatina,  tandis  que  ses  dents  marginales  sont  pectinees.  II 
en  est  de  meme  des  Carelia,  dont  la  mächoire  est  remarquable  par  ses  fortes  cotes  longi- 
tudinales.  En  un  mot,  les  Carelia  se  rapprochent  des  Stenogyridae,  et  les  Helicter  des 
Succineidae." 

Nach  der  Erscheinung  von  Smiths  und  Gulicks  Publikation  „Descriptions  of  new 
Species  of  Achatinellinae"  1873,  trat  eine  Pause  von  circa  15  Jahren  in  der  Kreierung  neuer 
Arten  ein.  In  diesem  Zeiträume  erschienen  aber  eine  Reihe  von  Publikationen,  die  sich  mit 
der  endemischen  Verbreitung  der  Achatinellen  im  allgemeinen,  mit  dem  Gesänge  derselben, 
mit  dem  Bau  der  Radula  und  des  Kiefers,  mit  der  Anatomie  des  Genitalapparates  be- 
schäftigten.    Ferner  erschienen  Schriften,  die  das  lokalisierte  Auftreten  der  vielen,  einzelnen 


—     30     — 

Arten  und  Varietäten  auf  beschränktem  Gebiete  auf  philosophischem  Wege  zu  erklären  ver- 
suchten. 

In  dem  vielversprechenden  Titel:  „Über  das  lokalisierte  Vorkommen  der  Land- 
konchylien  auf  den  Südsee-Inseln"  von  J.  D.  E.  Schmeltz  in  den  Verhandl.  des  Vereins 
für  naturw.  Unterhaltung,  Hamburg  (1871  — 1874),  ausgegeben  1875,  P^g-  27,  vermutet  man, 
daß  in  dem  Aufsatze  auch  das  Vorkommen  der  Achatinelliden  erwähnt  werde,  das  ist  nicht 
der  Fall;  sondern  nach  einigen  allgemeinen  Bemerkungen  wird  nur  angeführt,  daß  das 
Vorkommen  bei  Partula,  Fer.,  sogar  auf  Täler  einzelner  der  SocietätsTnseln  beschränkt  sei. 

Eine  bedeutsame  und  lehrreiche  Arbeit:  ,,Die  geographische  Verbreitung  der  Mol- 
lusken", erschien  von  Dr.  W.  Kobelt  in  verschiedenen  Zeitschriften:  In  dem  „Berichte 
über  die  Senkenbergische  naturforschende  Gesellschaft  für  1874,  1875,  pag.  71 — 76:  Die 
geographische  Verteilung  der  (Meeres-)  Mollusken;  in  demselben  Berichte  für  1877,  pag. 
75 — 104:  Die  geographische  Verbreitung  der  Binnenmollusken,  und  endlich  in  den  Jahr- 
büchern der  deutschen  malakologischen  Gesellschaft,  Jahrg.  5,  1878,  pag.  10 — 23,  pag.  170 
bis  185  und  pag.  322 — 350;  Jahrg.  6,  1879,  pag-  195 — 224  und  Jahrg.  7,  1880,  pag.  i  — 10 
und  pag.  241 — 286:  ,,Die  geographische  Verbreitung  der  Mollusken,  III.  Die  Inselfaunen. 
Im  Jahrgange  6,  1879,  pag.  202  und  203  wird  über  die  eigentümliche  und  selbständige 
Stellung  der  Sandwich-Inseln-Fauna,  über  das  Fehlen  der  großen  Helices,  —  im  dem  Satze : 
„Große  Helices  fehlen  ganz,  nur  kleine  Naninen  und  Partulen  finden  sich,  wie  auf  den 
kleinen  Inseln",  muß  es  statt  „Partulen"  Fatula-A.nen  heißen.  Die  Gattung  „Partula,  Fer." 
kommt  auf  den  Sandwich-Inseln  nicht  vor,  wohl  die  kleinen  Heliceen,  die  zur  Pa f»?rt-Gruppe 
gehören  — ,  über  die  unendliche  Mannigfaltigkeit  der  Achatinellen,  über  die  auffallende  Ver- 
teilung derselben  und  über  die  wenig  artenreiche  Gattung  „Carelia"  berichtet.  Auf  pag. 
217 — 219  wird  dann  ein  Verzeichnis  der  Mollusken-Fauna  der  Sandwich-Inseln  gegeben. 
Man  vergleiche  über  diese  wichtige  Arbeit  auch  Pfeiffers  Bericht :  „Über  Kobelts  geogra- 
phische Verbreitung  der  Mollusken"  in  den  „Malak.  Blättern",   Band  24,   1877,  pag.  87 — 89. 

In  seinen  ,,Konchologischen  Miszellen",  Jahrb.  d.  d.  Mal.  Ges.,  Jahrg.  II,  1875,  pag. 
225,  Nro.  3,  Taf.  VII,  Fig.  i,  gibt  Kobelt  Diagnose  und  Abbildung  von  Carelia  turri- 
cula,  Migh.  und  einige  allgemeine  Bemerkungen  über  Vorkommen  und  Stellung  derselben 
im  Systeme. 

Über  die  Töne,  welche  die  Achatinellen  der  Sandwich-Inseln  von  sich  geben  sollen 
und  welche  „wie  Äolsharfen  klingen"  sollen,  berichtet  H.  Glanville  Barnacle  im  Journal 
of   Conchology,    Leeds,   Vol.  IV,    1883 — 1885,  pag.   118. 

Der  Bericht  klingt  so  eigentümlich  wunderbar,  daß  ich  einen  Teil  desselben  wört- 
lich —  aber  ohne  Kommentar  —  hier  wiedergebe. 

„When  serving  as  astronomer  on  the  Government  Expedition  to  the  Sandwich  Is- 
lands to  observe  the  Transit  of  Venus  in  1874,  J  took  the  opportunity  of  hunting  over  the 
Islands  for  the  Achatinellae,  so  perhaps  the  following  may  be  of  interest  to  you  concer- 
ning  those  beautiful  Shells.  When  up  the  mountains  of  Oahu  J  heard  the  grandest  but 
wildest  music,  as  if  from  hundred  of  Aeolian  Harps,  wafted  to  me  on  the  breezes,  and  my 
companion  (a  native)  told  me,  it  came  from,  as  he  called  them,  the  singing  shells.  It  was 
sublime.  J  could  not  believe  it,  but  a  tree  close  at  band  proved  it.  On  it  were  many  of 
the   Shells,   the   animals   drawing   after   them  their  shells,  which  grated  against  the  wood  and 


—     81     — 

so   caused   a   sound;   the   multitudc   of   sounds   produced   the   fanciful   music.    J   can   hear   it 
now  as  J  write,   so  great  an  impression  did  it   make   on  me." 

Diesen  Bericht  schrieb  Barnacle,  nach  der  Fußnote  am  Aufsatze,  am  3.  Sept.  1883, 
also  9  Jahre  nach  den  Beobachtungen.  Der  Schhiß  des  Aufsatzes  des  Rev.  Barnacle  ent- 
hält einige  Nachrichten  über  gefundene  Arten   und   deren   Vorkommen. 

Schon  Newcomb  berichtet  über  diese  Töne  der  Achatinellen  in  den  Proc.  Zool.  Soc. 
London,   1853,  pag.  129,  wie  folgt: 

„It  is  a  prevalent  belief  among  the  Hawaiians,  that  the  arboreal  species  have  the 
power  of  making  a  noise  which  they  call  singing;  hence  the  name  of  ,,Pupu  Kanioe",  by 
which  they   are  known.    The   following  is  said   to   be  their   vesper  hymn : 

Kahuli  aku 
Kahuli  mai 
Kahuli  lei  ula 
Lei  ako  lea. 

A  free  translation  of  which  may  be  given  as  follows : 

Turn   away   from   my   sight   — 
Nay  —   but  turn   to  me  now, 
And  a   red  wreath  so  bright, 
J   will   weave  for  thy  brow. 

It  scarcely  is  necessary  to  add,  that  the  singing   and   the   song  are  alike   imaginary." 

Diese  Töne  werden  bei  den  Achatinellen  jedenfalls  ebenso  wie  bei  unseren  größeren 
Heliceen,  Limnaeen,  Phanorben  und  Paludinen  dadurch  erzeugt,  daß,  wenn  man  dieselben 
anfaßt  und  rasch  zum  Zurückziehen  ins  Gehäuse  zwingt,  oder  sie  in  heißes  Wasser  oder 
Spiritus  bringt,  sie  die  im  Gehäuse  und  in  den  Lungen  vorhandene  Luft  durch  die  rasch 
zusammengeengte  Atemöffnung  und  zwischen  Mantel  und  Gehäuse  auspressen  und  dadurch 
die  „vesper  hymn"   der  Kanaken   oder  die  „Äolsharfentöne"   Barnacles  hervorbringen. 

Prof.  Ed.  V.  Martens  spricht  in  seinem  Buche:  „Die  Weich-  und  Schaltiere",  Leip- 
zig, 1883.  8",  auf  Pag.  70  über  amphidrome  Arten  bei  den  Achatinellen,  auf  Pag.  135  über 
die  Lebensweise  derselben  und  auf  Pag.  300  über  die  frühere  Verwendung  der  Achatinellen 
als  Schmuck. 

Die  anatomischen  Arbeiten,  welche  in  den  70er  und  8oer  Jahren  über  Achatinella 
erschienen,  beschäftigten  sich  vorwiegend  mit  dem  Baue  der  Radula,  des  Kiefers  und  des 
Genitalapparates.  Die  Ersten,  die  sich  nach  Heynemann  mit  dieser  Materie  befaßten,  waren 
T.  Bland  und  W.  G.  Binney.  In  ihrer  Arbeit:  „On  the  lingual  dentition  and  ana- 
tomy  of  Achatinella  and  other  Pulmonata"  in :  Annais  Lyceum  Nat.  Hist.  New-York,  Bd.  X. 
1874.  Oct.  6.,  pag.  331 — 351,  pl.  XV  and  XVI;  geben  sie  zunächst  allgemeine  Bemerkungen 
über  Achatinella,  sodann  über  die  von  Gulick  erhaltenen  Exemplare  die  genauen  Fundorte 
derselben  und  deren  Stellung  im  Pfeifferschen  Systeme  und  schließlich  eine  genaue  Be- 
schreibung und  Abbildung  der  Radula  von  Achatinella  producta,  Reeve,  Leptachatina 
nitida,  Newc.  und  Laminella  Mastersi,  Newc,  des  Kiefers  von  Newcombia  picta,  Mighels 
und  Laminella  Mastersi  und  des  Genitalapparates  von  Achatinella  producta,  Reeve,  1.  c. 
pag-  331^338   und   PI.  XV,   Fig.  2— 11. 


Im  Jahre  1876  erschien  eine  weitere  Arbeit  Binneys  in  den:  Annais  Lyceum  Nat. 
Hist.  New- York,  Bd.  XI.  1876  (Okt.  1875)  pag-  166—196,  PI.  XII— XVIII:  „On  the  Geni- 
taUa,  Jaw  and  Lingual  Dentition  of  certain  species  of  Pulmonata."  Darin  gibt  Binney  auf 
pag.  190  und  191  die  Beschreibung  der  Radula  und  des  Kiefers  von  AchatineUa  renusta, 
Mighels,  PL  XIV,  Fig.  D,  von  AchatineUa  textilis,  PL  XIV,  Fig.  G  und  von  AchatineUa 
obesa,  Newc,  PL  XIV,  Fig.  H.  Am  Schlüsse  der  Arbeit,  pag.  191  — 194,  gibt  Thomas 
Bland  eine  „Note  on  the  Classification  of  the  Achatellinae"  —  muß  heißen  „Achatinellae". 
Er  teilt  die  Achatinellen  nach  dem  Baue  der  Radula  in  3  Gruppen : 

a)  Partulina,  AchatineUa,  s.  str. 

b)  Newcombia,  LamineUa. 

c)  Leptachatina. 

gibt  dann  Gulicks  Klassifikation  nebst  Bemerkungen  über  Pfeiffers  und  v.  Martens  Ab- 
weichungen von  derselben,  und  zum  Schluß   Pfeiffers  Einteilung. 

In  den  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  1876,  pag.  183 — 192,  PL  \T  erschien 
von  W.  G.  Binney:  „An  the  lingual  Dentition,  Jaw,  and  Genitalia  of  Carelia,  Onchidella, 
and  other  Pulmonata."  Auf  pag.  185 — 187  gibt  der  Verfasser  eine  Beschreibung  der  Ra- 
dula, des  Kiefers  und  des  Genitalapparates  von  Carelia  bicolor,  Jay.  Die  sehr  mäßigen 
und  undeuthchen  Abbildungen  dazu  finden  sich  PL  VI,  Fig.  G,  Kiefer,  Fig.  O,  GenitaL 
apparat,   Fig.  CG,  Zähne  der  Radula. 

Das  Resultat  ist,  daß  Carelia  sich  von  den  Baumbewohnern  bedeutend  im  Radula- 
baue  unterscheidet,  aber  große  Verwandtschaft  mit  den  Erdbewohnern  hat,  von  letzteren 
sich  aber  durch  das  Vorhandensein  eines  gerippten   Kiefers   unterscheidet. 

G.  Pfeffers  „Anatomische  Untersuchuiigen  der  AchatineUa  vulpina,  Fer.,  in  den 
Jahrb.  der  deutschen  Malak.  Ges.  Bd.  IV,  1877,  pag.  330—334  mit  Figuren,  geben  eine  ge- 
naue Beschreibung  des  Genitalapparates  von  Ach.  vulpina.  Die  Bewaffnung  der  Radula 
stimmt  mit   Heynemann,  1.  c,   überein. 

In  den:  „Annais  of  the  New-York  Academy  of  sciences,  late  Lyceum  of  Natural 
History,  New-York,  Vol.  III.  1883— 1885"  pag.  79  bis  136  und  PL  II  bis  XVI  gibt  W.  G. 
Binney  in  dem  Aufsatze:  „Notes  on  the  Jaw  and  Lingual  Dentition  of  Pulmonate"  — 
„a  synoptical  view  of  the  jaws  and  lingual  dentition  of  all  the  species  of  each  genus  which 
J  have  e.xamined".  Auf  pag.  96 — 99  gibt  Binney  eine  Übersicht  der  Resultate,  welche  bei 
der  Untersuchung  der  Achatinellen  sich  ergeben  haben.  Nach  dem  Baue  der  Radula  und 
dem  Fehlen  oder  Vorhandensein  des  Kiefers  teilt  er  die  Achatinellen  in  2  große  Gruppen. 
Zur  I.  Gruppe  gehören  Partulina,  AchatineUa  s.  str.,  BuUmella  und  Apex.  Bei  diesen  ist 
der  Kiefer  sehr  dünn  und  häutig,  geht  bei  der  Behandlung  von  Atzkali  zu  Grunde,  daher 
bei  vielen  Autoren  die  Bemerkung:  „Kiefer  fehlend."  Die  Radula-Zähne  haben  etwas  Ähn- 
lichkeit mit  einer  kurz  gestielten  Harke,  man  vergl.  die  vorzüglichen  Heynemannschen  Ab- 
bildungen, 1.  c.  Zur  II.  Gruppe  gehören  Newcombia,  Amastra,  LamineUa,  Leptachatina 
und  Labiella.  Bei  dieser  Gruppe  ist  ein  deutlicher  Kiefer  vorhanden,  jedoch  glatt.  Die 
Radula-Zähne  dieser  Gruppe  haben  in  der  mittleren  Partie  einige  Ähnlichkeit  mit  Heliceen, 
die  äußeren  dagegen  weichen  durch  die  mehrfachen  Spitzen  davon  ab.  Binney,  1.  c.  pl.  VI. 
Die  III.  Gruppe,  Carelia,  pag.  103,  1.  c.  weicht  durch  den  gerippten  Kiefer  von  der  Amastra- 
Gruppe  ab,  während  der   Bau  der  Radula  derselbe  ist.    \"on  den  untersuchten  Arten  werden 


—     33     — 

gute  Abbildungen  vom  Kiefer  und  der  Radula  gegeben,  auf  PL  III,  Fig.  G.  Radula  von 
Ach.  producta,  Rve.,  auf  PI.  VI,  Fig.  A  bis  J.  die  Radulae;  von  Netvcombia  venusta, 
Mighels,  A.;  Laminella  picta,  Migh.,  B.;  L.  obesa,  Newc,  C;  L.  decorticata,  Gul.,  D.; 
L.  Mastersi,  Newc,  E.;  L.  luctiiosa,  Pfr.,  F.;  von  Leptach.  textilis  Fer.,  G.;  von  Leptach. 
nitida,  Newc,  H.;  und  von  Carelia  hicolor,  Jay,  Fig.  J;  auf  PL  XVI  wird  Fig.  D  der  Kiefer 
der  Carelia  bicolor,  Jay;  Fig.  E.  derselbe  von  Laminella  Mastersi,  Newc,  und  Fig.  M. 
derselbe    von    Newcombia   picta,    Migh.    abgebildet. 

Eine  viel  später  in  den:  Proc.  Acad.  Nat.  History,  Philadelphia,  1895,  P^g-  ^37 — 240, 
erschienene  Arbeit,  die  dieselbe  Materie  behandelt,  möge  schon  hier  ihre  Berücksichtigung 
finden.  Dieselbe  führt  den  Titel:  „Observations  on  the  Dentition  of  Achatinellidae.  By 
H.  M.  Gwatkin   and   Henry   Suter,   with   prefatory  note  by  H.  A.  Pilsbry." 

Pilsbry  gibt  in  seiner  einleitenden  Bemerkung  ein  Resume  der  Binney-  und  Bland- 
schen  Resultate  und  dann  eine  Gruppierung  in  3  Genera:  i.  Genus,  Achatinella,  Swainson; 
2.  Genus,  Leptachatina,  Gould  und  3.  Genus,  Carelia,  H.  u.  A.  Adams.  H.  W.  Gwatkin 
führt  dann  in :  „The  Dentition  of  the  Achatinellae"  alle  bislang  untersuchten  Arten  dieser 
drei  Gruppen  an  und  gibt  für  mehrere,  nach  seinen  eigenen  Untersuchungen,  die  Zahnformel 
an.  Henry  Suter  beschreibt  schließlich  in  seiner:  „On  the  Dentition  of  some  new  Species 
of  Helicter"  die  Radula  einiger  neuer  von  D.  D.  Baldwin,  Maui,  erhaltener  Achatinellen : 
Cookei,  Baldw.,  Lyonsiana,  Baldw.  und  Dolei,  Baldw.  Die  Abbildungen  dazu  finden  sich 
auf  PL  XI,  Fig.  52,  54,  55  und  56  der  Baldwinschen  Arbeit:  Descriptions  of  new  Species 
of  AchatineUidae  from  the  Hawaiian  Islands,  in  derselben  Zeitschrift,  pag.  214 — 236,  Taf.  X 
und  XI ;    man  vergleiche  weiter  unten. 

Die  wunderbare  Variabilität  der  Achatinellen  in  Form  und  Farbe,  die  den  Systema- 
tiker schier  zur  Verzweiflung  bringen  kann,  deren  Erklärung  aber  in  vielen  Fällen  noch  der 
Lösung  harrt,  hat  verschiedene  Gelehrte  bewogen,  eine  Erklärung  der  Tatsachen  auf  philo- 
sophischem Wege  zu  versuchen.  Arbeiten  in  dieser  Art  sind  von  dem  Rev.  John  Thomas 
Gulick  publiziert.  Wenn  man  sich  durch  diese  zum  Teil  sehr  schwer  verständlichen  Auf- 
sätze hindurchgearbeitet  hat  und  am  Schluß  derselben  angelangt  ist,  ist  man  fast  ebenso 
unklar  über  die  Entstehung  der  Varietäten  wie  am  Anfange.  Aufsätze,  die  hierüber  in  Be- 
tracht kommen,  finden  sich  in  „der  Nature",  Bd.  VI,  1872,  pag.  222 — 224:  „On  the  Variation 
of  species  as  related  to  their  geographica!  distribution,  illustrated  by  the  Achatinellinae." 
By   Rev.  John  T.  Gulick. 

Von  diesem  Aufsatze  gibt  Dr.  W.  Sklarek  im  „Naturforscher",  5.  Jahrgang,  1872, 
pag.  325 — 327  einen  Auszug;  Senoner  berichtet  über  dieselbe  Arbeit:  ,, Observations  sur 
les  Achatinellae"  in:  Ann.  Soc  malac  de  Belgique,  Tome  VII,  1872,  Bulletin  pag.  CXX 
bis  CXXII. 

Im  Journ.  Linn.  Soc.  Zool.  Vol.  XI,  1873,  pag.  496 — 505  veröffentlicht  Gulick  einen 
weiteren   Aufsatz :   „On  Diversity  of  Evolution  under   on  set  of  External  Conditions." 

Auch  in  dieser  Arbeit  gelangt  der  Verfasser  zu  keinem  befriedigenden  Resultate. 
Einige  wenige  interessante  Punkte  mögen  in  der  wörtlichen  Übersetzung  wiedergegeben 
werden.    So   schreibt   Gulick   auf   pag.  498   der   Arbeit: 

„Äußere    Bedingungen    sind   nicht    die   L^rsache." 

Zoologica,    Heft  48.  5 


—     34     — 

„Ich  meine,  die  Entwicklung  der  verschiedenen  Formen  kann  nicht  den  äußeren  Be- 
dingungen  zugeschrieben  werden,   weil 

1.  in  verschiedenen  Tälern  an  derselben  Seite  des  Berges,  wo  Nahrung,  Klima  und 
Feinde  dieselben  sind,  doch  eine  Verschiedenheit  in  den  Arten  stattfindet,  weil  wir 

2.  keine  größere  Verschiedenheit  in  den  Arten  finden,  wenn  wir  von  der  regen- 
reicheren zu  der  trockeneren  Seite  hinübergehen,  als  wenn  wir  die  Formen  aus 
Tälern  vergleichen,   die  durch  eine  gleiche    Entfernung   getrennt   sind.    Weil, 

3.  wenn  wir,  keinen  Grund  finden  könnend  in  den  mehr  deutlichen  Bedingungen,  die 
Verschiedenheit  in  den  Arten  verborgenen  Einflüssen,  wie  z.  B.  magnetischen 
Strömen,  zuschreiben,  wir  annehmen  müssen,  daß  es  wichtige  Verschiedenheiten 
in  diesen  verborgenen  Bedingungen  für  jede  folgende  Meile  (nacheinander)  gibt, 
und  daß  ihre  Macht  auf  den  Sandwich-Inseln  looomal  größer  ist  als  in  den 
meisten  Ländern." 

Wie  weit  die  unter  „3"  angeführten  Bedingungen  stichhaltig  sind,  überlasse  ich  dem 
Urteile  des   Lesers. 

Warum  äußere  Bedingungen  zur  Bildung  von  \'arietäten  auf  den  Sandwich -Inseln 
nicht  mit  die  Ursache  sein  sollen,  will  mir  nicht  recht  einleuchten.  Wenn  wir  mit  offenen 
Augen  und  klarem  Sinn  durch  die  Natur  wandern,  so  können  wir  überall  äußere  Be- 
dingungen finden,  denen  sich  die  Tier-  und  Pflanzenwelt  anpaßt.  Warum  gerade  auf  den 
Sandwich-Inseln  nicht? 

Halden-Pflanzen  nehmen  eine  stärkere  Behaarung  an,  um  dadurch  eine  zu  starke  Ver- 
dunstung zu  verhindern.  Dieselben  Arten  auf  feuchtem  und  den  Einwirkungen  der  Sonnen- 
strahlen weniger  ausgesetztem  Boden  tragen  eine  weit  geringere  Behaarung.  Dieselben 
Pflanzen,  \\elchc  auf  Moorboden  oder  auf  wärmerem  Sandboden  wachsen,  variieren  sehr 
voneinander,  bei  den  auf  dem  kalten  Moorboden  wachsenden  findet  sich  eine  stärkere  Be- 
haarung, z.  B.  Cineraria,  die  Blätter  werden  fest  und  lederig,  die  Stomata  weniger,  Andro- 
meda,  Erica  u.  a.  m.  Sie  passen  sich  den  äußeren  Bedingungen  an.  Die  Limnaeen  unserer 
kalkarmen,  anmoorigen  Gräben  und  Tümpel  degenerieren  zu  sogenannten  Hungerformen. 
Dasselbe  ist  an  den  Planorben  zu  beobachten.  Helix  arbustorum  findet  sich  an  den 
Schiengen  unserer  Flüsse  in  einer  bedeutend  größeren  und  dunkleren  Form  als  in  den  Wäl- 
dern und  Gebüschen.  Helix  lapicida,  eine  echte  Felsenschnecke,  hat  sich  in  unserer  nord- 
westdeutschen Tiefebene  die  Hainbuchen  des  Hasbruchs  und  des  Vareler  Urwaldes  zu  ihrem 
Wohnsitze  gewählt.  Die  harte  Rinde  der  Hainbuche  muß  ihr  die  Felsen  ersetzen.  Das  Ge- 
häuse ist  kleiner  und  höher  als  das  der  Gebirgsbewohnerinnen.  In  einem  sumpfigen  Walde 
der  Holthorst  bei  Vegesack  findet  sich  neben  normalen  Färbungen  und  Bändervarietäten 
der  Helix  hortensis  eine  kleine  Form  mit  kastanienbrauner  Färbung  und  schön  rosenroter 
Mündung. 

Sollten   nicht   auch   ähnliche   Bedingungen   auf   den   Sandwich-Inseln   vorhanden   sein? 

Daß  trotzdem  hüben  und  drüben  hundert  und  mehr  Fragen  der  Lösung  harren  und 
viele  wohl  immer  ein  Rätsel  bleiben,  welches  z.  B.  die  LTrsache  ist,  daß  an  ein  und  der- 
selben Lokalität  von  unserer  gewöhnlichen  Helix  nemoralis  und  hortensis  Hunderte  und 
mehr  Formen-,  Farben-  und  Bänder-Varietäten  auf  einem  oft  nur  wenige  Quadratmeter  ein- 
nehmenden Räume  sich  finden,  daß  auf  Molokai  auf  einem  wenige  Kilometer  umfassenden 


-      35     — 

Räume  die  Achatinella  hella  in  zahllosen  Bänder-  und  Farbenvarietäten  auftritt,  das  sind 
Tatsachen,  die  sich  täglich  vor  unserem  Auge  abspielen,  fragen  wir  aber  nach  der  Ursache 
dieser  geheimnisvollen  wunderbar  wirkenden  Kraft,  so  stehen  wir  vor  einem  mit  sieben 
Siegeln  verschlossenen   Buche. 

Wenn  Gulick  weiter  in  seiner  Arbeit  keine  Erklärung  dafür  findet,  warum  die  Acha- 
tinellen  auf  so  kleine  Gebiete  beschränkt  sind,  während  die  amerikanischen  und  europäischen 
großen  Helices,  sowie  die  großen  Achatinen  Afrikas  sich  über  looo  und  mehr  engl.  Meilen 
erstrecken,  so  liegt  doch  wohl  der  Hauptgrund  zunächst  darin,  daß  die  Achatinellen  an  die 
enge  Scholle  der  Insel  gebunden  sind  und  auf  derselben  wieder  an  die  ihnen  zusagenden 
Gebiete.  Daß  in  den  großen  Weidegebieten  zwischen  dem  östlichen  und  westlichen  Gebirgs- 
zuge Oahus  sich  keine  Achatinellen  finden,  ist  wohl  selbstverständlich.  Der  geneigte  Leser 
wird  ebenso  vergeblich  in  unseren  ausgedehnten  Marschen,  Heiden  und  Mooren  nach 
Schnecken  suchen.  Daß  sich  auf  der  westlichen  Hälfte  von  Molokai  wenig  oder  gar  keine 
Schnecken  finden,  bedingt  der  kahle  trockene   Boden. 

So  wie  wir  in  Deutschland  nur  da  Schnecken  finden,  wo  sich  ihnen  günstige  Existenz- 
bedingungen bieten,  so  haben  sich  auch  die  Achatinellen  auf  den  Sandwich-Inseln  an  den 
ihnen  zusagenden  Orten  angesiedelt.  Daß  sie  dort  ihre  Existenzbedingungen  gefunden 
haben,  beweist  das  häufige  Vorkommen  an  den  betreffenden  Lokalitäten.  Werden  sie  aber, 
wie  Newcomb  in  seiner  Arbeit  angibt,  durch  Regengüsse  auf  trockenes  Gebiet  geschwemmt 
und  sind  unter  den  verschwemmten  befruchtete  Exemplare,  die  nun  ihre  Eier  auf  einem 
ihnen  weniger  günstigen  Terrain  absetzen,  so  bilden  sich  die  „dwarf"- Formen.  Bieten  diese 
neu  besiedelten  Plätze  ihnen  nicht  ihre  Existenzbedingungen,  so  verkümmern  sie  und  gehen 
nach  kurzer  Zeit  ein. 

Daß  bei  den  Arten,  die  auf  beschränktem  Räume  in  zahlreichen  Individuen  vor- 
kommen, leicht  eine  Kreuzung  vorkommen  kann,  scheint  mir  ganz  selbstverständlich  zu  sein. 
Sollten  nicht  die  vielen  zur  vulpina  -  Gru^y^ie  gehörenden  Form-  und  Farbenvarietäten  zum 
großen  Teil  Kreuzungsprodukte  ein  und  derselben  Art  sein  ?  Züchten  doch  die  Gärtner 
künstlich  aus  unserem  Gartenstiefmütterchen  durch  wechselseitige  Bestäubung  die  verschie- 
densten Farben-  und  Größenformen!  Haben  nicht  die  Engländer  aus  der  gewöhnlichen 
Haustaube  durch  künstliche  Zucht  die  verschiedensten  Taubenrassen  gezüchtet  ?  Warum 
sollte    nicht    die    Natur   dasselbe    hervorbringen  ? 

Sollten  ferner  nicht  die  vielen  Farbennüancen  bei  den  Achatinellen  zum  Teil  auch 
„Zweckmäßigkeitseinrichtungen"  sein  ?  Wenn  auf  ein  kleines  Terrain  soviel  Individuen  zu- 
sammengepfercht sind,  so  müssen  sie  ihren  Feinden  viel  eher  auffallen.  Um  sich  nun 
einigermaßen  vor  den  Nachstellungen  der  Feinde  zu  schützen,  haben  sich  im  Laufe  der 
Zeiten  Schutzfarben  gebildet.  Viele  der  baumbewohnenden  Achatinellen  haben  die  grüne, 
gelbe  oder  bräunliche  Laubfarbe;  andere  dagegen,  die  Erdbewohner,  haben  die  Farbe  der 
braunen  Farnrhizome  oder  des  Erdbodens  angenommen,  um  dadurch  sich  dem  Auge  des 
Feindes   zu   entziehen. 

Aus  dem  Angeführten  dürfte  zur  Genüge  erhellen,  daß  Gulicks  These:  „External 
Conditions  not  the  Cause"  nicht  eo  ipso  als  Dogma  hinzunehmen  ist,  manche  Ursachen 
der  wunderbaren  Variabilität  der  Achatinellen  lassen  sich  doch  wohl  auf  Schutzfarben, 
Zweckmäßigkeitseinrichtungen,    Bastardierungen   und   dergl.   zurückführen. 


—     36     — 

Aber,  warum  hat  Kauai,  die  am  weitesten  nach  Westen  vorgeschobene  Sandwich- 
Insel,  keine  Baumschnecken  ?  Feuchtigkeit,  dieselben  Pflanzen,  dasselbe  Klima,  alles  vor- 
handen wie  auf  den  andern  Inseln,  und  doch  hat  Kauai  nur  Erdbewohner.  Sollte  Kauai 
und  Niihau  mit  der  andern  Inselgruppe  nicht  in  Verbindung  gestanden  haben  ?  Auf  diesen 
eigentümlichen  Punkt  komme  ich  bei  der  Behandlung  der  Molokai-Arten  zurück.  Warum 
hat  die  größte  Insel  „Hawaii"  so  wenig  Schnecken?  Existenzbedingungen  sind  ebenso  ge- 
nügend vorhanden,  wie  auf  den  von  Schnecken  reich  bevölkerten  Inseln.  Sollte  Hawaii  be- 
deutend später,  ohne  Zusammenhang  mit  den  andern,  entstanden  sein  ?  Die  wenigen  Acha- 
tinellen,  welche  auf  Hawaii  vorkommen,  haben  ihre  nächsten  Verwandten  auf  Maui.  Viel- 
leicht sind  Embryonen  durch  Vögel  von  Maui  nach  Hawaii  verschleppt  und  haben  sich 
dort   zu   einer   etwas   von   den    Maui-Arten   abweichenden   Form    ausgebildet. 

Alle  diese  Fragen,  sowie  viele  andere  auf  Variabilität  und  Bildung  neuer  Formen, 
besonders  der  Amphidromen-Formen,  bezügliche  Erklärungen  der  kausalen  Bedingungen 
können  nicht  und  werden  nicht  durch  gelehrte  philosophische  Abhandlungen  über  „Natural 
Selection",  „Survival  of  the  Fittest"  und  dergl.  gelöst.  Auch  hier  trifft  Goethes  Wort  aus 
seinem  Faust  zu :  „Geheimnisvoll  am  lichten  Tag,  läßt  sich  Natur  des  Schleiers  nicht  be- 
rauben, und  was  sie  deinem  Geist  nicht  offenbaren  mag,  das  zwingst  du  ihr  nicht  ab  mit 
Hebeln  und  mit  Schrauben." 

Variabilität  und  Vererbung  bleiben  trotz  der  vielen  versuchten  philosophischen  Er- 
klärungen ungelöste   Rätsel. 

Herr  Professor  Plate  faßt  dasselbe  in  dem  Schlußworte  seiner  Arbeit:  „Über  die 
Bedeutung  des  Darwinschen  Selektionsprinzips  und  Probleme  der  Artbildung"  2.  Aufl.  Leipzig, 
1903,   pag.  227    folgendermaßen   zusammen: 

„Die  vorstehenden  Erörterungen  werden  hoffentlich  gezeigt  haben,  daß  ich  weit  davon 
entfernt  bin,  das  Selektionsprinzip  zu  überschätzen  und  einer  „Allmacht  der  Naturzüchtung" 
das  Wort  zu  reden.  Sie  wirft  kein  Licht  auf  die  Entstehung  der  elementaren  Lebensvor- 
gänge. Variabilität  und  Vererbung  bleiben  ihren  Lirsachen  nach  ungelöste  Rätsel.  Zahllose 
indifferente  Merkmale,  welche  für  die  Systematik  der  Arten  und  höheren  Gruppen  von 
größter  Bedeutung  sind,  oder,  wie  die  rudimentären  Organe,  für  die  Richtigkeit  der  Des- 
zendenzlehre schlagende  Beweiskraft  besitzen,  hängen  mit  Selektion  gar  nicht  oder  nur  zum 
geringsten  Teile  zusammen.  Es  ist  ferner  wahrscheinlich,  daß  manche  einfache  Anpassungen 
und  gewisse  höchst  nützliche  Eigenschaften  der  Organismen,  wie  die  Fähigkeit,  sich  an 
Schädlichkeiten  zu  gewöhnen,  tropisch  reizbar  zu  sein  und  einen  Erhaltungstrieb  zu  besitzen, 
nicht  auf  Zuchtwahl  beruhen.  Aber  trotz  alledem  sind  der  Kampf  ums  Dasein  und  die  Se- 
lektion unendlich  wichtige  Faktoren,  die  täglich  und  stündlich  das  organische  Geschehen 
beeinflussen  und  uns  allein  in  den  Stand  setzen,  die  vielfach  so  wunderbar  komplizierten 
inneren  und  äußeren  Anpassungen  zu  verstehen.  Der  richtige  Standpunkt  ist  nach  meiner 
Meinung  der,  weder  von  einer  „Allmacht"  noch  von  einer  „Ohnmacht"  der  natürlichen 
Zuchtwahl  zu  sprechen,  sondern  sie,  so  wie  es  unser  großer  Meister  Darwin  tat,  als  einen 
wichtigen  Faktor  zu  bezeichnen,  welcher  zusammen  mit  anderen  Kräften  die  Welt  der  Or- 
ganismen regiert." 

Mit  derselben  Materie  beschäftigt  sich  Gulick  dann  noch  in  zwei  weiteren  Aufsätzen. 
Per  erste   erschien   in  den   Proc.   Bost.   Soc.  Njit.   History,    Vol.  XXIV    Boston,    1888 — 1890, 


—     37     — 

pag.  166--167  unter  dem  Titel:  ,,Lessons  in  the  Theory  of  divirgent  Evolution,  drawn  from 
the  Distribution  of  the  Land  Shells  of  the  Sandwich-Islands."  Die  zweite  Arbeit  Gulicks 
erschien  dann  in  dem  Journ.  Linn.  Soc.  Zool.  Vol.  XX,  London,  1890,  pag.  189 — 274  und 
führt  den  Titel :  „Divergent  evolution  through  cumulative  Segregation." 

In  dieser  gelehrten  Abhandlung  werden  seine  philosophischen  Auseinandersetzungen 
durch   lange    mathematische    Formeln   auf   8  Tafeln    erläutert. 

Im  Jahre  1897  erschien  in  den  „Jahresheften  des  Ver.  für  vaterl.  Naturkunde  in  Würt- 
temberg, pag.  68 — 86  ein  Aufsatz  von  L.  Clessin:  „Über  den  Einfluß  der  LImgebung  auf 
die  Gehäuse  der  Mollusken." 

Wenn  diese  Arbeit  auch  direkt  nicht  mit  der  Achatinellen-Literatur  in  Verbindung 
steht,  so  gibt  der  Verfasser  in  der  höchst  interessanten  Arbeit  eine  Reihe  von  Ursachen  an, 
die  zur  Bildung  abweichender  Formen  Veranlassung  geben.  Durchweg  sind  es  äußere  Be- 
dingungen, welche  ihren  Einfluß  geltend  gemacht  haben  zur  Erzeugung  dieser  abweichen- 
den Formen.  Eine  ganze  Reihe  analoger  Verhältnisse  läßt  sich  auf  die  Achatinellen  der 
Sandwich-Inseln   anwenden. 

Im  folgenden  Jahre,  1898,  erschien  in  den:  Proc.  Amer.  Assoc.  for  the  advancement 
of  Science,  XLVII,  pag.  357 — 358  ein  Aufsatz  von  A.  Hyatt:  „Evolution  and  migration  of 
Hawaiian  Land-Shells."  In  dieser  Arbeit  wird  sogar  die  vermutliche  Wanderung  der  Ur- 
achatinellen,  sowie  die  vermutliche  Abstammung  geschildert.  Den  hierauf  bezüglichen  Ab- 
satz  gebe    ich   in   der   Übersetzung   ohne   Kommentar  wieder: 

Pag.  357:  ,,Alle  Schnecken  stammten  wahrscheinlich  von  einem  gemeinsamen  Vor- 
fahren, der  neuerdings  ausgestorben  ist,  aber  früher  in  einem  Tale  an  der  westlichen  Seite 
der  Wasserscheide  der  längsten  oder  östlichsten  Gebirgskette  gesammelt  wurde.  Von  diesem 
Tale,  Kulionou,  fand  eine  Wanderung  nach  Norden  über  die  Ausläufer  statt.  Die  Stamm- 
art, Ächatinella  phaeozona,  Gulick,  entwickelte  eine  Anzahl  von  Gattungen,  als  sie  nach 
Norden  zog,  von  denen  die  drei  hauptsächlichsten  auf  der  Karte  dargestellt  sind,  und  ent- 
faltete  sich   auch   zu   einer   großen   Zahl   distinkter  Arten." 

Nach  Newcomb,  Synopsis,  pag.  324,  Nro.  93  ist  die  „Stammart  der  Achatinellen" 
Äch.  phaeozona  ?  Gul.  eine  Varietät  von  Ach.  ovata,  Newc.  und  gegründet  auf  eine  „im- 
mature"   Form. 

Auch  Hartman,  Cat.  Ach.  pag.  30,  stellt  phaeozona  als  „immature"  Form  zu 
ovata,  Newc. 

Baldwin,  Cat.  pag.  5,  stellt  sie,  wohl  infolge  des  scharfen,  unausgebildeten  Mund- 
saumes, als  Art  zu  ÄchatineUastrum.  Auch  Sykes,  Fauna  Haw.  pag.  308,  Nro.  29,  stellt 
sie  als   ,,eine  ihm  unbekannte  Form"  zu  ovata,    Newc. 

Eine    „Stammart"    dürfte   doch   wohl    eigentlich    eine    gute,    allseitig    an- 
erkannte  Art    sein! 

Schriften  allgemeineren  Inhalts  über  Lebensweise,  Verbreitung  im  Räume,  Verteilung 
auf  die  einzelnen  Inseln  u.  dgl.  erschienen  ebenfalls  am  Ende  des  vergangenen  Jahrhunderts. 

Im  8.  Jahrgange  der  Zeitschrift  „Humboldt",  1889,  pag.  464 — 465,  erschien  ein  inter- 
essanter Aufsatz  von  Dr.  W.  Kobelt:  „Die  Achatinellen  der  Sandwich-Inseln."  Nach  einigen 
allgemeinen  Bemerkungen,  über  das  endemische  Vorkommen  der  Achatinellen,  über  die 
zahlreichen  Arten  und  Varietäten  und  über  die  Stellung  im  Systeme,  berichtet  der  Verfasser 


—     38     — 

über  die  im  Hartmanschen  Kataloge  gegebenen  einleitenden  Bemerkungen,  über  Aufenthalts- 
orte, über  Verbreitung  im  allgemeinen  und  auf  den  einzelnen  Inseln.  Zum  Schluß  wird  die 
irrige  Ansicht  der  europäischen  Forscher,  als  seien  die  Achatinellen  im  Aussterben  begriffen, 
widerlegt. 

Ein  weiterer  höchst  interessanter  Aufsatz  von  Dr.  Henry  de  Varigny  erschien  in 
den  ,,Compte-rendu  des  seances  du  Congres  international  de  Zoologie",  1889,  pag.  65 — 75: 
„Note   sur   les   mollusques   terrestres   et   en   particulier  sur  les  Achatinelles  des  lies  Hawaii." 

Varigny  gibt  zuerst  eine  allgemeine  geographische  und  geologische  Beschreibung  der 
Inseln,  sodann  eine  Übersicht  der  Gattungen  der  Landschnecken,  im  Anschluß  daran  eine 
genauere  Übersicht  über  die  Achatinellen  im  allgemeinen  mit  einer  Einteilung  in  die  be- 
kannten Gruppen  und  schließlich  eine  genauere  Beschreibung  der  einzelnen  Inseln,  sowie 
eine  Aufzählung  der  Gattungen,  welche  die  einzelnen  Inseln  bewohnen.  Einige  wichtige  Ar- 
beiten von  Gulick  und  Baldwin  werden  am  Ende  des   Aufsatzes  aufgeführt. 

Im  Anschluß  an  die  Varignysche  Arbeit  findet  sich  in  derselben  Zeitschrift,  pag.  75, 
ein  kleiner  Aufsatz  von  Adolphe  Boucard  über  das  endemische  Vorkommen  der  Acha- 
tinellen sowie  über  die  große  Variabilität  derselben.  Boucard  nimmt  an,  wie  auch  Hartman 
in  seinem  Kataloge  pag.  18,  daß  die  Kreuzung  ein  Hauptfaktor  zur  Bildung  der  vielen 
Varietäten  mit  sei  und  führt  als  analoge  Beispiele  die  Gattungen  GaUinida  und  Cohimha 
unter  den  \'ögeln  und  die  Gattungen  Heliconia  und  Itlionica  unter  den  Insekten  an. 

Eine  interessante  Bemerkung  über  die  so  beträchtliche  Anzahl  von  Achatinellen  auf 
so  kleinem  Räume  von  Dr.  P.  Fischer  findet  sich  ebenfalls  in  derselben  Zeitschrift  pag.  75. 
Fischer  schreibt:  „Le  nombre  considerable  des  especes  d' Achatinelles  qui  se  trouvent  con- 
finees  dans  le  petit  espace  represente  par  l'archipel  Hawaiien  est  une  des  plus  grandes 
curiosites  de  la  nature  actuelle.  On  pourrait  l'expliquer  en  admettant  que  cet  axchipel  est 
le  reste  d'une  terre  plus  etendue,  sinon  d'un  ancien  continent ;  mais  sa  nature  volcanique 
s'oppose  ä  cette  maniere  de  voir." 

Zur  Illustration  dieser  interessanten  Variabilität  fügt  Preudhomme  de  Borre, 
pag.  75,  hinzu:  „Les  Carabiques  des  iles  Hawaii  presentent  des  faits  identiques  ä  ceux  dont 
il  vient   d'etre  question,   au   sujet   des  Achatinelles." 

Das  Werk  von  Dr.  Adolf  Marcuse:  „Die  Hawaiischen  Inseln",  Berlin,  1894,  8", 
beschäftigt  sich  in  der  Hauptsache  mit  den  geographischen,  geologischen,  physikalischen  \"er- 
hältnissen  der  Inseln,  mit  den  nach  den  Hawaiischen  Inseln  unternommenen  wissenschaft- 
lichen Expeditionen,  mit  den  Bewohnern  der  Inseln  und  ihren  Sitten  und  Gebräuchen,  sowie 
mit  der  Geschichte  dieses  Inselvolkes.  Ein  kurzes  Kapitel  ist  auch  der  Flora  und  Fauna  der 
Inseln  gewidmet.  In  demselben  findet  sich  auf  pag.  141  eine  kurze  Bemerkung  über  die 
Achatinellen.  Am  Schlüsse  dieser  höchst  interessanten  Arbeit  findet  sich  eine  Literatur- 
Übersicht,  die  leider  manche  Lücke  aufweist. 

Das  klassische  Werk  van  Alfred  Rüssel  Wallace,  „Island  Life",  London,  1895. 
2.  ed.  8",  behandelt  im  XV.  Kapitel  die  Sandwich-Inseln  und  auf  pag.  316 — 318  die  Land- 
schnecken derselben.  Interessante  Parallelen  werden  gezogen  zwischen  den  Sandwich- 
Schnecken  und  denen  der  übrigen  polynesischen  Inseln,  sowie  denen  von  Australien,  China, 
Bourboäi  und  den  westindischen  Inseln.  Das  enorme  Überwiegen  der  endemischen  Arten 
auf  den   Sandwich-Inseln  veranlaßt  Wallace,  zu  folgern,  daß  der  Ursprung  dieser  Mollusken- 


—     P>9     — 

gattungeil   unzweifelhaft    sehr   weit   zurückhegen  muß,  zu  einer  Zeit,  wo  die  Verteilung  vieler 
Molluskengruppen  von  der  jetzt  herrschenden  sehr  verschieden   war. 

Eine  Broschüre  „Les  lies  Hawaii"  von  Dr.  Walter  Maxwell,  behandelt  vorwiegend 
die  Erzeugnisse  des  Bodens.  Auf  pag.  14  und  15  wird  der  Wald,  der  Hauptaufenthalt  der 
Achatinellen,  behandelt. 

Von  Professor  Dr.  Schauinsland  erschien  in  den  Abh.  Nat.  Ver.  Bremen,  Bd.  XVI, 
Heft  3,  pag.  513 — 543,  1900  ein  höchst  interessanter  Aufsatz:  „Ein  Besuch  auf  Molokai,  der 
Insel  der  Aussätzigen."  In  demselben  werden  in  fesselnder  Weise  Land  und  Leute  der  Insel, 
Flora  und  Fauna,  sowie  die  ernsten  Leprastationen  mit  ihren  unglücklichen  Bewohnern  ge- 
schildert. Zahlreiche  Abbildungen  illustrieren  diesen  lehrreichen  Aufsatz.  Auch  den  Acha- 
tinellen  wird   auf  pag.  527   ein   kurzer  Abriß  gewidmet. 

Eine  zusammenstellende  Arbeit  über  die  Verbreitung  der  Gattung  Achatinella  inner- 
halb der  Inseln  des  Hawaiischen  Archipels,  welche  auf  Autopsie  beruhte,  war  bislang  nicht 
erschienen.  Die  erste  darauf  bezügliche  übersichtliche  Arbeit  verdanken  wir  der  Feder  des 
leider  verstorbenen  Dr.  W.  D.  Hartman  aus  West-Chester,  Philadelphia.  In  seiner  Ein- 
leitung zu  dem  „A  bibliographic  and  synonymic  Catalogue  of  the  Genus  Achatinella"  in : 
Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  188,  pag.  16 — 56,  verbreitet  sich  der  Verfasser,  nach 
kurzen  geschichtlichen  Bemerkungen  über  die  Gattung  Achatinella  im  allgemeinen  sowie 
über  einzelne  Gattungen  im  besonderen,  über  die  Verbreitung  auf  den  einzelnen  Inseln  in 
eingehender  Weise.  —  Man  vergleiche  hierüber  auch  Kobelts  Arbeit  im  Humboldt.  —  So- 
dann gibt  Hartman  ein  Verzeichnis  aller  beschriebenen  Arten  mit  Literatur-  und  Fundorts- 
angabe, gruppiert  nach  den  bekannten  Pfeifferschen  Gattungen.  Eine  ganze  Anzahl  „soge- 
nannter Arten"  haben  ihren  Platz  als  Synonyme,  Farben-  und  Formvarietäten  bei  längst  an- 
erkannten guten  Arten  gefunden.  Wenn  auch  schon  durch  dieses  gerechtfertigte  Vorgehen 
eine  große  Zahl  unhaltbarer  Formen  zu  Varietäten  degradiert  worden  ist,  so  finden  sich 
trotzdem  noch  eine  ganze  Reihe,  deren  Artberechtigung  zweifelhaft  erscheint.  Leider  finden 
sich  in  der  sonst  sehr  verdienstvollen  Arbeit  fast  auf  jeder  Seite  Druckfehler  und  ungenaue 
Citate. 

In  derselben  Zeitschrift  findet  sich  von  demselben  Verfasser,  Jahrg.  1888,  pag.  14 
und  15  „A  bibliographic  and  synonymic  Catalogue  of  the  Genus  Auriculella,  Pfeiffer".  Auch 
hier  werden  bei  den  einzelnen  Arten  die   Synoyme,    Literatur   und   Fundorte  angegeben. 

Einige  neue  von  Hartman  kreierte  Arten  finden  sich  in  seinem  Kataloge  pag.  34,  50, 
52  und  55,  sowie  in  seiner  Arbeit:  ,,New  species  of  shells  from  the  New  Hebrides  and 
Sandwich  Islands"  in  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Phil.  1888,  pag.  256.  Die  neuen  Arten  sind 
abgebildet   in   derselben   Zeitschrift   auf   Taf.  i,  Fig.  3.  7,  15  und  16,  und  auf  Taf.  13,  Fig.  7. 

Um  dieselbe  Zeit  erschienen  Arbeiten  über  die  Achatinellen  und  die  Land-  und  Süß- 
wasserschnecken der  ,,Hawaiian  Islands"  von  dem  Rev.  D.  D.  Baldwin  aus  Hamakuopoko, 
Insel  Maui.  Die  erste  Arbeit  Baldwins  ist  „prepared  expressly  for  the  Hawaiian  Almanac 
and  Annual  for  the  year  1887",  umfaßt  6  Seiten  und  führt  den  Titel:  Land  Shells  of  the 
Hawaiian  Islands."  In  dieser  Arbeit  schildert  der  Verfasser  nach  kurzen  einleitenden  Be- 
merkungen   I.   die   Geschichte   des   Genus  Achatinella,  2.  die  gegenwärtigen  Wohnplätze  der- 


—     40     — 

selben,  3.  die  Anzahl  der  bekannten  Arten,  4.  die  Klassifikation  der  Achatinellen,  5.  die 
geographische  Verbreitung  derselben  und  6.  andere  Arten  von  Landschnecken  der  Sand- 
wich-Inseln. 

Sechs  Jahre  später,  1893,  erschien  von  demselben  Verfasser:  „Catalogue  Land  and 
Fresh  Water   Shells   of  the   Hawaiian   Islands."    Honokilu,    1893,  8°,   25   Seiten. 

Der  Katalog  ist  ein  bloßes  Namensverzeichnis  aller  Land-  und  Süßwasserschnecken 
der  Sandwich-Inseln  mit  Fundortsangabe,  aber  ohne  Literaturangabe  und  Synonyme.  Am 
Schlüsse  findet  sich  ein  alphabetisches  \'erzeichnis  von  Synonymen  und  Varietäten.  Der  Ver- 
fasser ist  sehr  gnädig  mit  den  fraglichen  Arten  verfahren.  Sehr  wertvoll  ist  diese  Arbeit 
dadurch,  daß  sie  das  erste  zusammenhängende  \'erzeichnis  ist,  welches  alle  bekannten  Land- 
und  Süßwasserarten  aufzählt. 

Eine  große  Anzahl  neuer  guter  Arten  und  \'arietäten  —  32  —  beschreibt  derselbe 
Verfasser  in  den:  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  1895,  pag.  214 — 236,  Taf.  X  u.  XI 
unter  dem  Titel :  „Descriptions  of  New  Species  of  Achatinellidae  from  the  Hawaiian  Is- 
lands." Die  Arten  werden  durch  präzise  Diagnosen  und  vorzügliche  Abbildungen  illustriert. 
Von  drei  Arten  sind  auch  Kiefer  und  Radulazähne  abgebildet  und  beschrieben,  ein  Abstrakt 
der  darauf  bezüglichen  Arbeit  von  Gwatkin  und  Suter,  s.  Literaturverzeichnis.  Die  interessante 
Gattung  Carinella,  welche  nur  Kauai  bewohnt,  bekommt  in  der  prächtigen  Carinella  linud- 
seni  einen  neuen  Zuwachs.  Auch  die  eigentümliche  runde  Amastra-Grwp^e  —  von  Sykes 
Amastrella  benannt  —  erhält  in  der  Baldwinschen  Am.  cyclostoma  einen  neuen  Vertreter. 
Merkwürdigerweise  stammen  fast  alle  die  eigenartigen  Formen,  Carelia,  Carinella,  Ama- 
stt'ella,  von   der   Insel  Kauai ! 

Zwei  weitere  neue  Arten  publiziert  Baldwin  in:  ,,The  Nautilus",  Philadelphia,  1896, 
8",  Vol.  X,  Nro.  3,  pag.  31  und  32,  leider  ohne  Abbildungen,  unter  dem  Titel:  Description 
of  two  New  Species  of  Achatinellidae  from  the  Hawaiian  Islands",  Partulina  Hayseldeni 
und  Amastra  aurostoma,  beide  von  der   Insel   Lanai. 

Im  X\T1.  Vol.  des  Nautilus,  1903 — 1904,  pag.  34 — 36,  erschien  von  Baldwin  eine 
Publikation  weiterer  vier  neuer  Arten.  „Descriptions  of  New  Species  of  Achatinellidae  from 
the  Hawaiian  Isles."    Amastra  Henshaun,  Am.  saxicola,   Am.  senilis  und  Am.  fossilis. 

Einen  bedeutenden  Zuwachs  erhielt  die  Achatinellen-Literatur  durch  die  Arbeiten  des 
Administrators  E.  Felix  Ancey  in  Dra-el-Mizan,    Algier. 

Zunächst  erschien  in:  „Bull.  Soc.  malac.  France,  Vol.  \T,  Juin  1889,  pag.  171 — 258", 
Etüde   sur   la   Faune   malacologique   des   iles  Sandwich   par    C.  F.  Ancey. 

Im  ersten  Teile  dieser  Arbeit  werden  beschrieben  die  Gattungen :  Patula,  Charopa, 
Pitys,  Endodonta,  Sitala  und  Tropidoptera;  im  zweiten  Teile  die  Gattungen  Hyalinia 
und  Microcystis ;  im  dritten  Teile  die  Gattungen  Auriculella  mit  24  Arten,  Frickella, 
I  Art,  und  Tornatellina  mit  6  Arten;  der  vierte  Teil  gibt  eine  Monographie  der  Gattung 
Succinea. 

Im  selben  Jahre,  1889,  beschreibt  Ancey  in:  „Le  Naturaliste",  Paris,  1889,  11.  annee, 
2.  Serie,  Nro.  65,  pag.  266  unter  dem  Titel :  „Diagnoses  de  Mollusques  nou\eaux"  Leptacha- 
tina  columna  von  Oahu,  und  im  selben  Jahrgange  Nro.  67,  pag.  290  und  291:  ,, Descriptions 
de   Mollusques   nouveaux"   Limnaea  aulacospira  von   der  Insel  Maui. 

In   den:    Bull.  Soc.  malac.  France,   Vol.  VII,  Juin  1890,  pag.  339 — 347  erschien:  ,,Mol- 


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lusques  nouveaux  de  l'Archipel  d'Hawaii,  de  Madagascar  et  de  l'Afrique  äquatoriale  par 
C.  F.  Ancey.  Neu  von  den  Sandwich-Inseln  werden  darin  publiziert :  Microcystis  turgida, 
Pupa  mirabilis,  Amastra  heliciformis  von  Oahu,  Tornatellina  extincta  und  Helicina 
Magdalenae. 

Ein  weiterer  Beitrag  zur  RloUuskenfauna  der  Sandwich-Inseln  von  C.  F.  Ancey  findet 
sich  unter  dem  Titel :  „Etudes  sur  la  faune  Malacologique  des  iles  Sandwich",  in  den : 
Memoires  de  la  Societe  zoologique  de  France.  Tome  V,  annee  1892,  pag.  708 — 722.  In 
dieser  Arbeit  gibt  Ancey  eine  Revision  der  Gattung  Pupa,  dann  die  Beschreibung  einer 
neuen  Caecilianella  Baldwini  und  pag.  719,  §  7  die  Beschreibung  einer  neuen  Amastra 
Frosti,  sowie  auf  pag.  720  die  Beschreibung  einer  Carelia  Sinclairi  von  der  Insel  Niihau. 
Es  ist  die  erste  bekannte  Carelia  von  Niihau,  aber  bislang  nur  in  gut  erhaltenen,  aber 
abgestorbenen  Exemplaren  gesammelt.  Den  Schluß  der  Arbeit  bilden  Zusätze  und  Be- 
richtigungen zu  bereits   von   Ancey   erwähnten  Arten. 

Eine  Fortsetzung  der  „Etudes  sur  la  Fauna  malacologiques  des  iles  Sandwich"  findet 
sich  ebenfalls  in  den:  Memoires  de  la  Societe  zoologique  de  France,  Tom.  VI,  annee  1893, 
pag.  321 — 330.  Die  Arbeit  bringt  eine  vollständige  Monographie  der  interessanten  Gattung 
Carelia  von  der  Insel  Kauai.  Leider  werden  weder  von  den  schon  beschriebenen  noch  von 
den  drei  neuen  Anceyschen  Arten:  Sinclairi,  glutinosa  und  Dolei  Abbildungen  gegeben, 
welche  das  Erkennen  der  Arten  wesentlich  erleichtert   hätten. 

Am  Schluß  dieser  Abhandlung  findet  sich  dann  noch  die  Diagnose  der  neuen  Ancey- 
schen:  Microcystis  Lymanniana  von  der  Insel  Oahu. 

Die  Zeitschrift  ,,Le  Naturaliste"  par  Deyrolle  bringt  im  19.  Jahrgange,  2.  Serie, 
Nro.  250,  I.  August  1897,  pag.  178  ,,Descriptions  de  deux  nouvelles  especes  de  Mollusques 
(Achatinellidae)  par  C.  F.  Ancey.  An  dieser  Stelle  ist  aber  nur  eine  Art,  „Amastra  Dil- 
randi"   von   Waianae   auf  der   Insel   Oahu   beschrieben. 

In  demselben  Jahrgange  der  Zeitschrift  „Le  Naturaliste"  Nro.  254,  i.  Oktober  1897, 
pag.  222  folgt  dann  unter  dem  Titel:  ,,Descriptions  d'un  Mollusque  nouveau"  die  Beschrei- 
bung von  Leptachatina  approximans,  ebenfalls  von  Waianae   auf  der   Insel   Oahu. 

Einen  weiteren  Beitrag  zur  Molluskenfauna  der  Sandwich-Inseln  liefert  Ancey  in  der 
Arbeit :  „Some  notes  on  the  non-Marine  Molluscan  Fauna  of  the  Hawaiian  Islands,  with 
diagnoses  of  New  Species  in:  Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.  III,  Part  5,  Juli  1899,  pag.  268 
bis   274,   Taf.  XII   und   XIII. 

Von  Achatinellen  werden  in  dieser  Arbeit  neu  beschrieben  und  abgebildet  Amastra 
Frosti  var.  unicolor,  pag.  269,  Taf.  XII,  Fig.  11,  Amastra  simularis,  Hartm.  var.  maura, 
pag.  270,  Taf.  XIII,  Fig.  16,  var.  semicarnea,  pag.  270,  Taf.  XIII,  Fig.  8  und  Leptachatina 
isthmica,  pag.  270,  Taf.  XIII,  Fig.  20.  Außerdem  bildet  Ancey  ein  neues  Subgenus,  „Bald- 
winia",  und  stellt  dazu  die  Partulinen  von  Hawaii :  physa,  Newc,  Horneri,  Baldw.  und 
Hawaiiensis,  Baldw.,  ferner  grisea,  Newc,  und  dubia,  Newc,  letztere  beide  von  der  Insel 
Maui. 

Von  A.  B.  Lyons,  Professor  of  Natural  Sciences  at  the  Oahu  College,  erschien  im 
„Hawaiian  Almanac  and  Annual  for  1892"  ein  Aufsatz:  „A  few  Hawaiian  Land  Shells" 
1891,  pag.  103 — 109,   Taf.  I   und  2. 

Es  ist  ein  Verzeichnis  von  70  auf  zwei  Tafeln   abgebildeten   Arten.    Bei  den   Arten   ist 

Zoologlca.    Bett  «8.  6 


—     4-2     — 

der  Fundort  und  das  Kolorit  der  Gehäuse  angegeben.  Die  Abbildungen  der  „tree  shells", 
„the  jeweltry  of  our  forests",  wie  Lyons  sie  nennt,  sind  ein  „photographisches  Experiment", 
genügen  aber  nicht  zur  Unterscheidung  der  einzelnen  Arten. 

\'on  E.  R.  Sykes  erschienen  als  \'orläufer  einer  größeren  Arbeit  verschiedene  kleinere 
Abhandlungen.  Zunächst  in  den  ,,Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.  II,  Part  3,  Okt.  1896,  pag. 
126 — 132:  „Preliminary  Diagnoses  of  new  species  of  Non-Marine  Mollusca  from  the  Hawaiian 
Islands",  Part   I.    By  E.  R.  Sykes. 

Es  ist  eine  Beschreibung  von  14  neuen  Arten,  darunter  4  Leptachatina  von  Lanai, 
2  Ämastra  von   Lanai  und  3   von  Molokai,   und    i  Netccombia   von  Molokai. 

In  Part  II  der  „Preliminary  Diagnoses  of  new  species  of  Non-Marine  Mollusca  from 
the  Hawaiian  Islands",  Proc.  mal.  Soc.  London,  Vol.  II,  Part  6,  November  1897,  pag.  298 
und  299  wurden  weitere  vier  Arten  beschrieben,   darunter  keine   Achatinellidae. 

Eine  kompilatorische  Zusammenstellung  der  auf  die  Mollusken  der  Sandwich-Inseln 
bezüglichen  Literatur  erschien  unter  dem  Titel :  „Contributions  towards  a  List  of  Papers  re- 
lating  to  the  Non-Marine  Mollusca  of  the  Hawaiian  Islands.  By  E.  R.  Sykes,  See.  edition. 
Hertford,   Dec.   1897.    8°. 

Es  ist  eine  schätzenswerte  alphabetische  Aufzählung  der  Literatur,  aber  leider  unvoll- 
ständig und  an  manchen   Stellen   ungenau. 

Der  letzte  \'orläufer  erschien  1899  in  den  Proc.  mal.  Soc.  London,  Vol.  III,  Nro.  5, 
Juli  1899,  pag.  275  und  276,  Taf.  13  und  14:  „Illustrations  of,  with  Notes  on,  some  Ha- 
waiian Non-Marine   Mollusca." 

Taf.  13  liefert  gute  Abbildungen  von  „Type-specimens",  beschrieben  von  Ancey,  aber 
bis  dahin  nicht  abgebildet.  Taf.  14  gibt  neue  und  tadellose  Abbildungen  der  Gulickschen 
Leptachatinen,  angefertigt  nach  den  Gulickschen  Originalen,  welche  sich  im  Museum  der 
„Boston  Society  of  Natural  History"  befinden.  Die  Gulickschen  Originalabbildungen  in  den 
„Annais   New  Y.  Lyc.  Nat.  Hist.   Vol.  VI,   Plate  7   sind  absolut  unbrauchbar. 

Das  opulent  ausgestattete  Werk:  „Fauna  Hawaiiensis  or  the  Zoologie  of  the  Sandwich 
Isles",  Cambridge,  1900,  4°,  enthält  im  IV.  Teile  des  IL  Bandes,  pag.  271 — 412  die  Be- 
schreibung der   Land-   und   Süßwasser-Mollusken  von  E.  R.  Sykes. 

Eine  Beschreibung  ist  es  nur  insofern,  als  es  die  Diagnosen  der  neuen  Sykesschen 
Arten  mit  guten  Abbildungen  auf  Taf.  XI  enthält.  Taf.  XII,  von  Lt.  Col.  H.  H.  Godwin- 
Austen,  ist  der  Anatomie  von  einer  Godwinia,  einer  Phüonesia,  einer  Leptachatina  und 
einem  Ancylus  gewidmet.  Im  übrigen  ist  die  sehr  verdienstvolle  Arbeit  ein  Namenklator 
aller  bislang  bekannten  Arten  und  Varietäten  mit  Literatur-  und  Fundortsangabe.  Bei 
manchen  Arten  sind  Bemerkungen  über  \^ariabilität.  Ab-  oder  Anerkennung  der  Arten  und 
dergl.  gegeben.  Über  die  Stellung  mancher  Arten  im  Systeme,  z.  B.  der  mighelsia)ia  bei 
PartuUna,  der  Laminellen  als  Subgenus  von  Amastra,  oder  perJcinsi  bei  Newcombia,  der 
vülosa  bei  Laminella  u.  a.  m.  dürfte  man  anderer  Ansicht  sein,  doch  darüber  mehr  bei  der 
Fauna  von  Molokai.  Ob  ferner  manche  aufgestellte  Arten  als  solche  Berechtigung  haben, 
ob  ferner  nahe  verwandte  Arten  der  benachbarten  Inseln  als  distinkte  Arten  anzuerkennen 
sind  und  ob  jede  Insel  eigene  Arten  enthält,  darüber  werde  ich  bei  der  Behandlung  der 
Molokai  -  Arten  eingehender  mich  äußern.  Trotzdem  ist  die  Sykessche  Arbeit  eine  sehr 
wichtige,  weil  sie  uns  ein  Bild  der  Gesamtfauna    der    Mollusken    der    Sandwich-Inseln    gibt. 


—     43     — 

Zu  bedauern  ist  nur,  daß  nicht  bei  den  einzelnen  Arten  die  Original-Diagnosen  angeführt 
sind,  man  ist  immer  noch  gezwungen,  in  der  so  ungemein  verzettelten  Literatur  nach  den 
einzelnen  Beschreibungen,  die  zudem  oft  sehr  schwer  erhältlich  sind,  zu  suchen,  und  die 
Arbeit  mit  den  Achatinellen  wird  dadurch  bedeutend  erschwert. 

Eine  interessante  und  eingehende  Studie  über  die  Baldwinsche  Ächatinella  rnulti- 
zonata  enthalten  die  „Occasional  Papers  of  the  Bernice  Pauahi  Bishop  Museum  of  Poly- 
nesian  Ethnologie  and  Natural  History",  Vol.  II,  Nro.  i.  Directors  Report  for  1902.  Hono- 
lulu,   1903,   8°,   pag.  65 — 76   und   3  Tabellen. 

„Distribution  and  Variation  of  Ächatinella  niultizonata,  Baldw.,  from  Nunanu  Valley. 
(Oahu.) 

Der  Verfasser  hat  die  1785  an  obiger  Lokalität  gesammelten  Exemplare  nach  Farbe, 
Bänderung  und  Form  in  25  Varietäten  unterschieden  und  diese  wiederum  zu  7  großen 
Gruppen  zusammengestellt,  das  Vorkommen  der  Varietäten  auf  den  17  Hügelreihen,  ridges 
and  sub-ridges,  genau  angegeben  und  endlich  die  Verbreitung  auf  den  einzelnen  Pflanzen 
genau  geschildert.  Zur  Illustration  dienen  3  Tabellen,  welche  in  Prozenten  die  Verbreitung 
der  einzelnen  Varietäten  auf  den  Hügeln,  die  Verbreitung  der  Pflanzen  auf  denselben  und 
endlich  die  Verbreitung  der  Varietäten  auf  den  einzelnen  Pflanzen  angeben.  —  Wo  bleibt 
aber  Ächatinella  hellula,  Smith,  die  schon  1873  beschrieben  und  als  gute  Art  anerkannt 
ist?  Wäre  es  nicht  vielleicht  richtiger  gewesen,  wenn  die  ältere  hellula  als  Stammform  an- 
genommen wäre  und  an  diese  die  Formen  der  multizonata  angereiht  wären.  Die  Unter- 
schiede zwischen  beiden  sind  so  unwesentlich,  daß  sie  kaum  als  getrennte  „Arten"  ange- 
sehen werden  können.  Vielleicht  hätte  der  Verfasser  auch  noch  ligata,  Smith,  nympJia, 
Gulick,  albescens,  Gulick,  pulcherrima,  Pfr.,  und  pulcherrima,  Swains.  mit  in  den  Formen- 
kreis  ziehen  können. 

Einen  kleinen  Beitrag  zur  Bereicherung  der  Molluskenfauna  der  Sandwich-Inseln 
lieferte  der  Verfasser  selbst :  ,, Diagnosen  neuer  Achatinellen-Formen  von  der  Sandwich-Insel 
Molokai."  Nachrichtsblatt  der  Deutschen  Malakozool.  Gesellschaft.  Nro.  3  und  4,  1901,  pag. 
52 — 58.  Fünf  neue  Formen,  welche  sich  in  dem  reichhaltigen  Materiale  der  Meyerschen 
Sammlung,  Kalae,  befanden,  werden  beschrieben. 

Eine  wissenschaftlich,  anatomische  Arbeit  über  die  Stellung  von  Partula  und  Ächa- 
tinella im  System  erschien  von  Henry  A.  Pilsbry  in  den  Proc.  Acad.  Nat.  Science,  Phila- 
delphia, Part  III,  1901,  pag.  561 — 567,  PlateXVII:  „On  the  zoological  Position  of  Partula 
and  Ächatinella."  Auf  pag.  564 — 565  und  pag.  565 — 567,  Plate  XVII,  Fig.  3,  3a,  5,  7  u.  7a 
gibt  Pilsbry  die  Anatomie  von  Partida  rosea,  Brod.,  und  Ächatinella  Dolei,  Baldwin  und 
stellt  auf  Grund  anatomischer  Ergebnisse  die  Partuliden,  Pupiden  und  Achatinelliden  zu  den 
Orthurethra  der  Vasopulmonaten ;   pag.  564. 

Die  jüngste  Arbeit  über  Achatinellen:  „Descriptions  of  new  species  of  Achatinellidae 
from  the  Hawaiian  Isles."  By  Rev.  D.  D.  Baldwin,  The  Nautilus,  Philadelphia,  Vol. XVII, 
1903 — 1904,  pag.  34 — 36,  ist  bereits  bei  den  andern   Schriften   Baldwins   erörtert  worden. 

Dieser  jüngsten  Arbeit  sind  im  Laufe  des  Jahres  noch  zwei  weitere  Arbeiten,  welche 
sich  ebenfalls  mit  den  Mollusken  der  Sandwich-Inseln  beschäftigen,  gefolgt.  Beide  sind  er- 
schienen im  VI.  Bande,  Nro.  2  der  Proceedings  of  the  Malacological  Society  of  London, 
Juni   1904. 


~     44     — 

Pag.  112  und  113:  ,,The  Hawaiian  species  of  Opeas.  By  E.  R.  Sykes."  In  dieser 
Arbeit  werden  außer  einigen  Bemerkungen  über  die  beiden  bekannten  Arten :  junceus, 
Gould,  und  pyrgiscus,  Pfr.,  eine  neue  Art  von  Hawaii,  0.  Henshaivi,  kreiert  und  zur 
0.  Prestoni,  Sykes,  welche  von  Ceylon  stammt,  eine  neue  Varietät,  Haivaiiensis  von  Hawaii, 
gebildet.    Sämtliche  Arten  sind  durch  gute  Text-Abbildungen   illustriert. 

Pag.  117 — 128  enthält  eine  Arbeit  von  C.  F.  Ancey:  ,,0n  some  non-marine  Ha- 
waiian Mollusca."  In  derselben  werden  zunächst  fünf  neue  Succineen  beschrieben:  Succinea 
Kuhnsi,  tenerrinia  und  quadrata  von  Hawaii;  Sticcinea  apicalis  und  tetragona  von  Maui. 
Succinea  casta,  Anc,  erhält  zwei  neue  Varietäten :  orophila  und  Henshawi,  beide  von 
Hawaii.  Weitere  Neubildungen  sind:  Microcystis  rufobrunnea  von  Hawaii;  Kaliella 
Thaanumi  und  lubricella  von  Hawaii;  Yitrea  Hawaiiensis  von  Hawaii;  Auriculella  mal- 
leata  und  canalifera,  erstere  von  Oahu,  letztere  von  Molokai ;  Partulina  physa,  Newc, 
var.  phaeostoma  von  Hawaii;  A))uistra  luctuosa,  Pfr.,  var.  sulphurea  von  Oahu;  Carelia 
f'uliginea,  Pfr.,  var.  siituralis,  und  Carelia  turricula,  Migh.,  vsLX.azona,  beide  von  Kauai; 
Nesopupa  Baldwini  von  Molokai  und  Maui,  und  dazu  var.  cew^ra^is  von  Hawaii;  iZVeso^Mjoa 
plicifera  von  Oahu;  Nesopupa  Thaanumi  von  Hawaii;  Nesopupa  Wesleyana  von  Hawaii, 
Maui  und  Oahu;  Nesopupa  Kauaiensis  von  Kauai;  Lyropupa  clalhrafula  von  Hawaii; 
Lyropupa  carhonaria  von  Oahu;  Lyropupa  ?nicrothauma  von  Oahu;  Helicina  Baldwini 
von  Kauai;  Helicina  dissotropis  von  Oahu;  Helicina  sulculosa  von  Hawaii.  Außerdem 
befinden  sich  in  der  Arbeit  einige  Bemerkungen  und  neue  Fundorte  zu  bekannten  Arten. 
Die  neuen  Arten,  sowie  die  von  Baldwin  im  Nautilus,  Vol.  XVII,  1903,  pag.  34,  neu  be- 
schriebene Amastra  Henshawi,  sind  durch  tadellose  Abbildungen  auf  PI.  VII,  Fig.  i — 25 
dargestellt. 


IL   Bemerkungen 

über  Art  und  Varietät. 

Bevor  ich  zur  Beschreibung  der  Achatinellen  von  Molokai  übergehe,  mögen  mir  noch 
einige  Bemerkungen  über  meine  Auffassung  des  Begriffs :  Art,  Varietät  und  Form  gestattet 
sein.  Ich  lehne  mich  dabei  an  die  grundlegende  und  für  mich  maßgebende  Arbeit  des 
Professors  Dr.  L.  Döderlein,  Straßburg,  an.  Dieselbe  ist  erschienen  in:  Zeitschr.  Morph. 
Anthrop.  4.  Bd.  1902,  pag.  394 — 442  unter  dem  Titel:  ,,Über  die  Beziehungen  nahe  ver- 
wandter Tierformen."  Man  vergleiche  auch  das  ausführliche  Referat  von  Professor 
Dr.  F.  V.  Wagner  über  Döderleins  Arbeit  in:  Zool.  Zentralblatt,  Leipzig,  Engelmann, 
X.  Jahrg.  30.  Okt.  1903,   Nro.  20  und  21,   pag.  693 — 698. 

Diese  Arbeiten  können  jedem  Systematiker  nicht  warm  genug  empfohlen   werden. 

Es  mögen  daraus  einige  der  wichtigsten   Leitsätze   hier   ihre   Erwähnung  finden : 

„Es  muß  einen  Begriff  geben  für  die  engsten  noch  zulässig  abgrenzbaren  natürlichen 
Tierformen,  die  möglich  sind,  um  eine  systematische  Einheit  zu  erhalten.  Dieser  Begriff  ist 
die  Linnesche  Species  und  von  ihm  müssen  wir  das  praktisch  Brauchbare  und  Wichtigste, 
die  scharfe  LTnterscheidbarkeit,  behalten,  mögen  wir  im  übrigen  von  ihm  denken,  was  wir 
wollen.  Eine  Art  als  systematische  Einheit  muß  demnach  eine  Formengruppe  darstellen, 
die  von  andern  scharf  abgegrenzt  werden  kann,  und  in  jedem  der  ihr  subsummierten  Indi- 
viduen die  L^nterscheidungsmerkmale  zur  Anschauung  bringt.  In  typischen  Arten  wohl 
unterscheidbare,  aber  durch  Übergänge  verbundene  und  infolgedessen  zuverlässig  und  ohne 
Willkür  nicht  trennbare  Tierformen  müssen  daher  als   , .Varietäten"   betrachtet   werden." 

„Für  den  Descendenztheoretiker  ist  es  selbstverständlich,  daß  die  Linneschen  Arten 
keine  natürlich  umschriebenen  Formengruppen  darstellen,  deren  Grenzen  seit  jeher  und  für 
immer  feststehen,  und  in  diesem  Sinne  ist  es  zweifellos  richtig,  daß  es  keine  natürlichen 
Arten  gibt.  Wir  leben  aber  in  der  Wirklichkeit  und  haben  in  erster  Linie  mit  den  tatsäch- 
lich vorliegenden  Verhältnissen  zu  rechnen;  und  hier  finden  wir  zahllose  scharfe  Grenzen 
zwischen  den  uns  bekannten  Organismenformen.  Jede  dieser  scharfen  Grenzen  bedeutet  eine 
Lücke  in  unserer  Kenntnis  vom  Zusammenhang  der  Formen ;  und  jede  dieser  Lücken  ist 
eine  Artengrenze.  So  viele  Lücken  wir  also  haben  in  unserem  gegenwärtigen  Wissen  vom 
Zusammenhang  der  Formen  von  Lebewesen,  so   viele   Arten   müssen  wir   anerkennen." 

„Unter  einer  Art  muß  man  sonach  nicht  nur  die  Gesamtheit  aller  Individuen  ver- 
stehen, welche  übereinstimmend  die  gleichen  Merkmale  aufweisen,  also  Vertreter  einer  ein- 
zigen Form  sind,  im  Falle  diese  scharf  von  andern  Formen  sich  unterscheiden  läßt,  sondern 
es  fallen  unter  eine  Art  auch  ganze  Reihen  von  verschieden  ausgebildeten  Formen,  sofern 
sie  nur  ohne  scharfe  Grenze  ineinander  übergehen  und  in  ihrer  Gesamtheit  sich  scharf  von 


—     46     — 

andern  Formen  oder  Formengruppen  unterscheiden  lassen.  Der  Umfang  einer  Species  kann 
mithin  außerordenthch  verschieden  sein,  und  es  wird  einförmige,  formenarme  und  formen- 
reiche Arten  geben." 

—  Zu  den  einförmigen  läßt  sich  die  Carinella-Gruippe  von  Kauai,  zu  den  formenarmen 
Netvcombia  und  Carelia,  zu  den  formenreichen  die  Tesselata-,  virgidata-,  bella-,  splendida- 
und  mehrere  andere   Gruppen  stellen.  — 

„Das  Gesagte  zusammenfassend  haben  wir  uns  die  verschiedenen  Arten  einer  Tier- 
gruppe vorzustellen  als  die  einzelnen  uns  bekannten  Bruchstücke  vom  Stammbaum  der 
Gruppe,  soweit  diese  miteinander  nicht  in  direkten  Zusammenhang  zu  bringen  sind,  da  die 
Verbindungsstücke  bisher  noch  unbekannt  blieben." 

„Daraus  ergeben  sich  für  den  Gang  der  systematischen  Erforschung  einer  Tiergruppe 
die  folgenden  Etappen: 

„I.  Stufe:  Beginnende  Kenntnis  der  Gruppe,  gekennzeichnet  durch  wenige,  scharf  von- 
einander getrennte,   formenarme   Arten." 

„2.  Stufe:  Bei  fortschreitender  Kenntnis  wächst  die  Zahl  der  Arten  immer  mehr,  ihre 
Unterscheidung  stößt  mitunter  auf  Schwierigkeiten,  manche  von  ihnen  sind  ziemlich  formen- 
reich." 

„3-  Stufe:  Weit  fortgeschrittene  Kenntnis  der  Gruppe,  dadurch  gekennzeichnet,  daß 
zahlreiche  der  bisher  unterschiedenen  Arten  sich  zu  lückenlosen  Formenreihen  und  Formen- 
ketten zusammenfügen  lassen,  so  daß  die  Zahl  der  scharf  unterschiedenen  Arten  sich  sehr 
verringert  hat,  viele  Arten  sehr  formenreich  geworden  sind." 

„4.  Stufe :  Vollständige  Kenntnis  der  Gruppe.  Einzelne  Arten  sind  nicht  mehr  zu  unter- 
scheiden, sämtliche  Formen  reihen  sich  lückenlos  aneinander  und  bilden  einen  zusammen- 
hängenden Stammbaum." 

„Man  kann  sagen,  daß  zur  Zeit  die  Kenntnis  der  meisten  Tiergruppen  sich  auf  der 
zweiten  Gruppe  bewegt,  manche  freilich  auch  noch  auf  der  ersten  verharren  und  nur  wenige 
mehr  oder  weniger  erfolgreich  den  Schritt  zur  dritten  Stufe  zu  vollziehen  streben." 

„In  dem  dargelegten  Sinne  erweist  sich  das  Wesen  der  Art  als  ein  nur  von  unserem 
augenblicklichen  Wissen  abhängiger  Begriff,  den  man  unter  Berücksichtigung  des  Haupt- 
erfordernisses, seiner  praktischen  Verwendbarkeit,  nach  Inhalt  und  Umfang  etwa  so  be- 
stimmen kann: 

„Zu  einer  Art  gehören  sämtliche  Exemplare,  welche  der  in  der  Diagnose  festgestellten 
Form  entsprechen,  ferner  sämtliche  davon  abweichende  Exemplare,  die  damit  durch  Zwischen- 
formen so  innig  verbunden  sind,  daß  sie  sich  ohne  Willkür  nicht  scharf  davon  trennen 
lassen,  endlich  auch  alle  Formen,  die  mit  den  vorgenannten  nachweislich  in  genetischem 
Zusammenhang  stehen." 

„Nun  gibt  es  aber  nicht  wenige  Formen,  die  scharf  unterscheidbar  sind,  deren  Unter- 
schiede aber  nur  ganz  geringfügiger  Natur  sind,  so  daß  es  vom  praktischen  Standpunkte 
nicht  wünschenswert  erscheinen  mag,  sie  als  getrennte  Art  zu  behandeln;  solche  Formen 
sind  dann  als  Subspecies  oder  Unterarten  zu  bezeichnen  und  durch  trinäre  Benennung  kennt- 
lich zu  machen." 

„Als  Formen  sind  die  engsten  natürlichen  Individuengruppen,  mit  denen  überhaupt 
gerechnet  werden  kann,  zu  verstehen." 


—     47       — 

„Eine  Form  ist  ganz  allgemein  jede  Gruppe  von  Individuen,  welche  solche  Überein- 
stimmung in  ihren  morphologischen  Merkmalen  aufweisen,  daß  sie  in  einen  gewissen  Gegen- 
satz zu  andern  Formen  treten,  gleichgültig,  ob  die  Unterschiede  von  andern  Formen  groß 
oder  klein  sind,  ob  sie  mehr  oder  weniger  scharf  sind." 

„Wollte  man  in  diesen  Formen  etwa  natürliche  Arten  erblicken,  so  bedeutete  dies  von 
vornherein  Verzichtleisten  auf  scharfe  Trennbarkeit  und  damit  auf  Zuverlässigkeit  bei  der 
praktischen  Verwendung." 

„Trotzdem  sind  diese  Formen  von  großer  Wichtigkeit,  denn  die  Natur  arbeitet  tat- 
sächlich mit  ihnen  und  man  kann  innerhalb  natürlicher  Gruppen  (z.  B.  einer  Gattung  — 
tesselata,  virgulata,  hella,  splendida  — )  in  der  Regel  eine  Anzahl  Formen  von  gleichem 
oder  ungleichem  systematischem  Werte  unterscheiden,  deren  gegenseitige  Beziehungen  höchst 
verschiedener  Natur  sein  können.  Verhältnisse,  die  für  die  Frage  nach  der  Entstehung  der 
Arten  von  erheblicher  Bedeutung  sind." 

Vergleicht  man  nach  diesen  Erörterungen  die  „Arten",  welche  nach  ,, einzelnen" 
Exemplaren  aufgestellt  und  nach  Bild  und  Beschreibung  sich  ganz  „artlich"  ausnehmen,  mit 
einer  ganzen  Reihe  an  den  Lokalitäten  gesammelten  Exemplaren,  so  sieht  man  sofort,  welchen 
Wert  diese  sogenannten  Arten  haben.  Aber  weiter  ergibt  sich  auch  daraus,  daß  nicht  jedes 
Tal  und  jeder  Bergrücken  eine  differente  „Art"  beherbergt,  sondern  es  sind  Varietäten  und 
Formen,  die  zu  einer  Gesamtart  gehören,  man  vergleiche  die  Studie  von  C.  Cooke,  1.  c. 
Endlich  wird  auch  die  allgemeine  Ansicht,  daß  jede  Insel  für  sich  differente  Arten  beher- 
berge, die  auf  den  benachbarten  Inseln  nicht  vorkommen,  zum  Teil  hinfällig,  wenn  man  den 
Begriff   „Art"    nach   obiger   Auffassung   annimmt. 

Zudem  ergibt  sich  aus  der  Literatur,  daß  nicht  jede  Art  „eine"  Sandwich-Insel  be- 
wohnt. 


III.    Verzeichnis  der  Arten, 

welche    auf    mehreren    Inseln    vorkommen. 


Godwinia  caperata,   Gould. 

Godwinia   tenella,   Gould. 

Pseudohyalina  kauaiensis,   Pfr. 

Philonesia  abeillei,   Ancey. 

Philonesia  turgida,  Ancey. 

Tebenophorus  bilineatus,   Benson. 

Endodonta  lamellosa,   Fer. 

Endodonta  contorta,  Fer. 

Endodonta  hystricella,  Pfr. 

Endodonta  ringens,   Sykes. 

Endodonta  lanaiensis,   Sykes. 

Pupa   lyrata,    Gould. 

Pupa  Newcombi,  Pfr. 

Pupa  perlonga,   Pease. 

Pupa  Baldwini,   Anc. 

Pupa  Wesleyana,  Anc. 

Pupa  Magdalenae,   Anc. 

Pupa  mirabilis,   Anc. 

Pupa  Lyonsiana,  Anc. 

Pupa  pediculus,   Shutt.,   var.  nacca,   Gould. 

Achatinella  compta,   Pease. 

Achatinella  Tappaniana,  C.  B.  Ad. 

Achatinella  variabilis,  Newc. 

Perdicella  minuscula,  Pfr. 

Amastra  mastersi,  Newc. 

Amastra  violacea,  Newc. 

Amastra  villosa,   Sykes. 

Amastra  nucleola,   Gould. 

Amastra  rugulosa,  var.  simularis,   Pease. 

Leptachatina  exilis,   Gulick. 

Leptachatina  guttula,   Gould. 


Kauai  und   Oahu. 

Kauai   und   Maui. 

Kauai,   Oahu  und   Maui. 

Oahu,   Molokai  und   Lanai. 

Maui  und  Lanai. 

Kauai,   Oahu  und   Hawaii. 

Oahu   und   Lanai. 

Kauai   und   Oahu. 

Kauai   und   Oahu. 

Molokai  und  Lanai. 

Kauai   und   Lanai. 

Hawaii   und   Oahu. 

Kauai,   Oahu  und   Hawaii. 

Kauai,   Oahu   und   Hawaii. 

Molokai,   Maui   und   Hawaii. 

Oahu,  Maui  und  Hawaii. 

Oahu  und   Maui. 

Oahu  und   Hawaii. 

Oahu  und   Maui. 

Oahu  und   Hawaii. 

Molokai  1  und  Maui. 

Molokai  und  Maui. 

Lanai   und   Maui. 

Maui  und  Molokai. 

Maui  und  Molokai. 

Maui  und  Molokai. 

Maui  und  Molokai. 

Kauai   und   Oahu. 

Kauai   und   Maui. 

Kauai   und   Oahu. 

Oahu  und  Maui. 


teste  Newcomb.  Nevill,  Hancilist,  1.  c.  pag.  155. 


49     — 


Leptachatina  lineolata,  Newc. 
Leptachatina  nitida,   Newc. 
Leptachatina   tenuicostata,    Pease. 
Auriculella  brunnea,   Smith. 
Auriculella   Chamissoi,   Pfr. 
Auriculella  lurida,  Pfr. 
Auriculella  triplicata,   Pease. 
Auriculella  uniplicata,   Pease. 
Tornatellina   Baldwini,   Ancey. 
Tornatellina   cylindrica,    Sykes. 
Tornatelhna  Newcombi,   Pfr. 
Opeas  junceus,  Gould. 
Succinea  caduca,  Migh. 
Succinea  canella,   Gould. 
Succinea  cepuUa,  Gould. 
Succinea  lumbalis,   Gould. 
Succinea  rotundata,   Gould. 
Limnaea  compacta,   Pease. 
Limnaea  oahuensis,   Souleyet. 
Melania  kauaiensis,   Pease. 
Melania  mauiensis,   Lea. 
Hehcina  laciniosa,   Migh. 
Helicina  uberta,   Gould. 
Neritina  cariosa,  Gray. 
Neritina  granosa,  Sow. 
Neritina  vespertina,   Nuttal. 


Maui  und  Hawaii. 

Oahu  und  Maui. 

Oahu   und  Hawaii. 

Molokai  und  Lanai. 

Oahu  und   Hawaii. 

Oahu  und  Maui. 

Oahu  und  Maui. 

Molokai  und   Maui. 

Kauai  und  Oahu. 

Kauai  und  Oahu. 

Kauai,   Oahu  und   Maui. 

Auf  allen  Inseln. 

Oahu,   Molokai  und   Lanai. 

Maui  und  Molokai. 

Oahu,   Molokai  und   Hawaii. 

Kauai  und  Hawaii. 

Oahu,   Molokai  und   Hawaii. 

Auf  allen   Inseln. 

Oahu  und  Maui. 

Kauai  und   Molokai. 

Kauai,   Oahu,   Molokai   und   Maui. 

Kauai,   Oahu,   Molokai   und  Lanai. 

Oahu  und  Maui. 

Oahu,   Maui  und   Hawaii. 

Auf  allen    Inseln. 

Auf  allen   Inseln. 


Zoologica.    Heft  48. 


IV.   Verzeichnis  der  g-esamten  Achatinellen-Arten, 

nebst  kritischen  Bemerkungen. 


Genus:    Achatinella,   Swainson,    1828. 

Swainson,  The  Quarterly  Journal  of  Science,  Literature  and  Art,  London,  New  Ser. 
1828,  pag.  83. 

„Genus  Achatinella"  :  ,,Testa  ovato-conica,  spiralis.  Columellae  basis  truncata,  in- 
crassata.    Labium  internum  nulluni,  externum  interne   incrassatum,  margine   acuto." 

„Shell  oblong-conic,  spiral.  Columellae  with  the  base  thickened  and  truncate.  Inner 
Lip  none,   outer   lip  internally  thickened,   the  margine  acute." 

Subgenus:    Partulina,    Pfeiffer,    1854. 

Pfeiffer,   Malak.  Blätter,   Band   I,    1854,  pag.  114. 

„Subgenus  Partulina":  „Testa  perforata  aut  subumbilicata,  labro  expanso,  plica 
columellari  supra,  magis  minusve  indistincta." 

Gehäuse  durchbohrt,  oder  etwas  genabelt,  äußerer  Mundsaum  ausgebreitet,  Columellar- 
falte  hoch,   mehr   oder  weniger  undeutlich. 

Typus:    Achatinella  virgulata,  Migh. 

Dahin  gehören: 

Partulina  virgulata,   Mighels,  1845. 
(Taf.  I,  Fig.  I — 20.) 

Partula  virgulata,  Migh.,  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.  Vol.  II.  Jan.  1845,  pag.  20. 

Achatinella  Rohri,    Pfr.,    Proc.  Zool.  Soc.  London.     Part.  XIV,  April   1846,  pag.  38,  No.  6. 

Bulimus  „  „        Zeitschr.  f.  Malakozoologie,  Jahrg.  III,  August    1846,  pag.  115,  No.  27. 

Achatinella       „  „       Symb.  Hist.  Hei.  Sect.  III,    1846,  pag.  58,  VII  a. 

Bulimus  „  „       Mon.  Hei.  viv.  Vol.  II,    1848,  pag.  74,  No.  187. 

Achatinella  insignis,  Migh.,  in  schedula,  forma  sinistrorsa;  Mon.Hel.viv.Vol.il,  1848,  pag,  74,  No.  \8j,ß. 

„  Rohri,  Albers,  Die  Heliceen,  I.  Aufl.,    1850,  pag.  188. 

„  virgulata,  Reeve,  Conch.  ic.  Genus  Achatinella,   1850,  Spec.  3,  PI.  I,  Fig.  3,  4,  5  u.  5  b. 

Partula  „  Pfr.,    Mon.   Hei.  viv.  Vol.  III,    1853,  pag.  454,  No.  44. 

Partulina  „  „       Mal.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  114,  No.  i. 

Achatinella         ,,  Newc,  Proc.  Zool.  Soc.   London,    Part  XXII,  Dez.   1854,  pag.  311.    (Beschrei- 

bung des  Tieres.) 


—     51     — 

Partulina    virgulala,    Ffr.,    Mal.   Blätter,  Bd.  2,   1856,  pag.  162,  IX. 

Achaünella        „  Newc,    Synopsis;    Ann.  Lyc.  Newyork  Nat.  Hist.    Vol.  VI,     1858,    pag.  312, 

No.   22.     (Beschreibung   des  Tieres.) 
Partulina  „  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Moll.    London,   1858,  Vol.  II,  pag.  137. 

„  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  IV,   1859,  pag.  516,  No.  i. 

„  „  V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  243. 

„  „  Reeve,  Elements  of  Conchology,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  192. 

Ffr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VI,  1868,  pag.  162,  No.  i. 

„         (Helicter)  virgulata,  Fease,  Froc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XLII,   1869,  pag.  647. 

„         virgulata,  Gulick,   Froc.  Zool.  Soc.  London,   1873,  pag.  90. 

„  „  Ffr.,  Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VIII,   1877,  pag.  215,  No.  I. 

Achatinella       „  Nevill,    Hand    List    of    Mollusca,    Indian    Museum,    Calcutta,    1878,    Fart  I, 

pag.   155,    No.  65. 
Partulina  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  305,  No.  i. 

,  „  Kobelt,  Jll.  Conchylienbuch,  II.  Bd.    1881,  pag.  293. 

,  „  Hartman,    Catalog.  Froc.  Ac.  Nat.  Sc.  Fhiladelphia,    1888,  pag.  28. 

Achatinella       „  Faetel,  Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.,  pag.  276. 

Partulina  „  Baldwin,    Catalogue    of    Hewaiian    Land-   und   Freshwater    Shells.     Honolulu, 

1893,    pag-  7- 
Achatinella       „  Gwatkin,    Froc.  Acad.,    Nat.  sc.    Fhiladelphia,    1895,   pag.  238.     (Beschreibung 

der  Radula.) 
Partulina  „  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  320,  No.  72. 

Mighels,  1.  c. :  „Partula  virgulata".  ,, Shell  ovate-conic,  light  fawu  color,  beautifully 
adorned  with  dark  brown  bands,  more  or  less  numerous,  imperforate;  whorls  five,  convex; 
incremental  Striae  delicate ;  aperture  oblong;  lip  reflected,  slightly  inflected."  ,,Length, 
I   inch,  diameter  V5  inch." 

„Hab.  Waianai." 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  H,  1.  c. :  „Bulimus  Rohri".  „Testa  perforata,  ovato- 
conica,  solidula,  longitudinaliter  striatula,  striis  spiralibus  confertissimis  decussata,  albido- 
fulva,  fasciis  angustis  castaneis  varie  ornata ;  spira  conica,  acutiuscula ;  anfr.  6  vix  convexius- 
culi,  ultimus  spiram  subaequans,  medio  compressus;  columella  torta,  callosa;  apertura  sub- 
tetragona,  intus  nitide  lactea;  perist.  vix  expansum,  intus  labiatum,  marginibus  subparallelis, 
dextro  superne  breviter  arcuato,   columellari  reflexo,  perforationem  fere  occultante." 

„Long.  24,  diam.   13  mm.   Ap.    13  mm  longa,  intus  6-/3  lata." 

„Var.  ß.    Sinistrorsus,   brevior,   convexior:  =  Achatinella  insignis,  Migh.   in  shed." 

„Habitat   in  insulis   Sandwich.    Molokai." 

Gehäuse  durchbohrt,  eiförmig  konisch,  ziemlich  festschalig,  der  Länge  nach  gestreift, 
durch  sehr  dicht  gedrängte  Spiralstreifen  gegittert,  weißlich  gelb,  mit  engen  kastanienbraunen 
Bändern  abwechselnd  geschmückt;  Spira  konisch,  ziemlich  spitz;  Umgänge  6,  kaum  konvex, 
der  letzte  der  Spira  an  Länge  fast  gleich,  in  der  Mitte  zusammengedrückt,  Columella  ge- 
dreht, schwielig;  Mündung  fast  viereckig,  innen  glänzend  milchweiß;  Mundsaum  kaum  er- 
weitert, innen  mit  Lippe  versehen,  die  Ränder  fast  parallel,  der  rechte  oben  kurz  bogig, 
Columellarrand  zurückgebogen,  den  Nabel  fast  verdeckend. 

Die  Länge  der  Gehäuse  variiert  zwischen  29  und  21  mm,  der  Durchmesser  zwischen 
12  und  16  mm. 


—     52     — 

Fundorte  auf  der  Insel  Molokai:  Ualapue,  Kaluaaha,  jNIapulehu,  Waialua, 
Halawa  und  Pelekunu. 

Die  Verbreitung  dieser  Art  erstreckt  sich  auf  den  Osten  der  Insel,  die  Fundorte  liegen 
zwischen  Ualapue  und  Halawa.  Der  nordwestlichste  Punkt,  an  welchem  diese  Art  gesam- 
melt worden  ist,  ist  das  Pelekunutal.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  daß  in  den  Tälern  östlich 
von  Pelekunu  bis  Halawa,  die  zum  Teil  sehr  schwer  zugänglich  und  darum  noch  nicht  ge- 
nügend erforscht   sind,   sich   die   Art   noch  finden  wird. 

An  all  den  oben  angeführten  Fundorten  findet  sich  die  Art  sowohl  links-  als  auch 
rechtsgewunden  in  den  verschiedensten  Farben-,   Bänder-  und   Größen-Varietäten. 

Nach  der  Originaldiagnose  muß  als  Typus  der  Art  Tafel  I,  Fig.  3  und  4  angesehen 
werden.  Wie  aber  aus  den  Abbildungen  Tafel  I  ersichtlich,  ist  die  Diagnose  nicht  völlig 
stichhaltig.  Die  Binden  sind  bald  breit,  bald  schmal,  bald  zahlreich,  bald  wenig;  bald  ver- 
schmelzen sie  völlig  und  bilden  dann  eine  dunkelbraune  einfarbige  Varietät,  wie  sie  sich  in 
Ualapue  findet  und  Fig.  i  und  2  abgebildet  ist,  oder  die  Binden  verschwinden  allmählich 
bis  auf  eine,  oder  gar  völlig,  die  Gehäuse  erscheinen  dann  einfarbig  grau  oder  weiß,  wie 
Exemplare  aus  Halawa,  Fig.  13,  14,  15  und  16  zeigen.  Diese  interessante  Farbenvarietät  ist 
von  Baldwin  als  Var.  Halawaensis,  Baldwin,  verschickt  worden.  Aber  auch  die  Größe 
variiert  beträchtlich;  während  die  Normalgröße  sich  zwischen  24  und  29  mm  bewegt,  finden 
sich  im  Pelekunutale  Zwergformen,  die  kaum  die  Länge  von  21  mm  erreichen.  Trotz  der 
großen  Variabilität  dieser  Art  ist  dieselbe  nie  zu  verkennen,  da  alle  Exemplare  ein  kon- 
stantes Merkmal  zeigen:  „Die  Embryonalwindungen  haben  immer  ein  dunkles  suturales 
Band." 

Partulina  tesselata,  New  comb,  1853. 
(Taf.  II,   Fig.  I  — 16.) 

Achatinella  tesselata,  Newc,    Ann.  Lyc.  Newyork  Nat.  Hist.  Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  19,  No.  2. 

,  ,,  Newc,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part   XXI,    Dec.   1853,    pag.   139,    No.  26, 

PI.  XXIII,    Fig.  26. 

,  „  ,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXII,  Dez.    1854,  pag.   311.   (Beschrei- 

bung des  Tieres.) 
Partulina  „  Pfr.,    Mal.  Blätter,    Bd.  I,   1854,  pag.  115,  No.  2. 

„  ,  ,       :\IaI,  Blätter,    Bd.  II,    1856,  pag.  162,  IX. 

Achatinella       ,  Newc,    Synopsis;    Ann.  Lyc.  Newyork    Nat.  Hist.    Vol.  VI,    1858,    pag.  327, 

No.  115.     (Beschreibung  des  Tieres.) 
Partulina  „  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Moll.  London,    1858,  Vol.  II,  pag.  137. 

„  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  IV,    1859,  pag.  516,  No.  2. 

„  „  Reeve,    Elements  of  Conchology,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  176. 

„  ,  V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  243. 

,  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VI,   1868,  pag.  162,  No.  2. 

„         (HeUcter)  tesselata,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  XLII,   1869,  pag.  647. 

„  tesselata,    Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  VIII,    1877,  pag.  215,  No.  2. 

Achatinella       „  Nevill,    Hand    List    of    Mollusca,    Indian    Museum,    Calcutta,    1S78,    Part    I, 

pag.    155,    No.   59. 
Partulina  „  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  305,   No.  2. 

„  „  Hartman,  Catalog,  Proc.  Ac  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  28. 

r  ,  Paetel,  Catalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.,  pag.  275. 


—     53     — 

PartuUna  tesselata,    Baldwin,    Catalogue,    1893,    pag.  7. 

Achatinella      „  Gwatkin,  Proc.Ac.Nat. Sc.  Philadelphia,  1895,  pag.  238.  ("Beschreibung  der  Radula.) 

PartuUna         ,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  319,  No.  69. 

Newcomb,  Annais  1.  c. :  „Achatinella  tesselata.  —  Testa  sinistrorsa,  ovato-oblonga, 
solida,  minutissime  decussata,  albido-flavescente,  plerumque  vittis  transversis  nigris  vel 
castaneis  diverse  picta;  anfractibus  convexis,  ultimo  paulum  iriflato,  superioribus  nigro  et 
albido  semper  tesselatis;  apertura  alba  vel  rosea,  ovata,  infra  effusa;  columella  brevi  et  late 
callosa;  labio  columellari   lato,  subreflexo." 

„Length  i  to   i.i   inch.    Breadth  0.6  inch." 

„Animal.  —  Body  light  grey,  mantle  slate   color." 

„Habitat.  —  Molokai." 

Gehäuse  linksgewunden,  länglich  eiförmig,  ziemlich  kräftig,  Oberfläche  aufs  feinste 
gegittert,  Grundfarbe  weißgelblich,  meistens  mit  schwarzen  und  braunen  Querbinden  ver- 
schieden gezeichnet ;  Umgänge  gewölbt,  der  letzte  ein  wenig  aufgeblasen,  die  Embryonal- 
windungen immer  schwarz  und  weiß  gewürfelt;  Mündung  weiß  oder  rötlich,  eiförmig,  unten 
erweitert ;   Columella  kurz   und  breit  verdickt,   Columellarrand  breit,   zurückgebogen. 

Die  Länge  der  Gehäuse  variiert  zwischen  20  und  28  mm,  die  Breite  zwischen  7  und 
16  mm. 

Fundorte  auf  M  o  1  o  k  a  i :  K  e  a  1  i  a ,  K  a  1  a  w  a  o ,  K  a  h  a  n  u  i ,  M  a  k  a  k  u  p  a  i  a  und 
P  e  1  e  k  u  n  u. 

Die  Verbreitung  dieser  Art  erstreckt  sich  auf  die  Mitte  der  Insel,  von  Kalae  bis  zum 
Pelekunu-Tale. 

Auch  diese  Art  zeigt  bezüglich  der  Größe,  Färbung  und  Zeichnung  große  Verschieden- 
heiten. Newcomb  haben  zur  Aufstellung  seiner  Diagnose  nur  Exemplare  vorgelegen,  wie 
ich  sie  auf  Taf.  II,  Fig.  7.  8.  9  und  10  dargestellt  habe.  Aus  den  Abbildungen  auf  Taf.  II 
ist  aber  ersichtlich,  daß  Ach.  tesselata,  Newc.  sowohl  links-  als  auch  rechtsgewunden  vor- 
kommt, Fig.  I.  3  und  5,  Taf.  II,  ferner  variieren  die  Exemplare  sehr  in  der  Anordnung  der 
Binden,  man  vergleiche  Taf.  11.  Oft  verschwinden  die  Binden  fast  gänzlich  und  die 
Exemplare  erscheinen  einfarbig  grau  bis  gelblich,  wie  solche  sich  in  Kealia  finden,  oder 
die  Binden  verschmelzen  und  es  entstehen  dann  die  dunkeln  einfarbigen  Formen,  Taf.  II, 
Fig.  I.  2.  3  von  Kahanui,  oder  endlich  werden  die  Binden  unterbrochen  durch  Längszeich- 
nungen, Flammen  und  Striemen,  Taf.  II,  Fig.  15  und  16,  von  Kahanui.  Auch  bezüghch 
des  Glanzes  sind  LJnterschiede  vorhanden,  obgleich  bei  dieser  Art  das  Matt  vorherrscht. 
Weiter  möge  der  Diagnose  noch  zugefügt  werden,  daß  der  Außenrand  immer,  bei  ausge- 
wachsenen Exemplaren  umgebogen  ist  und  innen  mit  einer  Lippe  belegt,  ferner  daß  der 
Nabel  mehr  oder  weniger  geritzt  bis  schwach  durchbohrt  ist.  Trotz  aller  dieser  Verschieden- 
heiten hält  die  Art  ihren  allgemeinen  Habitus  fest,  zeigt  immer  die  tesselierten  Em- 
bryonalwindungen, und  ist  daher  als  Art  immer  sicher  zu  erkennen. 

In  dem  Pelekunu-Tale,  in  welchem  sich  stattliche  Exemplare  der  rechtsgewundenen 
Ach.  tesselata  finden,  findet  sich  auch  die  Taf.  II,  Fig.  17  und  18  abgebildete  Form.  Ha- 
bitus, Färbung  und  Struktur  weichen  aber  so  sehr  vom  Typus  ab,  daß  ich  selbe  als  Form- 
varietät,  PartuUna  Meyeri,   abgetrennt   habe. 


—     54     — 

Partulina  meyeri,   Borcherding,  1901. 
(Taf.  II,   Fig.  17  u.  18.) 

Partulina  meyeri,  Borcherding,    Nachrbl.  d.  d.  malak.  Ges.   1901,  No.  3  u.  4,  pag.  55. 

Borcherding,  Nachrichtsbl.,  1.  c. :  „Partulina  meyeri."  „Testa  anguste  perforata, 
dextrorsa,  solidula,  ovato-conica,  sub  lente  decussatim  regulariter  subtilissime  striatula,  ni- 
tida; pallido-grisea  aut  cinero-fulva,  pallido  et  fusco  aut  griseo  et  nigrescente  eleganter 
radiata;  spira  conica,  apice  obtusiuscula;  sutura  crenulata,  magis  minusve  marginata;  an- 
fractus  6  convexiusculi,  ultimus  V2  longitudinis  subaequans,  superi  carneo  et  flavido  tesselati, 
ultimus  rotundatus,  unicolor,  aut  infra  medium  fasciis  corneis  angustis  sparsim  ornatus ; 
apertura  obverse  auriformis,  intus  nitide  livida,  peristoma  breviter  expansum  et  incrassatum, 
intus  roseo-brunneum  et  labiatum;  columella  torta,  callosa,  margine  columellari  reflexo,  per- 
forationem    fere    occultante." 

„Long.  22- — 24,    diam.   13  mm.    Ap.   12  mm  longa,  8  mm  lata." 

„Hab.   Molokai:    Pelekunu." 

Gehäuse  eng  genabelt,  rechtsgewunden,  ziemlich  festschalig,  eiförmig  konisch,  unter 
der  Lupe  kreuzweise  regelmäßig  sehr  fein  gestreift,  glänzend;  schwach  grau  oder  graubräun- 
lich, mit  blassen  und  dunkleren  braunen,  oder  mit  grauen  und  schwärzlichen  eleganten  ra- 
diären Striemen  geschmückt;  Spira  kegelförmig,  Apex  ziemlich  stumpf;  Naht  krenuliert, 
mehr  oder  wenig  gerandet;  Umgänge  6,  gewölbt,  der  letzte  Va  der  Gesamtlänge  des  Ge- 
häuses bildend,  die  oberen  graurötlich  und  gelbgrau  tesseliert,  der  letzte  gerundet,  einfarbig 
oder  unter  der  Mitte  mit  engen  hornfarbigen  Binden  hier  und  da  geschmückt ;  Mündung 
verkehrt  ohrförmig,  innen  glänzend  bläulich;  Peristom  kurz  erweitert  und  verdickt,  innen 
mit  einer  rotbraunen  Lippe  belegt;  Columella  gedreht,  schwielig,  Columellarrand  zurück- 
gebogen,  den   Nabel   fast  verdeckend. 

In  dem  Pelekunu-Tale,  in  welchem  sich  stattliche  Exemplare  der  rechtsgewundenen 
TesseZato-Gruppe  finden,  die  in  ihrer  Größe  an  virgulata  erinnern,  —  wenn  nicht  die  ge- 
würfelten Embryonalwindungen  vorhanden  wären  —  findet  sich  auch  diese  rechtsgewundene 
Form,   welche  als   äußerstes   Endglied  der   Tesselafa-Gvuppe  angesehen  werden  kann. 

Partulina  rufa,   Newcomb,  1853. 
(Taf.  III,   Fig.  1-9.) 

Achatinella  rufa,  Newc,    Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  21,  No.  6. 

,  ,  „         Proc.    Zool.    Soc.    London,     Part   X.XI,     Dez.    1853,    pag.    130,    No.    3, 

PI.  XXII,    Fig.   3. 
„       Ffr.,    Mal.  Blätter,  Bd.  I,   1854,  pag.  138,  No.  90. 
Achatinella str um  rufa,  Pfr.,    Mal.  Blätter,  Band  II,   1856,  pag.  164. 
Acliatinella  rufa,  Newc,  Synopsis,  Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,   1S58,  jiag.  324,  No.  94. 

(Beschreibung  des  Tieres.) 
Achatinellastrum  rufa,  Pfr.,   Mon.  Hel.  viv..  Vol.  IV,   1859,  pag.  537,  No.  78. 
Partulina  rufa,  v.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  243. 

Achatinella  rufa,  Reeve,    Elements  of  Conchology,   London,    1860,  Part  I,  pag.  214,  No.  152. 
Achatinellastrum  rufa,  Pfr.,    Mon.  Hel.  viv.,  Vol.  VI,    1868,  pag.  173,  No.  90. 


—     55     — 

Partulina  (Helider)  rufa,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XLII,   1869,  pag.  647. 

Achatinellasfrum  rufa,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  VIII,   1877,  pag.  225,  No.  105. 

Achatinella  rufa,  Nevill,  Hand  List  of  Mollusca,  Ind.  Museum,  Calcutta,  1878,  Parti,  pag.  154,  No.  46. 

Achatinellasfrum  rufa,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  309,  No.  105. 

Partulina  rufa,  Hartman,  Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  27. 

Achatinellastrum  rufa,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.,  pag.  275. 

Partulina  rufa,  Baldwin,   Catalog,    1893,  pag.  7. 

„  „      Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  318,  No.  65. 

Newcomb,  Annais  1.  c. :  „Achatinella  rufa.  —  Testa  sinistrorsa,  conico-ovata,  so- 
lida,  striis  decussata,  fusco-rubra,  epidermide  fusco,  albo-permixto  induta;  sutura  simplici, 
subimpressa;  anfractibus  sex,  plano-convexis ;  anfr.  superioribus  epidermidis  lineolis  albis  in 
zic-zac  dispositis,  quae  in  ultimo  anfr.  in  fusco -cinereo  concolore  evanescunt;  anfr.  ultimo 
infra  medium  albo-zonata ;  apertura  fusco-rubra ;  columella  valde  callosa ;  umbilico  exiguo 
aperto;   labio   expanso,   inferne  reflexo." 

„Length   0.9   inch.     Breadth   0.5    inch." 

„Habitat.  —  Molokai." 

Gehäuse  linksgewunden,  konisch  eiförmig,  festschalig,  durch  feine  Längs-  und  Quer- 
striche gegittert,  Farbe  des  Gehäuses  sowie  der  Epidermis  braunrot,  letztere  weißgefleckt 
und  gestrichelt;  Naht  einfach,  etwas  eingedrückt;  Umgänge  6,  plan-konvex;  Embryonal- 
windungen mit  weißen  Zickzacklinien  besetzt,  welche  auf  den  letzten  Windungen  in  eine  ein- 
farbige braungraue  Färbung  übergehen;  der  letzte  Umgang  ist  unter  der  Mitte  von  einem 
weißlichen  Bande  umgeben;  Mündung  braunrot;  Columella  stark  schwielig;  Nabel  eng  ge- 
öffnet;  Mundsaum   erweitert,   unten  zurückgebogen. 

Länge    der    Gehäuse    24 — 28  mm,    Breite   13 — 16  mm. 

Fundorte  auf  Molokai:  Kalae,  Kaweeku,  Kalamaula,  Kahanui  und  Maka- 
kupaia. 

Das  Verbreitungsgebiet  der  Part,  rufa,  Newc,  liegt  ebenfalls  im  Zentrum  der  Insel 
von  Kalae  bis  Makakupaia.  An  einigen  der  oben  angeführten  Fundorten  kommt  sie  in  Ge- 
meinschaft mit  Part,  tesselata,  Newc.  vor,  an  andern  teilt  sie  ihr  Gebiet  mit  Part,  pro- 
xima,  Pease,  s.  w.  unten. 

Als  Typus  der  Art  muß,  nach  Newcombs  Diagnose  • —  die  ungenügende  Zeichnung, 
Proc.  zool.  Soc.  1853,  PL  22,  Fig.  3,  kann  nicht  in  Betracht  kommen  —  TaL  III,  Fig.  5 
und  6  angesehen  werden. 

Die  Umgrenzung  dieser  Art  aber  ist  eine  ziemlich  schwierige,  denn  einerseits  verliert 
sich  die  charakteristische  Zeichnung,  und  die  Färbung  geht  in  mehr  oder  weniger  Braun 
über,  Taf.  III,  Fig.  3,  oder  sie  geht  ins  Gelbliche  über,  Taf.  III,  Fig.  4,  8  und  9.  In  beiden 
Farbennüancen  zeigt  sich  aber  eine  ziemlich  deutliche  zebraartige  Zeichnung,  wie  sie  auch 
bei  den  gelblichen  Formen  von  Part,  proxima,  Pease,  auftritt.  Andererseits  geht  Gestalt 
und  Kolorit  bedenklich  nach  Part,  tesselata,  Newc.  über.  Taf.  III,  Fig.  i,  2  und  7,  vergl. 
auch  Taf.  II,   Fig.  16. 

Wenn  man  nun  ferner  noch  das  spärliche  Auftreten  dieser  Art  in  Betracht  zieht  — 
in  der  zahlreichen  Meyerschen  Sammlung  ist  diese  Art  am  wenigsten  vertreten,  trotzdem 
die  Fundorte  seiner  Wohnung  ziemlich  nahe  liegen   —   —    Newcomb   gibt   1.  c.   sogar    an: 


—     56     — 

„This  is  a  very  rare  species,  the  numbers  found  scarcely  furnishing  the  materials  for  a 
description  to  fix  or  determine  the  permanent  characters"  —  so  könnte  man  zu  der  An- 
sicht gelangen,  Part,  rufa,  Newc.  ist  keine  reine  Art,  sondern  ein  Bastardform  zwischen 
Part,  tesselata,  Newc.  einerseits  und  Part,  proxima,  Pease  andererseits.  Ich  bin  zu  dieser 
Folgerung  gekommen  an  der  Hand  des  mir  vorliegenden  Materials,  es  ist  jedoch  nur  eine 
Mutmaßung,  welche  allein  durch  Züchtungsexperimente  bestätigt  oder  widerlegt  werden  kann. 

Eine  durch  seine  gedrungene  bauchige  Form,  seine  Färbung  und  seine  regelmäßig 
granulierte  Spiralskulptur  von  der  „Rufa" -Gruppe  abweichende  Form  habe  ich  als  Partn- 
lina  idea  abgetrennt. 

Partulina  idae,    Boicheiding,   1901. 
(Taf.  III,   Fig.  II  — 13,   Fig.  10  und  Fig.  1 1  a.) 
Partulina  idae,  Borcherding,    Nachrbl.  d.  d.  malak.  Ges,   1901,  No.  3  u.  4,  pag.  52. 

Borcherding,  Nachrbl.  1.  c. :  „Partulina  idae.''  —  „Testa  subperforata,  sinistrorsa, 
solidula,  conico-ventricosa,  ruditer  striata,  striis  confertis  spiralibus  valde  decussata,  unicolor 
flavido-brunnea ;  spira  globoso-conica,  apice  acutiuscula;  sutura  simplex,  leviter  impressa; 
anfractus  6  convexi,  ultimus  spira  paullo  bre\ior,  superi  flammis  ziczacformibus  pallidis  et 
flavidis  radiato-tesselati,  ultimus  magis  minusve  distincte  unicolor  flavido-brunneus,  aut  ulti- 
mus supra  medium  flavidus  et  infra  medium  linea  lata  flavido-albida  cinctus ;  apertura 
obliqua,  semiovalis,  intus  albida;  plica  columellaris  supera,  valida,  subtorta ;  peristoma 
simplex,  fuscum,  intus  paullo  labiatum  et  fuscum,  margine  externo  expanso,  margine  colu- 
mellari  reflexo." 

„Long.  21 — 23,    diam.    13 — 14    mm.    Ap.  12 — 14  mm  longa,  6 — 8  lata." 

„Hab.    Insel   Molokai:    Kalae,   Kealia." 

Gehäuse  etwas  durchbohrt,  linksgewunden,  ziemlich  festschalig,  bauchig  kegelförmig, 
rauh  gestreift,  von  dichten  Spirallinien  stark  gekreuzt,  einfarbig  gelbbräunlich;  Spira  kugelig 
kegelförmig,  Apex  wenig  spitz ;  Naht  einfach,  leicht  eingedrückt ;  Umgänge  6,  gewölbt,  der 
letzte  ein  wenig  breiter  als  die  Spira,  die  oberen  mit  zickzackförmigen  blassen  und  gelben 
Flammen  radiär  gewürfelt,  der  letzte  mehr  oder  wenig  deutlich  einfarbig  gelb-bräunlich,  oder 
der  letzte  über  der  Mitte  gelb  und  unter  der  Mitte  mehr  bräunlich,  oder  der  letzte  unter 
der  Mitte  von  einer  breiten  gelbweißen  Linie  umgeben;  Columellarfalte  ziemlich  oben,  stark, 
schwach  gedreht;  Mundsaum  einfach,  graubraun,  innen  mit  einer  schwachen  braunen  Lippe 
belegt,   Außenrand   erweitert,    Columellarrand  zurückgebogen. 

Diese  konstante  Form  ist  an  ihrem  gedrungenen  und  bauchigen  Habitus  und  an  der 
regelmäßig  granulierten  Spiralskulptur  leicht  und  sicher  zu  erkennen.  Die  Art  liegt  mir  von 
vier  verschiedenen  Punkten  des  Kalae-  und  Kealia-Gebietes  vor.  Fig.  11  auf  Taf.  III  ist 
nach  einem  Exemplare  von  Kealia,  Fig.  12  und  13  nach  Exemplaren  von  Kalae  und  Fig.  10 
nach  einem  Exemplare  von  Kawela  gezeichnet.  Fig.  1 1  a  zeigt  die  dieser  Art  eigene  regel- 
mäßig granulierte   Oberfläche. 


—     57     — 

Partulina  compta,    W.  Harper  Pease,    1869. 
(Taf.  III,   Fig.  14 — 16,  und   Fig.  18 — 20.) 

Partulina  compta,  Pease,    Journ.  de  Conch.  Vol.  XVII,  April   1869,  pag.  175,  No.  i. 

„  „            „          Proc.  Zool.  Soc.  London,  Dez.   1869,  pag.  647. 

„  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.  Vol.  VIII,    1877,  pag.  215,  No.  4. 

,  „  Clessin,    Nom.  Hei.   viv.,    1881,    pag.  305,  No.  4. 

„  ,  Hartman,    Catalog.   Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1SS8,  pag.  25. 

„  ,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  270. 

„  ,  Baldwin,    Catalog,    1893,  pag.  6. 

,  „  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiicnsis,    1900,  pag.  311,  No.  40. 

Pease,  Journ.  Conch.  1.  c. :  Partulina  compta.  —  „Testa  sinistrorsa,  anguste  per- 
forata,  solidiuscula,  oblongo-conica,  spira  obsolete  transversim  tenuiter  rugosa-striata  (ad  an- 
fractum  ultimum  rugis  evanescentibus)  et  longitudinaliter  striis  tenuibus,  irregularibus  im- 
pressa;  spira  turrita  aut  oblongo-conica;  sutura  impressa;  anfr.  6,  convexi,  interdum  supra 
angulati,  ultimus  i--  longitudinis  testae  aequans;  apertura  verticalis,  ovata;  plica  columellaris 
supera,  valida,  alba;  labro  vix  expanso,  intus  calloso;  plumbeo-grisea,  lineis  vel  fasciis  rufes- 
ceiiti-fuscis   cingulata;   anfr.   ultimus  ad  basin  fascia  alba  ornatus."  — 

„Long.  25,  diam.  13  mm." 

„Hab.   Ins.  Molokai." 

Gehäuse  linksgewunden,  eng  perforiert,  ziemlich  festschalig,  länglich  konisch ;  Spira 
mit  schwachen  fein  runzeligen  Linien  transversal  umgeben,  welche  auf  dem  letzten  Um- 
gange schwächer  werden,  außerdem  ist  die  Spira  mit  longitudinalen  dünnen  unregelmäßigen 
Linien  eingedrückt ;  Spira  turmförmig  oder  länglich  konisch ;  Naht  eingedrückt ;  LImgänge  6, 
gewölbt,  zuweilen  oben  kantig,  der  letzte  Umgang  die  Hälfte  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses 
bildend;  Mündung  vertikal  eiförmig;  Columellarfalte  oben,  kräftig,  weiß;  Mundsaum  kaum 
erweitert,  innen  verdickt,  bleigrau ;  Gehäuse  mit  rotbraunen  Linien  oder  Bändern  umgeben ; 
der  letzte   LTmgang   nach  der   Basis   hin  mit  einem   weißen   Bande   geschmückt. 

Pease  schreibt  am  Schluß  seiner  Diagnose,  Journ.  Conch.  1869,  pag.  176:  „Cette 
espece,  qui  provient  de  l'ile  Molokai,  est  tres-voisine  du  Part,  splendida,  Newcomb,  qui  vit 
dans  l'ile  Maui.  Elle  est  plus  resserree  ä  la  base,  et  presente  souvent,  ä  la  partie  superieure 
des  tours,  une  angulation  particuliere ;  par  sa  coloration,  eile  se  rapproche  plutot  du  Part. 
grisea,   Newcomb. 

Das  mir  zur  Bearbeitung  vorliegende  Material  dieser  Art  ist  in  zahlreichen  Exemplaren 
in   Kawela  und   Makakupaia  gesammelt   worden. 

Die  Größe  der  Gehäuse  variiert  zwischen  21  und  25  mm,  die  Breite  zwischen  13 
und   1 5  mm. 

Auf  Taf.  HI,  Fig.  14 — 20  sind  eine  Anzahl  von  Exemplaren  dieser  Art  dargestellt. 
Fig.  14 — 16  sind  Zeichnungen  nach  Exemplaren  von  Makakupaia,  Fig.  18 — 20  solche  nach 
Exemplaren  von  Kawela,  Fig.  17  stellt  eine  Abbildung  der  Part,  splendida,  Newcomb,  von 
der   Insel   Maui   dar. 

Beim  Vergleichen  dieser  Figuren  sowie  der  Diagnosen  von  Part,  compta,  Pease, 
Part,  splendida,    Newcomb    und   Part.   Gniildi,    Newcomb   —    siehe   die    folgenden    beiden 

Zoologlca.    Helt  48.  8 


—     58     — 

Arten  —  muß  es  sogar  dem  Laien  einleuchten,  daß  wir  es  hier  mit  ,, einer"  Art  zu  tun 
haben,  die  nur  auf  den  beiden  nahe  gelegenen  Inseln  geringfügig  variiert.  Die  alte  An- 
nahme, „jede  Insel,  ja  sogar  jedes  Tal  und  Tälchen  beherberge  eine  „spezifische  Art",  wird 
durch  diese  Tatsache  hinfällig.  Als  Grundform  nehme  ich  daher  Part,  splendida,  Newcomb, 
an,  welche  zuerst  von  Newcomb  1853  beschrieben  worden  ist.  Dieselbe  findet  sich  auf  Maui 
sowohl  links-  als  auch  rechtsgewunden,  hat  immer  die  glänzende  Epidermis,  schwach  ge- 
flammte Embryonalwindungen  und  bald  zahlreiche,  bald  weniger  zahlreiche  schmale  und 
breitere  Binden.  Part.  Goiddi,  Newc,  vergleiche  die  folgende  Diagnose,  ist  eine  rechts- 
gewundene splendida  mit  unterbrochenen  Binden,  Taf.  III,  Fig.  14  und  15  gibt  als  Spiegel- 
bild  eine   typische   Part.  Gouldi,    Newcomb. 

Part,  compta,  Pease,  endlich  von  Molokai  ist  der  splendida  von  Maui  analog.  Eine 
eigentümliche  Erscheinung  fällt  dabei  auf,  unter  dem  reichlichen  Materiale  findet  sich  nicht 
ein  rechtsgewundenes  Exemplar  von  compta. 

Die  Verwandtschaftsreihe  der  Molokai-  und  Maui -Arten  ließe  sich  vielleicht  noch 
weiter  ausdehnen,  jedoch  fehlt  mir  dazu  zur  Zeit  genügendes  reichliches  Vergleichsmaterial. 
Eine  Andeutung  möge  hier  noch  Platz  finden.  Nach  Nevills  Handlist  of  Mollusca  in  the 
Indian  Museum  Calcutta,  1878,  Part  I,  pag.  155,  Nro.  57,  hat  Newcomb  dem  Museum  in 
Calcutta  4  Exemplare  von  Part,  tappaniana,  C.  B.  Adams,  mit  der  Fundortsangabe  „Mo- 
lokai" gesandt.  Man  vergleiche  Fig.  20  auf  Taf.  III.  Herr  Geheimrat  von  Martens,  der 
bedeutendste  Konchyliologe  der  Jetztzeit,  schreibt  mir  über  die  Exemplare  von  Kawela, 
Taf.  HI,  Fig.  20:  ,,Sehr  ähnlich  der  Tappaniana,  C.  B.  Adams,  die  aber  von  der  Insel 
Maui   ist ;    könnte   doch   wohl   dieselbe   sein." 

Der  besseren  Übersicht  wegen  lasse  ich  die  Diagnosen  von  den  Maui-Arten :  Part, 
splendida,  Newcomb,  Part.  Gouldi,  Newcomb,  und  Part.  Tappaniana,  C.B.Adams,  folgen. 


Übersicht   der  „Splendida-Gruppe". 

Insel  Molokai.  j  Insel  Maui. 

Part,  compta,   Pease.  Part,  ftplendida,   Newc.  Part.  Gouldi,  Newc. 


Ex.  nur  linksgewunden ;  Bänderung     j     Ex,    links-   und    rechtsgewunden  ;        Ex.    rechtsgewunden  ;    Bänderung 
einfach  und  unterbrochen. 
Taf.  III,  Fig.  14—16,    18—20. 


Bänderung  einfach.  unterbrochen. 

Taf.  III,  Fig.  17.  Taf.  III.  Fig.  14  u.  15,  Spiegelbild. 

?  Part.    Tappaniana,    C.  B.  Adams.  } 

Ex.    linksgewunden ;    nur    ein   braunes    Band    auf    der    Peripherie ; 

ähnlich  der  Fig.   20  auf.  Taf.  III. 

Partulina  splendida,   Newcomb,  1853. 
(Taf.  III,  Fig.  17.) 

AchatineUa  splendida,   Newc,    Ann.  Nat.  Hist.  Lyceum,  Newyork,  Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  20,  No.  4. 

,  „  ,         Proc.  Zool.  Sog.  London,    Part.  XXI,    Dez.    1853,    pag.    131,    No.   5. 

Plate  XXir,    Fig.  4. 
Partulina  ,  Pfr.,    Mal.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  115,  No.  3. 

„  „  „       Mal.  Blätter,  Bd.  II,    1S56,  pag.  162. 


—     59     — 

Acliatiiiclla  splendiila ,  Newc,    Synopsis,    Ann.    Nat.    Hist.    Lyceum ,     Newyork ,     Vol.  VI,      iS5,S, 

pag.  324,    No.  96. 

Partulina  ,  H,  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  lecent  Moll.,  Vol.  II,  London   1858,  pag.  137. 

„  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  IV,    1859,  pag.  516,  No.  3. 

,  „  V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.   1S60,  pag.  243. 

Achatinella  „  Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   London,    1860,  pag.  214,  No.  164. 

Partulina  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VI,   1868,  pag.  162,  No.  3. 

,  „  Fease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  42,   1869,  pag.  647. 

„  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VIII,    1877,  pag.  215,  No.  3. 

Achatinella  „  Nevill,    Hand  List   of  Mollu.sca,    Indian  Museum,    Calcutta,     Part    I,     1878, 

pag.    155,    No.  52. 

Partulina  ,  Clessin.   Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  305,  No.  3. 

,  ,  Hartman,    Catalog,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  27. 

,  „  Faetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.,  pag.  275. 

„  „  Baldwin,    Catalog,   1893,  pag.  7. 

,  „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  318,  No.  66. 

Newcomb,  Annais  1.  c. :  Achatmella  splendida.  —  „Testa  sinistrorsa,  ovato-acumi- 
nata,  solida,  striis  exilibus  decussata,  alba,  lineis  multis  vittisque  transversalibus  castaneis 
ornata ;  linearum  et  vittarum  margine  supeiiore  integro,  inferior!  irregulariter  serrato ;  su- 
tura  modice  impressa,  marginata;  anfractibus  sex,  duobus  superioribus  albido  et  castaneo 
tesselatis,   ultimo   sub-inflato ;   apertura   ovata;  columella  brevi,  lata  et  contorta;  labio  expanso." 

„Length    i   inch.     Breadth   0.55  inch." 

,,Variety  a.  —   Bright  chestnut,  banded   with   white." 

„Habitat.   —  Waialuku,   Maui."' 

Bei  der  Beschreibung  der  Ach.  splendida  in  den  Proc.  zool.  Soc.  1853,  1.  c,  fügt 
Newcomb   der   Diagnose   noch   hinzu :    „A.  teste   sinistorsa  vel   dextrorsa." 

Außerdem  führt  Newc.  außer  der  Var.  a.  in  den  Annais  Lyc.  1.  c.  noch  eine  zweite 
Varietät    an : 

„Var.  ß.  White,   with   numerous   black  transvere    bands." 

Die  Abbildung  in  den  Proc.  zool.  Soc.  PL  XXII,  Fig.  4  soll  eine  linksgewundene 
„splendida"  darstellen.  Die  Zeichnung  ist  sehr  mäßig,  man  könnte  viel  eher  Fig.  4  für 
eine  intensiv  gezeichnete  „tesselata"  ansehen. 

Vorkommen:    Lahaina   und   Wailuku  auf  der   Insel  Maui. 

Ach.  splendida  lebt  auf  den  „Tutui  trees".  Aleurites  Moluccana,  Willd.,  Familie 
Euphorhiaceae,  Juss.  Bei  den  Kanaken  wird  die  Euphorbiacee  bald  „Tutui",  bald  „Kukui" 
genannt. 

Gehäuse  bald  links-  bald  rechtsgewunden,  festschalig,  eiförmig  zugespitzt,  durch  feine 
Linien  gegittert;  Grundfarbe  glänzend  weiß,  geschmückt  mit  vielen  transversalen  kastanien- 
braunen Linien  und  Binden,  welche  auf  den  oberen  Windungen  an  ihren  Rändern  unver- 
sehrt sind,  dagegen  erscheinen  Linien  und  Binden  auf  den  unteren  Windungen  gesägt.  Naht 
mäßig  eingedrückt,  gerandet ;  LImgänge  sechs,  die  beiden  oberen  weiß  und  kastanienbraun 
tesseliert,  der  letzte  ziemlich  aufgetrieben;  Mündung  eiförmig;  Columella  kurz,  breit  und  ge- 
dreht;   Mundsaum   erweitert. 

Länge  25,   Durchm.   13  mm. 

Die  von  Newcomb  angegebenen  Varietäten  beruhen  auf  Bänderungsverschiedenheiten. 


—     60      - 

Partulina  Gouldi,   Newcomb,   1853. 

Acfiatinella  Gouldi,  Newc,   Ann.  Lyc.  Newyork,   Nat.  Hist.   Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  21,   No.  5. 

„  „              „         Proc.    Zool.    Soc.    London,     Part    XXI,     Dez.    1853,     pag.    129,     No.    i, 
PI.  XXII,    Fig.    I. 

Partulina  „  Ffr.,   Mal.  Blätter,  Bd.  I,   1854,  pag.   116,  No.  5. 

„  „            ,       Mal.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.    162. 

„  „  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Moll.,  Vol.  II,  London,    185S,  pag.  137. 

Achatinella  „  Newc,  Synopsis,  Ann.  Lyc.  NewN'ork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,    1858,  pag.  323,  No.  92. 

Partulina  „  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  IV,    1859,  pag.  517,   No.  5. 

Achatinella  „  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,  London,    1860,  pag.  213,  No.  73. 

Paiiidina  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..   Vol.  VI,    1868,  pag.  162,  No.  5. 

,  „  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,   Part  42,    1869,  pag.  647. 

„  „  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VIII,   1877,   pag.  216,  No.  6. 

,  ,,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  305,  No.  6, 

„  „  Hartman,    Catalog,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.   Philadelphia,   1888,  pag.  26. 

„  „  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.,    1889,  II.  Abt.,   pag.  272. 

„  „  Baldwin,    Catalog,   1893,  pag.  6. 

,  ,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  313,  No.  47. 

Newcomb,  Annais,  1.  c. :  Achatinella  Gouldi.  —  ,,Testa  dextrorsa,  ovato-conica, 
longitudinaliter  striata,  albidoluteola ;  sutura  subimpressa,  haud  vel  levissime  marginata;  an- 
fiactibus  sex,  plano-convexis,  tertio  lineis  brevibus  fuscis,  formae  zic-zac  notato,  inferioribus 
tribus  lineolis  variis  fuscis  cinctis ;  apertura  rotundo-ovata,  flavescente ;  columella  subcallosa ; 
labio  expanso  et  inferne  reflexo." 

„Length  0.85.    Breadth  0.45   inch." 

„Habitat.   —  On  Tutui  trees,  Wailuku  valley,   Maui." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eiförmig  konisch,  der  Länge  nach  gestreift;  Grundfarbe 
gelbweiß ;  Naht  ziemlich  eingedrückt,  nicht  oder  sehr  leicht  gerandet ;  LImgänge  6,  flach 
gewölbt,  der  dritte  mit  kurzen  braunen,  zickzackförmigen  Linien  gezeichnet,  die  unteren  drei 
Windungen  mit  verschiedenen  braunen  Linien  umgeben ;  Mündung  rundlich  eiförmig,  gelb- 
lich;  Columella  schwach  schwielig;   Mundsaum  erweitert,  am   Unterrande  zurückgebogen. 

Länge  21  mm,    Durchm.   11   mm. 

Vorkommen:    Im  Wailuku-Tale  auf  der  Insel  Maui. 

Lebt  in  Gemeinschaft  mit  splendida  im  selben  Tale  und  auf  derselben  Nährpflanze, 
Aleurites  Moluccana,  Willd.,   teste  Newcomb. 

Partulina  Tappaniana,   C.  B.  Adams,    1850. 

AcJiatinella   Tappaniana,  C.  B.  Adams,    Annales  Lyceum    New- York,    Nat.  Hist.,    Vol.  V,     Oktober 

1850,    pag.  42. 
„  ,  ,  Contributions    to    Conchology,    New- York,    Oktober     1850, 

No.   8,    pag.    126. 
„  ,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,    1853,  pag.  462,  N0.31. 

Bulimella  ,  ,  Malak.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  122,  No.  23. 

,  ,  „  Malak.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  163. 

Achatinella  „  Newcomb,    Synopsis,    Ann.  Nat.  Hist.  Lyc.    New- York,    Vol.  VI,     1858, 

pag.  319,    No.   50, 


-     (il    — 

Jhiliiiicllii    Tiippa nid  11(1 ,    H.  u.  A.  Adams,    The    Genera    of    rccent    Mollusca,     Vol.    H ,     London, 

1858,    pag.    138. 
„  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859,  pag.   523,  No.   26. 

Parluiina  „  v.  Martens,    Albers  Heliceen,  K.  Aufl.,    1860,  pag.   243. 

,  ,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  166,  No.  31. 

,  „  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  42,    1869,  pag.  647. 

Bulimella  „  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  217,  No.  33. 

Achatindla  „  Nevill,    Hand  List    of   Mollusca,    Indian  Museum,    Calcutta,    Part  I,     1878, 

pag.   155,   No.   57. 
Bulimella  „  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  306,  No.  33. 

Partulina  ,  Hartman,    Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.     Philadelphia,    1888,  pag.  27. 

Bulimella  „  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  275. 

Partulina  „  Baldwin,  Catalog  of  the  Hawaiian  Land-  and  Freshwater  Shells,   Honolulu, 

1893,   pag.  7. 
„  ,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  318,  No.  67. 

C.  B.  Adams,  Annais  Lyc.  New-York,  1.  c. :  „AchatineUa  Tappaniana."  —  „Shell 
reversed,  elongate  ovate-conic :  pure  white,  with  one  narrow  brown  spiral  band  on  the 
periphery  of  the  last  whorl :  with  very  unequal  and  irregulär  transverse  Striae,  and  nume- 
rous  excessively  minute  wrinkled  spiral  impressed  lines :  apex  subacute :  spire  elongate,  with 
the  outlines  a  little  curvilinear :  whorls  nearly  seven,  moderately  convex,  and  more  or  less 
subangular,  margined  above,  with  a  well  impressed  suture :  aperture  ovate;  lip  well  thickened 
with  in  the  margin,  expanded  much  anteriorly  but  not   above;   columellar  fold   strong." 

,,Mean  divergence  43";  length  1.06  inch;  breadth  0.55  inch;  length  of  aperture 
0.44  inch." 

,,Var.  jdubiosa'  differs  in  being  a  little  more  ventricose;  its  whorls  are  not  margined 
above,  and  the  brown  stripe  is  replaced  by  two  fine  paler  brown  lines,  below  which  one 
or   two   other   yet   finer   lines   may   be   seen." 

„Habitat,  Sandwich  Islands." 

„This  beautiful  species   is  nomed  in   honor   of   Hon.  Benjamin  Tappan,    of   Ohio." 

„AchatineUa  Tappaniana."  —  „Testa  sinistrorsa,  elongato-ovato-conica,  inaequaliter 
et  irregulariter  striata  et  lineis  spiralibus  numerosis,  subtilissimis,  rugosis,  impressis  sculpta, 
alba,  fascia  i  angusta,  brunnea  peripherica  ornata ;  apex  subacutus ;  spira  elongata,  sub- 
curvilinearis ;  anfr.  fere  7  modice  convexi,  magis  minusve  subangulares,  superne  marginati; 
sutura  bene  impressa ;  apertura  ovalis ;  labrum  intus  incrassatum,  antice,  nee  superne  ex- 
pansum;    plica   columellaris    valida." 

„Diverg.  media  43";   long.  1,06,   lat.  0,55,   long,  apert.  0,44." 

„  ß.  ,,dubiosa",   paulo    ventrosior,   anfractibus   superne   non   marginatis." 

„Habitat   in  insulis   Sandwich." 

Gehäuse  linksgewunden,  länglich  eiförmig  konisch,  ungleich  und  unregelmäßig  ge- 
streift und  mit  zahlreichen  spiralen,  sehr  feinen,  rauhen,  eingedrückten  Linien  versehen, 
Grundfarbe  weiß,  mit  einem  schmalen,  braunen  Bande  an  der  Peripherie  geziert;  Apex 
ziemlich  spitz;  Spira  länglich,  etwas  gekrümmtlinig;  Umgänge  fast  7,  mäßig  gewölbt,  mehr 
oder  wenig  schwach  kantig,  oben  gerandet;  Naht  deutlich  eingedrückt;  Mündung  oval; 
Mundsaum   innen  verdickt;    vorne,  nicht  nach   oben   erweitert;    Columellarfalte   kräftig." 


-     62     — 

Varietät   „dubiosa"   ein   wenig   bauchiger,   Umgänge  oben  nicht  gerandet. 
Fundort:   Lahaina  auf  der   Insel   Maui. 
Long.   25,    Diam.    11V2  mm. 

Da  auch  Partulina  dolium,  Pfeiffer  in  der  Literatur  als  auf  Molokai  vorkommend 
angegeben  wird,  so  habe  ich  chese  Art  der  Vollständigkeit  halber  mit  aufgenommen.  Bald- 
win  bezeichnet  in  seinem  Kataloge,  pag.  6,  Part,  dolium  mit  dem  Fundorte  Molokai,  be- 
merkt aber,  daß  ihm  die  Art  unbekannt  sei.  Hartman  gibt  in  seinem  Kataloge  ganz  all- 
gemein als  Fundort  „Sandwich  Islands"  an,  führt  sie  auch  als  eine  ihm  unbekannte  Art 
an,  daher  findet  sie  sich  auch  nicht  in  der  schönen  Hartmanschen  Achatinellen-Sammlung 
des  Bremer  Museums. 

Beim  aufmerksamen  Vergleichen  der  Pfeifferschen  Diagnose  und  der  allerdings  mäßi- 
gen Abbildung  könnte  man  zu  der  Annahme  gelangen,  es  wäre  eine  verblichene  Part. 
Gouldi,  Newc. 

Unter  dem  reichen  Molokai-Materiale  habe  ich  die  Art  nicht  konstatieren  können. 
Sie  muß   also   einstweilen  als   eine  fragliche  Art  bezeichnet  werden. 

Partulina  dolium,   Pfeiffer,  1855. 

Achatinella  dolium,  Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Sog.  London,  Part  XXIII,  1855,  pag.  5,  No.  15,  PI.  XXX,  Fig.  15. 

,  „  „  Malak.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  66,  No.  30a. 

,  ,  Newcomb,    Synopsis,    Annais    Lyc.    New- York,    Nat.    Hist.    Vol.    VI,     1858, 

pag.   320,  No.  62. 

BuUinella  „  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of.  reo.  Mollusca,   London,    1858,  Vol.  II,  pag.  137. 

Achatinella        ,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag-  528,  No.  39. 

„  „  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.  48. 

BulimeUa  ,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,   pag.  169,  No.  47. 

Partulina  ,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,   1869,  pag.  647,  Genus  5,  Sect.  2. 

BulimeUa  ,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1S77,  pag.  218,  No.  49. 

„  „  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  307,  No.  49. 

Partulina  ,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  26. 

BulimeUa  ,  Paetel,   Katalog,  4.  Aufl  ,  II.  Abt.,    1889,  pag.  271. 

Partulina  „  Baldwin,    Catalog   of    the    Hawaiian    Land-    and    Freshwater   Shells,    Honolulu, 

1893,    pag.  6. 

Achatinella        „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  302,  No.  8. 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c. :  „Achatinella  dolium.'"  —  „A.  testa  perforata,  ovato- 
conica;  tenuiuscula,  leviter  striatula,  parum  nitente,  pallide  lutescente,  fasciis  et  strigis  angustis 
fuscuhs  variegata;  spira  conica,  acutiuscula;  sutura  vix  marginata;  anfr.  6,  convexis,  ultimo 
spiram  paulo  superante,  ventroso,  basi  subcompresso ;  apertura  obliqua,  obauriformi,  intus 
alba ;  plica  columellari  alta,  dentif ormi,  alba ;  perist.  tenui.  intus  sublabiato,  margine  dextro 
anguste   expanso,   columellari   dilatato,   patente." 

„Long.   17,   diam.   10  mm.    Ap.   10  mm  longa,   5  lata." 

„Habitat  in  insulis   Sandwich." 

Gehäuse  durchbohrt,  eiförmig  konisch ;  ziemlich  dünn,  leicht  gestreift,  wenig  glänzend, 
blaßgelb,  mit  schmalen  braunen  Bändern  und  Striemen  bedeckt;  Spira  kegelförmig,  ziemlich 


63     — 

spitz;  Naht  kaum  gerandet;  Umgänge  6,  gewölbt,  der  letzte  ein  wenig  länger  als  die  Spira, 
bauchig,  an  der  Basis  ein  wenig  zusammengedrückt;  Mündung  schief,  verkehrt  ohrförmig, 
innen  weiß ;  Columellarfalte  hoch,  zahnförmig,  weiß ;  Mundsaum  dünn,  innen  schwach  ge- 
lippt;   Außenrand  schmal  erweitert,   Columellarrand  verbreitert,  abstehend. 

In  der  Diagnose  fehlt  die  Angabe,  ob  das  Gehäuse  links-  oder  rechtsgewunden  ist. 
Die  Abbildung  stellt  eine  dextrorse  Form  dar,  folglich  muß  der  Diagnose  noch  hinzugefügt 
werden :   „Ach.  testa   dextrorsa." 

Partulina   proxima,    W.  Harper   Pease,    1862. 
(Taf.  IV,    Fig.  I  — 12.) 

Helicfer  proximus,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXX,  Jan.    1862.  pag.  6. 
Bulimella  proxima,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  VI,   1868,  pag.  168,  No.  36. 

ParfuJina  ,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,    1869,  pag.  647. 

Bulimella  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VIII,   1877,  pag.  217,  No.  38. 

„  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  307,  No.  38. 

Fartidina         „  Hartman,  Catalog,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  27,  PL  i,  Fig.  i  u.  2. 

Bulimella  „  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.  pag.  274. 

Partulina  „  Baldwin,    Catalog,    1893,  pag.  7. 

Achatinella       „  Gwatkin,  Proc.  Ac.  Nat. Sc.  Philadelphia,  1895,  pag.  238.  (Beschreibung  der  Radula.) 

Partulina  „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  316,  No.  61. 

Pease,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c. :  Helicter  proximus.  —  „Helicter  testa  sinistrorsa,  im- 
perforata,  oblongo-ovata,  ventricosa;  subtiliter  transversim  striata,  striis  subflexuosis,  inter- 
ruptis,  juxta  suturas  conspicuis ;  anfractibus  sex,  convexis,  superne  marginatis,  ultimo  plano- 
convexo,  oblique  producto;  apertura  obliqua,  oblongo-ovata,  plica  columellari  valida;  colore 
castaneo,  albido  et  fusco  irregulariter  strigato,  columella  et  aperturae  margine  intus  purpureo- 
rubentibus." 

„Hab.    Island   of   Molokai." 

Gehäuse  linksgewunden,  undurchbohrt,  länglich  eiförmig,  bauchig;  sehr  fein  quer  ge- 
streift, Streifen  etwas  gekrümmt,  unterbrochen,  in  der  Nähe  der  Naht  deutlicher;  Um- 
gänge 6,  gewölbt,  die  oberen  mit  einem  Rande  versehen,  der  letzte  plan-konvex,  schräg  vor- 
gezogen; Mündung  schräg,  länglich  eiförmig,  Columellarfalte  stark;  Gehäusefarbe  braun, 
weißlich  und  bräunlich  unregelmäßig  gestreift,  Columella  und  innerer  Mundsaum  purpur- 
rötlich. 

Long.   26,    Diam.    14;    Apert.   longa   12,  lata  8  mm. 

Die  Größen-Dimensionen  varüeren  ziemlich  beträchtlich  und  bewegen  sich  zwischen 
26  und  18  mm  Länge,  und  14  und  10  mm  Breite.  Auch  in  Färbung  und  Zeichnung  ist 
diese  Art  ziemlich  variabel.  Die  Grundfarbe  geht  vom  Braun  durch  alle  Schattierungen  bis 
zum  Weiß  über,  auch  die  zebraartige  Zeichnung  variiert  vom  Dunkelgraubraun  durch  Braun- 
rötlich bis  zum  Gelbrötlich  und  Grau.  Am  schönsten  und  deutlichsten  ist  die  flammenartige 
Zeichnung  auf  den  oberen  Windungen,  auf  den  unteren  ist  sie  oft  auch  sehr  deutlich,  oft 
aber  fließen  die  Zeichnungen  auf  der  letzten  Windung  mehr  oder  weniger  in  ein  einfarbig 
Braun  oder  Graubraun  zusammen,  manchmal  sind  auch  die  Flammen  unterbrochen  und 
bilden  einzelne  größere  und  kleinere   Flecke.    Bei  keinem   Exemplare  verliert  sich  aber  die 


_     fi4     — 

charakteristische  Zeichnung  gänzhch  —  eine  Ausnahme  macht  die  blendendweiße  Schauins- 
landi  — .  Im  Verhältnis  zur  Intensität  der  Gehäusefarbe  steht  auch  das  mehr  oder  weniger 
Rötlich  der  Columella  und  des  Mundsaumes. 

Das  mir  vorliegende  stattliche  Material  ist  gesammelt  worden  im  Gebiete  zwischen 
dem  156"  58'  und  156"  53'  w.  Länge  und  dem  21"  9'  und  21"  4'  n.  Breite.  Die  Art  be- 
wohnt demnach  ein   Areal  \on   reichlich   80  qkm. 

Die  Fundorte,  an  welchen  die  Stammform  gesammelt  wurde  und  welche  oft  durch 
breite  Gebirgskämme  voneinander  getrennt  sind  —  z.  B.  Waikolu  und  Pelekunu,  vergl.  die 
Karte,  Nro.  17  und  23  —  sind:  Maunahui,  14;  Kahanui,  16;  Waikolu,  17;  Maka- 
kupaia,    19;    Pelekunu,   23;    Makolelau,   26;    Kamalo,  27. 

Die  Abbildungen  auf  Taf.  IV,  Fig.  i  bis  12  stellen  einige  typische  Formen-  und 
Farbenvarietäten  von  den  verschiedenen  Fundorten  dar  und  geben  uns  ein  Gesamtbild  der 
variablen  und  doch  hinsichtlich  Form  und  Zeichnung  konstanten  Art.  Die  genauere  Er- 
klärung der  einzelnen   Figuren  findet   sich   bei   der   Tafelerklärung. 

Als  distinkte  Farbenvarietät  habe  ich  die  durch  ihre  blendendweiße  Farbe  und  durch 
vorzüglichen    Glanz   ausgezeichnete   folgende   Art    als    Varietas    „Schauinslandi"    abgetrennt. 

Partulina  Schauinslandi,  Borch.,  1901. 
Farbenvarietät  der  Proxima  -  Gruppe. 
(Taf.  IV,   Fig.  15  u.  16.) 
Partulina  Schauinslandi,  Borch.,    Nachrichtsbl.  D,  Mal.  Ge.s.  No.  3  u.  4,   1901,  pag.  54. 

T.  rimato-perforata,  sinistrorsa,  solida,  ovato-conica,  longitudinaliter  substriata,  sub  lente 
subtiliter  transversim  striatula ;  spira  conica,  apice  acutiuscula;  sutura  bene  impressa;  anfr. 
61/2,  convexis,  superne  marginatis,  ultimo  plano-convexo,  oblique  producto;  apertura  ovata, 
intus  alba,  plica  columellari  valida,  subtorta ;  peristoma  labiatum,  margine  externo  expanso, 
margine  columellari  reflexo;  colore  flavido-albo,  longitudinaliter  magis  minusve  lineis  pallido- 
luteis  regulariter  strigata,  nitidissima ;  peristomatis  margine  interiore  labio,  columella  et  plica 
columellari   roseo-rubentibus. 

Long.  24,   diam.   13  mm,    Ap.   12  mm  longa,   7  mm   lata. 

Hab.   Molokai:   Kaluahauoni,   Waileia. 

Gehäuse  nur  mit  Nabelritz,  linksgewunden,  festschalig,  eiförmig  konisch,  schwach 
längsgestreift,  unter  der  Lupe  sehr  fein  quergestreift;  Spira  konisch,  Apex  ziemlich  spitz; 
Naht  deutlich  eingedrückt;  Umgänge  6Va,  gewölbt,  oben  gerandet,  der  letzte  plan-konvex, 
schräg  vorgezogen;  Mündung  eiförmig,  innen  weiß;  Columellarfalte  stark,  etwas  gedreht; 
Mundsaum  gelippt,  Außenrand  erweitert,  Columellarrand  zurückgebogen;  Farbe  schwach 
gelblichweiß,  der  Länge  nach  mehr  oder  weniger  regelmäßig  blaßgelb  gestreift,  sehr  stark 
glänzend;   Columella   und   Columellarfalte  rosenrötlich. 

Die  Exemplare  von  Waileia  sind  blendendweiß,  selbst  die  gelbliche  Längsstreifung 
ist  fast  gänzlich  verschwunden,  auch  Columella  und  Peristom  sind  fast  weiß,  wenig  oder 
gar  nicht  ins  rötliche  übergehend.  Exemplare  von  Kaluahauoni  sind  ebenfalls  blendendweiß, 
bekommen  aber  durch   die  regelmäßige  etwas  deutlicher  gelbliche  Streifung  einen  gelblichen 


—        ()Ö        — 

Ton,  bei  diesen  sind  Peristoni  und  Columella  auch  rötlicher.  Merkwürdig  konstant,  ohne 
Übergänge  zur  Stammform,  findet  sich  diese  Form  an  den  beiden  bekannten  Fundorten. 
Dagegen  die  auf  Taf.  IV,  Fig.  7  abgebildete  Form  aus  dem  Pelekunu-Tale  bildet  ein  Binde- 
glied zwischen   .,schaninslandi"   und  der   Stammform. 

In  den  Proc.  Ac.  Nat.  sc.  Phil.  1.  c.  hat  Baldwin  eine  Art  von  Molokai  unter  dem 
Namen  „Theodorei"  beschrieben.  Nach  dem  mir  vorliegenden  Materiale  ist  dieses  eine 
schlanke,  graziöse  Form  der  „Proxima-Gruppe".  Ich  ziehe  sie  deshalb  als  Form\arietät  zu 
dieser   Gruppe. 

Partulina  Theodorei,  Baldwin,  1893. 

Formvarietät  der  Proxima- Gruppe. 

(Taf.  IV,   Fig.  13  u.  14.) 

hiifulina    Theodorii,  Baldwin,  Catalog,    1S93,  pag.  7.  (Nomen  solum.)  Im  Kataloge  schreibt  Baldwin 

^l'lieodorü",  in  den  Proc.  Acad.   ^Theodorel'^ . 
Fenlicelhi    Theodorei,  Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,  pag.  226,  Plate  X,  Fig.  27. 
,  ,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  330,  No.  6. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  1.  c. :  „Achatinella  Theodorei.  —  „Shell  sinistral,  subperforate, 
rather  thin,  elongateh'  conical,  apex  subacute;  surface  shining,  sculptured  with  somewhat 
irregulär  incremental  Striae,  and  under  a  lens  exhibiting  extremely  close  and  minute  de- 
cussating  spiral  Striae ;  nuclear  whorls  smooth.  Color  dingy  white,  striped  and  mottled  ir- 
regularly  with  longitudinal  dark  brown  streaks.  Whorls  7,  slightly  marginate  above,  slighth- 
convex;  suture  moderately  impressed.  Aperturc  oblicjue,  oval,  purplish  brown  within;  peri- 
Stoma  acute,  margined  with  brown,  vcry  lightl)-  thickened  within,  columellar  margin  slighth 
reflexed;   columella   terminating   in   a   slight,  flexuous,    brown    fold.'" 

„Length,   18V2;   diam.,  9  mm." 

,,Habitat,    Kawela,    Island    of    Molokai. '" 

Ach.  testa  sinistrorsa,  subperforata,  tenuiuscula,  elongato-conica ;  apice  subacuta :  epi- 
dermide  nitida,  lineis  longitudinalibus  irregulariter  sculpta,  sub  lente  striis  confertis  spira- 
libus  minutissime  decussata ;  anfractus  embryonales  laevis.  Colore  sordido-albido,  langitudi- 
naliter  striis  strigatis  et  maculosis  brunneis  irregulariter  ornata.  Anfractus  7,  supra  sub- 
marginatis,  convexiusculis ;  sutura  modice  impressa.  Apertura  obliqua,  ovata,  purpureo-fusca 
intus;  peristoma  acutum,  fuscum  marginatum,  intus  subcallosum;  Columellari  margine  sub- 
reflexo :    plica    columcllaris    subtorta    fusca    munita. 

Gehäuse  linksgewunden,  kaum  durchbohrt,  ziemlich  dünn,  länglich  kegelförmig;  Apex 
wenig  scharf ;  Oberfläche  glänzend,  mit  unregelmäßigen  Wachstumsstreifen  versehen,  welche 
von  äußerst  feinen,  dichtstehenden  Spirallinien,  die  nur  unter  der  Lupe  sichtbar  sind,  ge- 
kreuzt werden,  die  Embryonalwindungen  dagegen  glatt.  Färbung  schmutzigweiß,  unregel- 
mäßig gestreift  und  gefleckt  mit  dunkelbraunen  Längsstreifen.  Umgänge  7,  leicht  gerandet 
oben,  schwach  konvex;  Naht  mäßig  eingedrückt.  Mündung  schief,  eiförmig,  purpurbraun 
innen;  Mundsaum  scharf,  gerandet  mit  braun,  sehr  leicht  verdickt  innen,  Columellarrand 
leicht    zurückgebogen;    Columella    mit    einer   leicht   gedrehten   braunen    Falte   besetzt. 

Zoologica.    Heft  48.  9 


~    ß(i    — 

Unter  dem  mir  zu  Gebole  stehenden  Materiale  findet  sich  diese  Form  in  Kawela 
ohne  die  Stammform,  in  Makakupaia  findet  sie  sich  mit  der  Stammform  zusammen,  fälh 
aber  sofort  auf  durch  die  länghch-konische  Form,  geringere  Größe  und  die  intensiv  zebra- 
artige Zeichnung.  Auch  diese  Form  ist  durch  Exemplare  von  Pelekunu,  Taf.  IV,  Fig.  12, 
mit  der  Stammform  verbunden. 

Merkwürdigerweise  findet  sich  die  Proxima  -  Gruppe  auf  M  o  1  o  k  a  i  nur  in  Hnks- 
gewundenen  Exemplaren,  während  die  Tesselata-  und  Virgulata-Gruppe  sowohl  links-  als 
auch  rechtsgewunden  vorkommen.  Die  nächsten  Verwandten,  sowohl  in  Zeichnung  als  in 
Form,  finden  wir  auf  dem  benachbarten  Maui,  dort  aber  merkwürdigerweise  nur  in  rechts- 
gewundenen Exemplaren.  Eine  Ausnahme  macht  die  auf  Maui  vorkommende  Äch.  hulbosa, 
Gulick,   dieselbe   ist   linksgewunden. 

Betrachten  wir  Fig.  i,  2,  9  und  10  von  Taf.  I\'  im  Spiegel,  so  haben  wir  fast  natur- 
getreue Abbildungen  der  Maui-Formen,  perdix,   marmorata,  plumhea   und  pyramidcdis. 

Wir  haben  hier  wiederum  eine  fast  lückenlose  Formenreihe,  ähnlich  wie  bei  der 
weiter  oben  behandelten   „Splendida-Gruppe'',    die    sich    zu   einer    Gruppe    vereinigen   läßt. 

Bei  dem  Resume  über  den  Begriff  der  Art,  s.  o.,  ist  festgestellt  worden :  ,,Zu  einer 
Art  gehören  sämtliche  Exemplare,  welche  der  in  der  Diagnose  festgestellten  Form  ent- 
sprechen, ferner  sämtliche  davon  abweichende  Exemplare,  die  damit  durch  Zwischenformen 
so  innig  verbunden  sind,  daß  sie  sich  ohne  Willkür  nicht  scharf  davon  trennen  lassen,  end- 
lich auch  alle  Formen,  die  mit  den  vorgenannten  nachweislich  im  genetischen  Zusammen- 
hang stehen." 

Unsere  Kenntnis  dieser  Gruppe  ist  soweit  vorgeschritten,  daß  wir  sagen  können, 
wir  stehen  vor  der  dritten  Etappe  unserer  systematischen  Erforschung,  s.  o.  l^nsere  Kennt- 
nis über  diese  „Zebra-Gruppe"  ist  soweit  fortgeschritten,  daß  zahlreiche  der  bisher  unter- 
schiedenen Arten  sich  zu  einer  lückenlosen  Formenreihe  zusammenfügen  lassen,  so  daß  die 
Zahl  der  scharf  unterschiedenen  Arten  sich  sehr  verringert  hat.  Dieses  Ergebnis  ist  ein 
Beweis  für  uns,  daß  die  beiden  Inseln  in  grauer  Vorzeit  im  Zusammenhange  gestanden 
haben  müssen. 

Betrachten  wir  die  verwandten  Maui-Formen,  die  einige  Analogie  mit  der  „Proxima- 
Gruppe  haben,  etwas  genauer. 

Achatinella  bldbosa,  Gulick,  Ann.  Lyc.  New-York,  Nat.  Hist.  vol.  VI,  Febr.  1858, 
pag.  253,  Nro.  71,  PI.  VIII,  Fig.  71,  von  Honuaula,  Maui,  hat  nach  Gulickschen  Typen  der 
Hartmanschen  Sammlung  die  größte  Ähnlichkeit  mit  der  blaßgrauen  Varietät  der  proxima 
aus  dem  Pelekunu-Tale,  Molokai;  die  obersten  Windungen  sind  auch  bei  dieser,  wie  bei 
allen  proxlma-Aiten,  zebraartig  gestreift.  Ach.  hulbosa,  Gulick.  ist  die  einzige  dieser  Gruppe, 
welche  von  Maui  bekannt  ist,   und  welche  sinistrors  ist. 

Wie  Hartman  und  Sykes  diese  Form  zur  „iawiiweZia-Gruppe  stellen  können,  ist  mir 
unverständlich,   da   von   einer   ,,Lamina"    auf  der   Columella  keine    Spur   vorhanden   ist. 

Die  Gulickschen  Typen  von  undosa,  Gulick,  Ann.  Lyc.  New-York,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI, 
Dez.  1856,  pag.  205,  Nro.  33,  PI.  VII,  Fig.  33,  von  Waihee,  Maui,  in  der  Hartmanschen 
Sammlung  sind  unausgewachsene  Exemplare  der  Ach.  perdix,  Reeve,  Conch.  icon.  1850, 
Nro.  43,  PI.  VI,  Fig.  43a  und  b.  Ach.  perdix,  Reeve  ist  dextrors,  das  Spiegelbild  zeigt  die 
größte  Analogie  mit  proxima-Y armen.  ^.ww.»»^  .»//»^  «*/ 


~     67     — 


Insel  Molokai. 
Ex.  linksgewunden: 

1 .   1'.  jiro.rima,  Pease, 

Zeichnung     mehr    oder     weniger 

zebraartig,  Kolorit  dunkelbraun  bis 

hellgelb  und  grau.  Größe  variabel. 

Vergl.  Taf.  IV,  Fig.   i  — 12. 

2.    F.  Schmiinslandi,  Borch. 
Färbung  blendend  weiß,  ohne  und 
mit  schwacher,    gelblicher,  zebra- 
artiger Zeichnung. 
Taf.  IV,  Fig.    15  und   16. 

3.  P.   Theodorei,  Baldw. 

Gehäuse     schlank  -  kegelförmig. 

Zeichnung     wie    bei    proxima. 

Taf.  IV,  Fig.    13   und    14. 


Übersicht   der  Zebra-Gruppe. 

Insel   Maui. 


Ex.  linksgewunden: 

P.  bullosa,  Gul. 
Form    und    Zeichnung     wie    bei 
proxima,    aber  letztere  etwas  un- 
deutlicher   und    ins    Graue    über- 
spielend. 

P.  ustulata,  Gul. 

gleich     der     rechtsgewundenen 

plumbea. 


Ex.  rechtsgewunden: 

P.  perdix,  Reeve, 
intensiv  weiß  und  braun  geflammt. 

P.  indiita,  Gul., 
junge ,    unausgewachsene    perdix. 
P.   undosa,  Gul.  =  perdix,  Reeve. 

P.  marmorata,  Gould, 
weniger  deutlich  geflammt,  Grund 
gelblich  bis  grau ,    oft  ein  weißes 
Spiralband     auf     der    Mitte     des 

letzten  Umganges. 
P.  Adanisi,  Newc.  =  mannoruta,  G. 

P.  plumbea,  Gul. 

weiß  und  braun  geflammt,  oft  mit 

gelber  Spiralbinde  auf  dem  letzten 

Umgange.      E.x.  kräftig. 

P.  pyramidalis,  Gul. 
fast  bräunlich,  undeutlich  geflammt, 
oft  weiße  Suturalbinde  und  weißes 
Spiralband  auf  der  Mitte  des 
letzten  Umganges.  Gehäuseform 
schlanker. 

P.  teri'bra,  Newc. 
Gehäuse     schlank ,      kegelförmig, 

gelb  geflammt. 
P.  aUentiata,  Ffr.  =  terebra,  Newc. 
„  U(jnaria,  Gul.  =  terebra,  Newc. 
„  crocea,  Gul.  =  terebra,  Newc. 
„  corusca,  Gul.  =  terebra,  Newc. 
„  perforata,  Gul.,  Jugendform 
von  terebra,  Newc. 

Eine  scharfe  Grenze  zwischen 
den  einzelnen  Formen  der  Zebra- 
Gruppe  von  der  Insel  Maui  läßt 
sich  nicht  ziehen ,  da  sie  durch 
Übergänge  miteinander  verbunden 
sind.  Viele  geben  typische  Spiegel- 
bilder der  Proxima-Gruppe. 

Als  entfernten  Verwandten  der 
Zebra-Gruppe  läßt  sich  noch  P. 
crassa,  Newc.  von  der  Insel  Lanai 
hierherziehen.  Die  Zeichnung  ist 
aber  nicht  so  intensiv  zebraartig  und 
die  Gehäuseform  ist  mehr  kugelig. 


_      ßS      — 

Fortsetzung  von  pag.  66 .' 

Auch  AcJi.  hidutd.  Gulick,  Ann.  Lyc.  New-York,  Nat.  Hist.  \'o\.  W.  Dez.  1850,  pag. 
207,  Nro.  34,  PI.  VII,  Fig.  34a  und  c  ist  nach  Guhckschen  Typen  der  Hartmanschen  Samm- 
lung  eine   junge,    unausgewachsene,    rechtsgewundene  perdix,  Reeve  von  Wailuku,   Maui. 

Ach.  perdix,  Reeve,  Conch.  icon.  1.  c.  von  Lahaina,  Maui,  ist  rechtsgewunden  und 
hat  die  typische  zebraartige  Färbung  der  proxinia-Formen  \on  JMolokai. 

Ach.  marmorata,  Gould,  Proc.  Boston,  Soc.  \'ol.  II.  1847,  pag.  200,  rechtsgewunden, 
von  Makawao,  Maui.  ist  mehr  einfarbig,  ähnlich  den  Exemplaren  von  Makolelau,  Molokai, 
häufig  findet  sich  bei  diesen  ein  helleres  Spiralband  auf  der  Mitte  des  letzten  Umganges, 
aber  auch  bei  einigen  Exemplaren  von  Makolelau,  Molokai,  finden  sich  Andeutungen  eines 
solchen  Spiralbandes.  Noch  einfarbiger  braun  in  Färbung  und  schlanker  in  Form  ist  die 
Gulicksche  Art  pyramidalis,  Ann.  Lyc.  NewA'ork,  Nat.  Hist.,  Vol.  \T,  Dez.  1856,  pag.  204, 
Nro.  32,  PL  VII,  Fig.  32,  von  Lahaina,  Maui,  ein  weißes  Spiralband  befindet  sich  auf  der 
Mitte  der  letzten  Windung,  diese  Form  schließt  sich  einerseits  an  perdix,  Reeve,  anderer- 
seits an  plumbea,   Gulick,  an. 

Gulicks  plumbea,  Ann.  Lyc.  New-York,  Nat.  Hist.  \o\.  VI.  Dez.  1856,  pag.  213,  Nro.  39, 
PI.  V'H,  Fig.  39  \'on  Kula,  Maui,  ist  ähnlich  der  perdix.  Reeve,  nur  unterscheidet  sie  sich 
von  dieser  durch  ein  gelbliches  Spiralband  des   letzten   l'mganges. 

Partulina  DAvightii,  New  comb,  1855. 
(Taf.  V,  Fig.  1—8.) 

Arhatlndla  Uirifihtii.  Newc,  Ann.  Lyceiim  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  VI,  Okt.  1855,  pag.  145.   No.  6. 

„  „         Ffr.,    Pioc.  Zool.  Soc.  London.  Part  XXIII,  Nov.   1855,  pag.  207,  No.  i. 

Partulino  „  ,        Mal.  Blätter,  Bd.  2,    1S56,  pag.  162. 

Achatindhi  ,  Newc.  Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,  London,  1860,  pag.  213,  No.  52. 

,  „  Newc,     Synopsis,      Ann.     Lyceum    Nat.     Hist.     Newyork,     Vol.    \'I,      1858, 

pag.  334,    No.   168. 
Partulimi  „  Ffr..  Mon.  Hei.  viv..  Vol.  IV,    1859,  pag.  517,  No.  4. 

AchatineJla         ,  Newc,    Amer.  Journ.  Conch.  Philadelphia,    \'ol.   II,     1866,     pag.   213,     No.  9, 

Plate   13,    Fig.  9 
Partulina  „  Ffr..    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VI,    1868,  pag.  162,  No.  4. 

,  „         Fease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1S69,  pag.  647. 

„  ,  Ffr.,    Mon.   Hei.  viv.,  Vol.  VIII,    1877,  pag.  216,  No.  5. 

„  „  Clessin,    Nom.  Hei.   viv.,    1881,  pag.  305,  No.  5. 

ÄchafiiH'lla         „         Kobelt,    Jll.  Conchylienbuch,  II.  Bd.   1881,  pag.  293,  Taf.  87,  Fig.  35. 
Pavhiliiia  ,  Hartman,   Catalog,  Proc  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  26. 

„  ,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,   II.  Abt.   pag.  271. 

„  „  Baldwin,    Catalog,    1893,  pag.  6. 

,  „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  313,  No.  45. 

Newcomb,  Annais,  1.  c. :  AchatineUa  Diviyhtii.  —  ,,A.  testa  oblonga  conica,  sini- 
strorsa,  solida,  striis  oblique  longitudinalibus,  lineis  transversis  exiguis,  subundulatis  numero- 
sissimis  intersectis,  obtecta;  anfr.  6,  plane  convexis;  sutura  simplici,  impressa ;  apertura 
ovata;  columella  lata,  brevi,  et  leviter  plicata:  labro  exteriori  expanso,  infra  sub-reflexo; 
sub-umbilicata ;  colore  cinereo-albo  maculis  et  signis  zigzag  fuscis,  in  anfractu  ultimo  cvani- 
dis;   apertura  et  labro  sub-albis." 


—     69     — 

..Long.   19,20;    lat.  9',2,2o  poll." 

„Habitat.   —   Molokai." 

Gehäuse  länglich-konisch,  linksgewunden,  ziemlich  kräftig.  Oberfläche  bedeckt  mit 
schrägen  Längslinien,  welche  durch  sehr  zahlreiche,  feine,  etwas  wellige  Querlinien  gekreuzt 
werden;  Umgänge  6,  flach  konvex;  Naht  einfach,  eingedrückt;  Mündung  eiförmig;  Colu- 
mella  breit,  kurz  und  leicht  gefaltet;  Außenlippe  erweitert,  unten  mäßig  zurückgebogen, 
mäßig  durchbohrt;  Färbung  grauweiß,  mit  zahlreichen  mehr  oder  weniger  deutlichen  Fleck- 
chen und  zickzackförmigen  Zeichen  von  dunklerer  Farbe,  die  letzten  Umgänge  dunkler  wer- 
dend,   Mündung   und    Mundsaum   schmutzigweiß. 

„Long.  24,   diam.   iP/ä  mm." 

Ap.   12  mm  longa,   intus  4°  3  lata. 

Die  Verbreitung  der  Art  erstreckt  sich  über  fast  die  ganze  östliche  Hälfte  der  Insel, 
die   Fundorte  liegen   zwischen   Makakupaia   und  Fuukaeha. 

Gesammelt  ist  die  Art  an  folgenden  Orten:  Makakupaia,  Kawela,  Makolelau, 
Kamalo   und    Puukaeha. 

Die  Größe  der  Gehäuse  variiert  zwischen  24  und  26  mm;  die  Breite  zwischen  13  und 
14  mm. 

Form  und  Größe  dieser  Art  ist  ziemlich  konstant,  die  Färbung  geht  vom  Grauweiß 
durch  alle  Nuancen  bis  zum  Dunkelkastanienbraun;  der  betreffenden  Grundfarbe  ent- 
sprechend sind  auch  die  welligen  Strichelchen  und  Flämmchen  und  Flecken  mehr  oder 
weniger  deutlich  vorhanden.  Als  sicheres  Erkennungszeichen  dient  die  scharf  konische 
Form,  der  einfarbige  Ton  der  Zeichnung,  der  stark  und  breit  erweiterte  Mundsaum,  sowie 
die   immer   bleigrauweiße    Färbung   der   Mündung   nebst   Verdickung   und  der   Columella. 

Partulina  grisea,   New  comb,  1853. 
(Taf.  V,  Fig.  9-16.) 

Ächatimila  ijrisea,   Newc,    Proc.  Zool.    Soc.    London.     Part  XXL     L)ez.    1X53,     pag.    153,     No.  66, 

PI.  XXIV,    Fig.  66. 

,  „        Pfr.,    .Mal.   Blätter.  Bd.  I,    1854,  pag.  117. 

„  „        Newc,  Synopsis,  Ann.  Lyc.  Nat.  Mist.  Newyork,    1S58,   Vol.  VI,  pag.  332,  No.  148. 

Partulina  ,,       H.  u.  A,  Adams,    The  Genera  of  rcc.  Mollusca.  London,   1S58,  Vol.  II,  pag.  137. 

Pfr.,    Mon.  Hei.   viv.,  Vol.  IV,    1859,  pag.  518,  No.  8. 
Achat inella        „        Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,  Vol.  I,    1860,  pag.  213,  No.  ^J. 
Partulina         ,       Pfr.,    Mon.  Hei,  viv.,  Vol.  VI,   1868,  pag.  163,  No.  8. 

,  „       Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  42,    1869,  pag.  647. 

,  ,       Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VIII,   1877,   pag.  216,  No.  9. 

Achatinella       „        Nevill ,    Hand    List    of    ^Mollusca ,     Indian    Museum,     Caicutta,     Part     I,      1878, 

pag.    153,    No.   26. 
Partulina  „        Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,    1881,  pag.  305,  No.  9. 

„  ,        Hartman,  Catalog,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia.    1888,  pag.  26. 

„  „       Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  272. 

,  „       Baldwin,   Catalog,   1893,  pag.  6. 

,  „       Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  313,   No.  48. 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c:  „Achatinella  grisea:'  —  „A.  testa  sinistrorsa,  iiifra 
inflata,   in  apice   acuminata;  anfractibus   sex,   rotundis,  non  marginatis;  apertura  ovata;  colu- 


—     70     — 

mella  brevi,  plana  et  subplicata ;  labro  expanso,  interne  mcrassato ;  sutura  bene  impressa ; 
umbilico  subaperto;  colore  supra  cinereo-albo,  fusco  pallide  maculato,  infra  cinereo;  anfractu 
ultimo  vitta  angusta   albida   circumdato." 

„Long.  17..0,:   lat.  V20  poll." 

,.Hab.   —  Makawao.   Maui." 

Gehäuse  linksgewunden,  unten  aufgeblasen,  Spira  kegelförmig  zugespitzt;  Umgänge  6. 
konvex,  nicht  gerandet;  Mündung  eiförmig,  Columella  kurz,  flach,  schwach  gefaltet;  Mund- 
saum erweitert,  innen  verdickt;  Naht  deutlich  eingedrückt;  Nabel  offen;  Färbung  oben 
grauweiß,  mit  blaßbraunen  Makeln  und  Strichelchen,  unten  mehr  aschgrau ;  der  letzte  Um- 
gang  umgeben   von   einer  schmalen   weißen    Binde. 

Long.   21 — 25   mm,    lat.    11  — 14  mm. 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Art  erstreckt   sich   von   Makakupaia  bis   Makolelau. 

Fundorte,  an  denen  diese  Art  gesammelt,  sind:  Makakupaia,  Kawela  und  Ma- 
kolelau. 

Diese  Art  ist  leicht  zu  erkennen  an  dem  deutlich  kegelförmigen  Gehäuse,  an  der  ge- 
flammten und  gefleckten  Zeichnung,  dann  an  der  immer  vorhandenen  weißen  Binde  auf 
dem  letzten  Umgange,  eben  unter  der  Mitte,  und  an  dem  stark  erweiterten  Mundsaume, 
welcher  außen  weiß  ist.  Im  Innern  ist  derselbe  verdickt  und  hat  ebenso  wie  die  Columella 
eine  weiße  Farbe. 

Im  Gehäusebau  hat  diese  Art  die  größte  Ähnlichkeit  mit  Dwightii.  Newc,  unter- 
scheidet sich  aber  leicht  von  derselben  durch  die  konstante  Binde,  die  bei  Dwightii,  Newc. 
nie  auftritt. 

Bislang  wird  diese  Art  nur  von  der  Insel  Maui  angegeben.  Das  reiche  Material, 
welches  mir  von  der  Insel  Molokai  vorliegt,  deckt  sich  \ollständig  mit  der  Newcombschen 
Diagnose  und  ebenfalls  mit  der  Abbildung  in  den  Proc.  zool.  Soc.  1853,  Fig.  66  auf  Taf.  24. 
Der  Newcombsche  Normaltypus  ist  Taf.  V,  Fig.  9  und  10.  Exemplare  mit  dieser  Grisea- 
färbung  finden  sich  an  allen  drei  Lokalitäten.  Fig.  9  und  10  ist  nach  Exemplaren  von  Ma- 
kakupaia angefertigt.  Aber  auch  bei  dieser  Art,  ähnlich  wie  bei  Divightü,  Newc.  geht  die 
Färbung  durch  Gelblichgrau  bis  zum  Kastanienbraun  über.  Der  Charakter  der  Art  verliert 
sich  aber  selbst  bei  der  dunkelsten  Färbung  nicht.  Zuweilen  treten  außer  der  weißen  Binde 
noch  ein  oder  zwei  schmale  weiße  Linien  auf  dem  letzten  l'mgange  auf,  wie  ich  solches 
auf  Fig.  II  — 14  dargestellt  habe.  Fig.  11  und  12  ist  nach  Exemplaren  von  Makolelau  ge- 
zeichnet. Fig.  13  und  14  sind  nach  Kawela-Exemplaren  angefertigt.  Fig.  15  und  16  stellen 
Exemplare  von  Makakupaia  dar. 

Sykes  bildet  in  seiner  Fauna  Moll.  Hawaüensis,  PI.  XI,  Fig.  16  eine  kegelförmige  Art 
ab,  die  er  als  Varietät  zu  Redfieldi.  Newc.  stellt.  Nach  meiner  Meinung  ist  es  eine  Grisea- 
Form.  Sykes  schreibt  dazu:  „Lip  white,  shell  chestnut,  a  white  band  at  the  periphery  and- 
often  a  smaller  one  above  it,  upper  whorls  finely  tesselated."  Alles  Charaktermerkmale  für 
grisea,  Newc.  Bedfieldi,  Newc.  hat  immer  ein  mehr  konvexes  Gehäuse  und  rote  Lippe, 
wie  Sykes  Figur  PI.  XI,  Fig.  1 5   richtig  darstellt. 

Ihrer  Form  nach  gehören  Dwightii,  Newc.  und  grisea,  Newc.  zu  einer  nahe  ver 
wandten  Artenreihe.  Es  ist  mir  aber  nicht  möglich  gewesen,  Übergänge  von  einer  Art  zur 
andern  aufzufinden.     Die   beiden  Formen  laufen   scharf  getrennt   nebeneinander  her. 


71      — 


Achathiella  Redfieldi, 


Bulimella 
Achat  ineUu 

Biiliiiielld 
Achatinella 

Bvlimella 

Achatinella 
Partulina 
BhU  melkt 

V 

AchaiinfVa 

Bulimella 
Partulina 
Bulimella 
Partulina 

Achatinellii 

Partulina 


Partulina  Redfieldi,  Newcomb,  1853. 

(Taf.  VI,    Fig.  1—6.) 

Newc,    Ann.  Lyc.  Newyork,  Xat.  Hist.,  Vol.  VI,  Mai    1853,  pag.  22,  No.  ;. 
„         Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part   XXI,    Dez.   1853,    pag.   131,    No.  6. 

PI.  XXII,   Fig.   5. 
Ffr.,  .Mal.  Blätter,  Bd.  I,    1S54,  pag.  121,  No.  22. 
Newc,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXII,  Dez.  1S54,  pag.  311.  (Beschreibung 

des  Tieres.) 
Pfr.,    Mal.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  163. 
Newc,    Synopsis,    Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,    Vol.  VI,     1858,    pag.   325, 

No.   97.     (Beschreibung  des  Tieres.) 
H.  u.  A.Adams,  The  Genera  of  recent  Mollu.sca,  London,  1S5S,  Vol:  II,  pag.  138. 
Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  IV,    1859,  pag.  523,  No.  25. 

Reeve,    Elements  of  Conchology.  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  145. 
V.  Martens,    Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  243. 
Pfr..    .Mon.  Hei.  viv..  Vol.  VI,    186S,  pag.  166,  No.  30. 

„       Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  VIII,    1877,  pag.   217,  No.   32. 
Nevill,     Hand    List    of    i\Iollusca,    Indian    Museum,     Calcutta ,     1878,    Part    I, 

pag.    154,    No.  44. 
Clessin,  Nom.  Hei.  viv,    iSSi,pag.  306,  No.  32. 
Hartman,    Catalog,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    188.S,  pag.  27. 
Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.  pag.  274. 
Baldwin,    Catalog,   1893,  pag.  7. 
Gwatkin,    Proc.    Ac.    Nat.  Sc.    Philadelphia,     1895,    pag-   -3^-     (Beschreibung 

der  Radula.) 
Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  317,   PI.  .\I,  Fig.  15   u.  16. 


Newcomb,  Annais,  1.  c. :  Achatinella  Redfieldi.  —  „Testa  sinistrorsa,  elongata, 
conica,  longitudinaliter  striata;  colore  albido-flavo,  inferne  in  castaneum  fuscum  transiente, 
fascia  alba  suturali,  interdum  fasciis  fuscis,  obscure  undulatis  in  tertio  solum  anfractu;  an- 
fractibus  sex;  sutura  impressa,  marginata;  apertura  subovata ;  columella  fusca,  plana  et 
contorta ;    labio   subreflexo,    fusco." 

„Length  i   inch.    Breadth  0.45  inch." 

„Habitat.  —  Wailuku,   Maui." 

Gehäuse  linksgewunden,  Länglich  rundlich,  kegelförmig,  der  Länge  nach  gestreift; 
Grundfärbung  weißgelblich,  nach  unten  ins  Kastanienbraune  übergehend,  Sutura  i  m  m  e  r 
von  einem  weißen  Bande  umgeben;  Färbung  einfach,  vom  Blaßgelb  bis  zum  Dunkelbraun 
in  allen  Nuancen,  oder  umgeben  von  verschiedenen  schmäleren  und  breiteren  dunkelbraunen 
Binden;  der  3.  Umgang  oft  mit  dunklen  Wellenlinien  gezeichnet;  Naht  eingedrückt,  ge- 
randet;  Mündung  fast  eiförmig;  Columella  braun,  flach  und  etwas  gedreht,  Mundsaum  zu- 
rückgebogen,  braun. 

Die  Länge  der  Gehäuse  variiert  zwischen  22  und  25  mm,  der  Durchmesser  zwischen 
IG  und  14  mm. 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Art  liegt  im  Zentrum  der  Insel,  näher  dem  Südrande. 
Die  Fundorte  liegen  zwischen  Makakupaia  und  Kaluaaha. 


IZ 


Zahlreiche  Exemplare  liegen  mir  vor  von  Makakupaia.  Kamoku.  Kawela,  Ma- 
kolelau,  Kaluaaha  und  Ualapue;  woselbst  dieselben  an  13  verschiedenen  Punkten  ge- 
sammelt sind. 

Ungemein  variabel  ist  diese  Art  in  der  Färbung.  Als  Normaltypus  muß  Fig.  i  auf 
Taf.  VI  angenommen  werden,  wie  er  sich  in  Kamoku  findet.  Die  Färbung  ist  einfarbig 
gelbbraun,  an  der  Naht  immer  ein  weißes  Band,  Columella  und  Mundsaum  rötlich,  Mün- 
dung fast  ohrförmig,  die  Columellarfalte  liegt  ziemlich  hoch,  ist  sehr  stark,  etwas  gedreht 
und  immer  mehr  oder  weniger  rötlich-fleischfarben.  Der  letzte  Umgang  nimmt  fast  die 
Hälfte  der  Gehäuselänge  ein,  alle  I^mgänge  sind  ziemlich  gewölbt.  dadur(-h  bekommt  das 
Gehäuse  eine  elliptisch-ovale   Form. 

Zur  sicheren  Erkennung  dieser  Art  dienen  folgende  konstante  Merkmale:  i.  Die  kon- 
vexe Form,  elliptisch-oval,  des  Gehäuses,  2.  die  weiße,  immer  vorhandene  Binde  unter  der 
Naht,  und  3.  der  rötliche  Columellarzahn.  die  rötliche  Columella  und  der  mit  einer  rötlichen 
Schwiele   belegte   innere    Mundsaum. 

Diese  Merkmale  sind  konstant,  die  Färbung  dagegen  geht  oft  von  dem  Gelbbraun  in 
ein  noch  dunkleres  Braun  über,  fast  ins  Kastanienbraune,  solche  Exemplare  finden  sich  in 
Kawela;  zuweilen  zeigen  sich  auf  der  braunen  Epidermis  einige  dunklere  Binden,  eine  solche 
ist  bei  Fig.  i  angedeutet.  Andererseits  geht  das  Gelbbraun  in  ein  Gelblichweiß  über,  solche 
Exemplare  kommen  in  Kaluaaha  vor ;  aber  auch  bei  diesen  fast  einfarbig  gelbweißen 
Exemplaren  ist  das  weiße  Suturalband  deutlich  sichtbar,  und  die  rötliche  Färbung  —  in 
schwächeren  Tönen  —  der  Columella  und  der  Mündung  bleibt  als  sicheren  Erkennungs- 
merkmal. 

Endlich  treten  auch  auf  der  weißlichen  Grundfarbe  die  verschiedenartigsten  Binden 
auf,  bald  einzelne  schmale  oder  breite,  bald  zahlreiche  schmale,  Taf.  VI,  Fig.  2,  3,  4  und  6; 
oder  die  schmalen  Binden  verschmelzen  wieder  zu  breiteren  Bändern,  Taf.  Yl,  Fig.  5  ;  aber 
auch  diese  Bändervarietäten  halten  die  oben  angeführten  Erkennungsmerkmale  fest.  Diese 
Bändervarietäten  finden  sich  an  allen  oben  angeführten  Fundorten  in  Gemeinschaft  mit  den 
einfarbigen. 

In  Kawela  und  Kamoku  treffen  wir  schließlich  Exemplare  an,  welche  in  Gemeinschaft 
mit  compta  leben.  Bei  diesen  hat  sich  die  rötliche  Mündung  verloren,  die  Gehäuse  be- 
kommen eine  intensivere  konische  Form  und  zeigen   eine   gewisse    Analogie   mit   compta. 

Man  könnte  diese  Form  als  ein  Bindeglied  zwischen  der  Eedfield i -Gruppe  einerseits 
und  der  Compta-splendida-Gruppe  andererseits  auffassen,  und  wir  hätten  dann  eine  fast 
lückenlose   Formenreihe,   welche   einen  zusammenhängenden   Stammbaum    bildet. 

Ach.  jRedfieldi,  Newc.  ist  die  ,,Pupu  kaniohi"  oder  die  „singing  snail"  der  Kanaken. 
Man  vergleiche  meine  Ausführungen  über  ..Musical  sounds  by  Achatinella"  in  dieser  Ab- 
handlung. 

Die  Art  wird  gefunden  auf  Aleurites  moluccana,  Willd.,  einer  Euphorbiaceae,  dem 
,,Tutui"  oder  „Kukui"  der  Eingeborenen,  auf  Cordyline  ienninalis,  Knuth,  einer  Liliaceae, 
dem  ,,Ti"  oder  „Ki"  der  Eingeborenen,  und  auf  Engen ia  Malaccensis,  L..  einer  Myrtaceae, 
dem  „Ohia"   oder   ,,Ohia  ai"   der   Eingeborenen. 


—     78     — 

Partulina  mucida,  Baldwin,  1893. 
(Taf.  VI,  Fig.  7  u.  8.) 

Partulina  mucida,  Baldwin,    Catalog,   1S93,  pag.  7.     (Nomen  solum.) 

„  „  ,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,  pag.  222 — 223,  Plate  X,  Fig.  23. 

„  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  315.  No.  55. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  1.  c. :  „Achatinella  mucida."  —  „Shell  sinistral,  very  minutely 
perforated,  solid,  acuminately  ovate  conic,  apex  rather  acute;  surface  shining,  marked  with 
fine  growth  lines,  and  under  a  lens  decussated  by  very  delicate,  close,  spiral  Striae.  The 
Shell  of  an  ashy  gray  color,  irregularly  distributed  over  the  surface,  giving  it  a  mucid  ap- 
pearance;  with  a  dark  brown  band  at  the  periphery  which  becomes  sutural,  extending  both 
above  and  below  the  suture,  and  a  small  patsch  of  the  same  color  around  the  umbilicus ; 
also  with  a  few  inconspicuous  brown  lines  on  the  base  and  above  the  periphery,  the  latter 
continued  above;  apical  whorls  generally  denuded  of  the  cuticle,  and  then  of  a  light  chest- 
nut  color.  Whorls  7,  slightly  convex ;  suture  moderately  impressed.  Aperture  oblique,  oval, 
livid  white  within;  peristome  acute,  slightly  thickened  within,  expanded,  basal  and  columel- 
lar  margins  narrowly  reflexed,  light  brown  on  both  face  and  the  reverse ;  columella  tinged 
with  brown,  terminating   in  a   strong,   plaited,   projecting  tooth." 

„Length,   21' 3;    diam.,    11 1/2  mm." 

,,Habitat,   Makakupaia,   Island  of   Molokai." 

Ach.  testa  sinistrorsa,  minutissime  perforata,  solida,  acuminate  ovato-conica;  apice  sub- 
acuta; epidermide  nitida;  striis  incrementalibus  minutis,  sub  lente  striis  delicatissimis  con- 
fertis  spiralibus  decussata.  Colore  cinereo,  irregulariter  variegato,  aspectum  mucidum  affer- 
rente;  anfractus  ultimus  fascia  brunnea  mediana  ornata ;  sutura  supra  et  infra  fascia  brunnea 
cincta,  macula  minuta  ejusdem  coloris  circa  umbilicum ;  lineis  nonnullis  brunneis  inconspicuis 
ad  basim  et  supra  medium ;  anfractus  embryonales  cuticula  denudata,  colore  castaneo.  An- 
fractus 7,  convexiusculis;  sutura  modice  impressa;  apertura  obliqua,  ovata,  livida,  intus  alba; 
peristoma  acutum,  intus  subcallosum,  expansum;  margine  basali  et  columellari  subreflexo, 
intus   et  extus   pallide  brunneo ;    columella   brunnea,    dente   valida,    plicata,   munita. 

Gehäuse  linksgewunden,  sehr  fein  perforiert,  ziemlich  festschalig,  eiförmig  konisch  zu- 
gespitzt; Apex  ziemlich  spitz;  Oberfläche  glänzend,  mit  feinen  Wachstumslinien  versehen, 
welche  von  sehr  zarten,  dicht  stehenden  Spirallinien,  welche  nur  unter  der  Lupe  sichtbar 
sind,  gekreuzt  werden.  Farbe  des  Gehäuses  aschgrau,  welche  unregelmäßig  über  die  Ober- 
fläche verbreitet  ist  und  dem  Gehäuse  dadurch  ein  trübes,  „mucid"  Aussehen  gibt.  Der 
letzte  Umgang  ist  an  der  Peripherie  mit  einem  dunkelbraunen  Bande  versehen,  welches 
sutural  wird  und  sich  ausdehnt  sowohl  über  als  unter  der  Naht  (Bem.  des  Verf. :  Das  Band 
über  der  Naht  und  das  Band  unter  der  Naht  liegen  auf  zwei  verschiedenen  Windungen, 
können  daher  nicht  von  dem  Bande,  welches  die  Peripherie  umgibt,  entstehen,  nur  das  Band 
über  der  Naht  ist  eine  Fortsetzung  des  Peripheriebandes,  das  Band  unter  der  Naht  ist  eine 
für  sich  besondere  Linie.),  außerdem  umgibt  ein  kleiner  Fleck  von  derselben  Farbe  den 
Umbilicus,  weiter  finden  sich  noch  einige  wenige  kaum  merkliche  Linien  an  der  Basis  und 
einige  oberhalb  der  Peripherie,  letztere  setzen  sich  nach  obenhin  fort.  Die  Embryonal- 
windungen sind  gewöhnlich  von  der  Cuticula   entblößt,    und   zeigen    dann   eine   leicht   bräun- 

Zoologica.    Heft  48.  10 


—     74     — 

liehe  Färbung.  Umgänge  sieben,  schwach  konvex;  Naht  mäßig  eingedrückt.  Mündung 
schräg,  eiförmig,  bläuHchweiß  innen;  Peristom  scharf,  innen  leicht  verdickt,  erweitert;  Basal- 
und  Columellarrand  schwach  umgebogen,  leicht  braun,  sowohl  innen  als  außen ;  Columella 
braun  gefärbt,   endigend   in  einen   starken,   gefalteten,    vorspringenden    Zahn. 

Die  Länge  des  Gehäuses  variiert  zwischen  21 — 23  mm.  die  Breite  zwischen  11  und 
14  mm. 

Das  mir  vorliegende   Material  ist  gesammelt   in   Makakupaia   und   Kawela. 

Die  schlankere  Form,  Taf.  VI,  Fig.  7,  ist  nach  einem  Exemplare  von  Makakupaia, 
Fig.  8,  eine  bauchigere  Form,  ist  nach  einem   Exemplare  von  Kawela  gezeichnet. 

Aus  dem  Makakupaia-Gebiete  liegt  mir  dann  noch  eine  große  Suite  von  Exemplaren 
vor,  welche  im  Habitus  große  .Ähnlichkeit  mit  miicida,  Baldw.  haben  und  zweifellos  dem- 
selben Stammbaume  angehören.  Die  blendendweiße  Farbe  des  Gehäuses,  die  durch  keinerlei 
Übergänge  nach  niucida  übergeht,  die  intensiv  dunkle  Peripheriebinde  und  der  bedeutend 
stärkere  Columellarzahn  haben  mich  seinerzeit  veranlaßt,  sie  als  Farbenvarietät  von  mucida 
abzutrennen. 

Partulina  macrodon,  Bore  herding,  1901. 
(Taf.  VI,  Fig.  9  u.  IG.) 
Partulina  macrodon,  Borcherding,  Nachrichtsbl.  d.  d.  malak.  Ges.,    1901,   No.  3  u.  4,  pag.  56. 

Borcherding,  Nachrichtsbl,  1.  c. :  „Partulina  macrodon"  —  „Testa  obtecta  per- 
forata,  sinistrorsa,  solidula,  oblongo-conica,  leviter  striata,  sub  lente  striis  confertis  spiralibus 
minutissime  decussata,  nitida,  alba;  fascia  una  angusta  vel  lata  castanea  in  medio  anfractus 
Ultimi  et  supra  et  infra  suturam  et  circum  periomphalum  ornata,  aliquando  fascia  infra 
suturam  in  duas  angustas  fascias  dissoluta;  spira  conica,  apice  acutiuscula,  sutura  leviter 
impressa;  anfractus  7  planiusculi,  ultimus  rotundatus  et  spira  paullo  brevior;  superi  denudati 
cuticula  et  colore  fusculo;  superi  in  speciminibus  juvenilibus  castaneo-tesselati,  apertura 
obliqua,  ovata,  intus  alba;  plica  columellaris  valida,  valde  projecta,  basi  macula  fusca  or- 
nata; peristoma  simplex,  album,  intus  labiatum  et  album,  margine  externo  expanso,  margine 
columellari   reflexo." 

„Long.   20 — 22,    diam.    12  mm.    Ap.    10  mm  longa,   8  mm  lata." 

„Hab.    Molokai:    Makakupeia." 

Gehäuse  bedeckt  durchbohrt,  linksgewunden,  ziemlich  festschalig,  länglich  kegelförmig, 
leicht  gestreift,  unter  der  Lupe  mit  dichtstehenden  Spirallinien  sehr  fein  gekreuzt,  glänzend, 
weiß;  umgeben  von  einem  engen  oder  breiteren  braunen  Bande  auf  der  Mitte  des  letzten 
Umganges,  ebenfalls  von  einem  solchen  über  und  unter  der  Naht,  sowie  um  den  Nabel 
herum  geschmückt,  zuweilen  ist  das  Band  unter  der  Naht  in  zwei  schmale  Binden  aufgelöst; 
Spira  konisch,  Apex  ziemlich  spitz;  Naht  leicht  eingedrückt;  Umgänge  7,  ziemhch  flach,  der 
letzte  rund  und  etwas  breiter  als  die  Spira;  die  oberen  Windungen  entblößt  von  der  Epi- 
dermis und  von  bräunlicher  Farbe;  bei  jungen  unausgewachsenen  Exemplaren  sind  die 
Embryonalwindungen  noch  mit  der  Cuticula  bedeckt  und  dann  braun  gewürfelt;  Mündung 
schief,   eiförmig,  innen  weiß ;    Columellarfalte   kräftig,    sehr    stark    vorstehend,    an    der    Basis 


—     75     — 

der    Falte    mit    einem    rötlichen    Flecken    geziert;    Peristom  einfach,   weiß,   innen   mit   einer 
weißen   Lippe  belegt;   Außenrand  erweitert,    Columellarrand  zurückgebogen. 

Diese  Farbenvarietät  ist  hinsichtlich  der  Färbung  und  Zeichnung  sehr  konstant  und 
zeigt  keinerlei  Übergänge  zur  Stammform.  Fig.  9  stellt  die  schlankere  Form,  Fig.  10  eine 
bauchigere  Form  —  beide  aus  dem   Makakupaia-Gebiete  —  dar. 

Subgenus:    PerdiceUa,    Pease,  1869. 
Pease,    Pioc.   Zool.  Soc.  London,    Part  42,     1869,    Genus  8,    pag.  648. 

Genus  PerdiceUa :  „Testa  dextrorsa  vel  sinistrorsa,  bulimiformi,  turrita  vel  elongato- 
conica,  imperforata,  tenuiter  striata;  plica  columellari  vi.x;  conspicua  vel  nulla;  peristomate 
simplici;    labro    tcnui." 

Gehäuse  rechts-  oder  linksgewunden,  bulimusartig,  turmförmig  oder  verlängert  konisch, 
ungenabelt,  sehr  dünn  gestreift;  Columellarfalte  kaum  in  die  Augen  fallend  oder  keine; 
Mundsaum  einfach,   Mündung   dünn. 


Dahin  gehören : 


Typus:  PerdiceUa  Helena,  Newc 

PerdiceUa  Helena,  Newcomb,  1853. 
(Taf.  IV,   Fig.  17  u.  18.) 

Achatinfllii  Helena,  Newc,  Annais  Lyc,  Nevvyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  Mai    1853,  pag.  27,  No.  15. 

,  „  „  Proc.     Zool.    Soc.     London,     Part    XXI,      1853,     pag.     151,     No.    63, 

PI.  XXIV,    Fig.  63. 
Newcomhia        „  Pfr.,    .Malak.   Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  117,  No.  7. 

Acliatinella       „  Newc,    Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  X.XII,    1854,  pag.  311    (lebendiggebärend). 

Newcomhia        ,  Ffr.,    Malak.  Blätter,    Bd.  II,    1856,  pag.  165.  7. 

,  ,  H.  u.  A.  Adams,    The  Genera  of  rec  Mollusca,  London,  Vol.  II,    1858,  pag.  139. 

,  minmcula,  Pfr.,  Proc.  Zool.  Soc  London,  Part  XXVI,   1858,  pag.  22,  No.  9,  PI.  40,  Fig.  10. 

Abbildung  mäßig,    stimmt  wenig  mit  der  Diagnose. 
Achatindln  Helena,  Newc,  Synopsis,  Annals  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist,  Vol  VI,  1858.  pag.  331,  No.  145. 

Newc.  zitiert  Pfrs.   ^minuscula'^  nicht,    obwohl    die  andern  von  Pfr.  1.  c. 
publizierten  Arten  erwähnt  werden. 

„  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,    1859,  pag.  561,  No.  175. 

„  minuscula,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  562,  No.  176. 

„  Helena,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,    1860,  Vol.  I,  pag.  213,  No.  80. 

,  minuscula,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  loo. 

Newcomhin  Helena,  Pfr.,   Mon.   Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  182,  No.  193. 

r,  minuscula,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,   Bd.  VI,    1868,  pag.  182,  No.  194. 

PerdiceUa    Helena,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  648. 

,  minuscula,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  648. 

Newcomhia  Helena,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,   Bd.  VIII,    1877,  pag.  245,  No.  247. 

,  minuscula,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VUI,    1877,  pag.  245,  No.  248. 

Perdicella  Helena,  Clessin,   Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  315,  No.  247. 

,  minuscula,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,    1S81,  pag.  315,  No.  248. 


~     76     — 

Perdicella  Helena,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1888,  pag.  40. 

,  minuscula,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    188S,  pag.  41. 

,  Helena,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,   II.  Abt.  pag.  272. 

,  minuscula,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  273. 

Partulina  Helena,  Baldwin,    Catalogue,   1893,  pag.  6. 

,  minuscula,  Baldwin,    Catalogue,   1893,  pag.  6. 

Perdicella  Helena,  Sykes,    Fauna  JMoll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  330,  No.  2. 

,  minuscula,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  330,  No.  4. 

Newcomb,  Annais  Lyc.  Newyork,  1.  c. :  „Acliatinella  Helena."  Testa  sinistrorsa, 
ovato-conica,  striis  exile  decussata,  rufa,  lineis  ziczac  albis,  latis,  longitudinalibus  alternante, 
interdum  anfractu  ultimo  albo-fasciato ;  anfractibus  quinque,  ventricosis ;  sutura  profunda, 
simplici;  apertura  ovata;   columella  sub-callosa.  — " 

„Length  0.5   inch.    Breadth  0.22  inch." 

„Habitat.   —   Molokai." 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  1853,  1.  c. :  ,,Achatinella  Helena."  —  „A.  testa  ovato- 
conica;  anfractibus  5,  ventricosis;  sutura  profunda;  apertura  ovata;  columella  subcallosa; 
striis  minute  decussatis;  colore  rufo  alternante  cum  lineis  ziczac  albis  longitudinalibus  latis, 
totam  testam  obtegentibus,   cum  vel   sine  fascia   alba,   anfr.  ultimum   cingente.  — " 

„Long.   10/20;   lat.   5I2/20  poll." 

„Hab.   Molokai,  within   the  coil   of  the   Ti   tree   leaf,   as   it   Starts   from   the   trunk." 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1858,  I.e.:  „Achatinella  (Neivcombia)  miniisnda:' 
„T.  subimperforata,  sinistrorsa,  ovato-turrita,  tenuiuscula,  sub  lente  minute  decussata,  vix  niti- 
dula,  fulvescenti-albida;  spira  turrito-conica,  apice  obtusiuscula ;  sutura  simplex;  anfr.  5  vix 
convexiusculi,  mediani  fusco-variegati,  ultimus  spira  paulo  brevior,  fascia  fusca  circumdatus 
et  basi  rotundata  fusco-areolatus ;  columella  vix  plicata;  apertura  parum  obliqua,  semiovalis; 
perist.  simplex,   acutum,   margine   columellari  superne   dilatato,  reflexo.  — " 

„Long.    10,    diam.   5  mm;    ap.   41 2  mm  longa,    2=3  lata." 

„Hab.   Sandwich   Islands." 

Das  Perdicella-MatexiSil  der  Hartmanschen  Sammlung  weist  keine  minuscula,  Pfr. 
auf,  wohl  trägt  eine  Etikette  die  Bemerkung  von  E.  Smith:  „This  shell  is  the  analogue  of 
minuscula,  Pfr.,  minuscula  is  the  junior  of  Helena,  Newc.  Dr.  Newcomb  pronounces  this 
both  Shells  as  identical,  in  which  J  concur."  Hartman  führt  trotzdem  die  beiden  Arten  in 
seinem  Kataloge  getrennt  auf.  Das  reichliche  Material  der  Meyerschen  Ausbeute  kann  man 
nach  Pfeiffers  Original-Diagnose  als  Perdicella  minuscula  bestimmen,  ohne  Schwierigkeit 
lassen  sich  die  Exemplare  aber  auch  nach  Newcombs  Diagnose  als  Perd.  Helena  bestimmen. 
Ich  habe  daher  die  beiden  Arten  unter  dem  Kollektiv-Namen  „Helena,  Newc",  dem  älteren 
zusammengezogen. 

Perdicella  Helena,  Newc,  „Gehäuse  linksgewunden,  fast  undurchbohrt ,  eiförmig- 
konisch, ziemlich  dünnschalig,  Oberfläche  matt,  durch  äußerst  feine  longitudinale  und  trans- 
versale Linien  gekreuzt,  letztere  nur  unter  der  Lupe  sichtbar;  Grundfarbe  gelblichweiß,  mit 
braunen  Zickzacklinien  und  verschieden  geformten  Flammenlinien  geschmückt,  auf  dem 
letzten  Umgange  ist  die  Zeichnung  am  deutlichsten,  oft  auch  verschwinden  die  Makeln  und 
Flecke  mehr  oder  weniger,  zuweilen  zeigt  die  Basis  gewürfelte  Flecken.    Der  letzte  Umgang 


—     ( l     — 

ist  oft  von  einem  weißen  oder  gelblichen  Bande  umgeben  und  erscheint  zuweilen  schwach 
gekielt.  Die  Spira  ist  kegelförmig  zugespitzt;  der  Apex  ziemlich  stumpf;  Naht  einfach,  deut- 
lich eingedrückt;  Umgänge  5,  ziemlich  konvex,  der  letzte  reichlich  die  Hälfte  der  Gesamt- 
länge des  Gehäuses  ausmachend;  Mündung  etwas  schief,  eiförmig;  Mundsaum  gerade,  bei 
ausgewachsenen  Exemplaren  innen  mit  einer  schwachen  braunen  Schwiele  belegt ;  Columella 
gerade,  wenig  schwielig  verbreitert;  der  Columellarrand  ist  etwas  erweitert  und  schwach 
umgebogen. 

Long.   IG — II,   diam.   5 — 6  mm. 

Fundorte  auf  Molokai:   Makakupaia  und  Kealia. 

Über  die  Lebensweise  der  Perdicella  Helena  gibt  Newcomb  in  den  Proc.  1.  c.  an, 
daß  sie  sich  in  den   Blattwinkeln  der  Liliacee,   Cordyline  terminalis  Knuth  aufhält. 

Das  auf  Taf.  IV,  Fig.  17  abgebildete  Exemplar  stammt  von  Kealia  und  würde,  falls 
man  die  Identität  der  beiden  Arten  nicht  anerkennen  will,  Newcombs  Perd.  Helena  sein, 
weißliches  Peripherieband.  Fig.  18  ist  nach  einem  Exemplare  von  Makakupaia  hergestellt 
und  würde  dann  Pfeiffers  Perd.  minuscula  sein,  gelbliches  Peripherieband.  Pfeiffers  Ab- 
bildung in  den   Proc.  1.  c.  gibt  ein  unklares  Bild  und  deckt  sich  nicht  mit  der  Diagnose. 

Die  Perdicella-Gruppe  hat  ihr  Hauptverbreitungsgebiet  auf  Maui.  Die  der  Molokai- 
Form  am  nächsten  stehende  ist  Perd.  zehrina  Pfr.  Sie  ist  etwas  größer  und  rechtsgewunden. 
Fig.   19  auf   Taf.  IV   stellt   ein  solches   Exemplar  dar. 

Subgenus;   Achatinellastrum,   Pfeiffer,  1854. 
Pfeiffer,    Malak.  Blätter,  Band  I,    1854,  pag.  133. 

Subgenus  Achatinellastrum :  „Testa  bulimiformis  aut  turrito-conica,  solida,  epidermide 
nitida;  plica  columellari  valida,  torta,  dentiformi;  peristomate  simplici,  recto;  labro  vix  in- 
crassato." 

Gehäuse  bulimusförmig  oder  getürmt-konisch,  festschalig,  Oberhaut  glänzend;  Spindel- 
falte stark,  gedreht,   zahnförmig;    Mundsaum  einfach,  geradeaus;  Außenlippe  kaum  verdickt. 

Typus;   Achatinella  bella,  Reeve. 

Dahin  gehören : 

Achatinellastrum  bella,   Reeve,  1850. 
(Taf.  VI,  Fig.  II — 20.) 

Achatinella  bella,  Reeve,    Conch.  ic,  Genus  Achatinella,   1850,  Spec.    17,  PI.  III,  Fig.  17. 

,  ,       Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,   1S53,  pag.  461,  No.  27. 

„  ,  „       Malak.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  136,  No.  83. 

„  ,  ,       Malak.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  164. 

,  ,       Newc,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Newyork,    Nat.  Hist.,    Vol.  VI,     1858,    pag.  316, 

No.  36.     (Beschreibung  des  Tieres.) 

„  ,       H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Moll.  London,   1858,  Vol.  II,  pag.  136. 

Achat inellasf Htm  bella,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  534,  No.  65. 
Achatinella  bella,  Reeve,   Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Part  I,  pag.  213,  No.  17. 

,  „       V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  247. 


—     78     — 

Achatinellasfrum  hello,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,   Bd.  VI,    iS6S,  pag.  172,  No.  ;6. 

Laminella  bella  =  polita,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,    1 869,  pag.  648. 

AchatineUastrum  bella,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  223,  No.  89. 

Achatinelia  bella,  Nevill,  Hand  List  of  Mollusca,  Indian  Museum,  Caicutta,  1878,  Part  I,  pag.  151,  No.  5. 

AchatineUastrum  bella,  Clessin,   Xom.  Hei.  viv.,    18S1,  pag.  308,  No.  89. 

„  „       Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  32. 

„  pulcherrii)ium,  Pfr.  =  bella,  Reeve,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Phila- 

delphia,   1888,    pag.  32. 

,  bella,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.,   II.  Abt.,    1889,  pag.  270. 

Partulina  hello,  Baldwin,    Catalogue,    1S93,  pag.  6. 

Achatinelia    „       Gwatkin,    Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1895,  pag.  238.     (Radula.) 
AchatineUastrum  hello,  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  321,  No.  74. 

Reeve,  Conch.  ic,  Genus  Achatinelia,  1.  c. :  „Achatinelia  bella.''  —  „Achat,  testa 
conica,  dextrorsa,  anfractibus  subventricosis,  columella  contorto-plicata ;  olivaceo-lutea,  suturis 
nigro-fuscis,   deinde  albifasciata,   anfractu   ultimo  inferne  fusco  et  albo  fasciato." 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Vol.  III,  1853,  pag.  461,  Nro.  27.  „Achatinelia  bella."  — 
„Testa  dextrorsa,  ovato-turrita,  solidula,  sublaevigata,  nitida,  alba,  fasciis  latis  virenti-luteis 
ornata;  spira  turrita,  acutiuscula ;  sutura  submarginata,  linea  nigra  notata;  anfr.  51  j  con- 
vexiusculi,  ultimus  -/ö  longitudinis  non  attingens,  rotundatus ;  columella  superne  tuberculo 
valido,   brevi,   fusco   munita;   apertura   obliqua,   ovalis ;   peristoma    simplex,   rectum."' 

,,Long.   18,   diam.   10  mm.    Ap.  81 2  mm  longa." 

„Habitat  in  insula   Mokotai  —  muß  heißen   ,,Molokai"   —    Sandwich." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eiförmig  getürmt,  ziemlich  festschalig,  fast  glatt,  glänzend, 
weiß,  mit  breiten  grüngelben  Binden  geschmückt;  Spira  turmförmig,  ziemlich  scharf;  Naht 
schwach  gerandet,  mit  einer  schwarzen  Linie  versehen;  Umgänge  51 2,  ziemlich  gewölbt; 
der  letzte  V5  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  nicht  erreichend,  gerundet ;  Columella  oben 
durch  einen  kräftigen,  kurzen,  braunen  Zahn  befestigt ;  Mündung  schief,  eiförmig ;  Peristom 
einfach,  geradeaus. 

Länge  der  Gehäuse    18 — 20  mm.    Breite  9 — 10  mm. 

Diese  ihren  Namen  mit  Recht  führende  Art  liegt  mir  in  vielen  Exemplaren  von 
14  Punkten  vor.  Das  Wohngebiet  liegt  zwischen  Kalae  im  Mittelpunkte  der  Insel  und  Ka- 
luaaha,  ziemlich  im  Osten,  sie  ist  demnach  über  ein  Gebiet  von  20  km  Länge  —  vom  157" 
bis   156»  50'  —  verbreitet. 

Fundorte,  an  denen  das  Material  gesammelt  ist,  sind:  Kalae,  Puanea,  Kealia, 
Kaupelua,  Waileia,  Kaunakakai,  Maunahui,  Hanakalilolilo,  Kawela,  Ualapue 
und  Kaluaaha. 

Diese  Art  schwankt  weniger  in  der  Form  als  in  der  Anordnung  der  Binden.  Letztere 
ist  derartig  variabel,  daß  es  kaum  möglich  ist,  solches  in  der  Diagnose  präzise  auszudrücken, 
ich  habe  daher  die  Haupttypen  auf  Taf.  VI,  Fig.  11 — 20  dargestellt.  Trotz  der  großen  Ver- 
änderlichkeit bleibt  der  Gesamthabitus  ziemhch  derselbe,  ebenso  ist  der  starke  braunrote 
Columellarzahn   und   die   blauweiße   Färbung  im   Innern   der   Mündung  konstant. 

Fig.  II  — 18  findet  sich  durcheinander  über  das  ganze  Gebiet  verbreitet.  Fig.  20  findet 
sich  in  Kaupelua,  die  kastanienbraunen  Binden   fehlen.    Fig.   19   von    Kalae   macht   eine   be- 


—      i\ 


denkliche  Schwankung  nach  Ach.  polita,  Newc,  braunes  Suturalband,  tiefe  Naht  und  dunkel- 
purpurrote Färbung  der   Mündung. 


Achatinellastrum  Mighelsiana,   Pfeiffer,  1847. 
(Taf.  VII,  Fig.  I  — 13  u.  15.  17.   19.) 


Achatinella  Mighelsiana, 


Achatinellastrum 
Achatinella 

Achatinellastrum 
Laminella 
Achatinellastrum 
Achatinella 

Achatinellaiitvum 

Laminella 

Achatinellastrum 

Paiiulina 

Achatinella 

Partulina 


Ffr.,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XV,    1Ö47,  P^g-  231  -232,  No.  16. 

„        Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,   1848,  pag.  238,  No.  14. 
Reeve,    Conc.  ic,  Genus  Achatinella,    1850,  Spec.  40,  PI   V,  Fig.  40. 
Ffr.,    Mon.  Hei.  viv,  Bd.  III,   1853,  pag.  464,  No.  38. 

„       Malak.  Blätter,   Bd.  I,    1854,  pag.  136,  No.  84. 

„       Malak.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  164. 
Newc,  Synopsis,   Annais.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,    1858,  pag.  319, 

No.  51.    (Beschreibung  des  Tieres.) 
H.  U.A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Mollusca,  London,  1858,  Vol.  II,  pag.  136. 
Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  534,  No.  67. 
Reeve,  Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  213,  No.  99. 
V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  247. 
Pfr-,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  172,  No.  78. 
Pease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,    1869,  pag.  648. 
Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VHI,    1877,  pag.  224,  No.  92. 
Nevill,    Hand  List  of  Mollu.sca ,    Indian  Museum,     Calcutta,     1878,    Part  I, 

pag.  153.   No.  30. 
Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,    1881,  pag.  308,  No.  92. 

Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1888,  pag.  42. 
Paetel,    Katalog,  4,  Aufl     1889,  II.  Abt.  pag.  273. 
Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  6. 

Gwatkin,    Proc.   Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1895,  pag.  238.     (Radula.) 
Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  314,  No.  53. 


Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c. :  „Achatinella  Mighelsiana."  —  „Ach.  testa  ovato- 
coniformi,  laevigata,  opaca,  nitida,  nivea,  strigis  cinereis  variegata;  spira  conica,  apice  acu- 
tiuscula;  sutura  submarginata ;  anfractibus  51 2  convexis,  ultimo  infra  medium  linea  nigri- 
cante  —  interdum  duplicata  —  cincto;  plica  columellari  valida,  dentiformi,  basi  castanea; 
apertura  semiovali,  fusco-marginata ;   peristomate   simplice,   acuto." 

„Long.   17,   diam.  8  mm."    „Ap.  8V2  mm  longa,  4  lata." 

„From   Molokai,    Sandwich    Islands." 

Gehäuse  eikegelförmig,  ziemlich  glatt,  matt,  glänzend,  schneeweiß,  mit  grauweißen 
Striemen  belegt;  Spira  kegelförmig,  Apex  ziemlich  spitz;  Naht  ziemlich  gerandet;  Um- 
gänge 5 Vi,  konvex,  der  letzte  unter  der  Mitte  mit  einer  —  zuweilen  zwei  —  schwarzen  Linie 
umgeben;  Columellarfalte  stark,  zahnförmig,  an  der  Basis  kastanienbraun;  Mündung  halb- 
eiförmig, braun  gerandet ;    Peristom  einfach,   scharf. 

Länge  der  Gehäuse   17 — 20  mm.    Breite   derselben   9 — 11   mm. 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Art  liegt  im  Zentrum  der  Insel;  die  Fundorte  liegen 
zwischen  Kalae  und  Kaamola;  spezielle  Fundorte  sind:  Kalae,  Puanea,  Iloli,  Waileia, 
Maunahui   und   Kaamola. 


—      SD      — 

Die  Art  variiert  sowohl  in  Färbung  und  Bänderung  als  auch  in  der  Form  und  Größe 
ziemlich  beträchtlich.  Die  Grundfarbe  geht  vom  Schneeweiß  durch  Blauweiß,  Gelbweiß  bis 
zur  Cremefärbung  über;  oft  auch  ist  die  Oberfläche  noch  geschmückt  mit  schwachen  asch- 
grauen Flammenstrichen.  Bei  der  typischen  Form  findet  sich  immer  eben  unter  der  Mitte 
des  letzten  Umganges  ein  kastanienbraunes  Band,  welches  sich  zuweilen  in  zwei  schmälere 
auflöst.  Die  kurze  Columella  ist  mit  einem  starken  Zahne  versehen  und  stets  braunrot  ge- 
färbt, ebenso  ist  die  Mündung  bei  ausgewachsenen  Exemplaren  innen  braun  gerandet. 
Diese  Forma  typica  findet  sich  in  tadellosen  Exemplaren  in  Kalae.  Taf.  \'II,  Fig.  i.  3.  5 
und  7  stellen  Kalae-Exemplare  dar. 

In  Puanea  werden  die  Umgänge  bei  Mighelsiana  bedeutend  konvexer,  die  untere 
Hälfte  des  letzten  Umganges  ist  häufig  gelb  gefärbt,  die  sonstigen  typischen  Merkmale  sind 
noch  vorhanden;   Fig.  2.  4.  6   und   8   auf   Taf.  \'II  sind  Abbildungen  von  Puanea-Exemplaren. 

Fig.  II.  13.  15.  17  und  19  stellen  Exemplare  von  einem  andern  Fundorte  des  Puanea- 
Gebietes  dar,  bei  welchen  wieder  die  konische  Form  vorherrscht;  das  Weiß  der  Oberfläche 
ist  teils  mit  umbrafarbigen,  teils  mit  aschgrauen  Flämmchen  geziert:  häufig  tritt  noch  ein 
schmales  Band  unter  der  Naht  auf  und  oft  ein  solches,  welches  sich  in  der  Nähe  des  Um- 
bilicus  befindet,  die  Nabelgegend  ist  dann  schön  orange  gefärbt.  Endlich  finden  sich  in 
Puanea  Albinos  ohne  jegliche  Zeichnung  mit  Ausnahme  der  Columella,  welche  eine,  aller- 
dings sehr  schwache  rötliche  Färbung  beibehält,  Taf.  \TI,  Fig.  9  und  12.  Nach  dem  Ge- 
samthabitus gehören  sie  auch  der  Miglielsiaua-Gruppe  an.  Die  dunkelste  Varietät,  fast 
umbrafarbig,  sonst  forma   typica,   liegt   mir  aus   Kaamola  vor,   Taf.  \TI,   Fig.   10. 

Schwieriger  gestaltet  sich  die  l'nterbringung  des  Kawela-Materials,  welches  ich  in 
einigen  Typen  auf  Taf.  \TI,  Fig.  14,  16,  18  und  20  dargestellt  habe.  Auf  den  ersten  Blick 
zeigen  die  Exemplare  Ähnlichkeit  rnit  Ach.  Xatfü,  Baldwin  und  Hartman,  Proc.  Acad.  Nat. 
Scienc.  Philadelphia,  1888,  pag.  34,  Taf.  I,  Fig.  3.  Ach.  Nattü  hat  aber  nach  dem  mir  von 
Baldwin  gewordenen  Materiale  drei  konstante  Binden  auf  dem  letzten  Umgange  und  stammt 
von  Maui;  letzteres  würde  mich  nicht  abgehalten  haben,  die  Kawela-Form  mit  Nattii  zu 
vereinigen,  wenn  nicht  die  konstante  Bänderung  vorhanden  wäre.  Auch  Ach.  porzellana, 
Newc,  Proc.  zool.  Soc.  London  1853,  pag.  146,  Nro.  47,  Taf.  XXHI,  Fig.  47,  welche  mir 
in  typischen  Exemplaren  von  Maui  aus  der  Hand  Baldwins  vorliegt,  könnte  in  Betracht  ge- 
zogen werden;  die  Kawela-Exemplare  sind  bedeutend  kräftiger  und  größer.  Ich  trenne  sie 
daher  als  Formvarietät  von  der  Stammform  ab  und  benenne  sie  meinem  verehrten  Gönner 
und   Freunde,   dem   Prof.  von  Märten s   zu  Ehren:    Ach.  Martensi. 


Achatinellastrum  Mighelsiana,   Pfr. 

\'ar.   Martensi,   forma  nova. 
(Taf.  YU.  Fig.  14.  16.  18   u.  20.) 

Differt  a  typo :  Color  candidus :  sutura  bene  impressa ;  anfractus  magis  convexi,  lineis 
varüs,  angustis  et  latis,  cincta;  anfractus  ultimus  ad  hoc  fascia  castanea  lata  infra  mediam 
ornata;  columella  levissime  purpurea;  peristoma  non  brunneum  marginatum;  apertura  albido- 
carnea   intus. 


—     81     — 

Long.    i8 — 20  mm,    diam.    10 — 11    mm. 

Habitat :    Kawela,   in   insula    Molokai. 

Diese  schöne  Form  unterscheidet  sich  von  der  Stammart :  durch  die  blendendweiße 
Farbe,  durch  die  deutlicher  eingedrückte  Naht.  Die  Umgänge  sind  konvexer  mit  2,  3  u.  4 
bald  engen,  bald  breiteren  Linien  umgeben,  der  letzte  Umgang  behält  die  breite  braune 
Peripheriebinde  des  Normaltypus  bei ;  die  Columella  zeigt  nur  einen  Anflug  von  Rot  und 
der  Mundsaum  ist  innen  nie  braun  gerandet.  Die  Mündung  zeigt  im  Innern  nur  einen  blaß- 
rötlichen Schein. 

Achatinellastrum  polita,  Newcomb,  1853. 
(Taf.  VIII,   Fig.  1—9.) 

Achatinella  polita,  Newc,    Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI,    1853,  pag.  24,  No.  10. 

,  ,  ,         Proc.  Zool.  Soc.  London,   Part  XXI,    1853,   pag.  142,    No.  37,   PI.  XXIII, 

Fig.  37.     (Abbildung  recht  mäßig.) 
„  „       Pfr.,    Malak.  Blätter,  Bd.  I,   1854,  pag.  137,  No.  87. 

„  „  „       Malak.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  164. 

,  ,       Newc,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Newyork,    Nat.  Hist.    Vol.  VI,     1858,    pag.  328, 

No.  126.     (Beschreibung  des  Tieres.) 
„  »       H-  "•  A.Adams,  The  Genera  of  rec.  Moll.  London,    1858,  Vol.  II,  pag.  136. 

Achatinellastriiin  polita,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859.  pag.  536,  No.  72. 
Achatinella  ,       Reeve,    Elements  of  Conchology,    London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  133. 

,  ,        V.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  247. 

Achatinellasfniin       ,       Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  173,  No.  83. 
Laininella  ,       syn.  von  bella,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  648. 

Achatinellastrum       „       Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  224,  No.  97. 
Achatinella  „       Nevill,    Hand  List  of  Mollusca,    Indian  Museum,    Calcutta,     1878,    Part  I, 

pag.   154,   No.  38. 
Achatinellastrum       „       Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  308,  No.  97. 

,  „       Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  34. 

,  „        Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.,  II.  Abt.    1889,  pag.  274. 

Partulina  „       Baldwin,    Catalogue,    1893,  pag.  7. 

Achatinellastrum       „       Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  326,  No.  99. 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1853,  I.e.:  „Achatinella  polita."  —  „Ach.  testa 
dextrorsa,  nitida;  anfractibus  5,  convexis,  supra  marginatis;  sutura  bene  definita;  apertura 
oblonge  -  ovata ;  columella  fortiter  tuberculata  cum  extremitate  purpurea;  labro  simplici; 
colore  luteo ;  apertura  interne  alba  vel  nigro-purpurea ;  anfr.  superioribus  partim  notis  coloris 
umbrosi   obscure  signatis;   sutura   cum  vel   sine  vitta  nigra." 

„Long.  12/20;  lata  6V2/20  poll." 

„Hab.    Molokai." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  glänzend;  Umgänge  5,  gewölbt,  oben  gerandet;  Naht  recht 
deutlich;  Mündung  längUch  eiförmig;  Columella  mit  einem  starken,  an  der  Spitze  braunrot 
gezeichneten  Zahne;  Peristom  einfach;  Färbung  gelb;  Mündung  innen  weiß  oder  dunkel- 
purpurrot; die  oberen  Umgänge  teils  mit  einer  undeutlichen  Umbrafarbe  versehen;  Naht 
mit   oder  ohne   schwarzes   Band. 

Long.    14,    diam.  8V2  mm. 

Das    Material,    welches    ich    zu    dieser   Art   ziehe,   ist  gesammelt   worden   in   Kalae, 

Zoologiea.    Heft  48.  11 


—     82     — 

Puanea,  Waileia,  Maunahui,  Kawela,  Kaamola  und  üalapue,  hat  also  mit 
Mighelsiana  und  bella  dasselbe  Verbreitungsgebiet.  Nach  Baldwin,  Katalog,  pag.  7,  soll 
polita  von  Kaluaaha  bis  Halawa  vorkommen,  darnach  erstreckte  sich  das  Verbreitungs- 
gebiet dieser  Art  von  Kalae  bis  zur  Ostspitze. 

Die  Größe  ist  geringen  Schwankungen  unterworfen,  d.  h.  bei  ausgewachsenen 
Exemplaren,  in  der  Hartmanschen  Sammlung  liegen  ganze  Suiten  von  nur  Jugendformen, 
auch  Verfasser  erhielt  von  Handlungen  zum  Teil  unausgewachsene  Exemplare;  die  Größe 
schwankt  zwischen   15   und   18  mm,  die  Breite   zwischen   8   und    10  mm. 

Nach  der  Newcombschen  Diagnose  muß  als  Typus  einerseits  Taf.  VIII,  Fig.  2,  4  u.  8 
angesehen  werden,  einfarbig  gelb  bis  gelbbraun  mit  dunkler  Suturalbinde;  andererseits 
Taf.  VIII,  Fig.  I  und  9  einfarbig  gelb  oder  gelbbraun  ohne  Binde  in  der  Naht.  Newcomb 
gibt  ferner  die  Färbung  der  Mündung  bald  als  weiß,  bald  als  dunkelpurpurfarbig  an;  also 
durchaus  keine  konstanten  Merkmale.  Taf.  VIII,  Fig.  i,  von  Puanea,  stellt  eine  solche  ein- 
farbige Form  mit  bläulich-weißer  Mündung  dar,  diese  Form  zeigt  aber  eine  große  Analogie 
mit  den  mehr  rundlichen,  einfarbigen  Formen  von  Mighelsiana.  Fig.  3  mit  der  typischen 
Färbung  der  Polita-Mündung  und  dem  typischen  Suturalbande,  Exemplar  von  Kalae,  neigt 
ebenfalls  zur  Mighelsiana.  Fig.  5  und  6,  ebenfalls  von  Kalae,  zeigen  in  der  Mündung,  an 
der  Naht  und  den  Umgängen  PoZ/^rt-Charakter,  der  letzte  Umgang  aber  sieht  sehr  Bella- 
ähnlich  aus.  Fig.  7  endlich,  von  Maunahui,  welche  am  wenigsten  von  der  Stammform  ab- 
weicht, zeigt  um  den  Umbilicus  eine   Färbung,   wie  sie   sich  bei  Mighelsiana  findet. 

Die  Normaltypen  Fig.  2  und  4  stammen  von  Kalae,  Fig.  8  von  Ualapue,  Fig.  i  von 
Puanea  und  Fig.  9  von   Ualapue. 

Pease  hat  seinerzeit,  Proc.  zool.  Soc,  London,  1869,  pag.  648,  Ach.  hellu  und  polita 
für  identisch  erklärt.  Der  Ansicht  kann  ich  mich  nicht  anschließen,  in  ihrem  Normaltypus 
können  sie  als  Arten  nebeneinander  bestehen,  aber  die  fortgeschrittene  Kenntnis  der  einzelnen 
Formen,  sowie  die  Explorierung  bisher  nicht  durchforschter  Gebiete  lehrt  uns,  daß  wir  es 
hier  mit  Arten  zu  tun  haben,  die  zu  einem  Stammbaume  gehören,  dessen  einzelne  Arten 
aber  so  durch  Zwischen-  und  Übergangsformen  miteinander  verbunden  sind,  daß  eine  scharfe 
Trennung  der  einzelnen  Arten  nicht  mehr  möglich  ist. 

Das  oben  Gesagte  läßt  sich  freilich  noch  nicht  auf  einige  Formen  anwenden,  welche 
in  Waileia,  Kawela  und  Kaamola  gesammelt;  sie  stehen  vorläufig  noch  isoliert  da, 
gehören  aber  auch  sicher  zu  dieser  Gruppe.  Einstweilen  behandle  ich  sie  daher  als  ge- 
trennte Formen  und  benenne  sie  mit  eigenen  Namen:  Fig.  10  auf  Taf.  VIH  Ach.  latizona, 
forma  nova;  die  Bezeichnung  erklärt  sich  von  selbst.  Fig.  11,  12,  13  und  14  auf  Taf.  VIH 
Ach.  Dixoni,  forma  nova;  diese  Form  benenne  ich  dem  Entdecker  der  ersten  Achatinella, 
dem  Kapitän  Dixon,  vergl.  Literaturverz.,  zu  Ehren.  Sein  Patenkind  könnte  eine  Deminutio 
seiner  Ach.  apex-fulva  sein.  Fig.  15  und  16  auf  Taf.  VIII  endlich  Ach.  hepatica,  nach 
der  leberbraunen,   ins   Gelbe  und   Grünliche  sich   ziehenden   Färbung. 

Achatinellastrum  latizona,   forma  nova. 
(Taf.  VIII,   Fig.  10.) 

Ach.  testa  dextrorsa,  conico-ovata,  solidula,  nitida,  sub  lente  longitudinalitcr  minutis- 
sime  strigata,  pallide  lutea,  media  anfractuum  fascia  lata  castanea  ornata ;  spira  conica ;  sutura 


—     83     — 

marginata,  impressa;  Anfractus  51  ^  convexiusculi,  ultimus  spira  vix  brevior;  Columella  tu- 
bercLilo  parvo,  brevi,  albo  munita;  apertura  obliqua,  obauriformis,  pallide-violacea;  peristoma 
Simplex,   rectum,   intus    roseum   labiatum. 

Long.   14,   diam.  8  mm. 

Habitat    Kaamola    in    insula    Molokai. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  konisch-eiförmig,  ziemlich  festschalig,  glänzend,  sehr  zart 
längsgestreift,  Epidermis  blaßgelb,  Umgänge  auf  der  Mitte  mit  einer  breiten  kastanienbraunen 
Binde  geziert;  Spira  konisch;  Naht  gerandet,  eingedrückt;  Umgänge  5V2,  schwach  gewölbt, 
der  letzte  kaum  breiter  als  die  Spira ;  Columella  mit  einem  kleinen,  kurzen,  weißen  Höcker 
versehen;  Mündung  schief,  verkehrt  ohrförmig,  blaß-violett;  Mundsaum  einfach,  geradeaus, 
innen    rot   gelippt. 

Achatinellastrum  Dixoni,  forma  nova. 
(Taf.  VIII,   Fig.  II.  12.  13  u.  14.) 

Ach.  testa  dextrorsa,  ovato-conica,  solidula,  nitida,  saturate  castaneo-brunnea,  anfractus 
embryonalis  et  macula  circum  umbilicum  lutea,  longitudinaliter  subtilissime  strigata;  spira 
conica;  sutura  marginata,  impressa;  anfractus  5V2  convexiusculi,  ultimus  Va  longitudinis  sub- 
aequans,  rotundatus;  columella  tuberculo  parvo,  brevi,  carneo  aut  griseo-purpureo  munita; 
apertura  obliqua,   semiovalis,   lilacina;   peristoma   simplex,   rectum. 

Long.   14,   diam.  8 — 9  mm. 

Habitat   Kawela  et    Kaamola   in   insula   Molokai. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eikegelförmig,  ziemlich  festschalig,  glänzend,  gesättigt  ka- 
stanienbraun, die  oberen  Windungen  und  ein  Fleck  um  den  Nabel  gelb,  sehr  zart  längs- 
gestreift; Spira  konisch;  Naht  gerandet,  eingedrückt;  Umgänge  51,1',  schwach  gewölbt,  der 
letzte  die  Hälfte  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  kaum  erreichend,  gerundet;  Columella  mit 
einem  kleinen,  kurzen,  fleischroten  oder  schmutzig-purpurnen  Zahne  versehen ;  Mündung 
schief,  halboval,  grauviolett ;    Mundsaum  einfach,  geradeaus. 

Diese  Art  kommt  an  den  oben  bezeichneten  Lokalitäten  in  einer  dunkleren  und 
helleren  Färbung  vor.  Fig.  1 1  stammt  von  Kawela,  hat  den  dunklen  Columellarzahn  und 
keinen  gelben  Fleck  um  den  Umbilicus,  Fig.  12,  von  Kawela,  und  Fig.  13,  von  Kaamola, 
sind  normal  gezeichnet.  Fig.  14,  von  Kawela,  zeigt  die  hellere  Färbung,  bei  dieser  treten 
zuweilen  zwei  gelbliche  Binden,  eine  an  der  Peripherie,   die  andere   unter  der  Naht,   auf. 

Achatinellastrum  hepaticum,  forma  nova. 
(Taf.  VIII,   Fig.  15  u.  16.) 

Ach.  testa  dextrorsa,  elongato-ovata,  solidiuscula,  nitida,  sub  lente  striis  longitudinali- 
bus  et  spiralibus  subtiliter  et  confertim  decussata,  epidermide  hepatica,  obscuriore  venulosa ; 
spira  turrita;  sutura  distincte  marginata,  bene  impressa;  anfractus  5>1>,  convexi,  ultimus  spira 
paullo  brevior,  rotundatus;  columella  subtorta,  plica  columellaris  alba;  apertura  obliqua, 
semiovalis,   intus   albida;    peristoma  simplex,  rectum. 

Long.   17,   diam.  g  mm. 

Habitat   Waileia   et   Kawela  in   insula    Molokai. 


—     84     — 

Gehäuse  rechtsgewunden,  längUch  eiförmig,  ziemlich  festschahg,  glänzend,  mit  Längs- 
und Spirallinien,  welche  nur  unter  der  Lupe  sichtbar  sind,  sehr  fein  und  dicht  dekussiert, 
Oberfläche  gelbgrünlich  leberbraun,  mit  dunkleren  Strichen  geädert;  Spira  turmförmig;  Naht 
deutlich  gerandet,  eingedrückt ;  Umgänge  15V2,  gewölbt,  der  letzte  ein  wenig  breiter  als  die 
Spira,  gerundet ;  Columella  schwach  gedreht ;  Columellarfalte  weiß ;  Mündung  schief,  halb- 
eiförmig,  innen   weißlich;    Peristom   einfach,  geradeaus. 

Taf.  VIII,  Fig.  15  stellt  die  dunklere  Färbung  von  Kawela  dar;  Fig.  16,  von  Waileia, 
zeigt  ein  helleres  Exemplar,  letztere  Färbung  trägt  oft  ein  grüngelbes  Band  auf  der  Mitte 
des  letzten  Umganges. 


Übersicht    der  Achatinellastrum -Gruppe    von   Molokai. 


Mighehiana,  Pfr. 
Typus:    Färbung    weiß,    dunkle 
Peripheriebinde  ;         Gehäuseform 
konisch ,     Columellarzahn    braun, 
Mündung    innen    braun    gerandet. 

Übergangsform : 

Marteyisi,  f.  nov. 

Färbung   weiß ,    mehrere    Binden, 

Gehäuse  eiförmig,  Columella,  Zahn 

und  Mündung  weiß. 

Nahe  verwandte  Formen 
auf  Maui. 
Nattii,  Baldw.  u.  Hartm. 
Porcellana,  Newc. 


bella,  R  e  e  V  e. 
Typus:  Färbung  gelb,  abwech- 
selnd braune  und  weiße  Binden, 
untere  Hälfte  des  letzten  Umganges 
gelb  ;  Gehäuseform  eiförmig,  Colu- 
mellarzahn braunrot ,  Mündung 
violett. 


[jolita,  Newc. 
Typus:  Färbung  gelb,  kastanien- 
braunes Suturalband ;  Gehäuse- 
form eiförmig  konisch,  Columellar- 
zahn braunrot ,  Mündung  innen 
dunkel  purpurrot. 

Verwandte  Formen : 

Latizona,   f.  nov. 

Färbung   gelb ,    breite    Binde    auf 

der  Mitte  der  Umgänge. 

Dtxonl,  f.  nov. 

einfarbig    sattbraun ,    Apex    und 

Umbilicus  gelb. 

Hepatka,   f.  nov. 
gelbgrünlich  leberbraun,  Columel- 
larzahn u.  Mündung  weißlich. 


Subgenus:  Laminella,  Pfeiffer,  1854. 
Pfeiüfer,    Malak.  Blätter,    Band  I,    1854,  pag.  126. 

Testa  elongato-ovata  vel  turrita;  plica  columellari  tenui,  laminaeformi,  torta,  com- 
pressa,   duplicata;   peristomate   simplici,   recto;   labro  tenui   aut   subincrassato. 

Gehäuse  lang-eiförmig  oder  getürmt;  Columellarfalte  dünn,  eine  zusammengedrückte, 
gewundene  Querlamelle  bildend,  oft  verdoppelt;  Mundsaum  einfach,  geradeaus;  Mündungs- 
wand dünn  oder  schwach  verdickt. 


Typus:  Laminella  citrina,  Migh. 

Dahin  gehören: 

Laminella  citrina,  Mighels,  1848. 
(Taf.  VIII,  Fig.  17,  18   u.  19.) 

Achatimlla  citrina,  Mighels,    in  sched.  Cuming;  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,   1848,  pag.  234,  No.   5. 
,  „        Reeve,  Conch.  ic,  Genus  Achatinella,   1850,  Spec.  33,  PI.  V,  Fig.  33. 


---     85     — 

ÄclMliiictla  citrina    Pfcifter,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,    1853,  paj^.  466,  No.  45. 
Laminella  „         Ffr.,    I\Ia!ak.   Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  126,  No.  41. 

„  „       Malaie.  Blätter,    Bd.  II,   1856,  pag.  165. 

Achatinella        „         Newc,  Synopsis,  Annais  Lyc.  Nevvyork  Nat.  Hist.  Vol.  VI,  1858,  pag.  3  12,  No.  19. 

(Beschreibung  des  Tieres.) 
Laminella  „         H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Moll.  London,    1858,  Vol.  II,  pag.  138. 

,  „        Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  548,  No.  122. 

Achatinella        ,         Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  213,  No.  29. 
Newcombia         „         v.  Martens,  Albers  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  249. 
Laminella         „        Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  179,  No.  139. 

,  ,         syn.  venusta,  Fease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,   1869,  pag.  648. 

„  „         Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  238,  No.  177. 

Newcombia        „         Nevill,    Hand    List    of   Mollusca,    Indian    Museum,    Calcutta,     1878,    Fart  I, 

pag.    156,    No.  69. 
Laiiiiiiella  ,         Clessin,   Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  312,  No.  177. 

,         Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  42. 
„  ,         Faetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.  pag.  270. 

„  ^         Baldwin,  Catalogue,    1893,  pag.  7. 

,  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiensis,    1900,  pag.  348,  No.  70. 

Mighcls,  in  sched.  Cuming.  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  II,  1848,  1.  c. :  „Achatinella 
citrina,  Mighels."  • —  „T.  sinistrorsa,  oblongo-conica,  solidula,  subtilissime  striatula,  nitida, 
lutea;  spira  elongata,  gracilis,  apice  obtusiuscula ;  anfr.  6,  supremi  plani,  sequentes  convexius- 
culi,  ultimus  subcarinatus,  carina  antrorsum  evanescente;  plica  columellaris  duplicata,  in- 
ferior validier,  torta,  lamelliformis ;  apertura  semiovalis ;  perist.  simplex,  acutum,  margine 
columellari   reflexo."   — 

„Long.    171/2,    diam.   7  mm.    Ap.   7  mm  longa,  media  32/3  lata." 

„Habitat  in  insulis   Sandwich." 

Gehäuse  linksgewunden,  länglich  konisch,  zietnlich  festschalig,  sehr  fein  gestreift, 
glänzend,  gelb;  Spira  verlängert,  schlank,  Apex  ziemlich  stumpf;  Umgänge  6,  die  oberen 
flach,  die  folgenden  ziemlich  gewölbt,  der  letzte  schwach  gekielt,  nach  vorne  fast  ganz  ver- 
schwindend; Columellarfalte  doppeh,  die  untere  stärker,  gedreht,  lamellenförmig ;  Mündung 
halboval;    Mundsaum   einfach,    scharf;   Columellarrand   umgebogen. 

Ausgewachsene  Exemplare  erreichen  eine  Länge  von  ig  mm  und  einen  Durchmesser 
von  9  mm. 

Das  mir  zur  Bearbeitung  vorliegende  reichliche  Material  stammt  von  Makanalua 
und  Kahanui,  dem  Zentrum  der  Insel,  und  von  Puukaeha,  einem  im  Osten  gelegenen 
Gebiete.    Baldwin  gibt   als  Verbreitungsgebiet   an:   „Kalae   to  Waikolu." 

Die  Art  ist  konstant  und  mit  keiner  zu  verwechseln.  Der  Pfeifferschen  Original- 
diagnose habe  ich  hinzuzufügen :  „Testa  sinistrorsa  aut  dextrorsa."  Von  Kahanui  sowohl  als 
auch  von  Puukaeha  liegen  mir  rechtsgewundene   typische   citrina   vor. 

In  der  Hartmanschen  Sammlung  findet  sich  i  Exemplar,  bezeichnet  Laminella  lu- 
teola,  Per.,  mit  der  Bemerkung:  „Ex.  von  Sowerby  bezeichnet  als:  A.  luteola,  Per.  in 
Jardin  des  plantes,   Oahu." 

Das  so  bezeichnete  Exemplar  ist  eine  citrina,   forma   dextrorsa. 


—     86     — 

Da  bis  jetzt  von  der  citrina  keine  rechtsgewundenen  Exemplare  bekannt  waren, 
wußte  man  mit  der  Ferussacschen  Achatina  luteola  nichts  anzufangen.  Nach  dem  mir  vor- 
hegenden Materiale  und  einer  Vergleichung  mit  Ferussacs  Originaldiagnose  —  die  Abbil- 
dung, Hist.  nat.  Moll.  pag.  195,  PI.  155,  Fig.  12  entspricht  nicht  ganz  seiner  Diagnose  — 
welche  sich  vollständig  mit  rechtsgewundenen  citrina  deckt,  sogar  Größenangaben,  Länge 
sowohl  wie  Durchmesser,  stimmen,  unterliegt  es  für  mich  keinem  Zweifel  mehr,  daß  Fe- 
russacs luteola  eine  rechtsgewundene  citrina  ist.  Nach  der  Anciennität  müßte  Ferussacs 
Name,  1824,  gelten  und  Alighels  Manuskript-Name  als  linksgewundene  \'arietät  angeführt 
werden.  Um  nicht  noch  mehr  Wirrwarr  in  der  Nomenklatur  einzuführen,  halte  ich  als 
Normaltypus  Mighels  citrina  fest  und  führe  Ferussacs  luteola  als  dextrorse  Form  neben- 
her. Auf  Taf.  VIII,  Fig.  19  habe  ich  dieselbe  bildlich  dargestellt,  das  Exemplar  stammt 
von  Puukaeha. 

Taf.  VIII,  Fig.  17,  Ach.  citrina,  Migh.,  forma  typica,  von  Makanalua;  Fig.  18, 
Ach.  citrina.  forma  dextrorsa,  gelblichweiße  Normalfärbung,  von  Kahanui,  und  Fig.  19, 
die  gelbe   rechtsgewundene   Form  =  luteola,  Fer.    von    Puukaeha. 

Laminella  luteola,  Feiussac,   1824. 
Forma  dextrorsa,  colore  luteola,  von  citrina,  Migh. 
(Taf.  VIII,    Fig.  19.) 

Htüx   luteola,  Fcrussac,    Voy.  autour  du  blonde  de  Fre\c.,  Zoolog.    1824,  pag.  480. 
Achatina    ,  „  Hist.  nat.  Moll.   1820-1851,    pag.  195,  PI.  155,    Fig.  12.     (Das  betreffende 

Heft,  in  welchem  die  Achatinellen  beschrieben  worden  sind,  muß  nach  1848 
erschienen  sein,  denn  Fer.  zitiert  hierin  schon  Pfr.   Mon.  Bd.  II,    1848.) 
Bulimtts    luteoltis.  Pfr.,  Symbolae  I,   1841,  pag.  83. 

,  „  ,  ,  II,    1842,  pag.  117. 

AchatineUa  luteola,  Pfr.,       ,        III,    1846,  pag.  58. 

„  „  „      Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  XIII,   1845,  pag.  90,  No.  18. 

„  ,  „       Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,    1848,  pag.  234—235,  No.  6. 

,  ,  ,      Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,    1853,  pag.  466,  No.  46. 

Laminella         ,  ,      Malak.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  165. 

AchatineUa       „         Newc,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Newyork,    Nat.   Hist.    Vol.  VI,    1858,    pag.   308, 

ohne  No. 
Laminella         ,         Pfr.,    JMon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859,  pag.  548,  No.  123. 

,  „  „       Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  179,  No.  137. 

Amastra  „         syn.  turritella,  Fer.,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  650. 

Laminella         ,         Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  238,  No.  180. 

,  „        Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  312,  No.  180. 

,  ,         Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.   Philadelphia,    1888,  pag.  42. 

,  ,        Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.  pag.  273. 

Amastra  „         syn.  turritella,  Per.,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  346,  No.  63. 

Ferussac,  Voy.  de  Freyc.  1S24.  1.  c. :  „Helix  luteola.  Fer."  —  ,,Testa  dextrorsa, 
elongata,  striatula,  alba;  epidermide  luteo-f ugaci ;  anfractibus  5 — 6(?),  ultimo  vix  carinato; 
suturis  non  duphcatis;  apertura  ovato-elongata ;  columella  alba,  arcuata;  rima  umbilicali  non 
distincta. 


—     87     — 

Hab.  —   II  est  probable,  qu'ellc  vient  des   iles   Mariannes." 

„Cette  petite  espece  a   i8  millimetres  de  longueur  et  8  de  diameter"  Hist.  nat.  pag.  195. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  länghch,  schwach  gestreift,  weiß;  Epidermis  gelb,  flüchtig, 
vergänglich,  Umgänge  5 — 6,  der  letzte  kaum  gekielt,  Naht  nicht  gerandet;  Mündung  ei- 
förmig  länglich;    Columella   weiß,   gebogen;   Nabelritz  kaum   unterscheidbar. 

Long.   18  mm,   diam.  8  mm. 

Der  vermutliche  Fundort  stimmt  nicht,  Ferussac  ist  aber  selbst  darüber  ungewiß,  weil 
er  pag.  195  der  Hist.  nat.  Moll,  schreibt.  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  die  Art  von  den  Ma- 
riannen kommt. 

Fundort   auf   Molokai:    Puukaeha. 

Eine  interessante  Übergangsform  von  cifrina,  Migh.,  die  einerseits  eine  Brücke  nach 
helvina,  Baldw.,  andererseits  eine  Verbindung  mit  depicta,  Baldw.  und  venusta,  Migh.  her- 
stellt, findet  sich  unter  dem  c;7nna-Materiale  von  Kahanui;  die  gelbe  Grundfarbe  erhält 
einige  schwarze  Pünktchen  und  Striche,  einige  sogar  eine  Färbung,  wie  die  L.  semivenu- 
lata.    Taf.  VIII,   Fig.  23   stellt   eine  solche   Form  von   Kahanui   dar. 

Laminella   venusta,   Mighels,    1845. 
(Taf.  VIII,   Fig.  22.) 

Achatinella  venusta,  Mighels,    Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,   1845,  pag.  21. 

„  ,.  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,    1848,  pag.  234,  No.  4. 

,  „  Reeve,    Conch.  ic,  Genus  Achatinella,   1850,  Spec.  32,  PI.  V,  Fig.  32. 

,  „  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,    1853,  pag.  466,  No.  44. 

Laminella  ,  „       Malak.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  127,  No.  42. 

,  «  „       Malak.   Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  165. 

Achatinelln         „  Newc,  Synopsis,  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist,  Vol.  VI,  1858,  pag.  31 1,  No.  18. 

Laminella  ,,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  London,  1858,  Vol.  II,  pag.  138. 

,  ,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859,  pag.  548,  No.  124. 

Achatinella        „  Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  189. 

Newcombia  „  v.  Martens,  Albers  Heliceen,  II.  Aufl.,    1860,  pag.  249. 

Laminella  „  Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  179,  No.  138. 

„  „  =  citn'na,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  648. 

Newcombia  ,  Binney,    Annais   Lyc.   Newyork,    Nat.  Hist.    Vol.  XI,    1875,    pag.    191,  PI.  XIV, 

Fig.  D.     Radula. 

Laminella  „  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag-  238,  No.  178. 

Newcombia  „  Nevill,    Hand    List    of   Mollusca,     Indian    Museum,    Caicutta,     1878,     Part    I, 

pag.   156,    No.  71. 

Laminella  „  Clessin,   Nom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  312,  No.  178. 

„  „  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1888,  pag.  43. 

Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  276. 

,  „  Baldwin,    Catalogue,    1893,  pag.  8. 

„  ,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  352,  No.  87. 

Mighels,  Proc.  Boston.  Soc.  Nat.  Hist.  1845,  1-  c. :  „Achatinella  venusta."  —  „Shell 
sinistral,  conical,  body  whorl  large  and  tumid,  reddish  yellow,  beautifully  ornamented  with 
black  zig-zag  lines,  more  or  less  numerous  and  regulär,  perforate;  whorls  six,  convex;  aper- 
ture  subovate;   lip   simple,  acute.   — 


—     88     — 

,,Length    3/5    inch.,    diameter    4  15    inch." 

„Hab.  —  Oahu." 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  H,  1848,  1.  c. :  „Achatinella  venusta,  Mighels."  — 
„T.  sinistrorsa,  elongato-conica,  striatula,  flava,  strigis  nigricantibus  fulgurata ;  spira  turrita, 
gracilis,  apice  obtusiuscula ;  anfr.  7,  convexi,  ultimus  1 3  longitudinis  vix  superans ;  columella 
biplicata ;  plica  inferiore  compressa,  parum  prominente ;  apertura  sub-rhombeo-ovalis,  intus 
alba;   perist.  simplex,   acutum."   — 

„Long.    15,    diam.   6  mm.    Ap.   6  mm  longa,   y/o   lata." 

„Habitat  in  insulis   Sandwich." 

Gehäuse  linksgewunden,  länglich-kegelförmig,  gestreift,  grüngelb,  mit  schwarzen,  zick- 
zackförmigen  Linien  überzogen ;  Spira  turmf örmig,  schlank,  Apex  etwas  stumpf ;  L'mgänge  7, 
gewölbt,  der  letzte  I3  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  kaum  erreichend;  Columellarfalte 
doppelt;  die  untere  Falte  zusammengedrückt,  ein  wenig  vorstehend;  Mündung  schwach 
rhombisch-oval,   innen   weiß ;    Peristom   einfach,   geradeaus. 

Ausgewachsene  Exemplare  erreichen  eine  Länge  von  16  mm  und  einen  Durchmesser 
bis   8  mm. 

Das  von  Meyer  gesammelte  Material  stammt  von  Haupu,  nördlich  von  Pelekunu, 
am   Nordrande   der    Insel,   und  von   Kai ua aha,   nahe   dem    Südostrande   der    Insel. 

Die  Grundfarbe  gelbgrün  ist  bei  der  forma  typica  konstant,  die  schwarze  zickzack- 
förmige  Zeichnung  ist  sehr  variabel,  bald  schmal,  bald  breit,  bald  zerstreut,  bald  dicht  stehend. 

Das  Hartmansche  Material  gehört  ebenfalls  zur  forma  typica  und  stammt  nach  der 
Bezeichnung  von  Zentral-Molokai,   Baldwin  gibt  ferner  noch  als  Fundort   Mapulehu  an. 

Mit  dieser  Form  zusammen,  außerdem  noch  in  Kamalo,  teste  Baldwin,  und  in  den 
Bergen  über  Pelekunu,  teste  Sykes,  findet  sich  an  den  oben  verzeichneten  Fundorten  eine 
Form,  bei  welcher  die  letzten  Windungen  eine  rötliche  Grundfarbe  haben,  die  Zeichnung 
ist   dieselbe   wie   bei    venusta.    Es    ist   diese  Form   die    Baldwinsche   depicta. 

Alexandri,  Newc.  von  Maui  ist  nach  Diagnose  und  Zeichnung  dasselbe,  was  venusta, 
Migh.   von   Molokai   ist. 

Remyi,  Newc.  von  Lanai  ist  identisch  nach  Zeichnung  und  Diagnose  mit  depicta, 
Baldwin. 

Taf.  VIII,  Fig.  22  stellt  die  typische  Form  von  venusta  dar,  von  Haupu  =  Alexandri 
Newc.  von  Maui.  Taf.  VIII,  Fig.  21  ist  Baldwins  depicta,  von  Pelekunu.  Taf.  VIII,  Fig.  20 
ist  eine  schlankere  depicta  von  Haupu  und  hat  die  größte  Analogie  mit  Remyi,  Newc.  von 
Lanai. 

Laminella  Alexandri,   Newcomb,    1865. 
(Taf.  VIII,  Fig.  22.) 

Achatinella  Alexandri,  Newcomb,    Proc.  of  the  California  Acad.  of  Nat.  Scienc,    Vol.  III,    12.  Jan. 

1865,  pag.  182. 
,  ^  „  American   Journ.    of    Conchology,    Philadelphia,    Vol.  II,     1866, 

pag.  216,   No.  13,  PI.  XIII,  Fig.  14. 
Perdicella  „  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  648. 

Laminella  „  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd   VIII,    1877,  pag.  237,  No.  176. 

„  ,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,    1881,  pag   312,  No.  176. 


—     89     — 

Laminella  Alexandri ,    Hartman,   Catalogue,  Pioc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  42. 

Amastra  „  Paetel,   Katalog,  4.  Aufl.,  IL  Abt.   1889,  pag-  270. 

Laminella  ,,  Baldwin,    Catalog   of   the  Hawaiian  Land-  and  Freshwater  Shells,    Honolulu, 

1893,    pag.  7- 
Amastra  „  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  348,  No.  69. 

New  comb,  Proc.  Calif.  Acad.,  L  c. :  „Achatniella  Alexandri."  —  ,,Ach.  testa  per- 
forata,  sinistrorsa,  elongato  sub-cylindracea,  nitida,  rufo-brunnea,  nigro-elongato-venulato- 
inosculante  picta;  anfr.  6  convexis,  regulariter  accrescentibus;  apice  obtusiusculo ;  sutura 
modice  impressa,  non  emarginata ;  apertura  parva,  sub-ovata;  labro  acuto ;  columella  alba 
breve,    subrecta,    truncata,    infra    in    plicam    tortam   terminante." 

„Long.  0.6  polL,    Diam.  0.25   polL,    Apert.  long.  0.2  poll.,  o.i   lata." 

„Hab.    Insula   Sandwich.    (Maui.)" 

„Remarks.  —  This  species  is  more  cylindrical  than  any  of  its  congeners,  resembling 
most  A.  Renyi,  Newc."  —  muß  heißen  A.  Remyi,  Newc,  Annais  Lyc.  New-York,  Vol.  VI, 
1855,  pag.  146,  Nro.  7,  —  „which  is  longer,  not  umbilicate,  more  pointed  at  the  apex, 
with   a   twisted,    not   truncate,    columella." 

,,From  venusta  and  citrina,  Mighels,  it  varies  both  in  form  and  color.  With  some 
varieties  of  picta  it  Claims  analogy  only  in  the  general  plan  of  painting.  Its  striking  cha- 
racteristics  are  its  blunt  apex,  slightly  rounded  whorls,  small  aperture,  short  and  white  co- 
lumella,  umbilicus,   and   general  plan  of   coloring." 

„A  few  specimens  were  coUected  at  an  elevation  of  7500  feet,  on  West  Maui,  by 
the   Rev.  M.  Alexander,   to   whom   the   species  is  dedicated." 

Gehäuse  durchbohrt,  linksgewunden,  länglich  fast  cylindrisch,  glänzend,  rötlichbraun, 
mit  länglichen,  schwarzen,  ineinander  mündenden  Adern  gezeichnet;  Umgänge  6,  gewölbt, 
regelmäßig  aber  langsam  zunehmend;  Apex  ziemlich  stumpf;  Naht  mäßig  eingedrückt,  nicht 
ausgerandet ;  Mündung  klein,  fast  eiförmig,  Mundsaum  scharf ;  Columella  weiß,  kurz,  fast 
gerade,  abgestumpft,  in  eine  nach  innen  gehende,  gedrehte  Falte   endend. 

Länge   16  mm,   Durchm.  8   mm. 

Der  einzige  Unterschied,  der  für  mich  zwischen  Alexandri,  Newc.  und  venusta,  Migh. 
besteht,  ist  der,   daß   Alexandri  auf   Maui  lebt  und  venusta  auf  Molokai. 

Laminella   depicta,   Baldwin,   1895. 
(Taf.  VIII,  Fig.  20  u.  21.) 

Laminella  depicta,  Baldwin,    Catalogue,   1893,  pag.  7.     (Nomen  solum.) 

,  ,  „  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,   pag.  228,   PL  XI,  Fig.  33,  34 

u.  35.     (Auch  Beschreibung  des  Tieres.) 
,  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  348,  No.  72. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1.  c. :  „Laminella  depicta."  —  „Shell 
sinistral,  sometimes  slightly  perforated,  rather  thin,  elongately  conical,  apex  subacute;  sur- 
face  shining,  striated  with  very  delicate  growth  lines,  nuclear  whorls  smooth.  Color  light 
yellow   or   reddish   yellow,   piain,   or   marked  with  numerous  black,  anastomosing  veins;  apex 

Zoologica.    Heft  48.  12 


—     90     — 

almost  black  in  some  examples.  Whorls  7,  faintly  margined  above,  somewhat  convex,  su- 
ture  distinctly  impressed.  Aperture  a  little  oblique,  oval,  white  or  pinkish,  the  outside  mar- 
kings  visible  within;  peristome  simple,  very  thin;  columellar  white,  sub-biplicate,  tortuous, 
abruptly  terminating  in  a  thin  lamellar   plait." 

„Length,   15V2;   diam.,   6V2  mm." 

„Habitat,    Kamalo,    Island    of    Molokai." 

„Animal  extended  in  motion  shorter  than  the  shell.  Mantle  very  light  brown.  Foot 
above  and  below   almost   white.    Tentacles   short,   light   brown." 

Ach.  testa  sinistrorsa,  subimperforata,  tenuiuscula,  elongato-conica ;  apex  subacutus; 
epidermis  nitida,  subtilissime  longitudinaliter  striata;  anfractus  embryonalis  laevis ;  color 
pallide-luteus  aut  purpureo-luteus,  unicolor,  vel  nigro-elongato-venulato-inosculante  ornatus; 
interdum  apex  niger.  Anfractus  7,  superne  submarginati.  convexiusculi ;  sutura  bene  im- 
pressa.  Apertura  subobliqua,  ovata,  albida  aut  purpurea,  tenuis  opaca ;  peristoma  simplex, 
tenuiusculum ;  columella  alba,  subbiplicata,  torta ;  plica  columellaris  tenuis,  lamelliformis, 
parum   prominens. 

Gehäuse  linksgewunden,  kaum  durchbohrt,  ziemlich  dünn,  länglich  konisch,  Apex 
ziemlich  spitz ;  Oberfläche  glänzend,  gestreift  mit  sehr  zarten  Wachstumslinien ;  die  oberen 
Windungen  glatt.  Färbung  blaßgelb  oder  rötlichgelb,  einfarbig,  oder  mit  zahlreichen 
schwarzen,  ineinander  mündenden  Adern  gezeichnet ;  der  Apex  oft  schwarz  bei  einigen 
Exemplaren.  Umgänge  7,  oben  schwach  gerandet,  ziemlich  gewölbt ;  Naht  deutlich  einge- 
drückt; Mündung  etwas  schief,  eiförmig,  weiß  oder  rötlich,  die  Zeichnung  der  Außenseite 
scheint  innen  durch ;  Mundsaum  einfach,  ziemlich  dünn ;  Columella  weiß,  schwach  zweifaltig, 
etwas  gedreht,  plötzlich  aufhörend  in  einer  dünnen  lamellenförmigen  Platte. 

Diese  Farben\arietät  gehört  zum  Formenkreise  der  venusta,  Migh.,  läßt  sich  aber  von 
derselben  recht  wohl  unterscheiden,  wenn  man  als  Typus  die  rötliche  Grundfärbung  an- 
nimmt ;  der  Autor  rechnet  aber  auch  dazu  Exemplare  mit  gelblicher  Grundfarbe  und  ein- 
farbige rötlich-gelbliche  Exemplare. 

Die  Forma  typica   liegt  mir  aus   dem  Pelekunu-Tale   vor,   Taf.  VIII,   Fig.  21. 

Eine  schlankere  Forma  von  Flaupu  ist  auf  Taf.  VIII,  Fig.  20  dargestellt,  dieselbe 
zeigt  große  Ähnlichkeit  mit  der  Lanai-Form  Itemyi,  Newc.  Die  einfarbige  rötliche  Form, 
welche  nur  ganz  spärliche  schwarze  Punkte  auf  der  Oberfläche  hat,  sich  aber  gut  in  diesen 
Formenkreis  einreiht,  fand  sich  in  einer  größeren  Sammlung  —  allerdings  unbestimmt,  nur 
mit  der  allgemeinen  Fundortsangabe  Molokai  — ,  welche  Herr  Professor  Buchen  au  mir 
in  liebenswürdiger  Weise   dedizierte. 


Laminella  Remyi,  Newcomb,   1855. 
(Taf.  Vni,  Fig.  20.) 

Achafinella  liemiji,  Newc,    Annais  Lyc,  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol,  VI,   1855,  pag.  146,  No.  7. 
„  ,       Pfeiffer,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,    1855,  pag.  207,  No.  4. 

,  ,       Newc,    Synopsis,  Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI,  1858,  pag.  334,  No.  169. 

,  „       Pfeiffer,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859,  pag.  547,  No.  1 19. 

„  „       Reeve,  Elements  of  Conchology,   London,    1860,  Part  I,  pag.  214,   No.  146. 


—     91     — 

Ächalinella  Beiiii/i,  Newc,    American  Journ.  of  Conchology,    Philadelphia,  Vol.   fl,    1866,    pag.   215, 

No.  12,    PI.  XIII,  Fig.  13. 
,  „        Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv..  Bd.  VI,    1868,  pag.  178,  No.  133. 

Laminella  „       Pease,   Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  648,  Gen.  8,  Sect.  II. 

„        Pfeiffer,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  237,  No.  173. 
,  ,,       Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  312,  No.  173. 

„  „       Hartman,    Catalogue,   Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  43. 

„  ,        Paetel,    Katalog,    4.  Aufl.  II.  Abt.   1889,  pag.  274. 

„  ,        Baldwin,    Catalog    of   the    Hawaiian    Land-    and    Freshwater    Shells,    Honolulu, 

1893,  pag.  8. 
„  „       Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  351,  No.  82. 

Newcomb,  Annais  Lyceum,  1.  c. :  „AchatineUa  Remyl."  —  ,,Ach.  testa  acuminato- 
oblonga,  striis  obliquo-longitudinalibus  numerosis,  distinctis;  anfr.  7,  rotundis,  superne  minute 
marginatis  vel  planis;  sutura  sub-profunda;  apertura  sub-ovata;  columella  sub-callosa,  plica 
terminali  lamellari ;  colore  rubro-flavidis  lineis  zigzag  nigris  numerosis  ab  apice  ad  basin 
continuis  ornata ;  labro  interno  purpureo  marginato." 

„Long.   14/20;   lat.  6'20  poll." 

„Habitat.    Ranai,  muß  heißen  ,,Lanai". 

Gehäuse  zugespitzt  länglich,  mit  deutlichen,  zahlreichen  schiefen  Längslinien  versehen; 
Umgänge  7,  gerundet,  oben  fein  gerandet  oder  flach;  Naht  schwach  vertieft;  Mündung  fast 
eiförmig;  Columella  schwach  verdickt,  Falte  lamellenf örmig ;  Färbung  rötlichgelb  mit  zahl- 
reichen schwarzen  Zickzacklinien,  vom  Apex  bis  zur  Basis,  geschmückt.  Mundsaum  innen 
rot   gerandet. 

Länge   18  mm,    Durchm.  8  mm. 

Man  vergleiche  meine  Abbildung,  Taf.  VIII,  Fig.  20  und  die  obige  Diagnose  und 
man  wird  die  Überzeugung  gewinnen,  daß  sich  beides  deckt,  obgleich  die  Zeichnung  nach 
einem  Molokai- Exemplar  von  Haupu  angefertigt  ist.  Der  Unterschied  liegt  also  nur 
im  Wohnorte. 

Laminella  helvina,  Baldwin,  1895. 
(TaL  VIII,  Fig.  25.) 

Laminella  helvimi,    Baldwin,    Catalogue,    1893,    pag.  7.     Nomen  solum. 

^  n  V  Pfoc    Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,     1895,    pag.   227,    PI.  XI,    Fig.  30. 

(Auch  Beschreibung  des  Tieres.) 
„  „  Gwatkin,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1895,  pag.  239.  ("Beschreibung  der  Radula.) 

„  „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  350,  No.  78. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1.  c. :  „Laminella  helvina."  —  „Shell 
sinistral,  imperforate  or  subperforate,  sometimes  narrowly  and  deeply  perforated,  rather  thin, 
elongately  conical,  apex  rather  acute;  surface  scarcely  shining,  covered  with  very  fine  in- 
cremental  Striae;  nuclear  whorls  smooth.  Color  uniform  light  or  dingy  yellow,  with  a  few 
black  markings  on  the  upper  whorls.  Whorls  6V2,  lightly  margined  above,  convex;  suture 
deeply  impressed.  Aperture  a  little  oblique,  oval,  white,  with  the  tint  of  the  outside;  peri- 
stome  simple,   thin,   margins   connected  by   a  thin,   orange-yellow  callus;    columella  biplicate, 


—     92     — 

the  terminal  plication  a  thiii,  oblique  lamellar  plait,  the  inner  one  less  prominent,  tortuous, 
of  an  orange   yellow  color." 

„Length,   i8;   diam.,   lo  mm." 

„Habitat,  Ohia  Valley,   near  Kaluaaha,    Island   of   Molokai." 

„Animal  extended  in  motion  as  long  as  the  shell.  Mantle  and  foot  above  and  below 
very  light  brown.  Tentacles  dark  slate,  with  a  sprinkling  of  slate  on  the  sides  of  the  foot. 
Posterior  portion  of  foot  very  tapering  and  thickly  studded  with  minute  red  spots.  A  remar- 
kably  prolific  species ;  4  or  5  embryonic  shells  in  successive  stages  of  growth  often  ob- 
served  in  the   oviducts." 

Ach.  testa  sinistrorsa,  imperforata  aut  subperforata,  interdum  anguste  et  distincte  per- 
forata,  tenuiuscula,  elongato - conica ;  apex  acutiuscula;  epidermis  vix  nitida,  subtilissime 
longitudinaliter  strigata ;  anfractus  primi  laevigati ;  unicolore  pallide-  aut  sordido-lutea,  an- 
fractus  primi  maculis  nigris  ornati ;  anfractus  6V2,  superne  submarginati,  convexi ;  sutura 
distincte  impressa;  apertura  subobliqua,  ovata,  albida,  opaca;  peristoma  simplex,  tenuiuscu- 
lum,  marginibus  callo  tenui  aurantiaco  junctis;  columella  biplicata,  plica  inferior  validior, 
torta,   lamelliformis,   plica   superior   paruni   prominens,   columella  aurantiaca. 

Gehäuse  linksgewunden,  undurchbohrt  oder  schwach  perforiert,  zuweilen  eng  und  tief 
perforiert,  ziemlich  dünn,  länglich-kegelförmig,  Apex  ziemlich  spitz;  Oberfläche  kaum  glän- 
zend, bedeckt  mit  sehr  feinen  Wachstumslinien;  die  oberen  Windungen  glatt.  Die  Färbung 
des  Gehäuses  ist  einfarbig  gelb  oder  schmutzig  gelb,  mit  einigen  wenigen  schwarzen  Zeichen 
auf  den  oberen  Windungen;  Umgänge  6V2,  oben  leicht  gerandet,  gewölbt;  Naht  tief  ein- 
gedrückt; Mündung  ein  wenig  schief,  eiförmig,  weiß,  mit  der  Färbung  der  Außenseite; 
Mundsaum  einfach,  dünn,  die  Ränder  durch  eine  dünne,  orangegelbe  Schwiele  miteinander 
verbunden ;  Columella  mit  zwei  Falten,  die  untere  stärker,  gedreht,  lamellenförmig,  die  obere 
kaum  vorstehend,  Columella  orangegelb. 

Diese  Form  ist  nicht  unter  dem  von  Meyer  gesammelten  Materiale  vertreten.  Das 
Material,   welches  mir  zur  Bearbeitung  gedient  hat,   verdanke   ich  der   Güte   des  Autors. 

Laminella  semivenulata,  forma  nova,  1904. 
(Taf.  VIII,  Fig.  24,  und  Fig.  23,  Var.) 

L.  testa  sinistrorsa,  imperforata,  interdum  distincte  perforata,  solidula,  laevigata  (sub 
lente  minutissime  longitudinaliter  striata),  subnitida,  pallide-lutea,  maculis  nigris  minutissime 
picta,  anfractus  supremi  et  anfractus  ultimus  infra  mediam  lineis  venulatis  nigris  eleganter 
ornati;  spira  turrita,  apice  subacuta;  sutura  bene  impressa,  filomarginata;  anfractus  6V2, 
primi  planiusculi,  sequentes  convexi,  ultimus  inflatus,  V2  longitudinis  fere  aequans;  apertura 
vix  obliqua,  ovata,  albida;  plica  columellaris  biplicata,  plica  inferior  validior,  torta,  lamelli- 
formis, plica  superior  vix  prominens;  columella  rosea  aut  alba;  peristoma  simplex,  rectum, 
tenuiusculum. 

Long.    18;    diam.   9  mm. 

Habitat    Manawai   in    insula    Molokai. 

Gehäuse  linksgewunden,  unperforiert,  zuweilen  deutlich  perforiert,  ziemlich  festschalig, 
glatt  —  unter  der  Lupe  aber  sehr  fein  längsgestreift  — ,  mattglänzend,   blaßgelb,  sehr  feine 


-     98     — 

schwarze  Pünktchen  und  Fleckchen  über  die  ganze  Oberfläche  verbreitet,  außerdem  sind  die 
obersten  Windungen  mit  eleganten  schwarzen  Adern  geschmückt,  auf  den  folgenden  Win- 
dungen verschwinden  diese  zierlichen  Linien  und  treten  erst  auf  der  unteren  Hälfte  des 
letzten  Umganges  wieder,  aber  bedeutend  kräftiger,  als  schwarze  Adern  und  zickzackförmige 
Flammen  auf.  Spira  ist  turmförmig  an  der  Spitze  ziemlich  scharf;  die  Naht  ist  deutlich 
eingedrückt  und  fadenförmig  gerandet;  Umgänge  6V2,  die  ersten  ziemlich  flach,  die  folgen- 
den konvex,  der  letzte  aufgeblasen,  fast  der  Hälfte  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  gleich; 
Mündung  kaum  schief,  eiförmig,  weiß ;  Columellarfalte  doppelt,  die  untere  kräftiger,  gedreht, 
lamellenförmig,  die  obere  kaum  vortretend,  Columella  rot  oder  weiß;  Mundsaum  einfach, 
geradeaus   und   ziemlich   dünn. 

Diese  durch  ihre  elegante  Zeichnung  auffallende  Form  liegt  mir  in  einer  stattlichen 
Reihe  aus  Manawai  vor.  Sie  gehört  mit  der  helvina,  Baldw.,  welche  aus  dem  in  der  Nähe 
gelegenen  Ohia-Tale  bei  Kaluaaha  stammt,  zu  einem  Formenkreise,  der  sich  durch  den 
letzten  aufgeblasenen  Umgang  kennzeichnet.  Fig.  24  stellt  die  typ.  semivenulata  von  Ma- 
navai  dar,  und  Fig.  23  eine  interessante  Übergangsform  von  citrina  nach  semivenulata, 
ebenfalls   von   Manawai. 


Übersicht    der  Laminella-Gruppe    von  Molokai. 

Gehäuse   einfarbig  gelb,   bald   rechts,   bald   linksgewunden,   mehr   oder   weniger  schlank 

Taf.  VI II,   Fig.  17   u.  18.    L.  citrina,   Migh. 

Gehäuse  einfarbig  dunkelgelb,  rechtsgewunden 

Taf.  Vni,   Fig.   19.    L.  luteola,  Fer. 

Gehäuse    linksgewunden,    einfarbig    gelb    mit    einzeln    auftretenden    schwarzen    Flecken    und 
Strichen  Taf.  VIII,    Fig.  23.    Übergangsform. 

Gehäuse  linksgewunden,   letzter   Umgang  aufgeblasen,    einfarbig  gelb,    nur   die   oberen  Win- 
dungen  gestrichelt   und   punktiert  Taf.  VIII,  Fig.  25.    L.  helvina,  Baldw. 

Gehäuse   und   Färbung   ebenso,   außerdem   die  untere  Hälfte  des  letzten  Umganges  deutlich 
schwarz   geflammt   und   geädert         Taf.  VIII,  Fig.  24.    L.  semivenulata,  form.  nov. 

Gehäuse  wieder  schlanker,  linksgewunden,  Grundfarbe  gelb,  von  oben  bis  unten  mit  schwarzen 
Flammen  und  Adern  deutlich  gezeichnet  Taf.  VIII,  Fig.  22.    L.  venusta,  Migh. 

Gehäuse  ebenso  geformt   und  gezeichnet;   Maui-Form. 

L.  Alexandri,  Newc. 

Gehäuse   ebenso  gezeichnet   und  geformt,   Grundfarbe   rötlich 

Taf.  VIII,   Fig.  21.    L.  depicta,   Baldw. 

Gehäuse  ebenso  gezeichnet,   etwas  schlanker;  Lanai-Form. 

Taf.  VIII,  Fig.  20.    L.  Remyi,   Newc. 

Gehäuse   einfarbig   rötlichgelb   mit   einzelnen  Punkten  und  Strichen. 

Übergangsform. 


—     94     — 

Subgenus:    Newcombia,   Pfeiffer,    1854. 
Pfeiffer,    Malak.  Blätter,    Band  I,    1854,  pag.  117. 

Testa  sinistrorsa,  rimata  aut  imperforata,  elongata,  costata,  plicata  aut  sulcata ;  peri- 
stomate  simplici,   subrecto ;   plica  columellari  indistincte   vel  nulla. 

Gehäuse  linksgewundeii,  fast  oder  ganz  undurchbohrt,  langgestreckt,  bei  den  typischen 
Arten  rippig,  faltig  oder  gefurcht ;  Mundsaum  einfach ,  ziemlich  gerade ;  Columellarfalte 
schwach  oder  ganz   unmerklich. 

Typus;    Newcombia  plicata,  Migh. 
Dahin  gehören : 

Newcombia  plicata,    Mighels,  1848. 
(Taf.  IX,  Fig.  I   u.  I  a.) 

Achatindla  plicata,  Mighels,  in  sched.  Cuming,  Mon.  Hei.   viv  ,  Bd.  II,    1848,  pag.  235,  No.  7. 

,  „         Reeve,    Conch.  ic,  Genus  Achatinella,   1850,  Spec.  44,  PI.  VI,  Fig.  44  a  u.  b. 

Bulimus  Uratiis,  Ffr.,    Proc.  Zool.  Soc.   London,    Part    XIX,    Juli   1851,   pag.   261,  No.  44 

„  „         Pfr.  =  Ach.  plicata,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  111,   1853,  pag.  414,  No.  694. 

Newcombia  plicata  =  Bul.  liratus,  Pfr.,    Malak.  Blätter,    Bd.  I,   1854,  pag.  119,  No.  11. 

,  „  „  ,  „       iMalak.  Blätter,    Bd.  II,   1856,  pag.  165,  7. 

„  „         H.u.  A.Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  London,    1858,  Vol.  II,  pag.  139. 

Achatinella         ,.       =   Bul.  liratus,  Newc,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Newyork ,    Nat.  Hist.,    Vol.  VI, 

1858,  pag.  312,  No.  22.     (Beschreibung  des  Tieres.) 
Newcombia         ,       =      „         „         Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  568,  No.  168. 
Achatinella         „       Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  132. 
Newcombia         „       Chenu,    Man.  de  Conchyliologie,  Tome  I,   1859,  pag.  432,  Fig.  3179. 

,  1)       v.  Martens,    Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  249. 

,  „       =  Bul.  liratus,  Pfr  ,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,  1868,  pag.  182,  No.  186. 

„  ,       Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1 869,  pag.  649. 

,  ,        =  Bul.   liratus,  Pfr,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  244,  No.  240. 

„  ,        Nevill,    Hand    List    of    Mollusca,     Indian    Museum,     Calcutta ,    1878,    Part    I, 

pag.    156,    No.  68. 

,  „       =  Bul.  liratus,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  315,   No.  240. 

,  „       =      „  „        Hartman,  Catalogue,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1S88,  pag.  41. 

„  ,       Paetel,    Catalog,    4.  Aufl.   1889,  II.  Abt.,  pag.  274. 

,  „        Baldwin,    Catalogue,   1893,  pag.  8. 

Bulimus  liratus  =  Newc.   plicata,  Baldwin,   Catalogue,   1893,  pag.  22. 
Newcombia  plicata  =  Bul.  liratus,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  332,  No.  5. 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  II,  1.  c. :  „Achatinella  plicata."  —  ,,T.  sinistrorsa,  tur- 
rita,  tenuiuscula,  liris  acutis,  elevatis,  spiralibus,  lineisque  longitudinalibus  subtilissimis  sculpta, 
f uscescenti-albida ;  spira  elongata,  apice  obtusiuscula;  anfr.  6  convexiusculi,  summi  fusco- 
marmorati;  plica  columellaris  obsoleta;  apertura  semiovalis;   perist.  rectum,   acutum."   — 

„Long.    15,    diam.   6  mm.    Ap.   6  mm   longa,  medio  3   lata." 

„Achatinella  plicata,   Migh.   in   shed.  Cuming." 

„Habitat   in   ins.  Sandwich.    Molokai." 


—     95     — 

Gehäuse  linksgewunden,  getürmt,  ziemlich  dünnschalig,  mit  scharfen,  erhabenen  Spiral- 
leisten versehen  und  mit  sehr  feinen  Längslinien  bedeckt,  Färbung  bräunlich-weißlich;  Spira 
verlängert,  Apex  ziemlich  stumpf;  Umgänge  6,  ziemlich  konvex;  die  oberen  braun  marmo- 
riert;  Columellarfalte  schwach;    Mündung  halbeiförmig;   Peristom  geradeaus,   scharf. 

Ausgewachsene  Exemplare  erreichen  eine  Länge  von  19  mm  und  einen  Durchmesser 
von  9  mm. 

Das  Bremer  Museum  besitzt  eine  stattliche  Serie  dieser  Art,  welche  von  Meyer  in 
Kalae  gesammelt  worden  ist.  Das  Hartmansche  Material  trägt  nur  den  allgemeinen  Fund- 
ort: Molokai. 

Diese  Art  ist  an  den  scharfen  Spiralleisten  und  der  grau-gelblichen  Färbung  sofort 
zu  erkennen.  Bei  ausgewachsenen  Exemplaren  ist  der  Mundsaum  nicht  gerade,  sondern 
etwas   ausgebogen   und    innen   schwach,   weiß,   verdickt. 

Taf.  IX,  Fig.  I  stellt  ein  solches  Exemplar  von  Kalae  dar;  Fig.  la  eine  Vergröße- 
rung  der   letzten   Windung,   um   die   scharfen  Leisten  zu  zeigen. 

Newcombia  costata,  Boicherding,  190L 
(Taf.  IX,   Fig.  2   u.  2  a.) 
Newcombia  costata,  Borcherding,    Nachrbl.  d.  d.  malak.  Ges.   1901,  No.  3  u.  4,  pag.  57. 

Borcherding,  Nachrbl.,  1.  c. :  j,Neivcomhia  costata.''  —  ,,Testa  subperforata,  sini- 
strorsa,  turrita,  solidula;  liris  elevatis  confertis,  in  anfractibus  superioribus  tenuiter,  tum 
magis  rotundatis  cincta,  et  lineis  longitudinalibus  subtilissimis  sculpta,  ultimus  supra  medium 
costis  Septem  rotundatis  applanatis  cinctus,  infra  medium  repente  decrescentibus  et  prope 
periomphalum  increscentibus;  colore  fuscescenti-albida,  nitidula ;  spira  regulariter  attenuata, 
apice  obtusiuscula;  sutura  linearis;  anfractus  6,  plano-convexiusculi,  supremi  luteo-flammulati, 
ultimus  1/2  longitudinis  subaequans,  rotundatus ;  apertura  obauriformis,  intus  alba;  columella 
leviter  plicata,  alba;  peristoma  expansum,  intus  labiatum  et  album,  margine  columellari 
reflexo." 

„Long.    18,    diam.   8  mm,    Ap.   8  mm   longa,  6  lata." 

„Hab.   —    Molokai;    Halawa,   in   parte   orientali   insulae." 

Gehäuse  wenig  durchbohrt,  linksgewunden,  turmförmig,  ziemlich  festschalig,  umgeben 
von  dicht  stehenden  erhabenen  Reifen,  welche  auf  den  oberen  Windungen  ziemlich  zart 
sind,  dann  aber  auf  den  folgenden  mehr  rund  werden,  Reifen  von  sehr  feinen  Längslinien 
gekreuzt ;  der  letzte  LTmgang  umgeben  oberhalb  der  Mitte  von  sieben  runden  abgeflachten 
Rippen,  Rippen  unterhalb  der  Mitte  plötzlich  schwächer,  in  der  Nabelgegend  wieder  stärker 
werdend;  Farbe  gelblichweiß,  glänzend;  Spira  regelmäßig  sich  verjüngend;  Apex  etwas 
stumpf;  Naht  linienförmig ;  Umgänge  6,  flach  gewölbt,  die  oberen  schwach  gelblich  ge- 
flammt; der  letzte  1/2  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  bildend,  gerundet;  Mündung  umge- 
kehrt ohrförmig,  innen  weiß ;  Columella  leicht  gefaltet,  weiß,  Mundsaum  erweitert,  innen 
mit  einer  weißen   Lippe  belegt,   Columellarrand  zurückgebogen. 

Im  Nachrichtsbl.  d.  malak.  Ges.  1901,  pag.  58,  ist  vom  Setzer  eine  Zahl  verdruckt,  es 
muß   heißen    „Long.    18  mm",    nicht    irrtümlicherweise    13   mm. 


—     96     — 

Diese  Art  bewohnt  den  Osten  der  Insel,  Halawa.  \'on  plicata.  Migh.,  welcher  sie  in 
Form  und  Farbe  gleicht,  unterscheidet  sie  sich  auf  den  ersten  Blick  durch  das  glatte  Aus- 
sehen und  die  abgerundeten  Rippen.  Taf.  IX,  Fig.  2  stellt  ein  solches  Exemplar  von  Halawa 
dar,   Fig.  2  a   die  Vergrößerung    des   letzten  Umganges. 

Newcombia  canaliculata,   Baldwin,  1895. 
,Taf.  IX,   Fig.  3  u.  3  a.; 

Newcomhia  canaUciihilti.  Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1895,  pag.  226,  PI.  X,  Fig.  28,  29. 
^                      ^  „  Catalogue,    1893,  pag.  8.     (Nomen  solum.) 

,  „  Gwatkin,  Proc   Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,  pag.  238.     (Radula.) 

„  „  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensi.s,    1900,  pag.  331,  No.  i. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1.  c. :  ..Newcombia  canaliculata."  — 
,, Shell  sinistral,  very  minutely  perforated,  somewhat  solid,  acuminately  turretted,  apex  sub- 
acute ;  surface  sculptured  throughout  with  numerous  acute,  spiral  keels,  which  become  biunter 
as  they  approach  the  apex,  the  interstices  between  the  keels,  exhibiting  under  a  lens  very 
delicate  growth  Striae.  Color  brown,  upper  whorls  tesselated  with  brown  and  white.  Whorls  6, 
slightly  convex,  lower  one  somewhat  flattened  ad  the  base;  suture  lightly  impressed.  Aper- 
ture  oblique,  oval,  livid  white  or  light  brown  within;  peristome  acute,  very  lightly  thickened 
within,  expanded,  columellar  margin  reflexed  over  the  small  Perforation,  margined  with 
light  brown  on  both  face  and  the  reverse;  columella  very  slightly  developed,  piain  and 
smooth.   — " 

„Length,    14;    diam.,   61 2  mm. 

„Habitat,    Halawa,    Island   of    Molokai." 

„Animal  when  extended  in  motion  as  long  as  the  shell.  Mantle  slate  color,  margined 
with  brown.  Foot  light  slate,  studded  on  the  sides  and  head  above  with  spots  of  deeper 
shade.    Tentacles   short   and  slender,   dark   slate." 

„The  nearest  allied  species  in  A.  sulcata,  Pfr.,  from  which  it  may  be  distinguished 
by  its  smaller  size  and  more  acute  keels;  the  animals  also  differ  and  the  habitats  are  widely 
separated." 

Ach.  testa  sinistrorsa,  minutissime  perforata,  solidiuscula,  acuminato-turrita,  apex  sub- 
acuta; liris  numerosis,  acutis,  elevatis,  spiralibus  et  sub  lente  lineis  longitudinalibus  subtilis- 
simis  sculpta;  griseo-brunnea ;  anfractus  supremi  brunneo-albido-tesselati;  anfr.  6,  convexius- 
culi,  ultimus  paullo  planiusculus  ad  basin;  sutura  impressa;  apertura  obliqua,  ovata,  livido- 
albida  aut  pallide  brunnea  intus;  peristoma  acutum,  subcallosum  intus,  expansum;  margine 
columellari  reflexo,  perforationem  obtecto ;  labrum  pallide -brunneo-marginatum,  intus  et 
extus ;  columella  obsoleta,  plana  et  laevigata. 

Gehäuse  linksgewunden,  sehr  zart  perforiert,  ziemlich  festschalig,  zugespitzt  turm- 
förmig,  Apex  ziemlich  spitz;  Oberfläche  bedeckt  mit  zahlreichen  scharfen  Kielen,  welche  in 
der  Nähe  der  Spitze  stumpfer  werden;  die  Zwischenräume  zwischen  den  einzelnen  Rippen 
sind  mit  sehr  feinen,  nur  unter  der  Lupe  sichtbaren  Längsstreifen  skulptiert.  Farbe  braun, 
die  oberen  Windungen  braun  und  weiß  tesseliert.  Umgänge  6,  leicht  gewölbt,  der  letzte 
etwas  abgeplattet  an  der  Basis,   Naht  leicht  eingedrückt.   Mündung  schief,  oval,  bläulichweiß 


—     97     — 

oder  leicht  braun  innen;  Mundsaum  scharf,  leicht  verdickt  im  Innern,  ausgebreitet;  Colu- 
mellarrand  zurückgebogen  über  die  enge  Perforation,  innen  und  außen  leicht  braun  gerandet; 
Columella   sehr  schwach   entwickelt,   eben   und   glatt. 

Vorkommen:    Halawa  und   Puukolekole. 

In  der  Meyerschen  Ausbeute  fand  sich  nur  ein  Exemplar  unter  den  Newcombia 
Newcombia,  Ffr.,  Materiale  von  Puukolekole.  Das  Hartmansche  Material,  welches  aus  der 
Hand  des  Autors  stammt,  trägt  nur  den  allgemeinen  Fundort  Molokai.  Eine  stattliche 
Serie  dieser  Art,  welche  sich  im  Besitze  des  Verfassers  befindet,  verdankt  derselbe  der  Güte 
Baldwins.  Nach  einem  solchen  Exemplare  ist  die  Fig.  3  auf  Taf.  IX  angefertigt;  Fig.  3a 
zeigt  wiederum  die  Vergrößerung  des  letzten  Umganges,  um  die  scharfen  Rippen  deutlicher 
zu  zeigen. 

Newcombia  sulcata,  Pfeiffer,  1857. 

(Taf.  IX,  Fig.  4  u.  4  a.) 

Achatinella  sulcata,  Pfr.,    Malak.  Blätter,  Bd.  VI,   1857,  pag.  231,  No.  6. 

Newcombia        ,  „       Proc.  Zool.  Soc.  London.  Part  XXVI,   1858,  pag.  22,  N0.8.  PI.  40,  Fig.  11. 

Achatinella        „        Newc,    Synopsis,    Ann.  Lyc.  Newyork  ,Vol.  VI,   1858,  pag.  322,  No.  81. 

Newcombia        „        Pfr.,    Mon.  Hei.  viv..  Vol.  IV,   1859,  pag.  560,  No.  171. 

Achatinella        „         Reeve,  Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  214,  No.  170. 

Newcombia        „        Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,   1868,  pag.  182,  No.  189. 

Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  649. 

Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  244,  No.  243. 

Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,    1881,  pag.  315,  No.  243. 

Hartman,    Catalogue,  Proc.  Ac.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1888,  pag.  41. 

Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.    1889,  II.  Abt.  pag.  275. 

Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  8. 

Gwatkin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,  pag.  238.     (Radula.) 
,  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  332,  No.  9. 

Pfeiffer,  Malak.  Blätter,  Bd.  IV,  1.  c. :  „Achatinella  sulcata."  —  „T.  subperforata, 
sinistrorsa,  oblongo-turrita,  solidula,  striatula  et  liris  confertis,  in  anfr.  superioribus  compressis, 
tum  rotundatis  cincta,  castanea,  nitidula;  spira  regulariter  attenuata,  apice  acutiuscula;  su- 
tura  subsimplex ;  anfr.  fere  6  planiusculi,  supremi  albo-flammulati,  ultimus  V5  longitudinis 
subaequans,  basi  saccatus,  saturatius  castaneus;  columella  levissime  plicata;  apertura  obliqua, 
acuminato-ovalis ;  perist.  tenue,  margine  columellari  superne  dilatato,  reflexo,  externo  expan- 
siusculo.  — " 

,,Long.    121/2,    diam.   52/3  mm.    Ap.   52,3  mm   longa,   3V3   lata." 

„Habitat   in   insulis   Sandwich." 

Gehäuse  kaum  durchbohrt,  linksgewunden,  länglich  turmförmig,  ziemlich  festschalig, 
gestreift,  auf  den  oberen  Windungen  mit  dichtstehenden  zusammengedrückten,  auf  den  fol- 
genden mit  mehr  gerundeten  Rippen  umgeben,  kastanienbraun,  ziemlich  glänzend;  Spira 
regelmäßig  sich  verjüngend,  Apex  ziemlich  spitz ;  Naht  ziemlich  einfach ;  Umgänge  fast  6, 
ziemlich  flach,  die  oberen  weißgeflammt,  der  letzte  Vs  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  kaum 
erreichend,    an    der    Basis    erweitert,    satter    kastanienbraun;   Columella  sehr   leicht  gefaltet; 

Zoologica.    Heft  48.  13 


—     98     — 

Mündung  schief,  zugespitzt  oval;  Mundsaum  dünn,  Columellairand  oben  erweitert,  zurück- 
gebogen,   nach  außen   erweitert. 

Pfeiffer  gibt  ganz  allgemein  als  Fundort  an :  Sandwich-Inseln.  Baldwin  in  seinem  Ka- 
taloge, pag.  8,  nennt  Pohakupili,  Molokai,  als  Wohnort.  Unter  dem  Meyerschen  Ma- 
teriale  befindet  sich  die  Art  nicht,  aber  in  der  Hartmanschen  Sammlung  befinden  sich  zwei 
Exemplare  der  typischen  sulcata.  Ffr..  leider  mit  der  allgemeinen  Fundortsbezeichnung, 
Sandwich-Inseln. 

Diese  Art  ist  mit  keiner  zu  verwechseln,  die  \\'indungen  sind  regelmäßig,  obsolete 
transverse  gestreift,  nehmen  nach  den  letzten  Umgängen  an  Stärke  zu  und  verschwinden  auf 
der  unteren  Hälfte  des  letzten  Umganges.  Die  Färbung  ist  rotbraun,  mit  Zunahme  der  Win- 
dungen  wird  dieselbe   intensiver,   auf  dem   letzten    Umgänge   fast    glänzend   dunkel-rotbraun. 

Dieselbe  Analogie,  welche  zwischen  plicata  und  costafa  besteht,  findet  sich  hier  wie- 
der zwischen   canaliculaia   und  sulcata. 

Fig.  4  auf  Taf.  IX  ist  nach  einem  Exemplare  der  Hartmanschen  Sammlung  ange- 
fertigt;  Fig.  4  a   zeigt   die   Vergrößerung   der  letzten  Windung. 

Newcombia  Newcombia,  Pfeiffer,  1851. 
iTaf.  IX,  Fig.  5  u.  5b.i 

Bnlimus  Newcomlianus,  Ffr.,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Bd.  XIX,    1851,  pag.  261,  No.  44. 

„      Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,   1853,  pag.  414,  No.  695. 
Achatinella  Pfeifferi,  Newc,    Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  VI,   1853,  pag.  25,  No.  13. 

,  ,  ,         Proc.    Zool.    Soc.    London,     Bd.    XXI,     1853,     pag.    150,     No.    58, 

PI.  XXIV,    Fig.   58. 
Newcombia  Neivcombiana,  Pfr.,  Malak.  Blätter,  Bd.  I,    1S54,  pag.  119,  No.  12. 

,  ,  =  Bulimus  N'ewcombianus  =  Avhatinelhi  Pfeifferi,   Pfr.,    Malak  Blätter, 

Bd.  !,    1854,  pag.  119,  No.  12. 
Pfr.,    Malak.  Blätter,    Bd.  II,    1856,  pag.  165,  7. 
Achatinella  „  =  Pfeifferi,  Newc,  =  i?»//»u/Ä  Newcomhianus.  Newc,  Synopsis,   Annais 

Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,  Bd.  VI,   1858,  pag.  323,  No.  88. 
Neuromhia    Pfeifferi,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  London,  1858,  Vol.  II,  pag.  139. 

Keu-comhiana.  Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  560,  No.  170. 
Achatinella  Pfeifferi,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,    1860,  Voll,  pag.  214,  No.  128. 
Newcombia  „  v.  Martens,  Albers  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  249. 

,  Neircombiann,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  182,  No.  188. 

„  „  Pease,    Proc  Zool.  Soc.  London,    1S69,  pag.  649. 

„  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.,   Bd.  VIII,   1877,  pag.  244,  No.  242. 

,  ,  Clessin.    Nom.  Hei.  viv.    1S81,  pag.  315,  No.  242. 

„  Newcombia,  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1888,  pag.  41. 

„  „  =  Achatinella  Pfeifferi,  Newc,    Hartman,  Catalog,  I.  c. 

,  Newcombiana,  Paetel,    Katalog,    4.  Aufl.    1889,  pag.  273. 

,  Baldwin,    Catalogue,    1893,  pag.  8. 

Achatinella  Pfeifferi,  Newc,  is  Ach.  Xeiccombiana,  Pfr.,  Baldwin,  Catalogue,    1893,  pag.  23. 
Newcombia  „  =  Bul.  Newcomhianus,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900.  pag.  332,  No.  7. 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1.  c. :   „Bulimus  Newcomhianus. "'   —  „Bul.  testa 
sinistrorsa,  vix  subperforata,  ovato-turrita.   tcnuiuscula,  plicis  validis  longitudinalibus  sulcisque 


—     99     — 

spiralibus  sculpta,  olivaceo-fusca;  spira  tuirita,  gracili,  obtusula;  anfractibus  5V2,  sunimis 
planis,  sequentibus  convexiusculis,  ultimo  'V?  longitudinis  subaequante,  medio  inflato;  colu- 
mella  callosa,  substricte  recedente ;  peristomate  recto,  acuto,  margine  externo  leviter  arcuato, 
subrepando,   columellari   reflexo,    subappresso." 

„Long.    14V2,    diam.   5V2  mm.    Ap.   6V2  mm   longa,   2=3   lata." 

„Habitat   in   insulis   Sandwich." 

Newcomb,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.,  1.  c. :  ,,Achatinella  Pfeifferi."  —  „Testa  sini- 
strorsa,  acuminata,  turriformi,  longitudinaliter  profunde  sulcata,  striis  transversis  distinctis 
decussata,  tuberculata,  et  in  areis  irregularibus  dissecta,  fusca,  superne  lineis  albis  longi- 
tudinalibus  notata;  anfractibus  sex,  plano-convexis ;  sutura  profunda;  apertura  oblongo-ovata ; 
columella  simplici,   plana;   labio  simplici."   — 

Length  0.65  inch.    Breadth  0.25   inch." 

„Habitat.    —   Molokai." 

Newcombia  Newcombia.  Gehäuse  linksgewunden,  kaum  durchbohrt,  eiförmig  getürmt, 
ziemlich  dünn,  mit  starken  Längsfalten  und  spiralen  Furchen  besetzt,  olivenbraun ;  Spira 
turmförmig,  schlank,  etwas  stumpf;  Umgänge  51/2,  die  oberen  eben,  die  folgenden  ziemlich 
gewölbt,  der  letzte  ^/^  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  kaum  erreichend,  in  der  Mitte  auf- 
geblasen; Columella  schwielig,  fast  gerade  zurücktretend;  Peristom  gerade,  scharf,  Außen- 
rand leicht  gebogen,  schwach  umgeschlagen,  Columellarrand  zurückgebogen,  etwas  an- 
gedrückt. 

Ausgewachsene  Exemplare  erreichen  eine  Länge  \'on  16  und  einen  Durchmesser  von 
6  mm. 

Eine  stattliche  Suite  dieser  aberrantcn  Form  liegt  mir  von  Puukolekole  vor.  Bald- 
win   gibt   als   weiteren   Fundort   noch    Kaluaaha  an. 

Diese  erdbraune  Art  mit  den  intensiven  Tuberkeln  auf  den  Rippen  ist  so  auffallend 
gekennzeichnet,  daß  sie  mit  keiner  Art  verwechselt  werden  kann.  Fig.  5  auf  Taf.  IX  stellt 
eine  solche  Form  in  natürlicher  Größe,  Fig.  5  a  die  Vergrößerung  des  letzten  Umganges  dar. 

Da  der  Pfeiffersche  Name  der  ältere  ist,  habe  ich  denselben  an  die  Spitze  gesetzt 
und  Newcombs  Newcombia  Pfeifferi  als  synonym  dazu. 

Newcombia  Cumingii,  Newcomb,  1853. 
(Taf.  IX,  Fig.  7.) 

Achatinella   Ciiminffi,  Newc,  Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI,  Mai,   1853,  pag.  25,  No.  12. 

„  „         Proc.    Zool,    Soc.    London,      1853,     Bd.    XXL     pag-     15°.     No.    50, 

PI.  XXIV,    Fig.   59. 
Newcomhia  „  Pfr.,  Malak.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.  118,  No.  10. 

,  ,  ,      Malak.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  165,  7. 

Achatinella  cinnanwmea,  Tfr.,   Malak.  Blätter,  Bd.  IV,    1857,  pag.  230,  No.  4. 

„  gemma,  Pfr.,  Malak.  Blätter,  Bd.  IV,    1857,  pag.  230,  No.  5. 

Newcombia  cinnamomea,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1858,  Bd.  XXVI,  pag.  22,  No.  6,  PI.  4o,  Fig.  9. 
f/emiiia,  Pfr.,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1858,  Bd.  XXVI,  pag.  22,  No.  7,  PI.  40,  Fig.  8. 
Acjiatinella  cinnamomea,  syn.  A.  perversa,  Swains,  Newc,    Synopsis,    Ann.  Lyc.  Nat.  Hist.   Newyork, 

1858,  Vol.  VI,  pag.  309,  No.  II. 
,  Ctimiiu/i,  Newc  ,  Synopsis,  Ann.  Nat.  Hist.  Lyc.  Newyork,  1858,  Vol.  VI,  pag.  323,  No.  89. 


—    luu    — 

Achatinella  genima,  (immature)  syn.  A.  Cumingi,  Newc,  Synopsis,  Ann.  Nat.  Hist.  Lyceum  Newyork, 

1858,  Vol.  VI,  pag.  323,  No  89. 
Newcombia  Cumingi,    Newc,    H.  u.  A.  Adams,    The    Genera    of    recent    Mollusca,    London,     1858, 

Vol.  II,    pag.   139. 

,  ,  Pfr.,    Mon.   Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  559,  No.  165. 

cinnamomea,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  559,  No.  167. 

„  gemma,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.   Bd.  IV,   1859,  pag.  56c,  No.  169. 

Achatinella  Cumingii,  Reeve,  Elements  of  Conchology,  London,    1860,  Vol.  I,  pag.  213,  No.  40. 
Newcombia  Cumingi,  v.  Martens,  Albers.  Heliceen,  II.  Aufl    1860,  pag.  249. 
Achatinella  cinnamomea,  Reeve,    Elements  of  Conchology,    London,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.  27. 

,  gemma,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  London,   1860,  Vol.  I,  pag.  213,  No.  66. 

Newcombia  Cumingi,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  182,  No.  183. 

„  cinnamomea,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  182,  No.  185. 

„  gemma,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  182,  No.  187. 

„  cumingi,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  649. 

„  cinnamomea,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  649. 

a  cumingi,  Gulick,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1873,  pag.  91. 

,  Cumingi,  Pfr,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  Vlif,   1877,  pag.  244,  No.  237. 

„  cinnamomea,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  244,  No.  239. 

,  gemma,  Pfr,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  Vill,   1877,  pag.  244,  No.  241. 

„  Cumingi,  Kobelt,  JH.  Conchylienbuch,  II.  Bd.    1881,  pag.  294,  Taf.  87.  Fig.  34. 

„  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  315,  No.  237. 

„  cinnamomea,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  315,  No.  239. 

,  gemma,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  315,  No.  241. 

,  cinnamomea,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1888,  pag.  41. 

,  Cumingii,  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia.    1888.  pag.  41. 

,  cinnamomea,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.   1889,  pag.  270. 

„  Cumingi,  Paetel,   Katalog,  4.  Aufl.   1889,  pag.  271. 

„  gemma,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.    1889,  pag.  272. 

,  cinnamomea,  Baldwin,  Catalogue,    1S93,  pag.  8. 

,  Cumingii,  Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  8. 

„  gemma  is  Cumingii,  Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  22. 

„  cinnamomea,  Gwatkin,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,    1895,  pag.  238,    Radula. 

,  „  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  331,  No.  2.     (Sykes :  Concho- 

logically  this  is  very  close  to  N.  Cumingi,  Newc.) 

,  cumingi,  Sykes,  Fauna  .Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  331,  No.  3. 

„  gemma,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,    pag.  331,    No.  4.     (^Sykes :    Akin  to  N. 

lirata,  Pfr.,  but  the  sculpture  is  almost  obsolete.) 

Newcomb,  Annais,  1.  c. :  „Achatinella  Cumingii."  —  „Testa  sinistrorsa,  acuminata, 
turriformi,  striis  numerosis  fortibus  obliquis  et  longitudinalibus  exilioribus  decussata;  fusca, 
superne  albo-undulata;  anfractibus  quinque,  plano-conve.xis ;  sutura  subimpressa,  marginata; 
apertura    oblongo-ovata ;    columella    sub-callosa;  labio  tenui,  elliptico." 

„Length   0.7   inch.     Breadth   0.2    inch." 

„Habitat.   —   Hale-a-ka-la,    Maui." 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc,  I.e.:  „Achatinella  Cumingii."  —  ,,A.  testa  sinistrorsa,  acu- 
minata, turriformi;  anfractibus  6,  planulatis,  supra  marginatis;  sutura  subimpressa;  apertura 
oblongo-ovata;   columella   subcallosa;   labio   externo  tenui,   elliptico;   striis  numerosis   oblique 


—      101      — 

transversis   et  fortiter   delineatis,   cum   longitudinalibus  decussatis,  supra  totam  testam  diffusis; 
colore   fusco   cum   undulis   albidis   in   anfr.  superioribus." 

„Long.   16/20;    lat.  4/20  poll." 

„Hab.   Haie  a  ka  la,   E.  Mani,  muß  heißen   „Maui". 

Pfeiffer,  Malak.  Blätter,  Bd.  IV,  1.  c. :  „Achatinella  cinnamomea."  —  „T.  imper- 
forata,  sinistrorsa,  fusiformi-turrita,  solidula,  opaca,  longitudinaliter  plicatula,  spiraliter  sub- 
lirata  et  levissime  granulata,  cinnamomea;  spira  elongata,  subrectilinearis,  apice  acutiuscula; 
sutura  subsimplex;  anfr.  6  vix  convexiusculi,  superi  fusco  et  albido  marmorati,  ultimus  -/^ 
longitudinis  subaequans,  infra  medium  attenuatus,  castaneus ;  columella  simplex,  recedens ; 
apertura  parum  obliqua,  semi-ovalis,  basi  subangulata ;   perist.  simplex,   rectum,   acutum." 

„Long.    19,   diam.   5  mm.    Ap.   7-V3  mm  longa,   3   lata." 

„Hab.   in   ins.  Sandwich." 

Pfeiffer,  Malak.  Blätter,  Bd.  IV,  1.  c. :  „Achatinella  gemnia."  —  „T.  subimper- 
forata,  sinistrorsa,  oblongo-turrita,  solidiuscula,  striatula  et  spiraliter  lirata  (liris  planiusculis, 
conferte  sulcatis),  alba;  spira  turrita,  apice  acutiuscula;  sutura  submarginata ;  anfr.  7,  superi 
plani,  obsolete  fusco-variegati,  sequentes  convexiusculi,  ultimus  -75  longitudinis  subaequans, 
medio  lira  acutiore  subcarinatus ;  columella  leviter  plicata ;  apertura  parum  obliqua,  obauri- 
formis;  perist.  subsimplex,   margine  columellari    subrefle.xo,    externo    expansiusculo."    — 

„Long.    17,    diam.  6V2  mm.    Ap.   7  mm  longa,   3  lata." 

„ß.    Fulvolutescens,   anfr.  superis   saturate   corneo-strigatis." 

„Hab.   in  ins   Sandwich." 

Ach.  Cumingii,  Newc. :  Gehäuse  linksgewunden,  zugespitzt,  turmförmig;  LImgänge  6, 
ziemlich  flach,  oben  gerandet;  Naht  ziemlich  eingedrückt;  Mündung  länglich  eiförmig;  Co- 
lumella etwas  schwielig;  Außenrand  dünn,  elliptisch;  zahlreiche  schiefe  transversale  und 
stark  markierte  Streifen,  welche  von  den  Wachstumsstreifen  gekreuzt  werden,  breiten  sich 
über  die  ganze  Schale  aus ;  Farbe  l^raun  mit  weißlichen,  wellenförmigen  Flecken  auf  den 
oberen  Umgängen. 

Ausgewachsene  Exemplare  erreichen  eine  Länge  von  20  und  einen  Durchmesser  von 
7  mm. 

Auch  von  dieser  Art  liegt  mir  eine  große  Serie  vor,  welche  von  Meyer  in  Maka- 
kupaia  gesammelt  worden  ist.  Auch  Sykes  gibt  diesen  Fundort  an.  Baldwin  nennt  als 
weiteren    Fundort    Mapulehu. 

Newcombia  Cumingii,  Newc.  von  der  Insel  Maui  wird  von  verschiedenen  Autoren 
als  getrennte  Art  von  cinnamomea,  Pfr.  von  Molokai  angesehen.  Eine  schöne  Suite  von 
New.  Cumingii,  welche  ich  vom  Rev.  Baldwin  erhielt,  hat  mich  eines  Besseren  belehrt. 
Nach  dem  mir  vorliegenden  Vergleichsmateriale  und  nach  den  Originaldiagnosen  sind  beide 
Arten  vollständig  identisch.  Ich  habe  daher  den  Newcombschen  Namen,  als  den  älteren, 
als  Artnamen  angenommen  und  Pfeiffers  cinnamomea   als   synonym   dazugestellt. 

In  der  Literatur  kursiert  außerdem  eine  äußerst  unklare  Art,  New.  gemma,  Pfr.,  1.  c. 
Nach  der  Diagnose  und  der  ziemlich  mäßigen  Abbildung  kann  man  einiges  daraus  machen. 
Newcomb  sagt  von  derselben,  Synopsis  I.e.:  „immature,  syn.  Ach.  Cumingii."  Bald- 
win schreibt  in  seinem  Kataloge,  pag.  22:  „Newcombia  gemma  is  Cumingii.  Sykes  end- 
lich  in   seiner   Fauna   Moll.   pag.  331    schreibt:  „Akin  to  New.  lirata,   Pfr.,  but  the  sculpture 


—      li)-2     - 

is  almost  obsolete."  Darnach  könnte  sie  Ähnlichkeit  mit  des  \'erfasscrs  ,,costnta"  haben. 
Einstweilen  habe  ich  sie,  gleich  den  oben  zitierten  Autoren,  als  synonym  zu  Cuniingii  ge- 
stellt,   bis   ich    vielleicht   eines    Besseren    belehrt  werde. 

Newcomhia  Cuniingii,  Newc.  ist  leicht  an  der  erdbraunen  Färbung  und  den  er- 
habenen Längs-  und  Querlinien  zu  erkennen.  Sie  bildet  mit  der  Neivc07nbia  Neivcowbii,  Pfr. 
eine  verwandte  Gruppe,  letztere  unterscheidet  sich  aber  sofort  von  ihr  durch  die  auffallen- 
den  Höcker.    Taf.  IX,   Fig.  7    ist   eine   Zeichnung  nach  einem   E.xemplare  von  Makakupaia. 

Newcombia  Perkinsi,  Sykes,   1896. 
(Taf.  IX,  Fig.  6.) 

Xewcombia  Perkinsi,  Sykes,  Proc.  malac.  Soc.  London,   1896,  pag.  130,  No.  14. 

,  perkitisi,       „        Fauna  moli.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  332,  No.  6,  PI.  XI,  Fig.  36. 

Sykes,  Proc.  malac.  Soc.  I.e.:  „Newcombia  Perlitisii."  —  „Testa  sinistrorsa,  anguste 
perforata,  elongato-fusiformis,  solida,  cineraceo-fusca,  striis  vel  strigis  fuscis  fulgurantibus 
eleganter  picta ;  spira  gracilis,  apice  obtuso,  laevi;  anfr.  6' l>,  planiusculi.  ultimus  I2  altitudinis 
testae  subaequans ;  sutura  marginata ;  columella  subplicata ;  apertura  parum  obliqua,  semi- 
ovalis,    basi    subangulata ;    peristoma    simplex,  margine  columellari   superne  dilatato,   adnato." 

„Alt.   25,    diam.  max.  7.5   mm;    apert.  alt.   7.5,    lat.   4  mm.'" 

„Hab.  —  Molokai   Mountains  (Perkins);    Molokai   (Baldwin,    Hutchinson)." 

Gehäuse  linksgewunden,  eng  durchbohrt,  länglich  spindelförmig,  kräftig,  graubraun, 
mit  bräunlichen  zickzackartigen  Strichen  oder  Strichelchen  zierlich  geschmückt ;  Spira 
schlank,  Apex  stumpf,  glatt;  Umgänge  6^2.  ziemlich  flach,  der  letzte  ^2  der  Gesamthöhe 
des  Gehäuses  bildend ;  Naht  gerandet ;  Columella  schwach  gefaltet ;  Mündung  ein  wenig 
schief,  halbeiförmig,  an  der  Basis  schwach  kantig ;  Mundsaum  einfach,  Columellarrand  oben 
erweitert,   angewachsen." 

Die  größten  mir  zu  Gebote  stehenden  Exemplare  haben  nur  eine  Länge  von  21  mm 
—  Sykes  gibt  Proc.  mal.  Soc.  1.  c,  25  mm  an  — ,  der  Durchmesser  stimmt  mit  Sykes  An- 
gabe, 71,2  mm. 

Das  Museums-Material  ist  von  Meyer  in  Makakupaia  gesammelt  worden.  Sykes 
und   Baldwin  geben   nur  eine   allgemeine   Fundortsangabe    ,, Molokai". 

Neiccotnbia  Perkinsi,  Sykes,  ist  eine  nach  Form  und  Zeichnung  gut  unterscheidbare 
Art  und  mit  keiner  der  voraufgehenden  zu  verwechseln.  Sykes  selbst  hat  einige  Bedenken 
bei  der  Art,  er  schreibt  in  den  Proc.  mal.  Soc.  1.  c. :  ,,Specimens  are  to  be  found  in  some 
collections  under  the  name  of  New.  Philippiana,  Pfeiffer.  The  present  species,  however,  is 
larger,  much  more  solid,  the  whorls  are  flatter,  the  colouring  is  lighter  and  differcnt,  the 
columellar  lip  is  more  reflexed,   and   the  Perforation   is   more   conspicuous." 

Rev.  Baldwin,  den  ich  um  Auskunft  über  Philippiana  und  imi  Exemplare  von 
derselben  bat,  teilt  mir  mit :  „Newcombia  Philippiana  is  unknown  to  me.  The  shell  J  sup- 
posed  to  be  that  species,  Mr.  Sykes  of  London  says  is  new,  and  he  has  named  it  New- 
combia  Perkinsi." 

Pfeiffers   Originaldiagnose   deckt   sich    mit  Sykes  Diagnose,  vergl.  weiter  unten.   Pfeiffer 


—     103     — 

scheint  seine  Diagnose  auf  einen  Jugendzustand  gegründet  zu  liaben,  da  er  sagt,  subimper- 
forata,   tenuiuscula,   anfr.  6,    Long.   15 — 151,.,   diam.  6  mm. 

Ausgewachsene  Exemplare  der  Perl'insi  haben  einen  umgeschlagenen  Columellarrand, 
welcher  den  Nabel  fast  verdeckt,  die  Gehäuse  sind  nicht  dünnschalig,  sondern  ziemlich 
solide,  der  Mundsaum  ist  sogar  ziemlich  dick.  Ausgewachsene  Gehäuse  haben  1/2  Umgang 
mehr,  daher  der  beträchtliche  Größenunterschied,  Pfeiffers  Längenmaße  15 — 15V2  mm,  meine 
nach  ausgewachsenen  Museums-Exemplaren  21  mm  —  sollte  Sykes  Angabe  25  mm  nicht 
ein  Druckfehler  sein  ?  der  die  Größe  angebende  Strich  neben  der  Fig.  36  auf  Taf.  XI  seiner 
Moll,  fauna  mißt  genau  21  mm.  —  In  der  gesamten  Literatur  existiert  keine  Abbildung 
von   Pfeiffers  Philippiana. 

Da  Sykes  seine  Diagnose  einem  ausgewachsenen  Exemplare  entlehnt  hat,  auch  eine 
gute  Abbildung  davon  in  seiner  Fauna  Moll.  Taf.  XI,  Fig.  36  gibt,  so  nehme  ich  als  gute 
Art  Newcombia  Perkinsi,  Sykes  an  und  stelle  dazu  als  Jugendform  Newcombia  Philippiana. 

Newcombia  Philippiana,  Pfeiffer,  1857. 
Jugendzustand  der  Netvc.  Perkinsi,  Sykes. 
(Taf.  IX,   Fig.  6.) 

Achatinella  Philippiana,  Pfeiffer,  Malak.  Blätter,  Band  IV,   1857,  pag.  89,  No.  9. 
Neivcomhia  „  „         INIon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,  1859,  pag.  559,  No.  166. 

,  ,  „         Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  182,  No.  184. 

„  philippiana,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  Londoni   1869,  pag.  649. 

,  Philijtpiana,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.   Band  VIII,    1877,  pag.  244,  No.  238. 

,  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  315,  No.  238. 

,  ,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc,  Philadelphia,   1888,  pag.  41. 

„  ,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.,  II.  Abt.    1889,  pag.  274. 

,  „  Baldwin,    Catalog  of  the  Hawaiian  Land-  and  Freshwater  Shells,  Honolulu, 

1893,    pag.  8. 

,  pjhilippiana ,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  332,  No.  8. 

Pfeiffer,  Malak.  Blätter,  Bd.  IV,  1.  c:  „Achatinella  Philippiana:'  —  „Testa  sini- 
strorsa,  subimperforata,  fusiformi-turrita,  tenuiuscula,  longitudinaliter  striata  et  striis  confertis 
spiralibus  subundulatis  decussata,  f usca ;  spira  gracilis,  apice  acutiuscula ;  sutura  marginata ; 
anfr.  6,  supremi  plani,  corneo  et  albo  strigati,  ultimus  convexior,  V5  longitudinis  subaequans ; 
columella  subsimplex,  non  plicata;  apertura  obliqua,  angulato-semiovalis ;  perist.  simpIex, 
rectum,  marginibus  callo  tenuissimo  junctis,  externo  fusculo  limbato,  columellari  superne 
dilatato,   subadnato." 

„Long.    15— 15V2,    diam.    6   mm.     Ap.   7  mm  longa,   3  lata." 

„Habitat  in  insulis   Sandwich." 

Pfeiffer:  „Diese  Art  gehört  zu  der  interessanten  Gruppe,  welche  ich  als  Neiv- 
comhia" —  Malak.  Bl.,  Bd.  I,  1854,  pag.  117,  §  2  —  „bezeichnet  habe,  und  zwar  zu  deren 
typischen  Formen.  Sie  steht  in  der  Mitte  zwischen  Ach.  Cumingi,  Newc,  und  Neivcombiana, 
Pfr.,  unterscheidet  sich  aber  von  der  ersteren  durch  viel  feinere  Skulptur,  von  den  letzteren 
durch  den  Mangel  der  Längsfalten.     Mit  A.  plicata,  Migh.,  ist  sie  gar  nicht  zu  verwechseln." 


—      104     — 

Pfeiffer  führt  in  der  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,  1868,  pag.  559,  Nro.  166,  wo  sich  die- 
selbe Diagnose,  wie  in  den  Mal.  Bl.,  s.  oben,  findet,  unter  N.  Philippiana  noch  eine  Va- 
rietät an : 

„ß.    Minor,   pallidior,    spiraliter   paullo    distinctius   striata." 

„Habitat   in   insulis   Sandwich." 

Gehäuse  linksgewunden,  fast  undurchbohrt,  spindelförmig  getürmt,  ziemlich  dünn- 
schalig, der  Länge  nach  gestreift  und  von  dichtstehenden,  spiralig  welligen  Linien  gekreuzt, 
bräunlichgrau;  Spira  schlank,  Apex  spitzig;  Naht  gerandet;  Umgänge  6,  die  oberen  flach, 
hornfarben  und  weiß  gestreift,  der  letzte  gewölbter,  -Vj  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  bil- 
dend ;  Columella  einfach,  nicht  gefaltet ;  Mündung  schief,  kantig  halbeiförmig ;  Mundsaum 
einfach,  gerade,  Ränder  durch  eine  sehr  dünne  Schwiele  verbunden,  Außenrand  graubräun- 
lich gelippt,   Columellarrand   oben   erweitert,  wenig  angewachsen. 

Über   die   Artberechtigung   vergl.  meine    Bemerkungen    unter    Neiv.  Perkinsi,    Sykes. 


Übersicht  der  Newcombia-Gruppe  von  Molokai. 

Gehäuse  graugelb  bis  gelb,  Rippen  scharf  Taf.  IX,  Fig.  i.    New.  plicata,  Migh. 

Gehäuse  gelblich,   Rippen   stumpf  Taf.  IX,   Fig.  2.    Netv.  costata,  Borch. 

Gehäuse  graubraun,  Rippen   scharf  Taf.  IX,   Fig.  3.    New.  canaliculata,   Baldw. 

Gehäuse  rotbraun,   Rippen   stumpf  Taf.  IX,   Fig.  4.    New.  sulcata,   Pfr. 

Gehäuse  langgestreckt,  erdbraun,   Rippen  stumpf,   mit   Höckern   geziert 

Taf.  IX,   Fig.  5.    New.  Neivcombii,   Pfr. 

Gehäuse  erdbraun,  langgestreckt,   Rippen  stumpf,   ohne  die   Höcker 

Taf.  IX,  Fig.  7.    Neiv.  Ciimingii,   Newc. 

Gehäuse  langgestreckt,  konisch,   graubräunlich,  mit  helleren  und  dunkleren  Flammenstrichen 
geschmückt,   deutliche   Längslinien,    keine   Rippen 

Taf.  IX,   Fig.  6.    New.  Perkinsi,  Sykes. 

Genus:    Amastra,   H.  and  A.  Adams,    1858. 

Amastra,  H.  and  A.  Adams,  The   Genera  of  recent  Mollusca,  London,  Vol.  II,  1858, 

pag.   137- 

„Shell  usually  dextral,  not  striped  or  banded ;  apex  of  spire  often  mucronate,  whorls 
longitudinally  striated  or  rugose ;  aperture  small ;  columella  with  a  strong,  spiral,  lamelli- 
form,  anterior  plait ;   outer  lip  incrassated." 

Testa  plerumque  dextrorsa,  non  strigata  vel  fasciata;  apex  spirae  saepe  accuminata; 
anfractus  longitudinaliter  strigata  aut  rugosa;  apertura  parva;  plica  columellaris  valida,  spi- 
ralis,    sublamelliformis ;    peristoma    intus    subincrassatum. 


—     105     — 

Gehäuse  gewöhnlich  rechtsgewunden,  weder  gestreift  noch  gebändert;  Apex  oft  zu- 
gespitzt; Umgänge  der  Länge  nach  gestreift  oder  rauh;  Mündung  klein;  Columella  mit 
einer  kräftigen,   spiralen,   lamellenförmigen   Falte   vorne   versehen,    Peristom   wenig   verdickt. 

Typus:  Amastra  violacea,  Newc. 

Dahin  gehören : 

Amastra  violacea,  Newcomb,  1853. 
(Taf.X,  Fig.  I.) 

Achatinella  violacea,  Newc,   Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  18,  No.  i. 

„  »  »         Proc.    Zool.   Soc.    London,    Part.    XXI,    Dez.   1853,   pag-    I35.    No.   15, 

PI.  XXII,  Fig.    14. 
„  gigantea,      ,  Proc.    Zool.    Soc.    London,    Part    XXI,    Dez.    1853,    pag.    136,    No.    18, 

PI.  XXII.  Fig.   17. 
„  „  Ffr.,  Mal.  Blätter,  Bd.  I,    1854,  pag.   140,  No.   102. 

„  violacea,       „       Mal.  Blätter,  Bd.  I,   1854,  pag.    141,  No.    104. 

Amastra    gigantea,        „      Mal.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.   164,   5. 
„         violacea,         ,      Mal.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.   164,  5. 
Achatinella       „        Newc,  Synopsis;  Ann.  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  1858,  pag.  326,  No.  104. 
,  gigantea,       „  ,  Ann,  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  185S,  pag.  326,  No.  107. 

Amastra  ,  H.  u.   A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Mollusca,  Vol.  II,   1858,  pag.   137. 

,  violacea,      H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Mollusca,  Vol.  II,   1858,  pag.   137. 

Amastra  gigantea,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Vol.  IV,    1859,  pag-   543,  No.  99. 

,         violacea,      „      Mon.  Hei.  viv.  Vol.  IV,   1859,  pag.  543,  No.   loi. 
Laminella  gigantea,  v.  Martens,  Albers,  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.   250. 
Achatinella       „         Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.  68. 
„        violacea,         „       Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  214,  No.   191. 
Amastra   gigantea,    Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,   Vol.  VI,   1868,  pag.   177,  No.   ]I2. 
„        violacea,        „      Mon.  Hel.  viv.,  Vol.  VI,   1868,  pag.   177,  No.   114. 
Laminella      „         Newc,  =  gigantea,  Nev/c,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  42,   1869,  pag.  648. 
Amastra  gigantea,  Pfr.,  Mon.  Hel.  viv.,  Vol.  VIII,   1877,  pag.   233,  No.    147. 
,        violacea,       „     Mon.  Hel.  viv.,  Vol.  VIII,   1877,  pag.  233,  No.   149. 
„        gigantea,  Cless'm,  Nom.  Hel.  viv,   1881,  pag.  311,  No.    147. 
„        violacea,         ,         Nom.  Hel.  viv,   1881,  pag.  311,  No.   149. 

,        gigantea,  =  violacea,  Hartman,  Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,  1888,  pag.  46. 
„  ,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.,   1889,  II,  Abt.  pag.  272. 

„        violacea,         ,       Katalog,  4.  Aufl.,    1889,  II,  Abt.  pag.   276. 
,        gigantea,  Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  9. 
,,         violacea,  ,       Catalogue,   1893,  pag.    10. 

»  11         ~  gigantea,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  347,  No.  68. 

Newcomb,  Annais  1.  c. :  „Achatinella  violacea."  —  .,Testa  dextrorsa,  ovato-oblonga, 
solida,  longitudinaliter  valde  striata,  violacea,  striis  pallidis  varia ;  anfractibus  septem,  convexis ; 
sutura  simplici  et  valde  impressa ;  apertura  ovata ;  columella  brevi,  in  plicam  albam,  contortam 
desinente;   labio  simplici." 

Length  i.i  inch.    Breadth  0.55  inch. 

Habitat.  —  Molokai. 

Zoologlca.    Heft  48,  14 


—     106     — 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  London,  I.e.:  „Achatinella  gi gante a."  —  ..A.testa  dextrorsa, 
elongato - ovata,  apice  acuminato ;  anfractibus  7,  fortiter  striatis,  ultimo  anfractu  superne, 
penultimo  inferne  subcarinato ;  apertura  ovali ;  columella  subarcuata,  interne  in  levem  callum 
terminante,  externe  continuata,  ut  jungat  cum  labro  externo;  striato  crasso  deposito  supra 
superficiem  labri  interni :  labro  externo  piano ;  sutura  profunda,  striis  longitudinalibus ;  co- 
lore  subplumbeo  externe  et  subliliaceo  interne." 

Long.   II 2 ;  lat.   12/20  poll. 

Hab.    Hale-a-ka-la,   Maui. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  länglich  eiförmig,  kräftig,  stark  längsgestreift;  Apex  zuge- 
spitzt; Umgänge  sieben,  konvex,  undeudich  gekielt  auf  dem  letzten  L^mgange  oben  und  auf 
dem  vorletzten  unten;  Mündung  eiförmig;  Columella  kurz,  leicht  gedreht,  mehr  oder  weniger 
in  eine  zahnartige  Falte  übergehend,  eine  dünne  schmelzartige  Schwiele  zieht  sich  von  der 
Columella  über  die  obere  Mündungswand  zum  oberen  Mundwinkel ;  Columellarlippe  mit 
einem  breiten  schmelzartigen  Überzug  auf  ihrer  Oberfläche:  Außenlippe  einfach;  Naht  tief; 
Farbe  der  Epidermis,  welche  in  den  meisten  Fällen  fehlt  und  nur  bei  ganz  jungen  Ex.  vor- 
handen, schwarzbraun,  Farbe  des  der  Epidermis  beraubten  Gehäuses  bleigrau  außen,  innen 
schwach  violett. 

Die  Größe  der  Gehäuse  variiert  in  der  Länge  zwischen  34  und  30  mm  und  in  der 
Breite  zwischen   17   und   12  mm. 

Das  reichliche  Material  dieser  Art,  welches  mir  zur  Verfügung  stand,  stammt  vom 
östüchen  Teile  der  Insel,  und  ist  vom  156"  54'  w.  L.  an  über  den  Osten  verbreitet,  ein  Areal 
von  rundweg  200  qkm. 

Spezielle   Fundorte   sind:    Pelekunu,  Wailau,   Mapulehu  und   Halawa. 

Meyer,  Kalae,  der  das  Material  gesammelt,  bezeichnet  sie   als  „ground  shell". 

Newcomb  gibt  für  seine  A.  gigantea  =  violacea,  Haleakala,  Insel  Maui,  als 
Fundort  an.  Baldwin  führt  sie  in  seinem  Kataloge  auch  als  von  Maui  an,  bezeichnet 
die  Art  aber  als  „unknown  to   me'" ;   d.  h.   von  Maui. 

Das  Vorkommen  dieser  Art  auf  Maui  ist  also  einstweilen  fraglich;  dagegen  stimmen 
die  Exemplare  der  A.  magna,  C.  B.  Adams,  von  Lanai,  in  den  Proc.  zool.  Soc.  London, 
1853,  pag.  155,  Nro.  72,  PI.  XXIV,  Fig.  72  von  Newcomb  nochmal  beschrieben  als  A.  Bald- 
loinii,  —  (Newcomb  selbst  stellt  A.  Bakhvini  als  syn.  zu  .-1.  magna  C.  B.  Adams,  Syn. 
pag.  319,  Nro.  48),  sehr  mit  der  schlanken  Form  von  violacea  überein,  als  L^nterschied 
zwischen  beiden  —  abgesehen  von  dem  Vorkommen  auf  zwei  benachbarten  Inseln  —  ist 
kaum  ein  distinktes  Unterscheidungsmerkmal  anzugeben.  Die  Ad  am  sehe  Diagnose  von 
A.  magna,  Contributions  to  Conchology,  Nro.  8.  Newyork,  1858,  pag.  125  und  126,  sowie 
die  Newcombsche  Diagnose  von  A.  Baldwini,  1.  c,  können  ebensogut  auf  violacea  an- 
gewendet werden,  es  ist  kein  Merkmal  in  denselben  vorhanden,  welches  nicht  auch  bei 
violacea  zutrifft. 

Meiner  Meinung  nach  gehören  beide  Formen,  violacea,  Newc,  Molokai  und  magna, 
Ad.,  Lanai,  zu  einer  Amastra-An.  die  allerdings  dann  den  älteren  Adamsschen  Namen 
führen  müßte.  Das  Material,  welches  von  magna,  Ad.  in  der  Hartmanschen  Sammlung  liegt, 
genügt  mir  nicht,   um  die   Frage   endgültig  zu  entscheiden.    Ich  gebe  einstweilen  auf  Taf.  X, 


—      107     — 

Fig.    I    die    Abbildung    von    A.   violacea,    Newc,    und    daneben    Fig.  2    die    Abbildung    von 
A.  magna,  C.  B.  Adams. 

Amastra  nubilosa,  Mighels,  1845. 
(Taf.  X,   Fig.  3.  4   u.  5.) 

AchatiiieUa  nubilosa,  Mighels,  Proc.  Boston  See.  Nat.  Hist.  Vol.  II,  Jan.    15,   1845,  pag.   20. 
„  ,  Pfeiffer,  Zeitschr.  f.  Malakozoologie,  III.  Jahrg.    1846,  pag.    115,  No.  28. 

„        Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,   1848,  pag.   236,  No.   10. 
,  „  Reeve,  Conch.  iconica,  Monogr.  of  the  genus  Achatinella,   1850,  pag.  i,  Spec.  i, 

PI.  I,  Fig.   I. 
,  „  Gould,  Mollusca  and  Shells,  Exploring  Expedition,  Philadelphia,   1852,  pag.  86. 

PI.  VII,  Fig.  95.  (Der  Atlas  mit  den  Abbildungen  erschien  erst   1856.) 
,         ussimilis,       Newcomb,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  1853,  pag.  148,  No.  53,  PI.  XXIII,  Fig.  53. 
(Forma  gracilior  von  nubilosa.) 
nubilosa,     Ffr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  III,   1853,  pag.  459,  No.   21. 
„  ,  Pfeiffer,    Malakozool.  Blätter.     I.  Bd.    1854,  No.   52,  pag.   129. 

„        assimilis,  „  Malakozool.  Blätter.    I.  Bd.    1854,  pag.  129,    No.   53.'     (Pfr.,  schlankere 

Varietät  von  nubilosa.) 
Laminella  nubilosa,  Pfeiffer,  Malakozool.   Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.    165;  unter  Abt.  6. 
AchatineUa  Deshai/sii,  Morelet,     Bull.    Soc.    Hist.   Nat.    Moselle,     Heft  8,     1857,    pag.     27,    No.     3., 

(Deshaysii  =  assimilis.) 
Laminella  assimilis,  H.  a.  A.  Adams,    The  Genera  of  recent  Mollusca.  Vol.  II,   1858,  pag.   138. 
„  nubilosa,    H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca.  Vol.  II,   1858.  pag.    138. 

Achatinella  nubilosa,    Newcomb,    Synopsis,    Annais  Lyc.    Nat.    Hist.    Newyork,    Vol.  VI,  Sept.    1858, 

pag.  3 1  2,  No.   2 1 .     Beschreibung  des  Tieres. 
„         assimilis,  „       Synopsis,    Annais    Lyc.    Nat.    Hist     Newyork,    Vol.  VI,    Sept.    1858, 

pag-  330,  No.   138. 
Laminella   nubilosa,  Pfeiffer,  Mon.    Hei.    viv.,    Bd.   IV,    1859,    pag.   552,  No.    140. 

Var.  ß}   c/racilior:    A.  ussiiiiilis,  Newc. 
Achatinella  assimilis,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.   13. 
,  nubilosa,        ,         Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1860,  pag.   214,  No.    112. 

Laminella  nubilosa,    von  Martens,  Albers  Heliceen,  II.  Autl.   1860,  pag.  250. 

assimilis,    von    Martens,    Albers    Heliceen,    II.    Aufl.    1860,    pag.    250.    (Auch   Bemerkung 

2  und  3  auf  pag.  251.) 
nubilosa,     Pfeiffer,  Mon.   Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,    pag.   180,  No.    156.  (Darunter   assimilis 
als  Varietät.) 
Amastra  Deshaysii,    Morelet  =  A.  biplicata,  Newc,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  1869,  pag.  649. 
„        assimilis,     Pease,  Proc.  Zool.  Soc.   London,    1869,  pag.  650,  Sect.   2. 
„       nubilosa,  ,         Proc.   Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  650,  Sect.  2. 

„     conicospira,    Smith,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  1 873,  pag.  86,  PI.  X,  Fig.  10.  Abbildung  sehr  massig. 
Laminella  conicospira,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  239,  No.    193. 

„  nubilosa,  „       Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  240,   No.   201     (darunter  als  Var. 

assimilis,  Newc.) 
Achatinella  Deshaysii,  Morelet,  synon. :  Amastra  biplicata,   Newc,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII, 

1877,  pag.  240,  No.  200. 
Laminella  nubilosa,    Nevill,  Hand  List  of  Mollusca   in   the   Indian  Museum,  Calcutta,   Part  I,   1878, 

pag.    159,  No.    108. 
„     conicospira,  Clessin,  Nomenciator  Hei.  viv.,    1881,  pag.  313,  No.    193. 


—     108     — 

Laminella  »ubilosa,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  313,  No.  201. 

,  assimilis,       ,        Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  313,  No.  201a.  (nubilosa  var.) 

Achatinella  Deshaysü,  Morelet,    synon. :  Laminella  bi plicata,   Newc,    Clessin,   Nom.  Hei.  viv.,    1881, 

pag.  313,  No.  200. 
Amnstra  assimilis,    Hartman,  Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag,  44.     (Hart- 
man    zieht    wohl    mit    Recht    auch    A.    conicospira,    Smith,     als    Syn. 
zu  assimilis.) 
„  Deshaysii  =  Var.  von  hiplicata,    Hartman,    Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia, 

1888,   pag.  44. 
,         nubilosa,    Hartman,  Catalog,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  48. 
Laminella  assimilis,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.   1889,  pag.  270. 
,  conicospira,     „       Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.    1889,  pag.  271. 

,  nubilosa,         „       Katalog,  4.  Aufl.  H.  Abt.   1889,  pag.  273. 

Amastra  assiinilis,  Baldwin,    Catalogue,  Hawaiian  Land-  and  Freshwater  Shells,  Honolulu,  1893,  pag.  8. 
„  conicospira,      ,  Catalogue,   1893,  pag.  8.     (Art  dem  Autor  unbekannt.) 

„  nubilosa,  ,  Catalogue,   1893,  pag.  9. 

,  Deshaijsii  =  A.  bipUcata,   Newc,  Baldwin,  Catalogue,    1893,  pag.  22. 

,  assimilis,  Gwatkin,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.   Philadelphia,    1895,  pag.  239.     (Radula.) 

,  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  334,  No.  4. 

„  Deshaijsii,     „         Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  334,  unter  No.  4,  assimilis  und  unter 

No.  7,    biplicata   als  Varietät.     (Vergl.  im  Text    weiter  unten.)     (Morelet 
schreibt   „Deshaysii*   non  Deshayesii.) 
„         conicospira,   „         Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  335,  No.  10. 
„  nubilosa,       „         Fauna  Moll.  Flawaiiensis,    1900,  pag.  341,  No.  39. 

Mighels,  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.  1845,  1- c. :  „Achatinella  nubilosa."  — ,, Shell 
dextral,  ovate,  conic,  thin,  variously  mottled  with  dark  brown  on  a  light  ground,  imperfo- 
rate;   whorls   six,   convex;   aperture   semicircular ;   lip  simple,   acute." 

„Length  7/10  inch,  diameter  25  inch." 

„Habitat.  —  Oahu." 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  London,  iS^t,,  \.  c:  „Achatinella  assimilis."  —  ,,A.testa 
conico - elongata,  superne  acuta;  anfractibus  7,  rotundatis;  sutura  bene  impressa;  apertura 
parva,  ovata ;  columella  brevissima  plicata  contorta ;  labro  acuto,  interne  subincrassato ;  co- 
lore  albo  vel  rubroflavido,  ditnidio  inferiori  anfractus  ultimi  interdum  albido,  interne  albo- 
niveo." 

„Long.   11/20;   lat.   5U/20  poll." 

„Hab.  —  W.  Maui." 

Morelet,  Bull.  Soc.  Hist.  Nat.  Moselle,  1857,  1.  c. :  „Achatinella  Deshaysii."  — 
„T.  vix  rimata,  ovato-turrita,  longitudinaliter  rugosa,  sub  epidermide  saturate  castanea  partim 
detrita,  carneo-straminea ;  spira  turrita,  apice  mucronata  et  eximie  plicatula;  anfr.  7,  supremi 
planulati,  sequentes  convexi,  ultimo  inflato,  basi  attenuato,  longitudinis  dimidiam  partem 
superante;  columella  recta,  callo  spirali  munita;  apertura  parva,  ovalis,  infeme  subangulata; 
peristoma  simplex,   rectum,   margine   columellari  brevissime  reflexiusculo." 

„Longit.  22;  diam.   10  mm." 

„Habitat  in  insulis    Sandwich." 


—     109     — 

Smith,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1873,  1-  f •  •  „Ämastra  conicospira."  —  „Testa  ovato- 
conica,  dextrorsa,  incrementi  lineis  striata,  sordide  albida,  epidermide  olivacea  partim  induta; 
anfract.  7,  planiusculi,  primi  3 — 4  dilute  rubescentes,  sequentes  2  fusco-purpurascentes ;  spira 
recte  conica ;  sutura  simplex ;  apertura  sordide  alba ;  perist.  tenue,  intus  fuscescens,  haud 
incrassatum ;  plica  columellaris  tenuis." 

„Long.  201/2  mm,   diam.  10." 

„Remarks.  But  one  specimen  of  this  species  has  been  received,  and  without  notes 
concerning  the   Station   and  habitat,   except   that  it  is   from  the   Sandwich-Islands." 

Aviastra  nubüosa,  Migh.  —  Gehäuse  rechtsgewunden,  konisch -oval,  ziemlich  fest- 
schalig,  dicht  und  fein  der  Länge  nach  gestreift,  die  Gehäusefarbe  unter  der  Epidermis 
weiß  bis  rötlich,  Epidermis  satt  braun,  mit  abwechselnd  dunkleren  und  helleren,  weißlichen 
Zickzacklinien  und  Flammenstrichen  der  Länge  nach  gezeichnet,  Epidermis  sehr  leicht  ver- 
gänglich, stellenweise  oder  fast  ganz  verschwindend,  die  oberen  Windungen  sind  regelmäßig 
von  der  Oberhaut  befreit  und  haben  gewöhnlich  einen  rotbräunlichen  Anflug.  Die  Spira  ist 
konisch,  am  Apex  ziemlich  spitz.  Umgänge  7,  ziemlich  gerundet,  der  letzte  wenig  breiter 
als  die  Spira;  Naht  einfach,  ziemlich  deutlich  eingedrückt;  Mündung  verhältnismäßig  klein, 
oval,  rein  weiß ;  Columella  weiß,  gerade,  unten  in  eine  zahnartig  vorstehende,  spiralige  Falte 
endend;  Peristom  einfach,  geradeaus,  innen  mit  einer  schwachen  weißen  Schwiele  belegt, 
Columellarrand  etwas  zurückgebogen,  winkelig;  Mündungswand  mit  einer  schwachen  Schwiele 
belegt,   welche   Spindel   und  Außenrand   verbindet. 

Die  Größenverhältnisse  variieren  sehr;    Länge  22 — 28   mm.   Durchmesser  10 — 14  mm. 

Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Art  liegt  im  Zentrum  der  Insel,  zwischen  Kalae  und 
Makolelau.  Bestimmte  Fundorte,  an  welchen  diese  Species  in  großen  Suiten  von  Meyer  ge- 
sammelt worden  ist,  sind:  Kalae,  Kaohu,  Kahanui  und  Makolelau.  Taf.  X,  Fig.  3, 
4  und  5  stellt  die  Art  in  ihren  Extremen  dar ;  Fig.  3  ist  ein  Exemplar  von  Kaohu,  Fig.  4 
von   Kahanui   und   Fig.  5   von    Makolelau. 

Verfasser  hat  die  Synonymie,  wie  sie  sich  bereits  in  der  zerstreuten  Literatur  vor- 
fand, zusammengestellt  und  die  darauf  bezüglichen  Diagnosen,  die  alle  auf  eine  Art  hinaus- 
laufen, angefügt  zum  Vergleiche.  Leider  sind  bei  vielen  die  Sammelorte  ganz  allgemein  ge- 
halten. Sicher  ist,  daß  die  Art  außer  auf  Molokai  auch  auf  Maui  in  der  etwas  schlankeren 
assimilis  verbreitet  ist.  Hartman  hält  assimilis  und  nubüosa  für  getrennte  Arten,  ist  aber 
mit  Pfeiffer  der  Meinung,  daß  die  Mighelssche  nuhilosa  von  Oahu,  die  auch  Reeve  und 
Gould  als  von  dort  vorkommend  angeben,  eine  assimilis  Var.  sei.  Da  aber  assimilis  nach 
dem  mir  vorliegenden  Materiale  identisch  ist  mit  nuhilosa,  so  erstreckt  sich  das  Verbrei- 
tungsgebiet der  nuhilosa  auch  über  Oahu.  Wiederum  ein  Beweis  mehr,  daß  die  alther- 
gebrachte Ansicht,  jede  Insel,  ja  jedes  Tal  beherberge  eine  distinkte  Art,  nicht  stichhaltig  ist. 

Amastra  pullata,  Baldwin,  (1893)  1895. 
(Taf.  X,   Fig.  6.  7   u.  8.) 

Amastra  pullata,  Baldwin,    Catalogue,    Land-  and  Freshwater   Shells  of  the  Hawaiian  Islands,   1893, 

pag.  9.     Nomen  solum. 
„  ,  „  Proc.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1895,  pag.  228,  PI.  XI,  Fig.  31,  32.  (Auch 

Beschreibung  des  Tieres  von  Baldwin  und  der  Radula  von  Prof.  Gwatkin.) 


—      110      — 

Amastra  pullafa,  Gwatkin,  Proc.  Ac.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1895,  pag.  239.     Radula. 
„  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  342,  No   46. 

Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc,  1.  c:  „Amastra  pullata."  —  ,, Shell  dextral,  im- 
perforate,  solid,  elongately  ovate ;  surface  lusterless,  covered  with  rather  close,  irregulär, 
growth  Striae ;  the  embryonic  whorls  f  inely  radiately  sulcated.  Color  light  brown ;  covered 
with  a  black  fugacious  epidermis,  dense  on  the  last  whorl,  more  sparsely  distributed  on  the 
Upper  whorls,  worn  off  in  front  of  the  aperture;  apex  dark  brown.  Whorls  7,  convex; 
suture  well  impressed.  Aperture  oval,  a  trifle  oblique,  white  within  with  a  purplish  tinge; 
peristome  acute,  slightly  thickened  within.  edge  dark  purple ;  columella  purplish  white,  flexuous, 
abruptly  terminating  in   a  broad,   thin,   slightly  arched  lamellar  plait." 

„Length,    23;    diam.,    iiVs  mm." 

„Habitat,   Waikolu,    Island    of    IMolokai." 

„Animal  extended  in  motion  a  trifle  longer  than  the  shell.  Mantle  almost  white  with 
a  slate  tinge.  Foot  above  and  below  almost  white,  the  posterior  portion  and  edges  densely 
studded  with  very  minute  pink  spots.  Tentacles  short,  light  slate,  with  a  few  spots  of  the 
same  color  on   the  head  above." 

„Unlike  most  of  the  Amastra,  which  generally  have  dark  dingy  colored  animals,  this 
species  has  a  beautiful,  almost  white  animal.  The  after  portion  and  edges  of  the  foot  under 
a  lens  are  seen  to  be  closely  studded  with  minute  pink  spots  which  give  these  parts  a  de- 
licate  pink  hue." 

Amastra  pullata.  —  Testa  dextrorsa,  imperforata,  solida,  elongato-ovata ;  epidermide 
opaca,  irregulariter  et  subtiliter  confertim  striata;  anfractus  embryonales  subtiliter  radiatim 
sulcati.  Testa  pallido-brunnea,  epidermide  nigra  magis  minusve  obtecta,  anfractus  ultimus 
epidermide  dense  et  anfractus  superi  sparsim  obtecti,  apertura  externa  epidermide  denu- 
data.  Apex  nigro-brunnea.  Anfractus  7,  convexi;  sutura  bene  impressa ;  apertura  ovata,  sub- 
obliqua,  intus  purpureo-alba ;  peristoma  acutum,  intus  subincrassatum,  purpureo-marginatum; 
columella  purpureo-alba,  torta,  subito  terminans  in  plica  lamelliformis,  brevis,  tenuis  et  sub- 
arcuata. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  undurchbohrt,  festschalig,  verlängert  -  eiförmig ;  Oberhaut 
glanzlos,  bedeckt  mit  ziemlich  dichten,  unregelmäßigen  Wachstumsstreifen;  die  Embryonal- 
windungen fein  radiär  gefurcht.  Farbe  hellbraun,  bedeckt  mit  einer  schwarzen,  leicht  ver- 
gänglichen Epidermis,  dicht  auf  dem  letzten  Umgange,  sparsamer  ausgebreitet  auf  den 
oberen  Windungen,  ganz  abgerieben  auf  der  Außenseite  der  Mündungswand;  Apex  dunkel- 
braun. Umgänge  7,  konvex;  Naht  deutlich  eingedrückt;  Mündung  oval,  ein  wenig  schief, 
innen  weiß.  Peristom  scharf,  innen  schwach  verdickt,  der  Rand  dunkel  purpurfarbig ;  Columella 
weiß  rötlich,  gekrümmt,  plötzlich  endend  in  eine  breite,  dünne,  etwas  gebogene,  lamellen- 
förmige  Falte. 

Diese  stattliche  Art,  welche  ich  mit  Originalen  aus  der  Hand  des  Autors  vergleichen 
konnte,  liegt  mir  in  großer  Zahl  vor  von  „Kaohu",  Fig.  6,  von  „Kahanui",  Fig.  7,  und 
von  „Waiakapuaa",  Fig.  8. 

Der  Autor  gibt  als  weiteren  Fundort  noch   „Waikolu"    an. 


—    111    — 

Amastra  umbrosa,  Baldwin,  (189:5)  1895. 
(Taf.  X,   Fig.  9  u.  lo.) 

Amastra   uwhrosa,  Baldwin,  Catalog,    1893,  pag.  10.    Nomen  solum. 

^  ,  „  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,   1895,  pag.  229,  PI.  X[,  Fig.  36,  37. 

(Auch  Beschreibung  des  Tieres,  und  Radula-Formel.) 
„         Gvvatkin,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1895,  pag.  239.     Radula. 
„  „         Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  342,  No.  46.     Sykes  stellt   „umbrosa" 

als  synonym  zu   ^pullata". 

Baldwin,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc,  1.  c:  „Amastra  umbrosa."  —  „Shell  dextral,  im- 
perforate,  solid,  globosely  ovate-conic;  surface  lustreless,  covered  with  close,  rather  regulär 
growth  Striae;  the  lower  whorls  spirally  malleated;  the  embryonic  whorls  finely  radiately 
sulcated.  Color  white,  apex  darlc  chestnut ;  nearly  the  whole  surface  covered  with  irregulär 
streaks  of  a  black,  fugacious  epidermis,  worn  off  in  front  of  the  aperture.  Whorls  6,  slightly 
convex,  the  last  somewhat  inflated.  Aperture  ovate,  a  Httle  oblique,  white  within;  peristome 
acute,  thickened  within,  expanded ;  columella  white,  flexuous,  abruptly  terminating  in  a  some- 
what thick  lamellar  plait." 

„Length,    21;    diam.,    12I2  mm." 
„Habitat,    Kamalo,    Island    of   Molokai." 

,,Animal  extended  in  motion  longer  than  the  shell.  Mantle  dark  brown  with  a  mar- 
gin of  lighter  shade.  Foot  light  brown,  the  superior  portion  and  sides  studded  with  large 
spots   of   deeper   shade.    Tentacles   short,    stout,   very   dark   brown." 

Amastra  umbrosa.  —  Testa  dextrorsa,  imperforata,  solida,  globoso-ovato-conica ;  epi- 
dermide  opaca,  regulariter  confertim  striata;  anfractus  inferiores  spiraliter  malleati,  supremi 
subtiliter  radiatim  sulcati.  Testa  alba,  apex  castanea;  epidermide  nigra  et  striis  irregula- 
ribus  nigris  magis  minusve  obtecta;  apertura  externa  epidermide  denudata;  Anfractus  6, 
convexiusculi,  ultimus  subinflatus.  Apertura  ovata,  subobliqua,  intus  albida;  peristoma  acu- 
tum, intus  subincrassatum,  expansum ;  columella  alba,  torta,  subito  terminans  in  plica  la- 
melliformis,   subvalida. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  undurchbohrt,  festschalig,  kugelig-eikegelförmig ;  Oberfläche 
glanzlos,  bedeckt  mit  dichten,  ziemlich  regelmäßigen  Wachstumsstreifen;  die  unteren  Um- 
gänge spiralig  gehämmert,  die  Embryonalwindungen  fein  radiär  gefurcht.  Farbe  weiß,  Apex 
dunkel-kastanienbraun ;  fast  die  ganze  Oberfläche  bedeckt  mit  unregelmäßigen  Streifen  einer 
schwarzen,  leicht  vergänglichen  Epidermis,  welche  auf  der  Außenseite  der  Mündung  gänz- 
lich fehlt.  Umgänge  6,  leicht  konvex,  der  letzte  etwas  aufgeblasen.  Mündung  eiförmig, 
etwas  schief,  innen  weiß;  Mundsaum  scharf,  innen  verdickt,  erweitert,  Columella  weiß,  ge- 
krümmt,  plötzlich   endend   in   eine    etwas   dicke,    lamellenförmige   Falte. 

Diese  bauchige  Form,  welche  einige  Ähnlichkeit  mit  Am.  tristis,  Fer.  von  Oahu  hat, 
konnte  ich  ebenfalls  mit  Originalen  vom  Autor  vergleichen.  Gesammelt  wurde  dieselbe  in 
größerer  Anzahl  in  „Makolelau",  Fig.  9  und  in  „Waiakapuaa",  Fig.  10.  Baldwin  gibt 
als  weiteren  Fundort   noch  „Kamalo"   an. 

„Pullata"  und  „umbrosa"  scheinen  einem  verwandten  Formenkreise  anzugehören  und 
durch  Übergangsformen  miteinander  in  Verbindung  zu  stehen  nach  dem  mir  vorliegenden 
Materiale. 


—     11-2     — 

Amastra  uniplicata,  Hartman.  1888. 
(Taf.X,  Fig.  II.) 

Amastra  unij)Ucata,  Hartman,  Pioc.  Ac.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  50,  PI.  I,  Fig.  7. 
,  ,  Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  10. 

,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  346,  No.  65. 

Hartman,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  1.  c. :  „Amastra  imiplicata."  — 
„Shell  dextral,  solid,  elongate  oval,  occasionally  cylindrical,  whorls  7,  slightly  rounded,  the 
last  somewhat  inflated,  suture  impressed,  longitudinally  striate,  aperture  sub-oval,  white;  a 
Single  white  elongate  twisted  plicae  within ;  outer  lip  acute,  color  of  the  shell  a  pale  ochre- 
yellow,   concealed  by   a   black   epidermis." 

„L.  20.   D.  9.   Aperture  L.  8.   D.  4  mm." 

„Habitat.   ^   Molokai." 

„Obs.  This  shell  is  from  a  different  island  from  A.biplicata,  Newc.  which  it  resembles, 
the  latter  possesses  more  coarse  longitudinal  Striae,  and  has  a  double  plicae  within,  and 
the  aperture  is  red,  while  , .uniplicata"  has  a  single  plicae,  and  the  aperture  is  white.  The 
Pease  collection  contained  a  large  number  of  duplicates  marked  „new  species"  by  Mr.  Pease." 

Amastra  uniplicata.  —  Testa  dextrorsa,  solida,  elongato-ovata,  plerumque  cylindracea ; 
anfractus  7,  subrotundati,  ultimus  subinflatus ;  sutura  impressa;  longitudinaliter  striata;  aper- 
tura  subovata,  alba ;  columella  plica  una,  elongata,  alba  et  torta  munita,  peristoma  acutum ; 
color   testae   pallide-ochraceo-lutea,    epidermide  nigra  obtecta. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  festschalig,  länglich -eiförmig,  gewöhnlich  cylinderförmig ; 
Umgänge  7,  leicht  gerundet,  der  letzte  etwas  aufgeblasen ;  Naht  eingedrückt ;  G>.-häuse  der 
Länge  nach  gestreift ;  Mündung  fast  eiförmig,  weiß ;  die  Columella  mit  einem  länglichen 
faltenartigen  Zahne  besetzt ;  Peristom  geradeaus ;  Gehäusefarbe  blaß  ockergelb,  durch  eine 
schwarze    Epidermis    verdeckt. 

Mit  Am.  biplicata,  Newc.  von  Lanai  hat  diese  Art  die  größte  Ähnlichkeit  in  Gestalt, 
Größe  und  Färbung,  unterscheidet  sich  aber  leicht  beim  Vergleichen  der  Mündung.  Bei 
biplicata  hat  die  Columella  2  Falten  und  die  Mündung  ist  rötlich;  uniplicata  hat  nur 
I   Falte   und   weiße   Mündung. 

Uniplicata  wurde  gesammelt  in  „Kanialo".  Fig.  11  auf  Taf.  X  stellt  ein  Exemplar 
von  dort  dar. 

Amastra  simularis,  Hartman,  1888. 
(Taf.  X,  Fig.  12.) 

Amastra  simulark,  Hartman,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  252,  PI.  XIII,  Fig.  7. 
,  ,  Baldwin,    Catalogue,   1893,  pag.  10. 

,  „  Gwatkin,   Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,   1895,  pag.  239.     Radula. 

„  ,  Ancey,  Proc.  Malac.  Soc.  London,    1899,  Vol.  III,  No.  5,  pag.  269. 

„  „  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  343,  No.  54. 

Hartman,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,  1.  c. :  „Amastra  simularis."  — 
„Shell  dextral,  ovate  conic,  whorls  5V2,  slightly  rounded,  body  whorl  somewhat  inflated,  two 
thirds  the  length,  the  first  one  and  a  half  composed  of  slightly   curved  plicae.  suture  lightly 


—     1i;^    — 

impressed,  epidermis  dark  Ijrdwn  with  l^lack  zig-zagged  lincs  and  linear  Striae,  l^ody  whorl 
a  dark  red  color  beneatli  Ihe  epidermis;  aperture  semi-ovate,  dark  red,  columella  straight, 
with  a  white  twisted  plait  near  the  base." 

„L.  15.   W.  7.   L.  apt.  6.   Diam.  apt.  3  mm." 

„Habitat.  —  Molokai." 

,,Obs.  Received  from  D.  D.Baldwin,  Esq.,  and  so  called  frnm  its  size  and  resemblance 
to  A.  mucronata,   Newc." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eiförmig-konisch,  Umgänge  5V2,  leicht  gerundet,  der  letzte 
Umgang  etwas  aufgeblasen,  73  der  Gesamtlänge  einnehmend,  die  ersten  i's  Windungen  be- 
setzt mit  leicht  gebogenen  Falten;  Naht  schwach  eingedrückt;  Epidermis  dunkelbraun  mit 
schwarzen  Zickzacklinien  und  Strichen  geschmückt,  der  letzte  Umgang  von  dunkelroter  Farbe 
unter  der  Epidermis;  Mündung  halbeiförmig,  dunkelrot;  Columella  gerade,  mit  einer  weißen, 
gedrehten   Lamelle  nahe   der  Basis. 

Testa  dextrorsa,  ovato-conica;  anfractus  51,0,  subrotundati,  ultimus  subinflatus,  2/3  longi- 
tudinis  testae  aequans,  primus  et  semi-secundus  levis  contorto-plicati;  sutura  subimpressa; 
epidermis  brunnea,  lineis  nigris  ziczacformibis  et  striis  nigris  ornata;  anfractus  ultimus  sub 
epidermide  rufus;  apertura  semi-ovata,  fusca;  columella  recta,  plica  alba,  contorta  ad  basin 
munita. 

Von  Halawa  und   Moakea  liegt  mir  reichliches  Material  vor.    Fig.  12  von   Halawa. 

Hartman  hat  dieser  Art  den  Namen  simularis  gegeben  „from  its  size  and  resem- 
blance to  A.  mucronata,  Newc."  Letztere  hat  immer  mehr  oder  weniger  die  Epidermis, 
während  bei  Ä.  si)))nlaris,  Hartm.  sie  fast  immer  zum  größten  Teil  fehlt.  Die  von  der 
Epidermis  befreiten  Schalenstellen  haben  ein  gelbrötHches  Aussehen,  bald  heller,  bald  dunkler ; 
in  der  helleren  Färbung  kommen  sie  der  A.  citrea,  Sykes  sehr  nahe.  Ancey  sagt  darüber 
in  Proc.  mal.  Soc.  London,  1899,  pag.  270:  ,,This  species"  —  A.  simularis  —  ,,is  a  protean 
one,  according  to  Mr.  Baldwin,  who  states  (in  litt.)  that  Mr.  Sykes  A.  citrea  is  but  a  form 
of   Hartman's  shell." 

Die  etwas  abweichenden  Farben  und  Formnuancen  sind  von  Ancey  und  Sykes  als 
besondere  ^'arietäten  behandelt,   die  ich   im  folgenden   der   Stammform   anreihe. 


Amastra  simularis,  Hartman,  1 

Varieta.s:    roseotincta,    S\kcs,    1896. 

(Taf.  X,  Fig.  13.) 

Amastra  siiiiiihtri.f,  Hartman,  \ar.  roseotincta,  Sykes,  Proc.  Malac.  Soc.  London,    1896,  Vol.  II,  Part  3, 

Okt.    1896,  pag.  130,  No.  13. 
„  „  „  var.    roseotincta,    Sykes,    Faun:i    Moll.    Hawaüensis,     1900,    pag.   344, 

No.  54,  PI.  XI,  Fig.  3- 

Sykes,  Proc.  Malac.  Soc.  London,  I.e.:  ,,T'ar.  roseotincta."  —  „Differs  from  the 
type  in  the  colour  being  of  a  \evy  much  lighter  shade,  the  apex,  however,  being  of  the 
usual  dusky  tint;  the  shell  is  also  more  ovate  and  shorter,  and  the  lamina  is  slightly  more 
horizontal.    J  had   proposcd  to   dcscribc   this  shell  as  a  ncAv  species,  but  a  few  specimens  of 

Zoologie».    Heft  48.  ].') 


—     lU     — 

the  variable  A.  simularis  show  a  slight  approximation.  and  it  will,  J  think,  only  prove  to 
be  an   extreme   variety." 

„Hab.  —  Molokai   Mountains  (Perkins)." 

Diese  Varietät  unterscheidet  sich  von  der  Stammform  durch  die  rötlichere  Gehäuse- 
farbe, durch  die  rundlichere  und  kürzere  Form.  Material  von  dieser  Form  besitzt  das  Mu- 
seum von  Moakea.  Durch  Übergänge,  bezüglich  der  Färbung  und  Form,  kaum  von  der 
Stammform   zu   trennen. 

Fig.  13   auf   Taf.  X  stellt   ein  Exemplar  von  Moakea  dar. 

Auch  die  folgende  Varietät  „maura",  Ancey  fällt  in  der  dargestellten  Form,  Fig.  14, 
sofort  auf  und  macht  ihrem  Namen  Ehre  durch  die  dunkle  Färbung;  aber  auch  bei  dieser 
geht  die  Färbung  und  die  bauchige  Form  allmählich   in   die   Stammform  über. 

Amastra   simularis,   Hartman,    1888. 

Varietas:  „maura"  Ancey,   1899. 

(Taf.  X,  Fig.  14.) 

Amastra  sitmdaris,  Hartman,    var.  maura^    Ancey,    Proc.  Malac.  Soc.   London,    Vol.  HI.   No.  5,  July, 

1899,  pag.  270,  PI.  XIII,  Fig.  16. 
^  „  .  var.    maura,    Sykes ,     Fauna    Moll.     Hawaiiensis.      1900,      pag.    344, 

unter  No.  54- 

Ancey,  Proc.  Malac.  Soc.  London,  1.  c. :  „Var  maura."  —  „Shell  much  larger  and 
more  obese  than  the  tj'pe  (length  17,  width  9,  apert.  7  mm),  with  6  whorls.  Colour  dark 
red,  blackish  at  the  apex,  periostracum  black,  decorticated  at  some  places;  columellar  mar- 
gin very  dark  with  a  whitish  fold ;   interior  of  aperture  dark  purple  red." 

,,Collected  in   Molokai." 

Eine  durch  die  gedrungene  bauchige  Form  und  durch  die  dunkle  Färbung  sich  kenn- 
zeichnende Varietät  von  Ä.  simularis,  Hartm. 

Das  Meyersche  Material  stammt  von  Halawa.  Fig.  14  stellt  ein  solches  Exemplar 
von   dort   dar. 

Amastra  simularis,  Hartman,  1888. 

Varietas:    „semicarnea",    Ancey,    1899. 

(Taf.X,  Fig.  15.) 

Amastra  simularis,  Hartman,    var.   ^semicarnea'',  Ancey,    Proc.  Malac.  Soc.  London,    Vol.  III,    No.  5, 

July,   1899,  pag-  270,  PI.  XIII,  Fig.  8. 
„  „  „  var.   ^semicarnea" ,    Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,     1900,     pag.  344, 

unter  No.  54. 

Ancey,  Proc.  Malac.  Soc.  London,  I.e.;  ,,Var.  semicarnea."  —  „Shell  larger  than 
the  type,  but  more  slender  than  var.  maura  (length  16.5,  width  8.5,  apert.  6  mm),  with  6 
whorls.  Apex  blackish,  the  subsequent  whorls  fulvous,  sometimes  with  straight,  somewhat 
obscured,  revolving  lines,  the  lower  half  of  the  last  whorl  yellowish  flesh-coloured.  Colu- 
mellar margin  bluish,   with  a  white   plait.    Mouth   light-coloured." 


—     115     — 

„Collected   in   Molokai." 

Diese  Form,  die  sich  mit  „maura"  zusammen  in  Halawa  findet,  hat  große  Analogie 
mit  „roseotincta",  Sykes.  Sie  zeigt  allerdings  manchmal  auf  der  unteren  Hälfte  des  letzten 
Umganges  eine  rötlichere  Färbung  und  die  Oberfläche  zeigt  mehr  oder  weniger  die 
„obscured,  revolving  lines",  Fig.  15,  aber  nicht  konstant.  Übergänge  nach  maura,  nach 
roseotincta.  nach   si77U(larhS   lassen   sich   nachweisen. 


Amastra  citrea,  Sykes,  1896. 
(Taf.  X,   Fig.  20.) 

Amastra  citrea,  Sykes,  Proc.  Malac.  Sog.  London,  11,   1896,  pag.  129,  No.  12. 

„  ,  „        Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  335,  No.  9,  PI.  XI,  Fig.  4. 

Sykes,  Proc.  Malac.  Soc,  1.  c. :  „Amastra  citrea."  —  „Testa  dextrorsa,  imperforata, 
ovato-fusiformis,  solidiuscula,  nitidula,  flavida,  suboblique  valde  striata,  apice  resinaceo,  acu- 
tulo;  anfr.  6,  plano-convexi,  primi  mediocriter  plicati,  ultimus  2,3  altitudinis  testae  aequans, 
epidermide  nigro-brunneo  leviter  indutus ;  sutura  impressa ;  apertura  ovato-lunata ;  columella 
contorta;   lamina  valida,   alba;   peristoma   simplex,   margine   dextro   recto,   acuto." 

„Long.    1 5,    diam.  max.  8  mm." 

„Hab.   —   Molokai   fHutchison,    Baldwin)." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  undurchbohrt,  ei-spindelförmig,  ziemlich  festschalig,  ziemlich 
glänzend,  strohgelb,  etwas  schief  und  deutlich  gestreift,  Apex  harzartig,  ziemlich  spitz;  Um- 
gänge 6,  flachgewölbt,  die  ersten  mäßig  gefaltet,  der  letzte  2/3  der  Gesamthöhe  des  Gehäuses 
gleich,  mit  schwarzbrauner  Epidermis  leicht  überzogen;  Naht  eingedrückt;  Mündung  ei- 
mondförmig;  Columella  gedreht;  Lamina  stark,  weiß;  Peristom  einfach,  Außenrand  gerade, 
scharf. 

Sykes  gibt  als  Kennzeichen  dieser  Art  die  strohgelbe  Färbung  und  das  gänzliche 
Fehlen  des  Periostrakums  —  ausgenommen  die  letzte  Windung,  auf  welcher  es  etwas  er- 
halten ist  —  an. 

Über  die  verwandtschaftliche  Stellung  sagt  Sykes,  Proc.  mal.  Soc.  1896,  pag.  130:  „In 
shape  it  recalls  A.  simularis,  Hartman,  but  is  slightly  more  ovate  and  shorter;  the  difference 
in  colour  will  at  once  separate  them.  The  plications  on  the  apices  of  the  two  species  are 
about   equally   marked." 

Sykes  gibt  keinen  bestimmten  Fundort  an;  das  mir  vorliegende  Material,  welches  ich 
zu  dieser  Form  ziehe,  ist  gesammelt  in  Moakea,  dem  östlichsten  Punkte  der  Insel,  von  dem 
das  Museum  Meyersches  Material  besitzt.  Fig.  20.  L^nter  der  ansehnlichen  Reihe  finden 
sich  Übergänge,  die  große  Ähnlichkeit  mit  A.  simularis  Hartm.  und  den  dazu  beschriebenen 
Farbenvarietäten  zeigen.    Vergl.  A.  simularis,  Hartm.  und  Varietäten. 

Wir  haben  hier  wiederum  einen  verwandten  Formenkreis,  dessen  einzelne  Formen  als 
Glieder  zu  der   Stammform  A^n.  simularis,    Hartm.   gehören. 


—     116     — 

Die   Übersicht  gestaltet   sich  nach   unserer   jetzigen   Kenntnis    folgendermaßen: 

Gehäuse  eiförmig-konisch;   Grundfarbe  braunrötlich 

Stammform.    Taf.  X,   Fig.  12.    A.  simularis,  Hartm. 

Gehäuse  mehr  eiförmig;   Färbung  mehr  rötlich 

Var.    Taf.  X,  Fig.  13.    Ä.  roseotincia,  Sykes. 

Gehäuse  gedrungen-bauchig;   Färbung   dunkelbraun 

Var.   Taf.  X,  Fig.  14.    A.  maura,  Ancey. 

Gehäuse  konisch-eiförmig;    Färbung   röthch,  untere  Hälfte  des  letzten  Umganges  dunkler  rot, 
dunkle   Zickzacklinien   und    Striche         "\'ar.    Taf.  X,   Fig.  13.    A.  semicarnea,  Sykes. 

Gehäuse   eiförmig-konisch ;    Färbung    strohgelb 

\a.v.    Taf.  X,   Fig.  20.    A.  citrea,   Sykes. 

Amastra  Mastersi,  New  comb.  1853. 
(Taf.  X,  Fig.  16  u.   18.) 

Achatinella  Mastersi,  Nevvc,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1M53,  pag.  153,  No.  67,  PI.  XXIV,  Fig.  67. 
,  ,  var.  from  Molokai,  Newcomb,  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1854,  pag.  310U.  ;?ii. 

Beschreibung  des  Tieres. 
Laminella  rubens,  Gould.  \'ar.  ß  =  .1.  Mastersi,  Newc,    Pfeiffer,    Malakozool.  Blätter,    Bd.  I,    1X54, 

pag.  129,  No.  54. 
„  Mastersi,  Pfeifter,  Malakozool.  Blätter,  Bd.  11,    1856,  pag.  165,  unter  6. 

Achatinelhi  ,  Newcomb,    Synopsis,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  New-York,  Vol.  VI,    Sept.    1.S5S, 

pag.  332,  No.    149. 
„  nibms,    Pfeiffer,    Var.  /?,    non    Gould.    Newcomb,    Synopsis,    Annais    Lyc.    Nat.    Hist. 

New-York,    Vol.  VI,    185S,    pag.   322,    unter  No.   149. 
Laminella         ,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of.   rec.  Mollusca,   Vol.  II,    1858,  pag.  138. 

„  „  Gould,  Var.  ,3.  Pfr.  =  A.  Mnsteri,  Newc,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859, 

pag.  552,  No.  141. 
Achatinella   Mastersi,  Reeve,   Elements  of  Concholoy\ ,  Vol.  I,    1860,  pag.  213,  No.  95. 

,  rubens,  „        Elements  of  Conchology.  Vol.  I,    1860,  pag.  214,  No.  149. 

Laminella         „  Var.  Mastersi,  v.  Martens,    Albers  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  250. 

„  ,  =  J.  Mastersi,  Pfeiffer,   Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,    1868,  pag.  180.  No.  157. 

Amastra  mastersii,  Pease,    Proc.  Zoo).  Soc.  London,    1869,  pag.  650,  Sect.  2. 

Laminella   Mastersi,  Bland  and  Binney,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  New-York,  Vol.  X,    1874,  Arte.  .\X.\, 
pag-  331,  333  u-  335-  PI-  XV,  Fig.  7,  Jaw.    PI.  XV,  Fig.  9,    10  u.  11.    Radula. 
rubens  =  A.  Mastersi,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  240,  No.  202. 
„  Mastersi,  Nevill,    Hand  List  of  Mollusca  in  the  Indian  Museum,    Calcutta,    Part   I,     1878, 

pag.   158,   No.   105. 
,  ,  rubens    var.,  Clessin,  Xom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  313,  No.  202  a. 

Amastra  „  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1888.  pag.  47. 

„  rubens.    var.  Pfr.,    syn.  =  A.  Mastersi,    Hartman.    Catalogue,    Proc.   Acad.    Nat.    Scienc. 

Philadelphia,    1S88,  pag.  47. 
Laminella  Mastersi,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.    II.  Abt,    1889,  pag.  273. 

Amastra  Mastersii,  Baldwin,  Catalogue  of  Hawaiian  Land- and  Freshwater  Shells,  Honolulu,  1893,  pag.  9. 
,         Mastersi,  Gwatkin,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1895,  pag.  239.     Radula. 
,        mastersi,   Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  339,  No.  32. 
„        rubens.  Pfr..  syn.  j4.  J/(/»/f)-*/,  Newc,  Sykes,  Fauna  ?*Ioll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  339,  No.  32. 


—     117     — 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1853,  I.e.:  „ÄchativeUa  Mastcrsi."  —  „A.  testa 
dextrorsa,  tenui,  conica;  anfractibus  7,  rotundatis,  supra  leviter  rugosis,  inferioribus  fortiter 
inflatis;  apice  acuto;  sutura  valde  impressa;  apertura  ovata;  labro  simplici;  columella  brevi, 
cum  plica  lamellari  tenui;  coloie  superbo  castaneo  vel  albo,  cum  vestigiis  epidermatis  tenuis 
fusco-nigris ;   intra  albo  vel  coeruleo-evanido." 

„Long.  16/20;  lat.  8/20  poll." 

„Hab.    Maui." 

Newcomb,  Synopsis,  1.  c:  „Animal  longer  than  the  Shell,  of  a  fine  flesh-color,  co- 
vered  with  granulations  tipped  with  carmine;  tentacles  and  anterior  superior  portion  of  the 
body  dark  brown  or  black;   motions  fearless  and   active." 

„A.  Mastersi   is   an  inhabitant   of   Molokai,   and  is   sparsely    found   on    Maui." 

Gould,  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,  1845,  ^'ol-  ^^,  J^n-  15,  pag.  27:  „Achatinella 
riibens."  —  „Testa  elongato-ovata,  crassa,  straminea,  antice  erubescente,  apice  castaneo;  anfr. 6, 
convexis,  sutura  impressa,  epidermide  fusco  hie  et  illic  obtectis ;  apertura  ovata,  labro  simplici 
intus   incrassato,   rosaceo,   fauce   alba,   plica   tenui;   imperforata." 

„Long,  s/i;   lat.  V5  poll." 

„Plabitat.  —  Sandvi^ich  Islands." 

Pfeiffer,  Malakozool.  Bl.,  Bd.  I,  1854,  I.e.:  „A.rnhens,  Gould.  Var.  ^.''  —  „Minor, 
unicolor  carnea  vel  fusco-earnea,  apice  rufo,  parte  inferiore  anfractus  ultimi  alba :  Achati- 
nella  Mastersii,   Newe."   1.  c. 

„Habitat  in  insula   Maui." 

Newcomb,  Synopsis,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  New-York,  1858,  pag.  314,  Nro.  27: 
,,A.  nihens,  Gould  =  Mastersii,  Pfr."  —  „Animal  dark  slate,  as  long  as  the  Shell,  ten- 
tacles black,  bottom  of  foot  and  mantle  brown." 

„Hab.  —  West  Mountains  of  Oahu." 

„The  animal  is  excessively  timid,  and  lives  burrowed  unter  leaves  and  other  decaying 
Vegetation." 

Newcomb.  Synopsis,  pag.  332,  Nro.  149.  Bemerkung  zu  A.  Mastersi,  Newc.  — 
„Compare  this  description"  —  Beschreibung  des  Tieres  von  Mastersi  —  ,,of  the  animal 
with  that  of  rubens  Gould,  and  add  that  the  one  is  an  inhabitant  of  bushes  (the  „Olona"), 
the  other  ahvays  burrowing,  and  we  shall  find  no  two  animals  of  the  genus  wider  apart 
than  these." 

Am.  Mastersi,  Newc.  —  Gehäuse  rechtsgewunden,  dünn,  konisch;  LImgänge  7,  ge- 
rundet, oben  leicht  rauh,  die  unteren  stark  aufgeblasen;  Apex  scharf;  Naht  stark  einge- 
drückt; Mündung  eiförmig;  Peristom  einfach;  Columella  breit,  mit  einem  lamellenförmigen 
dünnen  Zahne  besetzt;  Mündung  prächtig  kastanienbraun  oder  weiß,  mit  Spuren  einer 
dünnen,  braun-schwarzen  Epidermis;  innen  weiß   oder  blaß-bläulich. 

Vorkommen:  Newcomb,  Hartman  und  Baldwin  geben  Maui  als  Fundort  an,  Sykes 
auch  Molokai.  Das  Material,  von  Meyer  in  „Kalae"  und  „Kawela"  gesammelt,  ist,  nach 
Vergleich  mit  Maui-Exemplaren,  welche  ich  der  Güte  Baldwins  verdanke.  Am.  Mastersi, 
Newc.    Taf.  X,   Fig.  16  von   Kawela,   Fig.   18  von  Kalae. 

A.  rubens,  Gould  =  A.  Mastersi,  Newc.  soll  von  Oahu  stammen.  Folglich  ist  diese 
Art  über  „drei"    Inseln  verbreitet. 


—     118     — 

Amastra  mucronata.   New  comb,  1853. 
(Taf.  X,  Fig.  17.) 

AcJiatiiH'Ua   mucromila.  Nevvc,  Annais  L}c.  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  \1,  Mai   1853,  pag.  28,  No.  17. 

„  „  „         Proc.    Zool.    Soc.    London,    Dez.    13.,     1853,    pag.     146,    No.    49, 

PI.  XXIII.  Fig.  29. 
Laminella  ,  Pfeiffer,  Malakozool.  Blätter,  Bd.  I,   1854,  pag.  129,  No.  55. 

„  fusiformis,        „         Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,  1855,  pag.  5,  PI.  XXX,  Fig.  18. 

„  mucronata.        „  ^Malakozool.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  165,  unter  6. 

„  fusiformis,        „  Malakozool.  Blätter,  Bd.  11,   1856,  pag.  67,  No.  48. 

„  „  „  Malakozool.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  165,  unter  6. 

„  mucronata,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,   1858,  pag.  138. 

,  fusiformis,   H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,   1858,  pag.  138. 

AchatineUa  mucronata,  Newc,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Nat.  Hist.,  Newyork,  Vol.  VI,    Sept.   1858, 

pag.  330,  No.  136. 

„  fusiformis,       „         Synopsis,    Annais  Lyc.  Nat.   Hist.,  Newxork,  Vol.  VI,    Sept.    1858, 

pag.  321,  No.  64. 
Laminella  mucronata,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  553,  No.  141. 

,  fusiformis,         „  Mon.  Hei.  viv,  Bd.  IV,   1859,  pag.  550,  No.  135, 

AchatineUa  mucronata,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  214,  No.  103. 

„  fusiformis,       .         Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1860,  pag.  213,  No.  65. 

Laminella.    mucronata.   v.  Martens,    Albers  Heliceen,  II.  Aufl.   1860,  pag.  250. 

,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  180,  No.  160. 

„  fusiformis,        „         Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  180,  No.  151. 

Amastra  mucronata,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  650,  Sect.  2. 
Laminella  mucronata,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,    1877,  pag.  241,  No.  208. 

r,  fusiformis,         „         Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  240,  No.  196. 

,  mucronata,  Clessin,    Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  313,  No.  208. 

,  fusiformis,         „  Nom.  Hei.  viv.,    1881,  pag   313,  No.  196. 

A^nastra  mucronata,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Ac.  Nat.  Scienc.  Philadelphia.    1888,  pag.  47. 
Laminella  mucronata,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl  ,  II.  Abt.,    1889,  pag.  273. 

,  fusiformis,        „         Katalog,  4.  Aufl.,  II.  Abt.,   1889,  pag.  272. 

Amastra   mucronata.    Baldwin ,    Catalog    of    Hawaiian    Land-    and    Freshwater    Shells,     Honolulu, 

1893,   pag.  9. 
AchatineUa  fusiformis,  Pfr.,  is  Ach.  mucronata,  Newc,  Baldwin,  Catalogue,   1893,  pag.  22. 
Amastra  mucronata.  Sykes.    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  340,  No.  36. 

Laminella  fusiformis.    Pfr.    =    Ach.  mucronata,    Newc,    Sykes,     Fauna    Moll.    Hawaiiensis,     1900, 

pag.  340,  unter  No.  36. 

Newcomb,  Annais  Lyc.  New-York  1853,  I.e.:  „AchatUieUa  mucronata:'  —  ,,Testa 
dextrorsa,  elongato-ovata,  albida,  signis  mucronatis  numerosis  fuscis  ornata;  anfractibus  sex,, 
ventricosis;  ultimo  contracto,  epidermide  denso  fusco-nigro  induto;  sutura  superne  sub- 
impressa,  inferne  profunda;  apertura  parva,  ovata;  columella  contorta,  plicata:  labio  simplici." 

„Length  0.7  inch.    Breadth  0.32  inch." 

„Habitat.  —  Molokai." 

„Remarks.   —  The  A.  rubens   Gould   is  the  nearest  allied  species." 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1855,  I.e.:  „AchatineUa  fusiformis."  —  ,,A.  testa 
imperforata,    fusiformi  -  oblonga ,    tenuiuscula,   striatula,   saturate   fusca,   pallide   conspersa   et 


—    lli)    — 

oblique  lincolata ;  spira  com  cxo-conica,  apice  nigra,  acuta ;  sutura  simplice ;  anfr.  7,  vix 
convexiusculis,  ultimo  -/s  longitudinis  formante,  basi  attenuato;  apeitura  obliqua,  ellipsoidea; 
plica  columellari  levi,  conipressa,  subduplicata ;  perist.  simplice,  recto,  margine  dextro  regu- 
lariter   arcuato,    columellari   anguste   adnato." 

„Long.   14;   diam.  62':;  mm." 

„Hab.    In  insulis   Sandwich.    (Frick.)" 

Am.  mucronata,  Newc.  —  Gehäuse  rechtsgewunden,  länglich  eiförmig,  weißlich,  mit 
zahlreichen  spitzen  braunen  Zeichen  geschmückt;  Umgänge  6,  bauchig,  der  letzte  zusammen- 
gezogen, mit  einer  dichten  braunschwarzen  Epidermis  überzogen;  Naht  oben  schwach  ein- 
gedrückt,  unten  tief;    Mündung  klein,   eiförmig,  Columella  gedreht,  gefaltet;  Peristom  einfach. 

Pfeiffers  „fusiformis"  ist  nach  der  Diagnose  Amastra  mucronata,  Newcomb.  An 
der  letzten  eingezogenen  Windung,  daher  das  Gehäuse  fast  fusiform,  sowie  an  der  zier- 
lichen,  spitzigen  Zeichnung  der  Epidermis   ist  diese  Art  ziemlich  gut  zu  erkennen. 

Das  mir  zu  Gebote  stehende  Material  ist  in  „Kalae"  gesammelt.  An  derselben  Lo- 
kalität ist  auch  Mastersi,  Newcomb  gesammelt.  Unter  der  stattlichen  Zahl  von  Exemplaren 
von  ,, Kalae"  ist  ein  Ineinanderübergehen  der  beiden  Arten  ziemlich  deutlich  wahrzunehmen, 
die  zierliche  Zeichnung  der  typ.  mucronata  verschwindet  allmählich  und  geht  in  eine  mehr 
einfarbige  Epidermis  über.  Newcomb  selbst  sagt  bei  der  Beschreibung  der  mucronata: 
„The  Am.  rubens  Gould  ist  the  nearest  allied  species."  A.  ruhens,  Gould  ist  syn.  der  A. 
Mastersi  Newcomb.  Wir  haben  hier  wiederum  eine  Formenreihe,  welche  in  ihren  beiden 
Enden  zwei  Arten   darstellt,   die   aber   durch  Zwischenformen   ineinander   übergehen. 

Vorkommen:  Hartman  gibt  „Maui"  als  Fundort  an,  Newcomb,  Baldwin  und  Sykes 
geben  Molokai  an.  Das  Meyersche  Material  ist  in  Kalae  und  Kawela  gesammelt.  Das 
auf  Taf.  X,   Fig.   17   abgebildete   Exemplar   stammt  von   Kalae. 

Amastra   humilis,   Newcomb,    1855. 
(Taf.  X,  Fig.  21.) 

Achatinella  humilis,  Newc,    Annais    Lyc.    Nat.    Hist.    Newyork ,    Vol.  VI,    No.  5,    Oktober    1855, 

pag.    143,   No.  2. 
„  „  „         Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,  No.  13,    1855,  pag.  207, 

No.   5. 
Laminella  „        Pfeiffer,  Malakozool.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  165,  unter  6. 

AchatineUii        ,        Newcomb,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,    Vol.  VI,    Sept.   1858, 

pag.  334,   No.  164. 
Laminella,  ,        Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  552,  No.  143. 

„  ,        V.  Martens,  Albers  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  251,  Bemerk.  3. 

Achatinella        „        Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.  81. 

,  „        Newcomb,    Amer.  Journ.  of  Conchology,    Philadelphia,  Vol.  II,    1866,  pag.  211, 

PI.  XIII,  Fig.  4. 
Laminella  „        Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  180,  No.  159. 

Amastra  „        Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  650,  Sect.  2. 

Laminella  „        Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  241,  No.  207. 

n  „        Clessin,    Nom.  Hei.  viv.   1881,   pag.  313,  No.  207. 

Amastra  „        Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  46. 


~     1 20     — 

LamineUa    liiiiiiilis,   Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.   II.  Abt.,    1889,  pag.  272. 

Amastra  ,  Baldwin,  Catalogue  Hawaiian  Land- and  Freshwater  Shells,  Honolulu,  1Ö93,  pag.y. 

„  ,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis.   1900,  pag.  337,  No.  23. 

Newcomb,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.,  iSs^,  \.  c:  „Achatinella  Jmmilis:'  —  ,,A.  testa 
clongata,  conica,  longitudinaliter  rüde  striata;  anfr.  7  superne  rotundatis,  in  medio  sub-planis : 
ultimo  superne  obscure  carinato ;  sutura  profunda,  simplici ;  apice  acuto ;  apertura  sub-rotunda : 
labro  acuto,  intus  incrassato;  columella  complanata,  plica  crassa  instructa ;  colore  testae 
rubro-flavido,  epidermide  dense  nigra  obtecto;  columella  et  labri  exterioris  margine  pro- 
fundo,  intus  nigrof uscis ;   apertura  intus   coeruleo-alba.'' 

„Long.    14/20;   lat.   7/20  poll." 

„Habitat.    —   Kalai.    Molokai.     On  the  ground,   under   low  bushes."' 

Am.  humilis,  Newc.  —  Gehäuse  verlängert,  konisch,  der  Länge  nach  rauh  gestreift; 
Umgänge  7,  oben  gerundet,  in  der  Mitte  etwas  flach;  der  letzte  oben  undeutlich  gekielt; 
Naht  tief,  einfach;  Apex  spitz;  Mündung  fast  rund;  Mundsaum  scharf,  innen  verdickt;  Co- 
lumella eben,  mit  einem  dicken  Zahne  besetzt;  Farbe  des  Gehäuses  rot-gelblich,  mit  einer 
schwarzen  Epidermis  dicht  bedeckt;  Columella  und  der  äußere  Mundsaum  innen  ziemlich 
tief   schwarzbraun;    Mündung    innen    bläulichweiß. 

Long.    16 — 18,    diam.   82 3  mm.    Ap.   7  mm  longa,   41  i   lata. 

Newcombs  Fundort  ,, Kalai"  Molokai,  Annais  Lyc.  New-York,  1.  c.  wird  ,,Kalae"  sein. 
Sykes  gibt  als  Fundort  ,,Makakupaia"  an.  Mir  liegt  diese  Art  in  einer  kleinen  Serie  von 
„Kamalo"  vor,  woselbst  sie  von  Meyer  gesammelt  wurde.  Taf.  X,  Fig.  21  ist  nach  einem 
Exemplare  von  Kamalo  gezeichnet. 

Amastra   modesta,   C.  B.  Adam.s,    18ö0. 
(Taf.  X,  Fig.  19.) 

Achatinella  modesta,  C  B.  Adams,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  V,  21.  Okt.  1850,  pag.  44. 
i  ,  „  „  Contributions  to  Conchology,  No.  8,  Newyork,   1851,  pag.  128. 

,  .  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  III,    1853,  pag.  457,  No.  13. 

LamineUa  ,  „         Malakozool.  Blätter,  L  Jahrgang   1854,  pag.  129,  No.  56. 

^  ,  ,  Malakozool.  Blätter,  II.  Jahrgang   1856,  pag.  165,  unter  6. 

„  ,  H.  U.A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,    1858,  pag.  138. 

Achatinella        „  Newcomb,    Synopsis,   Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,    Vol.  VI,    Sept.   1858, 

pag.  319,  N0.49. 
LamineUa  „         Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.   Bd.  IV,   1859,  pag.  S53-  No.  145. 

Achatinella  riistica,    Gulick  et  var.  min.  A.  pumila,    Gulick   als   synon.  zu  modesta,    Pfeiffer,    Mon. 
Hei.  viv.  Vol.  IV,    1859,  pag.  553,  unter  No.  145.     (Woher  hat  Pfr.  das  Zitat  .=) 
Die  Diagnose  von  rustica,   1873,  s.  unten. 
LamineUa  modesta,    v.  Martens.  Albers  Heliceen,  II.  Aufl.    1860,  pag.  230. 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,    1868,  pag.  180,  No.  161.    (Darunter  als  synon.: 
A.  rustica,  Gul.,  u.  A.  pumila,  Gul.) 
Amastra  ,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  650,  Sect.  2 

„  rustica,  Gulick,    Proc.  Zool.  Soc,   London,     Jan.  7.,    1873,    pag.  84,    PI.  X,    Fig.    17. 

Abbildung  sehr  mäßig. 


—     121     — 

LamineUa  modesta,  Pfeiffer,    Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VlII,   1877,   pag.  241,    No.  209.     Syn.:    A.  pumila, 

Gul.  unter  No.  209. 
„  rustica,  „         Mon.  Hei.  viv.    Bd.  VIII,    1877,    pag.  242,    No.  212.     (Affinis  A.  affini, 

Newc,  Pfr.) 
,  modesta,  Clessin,   Nomenciator  Hei.  viv.  1881,  pag.313,  No.  209.  Syn.:  A.  pumila,  Gulick. 

,  rustirii,  „  Nom.  Hei.  viv.,   1881,  pag.  314,  No.  212. 

Amastni  modesta,  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  49. 

„  rustica,  ,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1S88,  pag.  49.   Hartm. 

hält  rustica  für  eine  Var.  von  A.  variegata,  Pfr. 
Laminella  modesta,  Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.   1889,  pag.  273. 
,  rustica,        „  Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.    1889,  pag.  275. 

Amastra   modesta,  Baldwin,  Catalogue  Hawaiian  Land- and  Freshwater  Shells,  Honolulu,   1893,  pag.  9. 
rustica,   Gul.  =  A.  affinis,  Newc,  Baldwin,  Catalogue,    1893,  pag.  23. 
,  modesta,  Sykes,  Fauna  Moll.  Ilawaiiensis,   1900,  pag.  339,  No.  34.     Syn.:  A.  pumila,  Gul. 

„  rustica,   Gul.  =  A.  affinis,  Newc,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  333,  No.  i. 

C.  B.  Adams,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  New-York,  Vol.  V,  1850,  pag.  44  und  Contri- 
butions  Nro.  8,  1851,  pag.  128:  „Achatinella  modesta."  —  „Shell  rather  thick  and  short, 
ovate-conic :  dingy  reddish  or  ash-brown;  more  or  less  covered  with  a  dingy  dark  brown 
epidermis :  with  fine  irregulär  transverse  Striae,  which  are  coarser  on  the  upper  whorls; 
without  Spiral  Striae :  apex  subacute :  spire  short,  with  the  outlines  quite  curvilinear :  whorls 
six,  moderately  convex,  with  a  well  impressed  suture ;  last  whorl  rather  ventricose :  aperture 
ovate,  somewhat  acute  above ;  lip  sharp,  not  expanded,  moderately  thickened  within ;  colu- 
mellar  fold  well  developed,  quite  oblique." 

„Mean  divergence  50";  Icngth  .  54  inch ;  brcadth  .  30  inch;  length  of  aperture  .  26  inch." 

„The  corresponding  dimensions  of  another  specimen  are  —  47";  .55  inch;  .  29  inch; 
.  24  inch." 

„Habitat,    Sandwich    Islands." 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  III,  1853,  pag.  457,  Nro.  13:  ,A.  modesta,  Adams." 
—  „Testa  crassiuscula,  brevis,  ovato-conica,  irregulariter  et  subtiliter  striata,  sordide  rubella 
vel  cinereo-fusca,  epidermide  saturate  brunnea  magis  minusve  obtecta ;  apex  subacutus ;  spira 
brevis,  curvilinearis;  anfr.  6  modice  convexi,  sutura  bcne  impressa  juncti,  ultimus  subventri- 
cosus;  apertura  ovalis,  superne  acutiuscula;  labrum  acutum,  non  expansum,  intus  modice 
incrassatum;  plica  columellaris   perfecta;   penitus   obliqua." 

„Diverg.  media   50%   long.  0,54,   lat.  0,30,  long,  apert.  0,26."    (Ad.) 

„Habitat  in  insulis   Sandwich." 

Gulick,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1873,  pag.  84:  „Amastra  rustica."  —  „Testa  dex- 
trorsa,  imperforata,  ovato-conica,  incrementi  lineis  leviter  striata,  sub  epidermide  olivacea, 
dilutissime  rubescens ;  anfract.  6,  convexiusculi,  primi  2  fortiter,  tertiusque  levius  sulcati ; 
sutura  Simplex,  parum  profunda;  apertura  parva,  spiram  non  aequans,  subrubescens;  perist. 
arcuatum,  tenue;  columella  brevis,  plica  inconspicua  munita,  labro  callo  pertenui  juncta." 

„Long.  141/2  mm,  diam.  71/3." 

,, Station.    On  the  ground." 

„Habitat.    Kula,  on   East  Maui." 

Zoologica.    Heft  48.  16 


-     122     — 

„Affinities.  It  is  allied  to  Am.  affinis,  Newc,  but  is  readily  distinguished  by  its  con- 
vex  spire." 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1853,  pag.  142,  Nro.  35  :  „AchatineUa  affinis." 
■ —  „A.  testa  acute  conica;  anfractibus  6,  rotundatis  non  marginatis ;  sutura  bene  impressa; 
apertura  ovata;  labro  tenui;  columella  cum  dente  lamellari  albo  plicato;  colore  albo,  roseo 
vel  rubro-flavo  cum  vestigiis  epidermatis  fusco-nigrae ;   ultimo  anfractu  superioribus  pallidiore." 

„Long.   12/20;   lat.   53/4/20  poll." 

„Hab.    Kula,  East  Maui." 

Am.  modesta,  Adams.  —  Gehäuse  ziemlich  dick,  kurz,  eiförmig -konisch,  unregel- 
mäßig und  fein  gestreift,  schmutzig  rötlich  oder  graubraun,  mit  einer  sattbraunen  Epidermis 
mehr  oder  weniger  bedeckt ;  Apex  ziemlich  spitz ;  Spira  kurz,  gekrümmt  liniiert ;  l' mgängc  6, 
mäßig  gewölbt,  Naht  deutlich  eingedrückt,  der  letzte  Umgang  ziemlich  bauchig ;  Mündung 
oval,  oben  ziemlich  spitz;  Peristom  scharf,  nicht  erweitert,  innen  mäßig  verdickt ;  Columellar- 
falte  vollkommen,  völlig  schief. 

Die  Synonymik  dieser  Art  liegt  ziemlich  im  argen.  Pfeiffer  zieht  zu  modesta,  Adams, 
rustica,  Gulick  als  synonym.  1.  c.  Nach  den  Diagnosen  jedenfalls  mit  Recht.  Die  Gulick- 
sche  ziemlich  mäßige  Abbildung  hat  große  Ähnlichkeit  mit  Newcombs  affinis,  Proc.  Taf.  23, 
Fig.  35.  Guhck  selbst  stellt  rustica  als  nahe  verwandt  zu  affinis.  Hartman  hält  rustica 
sogar  für  eine  Var.  von  variegata,  Pfr.  von  Oahu,  und  Smith  zieht  rustica  zu  seiner  coni- 
fera.  Nach  den  Exemplaren  der  rustica  in  der  Hartmanschen  Sammlung  ist  dieselbe  nur 
eine  geringe  Varietät  der  modesta.  Ich  folge  einstweilen  dem  Beispiele  der  älteren  Autoren 
und  stelle  rustica  als  synonym  zu  modesta  und  habe  die  sehr  nahe  verwandte  affinis  mit 
der   Originaldiagnose  angefügt,   s.  oben. 

Die  Form,  welche  ich  zu  modesta,  Adams  rechne,  liegt  mir  vor  von  ,,Kawela"  und 
von  „Kamalo".    Fig.  19  auf  Taf.  X  stellt  ein  Exemplar  von   „Kawela"   dar. 

Amastra  petricola,  Newcomb,  1855. 
(Taf.  X,  Fig.  22.) 

AchatineUa  petricola,  Newcomb,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  VI,  No.  5,  1855,  pag.  143,  N0.3. 
,  ,  „  Pfeiffer,    Proc.  Zool.  Soc.    London,    Part  XXIII,     Nov.    13.    1855, 

pag.   208,    No.  6. 
Laminella    umhUlcutu,  Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,  Nov.  13.  1855,  pag.  205,  No.  15. 
,  petricola,  „  Malakozool.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  165,  unter  6. 

„  vmhilicata,       „  Malakozool.  Blätter,  Bd.  II,    1856,  pag.  165,  unter  6. 

AchatineUa  petricola,  Newcomb,    Synopsis,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  Newyork,  Vol.  VI,  Sept.    1858, 

pag.  334,  No.  165. 
,  iimhiUcata,  Pfr.,  syn.:  A.  petricola,  Newc,  Ncw^comb,  Synopsis,   Annais  Lyc.  Nat.  Hist. 

Newyork,  Vol   VI,  Sept.   1858,  pag.  334,  unter  No.  165. 
Laminella  petricola,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  558,  No.  163. 
„  umlilicata,     ,  ]\Ion.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   1859,  pag.  557,  No.  161. 

AchatineUa  petricola,   Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1860,  pag.  214,  No.  127. 
,  umbilicata.     „       Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1860,  pag.  214,  \o.  182. 

„  petricola,  Newcomb,  American  Journ.  Conchology,  Vol.  [T,  Part  3,  Juli  i.  1866,  pag.  211, 

No.  6.     PI.  XIII,  Fig.  6. 


~    12:-}    — 

AchaüncUa  pciricola,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.  181,  No.  181. 

„  umhiliraia   =  A.  petricola,  var.  Newc,    Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.   Bd.  VI,   1868,  pag.  181, 

No.   179. 
Aniastra  iictricola,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  650,  Sect.  3. 

Laminella       „  Newc,    cum    var.    umbilicata ,    Ffr.,    Pfeiffer,    Mon.    Hei.    viv.    Bd.  VIII,     1877, 

pag.  244,    No.  235. 
„  vivhilicaia.  Ffr.  =  A.  petricola,    var.    Newc,    Pfeiffer,    I\Ion.    Hei.    viv.    Bd.   VIII,     1877, 

pag.   243,    No.   232. 
,  petricola,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  314,  No.  235. 

,  iimbilicaia,      „        Nom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  314,  No.  232.     Dazu    als    syn.:    A.  petricola, 

var.  Newc. 
Anuisfra  jiefr'icuhi^  Hartman,   Catalogue,   Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.   Philadelphia,    1888,   pag.  48. 

„  Kiiihiliciitd,      „  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,    1888,    pag.   50,    PI.   I, 

Fig.   II.    Als  Syn.  dazu  Lam.  petricola,  Newc.  var. 
Laminella  petricola,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.  IL  Abt.,   1889,  pag.  274. 
„  umbilicata,     „        Katalog,  4.  Aufl.  IL  Abt ,    1889,  pag.  276. 

Amastra  petricola,  Baldwin,  Catalogue    Hawaiian    Land-    and    PVeshwater    Shells,    Honolulu,     1893, 

pag.  9.     (Baldwin  schreibt:   „A.  petricolor".) 
,  umbilicata,       ,         Catalogue,   1893,  pag.  10, 

,         petricola,  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  341,  No.  43. 

„         umbilicata  =  A.  petricola,    Newc.    Sykes,    Fauna    Moll.    Hawaiiensis,     1900,    pag.    341, 
unter  No.  43. 

Newcomb,  Annais  Lyc.  Nat.  Hist.  1.  c. :  „Achatinella  petricola."  —  „A.  testa  dex- 
trorsa,  acuto-conica,  longitudinaliter  rüde  striata;  anfr.  6,  rotundis,  ultimo  saepe  inflato ;  su- 
tura  simplici,  impressa;  apertura  rotundo-ovata;  labro  acuto,  intus  sub-incrassata;  columella 
longiori,  plica  revolvente  sub-centrali  instructa;  saepe  umbilicata;  colore  fusco-corneo;  labro 
externo   et   columellari   externe   albo   vel   flavido   evanide  marginatis." 

„Long.   10/20;   lat.  4/20  poll." 

,,Habitat.   —   Molokai,    on   the   rocky  sides  of  a   Pali  or  precipice." 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  1855,  1.  c. :  „A.  umbilicata."  —  „A.  testa  angustissime  sed 
aperte  umbilicata,  dextrorsa,  ovato-conica,  tenuis,  striata,  opaca,  fusca;  spira  concaviusculo- 
conica,  apice  acuta;  anfr.  6  vix  convexiusculis,  ultimo  spira  paulo  breviore,  basi  angulato; 
apertura  elliptica,  utrinque  angulata;  plica  columellaris  compressa,  profunda,  subtransversa ; 
perist.  simplice,   acuto,   margine  columellari   subdilatato,   omnine   libero." 

„Long.   loio,    diam.   52/3  mm.    Ap.   5  mm  longa,   3   lata." 

„Habitat   in   insula   Oahu.    (Frick.)" 

Amastra  petricola.  —  Gehäuse  rechtsgewunden,  scharf  konisch,  der  Länge  nach 
rauh  gestreift,  Umgänge  6,  gerundet,  der  letzte  oft  aufgeblasen;  Naht  einfach,  eingedrückt; 
Mündung  rundlich-eiförmig;  Peristom  scharf,  innen  schwach  verdickt;  Columella  mit  einem 
länglichen,  unter  der  Mitte  sich  befindlichen,  zurückrollenden  Zahne  befestigt;  oft  genabelt; 
Färbung  bräunlich-hornfarben ;  JMundrand  und  Columellarrand  weiß  oder  blaß-gelblich  ge- 
säumt. 

Die  kleinste  und  zierlichste  Art  der  Amastra-Gvuppe  von  Molokai,  petricola,  Newc. 
=  umbilicata,  Pfr.,   kommt  nach   Baldwin   in  „Mapulehu",    Molokai,   vor.     Das    Material 


—     124     — 

der  Meyerschen  Ausbeute,  welches  zu  dieser  Art  gehört,  ist   in  „Kamalo"   gesammelt  wor- 
den.   Fig.  22   auf  Taf.  X  gibt   eine  Abbildung    eines    Kamalo-Exemplares. 


Amastra  elongata,  Newcomb,  1853. 
(Taf.  X,   Fig.  24.) 

Achatinella  clongala,  Newc,  Ann.  Lyc.   Newyork  Nat.  Hist.  Vol.  VJ,  Mai  I853,  pag.  26,  No.  I4. 

„  acuta,  „  non  acuta  Swains.,    Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  XX[,    Dez.   I853, 

pag.   142,   No.  36. 

Die  Abbildung    auf  PI.  XXIII,    Fig.  36    ist  von  A.  soror,   Newc.      Newc.  korrigiert    selbst    den  Fehler 

in  seiner  Synopsis  pag.  328,   No.  I25.     „The  Figure  (plate  23,  Fig.  36)  in  the  Zoological  Proceedings  is  not 

of  this  Shell,  but  is  inade  from  A.  soror,  and  is  the  same  as  Fig.  38  of  the  same  plate.     A.  acuta  is  longer, 

and  not  so  wide  as  this  species." 

Newcombia   elongata,  Ffr.,  Mal.  Blätter,  Bd.  I,   I854,  pag.  llg,  No.  I4. 
Laminella   acuta.  Ffr.,  Mal.  Blätter,  Bd.  I,   I854,  pag.  I27,  No.  44. 

„  „  „       Mal.  Blätter,  Bd.  II,   I856,  pag.  I65. 

Newcombia  elongata,  Pfn,  Mal.  Blätter,  Bd.  II,   I856,  pag.  I65. 

Acliatinella  „  =  acuta,  Newc,    Synopsis;    Ann.  Lyc.  Newyork,    Nat.  Hist.     Vol.  VI,     I858, 

pag.  328,  No.  I25. 
Newc.  selbst  stellt   seine  acuta  als  synonym  zu  elongata.     „The  two  names  for  this  species  grew  out 
of  a  change  made  by  my  friends  in  Newyork    upon  the   publication  of  my  paper,    to  avoid  the  repetition 
of  a  name  used  by  Swainson." 

„Believing  that  the  cause  of  science  would  be  subserved  by  illustrations  of  this  with  other  species, 
J  furnished,  with  some  revision  of  the  descriptions,  a  manuscript  for  the  Zoological  Society  of  London. 
The  great  distance  of  the  Sandwich  Islands  prevented  all  corrections  in  the  copy  or  proofs,  hence  the 
double  name  to  the  same  species." 

Laminella  acuta,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Mollusca,  Vol.  II,   1858,  pag.  I38. 

Newcombia   elongata,  H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  recent  Mollusca,  Vol.  II,   I858,  pag.  I39. 

Laminella  acvta,  Pfr.,   Mon.  Hei.  viv.  Vol.  IV,   I859,  pag.  548,  No.  I26. 

Newcombia  elongata,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Vol.  IV,   I8S9,  pag.  562,  No.  I77. 

Achatinella   acuta,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   I860,  pag.  2I3,  No.  2. 

Helicter  Hutchinsonii,  Pease,  Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  30,   I862,  pag.  7. 

Laminella  elongata  =  acuta,  Ffr.,  Mon.  Hei.  viv.  Vol.  VI,  1868,  pag.  I79,  No.  I40. 

,  Rutchinsonii,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Vol.  VI,  1868,  pag.  I80,  No.  I7I. 

Newcombia  hutvhinsonii,  Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  42,   I869,  pag.  649. 
Amastra  elongata,   Pease,    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  42,   I869,  pag.  650. 
Laminella,     „  =  acuta.  Ffr.,    Mon.  Hei.  viv.   Vol.  VIII,   I877,  pag.  238,  No.  I82. 

„  Hutchinsonü,  Pfr.,    Mon.  Hei.  viv.  Vol.  VIII,   I877,  pag.  243,  No.  224. 

„  elongata,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  3 1 2,  No.  I82. 

„  Hutchinsonü,   „        Nom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  3I4,  No.  224. 

Amastra  elongata   =  acuta  =  Hutchinsonü,    Hartman,    Catalog,    Proc.  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia, 

1888,    pag.  45. 
Laminella  elongata,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.    I889,  II.  Abt.  pag.  27I. 

„  Hutcliinsonü,  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.   I889,  II.  Abt.  pag.  272. 

Amastra  elongata  =  acuta,  Baldwin,    Catalogue,   I893,  pag.  9  u.  2I. 
„  Hutchinsonü,  Baldwin,  Catalogue,   I893,  pag.  9. 

„  villosa,  Sykes,  Proc.  Ma'.ac.  Soc.  London,   \^ol.  II,  Part   3,   I896,  pag.  I29,  No.  11. 

Laminella  elongata  =  acuta,  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   I900,  pag.  349,  No.  73. 


—     125     — 

Laminella  hiitchinsonii,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   I900,  pag.  350,  l\'o.  79. 

„  rillosa,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   I900,  pag.  352,  No.  88.     PI.  XI,  Fig.  24. 

Newcomb,  Annais,  1.  c. :  „AchatineUa  cJongata."  —  „Testa  sinistrorsa,  acuto-turri- 
fonni,  longitudinaliter  distincte  striata,  epidermide  fusca;  anfractibus  Septem  ventricosis; 
sutura  profunda,   simplici;    apertura  ovata;    columella   plicata;   labio   simplici." 

„Length  0.5  inch.    Breadth  0.22   inch." 

„Habitat.  —  Oahu." 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c. :  „AchatineUa  acuta."  —  „A.  testa  acute  turriformi, 
sinistrorsa;  anfractibus  7,  ventricosis,  sutura  profunda;  columella  plicata;  apertura  ovata; 
labro   simplici,   striis   numerosis   longitudinalibus   et  bene   notatis ;    colore   cuticulae   fusco." 

„Long.    10/20;    lat.   4V2/20  poll." 

„Hab.  —  Lehui,   Oahu." 

PI.  XXIII,   Fig.  36   ist   A.  soror,   Newc,   vergl.   Bem.   oben. 

Pease,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c. :  „Helicter  Hutchinsonii."  —  „H.  testa  acuminato-tur- 
rita,  sinistrorsa,  imperforata ;  anfractibus  Septem,  plano-convexis,  longitudinaliter  rugosis  et 
irregulariter  striatis,  non  marginatis ;  sutura  bene  impressa,  subrudi ;  apertura  ovata ;  colu- 
mella subplicata  tortuosa ;  epidermide  fictili-brunnea  induta,  apice  fusco ;  apertura  et  colu- 
mella  peralbidis." 

„Hab.    Maui,    Sandwich    Islands." 

Die  Größenangaben  fehlen   bei   Peases   Diagnose. 

Sykes,  Proc.  Malac.  Soc.  1.  c. :  „Amastra  villosa."  —  ,, Testa  elongato-turrita,  sini- 
strorsa, subimperforata,  crassula,  pallide-cornea,  epidermide  brunneo  induta;  anfr.  7 — 7V2, 
convexi,  longitudinaliter  et  irregulariter  valde  striati;  sutura  bene  impressa;  apertura  lunata, 
fere    recta;    peristoma    rectum,    acutum,    albidum;   lamina   colimiellaris   parva." 

„Long.   20,  lat.  7  mm." 

„Hab.  —  Molokai." 

Amastra  elongata.  —  Gehäuse  länglich-turmförmig,  linksgewunden,  kaum  genabelt, 
kräftig,  mit  einer  erdbraunen  Epidermis,  die  sich  stellenweise  leicht  ablöst,  bedeckt ;  \Jm- 
gänge  7,  schwach-konvex,  deutlich  unregelmäßig  längsgestreift,  fast  gerippt;  Naht  ziemlich 
tief;  Mündung  eiförmig;  Columella  leicht  gedreht,  mit  einer  schwachen  Falte  versehen; 
Mundsaum  gerade,  scharf,  nicht   verdickt;   Mündung  und   Columella  weißlich. 

Länge  des  Gehäuses   20  mm.   Breite   7  mm. 

Diese   Art   ist   bezüglich   der   Größe,   der    Form    und    des    Kolorits    ziemlich    konstant. 

Vorkommen  auf  Molokai:  Waialua,  ziemlich  im  äußersten  Osten.  Meyer,  Kalae, 
bezeichnet  sie  als   „ground  shell". 

Die  Diagnosen  dieser,  unter  vier  verschiedenen  Namen  beschriebenen  Art  decken 
sich   vollständig. 

Diese  Art  ist  nach  Angabe  der  Autoren  über  drei  Inseln,  Oahu,  Maui  und  Molokai, 
verbreitet. 


—     126     — 

Newcomb  gibt  für  elongata  Insel  Oahu  an,  für  acuta  Lehui,  Insel  Oahu;  Pease  für 
Huichinsonii  Insel  Maui;  Baldwin  für  elongata  Wainae  Mts.,  Insel  Oahu,  für  Ilutchin- 
sonii  Makawao  und  Kula,  Insel  Maui.  Exemplare  von  Hutchinsonii  in  der  Hartman- 
schen Sammlung  aus  der  Hand  Baldwins  tragen  als  Fundort  Makawao,  Maui,  und  stimmen 
absolut   mit    Molokai-Exemplaren   überein;    Sykes   gibt   für   villosa   Insel   Molokai   an. 

Nachträglich  erhalte  ich  selbst  aus  der  Hand  Baldwins  eine  stattliche  Serie  von 
Amastra  Hutchinsonii,  Pease,  von  Maui,  welche  meine  Ansicht  nur  noch  bestärken.  Die 
Maui-Art   ist  vollständig  identisch  mit  der   Molokai-Art. 

Eine  höchst  interessante  Art,  leider  auch  von  Newcomb  doppelt  beschrieben,  als 
A.  moesta,  Proc.  zool.  Soc.  1853,  pag.  157,  Nro.  jj,  PI.  XXIV,  Fig.  jj,  und  als  obscura, 
Proc.  zool.  Soc.  1853,  Nro.  78,  pag.  157,  PI.  XXIV,  Fig.  78,  stammt  von  der  Insel  Lanai 
und  ist  rechtsgewunden,  sonst  hat  sie  die  größte  Ähnlichkeit  mit  elongata,  Newc.  Selbst 
Pease  schreibt  bei  der  Beschreibung  seiner  A.  Hutchinsonii,  Proc.  zool.  Soc.  1.  c.  pag.  7: 
„This  Shell  —  Flutchinsonii  —  appears  to  be  the  analogue  of  A.  obscura,  Newc.  from  the 
Island  of  Lanai."  Die  Art  ist  etwas  gedrungener  als  elongata  und  nicht  so  deutlich  längs- 
gestreift wie  letztere.  Die  Diagnose  dieser  Art  läßt  sich  —  mit  Ausnahme  des  Ausdrucks 
„testa  dextrorsa"   —   auch  auf  elongata  anwenden. 

Würde  man  diese  rechtsgewundene  Form  auch  noch  zu  obiger  Art  hinzuziehen,  — 
was  meiner  Meinung  nach  ohne  Bedenken  geschehen  könnte,  —  so  würde  sich  das  Ver- 
breitungsgebiet dieser  Art  über  die  \icr  ziemlich  nahe  einander  gelegenen   Inseln  erstrecken. 

Taf.  X,  Fig.  24  gibt  eine  Abbildung  von  A.  elongata,  Newc.  von  Waialua,  daneben 
Fig.  23  die  Abbildung  der  A.  7noesta,  Newc.  von  Lanai. 

Aus  dem   obigen   würde   sich   dann   folgende   Übersichtstabelle  ergeben : 

Amastra  elongata,   Newc. 

Oahu.  Maui.  Molokai.  Lanai. 

A.  elongata,   Newc.    =    A.  Hutchinsonii,  Pease    =    A.  villosa,   Sykes    =    A.  moesta,  Newc. 
=  A.   acuta,   Newc.  =  A.   obscin-a,  Newc. 


linksgewunden.  rechtsgewunden. 

Genus:    Leptachatina,  Gould,    1847. 
Gould,    Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.  Vol.  IT,   I845  — 1848.     January  20,   lf<4~,    pag.  20I. 

„The  clear,  delicate  species  like  this,  with  the  mere  semblance  of  a  columellar  fold, 
may  properly  constitute  a  distinct  group,  to  which  the  name  ,, Leptachatina"  Uenrog  and 
Achatina)  might  be  given." 

Pfeiffer,  Mon.  Fiel,  viv.,  Bd.  IV,  1859,  pag.  563,  §  9:  „Leptachatina."  —  ,,Testa 
ovato-oblonga  vel  turrita,  fere  semper  dextrorsa,  tenuis,  vitrea,  pellucida;  plica  columellaris 
debilis,    saepe   Achatinarum    columellae   truncatae  similis ;  peristoma  simplex,  acutum,  rectum." 

Gehäuse  eiförmig-länglich  oder  getürmt,  fast  immer  rechtsgewunden,  dünn,  glasartig, 
durchsichtig.  Spindelfalte  schwach  ausgebildet,  oft  der  abgestutzten  Columella  der  Achatinen 
ähnlich.    Mundsaum   einfach,   scharf,   geradeaus. 


Dahin  gehören: 


—     127     — 
Typus:    Leptachatina  nitida,    New  comb. 


Leptachatina  nitida,   Newcomb,    1853. 
(Taf.  IX,   Fig.  9   u.  ga.) 


Achatinella   nitii/a,  Newcomb,  Annais  Lyc.  Newyorli  Nat.   Hist.  Vol.  VI,  Mai   1853,  pag.  29,  No.  20. 
„  t  „  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1853,  pag.   I40,  No.  30,  PI.  XXIII,  Fig.  30. 

Bem. :  Die  Abbildung  Fig.  30  stimmt  niclit  mit  der  Diagnose  überein, 

W'aiirscheinlich  liegt  eine  Verwechslung  vor  und  Fig.  46  gehört  hierher. 

Leptachafina   nifidu,   Pfeiffer,  Malak.  Bl.,  Bd.  I,  I854,  pag.   I44,  No.   II9.     Vergl.  auch  Bem.  unter 

No.   II9  bezüglich  Verwechslung  der  Abbildungen. 
Mal.  Bl.,  Bd.  II,   I856,  pag.   I66,  unter  No.  8. 
Achatinella   cri/siallina,  Gulick,  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  hist.  Vol.  VI,   I856,  pag.   186,  No.   I4. 

PI.   VI,  Fig.  I4.     Die  Abbildung  ist  absolut  unbrauchbar. 
Leptachatina  nitida,    H.  u.  A.  Adams,  The  Genera  of  rec.  Moll.,  Vol.  II,  London,   I858,  pag.  I39. 
Achatinella   cystallina,    Pfeiffer,  Malak.  BL,  Bd.   5,   I858,  pag.   203,  No.   I4. 
„  fumida,  „       Malak.  Bl.  Bd.    5,    I858,  pag.  20I,  No.  9. 

,  nitida,    Newcomb,    Synopsis,    Annais    Lyc.    Newyork,    Nat.    hist.,    Vol.    VI,    I858, 

pag.   327,  No.   119. 
,  crystallina,  Newcomb,  Synopsis,  1.  c   pag.  327,  unter  No.  II9.  crystallina  syn.  von  nitida. 

Leptachatina  nitida,        Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   I859,  pag.   566,  No.   I93. 
Achatinella     fumida,        Gulick,    Pfeiffer,    Mon.    Hei.    viv.,    Bd.  IV,   I859,    pag.   566,    unter  No.   I93. 
Pfeiffer  stellt  Gulicks   , fumida",  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI, 
I856,    pag.    181,    No.  9.,  PI.  VI,   Fig.    9   —   Abbildung   unbrauchbar   —    als 
Var    ß.  Minor  fuscescens  zu  nitida. 
„  nitida,     Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   I860,  pag.   2I4,  No.  109. 

Leptachatina  nitida,     von  Martens,    Albers  Heliceen,   2.  Aufl.    I860,  pag.   25 1  unter  7. 

,  „     Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VI,   1868,  pag.   I84,  No.  2I0.    Darunter  als  Synonyme: 

Lept.  crystallina,  GuL,  u.  Lept.  fumida,  Gul. 
„  „     Pease,    Proc.  Zool.  Soc.   London,   I869,  pag.  65 1,  Sect.   2. 

„     Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   I877,  pag.   246,  No.   265. 
,  „     Nevill,  Hand  List  of  Mollusca  Indian  Museum,  Part  I.Calcutta,  1878,pag.  I57,  No.  81. 

„  „     Clessin,  Nom.   Hei.  viv.,   1881,  pag.   3I6,  No.  265. 

„  ,      Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  54.     Als 

Synonym  dazu:    Lept.  crystallina,  Gulick. 
„  „     Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.,  II.  Abt.,   1889,  pag.   273. 

,  „     Baldwin.    Catalog    of    the     Ilawaiian    Land-    and    Freshwater   Shells,    Honolulu, 

I893,  pag.   11. 
„       crystallina,     „     Catalog,  I893,  pag.  11. 
,       fumida,  „     Catalog,   I893,  pag.   11. 

,  „       Sykes.  Proc.  Malac.  Soc.  London,   I899,  Vol.  III.  Auf  PI.  XIV,  Fig.  I5  findet  sich 

eine  gute  Abbildung  dieser  Art ;  aber  keine  weitere  Beschreibung. 
„  nitida,     Sykes,    Fauna    Moll.    Hawaiiensis,    I900,    pag.    366,    No.    43,    Lept.  crystallina, 

pag.    361,    No.    2I,    u.    Lept.    fumida,    pag.    362,   No.    25    werden   von 
Sykes  als  besondere  Arten  aufgeführt. 

Newcomb,  Annais  Lyc.   New-Yorlc,  I.e.:  „Achatinella  nitida."  —  „Testa  dextrorsa, 
ovato-conica,    tenui,   pellucida,    nitida    subcornea;  fasciola  rufa  lineari  suturali  obscure  circum- 


—     128     — 

data;  anfractibus  sex,  ventricosis;  sutura  marginata;  apertura  ovata;  columella  in  pliculam 
contortam,   albidam   desinente;    labio   tenui." 

„Length  0,4  inch.    Breadth  o.ii   inch." 

„Habitat.  —  E.   Maui." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eiförmig  konisch,  dünn,  durchsichtig,  glänzend  schwach 
hornfarbig,  mit  einem  schwachen  hnienförmigen  rotbraunen  Bande  unterhalb  der  Naht  um- 
geben; Umgänge  6,  bauchig;  Naht  gerandet;  Mündung  eiförmig;  Columella  in  ein  gedrehtes 
weißes  Fältchen   endigend;   Mundsaum  dünn. 

Länge  Vio  Zoll,   Durchmesser  "/loo  Zoll. 

Newcomb,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c:  „Ächatinella  nitida."  —  „A.  testa  tenui  levi,  sub- 
cornea,  nitida  pellucida ;  ovato-conica ;  anfractibus  6,  ventricosis,  supra  marginatis ;  apertura 
ovata;   labro   subcrasso;    columella   in   pliculam   obliquam,   contortam,   albidam   desinente." 

„Long.  V20;   lat.  */2o  poH." 

„Hab.    E.  Maui." 

Gehäuse  dünn,  hell  hornfarbig,  glänzend  durchsichtig;  eiförmig  konisch;  L'mgänge  6, 
bauchig,  oben  gerandet;  Mündung  eiförmig;  Mundsaum  wenig  verdickt;  Columella  in  eine 
schiefe,  gedrehte,   weiße   Falte  endend. 

„Länge   V20,   Breite   V20   Zoll." 

Bem. :  In  den  Annais,  s.  o.,  Breite  "/loo  Zoll. 

Pfeiffer,  Malac.  BL,  Bd.  1,  1.  c. :  „Ächatinella  nitida."  —  „T.  subrimata,  dextrorsa, 
ovato-turrita,  tenuis,  laevigata,  nitida,  f  ulvida ;  spira  convexiusculo-conica,  obtusa;  sutura  levis, 
plerumque  castaneo-marginata ;  anfr.  7,  convexiusculi,  penultimus  convexior,  ultimus  -/s  lon- 
gitudinis  subaequans,  basi  subattenuatus ;  apertura  parum  obliqua,  ovalis ;  plica  columellaris 
obliqua,   torta;   perist.  rectum,   obtusum,   intus  subcallosum." 

„Long.    10,    diam.  41/2  mm." 

„Habitat   in   parte   orientali   insulae    Maui." 

Bem.  Pfeiffers  zu  der  Newc.  Abbildung  in  den  Proc,  s.  o. :  „Die  Abbildung"  — 
von  nitida  —  , .scheint  nicht  ganz  der  Originalbeschreibung  zu  entsprechen;  ich  glaube  eher, 
daß  Fig.  46  hierher  gehört." 

Gehäuse  schwach  geritzt,  rechtsgewunden,  eiförmig  getürmt,  dünn,  ziemlich  glatt, 
glänzend,  gelbrötlich;  Spira  schwach  gewölbt  konisch,  stumpf;  Naht  glatt,  meistens  braun 
gerandet;  Umgänge  7,  kaum  schwach  gewölbt,  der  vorletzte  stärker  gewölbt,  der  letzte  -U 
der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  bildend,  an  der  Basis  wenig  verschmälert;  Mündung  wenig 
schief,  eiförmig;  Columellarfalte  schief,  gedreht;  Mundsaum  gerade,  stumpf,  innen  ein  wenig 
verdickt. 

Gulick,  Annais  Lyc.  New-York,  1.  c.  :  ..Ächatinella  crystallina."  —  „Testa  dex- 
trorsa, imperforata,  oblonga,  tenui,  nitida,  perpellucida,  vitrea,  sub  lente  levissiine  striata; 
apice  obtusula ;  spira  convexo-conica ;  sutura  simplici,  modice  impressa ;  anfr.  6,  convexius- 
culis;  plica  colimiellari  mediana,  levi,  Cornea;  apertura  rotundato-lunari ;  perist.  simplici,  pallide 
limbata;    margine   dextro    recto,   arcuato ;    columellari   dilatato." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  undurchbohrt,  länglich,  dünn,  glänzend,  sehr  durchsichtig, 
glasartig,  unter  der  Lupe  sehr  leicht  gestreift ;  Apex  stumpf  ig ;  Spira  gewölbt  kegelförmig ; 
Naht    einfach,   mäßig    eingedrückt;    Umgänge    6,    schwach   gewölbt;    Columellarfalte   mittel- 


—     12!)     — 

ständig,  leicht,  hornfarbig;    Mündung  mondförmig    rund;    Mundsaum    einfach,    mit    bleichem 
Lippensaum;    Außenrand   gerade,    bogig   gekrümmt;    Columellarrand   verbreitert. 

„Lenglh   0.24   inch    (6  mm).     Breadth  0.12   inch  (3  mm)." 

„Station.   —   Under  stones  in  open   country." 

„Habitat.  —  Mokuleia,  Oahu." 

„Var.  b.  —  With  a  brovvn  spiral  line  accompanying   the   suture." 
„Var.  c.  —  Larger,  not  so  transparent." 

„Habitat.  —  Kamoo,  Waialua,  Oahu." 
„Remarks.  —  A   clear,   shining,   transparent  species,  associated  with  A.  gummea,  Nob., 
but  much  smaller   and  of  narrower   form." 

Gulick,  Annais  Lyc.  New-York,  1.  c. ;  „AcJiatinella  fumida."  —  ,,T.  dextrorsa,  im- 
perforata,  ovato-conica,  tenui,  nitida,  pellucida,  Cornea,  sub  lente  levissime  striata;  apice  ob- 
tusula,  pallida ;  spira  conve.xo-conica ;  sutura  simplici,  vix  impressa,  fusco-lineata ;  anfr.  7, 
subplanis;  plica  columellari  mediana,  alba,  lamelliformi ;  apertura  pyriformi ;  perist.  simplici, 
margine  dextro  recto,  semicirculari ;  columellari  dilatato,  albo,  adnato;  parietali  tenuissimo, 
albo." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  undurchbohrt,  eikegelförmig,  dünn,  glänzend,  durchsichtig, 
hornfarbig,  unter  der  Lupe  sehr  fein  gestreift ;  Apex  etwas  stumpf,  blaß ;  Spira  gewölbt 
kegelförmig,  Naht  einfach,  kaum  eingedrückt,  von  einer  dunklen  Linie  begleitet ;  Umgänge  7, 
fast  flach;  Columellarfalte  mittelständig,  weiß,  lamellenartig;  Mündung  birnförmig;  Mund- 
saum einfach,  Außenrand  gerade,  halb  kreisrund ;  Columellarrand  verbreitert,  weiß,  ange- 
wachsen;   Mündungswand   sehr   dünn,   weiß. 

,,Length  0.31    inch  (8  mm).    Breadth  0.17   inch  (41/3  mm)." 

„Var.  b.  —  Without  the   dark   sutural  line." 

„Station.  —  On  the  ground  in  the  woods." 
„Habitat.   —   Waialei,   Pupukea,   Waimea,   Kawailoa,   and   Helemanu,    Oahu." 

,, Remarks.  —  One  of  a  numerous  group  of  little  glassy  shells  represented  by  A.  ni- 
tida, Newc,  and  A.  grana,  Newc,  though  not  so  nearly  allied  to  these  two,  which  are  from 
Maui,  as  to  A.  gummea,  Nob.",  —  Annais  Lyc.  New-York.  Nat.  bist.  Vol.  VI,  1856,  pag. 
182,  Nro.  IG,  1^1.  VI,  Fig.  IG  —  ,, which  is  found  in  other  districts  of  Oahu.  From  that 
species  it   differs,   howewer,   in  its   habits,   and   less   inflated   form." 

Das  Genus  Leptachathta  ist  unter  dem  Meyerschen  Materiale  spärlicher  vertreten, 
als  jedes  andere  Genus  und  Subgenus  der  Achat melUdae.  Es  ist  nur  von  zwei  Gebieten 
vertreten,  von  Kalae  und  Kawela.  Dort  leben  sie  nach  Mitteilung  vom  Sammler  „on  the 
roots,    above   ground,    of   the   ferns." 

Obwohl  Leptacliatina  nitida,  Newc.  bislang  nicht  von  Molokai  angegeben  wird, 
sondern  von  Maui  und  Oahu,  so  muß  ich  doch  das  Material,  welches  mir  in  einer  guten 
Serie  von  Kalae  vorliegt,  zu  nitida,  Newc.  ziehen.  Ein  Vergleich  mit  der  Originaldiagnosc 
und  mit  Exemplaren  der  Hartmanschen  Sammlung,  die  die  Bemerkung  tragen :  „Lept.  ni- 
tida, forma  typica,  teste  Smith."  lassen  gar  keinen  Zweifel  aufkommen  an  der  Identität 
dieser  Exemplare. 

Fig.  9  und  9  a   gibt  eine  Abbildung  dieser  Art  von   Kalae. 

Zoologica.    lieft  48,  17 


—      IHt)      — 

Bei  keiner  Art  der  bislang  behandelten  Gruppen  ist  die  Unsicherheit  in  dem  richtigen 
Erkennen  der  einzelnen  Formen  so  groß,  wie  bei  den  vielen  von  G  u  1  i  c  k  beschriebenen 
Arten,  die  zu  den  kleinen,  glatten  Leptachatinen  gehören,  welche  die  größte  Gehäuse- 
ähnlichkeit mit  Cionella  lubrica,  Müller  haben.  Die  Ähnlichkeit  ist  so  auffallend,  daß  ein 
gewiegter  Molluskenkenner,  dem  ich  ??i^i(/a-Exemplare  —  ohne  richtige  Benennung  —  vor- 
legte mit  der  Frage,  ob  das  Cionella  lubrica  oder  lubricella  sei,  sie  anstandslos  als  lubrica, 
Müller  bezeichnete.  Nach  Aufklärung  über  den  Ursprung  der  vorgelegten  Exemplare  konnte 
sich  derselbe  nicht  genug  wundern  über  die  frappante  Ähnlichkeit  der  betreffenden  Arten. 
Man  könnte  in  \'ersuchung  kommen,  auf  Grund  der  Gehäuseähnlichkeit,  diese  kleinen 
Leptachatinen  mit  Cionella  zu  vereinigen.  Ist  doch  Cionella  eine  circumpolare  Art,  die 
sowohl  in  Europa,  als  in  Asien  und  auch  in  Amerika  vorkommt.  Die  Anatomie  der  Tiere 
müßte  hier  den  Ausschlag  geben. 

Die  zum  Teil  sich  sehr  ähnlich  sehenden  Diagnosen  und  die  teilweise  unbrauchbaren 
Abbildungen  haben  zur  Folge  gehabt,  daß  ein  großer  Wirrwarr  in  der  Synonymie  entstanden 
ist.  Um  dieselbe  klar  zu  legen,  bedarf  es  eines  genügenden  Vergleichsmaterials.  Da  mir 
aber  manche  Formen  nur  aus  der  Literatur  bekannt  sind,  von  andern  mir  nur  einzelne 
Stücke  vorliegen,  so  habe  ich  einstweilen  die  Synonymie  so  gegeben,  wie  sie  sich  in  der 
Literatur  bei  den  früheren  Autoren  findet.  \]m  Vergleiche  ziehen  zu  können,  habe  ich  die 
sämtlichen  sich  darauf  bezüglichen  Originaldiagnosen  mit  angeführt.  \'ielleicht  wird  die 
eine  oder  die  andere,  jetzt  unter  die  Synonymik  gestellte  Form,  bei  gründlicher  Erforschung 
der  Gebiete  und  bei  genügendem  Vergleichsmateriale   doch   wieder   zur   Art   erhoben. 

Dasselbe,  was  hier  über  die  Beschreibung  der  einzelnen  Formen  der  »j^ic^a-Gruppe, 
sowie  über  deren  Synonymik  gesagt  worden  ist,  gilt  ebenfalls  für  die  folgende  Leptachatina 
Sandwicensis,    Ffr.,   mit   ihren   Synonymen. 

Leptachatina  Sandw^icensis,  Pfeiffer,    184(;. 
(TaL  IX,  Fig.  13.) 

Achatina  Sandwicensis,  Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part.  XIV,  March  24,  I846,  pag.  32,  No.  I9. 
Leptachatina  ohclavata,        „         Proc.  Zool.  Soc.  London,   Part  XXIII,  June  I2,  I855,  pag-  98,  No.  35. 
,  ,  ,  Malak.   Bl.,   Bd.  II,   I856,    pag.   70,   No.    122  a. 

,  „         Malak.  Bl.,  Bd.  II,   I856,  pag.   166,  unter  No.  8. 

AchatineUa    ocfogi/rata,  Gulick,  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  Dez.  I856,  pag.  I90,  No.  18, 

PI.  VI,  Fig.   18.    (Abbildung  unbrauchbar.) 
„  tiirrifa,  „        Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,  Dez.  I856,  pag.  I92,  No.  20, 

Fl.  VI,  Fig.   20.  (Abbildung  unbrauchbar.) 
,  obclavatu,    Newcomb,    Synopsis,  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.,  Vol.  VI,   Sept    I858, 

pag.  322,  No.  ;l. 

Newcomb  stellt    dazu  als  Synonyme;    Ach.  octogyrata,  Gulick    und 
Ach.  turrita,  Gulick. 
,  octogyrata,  Pfeiffer,  Malak.  Bl.,  Bd.  V,   I858,  pag.  204,  No.   18. 

,  turrita,  „     Malak.  Bl.,  Bd.  V,  I858,  pag.   204,  No.   20. 

Leptachatina  obclaiata,         „     Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   I859,  pag.   568,  No.  200. 
AchatineUa  „         Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   I860,  pag.'2l4,  No  II4. 

Leptachatina   ohcJarata,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,  1868,  pag.  186,  No.  2I8.  Syn.:  Ach.  octogyrata, 

Gulick,  und  Ach.  turrita,  Gulick. 


—    181    — 

Leptachatina   Sam/icicheiisis,   Pcasc,    Proc.  Zool.  Soc.   London,   I869,  pag.  650,  Gen.   I2. 
„  obclavala,  „  Pioc.  Zool.  Soc.   London,   I869,  pag-  65 1,  Sect.   2. 

,  „  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIH,  I877,  pag.  247,  No.  273.  Syn. :  Ach.octogyrata, 

Gulick,  Ach.  tunita,  Gulick,  Lept.  octavula,   Paetel  =  Nomen  solum. 
,  „  Nevill,    Hand     List    of   Mollusca,     Indian    Museum,    Calcutta,    Part    I,    I878, 

pag.   I58,  xvo.  96. 
„  „  Clessin,  Nom.   Ilel.  viv.,   1881,  pag.  3 16,  No.  273,  mit  denselben  Synonymen, 

wie  in  Pfeiffers  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VFH,  pag.   247,  No.   273. 
,  „  Hartman,    Catalog,    Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.    Philadelphia,    1888,    pag.    54. 

Synonyme    dazu:    Lept.  octogyrata,  Gulick,    Lept.  turrita,  Gulick. 
,  „  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.,  U    Abt.,   I889,  pag.   274. 

,  Sandwichentfis,     Baldwin,    Catalog    of    the     Ilawaiian    Land-    and    Freshwater    Shells, 

Honolulu,  I893,  pag.  I2. 
,  obclavata,  „  Catalog,   I893,  pag.   11. 

„  octogyrata,  „  Catalog,   I893,  pag.   11. 

„  turrita,  ,  Catalog,   I893,  pag.   ]  2. 

,  octogyrata,    Sykes,    Proc.  IMalac.  Soc.  London,  Vol.  HI,    I899,    PI.  XIV,  Fig.  7.     Eine 

gute  Abbildung  der  Gul.  Art. 
,  turrita,  „       Proc.  Malac.  Soc.  London,   Vol.   111,    I899,  PI.  XIV,  Fig.  6.     (Eine 

gute  Abbildung.)    Keine  weitere  Bemerkungen  zu  den  Abbildungen 

auf  Taf.  XIV,  Fig.  6  u.  7. 
„  Sandu'icensis,     „       Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    I900,  pag.  368,  No.  54. 

Als  Syn.  dazu:   Lept.  obclavata,  Pfr.  und  Lept.  octavula,  Paetel. 
,  octoyyrata,  „       Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   I900,  pag.  366,  No.  46. 

„  turrita,  „       Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    I900,  pag.  372,  No.  73. 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c. :  „Achatinella  Sandwicensis."  —  „Ach.  testa  ovato- 
conica,  oblique  striata,  subopaca,  sordide  Cornea;  spira  conica,  obtusiuscula;  sutura  linea 
impressa  marginata ;  anfractibus  6' j  planulatis,  ultimo  Vs  longitudinis  vix  superante;  colu- 
mella  arcuata,  plicato-torta ;  apertura  lata,  semiovali;  peristomate  simplice,  margine  dextro 
obtuso,    columellari   subreflexo,    appresso." 

„Long.  7.   diam.  y^i  mm." 

„From   the   Sandwich    Islands." 

„Gehäuse  eikegelförmig,  schräg  gestreift,  wenig  opak,  schmutzig  hornfarben;  Spira 
konisch,  etwas  stumpf;  Nahtlinie  eingedrückt  gerandet;  LImgänge  61/2  ziemlich  flach,  der 
letzte  1 3  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  kaum  erreichend ;  Columella  bogig,  faltig  gedreht ; 
Mündung  weit,  halboval ;  Mundsaum  einfach,  Außenrand  stumpf,  Columellarrand  wenig  zu- 
rückgebogen, angedrückt." 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c:  ., Leptachatina  obclavata."  —  ,,A.  testa  subperforata, 
clavaeformi,  tenui,  vix  striatula,  parum  nitente,  pallide  Cornea;  spira  elongata,  apice  obtusa; 
sutura  linca  impressa,  filum  crenatum  formante,  crenata;  anfr.  71,2  vix  convexiusculis,  ultimo 
V:!  longitudinis  paulo  superante;  plica  columellari  obliqua,  subtorta;  apertura  verticali,  ob- 
longa;  perist.  simplice,  margine  dextro  medio  antrorsum  dilatato;  columellari  angusto,  sub- 
adnato." 

,,Long.   73],    diam.    3  mm." 

„Hab.   Sandwich  Islands." 


—     132     — 

Gehäuse  kaum  durchbohrt,  keulenförmig,  dünn,  kaum  gestreift,  wenig  glänzend,  blaß 
hornfarben;  Spira  verlängert,  Apex  stumpf;  Nahtlinie  eingedrückt,  einem  gekerbten  Faden 
ähnlich,  gerandet;  Umgänge  7' 2  kaum  schwach  gewölbt,  der  letzte  Vs  der  Gesamtlänge  des 
Gehäuses  ein  wenig  überragend;  Columellarfalte  schief,  schwach  gekrümmt;  Mündung  ver- 
tikal, länglich;  Mundsaum  einfach,  der  rechte  Rand  in  der  Mitte  nach  vorn  erweitert,  Co- 
lumcllarrand  schmal,  angewachsen. 

Gulick,  Annais  Lyc,  1.  c. :  „Achatinella  octogyrata."  —  ,,Testa  dextrorsa,  vix  per- 
forata,  ovato-turrita,  tenui,  nitidula,  translucida,  fusco-cornea,  levissime  sed  regulariter  striata; 
apice  obtusa,  pallida;  spira  conica,  subconvexa;  sutura  simplici,  modice  impressa;  anfr.  8, 
convexiusculis ;  columella  pallide  fusca,  leviter  plicata;  apertura  subpyriformi ;  perist.  simplici; 
margine  dextro  recto,  tenui,  leviter  arcuato;  columellari  reflexo,  subpatente;  parictali  nullo." 

„Length   0.30   inch   (72/3  mm).    Breadth  0.14   inch   (31/2  mm)." 

„Station.   —   On  the   ground." 

„Habitat.  —   Palolo  valley,   Oahu." 

„Remarks.  —  It  is  found  with  A.  subula,  Nob.,  and  is  allied  to  it,  but  is  smaller, 
thinner,  and  less  polished,   with  spire  less  drawn  out,  and  columella  not  so  strongly  plaited." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  kaum  durchbohrt,  eiförmig  getürmt,  dünn,  glänzend,  durch- 
scheinend, bräunlich  hornfarben,  leicht  aber  regelmäßig  gestreift ;  Apex  stumpf,  blaß ;  Spira 
konisch,  wenig  gewölbt;  Naht  einfach,  mäßig  eingedrückt;  Umgänge  8,  schwach  gewölbt; 
Columella  blaß  bräunlich,  leicht  gefaltet ;  Mündung  fast  birnförmig ;  Mundsaum  einfach ; 
der  rechte  Rand  gerade,  dünn,  leicht  gebogen;  Columellarrand  zurückgebogen,  wenig  ab- 
stehend;  Rand  der   Mündungswand   nicht  vorhanden. 

Gulick,  Annais  Lyc.  1.  c. :  ,,Aekatinella  hirrita."  —  ,,Testa  dextrorsa,  imperforata, 
ovato-turrita,  tenuiuscula,  nitida,  translucida,  fusco-cornea,  striatula ;  apice  obtusa,  pallida ; 
spira  turrita ;  sutura  simplici,  leviter  impressa ;  anfr.  fere  9,  plano-convexis ;  plica  columellari 
mediocri,  albida ;  apertura  rotundato-lunata ;  perist.  simplici ;  margine  dextro  recto,  arcuato ; 
columellari    dilatato,    tenui,    adnato;    parietali  nullo." 

„Length  0.36  inch  (9  mm).    Breadth  0.15   inch  (4  mm)." 

„Station.   —   On  the   ground  in  the  woods." 

„Habitat.   —   Mountain   ravines   of   Lihue,   Oahu." 

,, Remarks.  —  Resembles  A.  octogyrata,  Nob.  in  form,  but  is  thicker,  more  polished, 
with  Striae   lu-t  regularly   developed,  and   umbilical  cleft  entirely  wanting." 

Gehäuse  rechtsgewunden,  uiidurchbohrt,  eiförmig  getürmt,  ziemlich  dünn,  glänzend, 
durchscheinend,  bräunlich  hornfarben,  gestreift;  Apex  stumpf,  blaß;  Spira  getürmt;  Naht 
einfach ,  leicht  eingedrückt ;  Umgänge  fast  9,  flachgewölbt ;  Columellarfalte  mittelmäßig, 
weiß ;  Mündung  rundlich  mondförmig ;  Peristom  einfach ;  der  rechte  Rand  gerade,  etwas 
gebogen;  Columellarrand  verbreitert,  dünn,  angewachsen,  Rand  der  Mündungswand  fehlend. 

Die  Exemplare,  welche  ich  zur  oben  angeführten  Art  stelle,  sind  gesammelt  worden 
in  Kalae. 

Taf.  IX,   Fig.   13   stellt   ein   solches   Exemplar  dar. 

Die  Länge  der  ausgebildeten  Exemplare  beträgt   8   mm,   die   Breite   31,2  mm. 

Die  Art  kennzeichnet  sich  durch  das  längliche,  turmförmige  Gehäuse;  durch  die 
deutlichere,  feine  Längsstreifung  und  durch  die  grüngelbliche  Färbung.    Die  Zahl  der  Um- 


—     18.^     — 

ginge  beträgt  7V2.  Gulick  gibt  in  den  Diagnosen,  s.  oben,  8  und  9  an.  In  den  mangel- 
haften Figuren  sind  nur  7  zu  erkennen.  Sykes  dagegen,  der  die  Arten  neu  abgebildet  hat, 
Proc.  mal.  Soc.    s.  oben,   gibt   tadellose   Zeichnungen  mit   nur   7  Windungen. 

Die  Formen,  welche  ich  hier  zusammengestellt  habe,  werden  von  den  verschiedenen 
Autoren  teils  allgemein  von  den  Sandwichs- Inseln  angegeben,  teils  als  auf  Oahu  vorkom- 
mend. Baldwin  gibt  für  Leptach.  Sandivichensis  ,,Molokai"  an.  Nach  dem  mir  vorliegen- 
den Materialc  stimmt  letztere  Angabe.  Das  Verbreitungsgebiet  dieser  Art  erstreckt  sich  also 
mindestens  über  zwei   Inseln. 

Was  ich  über  den  Wert  dieser  einzelnen  Formen  halte,  und  was  für  mich  maßgebend 
gewesen  ist  auch  bei  Zusammenstellung  dieser  Synonymik  —  da  mir  auch  hier  genügen- 
des Vergleichsmaterial  in  authentischen  Exemplaren  fehlte  — ,  habe  ich  bereits  unter  der  vor- 
hergehenden  Art,   Leptach.  nitida,    Newc.   auseinandergesetzt. 

Ein  paar  Bemerkungen  über  die  Leptachatinen  der  Hartmanschen  Sammlung  mögen 
hier  eingeschaltet  werden.  Obclavata,  Pfr.  ist  in  drei  Serien  vertreten,  wovon  die  eine  der 
Diagnose  entspricht.  Nitida,  Newc.  ist  ebenfalls  in  drei  Serien  vorhanden,  eine  Serie  von 
Molokai  und  eine  zweite  aus  Leas  Sammlung  sind  typische  nitida,  Newc,  die  dritte  Serie 
stimmt  nicht.  Eine  Serie  crystallina  Gul.  ist  Spiraxis,  Pfr.,  eine  zweite  Serie  crystallina 
ist    typische   nitida,  Newc. 

Leptachatina  coruscans,  Hartman,  1888. 
(Taf.  IX,   Fig.  8  u.  8  a.) 

Leptachatina  coruscans,  Hartman,    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc,  Philadelphia,  1888,  pag.  52, 

PI.  I,  Fig.  16. 
„  „  Baldwin,  Catalog  of  the  Hawaiian  Land-  and  Fieshwater  Shells,  Honolulu, 

I893,  pag.  11. 
„  „  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   I900,  pag   360,  No.  18. 

Hartman,  Katalog,  1.  c. :  „Leptachatina  coruscans."  —  ,, Shell  dextral,  ovate,  very 
thin  and  polished,  spire  one  third  the  length;  apex  obtuse,  whorls  4I1',  rounded,  the  last 
one  and  a  half  inflated;  suture  impressed,  aperture  semi-ovate,  with  a  very  thin  white  la- 
mellar   tooth    near    the    base ;    labium    slightly  thickened   within   and   white,    color   amber." 

„Length   9,    Diam.  41  j.     Length    ap.   y.-i,    Diam.   21,2  mm." 

„Habitat.   —   Molokai." 

„Obs.  —  This  Shell   has  the  outline  of   Lept.  brevicula,   Pease.  — " 

Testa  dextrorsa,  ovata,  tenuissime,  nitida,  succinea;  spira  Vs  longitudinis  subaequans; 
Apex  obtusus;  anfr.  41/2,  rotundati,  ultimus  et  semipenultimus  inflati;  sutura  impressa;  aper- 
tura  semiovata,  plica  columellaris  tenuissime,  alba,  inframediana;  peristoma  intus  subincras- 
satum  et  album. 

Gehäuse  rechtsgewunden,  eiförmig,  sehr  dünn  und  glänzend,  bernsteinfarbig;  Spira 
1/3  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  bildend;  Apex  stumpf;  Umgänge  4V2,  gerundet,  der  letzte 
und  der  vorletzte  halbe  aufgetrieben;  Naht  eingedrückt,  Mündung  halbeiförmig;  Columellar- 
falte  sehr  dünn,  weiß,  nahe  der  Basis;    Mundsaum   innen   schwach   verdickt   und   weiß. 


~-     134     — 

Eine  kleine  Anzahl  dieser  Art  liegt  mir  aus  Kawcla  vor.  Fig.  8  auf  Tat'.  IX  stellt 
ein    solches    Exemplar   von    dort    dar. 

Diese  Art,  eine  CioneUa  lubrica,  Müller,  im  großen,  ist  die  größte  bekannte  Lept- 
achatina  von  Molokai.  Sie  ist  leicht  zu  erkennen  an  der  bauchigen  Form,  in  dem  fast 
glatten  grüngelblichen  Gehäuse  und  an  der  geringen  Zahl  der  Umgänge,  nämlich  6.  In 
der  Diagnose  gibt  Hartman  4V2  an,  s.  oben.  Die  Originale  in  seiner  Sammlung,  den  Kawela- 
Exemplaren  vollständig  gleich,  haben  ebenfalls  6   Umgänge. 

Leptachatina  conicoides,  Sykes,   1900. 
(Taf.  IX,   Fig.  II.) 

Leptachatina  conicoides,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  359,  No.  15,   I'l.  XI,  Fig.  26. 

Sykes,  Fauna  Moll.,  1.  c. :  „Leptachatina  conicoides."  —  ,,Testa  conico-ovata,  im- 
perforata,  dextrorsa,  tenuiuscula,  cornea,  apud  suturas  crenulata;  anfr.  6,  ultimus  */^  altitu- 
dinis  testae  aequans;  sutura  subimpressa;  apertura  subverticalis,  sinuatooblonga,  margine 
dextro  sub-incrassatulo,  columellari  reflexo,  adnato,  plica  obliqua,  parva,  compressa  munito, 
marginibus   callo   tenui   junctis." 

„Alt.  7,5;    diam.  3,5   mm." 

„Habitat.   —   Molokai." 

„Remarks.  —  A  somewhat  conic  shell,  in  which,  when  adult,  the  columella  plait 
becomes   inconspicuous.    One   adult   and   three   young   specimens." 

Gehäuse  konisch  eiförmig,  undurchbohrt,  rechtsgewunden,  ziemlich  dünnschalig,  horn- 
farbig,  an  der  Naht  fein  gekerbt;  Umgänge  6,  der  letzte  V?  der  Gesamthöhe  des  Gehäuses 
gleich;  Naht  schwach  eingedrückt;  Mündung  fast  vertikal,  buchtig  länglich,  der  rechte 
Rand  schwach  verdickt,  Columellarrand  zurückgebogen,  angewachsen,  durch  eine  schiefe, 
kleine,   zusammengedrückte   Falte   befestigt;    Ränder  durch  eine  dünne   Schwiele  verbunden. 

Diese  Art  ist  dem  Verfasser  nur  bekannt  nach  der  Originaldiagnose  und  nach  der 
derselben  beigefügten  Zeichnung.  Unter  der  Meyerschen  Ausbeute  ist  die  Art  nicht  vor- 
handen. 

Fig.  1 1  auf  Taf.  IX  ist  eine  Kopie  der  Sykesschen  Abbildung  und  die  Diagnose  ein 
wörtlicher  Abdruck   der   Sykesschen   Originaldiagnose. 

Leptachatina  emerita,  Sykes,   1900. 
(Taf.  IX,   Fig.  12.) 

Leptachatina  emerita,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag   361,  No.  22.  Tl.  XI.  Fig.  10. 

Sykes,  Fauna  Moll.,  1.  c. :  „Leptachatina  eTUerita"  —  ,,Testa  elongata,  subcylindrica, 
imperforata,  dextrorsa,  cornea  vel  hyalina  vel  flava,  tenuiuscula,  sub  lente  longitudinaliter 
tenuiter  striata,  apice  obtusulo;  anfr.  6'i,  plano-convexi,  ultimus  ^/g  altitudinis  testae  fere 
aequans;  sutura  impressa,  marginata;  apertura  ovata,  margine  dextro  sub-incrassatulo,  co- 
lumellari sub-reflexo,  plica  parva   inconspicua  ascendente   munito." 

„Alt.  8;   diam.  3,5  mm." 


—      185      — 

„Habitat.   —    Molokai,    Kalamaula,   and   at   4000   feet." 

,,Remarks.  —  Variable  in  colour,  shading  from  brown  to  a  hyaline  tint ;  adult  spe- 
cimens  lose  their  gloss  and  become  of  a  straw-yellow.  The  columellar  plait  is  small  and 
inconspicuous." 

Gehäuse  verlängert,  fast  cylindrisch,  undurchbohrt,  rechtsgewunden,  hornfarbig,  ent- 
weder glashell  oder  grüngelb,  ziemlich  dünnschalig,  unter  der  Lupe  der  Länge  nach  zart 
gestreift;  Apex  ziemlich  stumpf;  Umgänge  6V2,  plankonvex,  der  letzte  fast  Vs  der  Gesamt- 
höhe des  Gehäuses  gleich;  Naht  eingedrückt,  gerandet;  Mündung  eiförmig,  der  rechte 
Rand  schwach  verdickt,  Columellarrand  wenig  zurückgebogen,  mit  einer  kleinen,  wenig  in 
die   Augen   fallenden,   ansteigenden    Falte   besetzt. 

Auch  diese  Art  fehlt  unter  dem  Meyerschen  Materiale,  dem  Verfasser  daher  nur  be- 
kannt aus  der  Sykesschen  Molluskenfauna  1.  c.  Diagnose  und  Abbildung,  Taf.  IX,  Fig.  12, 
sind  Kopien  nach  Sykes. 


Von  Pfeiffer  ist  1856  in  den  Proc.  zool.  Soc,  London,  pag.  335,  Nro.  54  eine 
Spiraxis  beschrieben  worden,  welche  von  den  späteren  Autoren  ignoriert  worden  ist,  weil 
man  das  Vorkommen  auf  den  Sandwich-Inseln  bezweifelte.  Da  unter  der  Meyerschen  Aus- 
beute von  Kalac  sich  eine  ansehnliche  Zahl  einer  Schnecke  befindet,  welche  nach  ihrem 
Gehäusebau  zur  Pfeifferschen  Spiraxis  gehört,  und  da  Pfeiffer  selbst  zu  seiner  Spiraxis 
als  syn.  Leptachatina  Sandte ichensis,  Pease,  Proc.  zool.  Soc,  1869,  pag.  650,  stellt,  so  habe 
ich  dieselbe  hier  angefügt,  obwohl  dies  Genus  zur  Familie  der  Stenogyriden  gehört  und 
jedenfalls  die  schon  früher  von  Gould  beschriebene  Opeas  junceus,  Proc.  Boston  Soc.  II, 
1847,  pag.  191,  ist.  Noch  mehr  Ähnlichkeit  des  schlankeren  Gehäusebaues  wegen  hat  sie 
mit  Pfeiffers  eigener  Art,  Opeas  pyrgiscus,  Proc.  zool.  Soc.  1861,  pag.  24.  —  Da  diese 
Arten  nicht  in  den  Rahmen  meiner  Abhandlung  gehören,  werden  dieselben  hier  nicht  weiter 
behandelt.  Man  vergl.  weiter  unten  unter  der  Aufzählung  der  nicht  zu  den  Achatinellen 
gehörenden  Arten  der  Land-  und  Süßwasser-Mollusken  Molokais,  Genus  Opeas,  und  Sykes : 
„The  Hawaiian  Species  of  Opeas."  Proc.  Malac.  Soc.  London,  Vol.  \'^I,  No.  2.  Juni  1904, 
pag.  112  und   113,  Textfigur   i   bis  4. 

Der  Vollständigkeit  halber,  und  um  zu  zeigen,  wie  unsicher  die  Erkennung  dieser  Art 
selbst  bei  gewiegten  Autoren  gewesen  ist,  möge  das,  was  über  die  Pfeiffersche  Spiraxis 
Sandwichensis  =  Opeas  junceus  seu  pyrgiscus  publiziert  worden  ist,  hier  angeführt  werden. 


Genus:  Spiraxis,  C.  B.  Adams,    1850. 
C.  B.  Adams,    Contributions  to  Conchology,  No.  6,  Newyork,   I850,  pag.  87. 

C.  B.  Adams,   Contributions   to   Conchology,   Nro.  6.    New-York,    1850,   pag.  87. 

Testa  dextrorsa,  imperforata,  cylindraceo-turrita,  tenuis,  saepe  translucida;  spira  elon- 
gata,  apice  obtusa;  anfractus  numerosi,  lente  accrescentes,  ultimus  spira  multum  brevior; 
columella  magis  minusve  contorta,  lamina  callosa  profunde  intrante,  basi  vix  truncata  munita. 

Gehäuse    rechtsgewunden,    undurchbohrt,    cylindrisch    turmförmig,    dünn,    oft    durch- 


—     136     — 

scheinend;  Spira  verlängert,  an  der  Spitze  stumpf;  Umgänge  zahlreich,  langsam  zunehmend, 
der  letzte  bedeutend  kürzer  als  die  Spira;  Columella  mehr  oder  weniger  gedreht,  durch 
eine  schwielige,  tief  nach  innen  sich  ziehende,  an  der  Basis  kaum  abgestutzte  Lamina  be- 
festigt. 

Typus:  Spiraxis  Sandwichensis,  Pfr. 
=  Opeas  junceus,  Gould,  seu  Opeas  pyrgiscus,  Pfr. 

Dahin  gehört: 

Spiraxis  Sandw^ichensis,  Pfeiffer,   1856. 
(Taf.  IX,   Fig.  lo  u.  loa.) 

(Opeas  junceus,  Gould,   seu   Opeas  pyrgiscus.  Pfr.) 

Spiraxis  Sandwichensis,  Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  X.XIY,    I856,  pag.  335,  No    54. 
„  „         Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,   I859,  pag.  575,  No.  30. 

Mon.  Hei.  viv.  Bd   VI,  1868,  pag.  194,  No.  42. 
„  ,  „  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   I877,  pag.  259,  No.  4I. 

Pfeiffer  stellt  hier  unter  Xro.  41,  Leptachatina  Sandwichensis,  Pease  in  Proc. 
Zool.  See.  1869,  pag.  650.  Unter  dem  von  Meyer  in  Kalae  gesammelten  Materiale  findet 
sich  eine  stattliche  Reihe  der  auf  Taf.  IX,  Fig.  10  abgebildeten  .\rt,  welche  ich  nicht  für 
eine  Leptachatina  halte ;  ich  glaube  vielmehr,  darin  die  echte  Pfeiffersche  Spiraxis  Sand- 
ivichensis  =  Opeas  junceus,  Gould  seu  Opeas  pyrgiscus,  Pfr.  zu  erkennen  und  gebe  des- 
halb im  folgenden  die  Pfeiffersche  Original-Diagnose  und  eine  naturgetreue  Abbildung  der  in 
Kalae  gesammelten  Art. 

Pfeiffer,    Proc.   zool.   Soc,    London,   Part  XXIV,    1856,  pag.  335,   Nro.  54. 

,.Sp.  testa  subperforata,  ob'.ongo-turrita,  solidula,  cerea;  spira  turrita,  obtusula;  anfr.  71.. 
planiusculi,  infra  suturam  plicati,  ultimus  'j  longitudinis  pauUo  superans;  columella  com- 
pressa,  torta;  apertura  vix  obliqua,  ovalis ;  peristoma  simplex,  marginibus  callo  tenui  junctis, 
dextro   antrorsum   subdilatato,    columellari    subreflexo." 

„Long.  9,   diam.  3  mm.    Ap.  3  mm   longa,   n/»  lata." 

„Flabitat   in  insulis   Sandwich." 

Gehäuse  wenig  durchbohrt,  länglich-getürmt,  ziemlich  festschalig,  wachsgelb ;  Spira 
getürmt,  ziemlich  stumpf;  Umgänge  71 2,  ziemlich  flach,  unter  der  Xaht  gefaltet,  der  letzte 
Vs  der  Gesamtlänge  des  Gehäuses  ein  wenig  überragend;  Columella  zusammengedrückt,  ge- 
dreht; Mündung  kaum  schief,  oval;  Mundsaum  einfach,  die  Ränder  durch  eine  dünne 
Schwiele  miteinander  verbunden,  rechts  vorn  schwach  verbreitert,  Columellarrand  etwas 
zurückgebogen. 

Die   Länge   der   Gehäuse   beträgt    10V2  mm,   die  Breite  3   mm. 

Fundort:   Kalae,    Insel   Molokai. 

Das  „infra  suturam  plicati"  ist  nur  sehr  schwach  bei  dem  mir  vorliegenden  Materiale, 
außerdem   sind   die   Exemplare   länger,    \o^  >  mm,   Pfeiffer  gibt  nur   9  mm  an. 

In  der  Hartmanschen  Sammlung  befindet  sich  diese  Art  auch,  zunächst  eine  kleine 
Serie  mit   der   Bezeichnung   Leptach   crystallina,   Gulick,   von    Mokuleia,    Insel   Oahu.    Wie 


—     137     ~ 

Hartman  zu  der  Bestimmung  kommt,  ist  dem  Verf.  unverständlich,  da  diese  Art  mit  der 
Gulickschen  LeptacJi.  crystallina  nicht  im  entferntesten  übereinstimmt,  man  vergl.  Guhcks 
Originaldiagnose  unter  Leptach.  nitida,  Newc.  Es  sind  unausgewachsene  Stücke  von  Pfeiffers 
Spiraxis.  Hartman  scheint  selbst  im  unklaren  über  die  Art  gewesen  zu  sein,  denn  eine  weitere 
kleine  Serie  trägt  keine  Bezeichnung,  dagegen  an  der  Rückseite  der  Etikette  von  Hartmans 
Hand:  „Is  this  shell  Spiraxis  (Nothus)  Sandwichensis,  Pfr.  =  Leptachatina  sandwichensis, 
Pease?"  Darunter  von  anderer  Hand:  „J  suppose  this  to  be  Spiraxis  (Nothus)  Sandwichen- 
sis. Pfr.  =  Leptachatina  sandwichensis,  Pease.  This  not  a  Leptachatina.  Stenogyra  Tuckeri, 
Pfr.   Reeve.   C.  J.  481,   Authority   of   Cuming  also." 

Stenogyra  Tuckeri,  Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1846,  pag.  30.  und  Reeve, 
Conch.  Icon.,  Monograph  of  the  Genus  Bulimus,  London,  1849,  Nro.  481,  PI.  68,  Fig.  481, 
kann  es  nicht  sein,  denn  weder  Diagnose,  „Testa  subulato-turrita"  u.  s.  w.  noch  Abbildung 
stimmen  mit  der  Art  überein,  außerdem  wird  als  Heimat  angegeben :  ,,Hardy's  Island,  Pa- 
cific Ocean."  Eine  dem  Verfasser  unbekannte  Insel,  doch  wohl  nicht  „Kap  Hardy"  ziemlich 
Südost-Spitze  von  Neu-Guinea  ? 

Es  unterliegt  für  mich  keinem  Zweifel,  daß  wir  es  hier  mit  der  ursprünglichen 
Pfeifferschen  Spiraxis  Sandwichensis  zu  tun  haben.  Diagnose  und  Exemplare  decken  sich, 
eine  Abbildung  hat  Pfeiffer  nicht  gegeben.  Die  geringere  Größenangabe  Pfeiffers  läßt  sich 
wohl  auf  nicht  vollkommen  ausgewachsene  Exemplare  zurückführen.  Ist  doch  dieser  Fehler 
mehrfach  von  ihm  gemacht,  daß  er,  wie  Newcomb  schreibt,  ,,immature  specimens"  be- 
schrieben hat. 

Vergleichen  wir  unsere  Abbildung,  Taf.  IX,  Fig.  10,  die  nach  einem  Exemplare  von 
Kalae  gezeichnet  ist,  und  die  obigen  Diagnosen  mit  der  Diagnose  und  Abbildung  von 
Pfeiffers  Bulimus  (Opeas)  pyrgiscus,  Proc.  zool.  Soc.  1861,  pag.  24;  Malak.  Bl.  1861,  pag.  15; 
Mon.  hei.  viv.  Bd.  VI,  1868,  pag.  97  und  Nov.  Conch.  Bd.  III,  1867 — 1869,  pag.  425,  No.  563, 
Taf.  96,  Fig.  IG — 12,  so  werden  wir  kaum  einen  wesentlichen  Unterschied  zwischen  den 
beiden  Arten  finden. 

Die  oben  erwähnte  Peasesche  Leptachatina  Sandwichensis  ist  Pfeiffers  Spiraxis 
Sandicichensis,  beschrieben  Proc.  zool.  Soc.  London,  Part  XXIV,  1856,  pag.  335,  Nro.  54, 
aber  nicht  zu  verwechseln  mit  Pfeiffers  Leptachatina  Sandivicensis,  welche  derselbe  Proc. 
zool.  Soc.  London,  1846,  Part  XIV,  pag.  32,  Nro.  19  beschrieben  hat,  letztere  ist  eine  echte 
Leptachatina,  s.  oben. 


Genus:   Auriculella,   Pfeiffer,    1855. 
Pfeiffer,    Malak.  Blätter,  Bd.  II,    1855,  pag.  3. 

,,Testa  subperforata,  oblongo-conica;  paries  aperturalis  lamella  spiraliter  intrante  mu- 
nitus;    plica    columellaris    supera,    dentiformis  vel   obsoleta;    peristoma    expansiusculum." 

Gehäuse  wenig  durchbohrt,  länglich-kegelförmig;  Mündungswand  durch  eine  spiralig 
nach  innen  sich  ziehende  Lamelle  befestigt ;  Columellarfalte  oben,  zahnförmig  oder  undeut- 
lich;   Peristom   etwas   ausgebreitet. 

Zoologica.    Uelt  48.  18 


—     138     — 

Typus:  Auriculella  uniplicata,  Pease. 

Dahin  gehören: 

Auriculella  uniplicata,  Pease,  1868. 
(Taf.  IX,   Fig.  14,   15  u.  16.) 

Auriculella  uniplicnin.  Pease,    Journ,  Conch.  France,  Vol.  XVI,    1H68,    pag.  34.4,  No.  8.     PI.  XIV, 

Fig.  7  et  7  a. 
„  »  n  Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  649 

„  „  Smith,    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1873,  pag.  88.     F'l.  X,  Fig.  21. 

Pfeiffer,  Hon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  211,  No.  8. 
„  „  Clessin,  Xom.  Hei.  viv.   1881,  pag.  304,  Xo.  8. 

„  „  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  15. 

„  ,  Ance}-,  Bull.  Soc.  malacol.  France,    18S9,  Vol.  VI,  pag.  222,  No.  13. 

„  „  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.    1889,  pag.  269. 

,  „  Baldwin,    Catalog    of  the  Hawaiian  Land-  and  Freshwater  Shells,    Honolulu, 

1893,  pag-  13- 
„  n  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  378,  No.  19. 

Pease,  Journ.  Conch.  1868,  1.  c. :  „Auriculella  uniplicata."  —  „Testa  solida,  per- 
forata,  dextrorsa  aut  sinistrorsa,  elongato-ovata ;  Spira  conica,  vix  obtusa;  sutura  impressa; 
anfr.  6,  plano-convexis,  longitudinaliter  tenuiter  striatis;  apertura  parum  obliqua,  truncato- 
ovahs;  labro  incrassato,  marginibus  callo  junctis;  lamella  parietalis  tenuis ;  columella  simplex, 
non   plicata;    flavescens   aut   fuscescens,    fusco-fasciata." 

„Long.  7,    diam.  4  mm." 

„Hal)itat.    In   insula   Maui." 

Gehäuse  festschalig,  durchbohrt,  rechts-  oder  linksgewunden,  länglich  eiförmig;  Spira 
kegelförmig,  kaum  abgestumpft ;  Naht  eingedrückt ;  Umgänge  6,  flach  konvex,  zart  längs- 
gestreift ;  Mündung  wenig  schief,  abgcstutzt-o\al ;  Außenrand  verdickt,  Ränder  durch  eine 
Schwiele  verbunden;  Falte  auf  der  Mündungswand  dünn;  Columella  einfach,  nicht  gefaltet; 
grünlich-gelblich,    oder    grau-bräunlich,    braun  gebändert. 

Smith  gibt  im  wesentlichen  ..Proc.  zool.  Soc.  1.  c",  Peases  Diagnose  wieder,  fügt 
nur  hinzu,  daß  die  3 — 4  oberen  Windungen  zuweilen  bräunlich  seien,  daß  die  Naht  mit 
einem  schmalen  blassen  Rande  versehen  sei,  daß  die  Mündung  weiß  sei  und  die  äußere 
Binde  innen  durchscheine  und  daß  die  Columella  ziemlich  zurückgebogen  sei.  Außerdem 
gibt  er  die  Zahl  der  Umgänge  auf  7  an  und  die  Länge  Si'ä  mm,  Durchmesser  4  mm. 
Ferner  werden  zwei  Varietäten  angegeben. 

„Var.  a.     Testa   concolor,   fusco-lutea ;    apertura  et  perist.   aut   albida  aut  fusca." 

Gehäuse  einfarbig,  bräunlich-gelblich;  Mündung  und  Mundsaum  entweder  weiß  oder 
bräunlich. 

„Var.  ß.    Testa  fuscescens,  zona  pallida  anfract.   ultimi    medio  cincta." 

Gehäuse  graubräunlich,  umgeben  auf  der  Mitte  des  letzten  Umganges  mit  einem 
blassen  Gürtel. 

„Station.    On   the   leaves   of   the   „Ki".    ^Cordyline  terminalis.)" 

„Habitat.    Lahaina,   on  West   Maui." 


—     139     — 

Der  Grund  der  dunkleren  Färbung  der  3 — 4  oberen  \\'indungen  ist  wohl  zurückzu- 
führen auf   Reste   des   Tieres,   welche   in  den  oberen  Windungen  zurückgeblieben  sind. 

Von  dieser  Art  sammelte   Meyer  eine  größere  Anzahl  in  „Kawela"  und  „Kahanui". 

Die  Exemplare  haben  vorwiegend  eine  helle,  weißgelbliche  Färbung  und  eine  braune 
Binde  auf  der  Mitte  der  Windungen.  In  ,, Kahanui"  finden  sich  beide  T^ormen,  die  dextrorse 
und  die  sinistrorse  nebeneinander,  diese  Exemplare  haben  eine  lebhaftere  Färbung  und 
eine  breitere  Binde,  Fig.  15  und  16  auf  Taf.  IX.  Die  ,,Kawela"-Exemplare,  Fig.  14,  sind 
etwas  getürmter  und  größer,  Färbung  und  Zeichnung  etwas  matter.  Von  Kawela  liegen  mir 
nur  sinistrorse  Stücke  vor.  Hartman  gibt  für  diese  Art  nur  Maui  als  Fundort  an.  Die 
Exemplare  seiner  Sammlung  sind  identisch  mit  den  Molokai-Exemplaren.  Baldwin  gibt  als 
Fundort  an :  West-Maui  und  Molokai.  West-Maui  gibt  Sykes  auch  an  und  ferner  noch 
Molokai,   Kalamaula   and   above    Pelekunu. 

Der  Name  ,M)n plicata"  ist  meiner  Meinung  nach  nicht  gerade  günstig  gewählt.  Die 
mir  bekannten  Maui-  und  Molokai-Formen  haben  auf  der  Mündungswand  nur  eine  Lamella 
und  an  der  Columella  keine  Falte,  zum  Unterschiede  von  der  Aur.  auricida  von  Oahu, 
welche  auf  der   Columella   eine   deutliche   Falte   trägt. 

Die  Var.  ß,  —  siehe  unter  Smith  Diagnose  —  scheint  mir  identisch  zu  sein  mit 
Pfeiffers   Neioconibi,   siehe  folgende   Art. 

Auriculella  Ne\vcombi,  Pfeiffer,  1852. 
(Taf.  IX,   Fig.  17   u.  18.) 

Balm  Xpwcomhi,  Pfeiffcf,  Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XX,    March  9,    1852,    pag.  67,    No.  55. 

Unter  der  Diagnose  von  Balea  Newcombi,  Pfr.  in:  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  111, 
1853,  pag.  583,    No.  6,    führt  Pfeiffer  an:    „In   Proc.  Zool.  Soc.  London, 
9.  Dez.   1851."      Dort  findet    sich  aber  keine  Diagnose,    sondern  im  fol- 
genden Bande,    1852,  pag.  67,  s.  oben. 
Mon.  Hei.  viv.  Bd.  III,   1853,  pag.  583,  No.  6. 
Achatinella  oheliscu.<,  Pfeiffer,  (Balea  Newcombi,  Pfr.)  Proc.  Zool.   Soc.  London,   Part  XXIII,   1855, 

pag.  206,  No.  25. 
Auriculella  „  „  (Bak-a  Newcombi,  Pfr.)  Pfeiffer,  Maiak.  Blätter,  Bd.  II,   1856,  pag.  166. 

Hier,  sowie  in  den  Proc.  stellt  er  seine  Balea  Newcombi    als  synon. 
zu  Ach.  obeliscus,  ohne  jegliche  Bemerkung.     An  beiden  Stellen  der 
bloße  Name,  ohne   Diagnose. 
Teiiiem  Neircombl,  Bourguignat,  Revue  et  Magasin  de  Zool.  XX.  annee,  No.  12,  Paris,  1857,  pag.  562. 

Amenites  malacologiques,  Tom.  II,  pag.  80,  No.  2,  Paris,  1856-1860. 
Achatinella  ohelisctis  =  Balea  Newcombi,  Newcomb,    Synopsis,    Annais  Lyc.  Newyork ,    Nat.  Hist., 

Vol.  VI,   1858,  pag.  323,  No.  84. 
Auriculella         „         Pfr.,  (Balea  Newcombi,  Pfr.)  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  IV,  1859,  pag.  570,  No.  210. 
Achatinella  ,  Reeve,    Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1860,  pag.  214,  No.  115. 

Auriculella  .  =  Balea  Newcombi,  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  Yl,    1868,  pag.    187,  No.  230. 

Pea.se,   Journ.  de  Conch.,  France,    1868,  Cah.  4,  pag.  343,   No.  4. 

Proc.  Zool.  Soc.   London,   1869,  pag.  649. 
Pfeiffer,   Mon.  Hei.  viv.  Bd.  VIII,   1877,  pag.  213,  No.  16. 
„  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv.    1881,  pag.  304.  No.  16. 

svn. :  Balea  Newcombi.  Pfr. 


—     140     — 

Auriculella  olcliscus,  =  Balea  Newcombi,  Pfr.,  Hartman.   Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Phila- 
delphia,  1888,    pag.  15. 
„  „  Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.  IL  Abt.    1889,  pag.  269. 

„  „  Ancey,  Bull.  Soc.  malac.  France,   Vol.  VI,    1889,  pag.  229,  No.  19. 

syn. :  Balea  Newcombi,  Pfr. 
„  „  Baldwin,    Catalog    of    the    Hawaiian    Land-  and  Freshwater  Shells,    Honolulu, 

1893,    pag-   13- 
Balea  Newcombi,  Pfr.    is  Auriculella  obeliscus,   Pfr.     Baldwin,    Catalog  of  the  Hawaiian  Land-  and 

Freshwater  Shells,  Honolulu   1893,  pag.  24. 
Auriculella  newcombi,  Pfr.,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  ;^jj.  Xo.  10. 

Syn. :    Ach.  obeliscus,  Pfr. 

Pfeiffer,  Proc.  zooL  Soc,  L  c. :  „Balea  Neivcombi."  —  „B.  testa  sinistrorsa,  brevis- 
simc  rimata,  turrita,  tenuis,  striatula,  nitida,  pellucida,  pallide  Cornea,  fascia  i  rufa  ornata; 
spira  elongata,  apice  acuta;  anfr.  7,  planiusculi,  ultimus  v.  longitudinis  subaequans,  ad  pa- 
rietem  aperturalem  lamella  obliqua  munitus,  basi  rotundatus;  columella  subtorto- plicata; 
apertura  obliqua,  semiovalis;  peristomate  tenue,  expansiusculum,  margine  columellari  supernc 
dilatato,  reflexo." 

„Long.   7,    diam.   3  mm.    Apert.   2' 3  mm  longa." 

„Habitat   in   insulis   Sandwich." 

Gehäuse  linksgewunden,  kurz  geritzt,  turmförmig,  dünn,  feingestreift,  glänzend  durch- 
sichtig, blaß  hornfarbig,  mit  einer  rotbraunen  Binde  geschmückt;  Spira  verlängert,  Apex 
spitzig;  Umgänge  7,  ziemhch  flach,  der  letzte  ungefähr  i;;  der  Gesamtlänge  bildend,  auf 
der  Mündungswand  mit  einer  schiefen  Lamelle  versehen,  an  der  Unterseite  gerundet.  Spindel 
wenig  gedreht  gefaket;  Mündung  schief,  halbeiförmig;  Mundsaum  dünn,  wenig  erweitert, 
Spindelrand  oben  verbreitert,  zurückgebogen. 

Das  Material,  welches  ich  nach  I^feiffers  Originaldiagnose  zu  dieser  Art  zählen  muß, 
ist  von  Meyer  in  reichlicher  Zahl  in  ,,Kawela"  gesammelt.  (Taf.  IX,  Fig.  17  und  18.)  In 
der  Hartmanschen  Sammlung  ist  sie  nicht  vorhanden;  Baldwin  ist  die  Art  unbekannt. 
Sykes  gibt  als  Fundort  Kalamaula,   Insel  Molokai,  an. 

Nach  Vergleich  der  unipUcata-  und  A'eit'com&j- Diagnose  muß  man  zu  der  Über- 
zeugung gelangen,  daß  wir  hier  zwei  nahe  verwandte,  wenn  nicht  identische  Formen,  vor 
uns  haben.  Beide  links-  und  rechtsgewunden  und  Übergänge  von  einer  zur  andern  Art 
zeigend.  Darnach  müßten  die  beiden  Arten  zusammengezogen  werden  und  der  Smithsche 
Name  müßte  vor  dem  Pfeifferschen  zurückstehen.  Da  es  keine  Abbildung  von  der  Pfeiffer- 
schen Neivcombi  gibt,  mir  außerdem  keine  Original-Exemplare  dieser  Art  bekannt  sind,  so 
führe   ich   sie   einstweilen    als   Arten    nebeneinander   auf. 

Auriculella   brunnea,   Smith,    1873. 
{Tai.  IX,   Fig.  19,  19a  u.  20,  20a.) 

Auriculella  bruintea,  Smith,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Jan.  7,   1873,  pag.  88,  PI.  X.  Fig.  23. 
Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv..  Bd.  VIII,    1877,  pag.  212,  No.  10. 
r  „  Clessin,  Nom.  Hei,  viv.,    1881,  pag.  304,  No.  10. 

Hartman.    Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1888.  pag.  14. 
,  ■  Ancey,  Bull.  Soc.  malac.  France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  223,  No.  14. 


-  -     141     — 

Auriculella  brunnea  Paetel,  Katalog,  4   Aufl.  II.  Abt.    1889,  pag-  269. 

„  „  Baldwin,    Catalog    of    Hawaiian    Land-    and    Freshwater    Shells,     Honolulu, 

1893.    pag.    13- 
„  „  Gwatkin,  Pioc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,   1895,  pag.  238,  Radula. 

„  „  Sykes.    Fauna  Moll.   Hawaiiensis,    1900,  pag.  375,  No.  3. 

Smith,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c. :  „Auriculella  hrunnea."  —  „Testa  conico-ovata,  sini- 
strorsa,  subperforata,  nitida,  castanea ;  sutura  simplex,  anguste  albo  cincta;  anfract.  7,  paulu- 
lum  convexi,  primi  2  politi ;  apex  obtusiusculus ;  apertura  fusca ;  lamina  parietalis  alba,  tenuis ; 
perist.  leviter  dilatatum,  callo  albido  tenui  ad  columcllam  junctum;  columella  paululum  re- 
flexa,   vix  plicata." 

„Long.  8  mm,   diam.  4." 

„Station  arboreal." 

„Habitat.    Island   of   Molokai   and  Lanai." 

Gehäuse  rundlich -kegelförmig,  linksgewunden,  ein  wenig  durchbohrt,  glänzend, 
kastanienbraun ;  Naht  einfach,  schmal  weiß  umgürtet ;  Umgänge  7,  ein  wenig  konvex,  die 
ersten  zwei  geglättet ;  die  Spitze  ein  wenig  abgestumpft ;  Mündung  graubraun ;  Falte  der 
Mündungswand  weiß,  dünn ;  Mundsaum  leicht  verbreitert,  durch  eine  weiße,  dünne  Schwiele 
mit  der   Spindelsäule    verbunden ;    Spindelsäule  ein  wenig  zurückgebogen,   kauin  gefaltet. 

Diese  Form  ist  von  Meyer  in  „Waiakapuaa"  gesammelt  worden  und  in  einer  an- 
sehnlichen Suite  vertreten. 

Hartman  gibt  als  Fundort:  Molokai  und  Kauai  an;  Baldwin  nur  Molokai  und 
Sykes  und  Smith  Molokai  und  Lanai.  Perkins  hat  die  Art,  teste  Sykes,  in  Kalamaula 
auf   Molokai   und   auf    Lanai,    behind    Koele,   gesammelt. 

Diese  Art  kennzeichnet  sich  leicht  an  der  glänzenden  kastanienbraunen  Färbung  und 
der  weißlichen  Suturalbinde,  geht  aber  durch  hellere  P'arbennuancicrung  nach  lurida,  Pfr. 
über,  die  bislang  nur  von  Oahu  und  Maui  angegeben  wird,  außerdem  haben  Exemplare 
mit  starkem  Mundsaume  und  verdickter  Schwiele  auf  der  Mündungswand  die  größte  Ana- 
logie mit  crassula,  Smith. 

Diese  Art  findet  sich  am  oben  bezeichneten  Fundorte  sowohl  rechts-  als  auch  links- 
gewunden. Fig.  19  und  20  sind  nach  Exemplaren  von  Waiakapuaa  gezeichnet,  Fig.  20  zeigt 
außerdem  die  crassula-Yoxra. 

Fig.  21  und  22  stellt  die  folgende  als  lurida,  Pfr.  beschriebene  Form  dar,  läßt  sich 
aber    nicht    strikte    von    brunnea,   Smith    auseinanderhalten. 

Auriculella   lurida,    Pfeiffer,    1856. 
(Taf.  IX,  Fig.  21,  21a  u.  22,  22a.) 

Auriculella  lurida,  Pfeiffer,    Versuch    einer    Anordnung    der    Heliceen    nach    natürlichen    Gruppen. 

Malakozool.  Blätter,  Bd.  II.  1856,  pag.  166,  (Nomen  solum).  Pfeiffer 
zieht  den  Namen  Tornatellina  castanea,  Mon.  Hei.  viv.  Bd.  III,  1853, 
pag.  524,  No.  9,  ein,  jedenfalls,  um  eine  Verwechslung  mit  Reeves 
Achatinella  castanea,  Monograph  Gen.  Achatinella,  Conch.  icon.  1850, 
No.  24,  PI.  III,  Fig.  24,  zu  vermeiden. 

TornateUina  castanea,   Pfeiffer,  Mon.  Hcl.  viv.   Bd.  III,    1853,  pag.  524,   No.  9. 


—     142     — 

Achatinella  lurida,    Pfr.,   ^Tornatellina    castanea,    Pfr.)    Pfeiffer,    Proc.  Zoo!.  Soc.    London,     1855, 

pag.   206.    No,   24. 
TornateUina  cas<ö?!ea  =  Auriculella  lurida,  Pfeiffer.  Versuch,  Malakozool.  Bl,   Bd.  II,    1856,  pag.  166. 
Achatinella   lurida  =  TornateUina  castanea,  Newcomb.  Synopsis,  Annais  L},c.  Xewyork,  Nat.  Hist. 

Vol.  VI,    1858,  pag.  323.  iS'o.  83. 
Leptinaria         „        H.  u.  A.  Adams,    Genera  of  rec.  Mollusca,  Vol.  II,  London,    1058,  pag.  140. 
Balea    castanea,  „  Genera  of  rec.  .Moll.   Vol.  IT,  London,   1858,  pag.  174. 

Auricidella  lurida,  Pfeiffer,    Alon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag.  570,  No.  209. 
TornateUina  castanea,   „         Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  IV,    1859,  pag.  570,  unter  No.  209. 
Achatinella  lurida,    Reeve,    Elements  of  Conchology,   Vol.  I,    1860,  pag.  213,  No.  92. 
Tor?iatellina  castanea,    „        Elements  of  Conchology,  Vol.  I,    1S60.  pag.  211.  No.  285. 
Auriculella  lurida,   Pfeiffer,  Mon.  Hei    viv.,  Bd.  VI,   1868,  pag.  287,  No.  229. 

TornateUina  castanea,  syn.  Aur.  lurida,  Pfr.,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,   1868,  pag.  187,  unter  No.  229. 
Auricidella  lurida,  Pease,  Journ.  de  Conchyliologie,  Vol.  XVI,   1868,  No.  4,  pag.  343,  No.  3. 

„  n  -         Proc.  Zool.  Soc.  London,    1869,  pag.  649. 

„  „         Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  213,  No.  15. 

TornateUina  msianea  =  syn.  Aur.  lurida   Pfr,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII.    1877,  pag.  213,   unter  No.  15. 
Auriculella  lurida,  Clessin.  Nom.  Ilel.  viv.,    1881,  pag.  304,  No.  15. 

Tornatellina  castanea  =  Aur.  lurida,  Pfr.,  Clessin,  Nom.  Hei.  viv..    1881,  pag.  304,  unter  No.  15. 
Auriculella  lurida,  Hartman.  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.   Philadelphia,    1888,  pag.  15. 
Tornatellina  castanea  =  Aur.  lurida.    Hartman ,    Catalogue ,    Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia, 

1888,    pag.    15. 
Auriculella  lurida,  Ancey,  Bull.  Soc.  malacozool.  France.  VI,   1889,  pag.  228,  No.  18. 

Als  Syn.  dazu:  Tornatellina  castanea,  Pfr.  u.  Balea  castanea,  Adams. 
„  Paetel,  Katalog.  4.  Aufl.  II.  Abt.,    1889,  pag.  269. 

,,  „  Baldwin,  Catalog  ofHawaiian  Land- and  Freshwater  Shells,  Honolulu,  1893,  pag.  13. 

Aur.  (Tornatellina)  castanea  is  Aur.  lurida,  Pfr.,  Baldwin,  Catalog,   1893.  pag.  24. 
Auriculella  lurida,  Sykes,  Fauna  Moll,   Hawaiiensis,    1900,   pag.  376,  No.  9. 

TurnatcUina  castanea  —  Aur.  lurida,    Pfr.,    Sykes,    Fauna    Moll.    Hawaiiensis,    1900,     pag.   376, 
unter  No.  9. 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  1.  c. :  „Tornatellina  castanea."  —  „Testa  sinistrorsa,  ovato- 
turrita,  solidula,  striatula,  nitida,  corneo-castanea ;  spira  turrita,  obtusiuscula ;  sutura  impressa, 
marginata;  Anfr.  8,  planiusculi,  ultimus  ^a  longitudinis  paulo  superans,  carinatus;  lamella 
parietalis  valida,  alba,  spiraliter  intrans ;  columella  superne  torta  et  calloso-incrassata ;  aper- 
tura  obliqua,  obverse  auriformis ;  perist.  rectum,  margine  externo  acuto,  columellari  sub- 
incrassato." 

„Long.   8,   diam.   4   mm.    Ap.   3   mm   longa." 

„Habitat  in  insulis  Sandwich." 

„Obs.  Differt  a  T.  Petitiana  colore,  sculptura,  carina,  columella  non  dentata.  Affi- 
nier videtur  T.  sinistrorsae,   Cham.,   sed  forma  turrita   satis   diversa." 

Gehäuse  linksgewunden,  eiförmig  getürmt,  ziemlich  festschalig,  fein  gestreift,  glänzend, 
hornfarbig  kastanienbraun;  ziemlich  stumpf;  Naht  eingedrückt,  gerandet;  Umgänge  8,  ziem- 
lich eben,  der  letzte  reichlich  ein  Drittel  der  Gesamtlänge  ausmachend,  gekielt ;  die  Falte 
der  Mündungswand  stark,  weiß,  spiralförmig  sich  nach  innen  ziehend;  Spindel  oben  gedreht 
und  schwielig  verdickt;  Mündung  schief,  verkehrt  ohrförmig;  Mundsaum  gerade,  Außen- 
rand scharf,   Spindelrand   wenig   verdickt. 


—     143     — 

Das  Material,  welches  ich  zu  dieser  Art  ziehe,  ist  von  Meyer  in  ansehnlicher  Menge 
in   Kahanui   gesammelt   worden. 

Baldwin  gibt  Maui  (?)  als  Fundort  an  und  Sykes  Mount  Tantalus  auf  der  Insel 
O  a  h  u. 

Die  schöne  Suite  in  der  Hartmanschen  Sammlung  hat  als  Fundortsangabe  ,, Sand- 
wich-Inseln".   Die   Exemplare  sind  aber  dem  Materiale  von   Kahanui   absolut   gleich. 

Die  helle  kastanienbraune,  bald  einfarbig,  bald  mit  einer  helleren  Suturalbinde  ver- 
sehene Färbung  läßt  sie  leicht  erkennen.  Smiths  hrunnea  ist  nach  dem  mir  vorliegenden 
Materiale  von  Meyer,  sowie  nach  einer  Suite  in  der  Hartmanschen  Sammlung  nur  eine 
recht   dunkel    kastanienbraun   gefärbte    Varietät   der   lurida,   Pfr. 

Aur.  lurida,  Pfr.  ist  unter  den  Kahanui-Exemplaren  sowohl  links-  als  rechtsgewunden 
vertreten,  Taf.  IX,  Fig.  21  und  22.  Außerdem  zeigen  eine  Reihe  dieser  Exemplare  eine 
stark  verdickte  Mündung  und  eine  ziemlich  dicke  Schwiele  auf  der  Mündungswand,  voll- 
ständig gleich  den  in  der  Hartmanschen  Sammlung  liegenden  Smithschen  Typen  von  cras- 
siila,   Fig.  22   und   20  auf  Taf.  IX. 


'&• 


Auriculella  crassula,  Smith,   1873. 
(Taf.  IX,   Fig.  20  u.  22.) 

Auriculella  rnntsidii,  Smith,  Pioc.  Zool.  Soc.   London,  Jan.  7.    1873.  pat;.  88.     PI.  X.  Fig.  22. 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.   viv.,  Bd.  VIII,    1877,  pag.  210,  No.  7. 
„  „  Clessin,  Nom.  Hei.  viv,    1881,  pag.  304,  No.  7. 

„  „  Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,    1888,  pag.  14. 

„  „         Ancey,  Bull.  Soc.  malac.  France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  224. 

„         ponderosa,       „         Bull.  Soc.  malac,   France,   Vol.  VI,   1889,  pag,  225, 

crasfuitu,  Baldwin,  Catalog  of  Hawaiian  Land-  and  Frcsh water  Shells,  Honolulu,  1893,  pag,  13, 
„  „  Sykes,  Fauna  Moll,   Hawaiiensis,    1900,  pag,  376,  No,  7, 

„         pondcrum,     „        Fauna  Moll.  Hawaiiensis,    1900,  pag.  376,  als  syn.  zu  crassula,  unter  No.  7. 

Smith,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1.  c. :  „Auriculella  crassula."  —  „Testa  sinistrorsa, 
(interdum  dextrorsa)  ovato-conica,  solida,  distincte  perforata,  haud  nitida,  dilute  fusca ;  an- 
fract.  6V2,  subplani ;  apertura  intus  sordide  albida ;  perist.  incrassatum,  basi  levissime  dila- 
tatum,  ad  anfract.  Ultimi  juncturam  tuberculo  parvo  prominente  munitum;  columella  crassa, 
aliquante   reflexoa,   haud  plicata,   callo  tenui  labro  juncta;   lamina  parietalis  tenuis." 

„Long.  71/2  mm,    diam.   4." 

„Station.    On  the  leaves  of  trees." 

„Habitat.    Makawao,   on   East   Maui." 

Gehäuse  links-,  zuweilen  rechtsgewunden,  rundlich  kegelförmig,  festschalig,  deutlich 
durchbohrt,  nicht  glänzend,  licht  graubraun ;  Umgänge  6Vä,  etwas  flach ;  Mündung  innen 
schmutzig  weiß ;  Mundsaum  verdickt,  an  der  Basis  unbedeutend  erweitert,  bei  der  Verbin- 
dung mit  dem  letzten  Umgange  durch  ein  kleines  hervorragendes  Höckerchen  befestigt; 
Columellarrand  dick,  ziemlich  zurückgebogen,  nicht  gefaltet,  durch  eine  schwache  Schwiele 
mit   dem   Außenrande   verbunden;    Lamelle   auf  der   Mündungswand  dünn. 

Ancey  gibt  für  seine  Auriculella  ponderosa,  Bull.  Soc,  malac,  France,  1.  c,  keine 
Diagnose. 


144     — 

Exemplare,  welche  Ancey  von  Baldwin  mit  der  Bezeichnung :  „Auriculella  crassula, 
Smith"  erhalten  hat,  stimmen  nach  „Anceys  Ansicht"  nicht  mit   Smiths  crassula  überein. 

Ancey  schreibt:  Bulletin  Soc.  malac.  France,  1889,  pag.  225:  ,,Ainsi  la  spire  est 
moins  allongee,  le  test  parait  encore  plus  epais  et  plus  solide,  de  plus  il  est  glabre  et  luisant, 
le  dernier  tour  en  parait  plus  volumineux,  les  bords  de  l'ouverture  sont  epais  et  reunis  par 
une  tres  forte  callosite  s'empätant  encore  davantage  pres  de  Tinsertion  supero-aperturale, 
oü  eile  forme  saillie  et  devient  tuberculiforme.  Cette  coquille,  qua  je  nommerai  Auriculella 
ponderosa,  est  peut-etre  l'une  des  deux  Especes  de  Maui  que  M.  E.  A.  Smith  a  mentionnees, 
Sans  les  decrire,  dans  les  Annales  du  Lycee  de  New-York  (1873).  Elle  est  tantot  dextre, 
tantot  senestre;  son  peristome  est  blanc,  et  le  test  est  soit  unicolore,  soit  jaune  avec  une 
bände  brune   et   etroite   entourant   le   dernier  tour." 

Die  von  Ancey  oben  erwähnten  beiden  Smithschcn  Arten  sind :  Auriculella  jucunda, 
Smith,  und  Auriculella  solidlssiriia,  Smith,  erstere  von  Wailuku,  West-JMaui,  letztere  von 
Makawao,  Ost-i\Iaui.  Annais  Lyc.  New-York,  Nat.  Hist.  Vol.  X,  Nov.  1873,  pag.  331  und 
pag.  332. 

Diese  Namen  tauchen  zuerst  in  den  ..Annais  Lyc.  New-York",  1.  c.  auf  und  zwar  in 
einem  \'erzeichnisse  der  Achatinellen,  welche  Gulick  an  Bland  geschickt  hat  zur  Beschrei- 
bung der  „Lingual  Dentition  and  Anatomy  of  Achatinella".  In  der  gesamten  Achatinellen- 
Literatur  findet  sich  nirgends  eine  Beschreibung  dieser  Arten ;  trotzdem  sind  sie  als  ,, bloße 
Namen"  in  den  8.  Bd.  von  Pfeiffers  ]\Ion.  Hei.  pag.  214,  —  hier  nur  jucunda,  Smith,  als 
eine  Pfeiffer  unbekannte  Art  — ,  in  Clessins  Nom.  Hei.  pag.  304  und  in  Hartmans  und 
Paetels  Kataloge  übergegangen.  Ancey,  Bull.  Soc.  malac.  pag.  236,  stellt  sie  ans  Ende  seiner 
Monographie  der  Auriculella- Ax\.en  als  ,, especes  sans  avoir  jamais  ete  caracterisees  dans 
les  ouvrages  de  divers  auteurs".  Sykes  bezeichnet  sie  in  seiner  Fauna  Moll.  Hawaiiensis, 
pag.  379   als    ,,insufficiently   known    Species". 

Nach  meiner  Meinung  wäre  es  richtiger,  diese  Namen  einfach  fallen  zu  lassen,  an- 
statt sie  immer  noch  weiter  zu  führen  in  der  Literatur.  Der  \Virrwarr  in  der  Synonymie 
und  die   L'nsicherheit  in   der  Erkennung  der  Arten  wird  dadurch  nur  vergrößert. 

Die  Form,  welche  ich  hierzu  ziehe,  findet  sich  sowohl  unter  dem  lurida-MaX.eT\a\e 
von  ,,Kahanui",  als  auch  unter  den  hrunnea'E\Qm\Aaren  von  „Waiakapua  a".  Bald 
dunkel-kastanienbraun  mit  oder  ohne  hellerer  Suturalbinde,  bald  heller  kastanienbraun,  eben- 
falls mit  oder  ohne  hellere  Suturalbinde,  das  einzige  charakteristische  Unterscheidungskenn- 
zeichen ist  der  stärker  verdickte  Mundsaimi  und  die  stärkere  Schwiele,  welche  die  beiden 
Ränder  verbindet. 

Diese  Gehäuseabweichung  findet  sich  an  beiden  Fundorten  in  der  dextrorsen  und 
sinistrorsen  Form.  Hartman  und  Baldwin  geben  als  weiteren  Fundort  noch  Makawao  auf 
East  Maui  an,   Sykes   noch  Jao  Valley,   Olinda  und  „Haleakala  at  4000  feet". 

Fig.  20  stellt  ein  Exemplar  von  ,,Waiakapuaa"  und  Fig.  22  ein  solches  von  „Ka- 
hanui"   dar. 


—     145     — 

Auriculella   cerea,   Pfeiffer,    1855. 

(Taf.  IX,   Fig.  23,  23  a  u.  24,  24a.) 

i, 
Auriculella  cerea,  Pfeiffer,  Proc.  Zool.  Soc.  London,  1855,  pag.  2,  PI.  XXX,  Fig.  21. 

Mal.  BI.,  Bd.  II,   1855,  pag.  3,  No.  14  c. 
Mal.  BI.,  Bd.  II,   1855,  pag.  166. 
AchatineUa       „       Newcomb,    Synop.sis,  Annais  Lyc.  Newyork,  Nat.  Hist.  Vol.  VI,   1858,  pag.  323, 

No.  86. 
Auriculella       „       H.  u.  A.  Adams,  Genera  of  recent  Moll.  Vol.  II,  London,  1858,  pag.  139. 

„  „        Pfeiffer,  Mon.   Hei.  viv.,   Bd.  IV,   1859,  pag.  569,  No.  205, 

AchatineUa       „       Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  213,  No.  23. 
Auriculella       „       Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,   1868,  pag.  187,  No.  225. 

Pease,  Journ.  de  Conch.,  France,  Vol.  XVI,   1868,  Cah.  4,  pag.  343,  No.  5. 
„  „  „       Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  649. 

Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  210,  No.  3. 
„  „       Nevill,    Hand  List    of  Mollusca    in    the  Indian   Museum  Calcutta ,    1878,    Part   I, 

pag.  159,  No.  118. 
Clessin,  Nom.  Hei.   viv.,   1881,  pag.  304,  No.  3. 
„  „        Hartman,    Catalogue,  Proc.   Acad.   Nat.  Scienc.  Philadelphia,  1888,  pag.  14. 

Ancey,    Bull.  Soc.  malac.  France,  VI.  Bd.,  1889,  pag.  217,  No.  8. 
Paetel,  Katalog,  4.  Aufl.  H.  Abt.    1889,  pag.  269. 
„  „       Baldwin ,    Catalog    of   the    Hawaiian    Land-    and    Freshwater    Shells ,    Honolulu, 

1893,    pag.   13. 
„  „       Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  376,  No.  4. 

Pfeiffer,  Proc.  zool.  Soc,  1.  c. :  „Auriculella  cerea."  —  „Testa  subperforata,  dex- 
trorsa,  elongato-conica,  tenuis,  striatula,  diaphana,  cerea;  spira  turrita,  apice  obtusa;  anfr.  8, 
vi.\  convexiusculi,  ultimus  Vs  longitudinis  subaequans,  basi  subcompressus ;  apertura  parum 
obliqua,  truncato-ovalis,  lamella  parietalis  tenuis;  plica  columellaris  obsoleta;  perist.  album, 
margine  dextro  breviter  expanso,   columellari  dilatato,  patente." 

„Long.   8%,    diam.   32/3   mm.    Ap.   3   mm  longa,   2   lata." 

„Habitat  in   insulis   Sandwich." 

Gehäuse  wenig  durchbohrt,  rechtsgewunden,  länglich  eiförmig,  dünn,  fein  gestreift, 
durchsichtig,  wachsfarbig;  Spira  getürmt,  Apex  stumpf;  Umgänge  8,  kaum  schwach  ge- 
wölbt, der  letzte  ein  Drittel  der  Gesamtlänge  bildend,  an  der  Basis  etwas  zusammengedrückt; 
Mündung  wenig  schief,  abgestutzt  eiförmig,  Falte  der  Mündungswand  dünn,  Columellarfalte 
schwach;  Mundsaum  weiß,  der  Außenrand  kurz  erweitert,  der  Columellarrand  verbreitert, 
abstehend. 

Eine  statdiche   Serie   dieser   Form   ist  von   Meyer   in   ,,Kealia"   gesammelt. 

Newcomb  gibt  ebenfalls  Molokai  als  Fundort  an.  Das  Indian  Museum  in  Calcutta 
hat  20  Exemplare  von  Auriculella  cerea,  Pfr.  von  Newcomb  erhalten  mit  der  Fundorts- 
angabe  Molokai,   teste   Nevill,   Hand   List   of  Moll.   1878,   Part  I,  pag.  159,   Nro.  118. 

Die  anderen   Autoren  geben   nur  allgemein   Sandwich-Inseln  als   Fundort   an. 

Diese  Art  ist  an  der  wachsgelben  einfarbigen  Epidermis  leicht  von  den  andern  zu 
unterscheiden.  Sie  liegt  mir  aber  in  rechts-  und  linksgewundenen  Exemplaren  vor,  Fig.  23 
und  24    Exemplare  von  Kealia. 

Zoologie».    Heft  48.  19 


—     146     — 

Fig.  23  ist  Pfeiffers  cerea,  Fig.  24  ist  nach  der  Diagnose,  die  nach  einem  unaus- 
gewachsenen Exemplare  gemacht  ist,  wie  Pfeiffer  selbst  Mal.  Blätter,  1855,  pag.  4  zugibt: 
„juv.  Labro  nondum  expanso",  Aur.  Petitiana,  Pfr.  Auch  Pease,  Journ.  Conch.  1868, 
pag.  343  hält  sie   dafür. 

Auriculella  Petitiana,  Pfeiffer,  1847. 
(Taf.  IX,  Fig.  24  u.  24  a.) 

TornaieUina  Pctitiund,  Pfeiffer,    Zeitschr,  für  Malakozoologic,  4.  Jahrg.   1847,  pag.  149,  No.  13. 

Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  II,   1848,  pag.  391,  No.  2. 
„  „  Küster,    Mon.    Pupa,    u.  s.  w.     Syst.    Conch.    Cab.  Mart.  u.   Chemn.    1852, 

I.  Bd.,   15.  Abt.  pag.  153  -  154,  No.  12,  Taf.  18,  Fig.  24  u.  25. 
Pfeiffer,    Mon.   Hei.  viv.,  Bd.  111,   1853,  pag.  525,  No.  10. 
Achatinella  „  ,,  Mal.  Bl.,  Bd.  II,   1855.  pag.  4,  No.  14 d. 

Auriculella  „  „  Mal.   Bl.,  Bd.  II,   1855.  pag.  166. 

peiitidna,  II.  u.  A.  Adams,    Genera  of  rec.  Moll,  Vol.  II,  London,   1858,  pag.  139. 
Pfeiffer,    Mon.  Hei.   viv.,  Bd.  IV,   1859,  pag,  570,  No.  206. 
Pfr. :  juv.  (labro  nondum  expanso.) 
Toniatellina  FetUiana,  Reeve,  Elements  of  Conchology,  Vol.  I,   1860,  pag.  212,  No.  302. 
Auriculella  „  Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VI,   1868,  pag.  187,    No.  226. 

„  „  Pease,   Journ.  de  Conch.,  France,  Vol.  XVI,   1868,  Cah.  4.  pag.   343,  No.  6. 

„  pelitiana,        „         Proc.  Zool.  Sog.  London,   1869,  pag.  649. 

Petitiana,   Pfeiffer,  Mon.  Hei.  viv.,  Bd.  VIII,   1877,  pag.  210,  No.  4. 
„  „  Clessin,    Nom.   Hei.  viv.,   1881,    pag.  304,  No.  4. 

Hartman,  Catalogue,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  15. 
„  ,  Ancey,    Bull.  Soc.  malac,  France,  VI.  Bd.,   1889,  pag.  227,   No.  17. 

Paetel,    Katalog,  4.  Aufl.  II.  Abt.,   1889,  pag.  269. 
„  pelitiana,    Baldwin,    Catalog  of  the  Hawaiian  Land-  and  F'reshwater  Shells,  Honolulu, 

1893,  pag.   13. 
„  „  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  377,  No.  13. 

Pfeiffer,  Zeitschrift  für  Malac,  1.  c. :  „TornaieUina  petitiana.'"  —  „T.  sinistrorsa, 
conico-turrita,  laevigata,  nitida,  pellucida,  Cornea;  spira  elongata,  apice  acutiuscula;  sutura 
anguste  marginata;  anfr.  8  vix  convexiusculi,  ultimus  Vs  longitudinis  subaequans,  basi  ro- 
tundatus;  paries  aperturalis  lamella  acuta,  elevata,  alba,  spiraliter  intrante  munitus;  colu- 
mella  superne  subtorto-dentata;  apertura  obhqua,  semiovalis;  intus  tenuiter  albo-callosa; 
perist.  acutum." 

„Long.  61/3,    diam.  anfr.   ult.  3  mm.    Ap.  2V1  mm  longa." 

„Habitat  .  .  .  ?" 

Gehäuse  linksgewunden,  konisch  turmförmig,  ziemlich  glatt,  glänzend,  durchsichtig, 
hornfarbig;  Spira  verlängert,  Apex  wenig  spitz;  Naht  schmal  gerandet;  Umgänge  8,  kaum 
schwach  gewölbt,  der  letzte  ein  Drittel  der  Gesamtlänge  bildend,  Basis  gerundet;  auf  der 
Mündungswand  eine  scharfe,  erhabene,  weiße  Lamelle,  welche  sich  spiralförmig  nach  innen 
anlegt;  Columella  oben  schwach  gekrümmt  gezähnt;  Mündung  schief,  halbeiförmig:  innen 
dünn  weißschwielig;   Mundsaum  scharf. 

Die  linksgewundene  Form  der  Auriculella  cerea  Pfr.  =  Auriculella  Petitiana  Pfr. 
findet    sich    ebenfalls    in    Kealia,    Meyers    Ausbeute.     Fig.   24    und    24a    stellt    ein    solches 


—     147 


Exemplar   von   dort   dar.     Nach   meinem   Dafürhalten  sind  die  beiden   Formen   identisch  bis 
auf   die   verschiedenen   Windungen. 

Beide  kommen  an  demselben   Fundorte  „Kealia"   vor. 
Darnach  ist : 

AuriculeUa   cerea,   Ffr.,   die   dextrorse  Form, 
AuriculeUa  Petitiana,   Ffr.,  die   sinistrorse  Form. 
Färbung  und  Gehäuseform  ist  sonst  gleich. 


Die  Übersicht    über  die  bekannten   Auriculella-Arten  von  Molokai 
gestaltet   sich   folgendermaßen : 

1 .  Gehäuse    weiß  -  gelblich ,    eine    dunkle 

Binde  auf  der   Mitte   der  Windungen.     Taf.  IX,  Fig.  14—16.    Aur.  uniplicata,  Pease. 

2.  Gehäuse   blaß-hornfarbig,    eine   matte 


dunklere  Binde  auf  der  Mitte  der  Win- 
dungen. 

3.  Gehäuse  einfarbig,  dunkelkastanien- 
braun, eine  helle  oder  weiße  Sutural- 
binde. 

4.  Gehäuse  hellbraun,  mit  oder  ohne  helle 
Suturalbinde. 

5.  Gehäuse  einfarbig,  hell-wachsfarben. 

6.  Gehäuse  wie  bei   5,   sinistrors. 

7.  Gehäuse  wie  3  oder  4.  Mündungswand 
mit  dickerer  Schwiele  belegt,  Mund- 
saum dicker. 


Taf.  IX,  Fig.  17  u.  18.    Aur.  Newcombi,  Pfr. 

Taf.  IX,  Fig.  19  u.  20.    Aur.  brunnea,  Smith. 

Taf.  IX,  Fig.  21    u.  22.    Aur.  lurida,  Pfr. 
Taf.  IX,  Fig.  23  u.  24.    Aur.  cerea,  Pfr. 
Taf.  IX,  Fig.  24.    Aur.  Petitiana,  Pfr. 

Taf.  IX,  Fig.  20  u.  22.    Aur.  crassula,  Smith. 


Nachdem  diese  Arbeit  bereits  abgeschlossen  war  und  die  Tafeln  schon  fertig  gestellt 
waren,  erschien  in  den  Proc.  malac.  Soc.  London,  1904,  Vol.  VI,  No.  2,  pag.  117— 128  eine 
Arbeit  von  C.  F.  Ancey  über  Land-  und  Süßwasser-Mollusken  der  Sandwich-Inseln:  „On 
some  Non-Marine  Flawaiian  Mollusca."  Darin  wird  außer  anderen  Arten  auch  eine  neue 
„AuriculeUa  canalifera"  von  Molokai  beschrieben.  Ich  füge  die  Diagnose  hier  der  Voll- 
ständigkeit halber  an,  kann  aber  keine  Kopie  der  Anceyschen  Abbildung  geben,  da  die 
Tafeln    fertig   gestellt   sind. 

Beim  aufmerksamen  Lesen  der  Diagnose  und  beim  Vergleichen  der  sauberen  Ab- 
bildung, pl.  VII,  fig.  II,  1.  c.  fällt  auf:  „Peristoma  tenue,  vix  nisi  ad  columellam  incrassa- 
tulum,  leviter  expansum".  u.  s.  w.  —  Unter  dein  mir  zu  Gebote  stehenden  reichlichen  Auri- 
culella-Materiale   sind  ausgewachsene  Exemplare  immer  mit  verdicktem  Mundsaume  ver- 


—      U8     — 

sehen,  bei  unausgewachsenen  ist  derselbe  dünn  und  gerade.  Man  vergleiche  mit  der 
folgenden  Diagnose  No.  3  und  4  der  obigen  Tabelle,  sowie  die  dazu  gehörenden  Diagnosen, 
Bemerkungen  und  Abbildungen. 

Auriculella  canalifera,  Ancey.     1904. 

Auriculella  canalifera,  Ancey,    Proc.  malac.  Soc.  London,   1904,  Vol.   VI,  No.  2,   pag.  121,    pl.  VII, 

fig.   11. 

Ancey,  Proc.  mal.  Soc,  1.  c. :  „Auriculella  canalifera."  —  ,,Testa  sinistrorsa,  im- 
perforata,  ovato-conica,  subtenuis,  nitens,  lineis  incrementi  obliquis  laevibus  obsoletisque 
impressa,  unicolor  fulva,  vel  in  medio  ultimi  anfractus  zona  fusca  cingulata,  aut  etiam  in- 
tense  fulvo-castanea  zonaque  albescente  peripherica  suturam  supra  concomitante  circumdata. 
Spira  conica,  sat  producta,  apice  obtuso.  Anfractus  614  planiusculi,  sutura  appressa,  ultimus 
dilatatus,  rotundatus,  abbreviatus,  haud  ascendens.  Apertura  obliqua,  irregulariter  ovata,  infra 
dilatata,  emarginata,  lamina  parietali  compressa,  albida,  mediocri,  intus  debiliore  armata. 
Columella  appressa,  leviter  contorto-plicatula,  plica  albida,  extus  in  spinulam  erectam  desi- 
nente  munita,  oblique  intuenti  minute  bisinuata.  Peristoma  tenue,  vix  nisi  ad  columellam 
incrassatulum,  leviter  expansum,  marginibus  callo  simplici  nitidoque,  haud  tuberculifero 
junctis." 

„Long.   6.75,    lat.  3.6,    alt.  apert.  (obhque)  2.5  mm." 

„Hab.   —   Halawa,   Molokai  (Baldwin)." 

„A  very  characteristic  species,  remarkable  on  account  of  the  features  of  its  columella, 
and  unlike  any  others  in  that  respect.  The  shell  has  the  texture  of  A.  diaphana,  but  has 
a  more  produced  spire,   different  columella,  and   is   imperforate." 


V.    Verzeichnis 

der  übrigen   auf  Molokai   lebenden   Land-  und  Süfiwassermollusken. 

Um  ein  Gesamtbild  der  Fauna  der  Land-  und  Süßwasserschnecken  von  Molokai  zu- 
sammenzustellen, gebe  ich  im  folgenden  ein  kompilatorisches  Verzeichnis  der  übrigen  mir 
aus  der  Literatur  bekannt  gewordenen  Land-  und  Süßwasserschnecken,  welche  auf  Molokai 
leben  und  im  ersten  Teile  nicht  behandelt  worden  sind. 

Bei  jeder  Art  habe  ich  die  Literatur  angegeben,  wo  die  Art  zuerst  publiziert  und  wo 
dieselbe  abgebildet  ist,  ferner  habe  ich  bei  jeder  Art  die  Originaldiagnose  angefügt. 

Familie:   Limacidae. 

Genus:    Zonites,    Montfoit. 

Subgenus:    Vitrea,    Fitzinger. 

Vitrea   molokaiensis,    Sykes,    1897. 

Vitren?  Molokaiensis,  Sykes,   Proc.  malac.  Soc.   London,  Vol.  II,   1897,  pag.  298,  No.  1. 

Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  278,  No.  2.    PI.  XI,  Fig.  45,  46. 

Vitrea?  Molokaiensis,  Sykes,  Proc.  malac.  Soc,  1.  c. :  „Testa  depressa,  albido- 
hyalina,  tenuis,  late  et  aperte  umbilicata  (umbilicus  circa  i  mm  latus),  omnino  sub  lente  ele- 
ganter regulariterque  costulato-striata,  nitida ;  spira  perdepressa-conoidea,  obtusula,  apice  lae- 
vigata;  anfr.  41 ,,  regulariter  accrescentes,  sutura  impressa,  ultimus  rotundatus,  subdepressus; 
apertura   subobliqua,    ovato-lunata,    relative    ampla;   peristoma   simplex,   tenue." 

,,Diam.  max.  4.6,    minus  4  mm;    alt.   2  mm." 

„Hab.   —    Forest   above    Pelekunu,    Molokai." 

Genus:    Ariophanta,    Des  Moulins. 

Subgenus:    Microcystis,    Beck. 
Philonesia,   Sykes. 

Philonesia  abeillei,   Ancey,   1889. 

Microcystis  Abeillei,  Ancey,  Bull.  Soc.  malac.  France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  199,  No.  6. 
Philonesia  abeillei,  Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1900,  pag.  280,  Ko.  1. 

Microcystis  Abeillei,  Ancey,  Bull.  Soc.  malac,  1.  c:  „Testa  imperforata,  tenuis,  in- 
tense  Cornea,  supra  suboleoso-micans,  infra  nitida,  striis  incrementi  obsoletissime  perexarata, 
depressa.     Spira   convexo-conoidea,   depressa,  obtusa.   Anfractus  5  regulariter  modiceque  eres- 


—     150     — 

centes  'primis  planis,  caeteris  convexiusculis\  sutura  lineari  appressaque  separat! :  ultimus 
depressus,  paulo  supra  medium  angulatus,  infra  angulum  convexior,  medio  subimpressus. 
Apertura  distincte  obliqua,  mediocris,  lunata  extus  subangulata.  Peristoma  simplex,  acutum 
haud   sinuatum,    margine   columellari    haud   calloso,   vix   crassiore." 

,,Diam.   maj.,    7-3;    min.,    7' 3;    alt.,   4'2;   alt.   ap.,    22/3  mm." 

,.Ilc  de  Molokai  (Archipel  Sandwich)." 

,,On  reconnaitra  cette  espece,  dediee  ä  M.  E.  Abeille  de  Perrin,  directeur  du  Musee 
de  la  ville  d'Hyeres,  et  Entomologiste  distingue,  ä  son  test  convexe-deprime,  ä  sa  spire  con- 
vexe,  conoide,  assez  elevee,  ä  ses  cinq  tours  de  spire  ä  croissance  reguliere,  ä  l'angle  du 
dernier  tour  situe  un  peu  au-dessus  de  sa  partie  mediane,  ä  son  dernier  tour  mediocrement 
developpe  en  hauteur,  plus  convexe  en  dessous  qu'en  dessus,  ä  Teclat  un  peu  huileux  de 
son  test  sur  la  partie  superieure,  enfin  ä  sa  teinte  cornee  intense.  Cette  coquille  est  voisine 
de  l'Hartmanni,  mais  eile  est  moins  brillante;  sa  teinte  et  son  eclat  ne  sont  pas  identiques; 
ses   tours   s'accroissent   avec   plus   de   lenteur,  etc." 

Familie:  Helicidae. 

Genus:    Helix,  L. 

Subgenus:    Patula,   Held. 

Endodonta,    Albers. 

Endodonta  (Thaumatodon)  ringens,   Sykes,  1890. 

Endodonfa   (Th(nimntodon)    ringens.  Sykes,  Proc.  malac.  Sog.  London,  Vol.  II,   1896,  pag.  126,    No.  2. 

„  „         Fauna  Moll.  Ilawaüensis,   1900,  pag.  288,   No.  7.    PI.  XI, 

Fig.   39  u.  40. 

Endodonta  (Thaumatodon)  ringens,  Sykes,  Proc.  malac.  Soc,  1.  c. :  „Testa  parva, 
late  et  perspective  umbilicata,  regulariter  ruguloso-striata,  corneo-flavescens,  rufo  maculata; 
spira  depressa,  apice  mediocri,  laevi;  anfr.  5 — 51/2,  tumidusculi,  compressi,  regulariter  accres- 
centes,  ultimus  ad  peripheriam  rotundatus,  basi  convexiusculus;  apertura  rotundo-lunaris, 
lamellis   duabus   conspicuis   parietalibus,    supera  majore ;   dentibus  quatuoribus   in  labio." 

„Diam.  max.  4,5,    alt.    1,5  mm." 

„Hab.  —  Mountains  of   Lanai,  behind  Koele." 

„This  Shell  recalls  in  form  E.  hystrix,  Mighels,  but  in  lamellae  and  teeth  strongly 
resembles  E.  rugata,  Pease.  It  may  be  separated  from  this  last  species  by  the  more  de- 
pressed  spire,  the  absence  of  keel  on  the  last  whorl,  deeper  suture,  the  absence  of  revol- 
ving  Striae,   etc." 

Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1.  c. :  ,,In  describing  this  species,  J  referred  to  it  as 
having  four  teeth  within  the  outer  lip;  perhaps  it  would  be  more  correct  to  say  „one  basal 
tooth  and  three  within  the  outer  lip".  The  ribs  appear  to  be  at  varying  distances  apart. 
The  Molokai  specimens  appear  to  belong  to  a  large  variety." 

„Hab.  —  Lanai,  Mountains,  behind  Koele.  —  I\I  o  1  o  k  a  i  in  wet  forest  above  Pele- 
kunu." 


~     151     — 

Endodonta  (Nesophila)  decussatula,  Pease,  1806. 

Helix  decvssaliila,   Pease,  Amer.  J.  Conch.  II.    1866,    pag.  291. 

Pitys  „  ,       Proc.  Zool.  Sog.  London,   1871,  pag.  474. 

Endodonta   (Nesophila)   decussaluJa,  Sykes.  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  290,  No.  12. 

Helix  decussatula,  Pease,  Amer.  Journ.  Conch.,  1.  c. :  ,,Testa  discoidea,  depressa,  um- 
bilicata,  fusco-castanea  et  fulvo  maculose  strigata,  oblique  confertim  et  arcuatim  costata, 
costellis  volventibus  decussata;  anfr.  4 — 5,  convexo-rotundati,  setigeri;  sutura  impressa;  spira 
parum  elevata ;  ad  peripheriam  rotundatim  obsolete  angulata ;  umbilicus  '/a  diametri  sub- 
aequans;   apertura  elliptica,  vix   obliqua ;   lamella   unica   intro   volvente   instructa." 

„Habitat   in   insulis   Sandwich." 

,,Diam.   4V2,    alt.   2V2   mm." 

„Obs.  Species  peraffinis  H.  hystrici,  Migh.,  costis  fihformibus,  rcmotis,  splendide  albis 
praecipue  discrepans.    Praeterea  minor  est  et  anfractus  regulariter   convexi." 

Sykes,   Fauna    Moll.   1.  c:    ,, Habitat    Molokai,  mountains  at  4000   ft." 

Baldwin,    Katalog,    pag.    16:    ,,Wahiawa  and  Waimca,   Kauai." 

Endodonta  (Nesophila)  sp. 
Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  291,  No.  21. 

Sykes,  1.  c. :  ,,Two  interesting  little  specimens  with  a  depressed  spire  were  found  on 
„Molokai"  by  Mr.  Perkins,  the  exact  habitat  being  „Forest  above  Pelekunu" ;  they  have 
4 — 41/2  whorls,  with  two  parietal  lamellae  and  no  teeth  within  the  other  lip,  but  appear  not 
adult." 

„Hab.    Molokai." 

Familie:    Pupidae. 

Genus:   Pupa,  Draparnaud. 

Pupa  (Nesopupa)  Baldwini,  Ancey,  1904. 

Nesopupa  Baldwini,  Ancey,    Proc.  malac.  Sog.  London,    Vol.  VI,  No.  2,   1904,  pag.   122,  PI.  VIT, 

fig    13. 

Ancey,  Proc.  malac.  Soc.  I.e.:  „Nesopupa  Baldivini:'  —  „Testa  breviter  cylindraceo- 
oblonga,  aperte  sed  minute  perforata,  fusco-rufa,  sericeo-nitidula,  praeter  lineas  incrementi 
tenuissimas,  sub  valida  lente  tantum  vix  conspicuas,  sculptura  fere  destituta.  Spira  obtusa. 
Anfractus  5V2  convexi,  tres  primi  celeriter  diametro  crescentes,  reliqui  subaequales,  sutura 
impressa.  Ultimus  oblongus,  haud  tumidus,  basi  subattenuatus,  pone  aperturam  sulcis  duobus 
parum  profundis  suturae  parallelis  coarctatus,  antice  leviter  ascendens.  Apertura  verticalis, 
extus  prope  medium  antice  angulatim  dilatata,  truncato-ovalis,  plicis  vel  lamellis  armata, 
scilicet:  parietalibus  2,  quarum  una  angularis,  elongata,  sed  sequente  brevior;  altera  sub- 
mediana,  paulo  magis  profunda,  longa;  columellari  i  acuta,  dentifomii ;  et  palatalibus 
2    elongatis,    sulcis    exteris    correspondentibus,     parallelis,     quarum     supera     marginem     fere 


—     102     -■ 

attingit.      Peristoma    angustum,    concolor,    fuscum,    subincrassatum,   vix   nisi   ad   columellam 
breviter   expansiusculum,   marginibus  sat   remotis,  extero  parte  supera  subsinuato." 

„Long.   1.5,    lat.  0.8,    alt.  apert.  ca.  0.5  mm." 

„Hab.  —  RIolokai  (Baldwin);   Kaupakalua,    Maui  (Baldwin)." 

„Var.   centralis." 

,, Paulo  minor  et  minus   cylindrica,   anfractus    5,   caeterum  typo   haud  dissimilis." 

„Hab.   —   Olaa,    Hawaii    (Thaanum  ."' 

Familie:    Helicteridae. 

Genus:   Tornatellina,   Beck. 
Tornatellina  peponum,  Gould,  1847. 
Pupa  peponum,  Gould,   Proc.  Boston  See,  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1847,  pag.  197. 

„  „         U.  St.  Explor.  Exped.  Mollusca.  1852,  Atlas  1856,  PI.  VII,  Fig.  104  u.  104a— e. 

ToniateUina  peponuin.   Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900.  pag.  382,  No.  11. 

Gould,  Proc.  Boston  Soc.  1.  c. :  „Pupa  pcpomim."  —  „Testa  minuta,  variabilis, 
ovata,  plus  minusve  elongata,  tenuis,  lucida,  nitida,  fulvo-cornea,  perforata ;  spira  anf r.  6 
convexis  leviter  striatis ;  apertura  ovato-rotundata,  postice  lamellam  volventem  gerens;  labro 
simplici,  ad  columellam  plerumque  late  revoluto ;  columella  vel  nuda  vel  lamellis  transversis 
I — 3   instructa."' 

„Long.  =,20,   lat.  3/40  poll." 

„Hab.    Sandwich   Islands ;   very   abundant  on  pumpkin  vines."   s.  unten. 

„This  interesting  little  shell  is  of  somewhat  doubtful  genus.  It  may  prove  to  be  of 
the  genus  Tornatellina  or  Elasmatina.  Its  very  variable  characters  render  a  decision  diffi- 
cult.    But  it  belongs   to  the  old  genus  Pupa,  where  J  at  present  place  it." 

Gould:  Otio  Conchologica,  Boston,  1862,  pag.  244:  „Pupa  (Tornatellina  s.  g.  Lepti- 
naria)   peponum." 

Sykes,  Fauna  Moll.  pag.  382,  Nro.  11:  ,, Gould  has  undoubtedly  confused  three 
species  under  this  name ;  which  is  therefore  becomes  necessary  to  restrict  to  one  of  his 
forms.  J  propose  that  it  should  be  used  for  the  shell  figured  by  him  as  Fig.  104  and 
Fig.  io4d;  namely  the  slender  species  with  a  parietal  lamina  and  no  columellar  tooth;  of 
this   J   have   Hawaiian    specimens. 

The  next  form,  that  figured  as  Figs.  104  a — c,  has  no  parietal  lamina,  and  equally  no 
teeth  on  the  columella ;  this  has  been  found  by  Mr.  Perkins  on  Kauai,  and  is  here  named 
T.  confusa. 

The  third  form,  figured  as  Fig.  104  e  (enlargement  of  mouth  only)  is  a  shell  nearly 
related  to   T.  euryomphala   Ancey;    it   is   not,  J  think,   T.  newcombi." 

„Hab.    Hawaii,   Hilo,   also   Oahu  (Gould)." 

Baldwin,   Katalog,   pag.  13:    „All  the  Islands." 

Bem.  des  Verf.:  v.  Martens  gibt  bei  der  Neubeschreibung  der  Tornatellina  gigas 
von  der  Karolinen  Insel  „Ruck"  in  „Conch.  Mitteil.,  Bd.  1,  1881,  pag.  91 — 93  auf  pag.  92 
bei  der  Zusammenstellung  der  \>rbreitung  der  Tornatellinen  auch  das  \'orkommen  auf  den 
Sandwich  Inseln  an. 

Pumpkin  \ines  =  Ranken   der  Cucurbita  pepo,   L.     Natives   name  „Ipu   nui". 


—     153     — 
Familie:   Stenogy ridae. 

Genus:    Stenogyra,  Shuttlewoith. 

Subgenus:  Opeas,  Albers. 

Opeas  (Bulimus)  junceus,   Gould,   IS-t?. 

Bulimus  junceus,  Gould,   Pioc.   Boston  Soc.  Nat.  Hist.,   Vol.  II,   1847,  pag.  191. 

„  Ü.  St.  Explor.  Exped.  Moll.   1852,  Atlas  1856,  PI.  VII,  Fig.  87. 

Opeas  junceus,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  383,  No.  1. 
Opeas  Junceus,  Sykes,  Proc.  malac.  Soc,  London,   1904,  pag.   112,  Textfigur  No.   1. 

Gould,  Proc.  Boston  Soc.  1.  c. :  ,,Bulimus  junceus."  —  ,,Testa  parva,  elongato-conica, 
tenuis,  translucida,  dilute  virens,  concinne  striata,  vix  perforata;  spira  ad  apicem  obtusa; 
anfr.  7,  convexiusculis,  superne  con-tabulatis;  apertura  elongato-ovata ;  labro  siniplici,  ad 
columellam  vix  reflexo." 

,,Long.  "'/lo.   lat.  7,0  poll." 

„Hab.    Society  and  Sandwich   Islands." 

„A  delicate,  slender  shell,  varying  a  good  deal  in  size,  and  closcly  allied  to,  if  not 
the  same  as  B.  clavula,  Quoy,  B.  bacterionides,  D'Orb.,  and  B.  octonoides,  Adams,  from 
the  West  Indies.  Perhaps  it  is  a  species  attached  to  the  plantain,  cocoa-nut,  or  some  other 
wide-spread  tropica!  plant.'" 

Verbreitung:  Hawaiian  Islands  (Gould),  all  the  Islands  (Baldwin),  Katalog,  pag.  17, 
Oahu,  Waianae   Mts.   (Sykes),   p.  383. 

Man  vergleiche:  Spiraxis  Sandwichensis,  Pfr.,  pag.  135 — 137. 

Familie:  Succineidae. 

Genus:    Succinea,    Draparnaud. 

Succinea   caduca,    Mighels,   1845. 

Succinea  caduca,  Mighels,  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1845,  pag.  21. 

Gould,  U.  St.  Explor.  Exped.  Moll.  1852,  Atlas  1856,  PI.  II,  Fig.  30. 
Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1900,  pag.  385,  No.  4. 

Mighels,  Proc.  Boston  Soc,  I.e.:  „Succinea  caduca."  —  „Shell  subovate,  very  thin 
and  fragile,  hörn  color;  whorls  about  two  and  a  half,  the  last  very  large;  spire  rather  pro- 
minent;  aperture  elongated-oval ;   lipp  thin." 

,,Length  V20  inch,   breadth,   V5  inch." 

„Hab.    Oahu." 

„Succinea  caduca."  —  „Testa  subovata,  pertenuis  et  fragihs;  Cornea;  anfr.  circa  21/2; 
ultimus   permagnus;    spira    subprominula ;    apertura   elongato-ovalis ;    labrum   tenue." 

Sykes,  Fauna  Moll.,  1.  c. :  Hab.  Oahu,  Waianae  Mts.  (Baldwin).  —  Molokai  Mts. 
(Perkins).   —   Lanai   Mts.   (Perkins).  — 

Zoologica.    Heft  48.  20 


—     154     — 

Succinea  canella,    Gould,    1847. 

Succinea  canella,  Gould,  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1847,  pag.  184. 

U.  St.  Exploring  Exped.  Mollusca,  1852,  Atlas  1856,   PI.  II,  Fig.  20. 
„  Bland  and  Binney,    Annais    Lyc.    Newyork ,    Nat.  Hist.,    Vol.  X,    1873,    pag.  338, 

jaw  and   radula. 
,,  „  Sykes,    Fauna  ^loll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  385,  No.  5. 

Gould,  Proc.  Boston  Soc,  1.  c:  „SuccUiea  canella."  —  „Testa  parva,  sub-solida, 
opaca,  ovata,  impolita,  cinnamomea,  leviter  striata;  spira  conspicua;  anfr.  3,  ventricosis, 
sutura  valde  constricta  discretis;  apertura  parva,  o\ato-rotundata;  peristomate  incrassato, 
postice   sub-continuo ;    columella   arcuata,   haud   plicata.   — " 

„Long.  Vs,   lat.  -U  poll." 

„Hab.   Maui,  Sandwich  Islands. "' 

Obs.  —  „^'ery  much  like  S.  avara,  Say,  and  S.  caduca,  Mighels;  but  it  is  less  elon- 
gated,  more  solid,   and   without  a   columellar  fold." 

Sykes,  Fauna  Moll.  I.e.:  Hab.  Maui,  Lahaina  Baldwin).  Molokai  and  Maui  (Ancey). 
—  Maui,   Haleakala   Mts.   at   5000  feet;    Molokai   Mountains   (Perkins).  — 

Succinea  canella,  Gould,  1847. 
Var.  crassa,  Ancey.    1889. 
Succinea  canella,  Var.  crassa,  Ancey.    Bull.  Soc.  Malac.   France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  246. 

Ancey,  1.  c. :  „Var.  crassa."  —  „Testa  plus  minusve  solida,  major,  vix  nitens.  Spira 
papillaris;  anfractus  vix  3,  rotundati;  rapide  crescentes;  ultimus  ovalis.  Sutura  constricta. 
Apertura  ovalis,  superne  subangulata.  Peristoma  simplex,  in  adultis  continuum.  Columella 
arcuata,   absque   plica."  — 

„Long.    101/2;    diam.   7;    alt.   ap.,   7;    lat.  ap.,   4V2  mm." 

„Partie  Orientale   de  l'ile   Maui." 

Var.  obesula,  Ancey,  1889. 
Succinea  canella,  Var.  ohesula,  Ance\-.  Bull.  Soc.   Malac.  France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  246. 

Ancey,   1.  c. :    „Tor.  obesula."    —   „Testa  subtenuis,  obesior.     Spira  minus  papillaris, 
brevior.    Anfractus  2^,j,  sutura  constricta;  ultimus  inflato-ovatus.    Peristoma  haud  continuum." 
„Long.,  93/4;    diam.,  öVs;    alt.  ap.,  7;   lat.  ap.,   4V2  mm." 
„Ile  de  Molokai." 

Var.  mamillaris,   Ancey,    1889. 
Succinea  canella,  Var.  mamillaris,  Ancey,    Bull.  Soc.  Malac.  France,  Vol.  VI,  1889,  pag.  246. 

Ancey,  1.  c. :  „Var.  mamillaris."  —  „Testa  satis  elongato-oblonga,  opacula,  haud 
nitens,  irregulariter  striis  incrementi  exarata.  Spira  satis  exserta,  papillaris.  Anfractus  3  ra- 
pidissime  crescentes,  sutura  valde  obliqua,  profunda  constrictaque  separati,  rotundato-con- 
vexi;   ultimus   obliquus,   ovalis,   magnus,   parum   turgidus.    Apertura   oblonga,    superne   angu- 


—     155     — 

lata,   inferne   ampliata.    Peristoma   simplex,   callo   margines   jungenti   continuum;    columellare 
haud   plicatum."  — 

„Long.,   lo;   diam.,  53/4;   alt.  ap.,  6^U;  lat.  ap.,  4V2  mm." 

„Ile  de  Molokai." 

Var.  lucida,  Ancey,    1889. 
Succinea  canella,  Var.  lucida,  Ancey,  Bull.  Soc.  Malac.  France,  Vol.  VI,   1889,  pag.  247. 

Ancey,  I.e.:  „Var.  lucida.''  —  „Testa   forma   staturaque   var.  „crassae"    similis,    sed 
tenuissima,   pellucida,    corneo-albida,    subvirens.  — " 
„Partie   Orientale   de   Maui." 

Succinea  cepuUa,  Gould,  1847. 

Succinea  cepuUa,   Gould,  Free.  Boston  Soc,  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1847,  pag.  182. 

U.  St.  Explor.  Exped.  Moli.   1852,  Atlas  1856,    PL  II,  Fig.  1 5. 
frayilis,    Souleyet,    Voy.  ßonite,    Zoologie  II,     1852,    pag.   501,    PI.   28,    Fig.   18—20. 
Gehäuse  und  Tier. 

Succinea  fragilis,  Soul,  ist  nicht  Succinea  fragilis,  King. 
souleyeti,  Ancey,    Bull.  Soc.  Malac.  France,  Vol.  VI,  1889.  pag.  255. 
cepuUa,      Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1900,  pag.  386,  No.  7. 

Gould,  Proc.  Boston  Soc,  1.  c. :  „Succinea  cepulla."  —  „Testa  parva,  tenuissima, 
pellucida,  nitida  succineo-vircns,  rotundato-elliptica,  depressa,  sinistrorsum  rotundata,  dextror- 
sum  declivis,  longitudinaliter  striata  et  liris  inaequalibus  volventibus  arata;  spira  fere  nulla, 
anfr.  2V2;  apertura  amplissima,  ovalis,  ad  basim  late  rotundata,  ad  columellam  arcuata, 
leviter  plicata,   intus  metallica."  — 

„Long.  1/2,   lat.  Voo,    alt.  V5  poH." 

„Hab.    Hawaii." 

Obs.  —  „Depressed  and  without  spire  like  S.  rotundata,  Gould,  but  is  larger,  more 
transparent,  less  spherical,  has  spiral  furrows,  and  the  aperture  is  peculiarly  vvidened  pos- 
teriorly  by  an   outward   sweep  of  the  lip." 

Sykes,  Fauna  Moll.  1.  c. :  „Hab.  —  Hawaii  (Gould).  —  Oahu,  Tantalus,  Head  of 
Panoa   Valley   (Perkins).    —    Molokai    Mountains   (Perkins).  — 

Succinea  rotundata,  Gould,  1847. 

Succinea  rotundata,  Gould,  Proc.  Boston  Soc,  Nat.  Hist ,  Vol.  II,   1847,  pag.  182. 

U.  St.  Exploring    Exped.    Moll.     1852,    Atlas    1856,    Fl.  II,    Fig.   14. 
Gehäuse  und  Tier. 
patula,    Mighels,    Froc.  Boston  Soc,  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1845,  pag.  21. 

Suc.  patula,  Migh.  ist  nicht  gleich  Suc  patula,  Brug.  u.  S.  patula,  King. 
Newcombi,    Ffr.,    Froc.  Zool.  Soc.  London   1854,  pag.  297. 

u.  Pfeiffer,  Nov.  Conch.  Vol.  I,   1854—1860,  pag.  35,   No.  CO,  PI,  9,  Fig.  3—5. 
rotundata,   Sykes,    Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag,  389,  No,  21. 

Gould,  Proc.  Boston  Soc,  1.  c. :  „Succinea  rotundata."  —  „Testa  parva,  tenera, 
subopaca,  hemispherica,  flavo-virens,  concinne  striata;  spira  fere  nulla,  intus  aperta;  anfr.  2V2, 


—     156     — 

ultimo   amplissimo ;    apertura    circularis,   postice    angulata,    testam    f ere    adaequans ;    margine 
columellari   obliquo,    subrecto,    conspicue   plicato,   et  callo  lato   induto."  — 
Long.  Vio,   lat.  V20,   alt.  Vso  poll." 
„Habitat.    Mountains  of  Oahu;    Sandwich  Islands." 

„This,  and  Succ.  cepulla,  are  remarkable  for  their  hemispherical  form  and  large  aper- 
tures,  with  the  animal  much  too  large  for  the  shell,  and  belong  to  Helicolimax  Fer.  Re- 
sembles   S.  aperta,   Lea." 

Vorkommen:    Gould,    Proc.   Best.   Soc.  1.  c. :   „Mountains  of   Oahu." 
Pfr.,   Nov.  Conch.   1.  c. :   „Molokai". 
Baldwin,    Katalog,    pag.  18:    ,, Molokai". 
Sykes,   Fauna   Moll.  1.  c. :   „Hawaii,    Kohala".  — 

Familie:   Limnaeidae. 

Genus:    Limnaea,  Lamarck. 

Limnaea   compacta,   Pease,    1870. 

Limnaea  compacta,  Pease,  Americ.  Journal  Conchol.  Philadelphia,  Vol.  VI,  1870,  pag.  6,  PI.  III,  Fig.  4. 
amhigua,         .,        Amer.  Journ.  Conch.,  Philadelphia,  Vol.  VI,    1870,  pag.  6,  PI.  III,  Fig.  5. 
Physa  flavida,  Clessin,   Syst.  Conch.  Cab.  Mart.  Chemn.   ,,Physa"   1886,  pag.  364,  PI.  51,  Fig.  9. 
Lymnaea  compacta,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1900,  pag.  391,  No.  3. 

Pease,  Amer.  Journ.  Conch..  pag.  6:  „Limnaea  compacta.''  —  ,,T.  elongato-ovata, 
solidiuscula,  nitida,  laevi,  sinistrorsa,  flavescente-cornea,  interdum  albida;  anfr.  5,  convexis; 
apertura   oblongo-ovata ;   columella  vix   arcuata,  planulata,   simplex,   callosa,   alba." 

,,Long.  7,   diam.  yjn  mm." 

,,Hab.    Oahu." 

Peasc,  Amer.  Journ.  Conch.,  pag.  6:  „Limnaea  anibigua."  —  ,,T.  tenui,  ovata, 
sinistrorsa,  laevi,  nitida,  interdum  transversim  obsolete  tenuiter  striata;  spira  acuta;  anfr. 
4 — 5,  convexis,  ultimus  vix  turgidulus,  interdum  superne  rotundato-angulatus ;  sutura  im- 
pressa;  apertura  oblongo-ovata;  columella  vix  arcuata,  callosa,  infra  everta,  expansa,  alba, 
Cornea,   rarissime   rufescenti-cornea." 

„Long.   10,    diam.  6  mm." 

Clessin,  System,  Conch.  Cab.  von  Marl.  Chemnitz,  Genus  Physa,  1886,  pag.  364, 
Nro.  247.  Taf.  51,  Fig.  9:  „Physa  flavida."  —  „Testa  parvula,  non  rimata,  tenuis,  diaphana, 
leviter  irregulariterque  striata,  subnitidula,  pallide  Cornea ;  spira  subelongata,  acuminata,  apice 
interdum  eroso;  anfr.  5,  modice  celeriter  accrescentes,  convexi,  sutura  profunda  separati, 
ultimus  inflatus,  fere  2/3  longitudinis  aequans ;  apertura  anguste  -  ovata,  superne  acuminata : 
peristoma   fragile,   marginibus    disjunctis;    columella   subcontorta,    subincrassata.  — " 

„Long.  II  mm,   diam.  6  mm." 

„Vaterland:   Die  Sandwich-Inseln." 

Vorkommen:  Pease  gibt,  1.  c.  Oahu  als  Fundort  an;  Baldwin,  Katalog,  pag.  19.  gibt 
für  L.  amhigua,  Kapaa,  Insel  Kauai,  und  für  L.  compacta,  „all  the  Islands"  als  Fund- 
ort an.    Sykes  gibt  in  seiner  Fauna,  1.  c,  dieselben   Fundorte   an. 


—     157     — 
Familie:    Melanüdae. 

Genus:   Melatlia,  Lamaick. 

Melania  Kauaiensis,   Pease.  1870. 

Melania- Kauaiensis,   Pease,   Amer.  Journ.  Conch.   Philadelphia,   1870,  pag.  7,  Taf.  3,  Fig.  6. 

„  Brot,    Syst.  Conch.  Cab.  Mart.  Chemn.     Die  Melaniaceen ,     1874,    pag.  214, 

No.   223,    Taf.  24,    Fig.  3  u.   3  a. 
„  „  Sylces,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  395,  No.  3. 

Pease,  Amer.  Journ.  Conch.,  1.  c. :  „Melania  Kauaiensis."  —  „Testa  crassa,  elon- 
gata,  tenebro-fusca,  aut  fusco- Cornea;  spira  turrita,  supra  longitudinaliter  curvato -plicata; 
anfr.  8 — 9,  plano-convexis,  transversim  impresso-striatis ;  apertura  oblongo-ovata,  postice  angu- 
lata,  ad  basin  rotundata,  intus  olivacea ;  labro  acuto ;  columella  vix  arcuata,  laevi ;  operculo 
nigricante." 

„Long.  50.    Diam.   15  mm." 

„Hab.    Kauai,    Isl.  Sandwich." 

Sykes,   Fauna   Moll.   1.  c. :    Hab.  Kauai    (Pease).    —    Molokai,    Pelekunu    (Perkins). 

Melania   Mauiensis,   Lea,    1857. 

Melania  Mauiensis,  Lea,    Pioc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  Vol.  VIII,   1857,  pag.  145. 

Brot,    Sy.st.   Conch.  Cab.  Mart.    Chemn.     Die    Melaniaceen,     1874,    pag.   322, 
No.  332,    Taf.   33,    Fig.  8,  8  a  u.   7. 
„  „  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  395.  No.  4. 

Lea,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc,  1.  c. :  „Melania  Mauiensis."  —  ,, Testa  cancellata,  in- 
ferne transverse  striata,  conoidea,  acuminata,  subcrassa,  luteo-cornea;  spira  subelevata;  su- 
turis  irregulariter  impressis;  anfr.  10,  planulatis  ad  apicem  crebre  plicatis;  apertura  grandi, 
ovata,  superne  angulata,   intus   cocrulea  alba;   labro   expanso,   acuto;    columella  torta." 

,,Diam.  0,41,   Length   1,7  p." 

„Habit.     ALaui,    Sandwich    Ins.    (Newcomb);    Molokai   (Remy). 

Sykes,  Fauna  Moll.  1.  c. :  Hab.  Maui  (Leai.  —  Maui,  Oahu,  Kauai  (Pease).  —  Maui, 
Molokai  (Brot).  Molokai,  in  tarn  patchcs,  Pelekunu  (Perkins).  Melania  Tahitensis, 
Pease  =  syn.  M.  Mauiensis,  teste  Brot. 

Melania  Newcombii,  Lea,  1857. 

Melania  Neivcomlii,   Lea,  Proc.  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,  Vol.  VIII,   1857,  pag.  145. 

„  Oahiiensis,  Pease,    il.S.  S.,  Brot,    Mater,  p.  servir  k  l'etude  des  Melaniens,  Geneve,   1872. 

Part  III,  pag.  43,  Taf.  3,  Fig.  2. 
contigua,  „  Americ.  Journ.  Conch,    Philadelphia,  1870,  pag.  7. 

„  paulla,     Dunker,    M.  S.  S.  teste  Hohenacker. 

Nenroinbii.  Brot,  Syst.  Conch.  Cab..    Mart.   Chemn.     Die   Melaniaceen,     1874,    pag.   213, 
No.   222,    Taf.   24,    Fig.  2,  2  a. 
Melania  Neircoinbii,  Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis   1900,  pag.  395,  No.  5. 

Lea,  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc,  1.  c:  „Melania  Neweomhi."  —  „Testa  striata,  atte- 
nuata,    tenui,    Cornea;    spira    clevata ;    suturis   valdc   impressis   canaliculatisque ;   anfr.   instar  9, 


—     158     — 

subconvexis;   striis  transversis   exilissimis   impressis ;  apert.  parva,  elliptica,  intus  albida ;  labro 
acuto;    columella   albida.    —    Operc.  tenebroso-fusco." 

„Diam.  0,42.    Long.   1,32  p." 

„Oahu,   Sandwich   Isl.   Newcomb." 

Pease,  Americ.  Journ.  Conch.  1.  c. :  „Melania  contigua."  —  ,,Testa  elongata,  tenui, 
omnino  transversim  regulariter  tenuiter  sulcata  aut  impresso-striata,  Cornea;  sutura  impressa; 
anfr.  8,  planulatis ;  apert.  elongato-ovata,  superne  angulata,  intus  albida ;  labro  acuto ;  colu- 
mella vix  incurva;   operculo  fusco." 

„Long.  28,    Diam.  9  mm." 

„Hab.    Kauai,    Isl.  Sandwich." 

Baldwin,   Katalog,  pag.  19:   „Hab.  Oahu,  Molokai  and  Kauai." 

Sykes,  Fauna  Moll.  1.  c. :  „Hab.  Oahu  (Lea);  In  stream  in  mountain  gulch  near 
Honolulu   (Perkins).    Kauai   (Pease). 

Nach  Brot,  Die  Melaniaceen,  pag.  214,  Bemerkungen  unter  222,  ist  Mel.  contigua, 
Pease,  Mel.  Oalmensis,  Pease,  und  Mel.  paulla,  Dunker  synonym  mit  Mel.  Neivcomh'i.  Lea. 

Familie:   Helicinidae. 

Genus:    Helicina,  Lama  ick. 
Helicina  laciniosa.  Mighels,   1845. 

Helicina  laciniosa,  Mighels,  Proc.  Boston,  Soc.  Nat.  Hist.,  Vol.  II,   1845,  pag.  19. 

Gould,  U.  St.  Explor.  Exped.  xMoll.   1852.   Atlas  1856,  PI.  VII,  Fig.  1U8. 
11  .,  Sykes,   Fauna  Moll.  Hawaiiensis,  1900,  pag.  396.  No.  1. 

Mighels,  in  Proc.  Boston  Soc.  1.  c. :  „Helicina  laciniosa.''  —  „Shell  orbicular,  con- 
vex,  reddish  brown,  interspersed  with  irregulär  light  spots ;  whorls  five,  more  or  less  flat- 
tened,  with  two  or  three  raised  lines,  revolving  over  the  middle  of  the  outer  whorl ;  aper- 
ture  semilunar;   lip  limple,   acute.  — " 

„Diameter  V20  inch." 

„Hab.    Oahu." 

Hei.  laciniosa.  —  „Testa  subconica,  tcnuiuscula,  striatula,  vix  nitidula,  cinnamomea, 
irregulariter  albido  strigata  et  maculata :  spira  conoidea,  acutiuscula ;  anfr.  4 — 4\i  vix  con- 
vexiusculi,  ultimus  peripheria  lineis  i — 3  subelevatis  signatus,  basi  planiusculus;  columella 
brevissima,  callum  nitidum,  diffusum  retrorsum  emittens;  apertura  obliqua,  subtriangulari- 
semiovalis;  perist.  simplex,  rectum,  acutum,  margine  basali  cum  columella  angulum  sub- 
rectum  formante.  —  Operculum  tenue,  corneum." 

„Diam.  maj.  4,   min.  31,3,   alt.  2V2  mm." 

Sykes,  Fauna  Moll.  1.  c. :  „Hab.  Oahu  (Mighels).  —  Kauai  (Baldwin).  -  Lanai, 
behind  Koele;  also  Kalamaula,  Molokai:  Kaala,  Oahu;  and  between  Lihue  and  the  sea, 
Kauai  (Perkins).  — 


—     159     — 

Familie:   Neritidae. 

Genus:    Neritina,    Lama  ick. 

Neritina  granosa,    Soweiby,   1825. 

Neritina  granosa,  Soweiby,    Catalogue    of   the    shells    in    the  collection    of  Earl  Tankerville,    1825. 

App.  p.  XI. 

Conchol.  Jllustr.   1841,  Neritina,  No.  24,  Fig.  6. 
papulosa,  Jay,  Catalogue  of  the  shells  in  his  collection.  Edit.  III,   1839,   PI.  IV,   Fig.  11. 
Neripteron  glgas.    Lesson,   Revue  zoologique,   1842,  pag.  186  und  pag.  234. 
Neritina  granosa,    Sykes,  Fauna  Moll.  Hawaiiensis,   1900,  pag.  398,  No.  2. 

Sowerby,  Catalogue  1.  c. :  „Neritina  granosa."  —  „Neritina  testa  depressa,  paulum 
convexa,  verrucis  numerosis  subaequalibus,  quincunciatim,  ad  latera  radiatim  dispositis 
sculpta,  obscure  guttatim  picta,  periostraco  nigro  tecta ;  spira  minima,  paululum  prominens; 
apertura  isosceli-triangularis,  antice  rotundata, ,  alba,  fauce  nigrescente-reticulata,  margine 
supcro  et  infero  plicatis,  aream  columellarem  amplectentibus ;  margine  columellari  edcntulo, 
medio  sinuato,  area  columellari  magna,  plana,  flavida,  margine  postico  aurantio,  supra  sub- 
emarginato,   infra   oblique   truncato." 

„Diam.  maj.  44,   min.   16,   apert.  43,   marg.  col.  25,   lat.  areae   col.  20  mm." 

„Hab.  in  insula  Sandwich   Oahu." 

Baldwin,   Katalog,   pag.   19:   „All   the    Islands." 

Sykes,   Fauna  moU.   1.  c. :   Molokai,   „Pelekunu". 

Neritina  vespertina,   Nuttal,   1839. 

Nentina  vespertina,  Nuttal,  Jay,  Catalogue  of  the  shells  in  his  collection.  Edit.  III,   1839,  pag.  66, 

nom.  solum. 
V  n  Reeve,    Conchol.  Icon.,  Mon,  of  the  Genus  Neritina,   1855,  Species  61,  PI.  XIII, 

Fig.  61a  u.   61b. 
„  „  Sykes,    Fauna  Moll.   Hawaiiensis,    1900,  pag.  399,  No.  5. 

V.  Martens,  System.  Conch.  Cab.  Familie  Neritina,  pag.  34.  Nro.  11.  Taf.  6,  Fig.  4 
bis  6.  „Neritina  vespertina."  —  „Testa  parum  convexa,  subelongata,  spiratim  subtiliter 
striolata  et  lineis  confcrtis  inaequalibus  incrementi  decussata,  concolor,  periostraco  fusces- 
centi  viridi,  nitidulo;  apertura  ampla,  rotundate  isosceli-triangularis,  plumbea,  margine  colu- 
mellari medio  sinuato  et  denticulato,  denticulis  superioribus  majoribus,  area  columellari 
magna  subplana,  venulis  impressis  sculpta,  margine  postico  flavescente,  ad  spiram  emargi- 
nato,  supra  et  infra  subparallele  obliquo,  utrinque  in  auriculam  triangulärem  producto,  supera 
rotundato-acutangula,   infera  latiore,   obtusangula." 

Diam.  maj.  25,  min.  8,  alt.  apert.  inclus.  auricules  23,  marg.  colum.  131/2  lat.  areae 
12  mm. 

Hab.  —    Nuttal:    Sandwich   Islands,    on  stones  in  small  streams. 

Baldwin,    Katalog,    pag.    19:    All    the    Islands. 


—    160    — 
Familie:   Auricuüdae. 

Genus:    Melampus,    Montfort. 

Melampus  castaneus,  Mühlfeld,  1818. 

Voluta  castaiiea,  Mühlfeld,  in  Mag.  Ges.  naturf.  Freunde,  Berlin,  Bd.  VII,  1818,  pag.  4,  Taf.  1,  Fig.  2. 
Auricula  fusca,    Küster,    System.  Conch.  Gab,   Mart.  Chemn.     Die   Auriculaceen .     1844,    pag.   38, 

Taf.  5,    Fig.   18-20. 
Melampus  castaneus,  Pfeiffer,  Mon.   Auric.   viv..   1856,  pag.  30,  No.  21. 

Mühlfeld,  in  Mag.  Ges.  nat.  Fr.  1.  c. :  ..Voluta  castanea."  —  ,,Testa  sub-ovata,  laevi, 
rufa,  spira  elevata  novemgyra,  labro  costato,  columella  biplicata.  —  Affinis  A'olutae  flavae, 
Gmel.   —   Long.   5   lin.   — "  ^ 

„Habitat  in   India  orientali." 

Küster,  Die  Auriculaceen,  1.  c. :  .,AuricuJa  fusca."  —  ,,Aur.  testa  oblongo-ovata, 
solidiuscula,  nitida,  brunnea;  spira  acuta;  anfract.  angustis,  planis;  apertura  oblonga;  colu- 
mella triplicata,  peristomate  recto,  acutiusculo,  intus  plicato ;  plicis  supremis  dentiformibus; 
anfract.  6.'" 

„Alt.  5,  lat.  3  lin.  —   Habitat  in  insulis  Sandwich.  — " 

Pfeiffer,  Mon.  Auricul.  I.e.:  ..Melampus  castaneus."  —  ,, Testa  subrimata,  oblongo- 
ovata,  solida,  vix  striatula,  nitidula,  saturate  castanea,  prope  basin  interdum  pallide  fasciata; 
spira  brevis,  conoidea,  submucronata ;  sutura  impressa ;  anfr.  7,  superi  angusti,  planulati, 
ultimus  Vö  longitudinis  fere  aequans.  versus  basin  sensim  attenuatus ;  apertura  subverticalis 
(supera  validiere)  et  callo  palatali  profundo,  albido,  plicas  transversas  7  immittente,  coarctata; 
columella  suboblique  uniplicata;  perist.  simplex,  acutum,  margine  dextro  leviter  arcuato,  co- 
lumellari    crassiusculo,    subpatente,   — " 

„Long.    15,    diam.   max.   91 3  mm.     Apert.  i2i'2  mm  longa,   medio  3  mm  lata." 

Baldwin,    Katalog,   pag.  20:    ,,I\Iaui    and    Molokai." 


VI.  Verzeichnis 

der   aus  der  Literatur   mir   bekannt   gewordenen   Pflanzen, 
auf  ^velchen   Achatinellen   leben. 

Über  die  Arten  der  Gewächse,  auf  welchen  die  baumbewohnenden  Achatinellen  leben, 
ist  nur  wenig  in  der  Literatur  zu  finden.  Einige  wenige  Pflanzennamen  der  Eingeborenen 
gibt  Newcomb  in  seinen  Schriften,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1853,  und  in  der  Synopsis, 
Annais  Lyc.  New-York,  1858,  an.  In  Gulicks  Arbeit,  Annais  Lyc.  New-York,  1856,  werden 
17  Pflanzen  genannt,  zum  größten  Teile  aber  nur  die  Namen,  welche  die  Pflanzen  bei  den 
Eingeborenen  haben,  nur  bei  einigen  ist  auch  der  botanische  Name  mit  angegeben.  Eben- 
falls finden  sich  einige  volkstümliche  Pflanzennamen  für  Gewächse,  auf  denen  Achatinellen 
leben,  in  Gulick  und  Smith,  Proc.  zool.  Soc.  London,  1873.  Auch  Hartman  nennt  in 
seinem  Kataloge,  1888,  zwei  Arten,  auf  denen  Achatinellen  besonders  leben.  Dieselben 
Pflanzen  gibt  auch  Baldwin  im  Hawaiian  Almanac  and  Annual,  1887,  an.  In  der  neuer- 
dings von  Cooke  in  den  ,,Occasional  Papers  of  the  Bernice  Pauahi  Bishop  Museum",  Ho- 
nolulu, 1903,  erschienenen  Arbeit  werden  fünf  Pflanzen  mit  Namen  genannt,  auf  denen  eine 
Achatinellenart  vorkommt. 

Lieblingspflanzen  für  Achatinellen  scheinen  zu  sein :  Ahakea,  Ki,  Kukui,  Ohia,  Olona 
und  Pua.    Denn  diese  Namen  treten  in  den  oben    erwähnten    Schriften    am    häufigsten    auf. 

Im  folgenden  gebe  ich  nun  eine  Zusammenstellung  der  mir  aus  der  Literatur  bekannt 
gewordenen  Pflanzen,  auf  welchen  Achatinellen  leben.  Dem  botanischen  Namen  füge  ich 
auch  den  Namen  der  Pflanze,  wie  sie  von  den  Eingeborenen  genannt  wird,  bei.  Bei  der 
Aufstellung  dieses  Verzeichnisses  hat  mir  wesentliche  Dienste  geleistet  die  ,, Flora  of  the 
Hawaiian  Islands  by  William  Hildebrand",  London,  1888.  Da  dieselbe  bei  vielen  Arten 
auch  den  volkstümlichen  Namen  der  Eingeborenen  mit  anführt,  war  es  mir  möglich,  die 
Arten,  welche  Gulick  nur  mit  dem  Namen  der  Eingeborenen  bezeichnete,  auch  mit  dem 
wissenschaftlichen  Namen  benennen  zu  können. 

Aleurites  Moluccaua,  Willd.  =  A.  triloba,  Forst.  Ein  zur  Familie  der  Euphorbiaceae, 
Juss.,  gehörender,  12 — 16  m  hoher,  krautartiger  Baum,  welcher  auf  allen  Sandwich-Inseln 
verbreitet  ist  und  von  den  Eingeborenen  „Kukui"  oder  „Tutui"  genannt  wird. 

Aleurites    triloha,    Forst.  =  Aleurites   Moluccana,  Willd.  =  „Kukui"  =  ,, Tutui". 

Bobea  elatior,  Gaud.  Ein  6 — 8  m  hoher  Baum,  welcher  zur  Familie  der  Rubiaceae,  L. 
gehört.  Die  fünf  nur  von  den  Sandwich-Inseln  bekannten  Bobea-Arten  führen  sämtlich  bei 
den   Eingeborenen   den   Namen:    „Ahakea". 

Zoologica.    Helt  48.  21 


—     162     — 

ßoehmeria  stipularis,  W'edd.  in  DC.  =  Urtica  grandis,  Hook.  &  Arn.  Eine  zur  Fa- 
milie der  Urticaceae,  Bartl.  gehörende  i — 2  m  hohe  Staude.  Diese  sowie  Boehmeria  albida, 
Hook.  &  Arn.,  deren  Fasern  zur  Bereitung  des  „Kapa"  dienen,  werden  von  den  Eingeborenen 
„Mamake"  oder  „Mamaki"   genannt. 

Boehmeria  aJbida,   Hook.  &  Arn.,   siehe    Boehmeria    stipularis,    Wedd.,    „Mamake". 

Clermontia,  Gaud.  Die  11  zum  Genus  Clermontia,  Gaud.,  gehörenden  Arten  sind 
über  alle  Sandwich  -  Inseln  verbreitet.  Es  sind  kleine,  einige  Meter  hohe,  staudenartige 
Sträucher,  welche  zur  Familie  der  Lobeliaceac.  Juss.  gehören.  Sämtliche  Arten  heißen  bei 
den  Eingeborenen:   „0ha  wai". 

Guhck,  Annais  Lyc.  New-York,  1856,  pag.  233  führt  ,,Ohawai"  =  Lohelia  Grime- 
siana,  an.  Nach  Hildebrand,  Flora  Hawaiiensis,  gibt  es  keine  Lobelia  Grimesiana  auf  den 
Sandwich- 1  nseln . 

Colocasia  escuJenta,  Vent.  =  Caladium  esculentum,  \'ent.  Eine  zur  Familie  der  Cal- 
laceae,  Bartl.  gehörende,  V2  ni  hohe,  perennierende  Staude,  welche  auf  den  Sandwich-Inseln 
angebaut  wird  und  „Kalo"   oder   ,,Taro"   genannt  wird. 

Cordyline  tenninalis,  Knuth  =  Dracaena  terminalis,  Reichard,  eine  zur  Familie  der 
Liliaceae,  Barth,  gehörende,  2 — 3  m  hohe,  strauchartige  Staude,  welche  auf  allen  Sandwich- 
Inseln  gemein  ist.  desgleichen  auf  den  Inseln  des  Pacific.  Bei  den  Eingeborenen  wird  sie 
mit  „Ki"   oder  „Ti"   bezeichnet. 

Cucurbita  pepo,  L.  ,,Pumpkin'",  eine  Cucurbitacee,  Juss.,  welche  auf  allen  Inseln 
angebaut  wird.  Die  „Pumpkin  vines"  scheinen  ein  beliebter  Aufenthalt  der  dortigen 
Landschnecken  zu   sein.    Name   der   Eingeborenen:    ,,Ipu   nui." 

Dodonaea  viscosa,  L.,  ein  3 — 7  m  hoher,  strauchartiger  Baum,  zur  Familie  der  Sa- 
pindaceae,  Juss.,  gehörend,  welcher  auf  fast  allen  vulkanischen  polynesischen  Inseln  heimisch 
ist.    Der   Name   der   Eingeborenen  dafür  ist:   „Alii"   oder  „Aalii". 

Dracaena  terminalis,  Reich.  =  Cordyline  terminalis,   Knuth.  =  „Ki"  =  „Ti". 

Erythrina  monosperma,  Gaud.  =  E.  Tahitensis,  Nadeaud.  Ein  6 — 7  m  hoher  Baum, 
zur  Familie  der  Leguminosae,  Juss.,  gehörend.  \'on  den  25  bekannten  Arten  dieser  Gattung, 
welche  nur  in  den  Tropen  vorkommen,  ist  diese-  die  einzige  Art,  welche  auf  den  trockenen, 
felsigen  Hügeln  und  Ebenen  aller  Sandwich-Inseln  vorkommt  und  \on  den  Eingeborenen 
„Wiliwili"  genannt  wird. 

Eugenia  Malaccensis,  L.  Ein  7 — 14  m  hoher,  zur  Familie  der  MjTtaceae,  R.  Br., 
gehörender  Baum,  der  über  alle  Inseln  verbreitet  und  dessen  Früchte  ein  beliebtes  Obst  bei 
den  Tropenbewohnern  sind.    Bei  den  Eingeborenen  „Ohia  ai"  oder  kurz  „Ohia"  genannt. 

Freycinetia  Arnotti,  Gaud.  =  Fr.  scandens,  Flook.  &  Arn.  Ein  kletternder,  palmen- 
artiger Strauch  der  Familie  Pandanaceae,  R.  Br.  Yon  den  30  bekannten  Arten  dieser  Gat- 
tung findet  sich  nur  diese  bei  den  Eingeborenen  ,,Jeie"  genannte  Art  auf  den  Sandwich- 
Inseln. 

Freycinetia  scandens,  Hook.  &  Arn.  =  Fr.  Arnotti,   Gaud.,    „Jeie". 

Kadua,  Cham.  &  Schi.  Dieses  Genus,  welches  zur  Familie  der  Rubiaceae,  Barth,  ge- 
hört, ist  nur  einheimisch  auf  den  Sandwich-Inseln,  kommt  dort  aber  in  16  verschiedenen 
Arten  vor.     \on   den   Eingeborenen   auf   Molokai     werden     die     Stauden     „L'  i  w  i"    genannt. 


—     163     —  / 

/\  ■ 

Sonstige   Benennungen   für    Pflanzen   des   Kadua- Genus    sind    „Awiwi"    oder    ,,Pilo"    oder 
,,Kioele".  Iixa  l 

Lohelia    Grimesiana,    eine   mir    unbekannt   gebliebene    Art    der    Familie    Lobeliaceae/   ' 
Juss.,   ist   nach   Gulick,   Annais   Lyceum   New-York,    1856,    pag.   233    „Ohawai"    der    Einge- 
borenen. 

Maba  Sandwicensis,  A.  De,  ein  6 — 12  m  hoher  Baum  der  Familie  Ebenaceae,  Juss., 
welcher  über  alle  Hawaiischen  Inseln  verbreitet  ist  und  von  den  Eingeborenen  „Lama" 
genannt  wird.    Die   Samen   dieses   Baumes  werden  von  den  Eingeborenen  gegessen. 

Metrosidcros  polyniorpha,  Gaud.,  ein  3 — 10  m  hoher  strauchartiger  Baum  der  Fa- 
milie Myrtaceae,  R.  Br.  Von  den  Eingeborenen  wird  dieser,  ein  festes  Bauholz  liefernder 
Baum   „Ohia   lehua"    oder   einfach    ,,Lehua"   genannt. 

Nothocestru7n  latifolium,  Gray,  ein  staudenartiger  Strauch,  zur  Familie  der  Solana- 
ceae,  Rchb.  gehörend.  Die  vier  nur  von  den  Sandwich-Inseln  bekannten  Arten  führen 
sämtlich  bei   den   Eingeborenen   den   Namen  „Aiea". 

Olea  Sandicicensis,  Gray.  Der  einzige  Vertreter  der  Familie  Oleaceae,  Lam.,  auf 
den  Sandwich-Inseln  ist  dieser  8 — 15  m  hohe  Baum,  welcher  in  den  niedrigen  und  mittleren 
Gehölzen  auf  allen  Inseln  zu  finden  ist.  Die  Bezeichnung  der  Eingeborenen  dafür  ist  ,,Pua" 
oder  „Ulupua". 

Paederia  foetida,  L.  Die  eigentliche  Heimat  dieser  Pflanze,  welche  zur  Familie  der 
Rubiaceae,  Barth,  gehört,  ist  Süd-Asien.  Erst  seit  Mitte  des  vergangenen  Jahrhunderts  scheint 
der  Same  durch  \'ögel  nach  den  Sandwich-Inseln  \erschleppt  zu  sein.  Bei  den  Eingeborenen 
scheint  keine  Bezeichnung  für  diesen  fremden  Eindringling  zu  existieren.  Vergl.  Hildebrand, 
pag.    182. 

Pandanus  odoratissbnus,  L.,  Pandanus-Palme,  oder  wohlriechender  Schraubenbaum, 
ein  3 — 6  m  hoher  palmenartiger  Baum,  zur  Familie  der  Pandanaceae  R.  Br.  gehörend.  \'on 
den  50  bekannten  Arten,  welche  von  Afrika  bis  zum  Hawaiischen  Inselreiche  über  die 
Tropen  verbreitet  sind,  findet  sich  auf  den  Sandwich-Inseln  nur  diese  eine  Art,  welche  von 
den   Eingeborenen   mit   ,,Lauala"   oder   ,,Lauhala"   oder  kurz   ,,Hala"   bezeichnet   wird. 

Paritium  tiliacenm,  St.  Hil.  Eine  zur  Familie  der  Malvaceae,  Barth,  gehörende 
Staude,  welche  sowohl  an  der  Küste  als  auch  auf  dem  Gebirge  verbreitet  ist  und  von  den 
Eingeborenen   mit    ,,Hau"    bezeichnet    wird. 

Psidium  Gliayava,  L.  Ein  kleiner,  zur  I'amilic  der  Myrtaceae,  R.  Br.,  gehörender 
Strauch,  welcher  aus  Amerika  importiert  ist  und  von  den  Eingeborenen  ,,Guava"  genannt 
wird. 

„Pumpkin  vhies"  =  Ranken  der  Cucurbita  pepo,   L. 

Rauwolfia  Sandwicensis,  D.  C.,  ein  3 — 6  m  hoher  Strauch,  welcher  zur  Familie  der 
Apocyneae,  R.  Br.,  gehört.  Die  40  Arten  umfassende  Gattung  hat  ihr  Hauptverbreitungs- 
gebiet im  tropischen  Amerika.  Nur  diese  eine  Art  findet  sich  auf  den  Sandwich-Inseln  und 
wird  von  den  Eingeborenen  ,,Hao"  genannt. 

Scaevola  Chamissoniana,  Gaud.,  eine  kleine,  zur  Familie  der  Goodeniaceae,  R,  Br., 
gehörende  Staude.  Gulick  führt,  Annais  Lyc.  New-York,  1856,  pag.  251,  den  Namen  der 
Eingeborenen  ,,Naupaka"  nur  für  Sc.  Chamissoniana  an.  Nach  Hildebrand,  pag.  265,  werde:: 


—     164     — 

sämtliche  8  Scaevola-Arten  der  Sandwich-Inseln  von  den  Insulanern  mit  dem  Namen  ,, Na u- 
paka"   bezeichnet. 

Sida,  L.  Von  der  Gattung  Sida,  L.,  welche  zur  Familie  der  Malvaceae,  R.  Br.,  ge- 
hört, kommen  auf  den  Sandwich-Inseln  5  Arten  vor.  Es  sind  niedrige,  bis  zu  2  m  hohe 
Stauden,  welche  sämtlich  von  den  Eingeborenen  mit  dem  Namen  ,,Ilima"  bezeichnet  werden. 

Straussia,  Gray.  Das  Genus  Straussia,  von  welchem  5  Arten  auf  den  Sandwich-Inseln 
vorkommen,  gehört  zur  Familie  der  Rubiaceae,  Barth  Es  sind  baumartige  Sträucher  von 
oft  beträchtlicher  Höhe.  Sämtliche  Arten  werden  von  den  Eingeborenen  mit  dem  Namen 
„Kopiko"  bezeichnet. 

Touchardia  latifoUa,  Gaud.  Eine  i — 2  m  hohe  Staude,  zur  Familie  der  Urticaceae, 
Bartl.,  gehörend.  Die  einzige  Species  der  Gattung  Touchardia,  Gaud.,  ist  nur  von  den  Sand- 
wich-Inseln bekannt,  aber  dort  in  den  tiefen  Schluchten  sämtlicher  Inseln  anzutreffen.  Eine 
bei  den  Eingeborenen  unter  dem  Namen  „Olona"  wohlbekannte  Pflanze,  da  sie  aus  den 
festen  Fasern  derselben  ihre   Fischnetze  herstellen. 

Urtica  grandis,  Hook.  &  Arn.,  ist  Boehmeria  stipularis.  Wedd.  =  ,,I\Iamake"'  der 
Eingeborenen.    Vergl.  oben :  Boehmeria. 

Zingiber  zerumbet,  Roscoe.  Eine  niedrige,  den  Boden  der  offenen  Wälder  be- 
deckende Staude,  zur  Familie  der  Amomeae,  Rieh,  gehörend.  Die  Wurzel  dieser  mit  dem 
echten  Ingwer  verwandten  Pflanze  wird  von  Eingeborenen  nicht  benutzt.  Die  Bezeichnung 
der   Insulaner  für   diese    Ingwer-Art   ist   „Awapuhi". 


Via.  Verzeichnis  der  bei  den  Eingeborenen  gebräuchlichen  Pflanzennamen  für  Pflanzen, 

aufweichen   Achatinellen   beobachtet  sind. 

„Aalii"  =  „Alii"  =  Dodonaea  viscosa,  L. 

„Ahakea"  =  Bobea   elatior,    Gaud. 

„Aiea"  =  Nothocestrum  latifolium,  Gray. 

„Alii"  =  „Aalii"  =  Dodonaea  viscosa,   L. 

„Awapuhi"  =  Zingiber  zerumbet,   Roscoe. 

„Awiwi"  =  „Uiwi"  =  Kadua.   Cham.  &  Schi. 

„Guava"  =  Psidium  Guayava,   L. 

„Hala"  =  ,,Lauala"  =  „Lauhala"  =  Pandanus   odoratissimus,    L. 

„Hao"  =  Rauwolfia   Sandwicensis,   D.  C. 

„Hau"  =  Paritium  tiliaceum,   St.  Hil. 

„Jeie"  =  Freycinetia   Arnotti,    Gaud.  =  Freycinetia  scandens,   Hook.  &  Arn. 

„Ilima"  =  Sida,  L. 

..Ipu  nui"  =  Cucurbita  pepo,  L. 

„Kalo"   oder   „Taro"  =  Colocasia   esculenta,  ^"ent. 

j;Ki"  =  „Ti"  =  Cordyhne   terminalis,    Knuth.  =  Dracaena   terminalis,    Reich. 

„Kioele"  =  Kadua,  Cham.  &  Schi. 

„Kopiko"  —  Straussia,  Gray. 


—     165     — 

,Kukui"  =  „Tutui"  =  Aleurites    Moluccana,  Willd.  =  Aleurites   triloba,   Forst. 

,Lama"  =  Maba  Sandwicensis,   D.  C. 

,Lauala"  =  „Lauhala"  =  „Hala"  =  Pandanus  odoratissimus,   L. 

,Lauhala"  =  „Lauala"  =  „Hala"  =  Pandanus  odoratissimus,   L. 

,Lehua"  =  „Ohia   lehua"  =  Metrosideros   polymorpha,    Gaud. 

,Mamake"  =  „Mamaki"  =  Boehmeria  stipularis,  Wedd.  =  l-rtica  grandis,  Hook. &  Arn. 

jMamake"  =  Boehmeria   albida,    Hook.  &  Arn. 

,Mamaki"  =  „Mamake"  =  Boehmeria,  Jacq. 

jNaupaka"  =  Scaevola  Chamissoniana,  Gaud.    (Name  für  alle  Scaevola-Arten.) 

,Ohia"  =  „Ohia  ai"  =  Eugenia   Malaccensis,   L. 

,Ohia  ai"  =  „Ohia"  =  Eugenia   Malaccensis,   L. 

jOhia   lehua"  =  „Lehua"  =  Metrosideros  polymorpha,   Gaud. 

,Oha  wai"  =  „Ohawai"  =  Clermontia,   Gaud. 

,01ana"  =  Touchardia   latifolia,    Gaud. 

,Pilo"  =  Kadua,   Cham.  &  Schi. 

,Pua"  =  „Ulupua"  =  Olea  Sandwicensis,    Gray. 

.Taro"   oder  „Kalo"  =  Colocasia  esculenta,  Vent. 

,Taro-patches"  =  Taro-Felder. 

,Ti"  =  „Ki"  =  Cordyline  terminalis,   Knuth.  =  Dracaena  terminalis,   Reich. 

,Tutui"  =  „Kukui"  =  Aleurites   Moluccana,  Willd.  =  Aleurites   triloba,   Forst. 

,Uiwi"  =  „Awiwi"  =  Kadua,   Cham.  &  Schi. 

,Ulupua"  =  „Pua"  =  Olea  Sandwicensis,   Gray. 

,Wiliwili"  =  Erythrina  monosperma,   Gaud. 


VII.  Benutzte  Literatur, 


zugleich   ein  Verzeichnis   der  auf  die  Gattung  Achatinella,  S-wainson, 

bezüglichen   Schriften. 


A.    In   chronologischer  Reihenfolge. 

1789.  Dixon,  G.,    A  voyage  round  the  world.     London,   1789,  4",  pag.  354. 

1790.  Der  Kapitäne  Portlocks  und  Dixon  s  Reise  um  die  Welt,  besonders  nach  der  nordwestlichen 
Küste  von  Amerii<a,  während  der  Jahre  1785  bis  1788  in  den  Schiffen  King  George  und  Queen 
Charlotte. 

Herausgegeben  von  dem  Kapitän  George  Dixon.  Aus  dem  Englischen  übersetzt  und  mit  An- 
merkungen erläutert  von  Johann  Reinhold  Forster,  Dr.  u.  Prof.     Berlin,   1790,     4°,    pag.   309 — 314 

und  Vorrede  pag.   10. 
1795.       Chemnitz,  J.  H.,  Systematisches  Conchylien-Kabinett.  Bd.  XI,  pag.  278,  Tab.  209,  Fig.  2059,  2060. 

Nürnberg,   1795,   4". 
1795.       Chemnitz,  J.  H.,  System.  Conchylien-Kabinett.     Bd.  XI,  pag.  307,  Tab.  213,  Fig.  3014,  3015. 
1817.       Cuvier,  M.  le  Ch.er.   Le  Regne  animal,  distribue  d'apres  son  Organisation.    Tome  II,  las  MoUusques. 

Paris,   1817,   8». 
1817.       Dillwyn,  Lewis  Weston,  F.  R.  S.  and  F.  L.  S.,  A  descriptive  Catalogue  of  recent  Shells,  arranged 

according  to  the  Linnaean  IMethod;  with  particular  attention  to  the  Synonymy.     London,    IL  Vol, 

1817,    8".     Vol.  II,    1817,   pag.  950,   142. 
1822.       Lamarck,  J.  B.  de,    Histoire    naturelle    des  animaux    sans  vertebres.      Bd.  VII,     pag.   37,     No.  21. 

Paris.   1822,    8". 
1822.       Ferussac,  le  Baron  de,    Tableaux  systematiques,  suivis  d'un  Prodrome  general.     Paris,   1822,   4°, 

Imperialformat.     Pag.  60,  No.  429  —  437. 
1820 — 1851.     Ferussac,  D.  de    et    Deshayes,  G.  P.,    Histoire    naturelle,    generale    et    particuliere    des 

MoUusques  terrestres  et  fluviatiles.     2.  Vol.,    Paris,    1820 — 1851,    gr.  4",  Imperialformat.     Pag.    191 

bis   197,  PI.  155,  Fig.  1-15. 

1824.  Ferussac,  le  Baron  de,  Monographie  complete  du  quatrieme  groupe  du  sous-genre  cochlogene, 
celui  des  helicteres. 

In:  Voyage  autour  du  .Monde,  execute  sur  les  corvettes  de  S.  ^I.  l'Uranie  et  la  Pliysicienne, 
pendant  les  annees  1817,  1818,  1819  et  1820.  Pag.  475—482  und  4S6 ;  PI.  68,  Fig.  4—14. 
Paris,    gr.   4",    1824. 

1825.  Gray,  John  Edward,  Esq.  M.  G.  S.,  A  List  and  Description  of  some  Species  of  Shells,  not  taken 
Notice  of  by  Lamarck. 

In :  The  Annals  of  Philosophy.  New  Series.  January  to  June  1825.  Vol.  I.X,  and  twenty-fifth 
from  the  commencement.  London,  1825,  8".  No.  II,  Article  IX  —  February  —  pag.  134— 14U 
und  No.  VI,  Article  II   —  June   —   pag.  407 — 415. 


—     167     — 

1827  Green,  Jacob  A  AI,  New  Specics  of  Achatina,  with  remarks  on  the  Ti,  or  the  Dracena  termi- 
nalis  of  the  Sandwich  Islands. 

In:  Contributions  to  the  Maclurian  Lyceum  of  the  arts  and  sciences.  Vol.  I,  No.  2,  pag.  47  — 50, 
Plate  IV,  Fig.  1—5.     Philadelphia,  July,   1827. 

1828.  Wood,  W.,  Index  testaceologicus,  or  a  Catalogue  of  Shells.  Second  edition.  Supplement,  pag.  22, 
No.  30  und  pag.  29;    Plate   7,  Fig.  30.     London,  8°,    1828. 

1828.  Swainson,  William,  Esq.,  F.  R.  S.,  L.  S.,  u.  s.  w.  The  Characters  of  Achatinella,  a  new  group 
of  terrestrial  Shells,   with  descriptions  of  six  new  species. 

In :  The  Quarterly  Journal  of  science,  Literature  and  art.  The  royal  Institution  of  Great  Britain. 
=  Brands  Journal.     New.  Ser.   1828,  January  to  June,  pag.  81  —  86,  London,  8",   1828. 

1829.  Green,  Jac.  A.  j\l.,    Remarks  on  Achatina  Stewartii. 

In:  Contr.  INIacl.   Lyc.     Vol.  I,  No.  3,  pag,  66— 67.     Philadelphia,  8°,  Jan.   1829. 

1829.  Chamisso,  Adelbertus  de,  A.C.,  N.  C.  S.,  Species  novas  Conchyliorum  terrestrium,  ex  in.sulis, 
Sandwich  dictis. 

In:    Nova  Acta  Physico-medica  Academiae  Caesareae  Leopoldino-Carolinae  Naturae    curiosorum. 

Tomi  decimi  quarti,  pars  secunda,  Bonnae,  1829  =  Verhandlungen  der  Kaiserlichen  Leopoldinisch- 
Carolinischen  Akademie  der  Naturforscher.  Vierzehnten  Bandes  zweite  Abteilung.  Bd.  XIV, 
Abt.  11,  pag.  639  und  640,  Taf.  36,  Fig.  1  und  2.    Bonn,  4°,   1829. 

1829.  Ferussac,  le  Baron  de,  Kritik  der  in:  ,NouvelIes  espcces  d'Achatines  des  iles  Sandwich;  par 
J.  Green,  prof.  de  chimie  au  College  medical  de  Jeffcrson  ä  Philadelphia"  (Contrib.  of  the  Maclurian 
Lyceum  etc..  Vol.  I,  No.  2,  juillet  1827,  pag,  47,  avec  figs.)  und  in:  Sur  les  caracteres  des  Acha- 
tinelles,  nouveau  genre  de  coquilles  terrestres ;  par  M.  Swainson  (Quart.  Journ.  of  sciences;  janv. — 
avril   1828,  pag.  81)  beschriebenen  neuen  Arten  von  Green  und  Swainson. 

In :  „Bulletin  des  sciences  naturelles  et  de  Geologie,  sous  la  direction  de  M.  le  Baron  de  Ferussac, 
Tome  seizicme.     Paris,    1829,    8»,    pag.  138—141. 

1830.  Cuvier,  M.  le  Ch.er.  Le  Regne  animal ,  distribue  d'apres  son  Organisation.  II.  nouvelle  edition, 
revue  et  augmentee.     Tome  III,  les  iNIollusques.     Paris,    1830,  8". 

1830.  Menke,  Carolo  Theodora,  M.  Dre.  Synopsis  methodica  Molluscorum  generum  omnium  et  specierum 
earum,  quae  in  ]\Iuseo  Menkeano  adservantur.     Pyrmonti,   1830,  8".    Editio  altera,  pag.  25  u.  26. 

1832  —  1833.  Swainson,  William,  Esq.  F.  R.  S.,  F.  L.  S.,  Zoological  Illustrations,  or  Original  figures  and 
descriptions  of  new,  rare  and  interesting  animals.  Bd.  III,  Ser.  U.  London,  1832  —  1833,  8°,  pag. 
99,   108,   123,  PI.   99,   108  u.   123. 

1834.  Voigt,  F.  S.,  Das  Tierreich  vom  Baron  von  Cuvier.  Nach  der  zweiten,  vermehrten  Ausgabe  über- 
setzt und  durch  Zusätze  erweitert  von  F.  S.  Voigt.  Dritter  Band,  die  Mollusken  enthaltend. 
Leipzig,  1834,  8",  pag.  80. 

1837.  Beck,  H. ,  Inde.x  MoUuscorum  praesentis  aevi  Musei  principis  augustissimi  Christiani  Frederici. 
Hafniae,   1837,   4°,   pag.   51. 

1838.  Schlüter,  F.,  Systematisches  Verzeichnis  meiner  Conchyliensammlung.    Halle,  1838,  kl.  8°,  pag.  8. 

1839.  Sowerby,  G.  B.  jun.,  A  conchological  Manual,  illustrated  by  upwards  of  five  hundred  figures. 
London,   1839,  8»,  pag.   2  u.   124,  No.  287,  Fig.  287. 

1839.       Anton,  Hermann  Eduard,  Verzeichnis  der  Conchylien,  welche  sich  in  der  Sammlung  von  Hermann 

Eduard  Anton  befinden.     Halle,   1839,  kl.  4",  pag,  40—41. 
1839.       Jay,  J.  C,  A  Catalogue  of  the  recent  Shells  in  his  Cabinct.     Arranged  according  to  the  Lamarckian 

System.    III.  Edition,  New-York,   1839,  4",  with  10  Plates,  pag.  58  und   119,  Taf.  VI,  Fig.  3. 
1841.       Delessert,  Benj.,  Recueil  de  Coquilles  decrites  par  Lamarck  et  non  encore  figurees.    Paris,   1841, 

gr.  fol.  avec  40  planches  coloriees,  PI.  37,  Fig.  2. 

1841.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Symbolae  ad  Historiam  Heliceorum.    Cassel,   1841,  8",  Sectio  I,  p.  25  u.  44. 

1842.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Symb.  Hist.  Heliceorum.   Cassel,   1842,  8",  Sectio  II,  pag.   14  u.  52  u.  53. 


—      KJS     — 

1844.  Küster.  H.  C,  Monographia  Auriculaceorum.  Xeue  Ausgabe  von  Mart.  Chemnitz,  Conchylien- 
Cabinet.  Bd.  I,  Abt.  XVI,  1844,  pag.  26,  No.  14,  Taf.  3,  Fig.  14—16,  u.  pag.  48,  No.  30,  Taf.  7, 
Fig.  14-16. 

1845.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Remarks  on  the  genus  Achatinella,  Swainson,  and  descriptions  of  six  new 
species  from  Mr.  Cuming's  CoIIection. 

In:  Proceedings  of  the  Zoological  Society  of  London,   1845,  8»,  Part  XIII,  pag.  89  u.   90. 
1845.       Mighels,  Dr.  J.  W.,   Descriptions  of  Shells  from  the  Sandwich  Islands  and  other  localities. 

In:    Proceedings   of   the  Boston  Society  of  Natural  History,    Vol.  II.     Boston,    8",    1845 — 1848. 
January,   15,    1845,  pag.  18  —  25. 

1845.  Gould.  Augustus  A.,  M.  Dr.,  Descriptions  of  Species  of  Landshells,  from  the  Sandwich  Islands, 
supposed  to  be  hitherto  undescribed. 

In:  Proc.  Best.  Soc.  Nat.  Hist.     Vol.  11,   1845—1848.     January  15,   1845,  pag.  26—28. 

1846.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Symb.  Hist.  Heliceorum.     Sectio  III.     Cassel,   1846,    8°,    pag.  58,  88  u.  89. 
1846.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  thirty  new  Species  of  Helicea,  belonging  to  the  CoUection 

of  H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIV,   1846.     .March  24,   1846,  pag.  28—34. 
1846.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,     Descriptions    of    twenty    new    Species    of   Helicea,    in    the  CoUection    of 
H.  Cuming,   Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIV.   1846.     April   14,    1846,  pag.  37—41. 
1846.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Über  neue  Landschnecken  von  Jamaika  und  den  Sandwich-Inseln. 
In:  Zeitschrift  für  Malakozoologie,  Bd.  III,  1846,  pag.  113—120. 

1846.  Gould,  Augustus  A.  M.  Dr.,  Otia  Conchologica.  Boston,  8°,  1846  —  1862.  1846,  pag.  34—36, 
pag.  194  —  196    und  pag.   244. 

1847.  Pfeiffer.  Dr.  Ludwig,    Diagnosen  neuer  Landschnecken. 

In:    Zeitschrift  für  Malakozoologie,  Jahrgang  IV,  pag.  145-151. 

1847.  Gould,  Augustus  A.  M.  Dr.,  Descriptions  of  new  Species  of  Shells  of  the  Genera  Achatinella 
and  Helicina. 

In:  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,   Vol.  II,   1845—1848.     January  20,   1847,  pag.  200—203. 
•1847.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of   nineteen  new  Species    of  Helicea,    from  the  CoUection    of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XV,   1847.     December,   12,   1847,  pag.  228— 232. 

1848.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium.  Vol.  II,  1848.  Genus  Achatinella, 
Swainson,    pag.  233—242  und  pag.  75  u.  391. 

1849.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Nachträge  zu  L.Pfeiffer,  Monographia  HeHceorum. 

In:    Zeitschrift  für  Malakozoologie,    Jahrgang  VI,    1849,    pag.  90  u.  91 
1849—1850.     Reeve,  Lovell,    Conchologia   Iconica.     Monograph  of   the  Genus  Achatina,  Lamarck,    1849, 
No.  101,  Taf.  19  und   1850,  No.  116,  Taf.  20. 

1850.  Reeve,  Lovell,  Conchologia  Iconica.  Monograph  of  the  Genus  Achatinella,  Swainson.  London, 
1850,    4». 

1850.       Jay,  John  C,  M.  Dr.,    A  Catalogue  of  the  Shells,    arranged    according  to  the  Lamarckian  System. 

Fourth  edition.     New-York,   1850,  4°,    ohne  Abbildungen,    pag.  189  und  pag.  214-215. 
1850.      Albers,  Joh.  Christ.,    Die  Heliceen,  nach  natürlicher  Verwandtschaft  geordnet.     Berlin,    1850,  8°, 

1.  Auflage.     Genus  Achatinella,  Swainson,  pag.  188  u.  189. 
1850.       Forbes,    Edward,    Prof.  F.  R.  S.,    On    the  Species    of   Mollusca    coUected    during    the   Surveying 

Voyages  of   the  Herald    and  Pandora ,    By  Capt.  Kellett,    R.  N.,    C.  B.,    and  Lieut.  Wood,    R.  N. 

1.  On  the  Land-Shells  coUected  during  the  Expedition. 

In:   Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XVIII,   1850,  pag.  53—57. 
1850.       Gray,  M.  E ,    Figures  of  MoUuscous  animals,    selected  from  various  authors.     London,     1850,    8". 

Taf.   303,    Fig.  3,  5  u.  6. 


—     169     — 

1850.       Adams,  C.  B.  Prof.,    Descriptions  of  new  Species  of  Paitula  and  Achatinella. 

In:  Contiibutions  to  Conchology,  No.  8.     New-York,   1851,  8",  pag.  125-128. 

1850.  Adams,  C.  B.  Prof.,    Descriptions  of  new  Species  of  Partula  and  Achatinella. 

In:  Annais  of  the  Lyceum  of  Natural  History  of  New-York.  Vol.  V,  New- York ,  1852. 
October  21,    1850,   pag.  41—44. 

1851.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Description  of  Fifty-four  New  Species  of  Helicea,    from    the  Collection  of 
Hugh  Coming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIX.   1851,  pag.  252-263 

1852.  Küster,  Dr.  C.  H.,    Monographie  der  Gattungen  Pupa,  Mcgaspira,   Balea  und  Tornatellina. 

In:    Mart.  Chemn.  Neues  Syst.  Conch.  Cab.    l.  Bd.,    15.  Abt.,    No.  12,    pag.  153-154,    Taf.  18. 
Fig.  24  und  25.     Nürnberg,    4",    1852. 
1852.       Pfeiffer,    Dr.   Ludwig,     Descriptions    of    Sixty-six    new    Land    Shells,    from    the    Collection    of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London.  .Part  XX,   1852,  pag.  56—70. 
1852.       Gould,  Augustus  A.,  M.  Dr.,  Beschreibung  sieben  neuer  Acliatinellen  (ohne  Titel). 

In:  United  States  Exploring  Expedition,  during  the  years  1838  bis  1842;  under  the  Command 
of  Charles  Wilkes.  Vol.  XII.  Mollusca  and  Shells  by  A.  A.  Gould.  Philadelphia,  1852,  gr.  4", 
pag.  85 — 90  und  PI.  7,  Fig.  94  —  100.  Der  Atlas,  Imperialformat,  16  Pag.  Text  und  52  kolorierte 
Tafeln,  ist  erst  18  5  6  zur  Ausgabe  gelangt. 

1852.  Souleyet,    Beschreibung  von  Achatinellen    (ohne  besondere  Überschrift). 

In:  Voyage  autour  du  Monde,  execute  pendant  les  annces  1836  et  1837,  sur  ia  Corvette  „La 
Bonite",  commandee  par  M.  Vaillant.  Zoologie  par  M.  M.  Eydoux  et  Souleyet.  Tome  11  par 
M.  Souleyet.     Paris,   1852,  gr.  4".     Tome  II,    pag.  508-512,    PI.  29,  Fig.  3— 11. 

1853.  Newcomb,  Dr.  W.,    Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella  from  the  Sandwich  Islands. 

In:  Annais  of  the  Lyceum  of  Natural  History  of  New-York.     Band  VI,    1853-1858,    Febr.   12, 
1853,  pag.  18-30  (issued  May   1853). 
1853.       Newcomb,  Dr.  W.,    Descriptions  of  Seventy-nine  New  Species  of  Achatinella,    Swains.    a  Genus 
of  Puimoniferous  MoUusks.    in  the  Collection  of  Hugh  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXI,   1853,  pag.  128-157,  Taf.  22—24,  Fig.  1—79. 
1853.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of   nineteen  New  Species  of  Helicea,    from  the  Collection  of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXI,   1853,  pag.  124—128. 
1853.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Monographia  Heliceorum    viventium.    Vol.  III,    1853.     Genus  Auriculella, 
unter  Partula,    pag.  454.     Genus  Achatinella,  Sw.,    pag.  455—467    (pag.  504). 

1853.  Philippi,  Dr.  R.  A  ,  Handbuch  der  Conchyliologie  und  Malakozoologie.    Halle,  1853,  8°,  pag.  248. 

1854.  Newcomb,  Dr.  W.,  Abstract  of  Descriptions  of  some  Animals  of  Achatinella,  and  other  Remarks. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.   London,    Part  XXII,   1854,  pag.  310— 311. 
1854.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Skizze  einer  Monographie  der  Gattung  Achatinella,  Swains. 

In:    Malakozool.  Blätter,  Jahrg.  1,   1854,  pag.  112  —  145. 
1854.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of    sixteen  New  Species  of  Helicea,    from  the  Collection  of 
H.  Cuming. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXII,   1854,  pag.  122-126. 

1854.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Genus  Achatinella,  Swains. 

In:  Bulimus,  Partula,  Achatinella  der  „Neuen  Ausgabe  von  Martini  Chemn.  Conchylien-Kabinett". 
Bd.  I,  Abt.  XIII,   1854,   1855.  pag.  277—283,  Taf.  67,  Fig.  5  —  31. 

1855.  Berge,  F.,  Conchyiienbuch.     Stuttgart,   1855,  4»,  pag.  153,  Taf.  25,  Fig.  13-16. 
1855.       Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  five  New  Species   of  Achatinella. 

In:    Proc.  Boston  Soc.  Nat.  History,  Vol.  V,   1854  —  1856.     July  25,   1855,  pag.  218—220. 
1855.       Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella. 

In:  Annals,  Lyceum  Nat.  Hist.  of  New  York.  Vol.  VI,  1853-1858.  Sept.  17,  1855,  pag.  142-147. 
Zoologlca.    Heft  48.  22 


—     170     — 

1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Weitere  Beobachtungen  über  die  Gattung  Acliatinella 

In:  Malakozool.  BI.,  Jahrg.  2,   1855,  pag.  1  -  7.  Fortsetzung  der  Arbeit  im  selben  Bande,  pag.  64-70. 
Iö55.      Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Versuch  einer  Anordnung  der  Heliceen  nach  natürHchen  Gruppen. 

In:  iMalak.  Bl  ,    Jahrg.  2,     1855,    pag.  112— 185.     Darin  IX.  Gattung  :  Achatinella    pag.  162— 166 
und  XI.  Gattung  :    Spiraxis  (Carelia)    pag.  166. 
1855.      Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of    Twenty-seven    New    Species    of    Achatinella,    from    the 
Collection  of  H.  Cuming,  Esq.,    collected  by  Dr.  Newcomb    and    by  Mons.  D.  Frick,    late  Consul- 
General  of  France  at  the  Sandwich-Islands. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  XXIII,   1855,  pag.  1-7,  PI.  XXX,  Fig.  1-27. 
1855.       Pfeiffer.  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of    forty-seven  New  Species  of  Helicea,  from  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIU,   1855,  pag.  91—101.    PI.  XXXI.    (Die  Sandwich-Arten 
ohne  Abbildungen.) 
1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  nine  New  Species  of  Helicea,  from  Mr.  Cumings  collection. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,   1855,  pag.  106—108,  PI.  XXXI I,  Fig.  1. 
1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of  Twenty-three    New  Species    of  Achatinella,    collected    by 
Mr.  D.  Frick  in  the  Sandwich  Islands ;  from  Mr.  Cumings  Collection. 
In:  Proc.  Zool  Soc.  London,  Part  XXIII,   1855,  pag.  202—206. 
1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of  Sixteen  New  Species    of    Achatinella,    from  Mr.  Cumings 
Collection,  collected  by  Dr.  Newcomb  in  the  Sandwich  Islands. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,  1855,  pag.  207-210.  (Sämtlich  von  Newcomb  be- 
nannte Arten;  die  Abbildungen  dazu  finden  sich  in  „Amer.  Journal  of  Conchology'',  Vol.  2,  1866, 
Taf.   13,  Fig.   1—16.) 

1855.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of  Five  New  Species  of  Terrestrial  Mollusca,    from    the  Col- 
lection of  C.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXIII,   1855,  pag.  210—211. 

1856.  Pfeiffer,  Dr.   Ludwig,    Descriptions  of  Fifty-eight  New  Species  of  Helicea,    from    the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIV,  1856,  pag.  .324—336.  (Abbildung  zu  Ach.  Kauaiensis 
in  Nov.  Conch    Bd.  IV,  Taf.  126,  Fig.  8-11.) 

1856.  Gulick,  J.  T.  Rev  ,   Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella,  from  the  Hawaiian  Islands. 

In:    Annais    of  Lyceum  Nat.  Hist.  of  New-York.     Vol.  VI,    (1853  —  1858)    1858,    pag.   173-255, 
Taf.  6,   7,  8.      I.   Hälfte,    pag.    173-230,    Dec.    1856;     H.    Hälfte,    pag.  231-255,     Febr.     1858; 
(siehe  Fußnote  am  Bogen). 
1856-1860.     Bourguignat,  J.  R.,  Amenites  malacologiques,  Tom.  11,  No.  2,  pag.  SO.    Paris,  8°,   1860. 

1857.  Bourguignat,  J.  R  ,  Revue  et  Magasin  de  Zoologie,  XX.  annee,  No.  12,  1857,  Paris,  pag.  562. 

Extrait  in  Amenites  malacologiques,  pag.  80.  1.  c.     Paris,    1856  —1860. 
1857.       Morelet,  M.Arthur,    Testacea  nova  Australiae.     iDarin:    Achatinella  Deshaysii.) 

In:    Bull.  Soc.  d'histoire    naturelle    du   Departement    de    la  ^loselle.     Cahier  VIII,    Metz,    1857, 
pag.  27,    No.  3. 
1857.      Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Über    die    in    Goulds  Expedition  Shells    beschriebenen    und    abgebildeten 
Landschnecken. 

In:    Malak.  Blätter,    Jahrg.  4,    1857,    pag.  29-37. 
1857.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,   Neue  Landschnecken. 

In:    Malak.   Blätter,    Jahrg.   4,    1857,    pag.   85—89. 
1857.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Diagnosen  neuer  Heliceen. 

In:  iMalak.  Blätter,  Jahrg.  4,  1857,  pag.  229—232.  (Abbildungen  dazu:  Proc.  Zool.  Soc, 
Part  XXVI,     1858,    Taf.  40,    Fig.  8-11.) 


—     171     — 

1858.       Adams,  H.  and  G.,    The  Genera  of  recent  Mollusca,  arranged  according  to  tlieir  Organization. 

In  three  Volumes.     London,     1858.     Vol.   II,    London,     1658,    pag.   132,    Genus    Carelia    und 
pag.   136 — 140  Genus  Achatinella. 
1858.       Newconib,  Dr.  W.,    Synopsis  of  the  Genus  Genus  Achatinella. 

In:  Annais  Lyceum  Nat.  Hist  of  New-York.    Vol.  VI,  (1853—1858).   1858,  Sept.,  pag.  303-  336. 
1858.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Diagnosen  von  73  neuen  Achatinellcn  von  Rev.  J.  T.  Gulick. 

In:    Malak.  Blätter,  Jahrg.  V,   1858,  pag.  198-224. 

1858.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  Eleven  New  Species  of  Land-Shells,  froni  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:   Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXVI,   1858,  pag.  20— 23.     PI.  XL,  Fig.  8-11. 

1859.  Chenu,  Dr.  J.  C,  Manuel  de  Conchyliologie  et  de  Paleontologie  conchyliologique.  2  Vol.,  Paris, 
1859,  8°.     Bd.  I,  pag.  430:   Carelia,  mit  Abbildungen  ;    pag.  431— 432:  Gen.  Achatinella,   10  Figures. 

1859.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  Eight  New  Species  of  Achatinella,  from  Mr.  Cumings 
Collection. 

In:    Proc.   Zool.  Soc.   London,    Part  XXVII,    1859,  pag.  30—32. 
1859.       Pfeiffer,    Dr.  Ludwig,    Rezension    des  VI.   Bandes    der   „Annais    Lyceum    Nat.    Hist.    New-York, 
1853-1858." 

In:  Malak.  Blätter,  Jahrg.  VI,   1859,  pag.  178  —  188.    (Darin  Besprechung  der  oben  zitierten  New- 
combschen  (3)  und  Gulickschen  (1)  Arbeiten  ) 

1859.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium.  Vol.  IV,  1859,  pag.  515  — 570,  Genus 
Achatinella;    pag.  571   u.  572,  Genus  Spira.xis  (Carelia). 

1860.  vonMartens,  Ed.,  Die  Heliceen  nach  natürlicher  Verwandt.schaft,  von  J.  Chr.  Albers.  2.  Ausgabe, 
herausgegeben  von  Prof.  von  Martens.  Leipzig,  1860,  8",  pag.  208,  Genus  Carelia;  pag.  241  —  253, 
Genus  Achatinella. 

1860.      Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Species  of  the  Genera  Achatinella  and  Pupa. 

In:    Annais  Lyceum  Nat.  Hist.  New-York.     Vol   VII,    1862,    pag.  145-147,    (issued  April   1860, 
vergl.  Fußnote). 

1860.  Reeve,  Lovell,  Elements  of  Conchology.     2  Volumen.      London,    1860,    8". 

Darin:   Vol.  I,   1860,  pag.  212  —  214,  Genus  Achatinella. 

1861.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Shells. 

In:  Proc.  California  Academy  of  Nat.  Sciences,  Vol.  II,   1858—1862;    pag.  91-94,  issued  1861. 

1861.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  Forty-seven  New  Species  of  Land-Shells  from  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London.     Part  XXIX,     1861,    pag.  20— 29.     PI.  II  u,  III.     (Die  Sandwich- 
Arten  ohne  Abbildung.) 
1862  —  1866.     Bronn,    Dr.  H.  G.,    Klassen  und  Ordnungen    des  Tierreichs.     III.  Bd.,  II.  Abt.     Malacozoa, 
fortgesetzt  von  Prof.   W.  Keferstein.     Leipzig,  1862-1866,    8°,    pag.  1251  und  pag.  1294-1295. 

1862.  Pease,  W.  Harper,  Descriptions  of  Two  New  Species  of  Helicter  (Achatinella,  Swainson)  from 
the  Sandwich  Islands,  with  a  history  of  the  Genus. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,    Part  XXX,    1862,  pag   3-7,    (14.  Jan.    1862). 
1862.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Bericht  über  den  VII.  Band  der  „Annais  Lyceum  Nat.  Hist.  New-York  1860." 
In  :    Malak.  Blätter,    Jahrg.  9,    1862,    pag.  25.    (Darin :  über  die  Arbeit  Newcombs  und    die  neue 
Ach.  Kauaiensis.) 

1865.  Newcomb,  Dr.  W.,   Description  of  New  Species  of  Land-Shells. 

In:    Proc.  of  the  California  Academy  of  Natural  Sciences,  Vol.  III,   1863-1867.     San  Francisco, 
pag.   179-182,    (Jan.   1865). 

1866.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  Achatinellae. 

In:    American  Journal  of  Conchology,  Vol.  II,  Philadelphia,   1866,  8«,  Vol   II,  Part  III,  July  1866, 
pag.  209  —  217,  Taf.   13,   Fig.   1  —  16. 


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1866.  Pease,  W.  Harper,  Descriptions  of  New  Species  of  Land-Shells,  inhabiting  Polynesia. 

In:    Amer.  Journ.  of  Conch.,  Philadelphia,  Vol.  II,   1866,  pag.  289—293. 

1867.  Heynemann,  F.  D.,  Die  Zungen  von  Partula  und  Achatinella. 

In:    Malak.  Blätter,  Bd.  XIV,   1867,  pag.   146—150.    PI.   1. 

1867.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig.    Über   die    neueren  systematischen  Anordnungen  der  Helicaceen. 

In:    Malak.  Blätter,  Bd.  XIV,   1867,  pag.  232,  XXill  u.  XXIV. 

1868.  Pease,  W.  Harper,  Descriptions  d'especes  nouvelles  d'Auriculella,  provenant  des  iles  Hawaii. 

In:    Journ.  Conchyliologie,  Paris,  Vol.  XVI,   1868,  pag.  342—347.     PI.  XIV,  Fig.  6,  7,  8. 

1868.  Pfeifer,  Dr.  Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium.  Bd.  VI,  1868,  pag.  161  —  187,  Genus 
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S67  und  pag.  83—84,  375. 

1869.       Pease,    W.  Harper,  Description  d'especes  nouvelles  du  gcnre  Helicter,  habitant  les  iles  Hawaii. 
In:    Journ.  Conchyl.  Paris,  Vol.  XVII,  pag.   167—176. 

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1870.  Pease,  W.  Harper,  Observations  sur  les  especes  de  Coquilles  terrestres  qui  habitant  l'ile  de  Kauai 
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In:    Journ.  Conch.   Paris,  Vol.  XVIII,   1870,  pag.  87—97. 

1870.  Pease,  W.  Harper,  Remarques  sur  certaines  especes  de  Coquilles  terrestres  habitant  la  Polynesie, 
et  description  d'especes  nouvelles. 

In:    Journ.  Conch,  Paris,  Vol.  XVIII,   1870,  pag,  393—403. 
1870—1876.     Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Novitates  Conchologicae.     Bd.  IV,  Cassel,   1870  —  1876,  4",  pag.   115 
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1871.  Pease,  W.  Harper,  Catalogue  of  the  Land-Shells  inhabiting  Polynesia,  with  Remarks  on  their 
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In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1871,  pag.   449-477. 

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In:    Der  Naturforscher  (Sklarek)   5.  Jahrg.  No.  40,  Okt.  5,    1872,    pag.  325—337.     (Auszug    aus 
Gulick's  oben  angeführter  Arbeit  in   „Nature".)     Auszug  aus  Sklarek  siehe  Senoner. 

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1873.      Gulick,  Rev.  J.  T.,  On  the  Classification  of  the  Achatinellidae. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1873,  pag.  89—91. 
1873.       Gulick,  Rev.  J.  T.,  On  Diversity  of  Evolution  under  one  set  of  Externa!  Conditions. 

In:    Journal  Linnean  Society,  Zoology,  XI,  London,   1873,  pag.  496—505. 

1873.  Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konchyliensammlung  von  Fr.  Paetel,  Berlin,  1873,  8°,  2.  Auflage. 

1874.  Bland,  T.  and  Binney,  W.  G.,  On  the  Lingual  Dentition  and  Anatomy  of  Achatinella  and  other 
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In:    Annais  Lyceum  New-Vork,  Nat.  Hist.,  Bd.  X,    1874,  Oct.  6,  pag.  331  —  351,  PI.  XV  u.  XVI. 


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In:    Bericht  über  die  Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft  für  1874  u.  1875,    Frankfurt 
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In:    Verhandlungen  des  Vereins  für  naturwissenschaftliche  Unterhaltung,  Hamburg  (1871  —  1874) 
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1875.  Kobelt,  Dr.  W.,  Conchologische  Miscellen. 

In:    Jahrb.  d.  d.  malak.  Ges.  Jahrg.  II,   1875,  pag.  222  —  228. 

Darin:  Beschreibung  u.  Abbildung  von  Carelia  turricula  Migh.,  pag.    225,  Taf.  VII,  Fig.    1. 

1876.  Crosse,  H.,  Note  complementaire  sur  quelques  especes  de  mollusques  habitant  l'ile  Kauai  (iles  Hawaii). 

In:    Journal  de  Conchyliologie,  Paris,  Bd.  XXIV,   1876,  pag.  95—99,  pl.  I,  III  u.  IV  pars. 
1876.       Binney,  W.  G.,  On  the  genitalia,  jaw  and  lingual  dentition  of  certain  species  of  Pulmonata  (with 
a  note  on  the  Classification  of  the  Achatinellae  by  Thomas  Bland.) 

In:    Annais  Lyceum  New- York ,    Nat.    Hist.,    XI,    1876.     Read.    Oct.   11,    1875,    pag.    106-196. 
PI    XII-XVIIl. 

1876.  Binney,  W.  G.,  On  the  Lingual  Dentition,  jaw  and  genitalia  of  Carelia,  Onchidella  and  other  Pulmonata. 

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In:    Bericht  der  Senckenb.  naturf.  Gesellschaft  für   1877,  Frankfurt,  pag.  75  -  104. 
1877.       Pfeffer,  Dr.  G,  Anatomische  Untersuchungen  der  Achatinella  vulpina,  Fer. 

In:    Jahrbuch  der  deutsch.  Malak.  Gesellsch.,  Bd.  IV,   1877,  pag.  330-334,  mit  Figuren. 
1877.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium,   Bd.  VIII,   1877,  pag.   209—252. 

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1878.  Kobelt,  Dr.  W.,  Die  geographische   Verbreitung  der  Mollusken.     III.  Die  Inselfaunen. 

In:    Jahrbuch  der  Deutsch,  malak.  Gesellschaft,  5.  Jahrg.,   1878,  pag.  10-23,  pag.  170—185  und 
pag.  322-350. 

1879.  Kobelt,  Dr.  W.,  III.  Die  Inselfaunen. 

In:    Jahrb.  Deutsch,  malak.   Ges.,  6.  Jahrg.,  1879,  pag.   195—224. 

1880.  Kobelt,  Dr.  W.,    III.  Die  Inselfaunen,  Fortsetzung  u.  Schluß. 

In:    Jahrb.   Deutsch,   malak.  Ges.,   7.  Jahrg.,   1880,  pag.   1-30  und  pag.  241-286. 

1881.  Kobelt,    Dr.  W  ,    Jllustriertcs  Conchylienbuch,    2.  Band,    Nürnberg,    1881,    4»,    pag.  263,    Taf.  81, 
Fig.  9  u.   16,  pag.  292—294,  Taf.  87,  Fig.  24—36  u.  Taf.  88,  Fig.   1. 

1881.       Clessin,  S.,  Nomenciator  Heliceorum  viventium,  Cassel,   1881,  pag.  267  und  pag.   303  —  317. 
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In:    Journal  of  Conchology,  Leeds,  Band  IV,   1883,  pag.   118. 
1883.       Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konchylien-Sammlung  von  Fr.  Paetel,  Berlin,   1883,  3.  Auflage,  pag.  147 

und  pag.  153 — 156. 
1883.       von  Martens,  Prof.  Dr.  E.,  Die  Weich-   und    Schaltiere,  Leipzig,   1883,  8»,  pag.  70,  135  und  300. 

1883.  Ludwig,  Prof.  Dr.  Hubert,  Leunis,  Synopsis  der  Tierkunde,  Hannover,   1883,  8»,   Band  I,  pag.  876. 

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1887.       Fischer,    Dr.  Paul,    Manuel    de    Conchyliologie    et   de    Paleontologie   conchyliologique    ou  Histoire 

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1889.  Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konchylien-Sammlung  von  Fr.  Paetel,  IV.  Auflage. 

II.  Abteilung.     Die  Land-  und  Süßwasser-Gasteropoden,  Berlin,  1889,  gr.  8",  pag.  241   und  pag. 
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In:    Compte-rendu  des  seances  du  Congres  international  de  Zoologie,   1889,  pag.   75. 
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Darin:    Sechstes  Kapitel,  Flora  und  Fauna  der  Hawaiischen  Inseln,  pag.   133  — 142, 
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In:    Proc,  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1895,  pag.  214—236.     PI.  X  und  XF,  coloured. 

1895.  Gwatkin,  H.  M.,  and  Suter,  H  ,  Observations  on  the  Dentition  of  Achatinellidae.     With  prcfatory 
Note  by  H.  A.  Pilsbry. 

In:    Proc.  Acad.  Xat.  Sc.   Philadelphia,   1895,  (issued  1890)  pag.  237—240.     PI.  X(,  pars. 

1896.  Baldwin,  D.  D.,  Description  of  two  new  Species  of  Achatinellidae  from   the  Hawaiian  Islands. 

In:    The  Nautilus,  Philadelphia,  Juli,   1896,  Vol.  X,  No.  3,  pag.  31   u.  32.     Ohne   Abbildung. 

1896.  Sykes,  E.  R.,  Preliminary  Diagnoses  of  New  Species  of  Non-i\Iarine  Mollusca  from    the  Hawaiian 
Islands.     Part  I. 

In:  Proceedings  of  the  Malacological  Society,  London,  8",  Vol.  II,  Part  3,  Oct.  1896, 
pag.  126—132. 

1897.  Sykes,  E.  R.,  Preliminary  Diagnoses  of  New  Species  of  Non-Marine  Mollusca  from    the  Hawaiian 
Islands.     Part  I[. 

In:    Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.   II,  Part  VI,  Nov.   1897,  pag.  298  and  299. 
1897.       Sykes,  E.  R.,  Contributions  towards  a  List  of  Papers  relating  to  the  Non-Marine  Mollusca  of  the 

Hawaiian  Islands.     Hertfort,  8",  1897,  8  pag.,  2  ed.,  (1  ed.,   1896). 
1897.       Ancey,  C.  F.,    Descriptions    de    deux    nouvelles    especes    de    mollusques.     (Aber    nur    eine    Art 
beschrieben.) 

In:    Le  Naturaliste,   19e  Annee,  2.  Serie,  No.   250,    1.  Aoüt,   1897,   pag.   178. 
1897.      Ancey,  C.  F.,  Description  d'un  MoUusque  nouveau. 

In:    Le  Naturaliste,   19e  Annee,   2.  Serie,  No.  254,   1.  Octobre,   1897.  pag.   222. 

1897.  Clessin,  S.,  Ober  den  Einfluß  der  Umgebung  auf  die  Gehäuse  der  Mollusken. 

In:  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterl.  Naturkunde  in  Württemberg.  Stuttgart,  1897,  8", 
pag.  68—86. 

1898.  Hyatt,  A.,  Evolution  and  migration  of  Hawaiian  Land-Shells. 

In :  Proceedings  American  Association  for  the  advancement  of  Science.  Forty-seventh  Meeting 
and  fiftieth  Anniversary  held  at  Boston,  Mass.    Salem,  Mass.,    1898,  8»,  pag.   357  and  358. 

1898.  Maxwell,   Dr.  Walter,    Les  jles  Hawaii.     Extrait  de  l'annuaire  du  Department  de  l'Agriculture  des 
Etats-Unis.  1898,   24  pag. 

Darin:    Forets,  pag.   14-15.     Hawaiian  Gazette  Co.  Honolulu,  H.  T.,   1900. 

1899.  Ancey,  C.  F.,    Some  Notes    on    the    Non-Marine    Mollusca    Fauna    of   the    Hawaiian    Islands,    with 
Diagnoses  of  New  Species. 

In:  Proc.  mal.  Soc.  London,  Vol.  III,  Part  V,  Juli  1899,  pag.  268—274,  Taf.  Xll  und  XIII, 
Fig.  8,  16  u.   20. 

1899.  Sykes,  E.  R.,  Illustrations  of,  with  notcs  on,  some  Hawaiian  Non-Marine-Mollusca. 

In:    Proc.  i\Ial.  Soc.  London,  Vol.  III,  Part   V,  July,   1899,  pag.   275  und  276,  Taf.  XIII  u.  XIV. 

1900.  Sykes,  E.  R.,  Mollusca. 

In:  Fauna  Hawaiiensis  or  the  Zoologie  of  the  Sandwich  Isles.  Vol.  II,  Part  IV,  Mollusca  by 
.Sykes,  pag.  271—412  and  2  pag.  Erklärung  der  Tafeln  XI  u.  XII,  Cambridge,   1900,  4». 

1900.  Schauinsland,  Prof.  Dr.  H.,  Ein  Besuch  auf  Molokai,  der  Insel  der  Aussätzigen. 

In:  Abhandlungen  Nat.  Ver.  Bremen,  Bd.  XVI,  Heft  3,  1900,  pag.  513-543,  mit  15  Abbildungen, 
pag.  527,  Achatinellen.  Auch  separat  erschienen  bei  Max  Nössler,  Bremen,  1900,  33  pag.,  15  Tafeln, 
unter  obigem  Titel. 

1901.  Borcherding,   Fr.,    Diagnosen  neuer  Achatinellen-Formen  von  der  Sandwich  Insel  Molokai. 

In:    Nachrichtsblatt  d.  Deutschen  Mal.  Ges.   1901,  No.  3  u.  4,  pag,   52—58. 


—     17G     — 

1901.  Pilsbry,  Henry  A.,   On  the  zoological  Position  of  Partala  and  Achatinella. 

In:  Proc.  Acad.  Nat.  Scienc,  Philadelphia,  1900,  Philadelphia,  1901,  Part  III,  Sept.-Dez.,  pag. 
5G1-567,  PI.  XVII. 

1902.  Döderlein,  Prof.  Dr.  L.,  Über  die  Beziehungen  nahe  verwandter   , Tierformen "   zu  einander. 

In:    Zeitschr.  Morph.  Anthrop.,  4.  Bd.   1902.  pag.   .394—442. 

1903.  von  Wagner,  F.,  Referat  über  Döderlein's  Arbeit:  „Über  die  Beziehungen  nahe  verwandter 
jTierformen"   zu  einander.' 

In:    Zoologisches  Zentralblatt,  Leipzig.  8",  X.  Jahrg.,  30.  Okt.  1903,  No.0/1,  pag.  693  —  698,  No.  670. 
1903.       Plate,  Prof.  Dr.  Ludwig,    Über   die  Bedeutung   des  Darwinschen  Selectionsprincips    und  Probleme 

der  Artbildung,  2.  Aufl.,  Leipzig,   1903,  8".  pag.   29,   184  und    194. 
1903 — 1904.     Baldwin,  D.  D.,  Descriptions  of  new  Species  of  Achatinellidae  from  the  Hawaiian  Isles. 
In:    The  Nautilus,  Philadelphia,  Vol.  XVII.   1903-1904,  pag.  34-36. 

1903.  Cooke,  Dr.  E.  ^Montague,  Distribution  and  Variation  of  Achatinella  multizonata,  Baldw.,  from 
Nuuanu  Valley.  (Oahu.) 

In :  Occasional  Papers  of  the  Bernice  Pauahi  Bishop  Museum  of  Polynesian  Ethnologie  and 
Natural  History,  Vol.  II,  Xo.  1.  Director's  Report  for  1902,  Honolulu  1903,  8",  pag.  65—76 
und  3  Tabellen. 

1904.  Sykes,  E.  R.,    The  Hawaiian  species  of  Opeas. 

In:  Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.  VI,  No.  2,  June  1904,  pag.   112  u.   113. 

1904.  Ancey,  C.  F.,  On  some  non-marine  Hawaiian  Mollusca. 

In:    Proc.   Mal.  Soc.  London,  Vol.  VI,  No.  2,  June  1904,  pag.  117-128,  PI.  VII,  Fig.  1-25. 
(Auf  der  Tafel  wird  auch  die  von  Baldwin  im  Nautilus,    Vol.  XVII,   1903,  pag.  34  neu  beschrie- 
bene Art  abgebildet.) 

1905.  Gulick,  Rev.  J.  T.,  Evolution,  racial  and  habitudinal.  Published  by  the  Carnegie  Institution  of 
Washington.  Publikation  No.  25.  August  1905.  gr.  8°,  XII  pag.  u.  269  pag.  2  Karten  und 
3  Tafeln  mit  kolorierten  Abbildungen  von  Achatinellen.    Man  vergl.  pag.  1,  26,  42,  212  —  224  u.a.m. 


B.    In  alphabetischer  Reihenfolge. 

1850.       Adams,  C.  B.  Prof..  Descriptions  of  new  Species  of  Partula  and  Achatinella. 

In:    Annais    of    the    Lyceum    of   Natural    History    of    New-York.     Vol.    V.     New- York,     1852, 
October  21,  1850,  pag.  41—44. 
1850.       Adams,  C.  B.  Prof..  Descriptions  of  new  Species  of  Partula  and  Achatinella. 

In:  Contributions  to  Conchology,  No.  8.     New-York,  1851,    8",    pag.  125 — 128. 
1858.       Adams,  H.  and  G.,    The  Genera  of  recent  Mollusca,  arranged  according  to  their  Organization. 

In    three  Volumes.     London,    1858.     Vol.  11.     London,     1858,    pag.   132,    Genus  Carelia,    und 
pag.  136 — 140  Genus  Achatinella. 
1850.      Albers,  Joh.  Christ.,  Die  Heliceen,  nach  natürlicher  Verwandtschaft  geordnet.     Berlin,    1850,    8", 

1.  Auflage.     Genus  Achatinella,  Swainson,  pag.  188  u.  189. 
1889.       Ancey,  C.  F,  Etüde  sur  la  Faune  malacologique  de  iles  Sandwich. 

In:    Bull.  Soc.  malac.  France.     Vol.  VI,  Juin,  1889,  pag.   171  —  258. 
1889.       Ancey,  C.  F.,  Diagnoses  de  MoUusques  nouveaux. 

In:    Le  Naturaliste.     Revue    illustree    des  Sciences    naturelles.     Paris,    1889,    4",    lle  annee.  — 
2e  Serie.     No.   65,  pag.   266. 

1889.       Ancey,  C.  F.,   Descriptions  de  MoUusques  nouveaux. 

In:  Le  Naturaliste,   1889,   lle  annee.  —  2e  serie.    No.   67,  pag.   290. 


—     177     — 

189(1.       Ancey  ,  C.  F.,  MoUusques  nouveaux  de  l'Archipel  d'Hawaii,  de  Madagascar  et  de  l'Afiique  cquatoriale. 
In:    Bull.  Soc.  malac.  France,  Vol.  VII,  Juin,   1890,  pag.  339—347. 

1892.  Ancey,  C.  F.,  Etudes  sur  la  Faune  malacologique  des  lies  Sandwich, 

In:    Memoires  de  la  Soc.  Zool.  de  France,  Tome  V,   1892,  pag.  708 — 722. 

1893.  Ancey,  C.  F.,  Etudes  sur  la  Faune  malacologique  des  lies  Sandwich. 

In:    Mem.  Soc.  Zool.  France,  Tome  VI,   1893,  pag.  321—330. 
1897.       Ancey,  C.  F.,    Descriptions    de    deux    nouvelles    especes    de    mollusques.     (Aber    nur    eine    Art 
beschrieben.) 

In:    Le  Naturaliste,   19e  Annee,   2.  Serie,  No.  250,   1.  Aoüt,   1897,   pag.   178. 
1897.       Ancey,  C.  F.,  Description  d'un  Mollusque  nouveau. 

In:    Le  Naturaliste,   19e  Annee,  2.  Serie,  No.  254,   1.  Octobre,   1897.  pag.   222. 
1899.       Ancey,  C.  F.,    Some  Notes    on    the    Non-Marine    Mollusca    Fauna    of   the    Hawaiian    Islands,    with 
Diagnoses  of  New  Species. 

In:    Proc.    mal.    Soc.    London,    Vol.    III,    Part  V,    Juli   1899,    pag.  268— 274,  Taf.  Xl[  und  XIII, 
Fig.  8,   16  u.   20. 
1904.       Ancey,  C.  F.,   On  some  non-marine  Hawaiian  Mollusca. 

In  :    Proc.  Mal.  Soc.  London.  Vol.  VI,  No.  2,  June  1904,  pag.  117—128,  PI.  VII,  Fig.  1-25. 
(Auf  der  Tafel  wird  auch  die  von  Baldwin  im  Nautilus,    Vol.  XVII,   1903,  pag.  34  neu  beschrie- 
bene Art  abgebildet.) 
1839.       Anton,  Hermann  Eduard,  Verzeichnis  der  Conchylien,  welche  sich  in  der  Sammlung  von  Hermann 
Eduard  Anton  befinden.     Halle,   1839,  kl.  4»,  pag,  40-41. 

1887.       Baldwin,    D.  D.,    Land    Shells    of   the  Hawaiian    Islands.     Prepared    expressly    for    the   Hawaiian 

Almanac  and  Annual,  Jahrg.   1887,  9  pag. 
1893.       Baldwin,  D.  D.,    Catalogue    Land    and    Fresh-Water   Shells    of   the    Hawaiian    Islands,    Honolulu, 

1893,  8",  25  pag. 

1895.  Baldwin,  D.  D.,  Descriptions  of  New  Species  of  Achatinellidae  from  the  Hawaiian  Islands. 

In:    Proc,  Acad.  Nat.  Sc.  Philadelphia,   1895,  pag.  214—236.     PI.  X  und  XI,  coloured. 

1896.  Baldwin,  D.  D.,  Description  of  two  new  Species  of  Achatinellidae  from   the  Hawa;ian  Islands. 

In:    The  Nautilus,  Philadelphia,  Juli,   1896,  Vol.  X,  No.  3,  pag.  31  u.  32.     Ohne  Abbildung. 
1903—1904.     Baldwin,  D.  D.,  Descriptions  of  new  Species  of  Achatinellidae  from  the  Hawaiian  Isles. 
In:    The  Nautilus,  Philadelphia,  Vol.   XVII,   1903-1904,  pag.  34-36. 

1883.  Barnacle,  H.  G.,  Musical  sounds  caused  by  Achatinellac. 

In:    Journal  of  Conchology,  Leeds,  Band  IV,   1883,  pag.   118. 
1837.       Beck,    H. ,    Index    MoUuscorum    praesentis    aevi  Musei    principis   augustissimi    Christiani   Frederici. 

Hafniae,  1837,  4°,  pag.   51. 
1855.       Berge,  F.,  Conchylienbuch.     Stuttgart,   1855,  4",  pag.  153,  Taf.  25,  Fig.  13  —  16. 
1876.       Binney,  W.  G.,  On  the  genitalia,  jaw  and  lingual  dentition  of  certam  species  of  Pulmonata  (with 
a  note  on  the  Classification  of  the  Achatinellae  by  Thomas  Bland.) 

In:    Annais  Lyceum  New- York .    Nat.    Hist.,    XI,    1876.     Read.    Oct.   11,    1875,    pag.    166-196. 
PI.  XII— XVIII. 
1876.       Binney,  W.  G.,  On  the  Lingual  Dentition,  jaw  and  genitalia  ofCarelia,  Onchidella  and  other  Pulmonata. 
In:    Proceedings  Acad.  Nat.  scienc.  Philadelphia,  1876,  pag.   183-192,  PI.  VI. 

1884.  Binney,  W.  G.,  Notes  on  the  jaw  and  lingual  dentition  of  Pulmonata  MoUusks. 

In:    Annais  of  the  New- York  Academy  of  Sciences,  late  Lyceum  of  Natural  History.     Vol.   III, 
New-York,   1883—1885,  8»,    1884,  pag.   79  —  136,  Plates  II— XVI. 
1874.       Bland,  T.  and  Binney,  W.  G.,  On  the  Lingual  Dentition  and  Anatomy  of  Achatinella  and  other 
Pulmonata. 

In:    Annais  Lyceum  New-York,  Nat.  Hist.,  Bd.  X,    1874,  Oct.  6,  pag.  331—351,  PI.  XV  u.  XVI. 
Zoologica.    Heft  18.  2  i 


—     178     — 

1901.       Borcherding,   Fr.,    Diagnosen  neuer  Achatinellen-Formen  von  der  Sandwich   Insel  Molokai. 

In:    Nachrichtsblatt  d.  Deutschen  Mal.  Ges.   1901,  No.  3  u.  4,  pag.    52  —  58. 
1889.      Boucard,  M.Adolphe,  Observations  sur   le    grand    nombre    d'especes    d'Achatinelles,    habitant    les 
iles  Sandwich. 

In:    Compte-rendu  des  seances  du  Congres  international  de  Zoologie,  1889,  pag.   75. 
1857.       Bourguignat,  J.  R  ,  Revue  et  [Nlagasin  de  Zoologie,  XX.  annee,  No.  12,  1857,  Paris,  pag.  562. 

Extrait  in  Amenites  malacologiques.  pag.  SO.  1.  c.     Paris,   1856      1860. 
1856-1860.     Bourguignat,  J.  R,  Amenites  malacologiques,  Tom.  II,  No.  2,  pag.  80.    Paris,  8",   1860. 
1862—1866.     Bronn,    Dr.  H.  G.,    Klassen  und  Ordnungen    des  Tierreichs.     III.  Bd.,   II.  Abt.     ^Malacozoa, 
fortgesetzt  von  Prof.   W,  Keferstein.     Leipzig,   1862-1866,    8°,    pag.  1251  und  pag.  1291-1295. 

1829.  Chamisso,  Adelbertus  de,    A.  C,    X.  C.  S.,    Species    novas  Conchyliorum  terrestrium,    ex  insulis, 
Sandwich  dictis. 

In :    Nova  Acta  Physico-medica  Academiae  Caesareae  Leopoldino-Carolinae  Xaturae    curiosorum. 

Tomi  decimi  quarti,  pars  secunda,  Bonnae,  1829   =  Verhandlungen  der  Kaiserlichen  Leopoldinisch- 

Carolinischen    Akademie    der    Naturforscher.      Vierzehnten    Bandes    zweite    Abteilung.       Bd.  XIV, 

Abt.  II.  pag.  639  und  640,  Taf.  36.  Fig.  1  und  2.    Bonn,  4°,   1829. 

1795.       Chemnitz,  J.  H.,  Systematisches  Conchylien-Kabinett,   Bd.  XI,  pag.  278,  Tab.  209,  Fig.  2059,  2060. 

Nürnberg,   1795,   4". 
1795.       Chemnitz,  J.  H.,  System.  Conchylien-Kabinett.     Bd.  XI,  pag.  307,  Tab.  213.  Fig.  3014,  .3015. 
1859.       Chenu,  Dr.  J.  C  ,    Manuel  de  Conchyliologie  et  de  Paleontologie  conchyliologique.      2  Vol.,    Paris, 
1859,  8".     Bd.  I,  pag.  430:  Carelia,  mit  Abbildungen ;    pag.  431— 432:  Gen.  Achatinella,   10  Figures. 
1881.       Clessin,  S.,  Nomenciator  Heliceorum  viventium,  Cassel,   1881,  pag.   267   und  pag.   303  —  317. 
1897.       Clessin,  S.,  Über  den  Einfluß  der  Umgebung  auf  die  Gehäuse  der  ^Mollusken. 

In:    Jahreshefte    des    Vereins    für    vaterl.    Naturkunde    in    Württemberg.      Stuttgart,    1897,    8°, 
pag.  68-86. 
1903.       Cooke,    Dr.  E.  ^lontague,    Distribution   and    Variation    of   Achatinella    multizonata,    Baldw.,    from 
Nuuanu  Valley.   (Oahu.) 

In :    Occasional    Papers    of   the    Bernice    Pauahi    Bishop    IMuseum    of   Pohnesian    Ethnologie    and 
Natural  History,    Vol.  II,    No.   1.     Director's    Report    for    1902,    Honolulu  1903.    8°,    pag.   65—76 
und  3  Tabellen. 
1876.       Crosse  ,  H.,  Note  complementaire  sur  quelques  especes  de  mollusques  habitant  l'ile  Kauai  (iles  Hawaii). 

In:    Journal  de  Conchyliologie,  Paris,  Bd.  XXIV,   1876,  pag.  95—99,  pl.  I,  III  u.  IV  pars. 
1817.       Cuvier,  M.  le  Ch.er.  Le  Regne  animal,  distribue  d"apres  son  Organisation.    Tome  11,  les  Mollusques. 
Paris,   1817,  8". 

1830.  Cuvier,  M.  le  Ch.er.  Le  Regne  animal,  distribue  d'apres  son  Organisation.  II.  nouvelle  edition, 
revue  et  augmentee.     Tome  III,  les  Mollusques.     Paris.    1830,  8°. 

1841.      Delessert,  Benj.,  Recueil  de  Coquilles  decrites  par  Lamarck  et  non  encore  figurees.    Paris,   1841, 

gr.  fol.  avec  40  planches  coloriees,  PI.  37,  Fig.  2. 
1817.       Dillwyn,  Lewis  Weston,  F.  R.  S.  and  F.  L.  S.,  A  descriptive  Catalogue  of  recent  Shells,  arranged 

according  to  the  Linnaean  Method ;  with  particular  attention  to  the  Synonymy.     London,    II.  Vol, 

1817,    8».     Vol.  II,   1817,   pag.  950,   142. 

1789.  Dixon,  G.,    A  voyage  round  the  world.     London,   1789,  4°,  pag.  354. 

1790.  Der  Kapitäne  Portlocks  und  Dixon s  Reise  um  die  Welt,  besonders  nach  der  nordwestlichen 
Küste  von  Amerika,  während  der  Jahre  1785  bis  1788  in  den  Schiffen  King  George  und  Queen 
Charlotte. 

Herausgegeben  von  dem  Kapitän  George  Dixon.  Aus  dem  Englischen  übersetzt  und  mit  An- 
merkungen erläutert  von  Johann  Reinhold  Forster,  Dr.  u.  Prof.  Berlin,  1790,  4°.  pag.  309 — 314 
und  Vorrede  pag.   10. 


—     179     — 

1902.       Döderlein,  Prof.  Dr.  L.,  Über  die  Beziehungen  nahe  verwandter   „Tierformen''   zu  einander. 
In:    Zeitschr.  Morph.  Anthrop.,  4.  Bd.   1902.  pag.   394  —  442. 

1822.       Ferussac,  le  Baron  de,    Tableaux  systematiques,  suivis  d'un  Prodrome  general.     Paris,   1822,  4°, 

Imperialformat.     Pag.  60,   No.  429—437. 
1820 — 1851.     Ferussac,  D.  de   et    Deshayes,  G.  P.,    Histoire    naturelle,    generale    et    particuliere    des 

Mollusques  terrestres  et  fluviatiles.     2.  Vol.,    Paris,    1820  —  1851,    gr.  4°,  Imperialformat.     Pag.   191 

bis   197,  PI.  155,  Fig.  1-15. 

1824.  Ferussac,  le  Baron  de,    ^Monographie    complete    du  quatrieme   groupe  du  sous-genre  cochlogcne, 
celui   des  helicteres. 

In:  Voyage  autour  du  Monde,  e.xecute  sur  les  corvettes  de  S.  M.  l'Uranie  et  la  Physicienne, 
pendant  les  annees  1817,  1818,  1819  et  1820.  Pag.  475—482  und  486;  PI.  68,  Fig.  4  —  14. 
Paris,  gr.  4°,  1824. 
1829.  Ferussac,  le  Baron  de,  Kritik  der  in:  „Nouvelles  especes  d' Achatines  des  iles  Sandwich;  par 
J.  Green,  prof.  de  chimie  au  coUege  medical  de  Jefferson  ä  Philadelphia"  (Contrib.  of  the  Maclurian 
Lyceum  etc..  Vol.  I,  No.  2,  juillet  1827,  pag,  47,  avec  figs.)  und  in:  Sur  les  caracteres  des  Acha- 
tinelles,  nouveau  genre  de  coquilles  terrestres;  par  M.  Swainson  (Quart.  Journ.  of  sciences ;  janv. — 
avril  1828,  pag.  81)  beschriebenen  neuen  Arten  von  Green  und  Swainson. 

In:   , Bulletin  des  sciences  naturelles  et  de  Geologie,  sous  la  direction  de  M.  le  Baron  de  Ferussac, 
Tome  seizieme.     Paris,    1829,    8",    pag.  138—141. 
1887.       Fischer,    Dr.  Paul,    Manuel    de    Conchyliologie    et   de   Paleontologie   conchyliologique    ou  Histoire 

naturelle  des  mollusques  vivants  et  fossiles,  Paris,  1887,  8",  pag.  489 — 490. 
1889.       Fischer,  Dr.  P.,  Sur  le  nombre  considerable  des  especes  d'Achatinelles. 

In:    Compte-rendu  des  seances  du  Congres  international  de  Zoologie,   1889,  pag.  75. 
1850.       Forbes,    Edward,    Prof.  F.  R.  S.,    On    the  Species    of   Mollusca    collected    during    the    Surveying 
Voyages  of  the  Herald    and  Pandora,    By  Capt.  Kellett,    R.  N.,    C.  B.,    and  Lieut.  Wood,    R.  N. 
1.  On  the  Land-Shells  collected  during  the  Expedition. 

In:   Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XVIII,  1850,  pag.  53—57. 

1845.  Gould,  Augustus  A.,  M.  Dr.,    Descriptions  of  Species  of  Landshells,    froni  the  Sandwich  Islands, 
supposed  to  be  hitherto  undescribed. 

In:  Proc.  Bost.  Soc.  Nat.  Hist.     Vol.  II,    1845—1848.     January  15,   1845,  pag.  26-28. 

1846.  Gould,  Augustus  A.  M.  Dr.,    Otia  Conchologica.     Boston,    8°,    1846—1862.     1816,    pag.  34— 36, 
pag.  194-196    und  pag.   244. 

1847.  Gould,  Augustus  A.  M.  Dr.,    Descriptions    of    ncw  Species   of   Shells    of   the    Genera    Achatinella 
and  Helicina. 

In:  Proc.  Boston  Soc.  Nat.  Hist.,   Vol.  II,   1845—1848.     January  20,   1847,  pag.  200-203. 
1852.       Gould,  Augustus  A.,  M.  Dr.,  Be.schreibung  sieben  neuer  Achatinellen  (ohne  Titel). 

In:  United  States  Exploring  Expedition,  during  the  years  1838  bis  1842;  under  the  Command 
of  Charles  Wilkes.  Vol.  XII.  Mollusca  and  Shells  by  A.A.  Gould.  Philadelphia,  1852,  gr.  4°, 
pag.  85—90  und  PI.  7,  Fig.  94-100.  Der  Atlas,  Imperialformat,  16  Pag.  Text  und  52  kolorierte 
Tafeln,  ist  erst   18  5  6  zur  Ausgabe  gelangt. 

1825,  Gray,  John  Edward,   Esq.  M.  G.  S.,  A  List  and  Description  of  some  Species  of  Shells,  not  taken 
Notice  of  by  Lamarck. 

In:    The  Annais  of  Philosophy.     New  Series.     January  to  June   1825.     Vol.  IX,  and  twenty-fifth 
from  the  commencement.     London,     1825,    8°.    No.  II,    Article  IX  —  February   —  pag.   134—140 
und  No.  VI,  Article  II  —  June    ~   pag.  407  —  415. 
1850.       Gray,  M.  E.,    Figures  of  MoUuscous  animals,    selected  from  various  authors.     London,     1850,     8\ 
Taf.   303,    Fig.  3,   5  u.  6. 


—     180     — 

1S27.  Green,  Jacob  A.  :\I.,  New  Species  of  Achatina,  with  remarks  on  the  Ti.  or  the  Diacena  termi- 
nalis  of  the  Sandwich  Islands. 

In:  Contributions  to  the  Maclurian  Lyceum  of  the  arts  and  sciences.    Vol.  I,   No.  2,  pag.  47— 50, 
Plate  IV,  Fig.  1—5.     Philadelphia,  July,   1827. 
1829.       Green,  Jac.  A.  ^M.,    Remarks  on  Achatina  Stewartii. 

In:  Contr.  'Slad.  Lyc.     Vol.  I,  No.  3,  pag.  66—67.     Philadelphia,  8",  Jan.    1829. 
1856.       Gulick,  J.  T.  Rev.,   Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella,  from  the  Hawaiian  Islands. 

In:  Annals  of  Lyceum  Nat.  Hist.  of  New-York.  Vol.  VI,  (1853  —  1858)  1858,  pag.  173  —  255, 
Taf.  6,  7,  8.  I.  Hälfte,  pag.  173-230,  Dec.  1856;  IL  Hälfte,  pag.  231-255,  Febr.  1858; 
(siehe  Fußnote  am  Bogen). 

1872.  Gulick,  Rev.  J.  T.,  On  the  Variation  of  Species  as  related  to  their  geographica!  distribution, 
illustrated  by  the  Achatinellinae. 

In:    Nature,  VI,  No.   142,  July  18.   1872,  pag.  222-224. 

1873.  Gulick,  Rev.  J.  T.,  On  the  Classification  of  the  Achatinellidae. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1873,  pag.  89—91. 
1873.       Gulick,  Rev.  J.  T.,  On  Diversity  of  Evolution  under  one  set  of  External  Conditions. 

In:    Journal  Linnean  Society,  Zoology,  XI,  London,   1873,  pag.  496—505. 
1890.       Gulick,  Rev.  J.  T.,  Lessöns  in  the  Theory  of  divergent  evolution,  drawn  from  the  Distribution  of 
the  Land  Shells  of  the  Sandwich  Islands. 

In:    Proceedings  of  the  Boston  Society  of  Natural  History,  Vol.  XXIV,  Boston,  1890,  (1888—1890), 

8",  2.  Jan.   1889,  pag.   166  u.   l67. 

1890.       Gulick,  Rev.  J.  T.,  Divergent  Evolution  through  Cumulative  Segregation,  Read  15th  December,  1887. 

In:    The  Journal  of  the  Linnean  Society,  Zoology,  Vol.  XX,  London,  8»,  1890,  pag.   189  —  274. 

1905.       Gulirl--.  Rev.  J.  T.,    Evolution,  racial  and  habitudinal.     Published    by  the  Carnegie  Institution  of 

Washington.     Publikation    No.   25.      August    1905.      gr.   8»,    XII  pag.  u.   269  pag.     2  Karten    und 

3  Tafeln  mit  kolorierten  Abbildungen  von  Achatinellen.    Man  vergl.  pag.  1,  26,  42,  212  —  224  u.a.  m. 

1895.       Gwatkin,  H.  M.,  andSuter,  H.,  Observations  on  the  Dentition  of  Achatinellidae.     With  prefatory 

Note  by  H.  A.  Pilsbry. 

In:    Proc.  Acad.  Xat.  Sc.  Philadelphia,   1895,  (issued   1896)  pag.   237—240.     PI.  XI,  pars. 

1888.       Hartmann,  W.  D.,  A  bibliographic  and  synonymic  Catalogue  of  the  genus  Auriculella,  Pfr. 

In:    Proceedings  Acad.  nat.  scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  14  u.   15. 
1888.       Hartmann,  W.  D.,  A.  bibliographic  and  synonymic  Catalogue  of  the  genus  Achatinella,  Swainson. 

In:    Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,  1888,  pag.   16—56. 
1888.       Hartmann,  W.  D.,  New  Species  of  Shells  from  the  New  Hebrides  and   Sandwich  Islands. 

In:    Proc.  Acad.  Nat.  Scienc.  Philadelphia,   1888,  pag.  250—252.     PI    XIII. 
1867.      Heynemann,  F.D.,  Die  Zungen  von  Partula  und  Achatinella. 

In:    Malak.  Blätter,  Bd.  XIV,  1867,  pag.   146—150.    PI.   1. 
1898.       Hyatt,  A.,  Evolution  and  migration  of  Hawaiian  Land-Shells. 

In :  Proceedings  American  Association  for  the  advancement  of  Science.  Forty-seventh  Meeting 
and  fiftieth  Anniversary  held  at  Boston,  Mass.    Salem,  Mass.,    1898,  8".  pag.  357  and  358. 

1839.  Jay,  J.  C,  A  Catalogue  of  the  recent  Shells  in  his  Cabinet.  Arranged  according  to  the  Lamarckian 
System.    IIL  Edition,  New-York,   1839,  4",  with  10  Plates,  pag.  58  und  119,  Taf.  VI,  Fig.  3. 

1850.  Jay,  John  C,  ]M.  Dr.,  A  Catalogue  of  the  Shells,  arranged  according  to  the  Lamarckian  System 
Fourth  edition.     New-York,   1850,  4",    ohne  Abbildungen,    pag.  189  und  pag.  214 — 215. 

1875.       Kobelt,  Dr.  W.,  Conchologische  Miscellen. 

In:    Jahrb.  d.  d.  malak.  Ges.  Jahrg.  II,  1875,  pag.  222—228. 

Darin:  Beschreibung  u.  Abbildung  von  Carelia  turricula  Migh.,  pag.  225,  Taf.  VII,  P"ig.   1. 


—     181     — 

1874/1875.     Kobelt,  Dr.  W.,  Die  geographische  Verteilung  der  Mollusken. 

In:    Bericht  über  die  Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft  für  1874  u.  1875,    Frankfurt 
pag.   71—76. 

1877.  Kobelt,  Dr.  W.,  Die  geographische  Verbreitung  der  Binnen-Mollusken. 

In:    Bericht  der  Senckenb.  naturf.  Gesellschaft  für  1877,  Frankfurt,  pag.   75-104. 

1878.  Kobelt,  Dr.  W.,  Die  geographische  Verbreitung  der  Mollusken.     III.  Die  Inselfaunen. 

In:    Jahrbuch  der  Deutsch,  malak.  Gesellschaft,  5.  Jahrg.,   1878,  pag.  10  —  23,  pag.  170 — 185  und 
pag.  322—350. 

1879.  Kobelt,  Dr.  W.,  III.  Die  Inselfaunen. 

In:    Jahrb.  Deutsch,  malak.  Ges.,  6.  Jahrg.,   1879,  pag.   195—224. 

1880.  Kobelt,  Dr.  W.,    111.  Die  Inselfaunen,  Fortsetzung  u.  Schluß. 

In:    Jahrb.  Deutsch,   malak.  Ges.,   7.  Jahrg.,   1880,  pag.   1—30  und  pag.  241-286. 

1881.  Kobelt,  Dr.  W,,  Jllustriertes  Conchylienbuch,  2.  Band,  Nürnberg,  1881,  4",  pag.  263,  Taf.  81, 
Fig.  9  u.   16,  pag.  292-294,  Taf.  87,  Fig.   24-36  u.  Taf.  88,  Fig.   1. 

1889.       Kobelt,  Dr.  W.,  Die  Achatinellen  der  Sandwich  Inseln. 
In:    Humboldt,  8.  Jahrg.,   1889,  pag.  464-465. 

1844.  Küster,  H.  C,  Monographia  Auriculaceorum.  Neue  Ausgabe  von  Mart.  Chemnitz,  Conchylien- 
Cabinet.  Bd.  I,  Abt.  XVI.  1844,  pag.  26,  No.  14,  Taf.  3,  Fig.  14—16,  u.  pag.  48,  No.  30,  Taf.  7, 
Fig.   14-16. 

1852.  Küster,  Dr.  C.  H.,    Monographie  der  Gattungen  Pupa,  Megaspira,   Balea  und  Tornatellina. 

In:    Mart.  Chemn.  Neues  Syst.  Conch.  Gab.    I.  Bd.,    15.  Abt.,    No.  12,    pag.  153-154,    Taf.  18. 
Fig.  24  und  25.     Nürnberg,    4",    1852. 

1822.       Lamarck,  J.  B.  de,    Histoire    naturelle    des  animaux    sans  vertebres.     Bd.  VII,    pag.  37,     No.  21 

Paris.   1822,    8". 
1883.       Ludwig,  Prof.  Dr.  Hubert,  Leunis,  Synopsis  der  Tierkunde,  Hannover,   1883,   8°,   Band  1,  pag.  876. 
1892,       Lyons,  A.B.,  A  few  Hawaiian   Land-Shells. 

In:    Hawaiian  Almanac  and  Aniiual  for   1892  (1891),   Honolulu  8»,  pag.   103  —  109,  PI.   1   u.  2. 

1894.       Marcuse,   Dr.  Adolf,   „Die  Hawaiischen  Inseln."      Berlin,    1894,  8". 

Darin:    Sech.stes  Kapitel,  Flora  und  Fauna  der  Hawaii.schen  Inseln,  pag.   133  —  142, 
1860.       von  Martens,  Ed.,   Die  Heliceen  nach  natürlicher  Verwandtschaft,  von  J.  Chr.  Albers.   2.  Ausgabe, 

herausgegeben  von  Prof.  von  .Martens.     Leipzig,   1860^  8",  pag.  208,  Genus  Carelia;  pag.  241  —  253, 

Genus  Achatinella. 
1883.       von  Martens,  Prof.  Dr.  F.,  Die  Weich-  und  Schaltiere,  Leipzig,   1883,  8°,  pag.  70,   135  und  300. 
1898.       Maxwell,  Dr.  Walter,    Les  jlcs  Hawaii.     Extrait  de  l'annuaire  du  Department  de  l'Agriculture  des 

Etats-Unis.   1898,   24  pag. 

Darin:    Forets,  pag.   11—15.     Hawaiian  Gazette  Co.  Honolulu,  H.  T.,   1900. 
1830.       Menke,  Carolo  Theodora,  M.  Dre.  Synopsis  methodica  Molluscorum  generum  omnium  et  specierum 

earum,  quae  in  Museo  Menkeano  ad.servantur.     Pyrmonti,   1830,  8°.    Editio  altera,  pag.  25  u.  26. 

1845.  Mighels,  Dr.  J.  W.,    Descriptions  of  Shells  from  the  Sandwich  Islands  and  other  localities. 

In:    Proceedings    of   the  Boston  Society  of  Natural  History,    Vol.  II.     Boston,    8",    1845—1848. 
January,    15,    1845,   pag.  18  —  25. 
1857.       Morelet,  M.  Arthur,    Testacea  nova  Australiae.     (Darin:    Achatinella  Deshaysii.) 

In:    Bull.  Soc.  d'histoire    naturelle    du    Departement    de    la  Moselle.     Cahier  VIII,    Metz,    1857, 
pag.   27,    No.  3. 

1853.  Newcomb,  Dr.  W.,    Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella  from  the  Sandwich  Islands. 

In:  Annais  of  the  Lyceum  of  Natural  History  of  New-York.     Band  VI,    1853-1858,    Febr.   12, 
1853,  pag.  18—30  (issued  May   1853). 


—     182     — 

1853.  Newcomb,  Dr.  W.,    Descriptions  of  Seventy-nine  New  Species  of  Achatinella,    Swains.    a  Genus 
of  Pulmoniferous  MoUusks.    in  the  CoUection  of  Hugh  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXI,   1853,  pag.  128-157,  Taf.  22—24,  Fig.  1—79. 

1854.  Newcomb,  Dr.  W.,  Abstract  of  Descriptions  of  some  Animals  of  Achatinella,  and  other  Remarks. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,    Part  XXII,  1854,  pag.  310—311. 

1855.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  five  New  Species   of  Achatinella. 

In:   Proc.  Boston  Soc.  Nat.  History,  Vol.  V,   1854-1856.     July  25,   1855,  pag.  218—220. 
1855.       Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Species  of  Achatinella. 

In:  Annais,  Lyceum  Nat.  Hist.  of  New  York.  Vol.  VI,   1853  —  1858.  Sept.  17,1855,  pag.142— 147. 
1858.      Newcomb,  Dr.  W.,    Synopsis  of  the  Genus  Genus  Achatinella. 

In:  Annais  Lyceum  Nat.  Hist  of  New-York.    Vol.  VI,  (1853—1858).   1858,  Sept.,  pag.  303  — 336. 

1860.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Species  of  the  Genera  Achatinella  and  Pupa. 

In:    Annais  Lyceum  Nat.  Hist.  New-York.     Yol    VII,    1862,    pag.  145-147,    (issued  April   1860, 
vergl.  Fußnote). 

1861.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  New  Shells. 

In:  Proc.  California  Academy  of  Nat.  Sciences,   Vol.  II,   1858—1862;    pag.  91  —  94,  issued  1861. 

1865.  Newcomb,  Dr.  W.,   Description  of  New  Species  of  Land-Shells. 

In:    Proc.  of  the  California  Academy  of  Natural  Sciences,  Vol.  III,    1863—1867.     San  Francisco, 
pag.   179—182,    (Jan.   1865). 

1866.  Newcomb,  Dr.  W.,  Descriptions  of  Achatinellae. 

In:    American  Journal  of  Conchology,  Vol.  II,  Philadelphia,   1866,  8»,  Vol.  II,  Part  III,  July  1866, 
pag.  209—217,  Taf.   13,   Fig.   1  —  16. 
1878.       Nevill,   Geoffroy,  Hand  List  of  Mollusca  in  the  Indian  Museum,  Calcutta,   Parti,  Gastropoda,   1878, 
pag.    146  u.  pag.   151—160. 

1873.       Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konclnlien-Sammlung  von  Fr.  Paetel,  Berlin,   1873,  8°,   2.  Auflage. 
1883.       Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konchylien-Sammlung  von  Fr,  Paetel,  Berlin,   1883,  3.  Auflage,  pag.  147 

und  pag.  153 — 156. 
1889.       Paetel,  Fr.,  Katalog  der  Konchylien-Sammlung  von  Fr.  Paetel,  IV.  Auflage. 

II.  Abteilung.     Die  Land-  und  Süßwasser-Gasteropoden,  Berlin,   1889,  gr.  8",  pag.  241   und  pag. 

269—276. 

1862.  Pease,  W.  Harper,    Descriptions  of  Two  New  Species    of   Helicter    (Achatinella,   Swainson)    from 
the  Sandwich  Islands,  with  a  history  of  the  Genus. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,    Part  XXX,     1862,  pag.  3-7,    (14.  Jan.   1862). 
1866.       Pease,  W.  Harper,   Descriptions  of  New  Species  of  Land-Shells,  inhabiting  Polynesia. 
In:    Amer.  Journ.  of  Conch.,  Philadelphia,  Vol.  II,   1866,  pag.  289—293. 

1868.  Pease,  W.  Harper,  Descriptions  d'especes  nouvelles  d'AuricuIella,  provenant  des  iles  Hawaii. 

In:    Journ.  Conchyliologie,  Paris,  Vol.  XVI,   1868,  pag.  342— 347.     PI.  XIV,  Fig.  6,  7,  8. 
1S6Ü.       Pease,    W.  Harper,  Description  d'especes  nouvelles  du  genre  Helicter,  habitant  les  iles  Hawaii. 
In:    Journ.  Conchyl.  Paris,  Vol    XVII,  pag.    167  — 176. 

1869.  Pease,  W.  Harper,  On  the  Classification  of  the  Helicterinae. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,   1869,  pag.  644-652. 

1870.  Pease,  W.  Harper,  Observations  sur  les  especes  de  Coquilles  terrestres  qui  habitant  l'ile  de  Kauai 
(iles  Hawaii)  accompagnees  de  descriptions  d'especes  nouvelles. 

In:    Journ.   Conch.  Paris,  Vol.  XVIII,   1870,  pag.  87—97. 
1870.       Pease,  W.  Harper,  Remarques  sur  certaines  especes  de  Coquilles  terrestres  habitant  la  Polynesie, 
et  description  d'especes  nouvelles. 

In:    Journ.  Conch,  Paris,  Vol.  X\TII,   1870.   pag,  393—403. 


—     183     — 

1S71.       Pcase,     W.  Harper,    Catalogue    of   the  Land-Shells    inhabiting  Polynesia,    vvith  Remarks    on    tlicir 
Synonymy,  Distribution,  and  Variation,  and  Descriptions  of  New  Genera  and  Species. 

In:    Proc.  Zool.  Sog.  London,   1^71,  pag.  449-477. 
1877.       Pfeffer,  Dr.  G  ,  Anatomi,sche  Untersuchungen  der  Achatinella  vulpina,  Fer. 

In:    Jahrbuch  der  deut.sch.  Malak.  Gesellsch..  Bd.  IV,   1877,  pag.  330—334,  mit  Figuren. 

1841.  Pfeiffer,   Dr.  Ludwig,  Symbolae  ad  Historiam  Heliceorum.    Cas.sel,   1841,  8",  Sectio  1,  p.  25  u.  44. 

1842.  Pfeiffer,  Dr.   Ludwig,  Symb.  Hist.  Heliceorum.   Cassel,   1842,  8",  Sectio  II,  pag.   14  u.  52  u.   53. 

1843.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Remark.s  on  the  genus  Achatinella,  Swainson,  and  descriptions  of  six  new 
species  from  Mr.  Cuming's  Collection. 

In:  Proceedings  of  the  Zoological  Society  of  London,    1845,  8",  Part  XIII,  pag.  89  u.   90. 
1846.       Pfeiffer,  Dr.   Ludwig,  Symb.  Hist.  Heliceorum.     Sectio  III.     Cassel,   1846,    8°,    pag.  58,  88  u.  89. 
1846.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  thirty  new  Species  of  Helicea,  belonging  to  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIV,   1846.     March   24,   1846,  pag.  28-34. 

1846.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,     Descriptions    of    twenty    new    Species    of   Helicea,    in    the  Collection    of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIV.    1846.     April   14,   1846,  pag.  37-41. 

1846.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Über  neue  Landschnecken  von  Jamaika  und  den  Sandwich-Inseln. 

In:  Zeitschrift  für  Malakozoologie,  Bd.  III,   1846,  pag.  113—120. 

1847.  Pfeiffer.  Dr.  Ludwig,    Diagnosen  neuer  Landschnecken. 

In:    Zeitschrift  für  Malakozoologie,  Jahrgang  IV,  pag.  145  —  151. 

1847.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of   nineteen  new  Species    of  Helicea,    from  the  Collection    of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XV,  1847.     December,   12,   1847,  pag.  228— 232. 

1848.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Monographia    Heliceorum    viventium.    Vol.  II,    1848.     Genus    Achatinella, 
Swainson,    pag.  233-242  und  pag.  75  u.  391. 

1849.  Pfeiffer,   Dr.  Ludwig,    Nachträge  zu  L.  Pfeiffer,  Monographia  Heliceorum. 

In:    Zeitschrift  für  Malakozoologie,    Jahrgang  VI,    1849,    pag.  90  u.  91 

1851.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Description  of  Fifty-four  New  Species  of  Helicea,    from   the  Collection  of 
Hugh  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XIX.   1851,  pag.  252-263 

1852.  Pfeiffer,    Dr.   Ludwig,     Descriptions    of    Sixty-si.x    new    Land    Shells,    from    the    Collection    of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:   Proc.  Zool.  Soc.  London.  Part  XX,   1852,  pag.  56-70. 

1853.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of   nineteen  New  Species  of  Helicea,    from  the  Collection  of 
H.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXI,   1853,  pag.  124—128. 

1853.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Monographia  Heliceorum    viventium.    Vol.  III,     1853.     Genus  Auriculella, 
unter  Partula,    pag.  454.     Genus  Achatinella,  Sw.,    pag  455—467    (pag.  504). 

1854.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Skizze  einer  Monographie  der  Gattung  Achatinella,  Swains. 

In:   Malakozool.  Blätter,  Jahrg.  1,   1854,  pag.  112-146. 
1854.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of    sixteen  New  Species  of  Helicea,    from  the  Collection  of 
H.  Cuming. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXII,   1854,  pag.  122-126. 

1854.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Genus  Achatinella,  Swains. 

In:  Bulimus.  Partula,  Achatinella  der   „Neuen  Ausgabe  von  Martini  Chemn.  Conchylien-Kabinett'. 
Bd.  I,  Abt.  XIII,  1854,   1855,  pag.  277—288,  Taf.  67,  Fig.  5-31. 

1855.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Weitere  Beobachtungen  über  die  Gattung  Achatinella. 

In:  Malakozool.  Bl.,  Jahrg.  2,    1855,  pag.  1—7.  Fortsetzung  der  Arbeit  im  selben  Bande,  pag.  64-70. 


—      184     — 

1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,   Versuch  einer  Anfirciinint^  der  Ileliccrn  nach  natürlichen  Grupiien. 

In:  Malak,  Bl,,    Jahrg.  2,    1855,    pag.  112— 185.     Darin   I.X.Gattung:   Achatinclia    pag.  162— 166 
und  XI.  Gattung:    Spiraxis  (Carejia)    pag.  166. 
1855.       Pfeiffer,  Dr.   Ludwig,    Descriptions    of    Twenty-.seven    New    Species    of    Achatinella ,     fiom    the 
Collection  of  II.  Cuniing,  Lsq.,    collected  by  Dr.  Newcomb    and    by  Mon.s.  D.   Frick,    late  Consul- 
General  of  France  at  the  Sandwich-Island.s. 

In:  Proc.  Zoo!.  Sog.  London,    Part  XXIII,    1855,  pag.  1  —  7,  PI.  XXX,  Fig.  1-27. 
1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of    forty-seven  New  Species  of  Helicea,  from  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:   Proc.  Zool.  Soc.   London,   Part   XXIll,    1855,  pag.  !)1  — 101.    PI.  XXXI.     (Die  Sandwich-Arten 
ohne  Abbildungen.) 
1855.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Descriptions  of  niiic  New  Species  of  Helicea,  from  Mr.  Cumings  collection. 
In:    Proc.  Zool.  Soc.   London,  Part  XXIII,   1855,  pag.  106  —  108,   PI.  XXXII,  Fig.  1. 

1855.  Pfeiffer,   Dr.  Ludwig,    Descriptions    of  Twenty-thrce    New  Species    of  Achatinella,    collected    by 
Mr.   D.  Frick  in  the  Sandwich  Islands;   from   Mr.   Cumings  Collection. 

In:  Proc.  Zool  Soc.   London,  Part   XXIII,   1855,  pag.  202—206. 

1856.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of  Si.xteen  New  Species    of    Achatinella,    from  j\lr.  Cumings 
Collection,  collected  by  Dr.  Newcomb  in  the  Sandwich  Islands. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXIII,  1855,  pag,  207 — 210.  (Sämtlich  von  Newcomb  be- 
nannte Arten;  die  Abbildungen  dazu  finden  sich  in  ,Amer.  Journal  of  Conchology",  Vol.  2,  1866, 
Taf.   13,  Fig.    1  —  16.) 

1855.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions  of  Five  New  Species  of  Terrcstrial  Mollusca,    from    the  Col- 
lection of  C.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.   Zool.  Soc.   London,   Part  .XXIII,   1855,  pag.  210  —  211. 

1856.  Pfeiffer,  Dr.   Ludwig,    Dcscri|)tions  of  Fifty-eight   New  Species  of  Helicea,    from    the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:  Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  .XXIV,  1856,  pag,  ;i24— 336,  (Abbildung  zu  Ach.  Kauaiensis 
in  Nov.  Conch,  Bd.  IV,  Taf.  126,  Fig.  8-11.) 

1857.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Über    die    in    Goulds  Expedition  Shells    beschriebenen    und    abgebildeten 
Landschnecken, 

In:    Malak.  Blätter,    Jahrg,  4,    1857,    pag.  29-37. 
1857.      Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,   Neue  Landschnecken. 

In:    Malak.  Blätter,    Jahrg.  4,    1857,    pag.  85—89. 

1857.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Diagnosen  neuer  Heliccen. 

In:  Malak.  Blätter,  Jahrg.  4,  1857,  pag.  229 — 232.  (Abbildungen  dazu:  Proc.  Zool.  Soc, 
Part  XXVI,     1858,    Taf.  40,    Fig.  8-11.) 

1858.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Diagnosen  von  73  neuen  Achatinellcn  von  Rev.  J.  T.  Gulick. 

In:    Malak,  Blätter,  Jahrg.  V,   1858,  pag.  198-224. 

1858.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of  Eleven  New  Species  of  Land-Shells,    from  the  Collection 
of  II.   Cuming,   Esq, 

In:   Proc.  Zool.  Soc.  London,  Part  XXVI,   1858,  pag.  20-23.     PI.  XL,  Fig.  8  — 11. 

1859.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,    Descriptions    of   Eight    New  Species    of    Achatinella,    from    Mr.  Cumings 
Collection. 

In:    Proc.   Zool.  Soc.   London,    Part  XXVll,    1859,  pag.  30— 32. 
1859.       Pfeiffer,    Dr.   Ludwig,    Rezension    des  VI.   Bandes    der   „Annais    Lyceum    Nat.    Hist.    New-York, 
1853-1858." 

In:  Malak.  Blattei,  Jahrg.  VI,    1859,  pag.  178-188.    (Darin  Besprechung  der  t)ben  zitierten  New- 
combschen  (3)  und  Gulickschen  (1)  Arbeiten) 
1859.       Pfeiffer,   Dr.   Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium.    \'ol,  IV,   1859,  pag.  515  —  570,  Genus 
Achatinella;    pag.  571   u.  572,  Genus  Spiraxis  i  Carelia). 


—     185     — 

lH(il        Pfeiffer,   Dr.  Ludwi.t,',  Descriptions  of  Forty-sevcn  New  Species  of  Land-Shells  fiom  the  Collection 
of  H.  Cuming,  Esq. 

In:    Proc.  Zool.  Soc.   London.     Part  XXIX,    1861,    pag.  20— 29.     Pill  u.  III.     (Die  Sandwicii- 
Arten  ohne  Abbildung.) 
1862.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Bericht  über  den  VII.  Band  der  „Annais  Lyceum  Nat.  Hist.  New- York  1860." 
In:    Malak.  Blätter,    Jahrg.   9,    1862,    pag.  25.    (Darin:  über  die  Arbeit  Newcombs  und    die  neue 
Ach.  Kauaiensis.) 

1867.  Pfeiffer,  Dr.  Ludwig.    Über   die    neueren  .systematischen  Anordnungen  der  Helicaceen. 

In:    Malak.   Blätter,  Bd.  XIV,   1867,  pag.  232,  XXIII  u.  XXIV. 

1868.  Pfeiffer,   Dr.  Ludwig,  Monographia  Hcliceorum  viventium.     Bd.  VI,   1868,    pag.  161  — 187,    Genus 
Achatinella ;  pag.  188  —  189,  Genus  Spiraxis,  I.  Carelia. 

1870—1876.     Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Novitates  Conchologicae.     Bd.   IV,  Cassel,   1870—1876,  4",  pag.   115 

u.   116,  No.   818,  Taf.   126,  Fig.  8—11. 
1877.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Monographia  Heliceorum  viventium,   Bd.  VIII,   1877,  pag.   209 — 252. 
1877.       Pfeiffer,  Dr.  Ludwig,  Über  Kobelt's  geographische  Verbreitung  der  Mollusken. 

In:    Malak.  Blätter,  Bd.  XXIV,   1877,  pag.  87—89. 
1853.       Philippi,  Dr.  R.  A.,  Handbuch  der  Conchyliologie  und  Malakozoologie.  Halle,  185;5,  8",  pag.  248. 
1901.       Pilsbry,  Henry  A.,   On  the  zoological  Position  of  Partula  and  Achatinella. 

In:    Proc.   Acad.  Nat.  Scienc,  Philadelphia,   1900,  Philadelphia,   1901,    Part    III,    Sept. -Dez.,    pag. 
561-567,  PI.  XVII. 
1903.       Plate,  Prof.  Dr.  Ludwig,    Über    die  Bedeutung   des  Darwinschen  Selectionsprincips    und  Probleme 

der  Artbildung,  2.  Aufl.,  Leipzig,   1903,  8".  pag.  29,   184  und   194. 
1889.       Preudhomme  de  Borre,    Les  Carabiqucs  et  les  Achatinelles  des  iles  Hawaii. 

In:    Compte-rendu  des  seances  du  Congres  international  de  Zoologie,   1889,  pag.  75. 

1849—1850.     Reeve,  Lovell,    Conchologia    Iconica.     Monograph  of   the  Genus  Achatina,  Lamarck,    1849, 

No.  101,  Taf.  19  und   1850,  No.  116,  Taf.  20. 
1850.       Reeve,  Lovell,  Conchologia  Iconica.  Monograph  of  the  Genus  Achatinella,  Swainson.  London,  1850,4°. 
1860.       Reeve,   Lovell,  Elements  of  Conchology.     2  Volumen.     London,    1860,    8". 
Darin:   Vol.  I,   1860,  pag.  212  —  214,  Genus  Achatinella. 

1869.      Schaufuss,    Dr.  L.  W.,    Molluscorum  Sy.stema   et  Catalogus.     System  und  Aufzählung   sämtlicher 
Conchylien  der  Sammlung  von  Fr.  Paetel.     Dresden,  8»,   1869,  pag.  14,  367,  pag.  15,  375.  pag.  80, 
367  und  pag.  83—84,  375. 
1900.      Schauinsland,  Prof.  Dr.  H.,   Ein  Besuch  auf  Molokai,  der  Insel  der  Aussätzigen. 

In:    Abhandlungen   Nat.  Ver.  Bremen,  Bd.  XVI,  Heft  3,  1900,  pag.  513—543,  mit  15  Abbildungen, 
pag.  527,  Achatinellen.     Auch  separat  erschienen  bei  Max  Nössler,  Bremen,  1900,  33  pag.,  15  Tafeln, 
unter  obigem  Titel. 
1838.       Schlüter,  F.,  Systematisches  Verzeichnis  meiner  Conchyliensammlung.    Halle,   1838,  kl.  8°,  pag.  8. 
1875.       Schmeltz,  J.  D.E.,  Über  das  lokalisierte  Vorkommen  der  Landkonchylien  auf  den  Südsee-Inseln. 
In:    Verhandlungen  des  Vereins  für  naturwissenschaftliche  Unterhaltung,  Hamburg  (1871  —  1874) 
1875,   pag.   27. 
1872.       Senoner,  Ad.,  Observations  sur  les  Achatinella.  —  Lettre  de  M.  A.  Senoner,  Vienne.     Traduit  de 
l'allemand  par  M.  Armand  Thielens. 

In:    Annales  de  la  Societc  Malacologique  de  Belgique,  Tome  VII,  Annee  1872.     Bulletins  de  la 
Societe  Mal.  Tome  VII,    1872,  pag.  CXX— CXXI. 
1894.       Sharp,   D.,  The  Zoology  of  the  Sandwich  Islands 

In:  Rep.  64,  Meet.  Brit,  Assoc.  Adv.  Sc.  p.  343.  Report  of  the  Sixty-fourth  Meeting  of  the 
Britisch  Association  for  the  advancement  of  Science,  held  at  Oxford  in  August  1894,  London,  John 
Murray,   1894,  (rec.  March   1895),  8».  CVIII,  852,   118  p.,  4  pls.   1  table. 

Zoologtca.    Heft  48.  24 


—     186     — 

1872.  Sklarek,  Dr.  W.,    Über    die  Variation  der  Arten  bei  der  Schneckengattung  Achatinella. 

In:    Der  Naturforscher  (Sklarek)   5,  Jahrg.  No.   40,  Okt.  5,    1872,    pag.  325—327.     (Auszug    aus 
Gulick's  oben  angeführter  Arbeit  in   „Nature".)     Auszug  aus  Sklarek  siehe  Senoner. 

1873.  Smith,  E.  A.  and  Gulick,  Rev.  J.  T.,    Descriptions  of  new  Species  of  Achatinellinae. 

In:    Proc.  Zoo!.  Soc.  London,   1873,  pag.   73—89.     PI.  IX  u.  X. 
1852.      Souleyet,    Beschreibung  von  Achatinellen    (ohne  besondere  Überschrift). 

In:    Voyage  autour   du  Monde,    execute  pendant  les  annees  1836  et  1837,  sur  la  Corvette   ,La 
Bonite",    commandee    par    M.  Vaillant.     Zoologie    par  M.  M.  Eydoux    et    Souleyet.     Tome  II    par 
M.  Souleyet.     Paris,   1852,  0^4".     Tome  II,    pag.  508— 512,    PI.  29,  Fig.  3— 11. 
1839.      Sowerby,    G.  B.  jun.,    A    conchological  Manual,    illustrated    by  upwards    of  five   hundred  figures. 

London,   1839,  8",  pag.   2  u.   124,  No.  287,  Fig.   287. 
1828.      Swainson,  William,    Esq.,  F.  R.  S.,  L.  S.,  u.  s.  w.     The  Characters    of  Achatinella,    a  new  group 
of  terrestrial  Shells,   with  descriptions  of  six  new  species. 

In:  The  Ouarterly  Journal  of  science,  Literature  and  art.    The  royal  Institution  of  Great  Britain. 
=  Brands  Journal.     New.  Ser.    1828,  January  to  June,  pag.  81  —  86,  London,  8",   1828. 
1832—1833.     Swainson,  William,  Esq.  F.  R.  S.,  F.  L.  S.,  Zoological  Illustrations,  or  Original  figures  and 
descriptions  of  new,  rare  and  interesting  animals.     Bd.  III,  Ser.  II.     London,   1832  — 1833,  8",  pag. 
99,   108,   123,  PI.  99,   108  u.   123. 

1896.  Sykes,  E.  R.,  Preliminary  Diagnoses  of  New  Species  of  Non-Marine  Mollusca  from    the  Hawaiina 
Islands.     Part  I. 

In:     Proceedings    of    the    Malacological    Society,     London,    8",     Vol.    II,    Part    3,     Oct.   1896, 
pag.   126—132. 

1897.  Sykes,  E.  R.,  Preliminary  Diagnoses  of  New  Species  of  Non-Marine  Mollusca  from    the  Hawaiian 
Islands.     Part  II. 

In:    Proc.  Mal.  Soc.  London.  Vol.   II,  Part  VI,  Nov.   1897,  pag.  298  and  299. 
1897.       Sykes,  E.  R.,  Contributions  tovvards  a  List  of  Papers  relating  to  the  Non-Marine  Mollusca  of  the 
Hawaiian  Islands.     Hertfort,  8°,   1897,  8  pag.,  2  ed.,  (1   ed.,   1896). 

1899.  Sykes,  E.  R.,  Illustrations  of,  with  notes  on,  some  Hawaiian  Non-Marine-MoUusca. 

In:    Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.  III,  Part  V,  July,   1899,  pag.  275  und  276,  Taf.  XIII  u.  XIV. 

1900.  Sykes,  E.  R.,  Mollusca. 

In:    Fauna  Hawaiiensis  or  the  Zoologie  of  the  Sandwich  Isles.     Vol.  II,    Part    IV,    iNIollusca    by 
.Sykes,  pag.  271  — 112  and  2  pag.  Erklärung  der  Tafeln  XI  u.  XII,  Cambridge,   1900,  4". 
1904.      Sykes,  E.  R.,    The  Hawaiian  species  of  Opeas. 

In:  Proc.  Mal.  Soc.  London,  Vol.  VI,  No.  2,  June  1904,  pag.   112  u.   113. 

1889.  Varigny,  Henry  de,  Note  sur  les  MoUusques  terrestres  et  en  particulier  sur  les  Achatinelles  des 
iles  Hawaii. 

In:     Congres   international   des   Zoologie,    Paris    1889.     Compte-rendu   des    seances    du    Congres 
international  de  Zoologie,  pag.   65—75. 

1834.  Voigt,  F.  S.,  Das  Tierreich  vom  Baron  von  Cuvier.  Nach  der  zweiten,  vermehrten  Ausgabe  über- 
setzt und  durch  Zusätze  erweitert  von  F.  S.  Voigt.  Dritter  Band,  die  Mollusken  enthaltend. 
Leipzig,  1834,  8",  pag.  80. 

1903.       von    Wagner,    F.,    Referat    über    Döderlein's    Arbeit:     ,Über   die    Beziehungen    nahe    verwandter 

„Tierformen"   zu  einander.' 

In  :    Zoologisches  Zentralblatt,  Leipzig,  8",  X.  Jahrg.,  30.  Okt.  1903,  No.  0/1,  pag.  693  —  698,  No.  670. 
1895.      Wallace,  Alfred  Rüssel,  Jsland  Life",  2  Ed.  London,  1895,  8°.    „Die  Sandwich  Inseln".  Chaptcr  XV, 

pag.  316     318;  Land  Shells. 
1828.       Wood,  W.,    Index  testaceologicus,  or  a  Catalogue  of  Shells.  Second  edition.    Supplement,  pag.  22, 

No.  30  und  pag.  29;    Plate  7,  Fig.  30.     London,  8°,    1828. 


VIII.  Erklärung  der  Tafeln. 


Tafel    I. 

Fig.      1.  Partulina  virgulata,  Migh.,  forma  sinistrorsa,    von  Ualapue pag.  50  —  52. 

„2.  „  „  „  forma  dextrorsa,  von  Ualapue. 

„        3,  4  u.  5.               „  „  „  forma  dextrorsa,   von  Waialua. 

„6.  ,  ,  ,  forma  sinistrorsa,   von  Waialua. 

,7.  ,  »  «  forma  dextrorsa,   von  Mapulehu. 

,        8,  9  u.  10.            „  ,  ,  forma  sinistrorsa,   von  Mapulehu. 

„      11  u.  12.                  ,  „  „  forma  dextrorsa,    von  Kaluaaha. 

1  ^ 
1'      '■"•  »  »  1) 

Var.  Halmvaensis,  Baldw.,  forma  dextrorsa,  von  Halawa pag.  52. 

„      14,  15  u.  16.     Partulina  virgulata,  Migh., 

Var.  Halaivaensis,  Baldw.,  forma  sinistrorsa,   von  Halawa. 
,      17.  Partulina  rirgulata,  Migh.,  forma  dextrorsa,    von  Ualapue. 

,      18,   19  u.  20.  „  ,  „         Zwergformen,    forma  sinistrorsa,    von  Pelekunu. 


Tafel  II. 

Fig.      1.                   Partulina  tessektta,  Newc,  forma  dextrorsa,  von   Kahanui pag.  52 — 53. 

„        2.                           „  „              „  forma  sinistrorsa,  von  Kahanui. 

,3.                           ,  ,              „  forma  dextrorsa,  von  Kahanui. 

.       4  u.  6.                 ,  „              ,  forma  sinistrorsa,  von  Kahanui. 

,5.                           „  ,              ,  forma  dextrorsa,  von  Kalawao. 

„        7  u.  8.                 „  ,              „  forma  sinistrorsa,  von  Kalawao. 

„        9,  10,  11  u.  12.   „  ,              ,  forma  sinistrorsa,  von  Makakupaia. 

,      13  u.   14.               „  „              ,  forma  sinistrorsa,  von  Kealia. 

,      15  u.   16.               „  „              „  forma  sinistrorsa,  von  Kahanui. 

,     17  u.  18.               „  Megcri,    Horch.,  forma  dextrorsa,  von  Pelekunu pag.  54. 


Tafel   m. 

Fig.     1.  Partulina  rufa,  Newc,  von  Kahanui pag-  54—56. 

„2.  „  ,  „         von  Kahanui. 

3.  „  ,  ,         von  Kalae. 

,4.  ,  .  .         von  Kalamaula. 


—     188     — 

Fig.     5  u.  6.  PartuUna  rufet,    Newc,  forma  typica,  von  Kaweeku. 
7  u.  8.  „  B  I)        ^o"  Makakupaia. 

^9.  ,  ,  ,         von  Kalamaula. 

^     10.  „  „  „         Übergangsform  zur  Part,  idae,    von  Kawela. 

^      11.  idae,    Borch.,  von  Kealia pag.  .56. 

,      12  u.   V6.  „  „  „         von  Kalae. 

^      IIa.  Ein  Stück  der  Epidermis  von  Part,  idae,  vergrößert,  um  die  Granulierung 
zu   zeigen. 

„      14  bis   16.  PartuUna  compta,  Pease,  von  Makakupaia pag.  57 — 58. 

„      18  bis  20.  ,  „  „        von  Kawela. 

,      17.  „        splendida,  Newcomb,   von  Maui pag.  58 — 59 


Tafel  IV. 

Fig.     1.  PartuJiva  proxima,  Pease,    von  Makolelau pag.  63  —  64. 

„       2  u.  3.  „                 „              ,          von  Kahanui. 

,       4  u.  5.  ,                 „              „          von  Waikolu. 

„6.  „                V             n          ^'°"  Kahanui. 

„7.  „                DB          voi^  Pelekunu. 

,8.  „                ,              „          von  Makakupaia. 

,       9.  ,                ,              ,          von  Kamalo. 

„10.  „                 I.              ji          ^'on  Makakupaia. 

,      11  u.   13.  „                 „              ,          von  Pelekunu. 

„      13.  „       Theodore),  Baldw.,  von  Makakupaia pag.  65. 

,14.  „                 ,              ,          von  Kawela. 

„     15  u.   16.  „      Schauinslandi,  Horch.,  von  Kaluahauoni pag.  64. 

„     17.  PcrdiceUa  Helena,  Newc,    von  Kealia      .     • pag.   75 — 76. 

„18.  „                 DB          von  Makakupaia. 

„      19.  „  zebri7ia,  Pfeiffer,    von  der  Insel  Maui pag.   77. 


Tafel   V. 

Fig.     1.  PavtuUna  Dwiyhtii,  Newc,  von  Puukaeha pag.   68 — 69. 

„2.  ,                  „                „        von  Kamalo. 

„3.  „                  »                u        von  Kawela. 

„       4  u.  5.  „                 ,               „        von  Makakupaia. 

„6.  „                  „                „        von  Kamalo. 

„       7  u.  8.  „                  „                „        von  Makolelau. 

„        9  u.  10.  „  (/risea,  „        forma  typica,  von  Makakupaia pag.  69  -70. 

„      11  u.   12.  ,                  „                „        von  Makolelau. 

„      13  u.   14.  ;>                 «                ,        von  Kawela. 

„     15  u.   16.  „                  „                „        von  Makakupaia. 


189 


Tafel  VI. 


Partulina  Bcdfiddi,  Newcomb,  forma  typica,   von  Kamoku pag.   71 — 72. 

^  ,  ri  voi^  Kawela. 

_  von  Kaluaaha. 

Vt  V  V 

„  i,  „  von  Makakupaia. 

^  ,  „  von  Ualapue. 

von  Makolelau. 

W  n  " 

„             miicida,     Baldwin,     von  Makakupaia pag.  73—74. 

^  „  „  von  Kawela. 

„           macrodon ,     Borch.,     von  Makakupaia pag.  li  —  lö. 

pag.  77—78. 


Fig.     1. 

9 

3. 

,  4. 
„  5. 
„        6. 

.        8. 

„        !»   u.    10. 

,      11   bis   18.    Achatinelldiftriini  hella,    Reeve ,    aus    dem  Gebiete    von    Kalae    bis  Kaluaaha 

^19.  „  „  „  Übergangsform    nach     Ach.    polita ,    Newc  , 

von  Kalae. 
j,      20.  ,  „  „  ohuL-  dunkle  Binden    von  Kaupelua. 


Tafel  VII. 


Fig.     1,  3,  5  u.  7.   Achatinellasfrum  Mighiisiavu ,  Pfr. 
2,  4,  6  u.  8.  „  ,  „ 

In     1  '> 
„      11,13,15,17,19. 

„      14,   16,   18,   20.  „  Murlriisi ,  „ 


von  Kalae        

von  Puanca. 
Albinos,  von  Puanea. 
Farbenvarietäten  von  Puanea. 
dunkle  Form,  von  Kaamola. 
forma  nova,  von  Kawela 


pag.  79-80 


pag.  80  -  8 1 


Tafel  VIII. 


Fig.     1.  Arlniti)icll<(n/nnii     ijhHIii,     Ncwc.,     einfarbig,  von  Puanea pag.  81—82. 

„        2  u.  4.  „  „  „  forma  typica,  von  Kalae. 

5  u.  6.  „  „  „  Übergangsformen,    von  Kalae. 

_  _  von  Maunahui. 

u.  9.  „  „  forma  typica,  von  Ualapue. 

„  Uitizoiia,    forma  nova,  von  Kaamola pag.  82—83. 

12  u.   14.  ,  Dixoni^         „  ,        von  Kawela pag.  83. 

»  r  .  71        ^^'^  Kaamola. 

„  hi'jiatica,        ,  „    '    von  Kawela pag.  83  —  84. 

»  n  ,  »        von  Waileia 

Laminella    citrina,     Mighels,     forma  typica,    von  Makanalua pag.  84—86. 

,  „  ,,  forma  dextrorsa,    von  Kahanui. 

,  lutrola,      Fer.,  von  Puukaeha pag.  86-87 

dcpicta,      Baldwin,    schlankere  Form,    von  Haupu       ....        pag.  89  —  90. 
von  Pelekunu,  f.  typ. 

,  venusta,     Migh.,       von  Haupu pag-  87—88. 

„  semivenulata,  f.  n.  Var.,  von  Manawai pag.  92—93. 

,  „  f.  n.  typ.,  von  Manawai. 

,  helvimi,  Baldw.,     von  Kaluaaha pag.   91—92. 


3, 

7. 

8 

10. 

11, 
13. 
1.5. 
16. 
17. 
18. 
19. 
20. 
21. 
22. 
23. 
24. 
25. 


—     190     — 

Tafel   IX. 

Fig.     1.       Newcomhia  plicata,  Migh.,  von  Kalae pag.  94—95. 

,       1  a.  Vergrößerung  der  letzten  Windung. 

„       2.       Newcomhia  cosfata,  Borch.,  von  Halawa pag.  95  —96. 

,        2  a.  Vergrößerung  der  letzten  Windung. 

,        3.        Newcombia   canaliculata ,  Baldw.,  von  Halawa pag.  96  —  97. 

„       3  a.  Vergrößerung  der  letzten  Windung. 

„       4.        Neivcomhia  sulcaia,  Pfr.,  von  Molokai pag.  97 — 98. 

„       4  a.  Vergrößerung  der  letzten  Windung. 

,       5.        Newcomhia  Neivcomhia,  Pfr.,   von  Puukolekole pag.   98  —  99. 

„        5  a.  Vergrößerung  der  letzten  Windung. 

„       6.        Newcomhia  Perkinsi,  Sykes,  von  Makakupaia pag.   102 — 103. 

„7.  „  Cumingü,  Newcomb,  von  Makakupaia pag.  99  — 102. 

„       8.        Leptachatina  coruscans,  Hartm.,  von  Kawela pag.   133 — 134. 

,8  a.  „                     „                 ,          natürliche  Größe. 

,9.  ,  nitida,  Newc,  von  Kalae pag.   127—130. 

„9  a.  „                   ^             ^         natürliche  Größe. 

„      10.        Spiraxis  Saiidwichensis,  PtV  ,   von  Kalae pag.   136  —  137. 

,      10  a.  „                      „                   ^       natürliche  Größe. 

,     11.        Leptachatina   conicoide-s.  Sykes,    von  Molokai pag.   134. 

„     12.  ,  emerita,  ,  .,  ,,  pag.  134-135. 

13.  ,,  i^andirichensis,  Pfr.,    von  Kalae pag.   130  — 133. 

14.  Äuriculclla   uniplicata,  Pease,  von  Kawela,  sinistrorse  Form pag.  138  — 139. 

14  a.  ,,                     ,,                „       natürliche  Größe. 

15.  ,,  „                ,,       von  Kahaniii,  dextrorse  Form. 

16.  ,.  ,,                „       sinistrorse  Form,      loa  u.   16a    natürliche  Größe. 

17.  ,,  Newcomhi,    Pfr.,     von  Kawela,   dextrorse  Form pag.   139 — 140. 

18.  ,.  .,                „       sinistrorse  Form.     1 7  a  u.   18a    natürliche  Größe. 

19.  „  brutinea,    Smith,    von  Waiakapuaa,    dextrorse  Form pag.   140  —  141. 

20.  .,  ,.                ,.         sinistrorse  Form.      19  a  u.   20  a    natürliche  Größe. 

21.  .,  hirida,     Pfr.,         von  Kahanui,    dextrorse  Form pag.   141  — 143. 

22.  ,,  ,,             ,,             sinistrorse  Form.     21a  u.   22  a    natürliche  Größe. 

23.  ..  «!>■«»,  ,,  von  Kealia,    dextrorse  Form pag.   145  — 146. 

24.  ..  „              .,             sinistrorse  Form.      23  a  u.   24  a    natürliche  Größe. 

20  u.  22.     „  crassula,  Smith pag.   143—144. 

24.  „  Petitiana,  Pfr pag.   146  —  147. 


Tafel   X. 


Fig.     1.  Amasfra  violacea ,    Newc,     von  Wailau pag.   1Ü5— 106. 

2.  ..  magna,      C.  B.  Adams,  Insel  Lanai pag.   106. 

3.  ,.  ntthilosa,    Mighels,    von  Kaohu pag.   107—109. 

4.  „               ,,  jj  von  Kahanui. 

5.  ,,               „  ,,  von  Makolelau. 

6.  ..  pullata,    Baldwin,     von  Kaohu pag.   109—110. 

7.  ,.               ..  ,,  von  Kahanui. 

8.  ,,               .,  ,,  von   Waiakapuaa. 


—     191     — 

Fig.  9.           Aiiuiülra   uinhnisa^   Baldwin,    von  INIakolelau pag.    111. 

,,  10.  ,,               .,                ,,           von  Waiakapuaa. 

,,  11.  ..  iiiiiplirata,  Haitm.,  von   Kamalo pau.    112. 

.,  12.  ,,  siiiniUiris,       ,,           von  Halawa pag.  112  —  113. 

„  13.  ,,  roseot'mcta,  Sykes ,    von  Moakea pag.  113  —  114. 

,.  14.  .,  maura,         Ancey,    von   Halawa pag.   114. 

,,  15.  „  xemkarnea,       ,,         von   Hawala pag.  114-115. 

„  16.  ,.  Masters),      Ncwc  ,    von  Kamalo pag.  116 — 117. 

,,  17.  ,,  mucionatu,       ,,         von  Kalae pag.  118  — 119. 

„  18.  .,  Mastersi,           .,         von   Kalae pag.  116 — 117. 

,,  19.  ,,  modcsta,  C.  B.  Adams,  von  Kawela pag.  120 — 122. 

„  20.  ,.  ritrea,    Sykes,     von  Moakea pag.  115. 

,,  21.  ,,  huiiiilis,  Newc,  von  Kamalo pag.  119  — 120. 

,,  22.  ,,  pelricola,     ,,        von  Kamalo pag.  122  —  123. 

,,  23.  ,.  obsriini,       ,.         Insel  Lanai .     .  pag.   126. 

,,  24.  „  i'luii(/(ita,      ,,        von  Waialua pag.  124-126. 


Villa.    Bemerkungen   zu  der  Karte  von  Molokai. 

Die  beigefügte  Karte  ist  vom  Verfasser  nach  der  großen  Karte  von  Molokai,  welche  1897  vom 
Hawaiian  Government  Survey  im  Maßstabe  von  i  :  60000  herausgegeben  ist,  im  verkleinerten  Maßstabe 
hergestellt.  Verfasser  verdankt  die  Karte  der  Güte  des  Herrn  Meyer  in  Kalae,  Molokai.  Auch  hatte 
letzterer  die  große  Freundlichkeit,  die  Arten,  die  er  gesammelt,  sowie  die  Orte,  an  denen  die  betreffenden 
Arten  gesammelt,  mit  den  korrespondierenden  Nummern  zu  versehen  und  letztere  eigenhändig  in  die  große 
Karte  einzutragen.  Auf  der  beigegebenen  Karte  geben  die  umkreisten  Ziffern  die  Gebiete  an,  an  denen 
die  betreffenden  Arten  gesammelt  sind.     Erklärung  der  Ziffern  befindet  sich  unten  auf  der  Karte. 


IX.    Register 


über  die  Namen    der   behandelten  Arten   und  Varietäten. 


Achatinella,  Swainson  7.  50 

accincta,  Pfr 13 

acuminata  Gould  .   27.  29 

acuta,  Newc.    .      124.   125.   126 
acuta,  Swains.       ...        7.  8 

Adamsi,  Newc 67 

adusta,   Gould      10.    11.   27.   28 
affinis,  Newc.       .     .    121.  122 

alba,  Nuttal 10.   1.3 

albescens  Gul 4.3 

Alexandii,  Newc.       24.  88.  93 

amoena,  Pfr 27.  29 

ampulla,  Gul 19 

analoga,  Gul 19 

angulata,   Pease    ....      26 

Anthonii.  Newc 24 

apex-fulva,  Dixon  i.  4.  6.  7.  8. 82 
approximans,  Ancey      .     .     41 

aptycha,   Pfr 17 

assimilis,  Newc.  .  18.  107.  108 
attenuata,  I'fr.  ....  67 
auricula,  Fer.  6.8.  11.  12.  13. 
27.  29 
aurostoma,  Baldw.    ...     40 


Baldwini,  Newc.  . 
bella,  Reeve     . 
bellula,  Smith  .     . 
bicolor,  Jay.     lu.  1 1 
biplicata,  Newc.      1) 
brevicula,  Pease  . 
brunnea,  Smith    140 
bulbosa,  Gul.  . 
bulimoides,  Swains 
Byronii,  Wood     . 


.     .   106 

35.  77.  84 

.     .     43 

29.  32.  33 

.    107.   112 

.     .   133 

143.   147 

.   66.   67 

7.   8 

.     9.   28 


canaliculata,  Baldw.  96.  98  104 

canalifera,   Ancey           147.  148 

castanea.  Ffr..     .     .141.  142 

cerea,  Pfr.  .           145.   146.  147 

cervina,  Gul 19 

cinerosa,  Pfr 17 

cinnamomea,  Pfr.     18.  99.  100 

citrea,  Sykes    .     113.  115.  116 

citrina,  Migh 84.  93 

Cochlea,   pfr 23 


columna,  Ancey  ....  40 
compta,  Pease  25.  57.  58.  72 
conicoides,  Sykes  .  134 

conicospira.  Smith  .  107.  109 
conifera,  Smith     .  .122 

Cookei,  Baldw.     ...     33 

corusca,  Gul 67 

coruscans,  Hartm.  .   133 

costata.  Borch.      .    95.   98.    104 

crassa,  Newc 67 

crassula,   Smith      141.   143.    147 

crocea,  Gul 67 

crystallina,   Gul.    .      .     127.    128 

Cumingii,  Newc.   17.  27.  29.  99. 

100.   104. 

curta,  Newc 28 

cyclostoma,   Baldw.   ...      40 

Decora,  Fer.  6.  7.  8.  13.  14.  17. 

19.   23.   27.  29 

decorticata,  Gul 33 

depicta,  Baldw.  87.  88.  89.  93 
Deshaysii.  Morel.  18.   107.   108 

dimorpha,  Gul 28 

diversa,  Gul 19 

Dixoni,  Borch.      .      82.  83.  84 

Dolei,  Ancey 41 

Dolei,  Baldw 33.  43 

dolium,   Pfr 62 

dubia,  Newc 41 

Dumartroy,  Soul.       ...  14 

Durandi,  Ancey   ....  41 

Dwighti,  Newc 68 

eburna,  Gul 19 

elongata.  Newc.  24. 124. 125. 126 
emerita,  Sykes      .     .     .     .134 

fasciata,   Gul 19 

fossilis,  Baldw       ....  40 

fragilis,   Gul 19 

Frickii,  Pfr 17 

Frostii,  Ancey      ....  41 

fuliginosa,  Gould       .           .  li 

fumida,   Pfr.     .      .      .     127.  129 

fusiformis,  Pfr 118 


gemma,  Pfr.     . 
gigantea,  Newc. 
glutinosa  Ancey 
Gouldi,  Newc.   15 
grana,  Newc.   . 
granifera,   Gul. 
gravida,  Fer.    . 
grisea,  Newc.  . 
gummea.  Gul. 
guttula,  Gul.     . 


17 


18.  99.  100 
105.  106 
.  .  41 
57.58.60 
.  129 
.   27 
27.  29 
41.  69 
19.  129 
.   19 


Halawaensis,  Baldw 
Hawaiiensis,  Baldw. 
Hayscldeni.  Baldw. 
Helena,  Newc. 
heliciformis,  Ancey 
helvina,  Baldw. 
Henshawi,  Baldw. 
hepatica,  Borch.  . 
Horneri,  Baldw.    . 
humilis,  Newc. 
hutchinsonii,  Pease 


6 


S-1 


o2 
.  41 
.  40 
.  75 
.  41 
91.  93 
.  40 
83.  84 
.  41 
119 
24.  124. 
125.  126 


Idae,  Borch 56 

induta,  Gul.      .     .       19.  67.   68 

insignis,  Migh 50 

isthmica,  Ancey  ....     41 
jucunda,  Smith  .  .144 

Kauaiensis,  Pfr.     18.  24.  28.  29 
Knudseni,  Baldw.      ...     40 

labiata,  Newc 27 

latizona,   Borch.    .     .      .82.  84 

leucozonalis,  Beck     ...  9 

ligata,  Smith 43 

lignaria,  Gul 67 

limbata,  Gul 28 

liratus.  Pfr 94 

livida,  Swains.       .     .     7.  8.  13 

iorata,  Fer.       .     .     .     6.  8.  10 

luctuosa,  Pfr 33 

lugubris,  Chemn.    3.  5.  6.  7.  8 

lugubris,  Chemn.,  sinistrorsus  5. 

6.   7.  23 


198 


luiida,  Pfr.  ,  .  .  141.  147 
luteola,  Fer.  .  6.  85.  86.  93 
Lyonsiana,  Baldw.     ...     33 

maciodon,  Borch.  ...  74 
magna,  C.  B.  Adams  27. 10(i.  107 

margarita,   Pfr 27 

marmorata,  Gould  19.  66.  67.  68 
Maitensi,  Borch.  .  .  .80.  84 
Mastersi,  Newc.  31.33.116.117 

mauiensis,  Pfr 27 

Meyeri,  Borch.  .  .  .  53.  54 
microstoma,  Gowld  .  .  .  11 
Mighelsiana,  Pfr.  12.42. 79.82.  84 
minuscula,  Pfr.  .     .18.  75 

modesta,  C.  B.  Adams  120.  121 
moesta,  Newc.      .     .     .      .126 

mucida,  Bdldw 73 

mucronata.  Newc.  .   118 

multizonata,  Baldw.  43 

Nattii,  Baldw SO.  84 

Newcombiana,  Pfr.  ...  98 
Newcombii,  Pfr.  .  13.  97,  98. 
104.  139.  147 
nitida,  Newc.  31.  33.  127.  128 
nubilosa,  Migh.  .  .  107 
nympha,  Gul 43 

Oahuensis,  Green  .  .  G.  8 
obclavata,  Pfr.  17.  130.  131 
obeliscus,  Pfr.  .  .  13.  139 
.  32.  33 
.  .  126 
.  .  131 
130.  132 
.  .  25 
.  19.  37 
.     8.   10 


obesa,  Newc 
obscura,  Newc. 
octavula,   Paetel 
octogyrata,  Gul. 
olivacea,  Pease 
ovata,  Newc,    . 
owaihiensis,  Cham 


pallida,  Nuttal 
paradoxa,   Pfr. 
perdix,  Reeve 
perforata,  Gul. 
Perkinsi,  Sykes 
per  versa,  Swains 
Petitiana,   Pfr. 
petricola,  Newc. 
Pfeifferi,  Newc. 
phaeozona,  Gul, 
Philippiana,  Pfr. 
physa,  Newc.   . 
pica,  Swains.    . 
picta,  Migh. 
picta,   Pfr.   . 
plicata,  Migh.  . 
plumbea,  Gul,      1 
polita,  Newc,  .    7 
ponderosa,  Ancey 
porcellana,  Newc. 

Zoologlca.    Heft  48. 


...  10 

...   12 

(;6.  67.  68 

...  67 

42,  102  104 

7.  8.  17.  99 

146.  147 

122.  123 

.  98,  99 

,  19.  37 

102.  103 

...  41 

.   .   7.  8 

11,  31.  33 

.   .   ,   11 

94,  98.  104 

9,  66,  67.  68 

8,  79.  81.  84 

.  .  .143 

.   .  80.  84 


13, 


18. 


producta,  Reeve  .  .  .  31.  33 
proxima,  l'ease  24.  55.  63.  67 

pulcherrima,  Pfr.  .  .  13.  78 
pulcherrima,  Swains.  7,  8.  43 
pullata,  Baldw.      ....    109 

pumila,  Gul 120 

pyramidalis,  Gul.  66.  67.  68 
pyrgiscus,   Pfr 23 

radiata,  Gould  .     .  11 

radiata,   Pfr U 

Redfieldi,  Newc.  15.   70.  71 

Remyi,  Newc.      88.  89.  90.  93 

Rohri,  Pfr 11.  50 

rosea,  Swains.        7.   27.  29.  43 

rotunda,  Gul 19 

rubens.  Gould       .      .116.   117 

rufa,  Newc 15.  54 

rustica,   Gul.     .      .      .120.   121 

Sandwichensis,  Pfr.   13.   14.  17. 
130.    131.   136.   153 

saxicola,  Baldw 40 

Schauinslandi,  Borch.    .  64.  67 

sculpta,   Pfr 18 

seminigera,  Lani.  8.  9.  10 

semivenulata,  Borch.  87.  92.  93 

senilis,   Baldw.       ....     40 

simularis,  Hartm.   41.   112.   116 

var.maura,  Ancey  41.114.  116 

var.  roseotincta,  Sykes  113. 1 16 

var.  semicarnea,  Ancey      41. 

114.   116 

Sinclair!,   Ancey    ....     41 

sinistrorsa,  Cham.     ...       8 

solidissima,  Smith  .     .144 

spadicea,  Gul 19 

spirizona,  Fer.  .  .  ü.  7.  S 
splendida,  Newc.  15.  57.  58.  60. 

72 
Stewartii,  Green  .  6  7.  8  10 
Stewartii,  Nuttal  ....      10 

subula,  Gul 132 

sulcata,  Pfr,  18,  96.  97.  98.  104 
sulphurata,  Beck  .      ,      .      .       9 

Tappaniana,  C.   B.   Adams     19. 
58.  60 

terebra,   Newc 67 

tesselata,  Newc.  .  15.  52.  55 
textilis,  Fer.  .  6.  11.  32.  33 
Theodorei,  Baldw.  .  .  65.  67 
tristis,  Fer.  .  .  .  6.  11.  29 
turbinata,  Nuttal  ...  10 
turricula,  Migh.     .  ,   10,   11 

turrita,  Gul.  .  .  .  130.  132 
turritella,  Fer  6,  8,10.13,  14.86 

umbiHcata,  Pfr.  .  ,122,  123 
umbrosa,   Baldw.  .  .   111 


undosa,  Gul.    .     . 

,   66 

67 

uniplicata,  Hartm. 

112 

uniplicata   l'ease  . 

.  138. 

147. 

ustulata,  Gul.   .     . 

.      .    19 

67 

valida,  Pfr.       .     . 

, 

17 

varia,  Gul.  . 

19 

variabilis,  Pease   . 

.      .   25 

27 

variegata,  Pfr. 

.     121. 

122 

ventulus,  Fer. 

6 

venusta,  Migh.    32. 

33.  84. 

87. 

88.  «9 

93 

villosa,  Sykes  24.  4 

•2.  124. 

125. 

126 

violacea,  Newc.     . 

H»5 

virens,  Gul.      .      . 

. 

19 

virgulata,   Migh.  11. 

27.   29 

50 

viridans.  Migh.      . 

11 

viridis,  Pease  .      . 

. 

26 

vulpina,  Fer.    6.   8. 

13.    19. 

27. 

29.   32 

35 

zebrina,   Pfr. 

77 

Achatina,    Lam. 

bicolor,  Jay 10 

Byronii,  Wood     ....       9 

decora,  Fer ^ 

Oahuensis,  Green  .  .  6.  8 
Stewartii,  Green  .  .  6.  7.  8 
turricula,  Migh 10 

Achatinellastrum,    Pfr.      77 


bcUa,  Reeve  .  . 
Dixoni,  Borch.  . 
hepatica,  Borch.  . 
latizona,  Borch.  . 
Martensi,  Borch.  . 
Mighelsiana,  Pfr.  . 

Nattii,  Baldw.  .     . 
polita,  Newc.  .    78, 
porcellana,  Newc. 
pulcherrimum,  Pfr. 


35.  77.  84 

82.  83.  81 

82.  83.  84 

.  .  82.  84 

.  .  80.  84 

12.  42.  79. 

82.  84 

.   ,  80.  84 

81.  84 

80,  84 

.  78 


79. 


Amastra,  H.  u,  A,  Adams 

acuta,  Newc.  .  124.  125. 
affinis,  Newc.  .  .  .  121. 
Anthonii,  Newc.  .  .  ,  . 
assimilis,  Newc.  18.  107. 
aurostoma,  Baldw.  . 
Baldwinii,  Newc.  .  . 
biplicata,  Newc.  18 
citrea,  Sykes  .  113 
conicospira,  Smith  . 
conifera,  Smith  . 
cyclostoma,  Baldw.  . 
Deshaysii,  Morel.   18 


107. 
115. 

107. 


107. 


elongata,  Newc.  24  124.125 


104 

126 
122 

24 
108 

40 
106 
112 
116 
109 
122 

40 
108 
126 


25 


-     194     — 


fossilis,  Baldw 40 

fusiformis,  Pfr 118 

gigantea,  Newc.  .  .  105.  106 
helicifoimis,  Anc.  .  .  .41 
Henshawi,  Baldw.      ...     40 

humilis,  Newc 119 

hutchinsoniijPease  24.124.125. 

126 
magna,  C.  B.  Adams  27. 106. 107 
Masters!,  Newc.  31.  33.  116.  117 
modesta,  C.  B.  Adams  120.  121 


122. 


116. 
120. 


moesta,  Newc 

mucronata,  Newc 

nubilosa,  INIigh. 

obscura,  Newc. 

petricola,  Newc. 

pullata,   Baldw. 

pumila,  Gul.    . 

rubens,  Gould 

rustica,  Gul.     . 

saxicola,  Baldw. 

senilis,  Baldw. 

simulaiis,  Haitm.  41.   112 
var.  maura  Ancey  41.114.  116 
var.  loseotincta,  Svkes    113. 

116 

var.  semicarnea,  Ancey      41. 

114.  116 

turritella,  Fer.  6.  8.  10. 13.14.  86 

umbilicata,  Pfr.     .     .    122.  123 

umbrosa,  Baldw.  ....  111 

uniplicata,  Hartm.  .     .  112 

variegata,  Pfr.       .     .    121.   122 

villosa,Sykes  24. 42. 124.125.126 


126 
118 
107 
126 
123 
109 
120 
117 
121 
40 
40 
116 


Auricula,    Lam. 

fusca,  Küster  . 

160 

o-waihiensis,  Cham. 

.     8 

.  10 

sandwichiensis.  Pfr.  . 

14 

sinistrorsa,  Cham.     . 

8 

Auriculella,    Pfr.    . 

137 

brunnea,  Smith    140. 

143. 

147 

canalifera,  Ancev 

147. 

148 

castanea,  Pfr.  .     . 

141. 

142 

cerea,  Pfr.  .     .     145. 

146. 

147 

crassula,  Smith     141, 

143. 

147 

jucunda,  Smith     .     . 

144 

lurida,  Pfr.       .     .     . 

141. 

147 

Newcombii,  Pfr.   .      . 

139. 

147 

obeliscus,  Pfr. 

13. 

139 

petitiana,  Pfr.       .     . 

146. 

147 

ponderosa,  Ancey     . 

143 

solidissima,  Smith     . 

144 

uniplicata,  P'nith 

138. 

147 

Balea,    Prideaux. 

castanea,  Pfr.  .     .     . 

142 

Newcombi,  Pfr.    .     . 

13. 

130 

B  u  1  i  m  u  s  ,    S  c  o  p  o  1  i  . 

auricula,  Fer.  . 
junceus,  Gould 
kauaiensis.  Pfr.     . 
liratus,  Pfr. 

Rohri,  Pfr 

pyrgiscus,  Pfr.        23. 
seminigera,  Lam. 


1 
135 


Carelia,  H.  u.  A.   Adams 

adusta,  Gould       .       10 
var.  angulata,  Pease 

bicolor.   Jay      10.  11    2! 

Cochlea,  Pfr.    . 

olivacea.  Pease 

paradoxa,   Ptr. 

sinclairi,  Ancey 

turricula,  Migh. 

variabilis,  Pease 
var.  viridis,  Pease 

C  a  r  i  n  e  1 1  a  ,  Pfr.     . 

kauaiensis,  Newc. 
Knudseni,   Baldw. 

Endodonta,    Albers 

decussatula,  Pease 
ringens,  Svkes 

sp.  .?   .'.... 


11 

153 

18 

!J4 

.  50 

136 

9 


10 


11.  27 
.  26 
).  32.  33 
23 
25 
12 
41 
11 
25 
26 

28 
29 
40 


150 

151 
150 
151 


Frickella,  Pfr. 

amoena,  Pfr.  ...    27.  29 

Helicina,  Lam 158 

laciniosa,  Migh 158 

Magdalenae,   .Ancey  .      .     .41 

Helicteres,  Fer 6 

hutchinsonii,  Pease  .           .  125 

leucozonalis,  Beck     ...  9 

lorata,  Fer 6 

proximus,  Pease  ....  63 

rufa,  Newc 55 

spirizona,  Fer 6 

sulphurata,  Beck  ....  9 

tesselata,  Newc 52 

textilis,  Fer 6 

tristis,  Fer 6 

turritella,   Fer.       ...  6.   8 

ventulus,  Fer 6 

virgulata,  ^ligh 51 

vulpina,  Fer 6.  8 

Labiella,    Pfr. 

labiata,  Newc 27 


Laminella,   Pfr 84 

acuta,   Newc 124 

Alexandri,  Newc.       24.  88.   93 

assimilis,  Newc 107 

citrina,  Migh 84.   93 

conicospira,  Smith  .   107 

depicta,  Baldw.   87.  88.  89.  93 

elongata,  Newc 124 

fusiformis,  Pfr 118 

gigantea,  Newc 105 

gravida,  Fer.    .  .  6.  2  7.  29 

helvina,  Baldw.     .     .     .91.   93 

humilis,  Newc 119 

hutchinsonii,  Pease  .  .   124 

luteola,  Fer.  .  .  85.  86.  93 
mastersi,  Newc.  .  31.  33.  116 
modesta,  C.  B.  Adams  .  120 
mucronata,  Newc.  ,118 

nubilosa,   Pfr 107 

petricola,  Newc.  .   122 

picta,  Migh.  .  .  11.  31.  33 
Remyi,  Newc.  88.  89.  90.  93 
rubens,  Gould      .  .      .116 

rustica,  Gul 121 

semivenulata,  Boich.  87.  92.  93 

umbilicata,  Pfr 122 

venusta,  Migh.    32.  33.  84.  87. 
88.  89.   93 

villosa,  Svkes 125 

violacea,  Newc 105 

Leptachatina,    Gould        126 

acuminata,  Gould  .   27.   29 

approximans,  Ancey      .  41 

brevicula,  Pease  .  .  .  .133 
conicoides,  S\kes  .   134 

coruscans,  Hartm.     .  .   133 

crystallina,  Gul.  .  .  .127.  128 
emerita,  Sykes  ....  134 
fumida,  Pfr.     .     .     .    127.   129 

grana,  Newc 129 

granifcni,  Gul 27 

gummea,  Gul.  .  .  19.  129 
isthmica,  Ancey  ....     41 

margarita,   Pfr 27 

nitida,  Newc.  31.  33.  127.  128 
obclavata,  Pfr.  17.  130.  131 
octavula,  Paetel    .  .     .131 

octogyrata,  Gul.  .     .     130.   132 
Sandwichensis,  Pfr.    13.   14.  17 
130.   131 

sculpta,   Pfr 18 

subula,   Gul 132 

turrita,  Gul.      .     .     .    130.   132 


Limnaea,    Lam 156 

ambigua,  Pease  .     .156 

aulacospira,  Ancey    ...     40 


195     — 


compacta,  Pease  ,.    . 

156 

flavida,   Clessin 

156 

M  e  1  a  m  p  u  s ,    M  o  n  t  f. 

160 

castaneus,  Mühlf. 

160 

Melania,    Lani.   . 

157 

contigua,  Pease    .     . 

157 

158 

kauaiensis,  Pease 

157 

Mauiensis,  Lea     .     . 

157 

Newcombii,  Lea  .     . 

157 

158 

oahuensis,  Pease  .     . 

157 

158 

pauUa,  Dunker 

157 

158 

tahitensis.  Pease  .      . 

157 

M  i  c  r  o  c  y  s  t  i  s ,    Beck 

149 

Abeillei,  Ancey     .     . 

149 

Lynianniana,  Ancey 

41 

turgida,   Ancey     .     . 

41 

Monodonta,    Lam. 
seminigera,  Lam. 

Neritina,    Lin.    .     . 


6.  8.   10 


.     .     .  159 

gigas,  Lesson 159 

granosa,  Sow 159 

papulosa,  Jay 159 

vespertina,  Nuttal     .     .     .  159 


Newconibia,    Pfr. 


ii4 


canaliculata,  Baldw.  96.  U.S. 

104 

cinnamomea,  Pfi 

.     18.   99. 

100 

costata,  Borch. 

.    95.   98. 

104 

Cumingii,  Ncwc, 

17.  27    29 

99 

100. 

104 

[jemma,   PtV.     . 

.     18.   99. 

100 

liratus,   Pfr. 

94 

Newcombii,  Pfr. 

.     97.   9S. 

104 

Perkinsii,  Svkes 

.    102. 

104 

Pfeiffer!,  Newc, 

.      .      .98 

.  99 

Philippiana,   Pfr. 

18.    102. 

103 

plicata,  Migli.  . 

.    94.   98. 

104 

sulcata,  Pfr.    18. 

9(i.  97.  98. 

104 

O  d  0  n  t  o  s  t  y  1  u  s  , 

Menkc  . 

9 

O  p  e  a  s  ,    A 1  b  e  r  s 

.      .     135. 

153 

junceus,  Gould 

i:!5.    136. 

153 

pyrgiscus.   Pir. 

.     .     135. 

136 

Partula,    Fer. 

auricula,   Fer.  . 

.      .      6.   8 

.   12 

Dumartroy,   Sou 

14 

Partulina,    Pfr 50 

Adamsi,  Newc 67 

attenuata,  Pfr 67 

bulbosa,  Gul 66.   67 

compta,    Pease     25.  57.   58.   72 

corusca.  Gul 67 

crassa  Newc 67 

crocea,  Gul 67 

dolium,  Pfr 62 

Dwightii,  Newc 68 

Gouidi,  Newc.   15.17.57.58.60 

grisea,  Newc 4  1.  69 

halawaensis,  Baldw.  ...  52 
Hayseldeni,  Baldw.   ...     40 

Idae,  Borch 56 

induta,  Gul 67.  68 

insignis,  Migh 50 

lignaria,  Gul 67 

macrodon,  Borch.  ...  74 
inarmorata,  Gould  19.66.67.68 
Meyeri.  Borch.      .     .     .53,  54 

mucida,  Baldw 73 

pcrdix,  Reeve  66.  67.  68 

pcrforata,  Gul 67 

plumbea,  Gul.  19.  66.  67.  68 
proxima,  Pease  24.  55.  63.  67 
pyramidalis,  Gul.  66.  67.  68 
Redfieldi,  Newc.  .      15.  70.  71 

Rohri,  Pfr 11.  50 

rufa,  Newc 15.  54 

Schauinslandi,  Borch.  .  64  67 
splendida,   Newc.       lö.  57.  58. 

60.  72 
Tappaniana,  C.  B.  Adams    19. 

58.  60 

terebra,  Newc 67 

tcsselata,  Xewc.  .  15.  52.  55 
Theodorei,   Baldw.     .     .  65.  67 

undosa,  Gul 66.  67 

ustulata,   Gul 1 9.   67 

virgulata    Migh.    11.   27.   29    50 


Perdicella,    Pease.     .     .      75 

Helena,  Newc 75 

mauiensis,   Newc.       ...  27 

minuscula.  Pfr.     .  .    18.  75 

zebrina,  Pfr 77 


Physa,    Drap, 
flavida,  Clessin 


Pupa,   Drap. 

Baldwini,  Ancey 
mirabilis,  Ancey 
peponum,  Gould 


.  156 
.  156 

.  151 

151 

.   41 
152 


Spiraxis,    C.   B.   Adams  135 

Cumingi,  Pfr 17 

paradoxa,  Pfr 12 

Sandwichensis,   Pfr.       136.  153 


153. 


Succinea.    Drap. 

aperta,  Lea 

avara,   Say  . 

caduca,  Migh.  . 

canella.  Gould       .     .     .     . 

var.  crassa,   Ancey     . 

var.  lucida,  Ancey     .     . 

var.   mamillaris,  Ancey  . 

var.  obesula,   Ancey  . 
cepulla,  Gould      .  155. 

fragilis,  Soul    . 
Newcombi,   Pfr.    . 
patula,   Migh.    . 
rotundata,  Gould 
souleyeti,   Ancey  . 


153 

156 
154 
154 
154 
154 
155 
154 
154 
156 
155 
155 
155 
155 
155 


Temesa,  H.  u.  A.  Adams. 
Newcombi,  Bourg  13.   139 

l'ornatellina,    Beck  .     .   152 

castanea,   Pfr.        .          141.  142 

extincta,  Ancey   .     •     .      .  41 

peponum,  Gould  ....  152 

petitiana,  Pfr.  ...       13.  146 


Turbo,   Lam. 

apex-fulva,   Dixon      3 


P  h  i  1  o  n  e  s  i  a ,    S  >'  k  e  s 
abeillei,  Ancey      .     . 


149 
149 


4.   6.   7. 
8.   82 

lugubris,  Chemn.    3.  5.   6.   7.  8 

lugubris  sinistrorsus.  Chemn.  5. 

6.   7.   23 

Vitrea,    Fitzinger       .      .    149 
molokaiensis,  Sykes       .     .   149 

Voluta,    Lam. 

castanea,  Mühlf 160 


Z üolo q i c  a    Heft  XLVllI . 


Taf.  1. 


Vfr!a^  von  Erwin,  Nägde,  Stuu^art- 


2i^h..bist-vit'fTntr iKiMt.  FrarJtfitrt*'Ii. 


Zooloqica   lieft  XLMll 


Taf.  II. 


■iägde.  Stuo-jait 


Zoologie a   Heft  XLVllI. 


Taf.  111. 


Ver!a^  wr.  Erwir^  Nägek,  StuUgart. 


ittiAötvRfc-jMriÄ&it«?;  rroDk^'-' 


Zooloc)ica   HeltXLVail 


Taf.  I\'. 


Zooloc)ica    lieft  XLVIll 


Taf.  V. 


VerUg  ivn  Snwt-  Uagde.  StaagarT 


Zoologie a   Heil  XLMll. 


Tiif.  M. 


ZooloyicaHeftXLVm 


Taf.  VII. 


Verlag  mn  Enwi'  Nägde.  Stuttgart. 


M  /r-«  V Wfrner l  WnV'.  frar.yhn'rM 


Zoologie a   Hefl  XUIII. 


Taf.Mn. 


Veriag  wn  Erwin  ifägdt.  Säto^ari. 


ir.-  -V'Tfir'f  ÄfrV7    Fr^r.'L-'irf.'-y 


Zoologie a   Heft  XL\ail. 


Taf.  IX. 


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Zoologica   Hefl  XLMll 


Taf.  X. 


Zdt.Anstvh'tmtri'Mrair.  trarJtfwrt-*':^ 


5  WHSE  01394 


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