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HARVARD UNIVERSITY.
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MUSEUM OE COMPARAT'IVE ZOÖLOGY.
Der
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXV. Jahrgang.
Mit 1 Tafel und 15 Abbildungen.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahl a. u & W aldschmi d t.
1884.
*
1
/
Inhalt des tlinfundzwanzigsten Jahrganges.
I. Aufsätze.
Seite
Rückblick. Von dem Herausgeber . 1
Die Wachstumsverhältnisse des indischen Elefanten. Von Dr. Max
Schmidt. Mit 1 Tafel . 4
Ein neuer Strauß. Von Dr. A. Reich enow . 19
Der Schwanz- und Langschwanzhirsch. Von Damian Gronen . . . . 20
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg. Mit 4 Abbildungen.
Von Inspektor W.L. Sigel . 33
Der spanische Sandschlüpfer und seine Fortpflanzung in der Gefangen¬
schaft. Von Joli. v. Fischer . 38. 75
Ein Besuch des Zoologischen Gartens in Köln. Von L. Wunderlich 44,69,241
Unsere Frösche und Kröten sind Nachttiere. Von H. Fischer-Sigwart 50
Aus dem Berliner Aquarium. Mit 1 Abbild. Von Gustav Schubert . 52
Eine Zahntaube, Bidunculus sirigirostris , im Zoologischen Garten in Ham¬
burg. Von Dir. Dr. Bolau . 65
Die Tierpflege des Zoologischen Gartens zu Hamburg. Von dem Inspektor
W. L. Sigel . 82. 208
Bericht über den Zoologischen Garten in Hannover 1882 — 83 .... 89
Die Beschädigungen der oberirdischen Telegraphenanlagen durch Vögel 97
Neues aus der Tierhandlung von Karl Hagenbeck, sowie aus dem Zoo¬
logischen Garten in Hamburg. Mit 4 Abbild. Von Dr. Th. Noack 100. 326
Einige Bemerkungen zu meinem Aufsatze über »Die deutschen Wald¬
hühner«, in den Jahrgängen 1879 — 81 der »Z. G.« Von Dr. W.
Wurm . 115
Aus dem Zoologischen Garten in Berlin. Von L. Wunderlich . . . 123
Texas und seine Tierwelt. Von H. Neh rli ng . . 129. 172. 197. 225. 259
Die Feinde unserer Singvögel. Von H. Schacht . 137. 161
Die Girondenatter in der Gefangenschaft ( Coronclla girundica Baad) Von
J oh. v. Fischer . . 145
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft in Frank¬
furt a. M. an die Generalversammlung der Aktionäre vom 20. März
1884 . 148. 181
Der punktierte Schlammtaucher ( Pclodytes punctatus Baudin) in der Ge¬
fangenschaft. Von Jo h. v. Fischer . 177
Ein neuer Durchlüftungsapparat für Aquarieu. Mit 1 Abbildung. VonDr.
E. R ey in Leipzig . .
Schwarze Eichhörnchen. Von Oskar v. Loewis
193
202
— IV
Seite
Bericht über den Zoologischen Garten in Dresden über das Geschäftsjahr
vom 1. April 1882 bis 31. März 1883 . 217. 278
Die wissenschaftlichen und die praktischen Aufgaben bei der Aufstellung
unserer Naturaliensammlungen. Von Leopold Martin .... 234
266. 302
Noch einige Bemerkungen über das Nahoorschaf. Von Dr. Th. Noack 247
Eine Mißbildung an Federn. Von G. Simmermacher . 250
Gelungener Wiederbelebungsversuch an einer ertrunkenen grünen Eidechse.
Von H. Fischer-Sigwart . 251
Eine Augenoperation an einem Lämmergeier des Zoologischen Gartens
in Hamburg. Von Dr, med. et phil. L. Kote 1 mann . 257
Das Fliegen der Fledermäuse am Tage. Von Pfarrer Jäckel . . . . 273
Die Springmäuse. Nach Lataste von A. Senouer . 276
Zur Ornithologie Jamaika’s. Von I). Gronen . 280
Haftapparate bei Wirbeltieren. Von G. S im m er mach er . 289
Ein hyperpneumatischer Sperling. Von Prof. Dr. H. Land ois . . . 309
Namen einiger asiatischer Wildschafe. Von Dr. B. Laugkavel . . . 311
Die Zwergschleiche (Ablepharus pannoniciis Fitzinger)m der Gefangenschaft.
Von J oh. v. Fischer . 314
Luftgeschwülste bei Vögeln. Von Dr. M. Schmidt . 321
Einiges über die Tiermärkte in Bahia und Rio de Janeiro. Von Alex. v.
Svertschkoff . 323
Der gemeine Stachelfinger, Acanthodactylus vulgaris , in der Gefangen¬
schaft. Von Jo h. v. Fischer . 338
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg. Mit 2 Abbildungen.
Von dem Inspektor W. L. Sigel . 353
Ein amerikanischer Olm. Von Dr. A. Zipperl en . 360
Nordgrenze des Tigers in Asien. Von Dr B. Langkavel . 361
Die Treppen- oder Sprossennatter, JRhinechis scalaris, in der Gefangen¬
schaft. Von Job. v. Fischer . 364
Die Herstellung von Abbildungen für unsere Zeitschrift. Von dem Heraus¬
geber . 369
II. Nachrichten.
a) aus den Zoologischen Gärten.
Rechuungs- Abschluß des westfälischen Zoologischen Gartens in Münster
für das Jahr 1882 . 22
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten in Hamburg . 26
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg. Von W. L. Sigel 33
Ein Besuch des Zoologischen Gartens in Köln. Von L. Wunderlich 44. 69. 241
Zoologischer Garten zu Prag. Von E. Friedei . . 55
Im Parke Beaujardin in Tours lebende Tiere. Von Noenty . . . . 56
Die im Berliner Zoologischen Garten verbrauchten Futtermengen ... 61
Eine Zahntaube im Zoologischen Garten in Hamburg. Von Dir.Dr. H. Bol au 65
Die Tierpflege des Zoologischen Gartens in Hamburg. Von W. L. Sigel 82. 208
Bericht über den Zoologischen Garten in Hannover 1882 — 83 .... 89
V
Seite
Zoologischer Garten in Liverpool . 94
Neues aus der Tierhandlung von Karl Hagenbeck, sowie aus dem Zoo¬
logischen Garten in Hamburg. Von Dr. Th. Noack . 100
Aus dem Zoologischen Garten in Berlin. Von L. Wunderlich . . . 123
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft in
Frankfurt a. M. an die General-Versammlung der Aktionäre vom
20. März 1884 . 148. 181
Aus dem Berliner Zoologischen Garten . 155
Verzeichnis der im Dresdener Zoologischen Garten geborenen Tiere . . 157
Nachrichten aus dem Hamburger Zoologischen Garten . 158
Übersicht der Geburten im Zoologischen Garten in Hamburg 1882 . . 158
Tierzuwachs im Kölner Zoologischen Garten ...... * .... 186
Geburten im Zoologischen Garten zu Cincinnati . 190
Bericht über den Zoologischen Garten zu Dresden über das Geschäfts¬
jahr vom 1. April 1882 bis 31. März 1883 . 278. 217
Westfälischer Zoologischer Garten in Münster. Von Prof. K. Landois . 223
Eine Augenoperation an einem Lämmergeier des Zool. Gartens in Ham¬
burg. Von Dr. med. et phil. L. Kotelm an n . 257
Nachrichten aus dem Hamburger Zoologischen Garten . .• . 285
Aus dem Berliner Zoologischen Garten. Von L. Wunderlich .... 317
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg. Mit 2 Abbildungen.
Von dem Inspektor W. L. Sigel . 353
b) über Aquarien.
Aus dem Berliner Aquarium. Von Gustav Schubert . 52
Speisekammer und Küche des Berliner Aquariums . 156
III. Korrespondenzen.
Eine Ehrenrettung des Grasfrosches. Von I}. Fische r-Sig wart . . 23
Zoologischer Garten in Prag. Von E. Friedei . 55
Im Parke Beaujardin in Tours lebende Tiere. Von Noenty .... 56
Kreuzung gewöhnlicher grauer Mäuse mit weißen Mäusen. Von Dr. K.
Kraepelin . 58
Episode aus dem Leben einer Schwarzamsel. Von Hedwig Müller . 59
Zoologisches aus Bremen. Von Ernst Friedei . 59
Die Frühlingsboten sind da! Von L. Buxbaum . 60
Wie ich Meister Reinecke beim Honignaschen überraschte. Von L. Bux¬
baum . 93
Können die Hühnereier, ohne Schaden zu nehmen, während der Brut
öftere Bewegung und Abkühlung vertragen? Von L. Buxbaum . 126
Gänserichs Liebe. Von Fr. Schäfer . 152
Die Natur bleibt selbst im kleinsten ehrwürdig. Von Dr. W. Wurm . 154
Hausente ohne Schwimmhäute. Von Prof. Dr. M. Braun . 154
Abnorme Brutzeit des amerikanischen Silberreihers und des Nachtreihers.
Von L. Wunderlich . 154
Künstliche Hornbildungen auf dem Kopfe von Haushähnen. Von Carl
van Beers . . . 155
VI
Seite
Instinkt oder Überlegung? Von Eduard Härter . 185
Tier-Zuwachs im Kölner Zoologischen Garten . 186
Über die Nasenmilbe der Kegelrobbe. Von Prof. Dr. Nehring . . . 186
Ein weißer Häher. Von H. Schacht . , . 187
Die Meisen im Dienste der Rosenkultur. Von L. Buxbaum . . . . 221
Zur Wanderung der Vögel. Von H. Fresenius . 222
Heim eines Steinschmätzers. Von B. Wiemeyer . 222
Seltsame Tötung eines Adlers. Von Baron A. v. Kr ü den er . . . . 253
Tierbeobachtungen aus dem Mannheimer Stadtpark. Von Prof. Dr. L.
Glaser . 341
Über Varietäten des schwarzen und des Grizzly-Bären. Von Dr. A.
Zip perlen . 344
Abnorme Schnabelbildung eines weiblichen Haussperlings. Von Dr.
Alfred Walter . 346
Bemerkungen zu dem Artikel Seebohm von Dr. Langkavel. Von E. F.
v. Homeyer . 347
Die Adler Livlands. Von E. F. v. Homeyer . 369
Eier exotischer Vögel. Von Ed. Rüdiger . 370
Albinismus einer Ringelnatter. Von H. J. Wiese . 372
Verändertes Benehmen einer Hündin. Von Prof. Dr. M. Fl e sch . . . 372
Pneumaticität bei Tritonen. Von Max Kruel . 373
Zur Fauna des Somalilandes. Von Dr. Th. Noack . 374
IV. Miscellen-
Überwinternde Schwalben. Von Dir. Dr. Krause . 25
Vom Fluß-Aal. Von Dir. Dr. Krause . . . 25
Der Salm im Main . . . 26
Sammelplatz der weißen Bachstelzen. Vom Herausgeber . 26
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten in Hamburg . 26
Gezüchtete Perlhühner. Von B. Langkavel . 27
Künstliche Austernzucht . 27
Fischottern . 27
Fünf See-Elefanten. Von Damian Grone n . 27
Die Würfel natter in Nassau . 28
Ermatteter Kranich. Von H. Schacht . 28
Faug eines Siebenschläfers. Von H. Schacht . 29
Die im Berliner Zoologischen Gärten verbrauchten Futtermengen ... 61
Der afrikanische Strauß in Amerika. Von Damian Gronen . . . . 62
Die europäische Sumpfschildkröte. Von C. Struck . 63
Ein sechsbeiniger Molch. Von Prof. Dr. H. Landois . 94
Zoologischer Garten in Liverpool . 94
Der Abschuß von Raubzeug in Norwegen . 155
Aus dem Berliner Zoologischen Garten . 155
Speisekammer und Küche des Berliner Aquariums . 156
Verzeichnis der im Dresdener Zoologischen Garten geborenen Tiere . . 157
Nachrichten aus dem Hamburger Zoologischen Garten . 158
VII
Seite
Übersicht der Geburten im Zoologischen Garten zu Hamburg 1882 . . 158
Wachtelkönig im Stalle. Von H. Schacht . 158
Ein junges Walroß in Gefangenschaft. Mit Abbild . 187
Fledermaus am Tage. Von H. Schacht . 190
Geburten in dem Zoologischen Garten zu Cincinnati im Jahre 1883 . . 190
Die wilden Büffel in Dakota. Von D. Gronen . 190
Die Schwammfischerei . 223
Westfälischer Zoologischer Garten in Münster. Von Prof. Dr. H. Landois 223
Die Herkunft des Kettenbandwurmes. Vom Herausgeber . 254
Künstliche Fischzucht in Holstein. Von H. B . 254
Ein Kapjbara . 255
Geburt eines Yak-Sanga-Bastardes. Von Prof. Dr. Julius Kühn . . . 283
Straußenzucht in Südafrika. Von H. B . 285
Verluste durch wilde Tiere in Indien . 285
Nachrichten aus dem Hamburger Zoologischen Garten . 285
Über Eintagsfliegen. Von D. Gronen . 286
Ein achtbeiniger Laufkäfer. Von Prof. Dr. H. Landois . 288
Überwinternde Amphibienlarven. Von Prof. Dr. H. Landois . . . . 288
Produktion der Korallen. Von Sr . 288
Aus dem Berliner Zoologischen Garten. Von L. Wunderlich . . . 817
Der Wildstand Skandinaviens . 319
Betragen männlicher Wölfe gegen die Jungen. Von Prof. Dr. H. Landois 319
Ein zweifüßiger Fuchs. Von Prof. Dr. H. Landois . 320
Kampfweise der Edelhirsche mit Bastgeweih. Von Prof. Dr. H. Landois 348
Ameisen. Von B. Langkavel . 348
Abändern der Gewohnheiten des Großfußhuhnes. Von Dr. B. Langkavel 349
Eierlegende Säugetiere. Von dem Herausgeber . 349
Benehmen eines Wiesels. Von D. Gronen . 350
Zahl der in Florida getöteten Alligatoren. Von D. Gronen . . . . 375
Junge Iltisse. Von Prof. Dr. H. Landois . 375
V. Litteratur.
Die Säugetiere in Wort und Bild von Carl Vogt und F. Specht. Vom
Herausgeber . 29
Leunis Synopsis der drei Naturreiche. Erster Teil. Zoologie. I. Band.
2. Abteilung. Vom Herausgeber . 64
Der Kanarienvogel, seine Naturgeschichte, Pflege und Zucht von Dr. Karl
Ruß. Vom Herausgeber . 64
Das Terrarium, seine Bepflanzung und Bevölkerung von Joh. v. Fischer.
Vom Herausgeber . 95
Die Erde und ihre Völker. Ein geographisches Hansbuch von Friedrich
von Hellwald. Von D. Gronen . 96
Unsere modernen Mikroskope und deren sämtliche Hülfs- und Neben¬
apparate für wissenschaftliche Forschungen von Otto Bachmann. F. N. 127
Chile, Land und Leute von Karl Ochsenius. F. N . 128
VIII
Seite
Die Hausgenossen des Menschen unter den Gliedertieren von Prof. Dr. W.
Heß. Vom Herausgeber . . . 159
Die Vögel der Zoologischen Gärten von Dr. Ant. Reichenow. 2. Teil.
Vom Herausgeber . 159
List of tlie vertebrated animals now or lately living in tbe gardens of
the Zoological Society of London. 8the edition. Vom Heraus¬
geber . 160
Die Wirbeltiere Deutschlands in übersichtlicher Darstellung von Prof.
Dr. Hub. Ludwig. Vom Herausgeber . - . 191
Die Reptilien Kur-, Liv- und Estlands von 0. v. Loewis. VomHeraus-
g eher . 191
VII. Jahresbericht (1882) des Ausschusses für Beobachtungsstationen der
Vögel Deutschlands;
I. Jahresbericht des Komitees für ornithologische Beobachtungsstationen
in Österreich und Ungarn. Vom Herausgeber . 191
Die Fasanen, ihre Pflege und Aufzucht von C. Cronau. Vom Heraus¬
geber . . . 223
Lepidopteren von Madagaskar von M. Saalmiiller. Vom Herausgeber 255
Aus der Vorzeit der Fischerei von Ernst Friedei. Vom Herausgeber 350
Paul Mosers Notizkalender. Vom Herausgeber .• . 350
VI.
Eingegangene Beiträge . 32. 64. 96. 128. 160. 192. 224. 256. 320. 852. 376
Bücher und Zeitschriften . 32. 64. 95. 128. 160. 192. 224. 286. 320. 352. 376
Todesfälle: Dr. Hermann Schlegel . 160
Dr. Leop. Jos. Fitzinger . 351
Dr. A 1 f r e d E. B r e h m . 351
Dr. K. A. Heinrich Bodin us . 851
Dr. EduardRüppell . 376
Berichtigungen . 256
Bemerkung des Redakteurs . 320
Personal Veränderungen . 376
Zoologischer Garten XXV.
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Die Wachstanisverhältnisse des indischen Elefanten
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Itedigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mali lau & Walds chm idt in Frankfurt a. M.
No. 1. XXV. Jahrgang. Januar 1884.
Inhalt.
Rückblick; von dem Herausgeber. — Die Wachstums Verhältnisse des indischen
Elefanten; von Dr. Max Schmidt. Mit einer Tafel. — Ein neuer Strauß; von Dr. A.
ßeichenow. — Der Schwarz- und Langschwanzhirsch; von Damian Gronen. — Rech¬
nungs-Abschluß des westfälischen zoologischen Gartens zu Münster für das Jahr 1882. —
Korrespondenzen. — Miscellen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge — Bücherund Zeit¬
schriften. —
Rückblick.
V on dem Herausgeber.
Am 8. August 1883 waren es 25 Jahre, daß auf der Bocken-
lieimer Landstraße dahier der Frankfurter Zoologische Garten eröffnet
wurde. Er war das zweite derartige Institut in Deutschland. Der
Berliner Garten war zwar schon am 1. August 1844 dem Publikum
übergeben worden, ließ aber in seiner Einrichtung und Bedeutung
viel zu wünschen übrig, so daß der hiesige Garten sich die blühenden
Anstalten von London, Amsterdam und Antwerpen zum Muster
nehmen mußte. Trotzdem der neue Garten nur ein Gebiet von 14 Vs
frankfurter Morgen und dieses nur mietweise zur Verfügung hatte,
konnte er sich die ersten Jahre seines Bestehens eines guten Erfolges
rühmen, bis die wiederholt eingetretenen Kriegsereignisse seine
Existenz bedrohten. Dazu kam der Umzug auf ein neues 34 Morgen
(= 7 Hektare) großes Terrain, wodurch Schwierigkeiten aller Art
entstanden. Unter guter Führung aber hat der Garten die schweren
Zeiten überwunden und er wird hoffentlich auch weiterhin blühen
und gedeihen.
Zoolog. Gart. Jalirg. XXV. 1 SS4.
1
2
Bei Gründung desselben im Jahre 1859 hatte die Zoologische
Gesellschaft von vornherein die Absicht, nicht nur für das Vergnügen
und die Unterhaltung der einheimischen und fremden Besucher zu
sorgen, sie stellte sich vielmehr eine höhere Aufgabe. In erster Linie
sollte eine Anstalt geschaffen werden für die Belehrung und Bildung
des Volkes, alt und jung sollte Gelegenheit finden, die einheimischen
Tierformen neben denjenigen der fremden Länder lebend beobachten
zu können, damit sollte der Sinn für Naturbetrachtung geweckt, der
Anschauungskreis der Besucher erweitert werden.
Es sollte ferner der Versuch gemacht werden, die Tiere so zu
halteu, daß sie nicht nur sich wohl fühlen, sondern auch sich fort¬
pflanzen würden, daß auch womöglich die Acelimatisation nützlicher
Geschöpfe gefördert werde. Es war letzteres ein Ziel, das bei den
gebotenen kleine^ Verhältnissen allerdings nicht in großem Maße
erreicht werden konnte. Aber doch hat der Garten dank der sorg¬
samen Pflege seiner Bewohner in der Zucht derselben manches er¬
freuliche Resultat zu verzeichnen. So wurden von den Muflons in
24 Jahren 76 Junge erzielt, für hier gezüchtete Zebra wurden
11000 Mark eingenommen, und Yak, Hirsche, Antilopen, Bison,
graubriistige Sittiche, schwarze Schwäne u. a. haben sich in ähnlicher
Weise dankbar erwiesen.
Aber die Gesellschaft stellte zugleich in der Person des Herrn
Dr. Weinland einen wissenschaftlichen Sekretär au und zeigte
damit, daß es ihr Ernst war, das schöne Material au lebenden Ge¬
schöpfen auch wissenschaftlich zu verwerten, mit den anderen An¬
stalten in regen Verkehr zu treten und durch Schrift und Wort be¬
lehrend in die Nähe und Ferne zu wirken.
So entstand 1860 der »Zoologische Garten« als Organ der Zoo¬
logischen Gesellschaft in Frankfurt a. M., unsere Zeitschrift, die mit
dieser Nummer ihren 25. Jahrgang beginnt. Sie fand Anklang und
entwickelte sich bald zu einer »Zeitschrift für Beobachtung, Pflege
und Zucht der Tiere«, womit sie zugleich gemeinsames Organ für
Deutschland und angrenzende Gebiete wurde. Damit ist ihr Ziel
bezeichnet, über das wir unseren Lesern keine Belehrungen mehr zu
geben nötig haben. Sie kennen dasselbe ja hinreichend und beweisen
durch ihre fortdauernde Zuneigung, daß sie mitWolleu und Streben
des Blattes einverstanden sind.
Unser Blatt ist, das dürfen wir ohne Anmaßung sagen, das
einzige in seiner Art. Es bildet vor allem ein Bindeglied für die
zoologischen Gärten, in welchem sie sich gegenseitig die Erfahrungen
3
und Fortschritte auf dem Gebiete der Tierhaltung mitteileu, und es
liefert zur Geschichte dieser Institute reichstes Material. Außerdem
aber hat es auch zahlreiche Freunde sowohl unter den Männern der
strengen Wissenschaft, die sich freuen, »wenn sie das grüne Heft
auf ihrem Schreibtische finden«, wie unter den praktischen Tier¬
züchtern der verschiedenen Zweige, unter Lehrern, Liebhabern und
Jüngern der Zoologie. Ist es ja doch das lebende Tier, das ihnen
die Zeitschrift vorführt, und das Leben in seinen Erscheinungen, in
seinen wirkenden Ursachen, in seinem Zusammenhang mit der übrigen
Lebewelt kennen zu lernen, welchen gesunden Sinn sollte das nicht
reizen ?
Der Zoologische Garten hat sich Freunde erworben weit über
Deutschland hinaus, auch aus anderen Ländern Europas, aus Amerika,
aus Afrika und Australien kommen ihm Beweise der Teilnahme und
Anerkennung zu, und so ist er in der That mehr geworden, als »das
Organ der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft« . Und welch reiches
Material zur Kenntnis des Tierlebens hat er im Laufe von 24 Jahren
in seinen Spalten augesammelt, er ist zu einem Archiv geworden,
in welchem man sich gern Rat und Belehrung holt, aus dem selbst
größere Werke die neusten Erfahrungen und Beobachtungen in
Fülle schöpfen.
Auch die Zeitschrift hat schwierige Zeiten und Lagen über-
o Ö
winden müssen, sie hat zweimal den Redakteur gewechselt, aber
ihrer vorgezeichneten Aufgabe ist sie treu geblieben und wird es
auch in der Zukunft bleiben.
Wenn sie nun sich einigen Erfolges erfreuen zu dürfen glaubt,
so dankt sie dies einzig und allein den zahlreichen Freunden und
Mitarbeitern, von denen eine ganze Anzahl zu der Zeitschrift von
deren Begründung an steht, deren Kreis sich in erfreulichster Weise
stets ergänzt und erweitert hat. Ihnen gebührt darum der Dank
der Unternehmer und der Leser, und an sie richten wir die Bitte,
wie seither so auch ferner dem »Zoologischen Garten« zur Seite
stehen zu wollen. Dann kann es auch für die Zukunft nicht fehlen!
4
Die Wachstum sverhältnisse des indischen Elefanten.
Von Dr. Max Schmidt.
Mit einer Tafel.
Es ist für den Tierpfleger immer hoch erfreulich, wenn seine
aufgewendete Mühe und Sorgfalt durch lange Lebensdauer seiner
Zöglinge belohnt wird, und selbstverständlich ist es nicht lediglich
der materielle Vorteil, der hierbei in Betracht kommt, sondern in
mindestens gleichem Grade ist der in wissenschaftlicher Hinsicht sich
ergebende Gewinn in Anschlag zu bringen. Wie beim Menschen
treten auch bei den Tieren im Laufe der Jahre ganz allmählich
und fast unmerklich Veränderungen ein, sowohl in der äußeren Er¬
scheinung, als auch im Verhalten jedes Exemplares, durch deren
Beobachtung und Vergleichung das Gesamtbild des einzelnen Tieres
sowie seiner Gattung an Abrundung und Vertiefung nur gewinnen
kann.
In dieser Beziehung hat der indische Elefant, den unser Garten
seit jetzt gerade zwanzig Jahren besitzt, zu recht interessanten Wahr¬
nehmungen Gelegenheit gegeben, und ich will nicht versäumen, hier
einiges über dieselben mitzuteilen.
Zunächst sollen uns die Größe sowie das Wachstum des Tieres
innerhalb des erwähnten Zeitraumes beschäftigen.
Es mag wohl kaum ein Geschöpf geben, welches so sehr zur
Vornahme von Messungen auffordert als gerade der Elefant, denn
die gewaltigen Formen und die lange Dauer der Wachstumsperiode
lassen es wünschenswert erscheinen, die Dimensionen des mächtigen
Körpers festzustellen und die Zunahme desselben von Zeit zu Zeit
nachzuweisen. Während dies nun bei den meisten anderen Tierarten
wegen der Unruhe, Widersetzlichkeit und Scheu derselben nicht
leicht zur Ausführung gebracht werden kann, läßt sich in* der Regel
der Elefant mit seinem menschenfreundlichen, ruhigen und gesetzten
Wesen ein derartiges Manipulieren gern gefallen, und mau kann
sich leicht eine Reihe von Maßen verschaffen, welche die Größen¬
zunahme des Tieres klar erkennen lassen.
Eine derartige Erwägung ist es gewesen, welche mich veranlasst
hat, alsbald nach Eintreffen des Tieres bei uns dasselbe nach allen
Richtungen zu messen und das Ergebnis in dieser Zeitschrift be¬
kannt zu geben. (IV. Jahrgang, 1863. S. 172 — 173.) Im darauf-
folgenden Jahre habe ich die Messung wiederholt und beide Resul¬
tate zusamrnengestellt. (V. Jahrgang, 1804. S. 823.)
Eine Fortsetzung meiner Beobachtungen von Jahr zu Jahr schien
mir indes für die Folge nicht nötig, im Gegenteil wollte es mir
zweckmäßig erscheinen, zwischen je zwei Messungen einen längeren
Zeitraum verstreichen zu lassen, um ein auffallenderes Ergebnis zu
gewinnen. So habe ich denn das Tier im Juni 1870 und im Mai
1883 nochmals gemessen und stelle die gewonnenen Ziffern hier
nebeneinander.
Zu den Messungen selbst bediente ich mich einer einfachen
Latte mit Centimeter-Einteiluug, . ferner eines verschiebbaren Winkel¬
maßes und endlich eines ebensolchen Apparates mit einem fest¬
stehenden und einem verschiebbaren Schenkel von geeigneter Länge,
welcher sich besonders für die Feststellung der Querdurchmesser an
Kopf, Hüften etc. eignete.
Höhe vom Boden bis zur höchsten Stelle
des Rückens .
Höhe vom Boden bis zum Bauch (in der
Mitte des Tieres) .
Senkrechter Durchmesser des Körpers vou
der höchsten Stelle des Rückens bis
zum Bauche .
Schulterhöhe .
Höhe vom Boden bis zum Ellenbogen .
Höhe vom Boden bis zum Kreuz (innerer
Darmbeinw'inkel) .
Höhe vom Boden bis zum Knie .
Länge von der Stirn in der Gegend der
Rüssel basis bis zum Sitzbeinhöcker .
Länge des Rumpfes vom Bug bis zum
Sitzbein .
Breite des Kopfes an der Ohrbasis .
Breite des Kopfes au den Augen bogen .
Höhe des Kopfes vom Winkel des Unter¬
kiefers bis zum Scheitel .
Breite vom Winkel des Unterkiefers bis zur
Stirn am Übergang in die Rüsselbasis
1863.
1864.
1870.
1883
m.
ein.
m. cm.
m. cm.
m.
cm.
o
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12
2 35
2 63
2
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1
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35
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1 54
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—
2 20
2 43
2
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—
— -
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1 —
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1
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2 88
3
12
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1 87
2 5
2
16
—
58
59 -
- 65
75
48 — 49 — 54 — 55
84
87
92 1 10
59 — 60 — 66 — 76
6
1863.
1864.
1870. 1883.
m
. cm.
m. cm.
m
. cm. m.
cm
Breite des Rüssels an der Basis .
—
25
—
25
—
30 -
34
Länge des Rüssels .
1
10
i
10
i
12 1
31
Breite des Körpers au der Hüfte (vom
äußeren Darmbein wiukel der einen bis
zu dem der anderen Seite) ....
—
96
—
98
l
1
25
Vom äußeren Darmbein wiukel bis zur
Kniescheibe . .
—
90
l
—
l
39 1
40
Vom äußeren Darmbeinwiukel bis zur
Schwanzwurzel .
—
60
—
70
—
78 —
78
Breite des Hinterfußes am Kniegelenk
(von der Seite gesehen) .
—
50
—
50
—
52
57
Sohle des Hinterfußes Querdurchmesser
—
23
—
24
—
36 -
37
» » » Längendurchmesser
—
36
—
37
—
40 -
41
» v Vorderfußes Querdurchmesser
—
30
—
30
— -
30 —
36
» » » Längendurchmesser
—
31
—
31
—
35
41
Länge des Schwanzes ......
1
—
i
- —
—
1
33
Höhe vom Boden bis zur Schwanzwurzel
1
44
i
55
l
55 1
73
Schon ein oberflächlicher Blick auf diese Tabelle läßt erkennen,
daß die Entwickelung des Tieres nach allen Richtungen in gleich¬
mäßiger Weise stattgefunden hat. Nicht minder deutlich spricht sich
dies in der beigegebenen Zeichnung aus, welche den Elefanten in
den verschiedenen Stadien des Wachstums darstellt. Die Konturen
des Tieres sind genau in ein Netz eiugezeichuet, welches in Meter
und Decimeter eingeteilt ist. Dies findet ferner bei Betrachtung des
Elefanten selbst seine volle Bestätigung und wir dürfen somit an¬
nehmen, daß wir hier eine völlig normale Größenzunahme vor uns
haben. Unser Exemplar war etwa 14 Jahre alt, als es in den Besitz
unseres Gartens kam, und zwar dürfte dies mit ziemlicher Sicher¬
heit als richtig anzusehen seiu. Bei seiner Ankunft in Europa galt
der Elefant als siebenjährig sowohl auf Grund der über denselben
in Indien gemachten Angaben als auch nach dem Urteil des Händlers,
in dessen Hände er gelangte. Sein Verweilen im Besitz verschiedener
Menageristen, bevor er zu uns kam, beziffert sich ebenfalls auf sieben
Jahre, was seiner Zeit leicht nachzuweisen war, und wir haben somit
in obigen Ziffern eine übersichtliche Darstellung des Wachstums eines
Elefanten vom 14 — 34 Lebensjahre.
Wir wollen nunmehr mit Hülfe dessen, was sonst noch über
die Größenzunahme bei derartigen Tieren bekannt ist, versuchen
— 7 *—
festzustellen, in welchem Verhältnisse chis Wachstum derselben in
den verschiedenen Altersstufen erfolgt.
Hierbei stoßen wir leider auf eine auffällige Armut der ein¬
schlägigen Litteratur an Beobachtungen überhaupt und namentlich
an längere Zeit hindurch fortgesetzten genauen Aufzeichnungen. Aus
der neuesten Zeit liegen uns überhaupt nur zwei Messungen von
vier Elefanten des Londoner Gartens vor, und wir sind daher immer
noch in der Hauptsache auf ältere Arbeiten angewiesen.
Um mit dem Anfang zu beginnen, empfiehlt es sich zunächst,
die Größe des neugeborenen Tieres festzustellen, und dies führt uns
auf eine Arbeit, welche ohnehin verdient, hier in erster Linie er¬
wähnt zu werden. Es ist dies »Observations on the Manners, Habits
and Natural History of the Elephant, by John Corse, Philosophical
Transactions of the Royal Society of London 1799. S. 31 — 55.
Corse hat, wie er im Eingang seiner Arbeit mitteilt, mehr
als zehn Jahre in »Tiperah, einer Provinz von Bengalen an der öst¬
lichen Grenze der englischen Besitzungen in Asien« gelebt, wo all¬
jährlich Herden von Elefanten gefangeu wurden, und von 1792 bis
1797 standen die Elefantenjäger gänzlich unter seiner Leitung. Er
hat dabei unter auderm mehrfach Gelegenheit gehabt, Geburtsfälle zu be¬
obachten und giebt die Größe eines in Gefangenschaft gebornen Ele¬
fanten auf 35 1/2 Zoll englisch = 90 Centim. an. Ein anderer, eben¬
falls in Jndien geborner Elefant war 35 Zoll = 82 Centim. hoch.
Corse bemerkt ausdrücklich, daß die Jungen von trächtig einge¬
fangenen wilden Weibchen selten die Höhe von 34 Zoll = 8(3 Centim.
überschritten hätten.
Die einzige Beobachtung, welche mir hierüber weiter vorliegt,
gehört der neuesten Zeit an und wird von George Arstingstall
»Elephant Trainer for ßarnum, Bailey and Hutchinson« (Besitzer
großer Menagerien in Amerika) initgeteilt. (Journal of comparative
Medicine and Surgery, Vol. III. Heft 2. New- York, April 1882
S. 14(3 — 153.) Hiernach war ein am 2. Febr. 1882 in Amerika ge¬
borenes Junges im Alter von zwei Stunden 7(3 Centimeter hoch und
sein Gewicht betrug 145 ft.
Corse berichtet ferner über die Beobachtungen, welche an einem
den 16. Oktober 1879 gebornen, einem Mr. Stephen Harris gehörigen
Elefanten, bezüglich seines Wachstums mehrere Jahre hindurch regel¬
mäßig gemacht wurden. Dieses betrug:
8
im
1
Jahr
00
CM
Centimeter
und
das
Tier
war
nun
1,17 Meter hoch
»
2
»
21
»
»
»
»
»
»
1,38 »
»
»
3
»
15
»
»
»
»
1
»
»
1,53 »
»
»
4
»
12 1
k
»
»
»
. »
»
»
1,65 x\‘i »
»
»
5
»
12 1
ll*
»
»
»
»
»
»
1,78 »
»
»
6
»
9
»
»
»
»
»
»
1,87
»
»
7
»
5
»
»
»
»
»
»
1,92 »
»
Bei einer gelegentlichen Messung des Tieres im November 179(3,
als dasselbe noch nicht zwanzig Monate alt war, fand sich, daß
seine Höhe 1,36 Meter betrug. Uieses Exemplar werden wir in der
folgenden Zusammenstellung mit Nr. 1 bezeichnen.
Ein weiblicher Elefant, welcher 2,06 Meter hoch war, als Corse
ihn bekam, und dessen Alter dieser auf etwa elf Jahre schätzte,
wuchs im Laufe der nächsten fünf Jahre 15 Centimeter. Das Tier,
welches wir weiter hin kurz als »Corse Nr. 4« anführen werden
wurde nun zur Zucht verwendet und wuchs während der 22 Monate
dauernden Tragezeit 13 Centimeter. In den hierauf folgenden 17
Monaten betrug dagegen seine Höhenzuuahme nur IV2 Centimeter.
Es war damals 19 Jahre alt und nach Corse’s Ansicht ausgewach¬
sen. Seine Höhe bezifferte sich jetzt auf 2,35 ^2 Meter.
Eine weitere Arbeit, welche für unseren Zweck brauchbare Mit¬
teilungen enthält, ist Houel, Histoire naturelle des deux Elefants,
male et femelle du Museum de Paris, venus de Hollande en France
en Pan VI. Paris. An XII. (1803) Fol.
Der Verfasser hat die Tiere längere Zeit hindurch sehr genau
beobachtet und seiue Wahrnehmungen in einer Reihe von präch¬
tigen Kupferstichen mit Text veröffentlicht. Bezüglich des Alters
und der Größe der beiden Elefanten entnehmen wir seiner Arbeit
folgendes :
Sie waren 1788 sieben Jahre, also 1796, wo sie nach Paris
kamen, fünfzehn Jahre alt. Ihre Höhe betrug zu jener Zeit, am
Widerrist gemessen 2,37 Meter beim Männchen und 2,27 Meter
beim Weibchen. Das männliche Tier starb 1801 zwanzig Jahre
alt, seine Höhe am Widerrist belief sich auf 2,48 Meter. Zwei Jahre
später, im Jahre 1803, ergab eine Messung des nunmehr zweiund-
zwanzigjährigen Weibchens eine Höhe von 2,46 Meter. Wir bezeich¬
nen das Männchen als »Houel Nr. 5«, das Weibchen als »Houel
Nr. 6.«
Wir haben nun noch der einzigen Mitteilung über Messungen
von Elefanten aus der neuesten Zeit zu gedenken, welche vier Exenn
9
plare des zoologischen Gartens zu London betrifft. (Proceedings of
the Zool. Soc. of London 1879 8. 385 und 1881 8. 450.) Es wird
nur die Höhe der Tiere an der Schulter und der Umfang eines
Vorderfußes angegeben und zwar in englischen Fußen und Zollen,
welche wir im weiteren Verlauf auf Metermaß reduzieren werden.
Messung im Mai 1879. April 1881.
Name des Tieres: Schulterhohe. Umfang Schulterhöhe. Umfang des
des Vorderfußes Vorderfußes
Jung
Pershäd
M.
7'0 »
3'8
»
8'0
»
4'0
»
Suffa
Culli
W.
6' 10 »
3'8
»
7'6
»
3'9
»
Bus tu
m
M.
6'0 »
2'1 1
»
6'4
»
3'2
»
Omar
M.
6'2 »
3'2
»
7'0
»
5' 6
»
Die Zunahme innerhalb zwei Jahren beträgt somit bei:
an der Schulter. Umfang des Vorderfußes.
Jung Pershäd
PO
»
(VI
Suffa Culli
0'8
»
O'l
Rustum
0'4
»
0'3
Omar
0'10
»
0'4
Bezüglich des Alters der Tiere erfahren wir, daß Suffa Culli
am 23. April 1871 von einer wild eingefangenen Mutter geboren
wurde und daß man Jung Pershäd 1876 auf sechs Jahre schätzte.
Da wir über die beiden anderen Tiere bezüglich des Alters
ohne auch nur annähernde Mitteilungen sind, können dieselben auch
nicht weiter in Betracht kommen. Das Männchen Jung Pershäd
führt in nachfolgendem die Bezeichnung »London Nr. 2« und das
weibliche Tier Suffa Culli »London Nr. 3.«
Seltsam mag die Messung des Umfanges eines Vorderfußes er¬
scheinen, aber wir werden wohl nicht irren, wenn wir anuehmeu,
daß dieselbe zur Berichtigung einer falschen Ansicht vorgenommen
worden ist. Von Händlern und Menageriebesitzern kann man näm¬
lich sehr häufig die Behauptung aussprechen hören, daß der Um¬
fang eines Vorderfußes beim Elefanten doppelt genommen der Höhe
des Tieres entspreche. Daß in einem gewissen Alter dies wohl
richtig ist, ergiebt die Vergleichung vorstehender Maße, aber ebenso
liefert dieselbe den Beweis, daß dieses Verhältnis nicht allgemein
als zutreffend angesehen werden darf, sondern im Laufe des weiteren
Wachstums erhebliche Veränderungen erleidet. Es mag hierbei
Erwähnung finden, daß der Umfang eines Vorderfußes bei dem
Elefanten unseres Gartens 1,17 Meter beträgt, was also einer Schul-
10
terhöhe von 2,34 Meter entsprechen würde, während diese sich in
Wirklichkeit auf 2,60 Meter beziffert.
Es dürfte hier der Ort seiu, uni die Frage, an welcher Stelle
überhaupt am geeignetsten die Höhe eines Elefanten gemessen werde,
etwas näher zu berühren, da mitunter Zweifel darüber obwalteu,
ob der höchste Punkt des Rückens oder der Widerrist den Vorzug
verdiene.
Offenbar ist die Schulter der richtige Punkt, um die Höhe eines
Elefauten zu bestimmen, da hier ein fest gefügtes Knochengerüste,
welches keiner erheblichen Schwankung fähig ist, die Grundlage
bildet. Hoher ist der Elefant im Rücken, der mehr oder minder
gewölbt erscheint, dessen Bildung aber immerhin von der ver¬
hältnismäßig sehr beweglichen Wirbelsäule abhängig ist, deren
Biegung aber auch außerdem durch Alter, Stellung und äußere Ein¬
wirkung mannigfachen Veränderungen unterworfen ist. Corse be¬
richtet mit Bezug hierauf, daß die Elefanten, welche für die ostin¬
dische Compagnie als Arbeitstiere gekauft wurden, an der Schulter
gemessen wurden, und wir liabeu daher auch die von ihm ohne
nähere Angabe mitgeteilten Höhenmaße als an dieser Stelle genom¬
men aufzufassen. Er bemerkt ferner, daß bei dem ausgewachsenen
Elefanten die Aufwärtskrümmung des Rückens allmählich abnehme.
Eine teilweise Einsenkung der Rückeulinie kommt nach seiner Be-
obachtuug auch bei jüngeren Elefanten vor und zwar, wie er glaubt
aunehmen zu dürfen, infolge von äußeren Einwirkungen. Er hat
gesehen, daß bei frisch eingefangenen Elefautenherden die älteren
Tiere, sowohl Männchen als Weibchen, mit der Basis der Stoßzähne
den jüngeren Exemplaren heftig auf den Rücken drückten, so daß
diese sich stark einbogen und vor Schmerz brüllten.
Ich lasse nun eine übersichtliche Zusammenstellung der in vor¬
stehendem mitgeteilten Höhenmaße von Elefanten nach dem Lebens¬
alter der Tiere geordnet hier folgen. Aus den durch Messung fest-
gestellten Höhenangaben habe ich die Wachstumsquote der einzelnen
Jahre ermittelt und diese durch Berechnung gefundenen Größen zur
Unterscheidung von den mit dem Maßstabe nachgewiesenen durch *
ausgezeichnet.
11
Alte r.
B e z e i c h 11 u n g d e s
E x e in p 1 a r e s.
geboren. Nach Arstingstall, 2. Februar 1882 in
Neuge¬
llöhe
an der
Schulter
rn. cm.
Wachstum
in
Prozente u.
»
Amerika geboren .
nach Corse, Männchen, geh. in Indien
0
76
16. März 1795 .
0
90
»
nach Corse (Mr. Harris’ s Elefant), geh.
in Indien 16. Oktober 1789, (Nr. 1.)
0
89
1
Jahr.
, Corse Nr. 1 .
1
17
31,16
20 Mon.
Ein am 16. März 1795 gebornes Manu-
eben, gemessen .
1
36
9
imJ '
Jahre. Corse Nr. 1. November 1790
1
37
17,09
o
o
»
Corse, Nr. 1 .
Houel, von einem Gaukler in Paris
1
52
10,95
gezeigt . .
1
53
4
»
Corse, Nr. 1. . .
1
64 ha
8,22
K
O
))
Dasselbe. .
1
77
7,60
6
»
Dasselbe. .
1
86
5,08
7
»
Dasselbe. .
1
91
2,69
8
»
Zoologischer Garten London, Weibchen
Sulla Culli (Nr. 2.) .
2
9
9
»
Zoologischer Garten London, Männchen
Jung Pershäd Nr. 3 .
9
LJ
14
Zoologischer Garten London, Nr. 2. .
*9
LJ
19
4,78
10
»
» .v » Dass.
o
LJ
29
4,57
» » » Nr. 3. .
*9
LJ
29
7,01
11
»
. ;> » » Dass.
9
t-i
44
6,55
Corse, wild gefangenes Weibchen (Nr. 4.)
9
6J
6
12
»
Dasselbe.
* 9
Lj
9
1,46
13
»
Dasselbe.
* 2
12
1,44
14
»
Dasselbe.
*2
15
1,42
»
»
Zoologischer Garten in Frankfurt Weib-
ehen, Rücken höhe 2 12
15
»
Zoologischer Garten in Frankfurt Weib-
eben, Rückenhöhe 2 35 ....
2
20
»
»
Houel, Männchen (Nr. 5.) ....
2
37
»
»
» Weibchen (Nr. 6.) ....
2
27
»
»
Corse (Nr. 4.) .
*9
Lj
18
1,40
16
Dasselbe.
2 21
1,38
12
A 1 ter.
Bezeichnung des
E x e in p 1 a r e s.
Höhe Wachstum
an der in
Schulter Prozenten.
rrr. cm.
1 6 Jahre Houel
Nr.
5. . . .
* o
37,6
2,53
»
»
»
Nr.
6. . . .
* 9
29,7
1,19
»
' »
Frankfurt
*9
23,8
1,73
17
»
Houel
Nr.
5. . . .
>K 9
38,2
2,53
»
»
»
Nr.
ü. . . .
*2
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1,18
»
»
Corse
Nr.
4 .
. *2
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2,94
»
»
Frankfurt
* 9
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1,70
18
»
Houel
Nr.
5 .
. *2
38,8
2,52
»
»
»
Nr.
6 .
* 9
35,1
1,16
»
»
Corse
Nr.
4 .
9
34
2,86
»
»
Frankfurt
. 2
31,4
1,67
10
»
Houel
Nr.
* 9
2,51
»
»
Nr.
6 .
* 9
37,8
1,15
»
»
Corse
Nr.
4 .
* 9
35,5
0,64
»
Frankfurt
. . . *2
35,2
1,64
20
»
Houel
Nr.
5 .
. 2
40
2,51
»
»
»
Nr.
6 .
. *2
40,5
1,14
»
»
Frankfurt
• . ♦
*2
39,0
1,61
21
»
Houel Nr.
6 .
. . *2
43,2
1,12
»
»
Frankfurt
. 2
43
1,67
22
»
Houel
Nr.
6 .
. 2
46
Lll
»
»
Frankfurt
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44,3
0,53
23
»
»
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24
»
»
. . *2
46,9
0,53
25
»
»
»
. *2
48,2
0,53
26
»
»
. . *2
49,5
0,52
27
»
*9
50,8
0,52
28
»
»
. *2
52,1
0,52
29
»
»
* 9
53,4 '
0,52
30
»
»
*2
54,7
0,51
31
»
*2
56,0
0,51
32
»
»
* 9
57,3
0,51
33
»
»
* 9
0,51
34
»
»
. • • .
. 2
60
0,54
Vorstehende Liste bietet durch ein glückliches Zusammentreffen
der vorhandenen Angaben, welche einander ergänzen, eine fast un-
unterbrochene Reihe von Zahlen, welche die jährliche Größeuzunahnie
des Elefanten von der Geburt bis zum 34. Lebensjahre erkennen
lassen. Sind auch nicht alle darin aufgenommenen Ziffern durch
Messung am lebenden Tiere gewonnen, so bewegen sie sich doch
innerhalb so fester, auf dem genannten Wege ermittelter Grenzen,
daß sie sicherlich nicht so weit von der Wirklichkeit abweichen
können, um dadurch eine Änderung des Ergebnisses zu bedingen.
Zunächst zeigt uns vorstehende Tabelle, daß das Wachstum im
ersten Lebensjahre des Tieres am bedeutendsten ist (31, 46°/o) und
im weiteren Verlaufe stets abnimmt, so daß es in dem vorliegenden
Fall im siebenten Jahre nur noch 2, 69 °/o beträgt. Die Londoner
Elefanten, welche in unserem Verzeichnis das 8 — 11 Lebensjahr
darstelleu, lassen ein weit rascheres Wachstum erkennen, so daß die
Ziffern sich nicht glatt der bisher gewonnenen Skala einreihen. Es
führt uns dies auf eine Eigentümlichkeit, welcher wir später bei
einem anderen Exemplare nochmals begegnen (0. 4. 17 und 18 Jahr)
und welche darin zu bestehen scheint, daß die Tiere innerhalb eines
gegebenen Zeitraumes plötzlich weit rascher wachsen, als vor- und
nachher. Es dürfte dies zum Teil durch äußere Verhältnisse, wie
besonders reichliche Ernähruug und gute Pflege bedingt sein. Die
Londoner Elefanten, welche vom Prinzen von Wales aus Indien
mitgebracht wurden, sind ohne Zweifel als die schönsten und besten,
welche zu ermitteln waren, ausgewählt worden und mochten sich
wohl schon in ihrer Heimat vorteilhaft vor anderen ausgezeichnet
haben. Eine Vergleichung der Höhe des mit Nr. 2 bezeichneten
achtjährigen Londoner Weibchens mit der des als Nr. 1 angeführten
Exemplares im Alter von sieben Jahren ergiebt eine Differenz von
18 Ceutimeter. Dies würde einem Wachstum von 9, 42 °/o im achten
Lebensjahre entsprechen, was namentlich auch im Verhältnis zu den
später erwähnten Exemplaren viel zu hoch erscheint. Wir sind
daher wohl berechtigt, hier ein außergewöhnlich vorangeschrittenes
Wachstum anzunehmen, und wir haben nun abzuwarten, ob die
Tiere des Londoner Gartens in ähnlicher Progression weiter wachsen
und eine über das Gewöhnliche hinausgehende Größe erreichen, oder
ob die jährliche Höhenzunahme sich später auffallend rasch vermin¬
dern wird, so daß sie die durchschnittliche Elefantengröße nicht
wesentlich überschreiten werden.
Der Corse’sche Elefant (Nr. 4.) bietet ein sehr frappantes Bei¬
spiel eines periodisch vermehrten Wachstumes. Er hatte von seinem
]] — iß Jahre nur 5 Ceutimeter an Höhe gewonnen und nahm nun
14
plötzlich im Laufe der nächsten 22 Monate um 13 Centimeter zu,
in den darauffolgenden 17 Monaten dagegen nur um 1,5 Centimeter.
Das rasche Wachstum fiel in die Trächtigkeitsperiode, und mau
sollte erwarten, daß dieser Umstand das Wachstum weit eher beein¬
trächtigen als vermehren würde, wie man dies ja auch bei anderen
Tierarten häufig genug beobachtet hat. Da aber, wie uns Corse
ausdrücklich mitteilt, das trächtige Tier mit ganz besonderer Sorg¬
falt gepflegt und sehr reichlich genährt wurde, so haben wir wohl
hierin den Anlaß zu dem auffallend raschen Wachstum zu suchen.
In der Zeit vom 7 — 11 Jahre hat das in Rede stehende Exemplar
offenbar in sehr normaler Weise au Größe zugenommen. Wenn
wir anuehmen, daß es mit sieben Jahren 1,91 Meter hoch gewesen
sei, wie Nr. 1., so ergiebt sich ein jährliches Wachsen um ca. 3,7
Centimeter, welches eiuem Prozentsätze von 2,04 bis 1,83 entspricht.
Diese Zahlen schließen sich ziemlich genau an die für frühere und
spätere Altersstufen gewonnenen an.
Für das 16 — 22 Lebensjahr enthält unsere Aufstellung ein ver¬
hältnismäßig reichhaltiges Material, bei welchem namentlich das
gleichmäßige Wachstum des Pariser Weibchens (Houel 6) und des
hiesigen Exemplares auffällt. Die durchschnittliche jährliche Zu¬
nahme dieser beiden Tiere vom 16 — 21 Jahre beträgt 3,2 Centimeter,
was eiuem Prozentsätze von 1,45 — 1,39 per Jahr gleichkommt, und
für das 22 Lebensjahr finden wir 2 Centimeter — 0,82% jährliche
Zunahme. Für die Zeit vom 22 — 34 Jahre beziffert sich die jähr¬
liche Wachstumsquote bei dem hiesigen Elefanten, welcher hier nur
allein in Betracht kommt, auf ca. 1,3 Centimeter, welches etwa ein
halbes Prozent darstellt. Während die iu unserer Tabelle mitge¬
teilten Zahlen eine ununterbrochene Skala des Wachstums der weib¬
lichen Elefanten geben , welche, wie wir anzunehmen allen Grund
haben, die wirklichen Verhältnisse sehr richtig wiedergiebt, geben die
lückenhaften Mitteilungen über das Wachstum männlicher Exem¬
plare noch kein klares Bild. Soviel dürfte indes schon als fest¬
stehend angenommen werden können, daß die jährliche Wachstums¬
quote beim Männchen eine weit beträchtlichere ist als beim Weibchen.
Dieselbe betrug bei den Londoner Elefanten im 9 und 10 Jahr
4,78, resp. 4,57 °/o beim Weibchen, beim Männchen dagegen im 10
Jahre 7,01 und im 11 Jahre 6,55 °/o . Ein ähnliches Verhältnis er¬
gebt sich bei den Pariser Elefanten, von denen das männliche
Exemplar (Houel 5) im 16 — 20 Jahre um je 2,53 — 2,51 °/o wuchs,
während dasWeibchen (Houel 6) im gleichen Alternurum 1,19 — 1,14 °/o
au Höhe zu nahm.
Ein männlicher Elefant des zoologischen Gartens in Amsterdam,
von dem noch später die Rede sein wird, hatte mit 23 Jahren eine
Höhe von 2,77 Meter, während der hiesige weibliche Elefant im
gleichen Alter nur 2,45,6 Meter hoch war und das Pariser Weibchen
(Houel 6) mit 22 Jahren 2,46 Meter.
Es kann uns das ausgiebigere Wachstum beim männlichen Tiere
nicht befremden, da, wie wir noch sehen werden, wie bei anderen
Tierarten auch beim Elefanten die Männchen durclmehends größer
werden als die Weibchen.
Wir gelangen nun zu der Frage, bis zu welchem Alter das
Wachstum beim Elefanten überhaupt fortdauert. Nach der allge¬
meinen Annahme gilt ein solches Tier mit etwa zwanzig Jahren
o Ö
als ausgewachsen. Corse schließt sich auf Grund seiner Beobach¬
tungen im allgemeinen dieser Anschauung an, erwähnt aber gleich¬
wohl ein Exemplar, welches im Alter von zweiundzwanzig Jahreu
noch immer gewachsen sein soll.
Das Skelett eines männlichen Elefanten, welcher dem zoologi¬
schen Garten in Amsterdam angehörte und am 7 August 1849 im
Alter von etwa 23 Jahren dortselbst getötet wurde, zeigt — soweit
mir erinnerlich — noch keine Verwachsung der Epiphysen der
Röhrenknochen, woraus wir zu schließen berechtigt sind, daß das
Tier zur Zeit seines Todes noch keineswegs ausgewachsen war.
Schließlich haben wir allen Grund zu der Annahme, daß das
Exemplar unseres zoologischen Gartens mit 34 Jahren entweder
noch nicht oder doch erst seit ganz kurzem ausgewachsen ist. In
den sechs Jahreu von 1864 — 1870, welche etwa das 15 — 20 Lebens¬
jahr des Tieres umfassen, ist dieses au der Schulter um 23 Centi-
meter höher geworden und in den 13 darauffolgenden Jahren
1871 — 1883 vpm 21 — 34 Lebensjahre um 17 Centimeter. Die auf
die einzelnen Jahre dieses Zeitraumes entfallende Wachstumsquote
von 1,3 Centimeter scheint mir immer noch zu hoch, als daß das
Wachstum schon beendet sein sollte, aber wir werden uns wohl bis
zu dem 25jährigen Jubiläum des Tieres in unserem Garten gedulden
müssen, ehe wir ein endgültige Entscheidung in dieser Angelegenheit
erzielen können.
Einstweilen haben wir allen Grund anzunehmen, daß der Ele¬
fant mit zwanzig Jahren noch keineswegs ausgewachsen ist, soudern
vielleicht erst gegen das dreißigste oder gar noch später. Es mag
hier noch besonders betout werden, daß unser Tier noch immer den
gewölbten Rücken hat, den man als Jugendform zu betrachten ge-
16
wohnt ist, während andere gleichalterige Elefanten in der Regel an
der Schulter am höchsten sind, während ihr Rücken eine mehr ge¬
rade Linie bildet und gegen hinten etwas abfällt. Sollte diese Ge¬
staltung vielleicht noch auf Fortdauer des Wachstums hindeuten?
Daß die Elefanten fortpflanzungsfähig sind, bevor sie vollkom¬
men ausgewachsen sind, ist außer allem Zweifel. Es wird dies be¬
wiesen durch den mehrerwähnten weiblichen Elefant (Corse Nr. 4)
und außerdem durch die verschiedenen männlichen Exemplare, welche
längst vor gänzlich vollendetem Wachstum wegen Brunftwut getötet
werden mußten.
Wie hoch überhaupt ein Elefant werden kann, ist eine Frage,
deren Beantwortung bei Besprechung der Wachstumsverhältnisse
dieser Tiergattung in Betracht gezogen werden müßte. Leider scheint
diese indeß noch nicht weiter gekommen zu sein, als sie zu Ende
des vorigen Jahrhunderts stand, wenigstens sind mir neuere Nach¬
weise nicht bekannt geworden. Corse teilt uns bezüglich dieses
Gegenstandes etwa folgendes mit.
Die Größe der Elefanten wird vielfach überschätzt und beträgt
in Indien im allgemeinen nicht über 7 — 8 Fuß englisch (2,23 — 2,44
Meter) beim Weibchen, und nicht über 8 — 10' (2,44 — 3,05 Meter)
beim Männchen, au der Schulter gemessen. Unser Gewährsmann
fand nur einen Elefanten, welcher dieses letztere Maß überschritt.
Es war dieses ein Männchen, welches am 18. Juni 1796 gemessen
wurde, wobei sich folgende Dimensionen ergaben :
Von einem Vorderfuß zum anderen über
die Schulter gemessen . ' .
22'10 V
= 6,98
Meter.
Schulterhöhe .
16' 6"
= 3,20
»
Vom Boden bis zum höchsten Punkte des
Kopfes bei gewöhnlicher Haltung .
12' 2"
= 3,69
»
Ganze Länge von der Stirn bis zur Schwanz¬
wurzel .
1 5 ' 1 1 "
= 4,38
»
In einem anderen Fall handelte es sich um einen Elefanten,
der 14' hoch sein sollte und den Corse selbst, als er ihn sah, auf
12' schätzte, dessen Messung aber nur eine Höhe von 10' — 3,05 Meter
ergab. Von 150 in Bengalen benützten Elefanten war nicht einer
10' hoch, und nur gauz wenige Männchen hatten eine Höhe von
9 '/2 ' = 2,88 Meter.
Die Norm für die Gebrauchselefanten der ostiudischen Compagnie
war auf 7' = 2,14 Meter, an der Schulter gemessen, festgesetzt.
17 ' -
Daß auch bei den Varietäten des indischen Elefanten eine die
angedeuteten Grenzen überschreitende Körpergröße nicht beobachtet
wird, teilt Corse auf Grund einer Vergleichung von indischen Eie-
fanten mit solchen aus Ceylon mit. Hierbei ergab sich, daß die
letzteren, einer allgemein verbreiteten Ansicht entgegen, weder größer
noch gebrauchstüchtiger waren als die ersteren.
Haben wir in vorstehendem den Gang des Wachstums beim
indischen Elefanten im allgemeinen einer eingehenderen Betrachtung
unterzogen, so sei uns noch gestattet, auf die Wachstumsverhältnisse
einzelner Partieen des Körpers unter einander aufmerksam zu machen.
Wenn wir bei dem hiesigen Exemplar die Höhenznnahme an der
Schulter mit der am höchsten Punkt des Rückens sowie mit der am
Kreuze vergleichen, so bemerken wir, daß das Wachstum an den
beiden zuerst erwähnten Punkten ein weit lebhafteres gewesen ist
als am letztgenannten. Im Laufe
von 19 Jahren
(1863 ist die Höhe
an der Schulter und dem Kreuze
nicht gemessen
worden) stellte sich
das Wachstum wie folgt:
Die Höhe des Tieres betrug:
an der Schulter
am Rücken
am Kreuz
1864 2,20 Meter
2,35 Meter
2,12 Meter
1870 2,43 »
2,63 »
2,35
1883 2,60 »
2,82 »
2,40 »
Es ergiebt dies eine Zunahme für die Jahre
an der Schulter
am Rücken
am Kreuz
1864 — 1870 von 23 Centim.
28 Centim.
23 Centim.
1871 — 1883 » 17
19 »
5 »
40 »
47 »
28 »
Das durchschnittliche Wachstum per Jahr
belief sich sonach
für den Zeitraum
an der Schulter
am Rücken
am Kreuz
1864 — 1870 auf ca. 3,8 Centim.
4,6 Centim. 3,8 Centim.
1871—1883 » » 1,3
1,6
0,38 *»
Wir sehen hieraus, daß die Höhenzunahme in den Jahren
1864 — 1870 an Schulter, Rücken und Kreuz fast gleichen Schritt
hielt, während dieselbe in der Zeit von 1871 — 1883 nur noch an
Schulter und Rücken ein annähernd gleichmäßiges Fortschreiten zeigt,
wogegen die Kreuzgegeud nur noch ein verschwindend geringes
Wachstum erkennen läßt.
Zoolog-. Gart. Jahrg-. XXV. 1884. 2
18
Welchen Anteil beim Wachstum des Tieres, soweit es sich um
die Höhe handelt, die Gliedmassen nehmen, ergiebt sich aus der Höhe
des Ellenbogenhöckers resp. der Kniescheibe über dem Boden.
Diese betrug :
am Ellenbogen am Knie
1864
0,94 Meter.
0,80
Meter.
1870
1— »
1—
»
1883
1,14 »
1, 2
»
Dies ergiebt ein Wachstum fffr die Zeit von
am Ellenbogen
am Knie
1864—1870
6 Centim.
20
Centim.
1871—1883
14 »
2
»
Die Höhenzunahme
setzt sich somit
nach
ihren
je auf den
Rumpf und die Gliedmaßen entfallenden
Anteilen wie folgt zu-
sammen :
Schulterhöhe )
17 Centim.
Rumpf.
1864- — 70 Wachstum
23 Centim. )
6
»
Gliedmaßen.
1871—83 »
. 17 » !
3
»
Rumpf.
)
1
»
Gliedmaßen.
Kreuzhöhe
\
3
»
Rumpf.
1864 — 70 Wachstum .
. 23 » j
20
»
Gliedmaßen.
1871—83
. 5 » \
3
»
Rumpf.
2
»
Gliedmaßen.
Aus den hier zusammengestellten Ziffern läht sich ersehen, daß
das Wachstum des Hinterteils weit eher sein Ende erreicht hat als
das der Vorhand. Letztere ist innerhalb 19 Jahren um 40 Centi-
meter höher geworden, während in derselben Zeit das Hinterteil nur
ein Wachstum von 28 Centimeter aufzuweisen hat. Innerhalb des
Zeitraumes von 1864 — 1870, welcher dem 15 — 21 Lebensjahre des
Tieres entspricht, ist der Rumpf in bedeutendem Maße gewachsen,
denn auf ihn entfällt eine Höhenzunahme von 17 Centimeter, während
die Beine in der gleichen Zeit uur um 6 Centimeter höher geworden
sind.- Der Körper selbst hat damit offenbar im wesentlichen seine
vollständige Entwickelung erreicht, denn im Laufe der 13 folgenden
Jahre, von 1871 — 1883 (22 — 34 Lebensjahr des Tieres) zeigt derselbe
nur eine Zunahme von 3 Centimeter in der Höhe, während die Beine
bis zum Ellenbogen um 14 Centimeter gewachsen sind.
Das Hinterteil hatte mit 15 Jahren dagegen bereits sein volles
Wachstum erreicht, soweit es sich um die Beckenpartie handelte,
19
denn von da bis zum 21 Jahre ist der Rumpf nur um 3 Centimeter
höher geworden, indeß die Beine um 20 Centimeter gewachsen sind.
Wir haben also hier gerade das umgekehrte Verhältnis wie beim
Vorderteil während derselben Zeit. Damit kann auch das Wachstum
der Nachhand im weseutlichen als beendet angesehen werden, denn
die Zunahme um 5 Centimeter, welche während der folgenden 13
Jahre nachgewiesen worden ist und welche sich auf den Rumpf und
die Extremitäten ziemlich gleichmäßig verteilt, kann ihrer Gering¬
fügigkeit wegen wohl kaum in Betracht kommen. Das Alter, in
welchem nach vorliegender Wahrnehmung das Becken und offenbar
kuch die in demselben gelagerten Eingeweide als vollständig ent¬
wickelt zu betrachten sind, fällt also ziemlich genau mit demjenigen
zusammen, in welchem erfahrungsgemäß die Fortpflanzungsfähigkeit
einzutreteu pflegt.
Dieser Hinweis mag genügen, um anzudeuten, welche Anhalts¬
punkte über das Wachstum der Elefanten aus den Ergebnissen von
Messungen zu erhalten sind. Bei der Geringfügigkeit des bis jetzt
vorliegenden Materials wäre es übereilt, daraus jetzt schon Schlüsse
auf allgemeine Verhältnisse ziehen zu wolleu. Der Zweck vorliegen-
o o
der Darlegung ist in dieser Hinsicht erreicht, wenn dieselbe zur
Ausnützung des Materials, welches sich in anderen zoologischen
Gärten findet, Anlaß giebt.
Ein neuer Strauss.
Von Dr. A. Eeichenow.
Die vielen Expeditionen, welche während des letzten Jahrzehntes
von allen Seiten die Erforschung Afrikas in Angriff genommen, haben
vorzugsweise in ornithologischer Beziehung reiche Ergebnisse geliefert.
Durch die Entdeckung zahlreicher bisher unbekannter, zum Teil höchst
auffallender Vogelformen ist unsere Kenntnis der äthiopischen Fauna
bereichert worden und jede neue Reise überrascht uns mit ungeahnten
Neuheiten.
Daß aber auch noch ein neuer Riesenvogel in Afrika gefunden
werden sollte, übertrifft die kühnsten Erwartungen. Bis jetzt galt
der afrikanische Strauß oder Kamelvogel (Struthio camelus L.) als
der einzige Vertreter seiner Gattung. Man hat wohl versucht, auf
Grund geringer Größen Verschiedenheiten zwei Abarten oder Rassen',
20
eine nördliche und eine südliche zu unterscheiden, welche letztere
von Guruey mit dem Namen Struthio australis belegt wurde,
indessen erwiesen sich die scheinbaren Unterschiede als so wenig
stichhaltig, daß diese Trennung der Art wieder aufgegeben werdeu
mußte.
Nun ist aber doch eine zweite Art des Geschlechtes und zwar
eine höclist ausgezeichnete Form entdeckt worden. Ein kürzlich,
angeblich aus dem Somaliland, durch Vermittluug des Tierhändlers
Hagenbeck nach Europa gelangter Tiertransport hat diesen neuen
Strauß uns zugeführt. Ein Exemplar gelangte in den zoologischen
Garten in Berlin, andere sollen nach Köln, Hannover und Paris
gekommen sein.
Der im Berliner Garten befindliche Vogel, ein altes männliches
Individuum, hat schwarzes Gefieder und weiße Flügel- und Schwanz¬
federn wie sein altbekannter Vetter, unterscheidet sich von diesem
aber sehr auffallend dadurch, daß alle nackten, unbefiederten Körper¬
teile, wie Kopf, Hals und Beine, nicht hellrot wie bei Struthio
camelus, sondern graublau gefärbt sind, während der Schnabel sowie
die Horntafeln an der Vorderseite des Bauches durch blaß mennig¬
rote Farbe grell sich abheben. Auch scheinen dem Vogel geringere
Körpermaße eigen zu sein. Mit Bezog auf die blaugraue Hautfarbe
hat der Verfasser Dieses dieser neuen Art den Namen Struthio
molybdophanes gegeben (Sonntagsblatt der Norddeutschen Allgem.
Zeitung Nr. 37, IG. September 1883). Die Verbreitung des Somali¬
straußes dürfte sich über die Ebenen des Somali- und westlichen
Gallalandes an der Ostküste Afrikas vom 10 Grad nördl. Breite bis
zum Äquator erstrecken.
Der Scliwarz- und Laugscliwanzhirscli.
Von Damian Gronen.
Nordamerika kennt sechs wohl unterschiedene Arten von Hirschen, von
denen selten mehr als zwei als Bewohner desselben Bezirkes gefunden werden
obgleich die einzelnen Bezirke immer in einander greifen. Das Renntier, das
Moosetier, der Elchhirsch und der gewöhnliche Edelhirsch (Rotwild) sind schon
hinreichend hekannt, weniger die Schwarz- und Langschwänze, weil diese
beiden Arten nur in Gegenden des tiefsten Binnenlandes Vorkommen, welche
bisher noch wenig von Männern der Wissenschaft erforscht worden sind. Beide
sind nämlich nur in der westlichen Hälfte des nordamerikanischen Festlandes
21
heimisch, nämlich in den wilden Regionen, die zwischen dem Mississippi und
dem stillen Ocean liegen. Der Schwarzschwanzhirsch ( Cervus macrotis, Langohr
der Jäger) kommt mehr nach Süden hin vor, in Kalifornien, in den Thälern
der Felsengebirge bis nach Texas hinunter; nordwärts findet man ihn im
Oregongebiet und auf dem östlichen Abhang der Felsengebirge bis zum 54. Grad
n. Br. Der Langschwanz ( Cervus leucurus) ist der gewöhnlichste Hirsch im
Oregongebiet und am Columbiafluße und sein Verbreituugsbezirk erstreckt
sich ebenfalls ostwärts von den Felsengebirgen, jedoch nicht ganz in das
Stromgebiet des Mississippi herunter. Diese beiden Hirscharten werden häufig
mit einander verwechselt, obschon sie wirklich in mancher Beziehung einander
total unähnlich sind. Vom Schwarzschwanzhirsche giebt es zwei Spielarten,
beide mit den langen Ohren heißen sie bei den Jägern manchmal auch Maul¬
tierhirsche; allein Schwarzschwänze ist die gewöhnlichste und beste Bezeich¬
nung für sie, weil das Haar an ihren Schwanzspitzen glänzend tiefschwarz und
sehr deutlich sichtbar ist. Die Schwarzschwänze sind größer als die Lang¬
schwänze, ihre Läufe sind kürzer und der Körper stämmiger und gedrungener
gebaut. Beim Rennen springen sie mit allen Vieren zumal, während der
Gang der Langschwänze eher dem des gewöhnlichen Damhirsches gleicht, in¬
dem diese erst einige Schritte weit traben, dann einen Sprung thun und
wieder traben wie zuvor.
Der Langschwanz ist einer der kleinsten Hirsche und wiegt selten mehr
als 100 Pfund. An Gestalt und Lebensweise gleicht er dem gewöhnlichen
Damhirsche und das einzige Unterscheidungszeichen ist der Schwanz, der bei
diesem Hirsche oft gegen 45 cm. lang wird, beim Damwild aber bekanntlich
sehr kurz ist. Ist der Langschwanzhirsch flüchtig, d. h. läuft er rasch, so
trägt er den Wedel aufrecht und schlingert ihn immer von einer Seite zur
andern, was einen eigentümlichen und etwas komischen Eindruck auf den
Beschauer ausübt. Auch sein Gang ist eigentümlich; erst macht er zwei
tänzelnde Schritte, wie ein Pferd im Paßgang, dann einen weiten Sprung,
welcher eine zweimal so große Entfernung zurücklegt, als jene Schritte, und
• dann verfällt er wieder in den Trott. Wird er auch noch so hartnäckig ver¬
folgt, so ändert er doch diesen Gang nicht.
Die Hinde des Langschwanzes setzt im Frühjahr gefleckte Junge wie das
Damwild, aber die Farbe derselben spielt schon nach Vollendung des ersten
Jahres in die des erwachsenen Wildes hinüber. Im November thut sich das
Langschwanzwild in Rudel zusammen und bleibt so bis zum April, wo sie
wieder auseinander laufen und die Hinden sich absondern, um zu setzen.
Das Langschwanzwild wählt vorzugsweise waldreiche Gegenden zum
Aufenthalt; sein Lieblingsstandort dagegen ist nicht der Hochwald der gewal¬
tigen Forste, sondern vielmehr die parkartigen Lichtungen (Openings) mit
einzelnen Baumgruppen, welche mannigfach in den Thälern der Felsengebirge
Vorkommen. Bisweilen trifft man in diesen Regionen ganze Landstriche,
deren Oberfläche eine anmutige Abwechslung von Wald und Prairie zeigt-
abschüssige Hügel erscheinen mit Gebüschen auf ihren Kronen und am Ge¬
hänge ihrer Seiten. In diesen natürlichen Hainen kommt der Langschwanz-
hirsch rudelweise vor, weidet längs der Hügelabhänge und belebt durch seine
zierlichen Bewegungen und seine anmutige Haltung die Landschaft nicht
wenig als eine höchst malerische Staffage.
22
Rechnungs- Abschluss des westfälischen zoologischen Gartens
zu Münster für das Jahr 1882.
Es betragen :
I. Die einmaligen außerordentlichen Einnahmen : Mark Mark
a. Kassenbestand aus dem Vorjahr . 261.80
b. Nachträglich Reingewinn der Lotterie . 395.54
c. Geschenke . 329.00
d. Teilzahlungen auf Aktien . 55.50
Zusammen . . . 1041.84
II. Die laufenden Einnahmen:
a. Pacht der Restauration . 3000.00
b. Beiträge der Mitglieder . 5107.00
c. Eintrittsgeld an den gewöhnlichen Besuchstagen . 4428.90
d. Anteil an den Eintrittsgeldern der Theaterbesucher 26.30
e. Eintrittsgeld während der Konzerte . 925.60
f. Aus der Ausstellung . 122.62
g. Für verkaufte Tiere etc. . . 205.65
Zusammen . . . 13,816.07
Im ganzen betragen die Einnahmen . 14,857.91
III. Die einmaligen außerordentlichen Ausgaben und zwar:
Zu Neubauten \md dauernden Einrichtungen . . . 1154.88
Zusammen . . . 1154.88
IV. Die laufenden Ausgaben:
a. Verwaltungskosten . 1637.80
b. Zinsen von angeliehenen Kapitalien . 3451.57
c. Für angekaufte Tiere . 507.64
d. Unterhaltung der Gebäude, Utensilien etc., Steuern
und Feuerversicheruugs- Beiträge . 3400.39
e. Fütterungskosten . 4686.27
Zusammen . . . 13,683.67
Im Ganzen betragen die Ausgaben . 14,838.55
Die Einnahmen betragen . . . 14,857.91
V. Danach ergiebt sich ein Bestand von . 19.36
VI. Die Gegenüberstellung der laufenden Einnahmen . 13,816.07
mit den laufenden Ausgaben . 13,683.67
ergiebt eine Mehreinnahme von . 132.40
VII. Das Vereinsvermögen wird dargestellt:
A. Aktiva.
Mark Mark
1) Der Wert der Grundstücke und Gebäude einschlie߬
lich der im Jahre 1882 neu errichteten beträgt . . . 190,900
2) Wert der Tierbehälter, Volieren etc . 3600
3) Wert des Wirtschaftsmobiliars etc . 6300
4) Wert der lebenden Tiere . 3900 ,
5) Wert der naturwissenschaftlichen Sammlungen .... 750
Zusammen . . . 205,450
23
ß. Passiva.
6) Hypothekarisch eingetragene Schulden .... 70,700
7) Darlehu auf Handscheine . 3400
8) Sonstige Rückstände . 100
Zusammen . . . 74,200
Hiernach ergiebt sich ein reines Vermögen von . 131,250
gegen 1592 bisher verausgabten Aktien ä 30 Mk. . 47,760
sodaß . 83,490
als Erwerb des Vereins sich darstellen.
Zusammen . . . 131,250
balanciert.
Prof. Dr. H. Laudois.
Kor respon denze n.
Zofingen, den 22. Oktober 1883.
Eine Ehrenrettung des G r a s f rösches, llcina temporaria. Wenn man
über einen Freund, oder auch nur über eine näher stehende Person eine Ver¬
leumdung hört, so berührt es schmerzlich im Innern, und man nimmt den
Angegriffenen in Schutz. So ergeht es dem Schreiber dieser Zeilen, wenn
er, noch dazu von sachkundiger Seite, dem Grasfrosch Fischräuberei vorwerfen
hört, und er fühlt sich verpflichtet, ein früher gegebenes Wort zu halten und
als Verteidiger des Braunrockes aufzutreten.
Man wird zuerst fragen, wie kann ein Dilettant gegen Männer der
Wissenschaft auftreten ? Die Kompetenz dazu läßt sich bestreiten; wenn aber
ein solcher Dilettant aus Liebhaberei sich jahrelang mit diesen Tieren näher
abgegeben und sie beobachtet hat, wenn er dadurch gelernt hat, sie von eiuer
andern Seite zu beurteilen, als dies gewohnheitsgemäß geschieht, wenn er
endlich jahrelang eine ganze Kolonie derselben zu seinen Mitbewohnern im
gleichen Hause gemacht hat, indem er ihnen der Freiheit angepaßte Aufent¬
haltsorte unter seinem Dache anwies, in denen sie leben und sich sogar fort-
pflanzen wie im Freien, so darf gewiß angenommen werden, er stehe mit ihnen
in so intimem Verkehr, daß er sich über ihre Gewohnheiten auch ein Urteil er¬
lauben darf gegenüber solchen, die sonst naturgemäß in wissenschaftlicher
Beziehung hoch über ihm stehen, die aber wohl schwerlich die Frösche in
ihrem Leben und Treiben so lange, täglich, und so genau zu beobachten die
Gelegenheit hatten.
Ein solcher Liebhaber, der bisher glaubte, den Grasfrosch nur gegen
Laien verteidigen zu müssen, und die Gelehrten und Naturbeobachter seien
gleicher Meinung mit ihm, ist der festen Überzeugung und glaubt nach-
weisen zu können: der Grasfrosch ist kein Fischräuber, er ist nicht schädlich
durch Fischvertilgung. Die gegenteilige Behauptung ist eine Verleumdung,
welche auf einer falsch verstandenen Beobachtung beruht, nämlich auf der,
daß er kleine Fische wirklich frißt, wenn er ihrer mit Leichtigkeit hab¬
haft werden kann.
24
Die Möglichkeit, daß er sich kleiner Fische bemächtigen kann, kommt
aber sehr selten vor und beschränkt sich auf Gelegenheiten, bei denen die
Fische so wie so zu Grunde gehen müßten.
Es muß hier in erster Linie beachtet werden, daß der Grasfrosch unter
den Lurchen der Proletarier ist, dazu ein arger Fresser und Schlemmer, der
alles frißt, was sich vor ihm bewegt, dessen er sich bemächtigen kann ; aber
eine Hauptbedingung ist die, daß sich die Beute bewegt. Vor ihm liegender
Fischlaich oder ein vor ihm liegender toter Regenwurm oder toter Fisch
bleibt unberührt, nicht, weil er tot ist, sondern einzig, weil er sich
nicht bewegt; denn wenn man den toten Regenwurm oder Fisch, ja sogar
ein Stück Kalbfleisch, vor ihm vom Verborgenen aus bewegt, so greift er
zu und verschlingt den Bissen, auch wenn er schon in Fäulnis übergegangen
ist. Ebensp wird ein lebender, kleiner Fisch, der vor ihm auf dem Boden
zappelt, ergriffen und verschlungen. Hierauf beruht die Verdächtigung und
Anklage.
Es ist aber zweitens zu beachten, daß der Grasfrosch niemals eine Beute
unter Wasser ergreift. Ein Insekt, das auf dem Wasser zappelnd schwimmt,
wird erfaßt, aber seine Art und Weise des Fressens befähigt ihn nicht dazu,
eine Beute unter Wasser zu erfassen, auch wenn er wollte; denn die klebrige
Zunge, welche er nach der Beute auswirft, um sie an sich zu ziehen und ins
Maul zu bringen, würde wohl unterWasser an der Beute nicht haften bleiben;
und nur sehr selten benützt er die Kinnladen, um ein größeres Tier, z. B.
einen größeren Regenwurm , der direkt vor seinem Maule sich bewegt,
zu packen; aber dies geschieht daun auf so ungeschickte und plumpe Art, daß
unter Wasser die Möglichkeit auf Erfolg ebenfalls höchst zweifelhaft wäre;
die Möglichkeit selbst zugegeben, so macht er doch niemals auch nur den
Versuch. 1
Es wird also nur in sehr seltenen Fällen Vorkommen, daß ein Grasfrosch
sich eines kleinen, lebenden Fisches bemächtigen kann, nämlich dann, wenn
ein solcher durch Zufall außerhalb des Wassers geraten ist und sich vor ihm
bewegt. Und wirklich kam es auch jedesmal auf diese Thatsaehe heraus,
wenn jemand behauptete, er habe selbst gesehen, wie ein Frosch einen Fisch
verschlungen habe, und wenn dann näher nachgeforscht wurde. Viele Male
wollte Schreiber dieser Zeilen sich über eine solche Behauptung Gewißheit
verschaffen, und jedesmal zeigte sich die gleiche Thatsaehe, nämlich, daß
irgendwo ein Weiher oder ein Teich ausgelassen worden war, und daß dann
einige kleine Fische, welche nach Ablauf des Wassers im Schlamm oder auf
dem Boden zappelten, von Grasfröschen erbeutet worden waren. Natürlich
wurde dann au Ort und Stelle, oft im Beisein von »Sachverständigen«, die sich
die Sache nicht genau überlegten und klar machten, das Verdammungsurteil
über ihn gesprochen: »Seht den Beweis, er ist ein Fischräuber«.
Die hier angeführten Beweise dürften den Grasfrosch wohl wieder in seinen
früheren guten Ruf bringen ; denn gewiß ist er von eminenter Nützlichkeit
durch Vertilgung von Nacktschnecken und Gewürm, auf das er an Orten Jagd
macht, wo Vögel oder andere Tiere nicht leicht hin gelangen; und wenn er
zur Seltenheit ein Mal einen kleinen Fisch unter den angegebenen Umständen,
wo er doch dem Verderben geweiht ist, verschlingt, so ist ihm das nicht ins
Sündenregister einzutragen.
Daß sich auch hie und da eiuraal ein Grasfrosch in Verirrung des Ge¬
schlechtstriebes an einen großem Fisch anklammert, und als »Karpfenreiter«
verschrieen wird, wird ihm wohl niemand hoch anrechnen, sondern das wird
in Anbetracht, daß es so selten vorkommt, mehr als Kuriosum betrachtet
werden müssen. Als arger Fresser und Schlemmer ist er eben in diesem
Punkte auch nicht sauber, und es könnte ihm da noch manches ausgebracht
werden, da aber der Geschlechtstrieb sich jährlich nur einmal und nur kurze
Zeit geltend macht, und da ferner solche Verirrungen nicht die Regel sondern
seltene Ausnahmen bilden, so wird es besser sein, sie nicht an die Öffentlich¬
keit zu bringen.
Er ist also kein Fischräuber, sondern als den Fischen ungefährlich anzu¬
sehen, wenigstens so lange, bis bewiesen ist, was bis jetzt schwerlich jemand
gesehen haben wird, daß er Beute auch unter dem Wasser ergreift.
H. Fischer-Sigwart.
Miscellen.
Überwinternde Schwalben. Die Nächte vom 21. zum 22. und vom
22. zum 23. Oktober 1880 waren Frostnächte, trotzdem zeigte sich am 25.
beim Kriegerdenkmal vor dem Gymnasium in Rostock eine Schwalbe. In der
Nacht vom 29. zum 30. fror es, und vom 2. zum 3. November hatten wir
— 3 0 R . Trotzdem war am 3. in der warmen Sonne vor dem Schulhause wie¬
der eine Schar von circa 100 Schwalben, anscheinend ein verspätet abziehen¬
der, vielleicht vom Norden gekommener Schwarm. Am 17. November waren
wieder Schwalben vor der Schule; es stellte sich nun heraus, daß eine Anzahl
sich in einem Pferdestalle an der Georgsstraße einquartiert hatte. Sie ist dort
den ganzen Winter hindurch geblieben, es wurden davon an sonnigen
Tagen wiederholt einzelne auch vor der Schule gesehen, doch nicht mehr
notiert. Bei schlechtem Wetter und scharfer Kälte kamen sie nicht hervor.
Die von mir gesehenen waren Hirundo urhica.
Gymnasialdirektor Dr. K r a u s e.
Archiv d. Ver. für Freunde d. Naturgeschichte in Mecklenburg 1883.
Vom F 1 u ß - A a 1. Die Meinung, daß der Aal, der in die See zum Laichen
gegangen ist, absterben möge, stimmt nicht mit den hiesigen Erfahrungen.
Zunächst sieht man nie angetriebene Massen von Aalleichen, was doch not¬
wendig wäre, ja man findet eigentlich fast nie einen toten Aal, während
andere Fische doch in Menge angetrieben werden. Andererseits kennt man
an der Unter-Warnow sehr gut das Hinaufziehen großer Aale aus dem salzigen
ps frische Wasser und erkennt die von dort kommenden an der Farbe sehr sicher.
Direktor Dr. K r ause in Rostock.
Archiv d. Ver. für Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg 1883.
26
Ein Salm im Main von 17 Pfund Schwere wurde am 25- August 1883
von Fischern aus Volkach unterhalb Köhler in den ausgeworfenen Netzen ge.
fangen. (Nach der Würzburger Presse, 29. August 1883).
Sammelplatz derweißen Bachstelzen. Das »Hospital zum heiligen
Geist« dahier in der Langenstraße ist nur durch die Stadtbibliothek von dem
Main getrennt; sein Garten stößt teils an den der Bibliothek, teils an die
städtische Promenade und enthält zwischen den Zelten, in welchen Typhus¬
kranke u. a. liegen, Gänge, die mit niedergehaltenen breitkronigen Platanen
bepflanzt sind. Die Dächer der Spitalgebäude nun wie auch die Kronen der
Platanen bilden jedes Jahr, einmal im Frühlinge, noch mehr aber im Herbst,
den Aufenthaltsort zahlreicher weißer Bachstelzen, Motaciüa alba. Bei ihrer
Ankunft im Frühlinge treiben sie sich einige Zeit gesellig hier umher, bis sie
sich an ihre Brutplätze verteilen; im Herbste aber sammeln sie sich zu vielen
Hunderten hier an, sonnen sich und ruhen auf den Dächern und Blitzableitern
wie die Schwalben vor ihrem Abzüge, und kommen zum Schlafe in das dichte
Laubwerk der Platanen, aus dem ihr Gezirpe allenthalben hervortönt. So
treiben sie es, wie ich mich selbst überzeugt habe, mehrere Wochen bis zu
ihrem Wegzuge. Dasselbe Gebahren wird nach Aussage des Chefarztes, Herrn
Dr. med. Wiesner, jedes Jahr um dieselbe Zeit beobachtet, und er selbst
hat es seit dem Jahre 1869 zu sehen Gelegenheit gehabt. Auch dem Spital¬
meister ist diese Gewohnheit der Bachstelzen seit vielen Jahren bekannt. Es
scheinen die Bachstelzen zu sein, die im Sommer die Mainufer in großer Zahl
beleben, die sich hier vor ihrer Abreise zusammen thuu. Interessant ist es
aber zu sehen, wie das Benutzen desselben Sammelplatzes bei den Bachstelzen
hiesiger Gegend traditionell geworden ist.
Frankfurt a. M., 30. September 1883. N.
Nachrichten aus dem Zoologischen Garten in Hamburg. Ein
junger Gorilla, Eigentum des Tierhändlers Carl Hagenbeck, ist auf kurze
Zeit mit einem kleinen Chi m pansen in dem Hamburger Zoologischen Garten
ausgestellt worden. Er hat dasselbe Phlegma wie die meisten seiner Art¬
genossen: würdevoll sitzt er mit gekreuzten Armen da und verfolgt mit
Ruhe die Bewegungen seines kleineren Gefährten. Beide Tiere sind über
Liverpool bezogen. Unter anderem sind noch als neu angekommen erwähnens¬
wert: 1 mexikanischer Greifstachler, Cercolabes mexicanus Shw.; 3 Kuduanti¬
lopen, Antilope strepsiceros Pall.; 2 Simbil - Störche, Ciconia Abdimii Licht.;
3 tasmanischc Schleiereulen, Strix castanops.
Geboren wurden: 1 Paka, Coelogenys paca L. ; 2 Hirschziegen - An¬
tilopen, Antilope cervicnpm Pall.; 1 Kaffernbüffel, Bubalus caffer Gr.; 1 Sam-
burhirsch, Cervus Aristotelis Cuv.; 1 mexikanischer Greifstachler, Cercolabes
mexicanus Shw.; 3 Biberratten, Myopotamus coypu Mol.; 2 Gazellen, Antilope
Boreas Pall.; 3 Mähnenhirsche, Cervus Busa Müll.
27
Gezüchtete Perlhühner. Juan Maria Schuver traf in der Nähe des
Koma-Dorfes Boscho (auf seinen Reisen im Quellgebiete des Tumat, Tabus und
Jäl, in Petermanus Ergänzungsheft No. 72, S. 64) bei einem Weiler mehrere
Dutzend Perlhühner, die wie Hühner gezüchtet werden. „Die blaßblaue
Farbe ihres Kammes und Bartes ließ erkennen, daß sie im Hühnerhofe auf¬
gewachsen waren, denn es ist ein merkwürdiges Naturspiel, für welches ich
keine Erklärung weiß, daß die in Gefangenschaft aufgezogenen Perlhühner die
scharlachrote Farbe ihrer Kopffedern verlieren, welche einen Vorzug ihrer
im Walde lebenden Brüder bildet. Das war das einzige Mal, daß ich einen
Versuch zur Züchtung dieser Tiere beobachtet habe.« B. Langkavel.
Künstliche Austernzucht. Mr. Ryder, der Embryologe der ameri¬
kanischen Fischerei-Kommission, hat junge Austern aus künstlich befruchteten
Eiern erzogen. Am 4. August 1883 befanden sich in der Regierungsstation in
Stockton, Maryland, viele Millionen junger Austern von 3/-t Zoll im Durchmesser,
welche 46 Tage vorher aus künstlich befruchteten Eiern ausgeschlüpft waren.
Wenn daran weitere Aufzucht möglich, dann würde dies eine Thatsache von
großer Tragweite sein.
Fischottern. In der Provinz Hannover wurden in der Zeit vom
November 1882 bis Juni 1883 314 Ottern erlegt, wofür an Prämien 2064 Mark
bezahlt wurden. Es ergiebt sich daraus, daß monatlich im Durchschnitt 43
erlegt und dafür 248 M. Prämien gegeben wurden. Davon erhielten die
»Otternjäger« im Lüneburgischen den Löwenanteil, nämlich in acht Monaten
1000 Mark. Der Waidmann. XIV. Bd., No. 51.
Fünf See-Elefanten wurden kürzlich für den New-Yorker Tierhändler
Reiche an der Küste Kaliforniens gefangen. Es sind die ersten derartigen
Tiere, welche je in Gefangenschaft gerieten, und sie kamen glücklich in
New-York an. Der See-Elefant oder die Elefanten-Robbe, Cystophora probu-
scidea, ist hinsichtlich der Gestalt den anderen Robben gleich, unterscheidet
sich von diesen aber doch wesentlich nicht nur durch ihre alle übrigen über¬
treffende Größe, sondern hauptsächlich durch die eigentümliche Verlängerung
der Nase, welche bei ausgewachsenen Männchen eine Länge von zwei Fuß
erreicht und deutlich an den Rüssel eines Elefanten erinnert. Das Tier erreicht
oft eine Länge von 24 Fuß und wird bis zu 10,000 Pfund schwer. Der Kopf
ist o-roß und breit und schließt sich ohne sichtbaren Abschnitt an den etwas
langen, jedoch massiven Hals an; das große runde Auge ist von einem Kreis
steifer Borsten umgeben, die Ohren sind kleine Löcher, welche sich unterhalb
des Auges befinden. Die Backenzähne sind verhältnismäßig klein, rund und
spitzig, die Eckzähne dagegen sind sehr stark entwickelt. Reiche füttert
seine See-Elefanten mit Häringen und andern Fischen, welche sie, nach Art
der Seelöwen, immer mit dem Kopf voran, ganz verschlucken. Die Vorderfüße
28
sind im Verhältnis zu dem riesigen Körperbau kurz, jedoch sehr kräftig, wäh¬
rend die Hinterfüße, denen der Seelöwen ähnlich, durch die Verlängerung der
Seiten ein starkes und wirkungsvolles Ruder bilden. Der Schwanz ist sehr
kurz und spitzig. Die Farbe sowie Beschaffenheit des Felles wechselt nach
der Härung von einem bläulichen Grau der kurzen straffen Haare zu einem
glänzenden Braun, wobei die untere Seile jedoch stets heller als der Rücken
bleibt. Die Füße sind kurz, behaart und fast schwarz. Die Weibchen haben
eine dunklere Farbe als die Männchen. Wegen seines ausgezeichneten Thranes
von den Menschen aut’s schärfste verfolgt, wird dies wunderbare Tier immer
seltener, und man findet nur noch vereinzelte Exemplare an den Küsten
Kaliforniens. Auf dem Lande bewegen sie sich schwerfällig, im Wasser jedoch
sehr gewandt. Das Gebrüll, das sie im Zorne ausstoßen, ähnelt dem des Löwen.
Die Männchen führen gegenseitig hauptsächlich während der Brunftzeit, er¬
bitterte Kämpfe, wobei sie sich dann durch ihr Gebiß schrecklich, verwunden
und verstümmeln. Die Sinne der See-Elefanten sind sehr schwach entwickelt.
Auf dem Lande sehen sie nur auf sehr kurze Entfernungen hin. Ihr Gehör
ist wegen der eigentümlichen Beschaffenheit der Ohren sehr mangelhaft und
das Gefühl ist durch die dicke Fettlage, welche den Körper umgiebt, sehr ge¬
schwächt. Es sind träge faule Tiere, aber sehr gefährliche Geguer, wenn
gereizt. D. Gr.
Die Wiir fei n atter , Tropidonotus tessellatus , in Nassau. Bei Diez an
der Lahn, am Zollhaus bei Hahnstätten, wurden in einer nur 0,1 m breiten,
mit Löß ausgefüllten Spalte im Dolomit interessante Knochenfunde gemacht
über welche Prof. Sandberger Mitteilung macht. Darunter waren auch die
Kiefer und ein großer Teil der Wirbelsäule der Würfelnatter. Die gefundenen
Stücke wurden direkt mit der lebenden Form verglichen, und die Würfel¬
natter, die wie auch die gelbliche Natter längere Zeit als von den Römern
eingeführt galt,*) stellt sich somit als »uralter Bewohner der Lahngegend« dar.
Neues Jahrb. f. Mineralogie 18S3.
Ermatteter Kranich. Als im März 1883 unsere Zugvögel wieder
von Süden her ihrer Heimat zustrebten, zog in der Nähe der Stadt Lemgo
auch eine Kranichschar hoch durch die Luft mit lauten Rufen dahin. Plötz¬
lich zweigt sich einer der Wanderer ab, bleibt etwas zurück und siukt dann mit
mächtigem Flügel rauschen zum Erdboden nieder. Ei;i paar Arbeiter, die ge¬
rade auf dem Felde beschäftigt sind, sehen erstaunt dem Falle zu, eilen her¬
bei und nehmen den sich mit Schnabel und Füßen hartnäckig Sträubenden in
Empfang, fesseln ihn, so gut es gehen will, und tragen ihn im Triumphe der
Stadt zu. Für einige Reichsmark wird das schöne Tier einem mir bekannten
Vogel freunde überantwortet, der ihm in einem großen Scheunenraume bereit¬
willigst ein Unterkommen gewährte und wo ich bald darauf Gelegenheit fand,
den stattlichen Vogel zu beobachten. Er war, wie sich bei genauerer Unter¬
suchung herausstellte, völlig unverletzt, hatte gesegneten Appetit und begrüßte
den bei ihm Einkehrenden mit einem tiefen Kur, kur! War kein Mensch in
- - I
*) Vergl. Jah rg. X, 18G9. 8. 299; XI, 1870. S. 161 und 274; XV, 1874. 8. 480.
29
der Nähe, so trat er oft ans Fenster und sah hinauf zum Himmel, wo die
Wolken zogen oder die Dolen dem alten Stadtturme zustrebten. Daun aber
ergriff ihn jedesmal die Sehnsucht und er schmetterte gewaltige Trompeten¬
töne in die Luft empor. Der Vogel lebt heute noch und erfreut sich unter
der Pflege eines alten verständigen Vogelwirtes, des Herrn Sanitätsrat Dr.
Meyer, des besteu Wohlseins. H. Schacht.
Fang eines Siebenschläfers ( Myoxus glis). Es ist eine bekannte
Sache, daß sich in den Dohnen, außer den Krannnetsvögeln, auch mancherlei
andere Vögel als Spechte, Häher, Meisen, Grasmücken u. s. w. fangen; daß
aber selbst von unsern Nagern hin und wieder einer darin sein Leben lassen
muß, dürfte seltener der Fall sein. So fing im vorigen Herbste hier ein mir
befreundeter Forstmann in einer in einem jungen Stangenholze angebrachten
Hängedohne einen Siebenschläfer. Die Schlinge war dem Tiere regelrecht um
den Hals gelegt und es schwebte frei am unteren Bügel der Dohne. Gewiß
hatte sich der arme Schelm der Vogelbeeren gelüsten lassen und mußte diese
Kühnheit mit dem Galgentode büßen. H. Schacht.
L i 1 1 e r a t u r.
Die Säugetiere in Wort und Bild, von Carl Vogt und F. Specht.
Mit 40 Vollbildern und zahlreichen Holzschnitten. 4°. 440 Seiten.
München. Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft. 1883. Kartonn.
45 Mark, gebunden 48 Mark.
Voriges Jahr bereits, nach dem Erscheinen der ersten Lieferungen des viel¬
versprechenden Werks haben wir auf dessen Bedeutung hingewiesen. Jetzt
nachdem es wie versprochen mit Schluß des Jahres 1883 vollendet ist, kommen
wir mit Vergnügen darauf zurück, um es unseren Lesern auf das wärmste zu
empfehlen. Wir haben es hier mit einer außergewöhnlichen Erscheinung der
zoologischen Litteratur in populärem Gewände zu thun.
Sprechen wir zunächst von den Illustrationen, die zuerst in das Auge fallen,
so dürfen wir sagen, sic gehören zu dem Besten, was überhaupt bis jetzt auf
diesem Gebiete geleistet wurde, und bei vielen Vollbildern legen wir uns die
Frage vor, ob wir es hier wirklich mit Holzschnitt zu thun haben. Diese
Feinheit und Zarte der Zeichnung und des Tones, dieses Kolorit, möchten wir sagen,
ist bis jetzt durch die Xylographie kaum erreicht worden, und die Bilder er¬
scheinen auf den ersten Blick wie feine Kupferstiche. Auch die Menge der in
den Text gedruckten Abbildungen überrascht und erfreut durch die Auffassung
und Ausführung, Man sieht diesen Zeichnungen au, daß sie nicht in Museen
nach gestopften Bälgen sondern durch Studien an dem lebenden Tiere ent¬
standen sind, und den Zoologischen Gärten haben wir es mit zu danken, daß
die deutsche Tierzeichnung sich zu einer solchen Höhe erhoben hat. Daß wir
Der Yack
Der Schabrackentapir.
nicht übertreiben, lehrt ein Blick auf die beiden dem Werke entnommenen
Abbildungen von dem Yack und dem Schabrackentapir.
Würdig au die Illustrationen schließt sich der Text aus der Meisterhand
Vogt’s an. Man lese die Einleitung mit ihrer lichtvollen Darstellung des
Charakters der Säugetiere, ihrer Beziehungen zu den übrigen Wirbeltieren,
ihres Körperbaues, der Bedeutung des Zahnsystems, der geographischen Ver¬
breitung u. s. av. , man prüfe die klare Schilderung der Ordnungen soavoIiI Avie
die der einzelnen Tiere, und man erkennt überall den erfahrenen Forscher,
der mit vollen Händen in das Material greift und das Wichtige und Unent¬
behrliche herauszugreifen versteht, Avie den geAviegten Schriftsteller, der zu
belehren und anzuregen weiß. Freilich, Anekdoten und schöne Jagdstückchen
bekommen Avir nicht zu hören, wohl aber lernen Avir die Geschöpfe nach ihrer
eigentümlichen Organisation sowie im Lichte ihrer Verwandtschaft und Ab¬
stammung und in ihren Lebensverhältnissen kennen, so daß man Avirklich
sagen darf, nach der Lektüre eines Kapitels hat man auch etwas gelernt. Wie
allen Freunden der Zoologie müssen Avir es besonders den Lehrern der Natur¬
kunde empfehlen; sie werden sowohl hinsichtlich des Stoffes als auch der Methode
Avesentlicheu Gewinn durch das Studium des gediegenen Werkes erlangen. N-
Eingegangene Beiträge.
H. L. in II.: Ihre Postkarte Avar hei 4 Postämtern herumgekommen, ehe sie hei mir
anlangte. — H. F.-S. in Z.: Es Avar nicht mehr möglich, Ihrem Wunsche zu willfahren.
A. S. in W. — II. B. in W. N. : Die Notiz über die Bastarde erscheint uns doch zu un¬
glaublich. Schade, daß Sie nicht seihst die betr. Tiere in Augeuschein nehmen konnten. —
E. F. in B : Besten Dank für die mancherlei Notizen. — W. L. S. in II.: Korrektur geht
Ihnen zu. — Dir. II. in B.: Besten Dank.
,, Bücher und Zeitschriften.
Dr. Wilh. Retzcr. Die deutschen Süßwassersclrwämme. Inaugural- Dissertation. Mit
2 Taf. Tübingen. L. F. Fues 1883.
Die Arbeit enthält Abbildungen der von dem Herausgeber im Zoolog. Garten 1870
aufgestellten Arten Spongillu Lieberkühnii und Sp. contecta nach dessen Präparaten.
Otto Bachmann. Unsere modernen Mikroskope und deren sämtliche Hilfs- und Neben¬
apparate. Mit 175 Abbildungen. München u. Leipzig. II. Oldenbourg 1883. 6 Mk.
Dr. K. Müllen hoff. Über die Entstehung der Bienenzellen. Sep.-Abdr. Pflüger’s Archiv
f. d. ges. Physiologie. XXXII. Bonn. Emil Strauß. 1883.
Jahrbücher der Deutschen Malakozool ogischen Gesellschaft. Redig. von
Dr. W. Kobelt. 10. Jahrg. 1883. Heft IV, Oktober 1883. Frankfurt a. M. Moritz
DiesterAveg. 188:3.
Nachrichtsblatt der Deutschen Malakozoologisclien Gesellschaft. 15. Jahrgang. No. 9
u. 10. Septbr. u, Oktbr. 1883. Redig. von Dr. W. Kob eit. Frankfurt a. M. Moritz
Diester av eg.
Karl Vogt und F. Specht. Die Säugetiere in AVort und Bild. 28 Lieferungen mit
40 Vollbildern und 206 Holzschnitten im Text, Friedr. Bruckmann. München 1883.
45 Mk.
Dr. Karl Ruß. Der Kanarienvogel, seine Naturgeschichte, Pflege u. Zucht. 4. Auflage.
Magdeburg. Creutz’sche Buch- u. Musikalienhandlung 1883.
Humboldt, Monatschrift für die gesamten Naturwissenschaften. Herausgegeb. von
Prof. Dr. Krebs. 2. Jahrg. 11. Heft. Stuttgart. F erd. Enke. 1883.
Prof. Dr. II. Ludwig. Leunis Synopsis der drei Naturreiche. I. Teil. Zoologie. 3. Auflage,
l. Band, 2. Abteilg. (Schluß). Hannover, II ahn’ sehe Hofbuchhandlung 1883. 8 Mk.
Prof. Dr. W. Blasius: 1) Über, den Orenburger Ziesel, Spennophilm rufescens.
2) Über die letzten Vorkommnisse des Riesenalks, Alca impennis.
3) Über eine kleine Sammlung von Vögeln aus Java.
4) Über Fälschungen von Vogelbälgen aus Ecuador.
5) Über groß- Libellenzüge im Sommer 1881.
Separ.-Abdr aus 111. Jahresbericht d. Ver. f. Naturwissenschaft zu
Braunschweig.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
3er Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Wal d s ch r\i d t in Frankfurt a. M.
No. 2. XXV. Jahrgang. Februar 1884.
Inhalt.
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg; von dem Inspektor W. L. Sigel
Mit 2 Abbildungen. — Der spanische Sandschlüpfer ( Psammodromus hispanicus Fitz.) und seine
Fortpflanzung in der Gefangenschaft; von Joh. von Fischer. — Ein Besuch des
zoologischen Gartens zu Cöln; von L. Wunderlich. Unsere Frösche und Kröten sind
Nachttiere; von II. F isc her-Sig wart in Zofingen. — Aus dem Berliner Aquarium; von
Gustav Schubert. Mit einer Abbildung. — Korrespondenzen. — Miscellen. — Litteratur.
Eingegangene Beiträge. - Bücher und Zeitschriften. —
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg.
Von dem Inspektor W. L. Sigel.
Mit 2 Abbildungen.
Im Anschlüsse an meine früheren das Nilpferd behandelnden
Aufsätze (siehe Jahrgang XXIII, S. 129 u. 289, — Jahrgang XXIV,
S. 10) fahre ich fort, auch diejenigen Beobachtungen hier uieder-
zulegen, zu denen dasselbe im Laufe dieses Jahres Veranlassung gab.
Die mit dem Wachstu me des Tieres gefundenen Veränderungen
genügen allein schon, das Interesse für dasselbe in ungeschwächter
Höhe zu erhalten.
Wenn wir den Bachit vom 20. August 1883, in einem Alter
von etwa 21/2 Jahren stehend, mit dem vom 20. August 1881, dem
Tage seiner Ankunft, vergleichen, so muß man über die in einem
so kurzen Zeiträume erfolgte Zunahme seiner Körpermaße, deren
Ausdehnung in die Länge geradezu unverhältnismäßig genannt
werden könnten, staunen.
Zoolog. Gart. Jabrg. XXV. 1884. 3
Die Dachstehende Tabelle, in der ich die Messungen von dem
genannten Datum in 1881, 1882 und 1883 aufführe, wird dem oben
Gesagten zur Erklärung dienen.
20. August 20. August 20. August
1883, circa 1882, circa 1881, circa
21/2 Jahr alt. i»/a Jahr alt. J/2 Jahr alt.
Länge des Kopfes, von der Schnauzen-
spitze bis zwischen die Ohren ....
49
cm.
42
cm.
Breite
des Kopfes zwischen der Basis
beider Ohren . .
27
»
24
»
Breite des Kopfes zwischen den beiden
höchsten Punkten der Augenbogen . .
21
18
»
Länge des
Körpers von
der Schnau-
Abstand der Mitte beider Nasenlöcher
12
»
9
»
zenspitze
bis zur
Länge
des Nackens zwischen den Ohren
bis zum Rumpf .
49
»
41
»
Schwanz-
1 Ä 1
Z ® »
V)ie größte Breite der Schnauze (bei
wurzel in
§j0
den Eckzähnen) .
30
»
27
»
der gewöhn-
u
a > © 5°
Länge des Rückens, vom Nacken-
liehen Hai-
^ F o ^
T3 Sh ^ <£>
u O -pH
rande bis zur Schwanzwurzel .
1,42
1,15
tung des
•2 S'5 co
Die Höhe des Rückens vom Fuß-
Tieres ge-
e« J2«
•s o .-s
boden bis zum Widderrist . .
94
»
83
»
messen
1,36 cm.
Ä L, r-
o®dS
Die Höhe des Rückens vom Fuß-
■<y> öuq o
r8 ß cn
w— 1 _ ,
boden bis zur höchsten Stelle .
1,03
»
91
»
66 cm.
^ ö .5
o ®
Die Höhe des Rückens vom Fuß-
.SSü
Q «2 35
^ boden bis zur Schwanzwurzel .
87
»
78
>:•
Länge des Schwanzes .
Entfernung der gesenktesten Stelle des
32
»
29
»
Bauches vom Fußboden .
22
»
15
»
>
Weiteste Ausdehnung des Unterkiefers in
der Breite .
38
»
35 a/2
»
Länge
der Nasenöffnungen .
5 */2
—
Länge der Ohren .
10
»
—
Ein solches Wachstum mußte sich natürlich auch in den
Nahrungsansprüchen geltend machen. Konnte noch nach den
vom Oktober des Vorjahres gestellten Angaben Bachit’s täglicher
Nahrungsunterhalt mit reichlich M. 1 bestritten werden, so läßt es
sich am Ende dieses Jahres, wo sich die täglichen Rationen auf circa
18 bis 20 Pfund gekochten Reis, 4 — 5 Pfund Weizenkleie, 9— 10 Pfund
gelbe Wurzeln oder Steckrüben und 15 — 20 Pfund Heu feinster
Qualität belaufen, nach hiesigen Verhältnissen nicht mehr unter
M. 1 50 Pf. beschaffen. Wurzeln oder Rüben, welche man anfäng¬
lich mit dem Mengfutter vermischt verabreichte, werden, seitdem
die Gewichtserhöhung des letzteren thunlich wurde, dem Tiere als
Mittagsmahlzeit separat gegeben.
Bachit’s Vordergebiß hat durch das Fortschreiten des Wechsels
einige Veränderungen erfahren.
Wie wir gesehen, waren bis zum 20. August vorigen Jahres die
Milchzähne des Oberkiefers noch in ihrer weiteren Entfaltung be¬
griffen, während sich in den beiden Eck- und den beiden mittleren
Schneide-Zähnen des Unterkiefers, bereits der Wechsel vollzogen hatte.
Vordergebiß des Oberkiefers. Vordergebiß des Unterkiefers.
Die die Zähne umgebende Linie stellt den ungefähren Umriß der Kiefergerüste dar.
Am 20. August dieses Jahres, nachdem erst im Anfänge des
gedachten Monats die fernere Umwandelung begonnen, gestaltete
sich das Vordergebiß, dessen beigegebene Skizze die nachstehende
Beschreibung verständlich machen wird, wie folgt:
Im Oberkiefer haben die 4 Schneidezähne gewechselt.
Von 2, welcher am 18. August ausfiel, 3 und 5 kommen eben
die gerundeten Spitzen des Nachwuchses zum Vorschein ; 4 dagegen,
der vermutlich ganz im Anfänge des August gewechselt war, war
jenen au Größe schon ziemlich überlegen.
Im Unterkiefer sind 8 und 11 verschwunden — ersterer in den
Tagen vom 5. — 11. August, letzterer im Laufe der darauffolgenden
Woche -, doch gab sich in deren Unterlassenen schwachen Ver¬
tiefungen der Nachwuchs noch nicht zu erkennen. Dieser kam
erst gegen Ende des Jahres zum Vorschein. Es zeigte sich der
Ersatz für 8 in der Mitte des November, der für 11 am Anfänge
des Dezember.
Somit harren also in dem Vordergebiß des Wechsels nur noch
die beiden oberen Eckzähne, welche bei einer etwas nach auswärts
gehenden Stellung jetzt etwa eine Länge von 2 x/a cm erreicht
haben.
Bezüglich seiner Stärke steht das Milchgebiß des Oberkiefers
hinter dem des LTiterkiefers wesentlich zurück. In wie weit dieses
der Fall bei unserem Tiere ist, läßt sich aus der beistehenden
Abbildung erkennen, welche zwei Milch-Schneidezähne, je einen aus
Milchzahn 2
aus dem Oberkiefer,
ausgefallen am
18. August 1883.
dem oberen und unteren Gebiß
in natürlicher Größe darstellt,
deren Originale mir gleich nach
Ö O
dem Ausfallen derselben von dem
Wärter eingehändigt wurden.
Milchzahn 11
aus dem Unterkiefer,
ausgefallen in der Woche
vom 12—18. August 1883.
Natürl. Gröf3e.
Was die fernere Entwick¬
lung der in dem vorigen Jahre
gewechselten Zähne an betrifft, so
ragen die Eckzähne des Unterkiefers als etwa 9 cm lauge, ein wenig in
das Maul hineingebogene, schmutzig gelbliche Haken aus dem Zahn¬
fleische, an dem sie eine Dicke von etwa 3 cm haben, hervor. Die
beiden mittleren, in ihren Spitzen abgeschliffenen Schneidezähne, von
hellerer Färbung als die erstgenannten, sind zu etwa 2 cm langen
und 1 ^2 cm dicken cylindrischen , fast nach vorwärts geneigten
Stummeln herangewachsen. Von der Rillung, wie wir solche an den
Zähnen älterer Nilpferde wahrnehmen, zeigt sich nirgends eine Spur.
An den kegelförmigen Liickenzähuen und den Backenzähnen, die
bis auf den ersten, ebenfalls noch kegelförmigen, mit mindestens
2 Paar Spitzen gezackt sind , haben wesentliche Veränderungen
nicht stattgefunden. Da es endlich gelungen, die Anzahl der Backen¬
zähne mit Sicherheit zu ermitteln, so ist es mir auch möglich ge¬
worden, die vollständigen Zahnformeln, die ich hier mit Rücksicht
auf den Wechsel in einer den Altersstufen des Tieres entsprechenden
Übersicht zusammengestellt habe, zu liefern.
Bachit’s Gebiß ergab demnach am:
März 1., 1882, 4 Vdz. M 1 Eckz. M 2 Lckz. M 3 Bckz. M
circa 1 J. alt 4 » Ml » W 2 » M 3 » M
August 20., 1882,
circa l1/2 J- alt
August 20., 1883,
circa 21/2 J. alt
Die beiden mittleren oberen Vorderzäkue und
die oberen Eckzäbne sind eben zum Durchbruch ge¬
kommen. — Hinter den gewechselten Eckzähnen be¬
merkt man noch die lose sitzeuden Milchzähne.
4 Vdz. M 1 Eckz. M 2 Lckz. M 3 Bckz. M
2 M u. 2 W 1 » W 2 » M 3 » M
Der Anfang Juni stattgehabte Wechsel der
beiden unteren Schneidezähne betrifft die mittleren.
Die unteren Eckzähne verloren im April die
ihnen bisher verbliebenen Milchzähne.
4 Vdz. W 1 Eckz. M 2 Lckz. M 3 Bckz. M
2 W 1 » W 2 » M 3 » M
Der Wechsel, der 4 oberen Vorderzähne vollzieht
sich im Laufe desselben Monats. — Die beiden neben
den Eckzähnen befindlichen unteren Vorderzähne
sind zwar im Laufe dieses Monats ausgefallen, doch
ist ein Ersatz nicht bemerkbar.
Dezember 9., 1883, 4 Vdz. W 1 Eckz. M 2 Lckz. M 3 Bckz. M
circa 2 3/r J. alt 4 » W 1 » W 2 » M 3 » M
Die beiden unteren, neben den Eckzähnen be¬
findlichen Schneidezähne sind Mitte November, resp.
Anfang Dezember zum Vorschein gekommen.*)
I
Bezüglich der höchst eigentümlichen Schweißabsonderung des
Nilpferdes haben sich unsere Kenntnisse insofern erweitert, als durch
die an dem hiesigen chemischen Staats-Laboratorium vorgenommeue
Analyse des Secretes nachgewiesen wurde, daß die blutig erscheinende
Färbung desselben nicht durch Blut oder Hämatin verursacht ist.
Der sowohl vor dem Betreten des Bades, wie auch kurz nach Verlassen
desselben erhaltene und zur Untersuchung gesandte Schweiß wurde
dem Nacken und Hinterkopfe des Tieres entnommen und, nachdem
er, separat gehalten, in Röhrengläschen gelassen war, mit einigen
Tropf- Seewassers untermischt. In der etwas größeren Masse zeigte
ersterer in dem Glase eine sehr dunkele, dem Portweinsatze ähnliche,
letzterer eine trübe hellbräunlich-rote Färbung.
In der Voraussetzung, daß das Ergebnis obiger Untersuchung
auch anderweitig Interesse erregen dürfte, erlaube ich mir das End¬
resultat des sehr ausführlichen Berichtes wörtlich wiederzugeben.
»Der rote Schweiß enthält in beiden Formen: Fette (in
Äther löslich, in Alkohol unlöslich)
Albumiuate, kein Mucin.
Tyrosin,
kein Blut.
Roten, in Wasser löslichen Farbstoff ohne erkennbare
spectroskopische Charaktere, Eisen, Kali und andere
unorganische Massen, deren Herkunft aus dem See¬
wasser, mit welchem die Substanz versetzt war, wahr¬
scheinlich ist.
Sonach liegt in der That kein »Blutschweiß«, sondern
einer jener mehrfach beobachteten Fälle von Chrombydrose
vor, in denen gerade auch rote Pigmente wahrgenommen
*) Erklärung' der Abkürzungen:
Vdz. = Vorderzähne; Eckz. = Eckzähne; Lckz. = Lückenzälme; Bckz. = Backen¬
zähne; M. — Milchgebiß; W. = überstandener Wechsel.
38
wurden , die aber , soweit ich mich aus der Litteratur
informieren konnte, gleichfalls nicht näher erkannt zu werden
vermochten.
gez. Dr. F. Wibel, Direktor.«
Bei der mikroskopischen Betrachtung des Schweißes ließen sich
zahlreiche Vibrionen, Schleimzellen, bräunliche Epithelfragmente und
Luftblasen erkennen.
Zur Vervollständigung meiner Mitteilungen rücksichtlich der Be¬
wegung unseres Tieres habe ich mich noch mit einigen W orten
über das Niederlegen und das Sich wiederaufrichten desselben
auszusprecheu.
Bachit' bewerkstelligt das erstere, indem er unter einem leichten
Rückwärtsschieben des Oberkörpers, wodurch den Beinen die Richtung
nach vorwärts gegeben wird, sich in der Regel gleichmäßig auf
allen Vieren uiederläßt. Im Liegen, wobei Bachit sich nicht selten
teilweise oder gar völlig auf die Seite legt, sind auch recht oft, in
letzterer Haltung natürlich immer, Kopf und Hals noch auf dem
Boden ausgestreckt.
Das Aufstehen geschieht, dem Niederlegeu in umgekehrter
Weise entsprechend, ebenfalls mit allen Viereu zugleich.
Vielfach erblicken wir Bachit und zwar, sowohl nachdem er
längere Zeit gelegen wie auch gestanden, in der den Nilpferden
eigenen sitzeuden Stellung, der er sich dadurch hiugiebt, daß er
auf dem Hinterleibe ruht, während die Vorderbeine gerade nieder¬
gestellt sind.
Hamburg, den 9. Dezember 1 883.
Der spanische Sandschliipfer ( Pscimmodromus hi Spaniens. Fitz.)
und seine Fortpflanzung in der Gefangenschaft.
Von Joh. von Fischer.
Der spanische Saudschlüpfer bewohnt die pyrenäische Halbinsel
sowie das mediterrane Litoral des südlichen Frankreich.
Er hält sich in den mit spärlicher Vegetation bedeckten Dünen,
die sich längs des Mittelmeerstrandes hiuziehen. Zwischen den Dünen
und dem Meere selbst findet man ihn nie oder höchst selten und
dann sind es nur versprengte Individuen; jedoch dort, wo sich die
39
holperigen, spärlich mit dürren und stacheligen Pflanzen bewachsenen
Dünen hinziehen, findet er sich zu Tausenden vor.
Man kann oft kaum den Fuß setzen, ohne eine Anzahl dieser
hübschen Saurier aufzuscheuchen. Sie stieben nach allen Richtungen
hin, sich bald zwischen Grasbüscheln verbergend oder sich unter
dem Schutze der zahlreichen Dorngestrüppe duckend, die Gefahr
abzuwarten, um ihren pfeilschnellen Lauf zu verfolgen. Gewöhnlich
ducken sie sich unter Dünenpflanzen und erwarten das Vorübergehen
der Gefahr. Oft jedoch vergraben sie sich zolltief in den lockeren,
trockenen Sand, und man kann dann von den dürren Pflanzen Büschel
für Büschel ausreißen, ohne irgend eine Aussicht zu haben auch nur
ein Tier zu erbeuten.
Auf freiem Felde d. h. auf einer Stelle, wo sich keine Gras¬
büschel befinden, hat man noch die meisten Aussichten ihrer habhaft
zu werden, aber da heißt es schnell bei der Hand zu sein, denn
hat der Sandschlüpfer einmal eine, wenn auch nur quadratfußgroße
Grasinsel erreicht, so ist jedes Mühen vergeblich. Er verbirgt sich
zunächst zwischen den Grashalmen oder Stengeln und danu unter
dem lockeren Sande des Seestrandes. Kein Stoßen mit dem Fuß,
kein Stöbern mit dem Stocke oder selbst das Ausreißen der hindernden
Gräser vermögen ihn aus dem ihm sicheren Schutz bietenden See¬
sande hervorzuscheuchen.
Man kanu ihn nur dann mit einiger Sicherheit fangen, wenn
man ihn, nachdem er sich unter den Busch einer Stachelpflanze
oder drgl. geflüchtet und der nicht zu groß sein darf, sofort wieder
hervorscheucht. Dann eilt er in heftigem Lauf der nächsten Gras¬
insel zu, an denen die Dünen des Mittelmeerstrandes so unendlich
reich sind , um in dieser vielleicht auf Nimmerwiedersehen zu ver¬
schwinden.
Trotzdem, daß der Sandschlüpfer in seinem Vaterlande zu Tau¬
senden vorkommt, ist es keineswegs leicht, seiner habhaft zu werden,
wenn man seine Gewohnheiten und seine Schliche nicht ganz genau
kennt.
Um ihn in einer gewissen Anzahl fangen zu können, gehören
zwei Personen, deren Hauptaufgabe ist, nebeneinander lautlos zu
gehen. Sie müssen beide gute Augen haben, denn die zahlreichen,
in den Dünen lebenden Heuschrecken und Gottesanbeterinnen (Mantis
religiosa) trügen nur zu oft und wiederum verschwinden die kleinen
sandfarbenen Eidechsen den Blicken des ungeübten Fängers.
40
Ich habe die Sandschlüpfer zu vielen Hunderten selbst gefangen,
gestehe. aber, daß ich es nicht erreicht haben würde, wenn ich nicht
von einer zweiten, ganz nach meinen Angaben handelnden Person
kräftigst unterstützt gewesen wäre.
Das Dahinschießen ist so rasch, die Wendungen des kleinen
Tiers sind so geschickt und die ihm Deckung bietenden Grasbüschel
und -iuseln so zahlreich, daß, wenn man noch die dem Boden ange¬
paßte Körperfärbung in Betracht zieht, der Fang nicht nur ein sehr
schwieriger sondern ein mehr als problematischer wird.
Wer diese niedlichen Saurier selbst fangen will, dem dienen
folgende Vorschriften :
Zwei oder drei Personen, die zu schweigen und zu sehen ver¬
stehen, gehen nebeneinander in einer Entfernung von etwa 1 — \1k
Schritt, in möglichst langsamem Tempo, aber mit recht offenen
Augen, da man bei Nichtbeachtung der ersten Bedingung die Tiere
vor dem Gewabrwerden leicht verscheucht, bei der zweiten leicht
übersieht. Hat einer von den Fängern einen Psammodromus erblickt
und ihn nicht sofort erwischt, so muss der betreffende Grasbusch,
in den er sich geflüchtet hat, sofort umstellt und mit der Spitze
des Fußes sowie eines soliden Stockes durchstöbert werden. Ge¬
wöhnlich schießt der Sandschlüpfer, seine Richtung mannigfaltig
ändernd, in den möglichst großen und nächsten Dornbusch hinein,
wo er für wenige Augenblicke eine abwartende Stellung eiunimmt.
Oft ist er in diesem letzteren Falle gerettet, für den Fänger in den
meisten Fällen verloren. Mau muß ihn gerade auf dem Wege
zwischen zwei Grasbüschen oder -insein fangen, ehe er in denselben
verschwindet.
Weil das Bücken des Oberkörpers wegen der großen Schnellig¬
keit, der Gewandtheit und der Kleinheit des Tieres zu viel Zeit in
Anspruch nimmt, so muß man sich (und ich habe es stets ange¬
wandt) der Länge lang auf den Boden hinstürzen und das Tier mit
einer oder mit beiden Händen zu erwischen suchen.
Dabei geschieht es oft, daß sich der Sandschlüpfer sofort in den
trockenen, folglich äußerst lockeren Seesand vergräbt oder durch die
fangende Hand in denselben gedrückt wird , infolge dessen er oft
entschlüpfen kann. Dazu kommt noch die Gewohnheit des Saud¬
schlüpfers ins Spiel, sich tot zu stellen, und mancher Psammodromus
ist mir, dank dieser List, entschlüpft.
Wartet man bei seinem Einschlüpfen in einen Grasbüschel
zu lange, so verliert mau ihn oft, weil er Zeit gewinnt, sich in den
41
Meeressaud einzuwühlen, wo er dann in wagerechter Richtung oft
einen Meter und mehr weiter schlüpft.
Weil der Sand gleich hinter ihm zulallt i nd keine Röhren-
öffnung hinterläßt, ist er dem Fänger unauffindbar verloren. Ich
habe oft ganze Grasinseln zerstört, die Büschel mit den Wurzeln
herausgerissen, den Sand mit dem Spaten umgegraben und doch
keinen Saudschlüpfer gefunden, bis ich sein spitzes Köpfchen mit
seinen lebhaft blickenden Augen in einer Entfernung von 1 — 2
Metern aus dem Sande hervorlugen sah.
Um die Sandschlüpfer zu jagen, muß es gänzlich wolkenlos
und warm seiu. Zu jeder andern Zeit sind sie außerhalb des Sandes
nicht zu sehen. Sie verbringen dann den Tag (und selbstverständlich
auch die Nacht) in demselben zu, und weil kein Einfuhrloch be¬
merkbar ist, glaubt mancher, daß es in der abgesuchten Lokalität
keine gäbe.
Der Sandschlüpfer lebt, wie ich bereits erwähnt habe, nur in
absolut trockenen Orten. Ueberall, wo die See den Sand befeuchtet,
ist er nicht zu finden. Daher findet man ihn ausschließlich hinter
den Dünen, hier aber auch zu unzähligen Tausenden.
Die Nahrung des Sandschlüpfers im Freien besteht aus kleinen
Koleopteren, (namentlich Cicindelen) und einigen Alten am Meeres¬
strande häufiger Dipteren, sowie deren Larven.
Ich sagte oben, daß der Sandschlüpfer am Seestrande vorkommt,
also vornehmlich ein ausgesprochenes Küstentier sein muß. Man
würde aber gewaltig irren, wenn man annehmen wollte, daß nur
der Meeresstrand diesen schmucken Saurier produciere. Er findet sich
auch in großer Entfernung von demselben vor, auf Bergen z. B.,
deren Grundboden sandig und trocken ist. Abrr hier findet er sich
nur vereinzelt vor. Auch trägt er hier ein ganz abweichendes Kleid.
Das Grau (die Grundfarbe) des Seesaudes weicht bei solchen Stücken
dem Lehmgelb des gleichfarbenen Bergbodens, und es unterscheiden
sich die auf Bergen, etwa 18 — 20 Kilometer vom Meere gefangenen
Individuen durch besagte (lehmfarbene) Färbung und verwischte Zeich¬
nung von den unweit der Küste gefangenen auf den ersten Blick.
Mit dem Beginn der Periode der Nachtfröste zieht sich der
Sandschlüpfer unter den ihn jederzeit schützenden Seesand zurück
und hält meist am Fuße eines Büschels irgend einer Dünenpflanze
seinen Winterschlaf, der mit dem Beginn des warmen Frühlings¬
wetters endigt. Man soll ihn in diesem Zustande ausgraben können,
wenn man den Sand etwa handlief am Fuße einer größeren Gras-
insei nmgräbt, wo er dann mit dem Spaten im lethargischen Zustande
zu Tage gefördert wird. Alle meine Versuche nach dieser Richtung
hatten negative Resultate erzielt. Vielleicht, weil ich die Lokalität
die er zu seinem Winterschlaf wählt, nicht zu finden wußte.
Die Sandschlüpfer sind zarte Tiere, die bei unzweckmäßiger
Verpackung unterwegs leicht zu Grunde gehen.
Am zweckmäßigsten ist es, die Tiere gleich nach dem Fauge in
steife .Leinwandsäcke zu bringen, in denen man sie bequem stunden¬
weit transportieren und auch in eine Kiste mit Moos oder Heu ver¬
packt samt dem Sack verseuden kann.
Der Behälter, in dem sie gefangen gehalten werden, muß ein
temperirtes oder warmes, absolut trockenes Terrarium sein*), dessen
Bodenfüllung aus einer starken Lage absolut trockenen Seesandes
bestehen muß. In Ermangelung des letzteren kann man auch recht
fein durchgesiebten Flußsand verwenden. Die Hauptbedingung ist,
daß dieser ausgesprochen trocken und locker sei, also hinter dem
sich vergrabenden Sandschlüpfer sofort zu- und beim Verlassen des¬
selben leicht abfalle und nicht au dessen Körper kleben bleibe.
Eine zweite Kardinalbedingung ist ein möglichst heller Stand,
also au einem Fenster, durch welches die Sonnenstrahlen ungehindert
einfallen können, denn der Sonnenschein ist dem Sandschlüpfer ein
nothwendiges Attribut, ohne das er nur kümmerlich gedeiht, wenn¬
gleich er ausnahmsweise auch in nur hellstehenden, der Sonne ent¬
behrenden Terrarien, welche gut erwärmt werden, leben kann.
Außer diesen beiden Lebensbedingungen ist noch das Bedürfnis
nach möglichst frischer Luft hervorzuheben.
Gewohnt, die erquickende Seebrise oder die reine Bergluft zu
genießen , geht er in schlecht ventilierten Terrarien bald ein , er
sucht hier auch stets die Stellen auf, wo die Luft einströmt.
Aus diesem Grunde wird man wohl thun, an einer der Seiten¬
wände des Behälters ein Drahtgazefenster anzubriugen.
Um den Gefangenen Gelegenheit zu bieten, sich vor den allzu
sengenden Sonnenstrahlen zu schützen, lege man einige mit ihrer
Konvexität nach oben gekehrte größere Muschelschalen hinein, unter
die sie sich mit Vorliebe zurückziehen. In Ermangelung letzterer
können auch hohle Dachziegel, die man lose auf den Sand legt,
denselben Zweck erreichen.
*) Ueber die verschiedenen Terrarienarten und deren innere Einrichtung
siehe mein Specialwerk über Terrarien: Das Terrarium, seine Bepflan¬
zung und Bevölkerung. Frankfurt a. M. Mahlau und Waldschmidt.
43
Zuletzt muß ich bemerken, daß ein flaches, bequem zu erreichen¬
des Wassergefäß nicht fehlen darf, denn die Sandschlüpfer trinken
zwar wenig aber desto regelmäßiger und öfter.
Jedoch darf dieses nicht zu tief seiü, denn die Tiere ertrinken
in tiefen oder zu steilen Becken leicht, indem sie sich in dieselben
legen und dann erstarren.
Es scheint, daß diese Art im Freien nur eine geringe Lebens¬
dauer hat, denn merkwürdigerweise trifft man im Frühjahr nie ganz
große oder ganz kleine Exemplare, sondern nur mittelgroße an. Im
Herbst dagegen sehr große neben ganz kleinen, etwa 1 — 2 Monat alte.
Aus dieser Erscheinung schließe ich, daß die Sandschlüpfer nur
ein Jahr oder wenig länger leben, daß die alten, erwachsenen Tiere
zum Winter eingehen und nur die im Sommer ausgeschliipfteu Tiere
überwintern, das kommende Frühjahr erleben, die Mittelgröße er¬
reichen und dank der in dieser Jahreszeit reichlichen Nahrung rasch
wachsen, geschlechtsreif werden, die Eier ablegeu,.um zum Winter
abzusterben. Die angeführten Daten lassen wenigstens diesen Schluß
ziehen.
ln der Färbung variiert der Sandschlüpfer nicht unbedeutend,
teils nach Alter und Geschlecht, teils nach der Bodenfärbung, die
ihn umgiebt (siehe oben). Einige Stücke besitzen ausgeprägte, gelb¬
weiße Längsstreifen und wenn nicht die Gestalt des Kopfes mit
seinen hochstehenden Augen und Orbitalkonvexitäteu das sicherste
Merkmai der Stachelfinger (Acanthodactylus vulgaris) wären, würden
sie auf den ersten Blick von jungen Tieren letzterer Art kaum zu
unterscheiden sein.
Geschlechtsreife Männchen besitzen auf den Flanken eine Reihe
matthimmelblauer runder Tupfeu, bekanntlich eine Neigung vieler
Lacertiden , diese geschlechtliche Zierde anzunehmen, welche bei
Lacerta ocellata zur vollsten Entwickelung gelangt.
Die Häutung geschieht nach Art der meisten Eidechsen stück¬
weise; dabei suchen die Tiere durch Reiben des Kopfes an dürre
Gräser, Steine, Muscheln etc. die abgestorbene Kopfhaut zu sprengen,
worauf sie oft mit einem Hinterfuße nach Hundeart die lose anhaften¬
den Hautpartikel einzeln abstreifen.
Man findet hie und da Exemplare mit gegabeltem Schwanz,
dessen Entstehung ich hier bereits früher*) und an andern Orten**)
erklärt habe, vor.
*) B. XXI. S. 16 ff.
**) v. Fischer. Das Terrarium etc. S. 256.
44
Abgebrochene Schwänze ersetzen sich bei guter Pflege (Wärme,
Licht und absoluter Trockenheit) und reichlicher Nahrung in äußerst
kurzer Zeit. Im Juni findet mau in den Dünenhügeln, etwa 40 cm in
vertikaler Richtung von der Oberfläche, auf dem südlichen Abhange
derselben, etwa 15 — 20 cm in horizontaler Richtung von der Ebene
des Abhanges entfernt, die rein weißen, pergamentschaligen, zwischen
den Fingern federnden Eier der Sandschlüpfer zu Haufen von 4, 5
und 6 (Gelege je eines Weibchens) vereinigt. Manche kleben schwach
aneinander, die meisten jedoch liegen frei von einander.
Die Längen- und Breitemaße derselben variieren nach deren
Alter, denn wie wir später sehen werden, wachsen die Eier nach
ihrer Ablage nicht' unbedeutend.
Die angeführten Tiefmaße der Stelle, wo die Eier abgesetzt
werden, sind für die Zeitigung derselben von großem Belang. Denn
würden die Tiere sie minder tief ablegen, so würden sie verdorren.
Man findet daher stets die Eier in einer Tiefe, wo 'der Sand sich
zwischen den Fingern feucht anfühlt, noch aber leicht von der Haut
abfällt.
Die Mittagslage der Eier ist denselben unerläßlich, um die zur
Entwickelung des Fötus nothwendige dunstende Wärme zu er-
o O
zeugen.
Ende Juli oder Anfang August schlüpfen die jungen Tiere aus
und werden zu Myriaden zwischen den Dünen angetroffen.
Ihre Nahrung besteht in den ersten Tagen aus kleinen, winzigen
Dipteren und ihren Larven, von denen der Strand wimmelt.
(Schluß folgt.)
Ein Besuch des zoologischen Gartens zu Cöln.
Von L. Wunderlich.
Wenn ich es, nachdem ich bisher über den Berliner Garten be¬
richtet habe, heute wage, auch über das Cölner Institut eine Skizze
zu liefern, so thue ich es nicht ohne genaue Kenntnis desselben.
Seit 1870 habe ich den Garten von meiner nahe bei Cöln gelegenen
Heimat oftmals besucht und auch im Jahre 1880 ein halbes Jahr
als Volontär darin gearbeitet. Im August vorigen Jahres verweilte
ich wiederum mehrere Tage in demselben, und da in dieser Zeitschrift
längere Zeit hindurch keine ausführlicheren Berichte über ihn ge-
45
geben sind, so mag es mir vergönnt sein, den jetzt 23 Jahre alten
Garten wieder einmal näher zu betrachten.
Die erste Anregung zur Gründung eines zoologischen Gartens
in Cöln ging von Herrn Ernst Müller aus und zwar durch einen
Artikel in Nr. 114 der Cölner Ztg. vom 24. April 1856. Herr Dr.
Garthe nahm sich der Idee eifrig an und ihm , in Verbindung mit
anderen Männern, ist es wohl zu danken, daß sie verwirklicht wurde.
Die Notiz an der Sonnenuhr im Cölner Garten, wonach der Artikel
von Dr. Garthe in Nr. 223 der Cölner Ztg. vom 13. August 1857
die erste öffentliche Anregung ist, bedarf demnach einer Berichtigung.
Durch Ausgabe von Aktien wurde das nötige Kapital aufgebracht
und der als Geflügelzüchter rühmlichst bekannte Herr Dr. Bodinus
als Direktor berufen. 1860 begann man den Garten anzulegen und
noch in demselben Jahre wurde er eröffnet. Der oben erwähnte
Herr Müller wurde an demselben als Inspektor augestellt. Ich will
die unerquicklichen Verhältnisse übergehen, welche seine Entlassung
nötig machten. Er ging von Cöln, nachdem ihm mehrere Unter¬
nehmen mißglückt waren, nach Brüssel, konnte sich aber auch hier
nicht halten und kam dann nach einer Reihe von Jahren hülfe-
suchend nach Berlin, wo er von dem inzwischen nach hier versetzten
Herrn Direktor Bodinus eine Anstellung als Wärter im Vogelhause
erhielt. Er bekleidete dieselbe bis zu seinem am 2. Juni 1882 er¬
folgten Tode. Da ich aus sicherer Quelle weiß, daß er der eigent¬
liche Gründer des Cölner Gartens ist, sein Name somit eine Stelle
in der Gerschichte desselben finden muß, so glaubte ich diese wenigen
Zeilen über ihn hier einfügen zu müssen.
Die ganze Anlage des Gartens ist das Werk des Herrn Dr.
Bodinus, der in wenigen Jahren aus der baumlosen Heide einen
prachtvollen Park zauberte und ihn mit einer so reichen Tierwelt
bevölkerte, daß sein Nachfolger es als seine Hauptaufgabe betrachten
mußte, diese auf der gewonnenen Höhe zu erhalten. Die eigent¬
liche Sorge des Herrn Direktor Funk richtete sich auf den Garten
als Park und man kann wohl sagen, daß kein zweiter deutscher
Garten dem Cölner an Pracht und Sauberkeit gleichkommt. Besonders
die Pflege der Teppichbeete hat er stark kultiviert und dadurch dem
Garten einen äußerst freundlichen und gewinnenden Anstrich ge¬
geben. Auch ist die Mehrzahl der Sträucher mit ihrem wissenschaft¬
lichen Namen bezeichnet und so eine Verbindung von zoologischem
und botanischem Garten hier angestrebt.
Der Garten liegt rheiuabwärts von Cöln und ist in einer guten
4G
halben Stunde zu Fuß zu erreichen. Außerdem ist durch Dampf¬
schiffe und zwei Pferdebahnlinien für bequeme Verbindung gesorgt.
Auch an das Telephonnetz ist er angeschlossen und wird die Be¬
nutzung dieser Einrichtung seitens des Publikums gern gestattet.
Der Eingang liegt im südlichsten Winkel des Gartens zwischen
zwei freundlichen Häuschen, deren Parterreräume links als Kasse,
rechts als Bureau dienen. Der Oberstock beider ist zu einer Beamten -
wohnung eingerichtet.
An der Hand eines an der Kasse käuflichen Führers, der durch¬
schnittlich jedes Jahr neu aufgelegt wird, wollen wir den Garten
durchwandern. Was zunächst den Führer selbst betrifft, so ist dieser
nur eine Namenzusammenstellung der gewöhnlich vorhandenen Tiere.
Eine Charakteristik der Tiere, nach der mau sie erkennen kann oder
eine kurze Skizze ihres Lebens fehlt vollständig. Dies ist meiuer
Ansicht nach nicht richtig, denn gerade durch die Führer der zoolo¬
gischen Gärten , welche ihrer Billigkeit wegen von reich und arm
gern gekauft werden, kann Interesse für die Tierwelt erweckt werden.
Aber dies geschieht keinenfalls durch die nakten Namen, während
man einen Führer, der uns außerdem interessante Momente aus der
Lebensgeschichte bringt, immer wieder liest und dadurch das einmal
gewonnene luteresse wach erhält. Einen Vorzug besitzt der Cölner
Führer, daß er außer dem lateinischen und deutschen Namen auch
den englischen und französischen aufführt und dies ist gerade für
den Cölner Garten, der mit den durchreisenden Ausländern rechnen
muß, von Bedeutung. Zu loben ist ferner noch der Plan, auf welchem
der einzuschlagende Weg derart deutlich angegeben ist. daß mau
ohne Umwege und Zeitverlust sicher den ganzen Garten zu sehen
bekommt.
Wenden wir uns gleich nach dem Eintritt rechts, so treffen wir
auf die zwischen dem jetzigen und dem alten Thor liegende Papa¬
geien -Voliere, deren drei Abteilungen den ganzen Raum vom Erd¬
boden bis zum Dache ausfülleu. Vorne sind sie durch ein Draht¬
gitter geschlossen, über welches im Winter Strohmatten gehängt
werden zum Schutz der darin verbleibenden härteren Vögel. Außer¬
dem befinden sich au den beiden Kopfenden noch Abteilungen, welche
nach außen durch Bretterwände dicht geschlossen sind und durch
Glasthüren von dem übrigen inneren Raum getrennt werden könuen.
In der Mitte der Voliere wohnen die Wellensittiche, die sich hier in
jedem Jahr reichlich vermehren. Außerdem bemerkte ich eine
Euphema pulchella unter ihnen. Rechts von ihnen wohnen durch
47
Gitter von einander getrennt Nymphicus Novae- Hollandiae, Platycercus
eximius , Pl. scapulatus , PL Barrabandi , Gonurus jendaya , Tricho-
glossus Novae- Hollandiae und ein Paar Rhamphastus dicolorus. Die
Abteilungen sind so groß, daß die Vögel im Fluge nicht beschränkt
sind. Ebenso bewohnen links von den Wellensittichen 2 Dacelo gigantea
und 1 Paar Barita tibicen hinreichend große Räume.
Vor diesem Hause liegt die sogenannte runde Voliere so, daß
durch sie der Einblick durch das Thor in den Garten vollkommen
verdeckt wird. Der Name drückt schon die Form des ganzen Hauses
aus. Im Centrum befindet sich ein heizbares Holzgebäude, welches
entsprechend den äußeren in eiuem Ringe darum liegenden Läufen
in 6 Abteilungen zerfällt. Vorzüglich sind es ausländische Hühner
und Tauben, welche hier Unterkommen finden, daneben auch einige
seltenere Stelzvögel. Bei meinem letzten Dortsein beherbergte das
Haus Exemplare von Rhynchotus rufescens , Crax globicera , C. Dauben-
toni , C. Mitu, Phasiamis pictus, Goura Victoriae , Galoenas nicobarica ,
Phaps picata, P. lophotes, Vancllus cristatus , Oedicnemus crepitans ,
Porphyr io hyacinthinus , Machetes pugnax , Phs rubra , Cancroma
cochlearia, ferner Gorvus fregilus und P/c« caadata.
Links vom Eingänge und der runden Voliere liegt die Vogel¬
stellage, eine Sammlung gut bezeichneter, meist einheimischer Vögel,
die gewiß ihres Gleichen sucht. Sie wurde von dem früheren Kassier
des Gartens angelegt und dank der guten Pflege halten selbst weich¬
lichere Vögel hier Jahre lang aus. Nach Arten getrennt haben sie
in einfachen Bauern Platz gefunden und geben dem Nichtkenner ein
Mittel an die Hand, die einheimische Vogelwelt kennen zu lernen.
Daneben finden sich hier auch solche Vögel, welche das Geschlecht
in anderen Kontinenten vertreten. Im Winter werden die Bauer
zum größten Teil in der gleich zu beschreibenden Vogelgalerie unter-
«•ebracht. Die Aufzählung aller Arten würde zu weit führen, ich er-
wähne deshalb als die wichtigsten nur folgende : Turdus musicus,
T. merula , T. viscivorus , T. migratorius, T. carolinensis , T. cyaneus ,
Yunx torquilla , Gitta europaea , Sylvia sibilatrix , Lusciola luscinia ,
Upupa epops, Oriolus galbula (prachtvoll ausgefärbtes Männchen),
Picus viridis, P. major , P. auratus , Stryx noctaa.
Nur wenige Schritte von dieser Stellage entfernt liegt die Vogel¬
galerie. Dieselbe, ein langgestreckter Fach werk bau, gehört keines¬
wegs zu den Zierden des Gartens. Das Haus stammt aus der ältesten
Zeit des Gartens und hat nacheinander als Restauration, Direktor¬
wohnung und Vogelgalerie gedient. Gewiß wäre es schon ver-
48
sch wunden , wenn nicht die Festung Cöln im Wege stände. Aber
der Garten liegt im Festungsgebiet und muß sich den Gesetzen
desselben fügen. Den Namen Vogel Valerie führt dies Haus mit
unrecht, denn nur ein kleines heizbares Zimmerchen dient als solche,
ln dem größeren Raum befinden sich die alten Inueukäfige des
großen Raubtierhauses, welche während dessen Umbau samt den
Tieren hierhin versetzt wurden. Als diese in das umgebaute Raub¬
tierhaus zurückgebracht wurden, ließ man die alten Käfige hier, um
im Winter Platz für die während der warmen Jahreszeit im Freien
untergebrachten Tiere zu haben. Beschränken wir uns also auf das
kleine Zimmerchen, so müssen wir sagen, daß dieses trotz der zahl¬
reichen und seltenen Vögel, die wk hier finden, keineswegs den Er¬
wartungen entspricht, welche wir an einen zoologischen Garten stellen.
Nach Art einer Menagerie stehen hier Papageien und Finken in
ihren engen Käfigen in Reih und Glied da, während Flugkäfige
gänzlich fehlen. Für eine gute Etikettierung, welche in Cöln aller¬
dings. nichts zu wünschen übrig läßt, ist diese Aufstellung zu sehr
vorteilhaft. Aber um nur die Artunterschiede kenuen zu lernen,
geuiigt es ja, wenn man in einem Museum ausgestopfte Tiere be¬
trachtet. In einem zoologischen Garten hingegen will mau die Tiere
in einer solchen Lage sehen, welche der Freiheit möglichst gleich¬
kommt, welche sie womöglich zur Fortpflanzung geneigt macht.
Wie gewöhnlich, so sind auch hier die großen Papageien auf
Bügeln angekettet und zwar 2 Plictolophus molucccnsis, 1 P. Goffmi,
1 P. galeritus , 1 Sitlace hycicinthina , 1 S. cliloroptera , 1 S. ararauna,
1 S. Illigeri , 1 Chrysotis aestiva, 2 Oh. ochrocephala. Doch ist die
Sitzstauge aus Holz, so daß die Vögel Arbeit für ihre Schnäbel
haben. Bei gutem Wetter werden die Bügel vor dem Hause im
Freien' aufgehängt. In der Galerie selbst verzeichnete ich folgende
Papageien : Licmetis ncisicus, Plictolophus roseicapillus , P. Leadbeateri ,
Calyptorliynchus Banksi , Euphema venusta , Platycercus pulcherrimus ,
Trichoglossus Novae- Hollundiae, Pdlaeornis eupatrius , P . torquatus,
P. fa.sciatus , Tanygnathus albirostris , Agapornis cana , Conurus nanday ,
Pyrrhura cruentata , Chrysotis aestiva , ferner zahlreiche exotische-
Finken, Weber, Fasänchen, Amadinen u. s. w., Cyanocitta cyanopogon
und die kalifornische Wachtel.
Die nächsten drei Häuser, resp. Häusergruppen , dienen den
Hühnern, Pfauen, Fasanen und Tauben. Zunächst kommen wir an
ein langgestrecktes Rechteck, welches auf drei Seiten von 15 Bretter¬
häuschen und 16 Läufen geschlossen ist, während die vierte lauge
49
Seite von einer prachtvollen Wiesentläche mit schönen Beeten und
Ziersträuchern eingenommen ist. Die genannten Häuschen sind zwei¬
stöckig. Das Erdgeschoß bewohnen die Hühner, welchen auch die
Außenläufe dienen, der Oberstock beherbergt mehrere Taubenrassen,
wie Eistaube, Pfauentaube, Indianer, Montauben, Mövchen und andere.
Eine durch Drahtgitter geschlossene Galerie an der Vorderseite des
Hauses dieut ihnen als kleiner Ausflug und nur die Bewohner des
mittleren Hauses, geringere Sorten, erfreuen sich vollkommener Frei¬
heit. Vod Hühnern fand ich vor: Cochinchina, Bralimapootra, Gold-.
Silber- und Viktoriabrabanter, schwarzes und blaues La Fleche, Creve-
Coeur, Paduaner, belgische Kämpfer, Dorking, Malayen und diverse
Bantamrassen, Im allgemeinen läßt sich von den Hühnern sagen,
daß die verschiedenen Rassen nur in einzelnen Stämmen gehalten
werden, um den Besucher mit ihnen bekannt zu machen, vielleicht
auch nur, um die Häuser nicht veröden zu lassen. Die Eier werden
verkauft, Junge gar nicht oder doch nur von sehr wenigen Rassen
gezogen. Ob mit dieser Vernachlässigung, welche sich auch auf die
Tauben erstreckt, das richtige getroffen ist, möchte ich bezweifeln.
Die große Mehrzahl der Besucher hat mehr oder weniger Interesse
an dem Hühuer- und Taubenvolk. Da fällt denn den zoologischen
Gärten die Aufgabe zu, zu untersuchen, welche Rassen die wirt¬
schaftlich einträglichsten sind. Sie müssen dieselben dem Publikum
vorführen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllen wollen, und es ist ihnen
so auch das Material zu weiteren Kreuzungsversuchen gegeben. Diese
gewinnen auch noch ein wissenschaftliches Interesse, da durch das fort-
gesetzte Experiment mit Hühnern und Tauben das Feld, aus welchem
Darwin so reiche Früchte gezogen hat, weiter ausgebeutet werden kann.
Auf der Wiese, welche vor den Hühnerhäusern liegt, treffen wir
einen kleinen umzäunten Teich an, der zur Aufzucht junger Schmuck¬
enten dient und jenseits desselben das Pfauenhaus. Dasselbe ist ein
einfaches Bretterhaus, welches in mehrere Abteilungen zerfällt. Vor
demselben befinden sich 7 große Gehege, von denen die drei mittleren
rings geschlossen sind. Gemeine und weiße Pfauen, Truthühner
und Hühner der verschiedensten Rassen bevölkerten dieselben. Hinter
diesem Hause liegen die Fasanenhäuser, 7 an der Zahl. Es sind
kleine Holzhütten, welche mit 8 vollkommen geschlossenen Außen¬
läufen verbunden sind. Von Fasanen befand sich hier nur der Silber¬
fasan, außerdem Numida cristata , Ccithetunis Lathami , verschiedene
Zwerghühner und das Seidenhuhn. (Fortsetzung folgt.)
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1884.
4
50
Unsere Frösche und Kröten sind Nachttiere.
Von H. Fischer-Sigwart in Zofingen.
Im Anschluß an meine Mitteilung »Ehrenrettung des Gras¬
frosches« erkläre ich es auch für unrichtig, wenn die Frösche und
Kröten als Tagtiere erklärt werden. Es beruht dies wieder auf
einer Beobachtung, nämlich auf der, daß sie, namentlich in der Ge¬
fangenschaft, zu jeder Tageszeit bereit sind, Nahrung zu sich zu nehmen.
Dies rührt aber zum Teil daher, daß sie dort selten genügend er¬
nährt werden ; denn es ist unglaublich, wieviel diese Tiere, voran
der Grasfrosch, verschlingen können. Auch in der Freiheit kommt
es aber vor, daß sie am Tage, vom Hunger getrieben, der Nahrung
nachgehen, und daß z. B. eine Kröte vor einem Bienenstand an günstiger
Stelle auf der Lauer sitzt. Sie hat begriffen, daß es ihr wenig Mühe kostet,
die Bienen wegzuschuappen und daß ihr Magen auf diese Art bald
gefüllt ist. Die Kröte darf aber deshalb nicht zu den schädlichen
Tieren gerechnet werden in anbetracht dessen, daß sie ja leicht vom
Bienenstand entfernt werden kann und daß sie dann wieder auf
Schnecken und schädliches Gewürm Jagd machen wird. Nur die
gute Gelegenheit, welche sich einzig am Tage bietet, hat sie veran¬
laßt, sich um diese Zeit vor dem Bienenstand auf die Lauer zu legen.
Wenn man genauer beobachtet, so wird man bald einseken,
daß der Tag nicht die Zeit der Frösche und Kröten ist. Sie sitzen
stets an demselben Platze oder bewegen sich doch nicht weit vou
diesem weg, höchstens etwa, wenn sie auf einige Distanz etwas sich
bewegen sehen. Man kann sie auch leicht dazu bringen, daß sie,
auf die flache Hand gesetzt, erschnappen, was man ihnen in der
andern Hand vorhält; und bei einem Krötenweibchen, das bald sehr
zahm und zutraulich wird, kann mau dann beobachten, wie weit und
wie ungeheuer schnell es die Zunge hinausschnellt und sich einen
vorgehaltenen Mehlwurm holt. Die Distanz geht bis auf 6 Centim.,
selbst darüber, und das Herausschnellen geschieht so schnell, daß
der Zuschauer gewöhnlich nur den Mehlwurm verschwinden sieht,
ohne sich recht erklären zu können, wohin er gekommen ist. —
Aber die Vorbereitungen, die es braucht, bis eine Kröte oder ein
Grasfrosch eine Beute am Tage packt, ihr schlechtes, blödes Auge,
das sie dabei zeigen, so daß sie sogar öfters fehl schießen, so wie
der Umstand, daß sie meist auf dem einmal erwählten Standorte
bleiben, deuten schon darauf hin, daß sie Nachttiere sind.
Wenn man nun gar in einer warmen Frühlings- oder »Sommer¬
nacht das Terrarium, worin sie sich aufhalten, betritt, da zeigt sich
die Sache ganz anders. Da sind sie überall zerstreut, weit entfernt
von den Plätzen, die sie am Tage innen hatten, auf der Lauer oder
schwärmen umher. Aufmerksam späht die Kröte nach vorn, iu An-
griffsstellung. Sie hat auf ziemliche Distanz einen Regenwurm ent¬
deckt, und bewegt sich nun, man möchte sagen, katzenartig schleichend
darauf hin. Das ist nicht mehr das stupide Tier vom Tage. Und
eine ganze Anzahl Grasfrösche hüpft in dem schmalen Wege herum,
der sich quer durch das Terrarium zieht und wo sie am Tage nie
zu sehen sind.
Sogar die Laubfrösche, jedoch diese nur während der Brunft¬
zeit, schwärmen emsig umher zu nächtlichem Stelldichein. —
Der grüne Wasserfrosch aber, der doch schon den ganzen Tag
über im Froschteich spektakelt hat, gurgelt und quakst bei Nacht
mit doppeltem Eifer und erhöhter Kraft.
Grasfrösche und Kröten kann man zu jeder Zeit der Nacht so
antreffen ; doch am Morgen mit Tagesanbruch begeben sie sich
wieder in ihr Tagquartier zur Ruhe. Der Tag ist ihre Ruhezeit,
und wenn sie dann auch fressen, so sind sie doch phlegmatischer
und scheinen gauz andere Tiere als bei Nacht.
Sogar noch im Spätherbst, wo die Temperatur doch schon
kühl ist und wo die meisten Lurche am Tage verborgen bleiben,
wo höchstens noch bei Sonnenschein aus dem Steinhaufen im größten
Wasserbassin das wohlige Grunzen des Grasfrosches ertönt, welches
er nur hören läßt kurz vor dem definitiven Beziehen des Winter¬
quartiers und dann wieder im Frühling kurz vor dem Verlassen
desselben, treiben sie ihr nächtliches Wesen.
In einem Zimmer neben dem Terrarium ist ein Ofen aufgestellt
worden zur Heizung desselben, dessen Rohr durch das stets offene, nach
dem Terrarium führende Fenster in dieses geht. Schon in der ersten
Nacht waren zwei Grasfrösche und auch ein Wasserfrosch durch das
offene Fenster in das Zimmer geraten, in der zweiten sogar acht und
seither jede Nacht einige. Sie gingen der vom Ofen ausströmeuden
Wärme entgegen, und das führte sie in das Zimmer. Am Tage aber
geschah dies auch nicht ein einziges Mal. —
Diese Beobachtungen, die sich nun seit Jahren immer gleich
darbieten, beweisen doch gewiß zur Genüge:
Frösche und Kröten sind Nachttiere !
52
Aus (lern Berliner Aquarium.
Von Gustav Schubert.
Mit einer Abbildung.
Nach dem vielfach angewendeten Citate »Habent suafata libelli« haben »Büch¬
lein« ihre Schicksale; ich behaupte kühn, daß außer den Menschen auch die
zoologischen Nachbarn derselben, die Affen ihre »fata« haben. In meinem letzten
Berichte schilderte ich die gefahrvolle Winterreise unseres Gorilla, wie er unter
bangenden Herzen (seitens des Direktor Dr. Hermes und der zu diesem Ereignis
geladenen Corona) dem Beisekasten entstieg, der leicht hätte können für ihn
zum Sarg werden. Nun, der Affe hat alle an sein Leben geknüpften Hoffnungen
Der Gorilla des llerliner Aquariums.
und Erwartungen glänzend erfüllt, er hat sich auf das prächtigste entwickelt
und ist in den Berliner tierfreundlichen Kreisen persona grata; sein Gewicht
ist in den verflossenen 10 Monaten von 4 Kilo auf 7,45 Kilo gestiegen, das
Gebiß hat sich uru 2 Eck- und 8 Backenzähne vermehrt. Von der Wildheit
und Furchtbarkeit seiner Eltern ist bei dem jungen Tier noch keine Spur zu
Tage getreten, es zeigt sich vielmehr gutmütig, freundlich, dankbar und kind¬
lich, spielt mit Trommel und Wagen wie ein Büblein und würde keinem
Menschen etwas zu leide thun.
Anders gestaltet sich jedoch das Verhältnis zu seinem Gefährten, dem
Chimpansen, den ich Ihnen als zweiten Anthropomorphen - Vertreter in
unserm Institut vorstelle. Wir haben die verschiedensten Versuche gemacht,
diese beide Vierhänder*) zu befreunden, aber ein unbesiegbarer und un¬
erklärlicher Abscheu, der dem Nationalitätshasse gewisser »Menschenbrüder«
nicht unähnlich ist, hat bisher jede Annäherung vereitelt. Mit großem Ge¬
schrei wendet sich der Gorilla von dem Chimpansen ab, die leiseste Berührung
mit diesem versetzt ihn in hochgradige Aufregung. Das feindliche Verhältnis
ist um so auffallender, als der Chimpanse ein überaus friedfertiger Gesell ist
und mit dem Kumpan nur eine kleine Balgerei beginnen würde. Ein be¬
merkenswerter Zug tritt recht deutlich bei dem Chimpansen zu Tage. Seine
größte Freude besteht in dem »Umgang mit Menschen«, er begrüßt jeden mit
den lustigen Sprüngen und nimmt Liebkosungen gern entgegen. Wehe aber
unserm Ohr, wenn der Besuch den Käfig verläßt, der Affe erhebt in diesem
Augenblick ein jämmerliches, fast menschenähnliches Geschrei, wälzt sich vor
Seelenschmerz auf der Erde und ist nicht eher beruhigt, als bis der menschliche
Freund aus dem Gesichtskreis entschwunden ist.
Der dritte Anthropomorphe ist ein halberwachsener Orang-Utan, der
in affensocialer Beziehung zur »Mittelpartei« gerechnet werden muß. Er hält
mit jedem Frieden und wird nur mißvergnügt, wenn man ihm sein höchstes
Kleinod, eine wollene Decke, entreißen will. Der rothaarige Gesell hat ein
fast bläuliches Gesicht und steht bei der Vergleichung mit dem Chimpansen in
Betreff der Menschenähnlichkeit sehr zurück.
Damit die Reihe dieser seltenen Affen vollständig werde, nenne ich
als vierten im Bunde einen reizenden Gibbon, so daß das Berliner
Aquarium augenblicklich im Besitz von vier Anthropomorphen ist, alle
lebenslustig und frisch; es ist begreiflich, daß sich die deutsche und auslän¬
dische Gelehrtenwelt die seltene Gelegenheit nicht entgehen läßt, an dem
Vierblatt Studien nach der Natur zu machen. Ein entschiedener Menschen¬
feind ist der zuletzt genannte Affe, schon die klappernden Schlüssel des in¬
spizierenden Direktors setzen ihn in Schrecken, er flieht in fabelhaften Sprüngen
und hockt in den höchsten Regionen, von wo er ängstlich auf seine vermeint¬
lichen Peiniger herabsieht. Die ihm angeborene Fähigkeit aufrecht zu gehen,
bethätigt er nur, wenn er sich unbeobachtet glaubt. —
In unmittelbarer Nähe der seltenen Vierhändergruppe haust eine große Schar
fliegender Hunde (Kalong, Pteropus edulis). Diese von den ostindischen
Inseln stammenden Handflügler sind überaus dankbare Bewohner des Aquariums;
bei rationeller Pflege halten sie lange aus und ergötzen das Publikum durch ihr
munteres Treiben. Neu eingelieferte Kalongs machen sofort von ihrer Flughaut
Gebrauch, stellen aber die Übungen bald ein, da ihnen der Raum nicht groß
*) ich gebrauche das alte Wort, obgleich die hinteren Extremitäten zwar nach ihren
Leistungen, nicht aber nach dem anatomischen Baue „Hände“ sind.
54
genug zu sein scheint. Sie beschränken sich schließlich auf die Anwendung der
Krallen an den Hinterfüßen und des hakenförmigen scharfen Daumens, mit
dessen Hülfe sie an glatten Flächen leicht emporklimmen. Während des
Schlafens und Fressens hängen die fliegenden Hunde mit dem Kopfe nach unten,
klugerweise wechseln sie jedoch bei Ausscheidungen diese Stellung mit der
umgekehrten.
Von sonstigen »höheren« Aquariumbewohnern sind zu nennen: ein wohl
entwickeltes Biber paar und eine kleine Gesellschaft Lummen (Uria troile),
auch Trottellumme und dumme Lumme genannt. Diese Tauchervögel entzücken
durch ihre Schwimmkünste unter dem Wasserspiegel, hierbei gebrauchen sie
die Flügel, als schwebten sie in der Luft, während des »Fluges« in dem leuchten
Element schließen sie die Augen nicht und finden daher den Weg zwischen
den Fel sgruppen und den zah lreichen Riesenschildkröten, welche ver¬
wundert auf die ungewöhnlichen Gäste schauen.
Besonders groß ist unser »Reptilienfonds«. Dr. Hermes überbrachte vor kurzem
von Hamburg eine Sammlung (-10 Stück j hinterindischer Riesenschlangen
(Python bivittatus) und 10 Stück Tigerschlangen (Python molurus tigris )
welche einen ausgezeichneten Appetit entwickeln und unter den Meerschweinchen-,
Kaninchen- und Taubenbeständen tüchtig aufräumen. In der Kunst des Hungerus
hat eine Riesenschlange (Boa murina ) den vielgenannten amerikanischen Kost¬
verächter Tanner weit übertroffen, das Reptil hat es in der freiwilligen Fastenzeit
bis auf f iiu fh u n d e r t T ag e gebracht, jetzt bequemt es sich wenigstens wöchent¬
lich ein Täubchen zu verzehren. Die sonst in träger Unbeweglichkeit verharren¬
den Schlangen entwickeln bei der Jagd nach ihrer Beute ungeahnte Energie
und Schnelligkeit, ein für unser Auge kaum fixierbarer Moment- und der
ahnungslose Nager befindet sich im Rachen des Reptils, das nun im langsamsten
Tempo zu schlingen beginnt. Jener vielverbreitete Glaube an den bannenden
Schlangenblick kleineren Tieren gegenüber erweist sich hier als ein Märchen.
Stundenlang stiert der Python sein Opfer an, ohne daß dieses irgend welche
Befangenheit verrät, ja die Kaninchen- und Meerschweingesellschaft tummelt
sich vergnügt auf den Leibern und Köpfen der Schlangen, wobei es sich nicht
selten ereignet, daß eine derselben dem springenden Kaninchen ausweicht —
verschwiegen soll allerdings nicht werden, daß am andern Morgen von den
armen Nagern jegliche Spur verschwunden ist.
Im Vergleich mit den Atfeugruppen , der Vogel- und Fischwelt unseres
Aquariums führen die großen »Saurier« ein stummes bewegungsloses Dasein,
sie rauschen weder »in den Schachtelhalmen«, noch in den Wasserfluten, nur
bei der Fütterung erheben sie die Rachen zum leckerbereiteten Mahle. So
verzehrt der große Alligator (Champsa luciusj ein kräftiges, über 2m langes
Tier, wöchentlich 10 Pfund Fleisch, das er sich, jede Anstrengung scheuend,
von dem Wärter reichen läßt. Viel beobachtete Aquarienbewohner sind die
See- Schildkröten, in deren Bewegungen die ganze Praxis und Theorie des
Ruderns und Schwimmens zum Ausdruck gelangt.
Dank der vervollkommneten Transportmethoden ist die Fauna der
Nord- und Ostsee und des mittelländischen Meeres zu allen Zeiten auf das
reichhaltigste vertreten, das vou Dr. Hermes bereitete künstliche Seewasser
bietet den oft so empfindlichen Tieren einen vortrefflichen Ersatz für das
heimatliche Element, ich nenne außer den Polypen, Seerosen, Holothuricn
u. s. w., die prachtvoll schillernden Brassen, Torpedos und Engelhai.
( Squalus sqiiatina.)
Es erübrigt nur noch mitzuteilen, daß das Berliner Aquarium in neuester
Zeit einen gediegenen äußerlichen Schmuck erhalten hat. Nach künstlerischen
Grundsätzen sind viele sonst leere Wände mit bunten Gemälden und Land¬
schaften bedeckt, die in bestimmten Beziehungen zu der ausgestellten Tierwelt
stehen, so daß dem nun einmal verwöhnten Publikum auch hier nur »stilvolle«
oder vielmehr »stilgerechte« Dekorationen entgegentreten.
Korrespondenze n.
Berlin, im November 1883.
Zoologischer Garten in Prag. Aus der »Wiener Presse« vom 6
Dezember 1878 hatte die Redaktion des Z. G. Jahrgang XX. 1879, S. 30 die
Nachricht übernommen, daß sich in Prag ein Komite gebildet habe, welches
mit Dr. Alfred Brehrn wegen Gründung eines Zoologischen Gartens Beratungen
pflege. Dieser Umstand veranlaßte mich bei meinem kürzlichen Aufenthalt in
der Stadt des heiligen Nepomuk nach der Sachlage zu fragen. Die Antwort
von sehr kompetenter Seite lautete so ungünstig wie möglich. Weder vom
Zoologischen Garten noch vom Aquarium sei mehr die Rede, die unglücklichen
inneren politischen Verhältnisse, der unüberwindliche Rassenhaß zwischen
Deutschen und Czechen in der Hauptstadt der Wenzelskrone mache jede Ein¬
richtung eines solchen Instituts unmöglich. Wer, gleich mir mit angesehen
hat, wie wohl erhaltene zweisprachliche Straßenschilder von den Ecken abge¬
nommen und durch rein czechische ersetzt wurden, muß allerdings zur Über¬
zeugung gelangen, daß der klassische Vers »Quidquid delirant reges, plectuntur
Achivi« nicht bloß von »rasenden« Königen, sondern auch von böhmischen
Stadtmagistraten gilt. In der Stadt Posen, woselbst sich Deutsche und Polen
mitunter auch schroff gegeuüberstehen, ist es doch gelungen, einen recht an¬
sehnlichen »zweisprachlichen« Zoologischen Garten viribus unitis zu gründen.
Sollte das in Prag, wo, nach Max von Schenkendorf, »Heil’ge von den Brücken
schauen«, nicht auch möglich sein? Den schwachen Anfang eines Zoologischen
Gartens fand ich in dem neuen, unter Benutzung der alten Wallanlagen nicht .
übel eingerichteten Stadtpark. Auf den Gewässern desselben tummelten
sich Wasserhühner, Enten und Gänse, woruuter fremdländische Arten, am
Rande bemerkte ich außer Störchen einen Jungfern - Kranich ( Grus numidicci).
Die Tiere erfreuten sich ersichtlich der Teilnahme des Publikums, namentlich
der Kinderwelt. Sollte sich aus diesem bescheidenen Versuch ein wirklicher
Tierpark entwickeln, wir Deutsche würden die Ersten sein, den Prager Czechen
ein: Na zdar! — Gut Heil! — zuzurufen. E. Friedei.
56
Tours, 16. November 1888.
Anbei erhalten Sie eine Liste der gegenwärtig im Parke Beaujardin
in Tours lebenden Tiere. Die mit * bezeichneten haben sich vermehrt, die
mit E. leg. haben Eier gelegt.
Die neuen Kudu -Antilopen, Strepsiceros imberbis , sind prächtige
Tiere und so sanft, wie ich noch nie Antilopen sah. Leider ging das Männchen
an einem Geschwüre an dem Backen ein. Die 2 Weibchen scheinen sich gut
einzugewöhnen, werden aber nachts eiugesperrt. Die Bleß bocke, 3 Stück,
bleiben immer im Freien und wissen sich hier gut vor dem Regen zu
schützen ; sie stellen sich unter dicht belaubte Bäume stets hinter den Wind.
Sonderbarer Weise lassen sich diese starken Tiere von schwächeren ein¬
schüchtern. Ein amerikanischer Strauß, Rhea , der auf einer anderen Seite
des Parks zu fressen bekommt, eilt stets, wenn die Antilopen gefüttert werden
(Gelberüben und Kleie), mit geöffnetem Schnabel herbei, treibt die Antilopen
fort und tliut sich nun an den Gelberüben gut. Die schlimmsten Störenfriede
sind aber die Gazellen, deren Bock alles jagt und plagt und selbst die
Alpakas in Furcht hält. Um ihn unschädlich zu machen, ist ihm ein Stück
Holz quer über die Hörner befestigt worden. — Für die allerliebsten Pudu-
Hirsche, 8 Weibchen, konnte ich leider noch kein Männchen beschaffen, aber
die chinesischen Zwerghirsche, Cervulus lieevesii, vermehreu sich hier
wohl ebensogut wie in ihrer Heimat; eiuige Weibchen werfen wenigstens
alle 6 Monate ein Junges. Die chinesischen Rehe, Hydropotes inermis,
waren auch hier sehr fruchtbar ; einigemale fanden wir sogar 5 bis 6 Junge
von einem Weibchen. In der Brunftzeit aber (September) tötete der Bock
einige Junge in dem zu kleinen Park (8 Hectar) und die überlebenden 9 Stück
wurden dem König vou Italien geschenkt. — Die Schneehasen, Lepus
vciriabilis, wollten nicht gut gedeihen ; einigemal brach eine Seuche unter
ihnen aus und von 60—70 Stück blieben nur etwa 6 oder 7 übrig. —
Alpaka, große und kleine Känguru leben frei im Parke und ver¬
mehren sich regelmäßig. Seit drei Jahren sind hier allein 11 Riesen-
Känguru geboren, und wenn nicht ein großes Weibchen, das nicht gleich
ersetzt werden konnte, an Eingeweidewürmern zu Grunde gegangen wäre, hätte
ich wohl ein Dutzend Geburten mehr zu verzeichnen. — Fasanen wurden
auch viele erbrütet, obwohl voriges Jahr auch viele unfruchtbare Eier gefunden
wurden. Die Argusfasanen legten 4 Eier in 2 Gelegen, der Hahn schien
aber zu jung zu sein. — Ein Paar Spiegelpfauen, Polyplectron Germaini ,
ergab in 5 Gelegen 10 Eier, wovon 10 Junge auskamen; ein einziges ging
davon durch Ertrinken ein. — Papageien, Platycercus, brüteten ver-
schiedenemal ; junge P. cornutus , uvaeensis u. a. kamen auf. Auch dieses
Jahr schlüpften Junge aus, aber entweder ließen die Alten sie verhungern
wenn sie schon ganz befiedert waren, oder bissen ihnen iu die Köpfe. —
Die Ibis, Ibis melanopis , brachten glücklich ein Paar Juuge auf. Voriges
Jahr lebten sie in einem Gehege, durch welches die Wärter ihren Weg
nehmen mußten, um in eine andere Voliere zu kommen ; und da ließen sie
ihre Jungen umkommen. Diese Vögel müssen einsam gehalten werden, wenn
sie ihre Jungen aufbringen sollen ; dieses Jahr war ihnen eiu Stück Garten
eingeräumt, wo niemand hinkommt, und die Zucht gelang. Das Nest wurde
von unten erhöht, die Nahrung bestand in Pferdefleisch, Brot und Würmern.
Jedes Jahr brüten die Jungfer n kr an iche ; ihr Nest ist sonderbarer Weise
immer mit kleinen Steinen ausgelegt. — Bastarde wurden gezogen von
der Fuchs ente, Casarca rutila , und der ägyptischen Gans, Chenalopex
aegyptiacus. — CeplicilopJius rufdatus lebte lange hier und vermehrte sich im
Freien : zuletzt aber ging doch die ganze Gesellschaft durch die Einwirkung
des Klimas zu Grunde. — Der Laubenvogel, Ptilenorhynclius violaceus , ahmt
andere Stimmen nach, sehr treu das Flöten der Amsel, den Schrei der Pfau¬
fasanen und selbst den Ruf der Wärter, wenn abends gefüttert wird.
Viele junge Ochsenfrösche machten sich bemerkbar. Voriges Jahr,
bei dem Vergrößern eines Teiches fanden die Arbeiter 0,G0 m tief in harter
Erde Junge und 2 Eier von Schildkröten, es ließ sich aber nicht bestimmen,
von welcher Art. Die ausgegrabenen Jungen lebten aber nicht lange mehr.
Sciurus maximus.
Dasyprocta acouchy.
Lepus variabilis *.
Strepsiceros imberbis.
Tragelaphus scriptus *.
» dccida.
Gazella subgutyurosa.
Alcelaphus albifrons.
Cervulus Reevesii*.
» Sclateri.
Hydropotes inermis.
Pudua Ivumilis.
Lama Paca *.
» Vicugna.
Macropus giganteus *.
Halmaturus Bennetti *.
» Derbyanus.
» thetidis.
» brachyurus.
Trichoglossus ornatus.
» Novae hollandiae E.
» concinnus.
» chlor olepidotus.
Palaeornis cyanocephalus.
Platycercus Barrabandi *.
» erythropterus *.
» scapidatus E.
» Pennantii.
> ßaveolus.
> ßaviventris.
» palliceps.
-> Barnardi *.
» semitorguatus.
» zonarius *.
v cornutus *.
Platycercus uvaeensis *.
» Novae Zelandiae E.
» auriceps.
Lathamus discolor.
Euphema elegans.
» pulcliella.
Pyrrhulopsis per sonata .
» splendens.
Ceriornis Satyra *.
» melanocephala.
» Temmincld *.
» Caboti.
» Blythi.
Lophophorus refulgeus *.
Polyplectron chinquis *.
» Germaini *.
» bicalcaratum.
Argus giganteus E.
Pucrasia macrolopha *.
Euplocamus Sivinhoi rar. flava*.
» Vieilloti *.
Crossoptilon mantschurium E.
Pavo cristatus var. alba *.
» spicifer.
Bambusicola thoracica *.
Eupsycho rtyx Sonnini.
Pipile jacutinga.
Geopelia cuneatci.
Porphyrio melanotus.
Grus Virgo *.
» paradisea E.
Theristicus caudatus * (Ibis melanopis),
Chenalopex jubata.
Bernicla jubata.
» dispar. E.
58
Bernicla sandvicensis *.
Cygnus nigricollis *.
Dendrocygna major.
» circucita.
Sarcidiornis melanotus E.
Tcidorna tcidornoides.
Anas castanea *.
» gibberifrons *.
Querguedida cyanoptera *.
» brasiliensis *.
Mareca chiloensis.*.
Aix galericulata *.
Metopiana peposaca *.
Fuligula rufana.
Khca macrorhynchci.
Peristera GeofJ'royi E.
Ocyphaps Lophotes *.
Chalcophaps indica.
Phaps cludcoptera *.
G-eophaps scripta *.
Ptilonoi hynchus violaceus.
Testudo graeca E.
» marginata.
Terrapene carinata.
Emys europaea *.
Clenvmys picta *.
» t er rapin.
Trionyx japonicus.
Bana mugiens*.
» Catesbiana.
N o e n t y .
Hamburg, den 1. Dezember 1883.
Kreuzung gewöhnlicher grauer Mäuse mit weissen Mäuseu.
Soviel mir bekannt, sind systematische Kreuzungsversuche zwilchen grauen
und weißen Mäusen bisher noch nicht angestellt, obwohl die Frage nicht
ohne Interesse scheint, was als Resultat derartiger Versuche herausspringen
werde.*) Von vornherein sind entschieden folgende Möglichkeiten vorhanden :
1) die Färbung des normalen, grauen Tieres behauptet so sehr das Überge¬
wicht, daß die Nachkommen sämtlich dieser Färbung folgen. 2) Die ver¬
schiedene Färbung der Eltern kommt bei den Jungen in der Weise zur Geltung,
daß sie zweifarbig, etwa grau und weiß gefleckt werden. 3) Ein Teil der
Jungen ist rein weiß, ein anderer einfarbig grau. — Meine Versuche, welche
an einer ziemlichen Anzahl von Tieren unternommen und durch ein Jahr
fortgeführt wurden, ergaben nun zunächst das Resultat, daß die zweite Even¬
tualität so gut wie nicht eintrat : Die im Laufe der Zucht (5 Generationen)
gewonnenen Tiere waren entweder rein weiß oder fast normal grau, indem
die letzteren nur durch eine etwas hellere Bauchseite und einen helleren
Ring um die Augen von gewöhnlichen grauen Mäusen sich unterschieden.
Dagegen scheint das Überwiegen der grauen Färbung, wie ich es unter 1) als
wahrscheinlich hiugestellt, bei der ersten Generation in der That die Regel
zu sein. Wenigstens lieferten zwei gewöhnliche, weiße, weibliche Mäuse mit
einem wilden grauen Männchen nur graue Junge (resp. 6 u. 8). Da Inh¬
aber ein wildes graues Weibchen nicht zur Verfügung stand, um es mit einem
weißen Männchen zu paaren, so bleibt meinen Versuchen der Einwurf offen,
daß das zu Tage getretene Vorwiegen des Grau nicht sowohl auf die Tendenz
zum Rückschlag in die Normalfärbung als auf den stärkeren Einfluß des
männlichen Geschlechtes zurückzuführen sei. Doch ist mir bei meinen übrigen
Versuchen ein solches Vorwiegen des männlichen Einflusses auf die Jungen
nicht aufgefallen. Anders war das Verhalten, wenn ein normales weißes
Weibchen nicht mit einem wilden grauen Männchen, sondern mit einem grauen
*) Vergl. Jahrgang XIV, 1873, S. 108. — XV, 1874, S. 361.
59
ß 1 e n cl 1 i n g aus weiß und grau, also etwa mit einem Jungen der eben er¬
wähnten Zucht gepaart wurde. In diesem Falle war der Einfluß des grauen
Männchens nicht mehr stark genug, ausschließlich graue Junge zu erzielen,
sondern es zeigte sich in 3 Parallelversuchen die Erscheinung, daß die Hälfte
der Jungen weiß, die andere Hälfte grau wurde. Indem ich diese Versuche
noch durch mehrere Generationen mit verschiedenen Variationen fortsetzte, ge¬
langte ich zu dem aus Obigem von vornherein schon abzuleitenden Schluß,
daß die grauen Mäuse der späteren Generationen nun nicht mehr im Stande
sind, die Hälfte der Jungen grau zu färben, sondern nur einen geringeren
Bruchteil (etwa 2 von 6 od. 8), mit andern Worten, daß die Intensität, mit
welcher die Farbe eines der Eltern auf die Jungen einwirkt, in einem be¬
stimmten Verhältnis zu dem Grade der »Verdünnung«, wenn ich so sagen
darf, steht, in welchem ihm selbst die graue Färbung durch die Reihe seiner
Vorfahren übermittelt ist. Selbstverständlich wurde dieser Satz nicht bloß an
weißen Weibchen und grauen Männchen, sondern auch umgekehrt an grauen
Weibchen und weißen Männchen erhärtet. — Ein Versuch, zu konstatieren
ob auch der frühere Vater noch von Einfluß auf die Färbung der späteren
Jungen derselben Mutter sei — ich dachte an die bekannten Beobachtungen
der Pferdezüchter — , führte zu einem negativen Resultat, indem ein weißes
Weibchen, das erst 6 graue Junge geboren, nach Paarung mit einem normalen
weißen Männchen 7 rein weiße Junge zur Welt brachte.
Dr. K. Kraepelin.
Frankfurt a. M. im Dezember 1 883.
Vielleicht interessiert Sie folgende Episode aus dem Leben einer
Schwarzamsel. Dieses Tier pflegte schon längere Zeit mit unsern Haus-
hühnern während ihrer Fütterung Mahlzeit zu halten, was sich die Hühner
auch ganz ruhig gefallen ließen. Als die strengere Kälte eintrat, flog die
Amsel ganz gemütlich mit in den Hühnerstall und saß nachts bei den Hühnern
auf der Stange. Morgens flog sie mit ihnen herunter und fraß mit ihnen.
Gestern Morgen fand ich das arme Tier tot und zerpickt im Stalle liegen,
jedenfalls hatte sie ihren Platz neben dem Hahn '■gewählt, der das zahme
Tierchen auf solche Weise tot gebissen.*) Hedwig Müller.
Berlin, im Dezember 1883.
Zoologisches aus Bremen. Zu meinem Artikel S. 266 Jahrgang 1883
d. Z. teilt mir Herr A. Poppe, Bremen, Krefting Str. 14 folgendes mit. »Was
die Gründung eines Zoologischen Gartens in Bremen betrifft, so ist dieselbe
schon seit längerer Zeit geplant worden, doch hat man, wie ich glaube mit
Recht, davon abgesehen, weil Bremen zu wenig Fremdenverkehr hat, ohne den
sich eine solche Anlage wohl nicht rentieren dürfte.**) Übrigens wird i. .1.
*) Die tote Amsel, ein wohlgenährtes Männchen, wurde mir überbraeht. Der hintere
Teil des Rückens war stark zerhackt, das rechte Bein abgerissen.
**) Kann ich nicht gelten lassen: vergl. Münster und Posen, die obwohl erheblich kleiner,
ärmer und weniger von Fremden besucht als Bremen, dennoch sehenswerte Zoologische
Gärten besitzen. E. Fr.
GO
1884 ein Anfang gemacht werden in Gestalt eines ornithologischen
Gartens, zn welchem Zweck ein Bremer, Herr Gräving, 10,000 Mark geschenkt
hat. Vorerst soll dafür östlich vom Parkhause im Bürger-Park ein Gebäude
errichtet werden, das sicher bald durch im Anslande lebende Bremer bevölkert
werden wird. Nach der im nächsten Jahre zu erwartenden Fertigstellung des
Bürgerparks werden voraussichtlich diesem ornithologischen Garten mehr
Mittel zufließen, so daß sich möglicher Weise daraus im Laufe der Zeit ein
Zoologischer Garten entwickeln wird.« — Ich hoffe dies nicht bloß, sondern
halte es außer allem Zweifel, denn keine deutsche Handelsstadt, selbst nicht
Hamburg, hat in so vielen entlegenen Teilen der ganzen Erde intelligente
und unternehmende, patriotische Geschäftsleute verbreitet, wie die alte Königin
der Weser.
Einem interessanten Artikel des genannten Herrn S. A. Poppe (Zur Säuge¬
tier-Fauna des nordwestlichen Deutschland; Abhandlung des Naturwissenschaft-
ichen Vereins zu Bremen. Band VII. 1882. S. 301 —309) entnehme ich folgende
Ergänzungen meines vorgedachten Artikels.
Der Walfisch von 1669, Gerippe in der städtischen Sammlung, ist Hypcroo-
don rostrat us Pontoppidan.
Vielleicht gehört zu dieser Art ein bei Hammelwarden in der Weser 1691
erlegter Walfisch, der in den »Blättern vermischten Inhalts, Oldenburg 1792,
V. Band II. Heft. S. 185 fl. erwähnt wird.
Wahrscheinlich war auch ein bei Gelegenheit von Grenzstreitigkeiten mit
den Richtern der Börde Lesum 1608 erwähnter Walfisch ein Dögling.
Tote Finnwale ( Balcienoptera musciüus L.) stranden mitunter an der
Küste bei Bremerhaven. So (nach Dir. Wiepkeu vom Oldenburger Museum)
zu Anfang der 30. Jahre des Jahrhunderts ein Stück von ca. 30 Fuß Länge
bei Hooksiel. Im Dezember 1870 strandete ein männlicher Finn cal 60 Fuß
lang an der Insel Juist, 3 Wochen vorher ein gleich großer in der Jade, Ge¬
rippe in Berlin. Im Jahre 1882 befand sich, leihweise, das Gerippe (nach
Prof. Peters) wahrscheinlich derselben Specis im Berliner Aquarium, ange¬
trieben vor der Weser-Mündung. Im Mai 1883 sah ich im Wiener Prater eben
dieses Skelett in einer Menagerie. Ernst Fried el.
Raunheim, den 1. Febr. 1884.
Die Frühlingsboten sind da! Der seit einigen Wocheu vorherrschende
Süd- und Südwestwind hat offenbar unsere kleinen Zugvögel veranlaßt, sich auf
den Weg zu machen und ihre alte Heimat viel früher aufzusuchen, als dies
o-ewöhnlich der Fall ist. Der Hausrotschwanz kam am 12. Januar hier
an und am 20. Januar sah ich eine Familie Bachstelzen von 6 Stück am
Main auf dem Genist herumlaufen. Durch die gelinde Witterung sind die
Stare in diesem Winter überhaupt gar nicht weggezogen und die Buch¬
finken sah ich noch nie in solcher Anzahl wie in diesem Winter, denn ein
Flug von mehreren Tausend trieb sich seither täglich auf den Feldern herum.
Möge denn auch das Wetter nun so bleiben, daß diese Frühlingsboten nicht
aus Mangel an Nahrung zu Grunde gehen.
L. Buxbaum, Lehrer.
61
M i s c e 1 1 e n.
Die im Berliner zoologischen Garten verbrauchten Futter-
mengen. Nicht alle Besucher unseres Zoologischen Gartens mögeu sich da¬
rüber klar sein, welch riesige Mengen und welch mannigfaltige Arten von
Nahrungsmitteln und Futterstoffen zur rationellen Erhaltung der vielen
Hunderte von Tieren erforderlich sind. Einer der Hauptartikel ist das Fleisch.
Die Vorratskammer für dasselbe ist der Stall für die »Schlachtpferde«, deren
immer zehn bis zwanzig Stück bereit stehen. Die armen Rosinanten erhalten
als Henkersmahlzeit noch einige fette Rationen und dann werden sie — eins
oder zwei täglich, je nach ihrer Qualität — geschlachtet und den wilden
Tieren verfüttert. Außerdem muß jeden Tag ein Hammel ans Messer, um
den an die Pferdefleischkost noch nicht gewöhnten Sprößlingen der Raubtiere
als zarter Leckerbissen zu dienen. Beim gegenwärtigen Raubtierstande werden
täglich etwa 190 Kilo Fleisch verbraucht, wovon etwa hundert auf die In¬
sassen der Raubtierhäuser, sechzig auf die Adler und Geier und die Restbestände
auf Kr^codile, Alligatoren etc. entfallen. Merkwürdigerweise tritt an einem Tage
in der Woche, nämlich am Mittwoch, ein starkes Minus im Fleischkonsum
ein. Der Mittwoch ist der ärztlich augeordnete Fasttag für die Raubtiere.
An diesem Tage werden insgesamt nur je 20 Kilo Fleisch, und zwar an solche
Tiere, welche Junge haben, und an die Jungen selbst verfüttert. Die übrigeu
haben, wie gesagt, »Fasttag«. Der Lärm und das Hungergebrüll der Über¬
gangenen, die sich jeden Mittwoch Nachmittag zur Fütterungsstuude im
Raubtierhause erheben, sind denn auch ganz entsetzlich. Erfolg hat das Ge¬
brüll freilich keinen denn die Erfahrung hat gelehrt, daß die Tiere im Inte¬
resse ihres Wohlbefindens und zum Ausgleich der mangelnden Bewegung eines
Fasttages in der Woche bedürfen. Außer dem Fleisch werden auch Fische in
beträchtlichen Mengen konsumiert: (JO Kilo See- und Flußfische kommen in
täglich frischer Sendung iu den Garten. Hauptliebhaber dieses schmackhaften
Gerichts sind die Pelikane, die Kraniche, die Störche, die Reiher, Ibise und
andere Wasservögel, außerdem die gefräßigen Fischottern und der Seelöwe.
Der letztgenannte verlangt als richtiger Gourmand außer den übrigen Fisch¬
sorten täglich noch eine erkleckliche Anzahl kleiner, etwa halbpfündiger Aale.
Sehr bedeutend ist der .Vorrat von diversen Getreidesorten. 70 Kilo
Weizen, 40 Kilo Gerste, 130 Kilo Hafer, 40 Kilo Buchweizen und 25 Kilo Mais
gehen als Tagesportion auf. Eine Mischung von all diesen Getreidesorten
dient den Hühnern, Enten, Gänsen, Tauben, Flamingos und anderen Vogel¬
arten zur Nahrung, außerdem erhalten davon die Maulesel, Zebra, Antilopen
und Känguru ihre Haferportionen; spezielle Maisfreunde sind die Fasauen;
auch Antilopen und Giraffen erhalten welchen, und zwar in geschrotetem Zu¬
stande. Als Vogelfutter stehen ferner noch 30 Kilo Hanf, 2 x/a Kilo Spitzsameu,
l1/ 2 Kilo Hirse und ebenso viel Rübsamen auf der täglichen Speisekarte. 10
Kilo Reis wandern täglich in die Magen der Affen und der Kakadu. Der täg¬
liche Bx-od verbrauch beträgt etwa 60 Kilo, wovon allein die Hälfte auf die
Elefanten entfällt; auch Bären, Strauße und Hunde helfen beim Brodkousum
wacker mit. Die täglich verzehrten 1 0 1 / 2 Kilo Semmeln sind in eingeweichtem
Zustande, und mit Mohrrüben, Obst und Kartoffeln vermischt, für die Vögel
und Alten bestimmt. SchifFszwieback erhält nur eine Tiersorte, nämlich die
Giraffen, die nebst ihrer sonstigen Nahrung (Kleeheu, Hafer, Mais) etwa 4 Kilo
davon täglich verzehren. Ein Schock Kohlköpfe (im Winter), oder Salatstauden
(im Sommer) werden den Vögeln täglich vorgeworfen und von diesen mit
Vorliebe verspeist. Auch Kartoffeln spielen eine bedeutende Rolle im Haushalt
des Zoologischen Gartens. Nicht weniger als 170 Kilo werden täglich ver¬
braucht ; 50 davon verschwinden in den Riesenmagen der Elefanten, in den
Rest teilen sich Hunde, Affen, Strauße und kleinere Vögel. Runkelrüben sind
die Liebhaberei der Büffel, Hirsche und Rhinozerosse. Die erstgenannten ver¬
zehren allein 6 Scheffel täglich. Sodann liegen, und zwar in kolossalen Quan¬
titäten, drei Sorten Heu im Vorrat, nämlich Kleeheu mit einem täglichen Ver¬
brauch von 170, Militzheu (vom Flattergras) mit einem solchen von 450 und
Hirschheu mit einem solchen von 350 Kilo. Die erstgenannte Sorte ist für
Giraffen, große Antilopen und Nilpferde, die zweite für Elefanten, Büffel und
Kamele, die dritte für Hirsche, Zebra und kleine Antilopen bestimmt. 25 Kilo
Mohrrüben werden täglich teils als Vogel- und Affenfutter verbraucht, teils
von den Fischottern verspeist. Von Weizen- und von Roggenkleie werden
täglich 52 bezw. 94 Kilo dem übrigen Futter für Elefanten, Nq^hörner,
Büffel etc. beigemischt. Auch der Tagesverbrauch an Stroh, nämlich 240 Gar¬
ben, die als Streu dienen, sei erwähnt.
Nach Besichtigung der Vorräte en gros harrt unser noch eine kleine
Überraschung: das Vorratskämmerchen für die*Leckermäuler ; denn auch unter
den Bewohnern des Zoologischen Gartens giebt es solche. Und für diese sind
denn auch in der That »alle Delikatessen der Saison« aufgespeichert. Da ist
hübscher Würfelzucker für artige Vögel und Zwergäffchen (Verbrauch etwa
5 — 6 Kilo monatlich); da sind Rosinen (wöchentlicher Verbrauch 1 Kilo) für
die Wellensittiche und andere Papageiensorten; da sind Miereneier (2 Kilo
täglich) für Vögel aller Art; Bohnen für die wählerischen Giraffen, die davon
5 Kilo täglich zu sich nehmen; Äpfel und Nüsse für Affen, Eichhörnchen und
Vögel, und endlich auch große Bottiche mit Milch (täglicher Vei'brauch über
30 Liter). Die Milch ist zumeist für die Wochenstube, für Tiere, welche
geworfen haben, und für die Jungen; das meiste davon konsumieren die
Raubtiere. Berliner Tageblatt. 30. September 1883.
Der afrikanische Strauß in Amerika. In Kalifornien sind in der
letzten Zeit Versuche mit der Straußen-Zucht gemacht worden, über dereu
Resultate wir amerikanischen Blättern folgendes entnehmen.
Den 22 Straußen, welche der Engländer Dr. Sketchley nach Anaheim
unweit Los Angeles im Staate Kalifornien, gebracht hat, scheint das kalifornische
Klima besser zuzusagen als selbst dasjenige ihrer Heimat Afrika. Anaheim ist
eine deutsche Ansiedlung, die gut gedeiht; Orangen, Trauben, Oliven und alle
Getreidearten werden mit Vorteil kultiviert, und die freundlichen, durchwegs
von Blumengärten umgebenen Häuser verraten die glückliche Lage der Be¬
wohner. Die Tiere, welche der Engländer von Afrika nach Kalifornien brachte,
hatten in ersterem Lande einen Wert von 1000 Dollar pro Stück, werden aber
jetzt, nachdem sie das Risiko der Reise überstanden und sich akklimatisiert
haben, unter Zurechnung der Transportkosten auf 4000 Dollars pro Stück be¬
rechnet. Zur Zeit bieten die Strauße keinen schönen Anblick dar, da sie fast
alle Flügel- und Schwanzfedern während der langen Reise verloren haben. Die
neuen Kolonisten werden, um die Annäherung Unberufener zu verhindern,
innerhalb doppelter Draht-Umzäunungen gehalten. Bevor dies geschah, haben
die Tiere Personen, die bis unmittelbar an den Draht hinangetreten waren,
durch Schläge mit den Beinen schwer verletzt; ein solcher Schlag ist gefähr¬
licher als der Hufschlag eines Pferdes. Die Strauße sind zu Kämpfen unter
sich und zu Angriffen auf den Menschen stets geneigt, scheinen aber gegen
Chinesen eine besondere Abneigung zu besitzen. Die Tiere werden mit Bohnen,
Rüben und Alfalfa-Gras oder Luzerne gefüttert und verschlingen zum Dessert
Steine, Wurzeln, Muschelschalen und wasv sonst in ihren Bereich kommt. Dr.
Sketchley erzählt, daß in dem Mageu eines Straußes, der in Afrika getötet,
werden mußte, sich 930 Steine verschiedener Größe vorgefunden haben.
Die Straußeuhenne legt dreimal im Jahre je 14 Eier; werden ihr diese
genommen, um im Brütofen ausgebrütet zu werden, so legt sie kurz darauf
weitere 10 bis 12 Eier. Jedes Ei hat die Größe eines Mannskopfes, wiegt 8
bis 4 Pfund und enthält so viel Substanz wie 24 Hühnereier. Im Ofen erfolgt
die Ausbrütung der Eier in 42 Tagen. Alle sieben Monate werden den Vögeln,
denen zu diesem Zwecke die Augen verbunden werden, die Flügel- und Schwanz¬
federn 2 bis 3 Zoll über den Wurzeln abgeschnitten. Die Kielreste trocknen
dann ein und werden nach 2 bis 3 Wochen mit Zangen ausgerissen; gleich
darauf bilden sich neue Federn, die schnell wachsen. Wegen der schon er¬
wähnten Bösartigkeit der Tiere ist das Geschäft der Federgewinnung mit Ge¬
fahr verbunden. Die Federn des männlichen Straußes sind weiß oder schwarz
und größer und schöner als die der Weibchen. Dr. Sketchley sagt nicht
nur dem Unternehmen, dem er vorsteht, sondern der kalifornischen Straußen -
Zucht im allgemeinen einen bedeutenden Erfolg voraus und ist überzeugt, daß
Kalifornien bald einen großen Teil der Straußenfedern auf den Weltmarkt
liefern wird. Im südlichen Afrika wurden 1865 nicht mehr als 80 Strauße
behufs Federgewinnung in Einzäunungen gehalten; 1882 betrug die Zahl der¬
selben über 50,000, und der Wert der exportierten Federn belief sich auf
5,000,000 Dollars. Eine großartige Straußen Zucht in den Vereinigten Staaten
wird billigere Federn und diese werden kleinere Putzmacher-Rechnungen im
Gefolge haben, eine Wohlthat, die gar mancher zärtliche Gatte und Vater mit
Freuden begrüßen wird. D. Gr.
Die europäische Sumpfschildkröte. In der Woche vom 3. bis
9. Juli 1882 wurde im Warnker See bei Waren eine JEviys lutaria gefangen.
Ihr Rückenschild war 17 cm lang und außerordentlich lebhaft gefärbt, das
Tier selbst ungemein kräftig und lebendig. Durch Geschenk kam sie nach
Röbel, wurde dort in einem Garten ausgesetzt, entwischte aber bald darauf
aus demselben.
C. Struck,
Archiv d. Ver. f. Freunde d. Naturgeschichte in Mecklenburg 1883.
64
L i 1 1 e r a t u r.
Leunis Synopsis der drei Naturreiche. Erster Teil. Zoologie. 3. Auf¬
lage von Prof. Dr. H. Ludwig. I. Bd. 2. Abteilg. (Schluss.) Hannover.
Hahn 1883.
Wir haben schon nach Erscheinen der ersten Hälfte des Bandes I auf
ftie neue Auflage des weitverbreiteten und verdienstlichen Werkes hingewiesen,
das für alle Freunde und Studierende der Zoologie ein brauchbares und an¬
genehmes Handbuch ist. Die Schlusshälfte des ersten Bandes mit Register
enthält die Reptilien, Amphibien, Fische und den großen Kreis der Mollusken.
Der Beschreibung der Klassen folgt in analytischer Übersicht die Zu¬
sammenstellung der Ordnungen und eine ebensolche der Gattungen. Alsdann
sind die Gattungen mit den wichtigsten Arten eingehend beschrieben, so daß
die Bestimmung der nicht allzu seltenen Tierformen ermöglicht ist. Zahlreiche,
gut gezeichnete Abbildungen bilden für diesen Zweck eine wesentliche Stütze.
N.
Der Kanarienvogel, seine Naturgeschichte, Pflege und Zucht. Von Dr.
Karl Ruß. 4. Auflage. Magdeburg. Creutz’sche Buch- und Musikalien¬
handlung 1883.
Die Zucht des Kanarienvogels soll nach dem Verfasser in Deutschland
jährlich einen Ertrag von 450- bis 500,000 Mark liefern, was dafür spricht,
daß mau diesem Gegenstände größere Aufmerksamkeit zuzuwenden be¬
rechtigt ist.
Der Verfasser war in der vierten Ausgabe seines Werkchens bestrebt,
die neusten Erfahrungen über den gelben Sänger zu verwerten, und das ist
ihm gut gelungen. Nach einer Schilderung des wilden Vogels behandelt er
die gezüchteten Tiere in drei Rassen, die deutsche, holländische und englische.
Besondere Darstellung findet der Harzer Vogel, der als Meister des Gesangs
unerreicht dasteht und deshalb die meiste Aufmerksamkeit verdient. Über
Handel, Käfige, Pflege, Zucht, Krankheiten und anderes folgen dann eingehende
Kapitel, so daß das Buch mit gutem Gewissen allen Freunden des Kanarien¬
vogels empfohlen werden kann. N.
Eingegangene Beiträge.
A. S. in W — H. B. in H. — L. W. in B. — J. W. in B. : Ihren Brief habe an Herrn
Direktor Dr. M. Schmidt abgegeben, der am besten in der Lage ist, Ihren Wunsch zu
erfüllen. — II. Sch. in F.: Besten Dank. — L. B. in ß. : Gern benutzt. —
Bücher und Zeitschriften.
Carl Ochsenius. Chile, Land und Leute. Mit vielen Abbildungen und 2 Karten.
Das Wissen der Gegenwart, 22 Bd. Leipzig, G Frey tag. Prag, F. Tempsky. 1884.
geh. 1 M.
Bronn’s Klassen u. Ordnungen des Tierreichs. 1 Bd. Protazoa. Neu bearbeitet,
von Prof. Dr. O. Bütschli. 20— 25 Lieferg. Leipzig u. Heidelberg. C. F. Winter. 1883.
Nachdruck verboten.
Druck von Malilau & Waldsclimidt. Frankfurt a. M.
3er Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von M a h 1 au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 3. XXV. Jahrgang. März 1884.
Inhalt.
Eine Zahntaube, Didunculm strigirostns , im Zoologischen Garten in Hamburg; von Dir.
Dr. H. Bolau. — Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu Cöln; von L. Wunderlich.
(Fortsetzung.) — Der spanische Sandschlüpfer (Psnmmodromus hispcinicus Fitz.) und seine
Fortpflanzung in der Gefangenschaft; von Joh. von Fischer. (Schluß.). — Die Tier¬
pflege des Zoologischen Gartens zu Hamburg; von dem Inspektor W. L. Sigel. — Bericht
über den Zoologischen Garten zu Hannover pro 1882 — 8:s. — Korrespondenzen. — Miscellon.
— Litteratur. — Eingegangenc Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Kine Zalintaube, Didunculus strigirostris, im Zoologischen
Garten in Hamburg.*)
Von Dir. Dr. H. Bolau.
Die Zalintaube gehört als Uebergangsform von den Tauben zu
der ausgestorbeneu Dronte, Didus ineptus L., za den interessantesten
Arten der ganzen Vogelklasse. Jede Mitteilung über sie und ihre
Lebensweise dürfte um so mehr willkommen geheißen werden, als
auch sie bei ihrem beschränkten Vorkommen auf den Samoa-Tnseln
und der heftigen Verfolgung, der sie von Mensch und Tier ausge-
• setzt ist, leider in nicht ferner Zeit zu den ausgestorbenen Formen
wird zu zählen sein. Das mag es erklären, wenn ich im Nachfolgenden
ergänzend und berichtigend einige Mitteilungen zu Dem mache, was
namentlich durch englische Forscher über unseren Vogel bekannt ge-
worden ist. Dr. Dorn er bat 1872 in dieser Zeitschrift, p. 97 ff. das
wichtigste des bis dahin Bekannten zusammengestellt.
o n
Meine Beobachtungen sind an einem männlichen Didunndus
gemacht worden, der als Geschenk des Herren Aug. Godeffroy
*) Vgl. hierzu die Abbildung Bd. XIII, 1872, Seite 104.
Zoolog. Gart. Jalirg. XXV. 1884.
5
am 14. Septbr. 1883 in unseren Besitz kam. Es war das zweite
Tier der Art, das in unserm Garten ausgestellt wurde. Herr Aug.
Godeffroy bat von drei Zahntauben, die er im August 1881 auf
den Samoaiuseln einschiffte, nur unser Exemplar Ende Januar 1882
glücklich in Europa gelandet und es dann zunächst mehr als 1 Jahr
lang in seiner privaten Pflege bis zum obengenannten 14. Septbr.
behalten ; der Vogel war im besten Futterzustande, als er in meine
Hände gelangte und schien wohl und munter zu sein, so daß ich
hoffen durfte, ihn recht lange zu erhalten. Die Hoffnung war leider
trügerisch ; ohne daß sich besondere Krankheitssymptome gezeigt
hatten, starb unsere Zahntaube bereits am 7. Octobr. Sie hatte also
im Ganzen reichlich 2 Jahre in der Gefangenschaft gelebt. Eine
hochgradige Tuberkulose hatte ihr den Tod gebracht; in der Brust¬
höhle fänden sich mehrere Tuberkelmassen, von denen die größte
den Umfang einer kleinen Wallnuß hatte.
An dem Kadaver machte ich folgende Beobachtungen : der all¬
gemeine Futterzustand war auch jetzt noch ein recht guter, nament¬
lich waren die großen Brustmuskeln kräftig entwickelt. Die Länge
des ganzen Vogels beträgt 33 cm ; Schwanzlänge 13 cm ; Tarsus
4 cm; Mittelzehe ohne Nagel 3 cm, der Nagel 1,4 cm; Hinterzehe
in der Höhe der Vorderzehen eiugelenkt, ohne Nagel 1,7 cm lang,
der Nagel 0,9 cm. Die Mittelzehe beträchtlich länger als die seit-
liehen ; der Lauf ist hinten und an den Seiten nackt, vorn mit einer
Reihe von 8 dünnen Schildern bedeckt. Lauf und Zehen sind lebhaft
zinnoberrot. Die Basis des Schenkels ist mit einer korallroten
Wachshaut überzogen, die am Zügel und um die Augen in eine
feinwarzige Haut von gleicher Farbe übergeht , das Nasenloch liegt
in der Wachshaut, ist länglichrund, schräge von hinten und oben
nach vorn und unten gestellt und im öbern Teil von einer weichen
glatten, etwas geschwollenen Haut überkleidet. Der Oberschuabel
greift mit einem kräftigen Haken über den Unterschnabel hinaus;
dieser ist vorn stumpf und hat am Seitenraude jederseits zwei größere
Zähne, vor denen ganz vorn noch ein kleinerer stumpferer steht.
Die Ohröffnung ist sehr weit, rotrandig und nur spärlich mit Federn
bedeckt.
Die Befiederung unsers Didunculus ist trocken und enthält eine
ziemlich reichliche Menge puderartigen Staubes, der die untersuchen¬
den Finger weißlich färbt; der Vogel ähnelt in dieser Hinsicht den
Kakadu’s und anderen Papageien. Die Bürzeldrüse fehlt der Zahn-
taube. Eine Beziehung zwischen dem Mangel dieser Drüse und dem
67
Vorh andensein der Puderdunen ist übrigens nicht anzunehmen, da
die Kakadu’s z. B. mit der Oeldrüse versehen sind.
Ueber den anatomischen Befund möchte ich nur das Folgende
hervorheben : Die Leber ist sehr groß, mehr als um die Hälfte größer
als bei einer Haustaube von der Größe des Didunculus. Die Gallen¬
blase fehlt. Blinddärme fehlen ; der Darm selber hat die ungewöhn¬
liche Länge von 188 cm, gemessen vom Magen bis zur Kloake .
rechnet man dazu die Länge von 14 cm vom Schlund bis zum
Pylorus, so erhält mau für den ganzen tractus intestinalis eine Länge
von 202 cm. Bei einer Haustaube von gleicher Länge waren die
resp. Maße: 90 cm + 14 cm = 104 cm für den ganzen tractus,
der also bei der Zahntaube fast doppelt so lang ist. —
Garrod fand — Proc. Zool. Soc. 1874, p. 256 — die Länge
des Darms vom Magen bis zur Kloake bei einem Didunculus gar
gleich 7 Fuss engl. = 213,5 cm, während er bei einer Gourci coro-
nata nur 5' 1" — 155 cm, bei einer Goura victoricie 4' 0" = 122 cm,
bei Carpophaga aurora l1 10" = 56 cm und bei Carpophaga aenect
1' 6" = 46 cm maß.
Der Magen unseres Vogels hat eine sehr wenig entwickelte
Muskellage, auch ist der innere hornartige Beleg viel weniger dick
als bei der Haustaube. Die regelmäßigen Falten auf ihm verlaufen
in der Längsrichtung des Magens und erstrecken sich als Drüsen¬
schicht reichlich 1 cm weit in den Vormagen hinein ; sie setzen
sich auch noch in den Anfang des Darms fort. Der Vormagen ist
vom Magen minder scharf abgesetzt als bei der Haustaube.
Trotz der schweren Krankheit, die unser Vogel mitbrachte, war
er durchaus nicht so scheu und furchtsam, wie Ben nett das von
den Zahntauben, die er gefangen hielt, angiebt. Proc. Zool. Soc. 1864,
p. 139. Er hielt sich zwar meistens in den hinteren Teilen seines
Käfigs auf und zeigte keine besondere Munterkeit; so wie ihm aber
eine Hand hingehalten wurde, ging er in augenscheinlicher Erregung
auf sie los und biß kräftig zu. Unser Wärter wurde jedesmal, wenn
er das Futter in den Käfig setzte, angegriffen, so daß seine Hand
schließlich mit zahlreichen, etwa nadelknopfgroßen Bißstellen be¬
deckt war. In der Erregung, wenn ihm z. B. neues Futter gegeben
oder er durch die hingehaltene Hand gereizt worden war, stieß er
ein langgezogenes tiefes guh-uh-uh aus. Dabei senkte er den Kopf
wie eine girrende Taube und richtete den Schwanz in die Höhe.
Er saß stets auf der Erde und ist nie auf der Sitzstange be¬
obachtet worden.
Sein Lieblingsfutter waren gekochte Kartoffeln ^ außerdem fraß
er Brot und wen io- Früchte. Daß er Sand gefressen hat, ist nie he-
ohachtet worden ; da aber heim Fressen stets Teile seiner Nahrung
auf den mit Sand bedeckten Boden fielen, die der Vogel nachher
verzehrte, so hat er auf diese Weise vermutlich die genügenden
Mengen Sand in den Magen eingeführt. Er nahm das Futter in der
Weise der Papageien, d. h. er riß mit dem Schnabel die Bissen aus
den größeren Stücken heraus und schleuderte dann Teile derselben,
die außen am Schnabel haften geblieben waren, schüttelnd von sich.
Nie hielt er größere Stücke Futter mit den Füßen fest, um sie mit
dem Schnabel zu bearbeiten, wie Ben nett das an seinen Vögeln be¬
obachtete, Proc. Zool. Soc. 1864, p. 140. — Von Sämereien, Hanf,
Hirse, Reis, Weizen, Kanariensaat und geschroteneni Mais — die ich
ihm geben ließ, hat unser Vogel nichts gefressen.
Beim Trinken benahm er sich wie jede andere Taube.
Das Futter nahm er zu jeder Zeit, auch in Gegenwart von Be¬
suchern und selbst abends beim Lampenschein in einer Sitzung des
hiesigen naturwissenschaftlichen Vereins, wo ich ihn vorzeigte.
Meine Beobachtungen, die also wesentlich von denen Bennett’s
abweicheu, stimmen im ganzen mit denen Whitmee ’s, der seine
Zahntaube durchaus nicht scheu und dumm, sondern außerordentlich
wild nennt und wiederholt von ihr gebissen wurde.
Whitmee hatte Gelegenheit, einige interessante Beobachtungen
über eine neuerdings eingetretene vorteilhafte Aenderung in der
Lebensweise der Zahntauben zu machen, die ich hier, da seine Mit¬
teilungen darüber, — Proc, Z. S. 1874, p. 184 und 1875, p. 495
— manchem unserer Leser entgangen sein könnten, hersetzen möchte. —
Vor hingen Zeiten sorgten die Insulaner für den Schutz der
Zahntauben; diese waren daher sehr zahlreich und sehr zahm. Die
Einführung von Katzen (und vermutlich auch von Ratten) durch
europäische Schiffe führte dann nahezu zur Ausrottung der interes¬
santen Vögel, die sich erst neuerdings wieder beträchtlich vermehrt
haben. Die Ursache dieser erfreulichen Erscheinung liegt darin, daß
sie ihre Lebensweise den veränderten Verhältnissen augepaßt haben.
Früher hielten sie sich nämlich fast ausschließlich auf dem Erd¬
boden auf und suchten dort ihre Nahrung ; dort bauten sie auch ihr
Nest; sie wurden dort aber leicht den wilden Katzen und ihre Eier
den Ratten zur Beute, bis eine Aenderung eintrat: Noch 1871 er¬
hielt Whitmee ein Ei aus einem auf dem Boden erbauten Neste;
bereits 1874 bauten die Vögel auf den sichreren Aesten der Bäume.
Ein Eingeboruer sagte, ohne daß der Berichterstatter ihn durch
Fragen dazu veranlaßt hätte: »Das Nest war in der Astgabel eines
Baumes. Der Manmnea (einheimischer Name des Diäunculus) scheint
jetzt auf Bäumen zu bauen; ich vermute, daß es wegen der wilden
Katzen und Ratten geschieht. Er baute früher auf dem Erdboden
gleich einem Huhne.« — Ihre Nahrung suchen die Zahntauben jetzt
auf den höchsten Zweigen der Bäume,' auch schlafen sie nachts in
den höheren Teilen der Bäume, während sie früher auf niedrigen
Baumstümpfen die Nacht zuzubringen pflegten. — Whitmee schreibt
überhaupt unsern Vögeln einen hohen Grad von Intelligenz zu; dem
mag es zu verdanken sein, dass sie ihre Lebensgewohuheiten so vor¬
trefflich den veränderten Verhältnissen anzupassen wußten. Hoffen
wir, daß nicht die Habsucht der Sammler nur allzu bald den merk¬
würdigen Vögeln trotz alledem den, wie es scheint jetzt noch hinaus¬
geschobenen Untergang bringe!
Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu Cöln.
Von L. Wunderlich.
(Fortsetzung.)
Wir sind auf unserem Gange jetzt in der westlichen, stumpi-
wiukligen Ecke des Gartens, am Kängurupark augelangt. Im Hinter¬
gründe befindet sich eiue kleine, in drei Abteilungen zerfallende,
schmucke Holzhütte, von der fächerförmig drei Läufe ausstrahlen.
Der eine derselben ist nochmals quergeteilt. Bewohnt wurde der
Park von Macropus rufus , M. giganteus , ‘ Ilalmaturus derbianus u.
II. brachyurus (nicht Phascolomys , wie wohl irrtümlich auf den
Schildern steht) in ein oder mehreren Exemplaren. Früher waren
an dieser Stelle die Hundezwinger, doch hat man von der Ausstel¬
lung dieser Haustiere gänzlich Abstand genommen. Ob Mangel an
Platz dies nötig gemacht hat oder ob irgend ein anderer Grund
vorliegt, weiß ich nicht. Jedenfalls gehört, wie ich nach Beobach¬
tungen im Berliner Garten behaupten kann, ein gut besetzter Hunde¬
zwinger mit zu den Hauptanziehungspunkten für das Publikum,
ganz abgesehen von den materiellen Vorteilen, die eine gut ein-
schlao-ende Zucht mit sich bringt. Doch wird in Köln der Be-
sucher in anderer Weise entschädigt, iudem ihm, wie wir später
70
sehen werden, mehrere der wildlebenden Verwandten unseres Haus¬
hundes vorgeführt werden.
Au der nordwestlichen Grenze des Gartens weitergehend, kommen
wir zuerst an das Stelzvogelhaus, ein langes schmales, außen mit
Weiden beschlagenes Holzgebäude. Nur die drei mittleren Räume
haben eine größere Tiefe und sind die entsprechenden Läufe vor
denselben ebenfalls größer, als die übrigen und oben offen. Die
beiden Flügel enthalten noch je drei Räume mit längs geschlossenen
Ausflügen vor denselben. Im Hintergrund des Hauses vermittelt ein
Wärtergang die bequeme Verbindung aller Räume, außerdem sorgen
im AViuter zwei Öfen für die nötige Wärme. In jedem Außenlauf
befindet sich ein Bassin, das von dem größeren des mittelsten Laufes
gespeist wird. Dieses diente vorübergehend den Seehunden und
einem Stör als Aufenthaltsort, der hier sehr lange ausgehalten hat
und daun in einen Teich gesetzt wurde. Aus der Reihe der Stelz¬
vögel finden wir hier : Grus cinerea, G. australcisiana , G. virgo , G.
paradisea , G. regulorum , G. pavonina, Giconia leucocephala , Lepta-
tilus marabu , L. argala , Ardea Goliath und außerdem Gypogeramus
serpentarius.
Die große Voliere, früher ein Muster ihrer Art, macht, seitdem
die Restauration dicht neben ihr gebaut ist, lange nicht mehr den
imposanten Eindruck. Sie ist ganz aus Eisen konstruiert. Ihr
Grundriß ist eine Ellipse, die parallel der kürzeren Diagonale durch
die Umfassungsmauer des Gartens abgestumpft ist. An dieser stehen
Häuser mit Glasthüren zum überwintern und zahlreiche Schläge für
Brieftauben. Der Boden bildet einen kleinen Garten für sich, in dessen
Mitte aus Krotzen ein Springbrunnen gebaut ist, dessen überströmen¬
des Wasser in ein daruntergelegenes Bassin fließt. Ardea cinerea ,
Nycticorax griseus , Platalea leucorodia , Raematopus ostralegus , Fulica
atra , Bastarde von Gold- und Amherstfasau, Zwerghühner u. s. w.
erfreuen sich der Freiheit, welche diese A^oliere ihnen bietet.
Wir gehen von hier zwischen der Terasse der Restauration und
dem neuen Musikpavillon hindurch und gelangen bald zu dem
Flamingoteich, auf dessen zoologische wie botanische Ausstattung
ein besonderes Gewicht gelegt wird, damit der hier länger ans¬
ruhende Besucher nur das Schönste sieht. Der kleine Teich, der
vou einer kräftigen Fontäne gespeist wird, ist von AA'iesen eingefaßt,
deren Grün mit dem von Agaven, Koniferen, Trauerweiden und
sonstigen Ziersträuchern auf beste harmoniert. Außerhalb des Gitters
ist der Teich von Teppichbeeten umgeben, an anderen Stellen finden
71
sich Gruppen von Blattpflanzen oder ein Beet schöner Rosen ; kurz
alles ist darnach angethan, um den Aufenthalt hier so angenehm
wie möglich zu machen. Dazu trägt denn auch die Bevölkerung des
Teiches — zahlreiche Flamingos, Phoenicopterus antiquorum und
ruber, Ciconia alba und nigra , Ans er magelhanicus und canadensis —
nicht das wenigste bei.
Dem, Musikpavillon ungefähr entsprechend befindet sich auf der
anderen Seite der Terasse die tropische Voliere, ein heizbarer Kiosk
mit goldverziertem Dache und Türmchen, welcher von seltenen
Hühnervögeln bewohnt wird. Auf drei Seiten ist er von einem
rings geschlossenen Gehege umgeben, das in neun Abteilungen zer¬
fällt, entsprechend den Räumen im Innern des Hauses. Grasplätzchen,
Koniferen, Cypressen u. s. w. tragen viel zur Verschönerung der
Außeuläufe bei, die durch Springbrunnen frisches Wasser erhalten.
Doch ist die Besetzung keine derartige, wie sie nach den von Herrn
Direktor Bodinus überkommenen Traditionen wohl zu erwarten war.
Auch wird auf Züchtung dieser prachtvollen Hühnervögel gar kein
Gewicht gelegt und es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn eine
Art nur in einem Exemplar, sei es Männchen oder Weibchen, ver¬
treten ist, ein wegen der großen Geschlechtsverschiedenheit dieser
Vögel kaum zu entschuldigender Mangel. Die Arten Numida vul-
turina , Ceriornis satyra , Polyplectron bicalcaratus, Euplocomus linea-
tus , E. Sivinhoei , E. Vieilloti , Phasianus Reevesü und Thaumalea
Amherstiae waren vorhanden. Außerdem befand sich in einem Käfig
eine Kanarienvogelhecke.
Hinter der Fasauenvoliere liegen zwei Läufe, in denen früher
die Kängurus lebten. Jetzt wird der eine von einem weiblichen
Hyänenhund, Lycaon pictus, bewohnt, in dem anderen waren Ka¬
ninchen uutergebracht. Kleine Holzhütten dienen ihnen bei schlechter
Witterung zum Unterschlupf. Im Winter bezieht der Hyänenhund
einen Käfig im Hause der Vogelgallerie.
Das nächste Tiergebäude ist die Schmuckvogelvoliere, eine kleine
schmucke Voliere, die nur während der warmen Jahreszeit einer
Anzahl durch ihr Federkleid ausgezeichneter Vögel, wie Weber,
Witwen, Kardinälen , Stärlingen etc. zur Wohnung dient. Der
ganze Raum zerfällt in 5 Abteilungen, von denen die an beiden
Seiten gelegenen etwas vorspringen. Jede derselben läßt sich durch
eine Glasthür noch in eine hintere dicht, geschlossene und eine
vordere vergitterte teilen. In den vorderen befindet sich je ein
kleiner Springbrunnen. Der Fuß der Voliere ist von schönen Blumen
72
uud Blattpflanzen verdeckt, die Seiten sind von dichtem Gesträuch
verhüllt. Vor ihr, durch den Gang für das Publikum von ihr ge¬
trennt, liegt ein von Rasen eingefaßtes reizendes RI innen parterre,
wie denn in dieser Gegend überhaupt die Kunstgärtnerei ihre besten
Stücke aufweist.
Wir gehen am Maschinenhaus vorüber, in welchem sich die
Dampfpumpe befindet, die das Wasser in das auf dem Dach befind¬
liche Reservoir treibt. Von diesem aus werden dann sämtliche
Teiche und ein ausgebreitetes Röhrennetz versorgt. Gegenüber liegt
ein ^kleiner, mit Blumen, Ziersträuchern und Gras geschmückter
Berg, von dessen Spitze ein schön angelegter Wasserfall herab¬
stürzt, der sein Wasser zunächst in den Berg weiher ergießt. Dieser
wiederum giebt es au die übrigen Teiche, mit Ausnahme des Fla¬
mingoteiches ab.
Nur wenige Schritte von dem Wasserfall und wir sind am
großen Raubtierhause, einem der Hauptgebäude des Gartens, das
durch den Umbau im Jahre 1880 sehr gewonnen hat. Wie ge¬
wöhnlich, so ist auch dieses gallerieförmig angelegt. Es hat acht
Außenkäfige, von denen vier weit nach außen vorspringen und so
den Tieren größeren Spielraum gewähren. Von den beiden Kopf¬
enden können wir das Haus betreten; Doppelthüren verhindern einen
starken Luftzug. Innerhalb der beiden Thiiren befinden sich die
Eingänge zu den in der Zweizahl vorhandenen Winterstuben. In
dieseu befinden sich die W urfkäfige und von hier aus gelangt man
auf die Gallerie, die sich über den Iunenkäfigen hinzieht und von
wo aus die Schieber zwischen diesen und den Außenkäfigen regiert
werden. Wer das Innere des Hauses vor 1880 kannte und es jetzt
betritt, wird erstaunen ob der Veränderung. Die Luft ist bedeutend
besser geworden und die dunklen Holzkasten, die nur vorne ein
Gitter hatten, sind verschwunden. Nur Boden, Rückwand und Seiten
der zwölf neuen Käfige sind aus festgefügtem Eichenholz, während
der Verschluß vorne und oben durch Eisengitter bewerkstelligt ist.
Über ihnen befinden sich Fenster in der Decke, welche zur Venti¬
lation dienen. Doch führen diese nicht direkt in’s Freie, sondern
münden auf den Bodenraum , so daß ein zu heftiger Luftwechsel
vermieden wird. Vor den Käfigen her läuft eine Rinne mit fließen¬
dem Wasser. Der Raum für das Publikum, welches selbstverständ¬
lich durch eine Barriere in geziemender Ferne von den Tieren ge¬
halten wird, ist mit Mosaikplatten gepflastert, ebenso die den Käfigen
gegenüberliegende, mit Fenstern versehene Wand mannshoch damit
belegt. An dieser stehen drei eiserne Regulieröfen, von denen bis
jetzt zwei zur Erhaltung der nötigen Temperatur genügten. Folgende
Katzen waren vorhanden : 4 Felis leo, 2 F. concolor , 2 F. tigris ,
2 F. leoparclus , 2 F. melas , 2 F. onca (immer Paare) und 1 F.
guttata. Den Tieren selbst müssen die alten Käfige indessen viel
besser zugesagt haben, wie die Geburten beweisen. So wurden, wie
mir Herr Direktor Funk mitteilte, in den Jahren 1870 — 79 unter
anderen 32 Löwen und 5 Jaguars gezogen, während nach dem Um-
bau noch kein Tier Junge gebracht hat.
Ebenso gut wie das große ist das dicht daneben liegende kleine
Raubtierhaus besetzt. Der Kölner Garten nimmt, was die kleinen
Katzen anbelangt, unstreitig eine der ersten Stellen ein. Das Haus
ist nicht mehr das alte, welches durch seinen penetranten Geruch
die ganze Umgegend verpestete, sondern an seine Stelle ist 1883
ein freundlicher, massiver Neubau getreten, dessen vordere Seite mit
Holz verschalt ist. Hinter großen aufschiebbareu Glasscheiben be¬
finden sich in zehn Käfigen 1 Felis serval, 2 F. pardalis , 1 Para-
doxurus typ us, 1 Viverra civetta , 1 Ganis Cerdo , 1 Phalangista vul-
pina , 2 Dasyurus ursinus. Bei diesen entdeckte der Wärter am
11. August 1883 zwei Junge. Für die ganzen Tiere war der Beutel
der Mutter nicht groß genug; nur der Kopf befand sich in dem¬
selben, während der übrige Körper nach außen hervorragte. Hinter
den Käfigen liegt noch ein größerer Raum, in dem sich auch der
Ofen befindet.
Die Schweinebucht zerfällt in vier mit Eisenstangen umfriedigte
Gehege, die mit geräumigen und warmen Ställen in Verbindung
stehen. Sus scrofa, S. pliciceps und Dicotyles torquatus fanden
sich hier.
An die Schweinebucht schließt sich der Wirtschaftshof mit
Küche, Heuboden, Kastenschuppen etc. dicht an. Von hier aus ge¬
langt mau auch in die neue Anlage, an welcher im Sommer 1888
noch fleißig gearbeitet wurde. Dieselbe umfaßt ein Areal von
sechs preussischen Morgen, so daß dadurch der Garten auf ca. 30
Morgen anwächst. Zu bedauern ist nur, daß kein inniger Zusam¬
menhang zwischen der neuen und alten Anlage besteht. Zwischen
beiden führt nämlich ein Privatweg hindurch, wegen dessen Erwerb
sich die Gesellschaft mit dem Besitzer nicht einigen konute. Man
mußte denselben deshalb überbrücken, muß so aber die Nachteile
erfragen, welche eine schlechte Übersicht und erschwerte Kontrolle
mit sich bringen. Der neue Park ist rings von einer Mauer um-
74
schlossen und so hoch gelegt, daß er vorn Rhein nicht überschwemmt
werden kann. In ihm befindet sich ein großer Teich, welcher haupt¬
sächlich dem Schlittschuhsport dienen soll. Außerdem werden wahr¬
scheinlich die Känguru nach hier übersiedeln.
Wir gehen einige Schritte zurück und gelangen durch eine
schattige Lindenallee zu dem in maurischem Stil gebauten Elefanten¬
haus. Dasselbe hat durch die letzte Rheinüberschwemmung eine
gewisse Berühmtheit erlangt und ist in seinen Teilen in vielen
Journalen abgebildet. Im großen und ganzen ist der Grundriß ein
Rechteck, dessen eiue Seite und zwar die der Thür gegenüberliegende
durch einen Halbkreis ersetzt ist. Hier befindet sich in der Mitte
der Giraffenkäfig und rechts und links davGii vier Käfige mit schweren
Eisenstäben für Elefanten und Nashörner. In den Elefautenkäfigen
hat mau eine Erhöhung gemauert, auf welche sich die Tiere bei
einer neuen Überschwemmung zurückziehen können und sie werden
jetzt schon für diesen Notfall eingeschult. In dem Rechteck be¬
finden sich 15 Käfige für Antilopen und Pferde, doch sind sie nicht
genügend beleuchtet. Die über den Ausgangsthüren angebrachten
Oberlichter reichen nicht aus, zumal der Beschauer sehr hell steht.
Giraffen waren nicht vorhanden; in ihrem Raum lagerten zwei
amerikanische Tapire. Die Nachbarn derselben waren ein indischer
und ein afrikanischer Elefant und eiu indisches Nashorn. Antilopen
notierte ich folgende : 2 Catoblepas Gnu , 1 BuselapJms Oreas, (ein
schönes Weibchen , das mit einem Stier zusammeugebracht dem
Garten gewiß manches Junge bringen würde.) 4 Onyx leucoryx ,
1 Hippotrcigus Baker i, 1 P. Antilope Imbalis mit einem Juugeu von
1883 und 6 Antilope cervicapra , die meisten im Garten gezogen.
Von den Pferden war nur Equus BurciieUii in 3 Exemplaren ver¬
treten. Bei ihnen, besonders beim weiblichen Tiere, fiel mir die
auf der Außenseite der Beine fortgesetzte Streifung auf, doch kann
ich nicht angeben, ob vielleicht Bastardierung mit einer anderen
Zebraart stattgefunden hat.
Die Heizung liegt in der Mitte des Zuschauerraunies, in dem
sich außerdem noch ein großer Bauer mit Kanarienvögeln be¬
findet.
Interessant ist die Art und Weise, wie die Antilopen während
des Hochwassers untergebracht waren. Mau hatte angefangen Flöße
zu bauen, welche auf den Boden der Käfige gelegt wurden, war
aber erst mit einigen fertig, als plötzlich das Wasser kam. Der
Wärter trieb schnell entschlossen alle Antilopen auf die wenigen
Flöße mul sie vertrugen sich, die gemeinsame Gefahr erkennend,
ausgezeichnet. Nur eine ging, nachdem das Wasser wieder allge¬
laufen war, zu Grunde.
Um das Haus herum befinden sich 11 Außenläufe für Antilopen
und Pferde, einer für Giraffen, zwei für Elefanten und einer mit
flachem Wasserbecken für das Nashorn. (Fortsetzung folgt.)
Der spanische San tischlüpf er (Psammoclromiis hispanicus. Fitz)
und seine Fortpflanzung in der Gefangenschaft.
Von Joli. von Fischer.
(Schluß.)
Der spanische Sandschlüpfer kommt neuerdings häufig und regel¬
mäßig in den Handel und kann von jeder Tier- oder Aquariumhandlung
zum Preise von 0,80 — 1,00 Mk. pro Stück bezogen werden.
Sein munteres Wesen, seine zierliche Gestalt und sein schmuckes
Kleid haben ihn rasch zum Liebling eines jeden Terrariumbesitzers
gemacht. Bei zweckmäßiger Haltung und guter Nahrung lebt er
auch länger als in der Freiheit, in der die vom Fortpflanzungs¬
geschäft erschöpften Tiere bald den Unbilden der Herbstwitterung
erliegen.
Die Bewegungen der Sandschlüpfer sind rascher als die irgend
einer europäischen Eidechse, und wenn man ihn auf dem gleichfarbenen
Sande dahinhuschen sieht, glaubt man weit eher den Schatten eines
fliegenden Insekts als eine Eidechse zu erblicken.
Die größten Feinde dieser Eidechsenart sind die Kälte und die
Nässe, und die Tiere müssen vor beiden sorgfältig geschützt werden.
In warmen, trockenen, recht sonnig stehenden Terrarien haben sie
keines von beidem zu befürchten.
So lauge die Sonne scheint oder die Heizung in vollem Gange
ist, sind sie sehr beweglich oder lagern sich oft zu Dutzenden über¬
und nebeneinander, um sich auf dem souuebeschienenen Sande zu
wärmen. Erst, wenn die Sonnenstrahlen allzu stark zu sengen be¬
ginnen, verkriechen sie sich unter Schatten spendende Gegenstände.
Mit dem Sinken des Tagesgestirns vergraben sie sich in den
trockenen, recht lockeren Seesand, in dem sie vollständig verschwinden.
Nur wenn die Sandschicht nicht genügend hoch ist, sieht man ihre
Schwänze herausragen. Der Körper ist jedoch stets im Sande
76
vergraben. Auch lieben sie es, unter dem Sande oft streckenweise
fort zu schlüpfen.
Mit dem Wärmen der Morgeusonne erscheinen die spitzen Köpfe
dieser hübschen Tiere, die ausgesprochene Tagtiere sind. Nur all¬
mählich verlassen sie, in dem Mähe als sich der Sand erwärmt, die
sie schützende Sandschicht, bis der ganze Körper auf der Oberfläche
derselben erscheint. Daß Seesand allen andern Sandarten vorzuziehen
ist, davon genüge nur ein Beispiel:
Ich erhielt zuerst 36 Stück Sandschlüpfer, die ich in ein trockenes
warmes, mit trockenem sogenanntem »weißen« Sande gefülltes, gut
durchlüftetes Terrarium setzte. Nach 14 Tagen starb mir der letzte
Psammodromus.
Später erhielt ich zuerst 18 und dann 46 Stück, nebst einer
Ladung Seesandes vom Mittelmeerstrande, welchen ich zur Füllung
desselben Terrariums benutzte. Bis heute, nach Monaten, ist mir
auch nicht ein einziger gestorben. Die Tiere sind sehr munter,
fressen gut und besitzen stets klare, nie verklebte Augen, was bei
der andern Füllung durchweg der Fall war.
Dadurch erklärt es sich auch, warum mau diese Art nie in
großer Anzahl auf sandigen Bergen etc., also weit vom Meere ent¬
fernt, antrifft. Die Lebeusbedingungen sind hier olfenbar ungünstig,
und nur die robustesten Individuen , die sich an die Bodenart au-
passen konuteu und angepaßt haben , haben sich erhalten können.
Auch sind in solchen, isoliert vorkoinmeudeu Fuudorteu die Be¬
dingungen zur Entwickelung der Eier und zum Gedeihen der Brut
wahrscheinlich noch weit ungünstiger als am Meeresstrande. Denn
während mau hier in ein paar Stunden bequem 50 — 60 Stück und
mehr Sandschlüpfer erbeuten kann, findet man dort in 4 — 5 Tagen
kaum 3. Auch hat sich die Bewegungsart der weit vom Meere
lebenden Sandschlüpfer total verändert. Während der am Meeres¬
ufer lebende Sandschlüpfer pfeilschnell von Grasinsel zu Grasinsel
eilt, ist er hier langsamer und bedächtiger geworden. Mit Vorsicht
und nicht allzu schnell läuft er zwischen den Büscheln des wilden
Thymians und des krüppelicheu südeuropäischen Wacholders herum,
jede Steinspalte oder jedes Geröll benutzend, um in derselben lang¬
samer als die Mauereidechse zu verschwinden.
Ob nun diese etwa 18 — 20 Kilometer vom Meere lebenden
kleinen Saurier noch von den Zeiten nachgeblieben sind, als dieses
die Höhen umspülte oder ob eine Wanderung stattgefunden hat,
ist nicht leicht zu entscheiden. Wahrscheinlicher scheint mir erstere
Annahme zu sein.
Der Sandschlüpfer besitzt eine wirkliche Stimme, d. h. nicht
nur das den meisten Reptilien eigene Zischen, was ja nur eine
Athemerscheinung ist. Ergreift man einen laufenden Sandschlüpfer
oder drückt man ihn sanft zwischen den Fingern, so hört man seine
Stimme deutlich. Es ist ein ziemlich lautes, kurz nacheinander
zweimal, seltener dreimal ausgestoßenes Piepen, das wie tsi-tsi
klingt und dem abgeschwächten Ruf der Blaumeise nicht unähn¬
lich ist.
Derselbe Laut wird auch bei der Paarung gehört, wobei sich
das Männcheu nach Eidechsenart im Nacken des Weibchens, welches
heftig schreit, festbeißt. Hier wird das Piepen viel lauter und werden
die Silben mehreremal hintereinander ausgestoßen.
Die Sandschlüpfer sind äußerst friedliebende Tiere, dessenunge¬
achtet streiten brünftige Männchen nicht selten mit einander, wobei
sie sich gegenseitig verfolgen und zu beißen suchen. Meist beißen
sie in den Schwanz, der auch oft zwischen den Kiefern des Gegners
bleibt und nach Anolis- und Lacerta- Art verzehrt wird.
Übrigens ist der Schwanz des Sandschlüpfers bei weitem nicht
so brüchig wie z. B. bei Lacerta muralis.
Im Zorn bewegen die Sandschlüpfer den Schwanz konvulsorisch
schlängelnd wie Lacerten u. a., wobei sie ihren Vorderkörper (bis
zur Achsel) langsam nach Gecko-Art bald nach rechts, bald nach
links schwenken.
Ob der Sandschlüpfer viele Feinde hat, vermag ich nicht zu
sagen. Ich glaube es nicht. Vielleicht wird er von den großen
südeuropäischen Smaragdeidechsen ( Lacerta viridis), die ich oft beim
Fang der Sandschlüpfer zwischen dem Dünengrase aufgescheucht
habe, gefressen.
Die mit dem Sandschlüpfer heimische Girondennatter (Coroncüa
girundica ) weigerte sich diese Tiere zu fressen , sie zog Mauer¬
eidechsen diesen vor. Auch glaube ich nicht, daß sie sie in der
Freiheit verzehrt. Die Girondennatter jagt überwiegend in der
Abend- und Morgendämmerung oder in mondhellen Nächten, wo die
Sandschlüpfer tief unter dem Sande geborgen liegen. Da dieser
hinter ihnen sofort zufallt, kann sie sie nicht finden und aus dem¬
selben hervorscheuchen, wie sie es bei der Mauereidechse thut, die
sie abends aus ihren Schlupfwinkeln heraustreibt, indem sie in die¬
selben kriecht.
78
Schutzmittel sind dem Sandschlüpfer nur zwei eigen : die
schnelle Flucht und das Sichtotstellen. Letzteres bringt er bis zu
einer groben Virtuosität, und ich selbst habe mich öfters täuschen
lassen, wenn ich einen frischgefangenen Sandschlüpfer in ein Glas
setzte und denselben wie leblos mit eingehaltenem Athem liegen
sah, bis er mir entwischte.
Zahm wird diese Art kaum. Sie begnügt sich, Fliegen, Mehl¬
würmer etc. aus der Hand zu fressen, wenn diese unbeweglich bleibt.
Das Auge ist scharf und geübt, das Gehör nicht schlecht ent-
wickelt. Der Geruch ist schwach, der Geschmack mäßig, indem die
Sandschlüpfer alles Lebende fressen. Der Tastsinn, welcher seinen
Hauptsitz in der Zunge hat, wird wenig geübt. Man sieht fast nie
oder nur äußerst selten die Tiere im Gegensatz zu andern Lcicertiden
züngeln.
Als Futter reiche ich meinen Gefangenen den ganzen Sommer
durch ausschließlich Fliegen, die sie sehr lieben und die ich mit dem
Fliegensack fange und vor dem Reichen durch Schlagen gegen den
Boden betäube, worauf ich den Sack im Behälter umstülpe. Sofort
eilen die kleinen Eidechsen herbei, um die zappelnden Fliegen auf-
zn lesen.
Die Sandschlüpfer würden die herumfliegendeu Fliegen nicht
fangen können, da sie fast gar nicht springen können. Ihre Nahrung-
bestellt ja in der Freiheit aus kriechenden, laufenden oder doch nur
niedrig fliegenden Insekten. Sie lernen jedoch bald die auf einem
Stück Zucker sitzenden Fliegen zu beschleichen und zu fangen, indem
sie dieselben von oben herab erfassen.
Zucker lieben sie sehr wie alle Eidechsen und bleiben oft viertel-
stundenlang um ein Stück gruppiert, welches sie begierig belecken.
Außer Fliegen fressen sie auch kleine Mehlwürmer (größere
würgen sie oft am andern Tage wieder heraus), allerlei Kerfe,
Maden etc. Es sieht ungemein possierlich aus, wenn sich zwei Sand¬
schlüpfer um einen Mehlwurm streiten. Der größere schüttelt den
kleineren oft derart, daß der letztere weit fortgeschleudert wird,
während er selbst auf den Rücken fällt.
Das Trinken geschieht lappend.
Am 13. und 14. Juni 1883 begannen unter meinen Gefangenen
die ersten Paarungen. Diese geschahen unter vielem Schreien.
Ich setzte ein Paar in ein Separatterrarium ab.
79
Am 1. Juli, also nach 17 — 18 Tagen legte das Weibchen in den
Saud G weihe, an beiden Enden gleich breite länglich -ovale Eier
mit pergamentartiger Schale. Ihre Mähe waren folgende : Länge :
12,75 mm; Breite 7 mm.
Ich legte sie mit andern ziemlich zu gleicher Zeit gelegten und
mit einem Zeichen versehenen Eiern in geräumige, 20 — 25cm hohe
Einmachegläser, von denen einige mit weihem, durchgesiebtem, kalk¬
freiem Saude, die andern mit Seesand folgen der weise gefüllt wurden.
Der Boden der Gläser beider Kategorien wurde leicht ange¬
feuchtet, darauf eine 3 cm hohe Lage noch trockenen Sandes ge-
bracht. Auf diese letzte legte ich die Eier, jedoch so; dah sie sich
gegenseitig nicht berühren konnten, damit eine etwaige Schimmel-
bildung auf dem einen nicht das Nachbarei anstecken könne. Die
Zwischenräume wurden mit feiugesiebtem, trockenem Sande aus-
gefüllt.
Der Rest des Inhalts der Gläser wurde ganz lose mit trockenem
Sande nachgefüllt. Statt eines Stöpsels wurde ein Pfropf stark durch¬
nähten, in Leinwand eingewickelten Sphagnummooses auf die Mün¬
dungen der Gläser gebracht und mit einem Stück Tüll zugebunden.
Das Ganze stellte ich in ein temperiertes, trockeues, von der Sonne
stark beschienenes und gut gelüftetes Terrarium.
Die Gläser wurden, täglich beobachtet, ob sie den gehörigen
Feuchtigkeitsgrad der Sandfüllung besähen. Als Mahstab diente
mir das Vorhandensein winziger, au den Glaswänden zwischen den
Sandporen haftender Wasserpartikelu (Schwitzen der inneren Wände),
sowie das Beschlagen der Innenwand der Gläser zwischen dem Pfropf
und der Sandschicht.
Sobald dieses »Schwitzen« zu schwinden begann oder nur stellen¬
weise auftrat, befeuchtete ich den Moospfropf vermittelst eines Zer¬
stäubers so lauge, bis die durchgehende Wassermenge auf die Sand¬
schicht herabzutropfen begann und sich diese dunkler färbte. Darauf
wurde das Glas einem grellen aber durch Sandaufhäufung gedämpften
Sonnenlicht in dem Terrarium ausgesetzt.
Am 14. August sah ich die Gläser, jedes einzeln, nach, entfernte
die Saudschicht und die Eier aus denselben vermittelst eines kleinen
Löffels.
Die bei weitem grollte Anzahl der Eier war stellenweise grau,
d. h. durchscheinend geworden und fühlte sich bedeutend praller
an als die frischgelegten. Sie hatten an Umfang zugenommen,
waren demnach g e w achs e n. Ihre Malle waren folgende :
80 —
Länge: 20,75 mm — 17 nun.
Breite: 11 mm — 10 mm.
Sie hatten eine solche Größe erreicht, daß kein Sandschlüpfer
im Staude gewesen wäre, auch nur eins zu legen.
Beim Aufschneiden eines, solchen gewachsenen Eies fand sich
ein lebensfähiger fast fertiger Fötus vor.
o ö
Die übrigen nicht gewachsenen Eier waren teils u n 1) e-
O o
fruchtet, teils faul und ließen nur verweste Embryoneureste im
ersten Stadium ihres fötalen Lebens erkennen.
Ich entfernte die verdorbenen Eier nebst dem sie umfüllenden
Sande und brachte die unverdorbenen in ihre ursprüngliche Lage,
genau beobachtend, daß sic weder gerüttelt noch gewendet wurden.
Hier muß ich ein für Reptilienzüchter wichtiges Kriterium und
eine Verhaltungsmaßregel einschalten, die, wenn sie nicht beobachtet
wird, ganze Reiheu Ausbriitungsversuche in Frage stellen kann. Alle
pergameutschaligeu Eier der Reptilien, als Eidechsen und Schlangen,
sind gegen die Schwankungen des Feuchtigkeitsgrades sehr empfindlich.
Werden sie zu trocken gehalten, so schrumpfen sie ein und sterben
ab. Werden sie dagegen zu stark angefeuchtet, so verfaulen sie,
worauf der Schimmel stark um sich greift und bald das ganze Ge¬
lege zerstört.
Daher muß man das richtige Mittel zu finden wissen, was man
nach einiger Übung bald erreicht.
Der Sand oder die Erde darf an den Eiern nicht teigig an haften
sondern muß von denselben bei ihrer Herausnahme aus der sie
umgebenden Schicht körnerweise abfalleu, so daß das Ei jederzeit
rein erscheint.
Wer Reptilieneier selbst ausgegraben oder gezeitigt hat, wird
wissen, daß alle in der Freiheit gefundenen, gesunden Eier voll¬
kommen rein oder doch leicht von dem anhängenden Sande oder
der Erde zu befreien sind. Auch sind nie Beulen oder Runzeln vor¬
handen. Würde die Umgebung das Ei krustenartig umschließen, so
würden die Poren desselben verstopft und der Fötus erstickt werden.
Am 17. August sah ich nochmals in den Gläsern nach und
fand auf der Oberfläche der Sandschicht, welche die am 1. Juli ab¬
gelegten Eier enthielt, zwei ausgeschlüpfte Sandschlüpfer. Sie hatten
sich von unten nach oben gewühlt und lageu auf dem Sande im
Sonnenscheine. Sie fühlten sich noch feucht an und hatten beide
Augen vom weißen (nicht See-) Sande verklebt. Auch überzog eine
krustenartige Schicht den größten Teil des Kopfes. Bei den später
81
ausgeschlüpften, im Seesaude gezeitigten Jungen war diese Erscheinung
nicht zu bemerken. Der Seesand verklebte zwar hie und da die
Augen, wurde aber leicht durch Reiben au harten Gegenständen
abgestreift.
Offenbar liegt darin die Ursache, warum der Sandläufer an
Orten mit Seesandboden häufiger ist als dort, wo dieser fehlt und
die jungen Tiere gleich in den ersten Lebenstagen hilflos mit jener
Kruste, die den Kopf oft kappenartig umgiebt, umherlaufen und
umkommen. Zur Entfernung dieser Kruste mußte ich die Hülfe des
Messers in Anspruch nehmen, mit dem ich den Kopf reinigte, was
den jungen Tieren offenbar Schmerzen verursachte, denn sie schrien
ziemlich laut.
Die Längenmaße waren bei den ausgeschlüpften Tieren folgende:
Länge des Gesamtkörpers (von der Schnauzenspitze bis zum
Schwauzende) 53 — 54 mm. Länge des Schwanzes: 31 — 32 mm.
Bei genauerer Betrachtung des Glasinhaltes hörte ich ein Scharren
o o
an den Glaswänden und fand im Sande noch fernere 4 vom Gelege
am 1. Juli stammende Sandschlüpfer.
Die Eischalen waren der Länge nach halbiert und zum Teil
bereits eingerollt, was auf den Beginn des Eintrocknens schließen ließ.
Die Dauer der Tragzeit ist demnach 17 Tage, die Dauer der
Brutzeit 48 Tage.
Spätere Brutresultate bestätigen die Daten mit einer Variante
von 1 — 3 Tagen.
Ich setzte die neugeborenen Tierchen in kleine Zuchtterrarien,
denen ich einen warmen, recht sonnigen Staud gab.
Nun wurde die Fütterungsfrage eine sehr heikle. Vor Fliegen,
Ameisen fürchteten sie sich und nur einer fraß einen winzigen
Regenwurm. Kleine Dipteren, welche die Fisch-, Muschel- und
Krustaceenkadaver am Meeresstrande myriadenweiße umschwärmen,
konnte ich mir nicht beschaffen. Kleine Mehlwürmer erwiesen sich
zu hart. Auf diese Weise lebten sie 14 Tage, jede gebotene Nahrung
verschmähend, obschon sie häufig genug auf eine Motte, eine Mücke
etc. losstürzten, sie anstierten, dann aber im nächsten Moment in
panischer Furcht davonjagten, sobald sich das Insekt bewegte. Sie
wurden immer magerer und in der Magengegend fast durchsichtig,
bis einer nach dem andern eingiug.
Im kommenden Frühjahr werde ich die Zuchtversuche im großen
anstellen und mich rechtzeitig mit am Seestrande lebenden Dipteren
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1884. G
und ihren Larven versehen, indem ich mir verwesende Krustaceen-
kadaver kommen lassen werde, die die winzigen Maden in Hülle und
Fülle enthalten und aus dem umgebenden Sande bequem herausge¬
graben werden können.
Die etwaigen Erfolge werde ich in diesem Blatte niederlegen.
F ä r b u n g de r j u n gen Tie r e.
Die Färbung der Oberseite der jungen Tiere ist ein mehr oder
minder helles Gelblich-brauu-grau. Der Schwanz ist einfarbig horn¬
gelb mit leichtem bräunlichem Anfluge. Die Unterseite ist weiß,
die des Schwanzes sehr hell hornfarbig. Auf der Oberseite des
Körpers laufen, vom Nacken bis zum Beginn des Schwanzes, (etwa
bis zur Kreuzgegend), sechs schmale, weiße, leicht gelblich angehauchte
Längsstreifen, von denen ein jeder mit dem zunehmenden Alter des
Tieres in regelmäßigen Abständen durch die Grundfarbe unterbrochen
wird, wodurch Längsreihen kleiner, gelblicher- oder bräunlicher- oft
weiher Tupfen entstehen, die jederseits von einem kleinen, schwarzen,
viereckigen, gleichgroßen, gemeinschaftlichen Fleck flankiert werden.
Da alle diese Reihen überall an korrespondierenden Stellen
unterbrochen werden, so entstehen parallellaufendeQuerreihen schwarzer,
kleiner viereckiger Tupfen, in deren Zwischenräumen die besagten
gelblich-weißen Flecke liegen.
Der Kopf ist einfarbig dunkel hornbraun.
Die Extremitäten sind auf der Oberseite von der Färbung der
Grundfarbe des Körpers, tragen aber deutlich abgegrenzte gelblich-
öder bräunlich- weiße Tropfenflecke wie junge Acanthodactylus vulgaris.
Mit dem zunehmenden Alter verwischt sich die Tropfenzeichnuug
bis auf eine schwache Andeutung.
Überhaupt wird die Gesamtzeichnung der Körperoberseite mit
dem Alter eine mehr unregelmäßige, individuell mannigfach variierende.
Die Tierpflege des Zoologischen Gartens zu Hamburg.
Von dem Inspektor W. L. Sigel.
Unter diesem Titel beabsichtige ich, Mitteilungen aus dem
Tierleben zu geben, die sich sowohl auf einzelne probat befundene
Fütterungsweisen, wie auch auf solche Mittel, die in bemerkens¬
werten Vorfällen mit Erfolg angewandt wurden, ferner auf solche
83
Ereignisse, deren Erfahrung uns für die Folge zur Richtschnur
dienen könnte, erstrecken.
Es sollte mich sehr freuen, wenn auch einige unserer Schwester¬
anstalten sich dazu verstehen könnten, ihre Beobachtungen auf
diesem Felde zur Veröffentlichung zu bringen. Der Nutzen, den
solch gegenseitiger Austausch in sich trägt, ist zu einleuchtend,
um noch erst näher erörtert zu weiden.
I. Operation einer Löwenkralle.
Eine unserer Löwinnen war durch die Entartung einer Kralle
an der rechten Vorderpranke, in deren Sohlenballen sie einzudringen
drohte, erheblich am Gehen behindert. Um das Tier aus seiner
üblen Lage zu befreien, wurde das Stutzen der fraglichen Kralle
unerlässlich. Diese Prozedur konnte auf folgende Weise rasch,
sicher und durchaus gefahrlos ausgeführt werden.
Vermittelst einer auf dem Fussboden des Käfigs ausgelegten Hanf¬
schlinge, welche derart angebracht war, daß das Zuziehen derselben
in dem Gitter erfolgte, wurde die leidende Tatze durch den zwischen
Gitter und Fußboden bestehenden freien Raum hervorgeholt und
die verwachsene Kralle sodann mit einer kräftigen Schere soweit
wie thunlich beseitigt.
Die Leine, welche hierbei zur Verwendung kam, war von
1 cm Durchmesser Dicke, ungebraucht und zu dem Zwecke, daß
die Schlinge ohne Hemmung durch die geflochtene Öse laufen
konnte, glatt, d. h. so glatt wie es eben eine gut gedrehte Leine
sein kann. Ferner mußte letztere, wie sich von selbst versteht,
eine solche Länge haben, um den vier Leuten, die beim Anziehen
derselben dem kräftigen Tiere Widerstand entgegen zu setzen hatten,
hinreichend Platz zu gewähren. Die Länge der unsrigen belief sich
auf ca. 4,75 m.
Die Schere, wenn auch nicht für diesen Zweck extra angefertigt,
eio-nete sich vermöge ihrer besonderen Konstruktion vortrefflich zu
solcher Operation. Die nur kurzen Schneiden bildeten ein paar
halbmondförmige starke Blätter, waren somit nach aussen hin überall
abgerundet und sicherten das Tier iu dieser Form vor einer etwaigen
Stichwunde. Die sehr langen geraden Arme der Schere ermöglichten
die Ausübung eines starken Druckes.
Noch an demselben Tage hatten wir die Freude, unsere Löwin
ohne Schonung des Fußes einherschreiten zu sehen.
84
II. Ein kleines Mißgeschick unseres Giraffeuhengstes.
Inwiefern kleine Ursachen große Wirkungen veranlassen können,
haben wir bei unserem Giraffen hengste erfahren müssen.
Die unseren Giraffen zur Aufnahme des Kleeheus gegebenen
Futterraufen sind, wie man sie fast allgemein auch in den Pferde¬
ställen im Gebrauch hat, aus Eisen konstruierte Gestelle, die in
ihrer äußeren Form etwa dem Geviert einer Kugel gleichen und
unter deren Sprossen, welche sich von der Mitte aus nach den
Seiten zu mehr und mehr verjüngen, die jederseits letzte ein durch
die Einfassung begrenztes, infolge der Sprossenkrümmung nicht
ganz vollkommenes Viereck bildet, dessen offenes Feld, von unseren
Raufen gemessen, in der Mittellinie sowohl 8 cm hoch wie breit ist.
In eine solche Ecke hatte nun der erwachsene Hengst im Laufe
der Nacht den Vorderteil seines Unterkiefers hiueiugezwängt, und
das Aufschwellen der Lippenteile verhinderte ihn daran, sich dieser
fatalen Situation zu entheben. Durch Abhauen der fraglichen
Sprosse wurde rasch die Erlösung herbeigeführt.
Um ähnlichen Ereignissen ein für allemal vorzubeugen, sind
an unseren sämtlichen Giraffenraufen diese kleinen Offnungeu durch
das Entfernen der verdächtigen Ecksprossen in der gehörigen Weise
erweitert worden. Das Tier ist ohne weiteren Schaden davon
gekommen. — Wie aber wäre die Sache ausgefallen, wenn es bei
der fortwährenden Anstrengung, die es zu seiner Befreiung machte,
gestürzt wäre ?
III. Uber das erstmalige Insfreielassen der Känguru.
o O
Das erstmalige Hinauslassen neu angekommener Känguru auf
den Außenplatz macht infolge der oft großen Scheuheit dieser Tiere
und bei deren Nichtbeachtung der ihnen unbekannten Gitter¬
einfriedigung recht häufig große Sorge.
Um ihnen eine Gelegenheit zu geben, sich vorerst mit dem
für sie bestimmten Terrain vom Stalle aus möglichst zu befreunden
und sie dadurch vor etwaigem Unglück zu bewahren, sind kleine
Gitter angefertigt worden, die der Größe der zu den Ausläufern
führenden eisernen Falltliüren genau entsprechen und durch Keile
unmittelbar vor diesen befestigt werden.
Nach einem 4 bis Otägigen, durch die beständig aufgezogen
gehaltenen Schieber gestatteten Ausguck wird das provisorische
Gitter wieder entfernt und den Tieren freier Lauf gelassen.
Diese Einrichtung hat sich als vortrefflich bewährt. Zu bemerken
ist nur, daß die Befestigung des Vorsatzgitters mit Rücksicht auf
die nicht zu unterschätzende Kraft dieser Tiere eine solide sein muß.
IV. Uber Einfriedigung; der Känguru.
Ö o O
An der Einfriedigung der den Känguru reservierten Plätze,
die sich für diese Tiere seit nahezu 18 Jahren als vollkommen
ausreichend erwiesen, hat sich im Jahre 1881 für die größeren
Arten, mit Rücksicht auf die Entfaltung ihrer Sprungtalente, eine
bemerkennswerte Abänderung nötig gemacht.
Das solide 1,43 m hohe Gitterwerk, welches sämtliche Plätze
einhegt und in dieser Größe auch wohl allen kleineren Känguru
stets ein uniibersteigliches Hindernis bleiben wird, trug d. Z. au den
Stellen, wo es größeren Arten zu dienen hatte, noch einen 29 cm
hohen Aufsatz, der aus einer Reihe den einzelnen Gitterstiickeu an
ihren oberen Enden eingeschobenen und von zwei starken Drähten
durchlaufenen Eisenstäbchen bestand. Wälirend der eine Draht
diesen Aufsatz nach oben hiu begrenzte, halbierte der andere den
sich zwischen jenem und dem Gitter gestaltenden Raum.
Am 13. April 1881 gefiel es dem Rotkänguru, welches ver¬
mutlich durch das Herabfallen eines später in seiner Nähe gefun¬
denen Papierdrachens außer Fassung gebracht worden war, seinen
Weg durch diesen nicht eben weiten, aber elastischen Drahtschutz
hindurch zu nehmen und seinem auf dem Nebenplatze befindlichen
Verwandten, einem Riesenkänguru, ei neu Besuch abzustatten. Die
Tiere wurden mit Leichtigkeit wieder getrennt, dann aber wurde
auch sofort auf eine zweckmäßige Abänderung des Aufsatzes Bedacht
genommen. Noch ehe diese zur Ausführung gelangte, hatte schon
das Riesenkänguru, indem auch ihm hierbei die Drähte kein großes
Hindernis waren, dem roten den Besuch erwidert. Wir hatten
hier also zwei Fälle, die uns sowohl durch ihre Neuheit wie auch
durch ihre schnelle Aufeinanderfolge überraschten. Au die Stelle
der einfachen Drähte ist eine 47 cm hohe kräftige mit dem Gitterwerk
fest verbundene Drahtnetzeinfassuug getreten, durch welche hoffentlich
ähnlichen unwillkommenen Wagestücken entgegen gewirkt ist.
V. Behandlung einer Entzündung unter dem Hornstumpfe
unseres Nashorns.
Unser Nashorn hatte sich durch verschiedentlich heftiges
Anrennen gegen das Mauer- und Eisenwerk seines Käfigs eine
Verletzung am vorderen Ende des bis zu einer dicken Platte ab-
86
geriebenen Hornes . zugezogen. Die unter dem Stumpfe um sich
greifende, gegen Ende des vorigen Jahres auf der Verwundungsstelle
zutage tretende Eiterung machte, um dieser Abfluss zu verschaffen,
das Entfernen eines großen sich bis über die Hälfte hinaus er-
streckenden Teiles des Stumpfes erforderlich. Diese durch ihren
Anspruch au gute Geduld und an Vorsicht nicht ganz leichte Arbeit
hat unser Wärter Flöring innerhalb dreier Wochen zu einem
befriedigenden Abschluß gebracht. Die Hornmasse wurde bis zu
einer letzten dünnen Schicht vermittelst einer nach aufwärts ge¬
bogenen Raspel — sog. Holzuägel- oder Speilraspel der Schuhmacher —
beseitigt, der Rest aber, in welchem eben der Schwerpunkt der
Behandlung lag, da man sich zu hüten hatte, dem Tiere nicht in
das wunde Fleisch zu fahren, mit einem Steingallenmesser heraus¬
geholt. Geeignete Laune und Stellung des weder durch Zwang
noch durch Güte zu regierenden Riesen spielten die Bestimmer der
Arbeit. Glücklicherweise ist es bei unserem Tier Sitte, nachdem
es seinen gereinigten Stall wieder betreten, ein wenig auszuruhen,
wobei es sich dann derart niederzulegen pflegt, dass die Schnauze
hart das Gitter berührt oder zu diesem herausgestreckt wird. Diesem
günstigen Umstande, dem man durch Streicheln des Tieres am
Kopfe und Rumpfe des weiteren zu Hilfe kam, war es zu danken,
daß man sich der Sache fast täglich, wenn auch nicht selten nur
auf kurze Zeit, widmen konnte. Ein tägliches, zweistündliches,
-f- 15° R haltendes Bad reinigte die Wunde, welche, wenn trocken
geworden, mit Aloetinktur nach allen Seiten hin bepinselt oder
auch begossen wurde.
Das Abfeilen der oberen Horufläclien hatte wenig Einfluß auf
das Empfindungsvermögen des Tieres, die Beseitigung der letzten
Schicht aber sowie die Behandlung mit der Aloe waren ihm un¬
angenehm.
Die Neubildung des Hornes erfolgte ziemlich rasch. Leider
hemmt der Bursche den Heilungsprozeß nur gar zu sehr durch das
ihm zur lieben Gewohnheit gewordene Nasengescheuer.
VI. Zur Pflege des borstigen Gürteltieres,
JDasypus villosus Desm.
Die borstigen Gürteltiere haben sich seit einer Reihe von Jahren
beständig bei uns fortgepflanzt (bis ultimo 1883 zogen wir deren 49).
Wir haben daher diese eigentümlichen Geschöpfe in den verschiedenen
87
Altersstufen kennen gelernt und können über eine zweckmäßige
Behandlung derselben einige Winke geben.
Unsere Gürteltiere verbringen, soweit es die Umstände erlauben,
ihr Dasein unter einer in der sog. großen Voliere untergebrachten
Gesellschaft kleiner und mittelgroßer Alfen. Gegen den Unbill der
letzteren sind sie einerseits durch den kräftigen Panzer, anderseits
durch ihre Schwere geschützt. In der Morgen- und Abendmahlzeit
der Affen — abgerahmte, aufgekochte Mich und darin eingeweichtes
Weizenbrot — befriedigen sie, nicht selten mit einer au Frechheit
grenzenden Unbefangenheit ihre Nahrungsbedürfnisse.
Das weibliche Gürteltier unterliegt natürlich aufmerksamster
Beobachtung und wenn der Zeitpunkt herannaht, der eine Nach¬
kommenschaft erwarten läßt, so wird es aus der Voliere entfernt
und in einen mit besonders reichlicher Strohschütte versehenen Seiten¬
käfig des Affenhauses gebracht. Hier haben wir nun Gelegenheit
zu beobachten, wie das Tier die ihm zu Gebote stehenden Mittel
seinem Naturtriebe anpasseud zu verwenden weiß. Es wühlt sich,
um der Außenwelt entrückt zu sein, vollkommen in die Strohschütte
ein und bringt in der Verborgenheit gewöhnlich zwei — selten ein —
blinde Junge zur Welt, auf deren dünner und weicher Rückeuhaut
die spätere so kräftige Gürtlung durch schwache Linien angedeutet
ist. Hauptbedingung ist es, das also bereitete Lager bis zu dem
etwa in der vierten W’oche nach der Geburt eintretenden Zeitpunkte,
wo mit dem Erwachen des Augenlichtes die Kleineu mit mütter¬
licher Erlaubnis im Käfig umherzuwandern beginnen, möglichst
wenig zu berühren. Haben sich vor dieser Zeit die Jungen je
einmal zu einem Spaziergange außerhalb ihres Versteckes verirrt,
so ist die Mutter eitrigst bemüht, sie wieder, solche mit dem Maule
erfassend, dahin zurück zu schleppen. Unvorsichtige Eingriffe in
die Häuslichkeit der jungen Brut können, indem sie zur Vernach¬
lässigung der letzteren seitens der beunruhigten Mutter führen,
recht folgenschwer werden. Eine Reinigung des Schlupfwinkels vor
der gegebenen Zeit wäre der größte Fehler, der gemacht werden
kann. Solche ist aber auch deshalb schon unnötig, weil die Alte
ihren eigenen Kot in dem freien Vorderteile des Käfigs absetzt,
während sie anderseits dafür sorgt, daß ihre Kleinen trocken liegen.
Ein sich am 27. Februar 1881 ereignender Geburtsfall wird
uns für die Behandlung dieser Tiere insofern stets ein wertvoller
Fingerzeig bleiben, als wir bei unglücklicher Sachlage der Dinge
mit unerwartet günstigem Erfolge operierten.
88
Ara frühen Morgen des gedachten Tages fanden wir zu unserer
großen Überraschung zwei während des Nacht geworfene Junge
inmitten der Affenvoliere liegend vor, die von der Mutter, welche
auch nicht eine Miene machte, sich ihnen zu nähern, gänzlich ver¬
lassen waren. Letztere hatte offenbar unter dem Affenge wühle
keine passende Lagerstelle für ihre Kleinen finden können und
mußte dieselben unter diesen Umständen wahrscheinlich doch für
verloren halten.
Unsere erste Sorge war es, die Mutter mit den Jungen aus
der Voliere zu entfernen, unsere zweite, ein geeignetes Unterkommen
zu suchen, in dem die Entfremdeten gezwungen waren, sich un¬
mittelbar zusammen zu halten. Ein solches Unterkommen gewährte
ein kleiner Kasten, in welchem die Alte, jeder größeren Bewegung
unfähig, den ihr zugesellten Jungen nicht entwischen konnte. So
blieben die Insassen, die überdies durch das Zudecken des Kastens
im Dunkelu gehalten wurden, einstweilen ihrem Schicksale überlassen.
Am nächsten Tage bemerkten wir zu unserer großen Freude au
dem munteren Wesen der Kleinen, daß sie Nahrung erhalten haben
mußten. Am 1. März gestatteten wir der Mutter, den in einen
Käfig gestellten und in die Seitenlage gebrachten Kasten zu ver¬
lassen. Sie lief ein Weilchen umher, kehrte aber bald wieder zu
ihren Sprößlingeu zurück, ein Zeichen, daß die Jungen auch ohne
ferneren mütterlichen Zwang ihr Fortkommen finden würden.
Bei einem anderen Falle, wo eine Mutter ihre schon 15 Tage
alten Jungen vielleicht infolge des mullig gewordenen und daher
sehr zusammengefallenen Strohes in bedenklicher Weise fortwährend
im Käfig umherschleppte, erzielten wir günstigen Erfolg durch eine
Strohzugabe und nachherige Verdunklung des Käfigs vermittelst
eines vor denselben gehängten Lakens. Noch an dem nämlichen
Tage trat in der kleinen Familie die frühere Ruhe wieder ein.
Eine dritte Geburt verdient ihrer Abnormität wegen erwähnt
zu werden. Ein Weibchen, welches am 28. Februar 1882 zwei
Junge geworfen, brachte nämlich 18 Tage später, am 17. März,
abermals zwei Junge zur Welt. Leider waren aber diese vier Tier¬
chen schwach, außerdem verfügte die Alte nur über wenig Milch,
so daß sie sämtlich bald wieder zu Grunde gingen.
In den ersten Tagen nach der Geburt pflegen die Wöchnerinneu,
welche trotz ihrer großen Sorge um die Jungen ihre Mahlzeit
außerhalb des Versteckes verspeisen, wenig oder gar nicht zu flössen.
89
Der Wurf geschieht zweimal im Jahre. Die Tragzeit ist daher
dementsprechend eine nur kurze und dreht sich nach unseren
Beobachtungen um zwei Monate. Ein Weibchen, welches man nach
Aufzucht seiner Jungen am 25. März wieder iu die Voliere zu seinen
Verwandten setzte, wurde am 23. Mai bereits wieder glückliche
Mutter. Bei einer anderen mußten wir den Termin auf 70 Tage
schätzen.
Bis zu einer Temperatur von + 6° R. herab vermag das
borstige Gürteltier im Freien auszudauern ; sinkt dieselbe aber tiefer,
so giebt es sein Unbehaglichkeitsgefühl darüber dadurch zu erkennen,
daß es sich anhaltend in dem nestförmig zusammengescharrten
Streumaterial aufhält.
So gute Erfahrungen uns im allgemeinen über die Lebensdauer
des Dasypus villosus zur Seite stehen, so schlechte haben wir mit
anderen Arten gemacht. I). hybridus und D. septemcinctus , die
beide wiederholt im Garten vertreten waren, vermochten wir trotz
aller angewandten, zum Teil gut acceptierten Nahrungsmittel, als
Milch und Weizenbrot, geschabtes oder geschnittenes Fleisch in
gekochtem oder rohem Zustande, Regenwürmer, Mehlwürmer, kleine
Vögel, Eier, immer nur kurze Zeit am Leben zu erhalten.
(Fortsetzung folgt.)
Bericht über den Zoologischen Garten zu Hannover pro 1882— 83.
Das abgelaufene Jahr 1882 — 83 war in seinen äußeren Verhältnissen für
unser Unternehmen nicht sonderlich günstig. Das Wetter sowohl im Sommer
1882 als auch in den Frühjahrs-Monaten Februar und März 1883 ließ sehr zu
wünschen übrig. Namentlich aber zeichnete sich das Jahr 1 882 — 83 gegen¬
über seinem Vorgänger durch den außergewöhnlich schwachen Fremden -Ver¬
kehr in unserer Stadt höchst unvorteilhaft aus. Während im Jahre 1881 die
landwirtschaftliche Ausstellung und die großen Kaiser-Manöver einen bedeu¬
tenden Fremdenverkehr herbeiführten, entbehrten wir im vorigen Jahre jedes
außergewöhnlichen Ereignisses, so daß wir außer den Erträgnissen unserer
Sommerfeste keine nennenswerte Extra-Eutree-Einnahmen zu verzeichnen haben-
Wenn nichtsdestoweniger der seit 1879 stetige Aufschwung des Zoologischen
Gartens gerade im abgelaufenen Jahre die glänzendsten Resultate ergab, so
daß die Einnahmen an Abonnements- und Eintrittsgeld von M. (55 (>07. 45
pro 1881 — 82 auf M. 77 345 pro 1882—83, also um beinahe — Zwölftausend
Mark — gestiegen sind, so dürfen wir wohl eine um so größere Befriedigung hegen.
Der Abschluß der Rechnung stellt sich infolge dessen und auch um des¬
willen recht günstig, weil es gelungen ist, unserer im vorigen Geschäftsberichte
ausgesprochenen Erwartung gemäß eine weitere Steigerung der Ausgaben zu
90
vermeiden. Wie die nachgefügte Übersicht der Einnahmen und Ausgaben er-
giebt, sind die laufenden Betriebsausgaben einschließlich der Kosten für die
Unterhaltung und Ergänzung des Tierbestands, der Anlagen, Baulichkeiten
und des Inventars, welche im Jahre 1881 — 82 M. 73 549. 86 betrugen, auf
M. 68 579. 88 zurückgegangen. Diese* Ersparnis von ca. M. 5000 in Verbin¬
dung mit den oben erwähnten Mehreinnahmen von M. 12 000 äußert sich in
der Bilanz in entsprechender Weise, namentlich im Vorschnß-Conto II und
im ehemaligen Conto pro Diverse, welches diesmal wegen Mangels an diversen
Kreditoren überhaupt nicht in der Bilanz erscheint. Das Gewinn- und Ver-
lust-Conto schließt mit einem Gewinn-Saldo von M. 16 581. 54,' den wir zu
Abschreibungen verwendet haben. Der größte Teil dieser Abschreibungen
entfällt mit M. 11 477. 48 auf das Bauten-Conto, was mit Rücksicht auf die
in früheren Jahren etwas knapp bemessen gewesenen Abschreibungen bei diesem
Couto angezeigt sein dürfte.
Indem wir uns im Übrigen auf die nachgedruckten Übersichten beziehen,
gestatten wir uns noch einige besondere Bemerkungen:
Die im vorigen Jahre eingeführte Änderung respective Erhöhung des Sonn¬
tags-Entrees hat sich sehr gut bewährt. Vielleicht haben wir zum Teil auch
dieser Maßregel die bedeutende Vermehrung der Zahl unserer Abonnenten zu--
zuschreiben, die noch in keinem Jahre zuvor eine solche Zunahme erfahren
hat, wie im abgelaufenen. Wenn unsere Schätzung richtig ist, so waren pro
1882 88 ca. 15 000 Personen, also der zehnte Teil der etwa 150 000 Seelen
zählenden Bevölkerung Hannovers auf den täglichen Besuch des Zoologi¬
schen Gartens abonniert. Bei dem notorisch schwachen Fremdenverkehr
in Hannover im Vergleich zu den anderen Großstädten ist aber auch unser
Institut mehr als andere Zoologische Gärten vorwiegend auf den Lokal¬
verkehr angewiesen, für dessen Hebung und Konservierung wir das Abonne¬
ment als den wichtigsten Faktor betrachten. Von diesem Gesichtspunkte
ausgehend, haben wir schon seit einigen Jahren für ratsam gehalten, den
aus den heutigen Bedürfnissen und Gewohnheiten entspringenden Wünschen
der großen Mehrzahl unserer Abonnenten nachgebend auf die musikalische
und sonstige Unterhaltung unser ganz besonderes Augenmerk zu richten. Der
Erfolg lohnte unser Bemühen in ausgedehntestem Maße, so daß der Zoolo¬
gische Garten immer mehr der besuchteste und beliebteste Aufenthaltsort der
Einwohner Hannovers geworden ist. Mit dem steigenden Verkehr sind aber
naturgemäß auch unsere Aufwendungen gewachsen, welche zunächst namentlich
für dringend nötige Erneuerungen und Ausbesserungen gemacht werden mußten,
so daß eine Wiederherstellung der früheren Höhe der Abonnementspreise not¬
wendig ward. Diese Maßregel bezieht sich zwar erst auf das jetzige neue
Rechnungsjahr 1888 84, indes haben wir geglaubt, bereits an dieser Stelle da¬
von Mitteilung machen zu sollen und freut es uns, daß der Erfolg die Erwar¬
tungen fast übertroffen hat, indem bereits jetzt, Ende Mai, die Abonnements-
Einnahme pro 1883/84 auf M. 40 000 gestiegen, eine fernere Zunahme im
Laufe dieses Jahres aber bestimmt zu erwarten ist. Ein ganz besonders cha¬
rakteristisches Kennzeichen für unsere von denen anderer zoologischen Gärten
abweichenden Verhältnisse und bei der jetzigen Lage von außerordentlicher
Wichtigkeit ist der Umstand, daß auch im Winter, wo sonst die Frequenz
zoologischer Gärten ;mf ein kaum nennenswertes Maß zurückzugehen pflegt,
91
der Besuch unseres Etablissements ein sehr bedeutender war. Die vorhandenen
Räumlichkeiten, in anderen Zeiten entstanden und für andere bescheidenere
Verhältnisse berechnet, reichten schon seit einigen Jahren bei weitem nicht
mehr aus. Die Vermögensverhältnisse des Unternehmens, namentlich die etwa
M. 30 000 betragenden Betriebsvorschüsse, konnten aber den Gedanken an
größere Bauten nicht eher aufkommen lassen als bis zum Eintritt der jetzigen
Besserung. Wir sind nun dem Andrängen nach einer Vergrößerung des Restau¬
rationshauses in Verbindung mit der Herstellung einer größeren Veranda in
Rücksicht darauf gefolgt, daß nicht allein während der Wintermonate, son¬
dern auch während der Übergangszeiten im Frühling und Herbst, bei ein¬
tretendem Regen auch im Sommer, die Konzerte im Saal abzuhalten, auch
geeignetere Räume für geschlossene Gesellschaften und ferner bessere Küchen
und sonstige Wirtschaftsräume notwendig sind. Ein aus der Mitte unserer
Abonnenten und Aktionäre gemachtes Anerbieten, die für die Bauten notwen¬
digen Geldmittel vorzuschießen, ist von uns dankbarlichst angenommen und
haben wir den Bau auch bereits beginnen lassen. Diese Anleihe ist mit dem
1. Juni d. J. perfekt geworden, wird aus einem Pachtzuschlage mit 5°/o jähr¬
lich verzinst und binnen zwölf Jahren abgetragen. Letzteres wird um so we¬
niger Schwierigkeiten finden, als die städtischen Kollegien unseren Antrag ftuf
Stundung fast der ganzen Abtragung des Restes der Prioritätsanleihe vom
Jahre 1860, während der Dauer der Abtragung dieser neuen Schuld gütigst
genehmigt haben.
Der Tierbestand hat durch den Tod der beiden prächtigen Bisons, für
welche noch kein Ersatz gefunden ist, und anderer Tiere eine Abnahme nicht
erfahren, weil durch Ankäufe ein Ausgleich eingetreten ist. Namentlich war
unser Affenhaus noch uie so bevölkert wie gegenwärtig, unsere Sammlung von
Straußen ist kompletiert, und auch das Kamelhaus vermag die Zahl der Tiere
kaum zu fassen. Die früher mangelhaften Wasserverhältnisse des Gartens
sind wesentlich gebessert worden, und für die Beseitigung von Ausdünstungen
ist durch Aufhebung der Pferdeschlachterei und teilweise noch in der Aus¬
führung begriffene Bauten Sorge getrageu.
Überhaupt wird noch im Laufe dieses Sommers eine große Thätigkeit im
Garten herrschen, um den aus der Zunahme des Besuches uns erwachsenen
Verpflichtungen zu genügen. Im Übrigen bleibt zu erwähnen, daß der Ver¬
einfachung wegen die Pachtsumme des Wirtes um den Betrag der früher be¬
sonders berechneten Zinsen für Leitungen etc. erhöhet ist, und daß die Minder¬
einnahme für Häute mit dem schon erörterten Aufgeben der Pferdeschlachterei
im Zusammenhänge steht.
Einnahme und Ausgabe vom 1. April 1882 bis 31. März 1883.
E i n n a h in e. M, Pf.
An Kassenbestand am 1. April 1882 . 563. 4(3
» Entree . 39485. —
» Abonnementsgeld . . . . 36751. —
NB. Die Gesamt-Abonnements-Einuahme für das Rechnungsjahr
1882/83 beträgt M. 378(30.
Transport 76799. 46
92
Transport
An barer Erlös aus verkauften Tieren .
» Restaurationspacht .
» Zuschuß aus dem Provinzial fonds .
» do. von der C’alenberg-Grubenhagenschen Landschaft . .
» Restzahlung von G. L. Kuhlmann alsNetto-Erlösaus der zum Besten
des Affen-Fonds verfaßten humoristischen Erzähluug »Molly«
» Beitrag des Restaurateurs zu den Konzertkosten .
» Vergütung des Restaurateurs für seinen Wasserkonsum aus der
städtischen Wasserleitung .
» Zahlungen aus dem Vorschuß-Conto II .
» diverse Betriebs-Einnahmen:
für Pferdehäute . M. 347. —
» Dünger . » 497. —
» Knochen . » 89. 37
»Eier . » 380. 85
» Hundefutter . » 500. —
» altes Eisen, Tierbälge etc . » 64. 80
• - - - —
M.
Pf.
76799.
46
1551.
95
4998.
90
900.
—
600.
—
10.
—
4492.
—
60.
—
7822.
14
1879. 2
Summa der Einnahmen M. 99113. 47
Davon ab die Ausgabe » 97160. 40
Bleibt Kassen-Bestand, übereinstimmend mit dem Kassa-Conto
der Bilanz . 1953. 7
Ausgabe.
Per Zahlungen an Kreditoren der vorigen Bilanz .
»
Laufende Betri ebs- Ausgaben:
»
Gehalt und Dienstkleidung .
M.
7862.
80
»
Arbeitslöhne .
»
7079.
2
»
Futtergegenstände .
»
30271.
76
Heizung und Beleuchtung .
1457.
20
»
Wasser aus der städtischen Wasserleitung . .
»
424.
30
y>
Konzerte, Illuminationen, Sommerfeste etc. .
(Der Beitrag des Restaurateurs zu diesen Kosten
»
10021.
50
beträgt M. 4492 S. Einnahme.)
»
Drucksachen, Inserate, Plakate .
»
1721.
2
Porto, Fracht, Büreau-und sonstigekleineAusgaben
»
751.
85
Feuer-Versicherung .
»
320.
46
»
Steuern und andere öffentliche Abgaben . . .
165.
8
»
Für den Ankauf von Tieren .
3286.
16
»
Ergänzungen und Reparaturen der Anlagen, der
Baulichkeiten und des Inventars .
»
5218.
73
» Extra-Schaustellungen (Seelöwen und Australier) . . . .
» Rückzahlungen an das Vorschuß-Conto II .
» Amortisation der Prioritäts-Anleihe .
» Zinsen .
» Aktien-Coupons, beim Abonnement, in Zahlung genommen .
2932. 77
68579. 88
400. —
17000. —
311. 25
4192. 50
3744. —
Summa der Ausgabe M. 97160. 40
93
Bilanz vom 31. März 1883.
Aktiva. jVJ. | >f
An Kassa-Conto . 1958. 7
» Bauten-Conto . 218072. 25
» Wasserleitungsanlage -Conto . 2213. 11
» Gasanlage-Couto . 2187. 57
» Inventar-Conto . 3637. 57
» Maschinen-Conto . 1775. 75
» Bibliotbek-Conto . 219. 19
» Tier- Conto . 53751. 24
» C. Hagenbeck, Hamburg . 58. 14
» Vorschuß-Conto . 2520. —
(840 Stück Aktien-Coupons Nr. 8 pro 1883/84.)
Summa M. 286387. 89
Passiva.
Per Abonnenten-Conto .
(pro 1883/84 vereinnahmte Abonnementsgelder)
» Aktienkapital-Conto .
» Prioritätsanleibe-Conto .
» Zinsen-Conto .
» Vorschuß-Conto II
(Betriebs-Vorschüsse) . . . . .
Rekapitulation der Abschreibungen:
An Bauten-Conto . M. 11477. 48
» Wasserleitungsanlage-Coute ... » 245. 90
» Gasanlage-Conto . » 243. 6
» Inventar-Conto . » 404. 17
» Maschinen-Conto . » 443. 93
» Bibliothek-Conto . » 24. 35
» Tier-Conto . » 3742. 65
M. 16581. 54
M. Pf.
18163. -
148740. —
92088. 75
7724. 40
19671. 74
S um m a M. 286387. 89
Korrespondenze n.
Raunheim, den 1. Februar 1884.
Wie ich Meister Reineke beim Honig na sehen überraschte.
In dem trockenen Sommer 1883 waren die Hummeln ganz besonders wohl
geraten, und man konnte deren Nester in größerer Anzahl auf Wiesen, in
Feld und Wald antreffen. Bei meinen Streifzügen habe ich nun öfter ge¬
funden, daß solche Hummelnester herausgescharrt und die Honigwaben ver¬
zehrt waren. An einem schönen Herbsttage ging ich im Walde auf einer
Schneiße ruhig meines Weges, als ich auf einmal, vielleicht 150 Schritte vor
mir, eine Bewegung neben am Wege bemerkte. Ich glaubte zuerst, ein Eich-
- 94
Hörnchen sei dort gehüpft, allein bald sah ich dieselbe Bewegung an der
vorigen Stelle. Als ich näher kam, sah ich, daß dies der Schwanz eines
Fuchses war, welcher sehr eifrig an der Stelle grub und dabei öfter mit
seiner Ruthe schlug. Ich schlich mich nun immer näher, und der Fuchs war
so sehr im Eifer, daß er mich nicht gewahrte. Als ich ganz nahe war, warf
ich nach ihm mit einem Holzbrocken, der auch dicht neben ihm niederfuhr.
Der Fuchs machte einen gewaltigen Sprung in die Höhe, blieb einen Augen¬
blick stehen, und als ich ihm zurief, schlug er sich seitwärts in die Büsche.
Er hatte ein Hummelnest aiisgegrabeu und zum größten Teil auch schon ver¬
zehrt. Ich war erstaunt, daß der Fuchs die Stacheln der kleinen Brummbären
nicht fürchtete, allein ein alter Ameisenpuppen-Sammler, ein Mann, der den
ganzen Sommer den Wald durchstreift und jeden Yogel am Schlage erkennt,
der mir begegnete und dem ich die Beobachtung erzählte, meinte, die Hum¬
meln seien ziemlich harmlos und lange nicht so bös wie die Hornisse. Er
selbst habe schon einige Nester wegen des Honigs ausgegraben, wobei die
Hummeln sich gar nicht zur Wehre gesetzt hätten. Auch auf dem Felde und
den Wiesen habe ich später ausgescharrte Hummelnester gefunden. So ist
denn Meister Reineke ein rechtes Leckermaul. L. Buxbaum, Lehrer.
M i s c e 1 1 e n.
Ein sec hsbeiniger Molch. Im Sommer 1883 wurde in der Nähe
des Gutes Diekburg bei Münster i/W. ein sechsbeiniger Molch uud zwar ein
Männchen der Art Triton taeniatus, des kleinen oder gefleckten Wassermolches,
gefangen. Es ist ein kleines Exemplar von 53 mm Länge. Die beiden Vorder¬
beine und Hinterbeine haben eine ganz normale Stellung. Vor dem rechten
Hinterbeine sprossen die beiden überzähligen Beine hervor. Dieselben sind
etwas kürzer (11 mm) als das normale Hinterbein (14 mm). Ihre Oberschenkel
sind mit gemeinsamer Haut überzogen; der vordere überzählige Fuß trägt 5,
der hintere nur 4 Zehen. — Wir bemerken noch, daß uns vor Jahren bereits
ein ähnliches Exemplar eiugehändigt wurde; auch dieser kleine Molch besaß
ein doppeltes Hinterbein, ebenfalls an der rechten Seite.
Prot. Dr. LI. Landois.
Zoologischer Garten in Liverpool. In Liverpool hat sich eine
»Liverpooler Zoologische Garten-Gesellschaft« gebildet, welche die Einrichtung
t t D
eines Zoologischen Gartens beabsichtigt. Dieselbe hat die Architekten W. Sugden
und Son in die Gärten von Berlin, Hamburg, Dresden, Amsterdam, Antwerpen
und London gesandt, um daselbst die Einrichtungen und Pläne der Gebäude
zu studieren.
95
L i 1 1 e r a t u r.
Das Terrarium, seine Bepflanzung und Bevölkerung. Ein Handbuch für
Terrarienbesitzer und Tierhändler. Von Joh. v. Fischer. Mit 40 Holz¬
schnitten. Frankfurt a. M. Mahl au & Wald Schmidt. 1884.
Terrarien d. h. Behälter, in welchen Erde, Wasser und lebende Pflanzen
enthalten sind, die also gewissermaßen einen Garten im Kleinen darstellen, um
kleineren Tieren die Bedingungen zu ihrem Gedeihen zu gewähren und ihre
Beobachtung zur ermöglichen, sind Einrichtungen der neuesten Zeit, die ja in
Bezug auf Haltung und Beobachtung der lebenden Tierwelt so gewaltige Fort¬
schritte gemacht hat. Vielleicht mit einer der Ersten hat der Herausgeber
dieser Blätter ein Terrarium beschrieben , in welchem er kleine Säugetiere,
Amphibien und Reptilien im Zimmer halten konnte.
Herr Joh. v. Fischer ist es nun, der diesen Apparat zu einer bedeutenden
Vollkommenheit gebracht hat, so daß derselbe allen möglichen Anforderungen
entspricht und für die Bedürfnisse der Bewohner der Tropen wie der gemässigten
Klimate eingerichtet werden kann, ohne daß er große Kosten veranlaßte.
Welche Resultate Herr v. Fischer damit erzielt, ist den Lesern unserer Zeit¬
schrift aus zahlreichen lehrreichen Aufsätzen wohl bekannt; hat er doch z. B.
das schwer zu haltende Chamäleon nicht nur längere Zeit lebend beobachtet
sondern sogar zum Eierlegen gebracht und diese Eier bis zum Ausschlüpfen
der Embryonen gereift.
Nach solchen Proben bedarf es wahrlich keines Beweises mehr, daß Herr
v. Fischer der Mann ist, berufen zur Abfassung eines Werkes über Terrarien.
Und wir dürfen uusern Lesern auch mitteilen, daß dasselbe vortrefflich ausge¬
fallen und wirklich im Stande ist, eine mehrfach vorhandene Lücke auszufüllen.
Denn erstens beschreibt es die verschiedenen Arten der Terrarien, von der
einfachen Glasglocke an bis zum komplizierten heizbaren Glaskasten. Alle
Werkzeuge, die nebenher gebraucht werden, sind in gleicher Weise besprochen
und durch Zeichnungen erklärt. Zweitens ist der Pflanzen Erwähnung gethan,
die zur Besetzung des Terrariums geeignet sind, wie sie zu den zu haltenden
Tieren passen und dem Zimmer zugleich zum Schmuke dienen können. Be¬
sonders sind die insektenfressenden Pflanzen berücksichtigt, die in letzter Zeit
so vielfach die Aufmerksamkeit in Anspruch genommen.
Der Hauptteil des Buchs ist aber drittens die Naturgeschichte aller der
kleineren Reptilien und Amphibien, die bis jetzt in Gefangenschaft gehalten
und in den Handel gebracht worden sind. Der Freund derselben findet in dem
Buche vor allein die Möglichkeit, seine Tiere genau zu bestimmen, was seither
bei der Zerstreutheit der betreffenden Litteratur keine leichte Aufgabe war
und manchem die Lust an ihrer Haltung benahm. Er hört aber dann be¬
sonders, wie die Tiere zu halten, zu pflegen, zu überwintern sind und kann
sich auf diese Weise vor beständigen Verlusten bewahren. Zahlreiche Mit-
*) Vgl. Band Vif, 186G, Seite 14 u. f.
teilungen der an den Pfleglingen gemachten Beobachtungen belehren ihn
schließlich über das Wesen und Leben derselben.
Das Buch ist durchaus eine Originalarbeit des Verfassers, wie wir solche
ja von ihm gewohnt sind. Es wird als das Erste seiner Art mit Freude be¬
grüßt werden und der Tierpflege und der Tierkunde bedeutenden Gewinn
bringen. Das wird ein jeder sagen, der dasselbe kennen lernt. N.
Die Erde und ihre Völker. Ein geographisches Hausbuch von Fr. von
Hellwald. 3te gänzlich umgearbeitete Auflage mit vielen Illustr., Karten
und Tabellen. Stuttgart, W. Spemann, 1884. Pr. gebd. M. 16,20.
Dieses vortreffliche Werk liegt bereits in dritter Auflage vor uns. Den
Inhalt desselben auch nur annähernd vollständig andeuten zu wollen, wäre
hier ganz unmöglich. Es mag daher die Angabe genügen, daß gegenwärtig
auf dem deutschen Büchermarkt kein Handbuch der Erdbeschreibung zu finden
ist, welches sich durch solche Vollständigkeit, Neuheit und Klarheit des In¬
halts empfiehlt. In dieser völlig neuen Gestalt erscheint dasselbe als ein un¬
schätzbares Kompendium, würdig der vollsten Beachtung deutscher Lehrer,
gleich wertvoll für die Bereicherung des Wissens wie für die Veredelung in
der Naturanschauung bei Jung und Alt. Bringt man diese Vorzüge mit dem
äußeren Schmuck zusammen, der dem stattlichen Bande durch die vielen er¬
läuternden Illustrationen von der rühmlichst bekannten Verlagshandlung zuge¬
wendet wurde, dann kann man es sich nicht versagen, dieses Werk als ein
ganz vorzügliches warm zu empfehlen. Druck und Papier stehen im Einklang
mit der Ausstattung, der Preis ist thatsächlich ein sehr mäßiger
D. Gr on e n.
Eingegangene Beiträge.
v. Tsch. Schm, in H. : Für die freundliche Gratulation meinen herzlichsten Dank. Ihre
Beiträge für die Zeitschrift nehme ich gern entgegen. — H. in P. C. (Mo.): Die erste Sendung
ist angekommen. Der Aufsatz ist sehr hübsch, nur fürchten wir, da ß er zu umfangreich
wird. Er läßt sich vielleicht in einige Teile zerlegen. Ihre Wünsche werden durch die
Verlagshandlung erfüllt werden. — H. B. in EL: Die Sendungen werden benutzt. — D. Gr.
in C. — Dr. Th. N. in' B. : Besten Dank für die Zusendung. Der Aufsatz ist willkommen.
Wegen der Abbildungen werde ich Ihnen Mitteilung machen. — B. L. in H.: Die Antwort
wird Ihnen wohl durch die Verlagshandlung zugegangen sein. - G. E. in C. : Es hat mich
gefreut, daß Ihr Wunsch so in Erfüllung gegangen ist. Die Aufträge sind besorgt. — L. B.
in R. — F. S. in F. —
Bücher und Zeitschriften.
Job. v. Fische r. Das Terrarium, seine Bepflanzung und Bevölkerung. Mit 40 Holzschnitten.
Frankfurt a. M. Mahl au & Waldschmidt. 1884. 10 Mk. Geb. 12 Mk.
Will. Marshall, Agilardiella radiata , eine neue Tetractinellidenform mit radiärem Bau.
Mit 1 Taf. Berlin 1884. Verlag der Kön. Akademie der Wissenschaften.
Dr. K. Ruß. Die fremdländischen Stubenvögel, ihre Kaffurgeschichte , Pflege und Zucht.
4. Band, 4. Lieferg. Magdeburg. Kreutz’ sehe Buch- u. Musikalienhandlung. 1884.
Jahrbücher der Deutschen Malakozoologi sehen Gesellschaft. Herausgegeben
von Dr. W. Kobelt. 11. Jahrg. , Heft h Frankfurt a. M. Mo r. Diester weg. 1884.
E. Friede]. Märkisches Provinzial -Museum der Stadtgemeinde Berlin. Einteilungsplan
der geologischen Abteilung Ab 2. Aufl. Berlin 1883.
A. B. Meyer. Eine in Sachsen erlegte Rackellienne. Wien 1884, Separ.-Abdr. Mitteilungen
des Ornithol. Ver. in Wien.
Jahresbericht der Ornithologischen Gesellschaft in Basel für das Jahr 1883.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahl au & Wuldschmidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldsclimidt in Frankfurt a. M.
No. 4. XXV. Jahrgang. April 1884.
1 ii !i a I i.
Die Beschädigungen der oberirdischen Telegraphenanlagen durch Vögel. — Neues aus
der Tierhandlung von Karl Hagenbeck, sowie aus dem Zoologischen Garten in Hamburg;
von Dr. Th. Noack in Braunschweig. — Einige Bemerkungen zu meinem Aufsatze über
„die deutschen Waldhühner“, in den Jahrgängen 1879 -81 des „Z. G.“ ; von Dr. W. Wurm.
— Aus dem Zoologischen Garten in Berlin; von L. Wunderlich. — Korrespondenzen. —
— Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Die Beschädigungen der oberirdischen Telegraphenanlagen
durch Vögel.*)
Seitens der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung sind im
Laufe des Sommers 1881 Ermittelungen darüber angestellt, inwie¬
weit Vögel einen schädlichen Einfluß auf die oberirdischen Telegraphen¬
linien auszuüben vermögen. Die stattgehabten Erhebungen haben
nun zwar ergeben, daß die von den Vögeln an den Telegraplienlinien
hervorgebrachten Beschädigungen nicht derartig sind, daß durch sie
eine besondere Gefahr für die Telegraphenlinien zu befürchten wäre.
Immerhin dürfen diese Beschädigungen nicht als ganz unbedeutend
hingestellt oder vernachlässigt werden; es sind vielmehr bei den an-
*) Im Aufträge des Herrn Staatssekretärs des Reiclispostamts wurde uns
mit Bezug auf die in dem Jahrgänge 1882 unserer Zeitschrift erschienenen Auf¬
sätze »die Telegraphenleitangen und die Vögel« unter dem 5. März 1884 eine
Nummer des »Archiv für Post- und Telegraphie« mit obigem Aufsatze über¬
sandt. Wir bringen letzteren hiermit gern zum Abdruck, weil er das Ver¬
hältnis der Vögel zum Telegraphen vom technischen Standpunkte aus be¬
handelt. N.
Zoolog- Gart. .Tabrg’. XXV. 1884.
i
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gestellten Ermittelungen verschiedene Erscheinungen zu Tage ge¬
treten, auf welche die Verwaltung ihre Aufmerksamkeit auch weiter
zu richten haben wird.
Zunächst sind hier die Beschädigungen der Telegraphen¬
stangen durch die Spechte zu erwähnen. Die Spechte hacken
in die Telegraphenstangen Löcher von G, 9, 12 und mehr Centimeter
äußerem Durchmesser, welche 7 bis 8 Centimeter tief gegen die
Staugeuaxe konisch zulaufen, nicht selten sogar die ganze Stange durch-
dringen, so daß deren Festigkeit beeinträchtigt wird. In einzelnen
Ober-Postdirektionsbezirken sind infolge solcher Beschädigungen Aus-
O o o
Wechselungen von Telegraphenstaugen notwendig geworden. Weitere
Beschädigungen entstehen dadurch, daß die Spechte die von der
Sonnenhitze herrührenden Längsrisse in den Telegrapheustangen durch
Anhacken erweitern, und zwar häufig derartig, daß man einige
Finger in die erweiterten Spalten legen kann.
Die gedachten Beschädigungen werden vorzugsweise dem Bunt¬
specht (Ficus major) zugeschrieben; es sind indes auch der Schwarz¬
specht (Ficus martius) und der Grünspecht (Ficus viridis) bei dem
Anhacken von Telegraphenstangen betroffen worden.
Derartig angehackte Stangen werden vorwiegend in waldreichen
Gegenden aufgefunden, wo also die Spechte sich in größerer Zahl
aufhalten ; dagegen kommen diese Beschädigungen wenig oder gar
nicht in den freien Ebenen und namentlich nicht an der Küste vor.
In zwölf Ober-Postdirektionsbezirken sind gar keine Beschädigungen
bemerkt worden , während in anderen Ober-Postdirektiousbezirkeu
eine große Zahl solcher an gehackter Stangen — in einem einzigen
Bezirke z. B. allein 32 Stück — gefunden worden ist.
Der Specht greift nicht allein unzubereitete kieferne und eichene
Stangen an, sondern auch mit Kupfervitriol, Zinkchlorid oder Queck¬
silbersublimat zubereitete Stangen; selbst kreosotierte Stangen läßt er
nicht verschont. Denn der von einigen Seiten ausgesprochenen Be¬
hauptung, daß kreosotierte Telegraphenstangen von den Spechten
nicht angehackt werden, steht die Thatsache gegenüber, daß ganz
neu aufgestellte, vor nicht langer Zeit mit Kreosot zubereitete Stangen
aufgefunden worden sind, welche von Spechten angehackt waren.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß der Specht nur bei dem
Suchen nach Nahrung veranlaßt wird, die Telegraphenstangen in
der beschriebenen Weise auzugreifen, da in den Rissen der Telegraphen¬
stangen, sowie in den Astlöchern oder in den von den Isolatorstützen
herrührendeu alten Schraubenlöchern häufig Insekten in sehr großer
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Anzahl sich aufhalten. Von einer Seite ist behauptet worden, daß die
Spechte durch das Summen der Leitungsdrähte bz. der Stangen angelockt
würden, indem sie dieses Summen für das Summen von Insekten hielten.
Diese Behauptung läßt sich wohl schwer begründen; eher dürfte die
Annahme berechtigt sein, daß die Spechte klug genug sind, das Summen
der Telegraphenstaugen von dem der Insekten zu unterscheiden.
Als weitere Beschädigungen der oberirdischen Telegraphenaulagen
sind die Betriebsstörungen zu nennen, welche durch das
Aufliegen der Vögel gegen die Telegraphenleitungen
entstehen.*) Im allgemeinen vermögen nur größere Vögel, wenn sie
gegen die Telegrapheuleitungen fliegen , diese so in Schwingungen
zu versetzen, daß ein Drahtbruch oder eine Verschlingung mehrerer
Leitungsdrähte eintreten kann.
Man hat dergleichen Betriebsstörungen durch gegenfliegende
Schwäne, Störche, Trappen, wilde Enten und andere Vögel beobachtet.
Namentlich aber sind es die Gänse, welche in den Gegenden mit
starker Gänsezucht zu einer wahren Plage für die Telegraphenleitungen
werdeu können. Die jungen Gänse, wenn sie auf die Weide getrieben
werden oder von dieser nach Hause zurückkehren, fliegen sehr häufig
gegen die Telegraphenleitungen und besonders dann, wenn diese sich
vor einem dunklen Hintergründe befinden, so daß sie von den Gänsen
nicht gut gesehen werden können. In mehreren Ober-Postdirektions-
bezirkeu werdeu alljährlich häufige, durch Gänse verursachte Be¬
schädigungen der Telegraphenanlagen, als Zerreißen der Bindedrähte,
Drahtbrüche, Verschlingungen der Leitungsdrähte, beobachtet.
Kleinere Vögel, selbst Rebhühner werden beim Gegenfliegen
gegen die Telegraphenleitungen durch den Auprall in der Regel ge¬
tötet, ohne daß die Leitungen einen besonderen Schaden erleiden.
Auch die sich oft in großen Scharen auf die Leitungsdrähte nieder¬
lassenden Stare, Schwalben, Sperlinge und anderen kleinen Vögel
vermögen in der Regel einen besonders nachteiligen Einfluß auf den
Telegraphenbetrieb nicht auszuüben. Das Gewicht dieser Tiere ist
zu gering, als daß durch dasselbe der Durchhang der Leitungen ver¬
größert werden könnte; andererseits vermögen diese kleineren Vögel
auch selbst beim gleichzeitigen Auffliegen die Leitungsdrähte in der
Regel nicht in so große Schwingungen zu versetzen, daß dadurch
Verschlingungen der Leitungen entständen. Allerdings ist in einem
Falle beobachtet worden, daß eine große Zahl Stare, welche sich
auf eine Telegraphenleituug niedergelassen hatte und mit großer
*) Vergl. hierzu Jahrg. XXIII, 1882, Seite 125 und 257.
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Heftigkeit plötzlich und gleichzeitig aufflog, eine Verschlingung von
vier Leitungen hervorbrachte; und in einem anderen Falle soll eine
große Anzahl von Staren, welche gegen die Telegraphenleitungen
flog, zwei Leitungen zerrissen haben. Diese Fälle müssen indes zu
den Ausnahmen gerechnet werden ; in der Regel wird den oberirdischen
Telegraphen anlagen durch das Gegen fliegen kleinerer Vögel ein
wesentlicher Nachteil nicht zugefügt.
Iu einzelnen, namentlich baumlosen Gegenden werden weiter¬
hin Telegrapheustangen vielfach und mit Vorliebe von kleineren Raub¬
vögeln, Krähen, Elstern u. s. w. als Ruhepunkte benutzt, und, wie
bereits erwähnt, setzen sich Stare, Schwalben und andere kleine
Vögel nicht selteu in großen Scharen auf die Telegraphendrähte.
Bei dieser Gelegenheit werden die Telegraphenlinien durch den U n-
rat der Vögel beschmutzt; besonders die Telegrapheustangen
erhalten häufig ein Ansehen, als wenn sie mit einem Kalkanstrich
versehen wären. Solche Verunreinigungen haben im allgemeinen
keinen besonders nachteiligen Einfluß auf die Telegraphenlinien, da
die letzteren in der Regel durch den nachfolgenden R.egen wieder
abgewaschen werden. Es könnten höchstens die scharfen Exkremente
der Vögel die Fäulnis der Zopfenden der Stangen beschleunigen.
Schließlich möge noch erwähnt werden, daß Schwalben und
Sperlinge sich gern die vor sp ringenden Schutzdächer au den
Einführungen der Telegraphen leituugen in die Häuser und an den
zur Verbindung der versenkten mit den oberirdischen Leitungen
dienenden Uberführungssäulen aussuchen , um unter ihnen ihre
Nester zu bauen.
Es ist offenbar, daß durch solche Nester Nebenschließungen in
den Telegraphenleitungen hervorgebracht werden können.
Neues aus (1er Tierhandlung von Karl Hagenbeck^
dem Zoologischen Garten in Hamburg.
Von Dr. Th. Noack iu Braunschweig.
Mit 4 Abbildungen.
sowie aus
Die Tierhandlung von Herrn Karl Hagenbeck iu Hamburg ist
heute wohl das erste Geschäft der Art in der Welt. Als Beweis
dafür möchte u. a. die Thatsache gelten, daß Herr Hagenbeck iu
diesem Winter gegen 70 Jungfernkraniche ( Grus virgo) lebend
erhalten hat, die er in Südrußland hat ausbrüten lassen, daß er
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augenblicklich nicht weniger als 32 indische Elefanten von den ver¬
schiedensten Altern und Größen besitzt, darunter ein erwachsenes
Weibchen mit einem Jungen, von denen er die meisten dressieren
läßt, um sie im nächsten Sommer zunächst im ludustriepalast in
Hamburg vorzuführen. Das Institut hat sich zu dieser Höhe auf¬
geschwungen durch die außerordentliche Thätigkeit und Einsicht
des Herrn Chefs, der sich auch um die Förderung der wissenschaft¬
lichen Zoologie durch Einführung seltener, ja noch gar nicht be¬
kannter oder beschriebener Tierspezies die größten Verdienste erworben
hat. Ich habe seit Jahren Gelegenheit gehabt, bei Herrn Hagenbeck,
dessen bereitwilliges Entgegenkommen auch in wissenschaftlicher
Beziehung den größten Dank verdient, zoologische Studien zu machen
und Tiere nach dem Leben zu zeichuen.
Der Zweck folgender Zeilen ist nicht, für das Geschäft Reklame
zu machen, welche dasselbe gar nicht nötig hat, sondern einiges
über von ihm eingeführte Tierspezies zu berichten.
Von besonderer Wichtigkeit sind mir seit ein paar Jahren
Sendungen von der Somaliküste und vom Himalaya erschienen, weil
die von dort eingeführten Tiere, besonders die aus dem Somalilaude,
neue Arten oder wenigstens Unterarten repräsentieren.
Bekanntlich hat Herr Hagenbeck den von dort eingeführten
Strauß als eine neue Varietät erkannt, ich habe selbst Gelegenheit
gehabt, an einer ganzen Anzahl von Exemplaren, von denen die
letzten zwölf nach Kalkutta verkauft worden sind und die alle
übereinstimmend waren, die erheblichen Differenzen zwischen Struthio
camelus Africanus und Somctliensis besonders in der’ Färbung der
Beine zu bestätigen, doch da über den Somalistrauß schon von
Herrn Reichenow eine Arbeit publiziert ist,1) will ich nicht näher
darauf eingehen. Auch das neue Zebra von der Somaliküste ( Eqims
Grevii ) weicht erheblich von den übrigen Zebra-Arten ab ; ich habe
es indessen noch nicht selbst gesehen. Sehr bedeutende Abweichungen
von Asinns taeniopus Africanus zeigt der zuerst von Herrn Hagenbeck
eingeführte A. taeniopus var. Somaliensis , welchen Namen ich für
den neuen Wildesel des Somalilandes vorschlagen möchte.
Das Tier, ein seit einem halben Jahre im Besitz des Herrn
Hagenbeck befindliches Männchen, hat ungefähr die Größe des mir aus
dem Berliner Zoologischen Garten bekannten As. taeniopus Africanus,
nur ist es kräftiger gebaut, besonders hat es einen ziemlich starken
ff Seite 19 dieses Jahrgangs.
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Bauch und ähnelt darin mehr dem Hausesel ; der Kopf ist schmal
wie bei dem Steppenesel, die Stirne stark hervortreteud, die Haare
bilden auf demselben einen Wirbel ; der Hals ist ziemlich stark und
kürzer als bei taeniopus Afr ., die Beine elegant, ebenso die ziem¬
lich gerade Rückenlinie ; die Behaarung ist sehr weich und locker,
die Färbung ein zartes rötliches Aschgrau, Schnauze grau, hinter
derselben eiu breites hellgraues Band von der Nase bis hinter den
Mundwinkel, wie bei As. taen. Afr., dagegen um die Augen ein
heller Ring, die langen feinen Ohren innen aschgrau, mit schwarzem
Rande, außen an der Spitze und mehr nach der Innenseite schwarz¬
braun breit umsäumt, über die gelbrote Außenfläche des Ohres geht
grade über dem Ohrknorpel eine braune Binde, unter der Ohr Wurzel
liegt ein heller Fleck. Die nach vorn gesträubte Mähne ist an
der Wurzel hellgrau, oben schwarzbraun. Das Kreuz auf dem
Rücken und den Schultern fehlt absolut, nur über die Lendenwirbel
zieht sich ein dunkler aber nicht sehr intensiver Streifen über den
Schwanz, welcher auch innen einen dunklen Streifen zeigt und in
eine kleine Quaste ausläuft. Brustbein und Bauchlinie sind scharf
abgegrenzt hellgrau, die Beine weichen in der Färbung erheblich
von As. taen. Afr. ab, die Vorderbeine sind vorn gelbgrau, hinten
scharf abgegrenzt hellgrau, die Schenkel bis zum Sprunggelenk
vorn heller. Um die Beine laufen bis zur Brust- resp. Bauchhöhe
dunkle Binden, von denen die unter dem Kniegelenk und über dem
Unterfuß besonders intensiv dunkel gefärbt sind, während die Binden
mehr nach oben matter werden. Die Vorderfüße sind uuteu nach
hinten zu dunkel, die Hinterfüße nicht. Über den eleganten Hufen
liegen vorn und hinten parallele Bänder, bis zum Knie ziehen sich
vorn die Bänder nur durch die dunklere Vorderseite der Vorder¬
beine, nicht nach hinten und inuen ; au den Hinterbeinen laufen
sie ganz herum, unten mehr parallel, nach oben zu in sförmigen
Kurven. Vorne und hinten läuft je eine Binde in einem Winkel mit
der andern zusammen.
Wenn nun auch die Art der Bänderung im einzelnen vielleicht
individuell ist, was sich nach dem einen bis jetzt überhaupt bekannten
Exemplar nicht entscheiden läßt, so berechtigen doch die Intensität
der Bänderung an den Beinen, das fehlende Rückenkreuz, der weiße
Fleck unter dem Ohr, der kürzere Hals, der kräftigere Bau, den
A. taeniopus Somaliensis als eine von taeniopus Africanus erheb¬
lich abweichende Varietät zu bezeichnen.
Auch ein von der Somaliküste stammender Gepard des Herrn
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Hagenbeck zeigt eine Abweichung von Cynailurus guttatus in der
erheblich helleren Färbung. Demnach bieten verschiedene Säuge¬
tiere des Somalilandes bemerkenswerte Abweichungen von den
entsprechenden afrikanischen Arten, wodurch die Frage berechtigt
erscheint, ob nicht dieser Teil der ostafrikauischen Küste in früheren
Erdperioden von dem übrigen Afrika getrennt und mit Arabien
verbunden gewesen ist. Die Beantwortung könnte erst nach ein¬
gehender Vergleichung der Somalifauna mit der gegenüberliegenden
arabischen erfolgen, aber bei der Abgeschlossenheit Arabiens dürfte
es schwer halten, von dort das nötige Vergleichsmaterial zu beschaffen.
Von anderen ostafrikanischen Tieren erwähne ich noch die
Bergantilope (. Antilope montana), von Rüppell entdeckt und
früher meines Wissens nur einmal lebend nach Europa in die
Menagerie des Lord Derby gebracht. Ich habe das Tier im Ham¬
burger Zoologischen Garten gezeichnet, wohin es von Herrn Hagen¬
beck verkauft wurde und wo es nach kurzer Zeit eingegangen ist.
Wenn Brehm »Tierleben« III, S. 262 sagt, alle Bergantilopen
zeichneten sich durch ihren gedrungenen Leibesbau und kurze Beine
aus, so palst das durchaus auf diejenigen Arten, die wie Oreotragus
scdtatrix und der unten zu besprechende Nemorlioedus Goral auf
Felsen leben, aber nicht auf Antilope montana , die sich mehr, wie
die Tragelaphus- Arten in bergigen Waldregionen auf halten. A. mon¬
tana hat die schlanken Formen und zierlichen Beine, nur viel längere
als Tragelaphus scriptus uud schließt sich in der Gestalt am nächsten
an die Calotragus- Arten an, auch ist das von mir gezeichnete Tier,
ein Weibchen, durch den Mangel der Hörner den Zierböcken und
manchen Zwergantilopen ähnlich (nicht alle 9 der Zwergantilopen
sind, wie Brehm sagt, hörnerlos, vergl. unten Cephalolophus Max-
ivellii). Das Tier war etwa 85 cm lang und 45 cm hoch, doch
bemerke ich, daß ich auf die Messungen, welche manche Balg¬
forscher zu ihrer Hauptaufgabe machen, kein großes Gewicht lege,
bei lebenden Tieren, die neu beschrieben werden, nicht, weil man
nicht weiß, ob sie schon ausgewachsen sind und man sie aus ver¬
schiedenen Gründen, z. B. bei Herrn Hagenbeck wäre das unmög¬
lich, nicht messen kann, am Balge erst recht nicht, weil sich da
alle Proportionen verschieben und die Angaben doch immer ungenau
bleiben. Antilope montana hat den gebogenen Rücken der oben
verodichenen Arten, sehr schlanke hohe Beine, einen ganz kurzeu,
kurzhaarigen Stummelschwanz, langen schlanken Hals, große löffel-
ruude Ohren, innen mit der gestreiften Zeichnung, wie die Gazellen,
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der Kopf ist ausgezeichnet durch eine starke Ramsnase, wie sie bei
keiner ähnlichen Art vorkommt, durch schlanke nach hinten wie
bei der persischen Gazelle zurücktretende Schnauze und große dunkle
Augen. Sehr eigentümlich sind die starken Vertiefungen hinter den
Ohrwurzeln. Die Färbung ist ein dunkles Zirnmetbraun, Unterseite,
Schwanz, Beine und Hals vorn heller, um den Hals gehen vor der
Schulter ein paar dunklere Bänder, Stirn dunkler, Hufe sehr schlank.
Das Tier zeigte das ängstliche schüchterne W esen der Gazelien-
Arten.
Die Maxwell’ sehe Schopfantilope ( Gephalolophus Max-
ivellii ) vou der afrikanischen Westküste, nicht von Herrn Hagen-
beck importiert, wurde vor 2 Jahren von mir im Hamburger Zoo¬
logischen Garten gezeichnet. (Vergl. die Abbildung.) Das reizende
Pärchen, welches auch im Garten ein Junges geworfen hat, ist
nach kurzer Zeit eingegangen. Das Tier gehört zu den Schopf¬
antilopen {Ceplialölophus) , aber auch zu den Zwergantilopen, denn
die beiden ausgewachsenen Tiere des Pärchens (auch das Weibchen
trug Hörner und unterschied sich äußerlich in nichts vom Männchen)
Cephalophus Maxwellii. West- Afrika.
erreichten kaum die Größe von Neotragus Hemprichii , also
etwa die eines 14 Tage alten Zickleins. Die Körpergestalt ist
gedrungen, der dunkle Schwanz ziemlich kurz, aber lang behaart,
die mittelhoheu Läufe sehr zart, der Hals kurz, der Kopf
ziemlich gedrungen, aber mit feiner Schnauze, die beiden graden
Hörnchen sind gereifelt und etwa 6 cm hoch, der Schopf zwischen
denselben bemerkbar, aber nicht ganz so hoch wie die Hörnchen,
die Ohren mittellang, innen weißgrau, aber rosa durchscheinend.
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Die Färbung ist ein ziemlich dunkles Umbra-Graubraun, während
die Unterseite, also Kinn, Vorderhals, Unterseite des Bauches, vor¬
derer Rand und Innenseite der Schenkel und Beine weißgrau gefärbt
sind ; um die Augen zieht sich ein scharf markierter, heller rosarot
durchscheinender weil dünn behaarter Ring, denselben trennt ein
dunkler Streifen, der mit der gleichgefärbten Stirn und dem Nacken
zusammenhängt, von den hellen Wangen. So ist die Färbung des
Kopfes von dem des Cephalolophus mergens doch wesentlich ver¬
schieden, welcher nur einen schmalen Ring um die Augen und
dunkle Wangen besitzt, Cephalolophus Maxwellii zeigte das mun¬
tere aber ängstliche Benehmen der Zwergautilopen, der Geschlechts¬
trieb bei dem Männchen war ziemlich stark entwickelt. Das Junge
erreichte fast die Größe seiner Eltern, ist dann aber auch ein¬
gegangen trotz der Sorgfalt, die der Wärter der Antilopen in
Hamburg, ein in seinem Fache sehr erfahrener uud ergrauter Mann,
den Tieren zu Teil werden läßt. Die Schwierigkeiten, die zarteren
Antilopen, z. B. auch Antilope Dama , Tragelaphus scriptus u. a.
längere Zeit zu erhalten, sind sehr groß, da z. B. schon einmalige
Durchnässung durch Regen den Tieren deu Tod bringt.
Die Vansire, Antilax oder Atilax Vansire ,*) schon von Buffou
bestimmt, aber sehr selten lebend beobachtet, wurde vor 2 Jahren von
mir im Hamburger Zoologischen Garten gezeichnet und gehört zu der
Gruppe südwestafrikanischer Mangusten, der auch Herpestes penicillatus,
JRhycaena tetradadyla, Crossarchus obscurus, mit welchem die Vansire
äußerlich am meisten Ähnlichkeit hat, angehören. Jedoch muß ich
bemerken, daß Antilax Vansire vorn und hinten 5 Zehen hat,
nicht, wie jene, hinten vier. Das Tier hat etwa die Länge eiues
Steinmarders, nur erscheint es auch wegen des dichteren Pelzes
massiger. Der Kopf ist gedrungen, die Stirn ziemlich stark hervor¬
tretend und von der Nasenwurzel scharf abgesetzt, hinten am
Schädel eine ziemlich bemerkbare Crista, die Schnauze schlank zu¬
gespitzt, der Unterkiefer unter der Oberlippe versteckt, die Ohren
kurz mit bemerkbarem Ohrläppchen, Hals ziemlich laug und stark,
die kurzen ziemlich schlanken und unten dünn behaarten Beine
haben je fünf fingerartige ziemlich lange Greifzehen (Daumen vorn
und hinten kurz) mit hundeartigen fleischfarbenen Nägeln, Rücken¬
linie wie bei anderen Mangusten stark gekrümmt, Schwanz mittel¬
lang stark behaart, am Ende schlank zugespitzt. Die Färbung ist
*) Ygl. Bd. XVI, 1875, S. 10 u. Bd. XVII, 1876, S.381.
100
ein tiefgläuzendes dunkles Schwarzbraun, der Pelz hat etwas fisch¬
otterähnliches, die Schnauze ist hell fleischfarben, Nase dicht an
der Schnauze auch hell, dann dunkelbraun, um die Augen ein
gelber Ring, Augenlider dunkel, Iris gelbbraun, Augen lebhaft und
beweglich. Wangen, Backeu, über die sich ein dunklerer Streifen
zieht, Kehle hellgelbbraun, Lippenränder und Unterkiefer hell fleisch¬
farben, ebenso das Ohr, Beine tief braun, Bauch dunkel braungrau ,
Weichen etwas heller, Schwanz tief schwarzbraun. Der Kopf zeigt
besonders von vorn deu rattenartigen listigen Ausdruck, der die
Mangusten charakterisiert, das Tier war außerordentlich unruhig
und beweglich und zeigte die beständige Neigung, mit den Fingern
an den Stäben des Käfigs empor zu greifen und zu klettern, setzte
sich auch wohl wie ein Hund auf den Hintern; es erscheint mir
daher zweifellos, daß es wie ein Marder häufig auf Bäume klettert.
Ich schließe die Reihe der seltenen afrikanischen Tiere mit
dem Brillentaucher ( Spheniscus demersus ), dem einzigen in Süd-
Afrika lebenden Pinguin. (Vgl. die Abbildung.) Lebende Pinguine nach
Europa zu bringen, hat seine großen Schwierigkeiten; ein Versuch, den
Herr Hagenbeck vor einigen Jahren mit dem Pinguin der Falklands¬
inseln machte, mißglückte, indem die Tiere, die man ja au Ort und
Stelle leicht genug fangen kann, im biskayischen Meerbusen bei einem
Sturme alle zu Grunde gingen. Der afrikanische Pinguin, von dem ich
bis dahin noch nichts gesehen oder gelesen hatte, wurde 1882 von
Herrn Hagenbeck glücklich importiert und war in kurzer Zeit sein
Liebling geworden, denn er wurde außerordentlich zahm und war
ebenso drollig im Wasser wie auf dem Lande. Lang gestreckt auf
oder unter dem Wasser auschwimmend, mit Flügeln und Füßen
rudernd, glich er einem kleinen Seehunde, auf dem Lande watschelte
er aufrecht einher, folgte seinem Herrn wie ein kleiner Hund,
apportierte allerhand Sachen, ließ sich gerne krauen, aufasseu und
liebkosen, stieß auch wohl, wenn er sich behaglich fühlte, ein esel¬
artiges Gebrüll aus. Leider starb der Vogel, 8 Tage nachdem ich
ihn gezeichnet hatte, in den heißen Julitagen des Sommers, an¬
scheinend am Herzschlage, zum großen Leidwesen seines Herrn.
Der Brillentaucher ( Spheniscus demersus) weicht von den süd¬
amerikanischen Pinguinen sehr erheblich ab. Er hat die Größe
einer starken Ente, ist aber erheblich korpulenter und hat einen
ganz kurzen Hals. Der runde Kopf zeigt eine ziemlich starke Ent¬
wickelung der Stirn und des Hinterhauptes, der starke Schnabel
ist raben artig gekrümmt und hat mit dem der anderen Pinguine
107
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Der Brillentaucher, Spheniscus dem er aus. Süd-Afrika.
keine Ähnlichkeit, an der Basis ist er stark gefurcht, die nackte
Haut an seiner Wurzel genarbt, Oberschnabel schwarz, Uuterschnabel
in der Mitte horngrau, Basis und Spitze dunkler. Das Auge steht
schräger als bei anderen Vögeln und bekommt dadurch und durch
das gequetschte obere Augenlid einen kamel- und mongolenartigen
Ausdruck; die Iris gelbbraun, um das Auge geht ein heller, kahler,
fleischfarbener Ring, Färbung des Kopfes dunkelumbrabraun, Wangen
heller, unter dem Ohr und auf der Stirn einige mattweihe Tüpfel,
Kehle dunkel, doch zieht sich um dieselbe ein hellgraues Halsband
bis gegen den Nacken, auf beiden Seiten mit je zwei dunklen
Tüpfeln geziert. Brust gelbrot, Bauch hellgelb Sepia. Über Brust
und Bauch ziehen sich einige Reihen von dunkelumbrabraun ver¬
waschenen Tüpfeln, die nach unten immer matter werden. Flügel
wie bei anderen Pinguinen gestaltet, mit feinen schuppeuförmigen
Federn bedeckt, keine Schwungfedern, Farbe duukelumbra mit ver-
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einzelten weißgrauen Tüpfeln, hinterer Rand hell, innen hellgrau,
Weichen und Schenkel grauumbra, Rücken tief umbrabraun, unter
den Deckfedern lieget ein feiner gelbbrauner Flaum. Schwanz mit
starken Federn zugespitzt, unterstützt den Vogel beim Stehen und
Gehen, Federn unten zerschlissen, Beine kurz und kräftig, Haut
genarbt, hinten dunkelgrau, vorn heller, Füße lang mit starken
Nägeln dunkelgrau mit fleischfarbenen Flecken, die hintere Zehe
steht nach innen seitwärts. Das ganze Gefieder ist stark fett¬
glänzend und fühlt sich an, als ob es mit einem noch nicht ganz
trockenen Firniß überzogen wäre, ist also etwas klebrig. Sphen.
dem. ruht sitzend wie z. B. RJiea americana, liegend platt auf der
Brust mit nach hinten ausgestreckten Beinen, auch hierin dem See¬
hund ähnlich.
Von asiatischen Tieren möge zunächst besprochen werden : Die
persische Gazelle (. Antilope dorcas var. persica ), eiu noch nicht ganz
ausgewachsenes Weibchen. Wenn das Tier auch im allgemeinen den
Gazellenhabitus zeigt, so sind doch die Differenzen in der Färbung,
besonders aber in der Bildung des Kopfes und der Hörner erheb¬
lich. Die Färbung des Halses ist hellumbra, an der Kehle weißlich¬
grau, der Leib dunkelumbra, besonders nach dem Rücken hin, wie
bei der afrikanischen Gazelle trennt ein dunklerer Streifen an beiden
Seiten des Leibes und hinten an den Schenkeln die helle Unterseite
und die hellen Spiegel (nicht reinweiß, sondern hellumbragrau).
Die Beiue sind vorn gelbumbra, hiuten scharf abgeschnitten weißlich,
die Ohren außen gelbumbra, innen weißgrau, der Schwanz dunkel-
braunschwarz. Der Kopf zeigt eine starke Ramsnase, über welche
sich mehrere Falten hinziehen ; die ziemlich starke Schuauze, beson¬
ders der Unterkiefer, tritt nach hiuten sehr zurück, so daß die
Bildung der Schnauze etwas nagetierartiges hat und der ganze
Kopf etwas an den der Saiga (Colus tataricus) erinnert. Die auf
beideu Seiten bis gegen die Spitze hin gereifelten Hörner zeigen
von vorn nicht die elegante Lyraform der afrikanischen Gazelle,
sondern sind erst nach hinten, im letzten Drittel etwas nach vorn
und wie bei manchen Ziegen stark nach außen gebogen, nicht
wie bei Dorcas africana nach innen. Die Differenzen erscheinen
also bedeutend genug, um die persische Gazelle als eine erheblich
abweichende Varietät erkennen zu lassen.
Vom Himalaya hat Herr Hagenbeck seit einer Reihe von Jahren
eine Anzahl sehr bemerkenswerter Tiere erhalten, unter denen ich
zuerst erwähnen möchte: Das Moschustier (. Moschus wiosckiferus).
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Ich habe den jungen Bock vor 2 Jahren gezeichnet (Vgl. die Abbildung)
und bemerke, daß, wenn auch das Tier sonst genug beschrieben und
gezeichnet worden ist, doch die mir bekannten Abbildungen, weil
schwerlich nach dem Leben gezeichnet, unrichtig sind, indem sie
einen rehartigen Habitus zeigen, den das Moschustier doch nicht
hat. Das von mir gezeichnete Tier hatte eine dunkelzimmetbraune
Färbung mit Reihen von verwaschenen Flecken und war noch nicht
ausgewachsen. Das Gesicht ist auffallend schmal, die großen löffel-
förmigen Ohren werden meist lauschend, da das Tier auffallend
furchtsam war, so eng aneinander gehalten, daß schon dadurch jede
Rehähnlichkeit am Kopfe verschwindet. Die Stirnhaare bilden zwi¬
schen den Ohren einen Schopf, die großen dunklen Augen sehr
lebhaft, die Nase schmal, die Schnauze dagegen sehr breit, von den
Eckzähnen war noch nichts zu sehen, die Kehle zeigte eine hellere
Färbung, die Beine zierlich, die Vorderläufe hinten bis zum Knie
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stark behaart, der Moschusbeutel und der Schwanz kaum angedeutet.
Von Moschusgeruch war an dem Tiere nichts wahrzunehmen.
Der Goral, Nemorhoedus Goral ist bei Brehm so unrichtig ge¬
zeichnet, daß man das Tier absolut nicht erkennen kann. (Vgl. die
Abbildung.) Die noch jetzt im Besitz des Herrn Hagenbeck befindliche
und trotz ihrer außerordentlichen Seltenheit seit einem halben Jahre
nicht verkaufte Goralziege hat die Größe eines etwa halbjährigen
Merinolammes und ist noch nicht ganz ausgewachsen, obwohl das
Tier seit einem halben Jahre auch in Bezug auf Gehörn sich nicht
wesentlich weiter entwickelt hat. Die Gestalt erscheint auch durch
die kräftige und dichte Behaarung sehr gedrungen, auch die Läufe,
die unten nach hinten zu stark behaart sind; das entspricht durch¬
aus dem hohen Gebirgsaufenthalte des Goral, während die Ab¬
bildung bei Brehm mit den schlanken Beinen auf eine Steppenan¬
tilope schließen läßt. Die Kopfbildung weicht außerordentlich von
der der bekannten Ziegen und Schafe ab, die rostgelbe Stirn ist
ziemlich breit, das Ohr fein, aber größer als bei Ziegen und
Schafen, innen hellgrau mit duukeren Streifen, dem vieler Antilopen
und der Gazellen ähnlich; die kleinen schwarzen bis zur Spitze tein
gereifelten Höruer sind schwach lyraförmig gebogen, die dunkel¬
gelbbraunen Augen stehen sehr schräg und verleihen neben der
tiefschwarzen Nase und den stark glustrigen Backen dem Tiere das
eigenartige, von Antilope, Capra, Ovis ganz abweichende Aussehen.
Die Kehle ist scharf abgegreuzt weißlich. Der Körper gelbbraun
behaart, die Rückenlinie schwarz, die Haarspitzen überhaupt schwarz,
ebenso die Beine dunkel, die Klauen kurz und scharf wie bei den
Gemsen , auch der gazellenartige Schwanz dunkel. Das Tier ist
ziemlich scheu, macht daher, weil es sich rasch in einen geschlosse¬
nen Raum zurückzieht, Schwierigkeiten beim Zeichnen, doch ist
meine Zeichnung ganz porträtgetreu, weil ich den Goral längere
Zeit studiert habe.
Das Nahoorschaf, Pseudois Nahoor , vom Himalaya wurde
vor 1 ljs Jahren in 4 Exemplaren von Herrn Hagenbeck über Indien
nach Hamburg gebracht. Die Tiere befinden sich noch im Ham¬
burger zoologischen Garten, der ein Exemplar angekauft hat. Pseu¬
dois Nahoor ist ein kleines Wildschaf, welches in den Hochgebirgen
des Himalaya nach Przewalski (Petermanns Mitteilungen I., 1884
S. 20.) auch in Nordtibet im Karakorum neben dem seltenem und
mir nicht bekannten Ouis Hodgsoni in klippenreichen Gebirgs-
partieen lebt, aber verhältnismäßig leicht gezähmt werden muß, da
Der Goral, Nemorhoedns Qorctl vom Himalaya
111
112
die Tiere, obwohl auf der ihnen angewiesenen Felspartie munter
uinherkletternd und als echte Kinder des Hochgebirges sich be¬
weisend, doch nicht scheu sind und offenbar schon in Indien zahm
gehalten wurden ; das eine Tier hatte in dem einen durchlöcherten
Ohr einen roten Lappen hängen, der als Amulet gedient haben
mag. Der Körperbau von Pseudois Nahoor ist gedrungen, aber
doch elegant, die Größe etwa die des schottischen Bergschafes,
etwas größer als die der Heideschnucken. Ich hatte im vorigen
Sommer Gelegenheit, auf der Hamburger Viehausstelluug die beiden
genannten Schafrasseu , die von den iibrigeu Hausschafen schon
durch die Hörner erheblich abweichen, neben einander zu sehen und
mit Pseudois Nahoor zu vergleichen, und es erscheint mir nicht un¬
wahrscheinlich, daß wir im Nahurschafe einen Ahnen dieser beiden
abweichenden Schafrassen kennen lernen, von denen das schottische
Bergschaf noch heute seine Gebirgsnatur nicht verläugnet, während
die Heidesclmucke nur in der Lüneburger Heide keine Gelegenheit
dazu hat, beide aber in Bezug auf deu Körperbau, den halblangen
Schwanz, die Hörnerbildung entschieden an den Nahur erinnern.
Ich w7eiß nicht, ob mau schon das Skelett vom Nahurschaf in deu
landwirtschaftlichen Akadeinieen hat, bin aber überzeugt, daß eine
anatomische Vergleichung der drei Schafrassen meine Vermutung
bestätigen würde, daß die Ileidesehnucke wie das schottische Berg¬
schaf eine uralte, von den Celten, dem ersten in Mitteleuropa aus
Asien eingewanderten Volke, eingeführte Schafrasse repräsentieren,
deren Stammvater vielleicht das Nahurschaf oder ein ähnliches Wild¬
schaf im Himalaya ist. Vergl. bes. Dr. Th. Studer: die Tierwelt
in den Pfahlbauten des Bieler Sees. Mitteil, der naturforsch. Gesellsch.
in Bern 1883, S. 17—115.
Der Kopf des Nahurschafes zeigt durchaus den Wildschaf¬
charakter: kurz, Stirn breit, nach der Schnauze hin verschmälert,
Ohr klein und schlank, die halblaugen gereifelten Hörner nach
hinten gebogen, wie beim Heideschnuckenschaf, um das lebhafte
kluge Auge ein heller Ring, die Nase wie bei Goral dunkler, dunkel
umbra Nasenspitze, Wangen und Schnauze hell umbragrau, Kehle wie
beim Goral hell, ziemlich scharf abgegrenzt, die übrige Behaarung
umbrabraungrau, auf dem Rücken dunkler, Beine und Bauch hell
umbragrau, der Schwanz halblang, dünn, mit längeren dunklen Haaren.
Die Behaarung, die bei dem einen Nahurschaf abweichend war, w^eil
sie mehr ins Gelblichbraune wie bei Nemorhoedus Goral überging,
ist ziemlich stark und straff wie bei den übrigen Wildschafen.
113
Aus dem Himalayagebiet von Nepal möchte ich noch drei
Tiere erwähnen, die ich bei Herrn Hagenbeck beobachtet habe, zwei
Viverren und eine Taube.
Die Kr a b b e n- Mang us t e, Herpestes cancrivorus, ist in der
Abbildung bei Brehm kaum zu erkennen, auch vermag ich nicht,
Analogien zwischen ihr und dem Vielfraß zu erkennen. Ich habe
das Tier im Sommerpelz gezeichnet, es aber später im Winterpelz
im Hamburger Zoologischen Garten gesehen, wo es durch die starke
Behaarung mehr als sonst an Herpestes griseus erinnert. Das Tier
erscheint im Sommerpelz recht schlank, im Winterpelz gedrungen
und ist etwas größer als ein Marder. Der breitere Kopf spitzt sich
zu einer schlanken fleischroten Schnauze, Ohren kurz, Augen
rattenartig dunkel, schräg gestellt mit listigem Ausdruck, Gesicht
gelbgrau mit durchscheinender Fleischfarbe, vom Ohr zieht sich an
beiden Seiten des Halses ein heller, bei Brehm falsch gezeichneter
Streifen hin, nicht bis zu den Schultern; unterhalb derselben ist die
Kehle dunkelumbra, ebenso die Beine, die Behaarung gelb und
grau mit weißgestichelt, auf dem Rücken dunkler, der Schwanz im
Sommerpelz an der Wurzel meist sehr stark behaart, die untere
Hälfte gelbrot mit ziemlich langen Haaren. Das Tier ist ziemlich
beweglich und unruhig, hat sich übrigens ohne Krabben- und Krebs¬
nahrung ganz gut gehalten.
Die nepalsche Zibethkatze, Viverra Zibetha var. nepa-
lensis weicht von V. Z. indica und natürlich von Viverra civetta
nicht unerheblich ab. Ich habe in Hamburg Gelegenheit gehabt,
alle drei Tiere neben einander zu sehen und vergleichen zu
können.
Es handelt sich hier natürlich nur darum, die Unterschiede
zwischen V. Zibetha nepalensis und Indien anzugeben. Die beiden
Geschlechter des von Herrn Hagenbeck importierten Pärchens
unterschieden sich äußerlich nicht von einander; bei Tage zeigten
sie wie die übrigen Zibethkatzen ein schläfriges Wesen und waren
nur beim Fressen munter. Die Zibethkatze von Nepal ist langge¬
streckt und schleicht mit dem gekrümmten Rücken der Viverren,
die Ohren sind klein, viel kleiner als bei der indischen, die dunkel¬
braunen von hellen Ringen umsäumten Augen stehen schräg und
geben dem Tiere den listigen Ausdruck, der Kopf verjüngt sich
stark zu der weißen Schnauze mit brauner Nasenspitze und weißen
Schnurrhaaren, über die Nase zieht sich bis zu den Mundwinkeln
Zoolog-. Gart. .Tahrg-. XXV. 1684. 8
114
ein schwarzes Band; Hals laug, an beiden Halsseiten ziehen sich drei
wellige, hinten nach unten gekrümmte schwarze Streifen, zwischen
denen je 2 weilsgelbe liegen, ebenso ist die Kehle weidlich gelbgran.
Füße kurz mit feinen dunklen Querbäudern, Schwanz mittellaug
nach der Spitze zu stark verjüngt, mit je 7 breiten schwarzen und,
weißen Ringeln und schwarzer Spitze. Grundfärbung ein mit weiß
gesticheltes Gelbgrau, vorn mehr grau, von den kurzen Rippen au
mehr gelb, unten hell braungrau. Uber den Rücken zieht sich ein
schwarzer, länger behaarter Streifen, unter welchem auf jeder Seite
je ein weißgrauer Streifen liegt. Schultern matt verwaschen, dunkler
gebändert, ebenso die Seiten matt gebändert mit breiten verwasche¬
nen Streifen, desgleichen die Hinterschenkel, die nach hinten zu
weißliche Ränder zeigen. Hinterschenkel unten gelblich.
Eine Vergleichung mit der indischen Zibethkatze im Hamburger
Zoologischen Garten ergab sehr bedeutende Unterschiede. Die
Grundfärbung der ostindischen Zibetha ist viel heller, die Zahl der
Bänder viel größer, letztere viel feiner und schärfer markiert, auch
der Schwanz der ostindischen Art hat viel mehr und feinere Ringel,
die schwarzen Ringe bei Z. ncpalensis gehen ganz um den Schwanz
herum, überhaupt erinnert die Bänderung des Leibes und Schwanzes
bei Z. nepalensis mehr an den unserer Wildkatze auch hinsichtlich
der Zahl der Bänder und Ringe; Kopf bei der indischen Art viel
gelber, Färbung unter dem Bauche heller. Die Bänderung der
indischen Viverre war nicht, wie in der Zeichnung bei Brehm II.,
22 in Flecken aufgelöst sondern eine wirkliche Querstreifuug. Wie
weit Differenzen im Skelett beider Arten vorhanden sind, ist mir
nicht bekannt, jedenfalls erscheint die nepalensische Zibetha auf den
ersten Blick als eine dem Himalaya-Gebiet anhörige stark abweichende
Varietät, die sich natürlich von der afrikanischen Givetta noch viel
weiter entfernt ; so ist letztere viel plumper gebaut, erscheint mehr
gefleckt als gestreift, der Schwanz ist kürzer, während die kurzen
Ohren, die mähneuartigen Streifen auf dem Rücken mit unterem
hellem Saume allerdings wieder die afrikanische Art näher an die
des Himalaya rücken.
Ich schließe diese Zeilen mit der weißriickigen Taube,
Columba leuconota , aus Nepal, die Herr Hagenbeck in etwa einem
Dutzend Exemplar erhalten hatte. Beide Geschlechter sind äußer¬
lich nicht verschieden und haben die Größe unser Haustaube, Kopf
und Schnabel grau umbrabraun, Iris gelb, Kehle, Nacken, Brust,
Bauch gelblich weiß, Füße korallenrot, Rücken weiß, Kreuz dunkel
115
graubraun, Flügel gelbgrau, die dunkle Färbung zieht sieh noch
nach den Seiten des Nackens in die Höhe, Schwungfedern grau¬
braun, dreimal dunkel gebändert. Die Taube war ziemlich zahm,
jedoch waren die meisten Exemplare stark augegriffen uud sind meist
eingegaugeu.
o o Ö
Einige Bemerkungen zu meinem Aufsatze über „die deutschen
Waldhühner“, in den Jahrgängen 1879 — 81 des „Z. G.“
Von Dr. W. Wurm.
Die Frage, ob Birk- und Haselwild stets (oder doch fast stets)
auf dem Erdboden oder zu Baume übernachte, harrt
leider, trotz Hru. 0. v. Loewis uud meinen hierüber ausgetauschten
Mitteilungen, noch immer ihrer Lösung; bis jetzt läßt sich, glaube
ich, nur konstatieren, daß im höheren Norden das übernachten
auf dem Boden überwiegend öfter beobachtet und daher dort als
allgemeine, ja als ausschließliche Übung angenommen wird, während
im übrigen Europa der »Glaube« an den Baumschlaf vorherrscht,
ohne zu viele überzeugende Thatsachen dafür stellen zu können.
Eine solche Verschiedenheit in der Lebensweise mag ja recht wohl
bestehen und es fehlt auch keineswegs an zahlreichen Analogien im
ganzen Tierreiche. Vorhandener oder fehlender Baumwuchs, Be¬
schaffenheit des Unterwuchses und der Bodenoberfläche, Schutz vor
Wind oder Temperaturextremen oder exponierter Stand, tiefer Schnee
oder Schneemangel, vorkoinniende Raubtierarten uud deren Ver¬
teilung über die Bodenfläche, endlich vererbte Gewohnheit, — • alle
diese Momente werden wohl für die Wahl der Schlafstätten ma߬
gebend sein. Neuerdings möchte ich Ornithologen uud Waid¬
männer um Bethätigung irgend möglicher Beobachtungen in
dieser Richtung und um Mitteilung derselben angelegentlich er¬
suchen. —
Endlich, nachdem ich mich und befreundete Seelen lange
Jahre hindurch vergeblich bemüht hatte, brachte mich die große
Freundlichkeit eines Herrn in Christiania in Besitz von gleich zwei
Rackeihähnen. Den ersten derselben hatte er, meine Intentionen
mißverstehend, leider ausstopfen lassen, sodaß er für die anatomische
Untersuchung verloren war. Trotzdem war schon die äußere Be-
sichtigung dieses wunderschönen, zu Ende Oktober erlegten, frisch
o O ' o •
11(3
vermauserten und offenbar von einem mit dem Tiere, wie es aus
der Hand der Natur hervorgegaugcn, bekannten Präparator couser-
vierten Exemplares sehr interessant. Alle Rackeihähne, deren ich
nachgerade ziemlich viele (ausgestopfte) in Händen gehabt, zeigen
kleinere oder bedeutendere Abweichungen von einauder, und in sehr
vielen Fällen ist, was Grolle, Umfang, Haltung, Rose, Insfärbung,
Federbart, Achselfleck, Fliigelbiuden betrifft, mehr der Präparator
als Mutter Natur verantwortlich zu machen, da die allermeisten als
leere, trockne Bälge versandt und erst im Atelier des betreffenden
Museums nach Abbildungen ausgearbeitet werden. Von reinem Be¬
trüge, der z. B. den Schwanzfedern durch Brennen jede beliebige
Krümmung zu geben vermag, welche freilich in feuchter Luft als¬
bald wieder schwindet, — siehe die auf Tyroler Straffen um ein
Spottgeld verkauften »Birkhahnstöße« aus Haushühnerfedern! —
will ich ganz schweigen. Ein einigermaßen eingeweihter Beobachter
oder Sammler ist ja nach einem Blicke auf die für die Mischlings¬
form charakteristischen Kennzeichen sofort und sicher orientiert.
Dieses Exemplar ziert nun die Tübinger Universitätssammlung,
welcher ein solches bisher fehlte und der ich dasselbe überließ,
weil ich keine ausgestopften Tiere mehr habe. Am 10. Februar
d. J. erhielt ich einen zweiten, bei warmem Wetter seit dem 1.
unterwegs befindlichen und vielleicht auch schon in Norwegen weit
transportierten, daher bereits in Fäulnis übergegangenen Rackel-
hahn. Die Untersuchung desselben konnte sich deshalb, trotz reich¬
licher Zuhilfenahme von Karbol etc., nicht mehr über feiuere Ver¬
hältnisse, z. B. der Testikel, der Blinddärme, oder selbst nur
auf Gewicht, Umfang etc., erstrecken. Auch diese beiden Hähne
differierten recht wesentlich, wie folgende Übersicht zeigt.
I. (ausgestopft).
Lauge: 68,0 cm. (?).
Höhe: 43 (V).
Nur im linken Flügel doppelte weiße
Binde angedeutet.
Schwanz birkhahnähnlicher, mehr ge¬
rade abgeschnitten, rein schwarz,
äußerste Federn verlängert und leicht
gekrümmt. Unterstoß blendend weiß.
Violetter Metallglanz.
Kleine weiße Achselflecken.
II. (im Fleische).
68,3. Flügelspannweite : 100.
Tarseuhöhe: 6,3.
Zwei weiße, jedoch mehr als bei T.
tetrix verwischte Flügelbinden.
Schwanzfedern gerade, schwarz, die
mittleren verkürzt, beim Aufrichten
ein kleines Rad bildend. Unterstoß
weiß, aber reichlich schwarzgefleckt.
Ebenso.
Ebenso.
117
1. H.
Schnabel Schieferfarben, minder ge¬
krümmt, relativ länger als bei T. Ebenso.
urogallus.
Kleine Kosen, kaum am untern Augen¬
lide.
Vollständige Zehenstifte.
Rose merklich größer.
Ebenso.
An Nr. II. notierte ich ferner: Zunge im Munde, nicht wie
in der Regel beim toten Auerhahne, tief znriickgesunken ; Zung'en-
beinhörner bis hinter das Ohr zurücklaufend ; Kehlkopfeingang sehr
wenig und fein gezähnt; Luftröhre ohne alle Biegung; Weiß-
tannennadeln, Heidelbeeren und einige Preiselbeeren im Kropfe und
Magen ; 16,4 Gramm mittelgroße, durch die Beeren gebläute Magen¬
kiesel; endlich maß der von mir zuerst untersuchte » Processus auri-
cularis maxillae inferioris «, von der Spitze des Unterkieferwinkels
an gemessen, hier: 14 mm. (bei T. wog. cf: 23 — 25, bei T. urog. Q:
16, bei T. tetrix : 6). Von den drei sich daran anheftenden Mus¬
keln ist meines Wissens nur der Muse, digastricus schon genannt
und beschrieben worden. Der geschilderte Fortsatz hebt bei Oeff-
nung des Scdinabels in situ deutlich noch den Boden des Gehör¬
ganges, muß also, wenn er bei allen Rackeihähnen diese Länge
besitzt - — was fraglich ! — auch deren Hörfähigkeit während des
Balzens durch Kompression bei aufgesperrtem Schnabel, wenn nicht
aufheben, so doch beschränken. Diese Beeinträchtigung erscheint um
so plausibler, wenn man sich die schwellbare Sncculenz der Häute des
Gehörganges im Leben vergegenwärtigt. Daß dem so sei, lehren zwei
Waidmaunserfahrungen des Kronprinzen Rudolf von Österreich,
der, trotz hellen Sonnenscheines und Mangels an Deckung, wie
beim Auerhahne, erfolgreich an Rackeihähne anspriugen konnte.*)
Gleichwohl geht der Fortsatz etwas minder steil und mehr aus¬
wärts gebogen in die Höhe als beim großen Hahne. Wenn das
Os quadratum der Vögel (und Amphibien) als eine Versetzung und
Umbildung des Amboses, des Os articulare aber als eine solche des
Hammers zu deuten ist, so bildet unser Fortsatz morphologisch eine
Transformation des Processus spinosus 'mallei. — Wegen fort¬
geschrittener Fäulnis fielen leider die gebrühten Schädelknochen
gänzlich auseinander.
*) Allerlei gesammelte ornithologische Beobachtungen, Wien 1880. S. 122.
Nicht im Buchhandel.) Vgl. weiter unten.
118
Auch aus diesen, zu meiuem Bedauern durch die Umstände zu
Fragmenten herabgedriickten Beobachtungen erhellt die Hybriden¬
natur unsres Vogels, der bald mehr vom Auerhahne, bald mehr
vom Birkhähne zeifft. So lange indessen nicht seine Testikel zur
Balzzeit und die wegeu ihrer großen Ähnlichkeit mit der Birkhenne
außerordentlich selten entdeckte Rackeihenne und ihr Ovarium
gründlich mikroskopisch untersucht sind, so lange vermag die Frage
nach seiner Fortpflanzung, sei es durch Paarung mit einer der
Hauptarten und unter Zurückfallen der Produkte in die eine oder
andre ursprüngliche Form, sei es durch Paarung unter sich und
unter allmählicher Ausbildung einer stehenbleibenden neuen Art,
oder die Behauptung seiner Sterilität über bloße Vermutungen nicht
hinauszukommeu. Nur so viel läßt sich mit Bestimmtheit behaupten,
daß T. medins zur Zeit keine eigene Art darstelle, was u. a.
namentlich die verschiedenen Divergenzen der Raekelhühuer unter
sich, welche nach Kronprinz Rudolfs schätzbaren Untersuchungen
selbst im Skelette, in der Zahl der verschiedenen Wirbel etc., auf-
treten, schlagend darthun. Also, ihr Naturfreunde und Waidmäuner
des Nordens, denen, wenn nicht Hubertus und Diana, so doch der
lettische, russische, norwegische, schwedische Bauer oder der Lappe
derartige Vögel auf die Märkte Eurer Städte nicht gar selten
bequem entgegenbringt, versorgt uns Forscher mit Material, um
diese hochinteressanten Fragen zum befriedigenden Abschlüße bringen
zu können !
Im Tesiner Reviere (Böhmen) erlegte Fürst A. J. von Sch warzen-
berg im Frühjahre 1882 einen, aller Wahrscheinlichkeit nach
von einer einzigen, als früher angeschossen, dort verbliebenen und
nur Birkhahngesellschaft vorfindenden Auerhenne abstammenden
Rackeihahn. Denn diese hatte, wie beobachtet worden, dort vor
mehreren Jahren trotzdem Junge ausgebrütet. Er balzte sogar auf
einer Gartenmauer, auch unter Haushühnern, wobei er eine lahme
Haushenne, die ihm nicht enteilen konnte, faktisch betrat. Er
hatte zweimal Mädchen von 10 — 12 Jahren heftig attaquiert.
Uber etwaige Nachkommenschaft von der Hausheuue erfahren wir
leider nichts. (Wiener »Jagdzeituug«, 1882. S. 657.)
In demselben Blatte (1883. S. 226) berichtet uns ein vieler¬
fahrener Waidmann — wie zu vermuten, der erlauchte Ornithologe
Kronprinz Rudolf von Österreich, — von 4 au einem Morgen
im fürstlich Camillo Rohan’schen Reviere am Musky-Berge balzen¬
den Rackeihähnen, von welchen er, wie auch sein Schwager, je einen
119
schoß. Es folgte ein Vers des Balzens auf den andern, sodaß
man sich dem Vogel viel rascher nähern konnte als einem Auerhahn;
auch überstellte er sich mehrmals unhörbar leise, »eine charakteris¬
tische Eigenschaft des immer unruhigen Rackeihahnes.«
Ein andrer Aufsatz daselbst (1882. S. 179) hebt die auffallend
starke Entwicklung der Zehenstifte (fälschlich »Balzstifte« genau nt),
wie sie sich weder bei der Auer- noch bei der Birkhenne jemals
finde, als ein bisher unbeachtetes Charakteristikum der Rackel-
henne hervor.
Was den Tetrao M 1 okos ie wi cz i betrifft, so möchte ich mir
die Anfrage gestatten, ob einer Ihrer Leser den Vogel bereits frisch
oder doch noch unabgebalgt gesehen habe? An dem einzigen aus¬
gestopften Exemplare, welches ich bis jetzt in Händen gehabt und
welches, ebenfalls als getrockneter Balg nach Stuttgart gekommen,
fiel mir nicht nur die besondere, »hühnerwidrige« Schlankheit,
sondern auch die schwarze, matt bläulich überlaufene Gesamtfär¬
bung auf, zumal, da es mir leicht gelang, demselben gelblichweiße
Achselflecken durch Hervorziehen der dortigen Unterfedern zu ver¬
leihen. Ist das Tier von Natur aus kleiner und schlanker als
unser Birkhahn? Besitzt es Achselflecken oder nicht? Sind diese
gelblich oder rein weiß? Ist die Rose wirklich sehr klein? Ist die
Iris dunkelbraun? Fehlt der Federbart gänzlich? Sind die Tarsen
wenig befiedert? Wie verhalten sich die Zehenstifte? Ist der Schwanz
immer fast mähnenartig eingerollt, einer kleinen gelockten Perücke
ähnlich? Wie erscheint die Henne? Hat die Erforschung der ganzen
© ©
Lebensgeschichte dieses kaukasischen Waldhuhnes in den letzten
©
zehn Jahren irgend Fortschritte gemacht?
Bezüglich des Leucismus beim Aue r h ahne habe ich
nachzutrageu, daß ich seitdem selbst einen ausgewachsenen, minde¬
stens 2 — 3 Jahre alten Hahn mit einer schneeweißen Feder in der
Wangengegend nahe bei Teinach schoß und daß, wie Forstmeister
v. Türcke auf einem thüringischen Reviere, so Forstmeister Geyer
in Oberösterreich eiuen reichlich weißgefleckten Hahn erlegte. Wahr¬
scheinlich ist letzterer derselbe, welcher aus der fürstlich Starhem-
berg’schen Sammlung zur Ausstellung des »Oberösterreichischen
Schutzvereines für Jagd und Fischerei« nach Linz (1883) als » Tetrao
maculatus« gesandt worden. Auch erinnere ich an den von mir
erwähnten, ganz schmutzigweiß kostümierten Auerhahn aus dem
badischen Murgthale und an die viel häufigeren, ebenso gefärbten
Birkhähne. Bedenken wir, daß die Tierwelt des hohen Nordens
120
überhaupt ausgesprochene Tendenz zum Weißwerden zeigt (wegen
gesteigerten Fettverbrauches uud größerer Lufttrockenheit, v.
Midden dorff), und (wegen häufiger Spätbruten, Herbstmauser,
Futtermangel, Hartwerden der Futterpflanzen, Witterungskontrasten,
welche Einflüße den jugendlichen Körper zur Frühreife nötigen,
Ders.) zur Kleiuwüchsigkeit neigt, und ziehen wir die sonstige Über¬
einstimmung, namentlich der Hennen, mit den Waldhühnern unsrer
Breiten iu Betracht, so finden wir die annehmbarste Brücke von
unserm T. urogallus zu dem T. urogattoides, v. Midd., T. kumt-
schaticus , v. Kittlitz, T. maculatus uud T. crassirostris, Brehrn,
ohne daß wir zu neuen Artaufstellungen abirren müßten. Alle die
letzteren sind — mit Einschluß der Hahnenfedrigkeit der Hennen,
der stellenweisen Hennen — oder vielmehr Jugeudkleidfärbung der
Hähne — in unsren Augen lediglich geographische, juvenile, senile
oder atavistische Varietäten. —
Seit meinen ersten Mitteilungen über die S chnabelmauser
beim Auerhahne haben sich so vielfache gleiche oder ähnliche
Prozesse bei andern Vögeln, ja selbst bei Säugern konstatieren
lassen, daß dieser Vorgang weit allgemeiner vorzukommen scheint
als bisher angenommen. Folgende kurze Zusammenstellung dürfte
darum von Interesse sein. Dieselbe Schnabel mauser kam zur Beob¬
achtung bei sehr vielen Zimmervögeln, namentlich beim Zeisige,
dann beim Buntspechte (Obf. A. Müller) und bei Fratercula arctica
L., uud ich rechne unbedenklich jene chilenische Lerche hierher,
welche v. Kittlitz, weil er an drei im März geschossenen Exem¬
plaren jedesmal den Schnabel an der Spitze etwas klaffen sah, zu
einer eigenen Art »Älauda fissirostris « stempeln wollte. Hierher
gehört ferner: die auffallende Verfärbung des Schnabels beim Star,
beim Kirschkernbeißer u. a., die lokale Abänderung von Form uud
Farbe der Waldhühnerschnäbel, die Abschilferung und Einrißbildung
an den Schnäbeln zur Mauserzeit, die stärkere Pigmentierung der
tieferen Hornschichten der Schnäbel (Zusammenhang mit dem Ka¬
pillarblutgefäßsystem), der Krallen Wechsel der Waldhühner, die
Abstoßung und Regeneration ihrer Zehenstifte, das Ausstößen der
hornigen iunern Magenhaut bei Körnerfreßern , das partielle Ab¬
werfen bei Antilocapra für cif er, die Sohlenweichheit des Bären im
Februar, die allgemeine Abstoßung und Erneuerung von Epidermis.
Hufen, Nägeln, von Haaren und Federn, vom Baste der Geweihe, die
Häutung der Schlaugen u. A. Die Cerviuen wechseln bekanntlich
nicht nur ihre Horngebilde, sondern selbst regelmäßig ihre, aus
121
Knochensubstanz gebildeten Geweihe. Man wird also die Thesis
aufstellen dürfen, daß die hornige Schnabelbedeckung als ein lebendes
und später absterbendes Gebilde zu betrachten sei, das von der
Schnabelbasis aus nachwächst und sich teils allmählich und uumerk-
lich, teils in größeren oder kleineren Platten auf einmal losstößt,
beziehungsweise erneuert, demnach an dem allgemeinen Stoffwechsel
im Organismus teilnimmt. Besonders dürften es die hellgefärbten
Schnäbel sein, welche in größeren Stücken auf einmal abgeworfen
werden, wogegen die dunkelfarbigen wegen inniger Verbindung*
mit den Blutgefäßen einer uumerklicheren, aber beständigen Ab¬
nützung und Erneuerung unterliegen möchten. —
Die Zehenstifte der Waldhühner deutet 0. Horn in seinem
vortrefflichen »Handbuch des Jagdsport« als die natürlichen Schnee¬
reifen, welche diesen Vögeln das Laufen über den Schnee erleich¬
tern, indem sie das Einsinken verhindern, und dieser Gedanke
gefiel mir bei der Betrachtung solcher Fährten im Schnee recht
wohl.
Im Pfälzer Walde hat sich der seither fast auf Null reduzierte
Stand an Auerwild in den letzten Jahren recht erfreulich wieder
gehoben. Ein herzliches »Waidmannsheil!« den dortigen echten
Jägern und Hegern !
Hr. Ster ge r in Krainburg, dem wir bekanntlich die ersten
sehr eingehenden und zuverlässigen Beobachtungen an lebendem,
von ihm gezüchtetem und liebevollst gepflegtem Auerwilde verdanken
(s. meine früheren Mitteilungen!), hält nun auch einen lebenden
jungen Rackeihahn, sowie einen älteren Birkhahn. Seine Berichte
darüber sind um so wertvoller, als er, ein vortrefflicher alter Hoch¬
gebirgsjäger, das Freileben seiner Lieblinge ebenfalls gründlich kennt.
Da nun eine genauere Beschreibung der Birkhahn balze allgemein
interessieren dürfte, entnehme ich ihrer Schilderung durch den¬
selben (W. Jagdztg. 1883, S. 417 ff.) das Nachstehende. Auer- und
Birkhahn balzen im gezähmten Zustande viel eifriger als in der
Freiheit, doch bleibt letzterer stets wilder und intoleranter gegen
menschliche Berührung, obwohl auch er aus der Pfand seines Pflegers
die Äsung nimmt. Er beginnt seine Balze am Morgen minder
zeitig als im Freien. Das erste »Tschioschi« macht er hier wie
dort, ohne dabei geräuschvoll aufzuhüpfen ; erst bei dessen Wieder¬
holungen tritt das Aufhüpfen und der laute Flügelschlag hinzu.
(Darum hörte ich selbst einst dieses erste und zweite Blasen,
als den ersten Frühlaut des Vogels, von der Höhe einer
Kiefer herab, ehe er nach seinem Balzplatze abstrich. Dieser
Ton ist nur dann ein eigentlicher Zorneslaut, wenn er gegen sich
nähernde Menschen, Hunde etc., und dann immer minder laut und
viel kürzer ausgestoßen wird. Man nennt dies das »Anblasen«;
der Hahn »bläst den Hund an«. Das energische »Tschioschi«
dagegen ist Äußerung der Standesbehauptung. Hs sagt : »Ich bin
da ; hat ein anderer Hahn Lust, mit mir anzubinden ?« Deshalb
lockt der Gebirgsjäger nur mit dem gut nachgeahmten »Tschioschi«
eines jüngeren Hahnes, nicht mit dem Rodeln, den eifersüchtigen
Platzhahn vor seine Flinte. Bei den gesellschaftlicheren und ver¬
träglicheren Moorhähnen des Tieflandes ist solches Reizen sowohl
unnötig als erfolglos. (Dr. W.) Dabei, fährt Sterger fort, sind
die Federn noch ungesträubt, die Flügel etwas gelüftet, das Spiel
fächerartig erhoben, der Hals mäßig aufwärts gestreckt, der Schnabel
sehr weit geöffnet und die Zunge nicht sichtbar. Beim Rodeln
(Kollern) werden der Hals gerade vorwärts gestreckt, die Riickeu-
federn gesträubt und die Schwingen so sehr gesenkt, daß sie oft
den Boden streifen, sich mit den Endsichelfedern des Stoßes ver¬
fangen und die Füße fast ganz bedecken. Dabei bläst sich der
Hals wie beim rucksenden Tauber bedeutend auf, und zw’ar nicht
durch Federsträuben wächst dessen Umfang, sondern durch ein¬
getretene Luft, welche sofort mit Auf hören des Rodeins, doch un¬
bemerkt, wieder entweicht. Steht der Hahn zwischen der Sonne
und dem Beobachter, so erblickt dieser eine vom Halse bis zum
Kopfe reichende große, rosenrote und durchscheinende Blase, inner¬
halb welcher die Halswirbelsäule erkennbar ist (offenbar den von
•• ••
den bekannten Öffnungen der Vogellunge aus auf das Äußerste
aufgeblasenen ersten Luftsack. Dr. W.). Diese Transparenz wird
durch die kahlen Halsstellen und durch die Dünnheit der Halshaut
erhöht. Der Schnabel ist dabei geschlossen und der ganze Vogel
vom Kopfe bis zum Schwanzende in zitternder Bewegung, als ob
diese, allerdings sehr weit vernehmbaren Laute nur mit bedeutender
Anstrengung hervorgebracht würden. Sterger nennt darum das
Rodeln: »einen Paroxysmus«, die Blase aber: »einen Lampion«. Die
beim Beginne der Balzzeit überhaupt schon sehr hervortretende
Rose erlangt während des Rodeins ihre größte Ausdehnung und
Schönheit. (Ich wies schou früher auf die erectile Natur dieses
Gebildes hin, sowie darauf, daß der Birkhahn während des Rodeins
zwar keineswegs taub, aber doch achtloser und darum manchmal
beschleichbar wird. Dr. W.) Dabei marschiert der Hahn gleich einer
Schildwache, nur in etwas beschleunigtem Tempo, hin und her, so
daß er (wie sogar im Freien) immer wieder auf dieselbe Stelle
zurückkommt ; deshalb wird er während dieses Manövers leicht
gefehlt. Er macht so 20 bis 30 Stückchen nach einander. Am
Anfänge und am Ende des Balzens kommt auch ein abgekürztes
und unvollkommenes Rodeln vor, dann ein gleichsam Verwunderung
ausdrückender Ton, wie »Ou Ou Ou«, wobei sich der Schnabel beim
»0« öffnet und beim »U« wieder schließt. Endlich ist ein im
Freien wie »Kijieu« lautender, an ein heiseres Krähen eines Haus¬
hahnes erinnernder Ton zu erwähuen, den St er ge r als Zorneslaut
auffaßt, andere Jäger jedoch als »Symptom der besten Balze« be¬
trachten, und den der Hahn bei gesträubten Hinterhalsfedern und
offenem Schnabel öfter wiederholt. Des gleichfalls beobachteten
»Anblasens« habe ich bereits oben gedacht. Bei Besuchen und
namentlich solchen von zahlreicher Gesellschaft und buntgekleideten
Damen balzt dieser Hahn sehr animiert, während der Auerhahn die
letzteren unverkennbar haßt. In solchen Augenblicken haut der
Birkhahn gegen die sich nähernde Hand seines Herrn mit dem
übrigens recht harmlosen Schnabel. Lustige Luftsprünge und ge¬
räuschvolles Uberfliegen beendigen die Balzproduktion. Sterger
schließt seine Mitteilung wörtlich : »Unfehlbar ist der Spielhahn
als Wetterprophet. Wenn er im Herbste und Winter, somit
außer der Balzzeit, oft beim schönsten Wetter zu balzen beginnt,
so ist dies ein sicheres Zeichen, daß in 12, längstens 24 Stunden
ein Witterungswechsel oder gar eine Wetterkatastrophe ein tritt« .
Ich habe letztere Behauptung mehrfach auch von bayerischen und
von skandinavischen Jägern gehört, ohue sie durch eigene Beob¬
achtungen vertreten oder widerlegen zu können, da ich leider nur
selten Gelegenheit gefunden, mit Birkwild zu verkehren.
o o 7
Ans dem zoologischen Garten in Berlin.
Von L. Wunderlich.
(Erwerbungen. — Struth in scmaliensis nov. sp. — Ethnologische Schaustellungen. —
Bauliche Veränderungen.)
In den Monaten Januar bis Oktober 1883 hat dieses Institut folgende
wichtigere Erwerbungen zu verzeichnen:
A. Reptil ia. 1 Riesenschlange, Boa constrictor, schönes, über 2 m
langes Exemplar.
B. A v e s : 1 Somali-Strauß, Struthio somaliensis (n. sp.) masc., 1 chilenische
Möwe, Larus Belclieri, 2 Zwergsäger, Mergus albdlus, 1 Kolbenente, Fuligula
124 —
rufina weise., 3 Paar australische Bramlenton , Anas tadomoides, 1 Paar
Sch wanengär.se, Anscr eygnoides, 1 Paar schwarze Schwäne, Cygmis atratus,
8 Feuerflamingos, 1 'hoenicopterus ruber , 2 Austernfischer, Hacmatopus ostralegus,
2 grosse Trappen, Otis tarda , 2 Paradieskraniche, Grus paradisea, 2 ameri¬
kanische Sultanhühner, Porphyrio wartiuicus , 4 schwarze Ibisse, Ibis fuliginosus,
1 junger Marabu — wahrscheinlich der indische, Leptoptilus dubius. Leider
erlag derselbe den Schnabelhieben eines im benachbarten Gehege unterge¬
brachten amerikanischen Jabiru und wurde so die genaue Artbestimmuug
unmöglich. 2 Tigerdommein, Botaurus brasiliensis, 1 Paar Kragentauben, Caloenas
nicobarica , 1 Paar Bronzefltigeltauben, Phaps clialcoptera, 1 Paar chilenische
Turteltauben, Tartar auriculata , 1 Paar Jamaicatauben, Peristena jamaicensis,
1 Bronzeflecktaube, P. chalcospila , 8 Tamburintauben, P. tympanistria, 1 Paar
Kuptbrnacken tauben, Pctopistes humcralis, 2 Paar Malakka-Täubchen, P. striata,
8 Glanzfasanen, Lophoplwrus impeyanus (2 masc., 6 fern.), 1 Paar Satyrtrago-
pane, Ceriornis satyrus, 1 Paar blasse Tragopane, C. Blytlii , 1 Paar gelb-
bäuchische Tragopane, C. Caboti — mit Erwerbung der beiden letztgenannten
Tragopanpaare sind jetzt sämtliche bekannte Arten dieses Geschlechts im
Garten vertreten, nämlich C. satyrus , Temmincki , Hastingi, Blytlii und Caboti.
Die ersten drei haben sich auch schon hier fortgepflanzt. — 1 Paar Arguspfauen,
Argus giganteus, 1 Paar Sömmering-Fasanen, Pliasianus Soemmeringi , 1 Paar
Prälat -Fasanen, Puplocomus praelatus , 1 Paar Haubenperlhühner, Nwnida
cristata , 8 Paar Rothühner, Perdix rufa , 1 Paar Weißohrwachteln, Orfyx
leucotis , 1 virginianischer Uhu, Bubo virginmnus , 1 schwarzhalsiger Star,
Gracupica nigricollis wasc. — Die nackte Augengegend ist gelb, während sie
beim Weibchen blau ist — , 1 Paar Braunmeinas, Acridotheres fuscus, 1 Paar
Glanzstare, Lamprotornis splendidus , 1 Paar rotbrüstige Stare, Sturnella
militaris , 2 Orangekopftrupiale, Amblyrlmmplius holozericas aus Südamerika,
1 brauner Sfärling, Leistes frontalis aus Südbrasilien, 1 Cassicus persicus ,
2 C. liacmorrhous , 1 wilder Canarienvogel, LYingilla canaria, 3 P. oryzivora
alba, 1 Trauerwitwe, Pcnthetria macroura, 1 Doppelnashornvogel, Buccros
bicornis , 3 Ariel-Tukane, Bhamphastus Temmincldi, 1 kielschnäblicher Tukan,
P. carinatus , 1 Arassari, Pteroglossus ivscriptus, 1 Paar Nympliicus Norae-
Hollandiac, 1 Paar Platycercus eximius , 1 Paar Barfsiitiche, Palaeornis fasciatas,
1 Paar Trichoglossus Novae-Hollandiae.
0. Mammalia. 1 Paar Giraffen, Camelopardalis giraff'a , 1 Elenn, Alces
pahnatus, 1 Paar Steppenantilopen, Antilope saiga , 1 Paar Antilope beisa ,
1 Schraubenantilope, Antilope addax fein.; 3 Ovis aries strepsiceros, 1 Steinbock,
Capra ibex fein , 8 Anoa depressicornis (1 masc., 2 fern.), 1 Sangastier, Bos
africanus, 1 Paar amerikanische Biber, Castor canadensis, 1 Seehund, Phoea
vituliua, 1 Wickelbär, Cercoleptes caudivolvulas, 1 Paar Cynocephalus Gelada,
1 Paar Schweinsaffen, Bhesus nemestrinus , 1 Weißschulteraffe, Cebus hypoleucus.
Von den genannten Vögeln sind viele zum erstenmal im Garten ausgestellt,
einige wie Larus Bclcheri und Pteroglossus inscriptus , so viel mir bekannt,
überhaupt die Erstlinge in Europa. Doch will ich mich nicht auf die Diagnose
dieser Tiere einlassen, da sie z. T. in Museen aufgestellt oder doch in systema¬
tischen Mitteilungen beschrieben sind. Nur auf den oben als neue Specie8
angegebenen Somali-Strauß sei es mir erlaubt näher einzugehen. Meines
Wissens wurde in diesem Jahre von Hagenbeck eine Herde dieser Strauße
125
aus dem Somalilande nach Paris gebracht. Von hier aus erhielt der
zoologische Garten zu Cöln ein Paar, der hiesige ein altes Männchen. Pie
Federfärbung desselben gleicht vollkommen der seines altbekannten Vetters,
des Struthio camelus. Pie nackten Körperteile dagegen sind nicht rot, wie bei
diesem, sondern schmutzig blau; der Schnabel und die Horntafeln auf der
Vorderseite des Laufes sind rot. Pas Weibchen des neuen Straußes unter¬
scheidet sich, wie ich mich in Cöln überzeugen konnte, nicht von dem des
St. camelus. Zur wissenschaftlichen Bezeichnung dieser neuen Straußart —
denn es fehlen noch die Zwischenglieder, welche ihn mit St. camelus verbinden
— bediente ich mich eben des in Cöln und auch hier eingeführten Namens
St. somalieusis und beschrieb unter diesem unseren Strauß in Nr. 216 C. der
Staatsbürgerzeitung vom 16. Sept. 83. An demselben Tage erschien in der
Sonntagsbeilage der Nordd. Allg. Zeit. Nr. 37 ein Artikel von Pr. Reichenow,
worin er für diese neue Art den Namen St. molybdophanes vorschlägt. *)
An die definitiven Erwerbungen schließen sich direkt die vorübergehenden
an und zwar meine ich hier die anthropologischen. Per Garten hat sich in
vorigem Jahre nicht auf das zoologische Gebiet beschränkt, sondern auch ethno¬
logisch gearbeitet. Prei verschiedene Völkerstämme wurden dem schaulustigen
und Belehrung suchenden Publikum vorgeführt: die Kalmücken aus dem
äußersten Süden Rußlands, die Singhalesen aus Ceylon und die Araucanen
aus Chile. Pie ersteren hatten eine Herde von 18 zweihöckerigen Kamelen,
12 Steppenpferden und 10 Fettschwanzschafen, die zweiten 12 Arbeitselefanten
der verschiedensten Größe mitgebracht und boten hierdurch auch dem Zoologen
reichlichen Stoff zur Belehrung. So konnte er z. B. kennen lernen, dass auch
nicht zwei Elefanten sich vollkommen glichen, sondern zahlreiche individuelle
Verschiedenheiten aufzuweisen hatten. Pie Araucanen dagegen waren nur von
ethnologischem Interesse. Piese sind von Gebrüder Fritze aus Stettin, deren
einer längere Jahre in Chile gelebt hat, die beiden erstgenannten Truppen von
Hagenbeck nach Europa gebracht.
Schließlich will ich noch über die Veränderung der Anlagen, resp.
Gebäude etwas hinzufügen. Per westliche Eingang, dessen Einrichtung die
Stadtbahn nötig machte, hat das Provisorium überstanden. An die Stelle des¬
selben ist ein massiver Bau getreten. Rechts und links dienen zwei Türmchen
mit je drei Kassenfenstern zum Verkauf der Billets. Zwischen denselben liegen
5 Thiiren, eine große mittlere mit zwei Flügeln, die als Ausgaug bei starkem
Besuch benutzt wird und vier kleinere, zwei an jeder Seite. Pieses mit wenigen
Worten die Einrichtung des aus Ziegelsteinen und Eisen konstruierten Baues.
Zn bedauern ist nur, daß die Seitengebäude nicht größer angelegt sind, um
eventuell als Wohnung für Kassierer und Kontroleur zu dienen, wie es beim
Haupteingang der Fall ist.
Eine weitere Veränderung vollzieht sich auf dem Hofe. Pie alten bau¬
fälligen Gebäude, die als Speicher, Hundeküche, Atfenküche u. s w. dienten,
werden niedergerissen und alle diese Räume iu dem neuen massiven Wirt¬
schaftshaus untergebracht. Hierdurch wurden die Hundezwinger, welche den
Hof an einer Seite begrenzen, hier unmöglich und man verlegte sie deshalb
nach dem unbenutzten Terrain im Nordwesten des Gartens. Pie Zwinger
*) Vgl. Seite l!) und 101 dieses Jahrgangs.
N.
126
haben hier den Vorteil, daß sie geräumiger angelegt werden können und der
Eingang vom Kurfürstendamm, vor dem dieselben früher lagen, gewinnt auch,
indem an Stelle der früheren Zwiuger Pflanzengruppen kommen.
Ich will diese Mitteilung mit der freudigen Nachricht schließen, daß nun
endlich der Bau des neuen Affenhauses begonnen hat. Vor zehn Jahren schon
war dasselbe geplant, doch wurde die Ausführung durch den Bau des Elefanten¬
hauses in den Hintergrund gedrängt. Wer das alte Affenhaus, das ursprüng¬
lich von Lichtenstein als Raubtierhaus benutzt wurde, kennt, wird sich freuen,
daß die Affen unseres Gartens eudlicli einer besseren Zukunft entgegensehen.
Da Herr Direktor Bodinus mir die Benutzung der Pläne bewilligt hat, so hoffe
ich den geehrten Lesern dieser Zeitschrift nach Vollendung des neuen Hauses
eine genaue Beschreibung desselben liefern zu können.
K o r r e s p o 11 d e n z e 11.
Raunheim, den 10. Febr. 1884.
Können die Hühnereier, ohne Schaden zu nehmen, während
der Brut öftere Bewegung und Abkühlung v e r t r a g e n V
Seither war ich der Meinung, daß die Hühnereier während der Brut so
wenig wie möglich berührt und abgekühlt werden dürften; dieselben sind aber
gar nicht so empfindlich, wie ich glaubte. Im vorigen Sommer kamen zwei
meiner Hühner zu gleicher Zeit zum Brüten. Dem einen wurden 14 Eier uuter-
gelegt und zwar in dem mit Heu ausgefütterten Troge eines leeren Schweiue-
stalles, das andere sollte nicht brüten und wurde deshalb zwei Tage in Isolier¬
haft gehalten. Nachdem es aber wieder freigelassen war, setzte es sich an
das andere Ende des 0,60 m laugen Troges. Am andern Tage wurde es her-
ansgejagt und da fanden sich 6 Eier in diesem Neste, während in dem ersten
nur noch 8 Eier lagen. Wie die Eier dahin gekommen, war mir unbegreiflich.
Beide blieben nun neben einander sitzen. Am andern Tage, als die erste Henne
herauskam, sah ich nach, und nun lagen wieder 11 Eier in ihrem Neste.
Darauf wurden die Hennen beobachtet, und da fand sich, daß sie sich
gegenseitig ihrer Eier beraubten. Wenn nämlich eine herausging, um sich
durch Speise und Trank zu stärken, nahm die andere jedesmal von den Eiern
der ersten hinweg, welche sie mit dem Kopfe herbei holte. Ging dann die
andere heraus, so machte es die erste ebenso. Dadurch war der Bestand der
Eier in beiden Nestern fast täglich ein anderer und ich hielt die Brut für ver¬
loren. Zuletzt hatte die erste Henne 11 und die andere 8 Eier unterliegen, denn
merkwürdiger Weise war dabei nicht ein einziges Ei zerbrochen worden. Die
erste Henne brachte 9 und die zweite 3 Küchlein aus. Diese 12 Hühnchen
sollten nun durch eine Henne geführt werden, während die andere bald wieder
zum Legen gebracht werden sollte. Die erste kam deshalb mit den 12 Jungen
in den Stall und die zweite wurde in den Hof gejagt. Nun aber erlebte ich
eine Scene, die mich tief ergriff. Die ihrer drei Kinder beraubte Henne lief
an dem Stalle hin und her und rief beständig nach ihren Jungen. Als sie
dieselben nicht erlangen konnte, legte sie sich mit ausgebreiteten Flügeln vor
die Stallthüre und scharrte ein Loch in die Erde, ein Bild der reinsten Ver¬
zweiflung. Diesen Jammer konnte ich nicht länger mit ansehen und ging hin,
um die Stallthüre zu öffnen. Zu meiner größten Überraschung sah ich, daß
die 9 Jungen unter den Flügeln ihrer Mutter verborgen waren, während die
3 Jungen der abgesperrten Henne in einer anderen Ecke kauerten und sich
geradezu vor der Stiefmutter zu fürchten schienen, denn sie schrieen gar ängst¬
lich. Da beide Hennen schwarze Italiener waren, die sich nur am Kamm
unterschieden, so ist es mir unbegreiflich, warum die 3 Kleinen nicht auch
unterschlüpften, zumal sie ihre eigentliche Mutter noch nicht gesehen hatten,
da sie unter derselben weggeuommen worden waren. Sobald die zweite Henne
in den Stall kam, liefen ihr die 3 Hühnchen entgegen und schlüpften sofort
unter, als sie sich in eine Ecke gesetzt hatte. So führte nun jede Henne ihre
Jungen, bis sie der mütterlichen Flügel nicht mehr bedurften. Es ist bei mir
auch schon zweimal vorgekommen, daß ein sogenanntes Nestei, welches gar
nicht regelmäßig bebrütet wurde, ausging. Im vorigen Sommer wurde ein
solches Ei, um die Hühner vom Brüten abzuhalten, herausgenommen und in
den Garten gelegt, wo es 18 Stunden lag und sogar beregnet wurde. Nachdem
es nun wieder in das Nest gelegt worden war, entschlüpfte demselben nach' 5
Tagen ein ganz gesundes Küchlein, welches als Waise aufgezogen wurde.
L . Buxbaum, Len rer.
Litteratur.
Unsere modernen Mikroskope und deren sämtliche Hilfs- und
Nebenapparate für wissenschaftliche Forschungen. Ein Handbuch für
Histologen, Geologen, Mediziner, Pharmaceuten, Chemiker, Techniker und
Studierende von Otto Bachmann. Mit 175 Abbildungen im Text.
München und Leipzig. Druck und Verlag von R. Oldenburg 1883. Gr.
8°. 344 pag.
Über das Mikroskop und seine Behandlung bestehen schon längere
Zeit und auch in neueren Auflagen vorzügliche Werke, wie besonders von
Dippel, Frey, Harting und Merkel. Wenn das vorliegende Buch noch hinzu¬
kommt, so ist es keineswegs ein neues Konkurrenzunternehmen, welches sich
obigen Werken an die Seite stellen möchte. Eine tiefere wissenschaftliche
Behandlung, wie sie die ersterwähnten Autoren sich zur Aufgabe gemacht
haben, wird hier nicht angestrebt, es liegt vielmehr in dem neuen »Hand¬
buch« ein Nachschlagebuch über eine große Auswahl mikroskopischer In¬
strumente aller bedeutenderen Fabriken vor. Nach eiuer kurzen theoretischen
Einleitung werden zunächst die Beleuchtungsvorrichtungen beschrieben, ihnen
folgt der Tubus mit seinen mechanischen Einrichtungen und Nebenapparateu.
Die nächsten Kapitel sind dann dem Begrenzungs- und Auflösungsvermögen, der
Vergrößerung, den mikroskopischen Messungen, Zeichenapparaten etc. gewidmet.
Nachdem dann auf die Eigenschaften aufmerksam gemacht ist, welche bei der
Wahl eines Mikroskopes hauptsächlich zu beachten sind, wird eine große
Zahl der jetzt gebräuchlichen Instrumente mit den nötigen Angaben über
Hilfsapparate, Preis etc. angeführt. Viele Illustrationen, zumeist aus den
Katalogen der betreffenden Fabrikanten entnommen, sind diesem Teile beige¬
geben, so daß derselbe eigentlich einen großen General-Katalog über Mikroskope
und deren Nebenapparate darstellt. Wenig instruktiv ist das Kapitel über Mikro¬
tome, wo wichtige Neuerungen unberücksichtigt blieben, während ältere Instru¬
mente, die heute fast ganz außer Gebrauch sind, eine detaillierte Schilderung
erfahren. Nach einigen Bemerkungen über das mikroskopische Sehen wird
noch eine Reihe von Reagentien, Farbstoffen etc. und deren Anfertigung angegeben,
welche für den Mikroskopiker von Wichtigkeit sind. Dem Anfänger kann das
Buch zur Orientierung recht wohl empfohlen werden. F. N.
Chile, Land und Leute. Nach zwanzigjährigen eigenen Beobachtungen
und denen anderer kurz geschildert von Karl Ochsenius. Mit 29
Vollbildern, 58 in den Text gedruckten Abbildungen und 2 Karten in
Holzstich. - XXII. Band von »Das Wissen der Gegenwart« Leipzig, Prag.
Freytag und Tempsky 1884. Preis 1. Mark.
In vorliegendem Werkchen giebt uns Verfasser einen durch Lebendigkeit
der Schilderung sowie durch Gediegenheit des Inhaltes gleich wertvollen Bei¬
trag zur Kenntnis des Landes, wie es eben nur ein so aufmerksamer und all¬
gemein naturwissenschaftlich gebildeter Beobachter zu thun vermag. Bei
streng wissenschaftlicher Objektivität in dem geologischen, floristischen,
f^unistischen und statistischen Teile finden wir warme Empfindung für die
landschaftlichen Schönheiten, sowie ein tiefes Verständnis für das Volksleben
und die volkswirtschaftlichen Fragen des eigenartigen Landstriches. Von be¬
sonderem allgemeinem Interesse dürfte die Auffassung sein, welche Verfasser
als praktischer Kauf- und Weltmann von dem reichen Lande hat, so daß das
Buch als Musterschilderung eines Landes allen Gebildeten, Gelehrten wie
Kaufleuten, auf das Beste empfohlen werden kann. Die Schilderung der
chilenischen Tierwelt wird speciell die Leser dieses Blattes fesseln. F. N.
Eingegangene Beiträge.
W. W. in T. — I,. S. in II.: Besten Dank für die neue Sendung. Die Mitteilungen sind
wie die vorigen gleich willkommen und werden baldigst abgedruckt. — J. v. F. in B. : Sie
klagen darüber, daß Ihre Originalbcobachtungen aus dem Zoologischen Garten in gewissen
Blättchen umgearbeitet wiedergegeben werden, ohne daß man Ihren Namen oder die Quelle
nennt, aus der geschöpft wurde. Gegen eine solche Art des Plagiatentums ist leider nichts
zu machen. Wer Gelegenheit hat, einen Vergleich anzustellen, wird den Ursprung jener
,, Originalartikel“ leicht herausfinden. - I). G. in C. —
Bücher und Zeitschriften.
llronn’s Klassen und Ordnungen des Ti erreich s. Leipzig u. Heidelberg. C. F.
W inter 1884.
2ter Band. Porifn-a. Neu bearbeitet vod Dr. G. C. J. Vosmann. 3—5 Lieferung,
ater Band, 3te Abteil. Reptilien von Prof. Dr. L. K. H offmann. 41. Lieferung.
Prof. Dr. W. Heß. Die Hausgenossen des Menschen unter den Gliedertieren. .Mit iy Ab¬
bildungen. Hannover, Philipp Cohen 1884.
Dr. Ant. Reicheno w. Die Vögel der Zoologischen Gärten. Zweiter Teil. Leipzig L. A.
lvittler 1884.
List of the vertebrated animals now ov lately living in tlie gardens of the Zoological Society
of London. 8 Edition 1883. London. Longmans, Green, Reader & Dyer.
Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 37 Jahrg. Mit
C 'lafeln. Güstrow, Opitz & Co. 1883, 7 M.
7. Jahresbericht des Ausschusses für Beobachtung^- Stationen der Vögel Deutschlands.
Naumburg a. S. G. Pätz. Sep-Abdr. Cabanis Journ. für Ornithologie 1884.
1. Jahresbericht des Comites für ornithologische Beobachtungs-Stationen in Österreich
und Ungarn. Redigiert von Victor Ritter von Tschusi-Schmidhofen. Wien, Ornitho-
logischer Verein 1883.
Nachdruck verboten.
Druck von .Valilau Walilscl uiidt. Frankfurt a. il.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert v-on Professor Dr. F. C. Noll.
V erlag vou Mahlau & Wald schmidt in Frankfurt a. M.
No. 5. XXV. Jahrgang. Mai 1884.
I n k a 1 1.
Texas und seine Tierwelt; von H. Nehrling. — Die Feinde unserer Singvögel; von
II. Schacht. — Die Girondennatter in der Gefangenschaft (Coronella girundica Daud); von
Joh. von Fischer. — Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft
zu Frankfurt a. M. an die Generalversammlung der Aktionäre vom 20. März 1884. —
Korrespondenzen. — Miscellen. — Litteratur. — Todesanzeige. — Eingegangene Beiträge. —
Bücher und Zeitschriften. —
Texas und seine Tierwelt.
Von H. Nehrling.
Texas umfaßt in seinen Grenzen einen ungeheueren Flächen¬
raum. Es erstreckt sich durch elf Breiten- und dreizehn Längen¬
grade und ist größer als das ganze Deutsche Reich. Nächst Florida
ist es der südlichste Staat der Union. Seiner physischen Beschaffen¬
heit nach zerfällt es in drei von einander verschiedene, sich an
manchen Stellen scharf abgrenzende Gebiete. Um die Verbreitung
der texanischen Vögel und anderer Tiere verstehen zu können, möge
es mir gestattet sein, diese drei Regionen etwas genauer zu cha¬
rakterisieren.
Das erste Gebiet ist die an den mexikanischen Golf angren¬
zende Küstengegend. Es erstreckt sich dieselbe vom Rio Grande
bis zum Sabine. Dieses Gebiet variiert in der Breite sehr, denn
während es am Sabine nur dreißig englische Meilen breit ist, steigt
es am Kolorado bis zu hundert Meilen und nimmt dann bis zum
Nuecos allmählich wieder ab. Die Erhebung dieses flachen Küsten-
Zoolog. Gart. Jalirg. XXV. 1884. 9
130
strichs über das Meer ist gleichfalls wechselnd. Die Insel Galveston
und die an die Bai gleichen Namens grenzenden Landstriche liegen
kaum ein paar Fuß über dem Wasser, während das kaum fünfzig
Meilen entfernte Houston schon fünfzig Fuß über den Meeresspiegel
erhoben ist, also eine Steigung des Bodens von einem Fuß per
Meile eintritt. Den bei weitem größten Teil dieses niedrigen Küsten¬
striches bilden offene, nur von schmalen Waldstreifen längs der
Flüsse und Bäche durchzogene Prairieen. welche zum Teil recht
fruchtbar, während des Winters und im Frühling aber sehr naß
sind. Viele dieser Striche stehen den ganzen Winter über unter
Wasser und sind dann großen Seeen vergleichbar, auf welchen sich
Millionen von Wasservögeln tummeln. Kraniche waten gravitätisch
an den seichten Rändern umher, wilde Gänse und Enten, gewöhn¬
lich außer dem Bereich der meisten Schußwaffen, schwimmen in
ungeheueren Scharen auf dem Wasser, das wegen seiner Seichtheit
auch selten mit Kähnen passierbar ist. Im angrenzenden Golf
durchfurchen große Schwärme von Schwänen und wilde Gänse die
Wellen. Reiches Land befindet sich besonders in der Niederung
des Brazos, welches sich vorzüglich zum Zuckerrohr- und Reisbau
eignet. Bambusartiges Rohr ( Arundinaria macrosperma ) von 20
bis 25 Fuß Höhe bedeckt an sumpfigen Stellen der Flußniederungen
oft große Flächen. Selten wagt sich ein Mensch tiefer hinein in
diese Rohr wälder, aus Furcht, sich in denselben zu verirren. Ver¬
schiedene Grasarten gedeihen in der ganzen Küstengegend von
Texas fast überall gleich gut, so daß man allerwärts große Rindvieh¬
herden und Scharen halbverwilderter Pferde, Mustangs genannt,
weiden sieht. Nach Matamores, oder vielmehr nach Brownsville
zu nimmt dieser Strich an Fruchtbarkeit bedeutend ab und wird fast
zur öden , nur von Kakteen und stacheligen Sträuchern besetzten
Sandwüste. Die an der Küste sich hinziehenden Inseln sind sandig,
unfruchtbar und mit nur einigen Ausnahmen unbewohnt. Die
Vegetation dieses Gebietes ist nur in den Flußniederungen und an
den Bayous schön. Magnolien ( Magnolia grandifloro ), Tulepos
(Nyssa uniflora), Amberbäume, Sykomoren, Ulmen, Cypressen, Kirsch¬
lorbeer u. s. w., welche alle oft von der Spitze bis zu den untersten
Ästen sehr dicht mit Tillandsien bedeckt sind, bilden hier die
Wälder. Eigentümlich sind die sehr üppig wachsenden prächtigen
Lianen, die sich nicht nur über das Uutergebüsch lagern, sondern
die sich auch oft bis in die höchsten Spitzen der Bäume winden.
Die Bignonie ( Bignonia capreolata ) und die Trompetenliane ( Tecoma
131
radicans ), ferner wilder Wein und einzelne Stechwinden ( Smilax
laurifolia und S. rotundifolia ) nehmen in diesem feuchten Humus¬
boden wahre Riesenformen an, denn sie klettern 50 bis 60 Fuß
hoch empor. Ein sehr liebliches Bild, ein echtes duftendes Frühlings¬
kind Floras ist der immergrüne Karolinajasmin ( Gelsemiuni semper-
virens ), der sich über kleine Baume und Dickicht schlingt. Auch
eine sehr wohlriechende Jelängerjelieberart ( Lonicera grcita), eine
Waldrebe ( Clematis cylindrica) und Giftsumach (Rhus toxicodendron)
winden sich durchs niedrige Gebüsch. Besonders häufig ist im
dumpfen Walde die sehr wertvolle Scuppernongrebe ( Vitis vulpina),
welche sich dachartig über kleine Bäume legt. Der Boden ist mit
einem dichten Wuchs kleiner Fächerpalmen ( Sabal Adansoni ) bedeckt
und im mehr sandigen Boden des Waldrandes zeigt sich aller wärts
die Bandpalmenlilie ( Yucca flamentosa).
Auf die Küstengegend folgt das wellenförmige Hügelland mit
seinen Lebenseichenprairieen und Pfosteneichenwäldern. Dieses begreift
den größten und schönsten Teil von Texas in sich. Es dehnt sich
von dem niedrigen Küstenstreifen bis zum bergigen Hochland des
Westens aus. Zwischen den Flüssen Brazos, Kolorado und Guade-
lupe erreicht dieser Landstrich eine Breite in der Richtung von
Nordwest gegen Südost von 150 bis 200 Meilen. Im nordöstlichen
Teile, von Trinity bis zur Grenze von Louisiana, ist dieses Hügel¬
land meist mit Wäldern, teilweise mit ausgedehnten Kiefernwaldungen
bedeckt und der ganze Landstrich trägt hier mehr das Gepräge des
angrenzenden Arkansas und Louisianas. Im mittleren Teile dagegen
wechseln offene wellenförmige Prairieen mit Eichenwäldern ab. Diese
Waldstriche, welche man mit dem Namen Pfosteneichenwälder (Post-
oak) bezeichnet, finden sich namentlich zwischen dem Brazos und
Kolorado und sind für Texas höchst charakteristisch. Sie bestehen
fast ausschließlich aus Pfosteneichen (Quercus obtusiloba) ; finden
sich aber hie und da einige Hickorybäume dazwischen, so ist das
ein Anzeichen, daß der Boden gut und fruchtbar ist ; zeigen sich
dagegen in größerer Anzahl die überaus häßlichen, verwirrten und
halbvertrockneten Formen der Schwarzeiche ( Quercus nigra , Black
Jack), so weiß man ebenso bestimmt, daß sich der Boden hier
nicht zur Kultur eignet. Diese Pfosteneichenwälder machen durch¬
aus nicht den Eindruck des Schönen und Abwechselnden, sie sind
im Gegenteil höchst unromantisch und langweilig. Überhaupt kann
man den texanischen Wald nirgends mit dem unseres Nordens und
Ostens vergleichen, der jahrein jahraus majestätisch und prächtig
132
erscheint. Die Hemlock-, Balsamtannen- und Weißkiefernwaldungen*
die wohl aus zwanzig verschiedenen Baumarten bestehenden Laub-
wälder darf man hier nicht erwarten. Urwaldsriesen wie im Norden
sah ich nirgends in Texas und nur hie und da eine Sykomore des
Tieflandes trägt den Charakter des Gigantischen. So öde und lang¬
weilig aber der Pfosteneichenwald während des größten Teiles des
Jahres auch aussieht, so unbeschreiblich prächtig ist er in den
Monaten April und Mai. Mit unzähligen Blumen in den grellsten
Farbentönen ist der Boden jetzt bedeckt. Hier sammelte auch
Drummond die ersten Samen der nach ihm benannten Flammen¬
blume ( Phlox Drummondi ) und anderer schöner Arten, welche jetzt
zu den beliebtesten und prachtvollsten Blumen der Gärten zählen.
Gaillardien (namentlich Gaillardia amblyodon ), J) prächtige blaue
Lupinen ( Lupinus subcarnosus Hooker), Monarden ( Monarda citrio-
dora und M. punctata), Calliopsis (C. Drummondii) Oenotheren,
Verbeuen, Ranunkeln und Hunderte verschiedener anderer Blumen
bedecken ringsumher den sandigen Waldboden. Allerwärts sieht
man prächtige Gilien ( Grilia coronopifolia ) über die übrigen "Wald¬
blumen stolz hinwegragen. Hie und da gewahrt man in der Ferne
leuchtendrote Blütenbüschel und beim Hinzutreten bemerkt man,
daß es die Erythrine ( Erythrina herbacea ) ist, welche diese Stelle
ziert. — Sehr üppig ist die Pflanzenwelt an den feuchten Stellen der
Niederungen an Flüsseu und Bächen entwickelt, und hier ist auch
der Ort, wo sich die meisten Vögel dieser Region finden. Riesigen
Tauen gleich wiuden sich wilde Reben ( Vitis labrusca , V. cordifolia,
V. bipinnata ) bis iu die Spitze der höchsten Waldbäume. Der
ganze Wald ist zur Blütezeit dieser Weinstöcke mit dem herrlichsten
Duft erfüllt. Andere Lianen klettern vermittelst ihrer Saugwurzeln
au den Stämmen empor, namentlich die Jungfernrebe ( Ampelopsis
quinquefolia) und die schon genannte Trompetenbignonie und lassen
ihre Zweige und Blüten in schönen Gewinden herabhängen. Ein
besonderes Gepräge verleiht die letztgenannte Bignonie dem Walde,
nicht nur, weil sie so häufig ist, sondern hauptsächlich durch ihre
prachtvollen orangegelben Blütenbüschel, welche von weitem gesehen
einer Tangara oder einem roten Kardinal gleichem Schon Ende
fl Für das Bestimmen vieler Pflanzen bin ich besonders Herrn Thomas
Meehan, Verfasser des Prachtwerks: »The Native Flowers and Ferns of the
United States«, ferner Herrn Dr. G, B. Loring, unserem jetzigen Ackerbau-
Kommissär, Herrn G. Vasey, Botaniker des Ackerbau-Departements und
Herrn Th. A. Brüh in zu Dank verpflichtet.
April, wenn die schönen Waldsänger nördlich ziehen, blüht sie und
ihre Blütezeit dauert bis in den Juni hinein. Diese Auwaldungen
bestehen meist aus Sykomoren, Ulmen, Eschen, Sumpfeichen ( Quercus
palustris ), Pecannuß ( Carya olivaeformis ) und schwarzen Maulbeer¬
bäumen. Wo das Gebüsch in diesen Wäldern dichtverschlungen
und stachelig ist, finden sich während der Brutzeit, namentlich aber
im Winter, Tausende von kleinen Vögeln ein. Wo sich Stech¬
winden, wilder Wein, Giftsumach, Mondsamen ( Menispermum cana-
dense) dachartig über Dickichte lagern, wo der groteske Berchemia
(. Berchemia volubüis , engl. Supple Jack) sich durcheinanderwickelt,
wo Stechpalmen {Ilex opaca und I. myrtifolia ), mexikanische Maul¬
beeren (Callicarpa americana ), Brombeersträucher, Weißdornbüsche
nu den Rändern des Waldes einen dichten Saum bilden, da ist die
eigentliche Heimat der Kardinale, Papstfinken, Bischöfe, Busch-
und Prairierireos, Schwätzer und anderer kleiner Vögel. Mehr
nach dem Innern zu zeigen sich mit Passifloren ( Passiflora incarnata )
überwucherte Gebüsche, die prächtigen, fast beständig blühenden
Lantanen (. Lantana camara ) und schöne Abutilon- ähnelnde rot¬
blühende Sträucher ( Malvaviscus Drummondii). Ganz am Uferrande
zeigen sich brillante Lobelien ( Lobelia cardindlis ) und in mattes
Blau gehüllte Ageratum mexicanum. An solchen allerwärts an
Flüssen und Bächen vorkommenden Örtlichkeiten wimmelt es im
Winter von unzähligen nördlichen Vögeln, namentlich wenn sich
in der Nähe Baumwollen- und Maisfelder finden. Meine Beobach¬
tungen in dieser Region machte ich zum größten Teil an der
West-Yegna und am Bluff Creek in See County; sie zeigen, daß
hier Wander-, Einsiedler- und Braundrosseln, Goldhähnchen (zwei
Arten), Meisen (drei Arten), verschiedene Spechte, Winter-, Busch-,
Krön-, Fuchs-, Sänger-, Sumpf-, Gold- und Erdfinken, ferner Kardi¬
nale, Waldsäugerarten und viele andere Vögel hier überwintern.
Ich habe nirgends so verschiedenartige Vögel in so ungeheueren
Scharen beisammen gesehen wie hier. Sie sind hier nicht nur vor
den Krallen vieler Raubvögel sicher, sondern sie finden auch vor
den eisigkalten, im Winter oft auftretenden »Northers« den besteu
Schutz und auch au reichlicher Insektennahrung gebricht es ihnen
hier nie.
Diesem Gebiete eigentümlich sind auch die allerwärts in den
Pfosteneichenwald eingestreuten Mezquitprairieen. Diese bestehen aus¬
schließlich aus dicht zusammenstehenden Mezquitsträuchern (. Algarobia
glandulosa ), sind sehr fruchtbar und kennzeichnen sich schon in der
134
Ferne durch ein helles freudiges Grün. Zwischen diesen Sträuchem
finden sich viele breitblätterige, mit furchtbaren Stacheln bewaffnete
Kakteen ( Opuntia frutescens Engelm.) und dichtstehendes nahrhaftes
Mezquitgras ( Aristida aequiramea Scheele), dessen reife, mit einem
Stachel versehene Samenkörner sich durch das stärkste Zeug ar¬
beiten. Diese kleinen Prairieen sind nur von wenig Vögeln bewohnt
und wir gewahren hier nur in größerer Anzahl den Scherenschwanz¬
tyrannen ( Milvulus forficatus ) oder den »texanischen Paradiesvogel«
der Ansiedler, den mau allerdings als die schönste und auffallendste
Erscheinung der texanischen Ornis bezeichnen muß. Auch der
Gartentrupial und der Nonpareil zeigen sich in diesen Mimosen.
— Einen gauz anderen Eindruck briugen die großen Lebenseichen-
prairieen hervor, welche man erreicht, sobald der Kolorado passiert
ist. Die herrlichen, dunkelimmergrüneu, nur mittelhohen aber breiten
Bäume stehen teils einzeln, teils gruppenweise in der sanft "wellen¬
förmigen Prairie umher. Diese inselartigen runden oder länglich¬
runden Gruppen von Lebenseichen nennt man »Bosquets«, und es
gehörte früher, als noch keine Ansiedelungen vorhanden waren, die
Ortskenntnis eines alten Texaners dazu, um sich in den fast gleich¬
großen, ähnlichgeformten Lebenseichenbosquets zurecht zu finden.
Oft reiht sich eine Gruppe an die andere und das dichte, dunkel¬
grüne Laub verleiht namentlich im Winter der Landschaft ein
reizendes Gepräge. Das Romantische, die Poesie der nördlichen
Wälder fehlt freilich auch hier. Nirgends erblickt man Farnkräuter,.
Erikaceen und Erdmoose, welche der Landschaft des Nordens und
Ostens, namentlich auch den Gebirgsgegenden der Alleghanies, einen
so hohen Reiz verleihen. Diese Lebeuseichenprairieen sind nicht
nur sehr gesund, sie sind auch äußerst fruchtbar, weshalb sie
besonders gesucht sind, nicht nur um das Hauptprodukt von Texas,
Baumwolle, sondern auch Mais, Weizen und andere Getreidearten
auf ihnen zu kultivieren. Hier und in den reichen Niederungen
des Pfosteneichenwaldes finden sich die meisten Ansiedelungen.
Noch ein ganz anderes Ansehen gewinnt das Hügelland zwischen
dem Nueces und Rio Grande. Der ganze weite Landstrich zwischen
dem unteren Laufe beider Flüsse ist eine wasserarme, unfruchtbare
Wüste, welche mit Opuntien, Mamillarien und eigentümlichen stache¬
ligen, starren Sträuchern, welche man, wenn sie dicht zusammen¬
treten, mit dem Namen »Chaparral« bezeichnet. Dieser von un¬
zähligen Klapperschlangen bewohnte Landstrich, das Paradies des
Viehzüchters und Hirten (Cow-boys), wird sich stets der ackerbau-
135
treibenden Bevölkerung wegen seiner Wasserannut entziehen, und
er bildet fast eine natürlichere Grenze zwischen Texas und Mexiko
als der Rio Grande selbst. Auf der ganzen, mehrere hundert Meilen
langen Erstreckung von Presidio Rio Grande bis zur Mündung
erhält der Rio Grande kaum den geringsten Zufluß auf seinem
linken Ufer, ein Umstand, der hinlänglich die Wasserarmut des
angrenzenden Landes andeutet. Bis hierher dringen viele mexi¬
kanische Vögel vor, gehen aber nur selten über diesen Landstrich
hinaus. Der Vogelreichtum des unteren Rio Grande ist trotz der
dortigen armen Vegetation überraschend und die hier vorkommende
Ornis trägt ein durchaus tropisches Gepräge, wie uns das die Mit¬
teilungen Herrn G. B. Sennetts und Dr. Merrills, zweier aus¬
gezeichneter Ornithologen, beweisen.
Das dritte Gebiet ist das felsige Tafel- oder Gebirgsland des
Westens mit Einschluß der Llano Estacado. Die Grenze gegen
Osten bildet das eben beschriebene Hügelland. Bei Presidio Rio
Grande beginnend, läuft sie iu nordöstlicher Richtung, überschreitet
oberhalb San Antonio den Fluß gleichen Namens, die Guadelupe
bei dem romantisch gelegenen Neu- Braunfels, den Kolorado bei der
Staatshauptstadt Austin, den Brazos bei seinen Fällen, den Trinity
in der Nähe des Vereinigungspunktes seiner Hauptzweige, erreicht
dann den Red River und erstreckt sich bis hinein ins Indianer-
Territorium und Kansas. An manchen Stellen, z. B. bei Austin
und namentlich bei Neu-Braunfels ist die Grenze gegen das wellen¬
förmige Hügelland scharf hervortretend. Einen eigentlich gro߬
artigen Charakter zeigt dies Gebirgsland durchaus nicht und es
steht in dieser Hinsicht dem wunderschönen romantischen Alleghany-
gebirge in Nordkarolina, Virginien und Pennsylvanien, ferner dem
bis auf die Spitze bewaldeten Cumberlandgebirge im südlichen
Tennessee weit nach. Die Fluß- uud Bachthäler sind freilich dicht
bewaldet und auch manche Höhenzüge sind von einem dichten
Wuchs Bergcedern (< Juniperus montana ) bestanden. Es könuen in
diesem trockenen Landstrich, wo während der heißen Jahreszeit nur
wenig Regen fällt, nur solche Pflanzen fortkommen, welche natur¬
gemäß einen hohen Grad von Trockenheit ertragen können. Dies
sind Bergcedern, Mezquitsträucher (die hier so häufig sind und so
dicht stehen, daß sie der vor wenigen Jahren verstorbene verdienst¬
volle Botaniker Lindheimer*) geradezu Mimosenregion nennt),
*) Ferdinand Lindheimer aus Frankfurt a. M. wirkte zuerst daselbst
an einer höheren Lehranstalt, zog dann nach Mexiko und später nach Texas>
Pfosten- und Schwarzeichen und namentlich Kakteen, von denen
man hier wohl über ein Dutzend Arten nahe beisammen findet.
Schön ist die Flora an den Ufern der Guadelupe und des Comal-
baches bei Neu-Braunfels ; man findet hier die Bäume schon dicht
mit Tillaudsien und grünlichen Bartflechten ( Usnea barbata) behängen
und auch immergrüne Sträucher, Lantanen, selbst zwergartige Fächer¬
palmen zeigen sich. Wie reich und üppig die texanische Flora
sein würde, wenn die regelmäßig im Sommer bis zum Herbste hinein
auftretende Trockenheit nicht wäre, sieht man aus den frischen
und üppigen Pflanzen dieser oft auch noch ziemlich trockenen Fluß-
und Bacbthäler. Dieses Hochland eignet sich kaum zum Ackerbau,
ist dagegen schon seit Jahren seiner Wollproduktion wegen berühmt.
Die Schafweiden nehmen oft Tausende von Ackern ein und sind
nicht selten mit heckenartig angepflanzten stacheligen, etwa vier
Fuß hohen Kakteen umzäunt. Unter den Schafzüchtern und Hirten
findet man nicht selten hochgebildete Leute, selbst solche, denen
in dieser öden Einsamkeit noch Sinn für Poesie und schöne Künste
geblieben ist. Manchen alten Knaben trifft man, der in dieser
Einsamkeit beim Schafehüten Homer, Cicero, Schiller und Goethe
fleißig liest, fleißiger vielleicht als einst drüben auf dem Gymnasium.
Eine eigentümliche Erscheinung des Hochlandes sind die vom
Brazos bis zum Arkansas etwas in nordwestlicher Richtung lau¬
fenden »Croß Timbers«, welche etwa vierhundert Meilen laug sind
und deren Breite zwischen fünf bis dreißig Meilen schwankt. In
ihrer ganzen Ausdehnung zeigen die Croß Timbers denselben Cha¬
rakter. Die Bäume, hauptsächlich niedrige Eichen von verkrüppeltem
Aussehen, stehen in solchen Zwischenräumen, daß man bequem
zwischen ihnen hindurchfahren kann. Sie bilden gewissermaßen
die Greuze zwischen den Länderstrecken, welche sich zur Kultur
eignen und den unfruchtbaren Steppen westlich. Westlich von ihnen
findet sich nämlich einer der eigentümlichsten, ödesten, berüch¬
tigtsten Landstriche ganz Amerikas, nämlich die Llano Estacado,
d. h. die abgesteckte Ebene (engl. Staked Plains), eine Hochebene,
die 4500 Fuß (der höchste Punkt 4707 Fuß) über dem Meere liegt
und auf der kein Baum, kein Strauch, kein hervorragender Punkt
dem Reisenden als Landmarke dienen könnte. Mexikanische Tausch¬
händler hatten deshalb vormals, als dieser Landstrich noch zu
wo er hochbetagt als eifriger Botaniker in Neu-Braunfels starb. »Aufsätze und
Abhandlungen« von ihm, herausgegeben von einem seiner Schüler, sind 1879
in Frankfurt a. M. erschienen. N.
Mexiko gehörte, durch lange, in gewisser Entfernung von einander
aufrecht in den Boden gesteckter Stangen die vorteilhafteste Rieh-
tung des Weges bezeichnet, daher der Name Llano Estacado. Ein¬
förmig und doch erhaben ist dieses wald- und wasserlose Hoch¬
plateau. Kein Berg zeigt sich dem schmachtenden Auge, an dessen
Fuße er eine sprudelnde Quelle vermuten könnte, keine Baum¬
gruppe erfreut das ruhelos umherirrende Auge, um den Müden in
seinen Schatten einzuladen. Dieses Hochplateau erstreckt sich über
4 Längen- und ebensoviele Breitegrade und ist etwa 400 Meilen
lang und 200 Meilen (englische) breit. Daß hier, wo die beiden
Hauptfaktoren, welche das Vorkommen der Vögel bedingen : Wasser
mit Waldland und Gebüschen, fehlen, selten ein Vogel angetroffen
wird, ist selbstverständlich. Der Graswuchs ist spärlich und selbst
Kakteen scheinen in dem festen Sandboden nur mühsam Wurzel
schlagen zu können. Diese Llano Estacado übt einen ungeheueren
Einfluß auf das texauische Klima aus, wie wir gleich sehen werden.
(Fortsetzung folgt.)
Die Feinde unserer Singvögel.
Von H. Schacht.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß die nützlichsten unserer
Vögel — die Singvögel — gleichzeitig auch die angenehmsten
sind. Im ersten Falle treten sie auf, ausgerüstet zum Gewerbe,
vom Scheitel bis zur Zehenspitze, mit den vollkommensten Organen,
um dem offen oder versteckt lebenden Geziefer, das in Feld und
Flur, in Forst und Garten seine verderbenbringende Thätigkeit
entfaltet, unerbittlich den Garaus zu machen. Im zweiten Falle
sind sie die Beleber der Natur, die Kinder der Lust, die Bringer
der Freude, die Herolde des Lenzes, deren farbenprächtiges Gefieder
unsere Sinne entzückt, deren Tongebilde unser Gemüt erheben und
deren Leben und Treiben uns anregenden Stoff zur Unterhaltung
und Belehrung bietet. Aber gerade diese, dem Menschen so höchst
interessante Vogelfamilie ist es, die leider in der Neuzeit an
Individuenmenge in bedeutender Abnahme begriffen ist, wofür der
nächste Grund zwar nicht in den fortgesetzten Nachstellungen seitens
ihrer Feinde, sondern in der alles nivellierenden Kultur zu suchen
ist, welche die trauten Heimstätten der gefiederten Sänger : die
138
dichten Feld- und Wallhecken, die alten Eichenhaine mit dem dicht
verwachsenen Unterholze, die rauschenden Rohrteiche, die so viele
Verstecke bildenden Reisigzäune u. s. w. unnachsichtig zerstört,
so daß Gegenden, in denen noch vor Jahrzehnten Hunderte der
sangeslustigen Bewohner u mhersch wirrten , heute stumm daliegen
wie das Grab. Daß aber auch ein bedeutendes Conto auf die
unausgesetzten Verfolgungen, welche die Singvögel erleiden, zu
schreiben ist, hoffe ich im nachfolgenden dem freundlichen Leser
darlegen zu können.
Eingedenk des Btirgerschen Wortes : Ei, zupfte sich Herr
Erdenkloß doch nur an eigner Nase! müssen wir die Verfolgungen,
die vom Menschen ausgehen, gerechterweise obenan stellen. Es
ist bekannt und schon unzähligemal öffentlich gerügt, daß die
südeuropäischen Völker, die Spaniolen, Franzosen und Italiener zur
Zeit des Herbst- und Frühlingszuges unseren Sängern mit den
raffiniertesten Fangapparaten auflauern, sie unbarmherzig mit ihren
Pulverstaken niederdonnern und so die großartigsten Niederlagen
unter denselben anrichten. Ein Freund von mir sah, daß in
Unteritalien im Frühlmge viele Hügel und Berghänge mit Sprenkelu
besetzt waren, daß Knaben Nachtigallen und Schwalben für wenige
Pfennige feilboten und in allen Gasthäusern »kleine Vögel« ein
stehendes Gericht waren. Als vor einigen Jahren auch in unserem
Walde eine Anzahl lombardischer Arbeiter in den Steinbrüchen
Beschäftigung fand, war im Frühjahr kein Vogelnest vor ihnen
sicher, da man die Jungen ohne weiteres in die Pfanne beförderte.
Die Leidenschaft, kleinere Vögel zu morden, ist bei den romanischen
Nationen so tief eingewurzelt, daß selbst der Staat mit seinen
Gesetzen nicht viel ausrichten kann. Die Liebe zur Tierwelt muß
den Kindern von der Familie und Schule eingeimpft werden, aber
unsere Lombarden hatten, wie sie offen gestanden, in der Jugend
nur beten gelernt, jedoch die Elemente der Wissenschaft waren ihnen
ein versiegeltes Buch geblieben.
Aber wie sieht es denn nun in unserem schönen Deutschland
aus ? Hier auch stehen die Massenmorde, die in den Dohnenstiegen
getrieben werden, wo alljährlich Tausende und Abertausende unserer
herrlichen Amseln und Drosseln eines erbärmlichen Todes sterben
müssen, noch in voller Blüte. Von den Hüten unserer Damen
nicken nicht nur, wie bei Schillers Mina »stolze Federn«, nein,
wohlpräparierte Bälge farbenglänzender Sänger. Im Wald und auf
der Heide üben sich die Forsteleven in ihrer waidmännischen Kunst
139
und jagen gleichgültig der auf dem Fichtenwipfel schlagenden
Drossel oder der gen Himmel steigenden Lerche das tödliche Blei
in die lustgeschwellte Brust. Tu der Nähe der Städte und Dörfer
sind Tausende von Bruteu alljährlich dem Untergänge geweiht und
wenn auch die schulpflichtige Jugend, die, wie Matthison, in dem
gestrengen Herrn Küster gewöhnlich den Weltgebieter sieht, sich
von den Raubzügen fernhält, so werden die kleinern Buben und
Mädchen vorgeschoben, welche Eier und junge Vögel als artige
Spielzeuge annektieren müssen. Und nun gar die Hirtenbuben, die
im Sommer überall an Hecken und Zäunen herumlungern ? In
ihrer Trösteeinsamkeit verfallen sie gar zu leicht auf allerhand
unnütze Streiche. Kein Vogelnest, und sollte es noch so hoch und
versteckt stehen, ist vor ihnen sicher. Ich habe einen Burschen
gekannt, der sich aus Langeweile sogar einen förmlichen Vogel¬
kirchhof in seinem Gebiete augelegt hatte und denselben dadurch
zu bevölkern suchte, daß er allerhand junge Vögel ausnahm, mor¬
dete und dann feierlichst zu Grabe trug. Und wie treiben es die
Vogelfänger von Profession, jene Herren, die ihren Ärger darüber
haben, wenn ein von ihnen gelieferter Vogel bei dem Liebhaber
»zu lange steht«, d. h. nicht bald verendet, weil sich ihr Absatz
dadurch verringert ? Wie oft versuchen sie, die verbundenen Pärchen
der Singdrosseln, Heidelerchen, Grasmücken u. s. w. zu trennen,
indem sie das Männchen beim Neste wegfaugen, weil ihm sonst
nicht beizukommen ist. Auch die noble Passion der Sountags-
schiitzen, die sogenannte Kirschvogeljagd, wobei Stare, Pirole, Amseln,
Drosseln und Mönche hingemordet werden und zwar zu einer Zeit,
wo das Brutgeschäft der Vögel noch keineswegs beendet ist, trägt
mehr als ein Scherf lein zum Ruin unserer Vogelwelt bei und sollte
durchaus nicht geduldet werden.
Außer dem Herrn der Schöpfung haben unsere Sänger an den
verschiedensten Kleinsäugern eine große Anzahl gefährlicher
Feinde. Zunächst sind es unsere Katzen — die Wildkatze
{Felis catus ) sowohl als auch die Hauskatze ( F . domestica ), —
deren Raub- und Wiirglust gerade in der Vogel weit am meisten
Befriedigung findet. Wenn auch die Wildkatze heute nur noch
sehr sporadisch in unseren Wäldern auftaucht, so ist sie doch noch
keineswegs ausgerottet. Sie bewohnt und durchstreift mit großer
Vorliebe die jungen und dichten Fichten- und Buchenschonungen,
in denen unsere Sängerfamilien so gern ihren Hausstand errichten.
Bei Nacht wagt sie sich auch in die angrenzenden Felder und
140
raubt neben Rebhühnern und Wachteln auch manchen am Boden
schlafenden Sänger aus der Familie unserer Lerchen und Pieper.
Häufiger als die Wildkatzen treiben sich in Feldern und
Wäldern, in Hainungen und Gärten hauptsächlich zur Sommerzeit,
halb- oder auch ganz verwilderte Hauskatzen umher. Diese sind der
wahre Schrecken unserer Vogelwelt und kennzeichnen ihre Fährten
überall durch Tod und Verderben. Nicht bloß junge unbeholfene
Nestlinge müssen unter ihren Krallen verbluten, nein, ich weiß aus
Erfahrung, daß sie selbst alte Amseln, Singdrosseln, Gimpel und
Finken fangen. Ihr Geruchsorgan ist zwar nur sehr schwach, aber
ihr Gehör und Gesicht aufs feinste ausgebildet. Als ich mich einst
auf dem Anstande am Waldessaume befand, sah ich eine Katze am
Roggenfelde entlang direkt auf mich zukommen. Alles war still
und kein Lüftchen regte sich. Jetzt sah ich, wie plötzlich mitten
im Roggenfelde in den Ähren eine kleine Bewegung stattfand, doch
konnte ich die Ursache nicht entdecken. Die Katze konnte die
Bewegung unmöglich sehen, aber das Geräusch hatte sie vernommen,
denn sie wandte sich sofort um und schlich ganz geuau der Stelle
zu, wo die Bewegung entstanden war. Ich teile diese Beobachtung
nur mit, um den Beweis zu liefern, von welch wunderbarer Feinheit
das Gehör der Katze ist, welcher Umstand ihr bei ihrem Raub¬
geschäfte nur zum größten Vorteile gereichen kann.
In einer dichten Weißdornhecke meines Gartens hatte ein
Hänfling sein Nest erbaut. Das Weibchen brütete ungestört, die
Jungen schlüpften aus, aber schon nach drei Tagen war das Nest
ausgeraubt. Uber dem Neste fand ich auf der Hecke ein paar
grüne Lohden geknickt, ein Zeichen, daß die Jungen von oben
herausgenoinmen waren. Es war mir unerklärlich, was für ein
Raubtier sich der Jungen bemächtigt hatte, da das Nest sehr ver¬
steckt stand und die Hungerstimmen der Jungen kaum vernehmbar
waren. Als ich aber am anderen Morgen Nachbars Katze vorsich¬
tigen Schrittes auf der Dornhecke einherspazieren sah, brauchte ich
über den Räuber keine Zweifel mehr zu hegen. Vor den Katzen
ist kein Nest sicher, und wenn sie erst einmal das zarte Vogelfleisch
gekostet haben, dann hat es mit dem Mäusefange gute Wege.
Sehr oft haben es die Katzenliebhaber selbst verschuldet, wenn ihr
Mäusejäger zum Vogeljäger wird, weil sie demselben zufällig in
ihre Hände geratende tote Vögel als Leckerbissen reichten. Gerade
den Katzen ist es zuzuschreiben, daß so viele Hainungen und
Gärten, in denen früher die königliche Nachtigall ihre herrlichen
141
Lieder sang, die so manches Menschenherz erquickten und ent¬
zückten, heute stumm und freudlos daliegen. Die Katze kann nur
im Hause wirklichen Nutzen schaffen, fern von den Wohnungen
der Menschen in Feldern, Gärten und Wäldern darf sie niemals
geduldet werden.
Ein sehr gefährlicher Feind der Singvogelwelt ist ferner Meister
Reineke ( Canis vulpes ), der rote Freibeuter, Buschklepper und wie
sonst seine zoologischen Ehrentitel alle heißen mögen. Gerade in
der Zeit, wenn seine 6 — 8 hoffnungsvollen Sprößlinge mit den
verschmitzten Mongolengesichtern nach Futter verlangen, giebt es
schon im Walde junge Amseln, Drosseln, Rotkehlchen, Pieper u. s. w.,
deren Huugertönen er jederzeit seine volle Aufmerksamkeit zuwendet,
um zu erbeuten, was eben zu erbeuten ist. Einst sah ich, wie ein
Fuchs am Waldessaume mit dem Fange von Käfern und Regen¬
würmern beschäftigt war. Auf einmal erklang aus dem nahen
Dickicht die Hungerstimme einer jungen Amsel. Dieses Signal
schien er zu kennen, denn mit hocherhobenem Haupte trabte er
eiligst der Gegend zu, aus welcher der Ton erklang. Die alten
Amseln zeterten herzzerreißend, doch schien der Fang mißglückt zu
sein, denn nach wenigen Augenblicken kehrte er zur vorigen
Beschäftigung zurück. Vor einigen Jahren erlegte man eines Tages
in unserem Walde eine alte Füchsin am Baue. Tags darauf stellte
sich daselbst ein männlicher Fuchs ein und wollte eben der mutter¬
losen Kinderschar ein ganzes Nest voll junger Amseln zutragen,
als auch ihn das tödliche Blei ereilte. Bei seinen nächtlichen Streif¬
zügen, die er gewöhnlich auf die Felder ausdehnt, fallen ihm häufig
die an den Feldrainen nächtigenden Lerchen und Pieper zum Opfer.
Wie sehr ihm aber Vogelfleisch mundet, sehen wir am deutlichsten
im Herbst in den Dohnenstiegen, in welchen er sich bei Nacht
regelmäßig, aber bisweilen auch am hellen Tage einstellt, um dem
Dohnensteller einen Teil der Krammetsvogelbeute wegzukapern.
Daß auch der Dachs {Meies taxus ), dieser mürrische, scheue
und anspruchslose Troglodyt unseres Waldes, auf seineu nächtlichen
Spaziergängen hin und wiede:* ein Vogelnest plündert und sich an
den Eiern oder Jungen delektiert, dürfen wir mit Recht annehmen,
doch fallen derartige gelegentliche Räubereien keineswegs ins Gewicht.
Von den marderartigen Raubtieren, die bei uns durch den
Baum- und Hausmarder, Iltis, Hermelin und Wiesel vertreten
sind, haben unsere Singvögel durch den Baummarder {Mustela
martes) und das Hermelin (M. Erminea ) am meisten zu leiden.
142
Der Baummarder, auch Edelmarder genannt, ist ein äußerst
gewandter und gefährlicher Räuber. Wenn sich seine Jagd auch
meistenteils auf größere Tiere erstreckt und ihm z. B. ein Eich¬
hörnchenbraten über alles geht, so plündert er doch gern die Nester
unserer Höhlenbrüter, hauptsächlich der Stare, geht aber auch den
im Gebüsch stehenden Nestern nach. In einem Reviere, in dem
ein Baummarder ein Geheck seiner Jungen hatte, fand ich sämtliche
Vogelnester zerstört oder ausgeraubt. Als ich einst an eine hohle
Buche klopfte, in der ein Star sonst gebrütet hatte, glotzten mir
aus dem Flugloche die schwarzen Augen eines Baummarders ent¬
gegen. Vom Star war natürlich jede Spur verloren. Wie der
Fuchs, besucht auch der Baummarder gern die Dohnenstiege und
leert, dank seiner Geschicklichkeit im Klettern, auch diejenigen
Dohnen, die der Fuchs nicht erreichen kann. Noch vor kurzer Zeit
gelang es einem meiner Freunde, einen Baummarder im Dohnen¬
stiege vermittels eines unter dem Laube eingesetzten Tellereisens zu
erbeuten. Ein anderer hat neben seinem Dohnenstiege eine sogenannte
Prügelfalle angebracht und es vergeht keine Saison, in der nicht ein
oder zwei der Mörder darunter ihr Leben lassen müssen.
Wir kommen nun zum Hermelin oder dem großen Wiesel,
welches als der gefährlichste Feind unserer in Busch und Gesträuch,
aber auch der in Brutkasten und am Hause nistenden Singvögel
angesehen werden muß. Am Saume des Waldes, in dichten Wall¬
hecken, in Hausgärten und Baumhöfen, wo sich im Sommer so
gern die kleinen Sänger zum Nestbaue einstellen, schlägt es am
liebsten seinen Wohnsitz auf und raubt daselbst mit einer Gier
und einem Blutdurste, die es im Verhältnis zu seiner Größe dem
Tiger gleichstellen. Als ich einst am Waldrande spazieren ging,
vernahm ich schon aus ziemlicher Entfernung die lauten Angsttöne
eines Finkenpärchens. Schnell eilte ich hinzu und sah ein Hermelin
von einem Heckenstamme springen und eiligst im Gebüsch ver¬
schwinden. Zugleich entdeckte ich auch das Nest der jammernden
Vögel, in dem vier erst wenige Tage alte Finken lagen. Das eine
lag mit zerbissenem Schädel auf dem Nestrande, ein anderes blutend
im Neste, die anderen beiden mverletzt daneben. Ich säuberte das
Nest, so gut es anging, von Blut und den beiden kleinen Leichen,
entdeckte aber gleichzeitig in nächster Nähe das Nest einer Amsel
mit fünf halbflüggen Jungen, die mir ihre offnen Schnäbel bittend
entgegenstreckten. Natürlich hegte ich für beide Nester die größte
Besorgnis und richtig, als ich eiaen Tag später wieder den Ort
143
besuchte, cla waren beide Nester leer und nur etwas geronnenes
Blut bezeichuete genau die traurigen Vorfälle, welche sich in
kurzer Zeit hier abgespielt hatten. — In meinem Baumhofe nistete
in einem Brutkasten ein Kohlmeisenpärchen. Ein ganzes Dutzend
junger Vögel war so weit herangewachsen, daß ich täglich ihrem
Ausfluge entgegensah. Da, eines schönen Morgens hatte ein Her¬
melin, das auf dem benachbarten Kirchhofe unter einem Grabsteine
seine Raubburg aufgeschlagen, die Brutstätte entdeckt und sämtliche
Insassen abgeschlachtet und hinweggeschleppt. Das Innere des
Kastens zeigte deutlich , welch blutiges Morden darin vor sich
gegangen war. Einst sah ich, daß ein Hermelin am hellen Tage
an einer einsamen und verlassenen Scheune, an der ein Starenkasten
hing, vom offenen Bodenfenster auf den Kasten sprang und nach
und nach sämtliche Jungen des Kastens hinwegschleppte. Wenn
man indes behauptet, wie z. B. Professor Giebel, das Hermelin
raube nur bei Nacht, so beruht diese Angabe auf Irrtum. Ich
habe selbst gesehen, daß es bei Tage die Eier aus einem Hühuer-
neste hinwegschleppte, daß es im Garten eine mächtige Hamstermaus
fing und dieselbe an der Ecke meines Hauses hinauf auf den Boden
trug und daß es selbst im Felde einen halbwüchsigen Hasen überfiel
und in wenigen Augenblicken tötete. Marder und Iltis ruhen bei
Tage versteckt in ihren Schlupfwinkeln ; das Hermelin dagegen
scheut keineswegs das Tageslicht und raubt, wenn es eben Gefallen
daran findet. — Ein schreckliches Blutbad hatte einst ein Hermelin
in meiner Starenkolonie angerichtet. Auf dem Hausboden befanden
sich nämlich 4 freistehende Nester mit Jungen. In 3 Nestern mit
je 5 Insassen waren dieselben vollständig befiedert, in dem 4. Neste
lagen ebenfalls 5 Junge, die aber erst wenige Tage zählten. Als
ich eines Morgens, nach einer stürmischen, regnerischen Nacht, die
Nester inspizierte, bot sich mir ein trauriger Anblick dar. Die 15
erwachsenen Jungen lagen alle auf einem Haufen, regelrecht am
Halse abgeschlachtet und nur eins war an Kopf und Brust etwas
angefressen. In dem anderen Neste lagen die Jungen vollständig
unbeschädigt, aber auch sämtlich leblos da. Diese, welche noch der
mütterlichen Wärme dringend bedurften, waren erstarrt, da die
Alte, als das Verhängnis hereinbrach, jedenfalls noch Zeit zur
Rettung gefunden hatte, aber nicht mehr wagte, zu den Jungen
zurückzukehren. Seitdem ist es keinem Stare mehr eingefallen, frei
auf dem Boden zu nisten. Weshalb die 5 nackten Jungen des
einen Nestes nicht abgewürgt waren, bleibt freilich unerklärlich,
144
wenn man nicht annehmen will, daß sie der Mörder einfach über¬
sehen habe. Von anderer Seite habe ich freilich auch schon die
Behauptung aufstellen hören, das Hermelin warte erst immer mit
dem Abwürgen so lange, bis die Jungen erwachsen seien, um dann
ein desto größeres Fleischquantum eiuheimsen zu können. Auch
diese Behauptung ist nicht stichhaltig. Meistenteils raubt es freilich
die Nester aus, wenn die Jungen erwachsen sind ; dies hat aber
nur darin seinen Grund, daß sich die erwachsenen Jungen durch
ihre beständige Unruhe und ihre Hungerstimmen nur zu sehr be-
merklich machen, was bei den kahlen Nestlingen nicht der Fall
ist. Die Vögel kennen das Hermelin als ihren erbitterten Feind
nur zu gut und wenn sich dasselbe einmal im Freien zeigt, so wird
es sofort mit fürchterlichem Gezeter und Geschrei signalisiert. Recht
spaßhaft ist es anzusehen, wenn sich das Hermelin einmal im Hofe
blicken läßt und nun die ganze Hühnerschar, Herr Gockel kampfes¬
mutig an der Spitze, den Bösewicht verfolgen, um ihm eins zu
versetzen.
Aus der Klasse der Nager finden wir in uuserm allbekannten
und beliebten Eichhörnchen ( Sciurus vulgaris) einen schlimmen
Vogelfeind. In frühem Jahren war man allgemein der Ansicht,
der Schaden des Eichhörnchens beschränke sich nur auf die Forst¬
kulturen, heute weiß man, auf Grund der Beobachtungen kom¬
petenter Forscher, daß es als arger Nestplünderer durchaus nicht
die Schonung verdient, die man ihm ehedem zuteil werden ließ
und haben deshalb verschiedene Forstverwaltungen — unter andern
auch unsere lippische -- sich gemüßigt gesehen, Schußgeld auf die
Erlegung desselben zu setzen und zwar mit vollem Rechte. So
vernahm ich einst von meinem Hause aus im benachbarten Fichten¬
walde die lauten Angstrufe eines Finkenpärchens. Ich ging eilig
den Tönen nach und sah, wie hoch im Wipfel einer Fichte das
Vogelpaar umherflatterte, doch konnte ich keinen Feind entdecken.
Jetzt schlug ich an den Stamm und siehe, ein Eichhörnchen sprang
aus dem Dickicht und machte sich eiligst von dannen. Ich ging
schnell zurück um die Flinte zu holen. Als ich wieder am Platze
war, erklang das Geschrei der Finken noch eindringlicher. Noch¬
mals schlug ich au den Baum, den das Eichhörnchen zum zweiten¬
mal verließ. Ich schoß es herab und fand bei der Sektion den
Magen mit Fleischteilen und den Flugfedern junger Finken angefüllt.
Der Mörder war ertappt und entlarvt. Einen besondern Gefallen
scheint es aber an den Vogeleiern zu finden und es wagt sich sogar
145
dabei an die Nester der Wildtauben und Häher. Noch im ver¬
flossenen Sommer habe ich die Beobachtung gemacht, daß in einem
Wäldchen, in welchem mehrere Häherpärchen nisteten, keine einzige
Brut glücklich verlief, indem jedesmal die Eierschalen deutlich die
Spuren des Eichhörncherfgebisses trugen. Bei dem beständigen
Umhertreiben in den Kronen der Bäume entgeht ihm selten ein
Vogelnest und bei seiner Geschicklichkeit im Klettern ist es auch
imstande, jedes Nest zu erreichen und kann man hiernach leicht
seine große Schädlichkeit ermessen.
Von den sonst noch in unsern Wäldern und Feldern hausenden
Nagern werden ebenfalls alljährlich viele Vogelbruten zerstört. Der
Siebenschläfer (Myoxus glis ), der zum Glück nicht sehr häufig
auftritt, aber auch ein gewandter Kletterer ist, verschont auf seinen
nächtlichen Streifereien kein Vogelnest, das ihm gerade aufstößt.
Vor einigen Jahren fing mau in unserm Walde sogar einen Sieben¬
schläfer in der Pferdehaarschlinge einer Dohne.
Die großäugige Waldmaus (Mus silvaticus ), welche gern in
den Wallhecken umherklettert, ja selbst hohe Bäume besteigt, wie
ich schon beobachtete, ist sehr erpicht auf Fleisch und Eier der
Vögel und fällt mit wahrer Wut über ihre Beute her. In meiner
Voliere tötete einst eine Waldmaus in kurzer Zeit mehrere Vögel.
Auch die Waldwühlmaus ( Arvicola glareolus ), eine unserer
größten Mäuse, vernichtet sehr viele bodenständige Nester, wie z. B.
der Rotkehlchen und Pieper, ja selbst unsere gemeine Feldmaus
( Arv . arvalis), sonst ein stumpfsinniges Geschöpf, läßt sich nur zu oft
die Eier und Jungen der Feldlerchen gutschmecken.
(Schluf3 folgt.)
Die Girondennatter in der Gefangenschaft ( Coronella
girundica Daud.).
Von Joh. von Fischer.
Diese schmucke Natter ist über ganz Italien, Südfrankreich und
die pyrenäische Halbinsel sowie das nördliche Afrika verbreitet.
Sie findet sich stellenweise sehr häufig, anderorts äußerst selten vor.
So ist sie in der Gironde, von der sie ihren Namen hat, wie mir
Lataste schreibt, eine äußerst seltene Erscheinung.
Sie bewohnt sowohl flache als auch hügelige Gegenden und
hält sich mit Vorliebe an Hecken, sowie in Luzernfeldern auf. Oft
Zoolog. Gart. Jabrg. XXV. 1884. 10
146
findet man sie unter Steinen oder unter Reisig-, Brennholzhaufen
u. s. w. zusammengerollt; auch bewohnt sie nicht selten verlassene
Maulwurfsgänge, aus denen sie beim Pflügen au’s Tageslicht gefördert
wird. Mit Vorliebe sucht sie Gärten auf, die sie bei Abenddämmerung
verläßt, um über die Wege zu kriechen* auf denen man ihre Spur
im Staube oder im Sande oft in verschlungenen Arabesken findet.
Die Girondennatter ist vorwiegend ein Dämmerungstier. Unter
Steinen, Baumrinde, Holzhaufen oder in Mauerspalten zusammen¬
gerollt, bringt sie den Tag schlafend zu, und nur im Frühjahr (aber
auch dann nur selten) sieht man sie sonnen, um ihrem erstarrten
Blut die notwendige Cirkulation zu geben.
Gegen Abend, im Sommer auch während mondhellen Nächten
und in der Morgendämmerung verläßt sie ihr Versteck, um auf
Saurier aller Art Jagd zu machen. Ihre Hauptnahrung besteht in
Mauereidechsen uud Jungen anderer Arten, die sie in ihren Nacht¬
quartieren aufsucht und verzehrt. Sie schlingt sich nach Art ihrer
Verwandten, der glatten Natter ( Coronella laevis) um ihr Opfer,
welches sie meist am Halse packt und daun erwürgt, worauf der
Kopf zuerst verschlungen wird. Hat sie nur den brüchigen Schwanz
einer Eidechse erfaßt und reißt dieser, so verschlingt sie den zucken¬
den und sich windenden Schwanz, von einer weiteren Verfolgung
ihres Opfers vorläufig ablassend.
Besonders hungrige Individuen verschlingen namentlich junge,
kleine Eidechsen auch von der Kreuzgegend an, wobei der Schwanz
des Opfers durch geschickte Bewegungen der Kieferäste an den Körper
der Beute parallel gedrückt wird, so daß Schwanz- und Maulspitze
derselben fast gleichzeitig im Rachen der Schlange verschwinden.
Diese Art ist diejenige, die man am häufigsten auf Wegen tot
antrifft, indem sie nicht sonderlich behend ist und während ihrer
Streifzüge in der Dämmerung von Wagen, Vieh etc. leicht überfahren
oder zertreten wird.
Sie bewohnt absolut trockene Orte und vermeidet streng sumpfige
oder nur feuchte Gegenden.
Sie muß, wenn sie gedeihen soll, in trockenen, temperierten
Terrarien gehalten werden, in denen sie sich jahrelang vortreff¬
lich hält.
Man muß ihr genügend Schlupfwinkel bieten, denn sie flieht
das grelle Tageslicht. Am besten schafft man diese, wenn man im
Terrarium Grottenimitationen aufführt oder an einer warmen Stelle
desselben hohle Baumstämme oder gewölbte Dachziegeln auflegt.
147
ln der Färbung variiert diese Art nicht unbedeutend. Einige
sind schon matt bleigrau mit scharf gezeichneten schwarzen, schräg
laufenden Querbarren, andere zart rosafarben, andere wieder bräun¬
lichgrau bis rotbraun. Ich besitze im Augenblick ein sehr schönes,
sehr grosses Exemplar von lebhaft rötlich -gelbbrauner Grundfarbe
und deutlichen, fast würfeligen schwarzen Flecken auf dem Rücken,
zwischen denen je ein hellgelber, fast gleichgroßer Fleck steht. Auf
der Unterseite fast aller Exemplare findet sich jederseits der Bauch¬
mitte eine Reihe dicht stehender, schwarzer, quadratischer Flecken,
so daß die Mittellinie des Bauches stets fleckenlos bleibt. Diese
Mittellinie variiert in ihrer Breite je nach Alter und Geschlecht.
Sehr junge Tiere dieser Art tragen diese Mittellinie in schönem
Orangerot, welches nach dem Halse zu in gelb übergeht. In der
Gefangenschaft rollt sich die Girondennatter, wenn ihr ein passendes
Versteck abgeht, mit Vorliebe um dürre Äste, auf denen sie manch¬
mal in Gesellschaft von ihresgleichen oder verwandten Arten oft
tagelang unbeweglich verharrt. Hat sie genügende Gelegenheit sich
vor dem Tageslicht zu schützen, so ist sie tagsüber nicht zu sehen.
Erst gegen Abend, namentlich, wenn in der Stube das Licht ange¬
zündet wird, kriecht sie äusserst bedächtig herum, um auf Eidechsen
Jagd zu machen.
Nässe und Kälte flieht sie und trinkt mit großer Vorsicht, um nicht
mehr von ihrem Körper zu benetzen, als es der Trinkakt erfordert.
Mit dem Eiutritt der rauheren Jahreszeit verkriecht sie sich in
Mauerspalten, oft in Düngerhaufen, um ihren Winterschlaf zu halten.
Sie ist sanften Naturells und beißt ergriffen äußerst selten.
Auch ist sie sehr verträglich. Ich halte sie mit allerlei gleich
großen und kleineren Schlangen, z. B. mit ihresgleichen von nur
»
12 cm Länge und habe keine Unart ihrerseits zu verzeichnen.
Sie wird bald zutraulich, und oft fressen frisch gefangene Exem¬
plare am selben Tage ihrer Gefangennahme.
Das Auge nimmt unter den Sinnesorganen, wie bei den meisten
Ophidiern, den ersten Rang ein und ist in der Dämmerung schärfer
als am hellen Tage.
Man ernährt sie in der Gefangenschaft mit lebenden Mauer¬
eidechsen, die sie allem andern vorzieht und die man ihr, damit sie
nicht von anderen Schlangenarten weggefressen werden, gegen Abend
reichen muß. Übrigens frißt sie zuletzt auch am Tage. Anderes
als Eidechsen rührt sie nicht an. Zuletzt fressen die Girondennatteru
auch tote Eidechsen, die sie erst lange beschnuppern.
148
Sie bedarf zu ihrem Gedeihen wenig Wasser, welches sie aber
in der warmen Jahreszeit zum Trinken regelmäßig aufsucht.
Sie ist ungemein lebenszähe undheilen selbst Rippenbrüche, Schnitt¬
wunden etc. im Gegensatz zur Eidechsennatter ( Coelopeltis insignitus )
rasch und vollständig, ja sie fressen schon, noch ehe die Wunde geheilt ist.
Bei selbst mittelmäßiger Pflege dauert diese Art im Terrarium
jahrelang aus.
Diese zierliche Natter empfiehlt sich daher sehr für die Ge¬
fangenschaft und ist leicht durch jede Reptilienhandlung für 3 — 4
Mark das Stück (größere Exemplare teurer) zu beziehen.
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft
zu Frankfurt a. M. au die Generalversammlung der Aktionäre
vom 20. März 1884.
•
Sehr geehrte Herren!
Wir haben Ihnen heute Rechnung abzulegen von dem Geschäfts¬
betrieb des Zoologischen Gartens und dem Stande der Angelegenheiten
unserer Gesellschaft im Jahre 1883.
Wenn wir in der Generalversammlung des vorigen Jahres die
Hoffnung ausgesprochen haben, daß mit der finanziellen Consoli-
dirung des Instituts das Vertrauen des Publikums und die Teil¬
nahme desselben sich neu beleben und günstig auf das fernere
Gedeihen des Gartens ein wirken werde, so waren wir nicht so
sanguinisch, zu glauben, daß dies mit einem Schlage und unmittelbar
der Fall sein würde. Es war vielmehr vorauszusehen, daß am Ende
des Jahres 1882 und zu Anfang des Jahres 1883 die Zweifel in
die Möglichkeit der gedeihlichen Fortentwickelung des Gartens noch
nicht vollständig und überall gehoben waren und daß diese Un-
Sicherheit namentlich in der Zahl der Abonnements zum Ausdruck
kommen würde. Der nicht unerhebliche Ausfall auf dem Abonnements¬
konto war zwar für Ihren Verwaltungsrat eine betrübende aber
keineswegs eine überraschende Thatsache, welche wir allerdings nicht
allein der Nachwirkung der überwundenen prekären Lage der Ge¬
sellschaft, sondern auch der allgemeinen Ungunst der geschäftlichen
Verhältnisse im vergangenen Jahre zuschreiben müssen.
Dem vielfach, auch in der letzten Generalversammlung, ge¬
äußerten Verlangen nach Vermehrung der Tage mit billigen Ein¬
trittspreisen haben wir im letzten Jahre Rechnung getragen und
eine Reihe von Festlichkeiten mit vermindertem Eintritt veranstaltet.
Die Folge hiervon war, daß der Besuch des Gartens gegen das
Vorjahr um fast 30,000, Personen zunahm, was jedoch nur eine
Vermehruug der Einnahmen um kaum Eintausend Mark herbeiführte,
da die Kosten der besonderen Veranstaltungen, welche jene Besucher¬
zahl herbeizogen, die Einnahmen naturgemäß wieder verringern
mußten. Dies wird uns jedoch nicht abhalten, auch im kommenden
Sommer durch besondere Schaustellungen und Veranstaltungen bei
ermäßigten Eintrittspreisen dem großen Publikum Abwechslung zu
bieten und dasselbe an den Besuch des Gartens zu gewöhnen. Wir
haben die bezüglichen Zahlen diesmal in der vorgelegten Betriebs¬
rechnung besonders aufgeführt, während in früheren Jahren diese
außerhalb des Budgets stehenden Unkosten für besondere Veran¬
staltungen zwar in gleicher Weise dem Billetkonto zur Last ge¬
schrieben wurden, in der Rechnungsaufstellung aber nur im Netto¬
erträgnis dieses Kontos ihren Ausdruck fanden. Die Vermietungen
der Lokalitäten des Gesellschaftshauses brachten eine etwas höhere
Einnahme, während die verschiedenen Einnahmen durch Wegfall
einiger Geldgeschenke und wegen des etwas geringeren Überschusses
des Maskenballs hinter dem Vorjahr zurückgeblieben sind.
Ein früher nicht unter den Einnahmen vorkommender Posten
ist das Gewinn- und Verlust - Konto, dessen Betrag sich zu¬
sammensetzt aus dem kleinen Uberschuß des Jahres 1882 und dem
Kursgewinn, den wir bei Ankauf der planmäßig im Jahre 1883 zu
amortisierenden Prioritätsobligationen erzielt haben.
Der Aquariums-Betrieb ergab diesmal keinen Uberschuß, ver¬
ursachte vielmehr eine nicht unerhebliche Ausgabe. Wir hatten gehofft,
daß die versuchsweise herabgesetzten Eintrittspreise auf den Besuch des
Aquariums günstig eiuwirken würden. Dieser Versuch muß jedoch als
mißglückt angesehen werden, da gerade der Billetverkauf sich gegen
früher vermindert hat, während der Besuch an den sogenanuten billigen
Tagen gewachsen ist. Wir haben daher den Eintrittspreis des Aquariums
für Erwachsene auf den alten Satz hinaufgesetzt und hoffen hierdurch
und durch Aufstellung eines bedeutend billiger arbeitenden Motors aus
dem Aquariumsbetrieb wieder eine Einnahme erzielen zu können.
Die Ausgaben für Gehalte, Musik, Wasserversorgung,
Gartenunterhaltung, Livreen und Versicherungen sind
im Wesentlichen unverändert geblieben, wogegen sich die Fütte¬
rungskosten um etwa M. 3000 verringert haben.
Eine Vermehrung der Ausgaben für Heizung und Be leuch-
150
tung wurde einerseits durch Steigerung der Kohlenpreise, andrerseits
durch notwendige größere Reparaturen der Heizapparate verursacht.
Die Bau-Unterhaltung erforderte dagegen eine Mehrausgabe
durch im Anschluß an die großen, aus den Lotterie-Erträg¬
nissen bestrittenen Umbauten der Tierhäuser notwendig gewordenen
Instandsetzungen geringerer Art, für welche die Lotterie-Erträgnisse
nicht verwendet werden können.
An den Druckkosten wurde durch die billigere Herstellung
des Gartenanzeigers eine ansehnliche Ersparnis erzielt. Ebenso konnte
bei den In s er t i o n s k o st en eine Ersparung eintreten.
Die allgemeinen Unkosten reducierten sich durch den
Wegfall der Vergnügungssteuer um M. 1500.
Das Zinsen-Konto endlich ist Dank den geregelten finanziellen
Verhältnissen auf den normalen Stand zurückgeführt worden, hat
aber dasjenige des Vorjahrs um M. 8000 überschritten, weil 1882
keine Amortisation stattfand und die Guthaben der Verwaltungs¬
mitglieder in der ersten Hälfte des Jahres nicht verzinst wurden.
Aus dem Gesamtresultat des Jahres 1883 ergiebt sich , daß die
Einnahmen um nicht ganz M. 20000 gegenüber den Ausgaben zurück¬
geblieben sind.
Um für die Zukunft ein besseres Resultat zu erzielen, wird es
erforderlich sein , die Einnahmen auf die frühere Höhe zurück zu
führen. Das wiedergekehrte Vertrauen des Publikums in den Be¬
stand des Gartens, das Aufblühen des Verkehrs unserer Stadt haben
sich bereits im gegenwärtigen Geschäftsjahre fühlbar gemacht, so
daß eine Steigerung der Einnahmen auf fast sämtlichen Konti er¬
freulicher Weise konstatiert werden kann.
Die Bilanz haben wir der erfolgten Übertragung des gesamten
lebenden und toten Inventars in den Besitz der Stadt ungeachtet in der
herkömmlichen Weise unter namentlicher Angabe aller Werte aufgestellt.
Der Betrag der amortisierten Obligationen ist zum Teil an
dem Buchwert der Tiere, zum größeren Teil aber an dem Park¬
konto abgesch rieben worden .
Der Ausfall am Betrieb des Jahres 1883 wird sich auf der
Aktiv-Seite durch Überweisung eines entsprechenden Betrags der bei
der Stadt hinterlegten Prioritätenreserve erledigen , währen d
die unbedeutenden Kürzungen, welche an den Effekten und Aus¬
ständen vorgenommen wurden, zur Abrundung derjenigen Beträge
dienen, welche zur Ausgleichung auf der anderen Seite an dem
Nominalwert des Aktien-Kapitals abgeschrieben werden mußten.
151
Des Weiteren haben wir noch des günstigen Ergebnisses der
dritten Serie der uns von der Königlichen Regierung gestatteten
Lotterie zu gedenken, welches hinter demjenigen der beiden früheren
Serien kaum zurückgeblieben ist. Die reichen Erträgnisse aus der
Lotterie setzten uns in den Stand auch im abgelaufenen Jahre eine
Reihe von Anschaffungen und Verbesserungen vorzunehmen.
Wir schließen diesen Bericht, indem wrir noch an dieser Stelle
den gütigen Gebern von Tiergeschenken und anderen Zuweisungen
unseren Dank aussprechen und mit der Hoffnung, daß auch fernerhin
eine allseitige Teilnahme der Herren Aktionäre die Bestrebungen
des Vorstands unterstützen und zu dem Aufblühen der Gesellschaft
beitragen möge.
Betriebs -Rechnung vom Jahre 1883.
Betriebs- Einnahmen.
M.
1. Abonnements:
a. Aktionäre:
1826 Familien
ä M. 15 M. 27,390. — ■
161 Einzelne
ä M. 10 M. 1,610.—
b. Abonnenten :
1333 Familien
ä M. 30 M. 39,990.—
530 Einzelne
ä M. 18 M. 9,540.—
182 Pensionäre u.
Monats-Abon¬
nenten M.
Pf.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
1,222.50
79,752.50
4032 Abonnements
Billete:
70,739 Personen zu
vollem Ein¬
trittspreis
85,300 Personen zu
ermäss. Ein¬
trittspreis
1,139 Schüler
157,178 Pers. M. 96,406.85
ab: Kosten besond.
Veranstaltungen
und Einnahme-
Anteil der Miß
Wanda . M. ■6,789.34
Wein-Nutzen . 10,857.22
Pacht . 5,080. —
Vermietungen . 3,966. —
Verschiedenes . 1,842.45
Gewinn- u. Verlust-Konto 470.51
IvF. 181,586.19
. » 19,542.34
M. 201,128.53
Betriebs -Ausgaben.
M. Pf.
1 Gehalte . 32,215.97
2. Fütterung . 38,110.48
3. Musik . 40,000. —
4. Heizung u. Beleuchtung 11,890.78
5. Wasserversorgung . . . 5,750.17
6. Garten-Unterhaltung . 4,979.70
7. Bau-Unterhaltung . . . 7,251.06
8. Druckkosten . 1,848.07
9. Insertionen . . 789.50
10. Livree . . 1,129.80
11. Versicherungen .... 1,162.30
12. Allgemeine Unkosten . 5,144.97
13. Zinsen und Amortisation 48,435.67
14. Aquarium-Betrieb . . . 2,420.06
M. 201,128.53
Betriebs-Deficit . .
152
Bilanz vom 31. Dezember 1883.
Aktiva . Passiva.
M. Pf. M. Pf.
Gebäude . 2,165,061.95 Aktieu-Kapital M. 1,260,000
Park . . . . M. 156,000. — Abschreibung:
Abschreibung » 4,000. — des oni , .
° - 1 - 152 000. _ v. 1880/81 M.49, 801.11
* • ,’qqo V. 1883 . „ 19,542.34
Aquarium. . . . . . . . 4,3o2. auf Effekt. ,, 134.60
Tiere. . . . M. 185,958.85 „Ausständ.„ 521.95
Abschreibung» 1,500. — _o no — — - — 1,190,000. —
Pflanzen . . .“7771 . m’™-
■"ff?®, •• . hab.d.StadtM. 1,450,000
®lbl;,otl:?k . 6,412.5 1883 amortisiert» 5,500 . .
Musikalien . o,6<8.21 - - - 1,444,500. —
Prioritäten- Reserve bei dem Zinsen-Guthabeu der Stadt 28’000.—
Magistrat, zuzüglich auf- Guthaben d. Lotterie-Konto 31,781.32
gelaufener Zinsen . . . 105,250.— Zinsen-Vortrag . 26,116.25
Effekten. . . M. 50,165.50 Abonnenten für 1884 . . 16,418. —
Abschreibung » 184.60
° - 50,030.90
Futter-Vorräthe . 1,046. —
Debitoren . . M. 5,735.69
Abschreibung » 521.95
° - 5,213.74
Frankfurter Bank .... 47,031.11
Kassenbestand . 3,628.66 _
M. 2,968,565.57 M. 2,968,565.57
Frankfurt a. M., 31. December 1883.
Der Verwaltungsrat der Neuen Zoologischen Gesellschaft.
Heinrich Flinsch, Dr. med. Fr. Stiebei,
Präsident. Vice-Präsident.
Korrespondenzen.
Frankfurt a. M. 12. Februar 1884.
Gänserichs Liebe. In der Nachbargemeinde Bonames spielte vor circa
10 Jahren eine Geschichte, die heute um deswillen von neuem erzählt wird,
weil ein ganz gleiches Vorkommnis von sich reden macht.
Damals hatte mein dort wohnender Vetter einen Gänserich, welcher seiner
Stallgenossinnen nicht achtend in heißer Liebe entbrannt war zu einer am
andern Ende des Dorfes wohnenden Gans. Bei Tage konnten die Tiere iu der
Herde ihren Gefühlen freien Lauf lassen; abends aber trennte sie das Schicksal;
der Eigentümer der Gans sperrte die Liebeumworbene ein und der Gänserich
mußte heimmarschieren. Doch fand er mehrere Tage hinter einander Gelegen¬
heit, nach eingetretener Dunkelheit zu entwischen, und eilte mit »beflügelten«
Schritten vor das Thor seiner Geliebten. Hier machte er seiner Sehnsucht durch
stundenlanges lufterschütterndes Schreien Luft. Die Nachbarschaft hörte an¬
fangs neugierig, daun erstaunt, zuletzt unwillig den Störenfried; endlich mischte
sie sich, besonders auch aus Rücksicht auf einen totkrank darniederliegenden
alten Mann, ein. Aber weder Steinwürfe, noch Schläge mit Prügeln und Peit¬
schen vermochten den stoisch duldenden Liebhaber auf die Dauer zu vertreiben:
täglich kam er wieder, um sein kräftiges Ga, Ga, Gaak erschallen zu lassen.
Zuletzt drohte man meinem Vetter, den Gänserich erschießen zu wollen. Da
beschloß mein Verwandter in einem Anflug menschlichen Rührens, der treuen
Liebe ihren Lohn zu geben: er kaufte die Leggans und vereinigte das liebende
Paar. Es lebte in seliger Eintracht bis an sein Ende. Noch nach diesem
wurden beide in einer hiesigen Restauration als »junge Gänse« von einer Ge¬
sellschaft gemeinschaftlich verspeist. Die ganze Gemeinde Bonames hatte An¬
teil genommen au dieser hartgeprüften Liebe.
Wieder hat mein Vetter ein verliebtes Gänsetier, dieses Mal eine Leggans,
welche die Aufmerksamkeit eines in der Nähe wohnenden Gänserichs auf sich
zog. Nun hat er allabendlich den Besuch und das liebesehnsuchtsvolle Ge¬
schrei vor seinem Hause. Er wird wohl auch dieses Mal die Liebenden durch
Ankauf des Gänserichs vereinigen. Sein gutes Herz treibt ihn dazu, aber auch
der selbstische Gedanke, die Kinder aus einer solchen ehelichen Vereinigung
möchten wohlschmeckendere »junge Gänse« werden.
Fr. Schäfer.
Bad Tein ach, den 1. März 1884.
Die Natur bleibt selbst im Kleinsten ehrwürdig. Da ich
fürchte, durch die eigentlich bezeichnende Überschrift dieser Notiz die ver¬
ehrten Leser dieser Zeitschrift förmlich zu erschrecken, so will ich ihnen nur
auf Umwegen gestehen, daß ich von Tierchen zu berichten im Begriffe stehe,
welche man sonst in guter Gesellschaft nicht zu nennen pflegt. Aber die
Sache selbst ist wissenschaftlich und kulturgeschichtlich ganz interessant,
sodaß sie sich über das Niveau des »zoologischen Curiosums« erhebt. Somit
gestehe ich, daß ich etwas von Filzläusen, Pediculus pubis , er¬
zählen will.
Ein in hiesiger Schwarzwaldgegend neuangezogener Wundarzt berichtete
mir eines Tages kopfschüttelnd, er habe bei einem sonst kranken Müller¬
burschen zufällig diese Parasiten gefunden, und auf seinen Vorschlag, die¬
selben brevi manu zu töten, die rätselhafte Antwort erhalten: »Das gebe er
nicht zu, er habe sie sich eigens gekauft.« Zu weiteren Erläuterungen sei es
nicht gekommen. Diese Erläuterungen konnte ich ihm lachend dahin geben,
daß die Müller dem Aberglauben huldigen, sie seien durch diese Tierchen
gegen die Acquisition von Darmbrüchen beim Heben schwerer Lasten
gesichert, doch müßten jene in ungerader Zahl und um ungerades Geld von
einem Andern gekauft sein, z. B. um 5, 7 oder 9 Pfennig.
Seit langen Jahren von der Richtigkeit der Ti ed ge ’s c he n Verse über¬
zeugt: . .
»Der Aberglaube selber ist ein Schatten,
Den innre Wahrheit auf das Lebeu warf,«
hatte ich mir gleich beim Bekanntwerden mit diesem eigentümlichen Volks¬
mittel die Sache, wie folgt, zurecht gelegt. Bei einseitiger Körperanstrengung,
beim Heben schwerer Lasten, bei fortgesetztem Husten u. dgl. wird um so
154
eher eia Darmstück durch die natürlichen Bruchpforten hervortreten, je
schlaffer die die letzteren verschließenden Muskeln, Sehnen und fibrösen Häute
sind. Nun ist es wohl denkbar, daß der durch die Filzläuse fortwährend
ausgeübte Zuckreiz auf dem Wege des Reflexes eine intensivere Anspannung
der genannten Gebilde und damit einen erhöhten Widerstand gegen die
bruchbefördernde Bauchpresse bewirke, wie das z. B. der bekannte Leipziger
Arzt Dr. Schreber durch methodische Gymnastik zu erzielen suchte. Es
ließe sich also die durch die Filzläuse gesetzte anhaltende Reizung der
Scham- und Leistengegend mit der durch Übung des Woliensimpulses (Gym¬
nastik) oder selbst durch Elektrizität gehobenen Anspannung der betreffenden
kontraktilen Elemente in Parallele setzen. Indessen will ich mit meinem
Berichte den Bandagisten keineswegs auch nur die geringste Konkurrenz ge¬
macht haben! Dr. W. Wurm.
Dorpat, den 1. März 1884.
Beim Durchblättern Ihres für das zoologische Museum acquirierten
»Zoologischen Gartens« finde ich in Jahrgang XVIII. 3877. p. 223 eine Notiz
von Herrn Professor K. Moebius über eine Hausente ohne Schwimmhäute.
Dieser immerhin interessante Defekt findet sich auch bei einer weiblichen
Hausente, die im Jahre 1855 dem zoologischen Museum hiesiger Universität
zuging. In der Einzelheiten-Anordnung der Täfelchen an den Zehen etc.
stimmt unsre Ente ganz mit dem Kieler Exemplar überein; die Mittelzehe
mit dem Nagel ist 60 mm. lang, die rudimentäre Schwimmhaut von der
inneren Winkelspitze bis zum Mittelpunkt des freien Randes am gestopften
Tier nur 5 — 6 mm.
Auch hier scheint es mir zweifellos, daß der Defekt angeboren ist,
wenn auch die Untersuchung der getrockneten Füße allein kein sicheres Ur¬
teil zuläßt. Prof. Dr. M. Braun.
Berlin, den 13. März 1884.
Als Kuriosum kann ich Ihnen aus unserem Zoologischen Garten
noch mitteilen, daß der große amerikanische Silberreih er, Ardea
egretta, und der Nacht reiher, Nyeticorax griseus , am 18. Februar angefangen
haben zu brüten, während ihre Brutzeit doch in die Monate Mai bis Juli
fällt. Letzterer hat am 10. März Junge ausgebracht, während ersterer mit
seinen Eiern spielte und sie zuletzt aus dem Neste warf. Beide brüteten in
der großen Voliere auf zwei dicht nebeneinander stehenden Bäumen, der
Silberreiber auf der Spitze, der Nachtreiher an einer Seite des Stammes. Die
Körbe, welche ihnen das Bauen erleichtern sollten, verschmähten sie und
bauten ihre Nester frei auf passenden Gabelungen der Zweige. Der Silber¬
reiher beginnt schon jetzt zur zweiten Brut zu schreiten. Der E m u, Dro-
maeus Novae- Hollandiae brütet in diesem Jahre auch wieder, nachdem er
mehrere Jahre hindurch pausiert und nur Eier gelegt hat.
L. Wunderlich.
155
Süchteln b./Crefeld, den 18. März 1884.
Im vorigen Jahrgange Ihrer Zeitschrift bespricht Seite 359 Herr G.
Simmermacher unter »Abnormitäten von Vögeln und Säugetieren«
eine Hornbildung auf dem Kopfe eines Haushahnes. Meiner Meinung nach
handelt es sich in diesem Falle nicht um eine besondere Abnormität, sondern
mehr um eine künstliche Bildung. In hiesiger Gegend werden den jungen
Hähnchen beim Beschneiden zu Kapaunen die Sporen an den Beinen abge¬
schnitten und dann in besondere Einschnitte auf dem Kopfe derselben be¬
festigt. Sie wachsen dort fest, uud es bildet sich später um dieses künstliche
Horn, das eine Größe von 2 — 3 Centimeter erreicht, ein fleischiger Wulst,
von derselben Farbe und Konsistenz, wie vorher der weggeschnittene Kamm.
Sollte es sich im vorliegenden Falle dennoch um eine andere Bildung
handeln, so wollen Sie giitigst diese Zeilen entschuldigen.
Carl van Beers.
M i s c e 1 l e n.
Der Abschuß von Raubzeug in Norwegen ist in den letzten
Jahren ein sehr bedeutender gewesen, was sich aus folgenden Zusammenstel¬
lungen ergeben dürfte. Es wurden nämlich erlegt:
im Jahre 1876 159 Bären, 68 Wölfe, 151 Luchse, 51 Vielfraße? 458 Füchse,
1170 Adler, 4633 Hühnerhabichte;
im Jahre 1877 176 Bären, 50 Wölfe, 166 Luchse, 116 Vielfraße, 523 Füchse,
776 Adler, 2428 Hühnerhahichte;
im Jahre 1878 134 Bären, 31 Wölfe, 110 Luchse, 147 Vielfraße, 615 Füchse,
838 Adler, 3164 Hühnerhabichte;
im Jahre 1879 117 Bären, 61 Wölfe, 127 Luchse, 93 Vielfraße. 1567 Füchse,
980 Adler, 3295 Hühnerhabichte;
im Jahre 1880 152 Bären, 29 Wölfe, 50 Luchse, 45 Vielfraße, 10584 Füchse,
1200 Adler, 4339 Hühnerhabichte;
im Jahre 1881 85 Bären, 20 Wölfe, 85 Luchse, 63 Vielfraße, 13383 Füchse,
894 Adler, 3190 Hühnerhabichte.
Zusammen 823 Bären, 259 Wölfe, 689 Luchse, 515 Vielfraße, 27130 Füchse,
5858 Adler, 21049 Hühnerhabichte. Der Waidmann XV, 6.
Aus dem Berliner Zoologischen Garten. Die Herren Dr. Ebers
und Genossen beabsichtigen, ein drittes und zwar ganz eigenartiges Pano¬
rama mit Bildern aus dem Tie rieben herzustellen. Der Aufsichtsrat
genehmigte die ihm vorliegenden Anträge, und es darf damit die Ausführung
des Planes um so mehr als gesichert angesehen werden, als, wie der »B.-C.«
meldet, bereits von Seiten der Unternehmer ein Vertrag mit Herrn Paul
Meyerheim wegen Herstellung des Bildes zum Abschluß gelangt ist und
auch der königliche Fiskus seine Zustimmung zur Errichtung des Gebäudes
im Zoologischen Garten (dessen Terrain fiskalisch ist) gegeben hat. Die Unter¬
nehmer verpflichten sich, 10 pCt. des Nettoertrages (für jedes Jahr mit
2000 Mark als Minimalsumme garantiert) an den Aktienverein des Zoologischen
Gartens abzuführen und erhalten dafür das Recht zur Erhebung eines beson¬
deren Entrees von den Besuchern des Gartens. Es wird sofort an die Aus¬
führung des Unternehmens, das in ein und einem halben Jahre vollendet sein
soll, gegangen werden. — Außerdem beschloß der Aufsichtsrat den Bau eines
neuen großartigen Affenhauses, dessen Baukosten auf 200,000 Mark (?) ver¬
anschlagt. sind. Berl. Tagebl. 11. Dez. 1883.
Speisekammer und Küche des Berliner Aquariums. Unter
dem Dache des Aquariums, den Blicken der Besucher vollständig entzogen,
liegen große Räumlichkeiten, in denen für die behaarten, befiederten und be¬
schuppten Bewohner des Instituts die nötige Speise bereitet wird. Bei den ver¬
schiedenartigsten Bedürfnissen der Tiere ist es für den eigens angestellten
Küchenmeister keine leichte Aufgabe, allen Ansprüchen gerecht zu werden;
da giebt es Fleisch-, Frucht-, Körner- und andere Fresser, welche täglich
ihre Rachen, Schnäbel und Mäuler aufsperren und gesättigt sein wollen,
während andere Schlinger und Würger nur wöchentliche Rationen erhalten.
Für die Vierhänder wird in einem großen Kessel Reis gekocht, neben dem
Herde stehen Fässer und Eimer, in denen Semmeln und andere Backwaaren
mit Milch aufgeweicht werden, ein Gericht, das viele Liebhaber findet. Große
Vorräte an Obst deuten darauf hin, daß in diesem Artikel eine lebhafte Nach¬
frage stattfindet, beträgt doch der monatliche Konsum circa 1000 Liter
Birnen, Ae p fei etc. Ein unentbehrliches Nahrungsmittel für eine Reihe
von Tieren sind Mohrrüben, von denen täglich einige Körbe geschabt werden
müssen und von fliegenden Hunden, Makis und den meisten Vögeln als „Zu-
that“ gern genossen werden. Ein rationelles Frikassee für die gefiederte Welt
wird zusammengestellt aus Obst, Rüben, Hafer, Kleie, Gerste, Hanf, Hirse und
Mehlwürmern. Letztere züchtet der Tierspeisemeister in großartigem Maßstabe,
und die dazu gehörigen Kisten füllen einen großen Raum, der nur übertroflfen
wird von dem, den die Miniaturstallungen einnehmen, in denen sich Kaninchen
und Meerschweinchen der sorgsamsten Pflege erfreuen, um schließlich in Ge¬
meinschaft mit zierlichen Täubchen der Schlange geopfert zu werden. Einige
der Reptilien sind indes Feinschmecker und nehmen nur feiste Ratten an;
auf dieses im Aquarium häufige Wild wird deshalb zu allen Zeiten die »niedere
Jagd« ohne Schonung geübt, dadurch beschafft man nicht allein das Schlangen¬
futter, es wird vielmehr in dem langgeschwänzten Räuber ein grimmiger Feind
der Vogelwelt bekämpft, denn wiederholt haben Ratten die schlafenden Sänger
überfallen und — angefressen. Eiuige Makis verzehren nur Sperlinge; ein
besonders ernannter »Lieferant«, der beiläufig keine Konkurrenz aufkommen
läßt, schafft die Sperlinge zu Dutzenden herbei, und wird ihm -das Stück mit
10 Pfennig bezahlt. Die eingelieferten Spatzen ahnen ihr Schicksal nicht, singen
vielmehr in der Küche fröhlich ihre Gassenhauer. Unter ihrem Käfig tummeln
sich Scharen von Fröschen in einem Bottich; der grünröckige Batrachier
ist eine Lieblingsspeise der Eidechsen und kleinen Schlangen, und der ver¬
eidete Froschmann hat wöchentlich 18 Dutzend ä 20 Pfennig zu liefern. Grosse
Arbeit verursacht die Ernährung der Frösche, sie leben vorzugsweise von ihres
Gleichen und es werden davon wöchentlich 70 bis 80 Pfund in zerkleinertem
Zustande gebraucht. (?) Für die mächtigen Saurier, Krokodile und Alligatoren,
müssen monatlich 2 bis 3 Zentner Pferdefleisch geschnitten werden, verschlingen
doch einige dieser Ungeheuer ca. 20 Pfund auf einmal. Große wirtschaftliche
Bedeutung für die Küche des Aquariums hat der Regenwurm, von diesem
werden wöchentlich 18 Pfund ä 50 Pf. bei den Seerosen, Seenelken und Po¬
lypen verfüttert; seitdem die Tiergartenverwaltung auf ihrem Terrain das
Suchen nach jenen Würmern verboten hat, ist die Beschaffung des genannten
Quantums mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Der Wurmlieferant, ein
echtes Berliner Original, durchwühlt deshalb die Umgegend von Berlin, und
wenn er auch nicht nach Goethes Faust »mit gieriger Hand nach Schätzen
gräbt«, so ist er doch immer froh, »wenn er Regenwürmer findet.« Die be¬
scheidensten Tischgäste sind die Biber, außer etwas Brot und Mohrrüben
erhalten sie nur — grüne Weidenstäbe, deren Rinde ein Leckerbissen für sie
zu sein scheint. Berliner Tageblatt. 16. September 1883.
Verzeichnis der im Dresdener Zoologischen Garten ge¬
borenen Tiere.
April 1882.
1 Heideschnucke, Ovis brachyceros ericetorum; 2 Mähnenschafe, Ovis trage-
aphus; 1 Shetland-Pony, Equus cabcülus var.
Mai.
4 Maskenschweine, Sus scrofa pliciceps; 4 Wölfe, Canis lupus.
Juni.
2 Mopshunde, Canis dom. var.: 1 weibl. Giraffe, Camelopardalis Girafja,
1 Dromedar, Camelus dromedarius ; 1 Wapitihirsch, Cervus canadensis; 4
Löwen, Felis leo.
Juli.
1 Wapitihirsch, Cervus canadensis.
A u g u st.
4 Leoparden, Felis leopardus; 1 Rothirsch, Cervus elaphus; 1 Wapitihirsch,
Cervus canadensis ; 12 Spanierhühner, 8 Cochinhühner, 6 Dorkinghiihner, 6Laug-
Shanhühner, 4 Phönixhühner, diese 5 Arten Gallus domesticus var.
Octob e r.
1 Shetland -Pony , Equus caballus var.; 3 Leoparden, Felis leopardus ;
1 Axishirsch. Cervus axis ; 3 Tiger, Felis tigris.
November
1 Yack, Bos grunniens; 1 Axishirsch, Cervus axis; 6 Löwen, Felis leo.
December,
1 Schweinshirsch, Hyelaplius porcinus.
Januar 188 3.
1 brauner Bär, Ursus arctos; 3 Halsbandbären, Ursus collaris.
Februar.
1 Kamel, Camelus bactrianus ; 2 Steinbockbastarde, Capra Ibex var.
März.
1 Benett. Känguru, Halmaturus Bennetti ; 2 Mähnenschafe, Ovis tragelaphus:
1 Mähnenschaf, Ovis tragelaphus.
158
Nachrichten aus dem Hamburger zoologischen Garten. Von
neu in den Garten gekommenen Tieren sind hervorzuheben.' 1 Mangabey oder
Mohrenaffe, Cercopithecus fuliginosus , Cuv. ; 1 Mohrenmakak, Macacus ocreatus,
Ogilby. ; 1 Zahntaube oder Manu-mea, Didunculus strigirostris Gould, von den
Samoa-Inseln, wurde durch Herrn A. Godefroy geschenkt. Sie nährt sich
am liebsten von gekochten Kartoffeln und Brot und gehört zu den größten
Seltenheiten in den zoologischen Gärten. 3 Doppelhornvögel, Buceros
bicornis L ., aus Indien, stattliche Vögel von 4 Fuß Länge, sind nur vorüber¬
gehend ausgestellt.
Übersicht der Geburten im Zoologischen Garten zu Ham¬
burg 1882. Säugetiere, Mammalia: 1 Mandrill, Cynoceplialus Mormon, 6 Vis-
cachas, Lagostomus tricliodactylus , 3 Löwen, Felis leo, 1 Zebu, Bos indicus,
1 Yak, Poephagus grunniens, 1 Kaffernbüffel, Bubalus caffer, 4 Hirschziegen-
Antilopen, Antilope cervicapra, 1 Säbelantilope, Antilope Leucoryx, 1 Elenanti¬
lope, Antilope Oreas, 1 Mähnenhirsch, Cervus Rusa , 2 Axishirsche, Cervus axis,
2 mexikanische Hirsche, Cervus mexicanus (?) , 1 Schomburgkhirsch, Cervus
SchomburgM, 1 Isubrahirsch, Cervus Lühdorfii, 1 Schweinshirsch, Cervus por-
cinus, 1 Samburhirsch, Rusa Aristotelis, 1 Rentier, Cervus Tarandus , 1 Kamel,
Camclus bactrianus, 1 Guanako, Auchenia Huanako, 2 Lamas, Auchenia Lama.
7 Gürteltiere, Dasypus villosus. 40 Säugetiere. Vögel, Aves: 7 Silberfasa¬
nen, Fuplocamus argentatus, 2 Gold-Amherstfasanen, Thaumalea picta X Am-
herstiae , 1 Siamfasan, Euplocamus praelatus, 2 Höckerschwäne, Cygnus olor ,
5 Nilgänse, Chenalopex aegyptiacus, 8 Karolinenten, Aix sponsa, 2 Mandarinen¬
ten, Dendronessa galericulata, 8 Brandenten, Tadorna vulpanser, 7 Wildenten,
Anas boschas, 3 schwedische Enten, Anas boschas var ., 6 weiße Enten, Anas
boschas var. 51 Vögel.
Wachtelkönig (Crex pratensis) im Stalle. Als am 18. September 1883
ein Einwohner von Feldrom, der am Ende des Dorfes wohnt, in seinen Hüh¬
nerstall trat, sah er in der Mitte desselben einen Vogel stehen, den er für ein
junges Hühnchen hielt, das vielleicht aus der Nachbarschaft herübergekommen
und in seiner Behausung Zuflucht gesucht habe. Er ging an dem Tiere, das
ruhig dasaß, vorbei und schloß die weitgeöffnete Thür. Jetzt erst, als er
ernstliche Anstalten traf, um den Vogel einzufangen, erhob sich dieser und
flatterte dem hellen Fenster zu. Am nächsten Tage, wo der Vogel in meinen
Besitz kam, erkannte ich sofort in ihm einen Wachtelkönig, der, auf der Reise
begriffen, gewiß von irgend einem Raubtiere verfolgt, im Stalle eine sichere
Zufluchtsstätte gesucht hatte. Alle meine Versuche, ihn an ein Körnerfutter
zu gewöhnen, waren vergeblich. Weizen, Hii’se, Glanz, Mohn, die verschie¬
densten Grassämereien verschmähte er hartnäckig, dagegen verschlang er
Regenwürmer dutzendweise. Er war bald zahm, ließ, wenn ich an den Käfig
trat, einen knurrenden Ton vernehmen und pickte die Würmer aus der Hand.
Da er aber bei dem Wurmfutter ersichtlich abmagerte, fand ich es doch für
geraten, ihn wieder in Freiheit zu setzen. H. Schacht.
159
Litteratur.
Die Haus g enossen des Menschen unter den Gliedertieren. Von
Prof. Dr. W. Hef3. Mit 19 Abbildungen. Hannover. Pb. Cohen. 1884 8°
99 Seiten.
Es ist eine ganz hübsche Idee und die Ausführung interessant, die Quäl¬
geister des Menschen in ihrer Gesamtheit Revue passieren zu lassen. That-
sache ist es ja, daß die Mehrzahl der Menschen von diesen kleinen Feinden
so gut wie nichts weiß, daß sie keine Idee davon hat, wie eine Motte lebt
und sich verwandelt, wie es sich mit Schaben und Heimchen verhält, und daß
sie zur Bekämpfung des Iüsektengeziefers die rationellen Mittel nicht kennt.
Wir empfehlen darum das kleine Buch allen Hausvätern und Frauen, zumal,
da es klar und anziehend geschrieben ist. Sie werden darin die richtige Be¬
lehrung finden. Auch die Naturgeschichte der Biene und des Seidenschmetterliugs
ist im Gegensatz zu den schädlichen Insekten gegeben. Die Übertragung der
Nahrungsmenge der Kreuzspinne auf den Menschen nach dem Versuche des
»Amerikaners« (S. 37) ist übrigens mehr Scherz als von irgend einem Werte.
N.
Die Vögel der Zoologischen Gärten. Leitfaden zum Studium der
Ornithologie mit besonderer Berücksichtigung der in der Gefangenschaft
gehaltenen Vögel. Von Dr. Ant. Reichenow, 2. Teil. Leipzig. L. A.
' Kittier 1884.
Wir haben bereits früher *) auf den Zweck und Plan dieses Werkes hin¬
gewiesen, das vor allem den Vogelwirten ein praktischer Führer sein will.
Dasselbe liegt nun in seinem zweiten Bande fertig vor mit einem ungemein
reichen Inhalt auf kleinem Raume. Behandelt sind 1) die Paarzeher und
2) die Baumvögel, worunter die sonst als Singvögel bezeichueten Vögel ge¬
meint sind.
Auch in diesem Bande sind die Familien und Gattungen eingehend cha¬
rakterisiert und die zu jeder Gattung gehörigen Arten so beschrieben, daß
man den zu bestimmenden Vogel leicht erkennen kann. Auch die Heimat ist
bei jeder Art angegeben. Das Buch wird dadurch um so wertvoller, daß es
nicht nur die bis jetzt in den Zoologischen Gärten gehaltenen Vögel, sondern
auch die übrigen wichtigeren Formen der Ornis in Betracht zieht. N.
List of the vertebrated animals now or lately living in the gardens
of the Zoological Society of London. 8th- edition. 1883. London.
Longmans, Green, Reader u. Dyer. (Paternoster Row) 8°. 682 Seiten.
1862 erschien zum ersten Male eine Liste der in dem Londoner zoologischen
Gaiden gehaltenen Tiere; jetzt liegt nun bereits die achte Ausgabe vor und
diese ist zu einem stattlichen Bande herangewachsen. Dieselbe zählt, ohne irgend
eine Beschreibung geben zu wollen, alle die Tiere auf, die bis jetzt in dem
dortigen Garten gehalten wurden, und wenn wir bedenken, welche Mittel und
*) Vergl. Jahrgang XXIII, 1882, S. 287.
160
welches Material dem Garten zu Gebote stehen, dann sehen wir ein, welch
große Reihe von Tieren uns vorgefuhrt wird.
Oie Liste ist für den Garten und seine Geschichte von großem Interesse;
sie wird aber von Wichtigkeit auch für den Fernstehenden, da sie bereits für
viele Gattungen einem wissenschaftlichen Katalog gleichkommt, der sämt¬
liche Arten nach wissenschaftlichen und englischen Namen, sowie nach der
Heimat aufführt; sie hat besonders für den praktischen Zoologen großen Wert,
da aus ihr zu ersehen ist, über welche Tiere hinsichtlich ihres Gefangenlebens
Erfahrungen gemacht worden sind, welche zur Fortpflanzung gelangten, von
welchen Bastarde erzielt wurden. Sie ist darum vor allem ein Nachschlage-
buch für Zoologische Gärten und für Tierzüchter. Nicht unerwähnt dürfen
wir die große Anzahl der beigegebenen schönen Abbildungen lassen. • N.
Eingegangene Beiträge.
H. F. S. in Z.: Angenommen. — L. W. in B. : Erhalten. Für Übersendung der Zeitung
mit dem Berichte sage ich Ihnen meinen Dank. — O. v. L. in M. bei W. : Hoffentlich
wird mir diesen Sommer das Vergnügen, Sie persönlich kennen zu lernen. — L. M. in St:
Den Aufsatz mit Dank erhalten. Der gelegentlichen Fortsetzung sehe gern entgegen. -
G. S. in G.: Der Aufsatz ist angenommen. Die Abbildungen aber, die ja auch nicht 'umim-
gänglich nötig sind, können wir nicht geben. — A. N. in B.: Die Mitteilung war auch mir
höchst interessant. —
Bücher und Zeitschriften.
lOth annual Report of the Zoological Society of Cincinnati. For the year 1883. Cincinnati 1884.
O. von Loewis. Die Reptilien Kur- Liv- und Estlands. Riga. N. Kymmel 1884.
Prof. Th, Eimer. Über die Zeichnung der Tiere. 2te Mitteilung. Sep.-Abdr. a. Zoologischer
Anzeiger 1883 und 1884.
Gust. Prütz, Illustriertes Mustertauben-Buch. Mit Farbendruckblättern von Clir. Förster
und Original-Text-Illustrationen. 1 u. 2 Lieferg. Hamburg. J. F. Richter 1884.
Erstes österreichisch-ungarisches Lehr- und Lernmittel- Magazin. Herausgeg. von Nickel
Kmetitsch & Lochbihler. IT. Jahrg. 1884. No. 5. Graz, Paul Cieslar. (Monatlich
1 Nummer).
K. Th. Liebe. Unsere Taucher. Mit Farbentafel. Sep.-Abdr. Monatschrift des Deutschen
Vereins z. Schutze der Vogelwelt. 1884, No. 4.
10 Annual report of the Zoological Society of Cincinnati for the year 1883.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahla» & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
V erlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
_ _ _ _ \ • _ _ _ _ ' _ _
No. 6. XXV. Jahrgang. Juni 1884.
Inhalt.
Die Feinde unserer Singvögel; von H. Schacht. (Schluß.) — Texas und seine Tierwelt;
von H. Nehrling. (Fortsetzung.) — Der punktierte Schlammtaucher (lelodytts punctatus
Daudin) in der Gefangenschaft; von Joh. von Fischer. — Bericht des Verwaltungsrats
der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu Frankfurt a. M. an die Generalversammlung der
Aktionäre vom 20. März 1884. Direktionsbericht. — Korrespondenzen. — Miscellen. —
Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Die Feinde unserer Singvögel.
Von H. Schacht.
(Schluß.)
Wir kommen nun zu denjenigen Feinden, welche, als die
geflügelten Räuber, sich aus der großen Klasse der Vögel selbst
rekrutieren. Wir finden darunter die gefährlichsten und geschick¬
testen Vogelmörder, von denen ein großer Teil geradezu darauf
hingewiesen ist, Tag für Tag, jahrein jahraus, die Reihen der
kleinen Sängerfamilien zu lichten.
An der Spitze dieser Räuber stehen die Edelfalken, von
denen der Lerchen- oder Baumfalke ( Falco siibbateo) der perso¬
nifizierte Schrecken unserer Lerchen und Schwalben, sich noch
häufig in unseren Feldhölzern vorfindet. Wir bewundern den schnellen
• Flug unserer Schwalben, wenn sie auf den luftigen Schwingen über
Dorf und Stadt dahineilen, aber Staunen erfaßt uns, 'wenn wir
gewahren, wie der Lerchenfalke mit rasender Schnelligkeit eine
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1884. 11
/
162
Schwalbe verfolgt, sie in wenigen Augenblicken überholt und
triumphierend mit seiner Beute abzieht. Auch die Lerchen, diese
holden Kinder der Flur, fiuden an ihm den erbittertsten Feind, und
wenn es ihnen beim Pirscheinen desselben nicht gelingt, sich in
die höchsten Regionen des Luftraumes zu schwingen oder sich im
wogenden Saatenmeere zu verbergen, so sind sie unrettbar verloren.
Aus andern Vögeln scheint er sich nicht viel zu machen, denn ich
fand schon in der Nähe seines Horstes ein Finkeunest, bei dem
der alte Fink seine helle Strophe lustig in den Wald schmetterte,
während hoch oben über den Baumwipfeln der Falke sein helles
Kli ! kli ! erschallen ließ. Ich habe schon mehrfach erfahren, daß
ein Gebiet, iu welchem der Lerchenfalke hauste, in kurzer Zeit von
Lerchen entvölkert war und daß erst, nachdem mau die Räuber
beseitigt, sich nach und nach wieder einzelne der trauten Lenzes¬
boten einstellten.
Wenn sich die Jagd des Lerchenfalken vorzugsweise auf Lerchen
und Schwalben erstreckt, so macht dagegen der Sperber ( Astur
nisus ), ein Vogel, au dem auch nicht ein Titelchen Edles ist, in
seinem Mordhandwerke den Singvögeln gegenüber durchaus keine
Ausnahme. Von den Amseln und Drosseln, diesen Hauptkonzertisten
unseres Waldes, bis herab zum winzigen Goldhähnchen, ist kein
Sänger vor ihm sicher. Bald fängt er seine Beute in der Luft,
bald am Erdboden, bald jagt er im Walde, im PVlde, in den Gärten,
in der Nähe der Häuser, bald zerrt er das geängstete Opfer aus
Busch und Gestrüpp. Eine ungeheure Panik bemächtigt sich der
kleinern Vögel, sobald der Sperber in ihrem Gesichtskreise auftaucht.
Viele suchen Zuflucht im Gebüsche, andere in den Kronen der
Bäume, andere in hohlen Bäumen und Heckenstämmen, andere
retten sich in Stallungen oder auf die Böden der Häuser, noch
andere sitzen still und regungslos am Boden oder häkeln sich am
Stamme der Bäume fest. Unsere Stare retten sich im Fluge
zusammen und steigen, laute Angsttöne ausstoßend, in die Luft ;
Schwalben und Stelzen stürzen sich kühn und verwogen auf den
Bösewicht herab, indes unsere Spatzen mit fürchterlichem Ge¬
schimpfe im sichern Hinterhalte dichter Dornhecken dem Feinde
Hohn sprechen. Ein einziger Sperber raubt alle Jahr mindestens
tausend Vögel, der unzähligen Bruten, die durch das Hinwürgen
der Alten zu Grunde gehen, gar nicht zu gedenken. Bei seinen
Jagden befolgt er stets verschiedene Methoden. Bald streicht
er niedrig den Hecken entlang, bald dicht über die Felder hin,
I
103
bald stürzt er sich aus hoher Luft zwischen eine arglose Vogel¬
schar, bald sitzt er in nachlässiger Haltung aber wachsamen
Auges auf einem Baume und sucht die Gelegenheit abzupassen,
einen sich nähernden Vogel zu überrumpeln, bald fliegt er, und
zwar nur ifri Sommer, von einer Baumkrone zur andern, weil gerade
hier sehr viele Sänger Schutz und Deckung suchen. In der Nähe
seines Horstes, den er mehrere Jahre nacheinander bezieht, scheint
auch er nicht zu rauben, denn ich hörte noch im vorigen Sommer
etwa 50 Schritt von seinem Neste entfernt einen Finken schlagen
und unmittelbar unter dem Baume» auf welchem das Sperberweibchen
brütete, ein Rotkehlchen singen. Sobald ich in die Nähe des Horstes
kam, durchflog das Weibchen mit lauten Angstrufen, die wie kiw,
kiw, kiw ! klangen, die Baumwipfel und lieh nicht eher nach, bis
ich aus seinen Augen entschwunden war. Als ich einmal einen
Blick in das Nest warf, flog der laut schreiende Vogel so dicht an
meinem Kopfe vorbei, daß er mir das Gesicht mit den Schwingen
streifte. Unter dem Horste fanden sich, sobald derselbe erst Junge
enthielt, oftmals die Reste kleinerer Vögel. Einmal entdeckte ich
daselbst die bleigrauen Füße einer Finkmeise, ein andermal die
Beine eines Goldammers, verschiedentlich auch kleinere blutige
Fleischpartikel. Der Sperber ist daher, wann und wo es auch
immer sein mag, als der schädlichste aller Raubvögel nachdrücklich
zu verfolgen und jedermann, der einen Sperber erlegt, muß seinen
Lohn finden in der freudigen Genugthuung, tausenden unserer lieb¬
lichen Säuger das Leben gerettet zu haben.
Ein ebenso kühner und verwegener Räuber wie der Sperber
ist sein naher Verwandter der Hühnerhabicht (Astur palum-
barius ), bei uns Stoßhabicht genannt, doch erstreckt sich dessen
Jagd mehr über größere Feld- und Waldvögel wie Hühner, Tauben,
Krähen, Häher u. s. w. Am meisten unter den Sängern sind
Drosseln und Amseln durch ihn gefährdet, doch verschmäht er,
sobald er Junge hat, auch die kleinern Vögel nicht. Ihm gegenüber
würde eine Schonung übel angebracht sein, und wir dürfen uns
dreist erlauben, auch über ihn den Stab zu brechen und zur Veijr-
nichtung desselben alle Hebel in Bewegung zu setzen.
Wenn wir auch den niedlichen Turmfalken ( Falco tinnun-
culus) als einen Feind unserer Sänger bezeichnen müssen, so hat
dies nur darin seinen Grund, weil derselbe zur Sommerzeit, wo er
eine ziemlich zahlreiche Kinderschar zu ernähren hat, gelegentlich
junge am Boden sitzende Lerchen und Pieper wegschnappt. Alte
104
Vögel verfolgt er nie, und ich habe schon beobachtet, daß er ruhig
eine Schwalbenschar durchflog, ja in der Nähe von unzähligen
Schwalbennestern seinen Horst errichtete, aber niemals sich die
.. _ r
geringsten Übergriffe zu Schulden kommen ließ. Daß er aber, wie
mir im vorigen Sommer ein jugendlicher Nimrod versicherte, der
eiuen alten Turmfalken am Horste erlegt hatte, sogar Rebhühner
verfolgen soll, ist eine Behauptung, für welche sich schwerlich ein
Beweis erbringen lassen wird. Mag er deshalb ruhig und ungestört
auf unsern Feldern und Fluren seine Mäuse- und Insektenjagden
betreiben, er wird von Unkundigen ohnehin häufig genug für einen
Sperber gehalten und als solcher herunter gedonnert.
Dem Turmfalken gleich nährt sich der viel stärkere Bussard
( Buteo vulgaris ), ein scheuer, unbeholfener, täppischer Raubvogel,
den größten Teil des Jahres hindurch von Feld- und Waldmäusen,.
Lurchen, Käfern und Würmern und überfallt nur zur Brutzeit hin
und wieder einen eben ausgeflogeuen Nestling, der ihm gelegentlich
in den Wurf kommt. Systematische Yogeljagden, die Wald und
Feld entvölkern könnten, betreibt er niemals, ja er füttert seine
Jungen lieber mit kaltblütigen als mit warmblütigen Tieren, was
folgende Beobachtung illustrieren mag. Als einst in den ersten
Junitagen früh morgens die Jungen meiner Starenkolonie die Nester
verlassen hatten und am benachbarten Waldesrande auf den Fichten¬
zweigen saßen, erschien daselbst ein beutesuchender Bussard und
ließ sich in nächster Nähe der Starenkinder nieder. Die alten
Stare riefen zwar ihren Jungen ein warnendes Szet , szet! zu,
allein es klang doch lange nicht so durchdringend und ernsthaft,
als wenn ein anderer Räuber, ein Habicht oder Sperber, in Sicht
gewesen wäre. Der Bussard schaute lange suchend in die Runde.
Nach etwa 10 Minuten flog er auf eine freistehende Stange, .die
sich inmitten eines angrenzenden Rasenplatzes erhob. Hier schoß
eine Rauchschwalbe auf ihn zu, ohne jedoch den geringsten Augst¬
laut hören zu lassen, ein Zeichen, daß auch sie keinen gefahr¬
bringenden Feind in ihm erblickte. Nach längerem Verweilen flog
der Bussard weiter auf einen niederen Baum, sah sich plötzlich
um, flog au den Erdboden und nach vielfachem Wenden und Hacken
vermittels des Schnabels richtete er sich stolz auf und hielt — eine
mächtige Blindschleiche hoch empor. Mit einem vernehmlichen
Wä, wä ! welches mir Freudenlaute zu sein schienen, entführte er
seine Beute. Als ihn aber am Waldesraude ein Paar dort nistende
Rabenkrähen belästigen wollten, schwang er sich immer höher
\
empor und steuerte dann seinem etwa 2 km entfernten Neste zu.
Weshalb aber, frage ich, nahm der Bussard, den nur falsche oder
oberflächliche Beobachtung zu einem gemeingefährlichen Bösewichte
O o o
stempeln möchte, dem unter allen Umständen der Garaus gemacht
werden müsse, weshalb nahm er nicht sofort einen der jungen Stare
beim Kragen und trug ihn seinen hungrigen Kindern zu ? Sie
saßen ihm ja gerade vor dem Schnabel, er sah sie und dennoch
wartete er lieber eine Viertelstunde auf — einen Blindschleichenbraten.
Die Feld und Wiese, Heide und Sumpf, überhaupt unsere
Ebeneu bewohnenden Singvögel haben in den Weihen, von denen
bei uns nur zwei Arten, nämlich die Kornweihe ( Circus cyoneus )
und Rohr weihe ( C . rufus ) Vorkommen, sehr gefährliche Feinde.
Stundenlang sind diese Raubvögel imstande, mit ihren langen kräf¬
tigen Schwingen über den Erdboden dahinzusegeln, wobei ihrem
scharfen Auge nichts Lebendes entgeht. Sie sind arge Nestplünderer
und jedes Schutzes unwürdig. Zum Glück haben sie bei uns in der
Neuzeit bedeutend abgenommen, was wohl zunächst dem Umstande
zuzuschreiben sein möchte, daß sie ihren Horst stets am Erdboden,
im Getreide oder Rohre anlegen und derselbe in bewohnten und
belebten Gegenden regelmäßig zerstört wird.
Wenn auch unsere Eulen, diese für viele Menschen unheim¬
lichen, das Tageslicht scheuenden Spuckgeister, im ganzen als nütz¬
liche Vögel unsern Schutz verdienen, so dürfen dieselben als Vogel¬
feinde keineswegs unerwähnt bleiben. Alle, ohne Ausnahme, überfallen
jeden Singvogel, der ihnen bei ihren nächtlichen Streifzügen gerade
aufstößt. Die Zahl ihrer Opfer würde weit größer sein, wenn
dieselben nicht zur Nachtzeit wohl versteckt im Laubdache, im
Fichtengezweig, in Baumhöhlen und sonstigen passenden Schlupf¬
winkeln ein bergendes und sicheres Asyl fänden. Aber trotzdem
gelingt es ihnen .doch, manchen Vogel höchst unsanft aus dem
Schlafe zu rütteln und als gute Beute zu entführen. Wie sehr alle
Eulen auf Vogelfleisch erpicht sind, habe ich zu meinem eignen
Leidwesen verschiedentlich erfahren. Am 2. Mai d. J. überbrachte
man mir aus einer 2 Stunden von meiner Wohnung entfernten
Bruthöhle einen jungen, eben befiederten Waldkauz ( Strix alnco).
Ich fütterte ihn eine zeitlang, so gut es gehen wollte, mit Mäusen
und Fröschen und brachte ihn dann, weil er durch seine nächtliche
Musik etwas lästig wurde, in ein nahes Fichtengehölz und setzte
ihn in einer mit dichtem Gestrüpp bewachsenen Mergelgrube nieder.
Er versteckte sich, da ihm das Fliegen infolge des engen Gefäng-
166
riisses etwas schwer fiel, sofort im Gesträuche. Am andern Tage
traf ich ihn noch daselbst an. Als ich am 3. Tage wieder nach
ihm ausschaute, siehe, da flog er schon aufgescheucht auf die untern
Aste einer Fichte. Er hat den Ort nicht verlassen und erscheint
noch heute allnächtlich beim Hause. Eines Abends hatte ich ver¬
gessen, das Fenster der Vogelstube, welches durch ein starkes
Drahtgitter verwahrt wird, zu schließen. Am andern Morgen fehlte
mir ein Zeisig und bald sah ich, daß derselbe von außen durch
das Gitter gezerrt war. Über den Missethäter konnte kein Zweifel
mehr herrschen, denn als ich in der Nacht einmal zum Fenster
hinaussah, rief mir der Kauz sein einladendes Komm mit ! ent¬
gegen. — Nach einiger Zeit war wieder in einer mondhellen Nacht
das Fenster nicht geschlossen. Der Kauz, der den Braten noch
nicht vergessen, hatte sich wieder eingestellt und wieder zwei
Zeisige durch das Gitter gezogen und zwei andern die Brust auf¬
gerissen. — Vor längerer Zeit raubte mir ein Waldkauz sogar
aus einem am Fenster hängenden Brutkasten ein brütendes Rot¬
schwänzchen.
Schon der unbändige Haß, den die kleinern Vögel beim Er¬
scheinen eines Finsterlings au den Tag legen, zeigt uns deutlich,
daß alle arge Vogelräuber sind. ThÖricht aber und unverständig
würde es sein, unsern geflügelten Katzen dieser unvermeidlichen
Übergriffe willen den Krieg zu erklären. Die Eulen sind und
bleiben, mit Ausnahme des Uhus (St. bubo ), der seit 40 Jahren hier
nicht mehr vorkommt, die größten Freunde der Land- und Forst¬
wissenschaft, die überall und von jedermann geschützt und gehegt
werden sollten.
Eine andere äußerst gefährliche Sippe bekannter Vogelmörder
sind auch unsere Würger. Sie sind um so gefährlicher und
verderbenbringender, als sie oft mit anscheinender Harmlosigkeit
und scheinheiliger Miene den Vögeln sich nähern, teilnamlos dasitzen,
aber plötzlich, den günstigen Augenblick benutzend, sich auf ihre
Beute stürzen. Zudem siedeln sie sich gern in Gegenden an, in
welchen es viele Singvögel giebt, oft sogar in Parken, Gärten und
Obstbaumpflanzungen.
Der größte Teil der Würger verläßt uns schon im September,
aber vom Raubwürger (L. excubitor ), dem größten und gefähr¬
lichsten Mitgliede der ganzen Gesellschaft, bleiben die alten Männ¬
chen auch den Winter über bei uns und werden dann für unsere
Wintervögel, hauptsächlich für Ammern, Meisen, Finken und Sper-
167
linge, ja selbst für Amseln und Drosseln zur schlimmen Geißel.
Soeben beim Niederschreiben dieser Zeilen beschäftigt, sehe ich,
wie ein Raubwürger auf meinem Futterplatze erscheint, eine Fink¬
meise aufs Korn nimmt, dieselbe durch Gebüsch und Bäume treibt
uud eudlich deu Vogel in ein nahes Gehölz jagt, wo beide meinen
Augen entschwinden. Ist jedoch die Brutzeit herangekommen und
ertönen aus Busch und Gesträuch die Hungerstimmen junger Nest¬
vögel, dann ist der äußerst wachsame Vogel, der auf solche Töne
genau acht giebt, sofort bei der Hand, um sein Würghandwerk zu
beginnen. Daß er aber auch viele Verdienste hat und manche
Maus wegfängt, sehen wir an denjenigen Dornbüschen, welche er
zum Aufspießen seiner Beute benutzt. Noch im vorigen Sommer
fand ich in seinem Brutreviere an einem dürren Strauche 5 Stück
ganz frische Waldwühlmäuse, die er im Verlaufe eines Tages auf¬
gespießt haben mußte. Auch die übrigen bei uns noch vor¬
kommenden Würgerarten : der sch warzstirnige — ( L . minor ),
der rotköpfige — ( L . ruficeps ) und der rotrück ige (L. collurio )
Würger sind als Nestplünderer von nicht zu unterschätzender
Bedeutung. Wenn sie auch gegen alte Vögel nichts auszurichten
vermögen, so haben sie doch auf junge, kranke und erschöpfte ein
höchst wachsames Auge und Ohr. Den in der Brut begriffenen
kleinen Sängeru ist deshalb die Gegenwart eines Würgers höchst
unlieb und sein Thuu und Treiben wird von ihnen streng überwacht.
Einst sah ich, daß sogar die sonst friedfertigen Goldammern einen
rotköpfigen Würger stundenlang attaquierten, weil er seine hei߬
hungrigen Sprößlinge in ihr Brutrevier geführt hatte. Der am
meisten bei uns vertretene rotriickige Würger, der selbst in Gärten
nistet, ist ein äußerst kecker, mutiger und auch mordlustiger Gesell,
der mit der gefiederten Sängerschaft auf ewigem Kriegsfuße lebt
und mauchem jungen hoffnungsvollen Vogelkinde, das zum ersten¬
mal den Flug aus dem Elternhause unternimmt, den Lebensfaden
abschneidet, das Opfer am nächsten Dornbüsche aufspießt, den
Schädel zerhackt und sich zuerst das Gehirn gut schmecken läßt.
An kalten regnerischen Sommertagen, wo es ihm auf den Fluren
an Kerfen mangelt, erscheint er sogar in unmittelbarer Nähe der
Häuser, sucht Vögel, die nach draußen gehängt sind, in den Käfigen
zu töten und juuge Rotschwänze, Fliegenfänger, Meisen und Sper¬
linge zu fangen. Den kleinen Sängern werden aber die unaus¬
gesetzten Beunruhigungen und Bedrohungen von seiten der Würger
zuletzt so verhaßt, daß sie bald freiwillig das Revier verlassen, um
sich anderweit ein ruhigeres und gemütlicheres Heim zu gründen.
Soll also in den Umgebungen unserer Städte, Dörfer, Güter u. s. w.
lustiger Vogel gesang ertönen, so ist allen Würgern ernstlich zu
wehren. In Wald und Feld mag ihnen das Recht zu leben nicht
o
verkümmert werden.
V
Ebenso räuberisch , mordlustig, kühn uud verwegen wie die
Würger sind auch unsere raben artigen Vögel. Fast alle sind
auf Vogelfleisch äußerst erpicht uud durchstöbern zur Brutzeit Feld
und Wald, Busch und Hain, Flur uud Garten. Vermöge ihrer Klug¬
heit, Schlauheit, List und Verschlagenheit sind sie auch imstande,
ihre Raubzüge mit größerem Erfolge zu betreiben. Unbarmherzig
Überfällen sie die Eier und federlosen Bruten, jagen selbst nach
Raubvogelart hinter den ausgeflogenen Jungen her und erschnappen
sie sogar im Fluge. Häher, Elster und Rabenkrähe, sie bilden
ein wahres Siugvogel mordendes Kleeblatt unserer Waldungen.
Der Häher ( Garrulus glandarius ), welcher als der deutsche
Papagei im bunten Federschmucke durch sein Nachahmungstalent
und durch seine Wachsamkeit dem Walde zur Zierde gereicht,
besonders in den sonst öden Winterwald Leben und Bewegung
bringt und dem Auge des Naturfreundes so vielfache Abwechslung
bietet, ist leider zur schönen Sommerzeit der abscheulichste und
grausamste Tyrann der kleinen Sängerzunft gegenüber. Bei seiner
steten Unruhe durchstöbert er den Wald nach allen Richtungen
und seinem Diebesauge entgeht auch das versteckteste Nest nicht.
Was auch die Nestmulde bieten mag, Eier oder Junge, dem Häher
ist zum Verschlingen beides gut. Es ist nur dem Zufälle zu¬
zuschreiben, wenn in einem Revier, wo ein Häher mit seiner gleich-
gesinnten Gattin und dem mit ihr erzeugten 5 — 6 Köpfe zählenden
Diebsgelichter sein Wesen treibt, das Nest eines Singvogels unberührt
bleibt. In der stillen Morgenfrühe der Sommertage wagt es die
ganze Sippschaft häufig die Gärten und Baumhöfe der Walddörfer
mit ihrer unerwünschten Gegenwart zu beehren, um auch da dem
Mordgelüste in ungestörter Ruhe zu fröhnen. Noch im verflossenen
Sommer weckte mich eines Morgens das Jammergeschrei eines an
meinem Fenster nistenden Rotschwänzchen pärcliens. Schnell eilte
ich hinzu und sah eben, wie ein Häher in eifriger Verfolgung eines
jungeu Rotschwänzchens begriffen war. Als ich aber in die Lärm¬
trompete stieß, machte er schleunigst kehrt und flog wieder dem
Walde zu. Nach einigen Minuten machte er einen zweiten Angriff',
der aber, da ich ebenso schnell wie er bei der Hand war, nochmals
resultatlos blieb. Nach wenigen Tagen waren aber die jungen
Rotschwänzchen allesamt verschwunden und sicher vom Häher weg¬
gekapert, da es mir nicht möglich war, fortwährend zum Schutze
der verfolgten Unschuld Wache zu stehen. Die kleinen Vögel
kennen den Häher als den Zerstörer ihrer Bruten nur zu gut und
erheben, sobald er nur ihren Nistbezirk durchfliegt, einen furchtbaren
Lärm. Ist die Brutzeit erst vorbei, da ist auch die Angst vor dem
Räuber gewichen und es fällt keinem Vogel mehr ein, beim Er¬
scheinen desselben nur den geringsten Laut des Schreckens zu
äußern. Data aber auch im Herbst und Winter sein Appetit nach
Vogelfleisch derselbe geblieben ist, sahen wir deutlich in den Dohnen¬
stiegen, wo auch der lüsterne Gesell häufig genug sein Leben lassen
muß, wenn er die gefangenen Vögel auslösen will. Einst sah ich
ihn sogar im Winter einen Käfig, in welchem ein Lockgimpel saß,
gierig, umhüpfen. Auch da, wo einmal im Walde der Schruerzens-
laut eines gefangenen oder verwundeten Vogels ertönt, ist der Häher
sofort bei der Hand. Zum Glück für unsere Singvögel wird dem
Häher von seiten der Forstbeamten jetzt häufiger nachgestellt als
früher, wo er als Eichenpflanzer geradezu verhätschelt wurde. Auch
in unseren Walde hat man auf die Erlegung desselben neuerdings
ein Schußgeld gesetzt. Gänzlich auszurotten, was ich auch nicht
wünschen möchte, ist er niemals; eine Beschränkung der ludividuen-
menge kann nur mit Freuden begrüßt werden.
Dem Häher an List und Verschmitztheit ähnelnd, hält sich
die Elster (Pica caudata) mehr in den Umgebungen der Städte,
Dörfer und Gehöfte auf, wo fette Wiesen, fruchtbare Äcker und
Baumpflauzungen liegen. Wenn sie auch den größten Teil des
Jahres hindurch durch Vertilgung von Gewürm und Kerfen sich
im Naturhaushalte große Verdienste erwirbt, so wird ihr Nutzen
doch sehr gering, wenn man ihn in Vergleich stellt mit den schäd¬
lichen Räubereien, welche sie im Frühjahr an den Nestern der
Sänger begeht. Kaltblütig und erbarmungslos macht sie sich über
Eier und Junge her, zerrt selbst Meisen aus ihren Höhlungen, Stare
aus ihren Brutkasten und Schwalben aus den Nestern. Ihrem
Spürsinn entgehen die verborgensten Beuten nicht, weshalb es
geboten erscheint, sie überall dort, wo Singvögel ihren Aufenthalt
nehmen sollen, energisch abzuweisen. Leiden geschieht dies nicht
überall und es giebt auch bei uns noch Gegenden genug, wo man
fast auf jedem Gehöfte ein Elsternnest findet, dabei aber vom
Besitzer die Klage vernehmen kann, daß der Singvögel immer
170
weniger werden. Neuerdings haben sich einige Vogelscbutzvereine
die Ausrottung der Elstern angelegen sein lassen und gewähren
bei Ausstellungen dem Vorzeiger zweier Elsterfänge ein Freibillet.
Eine gänzliche Ausrottung auch dieses Vogels möchte ich keineswegs
befürworten. Im Walde oder fern von menschlichen Wohnungen
mag sie immerhin geduldet werden.
Wenden wir uns nun dem dritten Räuber der Rabenfamilie
zu; es ist dies unsere bekannte Rabenkrähe (Corvus corone), bei
uns einfach Rabe oder Krähe genannt. Das Innere des Hoch-
waldes vermeidend, siedelt sich die Rabenkrähe am liebsten in
Hainungen und Feldhölzern, aber auch in Gehöften und Gärten,
neuerdings sogar in den Städten an, von wo aus sie täglich ihre
Streifereien nach Wiesen, Feldern und Triften unternimmt. Ihrer
Aufmerksamkeit und Wachsamkeit entgeht sobald kein lebendes
Wesen und wenn sie auch die meiste Zeit sich an Würmern, Käfern,
Engerlingen und Mäusen sättigt, so ist doch die Jagd auf Singvögel
im Friihlinge ihre nobelste Passion. Besonders sind die alten routi¬
nierten Krähenpaare, die Winter und Sommer treu vereint zusammen-
bleibeu, sehr gefährliche und mordsüchtige Geschöpfe, die in die
Reihen der Kleinvögel klaffende Lücken reißen. Dort, wo sie von
seiten des Menschen keine Nachstellungen erfahren und sich sicher
fühlen, gehen sie mit erstaunlicher Dreistigkeit und Frechheit zu
Werk. Ich habe noch kürzlich erfahren, daß in einem Nachbar¬
dorfe, wo man ihnen, ihrer Wachsamkeit dem Hühnerhabichte
gegenüber, die Rechte ihrer Niederlassung nicht verkümmern mochte,
schließlich kein Küchlein mehr bei der Henne sicher war und die
Schwalben allemal ein Zetergeschrei erhoben, weun sich nur ein
schwarzrockiger Galgenvogel sehen ließ. Gerade die Gegenden,
welche viele Singvögel beherbergen, werden bald von den Krähen
ausgekundschaftet und mit Vorliebe bewohnt. Wenn sie sich
beobachtet glauben, betreiben sie ihre Vogeljagden mit großer Vor¬
sicht, zeigen sich selten frei und sucheu immer Deckung im Gebüsch
und den Kronen der Bäume. Vor dem Knall eines Gewehrs haben alle
Krähen heillose Angst und man kann sie schon dadurch leicht in Respekt
halten, daß man nur einigemal in ihrer Gegenwart beim Hause schießt.
So wagt es z. B. niemals bei uns eine Krähe über mein Haus hinweg¬
zusegeln. Wenn sie auch oftmals direkt darauf zusteuern, so schwenken
sie doch immer in einiger Entfernung nach rechts oder links ab.
Auch das kleinste Mitglied unserer Rabenfamilie, die Turm¬
krähe oder Dole ( C . monedula ), findet an dem zarten Fleische
171
unserer Singvögel großes Behagen und Vogeleier sind immer ein
Lieblingsgericht. Jedoch kommt ihr räuberischer Sinn hauptsächlich
nur zur Brutzeit zur Geltung, wenn sie ein halbes Dutzend hei߬
geliebter Schreihälse zu versorgen hat. Um diese Zeit erscheint sie
sogar an Brutkasten und reißt ohne Gnade junge Stare, die in dem
Räuber die ersehnten Eltern vermuten und die Köpfe empor recken,
aus dem Flugloche. Selbst die in Gefangenschaft lebenden Dolen
sind sehr begierig auf Vogelfleisch und wenn man ihnen gleich¬
zeitig einen Vogel und eine Maus serviert, so werden sie ersteren
unbedingt bevorzugen. In der Stadt Minden rückte man vor
einiger Zeit den dort nistenden Dolen, die jedem großem Bauwerke
zur lebenden Zierde gereichen, dadurch zu Leibe, daß man Stückchen
Fleisch, die mit Strychnin vergiftet waren, an ihren Brutplätzen
auslegte. Die Dolen waren aber klüger, als sich die weisen Vogel-
schiitzler träumen ließen und warfeu die höllischen Brocken in die
Straßen herab, wo sich deren Wirkung bald an verschiedenen
Hunden deutlich offenbarte. Nach meinem Dafürhalten ist es keines¬
wegs gerechtfertigt, die Dolen auf diese teuflische Art dem Unter¬
gänge zu weihen, da es feststeht, daß der Nutzen, den sie dem
Landwirte erweisen, ihren Schaden bedeutend überwiegt.
Wunderbarer Weise hat man neuerdings auch die Stare und
Schwarzamseln zu Vogelmördern stempeln wollen. Ich erinnere
nur an den sensationellen Würzburger Amselprozeß. Es mag sein,
daß sich bei dem einen oder anderen dieser Vögel, denen auf ihrer
Nahrungssuche zufällig ein nacktes totes Vögelchen aufstieß, das
sie für eine fette Made ansahen und verzehrten und deren Bild
sich ihrem Gedächtnisse einprägte, gerade hierdurch die Neiguug
entwickelte, auch lebende unbefiederte Vögel zu erbeuten. Doch
sind, dies so vereinzelt dastehende Fälle, daß sie nur der Kuriosität
willen Erwähnung verdienen. An bereits befiederteu Nestjungen
werden sich weder Star noch Amsel jemals vergreifen.
Hiermit nun glaube ich gezeigt zu haben, daß das uns so
poetisch verklärt erscheinende Leben »der lustigen Bürger in grü¬
nender Stadt« nicht immer einer reizenden Liebesidylle gleicht und
daß zwischen Liedesklang, Lebenslust und Lebenswoune die finstere
Parze oft in mancherlei Gestalten lauert; dann aber auch, daß der
Ausbreitung und Vermehrung unserer Sänger in den überall auf¬
tretenden und unablässig ihrem Raubgelüste fröhnenden Feinden
eine hindernde Schranke gezogen ist, deren Beseitigung sich jeder
Naturfreund aufs eifrigste angelegen sein lassen muß.
Texas und seine Tierwelt.
Von H. Nehrling.
(Fortsetzung.)
Wer glaubt, iu Texas eine ausgeprägte tropische Vegetation
wie iu Florida oder selbst in Louisiana zu finden, täuscht sich, wie
ich mich täuschte, als ich einst anfangs März des Jahres 1879 nach
Texas kam. Die Vegetation ist nicht tropischer als die der Kiisteu-
gegend Virginias und Nordkarolinas und nicht entfernt so schön,
üppig und mannigfach. Wohl habe ich während meines vierjährigen
Aufenthaltes in Texas in der Stadt Houston »im dunklen Laub die
Goldorangen glühen« sehen und auch Oleander sah ich häufig im
Freien, aber Orangenbäume und Oleander erfroren jedes Jahr, wenn
sie nicht an der Südseite der Häuser standen. Ja, wären die Nord¬
stürme (North ers) mit ihrer eisigen Kälte nicht, dann würde sich
die Sache freilich anders gestalten. Da diese allgemein als »Northers«
bezeichneten Winde sehr viel mit dem Erscheinen und Weiterziehen
der Vögel zu thun haben, so sei es mir gestattet, einige Worte
über dieselben zu sagen. Diese Nordstürme treten in der Regel so
urplötzlich und mit einer solchen Gewalt auf, daß man sich hoch
nach dem Norden versetzt glaubt. Fast immer geht diesen Natur¬
erscheinungen mehrere Tage lang eine drückende schwüle Hitze
vorher, die zuletzt fast unerträglich ist und welche dann die plötz¬
lich eintretende kalte Temperatur umso fühlbarer macht. Ein
anderes Anzeichen der bald eintretenden Kälte sind die Scharen
von Zugvögeln, welche plötzlich erscheinen. Die Ränder des Waldes,
die Sträucher, selbst das Gras der Baumwollen- und Maisfelder
wimmelt von kleinen Vögeln, während hoch oben in der Luft
Kraniche laut schreiend und wilde Gänse südlich ziehen. Spechte,
Meisen, Hüttensänger und Zaunkönige, selbst Fledermäuse suchen
sich in Nistkästen, Baumhöhlungen und Astlöchern zu verbergen.
Eine tiefe Ruhe lagert über der Natur, kein Blättchen regt sich.
Dunkele bleischwarze Wolken türmen sich im Norden auf und mit
großer Schnelligkeit kommen sie näher und näher. Endlich bricht
der »Norther« herein, schon vernimmt mau sein Brausen und Toben,
sieht den aufgewirbelten Staub und die trockenen Blätter daherjageu.
Die Kälte wird gleich so fühlbar, daß mau sich dicht an den fast
glühendheißen Ofen setzt und doch kann mau nicht warm werden,
denn die nur für den Sommer berechneten leichten Bretterhäuser
und Blockhütten lassen den eisigkalten Wind ungehemmt durch die
Ritzen pfeifen. Noch unangenehmer ist ein von Regen begleiteter
»Norther«, wie er im Winter oft vorkommt.. Oft fällt das Queck¬
silber des Fahrenheit’schen Thermometers nicht nur um 10, sondern
15 bis 20 Grad in einer Stunde. So fiel es einst in Houston im
Januar von 70 Grad in einer Stunde auf 50 und sank endlich bis
18 Grad herab. Im Oktober zeigte es 90 Grad, am nächsten Tage
60 und ein kalter Regen brachte es auf 44° herab ; am 2. Februar
zeigte es 85°, am 3. nur 50° und am 4. sogar 19°. Selbst am
20. Mai fiel das Quecksilber von 90° auf 60° herab. Ich habe bei
diesen Nordwinden mehr gefroren als in Wisconsin bei eiuer Kälte
von 30° F. unter Null. Glücklicherweise halten diese »Northers«
nur kurze Zeit, in der Regel nur drei, doch auch sechs und selbst
neun Tage an. Nachdem sie vorüber sind, herrscht wieder das
schönste Frühlingswetter. Trotzdem sie für Menschen und Tiere
höchst unangenehm sind, so begrüßt mau den ersten, welcher in
der Regel Mitte Oktober eintritt, in Houston und den Küstenstädten
doch mit einer gewissen Freude, denn er treibt die schädlichen
Miasmen weit in den Golf hinein und erzeugt die Gewißheit, daß
in diesem Jahr die Gefahr des gelben Fiebers, dieser schrecklichen
Seuche des tropischen Amerika, vorüber ist. — Uber das Entstehen
dieser Naturerscheinung ist man noch im Unklaren. Man nimmt
allgemein an, daß die Brutstätte derselben in dem oben beschrie¬
benen Hochplateau, der Llauo Estacado, zu suchen sei. Während
die Luft südlich von derselben warm und mild ist, bleibt sie auf
der Hochebene doch stets bedeutend kühler. Der Unterschied wird
endlich so stark, daß sich eine Spannung oder ein Druck der käl¬
teren Luft von der Hochebene herab auf die der tieferliegeuden
Landstriche bemerkbar macht. Diese Spannung fühlen Menschen
und Tiere und sie ist es auch, welche das höchst unbehagliche
Gefühl vor dem Eintritt des »Norther« hervorruft. Zuletzt giebt
der Widerstand der wärmeren Luft plötzlich nach und die kalte
stürzt sich als Sturm vom Hochplateau herab und treibt unauf¬
haltsam die wärmere vor sich her. Dies ist die Ursache, weshalb
man in Texas keine halbtropische Vegetation erwarten darf. Wie
schon bemerkt, treten die Nordstürme meistens bereits im Oktober
ein, sind aber im Januar und Februar am häufigsten, lassen im
März an Kraft und Kälte nach und treten im April und Mai nur
1 noch selten auf. Doch habe ich die Beobachtung gemacht, daß
selbst Mitte April die jungen Triebe der Waldbäume und das ganze
zarte Laubwerk noch vollständig erfror. — Wahrscheinlich hängt
auch die im Sommer regelmäßig einsetzende Trockenheit von diesem
Hochplateau wenigstens teilweise ab.
An Naturschöuheiten, welche sich durch Großartigkeit und
Pracht auszeichnen, ist Texas sehr arm. Nirgends gewahrt der
Tourist brausend, donnernd und schäumend von Felsen herab¬
stürzende Wasserfälle, nirgends prächtige Landseeen und herrliche
Wälder. Doch sind einige Punkte ganz interessant. Prachtvoll
sind beispielsweise die Quellen des Comal, welche kaum eine Meile
von Neu-Braunfels entfernt sind. Eine dieser Quellen besteht aus
einem etwa 40 Fuß breiten, 2 bis 3 Fuß tiefen Wasserbecken von
unvergleichlicher Klarheit. Nicht weit davon finden sich noch etwa
fünf andere gleich klare und noch stärkere Quellen, welche sich
nahe bei einander vereinigen und den Comalbach bilden. Besonders
schön ist auch der Vereinigungspunkt des Comal mit der Guadelupe.
Von großer Schönheit ist auch der San Antonio mit seinen Quellen,
ferner die Gegend von Sisterdale und einzelne andere Örtlichkeiten
des Hochlandes. In der Zeit vom März bis Juni ist es fast überall
in Texas schön. Die blühenden breitblätterigen Kirschlorbeerbäume,
die dunkelgrünen Lebenseichen, der mit unzähligen Lianen gezierte
Wald des Tieflandes bietet während dieser Zeit einen reizenden
Anblick. Einen wirklich wunderbaren Eindruck machen die blü¬
henden Magnolien der Küstengegend mit ihrem frischen, immer¬
grünen glänzenden Gelaube und mit ihren großen weißen, die Luft
mit lieblichem starkem Wohlgeruch erfüllenden Blüten. Unver¬
gleichlich herrlich ist die Blumenpracht in dieser Zeit, wonnig und
erfrischend die beständig vom Golf herüberwehende Südluft, prächtig
das tiefe Blau des Himmels, welches kaum durch ein Wölkchen
getrübt wird. Mit dem Juli tritt in der Regel Hitze und große,
lang anhaltende Trockenheit ein, welche nicht selten bis zum Sep¬
tember anhält. So groß ist die Trockenheit, daß die Erde drei bis
vier Fuß tiefe breite Risse bekommt. Durch die von zehn Uhr
vormittags an beständig wehende Südluft wird die Hitze gemildert
und sie macht sich deshalb nicht so fühlbar wie im Norden. Ich
habe in Wisconsin, Illinois und Missouri die Hitze mehr empfunden
als in Texas, aber ihre lange Dauer wirkt höchst bedrückend. Das
texanische Klima zeichnet sich im Sommer stets durch kühle Nächte
vorteilhaft aus, so daß ein erquickender Schlaf stets möglich ist.
Eigentümlich ist es, daß es während dieser Zeit, wenn es überhaupt
regnet, nie des Nachts, sondern immer am Tage regnet. Da es in
dieser heißen Zeit fast nie oder doch nur sehr selten regnet, so
wirkt die langanhaltende Trockenheit und die fortwährende Hitze
höchst erschlaffend auf Körper und Geist. Die lieblichen Kinder
Floras, die noch vor kurzem der Scenerie ein so zauberhaftes An¬
sehen verliehen, sind jetzt verschwunden. Bald ist kein Blümchen,
kein Blättchen mehr im heißen Sandboden zu sehen. Jeden Tag
zeigt der Himmel dieselbe tiefe Bläue. Schon sind die Regenwasser-
cisterneu leer und nur in den Bächen (Creeks) und Regenbächen
(Brauches) sind einige Tümpel übelriechenden brackigen Wassers
stehen geblieben ; dorthin muß der Farmer fahren, um das nötige
Wasser für den Hausbedarf herbeizuschaffen. Endlich zeigen sich
einige dunkle Wolken am Himmel und schon freut man sich, daß
ein tüchtiger Schauer Menschen, Tieren und Pflanzen die nötige
Erfrischung bringen werde. Mau täuscht sich jedoch, denn der
ersehnte Regen tritt trotz der am Horizonte täglich sich zeigenden
dunkeln Wolken nicht ein. Die Vögel, welche sich im Walde und
in der Nähe des Menschen früher fröhlich tummelten, sind fast alle
an die Wassertümpel, Flüsse und Quellen gezogen, und der Wald
erscheint ganz wie ausgestorben. Nach langem vergeblichem Warten
tritt endlich ganz plötzlich der Regen ein, aber er fällt in solchen
Strömen nieder, daß man in einem Augenblick völlig durchnäßt
ist. Unaufhörlich gießt es aus den wie Blei am Himmel hängenden
schwarzgrauen Wolken herab und die schon ganz oder teilweise
ausgetrockneten Regenbäche und kleinen Flüsse sind in einigen
Stunden zu reißenden gefährlichen Strömen augewachseu, die nie¬
mand ohne Lebensgefahr zu überschreiten vermag. Das brausend
und schäumend dahinrauschende Wasser reißt oft 40 bis 50 Fuß
hohe senkrechte Uferwände mit. Neue bis zu 15 Fuß tiefe Regen¬
bäche entstehen oft durch einen Regen inmitten fruchtbarer, etwas
hochgelegener Felder. Überhaupt nimmt der Regen den Humus
des höheren Landes stets mit sich fort und führt ihn hinab in die
schon an sich sehr reichen Flußniederungen. — Ebenso schnell
aber, wie das Wasser angeschwollen, so schnell ist es auch wieder
verflossen. Sobald es einmal mit Regnen angefangen hat, zeigt
sich in der Regel das andere Extrem : fast jeden Tag gießt es
nun einige Stunden lang in Strömen herab. — Der Boden läßt
wieder Gras und Blumen hervorsprossen. Kleine rötlichweise Ama-
ryllideen (Habranthus Andersoni Texand) öffnen, den Herbstzeitlosen
gleich, ihre Blüten zu Tausenden. Unvergleichlich schön ist, wie
in fast allen Gegenden der Union, auch hier der Herbst, die Monate
17(5 -
Oktober und November. In großen Scharen ziehen schon Ende
September, namentlich aber im Oktober, Waldsänger durch und
vor Eintritt des ersten »Norther« erscheinen noch vielerlei andere
kleine Vogelarten. Die meisten kommen jedoch erst Ende November
und anfangs Dezember aus dem Norden an.
Besonders ungesund ist Texas eigentlich nicht. Die Haupt¬
krankheiten sind hitzige Fieber (Malaria) und Wechselfieber. Durch
vorsichtige Lebensweise kann man sich aber erfolgreich gegen diese
Krankheiten schützen. Während meines dreijährigen Aufenthalts
in der Küstengegend (Houston) bin ich und meine Familie gänzlich
vom Fieber verschont geblieben, als ich aber später in eine hoch¬
gelegene Gegend der Pfosteneichenregion, an die West Yegua (See
County) zog, trat durch den Genuß schlechten Wassers und durch
unvorsichtiges Aussetzen in die Sonnenstrahlen in der ganzen Familie
Malaria und schließlich Wechselfieber auf. Viele Einwanderer glauben
in Texas gerade so anhaltend und fleißig während der heißen Jahres¬
und Tageszeit arbeiten zu können wie in Deutschland oder im
Norden der Union, sie müssen ihren Eifer aber nur zu oft mit dem
Tode bezahlen. Ein schon länger in Texas angesiedelter Farmer
arbeitet während der heißen Tageszeit nur in den frühen Morgen¬
stunden bis etwa 10 Uhr und nachmittags von 3 Uhr an bis zur
Abenddämmerung. In den Städten geht niemand ohne aufgespannten
Regenschirm auf die Straße. Viele Gegenden der Staaten Indiana,
Illinois und Missouri sind bedeutend ungesunder als Texas.
Trotz der eisigen Nordstürme sieht man in Texas doch nur
selten einmal Schnee. Während der kältesten Tage im Januar
kommt es freilich oft vor, daß sich auf dem Wasser eine dünne
Kruste Eis bildet und daß die Oberfläche des Erdbodens etwas ge¬
friert, aber es wird nie so kalt, daß dadurch die in Boden bleiben¬
den Wurzeln der Cauna, verschiedener Amaryllis, Amaryllis Hippe-
astrum , equestre , reticulatum , vittatum u. s. w.) und Bananen dadurch
gefährdet würden. Gardenien ( Gardenia florida ), Aucuben, Skimmia,
Pittosporum (P. tobira) , Oleander, Lorbeer (Laurus nobilis),
Myrothen, Melaleuca ( Melaleuca hypericifolia), japanesische Pflaumen
( Eryobotrya japonica ), Traubenmyrothen {Lager stroemia indica ),
Banksiarosen und andere immergrüne Sträucher leiden in der Küsten¬
gegend an geschützten Stellen wenig durch die Fröste. Diese An¬
gaben beziehen sich allerdings nur auf das südöstliche Texas, wo
ich mich meist aufgehalten. Weiter westlich und nördlich dauern
die meisten der die Gärten Houstons und Galvestons zierenden
Pflanzen nicht aus. — Bedeutend milder ist das Klima in Louisiana
unter gleicher Breite. So sah ich im ganzen südlichen Louisiana,
bis nach New-Orleans, prächtige Orangengärten, Bananen, Palmen
und Eucalyptusbäume, man kennt dort aber auch die eisigen Nord¬
winde nicht. Ohne letztere würde die texanische Flora einen viel
südlicheren Charakter zeigen. Diese Winde sind auch die Ursache,
daß die Hauptbrutzeit der meisten texanischen Vögel in den
Mai fällt, während sie in Louisiana zumeist schon im April
brüten. (Fortsetzung- folgt.)
Der punktierte Schlammtaucher (Pelodytes punctatus Daudin)
in der Gefangenschaft.
Von Joh. von Fischer.
Der punktierte Schlammtaucher bewohnt das südwestliche Europa
d. h. Süd-Frankreich und Spanien. Hier ist er ungemein häufig,
namentlich in den Sümpfen von Sevilla und Valencia, in den Tümpeln,
in denen man den Hanf röstet.
Er hält sich gewöhnlich in unmittelbarer Nähe dieser Gewässer
auf, indem er sich dicht am Ufer im Grase duckt, um bei der ge¬
ringsten Gefahr in einem großen Satz ins Wasser zu springen,
worauf er sich zwischen Wasserpflanzen oder im Schlamme gut zu ver¬
bergen versteht. Sein Fang ist leicht, wenn man den Aufenthaltsort
dieses hübschen Batrachiers kennt. Man muß die begrasten Ufer
solcher Wasserflächen im Monat Februar und März absuchen und
kann sicher sein, Pelodytes zu finden.
Noch bequemer ist es, wenn man sich die sehr hellgefärbten
und dadurch von allen anderen Stammesverwandten kenntlichen
Kaulquappen dieser Art verschafft und diese in Aquarien erzieht.
Selten variiert ein Batrachier so in seiner Färbung wie der
Schlammtaucher, sowohl individuell, als temporär. Hat- man einen
Schlammtaucher gefangen, der heute grünlich-braun ist, so findet man
ihn morgen im schönsten Hellgrau, morgens bakl mit meergrünen
Flecken übersät, bald fein puuktirt, um abends ganz einfarbig und
fleckenlos zu werden. Die Unterseite ist meist blendend weiß, wie
Porzellau, mauchmal jedoch mit einem Stich ins Fleischfarbene. Die
Männchen tragen zur Paaruugszeit die bekannten Schwielen ; übrigens
findet man hie und da auch Weibchen, die mit ganz den nämlichen
Schwielen ausgestattet sind.
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 188t.
11
178
Man übersieht die Schlammtaucher leicht beim Fang, da sie sich
im Grase gut zu verbergen verstehen.
Mit ziemlicher Sicherheit kann man sie fangen, wenn man an
kühlen Tagen im Frühjahr vermittelst eines Hakens die in der Nähe
der Gewässer angehäuften, abgestorbenen Baumblätter umwendet,
unter denen man sie in geduckter Stellung schlafend vorfindet.
Der Schlammtaucher vermag nach Laubfroschart an Pflanzen,
Glas- und anderen Wänden emporzuklimmen und daselbst haften zu
bleiben, woher man für guten Verschluß der Terrarien za sorgen hat.
Die Stimme dieser Art ist ein nicht zu lautes Knarren, das (für
mich wenigstens) ungemein gemütlich klingt und während der Paarungs¬
zeit fleißig geübt wird.
Dieses Knarren, das, wenn man den Gefangenen die natürlichen
Bedingungen widerfahren läßt, im Terrarium regelmäßig gegen die
Abend- und Morgendämmerung, mitunter auch nachts oder sogar mitten
am Tage (falls das Terrarium im Dämmerlicht steht) gehört wird, ist
manchmal ein-, manchmal zweisilbig und klingt dann entweder wie
ein einfaches Kerr oder Kerr-Kärr. Der Schlammtaucher paart
sich gegen Finde Februar bis Anfang April, je nach der Witterung
und Lokalität. In manchen kalten Frühjahren erstreckt sich seine
Paarungszeit bis in das erste Drittel des Mai hinaus.
Er soll sich in der Freiheit noch zum zweiten Male in den
letzten Tagen des Septembers, bis in die Hälfte des Oktobers paaren.
Uber diesen letzten Punkt fehlt mir jede Erfahrung, da die von mir
in der Gefangenschaft gezüchteten und gehaltenen Individuen im
Herbst zu keiner Paarung schritten, wenngleich ich in der letzten
Jahreszeit ein regeres Benehmen, sowie ein lauteres Knarren meiner
Gefangenen bestätigen muß.
Die Eiablage geschieht ganz abweichend von allen anderen
europäischen Anuren.
Der Laich wird in Traubeu von 6 — 8 cm Länge und 1 — 2 cm
Breite abgesetzt, und seine Ablage geschieht nicht immer auf einmal,
sondern häufig in mehreren Gelegen, gewöhnlich 2 — 3. Nur selten
setzt das Weibchen den ganzen Laich auf einmal ab.
Diese Trauben werden stets an schwimmenden Grasstengeln,
Holzstückchen etc. der Länge nach angeheftet und zwar derart, daß
die Eier und die sie umhüllende, sehr durchsichtige Gallertmasse diese
Gegenstände vollständig überziehen, so daß dieselben mit dem Gegen¬
stände schwimmen oder uutergetaucht bleiben.
179
Die im Frühjahr ausschlüpfenden Larven sind zuerst sehr klein,
wachsen aber ungemein rasch und fallen selbst dem Laien durch ihre
ganz abweichende helle Färbung auf. Sie verlassen das Wasser erst
gegen Ende August oder Anfang ja selbst Ende September.
Die im Herbst ausschlüpfenden Kaulquappen bedürfen jedoch
einer längeren Verwandlungszeit, indem sie winters nur langsam oder
nicht wachsen und das Wasser erst im nächsten Jahr, gegen Ende
April oder im Laufe des Monats Mai verlassen. Sie sollen keines¬
wegs schlafend überwintern, sondern sich unter dem Eise munter
bewegen, aber aus Mangel an Nahrung fast gar nicht wachsen.
Man kann den Schlammtaucher in der Gefangenschaft leicht
züchten, weil er sich im Terrarium jahrelang vortrefflich hält und
sich regelmäßig paart.
Zu diesem Behufe müssen den Tieren kleine Aquarien oder ein¬
fache flache Glasschalen mit Wasser zur Verfügung gestellt werden,
die mau im Innern der Terrarien aufstellt. Nur muß man für
schwimmende Holzstücke, dünne Zweige, allerlei Wasserpflanzen oder
doch deren Stengel etc. sorgen, damit sie Gelegenheit haben, ihren
Laich abzusetzen.
In der Gefangenschaft geht die Verwandlung weit rascher vor
sich als im Freien, nur bleiben die in kleinen Behältern ausschlüpfenden
Schlammtaucher viel kleiner, ja erreichen oft kaum die Hälfte der
im Freien geborenen, wenu man nicht beizeiten dafür Sorge trägt,
daß die ausschlüpfenden Kaulquappen in geräumige (nicht allzu tiefe,
aber recht breite) sehr pflanzenreiche Aquarien gebracht und reichlich
gefüttert werden.
Die Fütterung geschieht in den ersten Tagen mit aufgeweichten,
verwesenden, abgestorbenen Pflanzenteilen und Oblate oder fein ge¬
stoßenem Zwieback, nachher mit geschabtem Rinder- oder Roßherz
oder getrocknetem und zwischen den Fingern zerriebenem Riudsblut,
das für zarte Kaulquappen eine ausgezeichnete Nahrung ist. Zuletzt
kann man an Drähten Stücke Fleisch, einen toten Regenwurm, etc.
aufhäugen, um die sich die Kaulquappen bald sammeln und festsetzen
werdeu, um dieselben fleißig zu benagen.
Ist das Fleisch, der Regenwurm etc. aufgeweicht, so rühren die
Larven diese Futterstoffe nicht mehr au, und mau muß sie von den
Drähten wieder entfernen, damit das Wasser nicht verdirbt. Auch
muß man (eine Kardiualbediugung für den Amphibienzüchter) für
reichliches Vorhandensein kleiner Krustaceen (Daphnia, Cyclops ,
180
Cypris) die man aus jedem Wassertümpel oder Graben schöpfen kann,
sorgen.
Die herauskriechenden Schlammtaucher müssen Gelegenheit
haben, leicht und bequem das Wasser verlassen zu können, da der
erzwungene Aufenthalt im Wasser sie schwächt und sie bald ertrinken.
O
Man erleichtert das Verlassen des Wassers am besten durch
schwimmende Brettchen, die sehr dünn sein müssen, oder schwache
Korkplatten, die man vermittelst eines Drahtes an einem auf dem
Grunde liegenden Stein befestigt.
Besitzt das Aquarium einen flachen, recht rauhen, leicht erreich¬
baren Felsen, sowie eine reichliche Vegetation (namentlich sind die
breiteu, schwimmenden Blätter von Nywiphaea, Nupliar u. s. w. dem
Herauskriechen der jungen Schlammtaucher ungemein behülflich), so >
wird man fast gar keine Verluste zu verzeichnen haben. Nur muß
man beizeiten dafür Sorge tragen, daß die Aquarien von oben ver¬
mittelst einer Drahtgaze oder Tüllkuppel oder Dach bedeckt seien, da
die herauskriechenden jungen Frösche sofort das Weite suchen und
mau sie überall in der Stube antrifft, wo sie sehr bald eintrocknen.
Die jungen Schlammtaucher fressen sofort nach ihrem Heraus-
kriechen Mücken und kleine Fliegen.
Ich werfe etwa 3 — 4 Tage vor dem mutmaßlichen Verlassen des
Wassers meiner Schlammtaucher eine Anzahl Puppen der gemeinen
Stechmücke (Culex pipiens), die überall leicht zu erhalten sind, in das
Wasser, und die herausgekrochenen Tiere nähren sich fast ausschließlich
von den ansschlüpfenden Mücken, weil den kleineren Individuen die
gemeine Stubenfliege oft zu groß und zu hart ist. Sie erlassen sie zwar
mehrmals, können sie aber nicht verschlingen und müssen sie zuletzt
wieder von sich geben, indem sie ein oder beide Vorderbeine auf die
zum Maul herausragende Fliege stemmen und den Vorderkörper em¬
porheben, um dieselbe von ihrer klebrigen Zunge zu befreien.
Die Schlammtaucher müssen in sehr feuchten , nicht zu hell
stehenden kalten Terrarien gehalten werden.
Man kann sie auch ohne Futter überwintern, wenn man sie in
Holzkisten mit feuchter Erde, feuchtem Sphagnum-Moos und eiuem
flachen Gefäß mit Wasser bringt und das Gauze in Keller oder
andere Räume, in denen die Temperatur nicht unter + 2° oder +
3° R sinkt, stellt; nur muß man ihnen keinen zu langen Winter¬
schlaf zumuten (höchstens 2 — 3 Monate), an den sie in der Freiheit
nicht gewöhnt sind, da sie stark abmagern und zuletzt eingehen würden.
181
Wie die meisten Batrachier vertragen sie sich untereinander sehr
gut und werden höchstens von größeren Reptilien und Amphibien
gefressen.
Ihr Auge ist gut, obschon dessen Sehkraft erst mit der Dämmerung
wächst. Das Gehör ist scharf, die anderen Sinne sind mittelmäßig
entwickelt.
In der Freiheit fressen sie allerlei Insekten. In der Gefangen¬
schaft ernährt man sie am besten sommers mit Stubenfliegen (die
man, falls man sich eine Fliegenzucht*) angelegt hat auch winters
reichen kann), im Winter mit ganz kleinen, recht zarten (frischge¬
häuteten) Mehlwürmern, Larven von Tinea granella , Asopia farinalis ,
Anobium paniceum, Trogosita caraboides et. c. alles Tiere, die mau
mit etwas Umsicht leicht, nach Mehlwurmsart, in der Gefangenschaft
züchten kann und die keinem, der zarte Reptilien oder Amphibien
pflegt, fehlen dürfen. Die Schlammtaucher fassen ihre Nahrung nach
Art der Laubfrösche mit der herausklappbaren Zunge und helfen sich
beim Verschlingen oft mit den Vorderbeinen.
Der punktierte Schlammtaucher wird neuerdings regelmäßig in
den Handel gebracht und ist durch jede gute Aquariumhandlung
leicht und billig zu beziehen.
Bel icht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft
zuFrankfurt a.M.an die Generalversammlung* der Aktionäre
vom 20. März 1884.
Direktionsbericht.
Unsere Tiersammlung besaß zu Anfang dieses Jahres einen
Taxationswert von M. 127,001. 50 und bestand aus 1843 Exem¬
plaren, welche 264 verschiedenen Arten augehört'en, gegen 1447
Exemplare von 266 Arten im Werte von M. 135,236. 30 im Vorjahre.
Die einzelnen Tierordnuugen sind dabei vertreten wie folgt :
Zahl der Wert
Exemplare Arten M. Pf.
Affen . 36 14 2 100 —
Flattertiere . .' . 1 1 75 —
Raubtiere . 49 20 27 920 —
Transport 86 35 30 095 —
*) Über die Einrichtung einer solchen: J. v. Fischer. Das Terrarium,
seine Bepflanzung und Bevölkerung S. 209.
182
Zahl
der
Wert
Exemplare
Arten
M.
Pf
Transport 86
35
30 095
—
Beuteltiere .
. 2
2
605
—
Zahnarme
. 1
1
30
—
Nagetiere
. 94
10
558
70
Einhufer ....
. 13
4
1 1 500
- —
Vielhufer
. 12
5
21 590
—
Wiederkäuer .
. 119
27
41 446
—
Flossenfüßer
. 2
1
2 200
—
Raubvögel . .
. 25
12
1 359
—
Eulen .
. 13
3
509
—
Papageien .
. 70
24
2 445
—
Singvögel
. 226
65
3 036
—
Tauben ....
. 72
10
302
—
Hühner ....
. 112
4
885
—
Strauße ....
. 3
1
330
—
Stelzvögel . .
. 63
23
2 471
—
Schwimmvögel
. 425
34
7 009
50
Amphibien .
...... 6
3
620
—
1343
264
127 001
50
Nachdem im abgelaufeuen Geschäftsjahre die Verhältnisse unseres
Gartens in ihre neu geordneten Bahnen eingelenkt worden waren,
konnten wir für die Vergrößerung und Vervollständigung unserer
Tiersammlung mit größerem Nachdruck als bisher Sorge tragen.
Es wurden für M. 5594. 50 Tiere erworben, unter denen wir
besonders hervorheben : eine männliche Eleunantilope, einen amerika¬
nischen Strauß, Kraniche verschiedener Arten, sowie eine Reihe von
sonstigen Vögeln verschiedener Gattungen aus allen Weltteilen.
Auch diesmal gingen uns wieder eine Anzahl von schönen
und interessanten Tieren als Geschenke zu, für welche wir den
freundlichen Gebern hier wiederholt unseren Dank aussprecheu.
Die Geschenke sind :
1 Makak von Hrn. Emil Mertz, hier.
1 gemeines Seidenälfchen von Hrn. E. Gum pr ich, liier.
1 Edelmarder von Hrn. F. Landfried jr. in Heidelberg.
1 Fischotter von Frl. Pauline P et sch in Hemmerten.
3 junge desgl. von Hrn. Direktor W. Drory, hier.
1 Fuchs von demselben.
1 desgl. von Hrn. W. Kirkwood, hier.
2 indische Leoparden von Hrn. A. Blascheck, hier.
1 Wildkatze von Hrn. Freiherrn Max von Gienauth in Hochstein.
1 Angorakatze von Hrn. Carl Volke rt, hier.
8 Meerschweinchen von Hrn. F. W. Qu i Hing, hier.
2 Meerschweinchen von Hm. Th von Fritz sch, liier.
2 desgl. von Hrn. D. Feder 1 in, hier.
1 Hamster von Hrn. J. P. Schneider, hier.
6 gefleckte Ratten von Hrn. Dr. med. F. Stieb e 1, hier.
1 Turmfalke von Hrn. Friedr. Renz in Worms.
1 Bussard von Hrn. Ludw. Metzger, hier.
1 roter Milan von Hrn. F. Metzger, hier.
1 Waldkauz von Hrn. G. T. Kern, hier.
1 Wellenpapagei von Hrn. Schaefer in Sindlingen.
I Adelai'de-Plattschweifsittich \
, n n , i • tt i i i von Hrn. Carl Iiarft, hier.
1 großer gelbhaubiger Kakadu )
1 Star von Hrn. Schwabacher, hier.
1 Nonne von Hrn. Direktor Böhringer, hier.
2 Reisfinken von Frau H. Garn bürg, hier.
1 Eisvogel von Hrn. Herrn. Schilling, hier.
2 Perückentauben von Hrn. Harnischfeger, hier.
6 Brieftauben von Hrn. Sch a eff er in Neustadt a. d. H.
3 Dorkinghühner von Hrn. Baumaun, hier.
1 Fischreiher von Hrn. Franz Eckstein, hier.
1 Zwergdommel von Hrn. Max Winkler, hier.
1 Storch vom Tierschutzverein, hier.
I Bläßbuhn von Hrn. Chr. Rothe, hier.
1 desgl. von Hrn. Carl Leuchs, hier.
4 Goldfische von Hrn. F. W. Quilling, hier.
4 Goldorfen von Hrn. A. Halden wang in Baden-Baden.
Wir glauben unter diesen Zuwendungen ganz besonders die
indischen Leoparden hervorheben zu solleu, welche nicht nur die
wertvollsten Stücke derselben bilden sondern sich auch durch ihre
Schönheit und kräftige Entwickelung auszeichneu.
Die Vermehrung unseres Tierbestandes durch Fortpflanzung
war auch im vergangenen Jahre eine recht erfreuliche und zwar
wurden Tiere im Werte von M. 3163. 80 geboren. Besondere
Erwähnung verdienen die folgenden :
Zwei Makaken, ein Halsbandschwein, eine Anzahl Möpse, ein
Renntier, ein Wapitihirsch, zwei Axishirsche, zwei Mähnenschafe,
vier Muflon, sieben schwarze Schwäne.
Der Tierverkauf ergab eine Einnahme von M. 3584. 10, von
welchen ein ansehnlicher Anteil, nämlich M. 2114. 10, auf Exemplare
entfiel, welche im Garten gezüchtet worden waren. Es befanden
sich unter diesen ein schwarzer Panther, eine größere Zahl von
Hunden, Dam- und Edelhirsche, schwarze Schwäne etc.
Die Verluste durch Tod betrugen 1 2 1j2 °/o des Tierwertes und
haben somit die Ziffer des Vorjahres nicht erreicht. Die wichtigsten
der verstorbenen Exemplare waren :
184
Eine Löwin, welche an beiderseitiger Rippenfellentzündung ver¬
endete, ein schwarzer Panther, der einer Verletzung erlag, ein
Kaffernbüffel und ein Bison, welche beide an Lungenentzündung
eingingen.
Diejenigen Tiere, welche iufolge hohen Alters verendeten und
bei denen sich die Erscheinungen eines allmählichen Rückganges
bereits längere Zeit vor dem Tode eingestellt hatten, sind :
Ein brauner Bär, welcher 19 Jahre, 5 Monate und 14 Tage im Garten
gelebt hatte.
Ein indischer Leopard mit 9 Jahren, 5 Monaten, 13 Tagen.
Ein Zebra mit 19 Jahren, 11 Tagen.
Ein Halsbandsittich mit 21 Jahren, 6 Monaten, 10 Tagen.
Ein gelbhaubiger Kakadu mit 19 Jahren, 4 Monaten.
Ein rothaubiger desgl. mit 12 Jahren, 1 Monat, 5 Tagen.
Ein rotschnabeliger Hornvogel mit 11 Jahren, 1 Monat, 19 Tagen.'
Bezüglich des Aquariums sind wir iu der erfreulichen Lage,
berichten zu können, daß die Einrichtungen desselben sich stets
aufs neue als in jeder Hinsicht zweckentsprechend bewähren. Das
Seewasser hält sich klar, die Temperatur ist eine gleichmäßige und
infolge dessen erfreuen sich die Tiere jederzeit des besten Wohlseins
und einer verhältnismäßig langen Lebensdauer.
o o
Unsere Tierbauten sind in den letzten Jahren einer gründlichen
Wiederherstellung unterzogen worden, deren sie nach fast zehn¬
jähriger Benützung dringend bedurften. Es wurden bei dieser
Gelegenheit eine Reihe von Verbesserungen au denselben angebracht,
welche im Laufe der Zeit sich als wünschenswert erwiesen hatten,
und namentlich für vermehrten Zutritt von Luft und Licht Sorge
getragen. Der größere Teil der Tierhäuser, nämlich das Raubtier¬
haus, Vogelhaus, Elefanten- und Straußenhaus ist jetzt fertig¬
gestellt, und an den übrigen wird mit den erforderlichen Arbeiten
demnächst begonnen.
Im verflossenen Jahre begiug unser Zoologischer Garten die
Feier seines 25jährigen Bestehens. Zweien seiner Insassen war es
vergönnt, ein gleiches Jubiläum zu erleben, nämlich einer braunen
Bärin, welche jedoch inzwischen mit Tod abgegaugen ist, und einem
roten Ara.
Frankfurt a. M., 20. März 1884.
Dr. Max S c h m i d t.
185
K o r r e s p o 11 <1 eine n.
Alsfeld, den 19. März 1884.
Instinkt oder Überlegung? Zu jener Zeit, wo im zoologischen Garte n
zu Dresden die vielbesprochene Mafuca, ein weiblicher Schimpanse, die gelehrte
und nicht gelehrte Welt herbeilockte, besuchten auch wir, mein Bruder und
ich, den Garten. Im Vogelhause hatte Herr Direktor Schöpf dem Tiere ein
geräumiges Zimmer geschaffen, dessen Wände auf zwei Seiten von starkem
Eisengitter gebildet wurden. Etwa einen halben Meter von diesem Gitter ent¬
fernt wurde der Käfig nochmals von einer Glaswand umschlossen. Mafuca war
an dem Seile, welches von der Decke , herabhing, in die Höhe geklettert und
versuchte mit der ihr eigentümlichen Beharrlichkeit den Kloben , an dem das
Seil befestigt war, aus der Decke zu reißen. Nach einiger Anstrengung er¬
reichte sie ihren Zweck, wurde aber für dieses Vergehen durch einen gewaltigen
Sturz auf den Boden gestraft. Erschrocken und in höchster Verwunderung
saß der Schimpanse da und schaute mit überlegender Miene hinauf nach dem
Loche, das da oben entstanden war. Plötzlich schien ein Gedanke in ihm aufzu¬
blitzen; rasch wickelte er das ziemlich starke Seil in regelrechten Windungen
um den muskulösen Arm, kletterte an einem zweiten Seile, welches vou der
Decke herabhing, hinauf und versuchte, von hier aus den angerichteten Scha¬
den auszubessern. Wieder und wieder wurde der Kloben in das Loch ge¬
schoben, blieb aber zum größten Verdruß des Affen niemals stecken. Endlich
sah Mafuca die Erfolglosigkeit ihres Beginnens ein und versuchte, sich und die
Zuschauer auf andere Weise zu unterhalten. Offenbar fand sie Gefallen daran,
wenn das Publikum vor dem Käfig sich über ihre Streiche ergötzte und in
lautes Lachen ausbrach.
Durch den Käfig zog sich ein quergespanntes Seil, über dieses schleuderte
der Affe das eine Ende des herabgerissenen Seiles, ergriff es mit der noch
freien Hand und schaukelte sich im höchsten Mutwillen vergnügt hin und her.
Mit Spannung erwarteten wir den Augenblick, wo unser Schimpanse ein Ende
des Seiles loslassen würde. Und richtig! Dort saß er auf dem Boden ruhig
und schaute hinauf nach der Stelle, von wo er herabgestürzt war. Wenn wir
je von dem Antlitz eines Menschen einen Gedanken ablasen, so stand hier im
Gesichte dieses Affen für uns deutlich geschrieben: »Wie ging das zu? das
muß ich nochmals probieren.« Der Versuch wurde wiederholt. Die umstehende
Menge jubelte laut. Der Wärter mit einem Reisigbesen bewaffnet, stürzte her¬
bei; Mafuca ergriff die Flucht und zog sich in die höheren Regionen des
Käfigs zurück, das Seil ließ sie als corpus delicti herabfallen. Der Wärter
entfernte es, vergaß indessen seinen Besen, welchen er zwischen dem Eisengitter
und der Glaswand stehen ließ. Der Affe hatte dies sogleich bemerkt, und
kaum war der gefürchtete Mann seinen Blicken entschwunden, so kam er herab,
um das interessante Ding in den Käfig hereinzuholen. Sein starker Arm war
indessen zu dick, er konnte ihn nicht weit genug zwischen den Eisenstäbeu
durchzwängen. Nach eifrigem Suchen fand Mufuca im Käfig eine kleine Rute;
mit dieser wurde nun der Besen umgeworfen, der Stiel wurde gepackt, Mafuca
stammte beide Beine gegen das Gitter und versuchte mit ganzer Gewalt ruck-
186
weise den Besen hereinzuziehen. Er war jedoch am unteren Ende zu dick
und leistete unüberwindlichen Widerstand. Wiederum eilte der Wärter herbei;
bevor er aber die Qlasthür aufschließen konnte, war der Stiel des Besens ab¬
gedreht. und der Alle hatte denselben mit den starken Zähnen in seine Ele¬
mente zerlegt. _ Eduard Härte r.
Köln, 31. März 1884.
Unser zoologischer Garten hat einen außergewöhnlich großen Zu¬
wachs erhalten, zusammen ca. 120, meistens seltene Tiere, darunter einzelne,
die hier zum ersten Male jetzt zu sehen sind. Wir führen u. a. an : eine
Löwin, einen schwarzen Panther, zwei nordamerikanische Stachelschweine,
schwarze Baribalbären aus Kanada, ein Wasserschwein, 13 verschiedene Affen,
eiuen sardinischeu Muflon. An Vögeln: einen weißköpfigen Seeadler aus
Nordamerika, ein Paar Moyellon-Karakora , drei verschiedene Hokkos aus
Amerika, ein Paar Hauben-Perlhühner, verschiedene Fasanen und eine große
Anzahl neuer Papageien. In der letzten Zeit wurden im Garten geboren:
drei Axishirsche, eine Säbel-Antilope, ein sardinischer Muflon und ausgebrütet
drei schwarze Schwäne. D. Gronen.
Berlin, 12. April 1884.
Uber die Nasen milbe der Kegel robbe ( Halarachne Halichoeri
Allman). Als ich vor einigen Wochen den Kopf einer alten männlichen
Kegelrobbe (Haliehoerus grypus ), welcher mir von der Insel Vilm (im
Rügenschen Bodden) im vollen Fleische zugeschickt war, präparierte, entdeckte
ich zuerst in den Choanen, dann auch auf den Schleimhäuten des mittleren
Teils der Nasenhöhle eine große Menge von eigentümlichen A rach nid en,
welche teils zeckenartig in den Schleimhäuten festhingen, teils auf denselben
umherkrochen. Außer ihnen fanden sich auch noch etwa ein Dutzend Ascariden
als parasitische Bewohner der Nasenhöhle des Haliehoerus.
Bei weiterer Untersuchung erkannte ich, daß die erwähnten Arachniden zu den
Milben gehören und mit den Ixodiden manche Ähnlichkeit zeigen, sowie daß
die frei umherkriechenden sechsbeinigen Exemplare als Larven der grösseren,
aclitbeinigen, zeckenartig festhängenden Form zu betrachten seien.
Zur näheren Bestimmung der Gattung, resp. Art wandte ich mich an
meinen Kollegen, Herrn Dr. Kar sch hierselbst, den bekannten Entomologen,
welcher sehr schnell in den von mir gefundenen Milben die von Allman im
Jahre 1847 besi hriebene Halarachne Halichoeri erkannte. Bei einer specielleren
Vergleichung der von Allman (Annals of. Nat. Hist. 1847, p. 48 tf.) gelieferten,
mit Abbildungen versehenen Beschreibung konnte ich mich selbst von der
specifischen Übereinstimmung überzeugen.
Merkwürdigerweise scheint Halarachne Halichoeri seit 1847 nicht wieder
wissenschaftlich konstatiert zu sein; auch ist in deutschen Handbüchern
meistens nicht einmal ihr Name zu findeu. Ich erlaube mir deshalb, hier
kurz auf meinen Fund aufmerksam zu machen, indem ich mir Vorbehalte, an
einer anderen Stelle weitere Mitteilungen über Anatomie und Biologie dieser
eigentümlichen Milbe zu publizieren. Prof. Dr. Nehring.
187
Feldrom, 12. April.
Vor einiger Zeit machte mir ein Freund die Mitteilung, daß sich in der
Nähe von Schölmar in Lippe ein weißer Häher herumtreibe. Heute
schreibt mir derselbe Freund, daß der Vogel an einem Flügel durch einen
Schuß leicht verwundet, sich iu seiner Hand befinde und fügt die Beschreibung
bei. Der Häher ist sehr schön gezeichnet. Der ganze Körper ist schmutzig
weiß, die größeren Schwungfedern der Flügel schwarz, braun und weiß gefleckt,
die Schwanzfedern teils weiß, teils schwarz mit blauweiß schimmernden Kanten
Die blauen Federn an den Flügeln schön ausgebildet. Die Beine ganz hell,
ebenso das Auge fast weiß. Falls der Vogel am Leben bleibt, wird er an
irgend einen Zool. Garten abgegeben werden. H. Schacht.
M i s c e 1 l e ii.
Ein junges Walroß in Gefangenschaft.
Mit l Abbildung.
In der letzen Sitzung der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin
sprach Dr. Hermes über das Walroß, das im berliner Aquarium drei Monate lang
ausgestellt war. Es ist das erste, welches längere Zeit iu Gefangenschaft gehalten
worden ist, und daher zu genaueren Beobachtungen Gelegenheit gab. Der Be¬
sitzer, Herr Farini in London, erhielt es vor 5 Monaten, zeigte es zuerst in
London und sodann in Berlin. Das Alter des Tieres mag sich auf etwa ein
Jahr belaufen. Es wurde nämlich im Oktober 1883 in der Davisstraße als
Säugling bei einem harpunierten Walroß gefunden und als willkommene Beute
von den Matrosen an Bord des Dampfers »Polynia« gebracht. Hier erhielt
man es durch Fütterung mit geschabtem frischem Fischfleisch, das es saugend
verschluckte.
Die früher lebend nach England gebrachten Walrosse gingen binnen
kurzer Zeit in Folge der ihnen gereichten ungeeigneten Nahrung zu Grunde.
Man hielt sie irrtümlicher Weise für Pflanzenfresser, zu welcher Meinung die
öfter im Magen gefundenen Seetange Veranlassung gegeben hatten, die indessen
zufällig mit der eigentlichen Nahrung verschluckt waren.
Das Tier hat sich in den 3 Monaten seines berliner Aufenthaltes außer¬
ordentlich entwickelt. Es ist um das Doppelte schwerer geworden, was er¬
klärlich ist, wenn man berücksichtigt, daß es täglich anfangs 20 dann 30 Pfund
frische Schellfische oder Dorsche zu sich genommen und jetzt auch mit50Pfund
nicht zufrieden ist. Mit Rücksicht auf diesen ungeheuerlichen Appetit läßt
sich ermessen, wie große Massen kleiner Seetiere täglich von den zahlreich
im Eismeere vorkommeudeu Walrossen vertilgt werden.
Das Gewicht des Walrosses beträgt jetzt 85 Kilo. Die beiden Eckzähne
des Oberkiefers, welche sich zu den wertvollen Walroßzähnen entwickeln,
haben bereits nach einmonatlicher Gefangenschaft das Zahnfleisch durchbrochen,
sind indessen heute äußerlich noch nicht sichtbar. Im Unterkiefer befinden
sich an jeder Seite drei Backenzähne. Während des Zahnens hat das Tier
drei Wochen lang nicht die geringste Nahrung zu sich genommen, so daß der
188
Besitzer ernstlich für sein Leben fürchtete, das mühsam durch Einflüßen von
Leberthran erhalten wurde. Der unangenehme Geruch, den das Tier verbreitet,
macht es unmöglich, es dauernd in geschlossenen Räumen zu halten. Unser
Walroß bringt länger außerhalb des Wassers als in demselben zu. Nachts
schläft es auf dem Trockenen. Auf dem Lande kann es sich recht schnell und
ziemlich geschickt fortbewegen, wobei es sich auf die Flossenfüße stellt, deren
bewegliche Ilandenden sich bei den Vorderflossen seitlich nach vorne biegen. Eine
189
erstaunliche Intelligenz zeichnet das Walroß aus. Es dürfte kein Tier geben,
das mit solcher Schnelligkeit abzurichten ist. Meist war eine Beschäftigung von
wenigen Minuten ausreichend, ihm kleine Kunststücke beizubringen. Sein Wärter,
ein Mulatte, versteht dies übrigens auch meisterhaft. Seitdem das Walroß sich
in Gefangenschaft hefindet, wird es von diesem Wärter gepflegt, an den es eine
erstaunliche Anhänglichkeit besitzt. Es versteht seine Stimme und erkennt
ihn schon aus weiter Ferne, wenn er für es noch unsichtbar ist, au seinem
Gange. Ihm folgt es auf dem Fuße, auch außerhalb des Behälters und es ge¬
horcht ihm auf das Wort. Auf einen Wink des Wärters stellt es sich an das
Gitter des Behälters und wirft mit der rechten Vorder flossenliaud dem Publi¬
kum Kußhände zu, dabei einen eigentümlich pruschenden Ton von sich gebend,
eine Begrüßung, welche niemals die heitere Wirkung verfehlt. Sodannn folgt
das Walroß dem Wärter zu einem beweglichen, etwas hoch angebrachten
Brette, mit dem eine Klingel in Verbindung gebracht ist. Dieses Brett bewegt
es mit der rechten Vorderflosse so oft und so lange, als der Wärter es ver¬
langt. So wie der nur englisch redende Mulatte ihm zuruft: »ring the bell«,
setzt es die Glocke in Bewegung. Folgt das Kommando: »lay down«, stellt
sich tot. Sagt er ihm: »go away and corne back», geht es die schiefe Ebene
der hölzernen Brücke welche zum Wasser führt, herunter und kehrt zu dem
ohen stehenden Wärter zurück. Auf Kommando besteigt es den Stuhl, klettert
auf weiteres Zureden auf die Lehne desselben, wirft dem Publikum wieder
Kußhände zu und schlägt mit der rechten Vorderflosse ein an der Stuhllehne
befestigtes Tambourin. Es steigt herunter und feuert einen Revolver in der
Weise ab, daß es an einer am Abzug befestigten Schnur mit dem Maul zieht
und selbst bei oft absichtlichem Versagen dies so oft wiederholt, bis der Schuß
gefallen. Bei dem Ruf »go in water«, gleitet es auf der schiefen Ebene der
hölzernen Brücke in das Wasser, das es auf das Kommando »beat the water«
mit beiden Vorderflossen zu schlagen beginnt. Es rollt eine hölzerne Walze
mit der Schnauze und apportiert einen ihm hingeworfenen Schwamm. Diese
kleinen Kunststückchen brauchen indessen nicht in derselben Reihenfolge statt¬
zufinden, es führt eben zu jeder Zeit das aus, was ihm befohlen wird. Nach
jedem Akt erhält es — wie die dressirten Pferde ein Stück Zucker — ein
Stück Eisch als Belohnung und während der sich wohl 20 Mal täglich wieder¬
holenden Vorstellung findet eine dauernde Unterhaltung des Wärters mit dem
Tier statt. Er nennt es dog oder boy und das Walroß antwortet auf jede An¬
rede mit ähnlichen, an einen Bauchredner erinnernden Tönen, zieht diese sogar
länger, wenn die Anrede mit dear dog oder dear boy erfolgt. Für jeden Tier¬
freund, insbesondere aber für jeden das Leben der Tiere beobachtenden Natur¬
forscher muß dieses Walroß das höchste Interesse erregen. Es zeigt in erstaun¬
licher Weise, welch einen das ganze Wesen veredelnden Einfluß die dauernde
Beschäftigung des Menschen selbst auf solche Tiere auszuüben vermag, welche
nie zuvor in ihrer Wildheit gestört worden sind.4)
*) Das Walroß ist dasselbe, das im Monat Mai 1884 auch im hiesigen zoologischen
Garten gezeigt wurde und sowohl durch das erstmalige Auftreten eines derartigen Tieres
in einem zoologischen Garten als auch durch seine überraschende Gelehrigkeit großes Auf¬
sehen erregte. N.
190
Fledermaus am Tage. Es ist gewiß ein höchst seltener Fall, daß
man am Tage und noch dazu heim hellen Sonnenschein, eine Fledermaus um¬
herfliegen sieht; mir ist es wenigstens nur zweimal in meinem Lebeu vorge¬
kommen. Einmal schritt ich au einem heißen Sommermittage durch einen
hohen Fichtenbestand, als ich zwischen deu vorderen Baumreihen, woran eine
große Heidefläche grenzte, eine Fledermaus munter umherfliegen sah. Mehr
als einmal verließ sie den Schatten des Waldes und flog auf die Heide, an¬
scheinend mit dem Fange von Insekten beschäftigt. Nachdem sie dies eine
Weile fortgesetzt hatte, rastete sie am Stamme einer Fichte in einer Höhe
von etwa 2 m über dem Erdboden. Ich schlich mich näher heran, um sie ge¬
nauer in Augenschein zu nehmen, doch machte sie sich sofort wieder auf und
verschwand im Dickicht. — Ein andermal ging ich an einem hellen Nach¬
mittage in der Nähe eines Baches, der mit Erlen und Weiden bewachsen war,
spazieren. In der Nähe standen einige Wohnhäuser. Plötzlich kam von den
Häusern her eine Fledermaus, anscheinend V. pipistrellus oder noctula , und
stellte über dem Spiegel des Wassers im Schattendunkel der Bäume ihre Jagd
an. Nachdem sie hier eine Zeitlang ihrem Fange obgelegen hatte, strich sie
vom Bache hinweg, umflog das Dach eines Hauses und ließ sich dann oben
auf der First nieder, wo sie sich festsetzte. H. Schacht.
Geburten in dem
Jahre 1883:
2 Grißly-Bären, Ursus horribilis.
3 Waschbären, Procyon lotor.
2 Mähnenschafe, Ovis tragelaphus.
1 Yak, Bos grunniens.
3 Damhirsche, Cervus dama.
1 Edelhirsch, Cervus elaphus.
1 Axishirsch, C. axis.
1 Schweinshirsch, C. porcinus.
3 Ponies, Equus caballus.
17 Säugetiere.
Garten zu Cincinnati im
22 Wellenpapageien, Melopsittaciis un-
dulatus.
3 Bandfinken, Amadinci fasciata.
9 Goldfasanen, Thaumalca picta.
7 Amhersts-Fasanen, Th. amherstiae.
5 Bastarde zwischen Goldfasanhenue
und Bastardhahn von Gold- und
Amhersts-Fasan.
45 Silberfasaneu , Euplocamus nycthe-
merus.
1 japanischer Fasan, Phasianus versi-
color.
9 Waldenten, Aix sponsa.
10 kanadische Gänse, Bernicla cana-
densis.
111 Vögel.
Zoologischen
Die wilden Büffel im Territorium Dakota sind der Schrecken dev
Telegraphen-Gesellschaften. Sie reiben sich so lange an den Pfählen — oft
auf viele Meilen in der endlosen Prairie das einzige Holz — bis dieselben Um¬
stürzen und der Verkehr gestört ist. D. Gronen.
191
Litterat u r.
Die Wirbeltiere Deutschlands in übersichtlicher Darstellung von Prof.
Dr. Hub. Ludwig. Mit 64 Holzschnitten. Hannover. H a h n 'sehe Puch¬
handlung 1884. 8°. 200 Seiten.
Als Auszug aus der Synopsis des Tierreiches, begründet von Leonis,
neu bearbeitet von Ludwig, ist hier eine Aufzählung der deutschen Wirbel¬
tiere geboten. Die einheimischen Gattungen sind bei jeder Ordnung in Be-
stinunungstabellen zusammengestellt und ebenso sind die Arten der species-
reichen Sippen behandelt. Dann folgt die Beschreibung der Arten, so daß
diese leicht bestimmt werden können. Vollständigkeit ist bis auf die Seefische
geboten, die nicht alle aufgeführt sind. Das Buch wird gewiß vielen will¬
kommen sein; als ein Mangel muß es aber bezeichnet werden, daß bei keinem
Tiere der Fundort angegeben ist. Derselbe wird ja jeder Etikette in den
Sammlungen beigefügt, weil er zur Vollständigkeit gehört, und erleichtert das
Bestimmen selbst oft wesentlich. Der Name eines Fisches z. B. ist stets leichter
zu finden, wenn man von vornherein weiß, ob er dem süßen Wasser oder dem
Meere angehört. N.
Die Reptilien Kur-, Liv- und Estlands von Oskar von Loewis
Riga. N. Kymmel. 1884. 8°. 62 Seiten.
In recht hübscher Schilderung sind in dem Büchlein die Reptilien der
drei Ostseeprovinzen Rußlands dargestellt. Freilich ist deren Zahl eine ge¬
ringe, da es sich nur um 7 Arten handelt: die Sumpfschildkröte, Cistudo lu-
taria, die Zauneidechse, Lacerta agilis , die Wieseneidechse, L. vivipara, die
Blindschleiche, Anguis fr agilis. die Kreuzotter, Bipera berus, die Riugelnatter,
Tropidonotus natrix , und die Schlingnatter, Coronella laevis. Um so eingehen¬
der kann die Belehrung ausfallen, die, wie der Verf. an dem Beispiele der
Blindschleiche zeigt, für die baltische Bevölkerung noch sehr nötig zu sein
scheint, und daran hat es der unseren Lesern wohl bekannte Verfasser auch
nicht fehlen lassen. Das schön ausgestattete Büchlein wird sicher auch außer¬
halb der Ostseeprovinzen seine Freunde finden. N.
VII. Jahres bericht (1882) des Ausschusses für Beo bachtungs -
Stationen der Vögel Deutschlands. Sep. Abdr. aus Cabanis Journal
für Ornithologie 1884. Naumburg a. S. G. Pätz.
1. Jahresbericht (1882) des Komitees für ornithologische Be¬
obachtungs-Stationen in Österreich und Ungarn. Redigiert von Victor
Ritter von Tschusi zu Sch m i d hoff en. Wien. Oruithologischer
Verein 1883.
Es ist höchst erfreulich und verdient die Unterstützung aller Freunde des
Faches, daß sowohl in Deutschland wie in Österreich- Ungarn das Leben und
Treiben der Vögel systematisch an möglichst viel Orten beobachtet wird und
daß diese Beobachtungen gesammelt und nach bestimmten Gesichtspunkten
192
geordnet herausgegeben werden. Wie manche Frage über das Vorkommen
der Vögel ist noch zu beantworten und wie wenig Sicheres wissen wir eigent¬
lich noch über die Wanderungen dieser Tiere. Die fortlaufend ausgegebenen
Berichte versprechen demnach mit der Zeit höchst schätzbares Material zur
genauen Kunde der heimischen Vogelwelt zu liefern.
Die in allen Teilen der genannten Länder gewonnenen Beobachter senden
— in Deutschland an Dr. R. Blasius iu Braunschweig, in Österreich an den
»Ornithologischen Verein« in Wien oder an Victor Ritter von Tscliusi-
Schmid hoffen auf Villa Tännenhof bei Hallein — ihre möglichst genauen
Notizen ein über das Vorkommen der in ihrem Gebiete auftretenden Vögel,
über ihren Aufenthaltsort, ihre Häufigkeit, ihr Verbleiben in der Gegend oder
ihren Wegzug, über den Tag der Ankunft und des Abzugs, ebenso aber auch
über Art und Verlauf des Brütegeschäfts und was sonst noch Auffallendes be¬
merkt worden ist.
Beide Berichte — der österreichische ist zum ersten Male separat ausge¬
geben worden, — zerfallen iu einen allgemeinen Teil, in welchem Notizen
über Lokalitäten, aus welchen Berichte kommen, sowie über den Charakter
des Beobachtungsjahres :c. gegeben werden, und in einen speciellen. In letzterem
werden die einzelnen Vogelarten aufgeführt und die über dieselben eingelaufenen
Notizen beigefügt.
Die gewonnenen Resultate sind oft von weitgehendem Interesse, und so
möchten wir wünschen, daß vogelkundige Leute, wie Förster, Jagdfreunde,
Lehrer auf dem Lande u. s. w. sich recht eifrig an dem Unternehmen be¬
teiligen wollten. N.
Eingegangene Beiträge.
Dr. E. R. in L.: Der Aufsatz ist gern angenommen, die Abbildung wird ausgeführt. —
Th. N. in B. : Besten Dank. — E. H. in A.: Derartige Notizen über das Seelenleben der
Tiere, wenn sie wie die eingesandte auf eigner nüchterner Beobachtung beruhen, sind uns
stets sehr willkommen. — L. B. in R : Gern benutzt. — L. M. in B. (Schweiz): Die gewünschten
Hefte der früheren Jahrgänge kann ich ihnen nicht besorgen. Die Verlagshandlung wird
dieselben gern abgeben, wenn dadurch nicht ganze Jahrgänge zerrissen werden. — Dr. H.
in B.: Mit Dank erhalten. — W. F. in A.: Angenommen, obgleich auch Ihre Mitteilung die
vielerörterte Frage noch offen läßt. — M. B. in D. — L. M. in St. —
Bücher und Zeitschriften.
Th. Kitt. Die Vorgeschichte des Pferdes. Separ.-Abdr. Österreich. Monatschrift für Tier¬
heilkunde.
Prof. Dr. M. Braun, Beiträge zur Kenntnis der Fauna baltica. 11 Die Land- und Süss-
wassermollusken der Ostseeprovinzen. Dorpat. Höppe und Karow. Leipzig. K. F.
K öh le r 1884.
C. Cronau. Die Fasanen, ihre Pflege und Aufzucht. Mit 4 Tafeln. Straßburg. K. J.
T r ü b n e r 1 884. G Hl k ,
Prof. Dr. F. C. Noll. Die Naturgeschichte des Menschen nebst Hinweisen auf die Pflege
der Gesundheit. Mit 1 Farbentafel u. 94 Holzschnitten. Breslau. Ferd. Hirt 1884. 1 Mk.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlau & Waldschmidt. Frankfurt a. M
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. kJ.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Walds cbm idt in Frankfurt a. M.
N.. 7. XXV. Jahrgang. Juli 1884.
Inhalt.
Ein neuer Durchlüftungs-Apparat für Aquarien-, von Dr. E. Key in Leipzig. (Mit einer
Abbildung). — Texas und seine Tierwelt; von H. Nebrling. (Fortsetzung.) — Schwarze
Eichhörnchen; von Oskar von Loewis. — Die Tierpflege des Zoologischen Gartens zu
Hamburg; von dem Inspektor W. L. Sigel. (Schluß.; — Bericht über den Zoologischen
Garten zu Dresden über das Geschäftsjahr vom 1. April 1882 bis 21. März 1883. — Korrespon¬
denzen. — Miscellen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Ein neuer Durchlüftungs-Apparat für Aquarien.
Von Dr. E. Hey in Leipzig.
(Mit einer Abbildung.)
Soll ein Aquarium seinen Zweck erfüllen, sollen Tier und Pflanze
gedeihen zur Freude des Liebhabers oder als Material für die Studien
des Forschers, so ist eins der notwendigsten Erfordernisse eine zweck¬
entsprechende Methode der Luftzuführung, weil ohne dieselbe das
Wasser bald durch faulende Substanzen verunreinigt und zur weiteren
Benutzung untauglich wird. Es bleibt dann nichts weiter übrig, als
das Wasser möglichst oft zu erneuern, was nicht nur zeitraubend
und unbequem ist und für Tiere und Pflanzen ungemein störend
wirkt, sondern demjenigen, welcher sein Augenmerk der höchst in¬
teressanten, eine Fülle von Unterhaltung und Belehrung bietenden
Pygmäenwelt der Polypen, Bryozoen, Infusorien etc. zugewendet hat,
eine erfolgreiche Beobachtung gradezu unmöglich macht.
Da die Luftzuführung einen doppelten Zweck erfüllt, indem
sie erstens dem Wasser die gelöst gewesene verbrauchte atmo¬
sphärische Luft wieder zuführt und zweitens der ganzen Wassermasse
eine, wenn auch schwache, zirkulierende Bewegung erteilt, so ist es
erforderlich, daß die Luft dem Wasser in vielen, möglichst kleinen
Bläschen zugeführt wird und daß diese Zuführung eine konstante ist.
Zoolog. Gart. Jabrg. XXV. 1884. 13
194
So weit ich nun die Apparate, welche diesen Zwecken dienen
sollen, von der einfachen, aber sinnreichen Bunsen’schen Luftpumpe
bis zu jenen komplizierten und kostspieligen Maschinen, bei denen
eine aufgezogene Feder den Kolben in einem Cylinder herabdrückt,
um die Luft zu komprimieren und zum Eiuströmen in das Aquarium
zu zwingen, versuchsweise anzuweuden Gelegenheit hatte, mußte ich
immer die unangenehme Erfahrung machen, daß sie entweder einen
zu schwachen oder ungleichmäßigen Druck ergaben, zu kurze Zeit
wirkten oder sonstige Ubelstände mit sich brachten, welche mich
bald zwangen, von ihrer weiteren Verwendung Abstand zu nehmen.
Ich wurde dadurch gezwungen, mir selbst einen Durchlüftungsapparat
zu konstruieren, und da derselbe sich seit einigen Jahren bei mir
und bei mehreren befreundeten Liebhabern von Zimmeraquarien,
welche ihn nach meinen Angaben zur Verwendung brachten, als in
jeder Beziehung zweckentsprechend bewährt hat, überdies sich für
weuige Mark herstellen läßt, so hoffe ich doch, diesem oder jenem
Aquarium-Besitzer einen kleinen Dienst zu leisten, wenn ich diesen
Apparat weiteren Kreisen zugänglich mache.
Das Prinzip, welches dabei zur Verwendung kam, ist kurz
folgendes: Aus einem Reservoir A (vgl. die Abbildung) fließt Wasser
direkt oder durch einen Heber 5 in eine 2 — 3 Meter tiefer stehende
luftdicht verschlossene Flasche mit zweimal durchbohrtem Kork. Das
zufließende Wasser komprimiert die Luft in der Flasche und treibt
dieselbe in das Aquarium. Ist die Flasche voll gelaufen, so preßt
man mit dem Doppelgebläse G durch das Tsttick I Luft hinein,
die das Wasser wieder in das Reservoir zurücktreibt.
Als Reservoir dient jeder Topf, eine Flasche oder ein Zink¬
blechkasten von etwas größerem Inhalte als die Flasche, welche etwa
8 — 12 Liter fassen muß. Es empfiehlt sich, die Flasche so zu wählen,
daß der Hals nicht zu weit (etwa 3 — 4 Centimeter) und nicht nach
unten verjüngt ist. Man durchbohre dann einen guten, möglichst
porenfreien, weichen Kork zweimal mit dem Korkbohrer oder einer
Rundfeile, tränke den Kork mit geschmolzenem Paraffin, führe zwei
über den Schmelzpunkt des Paraffins erwärmte Glasröhren von ent¬
sprechender Weite in die gebohrten Löcher so ein, daß dieselben
nach beiden Seiten 2> — 3 Centimeter über den Kork hinausrag-en,
befestige dann mit einem Stückchen Gummischlauch an dem einen
Röhrchen eiu Glasrohr so, daß dasselbe, wenn der Kork eingeführt
ist, etwa l/2 Centimeter über dem Boden der Flasche mündet. Nun
erwärme man den Hals der Flasche durch beständiges Drehen in
195
horizontaler Lage über einer Flamme vorsichtig so lange, bis ein
Stückchen Paraffin, welches man daran hält, sofort schmilzt, drücke
dann den paraffinierten Kork in den Hals der Flasche und halte
ihn so lange fest, bis das an dem erwärmten Flaschenhalse ge-
A B Wassergefäße.
C Doppelgebläse.
1 'J' stück am Glas.
2 Kautschukrohr , aus dem die Luft¬
blasen in das Aquarium F steigen.
•?, 4 Quetschhähne.
5 Glasrohr als Heber dienend.
C> Korkpfropf, zweimal durchbohrt.
7 Stückchen Kautschukrohr.
schmolzene Paraffin des Korkes fest geworden ist. Dann befestigt
man an demjenigen Röhrchen, welches nach dem Boden der Flasche
führt, den Gummischlauch, welcher die Verbindung mit dem Reser-
196
voir hersteilen soll, und au dem anderen Röhrchen einen zweiten
Schlauch, der an irgend einer, je nach der Stellung des Apparates,
handgerechten Stelle durch ein Tstück (von Messingrohr) unter¬
brochen wird und die Luft nach dem Boden des Aquariums führt.
Die Einführung dieses Luftweges in das Aquarium geschieht
am besten durch ein passend gebogenes Blasrohr, welches in ein
Stückchen Gummischlauch ausläuft. Dieser Schlauch wird am Ende
luftdicht verschlossen und oberseits bei 2 mit einer feinen Nadel
vielfach durchlöchert, bis, wenn der Apparat in Thätigkeit ist, die
Luft in ganz kleinen Bläschen perlend austritt. Durch kleine Ände¬
rungen der Lage, Aufdrücken etc. läßt sich die Größe der aus¬
treten den Bläschen wesentlich modifizieren.
An den dritten Schenkel des Tstückes wird ein Gummischlauch
befestigt, an diesen wieder ein Glasrohr und hieran schließt sich
erst das Doppelgebläse. Es ist dies darum nötig, weil, nachdem die
Flasche voll gelaufen war, folgendermaßen operiert werden muss:
Der Quetschhahn 4 wird geschlossen, der bei 3 dagegen geöffnet
und nun mit dem Gebläse Luft nach JB gedrückt, bis der Wasser¬
stand zu einer bestimmten Marke, deren Höhe (3 — -4 Centimeter über
dem Boden der Flasche) durch Versuche bestimmt werden muß, ge¬
sunken ist, dann schließt man den Quetschhahn 3, nimmt das Ge¬
bläse von Blasröhrohen ab, um die Luft aus dem Gummiballon zu
lassen und öffnet nun den Quetschhahn 4.
So umständlich nun diese Operationen auf den ersten Blick er¬
scheinen mögen, so einfach und bequem führen sie sich in Wirklichkeit
aus, und es genügt das einmalige Heraufdrücken des Wassers, um das
Aquarium — je nach Größe der Flasche und der Austrittsöffnungen
bei 2 — zwei- bis viermal vierundzwanzig Stunden mit einer vollständig
genügenden gleichmäßig andauernden Durchlüftung zu versehen.
Selbstverständlich müssen alle Verbindungen bei diesem Apparate
absolut luftdicht sein, und es läßt sich dies bei der Verbindung von
Kork und Glas durch Paraffin und bei der Befestigung der Schläuche
an den Röhren durch mehrmaliges festes Umwickeln mit gut geglühtem
Messingdraht leicht erreichen. Daß die zur Verwendung kommenden
Glasröhren an den Enden rundgeschmolzen werden müssen, versteht
sich vou selbst. Sollte jemand bei der Anlage, weil er in solchen Dingen
etwa wenig bewandert sein sollte, auf Schwierigkeiten stoßen, so wird
jeder Chemiker oder Physiker ihm leicht darüber hinweg helfen.
Über die weitere Einrichtung des Aquariums selbst werde ich
ein andermal* meine Erfahrungen mitteilen.
197
Texas uiul seine Tierwelt.
Von H. Nehrling.
(Fortsetzung.)
Als ich am 4. März 1879 nach Texas kam, begab ich mich
zunächst in’s Hochland, nach Austin. Zwei alte bekannte Käfig¬
vögel, nämlich Spottdrossel und Kardinal begrüßten mich bei meiner
Ankunft von allen Seiten. Nirgends zeigte sich jedoch die halb¬
tropische Vegetation, wie ich sie erwartet und wie sie von manchen
Reisenden und gedankenlosen Zeitungsschreibern geschildert worden
war. Nur einige Yuccas oder Palmenlilien und verschiedene Kakteen
drückten dem Landscbaftsbilde ein fremdartiges Gepräge auf. Nicht
anders wurde der Eindruck, als ich bald darauf in die Region des
wellenförmigen Hügellandes kam. Nirgends zeigte sich die strotzende
Fülle und Üppigkeit der Flora Wisconsins, nirgends fand ich unter
den vielerlei bunten Blumen Ersatz für das die nördlichen und östlichen
Wälder zierende duftende Maiblümchen (Epigaea repens), für das
Wintergrün und die vielen Farnkräuter. Dagegen erinnerte aller¬
dings das sogenannte »spanische Moos« ( Tillandsia usneoides ), eine
Epiphyte, welche in dichten Büscheln von den Bäumen herabhing,
an die Tropen. Die Magnolien, der Kirschlorbeer und eine prächtige
immergrüne Schlingpflanze, der Karolinojasmin , und Palmettos
geben der Küstengegend einen leichten halbtropischen Anstrich.
Doch wurden meiue Erwartungen auch hier in Wirklichkeit auf ein
sehr bescheidenes Maß herabgedrückt.
Auch die Tierwelt, mit Ausnahme der Amphibien und Insekten,
zeigt durchaus kein tropisches Gepräge. Wenn ich es unternehme,
im engen Rahmen dieser Arbeit einen Teil der Pflanzeu und Tiere
aufzuzählen, so geschieht dies nicht, um ein auch nur einiger¬
maßen vollständiges Verzeichnis zu geben, sondern nur um den
allgemeinen Charakter, das Auffallende in groben Umrissen zu
skizzieren.
Die großen Säugetiere sind der schnell voraugescbrittenen
Civilisation schnell gewichen. Die ungeheueren Büffelherden, welche
einst jeden Herbst vom Norden herabkamen und die weiten gras¬
reichen Prairieen bevölkerten, sind vollständig verschwunden. Jetzt
erinnert man sich ihrer nur noch durch einige Namen von Ort¬
schaften und Wasserläufeu. So heißt die Bayou, an welcher die
schnell aufblühende Stadt Houston liegt, Buffalo-Bayou ; ebenso er-
198
innert uns das mexikanische Wort Cibolo (Büffel) und Cibolo-Valley
au die früher bis hierher vorgedrungenen Bisonherden. Gegen¬
wärtig finden sich die Büffel nur noch zahlreich im ausgedehnten
Yellowstonegebiete und in der Gegend des Saskatschawan in Britisch¬
amerika. Ich berühre diesen Gegenstand nur deshalb, weil noch
immer hie und da in Zeitungen die Nachricht auftaucht, daß die
Büffel noch jetzt bis in’s nördliche Texas südlich wanderten. Noch
1867, als Theodor Kirchhoff die westlichen Prairieen mit der
Postkutsche durchreiste, nahm es volle zwei Stunden in Anspruch,
um durch die dichtesten Heerscharen der Büffelarmee hindurch zu
passieren und während weiterer zwei Stunden kam er bei Tausenden
von Seitenschwärmen vorüber. Alte Ansiedler in Texas erzählen, daß
sie während ihrer Reisen durch die Prairieen oft tagelang die Büffel¬
herden in Sicht gehabt hätten.
Verwilderte Pferde, in Texas Mustangs genannt, durch¬
streiften früher zu Tausenden die Prairieen, sind jetzt aber nur noch
in kaum nennenswerter Anzahl im südöstlichen Teile von Texas
vorhanden. Es sind kleine, kräftig gebaute, sehr ausdauernde
Tiere und stammen ohne Zweifel von den Pferden ab, welche die
Spanier zur Zeit der Eroberung Mexikos mitgebracht hatten. Die
meisten Pferde, welche man noch heute in Texas sieht, stammen von
diesen Mustangs ab.
Noch in großer Anzahl trifft man, selbst in den besiedelteren
Teilen von Texas, den virginischen Hirsch ( Gervus virginianus).
Auf der grasreichen Houstonprairie, zwischen Hampstead und Hou¬
ston sah ich oft ganze Rudel weiden und noch häufiger fand ich
ihn an der West-Yegua. Wenn ich einsam den Wald durch¬
wanderte, trabten oft Rudel von 10 bis 12 Stück im Gänsemarsch
an mir vorüber. Hirschbraten war damals sehr oft auf meinem
Tische. Aber auch diese schönen Tiere werden innerhalb eines
Jahrzehnts nur noch in der Erinnerung der Ansiedler existieren.
Während des Sommers hallt durch diese sonst friedlichen Wal¬
dungen fast täglich das Jagdhorn des umherstreifenden, von einer
Meute räudiger, halbverhungerter Bluthunde begleiteten eingeborenen
Texaners. Während die deutschen und aus dem Norden gekomme¬
nen Ansiedler im Schweiße ihres Angesichts arbeiten, lungern diese
fast nur von Maisbrot lebenden, in elenden Blockhütten wohnenden
rauhen Gesellen oft scharenweise zu Pferde im Walde umher und
morden mit der ihnen eigenen Leidenschaft erbarmungslos, was
ihnen von Wild in den Weg kommt. Das Geheul der Bluthunde,
199
derselben Sorte, welche einst zum Aufsuchen entlaufener Neger¬
sklaven gebraucht wurde, hallt einem fortwährend in den Ohren.
Von d en erlegten Hirschen wird gewöhnlich nur ein kleiner Teil,
von alten Böcken gar nichts mitgenommen; das übrige wird den
Aasgeiern überlassen. Es bestehen wohl Gesetze zum Schutze dieser
Tiere, aber jedermann fürchtet sich, die Übertreter derselben anzu¬
geben. Da die Hirsche auch sehr oft den Süßkartoffel- oder Bata¬
tenfeldern einen Besuch .abstatten, so werden auch viele von den
Ansiedlern erlegt.
In den noch wenig besiedelten Prairiegegenden des texanischen
Nordwestens trifft man noch hie und da die schnellfüßige Gabel¬
antilope ( Antilocapra americana ), der »Savannen Gazelle«, wie
sie Theodor Kirchhoff in einem schönen Gedichte nennt. Durch
die immer weiter westlich vordringenden »Squatters«, Jäger, und
die ihnen nachrückenden Pioniere und Ansiedler wird auch dieses
schöne Tierchen bald vertrieben werden.
Von wilden Tieren hat man in Texas nichts mehr zu fürchten.
Bären ( Ursus americcinus ), die früher überall in den Waldgegen¬
den anzutreffen waren, kommen heute nur noch in den großen
Kieferwaldungen des Ostens und ganz im Westen vor. Dagegen
sind Wölfe besonders in der Pfosteneichenregion noch sehr zahl¬
reich. Als ich einsam in der Wildnis an der West-Yegua wohnte,
hörte ich sehr oft des Nachts das Geheul der Prairie wölfe oder
Coyotes ( Canis latravs). Sie wagten sich besonders im Winter
bis dicht an das einsam im Walde stehende Haus, und bei meinen
Streifereien sah ich sie oft einzeln und in kleinen Gesellschaften.
Man nennt sie fast allgemein Coyotes. Dieser mexikanische Name
stammt von dem aztekischen Worte »coyotl«, welches der »Wolf
oder der Hund der Prairieen« bedeutet. Sie sind sehr schlau und
lassen sich nur sehr selten bis auf Schußweite nahe kommen. In
Schafherden und unter jungen Schweinen richten sie oft großen
Schaden an. Auch an neugeborene Kälber wagen sie sich nach
meinen Erfahrungen oft. — Der graue Wolf (G. occidentalis var.
rufus ) ist ziemlich selten; doch wurden nicht allzuweit von meiner
Wohnung in fast undurchdringlichem Dickicht mehrere Junge dieser
Art getötet. — Füchse sind sehr selten. Nur einmal sah ich
auf den Knobs (Bergen) bei Serbin einen toten silbergraueu, etwas
rötlich angeflogenen Vulpes fulvas var. argentatus.
In den großen Waldungen der Flußniederungen, wo sich aus¬
gedehnte Dickichte und fast undurchdringliche Rohrwälder finden,
200
ferner in den Cypressensümpfen und Kiefern Waldungen findet man
noch hie und da mehrere Katzenarten. Am häufigsten ist in den
östlichen Teilen wohl noch der Rotluchs (Lynx rufus var. macu-
latus Aud. & Boch) gewöhnlich »wilde Katze« genannt. Er lebt
von Hasen, wilden Truthühnern, Mäusen und in der Nähe des
Menschen auch von Geflügel. Das weiche dichte Fell ist sehr ge¬
schätzt und bringt einen guten Preis. Eine wunderschöne, noch
hie und da vorkommende Katze ist der Ocelot ( Felis pardalis L.)
die »Pantherkatze« der Ansiedler. Früher war sie ziemlich zahl¬
reich, jetzt wird nur noch selten eine erlegt. Sie bewohnt die
Dickichte der Flußufer und Sümpfe und scheint noch in den Ge¬
birgsgegenden am zahlreichsten zu sein. Ich sah mit diesem Fell
prächtig verzierte Kriegskleider der Comanches. — Im Westen von
Texas findet sich noch hie und da der Jaguar ( Felis onca h.),
der »Tigre« der Mexikaner. Nächst dem Grizzlibär ist er das ge-
fiirchtetste und mutigste Raubtier Amerikas. Das Tier ist jetzt so
selten, daß wohl kaum ein Naturforscher Gelegenheit haben wird,
das Freileben desselben genügend zu studieren. Dasselbe gilt von
dem Puma ( Felis concolor L.) , den man auch Kuguar und
Panther nennt; die Mexikaner nennen ihn »Leon«, woraus das
Wort »amerikanischer Löwe« entstanden ist. Noch hie und da
schießen Indianer und besonders glückliche Jäger einmal eins dieser
Tiere und verkaufen das Fell für einen hohen Preis au Pelzhändler.
Häufig findet man, namentlich in dem Pfosteneichenwalde, das
Gerippe des Peccari {Dicotyles torquatus Cuv.), des »mexikanischen
Schweines«, wie es die Farmer nennen. Alle älteren Ansiedler er¬
zählen, daß es noch vor etwa fünfzehn Jahren zahlreich gewesen
sei. Trotz des starken Moschusgeruches ist das Fleisch doch häufig
gegessen worden. Es soll, wenn gleich nach der Erlegung des
Tieres die Moschusdrüse herausgeschnitteu wurde, ganz dem Fleische
des gewöhnlichen Schweines ähnlich gewesen sein. Wegen der
Schärfe der starken Hauer waren verwundete Tiere sehr gefürchtet.
Nicht nur die Jäger selbst, sondern auch die stärksten Hunde er¬
griffen vor einem verwundeten Tiere schleunigst die Flucht. Ich
habe trotz eifriger Nachforschungen nicht in Erfahrung bringen
können, ob das Bisamschwein noch nördlich vom Rio Grande
angetroffen wird. An letzterem Flusse kommt es noch zahlreich
vor, ist aber so scheu, daß es nur noch selten gesehen wird.
Die amerikanische Zibethkatze (j Bassaris astuta Licht.),
ein zierliches Tierchen von der Größe der Hauskatze, ist noch in
201
allen bewaldeten und bergigen Gegenden von Texas vorhanden. Da
es aber nur nachts auf Raub ausgeht, am Tage aber in irgend
einem hohlen Baume sich verborgen hält, so hält man es für
seltener als es ist. Beim Fällen der Bäume findet man es in der
Re^el noch am häufigsten und es ist dann so wenig scheu, daß
man es mit dem Stocke erschlagen kann. Vögel, kleine Säugetiere
und wahrscheinlich auch Schlangen und Eidechseu sind seine Nah¬
rung. — Die Zibethkatze läßt sich, jung eingefangeu, leicht zähmen
und verrichtet dann die Dienste der Hauskatze.
Auch ein Wiesel (Putorius frenatus Aud. & Boch.) ist mancher¬
orts beobachtet worden; doch habe ich selbst nie eins gesehen.
Sehr zahlreich ist noch in allen Teilen von Texas der Wasch¬
bär ( Procyon lotor Storr.), der »Raccoon« der Anglo-Texauer. Dieser
drollige, immer heitere Gesell wurde oft von mir bei meinen Streife¬
reien beobachtet. Ich sah ihn Vogelnester plündern, reife Wein-
traubeu herabholen, das gerade in Milch stehende Welschkorn seiner
Hülle entkleiden, an Bächen auf Fische lauern u. s. w., und alle
seine Bewegungen hierbei geschahen mit einer wirklich bewunde¬
rungswürdigen Geschicklichkeit. Wenn man allein, ohne Hund und
Schießwaffe in sein Revier kommt, so zeigt er sich keineswegs scheu,
ist man aber von einem Hunde begleitet, so springt er mit Blitzes¬
schnelle auf den nächsten Hochbaum. Er ist ein überaus kluges
und schlaues Tier, das wohl zwischen Freund und Feind unter¬
scheidet. Durch das Plündern zahlloser Vogelnester wird er sehr
schädlich; auch in Maisfeldern und unter Geflügel richtet er großen
Schaden an. Gefangene Waschbären werden sehr zahm und zu¬
traulich, wenn man sie frei herumlaufen lassen kann, an der Kette
dagegen sind sie in der Regel mürrisch und wissen vor Langweile
nicht, was sie anstellen sollen. Als ich im April 1882 ein Nest
mit fünf Jungen in einem hohlen Baumstamme au der West-Yegua
fand, entschloß ich mich, eins der etwa sechs Wochen alten Jungen
aufzuziehen. Das muntere Tierchen gewöhnte sich ohne Schwierig¬
keit an Milch und eingeweichtes Brot, nahm späterhin auch Fleisch,
Kartoffeln, Bataten und andere Nahrung an; wenn es satt war,
kroch es in seinen Kasten, worin sich ein weiches Lager von
Baumwolle befand. Es gewöhnte sich an den Namen »Schupp«
und kam sogleich gelaufen, wenn ich es rief. Die Kinder spielten
mit ihm wie mit einem Kätzchen, und es ließ sich alles Liebkosen
und Schmeicheln gerne gefallen. Wenn ich in den Garten oder
Wald ging, so folgte es mir wie ein Hündchen. Je größer es wurde,
202
je größer und unangenehmer wurde auch seine Dreistigkeit. Während
des Essens kletterte es schnell und geschickt auf den Tisch und
suchte einen guten Bissen zu annektieren. In alle Töpfe und
Kannen guckte es, und mit wunderbarer Schnelligkeit verschwand
es oft im Innern eines Milchtopfes. Wärme liebte es sehr und nicht
selten kroch es unbemerkt zu den Kindern iu’s Bett. Seine Zu¬
traulichkeit, seine stete Beweglichkeit, sein affenartiges Benehmen
machten es zu einem sehr anziehenden Geschöpf. Leider zeigten
sich auch nur zu offen seine bösen Eigenschaften immer mehr und
mehr. Weuu ich einen Vogelkäfig herab nahm, so zeigte es sich
sofort als Raubtier: Wie eine Katze sprang es auf den Käfig zu
und suchte des Gefangenen habhaft zu werden. Im Garten riß und
biß es das Laub meiner kostbaren Amaryllideen ( Pancratium , Hippe¬
astrum , Crinum u. s. w.) ab; als sich junge Hühnchen zeigten,
fing es diese geschickt mit einem Sprunge und biß sie tot; im
Hause richtete es allerlei Unfug au u. s. w., sodaß ich endlich ge¬
nötigt war, es abzuschaffen. — Wenn man den prächtigen Holz¬
schnitt in Br eh ms »Tierleben« ansieht, so sollte man glauben,
Herr Maler Gustav M fitze 1 habe den Waschbär in seinen
heimatlichen Wäldern beobachtet und gemalt. Gerade so wie auf
dem Bilde dargestellt, sieht man ihn oft in dem texanischen
Walde. (Fortsetzung folgt.)
Schwarze Eichhörnchen.
Von Oskar von Loewis.
Im Juui 1879 teilte ich den Lesern des Zoologischen Garten
mit, daß »in Livland niemals schwarze Eichhörnchen gefunden worden
seien«, sondern daß des Sommers über »alle Eichhörnchen — meines
Wissens nach ohne jede Ausnahme — fuchsrot« erschienen. — Des¬
gleichen schrieb auch Middendorff seiner Zeit (pag: 816): »Mir
sind keine schwarzeu Eichhörnchen aus dem flachen europäischen
Rußland bekannt, wohingegen von Siebenbürgen an westwärts über
die Gebirgszüge des mittleren Europa’s fortlaufend bis an den At¬
lantischen Ocean hin schwarze Eichhörnchen Vorkommen, obgleich
nirgends so ausschließlich wie in manchen Gegenden Sibiriens.« —
Kein Museum baltischer Lande war bisher imstande, auch nur
einen Ausnahmefall von dieser Regel aufzuweisen ; weder geschrieben
noch mündlich war von einer stark verdunkelten Färbung, wenn auch
203
nur eines einzigen Eichhörnchens irgend etwas überliefert worden.
Middendorf f’s und meine spätere Behauptung erschienen unbe-
zweifelbar fetstehend zu sein. —
Auch noch im Nord-Ural und in Südwest-Sibirien sind die Sommer¬
kleider der Hörnchen stets nur rötlich gefärbt; erst ostwärts vom
rechten Ufer des Jenissei au tritt die braunschwarze oder beinahe
ganz schwarze Farbe mehr oder weniger auf, bis sie östlich vom
Stanowoi-Gebirge und am Amur die allein herrschende wird, indem
das Rot gänzlich zurücktritt. — Der Akademiker Dr. Leopold
von Schrenck schreibt hierüber: »Das Sommerfell der Eich¬
hörnchen im Amur-Lande scheint vorherrschend von dunkelbraun-
schwarzer oder beinahe ganz schwarzer Farbe zu sein. — Rote Eich¬
hörnchen, deren es im Amur-Lande vermutlich eben so selten und
ausnahmsweise , wenn nicht noch seltener wie an der Küste des
Oehotskischen Meeres bei Ajan welche geben mag, habe ich nicht
gesehen.« —
Nach Müller sollen die schwärzesten Eichhörnchen im Ner-
tschinsker-Gebiete zu linden sein, während L. von Schrenck nach
eingehenden Vergleichsstudien den Schluß zieht, »daß das Eichhörnchen
des Amur-Landes zu den schwärzesten der bisher bekannten Varietäten
gehört.« Dieses gilt auch vom Winterfell, welches in Oberhaar und
Wolle stark schwarz gespitzt erscheint, während es im europäischen
Rußland bekanntlich weißliche Endspitzen zeigt. —
In den Hochalpen und in Italien erinneren ich mich, fast aus¬
schließlich nur das schwarze Sommerkleid gesehen zu haben. — In
Skandinavien sollen die schwarzen Eichhörnchen sehr selten, eigent¬
lich mehr nur als Ausnahmen, gefunden werden. —
Gloger gab 1833 den Prozentsatz für das Vorkommen der
schwarzen Eichhörnchen in Oberschlesien auf circa 20°/o an. — In
Mitteldeutschland scheint nach Professor Dr. K. Th. Liebe in Gera
die schwarze Sommerfärbung mehr und mehr der roten zu weichen
und sich meist auf die Berglande zurückzuziehen. Dieser ausge¬
zeichnete Forscher und fleißige Gelehrte schrieb vor einigen Jahren,
daß noch in den Vierziger Jahren im sächsischen Voigtlande und in
Südost-Thüringen »etwa ein Dritteil der Hörnchen ein schwarzes
Gewand trug,« und dass diese schwarzen Sommerkleider sich im
Winter in einen auffallend »dunkeln , grauen Winterpelz mit
schwarzem Schweif und schwarzroten Ohrbüschelu« verwandelten.
— Vielleicht waren diese dunkleren Winterpelze auch schwarzge¬
spitzt wie in Ostsibirien? — Blasius schreibt endlich pag 274 :
204
»In Körperbau und Lebensweise weichen die italienischen, im ganzen
die schwarzen Eichhörnchen in nichts von unseren gewöhnlichen ab.
Nur die Verbreitung dieser Varietät scheint eine be¬
sondere Aufmerksamkeit zu verdienen, da man schwarze
Eichhörnchen vorzugsweise in Gebirgsgegenden, in den Alpen, im
schlesischen Gebirge und im Harz beobachtet hat. In vielen Gegenden
der Alpen und des Harzes kommen sie sogar häufiger vor als die
roten.« —
Ich wünsche hiermit die »besondere Aufmerksamkeit« aller Leser
unserer Zeitschrift auf die geographische Verbreitung der schwarzge¬
färbten Eichhörnchen und das Vorkommen schwarzer, schwarzgrau¬
rötlicher und fuchsroter Schwänze bei rötlichen Eichhörnchen, auf
das Verhalten der Geschlechter der Färbung, und letzterer den ört¬
lichen Ölfrucht - Nahrungsmengen gegenüber zu lenken, und bitte
um baldige Veröffentlichung etwa früher gemachter Beobachtungen. —
Kommen schwarze Sommerkleider östlich von der Weichsel, der Oder,
oder der unteren Elbe vor? Wurden sie auf Rügen, in Dänemark
oder auf den dazu gehörigen Inseln bemerkt? Wie steht es mit
der Schwarzfärbung des Hörnchens in Griechenland, Spanien, England
und Irlaud? Ist die Zunahme dieser Melanismen zum Atlantischen
Oceau hin eine stetige, d. h. schließlich alleinherrscheude, wie z. B.
in Italien und auf Sicilien?
Wie überrascht und auch ungläublich ich im vergangenen Sommer
bei meinem erstmaligen Besuch der Insel Ösel (d. 5. Kreis Livland’s)
den Mitteilungen der häufig von mir ausgeforschten Jäger lauschte,
als sie wiederholt und mit großer Bestimmtheit erzählten, sie hätten
nicht selten des Sommers über ganz schwarze Eichhörnchen ange¬
troffen und auch auf der zu Estland gehörigen Insel Dagden (Dagö)
solche noch häufiger gesehen, kann man sich nach dem Oberwähnten
leicht denken. - — Nachdem ich einen größeren Ausflug quer durch
die circa 40 Kilometer breite und 80 Kilometer lange Insel und längs
der Nord- und Westküste, wie auch einige kleinere an der Siidkiiste
gemacht, und auf diesen, wenn auch überhaupt nur wenige, aber immer
deutlich rötliche Eichhörnchen erblickt hatte, wuchs mein Zweifeln
nunmehr zu naheliegendem Unglauben. — Ich ersuchte mehrere Herren
um Beschaffung beweisender Exemplare resp. Zusendung solcher an¬
geblich schwarzer Höruchen. —
Mein Unglaube ist heute in Glauben verwandelt worden, denn
vor mir liegt soeben ein schwarzbräunlicher, an den Extremitäten
und der Kreuzgegend sogar maulwurfsschwarzer Balg eines in den
205
letzten Julitagen russischen Stils unweit der Westküste Ösels ge¬
schossenen Eichhörnchens, dessen Schwanz aber nur zum Ende hin
tief schwarz erscheint, während er sonst eine untermischt graue, braune
und schwärzliche Farbe bei schön schwarzen Haarspitzeu zeigt, und
dessen braunschwarze Ohren nur sehr geringe Pinselbildungen be¬
sitzen. —
Diesen durch seinen Fundort höchst interessanten Balg sende ich
umgehend als eiustweiliges Unikum der Sammlung des Dorpater
Naturforscher- Vereins zum Ausstopfen und Ausstellen ein.
Wie aber konnte das Vorkommen eines so in die Augen fallenden
wenn auch möglicherweise nicht allzu häufigen, immerhin den ört-
liehen Jägern bekannten Melanismus der wissenschaftlichen Welt in
den Baltischen Provinzen resp. Rußlands bisher unbekannt bleiben?
Die insulare Lage Ösels durfte und konnte doch der Forschung kein
entschuldigendes Hindernis bieten. Fehlten der ansehnlichen Insel
Zoologie treibende Männer? Sollte der bekannte Entoinolog General
Baron von Nolckeu aus Ösel diese der Veröffentlichung ungemein
wertvolle Thatsache übersehen oder über seinen erfolgreichen süd¬
amerikanischen Schmetterlingsjagden dieses Naheliegende in der Heimat
einer wenigstens weiteren Kreisen zugänglichen Kritik zu unter¬
ziehen vergessen haben? — Für die ösel’sche Vogel weit, Reptilien etc.
hatte doch der sehr gelehrte General wiederholt anerkennenswertes
Interesse bethätigt.
Wie erklärt sich nun dieser sporadisch auf der Insel Ösel resp.
Dagden vorkommende Melanismus der Hörnchen? — Die Berge d. h.
eine bedeutende Höhe über dem Meer sollen nach Ansicht vieler
Forscher den Melanismus fördern. Die Fauna der Hochalpen bringt
bekanntlich viele Beweise dafür. — - Ösel erhebt sich aber nur wenige
Fuß über die Meereshöhe; an einem einzigen Punkte, der sogenannten
Mustel’schen Pauk, einem stumpfwinkligen Landvorsprunge wird eine
Höhe von circa 100 Fuß erreicht.
Sehr ölhaltige Nahrung und große Luftfeuchtigkeit, in Ostsibirien
die Nähe des Meeres sollen das Dunkelwerden des Pelzes befördern.
So schreibt auch mein berühmter Landsmann Middendorff im An¬
schluß an die bereits citierten Worte:
»Ist es in der Tliat die ölige reichliche Nahrung an den Zem-
ber-Nüssen*), der wir diese Duukeluug zur Last legen dürfen? gleich
wie Singvögel (Dompfaffen und Stieglitze) endlich einfarbig schwarz
*) Arve, Zirbelkiefer, Pinus cemhra L.
206
werden, wenn man sie mit öligem Gesäme ernährt. Ich mag das
wohl wahr hatten, da die schwarzen Eichhörnchen in der That so
ziemlich mit der Verbreitung der Zembern zusammen fallen.« (Es
war nur von Sibirien die Rede ; in Italien geben die öligen Pinien¬
kerne ein fast gleiches Futter ab, wo bekanntlich nur schwarze Hörn¬
chen gefunden werden).
Warum aber kommt der Melanismus im Nord-Ural, wo die
Zembern ungemein häufig sind, die Höhe beträchtlich und die Luft¬
feuchtigkeit recht groß ist, nicht vor? Die direkt maßgebenden
Ursachen für die Schwarzfärbung aufzufinden, scheint denn doch nicht
so leicht zu sein.
Auch Rad de behauptet ganz entschieden den Zusammenhang
der dunkeln Färbung mit dem Vorkommen »der Zirbelkiefern und
der großen Luftfeuchtigkeit, welche dieselben verlangen.«
Der Akademiker Dr. L. v. Schrenek hat wiederholt darauf
hingewiesen, daß in Ost-Sibirien die dunkeln und schwarzen Farben
an den Küstengegenden zunehmen und im allgemeinen vorherrschend
sein dürften, und speciell über die Hörnchen nachstehendes geschrieben:
»Am schlechtesten endlich und von rötlicher Färbung soll
das Nußeichhörnchen (russ. orjechoivaja bjellm) sein, dessen Nahrung
aus Haselnüssen und dergl. besteht. Ich teile diese Ansicht be¬
obachtender Jäger deshalb mit, weil sie gewiß mit vielem Rechte
dem Einflüsse der Nahrung auf die Färbung der Eichhörnchen große
Rechnung trägt, wie solches ja auch an anderen Tierarten durch
direkte Beobachtungen erwiesen ist. Dennoch vermag sie nicht, uns
die allmähliche, von West nach Ost stattfindende Zunahme an Schwärze
am Eichhörnchenfelle zu erklären. Gewiß dürften daher neben den
Nahrungsbedingungen auch andere physische und namentlich klimatische
Verhältnisse dabei im Spiele sein.« Aber welche?
Auffallend — und ebenso unerklärlich ist auch die Zunahme
der schwarzen Hörnchen in Europa in der nahezu umgekehrten
Richtung, nämlich nach Südwesten zu, bis in Italien das Schwarz
alleinherrscheud wird, wie auch der gänzliche Mangel des Melanismus
zwischen dem Jenissei und der Weichsel! — und noch mehr das
soeben konstatierte sporadisch unvermittelte Auftreten in Ösel und
Dagden ! —
Im Jahrgang 1867 unserer Zeitschrift schrieb der Apotheker
G. Brucklacher über Hühner und andere Vögel folgende Ansicht
pag. 275 nieder: »Dunkle Färbung und Gesundheit gehen Hand
in Hand, und je einfacher die Nahrung, desto eher tritt der Mangel
207
an Farbe und ein helleres bis weißes Kleid auf« uud weiter: »je
verschiedenartiger die Nahrung, um so dunkler die Farbe.« Das
Winterhaar der roten Eichhörnchen hat weißliche Spitzen , der
sommerschwarzen Hörnchen aber schwarze Enden. — Man fand aber
in demselben Neste, von derselben Mutter gesäugt bereits schwarze
und rote Hörnchen gleich stark, gleich lebenskräftig und munter bei¬
sammen. Es hält schwer aus dem Gebotenen einen »richtigen Vers«
zu machen.
Es liegen uns nach allem Obigen nicht weniger als vier ver¬
schiedene Gründe, die aber dennoch nicht genügen, für das Schwarz¬
werden der Hörnchen vor : 1. Geb irgsh öhe. 2. Reichtum an
Ölfrüchten. 3. Große Luftfeuchtigkeit und 4. wenigstens
für Ostsibirien zweifellos gültig, die Meeresküste. Was bedingte
• • ••
aber in Osel die schwarze Färbung? Auf Osel finden sich unsere
Haselnüsse ungewöhnlich häufig vor, aber keine Zirbelnüsse etc. In
Sibirien sind aber die Nußhörnchen im Sommer rötlich, während in
Ösel ein Teil schwarz sein soll. — Der Haselnußstrauch bildet auf
• •
Osel in den meisten Waldungen das gemeine Unterholz, alle Weg¬
ränder, Zäune, viele Viehtriften sind davon besetzt und geben reiche
Nußerträge. Die Eichhörnchen dürften dort vom August bis in den
Wintersanfang fast ausschließlich von Nüssen ihr Leben fristen.
Vielleicht mehrt auch unser Meeresgestade die dunkleren Farben¬
pigmente mancher Tierarten? Nirgends fand ich z. B. so viele
sammetschwarze Kreuzottern, wie in feuchtgriindigen Laubwaldungen
an unserer livländischen Küste; auch erschienen mir die Kröten und
Eidechsen am Strande etwas dunkler als im Binnenlande gefärbt zu
sein. (?)
Mir »kam es vor,« als ob die Sperlinge in Ösel und im wasser-
umspülten, meeresnahen Riga ein dunkleres Grau zeigten, als sonst
gewöhnlich, was aber bei den rigaschen Spatzen meist mit vermehrtem
Rauch, Staub und anderen großstädtischen, dunkelfärbenden Schmutz¬
stoffen in allerdings naheliegenden Zusammenhang gebracht wurde.
Ich denke, im rauchschwangeren London werden die Spatzen auch etwas
rußig ausseh en.*)
Wie sich nun das Verhältnis der schwarzen zu den roten Sommer¬
kleidern bei den Ösel’schen und Dagö’schen Hörnchen stellen mag,
wäre sehr interessant zu erfahren; die Lösung dieser Frage könnte
eine dankbare Ferienaufgabe für einen fleißigen Studenten der Zoologie
*) Vgl. Jahrg. XVII. 1877, S. 65.
208
werden. Einstweilen hoffe ich, daß es bei Einsendung nur dieses
einen schwarzen Exemplares sein Bewenden nicht haben dürfte.
Bei dem Dunkel, welches noch über die geographische Ver¬
breitung und die maßgebenden Ursachen der Schwarzfärbung herrscht,
drängen sich uns unwillkürlich manche Fragen auf, deren teilweise
Lösung möglich werden könnte: z. B.
1. Ist das schwarze Sommerkleid die ursprüngliche Farbenform?
2. Geht sie gleichzeitig mit dem Reichtum an Ölfrüchten überall
zurück, verdrängt die Kultur die Schwarzfärbung?
3. Verteilt sich das schwarze Sommerhaar auf beide Geschlechter
überall ganz gleich, wo beide Farben zusammen auftreten?
4. Ist die Nahrung, die geographische Lage, die Feuchtigkeit
oder Berglage mehr beeinflussend; welche Ursachen noch?
5. Sind die schwarzen Schwänze baltischer, vorzugsweise männ¬
licher Hörnchen vielleicht Reste früherer allgemeiner Schwarz¬
färbung ?
6. Kommen schwarze Schwänze bei rotem Haar etwa in Ost¬
preußen, Pommern etc. noch vor — oder sonst wo ?
Die Tierpflege des Zoologischen Gartens zu Hamburg.
Von dem Inspektor W. L. Sigel.
(Schluf3).
VII. Eine nervöse Tigerin.
Nach Auszügen aus meinem Tagehuche.
1882. Juni 3.
Am 27. Mai a. c. erhielten wir von Herrn Chr. Jamrach,
London, eine erwachsene zahme Tigerin, welche uns durch ihr selt¬
sames Gebahren recht viel zu schaffen macht. Man hat es hier mit
einem Geschöpfe zu thun, über dessen Zustand man sich faktisch
keine Klarheit zu schaffen vermag.
Schon in dem Herauslassen des Tieres aus dem Transportkasten
in die betreffende Zelle unsres Raubtierhauses lag; etwas Auffälliges,
denn erst nach längerem Widerstreben ermannte sie sich, das dunkle
enge Gelaß mit der geräumigen hellen Wohnung zu vertauschen.
Kaum hatte sie deren Schwelle überschritten, als sie mit einem Satze
in eine hintere Ecke des Käfigs flog und sich, scheu überall um-
sehend aber vorzugsweise den Blick auf die Oberlicht-Dachung rieh-
209
tend, unter einem anhaltend heftigen Kauchen auf dem Boden
niederkauerte.
Es schien kaum einem Zweifel zu unterliegen, daß die Neu-
envorbene in diesen höchst erregten Gemütszustand nur durch das
Ungewohnte der ihr völlig fremden Umgebung versetzt worden war,
und wir waren daher überzeugt, unser Tier werde sich schon nach
wenigen Stunden heimisch fühlen und damit seine Ruhe wiedererlangen.
Da beabsichtigt wurde, die Tigerin günstigenfalls schon am
nächsten Tage, dem ersten Pfiugsttage, mit dem in der Nachbarzelle
befindlichen Männchen zusammen zu lassen, so hatte man den beiden
alsbald Gelegenheit gegeben, sich durch ein vor die Schieberöffuung
der Trennungswand angebrachtes Gitterwerk kennen zu lernen. Das
Männchen begrüßte seine neue Gefährtin sofort mit einem traulichen
»for for«, und es lag in diesen Lauten das Willkommensein zur
Genüge ausgesprochen; diese aber, wenngleich sie sich dem Gitter
auch einige Male näherte, blieb, in ihrer Affektion verharrend, jeder
sympathischen Regung ferne.
Wider Erwarten hatte sich am nächsten Morgen in dem Wesen
der Tigerin noch nichts geändert, und die Sache mußte jetzt, wo
sie das Maß des Erklärlichen überschritt, wirklich einige Bedenklich¬
keit erregen. Das heftige oberflächliche Atmen, wobei der Rachen
halb geöffnet war und die Zunge aus diesem herabhing — wir zählten
70 bis selbst 100 Atemzüge in der Minute — der gesträubte Pelz,
das apathische Verhalten der angeboteneu Nahrung gegenüber, das
häufige Wasserschlappen — alles dieses waren Erscheinungen, denen
in der Regel nichts Gutes zu Grunde liegt. Hierzu kam noch eine
erstaunliche Schreckhaftigkeit, denn jedes plötzlich hervorgerufene
Geräusch, beispielsweise verursacht durch das xAufziehen eines Zellen¬
schiebers, das Zuschlägen eines Fensters und dgl. ließ das Tier in
sich zusammen fahren. Dem Schrittgeräusche herannahender, ihr
noch unsichtbarer Personen lauschte sie, den Körper lang ausdehnend,
mit gespanntester Aufmerksamkeit. Dahingegen unterließ sie es
wiederum nicht, sich fleißig zu putzen, behaglich zu strecken oder
auf dem Fußboden umherzuräkeln. Ferner ließ sie sich augenschein¬
lich gerne streicheln und krauen, indem sie den ihr Nahenden durch
Anlehuen und Reiben des Kopfes und Rumpfes an dem Gitter förm¬
lich dazu aufforderte. Auch der Gesichtsausdruck war ein solcher,
wie er nur gesunden Tieren eigen zu sein pflegt.
Um der Rätselhaften einstweilen möglichste Schonung angedeihen
zu lassen, schaffte man sie in die nächst gelegene Wurfzelle, eine
Zoolog, Gart. .Talirg. XXV, 1884, 14
210
Räumlichkeit, die durch Thürverschluß dem Publikum verschlossen
gehalten und überdies, indem sie nur durch ein paar seitlich ange¬
brachte hochgelegene Fenster den Tag empfing, auch nicht so stark
beleuchtet war, wie die durch Oberlicht erhellten, zur Schau stehen¬
den Käfige. Gerade das letztere galt uns von besonderer Wichtig¬
keit, da es schien, als wenn dem Tiere die Lichtfülle ein Dorn im
Auge wäre.
Dieses Verfahren zeigte sich als ein probates, denn als wir
unsrer Tigerin nach einigen Stunden des Alleinseins eineu Besuch
abstatteten, ließ sich schon eine erhebliche Verminderung der Atem¬
züge konstatieren. Am folgenden Tage, den 29. Mai, nahm sie,
einen Teil des ihr vorgelegteu Fleisches verzehrend, zum ersten Male
bei uns Nahrung zu sich, doch geschah es erst dann, als sie sich
unbeobachtet sah.
Nachdem sie fünf Tage lang ununterbrochen in der Wurfzelle
verweilt, hatte sich ihr Befinden, welches freilich noch keineswegs
ein zufriedenstellendes genannt werden dürfte, doch soweit gebessert,
daß man heute (Juni 3.) wiederum daran denken konnte, sie mit
dem ihr auch hier nahe gebrachten Männchen zu vereinigen, hieran
die Hoffnung knüpfend, daß das Zusammenleben schließlich einen
wohlthuenden Einfluß auf die Gemütsstimmung der Tigerin haben
würde. Der die beiden Verwandten von einander getrennt haltende
Schieber wurde, um das Weibchen nicht zu erschrecken, äußerst
vorsichtig gelüftet, doch nur bis zu einer solchen Höhe, daß
sich die Tiere zwar beriechen aber nicht zu einander gelangen
konnten. Doch auch dieses Mal stand der gewünschten Vereinigung
das Betragen der Angsterfüllten entgegen, denn unmittelbar nach
der Begegnung mit dem Männchen zog sie sich fauchend unter dem
sich wieder einstellenden heftigen Flaukenschlagen mit einem Sprunge
an das entgegengesetzte Ende ihrer Zelle zurück.
Juni 4.
Das auffalleude Benehmen der Tigerin dauert an. Heute Nach¬
mittag, wo sie in den Käfig neben der Geburtszelle versetzt war
und somit dem Publikum wieder zu Gesicht stand, zog die Art und
Weise ihrer Bewegungen selbst die Aufmerksamkeit der Besucher
auf sich. Sie befand sich zu der Zeit, wo ich sie beobachtete, fast
beständig im Gange. Während des immer nur kurz andauernden
Biegens wurde der Schwanz des öfteren auf und nieder bewegt. Die
Atmung war heftig — wir zählten wieder 72 Züge in der Minute.
211
Ein mehrfach wiederholtes Schlenkern mit dem Kopfe und dem
einen oder dem anderen Hinterbeine, ferner das zeitweilige schonende
Auftreten mit dem linken Hinterfüße beim Wiederaufstehen, das In-
dieluftschnappen mit dem Maule, sowie das Ausholen mit der
Tatze, gerade als wenn sie nach umherschwärmenden Insekten hasche,
trugen nur dazu bei, die Aufregung des Tieres um so stärker her¬
vortreten zu lassen. Als man ihr die Geburtszelle wieder zugängig
machte, flüchtete sie eiligst in diese hinein. In der Abgeschlossen¬
heit wurde sie bald erheblich ruhiger.
Die heutigen Beobachtungen waren hinreichend gewesen, unsre
Vermutung, daß dem Tiere ebensowohl das Oberlicht wie auch der
Verkehr mit dem Publikum unleidlich waren, zu bestätigen. Eine
fernere Isolation hatte aber keinen Zweck, da unter den obwaltenden
Umständen dadurch nichts zu erreichen war. So wurde denn be¬
schlossen, das Tier für die Folge durch den täglichen, wenn auch
nur kurzen Besuch des Schaukäfigs allmählich an die Hindernisse
zu gewöhnen.
Juni 5.
Die Tigerin frißt heute Morgen sofort ihre Fleischration in
unser m Beisein auf. Ihr Zustand ist immer noch ein sehr gereizter.
Sie will die Wurfzelle durchaus nicht verlassen und fährt den sie
dazu bewegen wollenden Wärter mit einem starken Gebrüll an.
Hernach kauert sie sich knurrend in eine hintere Ecke des Käfigs
nieder. Der kräftige Ton ihrer Stimme gewährt uns' eine freudige
Überraschung, da hiermit ein Zeichen gegeben war, daß die Atmungs¬
organe nicht gelitten hatten. Im Laufe des Nachmittags wagt sie
es doch noch, und zwar ungezwungen, den Nebenkäfig einige Male
zu betreten.
Juni 0.
Während sich die Tigerin im Laufe des Morgens, wo sie über
Geburtszelle und Schaukäfig freiwillig verfügen konnte, verhältnis¬
mäßig gut machte, traten am Nachmittage, als ihr die Zuflucht zu
ersterer einstweilen genommen wurde, die bekannten Erscheinungen
wieder ein. Das Ziehen der Scheidewandschieber belästigt sie eben¬
falls in einem hohen Grade. Das arme Geschöpf wird dadurch förmlich
außer sich. Als der Wärter heute Abend den zu der Geburtszelle
führenden Schieber plötzlich hochstellte, da wandte sie dem beliebten
Aufenthaltsorte entsetzt den Rücken, doch rasch wurde uuserm Wunsche
dadurch Folge gegeben, daß man den entgegengesetzten Schieber
des Schaukäfigs rührte.
212
Juni 7.
Heute Mittag wird die Tigerin zum ersten Male in einen der
Außeukäfige gelassen. Die Verbindung mit dem inneren Raume wird
dem Tiere nicht abgeschnitten, so daß es also nach Belieben aus-
uud einwandern kann. Der dunklen Eisenblech-Bedachung der
Außenzelle muß man es entschieden zu gute halten, daß sich das
Tier hier im Freien, trotz gegebener Neuerung, weit ruhiger ver¬
hält, als erwartet wurde. Die in schräger Richtung dem Raubtier¬
bause gegenüber untergebrachten Kamele bleiben eine Zeit lang
Gegenstand ihrer Beobachtung. Am Abend begiebt sich schließlich
unser Tier beim bloßen Andeuten zum Ziehen des geeigneten Schie¬
bers mit gewohnter Schnelligkeit in den Innenraum hinein.
Juni 13.
Heute mittag fand, nach einer mehrtägig gestatteten Annäherung
durch das den Trennungsschieber ersetzende Gitterwerk, endlich das
Zusammenlassen der viel besser gewordenen Tigerin mit dem
Männchen statt. Letzteres, welches sogleich die Zelle des Weibchens
betrat, kam dieser mit größter Zärtlichkeit, ein fortwährendes »for
for« ausstoßend entgegen, doch wurden ihm die Gunstbezeugungen
seitens seiner Schönen übel verlohnt, denn im Liegen verharrend
wies sie jede Berührung, ihn anfauchend, energisch ab. Der Tiger
zeigte ob solcher Behandlung nicht die geringste Unzufriedenheit
und begnügte sich vorläufig damit, den Urin des Weibchens unter
dem diesen Tieren bei solchem Geschäfte eigenartigen Grinsen ein¬
gehend zu beschnüffeln. Dann streckte es sich auf dem Fußboden
nieder, ohne gegen sie noch weitere Zeichen von Aufmerksamkeit zu
verschwenden. Jetzt wurde, um in die Scene eine Veränderung zu
bringen, der zu dem Außenkäfige führende Schieber aufgestellt. Dem
vorangehenden Tiger folgte alsbald das Weibchen nach, doch da
jener auch hier bei erneuerten Anträgen eine gleiche Abfertigung
wie vorhin erfuhr, so zog er sich sehr bald wieder in den inuern
Raum zurück, den er, der Ruhe pflegend, für heute auch nicht wieder
verließ. Trotz aller widersprechenden Anzeichen mußte unsrer Tigerin
der Gesellschafter doch recht gut gefallen haben, denn nach einer
Weile des Umherstolzierens in dem Sommerkäfige hielt sie es eben
nicht für überflüssig, sich einige Male nach ihm umzusehen. Ver¬
geblich seiner Wiederkunft wartend, wanderte sie nun gleichfalls in
den Innenkäfig hinein, woselbst sie dem Verschmähten gegenüber,
diesen in zuthnnlicher Weise fast beständig anschauend, Platz nahm.
Für die Nacht hielten wir die Tiere vorläufig wieder getrennt.
213
Juni 21.
Unsere Tigerin darf man jetzt, da sieb seit mehreren Tagen
nichts weiter Auffälliges in ihrem Wesen zu erkennen gegeben, als
eingewöhnt betrachten. Die Atmung, 14 bis 16 Züge in der Minute
bei ruhigem Liegen, ist durchaus befriedigend. Allerdings vermögen
gewisse Erscheinungen immer noch das Blut des einmal von Haus
aus lebhaften und leicht erregbaren Geschöpfes in Wallung zu
bringen, doch da solche lediglich in die Kategorie des Außergewöhn-
liehen versetzt werden müssen, so dürfen sie hier, wo es eben nur
gilt, das Tier nach alltäglichen Verhältnissen zu beurteilen, nicht
weiter veranschlagt werden.
Eine solche exeeptionelle Erscheinung bildete beispielsweise ein
kleiner Wagen, in dem sich am gestrigen Nachmittage eine kränk¬
liche Dame umherfahren ließ. Als unsere nunmehr in einem der
großen Eckzwinger hausende Tigerin des sich nähernden Fuhrwerkes
o o v o
ansichtig wurde, fuhr sie plötzlich, in gewaltigen Sätzen den weiten
Raum umkreisend und das Sandgedecke desselben in einer starken
Welle vor sich her schleudernd, mit erhobenem Schwänze unter fort¬
währendem Gebrüll auf den Gegenstand ihrer Wut los. Sobald der
Wagen stille stand, kehrte sie zu ihrem früheren im Hintergründe
des Zwingers erwählten Ruheplatze, in sprungbereiter Lage auf diesem
verharrend, zurück, doch als jener, solange er sich noch im Gesichts¬
kreise der Tigerin befand, nur von der Stelle gerührt ward, wieder¬
holten sich ihre Angriffe vou neuem.
VIII. Über Fütterung des Vielfraßes, Gulo borealis Nilsson.
Die drei Vielfraße, welche in unserm Garten vertreten waren,
haben sich auffallender WTeise mit der Pferdefleischfütterung nicht
vertragen wollen.
Bei dem zuletzt erworbenen, der im Jahre 1878 hier eintraf
und über dessen Lebensweise ich aus eigener Erfahrung sprechen
kann, beobachteten wir, daß er nach einem 7 tägigen Füttern mit
Pferdefleisch den Appetit verlor und wiederholt schaumig schleimige
Massen auszuwerfen begann. Die Annahme, daß die Ursache des
Erbrechens lediglich auf die nicht geeignete Nahrung zurückzuführen
war, fand darin Berechtigung, daß wir auch an seinen beiden Vor¬
gängern dieselben Erscheinungen, bei diesen noch mit Durch¬
fall begleitet, wahrgenommen hatten. Wie bei den letzteren erwies
sich auch bei jenem in der Folge die Fütterung mit Hammel-
214
fleisch — per Tag 1|-2 ß — , dem zuweilen in Kalb- oder Ochsen-Fleisch
eine Abwechslung gegeben wurde, und neben diesem einige Scheibchen
mit Milch durchtränktes Weizenbrot, sowie etwas Frucht, als eine
zweckmäßige, da wir hinfürder ähnlichen Fällen nicht mehr begegneten.
Während dem Leben der beiden ersten Vielfraße nach 8^2,
resp. 43/4 jährigem Verweilen in unserm Garten ein Ziel gesetzt
wurde, hatten wir uns des Besitzes unsres letzten Exemplares nur
etwa 23/4 Jahre zu erfreuen. Das sonst prachtvolle und jederzeit muntere
Tier war leider zu Krampfanfällen geneigt und hat in einem solchen
ein jähes Ende gefunden.
IX. Geburten der Elenantilopen, Taurotragus orecis Pall.
Am 8. Mai 1882 gegen Mittag brachte unsre 6jährige, im
Garten geborne Elenantilope ein kräftiges Junges, ihren Erstling,
zur Welt, welches alsbald eitrigst bemüht war seinen Nahrungsquell
aufzusuchen. Trotzdem nun die Mutter dasselbe in der erforder¬
lichen Weise gereinigt hatte, trotzdem ihr strotzendes Euter einen
allen Anforderungen genügenden Milchvorrat versprach, weigerte
sie sich dennoch standhaft, ihr Gehörn als Abwehr benutzend, dem
Verlangen des Jungen nachzukommen.
Da sich nach einer vierstündlichen Beobachtung die Alte noch
ganz konstant in ihrem absonderlichen Betragen verhielt, so sahen
wir uns genötigt, dieselbe vermittelst Festhaltens zur Annahme
ihres Jungen zu zwingen. Von mehreren Leuten ergriffen, wurde
unter anderem der Kopf des starken Tieres dadurch in eine sichere
und ruhige Lage gebracht, daß die Schnauze auf der Schulter eines
Mannes ruhte, welcher gleichzeitig mit gekreuzten Armen die Hörner
gefesselt hielt. Der im Stehen gehaltenen Kuh leitete mau alsdann
das Junge au das Euter, an dem es sich jetzt unbeanstandet erlaben
konnte. In zweistündlichen Zwischenräumen wurde dieses Verfahren
an dem nämlichen Tage noch zu.zweien Malen wiederholt. Am nächsten
Morgen bedurfte das Kleine unsrer Fürsorge nicht mehr, da die Alte
sich nunmehr bequemt hatte, ihre Obliegenheiten freiwillig zu erfüllen.
In einem Falle wie dem obigen, wo einerseits das durchaus gut
geartete Junge imstande ist, nach seiner Nahrung zu forschen, wo
andererseits die Mutter auch befähigt ist, ihm diese im reichlichen
Maße zu geben, könnte es fast als ein Mißgriff erscheinen, daß man
dem, wie man glauben sollte, sich endlich doch geltend machenden
Naturtriebe durch Zwangsmittel zuvorzukommen suchte, um so mehr
noch, da es eben nicht zu den Seltenheiten gehört, daß Tiermütter
215
bei Erstlingen, unbeschadet deren Gesundheit, eine geraume Zeit ver¬
streichen lassen, ehe sie sich anheischig machen, dieselben zu versorgen.
Doch bei Elenantilopen läßt uns die gemachte Erfahrung anders
urteilen.
Eine unsrer ersten Elenantilopen, welche sich bei gleicher Sach¬
lage der Dinge genau ebenso geberdete, wie es in dem vorbeschrie¬
benen Falle dargelegt ist, mußte nach mehr denn 12 ständigem
Warten, als bei beginnender Ermattung des Jungen jede Aussicht
auf eine Änderung des mütterlichen Charakters schwand, schließlich
ebenfalls zur Nahrungsabgabe gezwungen werden.
Unser Garten steht übrigens in dieser Beziehung nicht vereinzelt
da, denn aus London ist uns ein Bericht bekannt, demzufolge eine
Oreas sich auch erst durch Gewaltmaßregelu zur Aufzucht des
Kälbchens herbeiließ.
Eine Erklärung für das unter den Wiederkäuern von uns einzig
nur bei dieser Tierart beobachtete auffällige abnorme Betragen weiß
ich nicht zu geben. Daß Mütter, wie es wohl hin und wieder vor¬
kommt, sich von ihren Jungen zurückziehen, wenn es ihnen au Milch¬
ergiebigkeit für dieselben gebricht oder wenn deren Sprößlinge aus
Lebensschwäche nicht imstande sind ihnen folgen zu können, läßt sich
mit dem Mangel einer günstigen Naturanlage immerhin entschuldigen.
In den vorliegenden Fällen ist aber, wie wir gesehen haben, solches
nicht zutreffend gewesen.
Zur Ehrenrettung der sich im übrigen uns durch ihre Geburten
sehr dankbar beweisenden Elenantilopen darf ich nicht unerwähnt
lassen, daß sechs weitere im Garten gezüchtete Junge, von denen
allein fünf ein und derselben Kuh angehörten, ohne menschliche
Beihülfe gediehen sind.
X. Der Schabracke n- Tapir als Enten vertilger.
Eine ehemals nicht gekannte Geschmacksrichtung unsres Scha¬
brackentapirs gab Veranlassung, die Einfriedigung seines von einem
schmäleren Arme der Teichanlagen durchschnittenen Terrains gegen
das Durchschlüpfen des sich hierher verirrenden Wassergeflügels zu
sichern. Das Tier begnügte sich nicht damit, die Eindringlinge
wieder zu vertreiben, es begann selbst darnach zu haschen, und es
gelang ihm trotz aller von uns erhobener Abwehrungsversuche drei
von den erst einige Wochen alten Entchen, denen es noch an der
Gewandtheit älterer Vögel gebrach, zu erfassen und vor unseren
Augen zu verspeisen.
216
XI. Fütterung des Doppelhornvogels, Buceros hicornis Liun.
Im verwicheneil Spätsommer gelang es uns, drei dieser höchst
anziehenden Geschöpfe vorübergehend zu erwerben. Gefräßig im
hohen Grade, waren deren Nahrungsansprüche demgemäß recht er¬
hebliche. Die täglichen Rationen, in welche sich unsre drei Gäste
zu teilen hatten, beliefen sich auf:
1 Pfund gekochte Wurzeln
11 2 » in Milch eingeweichtes Weizenbrot
F utterzeit :
morgens
und
nachmittags
je zur Hälfte.
1 » gekochte Pellkartoffeln
2^2 » halb gekochten Reis
(gekocht gewogen) >
6 hart gekochte Eier
• 11 2 Pfund Apfel oder Birnen
1/4 Pfund Weintrauben
3 Mäuse.
Dieses
in Stückchen
geschnitten.
Aus der ihren Käfig deckenden Grandschütte haben sie sich
verschiedentlich größere Steiuchen zum Verschlucken auserlesen. Da
die Vögel mit ihren Schnäbeln äußerst gewandt die ihnen in ange¬
messener Entfernung stückweis zugeworfene Nahrung aufzufangen
verstanden, so hatten sich die Futterzeiten zu einer bleibenden An¬
ziehung für das Publikum gestaltet.
XII. Fütterung der Aasgeier.
In dem Bestreben, den Tieren die Nahrung in möglichst natur-
gerechter Weise zukommen zu lassen, wurde unsern beiden Gallinazos ,
Gathartes atratus Bartr — um diese Aasvertilger auf ihr Gelüste
nach wirklichem Aase zu erproben, neben frischem Fleische wieder¬
holt auch solches verabreicht, welches bereits der Fäulnis nahe war.
Beide Vögel gaben aber ersterem den entschiedenen Vorzug. Letzteres
blieb allemal unberührt liegen.
XIII. Gefährliche Eigenschaft der Elstergänse,
Anseranas mel anoleuc ci Lath.
Diese Vögel haben sich bei uns als Eierdiebe erwiesen. Wie
mir der Wärter versichert, lassen es sich dieselben sehr angelegen
sein, zur Brutzeit der Enten deren Nistkästen aufzusuchen und die
darin Vorgefundenen Eier herauszuschleppen; daß sie auch von den
Eiern etliche vertilgt haben werden, ist wahrscheinlich, gesehen
worden ist es jedoch nicht.
Bericht über den Zoologischen Garten zu Dresden über das
Geschäftsjahr vom 1. April 1882 bis 31. März 1883.
Es gereicht uns zur besonderen Freude, diesmal in der Lage zu sein, ein
wesentlich besseres Geschäftsresultat vorlegen zu können, als uns seit langen
Jahren möglich gewesen, und nicht minder angenehm ist es für uns, damit
weitere erfreuliche Mitteilungen verbinden zu können. Denn nicht nur, daß
die Detriebs-Einnalnnen des Geschäftsjahres 1882/83 gegen das vorhergegangene
ein Plus von Mk. 17S85. 81 aufweisen, während die Betriebs-Ausgaben ein¬
schließlich der Hypothekenzinsen nur um Mk. 1925. 54 gestiegen sind, ist es
uns auch nach vielen Mühen und langen Verhandlungen gelungen, die auf
dem Areal des Gartens lastende Hypothek der Süddeutschen Boden-Kreditbank
zu München von Mk. 300,000. — , nachdem wir solche bis auf den Betrag von
Mk. 240,000. — vollends zurückgezahlt haben, bis auf diesen Betrag löschen
zu lassen und nur noch mit verzinsen und 1/2°/o amortisieren zu müssen,
so daß die Annuitäten jetzt nur noch Mk. 12,000. — (5°/« von Mk. 240,000. — )
anstatt bisher Mk. 21,000. — (7°/o von Mk. 300,000. — ) betragen, wir somit
eine dauernde jährliche Ersparnis von Mk. 9000. — genießen. — Dieses
Abkommen mit der Süddeutschen Bodenkreditbank zu erreichen, ist uns aber
nur durch die Munificenz der Dresdner Stadtgemeinde möglich geworden,
indem uns letztere in nicht dankbar genug anzuerkennender Weise die seit¬
herige Subvention von jährlich Mk. 5000. — vom 1. Januar 1888 an für die
nächsten fünf Jahre auf jährlich Mk. 10,000. — erhöht und somit die von
der gedachten Bank für ihre zu machende Konzession gestellte Bedingung er¬
füllt hat.
Die frühere große Zinsenlast von Mk. 21,000. — war aber für unsern
Garten eine Klippe, an der er früher oder später zu scheitern drohte. Durch
die bedeutende Reduzierung dieser Last hat der Garten eine dauernd gesunde
Basis gewonnen und darf in Anbetracht der für fünf Jahre gewährten erhöhten
Subvention der Dresdener Stadtgemeinde, vor Allem aber mit Rücksicht auf
die erhöhten Betriebs-Einnahmen, die auch in diesem Sommer ein erneutes
Plus von circa Mk. 10,000. — wiederum aufweisen, mit Vertrauen der Zukunft
entgegensehen.
Daß die Betriebs-Einnahmen aber trotz der nicht besonderen Gunst des
Wetters, speziell im Sommer 1882, so bedeutend gestiegen, glauben wir
hauptsächlich dadurch erreicht zu haben, daß wir einmal bestrebt gewesen
sind, unsern Tierbestand mehr und mehr zu ergänzen, dann aber auch, daß
wir unsere Aufmerksamkeit darauf gerichtet haben, unsern Garten in seinen
Bauten, Anlagen und Einrichtungen zu verbessern, zu verschönern und zu
vervollständigen und Hand in Hand damit das Publikum durch die Presse,
der wir für die uns dabei gewährte Unterstützung unsern Dank sagen, auf die
Neuheiten und Schönheiten unseres Gartens wiederholt und regelmäßig hinzu¬
weisen. — So wie es eine Reihe von Jahren in unserm Garten hatte gehen
müssen, wo wegen Mangel an Mitteln nur das Notwendigste bewirkt werden
konnte, durfte es nicht fortgehen, sollte der Garten nicht schließlich allen
Reiz verlieren. Um das Interesse des Publikums nicht erlahmen zu lassen
und den Besuch und damit die Einnahmen unseres Gartens mehr und mehr
218
zu heben, war es durchaus geboten, immer Neues zu bieten und auf fortge¬
setzte Verbesserungen und Verschönerungen, die der verwöhntere Geschmack
heute bedingt, bedacht zu sein. Natürlich konnten und können wir in dieser
Beziehung nur konform mit den vorhandenen Mitteln vorwärts gehen und
müssen zunächst möglichst nur solche Aufwendungen machen, von denen wir
überzeugt sind, daß sie einen erhöhten Besuch des Gartens bewirken und sich
somit über kurz oder lang bezahlt machen.
Heute ist jedenfalls unser Tierbestand so reichhaltig, wie er je gewesen
ist und wird derselbe noch fortgesetzt vermehrt. Der Zucht junger Tiere, die
ja eine Hauptanziehungskraft auf das Publikum ausüben und nebenbei ge¬
wissermaßen die Zinsen vom Kapital repräsentieren, ist die ganz besondere
Aufmerksamkeit der Verwaltung gewidmet und haben wir sehr erfreuliche
und nutzenbringende Resultate aufzuweisen. So sind z. B. die hier geborenen
3 jungen Tiger in diesem Sommer für 4000 Mark verkauft worden. Weiter
ist in den letzten zwei Jahren ein Teil der vorhandenen Bauten, Einfriedi¬
gungen etc. ganz oder teilweise renoviert und angestrichen und in diesem
Frühjahr im oberen Teile des Gartens eine teilweise Verschönerung der alten
Gartenanlagen, sowie eine Verbesserung der Wege vorgenommen worden.
Aber auch Neues zu schaffen sind wir bemüht gewesen.
Schon lange mußte das vollständige Fehlen eines größeren massiven
Vogelhauses, in dem die Tiere auch den Winter über verbleiben können, als
eine sehr fühlbare Lücke in unserm Garten betrachtet werden. Der Verwal¬
tungsrat erachtete es als im Interesse desselben, mit der Aufbesserung der
finanziellen Verhältnisse nach jener Richtung Abhilfe zu schaffen und beschloß
deshalb die Erbauung eines solchen Hauses auf dem eigenen Terrain, indem
er gleichzeitig zur möglichsten Schonung der eigenen Mittel für iu den
nächsten Jahren noch weiter beabsichtigte Neubauten und Umänderungen, bei
Gönnern, Freunden und Aktionären des Gartens eine Sammlung freiwilliger
Beiträge zu den erforderlichen Kosten wiederholt in’s Werk setzte. — Diese
Sammlung ist von erfreulichem Erfolge begleitet gewesen. Bis zum Schluß
des vergangenen Geschäftsjahres sind uns zu dem gedachten Zwecke Mk. 3644.
— in Baar und Mk. 1050. — in 7 Aktien der Gesellschaft, darunter von
Seiner Majestät dem Könige Mk. 300. — in Baar und 6 Aktien überwiesen
und auch im neuen Jahr weitere ansehnliche Beiträge bewilligt worden. Die
Sammlung ist noch nicht geschlossen. — Seit dem Frühjahr dieses Jahres ist
das gedachte Haus, nachdem man die Vogelhäuser im Berliner Zoologischen
Garten speziell in Augenschein genommen und sich außerdem genaue Kennt¬
nis von denen anderer Gärten verschafft und die dabei gemachten Erfahrungen
zu Grunde gelegt hat, in entsprechenden Größenverhältnissen im Bau begriffen
und soll noch in diesem Herbste vollendet werden.
Als nächstes haben wir den Umbau des alten Atfeuhauses, resp. eiuen
Neubau an Stelle desselben in 2—3 mal so großen Raumverhältnissen in’s
Auge gefaßt. —
Die Betriebseinnahmen betrugen im Geschäftsjahre 1882/83
Mk. 94,452. 84
gegen „ 77,067. 03 in 1881/82
mithin 1882/83 mehr Mk. 17,385. 81.
Während an Eintrittsgeldern und Zehnerkarten
Mk. 67,952. 10
gegen „ 58,167. 25 in 1881/82
somit mehrMk. 9,784. 85
und aus Reitkasse „ 3,140, 20
eingenommen wurden, ergab das Abonnement eine Einnahme von
Mk. 7,277. —
gegen „ 3,615. — in 1881/82
demnach mehr Mk. 3,662. — .
In diesem Sommer ist das Abonnement bis zum Schluß dieses Berichts bis
auf nahe
Mk. 12,000. —
gestiegen ! Wir verdanken dies neben den obenerwähnten Gründen dem von
uns eiugeführten billigen Familien- Abonnement.
Das Abonnement bildet eine ganz wesentliche Grundlage für den Bestand
und das Gedeihen eines Zoologischen Gartens. Es macht denselben zum Teil
unabhängig von den Chancen der Witterung und schafft ihm eine sichere
Basis in seinen Einnahmen. Deshalb muß aber auch unser Bestreben dahin
gehen, dem Umlange unseres Abonnements eine immer größere Ausdehnung
zu geben und wir können unsere Aktionäre nicht dringend genug ersuchen, in
befreundeten Kreisen nach dieser Richtung zu Gunsten unseres Gartens nach
Möglichkeit zu wirken. — Wir wissen, daß das Publikum die durch das billige
Familieu-Abonnement gewährte Erleichterung mit Freuden begrüßt hat, was
sich ja auch aus der regen Beteiligung ergiebt, und daß unser Garten in
weiteren Kreisen immer mehr und mehr beliebt und heimisch wird.
Das im Frühjahre 1882 bei uns neu eingeführte Pony-Reiten hat eine
Brutto-Einnahme von Mk. 3140. 20 an Reitgeld ergeben. — Tst schon der
direkte Reingewinn, der sich ziffermäßig schwer genau feststellen läßt, ein
ganz erfreulicher, so dürfte der indirekte Nutzen, den dieses Pony-Reiten dem
Garten gebracht hat und heute noch bringt, ungleich höher zu veranschlagen
sein. — Dasselbe hat zweifelsohne mit zu den bessern Einnahmen und speziell
dein höhern Abonnement beigetragen, da viele Eltern nur ihrer Kinder wegen
den Garten besuchen. — Leider ist in diesem Sommer die Einnahme in
Folge der allenthalben aufgetauchten Konkurrenz um ein geringes znrückge-
gangen.
Von Schaustellungen fand in diesem Geschäftsjahre nur eine kleinere
der uns im Monat August von Herrn Hagenbqck zugeführten Australneger
statt.
Die auch in diesem Geschäftsjahre festgehaltenen sogenannten billigen
Sonntage waren durch ganz besondere Gunst der Witterung ausge¬
zeichnet.
Die Betriebs- Ausgaben beliefen sich einschließlich der Hypotheken¬
zinsen auf
Mk. 88,236. 35
gegen „ 86,310. 81 in 1881/82.
somit auf mehr Mk. 1,925. 54.
220
Während die Kapitalzinsen mit Rücksicht auf die bereits zum Teil in
diesem Geschäftsjahre eingetretene Zinsenherabsetzung eine Abminderung gegen
das Vorjahr von M. 2306. 13 ergeben, stellt sich die Fütterung um Mlc. 2140. 66
höher, was seine Erklärung in dem großem Tierbestand findet.
Besucht wurde der Garten in dem verflossenen Geschäftsjahre von
164,254 Personen
gegen . . 124,801 „ in 1881/82,
somit von 39,453 Personen mehr als in 1881/82,
ungerechnet die Aktionäre und Abonnenten. — Außerdem hatten von den
Dresdner öffentlichen Elementarschulen
603 Lehrer und 20,496 Kinder gegen
577 „ „ 19,383 „ in 1881/82
unentgeltlichen Zutritt, während 76 Volksschulen mit 132 Lehrern und 3866
Kindern ermäßigte Eintrittspreise bewilligt wurden.
Tier bestand:
.
Stückzahl
Geldwert
i
O <£>
Cf. Sm
3 V
:0w Ta
X
0}
QL
:0
Amplii-
i bien
Mark
Pf.
Bestand
am 31. März 1882 .
198
525
92
84412
16
Inventur wert.
Zugang
durch Ankauf ....
66
221
64
10247
15
Selbstkosten.
» Geschenke . . .
27
60
15
255
25
Schätzung.
»
» Geburten . . .
56
60
—
2023
60
Summa
347
866
171
96938
16
Abgang
durch Verkauf . . .
44
123
—
8400
56
Inventurwert.
7>
» Tod .
97
215
27
3343
45
»
» Wertabsetzung .
—
—
—
680
—
Schätzung.
»
» Frachtvergütung
—
—
—
103
SO
Bestand
am 31. März 1883 . .
206
528
144
84410
35
Inventurwert u
Schätzung.
Summa
347
866
171
96938
16
•
Geboren wurden 56 Säugetiere und 36 Hühner. Darunter 3 Tiger, 10
Löwen, 7 Leoparden, 3 Halsbandbären, 1 Giraffe, 4 Wölfe, 2 Mopshunde, 1
Känguru, 1 Kamelhcngst, 3 Mähnenschafe, 1 Yak, 2 Shetland-Ponys, div. Hirsche
und Andere.
Die Ti er Verluste beliefen sich auf nur Mk. 3343. 45 oder ungefähr 4
Prozent des Inventurwertes. Darunter befanden sich auch 33 Affen.
(Schluß folgt.)
221
K o r r e s p o n (l e n z e n.
Raun he im, den 25. April 1884.
Die Meisen im Dienste der Rosenkultur. In jedem Frühjahre
leiden die Knospen meiner Roseubäumchen und Heckenrosen durch kleine
Raupen, welche die Blütenknospen durchbohren und ausfressen. Um einen Teil
der ersten Rosen zu retten, unterziehe ich mich stets der mühsamen Arbeit,
diese Räupchen mit einer Piucette zu entfernen. Nun habe ich aber ein Mittel
gefunden, wodurch ich dieser langweiligen Arbeit überhoben werde, und glaube
dasselbe allen Gartenbesitzern und Rosenzüchtern empfehlen zu dürfen. Durch
ausgehängte Nüsse und Speckstückchen habe ich während des Winters einige
Meisen augelockt, die täglich in den Garten kamen, um diese Leckerbissen zu
kosten. Dadurch wurden die Tierchen mit der Örtlichkeit genau bekannt,
fühlten sich bald heimisch und trieben sich auf den Bäumen und Hecken herum,
beständig nach Insektenlarven ausspähend. So sind sie auch jetzt noch täg¬
lich Gäste in meinem Garten. Durch den sehr gelinden Winter und das schöne
Wetter im Februar und März gab es nun eine große Menge Ungeziefer, und
auch die Rosen waren voller Rümpchen. Vor einigen Tagen sah ich nun zu
meiner größten Freude, wie zwei Kohlmeisen sämtliche Roseuknospen durch¬
suchten und mit ihren spitzen Schnäbelchen die Raupen herauszogen, ohne
dabei die Knospen zu zerstören. In einer halben Stunde hatten sie alle Roseu
abgesucht und gereinigt. An dem einen der ausgehängten Nistkästchen
scheinen diese beiden Meisen großen Gefallen zu finden, und es ist möglich,
daß sie denselben als Wohnung ausersehen. Für die dargereichte Nahrung
leisten diese Vögelchen gute Dienste, denn sie befreien Bäume und Sträucher
meines Gartens vom Ungeziefer. Es wird sich demnach für Obstgärten und
Rosenzücbtereien besonders empfehlen, die Meisen durch ausgehängte Lieblings¬
nahrung anzulocken und sie dadurch, sowie durch angebrachte Nistkästen, als
Gäste im Garten zu behalten. L. Buxbaum, Lehrer.
Assen heim, den 8. Mai 1884.
Zur Wanderung der Vögel. An dem hellen, sonnigen Nachmittag
des 16. März 1. J. beobachtete ich von einer mäßigen Anhöhe aus einen nach
Norden steuernden starken Zug Kraniche , ohne etwas besonders Auffälliges
gewahren zu können, 'während ein in der Nähe befindlicher schlichter Mann
mich mit der Frage überraschte, ob ich nicht auch das deutliche Gezwitscher
und Pfeifen der die Kraniche begleitenden, meist auf deren Rücken befind¬
lichen kleinen Vögel wahrnehme, was ich jedoch der inzwischen eingetre¬
tenen größeren Entfernung der Krauiche wegen nicht mehr von dem Rufe der
letzteren zu unterscheiden vermochte.
Meinem wegen dieses Hinweises geäußerten Zweifel begegnete der Mann
mit der bestimmten Behauptung, daß er — vielfach im Freien beschäftigt -
schon seit Jahren bemerkt habe, wie beim Niederfallen eines Zuges Kraniche
gleichzeitig eine Menge kleiner Vögel — wie aus den Federn der Kraniche
geschüttelt — sich am Boden bewegten und ebenso beim Aufsteigen der Kra¬
niche spurlos verschwunden seien. Die Gattung dieser kleinen Passagiere
222
wußte er nicht bestimmt zu bezeichnen, — zumeist beständen solche, wie er
glaube, aus »schwarzen Lerchen.«
Bei dieser Begegnung entsann ich mich nun, wie ich vor einigen Jahren
im Frühjahr — • die Büchse in der Hand — einen großen Trupp Kraniche,
eine Wiesenfläche in gemessener Distanz abweidend bemerkte und mit dem
Glas beobachtete, wie diese in auffallender Weise von einer Menge hellfar¬
biger kleiner Vögel umflattert* wurden , ohne daß ich damals einer solchen ge¬
selligen Vereinigung eine besondere Knusalverbindung beizumessen versucht
war. — Ebenso versichert mich der hiesige Gemeindeschäfer Kopf, wie er
seit länger denn 50 Jahren, von frühester Jugend an, bei den Zügen der
Kraniche, namentlich bei den Herbstzügen, in deren Umgebung aufs deutlichste
den Gesang und den Lockruf <fer Lerchen vernommen habe, ohne diese letzteren
wahrnehmen zu können; und schon längst sei er zur Überzeugung gekommen,
wie diese vernehmbaren Lerchen, ohne sichtbar zu sein, sich auf den Flügeln
oder dem Rücken des Kranichs befänden und sich tragen ließen.
Hiernach scheint es denn doch, daß diese mehrfach vernommene, doch
immer angezweifelte Behauptung, Silvien und Motacillen etc. strebten
mitunter die Beschwerden ihrer Herbst- und Frühjahrsreisen sich auf dem
Rücken großer Zugvögel zu erleichtern, nicht ohne Begründung ist, — und em¬
pfiehlt es sich — was diese einfache Mitteilung in erster Reihe bestreben möge,
über dieses Gebahren unserer kleinen Sänger fleißige und zuverlässige Beob¬
achtungen zur näheren Begründung anzustellen, was bei ernstlichem Bemühen
gewißlich erreicht werden kann, da bei dem sich im Freien viel bewegenden
Publikum die Gewißheit dieser Gewohnheit unserer Sänger mehr verbreitet ist
und feststeht, als ich anfänglich vermuten konnte.
Bei der gegenwärtigen .N ist zeit der Stare möchte ich auch auf deren
Gewohnheit, in ihre Brutstätten junge Pflanzentriebe und lebhaft gefärbte
Blumen einzutragen, hinweisen, zu welchem Ende hach meiner Wahrneh¬
mung die zahlreichen Insassen der in meiner Hofraithe befindlichen Starenkasten
mit besonderer Vorliebe die Beete der Pensees und roten Masliebchen des
Gartens zur Gewinnung des Dekorationsmaterials besuchen.*)
Einem solchen Decorationsgelüste darf wohl auch die bei den krähen artigen
Vögeln vorherrschende Neigung, glänzende Dinge zu verschleppen, beigemessen
werden. — Bei der Fütterung der jungen Stare habe ich seit Jahren bemerkt,
wie die Alten oft handlange Blindschleichen herbeischleppen und verfüttern.
H. Fresenius, Kammerrat.
Riemke bei Bochum, den 7. Juni 1884.
Für die erfreulicher Weise immer mehr vor sich gehende Ansiedelung
mancher Singvögel im Kulturlande spricht gewiß die Thatsache, daß ein
Steinschmätzer sein Heim auf dem Bahnhof Riemke, etwa 1 Fuß vom
Geleise entfernt, in einer von Steinen gebildeten Höhlung gegründet hat.
Trotz des durch den frequenten Güterverkehr entstehenden Geräusches setzt
der Vogel unbeirrt das Brutgeschäft fort und läßt sich auf den hübschen,
blaugriinen Eiern in nächster Nähe beobachten. B. Wiemeyer, Lehrer.
*; Vgl. Jahrg. XX, 1879, S. 234,
223
Miscelleu.
Die Sch warn m fisch er ei hat in den beiden letzten Jahren an den
Mittelmeerküsten großen Anfschwnng genommen.
In Griechenland sind 723 Schiffe, darunter 183 mit Scaphandern in Arbeit;
jedes Boot ist mit 5 — 7 Leuten bemannt; die Fischerei beginnt im April und
dauert bis August. Die mit Scaphandern ausgerüsteten Boote begeben sich
nach Tripolis und Tunis, die übrigen mit Tauchern fischen an den griechischen
Küsten bis Greta. Das Gesamterträgnis beläuft sich auf 2 ’/a Million Francs.
Die feinen Schwämme werden nur von Tauchern gewonnen. Ein großer Teil
der Schwämme wird nach Marseille und England ausgeführt.
(Journal de chambre de commune.)
Westfälischer Zoologischer Garten zu Münster in Westfalen.
Aus den Verhandlungen der Generalversammlung des westfälischen Zoologischen
Gartens, der sich nach früher bereits eingehend gemachten Mitteilungen die
Aufgabe gestellt hat, die europäische Tierwelt lebend zur Schau zu stellen,
und ein westfälisches Provinzialmuseum einzurichten, heben wir nachstehende
allgemeiner interessierende Notizen hervor.
Die Generalversammlung fand am 26. Februar 1884 statt. Nachdem der
Jahresbericht pro 1882/83 verlesen, berichtete der Kassenwart über die Ein¬
nahme und Ausgabe des verflossenen Jahres. Erstere betrug 18332 Mark,
letztere 17G63 Mark, sodaß ein Bestand von 669 Mark verblieb. Die große
Voliere ist völlig bezahlt. Als Geschenk erhielt der Garten eine neu erbaute
Wolfsgrotte, deren Herstellungskosten sich auf 1800 Mark bezifferten, und ein
Karussell für den Kinderspielplatz. In den Etat für 1884 wurde die Einnahme
auf 17000 Mark und ebenso hoch die Ausgabe bemessen. Für Neubauten in
diesem Jahre sind in Aussicht genommen ein Wildsaupark (zu welchem die
Kosten bereits von einer Privatgesellschaft aufgebracht sind), ferner eine neue
Umzäunung des Ilirschparkes. Ob die so gichtige Einrichtung eines großen
Aquariums noch in diesem Jahre in Ausführung kommt, ist noch nicht gewiß.
Prof. Dr. H. Landois.
L i 1 1 e r a t u r.
Die Fasanen, ihre Pflege und Aufzucht von C. Gronau. Mit 4 Taf.
Zeichnungen. Straßburg. K. J. Triibner 1884. 157 Seiten. G M.
Der Verfasser hat im Jahre 1880 die erste Abteilung eines größeren
Werkes über die Hühnervögel, ihre Pflege und Zucht, erscheinen lassen*), und
giebt nun aus verschiedenen Gründen vor Beendigung desselben eine Anleitung
*) Vergl. Jahrgang XXI. 1880, S. 63.
über die Pflege und Zucht der Fasanen heraus. Sie schließt sich an das große
Werk, das vorwiegend praktische Fragen behandelt, an und ist das Resultat
langjähriger Erfahrungen auf diesem Gebiete. Die Zucht der hübschen Ziervögel
hat in Deutschland noch nicht das Interesse in weiteren Kreisen gefunden,
welches sie bereits in den Nachbarländern genießt, und es dürfte darum eine
solche Darstellung, wie die vorliegende aus. berufenster Hand, des Beifalls aller
Züchter und Zuchtanstalten sicher sein. Das Buch beschäftigt sich nicht mit
der naturhistorischen Betrachtung und Aufzählung der einzelnen Fasanenarten
sondern erörtert die wichtigen und schwierigen Fragen der Fasanenzucht. Dem¬
gemäß kommen in vier Abschnitten zur Ausführung: I. Die Volieren, die Zuch-
tiere in Bezug auf Auswahl, Eigenschaften und Pflege und die Eier. II. Die
Bruttiere und diö Bruteinrichtungen. III. Die Aufzucht der jungen Fasanen
hinsichtlich ihres Aufenthalts, ihrer Behandlung, Ernährung u. s. w. IV. Die
Krankheiten und ihre Behandlung.
Die Arbeit ist, wie wir uns. durch deren Lektüre überzeugt haben, nach
allen Seiten vortrefflich durchgeführt und so sind wir überzeugt, daß sie den
Züchtern und Pflegern der Fasanen von großem Nutzen sein wird. N.
Eingegangene Beiträge.
II. B. in II.: Mehrfache Berichte mit Dank empfangen. — B. W. in R. hei B.: Wird
benutzt. — P. L. M. in St. : Eine frühere Erledigung des Artikels war unmöglich. —
Bücher und Zeitschriften.
Gustav Prütz, Illustriertes Mustertaubenbuch. Enthaltend das Gesamte der Taubenzucht
Mit GO Earbendruckblättern und vielen Holzschnitten. 30—35 Lieferungen ü 1,20 Mk.
Hamburg 1834. .T. F. Richter. Lieferg. 1 und 2.
Dr II. Ploß. Das Weib in der Natur- und Völkerkunde 8 Lieferungen a 2 Mk. Leipzig.
Th. Grieben. 1S84. Erste Lieferung.
S. CI essin. Deutsche Excursions-Mollusken-Fauna. 2. Aufl. 1. Lieferg. Nürnberg. Bauer
und Ii a s p e. 1884.
Jahrbücher der deutschen Malakozoolo gischen Gesellschaft nebst
Nachrichtsblatt. Redigiert von Dr. W. Kobelt. 11. .Talirg. 2. Heft. Mit l Taf Frank¬
furt a. M. Mor. Diesterweg 1S84.
Prof. Dr. R. Greeff Die Fauna der Guinea-Inseln S. Tliome und Rolas. Sep.-Abdr.
Sitzungsberichte der Gesellschaft zur Beförderung d. gesamten Naturwissenschaften zu
Marburg 1884.
Bronn ’s Klassen und Ordnungen des Tie r rr eich s. l. Band. Protozoa, neu be¬
arbeitet von Prof. Dr. O. Bütschli. 20 und 27 Lieferg. Leipzig u. Heidelberg. C. F.
Winter 1884.
Dr. C. Kerbe rt. Chromafophagux parasiticm , Kerb. Ein Beitrag zur Parasitenlehre. Mit
1 Tafel.
— _ Beiträge zur Kenntnis der Niederländischen Fauna. Mit 2 Tat. — Sep.-Abdr. Nederland.
Tijidschrift van de Dierkunde. 1884.
Prof. C. Semper. Zoologie und Anatomie. Erwiderung auf Herrn von KÖ1 liker ’s Rede:
„Die Aufgaben der anatomischen Institute.“ -Wiesbaden. D. W. Kreide!. 1884.
Nachdruck verboten.
Druck von MalUau & Waldselimidt. Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
. Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mali lau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 8. XXV. Jahrgang. August 1884.
I n h :ü 1 i .
Texas und seine Tierwelt; von II. Nehrling. (Fortsetzung.) — Die wissenschaft¬
lichen und die praktischen Aufgaben hei der Aufstellung unserer Natur alieusammlungen;
von Leopold Martin in Stuttgart. — Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu Cöln;
von L. Wunderlich (Schluß.) — Noch einige Bemerkungen über das Nahoorschaf, J‘seu-
dois Nah um- : von Dr. Th. Noack. — Eine Missbildung an Federn; von G. Simm er mach er.
— Gelungener Wiederbelebungsversuch an einer ertrunkenen grünen Eidechse ; von
H. Eischer - Si gwar t in Zofingen. — Korrespondenzen. — Miscellen. — Litteratur. —
Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. - Berichtigung. —
Texas und seine Tierwelt.
Von H. Nehrling.
(Fortsetzung.)
Nun lieber Leser, folge mir in die Kaktusdickichte der nächsten
Mezquitprairie. Es ist ein schöner Apriltag. Die mit furchtbaren
Stacheln bewaffneten Opuntien sind über und über mit großen
gelben Blüten bedeckt, an denen Kolibris umhersch wirren. Die
Mezquitbiiscke sind in voller Blüte und verbreiten einen lieblichen
Duft. Unter den breitblätterigen Kakteen ist der Boden etwas aus¬
gehöhlt und glatt und wir erkennen sofort, daß hier irgend ein
Tier seinen Aufenthalt hat. Verhalten wir uns in geringer Ent¬
fernung ruhig, so werden wir bald interessante Beobachtungen
machen können. Ein kleines hübsches Tierchen streckt seinen Kopf
unter den Kaktusblättern hervor. Da es keine Gefahr wittert,
kriecht es heraus und zwei bis drei andere, weißgestreifte, unten
schwarze, mit buschigen weißen Schwänzen gezierte Tierchen hüpfen
nun spielend in den Kaktusdickichten umher. Bald erscheint eines
der Alten mit einer Maus oder einem Vogel. Es scheinen liann-
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1884. 15
226
lose niedliche Tierchen zu sein. Doch wir wollen einmal die arg¬
lose Familie stören. Ein Stein fliegt aus sicherer Entfernung
zwischen sie. Die Jungen verschwinden, die Alte rührt sich kaum.
Aber welch’ entsetzlicher Gestank! Es ist nicht zum Aushalten und
wir eilen so schnell wie möglich vom Schauplatze der That. Es
waren Stinktiere, »Stinkkatzen« (Mephitis mesoleuca Licht., Skunk),
welche wir beobachtet. Sie sind an den beschriebenen Orten sehr
häufig ; man findet sie aber auch in hohlen Baumstämmen, in Erd¬
höhlungen und Felsenklüften. Am liebsten treiben sie sich in
Kaktusdickichten umher, da sie hier niemand stört, denn jedes Ein¬
dringen in dieselben rächt sich furchtbar. Die langen, spitzen
Stacheln dringen nicht nur tief in’s Fleisch, sie arbeiten sich selbst
durch starkes Schuhwerk ; kein Hund wagt sich in dieses Stachel¬
gewirr. Dazu kommt die furchtbare natürliche Waffe des Tieres:
die Stinkdrüse. Nichts ist im Stande, diesen Pestgeruch wieder zu
entfernen. Er ist so entsetzlich und widerlich, daß man sich durch
eine Beschreibung gar keine Vorstellung von demselben machen
kann. — Besonders häufig kommt es vor, daß frische Einwanderer,
welche mit diesem Tiere noch nicht bekannt sind, sehr unangenehme
Erfahrungen machen. So kam ein erst vor wenigen Wochen von
Deutschland augekommener, besonders jagdeifriger junger Mann in
eins der oben erwähnten Kaktusdickichte und sah dort die fesseln¬
den Tierchen munter umherspringen. Er schoß zwei der noch
jungen Tiere, steckte sie voller Freude in seine Jagdtasche und be¬
gab sich triumphierend auf den Heimweg. So entzückt war er
über sein Jagdglück, daß er des fürchterlichen Gestankes gar nicht
achtete, die Ursache desselben wohl auch anderswo suchte. Als er
in die Wohnung seiner Verwandten kam, ergriff alles die Flucht
und nur mit Widerstreben ließ sich unser Nimrod dazu bewegen,
das Haus zu verlassen. Man mußte alle Überredungskünste ver¬
suchen, um ihn zu veranlassen, seine Jagdbeute eine Strecke weit
fortzutragen. Er hielt diese Tiere für »amerikanische Hasen« und
schien es gar nicht begreifen zu können, daß diese hübschen Ge¬
schöpfe die »wahren Stinker« sein konnten. Wochenlang durfte er
nicht in’s Haus kommen, obwohl die alten Kleider mit neuen ver¬
tauscht worden waren und dazu kam noch der beißende Spott von
allen Seiten. — Diese »Stinkkatze«, wie sie die deutspheu Farmer
überall in den Vereinigten Staaten neunen, ist noch sehr zahlreich.
Sehr häufig* nistet “sie sich unter Ställen, Häusern und selbst in
Kellern ein, sodaß es oft die größte Mühe kostet, sie wieder los zu
227
werden. Die ganzen Kellervorräte werden häufig durch diesen Ge¬
stank ungenießbar. Eigentümlich ist es, daß manchen Menschen
dieser penetrante Geruch nicht widerlich erscheint. So kenne ich
mehrere Farmerknaben, die diese Stinker mit Tellereisen fangen, um
sie abzuhäuten. Das Fell hat jedoch keinen hohen Wert. — Die
Stinkkatze gehört zu den schädlichsten Tieren. Alle Nester der auf
den Boden bauenden Vögel werden geplündert, wo sie die Gelegen-
heit dazu findet; alte Vögel werden geschickt gefangen; Hühner¬
nester werden beraubt, junge und alte Hühner und anderes Ge¬
flügel getötet. Sie geht in der Regel des Nachts auf Raub aus
und hält sich am Tage verborgen. Nach meinen Erfahrungen flieht
sie nie, sondern macht bei drohender Gefahr von ihrer furchtbaren
Waffe Gebrauch. Außer der genannten Art kommen in Texas noch
zwei andere Species vor, nämlich das Texasstinktier (Mephitis
varians Gray) und die zweifarbige Stinkkatze (il/. bicolor
Gray).
Das Opossum oder die Beutelratte ( Didelphys virginiana
Shaw) ist in allen Waldgegenden noch zahlreich, und fast jeder
Farmer weiß ein »Liedchen« von den Verwüstungen, welche es
unter dem Geflügel anrichtet, »zu singen.« Es tötet nicht selten
sämtliche Insassen des Hühnerhauses und saugt deren Blut aus;
weniger gefährlich wird es den Hühnern, welche ihr Nachtcjuartier
auf einem Baume aufgeschlagen haben. Es tötet dann gewöhnlich
nur eins und trägt es mit sich fort in den Wald. Sehr geschickt
und schnell benimmt es sich auf Bäumen; dagegen sind seine Be¬
wegungen auf dem Boden träge und langsam. Am Tage ist es über-
haupt sehr schläfrig und erscheint dumm, sobald aber die Nacht
anbricht, ist es wie umgewandelt. Die Augen sprühen, die losen
Haare werden glatter, die Haltung strammer und die Bewegungen
schneller. Wenn es bei seinen Räubereien ertappt wird, sucht es
nicht zu fliehen, sondern es stellt sich tot. Auduban hat das
Freileben meisterhaft geschildert und Brehm hat seine Schilderung
ebenso meisterhaft übersetzt, sodaß ich hier nichts mehr beizufügen
brauche. Das Fleisch gilt den Negern als Leckerbissen, aber auch
viele Weiße finden es schmackhaft. Man sieht es regelmäßig auf
dem Markte in Houston und New-Orleans. — Durch seine Raub-
o-ier wird es namentlich den auf Bäumen brütenden und über-
Ö
nachtenden Vögeln sehr schädlich. Die Alte mit den 5 bis 10,
ja bis zu 15 Jungen hält sich meist in einem hohlen Baume ver¬
borgen.
228
Etwa 75 englische Meilen nördlich von meiner Wohnung an
der West-Yegua trifft man auf die ersten Dörfer der Prairiehunde
( Cynomys ludovicianus Brd.). Die canadischen Trapper nannten
dieses interessante Nagetier »Petit chien« nud die Indianer »Wisch¬
tonwisch.« Der deutsche Name und auch die englische Bezeich¬
nung »Prairie Dog« sind beide nicht zutreffend ; Prairiemurineltier
wäre richtiger. Die sogenannten Dörfer dieser Tiere sind oft sehr
groß und erstrecken sich über ein weites Terrain. Sie leben immer
gesellig in unterirdischen Höhlungen; vor jeder Höhlung liegt ein
hoher dammartiger Hügel ausgegrabener Erde, welcher den Tieren
oft als Warte dient. Diese Hügel liegen, ebenso wie die Eingänge
zu den Höhlungen, dicht*) nebeneinander und geben der weiten
baumlosen Prairie einen eigentümlichen Anstrich. Oft sieht man
sie, soweit das Auge schaut ; man hat derartige Bauten in Texas
auf einer Ausdehnung von sechzig Meilen gefunden. Die niedlichen
Tierchen sind sehr schlau und durch die vielfache Verfolgung
außerordentlich scheu, sodaß mau sich tagelang auf halten muß, wenn
man ein Exemplar erlegen will. Außerhalb des Bereiches der
Schußwaffe sieht man Dutzende sich lustig umhertummeln, aber
in der Nähe läßt sich keines blicken. Auch in Fallen gehen sie
nur selten einmal. Es war mir besonders darum zu thun, ein
Skelett für Herrn Dr. K. Th. Liebe in Gera zu erlangen, aber
alle Mühe blieb ohne Erfolg; auch andere, welchen ich Aufträge,
einige dieser Tiere zu fangen, gegeben hatte, kehrten erfolglos
zurück. Wenn mau im August oder September diese Dörfer besucht
nnd nirgends ein grünes Grashälmchen erblickt, auch meilenweit in
der Runde keinen Tropfen Wasser findet, so muß man sich un¬
willkürlich die Frage vorlegen: Wovon nähren sich deun diese
zahlreichen Tiere eigentlich? Wahrscheinlich leben sie von den
Wurzeln verschiedener Grasarten, während sie im Frühling die
jungen Sprossen derselben verzehren. Wasser scheinen sie gar
nicht zu bedürfen. Wintervorräte können sie nicht anlegen, da
nichts zum Einträgen in ihrem Wohngebiete vorhanden ist. Sie
halten darum einen langen Winterschlaf, welcher anfangs November
beginnt; um diese Zeit findet man wenigstens die Eingänge zu
ihren Wohnungen mit Erde verschlossen. Sobald die warmen Tage
des Frühlings das erste Grün hervorlocken, werden die Thiiren zu
ihren Behausungen wieder geöffnet. Es ist eigentümlich, daß die
*) Pie Hügel sind etwa 12 bis 15 Fuß von einander entfernt.
Fabel, Klapperschlangen und Höhleneuleu lebten mit den Prairie-
hunden zusammen und zwar im besten Einvernehmen, noch immer
als unumstößliche Wahrheit geglaubt wird. Die Ansiedler in der
Nähe der Prairiehunde sind alle fest von der Tliatsache über¬
zeugt, aber noch keiner hat Klapperschlangen und Höhleneuleu
in bewohnten, sondern immer nur in unbewohnten Höhlungen
gesehen.
Unter den Nagetieren ist dem texanischen Farmer keines so
verhaßt wie der Salamander ( Gcomys wohl die Art pinetis ), eine
Taschenratte, welche zahlreich die Mais-, Baumwollen-, Kartoffel-
und Batatenfelder bewohnt. Allerwärts, namentlich an den frucht¬
barsten Stellen der Felder, sieht man die frisch ausgescharrten
Erdhaufen. Seine eigentliche Wohnung liegt nach meinen in Texas
gemachten Erfahrungen drei bis vier Fuß unter der Oberfläche;
sie besteht aus einer großen, runden, weich ausgepolsterten Höh¬
lung, von welcher Gänge zu den nahen Vorratskammern führen.
Die Eingänge zur Wohnung sind immer zickzack- oder schrauben¬
förmig^ damit das Wasser nicht so leicht eilidringen kann. Ich
fand in den Vorratskammern große Kartoffeln und Bataten, Erd¬
nüsse, Maiskörner und -kolben , Hafer u. s. w. Es ist rätselhaft,
wie die kleineu Tierchen die großen Kartoffeln und Bataten eiuzu-
schleppen vermögen! Es sind sehr schlaue, scheue Tiere, die sich
nicht leicht bei ihrem Thun und Treiben überrumpeln lassen. Beim
Einträgen kleinerer Wurzeln und Sämereien werden die großen
Backentaschen benutzt; siucl diese voll, so kehrt es zurück in die
Vorratskammer, um sie zu entleeren. — Wenn man einen gefange¬
nen Salamander auf einer freien Stelle laufen läßt, so sucht er
nicht zu entrinnen, sondern er scharrt mit bewunderungswürdiger
Schnelligkeit, anscheinend mit allen vier Füßen zugleich, einen Ein¬
gang in die Erde, und im Nu ist er dem Auge des Beobachters
entschwunden. Wegen des Schadens, welchen er in Feldern an den
Wurzeln der Baumwolle und des Maises, namentlich aber an den
Knollenfrüchten anrichtet, wird der Mensch sein gefährlichster Feind.
Eine andere Art, welche hier in Missouri häufig ist, nennt man
Gopher ( Geomys bursarius Baird).
In denselben Feldern, welche der Salamander bewohnt, findet
sich nicht selten die Baumwollenratte (Sigmo don Berlandieri
Baird). Sie wurde mir öfter überbracht; man hielt sie für eine
Art Hausratte. Sie ist nicht so zahlreich, um besonderen Schaden
tliun zu können. — In der Nähe der Maisfelder, ferner in den
230
Eichenwäldern und in den Niederungen, wo Pecannußbäume ihre
Prüchte reifen, finden sich zahlreiche Eichhörnchen. Am häufigsten
ist das Fuchseich hörne heu ( Sciurus vulpinus Gmel.), seltener
das Louisiana eich hör nchen (S. ludovicianus Custis). Das Fleisch
ist, namentlich wenn Hickory- und Pecannüsse und Eicheln gut ge¬
raten sind, ganz vorzüglich ; es wird ihnen daher eifrig nachge¬
stellt. Auch ein fliegendes Eichhörnchen (Pteromys volucella
Desm.) kommt vor. In der Lebensweise unterscheidet sich dieses je¬
doch sehr von den Verwandten. Am Tage liegt es in einem weichen
Bette einer Baumhöhle des Nachts geht es nach Nahrung aus.
Es ist ein arger Plünderer der Vogelnester und in dieser Hinsicht
viel gefährlicher als die beiden Verwandten.
In allen Waldgegenden ist das amerikanische Kaninchen
(. Lepus sylvaticus Bochm.) sehr häufig. Ganz in der Nähe meiner
Wohnung au der West-Yegua konnte man oft mehr als ein Dutzend
furchtlos umherspringen sehen. Auf den Prairieen findet sich der
große Prairie- oder Mauleselhase (X. callotis Wag!.), der Mule
Rabbit der Anglo-Amerikaner. Da das Fleisch dieser Art simr zäh
und mager ist,1 so stellt man ihm wenig nach.
Bei meinen zu Fuß unternommenen Exkursionen durch Wald
und Feld kam ich sehr oft mit höchst unangenehmen, ja gefährlichen
Tieren in Berührung. In trockenen, steinigen, mit Gebüsch be¬
wachsenen Örtlichkeiten ist es besonders die Klapperschlange
( Crotalus durissus L.), in den baumlosen Ebenen die P r a i r i e k 1 a p p e r-
schlänge oder Massasauga ( Crotalophorus tergeminus llolbr .),
vor welchen man beständig auf der Hut zu sein hat, da sie stellen¬
weise noch sehr häufig sind. Die in großen Herden im Pfosten¬
eichenwald und iu den Prairien umherstreifenden Schweine fressen
sie ohne weiteres, wenn sie dieselben finden und ihre Zahl wird da¬
durch so vermindert, daß sie in den besiedelten Teilen bald ausge¬
rottet sein werden. Sie sind so träge und langsam, daß sie gar
nicht ans Fliehen denken und deshalb sehr leicht den Schweinen zur
Beute fallen. Da sie, wenn man nicht gerade auf sie tritt oder
ihnen zu nahe kommt, nicht beißen und außerdem noch durch ihre
Klapper rechtzeitig warnen, so wird nur selten einmal ein Mensch
von ihnen gebissen. Viel gefährlicher ist in dieser Hinsicht die
Moccasin oder Kupferschlange ( Ancistrodon contortrix 11. & G.),
ein sehr schön gezeichnetes Tier. Auch sie ist ziemlich träge und
langsam in ihren Bewegungen, da sie aber dem Boden und dem
alten Laubwerk sehr ähnlich sieht, so kommt es oft vor, daß Menschen
und Tiere gebissen werden. Ich bin oft in -Gefahr gewesen, mit ihr
in unangenehme Berührung zu kommen. Einmal, als ich unter
einem spanischen Maulbeerstrauche umhersuchte, lag kaum einige Zoll
von meiner Hand ein sehr starkes zusammengeringeltes Exemplar,
welches zum Beißen bereit war. Ein anderes Mal, als ich auf meiner
Wanderung an eine große, mit Brombeerdickichten {Ilubus trivialis )
überwachsene Stelle kam, wo sich reife Beeren in Menge fanden,
lag wiederum eine dieser Schlangen dicht neben meiner nach Beeren
suchenden Hand. Diese Tiere sind da, wo sich reife Brom- und
Maulbeeren finden besonders häutig, da diese einen Hauptteil ihrer
Nahrung ausmachen. Ganz in der Nähe meiner Wohnung tötete
ich oft Moccasiuschlangen und ebenso wurden in den Häusern der
Ansiedler sehr oft welche gefunden. Frauen und Kinder, welche
Baumwolle pflücken oder Beeren sammeln, werden oft von dieser
Schlänge gebissen, und ich kannte unter den Ansiedlern an der West
Yegua wenigstens zwanzig, welche gebissen worden waren. Das ge¬
bissene Glied schwillt stark an und es treten zeitweise auch heftige
Schmerzen ein. aber durch die Anwendung geeigneter Mittel ist schon
nach einigen Tagen fast jede Spur des Bisses verschwunden. Meist
braucht mau starken Branntwein, mit welchem man die Wunde wäscht
und von dem man eine gute Quantität trinkt. Noch besser soll
Salmiakgeist wirken. Der Gebissene nimmt einige Tropfen von dem¬
selben ein und wäscht auch die Wunde damit gut aus. Die Mexikaner
sah ich mit gutem Erfolg Eigelb mit Salz vermischt auf die Wunde
legen. Noch andere erfolgreiche Mittel werden gegen den Biß dieser
Giftschlange angewendet und alle Gebissene scheinen durch den Ge-
brauch derselben vollständig wieder hergestellt zu werden. Ich habe
nie gehört, daß der Biß den Tod oder gefährliche Leiden zur Folge ge¬
habt hätte. — Eine in den Tiefländern, namentlich in Reis- und Zucker¬
plantagen vorkommeude Giftschlange ist die Baum wollen otter
( Toxicophis piscivorus B. & G.) Water Moccasin oder Cotton Mouth,
wäbreud die vorige nur trockene, besonders hochgelegene Wälder
und Felder bewohnt. Mau sieht sie gewöhnlich ruhig am Rande
des Wassers oder in demselben auf einem Aste oder einem alten
Baumstamm liegen. Sie ist ein vorzüglicher Schwimmer und ziem¬
lich schnell in ihren Bewegungen. Die Länge beträgt gewöhnlich
zwei Fuß; sie ist ausgewachsen sehr dick, der Schwanz ziemlich
stumpf. Die Färbung der Oberseite ist bei manchen mehr schwärz¬
lich, bei anderen geht sie mehr ins Bräunliche über. Ich habe sie,
wenn ich in den Sümpfen des südöstlichen Texas nach den Nestern
der Reiher und anderer Wasservö<xel suchte, oft beobachtet. Mau
fürchtet sie viel mehr als die Klapper- und Moccasinschlange, weil
sie ohne weiteres zum Angriff schreitet. Uber die Wirkung ihres
Giftes habe ich mir aus eigener Anschauung kein Urteil bilden
können. —
Schlangen giebt es in Texas überhaupt in ungeheuerer Anzahl,
unter denen jedoch die oben angeführten die bekanntesten Giftschlangen
sind ; fast alle übrigen sind ungefährlich. Die meisten von ihnen
werden aber den Vögeln sehr schädlich, und die Hühner- oder
Eierschlange ( 0 phibolus epimius JB. & G.) ist der gefährlichste
Feind des Hühnerhofes, welchen ich kenne. Sie schleicht sich in
die Hühnernester und verschluckt die Eier, sie stellt den jungen
Hühnchen auf alle mögliche Weise nach, um ihrer habhaft zu weiden,
sie klettert schnell und geschickt auf Bäume, um Nester zu plündern,
Vögel und halbwüchsige Hühner zu erbeuten. Ich habe Exemplare
von 5 bis 6 Fuß Länge häufig gesehen, und etwa 50 Stück habe
ich in dem einen Sommer 1882 ganz in der Nähe meiner Wohnung
getötet. Wo sie häufig ist, kann man fast kein junges Hühnchen
vor ihr schützen. Sie ist sehr gewandt und schnell in ihren Be¬
wegungen und ein vorzüglicher Kletterer. Ihre Raubzüge unternimmt
sie gewöhnlich des Nachts. Ich wurde oft durch das Geschrei der
Hühner, namentlich der Küchlein und Glucken von ihrer Anwesenheit
aufmerksam gemacht. Wenn ich dann mit der|Laterne die Hühner¬
nester untersuchte, fand ich immer eine solche Schlange, welche sich
um das Nest geringelt hatte; in der Regel verschlang sie schon ein
Hühnchen oder ein Ei. Sehr unangenehm ist es, daß sie so gern
sich in Häusern einnistet. Auf Böden, hinter Büchern, unter Kopf¬
kissen, in alten Kisten schlägt sie nur zu gern ihr Quartier auf.
Als einst eine gerade aus dem Norden gekommene Dame ihr Kind
in die Wiege legen wollte, gewahrte sie zu ihrem großen Schrecken
eine ungeheuere Hühnerschlange unter der aufgehobenen Decke. —
Oft wenn ich abends bei offenem Fenster schrieb, kam eine dieser
Schlangen, durch meiue Kanarienvögel, Zebrafinken und Amarant¬
vögel augezogen, furchtlos zum Fenster hereingekrochen. Größere
Exemplare dieser Art konnten allerdings nicht durch’s Gitterwerk
der Käfige in’s Innere gelangen, desto gefährlicher wurden aber junge
Schlangen meinen Käfigbewohuern. Als ich einst morgens mein
schönstes Pärchen Kauarien füttern wollte, gewahrte ich zu meinem
Schrecken, daß beide verschwunden wareu. Beim Herunternehmen
sah ich eine etwa 18 Zoll lange Schlange auf dem Boden des Käfigs
zusammengerollt daliegen. Sie versuchte durch’« (Jitter in’s Freie
zu kriechen, aber die verschlungenen Vögel, die man deutlich durch
die sehr durchsichtige Bauchhaut schimmern sah, hielten sie zwischen
dem Gitter lest, sodaß sie leicht getötet werden konnte. Kardinale,
Spottdrosseln und alle meiue übrigen Vögel wurden eine Beute dieser
Schlangen, die ich dann am andern Morgen im Käfig fand, aus
welchem sie nicht mehr heraus konnten. Es ist mir rätselhaft, wie
sie eigentlich in die an glatten Wänden hängenden Bauer gelangen
konnten. — Anfangs 1882 hatte ich ein für etwa zehn Pärchen
Purpurschwalben berechnetes Schwalbenhaus in meinem Garten auf¬
stellen lassen. Der Pfosten, welcher es trug, wurde mit Blech be¬
schlagen, damit keine dieser häßlichen Reptile zu meinen Lieblingen
gelangen könnte. Bald hatte ich die Freude, mein Häuschen von
einer lieblichen munteren Schar Purpurschwalben bezogen zu sehen.
Nistmaterial wurde eingetragen und die Brut begann. Die Jungen
hörte ich bald zirpen und das zwitschernde Treiben wollte jetzt
vom frühen Morgen bis zum späten Abend gar kein Ende nehmen. Schon
glaubte ich mit Gewißheit, daß alle junge Schwalben glücklich zum
Ausfliegen gelangen würden. Eines Morgens sehr früh fiel es mir
auf, daß ich keine so munteren Töne als sonst hörte. Beim Nach¬
sehen fand ich keine einzige der alten und jungen Schwalben mehr
vor. Zwei dieser Schlangen hatten sämtliche Insassen in einer
Nacht vernichtet. Nur ein einzelnes Männchen flog lautlos in schein¬
barer Trauer durch die Luft, und es schien der einzige überlebende
meiner lieblichen Schwalbenkolonie zu sein. — Unter hundert Nestern,
welche ich fand, wurden wenigstens die Hälfte von dieser und anderen
Baumschlangen der Eier und Jungen beraubt. Ich kenne unter allen
Tieren wirklich keine solche gefährliche Vogelräuber, wie die Schlangen. —
Eine sehr nahe Verwandte der Hühnerschlange ist die ebenfalls zahl¬
reiche Königsschlange (Ophibolus Sayi B. & G. King Suake).
Diese kommt jedoch selten in die Nähe des Menschen. Man hält sie
für nützlich und glaubt, daß sie Klapper-, Moccasin- und andere
Giftschlangen töte. Sie frißt, wie ich mich durch eigene Beobachtungen
überzeugt habe, gern kleinere Schlangen, ich glaube aber nicht, daß
sie sich an starke Exemplare der genannten Giftschlangen wagt.
Für die Vögel und andere kleine Tiere ist sie ebenso schädlich wie
die Hühnerschlange. — Sehr häufig sieht man in Hecken, Dickichten
und kleinen Bäumen Peitschenschlangen (Masticaphus spec? engl.
Coachwhips) umherkriechen. Es sind dies sehr lange, dünne überaus
schnelle Tiere, welche unzählige Bruten der auf Bäumen und in
Büschen nistenden Vögel zerstören. Schlägt man nach ihnen, so
kommen sie oft blitzschnell auf den Angreifer zu, mit ihrem Schwänze
peitschenartig um sich hauend. — Die schönste texanische Schlange
ist die Scharlachschlange (UhinOstoma coccinea ), welche schar¬
lachrot, schwarz und gelb geringelt ist; sie ist klein, etwa 12 bis
18 Zoll lang, und ziemlich selten. Es giebt noch eine ziemliche An¬
zahl verschiedener Schlangenarten iu Texas, aber sie fallen nicht so
auf, wie die angegebenen. (Fortsetzung: folgt.)
Die wissenschaftlichen und die praktischen Aufgaben bei der
Aufstellung unserer Naturaliensaminlungen.
Von Leopold Martin in Stuttgart.
Als ich vor 15 Jahren den ersten Teil zu meiner »Praxis der
Naturgeschichte“ (Weimar bei Voigt 1869) schrieb, ahnte ich nicht,
daß diese nur für einen beschränkten Leserkreis berechnete Schrift
eine solche Verbreitung in mehreren Auflagen finden werde. Durch
diesen Erfolg ermutigt, war ich bemüht, meine »illustrierte Natur¬
geschichte der Tiere« (Leipzig bei Brockhaus) und zwar unter Mithülfe
einiger renomierter Gelehrter zu schreiben, welches Werk kürzlich
komplet erschienen ist. Nachdem hierdurch der Kreis praktischer
und theoretischer Naturkunde geschlossen ist, will ich in Nach¬
stehendem' das Feld unserer gemeinsamen Thätigkeit betrachten.
Bekanntlich gingen die meisten Naturaliensammluugen älterer
Zeit aus den sogenannten Kunst- und Raritätensammlungeu hervor,
deren Stempel sie noch lange Zeit an sich trugen. Mit der Ver¬
mehrung des Materials stellte sich die Notwendigkeit einer geordneten
Übersicht heraus, die zwar schon mehrfach versucht war; allein erst
durch Buffo n wurde ein bemerkenswerter Abschluß erreicht, bis
Linne mit seinem epochemachenden »System der Natur« alles bisher
Dagewesene überbot und selbst heute noch in hellem Lichte gläuzt.
Das von ihm befolgte System bewegte sich auf so praktischen Grund¬
lagen, daß, obwohl es durch unzählige Entdeckungen vermehrt ist,
doch immer wieder im Liune’schen Sinne fortgearbeitet werden mußte
und es seinen Stempel bis heute noch den Sammlungen aufdrückt,
so vielfach auch darau zu rütteln versucht wurde. Die pariser Samm¬
lung, durch BufFon hauptsächlich geleitet, wurde lauge Zeit als
mustergültig anerkannt, und alle ihre Vorzüge und Fehler gingen
235
auf die allerorts entstehenden Sammlungen über. Da sowohl die
leitende Wissenschaft, als auch die ausübende Technik mit völlig fremdem
Material zu arbeiten hatten, so wahren auch die Zielpunkte in noch
völliges Dunkel gehüllt, und man mußte ruhig abwarten, was die
Einsicht und Fertigkeit des Einzelnen zu erreichen vermochte. Aus
diesem Grunde erhielten denn alle Sammlungen einen gemischten
populären Charakter, dessen Physiognomie sie erst später allmählich
abstreifen konnten. Somit sind denn unsere ersten Sammlungen als
populäre und deshalb auch als diejenigen zu betrachten, welche
als das Gemeingut aller Menschen ihren Vorzug vor allen anderen
Richtungen verdienen. —
Das System Liunes, welches den Jiomo sapiens an die Spitze der
Schöpfung stellt, wurde später mehrfach angegriffen, woraus die Ab¬
sonderung des Menschen in ein besonderes Reich erfolgte. Obgleich
dieser Schritt naturhistorisch nicht zu rechtfertigen ist, so muß er in
Rücksicht des guten Geschmackes doch entschuldigt werden, denn
die taxidermisch bearbeiteten Menschengestalten damaliger Zeit gehören
in das Bereich trübseligster Erinnerungen, die man gern vergißt, und
es ist in der That auffällig, daß man neben den so vollendeten Leistungen
der klassischen Bildhauerei es nur wagen konnte, mit solchen Er¬
bärmlich keiten aufzutreteu.
Wenn Säugetiere und Vögel eben so nackt wie der Mensch sich
zeigten, dann wäre vielleicht die Einsicht einer vollendeteren Auf¬
stellung der Tiere früher gekommen und man würde vielleicht die
Taxidermie eher begünstigt statt zurückgehalten haben. Es ist dies
ein Punkt, den ich ganz besonders im Auge zu behalten empfehle. —
So Überraschendes das Altertum uns in Rücksicht des Menschen
und des Pferdes in der Darstellung ihrer äußeren Anatomie hinterlassen
hat, so unvollkommen waren seiue Leistungen der übrigen Tierwelt
gegenüber, und es bekundete damit, daß man die Morphologie der Tier¬
welt nur höchst oberflächlich studierte. Die scheußlichen Tierkämpfe der
alten Römer ließen es auch nicht zu, daß ihre Maler eingehende Studien
an den Opfern machten, und es war noch keinem derselben klar ge¬
worden, daß die großen Zähne der Elefanten nicht im Unterkiefer,
sondern im Oberkiefer unter den Augen entspringen, welchen Fehler
viele gegenwärtige Maler sogar auf großen kostbaren Bildern den
Alten heute noch nachahmen.
Im Mittelalter, wo allerwärts in Europa Bären- und Löwen¬
zwinger, Wolfsgruben in dergl. entstanden, war das Bestreben, Tiere
zu zeichnen, ebenfalls noch äußerst gering; es beschränkte sich
236
zumeist auf Abnormitäten, von welcheu später die Jagdstücke von
Rubens, Snyders u. A. sieb vorteilhaft auszeichneten. Lauge Zeit
wurden Riidingers Radierungen hoch geschätzt und namentlich von
Jagdliebhabern ihrer Abnormitäten wegen sehr gefeiert, gegenwärtig
aber wenig mehr beachtet.
Erst der neuen Zeit war das eingehende Studium der Tiere vor-
behalten. Wir nennen die Thorwald’schen Löwen, die Amazonen-
gruppe von Kieß, die Arbeiten der Rosa Bonheur und den sehr
fleißigen W. Wolf in Berlin mit seinen Tierstatuetten. Unter den
Zeichnern und Malern der Neuzeit tritt Landseer mit seinen
schottischen Hirschen, Wolf in London und Gould durch seine zahl¬
reichen Monographien exotischer Tierformen auf. Paul Meyer heim,
der schon als Kind seiu Talent zum Tierzeichnen verriet, portraitierte
in wenig Jahren die Tierwelt des zoologischen Gartens zu Berlin; und
seine Affenhumoresken und Stillleben erlangten bald Weltruf, ebenso
hat dessen Schüler R. Friese meine »illustrierte Naturgeschichte
der Tiere« mit vielen wertvollen Originalzeichnungen bereichert.
Dasselbe hat in ähnlicher Weise F. Specht getban, dessen neuestes
Werk »die Säugetiere in Wort und Bild« bereits vieler Anerkennung
sich erfreut. Es darf nicht verkannt werden, daß zu all’ diesen
erfreulichen Fortschritten der Kunst die zoologischen Gärten der
Neuzeit das meiste beigetrageu haben, weshalb diese Institute nicht
bloß in dieser Richtung, sondern noch viel mehr als die haupt¬
sächlichsten Träger der modernen Volksbildung, wie des ökonomischen
Wohlstandes anzusehen und hochzuhalten sind, für welche spezielle
Richtung sich die neueren Versuchsgärten wieder abzweigen.
Wenn ich in Vorstehendem die modernen Tiergärten als haupt¬
sächliche Förderungsmittel der Kunst und der allgemeinen Volks¬
bildung bezeichnet habe, so bleibt noch die Frage zu beantworten,
welche Vorteile sie uns auf naturhistorischem Gebiet gebracht haben.
Da sehen wir denn, daß auf rein wissenschaftlichem Gebiet die Er¬
folge nicht hoch genug angeschlagen werden können, denn es sind
gerade durch sie eine Menge Fragen gelöst worden, die der flüchtig
Reisende in fremden Ländern last niemals zu lösen iui Stande ist.
Die Vielseitigkeit der Obliegenheiten läßt diesem leider nicht immer
die nötige Zeit, wichtige Vorkommnisse wünschenswert verfolgen und
noch weniger, dieselben genügend publizieren zu können, weshalb
vieles im Drang der Geschäfte verloren geht. Einige Tiergärten
haben die löbliche Absicht verfolgt, aus ihren mit Tod abgegangenen
Tieren ein Museum, eine Nekropole ihres früheren Tierbestandes zu
237
begründen, welcher Gedanke an sich höchst schätzenswert ist, in der
Praxis aber vieles Unvorteilhafte mit sich bringt, wozu die Über¬
tragung der Ideen und die Nachahmung der alten systematischen
Sammlungen [gehört. Andere Tiergärten liefern ihre Toten an be¬
stehende Naturaliensammlungen ab, wodurch diese allerdings den
Vorteil genießen, frisches, unverdorbenes Material zu erhalten. Aber
mit dem entflohenen Leben entweichen auch die Geister, die es trugen,
und noch immer irren selbst geübte Konservatoren, bringen Gestalten
zur Darstellung, deren Ähnlichkeit mit dem Leben mau nicht aner¬
kennen kann. Aus dem hier Gesagten geht somit hervor, daß eigentlich
jeder zoologische Garten einen, und zwar sehr tüchtigen Konser¬
vator zur Seite haben sollte, der unablässig bemüht wäre, die Tiere im
Leben zu studieren; denn so lange noch im alten System fortge¬
fahren wird, behält Hartmann in seiner Philosophie des Unbe¬
wußten doch recht, daß unsere gegenwärtigen Sammlungen mehr
oder minder noch Polterkammern der Wissenschaft sind.
1 . Populäre Naturaliensam mluo gen.
Je nach der geographischen Lage oder der Ausdehnung eines
Landes und den verfügbaren Mitteln werden dieselben entweder nach
lokal begrenzten Gebieten oder in solche Sammlungen, die den ganzen
Erdkreis umschliesen, aufgefaßt und danach behandelt. Wegen der
Übersichtlichkeit wird jede solche Sammlung nach einer leitenden
Idee, dem System, aufgebaut und in diesem Sinne geordnet. In früheren
Jahren, wo man noch aller geeigneten Vorbilder entbehrte und die
Taxidermie oder Ausstopfekunst mehr noch ein Handwerk ohne Schule
war, mußte man sich mit der einfachsten Aufstellung der Tiere be¬
gnügen und die wissenschaftlichen Ansprüche darnach richten. Es
enstanden die früheren bloß systematischen Sammlungen deren Charak¬
ter selbst heute noch sehr viele Museen an sich tragen. Der Formen-
sinu war damals noch nicht geweckt und man war zufrieden gestellt
mit der gestaltlosen Schale, welche nur Struktur und Farbe wieder
zu geben hatte. Die Menge des herbeigebrachten Stoffes konnte nur
selten genügend studiert und noch weniger entsprechend bearbeitet
werden, wodurch denn ein gewisser einheitlicher Styl in der Bear¬
beitung entstand, an welchen mau sich allgemach gewöhnte und
welcher schließlich mit einseitiger Zähigkeit festgehalten, allmählich
zum dominierenden Kabinetstyl wurde.
Lehrer und Lernende gewöhnten sich naturgemäß am leich¬
testen an diesen Kabinetstyl, weil eben die damaligen Anschauungen
238
der Wissenschaft auch nicht weit darüber hinaus gingen und folglich mehr
zu wissen nicht verlangt wurde. So kam es denn, daß schließlich
ein gewisser Kabinetskultus sich einbürgerte, welcher von gewisser
Seite mit Hartnäckigkeit; verteidigt und wodurch der Fortschritt eine
lange Zeit zum Stehen gebracht wurde. Jndeß sollte diese Richtung
schließlich die Erfahrung machen, daß ihrem Widerstreben von ent¬
gegengesetzter Seite ein Ende bereitet wurde. Hermann Ploucquet,
früherer Präparator am Naturalienkabinet in Stuttgart, dessen Nach¬
folger ich später war, hatte sich an den monoton eu Formen des
Kabinetstyls bereits müde gearbeitet und fand sein Vergnügen daran,
seine amtsfreie Zeit mit Aufstellung lebensähnlicher Tiergruppen
auszufüllen, mit welcheu er auf mehrfachen Ausstellungen, nament¬
lich in London, ungeahntes Aufsehen erregte. Wenn dieselben auch
nicht immer der beabsichtigten Naturtreue entsprachen, so verstand
man doch die gemeinte Absicht zu würdigen und mußte an dem
Beifall des großen Publikums erkennen, was dieses zu sehen begehrte.
Wenige Jahre später trat der Entomologe Rosenhauer in München
mit seinen überraschenden Darstellungen aus der Entwickeluugsge-
schichte der Insekten auf, welche selbst heute noch den Hauptan¬
ziehungspunkt der sonst ziemlich vernachläßigten Staatssammlung
daselbst bilden. Namentlich wareu es die Rosen hauer’schen Lebens¬
bilder der heimischen Insektenwelt, deren Darstellungen vom Ei bis
zum fertigen Insekt, dessen Nahrungsweise und Verwandlungen auf
kleinem Raum so überzeugend wirkten, daß selbst der eifrigste Gegner
verstummen mußte. Hiermit war das starre Packeis des Vorurteils
durchbrochen und freies Fahrwasser für das Schiff der Entwickeluums-
geschiehte gefunden. Allerdings hatte man schon lange vorher eine
Art Entwickelungsgeschichte bei den Vögeln durch die Eiersamm-
lungen getrieben, wobei jedoch die Frage, ob Nester und Eier als
zusammen gehörend oder als gesonderte Objekte zu betrachten seien,
Streitigkeiten veranlaßte, mit denen die liebe Schuljugend, die man
bereits mit dem Vorhaben betraut hatte, schneller zur Entscheidung
kam, indem sie, selbstthätig, bald mehr Eier iu ihren Schubladen als
die Lehrer iu den ihrigen hatten, von welcher Zeit an die Abnahme
der Vögel bei uns so bemerkbar wurde; dazu trugen schließlich die
fortschrittlichen Lehren der Bodenkultur in Feld und Wald das
ihrige bei.
Bei den N ac k tv ö ge 1 n (siehe meine illustrierte Naturgeschichte,
Vögel) war man weniger glücklich, besonders anschauliche Gruppen
zusammen zu bringen, während solches bei den Dunen vögeln trefflich
239
gelang', welche reizende Familienbilder darstellen ließen. So kam man
denn teils durch die Vielseitigkeit der Natur selbst, teils durch die
Bestrebungen anderer dahin, auch die Entwicklungsgeschichte in
das Programm unserer Sammlungen aufzunehmen und die Erfahrung
hat uns gezeigt, mit welcher Schnelligkeit dieselbe erfolgte. Kaum
war die Idee erfaßt und für die Beschaffung des nötigen Materials
Sorge getragen, so füllten sich alsbald auch die Schränke und Säle
mit reich belehrendem Stoff.
Den Säugetieren wurde nicht mehr verwehrt, ihre oft höchst
iuteressauten Jungen mit in die Sammlung zu briugen, obschon deren
Unterbringung und Aufstellung vieles Kopfzerbrechen verursachte,
denn einfache Brettchen u. künstlich gedrehte Ständer wollten für
das Jugendalter nun einmal nicht passen, weshalb Nester für die
Haselmäuse und Zwergmäuse, Eichhörnchen u. s. w. nur mit vielem
Kampf und Widerstreben sich Eingang verschaffen konnten. Junge
Hasen!, Rehe, Wildschweine u. a. mußten lange Zeit auf den bloßen
Brettern Platz nehmen, weil geeignete Staffage im Programm nicht
vorgeschrieben war und folglich als Spielerei angesehen wurde, und so
erging es den meisten Säugetieren und ergeht es vielen derselben noch
bis zur heutigen Stunde. Die Wissenschaft schämt sich eben, mensch¬
liche oder besser gesagt, natürliche Gefühle zu zeigeu. Bei den
Vögeln half die Natur zur richtigen Vermittelung, denn ihre Nester
auf drei oder vier Hölzer zu stellen erschien doch gar zu absurd und
deshalb beließ mau ihnen die selbst gewählte Unterlage, die ich
selbst in den an Entstellungen so reichen holländischen Sammlungen
wiederfand. Die Papageien u. Spechte, die ihre Nester in Baum¬
höhlen anlegen, sieht man hier und dort schon aus ihren durchsäg-
teu Stämmen herausschauen und was die letzteren betrifft, so kann
man in der württembergischen Sammlung sämtliche einheimischen
Spechte auf diese Art aufgestellt finden. Überhaupt ist diese Samm¬
lung seit der Einführung gedachter Richtung höchst lehrreich geworden,
weshalb deren Säle und Schränke immer von einem dankbaren
Publikum umstellt sind. Die biologischen Darstellungen sind es,
welche ihren unwiderstehlichen Reiz auf den Menschen ausüben,
weil diese einen Akt aus der Geschichte der Einzelwesen darstellen,
während nichtssagend aufgestellte Vögel, auch noch so bunt, nur so
lange anziehen, bis der Reiz der Farbenpracht befriedigt ist. Die
große Menge will also zunächst in biologischer Beziehung bo-
lehrt sein, wozu unsere Vogel weit so vielen Stoff darbietet. Denken
wir nur an die so merkwürdige Einmauerung der Weibchen bei den
240
Nashornvögeln ; an die Mannigfaltigkeit der Nistweise bei den Laug-
händern, den niedlichen Nestern der Kolibris. Vergegenwärtigen
wir ons die an Zahl so überaus reichen Singvögel, deren Nester
bald Näpfen, bald Hohlkugeln gleichen, bald zu kolossalen Dächern
sich ausbreiten wie bei einigen Webervögeln, oder korbartige und beutel-
artige Form an schlanken Zweigen erhalten oder endlich wie lange
Schrotbeutel an den Zweigen hängen wie die der Beutelstare. Er¬
innern wir uns an die merkwürdigen, kuriositätsammelnden Nester
der Laubenvögel, die mancher Raben und schließlich der Taubenarten,
so begegnen wir einer Unzahl von Variationen, die das besorgte
Vogelleben für die Sicherung seiner Nachkommen erdacht hat.
Gleichsam eine neue Welt tritt uns in den größtenteils nest¬
flüchtenden Dunen vögeln entgegen, während ihr wolliges Kleid
uns ebenso anzieht wie der frühreife Zustand ihrer sonstigen Ent¬
wickelung. Eiue längere Brütezeit hat sie befähigt, vollkommener
die Wrelt zu betreten als die nesthockenden Nacktvögel dies ver¬
mocht haben. Eine lange Reihe der wichtigsten biologischen Momente
rollt sich bei ihrer Betrachtung vor uus auf und in ihren riesenhaften
Formen fiuden wir die Kurzflügler an uns vorübereilen, deren
Blütezeit in früheren Weltperioden zu suchen ist, obschon einzelne
Glieder erst in unserer Zeit erloschen sind. Als eine jedenfalls uralte
Lebensform des Vogellebens lernen wir die Großfußhühner kennen,
die zur Ausbrütung ihrer Eier sich künstlicher Wränne bedienen und
damit ihre .Juugeu derart zeitigen, daß sie bald nach der Geburt zu
fliegen vermögen. Die Hühner, deren größtenteils geringes Flugver¬
mögen sie auf ihre Lauffähigkeit verweist, sind vermöge ihrer großen
Reproduktionskraft als Nährtiere von besonderer Wichtigkeit. Nur
eine Art, der Argusfasan, macht sich durch seine abnorme Flügel¬
bildung bemerkbar, welche besonders zur Darstellung gelangen sollte,
während das Familienleben der Hühner auch biologisch von höchstem
Interesse ist. (Fortsetzung folgt.)
241
Ein Besuch des Zoologischen Gartens zu l'öln.
Von L. Wunderlich.
(Schlufä.)
Seitwärts vom Elefantenhaus zwischen dem großen und dem
Inselteich liSgt die Schwimmvogelvoliere, eine Bretterhütte mit
sieben Außenläufen. Von diesen sind die drei mittleren rings ge¬
schlossen und sollen wahrscheinlich zur Aufzucht von Schmuckenten
dienen. Doch glaube ich, daß dieselben hierzu zu klein sind. Die
übrigen vier Läufe sind von einem sehr niedrigen Gitter umzäunt.
Da sie die zum Verkauf bestimmten Entenarten enthalten, so wechselt
ihre Bevölkerung sehr häufig. In jedem Lauf befindet sich ein
Wasserbecken aus Zinkblech, deren Speisung von dem in der Mitte
liegenden Becken erfolgt. Tannen, Koniferen und eine Umraukuug durch
wilden Wein geben der ganzen Voliere ein gefälliges Außeres.
o O O O
Der Inselweiher, der sich quer durch den Garten vom großen
Raubtierhaus zur Direktorwohnung hinzieht, verdankt seinen Namen
den zahlreichen Inseln, die fast das Wasser an Größe der Fläche
übertreffen. Diese wie auch das Ufer sind dicht, ich möchte fast
sagen zu dicht, mit Bäumen besetzt, sodaß die Bewohner des Teiches
des direkten Sonnenlichtes entbehren müssen. Der Teich ist viel¬
fach geteilt und von zahlreichen Auatideu bewohnt, unter denen
ich folgende aufzeichnete: Fuligula cristata , F. nyroca , F. ferina ,
F. rufina (die hier gebrütet hat), Anas boschas , A. supcrciliosa ,
A. xanthorhyncha , A. acuta , Cairina moschata, Anser ferus , A. albi-
frons , Gy'gnus atratus , C. musicus. Um auch dem Publikum einen
Zufluchtsort vor Regeu oder Sonne zu bieten, hat man hart am
Teiche eine Veranda gebaut, von der aus man das Treiben der
Enten auf das schönste beobachten kann.
Der große Teich ist im Gegensatz zum vorigen ohne Einfriedi-
gnng, ohne Teilung und nur von wenigen Inseln bedeckt. Rings-
herum zieht sich ein breites Wiesenufer mit Rosenbeeten, Bosketts
und Bäumen. Unter diesen lassen zahlreiche Trauerweiden ihre
Zweige tief auf den Wasserspiegel herabhängen. Drei eiserne Nachen,
welche sofort nach dem letzten Hochwasser angeschafft wurden,
haben hier ihren Platz gefunden, um in kommenden Fällen zur
Hand zu sein. Bewohnt wurde der Teich von dem Höckerschwan,
dem Singschwan, Varietäten der Hausgans uud einigen der oben¬
genannten Enten. Auch das Wasserhuhn, Fulica citra , fehlt hier
Zoolog. Gart. Jalirg. XXV. 1884. 16
242
keinen Sommer und brütet in dem dichten Schilf, das sich an
einzelnen Stellen des Ufers findet. Sein Wasser erhält dieser Teich
von dem dicht an seinem Rande gelegenen Biberbassin. Von einer
Krotzengruppe stürzt es herab, füllt das cementierte Becken für
den kanadischen Biber, der hier haust, und strömt nach hinten in
den großen Teich.
Jenseits desselben, die nordöstliche Grenze des Gartens dar¬
stellend, liegt die große Raubvogelvoliere, ein langgestrecktes Bau¬
werk in Eisenkonstruktion. Im Hintergründe befinden sich ge¬
mauerte Hallen, die im Winter durch Brettereinsätze geschlossen
werden. An den beiden Kopfenden liegen in zwei Etagen angeordnet
massive Käfige, die namentlich für die Eulen bestimmt sind, doch
auch kleinere Falken enthalten. In dem mittelsten Raum der laugen
Voliere, der die übrigen weit überragt, befindet sich ein großes
Wasserbecken, von dem aus die kleineren der Abteilungen rechts
und links gespeist werden. An bequemen Sitzstangeu fehlt es
nicht. Die wichtigsten Bewohner waren : Cäthartes citrata , C. aura ,
Sarcoramphus papa, S. gryphus, Gyps fulvus, Vuliur monaclius,
Gypaetus barbatus , Polyborus brasiliensis , P. Chimavgo , Astur caelri-
nans , Milvus ater , Haliaetus albicilla , Hdotarsus ecaudatus, JBut.eo
agnici, Aguila fulva , A. imperialis, A. naevia , Falco peregrinus ,
Bubo maximus, F>. virginianus , As io capensis und eine Maskeneule,
Giceaba torquata.
Unser Weg führt uns weiter nach einem Gehege, in dem
Angoraziege und Zackeischaf untergebracht sind. Darauf am so¬
genannten Verbindungsteich vorbei, dessen untere Hälfte von Pele-
canus crispus und P. onocrotalus , dessen obere von Anser torquatus ,
A. leucopsis , A. indicus, A. segetum und einigen der schon ge-
nanuten Enten bevölkert wird. Auch der Seehund verweilt hier
während der warmen Jahreszeit. Hinter diesem Teil des Teiches
erhebt sich ein mit Blumenterrassen geschmückter Hügel, auf dem
das Haus des Direktors steht.
Das Straußenhaus vorläufig links liegen lassend, gelangen wir
zu dem mittleren Teich, einer Reihe zusammenhängender und um¬
friedigter Wasserbecken, die ebenfalls so dicht mit Laubbäumen
umpflanzt sind, daß kein Sonnenstrahl sie treffen kann. Fuligula
rufina , Anas cJiiloensis , Aix sponsa , A. galericulata, Vulpanser varie-
gata , Cygnus atratus mit drei halbwüchsigen Jungen und G. nigri-
collis fand ich hier vor.
Der Bergweiher, den ich oben bei der Speisung der Teiche
243
schon erwähnt habe, ist ebenfalls vollkommen im Schatten gelegen.
Er beherbergt außer einigen schon genannten Enten : Fuligula clan -
gula, Anas penelope , A. crecca , A, circia und Vulpanser tadorna.
Über eine Brücke, welche uns zwischen den beiden letzt¬
genannten Teichen hindurchführt, gelangen wir an dem geräumigen,
rings geschlossenen Fischotterbassin vorbei an das hinter dem Affen¬
hause gelegene Gänsegehege. Es sind sieben große, mit Gras be¬
wachsene Läufe, die vom Abflußkanal des Flamingoteiches durchzogen
werden. Außer Cervas capreolus und Phascolomys Wombat fanden
sich hier von Schwimmvögeln : Larus marinus, Gracidus carbo ,
Vulpanser variegata , Ghenalopex aegyptiacus , Anser sandvicensis,
Pledropterus gambensis, Choristopus melanoleucus und Cereopsis
Novae- Holla 1 1 diae.
Nur wenige Schritte weiter und wir stehen vor dem Grotteu-
Bärenzwinger, so genannt nach dem größten Käfig dieses Gebäudes.
Dieser, von ausnahmsweise großen Dimensionen, ist im Hintergründe
grottenartig angelegt, doch leidet er au dem Fehler, daß er zu
hoch liegt und die etwa am Boden liegenden Tiere schlecht zu sehen
sind. Lauge Zeit wurde er von den amerikanischen schwarzen
Bären bewohnt. Jetzt enthält er 1 Ursus ardos masc. und 1 U. ferox
fern., die sich zuweilen recht ernsthaft um die Herrschaft streiten.
Unter diesem Käfig liegen kleine Gewölbe, die von Steinmarder,
Edelmarder, Dachs, Prairiehund, Hamster und Angorameerschweinchen
bewohnt wurden. Hinter dem großen Zwinger befinden sich rechts
vier größere, oben offene Käfige mit Innenkäfigen, die mit Hyaena
crocata , II. striata , H. brunea und Ursus labiatus besetzt sind.
Diesem entsprechend finden wir links hinter dem Zwinger niedrige
rings mit Eisenstäben geschlossene Käfige, deren Innenkäfige unter
denen der rechten Seite liegen. Hier sind außer dem Fuchs auch
einige wildlebende Verwandte des Hundes untergebracht, nämlich :
Canis primaevus , C. aureus , C. lupus und C. Dingo. Die Vielfraße,
welche sich hier mehrere Jahre hindurch wohl befanden, sind leider
nicht mehr am Leben.
Dem Grottenzwinger entsprechend, am anderen Ende des Ge¬
bäudes, liegt der erst wenige Jahre alte, in Ziegelrohbau ausgeführte
kleine Bärenzwinger. Es sind drei Räume, deren Tnnenkäfige von
hinten bequem zu erreichen sind. Prachtvolle Exemplare von Ursus
tibetanus , U. ornatus und U- malciyanus bewohnen sie. Dieselben
‘werden ausschließlich mit Brot und Milch gefüttert, und ich glaube
244
wohl mit Recht annehmen zu dürfen, dafä diese Ernährungsweise
solch einen vorteilhaften Einfluß auf ihr Haarkleid hat.
Dicht neben diesen Zwingern strebt eine Felseupartie, die aus
Lavabruchsteinen ausgeführt ist, mit grotesken Formen in die Höhe.
Mittels einer Treppe gelangt man auf die Plattform, von wo man
einen schönen Blick auf den Garten und den vorbeifließenden Rhein
hat. Ein Wasserfall, rankender Epheu und wilder Wein tragen
nicht wenig zur Verschönerung der Felsengruppe bei. Umgeben
wird sie von sechs Gehegen, iu denen Ccipella rupicapra , Capra
Ibex , C. hircus angorensis , C. h. reversa , Ovis tragelaphus, dessen
prachtvoller Bock eine besondere Erwähnung verdient, und 0. musi-
mon ein passendes Unterkommen gefunden haben. Als Stallungen
dienen ihnen, wenn ich mich recht erinnere, luftige Holzhütten und
nicht gemauerte Gewölbe, wo eiu Luftwechsel fast unmöglich ist.
Das zwischen der Felsenpartie und der Direktorwohnung ge¬
legene Straußenhaus ist ein kleines, massives, heizbares Gebäude,
rings von Läufen umgeben. Neben Struthio camelus sah ich hier
zum erstenmal ein Paar des St. somaliensis aus dem Somalilande.
Außerdem Jlhea americana , Casuarius gcileatus und Dromaeus
Novae-Hollandiae. Im Winter finden hier die wertvolleren Kraniche
ihr Unterkommen, bei meinem Dortsein war hier nur Gras mexicana
zurückgeblieben.
Die Felsenpartie rechts liegeu lassend, kommen wir an der
Gärtnerei vorbei, darauf an einer kleinen Stellage mit zwei Reihen
Käfigen, in denen einheimische Raubvögel zur Schau gestellt sind.
Das sich eng daranschließende kleine Raubtiergehege zerfällt in vier
größere und drei kleinere Räume. Im Hintergründe sind Hallen,
in denen noch kleine Kasten stehen, die den Tieren als Versteck
dienen. Procyon Lotor , Canis pallieeps aus Indien, C. argentatus ,
C. lagopus , Lynx rufus aus Mexiko und Myopotamus Coypu fand
ich hier vor.
Unseren Weg au der südöstlichen Grenze des Gartens fort¬
setzend, gelangen wir jetzt zu dem großen Bärenzwinger. Der
Einblick in die drei geräumigen Außenkäfige ist wie gewöhnlich
von vorn und oben. Im Hintergründe des mittleren ist eine Terrasse
aus Krotzen gebaut, von der das Wasser in das am Fuße derselben
gelegeue Bassin strömt. Hier wohnt ein prachtvolles Eisbärenpaar.
In den Käfigen rechts und links befindet sich ebenfalls je ein
Bassin, an Stelle der Felsmasse sind Kletterbäume getreten. Als
Bewohner konstatierte ich ein Paar braune und ein Paar Grisli-
baren. Hinter jedem Außenkäfig befinden sich zwei Innenkäfige,
deren Thüren von dem Gang hinter denselben geführt und gesichert
werden, so daß es den Bären unmöglich ist, dieselben zu heben.
Die Innenkäfige waren früher aus Holz gebaut, sind jetzt aber
massiv und von dem Wärtergang hinter denselben leicht zugänglich.
An der anderen Seite dieses Ganges liegen verschiedene Räume, die
zur Aufbewahrung der Futtervorräte, als Schreinerwerkstätte u. s. w.
dienen.
In der einmal eingeschlagenen Richtung weitergehend, kommt
man in eine Allee, an deren linker Seite die Wiederkäuerparks
gelegen sind. Acht Häuser, zum Teil aus rohen Balken, zum Teil
aus Brettern und mit Borke oder Weidengeflecht beschlagen, liegen
im Hintergründe der sechzehn geräumigen Läufe, welche von einem
künstlichen Bach durchflossen werden. Bewohnt wurden sie von
3 Rem gif er tarandus, 6 Cervas cixis , 3 C. Russct , 4 C.'-moluccensis ,
3 Ros grunniens , 2 B. Bison, 6 B. americanus, 1 B. Indiens , 3 B.
caffer (1 masc ., 2 fern., schöne Tiere), 4 B Kerabau , außerdem von
mehreren Exemplaren des schottischen Ponys, die im Garten Fahr¬
dienste verrichten müssen.
Wir sind jetzt nahe am Eingang und wenden uns wieder
zurück, die kommenden drei Parksysteme umgehend. Das erste
beherbergt in zwei sich gegenüberliegenden Häusern, die durch
sieben Läufe verbunden sind, das Trampeltier, (Jamelns bactrianus ,
mit einem Jungen und von Lamas Vertreter der Arten Anchenia
Lama , A. Faco und Ä. Vicunna. Im nächsten Parksystem, einem
größeren Hause, welches auch zur Aufbewahrung der Cerealien dient,
mit fünf Läufen finden wir Cervus canadensis , C. Aristotelis , C. sika
und C. porcinus. Den dritten Park endlich, der durch mehrere
Gitter in kleine Läufe geteilt wird, bewohnen verschiedene Farben¬
varietäten des Damwildes und der Edelhirsch in dem gewöhnlichen
roten Haarkleide und in einer weißen Varietät. Zum Schutz gegen
die Unbilden der Witterung dienen ihnen zwei offene Hallen.
Das Affenhaus, zu dem wir nun gelangen, ist ein freundlicher,
zweckentsprechender Bau. Seine Hauptfront liegt nach Süden. An
dieser befinden sich außen ein großer Sprungkäfig und rechts und
links davon sechs kleinere. Die von diesen ins Innere führenden
Thürchen für die Affen befinden sich etwa IV2 rn hoch über dem
Boden, sind jedoch durch kleine Leitern leicht erreichbar. Man
betritt das Haus von der westlichen Seite, wo ein Windfang zur
Verhütung von Zugluft angebracht ist. Das Innere ist äußerst
246
reinlich und hell, da es außer großem Oberlicht auch noch au der
westlichen und östlichen Seite Fenster hat. Au den beiden anderen
Seiten befinden sich die Innenkäfige, an der südlichen ein großer
und sechs kleine, an der nördlichen sechs gleichgroße. Uber diesen
sind noch kleinere angebracht, die zum Absperren der Alfen behufs
Reinigung oder sonstiger Arbeit in den Käfigen dienen. Jeder
Käfig der südlichen Seite ist durch einen kurzen Gang mit einem
Außenkäfig verbunden und der Verschlußmechanismus derart, daß
nicht leicht ein Affe entweichen kann. Die Innenkäfige jeder Seite
stehen selbstverständlich untereinander in Verbindung, der Schieber
wird von dem hinter den Käfigen herlaufenden Wärtergang regiert.
Vor den Fenstern sind Tische angebracht, auf welchen zwischen
Blumen und Blätterpflanzen Terrarien stehen, in denen auch die
Krallenäffchen Unterkommen finden. Die übrigen werden von
Eidechsen, Chamäleons und verschiedenen Schlangen bevölkert. In
der nordwestlichen Ecke des Hauses liegt ein cemeutiertes Wasser¬
becken, worin Krokodile und Schildkröten herbergen. Herr Direktor
Funck strebt darnach, ein Reptilienhaus anzulegen und hat den
Wechsel warmen Tieren vorläufig im Affenhaus einen Platz angewiesen.
Die Besetzung desselben mit Affen ließ bei meinem letzten Dortsein
zu wünschen übrig, doch sah ich dort schon von altweltlichen Affen :
Cercopithecus cynosurus , G. sabaeus, C. Diana, C. mona , G. cephus ,
G. ruber , G. fuliginosus, Macacus cynomolgus, M. sinicus , M. Rhesus ,
M. nemestrinus , M. Inuits, Gynocephalus porcarius, C. Babuin , C.
Sphinx, G. Hamadryas , C. Mormon ; von neuweltlichen Affen: Gebus
capucinus , G. hypoleucus, G. apella; von den seltenen Kral len affen :
Hapale Rosalia, II. Oedipus und II. penicillata; von Halbaffen :
Lemur ruber und L. catta. Außerdem haben hier zeitweilig Pteropus
edulis , Gercolabes prehensilis, Dasypus sexcinctus, Myrmecophaga
jubata. Hcrpestes Ichneumon , Nasua solitaris und andere mehr Unter¬
kommen gefunden. An der Nordseite liegt das Zimmer für den
Wärter und die Heizung und zwar eine Wasserheizung, welche sich
anscheinend ganz gut bewährt.
Das Affenhaus war vor einigen Jahren in Gefahr, vom Blitz
in Brand gesteckt zu werden. Man hat die Lehre beherzigt und
alle größeren Gebäude mit Blitzableitern versehen.
Nun noch au einem kleinen Kiosk vorbei, in dem sich Sciurus
vulgaris, S. griseus und S. dorsalis befinden, und zu den Stachel¬
schweingrotten mit Hystrix cristata und Cavia cobaya und wir haben
den ganzen Garten durchwandert. Gewiß ist es kein Zufall, daß
247
unser Führer den Weg gerade vor der Restauration enden läßt,
aber gern lassen wir uns verführen, hier noch einen Augenblick zu
verweilen. Von der Terrasse aus sehen wir den Flaniingoteich,
weiter eine grünende Wiese. Links wird unser Auge von den
Sprüngen der Alfen gefesselt, rechts von dem Treiben der Hirsche
und ganz im Hintergründe erblicken wir den Bärenzwinger mit
seinen unruhigen Bewohnern. Wir können so ein gutes Stück des
eben durchwanderten Gartens nochmals in aller Bequemlichkeit
betrachten und, wenn wir Glück haben, auch einem Konzerte lauschen,
die hier wöchentlich zweimal stattfinden.
Wir se.heu, daß der Garten gut besetzt ist, daß er gut gehalten
ist und infolge dessen auch gut besucht wird. Der Zoologische
Garten in Cöln steht finanziell wohl am besten unter den gleich¬
artigen Instituten Deutschlands, seine Abschlüsse sind, wie z. B.
der Bericht im Jahrg. XXII, pag. 123 dieser Zeitschrift zeigt, sehr
günstig und nach allen Abschreibungen ist noch immer ein Über¬
schuß vorhanden. Hollen wir, daß bei gleicher Verwaltung und
Direktion der Garten noch lange auf der erlangten Höhe verbleibe.
Noch einige Bemerkungen über das Nahoorschaf,
JPseudois Nahoor.
Von Dr. Th. Noack.
Nachdem ich in meinem früheren Artikel *) unter verschiedenen
bemerkenswerten Tieren der Hagenbeck’schhn Sammlung resp. des
zoologischen Gartens in Hamburg das Nahurschaf kurz beschrieben
hatte, habe ich jüngst in Berliu Gelegenheit gehabt, durch die
Güte des Herrn Professor Dr. Nehring Einsicht in das Material
zu nehmen, welches die dortige landwirtschaftliche Akademie in
osteologischer, graphischer und litterarischer Beziehung über das
Tier besitzt und mich dadurch selbst so genau über das Nahurschaf
zu informieren, als das augenblicklich nach dem noch sehr mangel¬
haften Stande unserer Kenntnisse möglich ist. Die zoologische Samm¬
lung besitzt 3 Schädel, 2 von erwachsenen Männchen (einen mit voll¬
ständigem Gehörn, die andern mit den Knochenkernen) und den eines
jungen Lammes. Dazu kommt eine ganze Kollektion von Abbildungen,
die aus verschiedenen Publikationen gesammelt sind. Das vorhandene
*) Seite 110 dieses Jahrgangs.
248
Material ist vortrefflich dargestellt in dem Werke von Nathusius
über die Schafzucht und übersichtlich in einer Abhandlung von Pro¬
fessor Peters in den Berichten der Berliner Akademie der Wissen¬
schaften aus den 77er Jahren. Das Resultat meiner Vergleichung
ist, daß die Hamburger Schafe mit dem, was man bisher als Nahur-
schaf bezeichnet hat, nicht stimmen und daß mau nach dem wissen¬
schaftlich unter sich sehr abweichenden Material sich nur eine mangel¬
hafte Vorstellung vom Nahurschaf bilden kann.
Bekanntlich hat man die Gattung Pseudois benannt, weil die
als Nahurschaf bezeichueten Bockschädel, welchen außerdem ein auf¬
fallend steiler Abfall des Hinterhaupts eigentümlich ist, der aber an dem
Lammschädel nicht in dem Maße vorhanden ist, sich durch den Mangel
an Thränengruben auszeichuen , während die eigentlichen Schafe
dieselben besitzen, und z. B. das Argalischaf dieselben hirschartig
vertieft. Nun finde ich aber in meiner vor 1 3/r Jahren bei Herrn
Hagenbeck genommenen Zeichnung ausdrücklich die Thränengruben
angedeutet, und ein besonders steil abfallendes Hinterhaupt habe ich
an den Hamburger Exemplaren auch nicht bemerkt. Ebenso wenig
stimmt meine Zeichnung mit den von mir in Berliu verglichenen
Abbildungen , die allerdings meist unzureichend und offenbar nach
mangelhaft dargestellten Bälgen gezeichnet sind. Nur eine vou
M i 1 n e Edwards publizierte Abbildung ist gut gezeichnet und stellt
das Tier so dar, wie der Maler Hu et es (ob lebend ist aus der
Zeichnung nicht ersichtlich) gesehen hat. Aber auch hier finden
sich erhebliche Abweichungen von den Hamburger Tieren Zwar stimmt
die Färbung im allgemeinen, aber die Wangen der Hamburger Tiere
sind viel heller, der helle Rand um die Augen ist viel schärfer markiert,
die helle Kehle scharf abgegrenzt, während Hu et eine dunkle Mähne
am Halse zeichnet. Ebenso wenig hatten die Hamburger Tiere, als
ich sie zeichnete, dunkle Streifen au der Vorderseite der Beine sowie
ein dunkles Querbaud um das Fesselgelenk, ähnlich wie am Fuße
der Nilgau-Antilope. Indessen ist dabei zu bemerken, daß die
Bänderung der Beine sich besonders zur Zeit des Haarwechsels bei
längere Zeit in der Gefangenschaft gehaltenen Tieren fast ganz ver¬
wischt. Bei Equus hemionus und Asinus taeniopus des Berliner
Zoologischen Gartens ist augenblicklich fast nichts davon zu bemerken.
Auch die Hornspitzen au den von mir gezeichneten Nahurschafen
zeigten nicht oder noch nicht die am Nahurschaf charakteristische
Windung nach außen und nach hinten, sondern waren nur im flachen
Bogen nach hinten und oben etwas nach außen gekrümmt.
o o
249
Man mußte also entweder annelimen, daß die Hamburger Schafe
gar nicht Pseudois Nahoor sind, sondern einer neuen noch nicht be¬
stimmten Art angehören, oder daß das Nahurschaf sich im Laufe
der Jahre so außerordentlich verändert, daß es schwer hält, über¬
haupt einen konstanten Typus von Pseudois Nahoor aufzustellen.
Für meine subjektive Überzeugung erscheint allerdings vorläufig das
von mir lebend beobachtete Tier, das doch als Nahurschaf aus Indien
importiert ist, wichtiger als die nach einzelnen Schädeln und Bälgen
gemachten Beschreibungen .
Eine Vergleichung der berliner Nahurschädel mit denen der
Heidschnucke und des schottischen Bergschafs führte zu keinem
Resultate, weil das Pseudois Nahoor , welches die berliner Schädel
repräsentieren, ein sehr großes Wildschaf sein muß, mit dem die
Hamburger Tiere sich bis jetzt nicht zusammenbringen lassen, und
weil die Vergleichung von Schädeln erwachsener Mänuchen mit denen
der Männchen und der jungen Tiere bei Schafen so gewaltige Diffe¬
renzen aufdeckt, daß man vorläufig ohne ausreichendes Material
ganz davon abstehen muß.
Es giebt keine Tierspecies, wo die Männchen so außerordentlich
verschieden und die Weibchen so sehr ähnlich sind, wie ovis und
capra. Es scheint fast, als ob wir in der weiblichen Form der Wild¬
schafe; Wildziegen und Steinböcke noch eine Urform erkennen können,
aus welcher sich erst später die großen Differenzen der 3 Arten,
wie sie der Bock repräsentiert, herausgebildet haben. Unser brauu¬
schweiger Museum besitzt z. B. ein vortrefflich präpariertes Paar
des Kaukasus-Steinbocks, Capra Ihex caucasica , der übrigens eher
zu ovis als zu capra gehört, bei welchem niemand die Ziege a priori
als zu dem Bock gehörig erkennen würde, so groß sind die
Differenzen in jeder Beziehung. Gerade bei den Wildschafen aber
haben die Forscher hauptsächlich die männliche Form zur Arten¬
bestimmung berücksichtigt, wie auch in den Sammlungen meist
männliche Schädel sich finden. Gewißheit erlangt man erst, wenn
man von einem Wildschaf die Jugendform, das erwachsene Weibchen
und das erwachsene Männchen kennt. Demnach kann ich mir sagen,
was ich schon in meinem früheren Artikel ausgesprochen habe, daß mir
die Hamburger Nahurschafe Ähnlichkeit mit der Heidschnucke,
dem schottischen Bergschaf und, wie ich in Berlin gesehen habe,
besonders mit der graubündner Bergrasse zu haben scheinen. Zum
Schluß möchte ich noch bemerken, daß als eine der wichtigsten Aus¬
gangsformen für unser Hausschaf Ovis Vignei Blyth bezeichnet
250
gute
werden muß, von welchem die Berliner Sammlung mehrere
Schädel besitzt. Dieses Wildschaf lebt in Birma, wo es noch heute
den Namen Scha oder Schapn trägt (vergl. auch das Werk v. Nathusius);
der Schädel zeigt nach Größe, anatomischen Verhältnissen und
Hörnerwuchs eine entschiedenere Ähnlichkeit mit unserem grob¬
wolligen Laudschaf als irgend eine andere Art der Wildschafe.
Eine Missbildung an Federn.
Von G. Simmermacher.
Im Anschluß an die von mir im Heft 12 des vorigen Jahr¬
gangs gegebenen Notizen über einige Mißbildungen bei Vögeln und
Säugetieren möchte ich hier noch eine eigentümliche Verbildung au
Federn zur Sprache bringen.
Die betreffenden Federn stammen von einem im Zoologischen
Garten zu Hamburg gestorbenen und von da ins Zoologische Institut
zu Leipzig gekommenen gehaubten Schreier, Ghauna chavaria
(111. Ordnung: Grallatores , Watvögel, Farn. Alectoridae, Hühuer-
stelzen) aus Südamerika. — An mehreren in meinen Besitz gekommenen
Federn treten am Schaft mehrmals eigentümliche Verdickungen (in
die Breite und in die Höhe) auf; dieselben sind bei der einen Feder
stärker, bei der anderen schwächer. Außerdem ist der untere Teil
(die Pose) bei keiner der 4 in meinem Besitz befindlichen Schwung¬
federn gerade, sondern mehr oder weniger durch Krümmung verbildet.
Die Ursache dieser eigentümlichen Erscheinung kann ich leider nicht
angeben. Auf meine briefliche Anfrage bei Herrn Inspektor W. L.
Sigel in Hamburg erwiderte mir derselbe iu liebenswürdigster Weise,
vermochte mir aber meine Frage, ob der Vogel an einer Krankheit
gelitten hätte, nicht zu beantworten. Herr Inspektor Sigel schrieb
mir: »So viel ich mich dessen erinnere, hatte der letzgenannte
Vogel, den wir über 4 Jahre besaßen, auffällige Krankheitssymptome
nicht gezeigt, der eine Flügel war allerdings, um das Tier an dem
Entweichen zu hindern, etwas gestutzt worden, doch war dies ohne
jeden Einfluß auf denselben geblieben«. — Sollte nicht vielleicht
doch das Stutzen mit der Mißbildung des Flügels im Zusammenhang
stehen? Leider besitze ich keine Federn vom anderen Flügel, um zu
sehen, ob dort die Mißbildung auch auftritt oder nicht. — (Dies
ließe sich aber leicht durch Untersuchung analog behandelter Vögel
— 251
teststellen). Der innere Bau des Schafts zeigt an den verdickten Stellen
keine Veränderung. Mikroskopische Querschnitte zeigen dieselben
Verhältnisse, wie ich solche auf Querschnitten durch normale Federn
(von Buteo vulgaris) sah: Ein weitmaschiges Mark, begrenzt von
einem schmalen Ring einer dichteren Außenschicht. - Die Quer¬
schnitte durch den normalen und verbildeten Schaft gleichen sich
völlig.
Gelungener Wiederbelebungsversuch an einer ertrunkenen
grünen Eidechse.
Von H. Fischer-Sigwart in Zofingen.
Wenn im Terrarium im Frühling die grünen Eidechsen die
Winterquartiere verlassen, so sind sie im Anfang noch sehr schlaf¬
trunken und ungelenkig und gehen dann zuerst der Wärme ent¬
gegen, erklettern ein von der Sonne beschienenes Plätzchen, um sich
zu erwärmen und dadurch ihre frühere Gelenkigkeit und Lebhaftig¬
keit wieder zu erlangen. Unbeholfen und langsam in ihren Be¬
wegungen, kommt es dann vor, daß eine ins Wasser fällt, sich nicht
mehr herausarbeiten kann und ertrinkt, während sie im Sommer
ausgezeichnet schwimmt und pfeilschnell eine Wasserfläche durch¬
schneidet, die ihr den Weg versperrt. —
So lauge in meinem Terrarium keine Vorrichtungen angebracht
waren, um das Hiueinfallen von grünen Eidechsen in ein Wasser¬
bassin zu verhindern, verunglückten auf diese Weise in zwei Früh-
lingen mehrere. Dreimal aber gelang es, scheinbar ertrunkene durch
Wiederbelebungsversuche mit vieler Mühe ins Leben zurückzubringen,
auch wenn sie schon über eine Stunde im Wasser gelegen waren.
Der dritte Fall war der schwierigste, und da frühere Fälle geglückt
waren, so wurde diesmal mit der daneben gelegten Uhr gearbeitet.
Es folgen hier die gemachten Beobachtungen. Leider konnte nicht
genau festgesetzt werden, wie lange die Eidechse unter Wasser ge¬
wesen war, als sie herausgezogeu wurde ; doch war dies derjenige
Fall, wo dies am längsten stattgefunden batte und wo am wenigsten
Hoffnung vorhanden war, sie zu retten.
Die künstliche Atmung wurde in der Weise eingeleitet, daß
nachdem die Eidechse abgetrocknet war, sie auf den Rücken gelegt
wurde. Nun faßte ich sie hinter den Vorderbeinen da, wo die Lunge
sich befindet, zu beiden Seiten an der Haut, erweiterte durch ab¬
wechselndes sorgfältiges Ziehen und Zusammendrücken den Brust¬
kasten und verengerte ihn wieder, so daß abwechselnd Luft in den¬
selben ein- und dann wieder austreten mußte; ich ahmte so die
künstlichen Atembewegungen nach, wie sie in ähnlicher Weise bei
erstickten Menschen angewandt werden. Nach zwanzig Minuten
war noch kein Erfolg sichtbar. Da ich von den früheren Versuchen
her wußte, daß sich die ersten Anzeichen des wiederkehreuden Lebens
an der Zungenspitze zeigen, öffnete ich ihr den Mund, konnte aber
lauge keine Bewegung wahrnektnen und wollte sie eben als tot in
Spiritus setzen, als ich an der Zungenspitze ein kaum bemerkbares
Zucken wahrzunehmen glaubte, so schwach, dass ich nicht einmal
sicher war, ob es wirklich eine Bewegung war oder ob eine Täuschung
obgewaltet habe. Doch fuhr ich nun mit meinen Bemühungen fort.
25 Minuten nach Begiun der Behandlung hielt ich die Eidechse
am Ofen in die ausströmende, ziemlich starke Wärme und frottierte
sie. Hierbei zeigte sich eine sehr schwache, aber deutliche Bewegung
am rechten Vorderfuß. Nach 30 Minuten war hie und da ab¬
wechselnd au eiyem Vorderfuße eine langsame Bewegung sichtbar.
Die Augen, die vorher geschlossen waren und beim Offnen glanzlos,
wie gebrochen erschienen, öffneten sich etwas und waren glänzend
geworden. Es erfolgte nun die erste natürliche Atmungsbewegung,
indem der Brustkasten hinter den Vorderbeinen sich krampfhaft er¬
weiterte, fünf Sekunden lang aufgeblasen blieb, sich dann wieder
krampfhaft zusammenzog und in diesem Zustande verblieb. —
Ich ließ nicht nach mit meinen Bemühungen, indem ich fort
und fort die Atmungsbewegungen des Brustkastens nachahmte, die
Eidechse frottierte und der Wärme aussetzte.
Nach 45 Minuten erfolgte die natürliche Atmung auf die angegebene
Cj O O O
Weise alle 12 Sekunden, etwas später alle 10 Sekunden, nach 00 Minuten
alle 0 Sekunden. Die Augen öffneten und schlossen sich hie und da lang¬
sam, und nun erst, nach einer Stunde, war die erste Bewegung an den
Hinterbeinen sichtbar, am Schwanz erst nach 75 Minuten.' —
Die Lebenszeichen verbreiteten sich also von vorn nach hinten
über den Körper und zeigten sich in folgender Reihenfolge:
Zuerst Zucken an der Zungenspitze, dann Bewegung atir rechten
Vorderfuß und Offnen der Augen, dann Bewegung am linken Vorder¬
fuß, etwas später erste Atmungsbewegung des Thorax, dann Be¬
wegung der Hinterbeine und schließlich Bewegung des Schwanzes-
«D o O O
253
Erst nach 75 Minuten unablässiger Behandlung war die Eidechse
so weit hergestellt, daß sie sich selbst überlassen werden durfte.
Sie wurde auf ein Stück Flanell auf den warmen Ofen gelegt und
mit einem Siebclien überdeckt. Alter nur nach und nach, innerhalb
drei Stunden, verlor sich die allgemeine Lähmung so weit, daß wenn
sie ergriffen wurde, sie mit allen Gliedern willkürliche Bewegungen
machen konnte. Erst vier volle Stunden, nachdem sie aus dem
Wasser gezogen worden war, konnte sie ihre Glieder so gebrauchen,
daß sie selbständig sich von der Stelle bewegen konnte, worauf sie
wieder zu ihren Gefährten ins Terrarium gesetzt wurde.
Andern Tages zeigte sie keine Zeichen ihres Unfalles mehr.
c!> ©
K o r r e s p o n <1 e n z e n.
Livland, im Mai 1884.
Seltsame Tötung eines Adlers. Auf dem freiherrl. v. K.’schen
Gute Neu-Karkell wurde am 28. Januar d. J. eiu Seeadler auf merkwürdige
Weise vom Leben zum Tode befördert: er wurde mit dem Beile erschlagen! Ein
Bauer war in den Wald gegangen, um sich Reißig heimzuholen. Er tritt an
einen bereits früher zusammengelesenen Dürrholzhaufen heran, da huscht unter
demselben eiu großes graues Tier, halb flatternd, halb laufend, hervor, und
sucht aus dem dichten Unterholz des Bestandes das Freie zu gewinnen. Der
Bauer, der nicht einmal unterscheiden konnte, was für ein Tier er vor sich
hatte, schleuderte, schnell entschlossen, wie ein Indianer sein »Tomahawk«,
sein Beil dem Flüchtling nach, und trifft. Da wendet sich das edle, todes¬
mutige Tier gegen seinen Feind, und diesem gelingt es nur mit Mühe, die
Waffe noch einmal zu ergreifen, und dem Vogel vollends den Garaus zu machen.
Es war ein etwa öjähriges Weibchen, welches jetzt, ausgestopft mit ausge¬
breiteten Schwingen, die Decke eines Gemaches im Herrenhause oben genannten
Gutes schmückt. Durch den ungewöhnlich milden Winter war der Adler
wahrscheinlich veranlaßt worden, entweder hier zu bleiben oder zu früh heim¬
zukehren. Wenn man auch annehmen muß, daß er durch Nahrungsmangel
entkräftet war, und außerdem durch den dichten Unterwuchs am Entfalten
der Schwingen behindert wurde, so muß man sich doch über das sonderbar
gewählte Versteck des „Königs der Lüfte“ billig wundern. Leider wurde nicht
konstatiert, ob er daselbst eine Beute verzehrt hatte, oder nur Schutz vor
plötzlich eingetretener Kälte mit Schneefall gesucht hatte. —
Ich erwähne hierbei, daß in Livland 4 Adlerarten brütend angetroffen
werden: 1. Der Steinadler (aquila fulva Br.), ist sehr selten geworden. Auf
der ornithologischen Ausstellung in Wien im Frühling a. c. ist aufs deutlichste
erkennbar gewesen, daß Steinadler und Goldadler ( aquila chrysaetos Br.)
ein und derselbe Vogel sind. 2. Der Seeadler (aquila albicilla Br.,
haliaetos Savigny) wird häufiger gefunden, nicht nur in den Ostseeküsten-
254
Wäldern, sondern auch im Binnenlande. 3. Der Fluß- oder Fischadler,
( Pandion haliaetos Savigny) nicht sehr zahlreich. 4. Der Schreiadler [aquila
naevia Br.) fehlt fast keiner größeren Waldung, und baut seinen Horst (im
Widerspruch zu Brehm’s Behauptung) oft nur 12 — 15 Fuß über dem Erd¬
boden. Mehr als 2 Eier habe ich nie in seinem Horst gefunden. Brehm will
deren sogar bis 4 gefunden haben.
Der Kaiseradler ('aquila imperialix) wird dann und wann gesehen, ich
glaube aber nicht und habe auch nicht erfahren, dass er in Livland nistet.
Baron A. v. Kr ii den er.
M i s c e 1 l e n.
Die Herkunft des Kettenbandwurms, Lothriocephalus latus , war
lange unbekannt insofern, als man nicht wußte, in welchem Geschöpf dieser
Schmarotzer, der an den Schweizer Seen, sowie an den Seen und langsam
fließenden Wassern Norddeutschlands und Rußlands bei dem Menschen vor¬
kommt, seinen Jugendzustand verlebt und in welcher Weise er auf den Menschen
übertragen wird. Unserem Mitarbeiter, Prof. Dr. M. Braun in Dorpat, ist es
nun gelungen, diese für die genannten Gegenden wichtige Frage zu lösen.
Fast alle in Dorpat zu Markt kommenden Hechte nämlich beherbergen in
ihrer Muskulatur, iu den Geschlechtsdrüsen, der Leber, Milz und anderen
Eingeweiden junge Bothriocephalen von 2 — 3 cm. Länge, und zwar im Mittel
20 — 30 Stück auf den Fisch. Noch massiger kommen die Jugendzustände
dieses Wurms in der Quappe, Lola vulgaris, vor. Beide Fische aber werden
in Dorpat sehr viel, und gerade auch von der ärmeren Bevölkerung, gegessen,
sind wohl nicht immer sorgsam durchgesotten oder werden auch schwach ge¬
räuchert verspeist. Fütterungsversuche an Hunden und Katzen, die mit der
größten Vorsicht angestellt wurden, haben auf das Bestimmteste ergeben, daß
die Wurmlarven aus Hecht und Quappe sich zu dem Kettenbandwarm, wie er
in dem Menschen lebt, entwickeln. Aber es erboten sich auch drei Studenten,
den Versuch an sich selbst vornehmen zu lassen. Nachdem festgestellt war,
daß sie keine Bandwürmer hatten, verschluckten sie je drei Finnen aus dem
Hechtfleische. Nach füuf Wochen zeigten sich hei allen die deutlichen Belege,
daß sie infiziert waren , und nach angewandten Mitteln ergaben sich fünf
ganze Bandwürmer und Bruchstücke von einem oder mehreren weiteren. Als
mittlere Größe der Würmer fand man eine Länge von 339,3 cm. bei einer
Gliederzahl von 1209. Auf den Tag berechnet wächst ein Bothriocephalus
also 8,9 cm., wobei er um 31 — 32 Glieder zunimmt. Es ist das ein ganz
erstaunliches Wachstum. N.
Künstliche Fischzucht in Holstein. Der Schleswig- Holsteinische
Fischereiverein hat beobachten können, daß in jeder Au und in jedem Bache,
wo seit 1878 regelmäßig Lachsbrut eingesetzt wurde, im Jahre 1883 Lachse
iu verhältnismäßig großem Maßstabe aufgestiegen sind; so hat man z. B. in
der Wehrau bei Alt-Mühlendorf, wo früher gar keine Lachse vorkamen, in
diesem Winter Rheinlachse im Werte von 400 M. gefangen. Während man
bis zum Jahre 1879 aus ganz Schleswig-Holstein keine Lachs- und Forellen¬
eier gewinnen konnte, weil es an passenden Fischen fehlte, sind in diesem
Winter in der Brutanstalt zu Alt-Mühlendorf 900 000 Eier untergebracht, die
sämtlich in der Provinz selbst gewonnen wurden; Beweis genug für den
heilsamen Erfolg der Bestrebungen des Central-Fischereivereins. LI. B.
Ein Capybara, Hyclrochoerus capybara, das in dem Londoner zoologi¬
schen Garten geboren wurde, starb, nachdem es 8 Tage alt geworden war.
Bei der Untersuchung stellte es sich heraus, daß es bereits alle bleibenden
Zähne hatte uud daß diese in Gebrauch gewesen waren.
(Report of the Zoological Society of London, 6. Mai 1884.)
Litteratur.
Lepidopteren von Madagaskar. Neue und wenig bekannte Arten, zu¬
meist aus der Sammlung der Senckenbergischen naturforschenden Gesell¬
schaft. Von M. Saalmüller, k. preußischer Oberstlieuteuant a. D. Erste
Abteilung: Rhopalocera, Heterocera ( Sphinges et Bombyces). Mit 7 chromo¬
lithographischen Tafeln. Frankfurt a. M. 1884. Im Selbstverlag der Ge¬
sellschaft, gr. 4°. 246 Seiten. 40 Mark.
Noch immer ist Madagaskar ein Gebiet, aus dem die Forschung, die ja
bis jetzt erst die Küstenregionen und auch diese nur unvollständig umfaßt hat,
neue Formen des Pflanzen- und Tierlebens an das Licht der Wissenschaft
bringt. Um so mehr ist ein Werk zu begrüßen, das in sorgfältiger Weise die
Schmetterlinge jenes Wunderlandes bekannt macht und neben der Beschreibung
einzelner Arten auch die großen Gesichtspunkte im Auge hält.
Als Eiuleitung erhalten wir einen Überblick über die Flora und Fauna
der Insel, soweit dieselben bis jetzt bekannt sind, und wir ersehen daraus, wie
wenig verhältnismäßig bis jetzt darin geschehen. Madagaskar hat in Bezug
auf seine Tierwelt manches nur ihm Zukömmliche wie die Halbaffen etc.;
außerdem zeigt es sowohl Beziehungen zu dem benachbarten Afrika wie auch
zu dem südöstlichen Asien. Bei den Schmetterlingen finden wir eine große
Verwandtschaft mit der afrikanischen Fauna, indem »sich fast alle Arten,
ohne besonders auffällig abweichende Formen aufzuweisen, den afrikanischen
Gattungen anschließen.«
Dieselben Familien, die dem Kontinente fehlen, sind auch in Madagaskar
nicht vertreten, eigentümliche Gattungen besitzt die Insel nur wenige. Diese
Verwandtschaft der Lepidopteren Madagaskars mit denen Afrikas anderen
Behauptungen gegenüber bestimmt nachgewiesen zu haben, ist ein Verdienst
des Verfassers. Er führt uns in dem systematischen Teile seines Werkes
577 Arten von Schmetterlingen vor, worunter eine gute Anzahl seither unbe¬
kannter Formen. Mehrere derselben sind der verstorbenen Gräfin Luise
256
Bose zu Ehren benannt, die sieh durch materielle Förderung naturwissen¬
schaftlicher Studien ein bleibendes Denkmal gesetzt hat, der auch das Werk
gewidmet ist.
Noch besonders müssen wir auf die Farbendrucktafeln hinweisen, die aus
dem Atelier Werner und Winter dahier hervorgegangen sind. Wir sagen
nicht zuviel, wenn wir behaupten, daß die Schmetterlinge wohl schwerlich
jemals in solcher Schönheit in wissenschaftlichen Werken dargestellt worden
sind. Unerreicht ist die Darstellung des Metallglanzes, Grün in Blau, bei
dem prachtvollen Falter auf dem Titelbilde.
Da die Tafeln zu der zweiten Abteilung des Werkes fertig vorliegen, so
dürfte das Erscheinen der Schlußlieferung wohl nicht lange auf sich warten
lassen. N.
Eingegangene Beiträge.
H N. in P. C. — W. : Für das Packet mußte 1.00 Mk. Porto nachgezahlt werden, weil
es nicht genügend frankiert war. — II. B. in H. — R. Bl in B. : Zwei Mitteilungen; die eine
wird benutzt. — A. J. J. in W. : Es hat mich sehr erfreut, nach längerer Zeit wieder eine
Mitteilung von Ihnen zu erhalten. — K. Th. L in G. - Gr. S. in 6.: Angenommen. Die
Abbildungen werden wir nicht ausführen können. — A. v. K in L: Wird benutzt. Die
Antwort werden Sie erhalten haben. — L. K. in H. und H. B. in H.: Besten Dank für den
schönen Bericht über die Operation. — Dr. L. W. in B. : Dank für die Sendung. - 0. v. L.
in D. — J. v. F. in B. : Die für das Museum der S. n. G. angebotenen Exemplare werden
gern angenommen. —
Bücher und Zeitschriften.
Bulletin of the Buffalo Society of natural Sciences. Buffalo. Vol. IV, No. 4
Buffalo 1883.
22. Bericht der Zoologischen Gesellschaft in Hamburg. Hamburg 1884.
Prof. Dr. D. B Klunzinger. Über die Felsenarten des Bodensees. Sep.-Abdr. Jahres¬
hefte der Ver. f. vaterländ. Naturkunde in Württemberg. 1884.
Gustav Prütz, Illustriertes Mustertauben-Buch. In 30—35 monatlichen Lieferungen ä 1,20 Mk.
3. u. 4. Lieferung. Mit Farbentafeln und Holzschnitten. Hamburg. J F Richter. 1884.
S. Clessin. Deutsche Excursions-Mollusken-Fauna. 2. Aufl. 2. Lieferg. Nürnberg. Bauer
und Raspe. 1884.
Dr. R. Blasius. Erster internationaler Ornithologen-Congreß in Wien. 1884. Sep.-Abdr.
Monatsschrift d. Deutsch. Ver. zum Schutze der Vogelwelt.
Erstes Österreich - ungarisches Lehr- und Lernmittel-Magazin. II Jalirg. No. 8. Graz, Paul
Oieslar. 1834.
Ernst Krause Hermann Müller von Lippstadt. Mit dein Porträt. Müllers. Lippstadt.
P. R e m p e 1 1884.
C. A. L. von Binzer. Instinkt, Verstand und Geist bei Menschen und Tieren. fZeitfragen des
christlichen Volkslebens. Bd. IX, Heft ö). Heilbronn Gebr. Henning er. 1881. l Mk.
Humboldt, Monatsschrift für die gesamten Naturwissenschaften. Herausgeg. von Prof. Dr. G.
Krebs. 3. Jalirg. 6. Heft. Stuttgart. Ferd. Enke. 1884.
Insektenbörse. Centralorgan zur Vermittlung von Angebot, Nachfrage und Tausch.
Exped. und Redaktion: Ed. Wartig, Leipzig. I. Jahrg. No. 1. Preis 75 Pf. pro Quartal.
Verslag van het Koninklijk Z o ol og isch -B o tan i s ch Genootschapte’s Graven-
hage over het Jaar 1883.
M. Saalmüller. Lepidopteren von Madagaskar. Neue uud wenig bekannte Arten zumeist
aus der Sammlung der Senckenbergisclien naturforschenden Gesellschaft. Erste Ab¬
teilung: Wiopulocera , Heterocern (Sphingen et Bombyces). Mit 7 chromolithographischen Tafeln.
Frankfurt a. M. 1884. Tm Selbstverläge der Gesellschaft. 40 Mk.
Berichtigung.
Heft 2, Seite 56. Zeile 24 v. u. lies „fast alle“ anstatt „einige“.
18 v. u. „ „Männchen“ „ „Weibchen“.
Nachdruck verboten.
i»ri»ck von MahlftH & YVftldsckmidt. Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 9. XXV. Jahrgang. September 1884.
In Sä all.
Eine Augenoperation an einem Lämmergeier des Zoologischen Gartens in Hamburg;
von Dr. med. und phil. 1.. Kotelmann, Augenarzt in Hamburg. — Texas und seine
Tierwelt; von H. Nehrling. (Fortsetzung.) — Die wissenschaftlichen und die praktischen
Aufgaben hei der Aufstellung unserer Naturaliensammlungen; von Leopold Martin in
Stuttgart. (Fortsetzung.) — Das Fliegen der Fledermäuse am Tage; von Pfarrer Jäckel
in Windsheim. — Die Springmäuse: nach Lat aste. — Bericht über den Zoologischen Garten
zu Dresden über das Geschäftsjahr vom 1. April 1882 bis 31. März 1883. (Schlufä.) — Zur
Ornithologie Jamaika’s ; von Damian Gronen. — Miscellen.
Eine Augenoperation an einem Lämmergeier des Zoologischen
Gartens in Hamburg.
Von Dr. med. und phil. L. Kotelmann, Augenarzt in Haipburg.
Im Mai 1879 ging dem Zoologischen Garten in Hamburg von
einem Handlnngshause in Malaga ein aus der Sierra Nevada stam¬
mender Lämmergeier ( Gypaetos barbatus L.) zu. Das schöne Tier
war dadurch beträchtlich entstellt, daß es auf dem linken Auge an
einer Verschwärung der Hornhaut ( ’ulcus corneae) litt. Da solche
Geschwüre oft traumatischen Ursprungs sind, so wird man auch hier
an eine während des Transportes zugezogene Verletzung denken
dürfen. Von einer augenärztlichen Behandlung konnte in diesem
Falle nicht die Rede sein. Denn feuchte Wärme, wie man sie bei
ulcus corneae in Form von Kompressen appliziert, um die gesunkene
Ernährung der Hornhaut zu heben, ließ sich unter den obwaltenden
Verhältnissen nicht zur Anwendung bringen. Ebenso war aber auch
das therapeutische Hauptmittel, schwefelsaures Atropin, das in ein¬
prozentiger wässriger Lösung in das Auge eingeträufelt wird, durch
Zoolog'. Gart. Jalirg-. XXV. 1884. 17
258
den eigentümlichen Bau der Vogel -Iris ausgeschlossen. Dieselbe
besitzt nämlich in ihrer bindegewebigen Grundlage nicht wie die
Säugetier - Iris glatte, sondern quergestreifte Muskelfasern, welche
letztere auf Atropin 'nicht reagieren. Diese bereits anderweitig fest¬
stehende Thatsache*) ließ sich auch durch Kontrollversuche an jungen
Eulen nachweisen, bei denen selbst die stärksten Atropinlösungen
keine Erweiterung der Pupille bewirkten. So mußten wir den Läm¬
mergeier seinem Schicksal überlassen und uns auf eine Beobachtung
des Verlaufes der Krankheit beschränken. Dieselbe endete, wie zu
erwarten stand, mit einem großen Leukom, welches das ganze
Pupillargebiet der Hornhaut einnahm. Damit war natürlich das
Sehvermögen erloschen und da eine Wiederherstellung durch Auf¬
hellung des Narbeugewebes nicht erwartet werden konnte, so ließ
sich nur noch eine kosmetische Verbesserung des Auges vornehmen.
Ich wandte dazu die zuerst von Wecker in Paris vorgeschlagene
Tätowierung der Hornhaut an. Dieselbe wurde mit schwarzer chine¬
sischer Tusche ausgeführt, die ich in dickflüssigem Zustande auf das
mit 3 Nadeln versehene Tätowieruugsiustrument vermittels eines
Pinsels auftrug. Trotzdem die Einstiche in die Hornhaut ziemliche
Schmerzen erregen, setzte uns doch das von einem Wärter am Leibe
und von Herrn Direktor Bo lau am Kopfe gehaltene Tier keinen
bemerkenswerten Widerstand entgegen. Da eine Operation nicht
genügte, um die weiße Narbe hinreichend dunkel zu färben, so
wiederholten wir dieselbe nach etwa 8 Tagen noch einmal. Irgend
welche stärkere Reaktion trat nach keinem der beiden Eingriffe ein
und so ergab sich als Endresultat eine auf die Hornhaut tätowierte
schwarze Pupille, die sich bis zum heutigen Tage, also 5 Jahre
hindurch wohl erhalten hat. Der „stattliche Lämmergeier hat da¬
durch bedeutend an Wert gewonnen, da die künstliche Pupille von
dem Beschauer kaum als solche erkannt werden dürfte.
*) A. Nu lm, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Heidelberg 1878,
S. 597.
259
Texas und seine Tierwelt.
Von H. Nehrling.
(Fortsetzung.)
Daß wir uns im Süden befinden, zeigen die allerwarts auf dem
Boden und an Bäumen umberlaufenden Eidechsen. Sehr häufig
ist die grüne Eidechse (. Anohus carolinensis Cuv .), ein sehr munteres,
harmloses, schönes Tierchen, welches je nach dem Gemütszustände
seine grüne Farbe in ein metallisches Grau verwandeln kann. Es
ist fast immer in Bewegung, klettert an den Baumstämmen empor,
den Asten entlang, durch’s dichteste Gebüsch und hält sich eigent¬
lich wenig auf dem Boden auf. Da es nur von Insekten lebt, so
ist es sehr nützlich. Besonders häufig findet man diese Eidechse in
den Gärten, an den Gebäuden und Fenzen. Selbst in die Häuser
kommt sie, wo sie über Betten, Stühle, Tische und anderes Hausge¬
räte den Insekten nacheilt. Sie läuft an den glattesten Wänden
geschickt hin und her. — Sehr zahlreich und fast noch schöner ist
die gestreifte Eidechse ( Ameiva sex-lineata Cuv.), welche sich
jedoch immer nur auf oder uahe am Boden umhertreibt und nie an
Wänden und Baumstämmen emporklettert. Oft sieht man Dutzende
sich auf dem warmen Boden sonnen, aber sobald sie gestört werden,
laufen sie überraschend schnell in ihre Erdhöhlungen oder unter
Steine und alte Baumstämme. Den Winter verbringen sie in ihren
selbstgegrabenen, etwa einen Fuß unter der Oberfläche des Bodens
liegenden Erdhöhlungen. — In den feuchteren Grasebenen des siid-
östlichen Texas lebt eins der eigentümlichsten unter unseren Reptilien,
nämlich die gehörnte Eidechse ( Phrynosoma cornutum Gray), der
»Hornfrosch« der Ansiedler. Nie sah ich sie in trockenen Gegenden,
selbst in der Region des Hügellandes traf ich sie nie, während sie
in der Küstengegend allerwarts zahlreich war. Sie ist ein durchaus
harmloses Tier, welches man ohne Gefahr mit der Hand vorn Boden
aufnehmen darf. Ihre Bewegungen sind merkwürdigerweise durch¬
aus nicht eidechsen- sondern entschieden krötenartig. Sie bewegt
sich nur langsam und unbeholfen. Ihre Nahrung besteht aus allerlei
Insekten, welche sich wie sie auf dem Boden aufhalten. Dies eigen¬
tümliche Tier fällt auch sonst achtlos an der Natur vorübergehenden
Alltagsmenschen auf und häufig schickten Reisende es, in eine kleine
Schachtel verpackt, ihren im Norden wohnenden Freunden zu. Als
ich noch in Chicago wohnte, sah ich eine gehörnte Eidechse in dem
200
Garten des Herrn Apotheker Mönch, eines für die Schönheiten der
Natur außerordentlich begeisterten Liebhabers und Naturfreundes.
So lange es in einem Garten nicht an Insekten mangelt, bleiben
diese Tiere gesund und beweglich, sobald sich aber kaltes Wetter
einstellt, gehen sie regelmäßig ein.
In allen größeren Sümpfen, in Teichen, Flüssen und Bayous
findet man noch in großer Anzahl den Alligator {Alligator vnissis-
sippiensis Gray). Ich fand ihn im ganzen südöstlichen Texas in allen
geeigneten Orten zahlreich, selten dagegen im Hügellande, obwohl
er auch da früher gemein gewesen sein soll. Man sieht oft Dutzende
sich am Baude der Ufer und auf alten im Wasser liegenden Baum¬
stämmen sonnen ; andere halten nur den Kopf über den Wasser¬
spiegel empor, noch andere durchschwimmen das Wasser, den Schwanz
als Ruder benutzend. Selten trifft man sie im Wald und auf der
Prairie, denn sie verlassen ihr schützendes Element nie ohne die
dringendste Not. Nur durch Nahrungsmangel werden sie oft zur
Wanderung nach einem benachbarten Gewässer gezwungen. Ihre
Bewegungen auf dem Lande sind sehr langsam und unbeholfen, und
man kann sie dann sehr leicht, ohne daß man Gefahr läuft, mit der
Axt oder einem starken Knüppel töten. Sehr große Exemplare
verstehen es, mit ihrem Schwänze, welcher anscheinend die kräftigste
Waffe des Tieres ist, wuchtige Hiebe nach allen Seiten hin auszu¬
teilen, wenn man sich aber immer vor dem Kopfe des Tieres befindet,
so ist mau vor diesen Schwanzschlägen sicher. Kommt mau in die
Nähe der am Wasser sich sonnenden, so flüchten sie meist sogleich
in ihr nasses Element. Als ich im Februar 1882 mit der Eisenbahn
durch das südliche Louisiana fuhr, sah ich oft 3 bis 6 Stück ganz
dicht am Bahngeleise still und regungslos daliegen, ja sie schienen
den an ihnen vorübersausenden Zog kaum eines Blickes zu würdigen. —
So langsam und feig der Alligator auf dem Lande ist, so schnell,
lebendig, dreist, ja gefährlich ist er im Wasser. Kälber, Schweine,
Hunde und andere Tiere, welche sich hineinwagen, fallen ihm oft
zur Beute und selbst Menschen müssen da, wo diese Tiere häufig
sind, auf ihrer Hut sein. Man sagt ganz allgemein im Süden, der
Alligator zeige eine ganz besondere Vorliebe für Negerfleisch, ver¬
schone aber in der Regel den Weißen; ein solches Unterscheidungs¬
vermögen traue ich aber diesen Tieren nicht zu. Die Fabeln und
Jagdabenteuer, welche man sich vom Alligator erzählt und welche
ganz allgemein fest geglaubt werden, würden Bände füllen. Die
Hauptnahrung dieser Tiere besteht aus Fischen und Schlangen. Den
261
auf im Wasser stehenden Sträuchern brütenden Reihern und anderen
Vögeln scheinen sie nicht gefährlich zu werden; ich fand oft Hunderte
von Reiher- und Bootschwanznestern in einem Sumpfe, iu welchem
auch Alligatoren vorkamen. Wo sie zahlreich sind, hört mau bald
nach Anbruch der Nacht ihr dumpfes, tiefes Gebrüll, und wenn mau
sich in der Nähe befindet, vernimmt mau auch das Geräusch, welches
sie durch das Peitschen des Wassers mit den Schwänzen hervorbringen.
Die Eier, welche von einer sehr zähen, harten Schale bedeckt sind,
haben eine weißliche Farbe und eine länglichrunde Gestalt. Man
findet sie, oft zu Dutzenden, iu anscheinend sorgfältig gewählten
Örtlichkeiten, meist uuter dichtem Gebüsch, etwas abgelegen vom
Wasser. Als Unterlage dient ihnen altes Gras, Blätter und Moos;
diese in Fäulnis übergehenden Stoffe erzeugen die zur Zeitigung der
Eier nötige Wärme. In der Regel sind die Eier zngedeckt und ent¬
gehen auf diese Weise vielfach der Beobachtung. Bei Houston au
der Buffalo-Bayou beobachtete ich schon Mitte Mai ausgekrochene
Junge und Mitte April etwa trifft man dort hie und da Nester mit
Eiern. Daß das alte Weibchen in der Nähe des Nestes liegen und
Wache halten soll, habe ich nicht beobachtet; ich habe nie einen
Alligator in der Nähe der Eier gesehen. Doch muß ich hierbei be-
merken, daß ich Eier und Junge nur bei Houston, wo die alten Tiere
Verfolgungen ausgesetzt sind, gefunden habe. In anderen abgelegeneren
Örtlichkeiten, wo das Tier den Menschen noch nicht kennen gelernt
hat, wird es sich wohl ganz genau so verhalten, wie dies unser
Audubon beschreibt.
In allen größeren Teichen, Flüssen und Bayous ist die Schn ap p-
oder Alligatorschildkröte ( Meter oclemmys lacertina Ag.) noch
zahlreich. In größter Anzahl findet man sie in duukelen, schlammigen
Gewässern, in mit faulendem Wasser angefüllten Tümpeln, in Mühl¬
teichen u. s. w. Sie ist ein sehr gehaßtes und gefürchtetes Tier.
Wo mehrere in einem Teiche leben, werden in kurzer Zeit alle jungen
Enten und Gänse ihre Beute und besonders große Exemplare gehen
auch alten Enten und selbst Gänsen zu Leibe. Sie schwimmen unter
dem schlammigen Wasser bis zu ihrer Beute herau und ziehen diese
an den Füßen unter das Wasser, wo sie dieselben verzehren. Man
sieht sie oft den Kopf aus dem Wasser tauchen; solche Gelegenheiten
benutzen die Ansiedler, um ihr eine wohlgezielte Kugel durch den¬
selben zu jagen. Ist einmal einer dieser Räuber jedoch mit dem
Leben davon gekommen, so ist es fast eine Unmöglichkeit, des schlauen,
nun äußerst scheuen Tieres habhaft zu werden. Im Wasser ist die
202
Alligatorschildkröte sehr geschickt und schnell. Ihre Hauptnahrung
sind Fische, Frösche und andere Tiere, welche sich in’s Wasser wagen.
Man sagt, daß große Exemplare im Wasser selbst Menschen augreifeu
und ihnen sehr große und gefährliche Wunden beibringeu können.
Wenn man einer Gefangenen einen Stock oder irgend etwas vorhält,
so springt sie förmlich darnach und beißt sich daran fest; fiugerdicke
Stöcke durchbeißt sie mit Leichtigkeit, an größeren hängt sie so
fest, daß man sie mit sich fortschleppen kann. Sie ist ein sehr bos¬
haftes, wütendes Tier, dessen äußere Gestalt, namentlich der häßliche
Kopf mit den tückischen Augen, überaus abschreckend wirkt. Junge
Schildkröten dieser Art sieht man häufig auf dem Markte in Houston,
wo sie leicht Abnehmer finden, da mau sie gut zur Herstellung der
beliebten Schildkrötensuppe ( Turtle Soup) verwenden kann. Auch
Alte werden trotz des ihnen anhaftenden Bisamgeruches sehr gern
von Negern gekauft. Ich habe manchmal 70 bis 80 Pfund schwere,
in der Buffalo- Bayou gefangene gesehen; gewöhnlich waren die in
kleineren Gewässern beobachteten nicht schwerer als etwa 20 bis 30
Pfund. Als eine ganz besondere Delicatesse gelten die Eier dieser
Schnappschildkröte. Man findet sie zu 30 bis 40 Stück im Sande
eingescharrt, ganz in der Nähe des Wassers. —
Häufig ist auch die w ei c h s c h a lig e Schildkröte ( Trionyx
ferox; SoftsheUecl Turtle). Man fängt sie öfters an Fischangelu,
muß daun aber beim Abnehmeu derselben sehr vorsichtig sein, da sie
sehr bissig ist und gefährliche Wunden beibringeu kann. Sie liefert
das schmackhafteste Fleisch und ist deshalb besonders gesucht. Auch
sie richtet unter jungen Enten und Gänsen arge Verheerungen an.
Sie bewohnt mit Vorliebe klares Wasser, in welchem Wasserlilien,
Pfeilkraut und andere Wasserpflanzen wachsen. — Es finden sich
in Texas noch verschiedne andere Schildkröten, aber es würde an
dieser Stelle zu weit führen, näher auf deren Lebensweise einzugehen.
Zahlreich ist die Moschusschildkröte ( Ozotheca odorata Ag.),
sehr häufig die gemalte Schildkröte (Emys pseudogeographica
Holbr.) — Die Flüsse, Bayous und alle Wassertümpel in ganz Texas
sind voller Fische, aber sie sind im allgemeinen nicht so schmackhaft
wie in den nördlichen Landesteilen. In Houston bietet man meist
Seefische aus dem mexikanischen Golf zum Verkauf aus. In der
Buffalo-Bayou wurde oft ein merkwürdiger, der Gattung Lepidosteus
(Gar-Fish und Gar-Pike) augehöriger Fisch gefangen, dessen Fleisch
nur von den Negern gegessen wird. Sehr zahlreich ist auch eine
Art Katzenfisch ( Pimelodus spec?) in allen texanischen Gewässern.
263 . -
So voll auch das Wasser von Fischen ist, so habe ich doch keine
grobe Artenzahl verzeichnen können.
Kein Zweig der texanischen Natur erinnert so an die Tropfen
wie die Welt der Insekten. In der heißen Jahreszeit wird sie dem
Menschen überaus lästig, ja gefährlich. Mehr als irgend eine der
angeführten Giftschlangen fürchtet man die auf Feldern, in Gärten,
namentlich aber auf Prairieen häufigen Taranteln. Diese sehr
großen, dicht behaarten Spinnen leben in etwa 4 bis 5 Zoll tiefen,
selbstgegrabenen Erdlöchern, aus welchen die Augen wie grüne Edel¬
steine hervorleuchten; wie ein Blitz schießt das wütende Tier aus
der Höhle hervor, wenn man mit einem Stöckchen hineinlangt. Ihr
Biß verursacht wochenlang die schrecklichsten Schmerzen und führt
bei ganz kleinen Kindern manchmal sogar den Tod herbei. Als ich
an der West-Yegua zum erstenmal die nächste Umgebung meiner
Wohnung einer genauen Untersuchung unterwarf, fand ich mehr als
zehn Taranteln, kaum einige Schritte vom Hause. In einer sehr großen,
schön gezeichneten Wespenart, die ich Tarantel wespe ( Pepsis
elcgans ) genannt habe, findet diese gefürchtetste Spinne ihre größte
Feindin. Ich habe oft beobachtet, wie diese Wespe, welche einen
sehr penetranten iibelen Geruch verbreitet, sich einige Schritte vor
der Wohnung der Tarantel niederließ, schnell auf dieselbe zukroch,
dann dieselbe umkreiste und plötzlich in ihr verschwand. Ob sie
die Tarantel durch ihren Stich tötet oder durch eine starkriechende
Flüssigkeit betäubt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. That-
sache ist es, daß sie nach kurzer Zeit mit der überwundenen toten
Feindin vor dem Eingänge erscheint und dieselbe dann halb fliegend,
halb schleppend in ihr Nest trägt. Diese Wespe ist in ihren Be¬
wegungen auf dem Boden sehr schnell, und beim Kriechen hebt sie
fortwährend die Flügel in die Höhe und legt sie dann wieder nieder. —
In den Häusern und Ställen, im Holz, an Maiskolben u. s. w. ist der
Skorpi on ( Buthus spinigerus ) sehr häufig. Des Abends und Nachts
spaziert er über Betten, Tische, Bücher und an den Wänden entlang.
Sobald man ihn berührt, schlägt er schnell mit dem Schwänze, an
welchem sich der Stachel findet, nach dem mit ihm in Berührung
gekommenen Gegenstand. Ich bin oft gestochen worden, selbst nachts
im Bett. Der Stich ist sehr schmerzhaft, aber nicht gefährlich. Eine
Einreibung mit Salmiakgeist (Spirit of Ilartshorn) beseitigt fast so¬
fort den Schmerz. — Sehr gefürchtet ist auch der Skolopender
( Scolopendra spec .?), der »Tausendfuß« der Deutsch- oder Centipede
der Anglo-Texaner. Man findet 8 bis 10 Zoll lange Exemplare in
264
altem Holz, unter Steinen, unter halbverfaulten Baumstämmen, unter
Häusern, Ställen und anderen dunklen Örtlichkeiten. Oft werden
die Stellen, wo er mit seinen Füßen das Fleisch berührt, wund und
eiterig.
In allen Ecken und Winkeln, an die Wände und Bücher, in
Rockärmel und Kleidungsstücke baut die Stahlwespe ( Pelopaeus
ccieruleus ) ihre oft faustgroßen, aus verschiedenen Zellen bestehenden
sehr festen Lehmnester. Für die Larven trägt sie jede Zelle voll
kleiner glänzend schwarzer, oft auch grünlicher Spinnen und verklebt
den Eingang zu denselben. Ich habe oft 150 bis 200 solcher Spinnen
in einem Neste gezählt. Sie wird in Häusern sehr lästig. — Auf
Böden, in Ställen und dergleichen Örtlichkeiten baut eine ziiumet-
\ braune Wespe (wahrscheinlich Polistes rubriginosa) ihre großen
papierartigen Nester. Man sieht sie oft scharenweise an alten
Brettern, Schindeln und Pfosten nagen. Dieses abgenagte Material
wird zu einem dicken Brei gekaut und daraus die festen papierähn¬
lichen Nester hergestellt. Diese Art sticht sehr gern, namentlich
wenn man in die Nähe ihres Nestes kommt, und ihr Stich ist sehr
schmerzhaft.
Sehr reich ist Texas au Ameisen. Die schlimmste Art ist die
wegen ihres Bisses gefürchtete Rostameise ( Myrmica malefacie%ß)
die mau auch die »ackerbautreibende« genannt hat. Trotz jahre¬
langer Beobachtungen habe ich nichts von dem ihr zugeschriebenen
Ackerbau beobachtet, obwohl sich etwa 20 Nester, teils sehr dicht
an meiner Wohnung an der West Yegua befanden. Es ist wahr,
daß sie ihre Nester im Umkreis von 6 bis 8 Fuß völlig frei von
jeglicher Vegetation halten und es ist ferner wahr, daß sie alle
Grassämereien, welche sich in der Nähe finden, in ihre Nester tragen,
daß sie aber selbst säen und das gepflanzte Gras von Unkraut frei halten,
habe ich nirgends beobachtet. Wenn ich meinen Zebrafinken und
Kanarienvögeln des Morgens Futter gegeben hatte, so war gewöhnlich
nach zwei Stunden auch kein Körnchen Kanariensamen und Hirse
mehr vorhanden. Die Ameisen kommen scharenweise, um es in ihre
Erdhöhlungen zu tragen. Wenn man unversehens auf ihre Wohnungen
o O o
tritt, beißen sie sich in großer Anzahl im Zeug fest, viele kriechen
am Körper empor und verursachen durch ihre Bisse entsetzliche
Schmerzen. Namentlich haben Kinder, welche im Freien spielen,
viel von diesen Tieren zu leiden. Nur durch schnelles Waschen mit
Salmiak wird der unerträgliche Schmerz etwas gelindert. Kleine
Gänse, Enten, Hühner und Truthühner werden sehr oft durch die
BisSe der Tiere gelähmt und getötet. Ich habe durch nichts, weder
durch Gift, noch durch Feuer, noch durch Ausgraben die in meinem
Garten befindlichen Nester zerstören können. Wenn man auch einige
Wochen nichts von ihnen sah, so erschienen sie doch bald in noch
größerer Zahl als vorher.
Eine ganz eigentümliche Art ist die Nachtameise ( Oecodomo
texana). Ihre Nester legt sie vorzugsweise gern in sandigen Feldern
an. Sie haben in der Regel eine halbe und oft auch eine ganze
Meile im Umpfaug. Nichts gedeiht auf den Ameisenstrecken, und
Tiere sinken, da d*er Grund unterminiert ist, tief ein. Mau nennt
diese Art »Nachtameise«, weil sie oft in einer Nacht nicht nur Pfirsich-
und Birnbäume, soudern auch größere Waldbäume völlig entblättert.
Millionen ziehen auf glatten Straßen, jede ein Blattstückchen über
den Rücken haltend, hin in das Nest, während andere Millionen auf
einer Nebenstraße hin zum Baume ziehen, um das Zerstörungswerk
fortzusetzen. Viele verlieren ihr Blattteilchen, denn die ganze glatte,
zum Nest führende Straße ist mit solchen bedeckt. Etwa zwanzig
Stück lassen sich auf einem Blatte nieder, zerschneiden dies mit ihren
scharfen Scheren und tragen die einzelnen Teile fort. Ich habe
noch am Abend schön belaubte Bäume gesehen , die am andern
Morgen völlig kahl waren. Die Farmer suchen sich auf alle Weise
dieser schädlichen Plagegeister zu entledigen, denn sie verwüsten
auch, oft in einer Nacht, ganze Baumwollenstrecken. Man wendet
zu ihrer Vertilgung eine Maschine an, durch welche man Schwefel¬
dämpfe in die Höhlungen dringen läßt.
Es gehört im Sommer ein großer Enthusiasmus für die Natur
dazu, um in den Wald zu gehen und Beobachtungen zu machen.
Wenn man zu Hause wieder angekommen ist und nachsieht, so findet
man in der Regel, daß sich auf dem Körper Holzböcke ( Wood-
Ticks) in großer Anzahl eiugebohrt haben, welche nur schwer und
nicht ohne Schmerzen wieder zu entfernen sind. Am schlimmsten
sind jedoch die fast mikroskopischen sogenannten »Red-buys«, welche
sich zu Tausenden durchs Zeug bohren und am ganzen Körper ein
unangenehmes, ja unausstehliches Jucken verursachen. Nur dadurch,
daß man sich mit Petroleum einreibt, wird man diese fast unsicht¬
baren Quälgeister einigermaßen los. — In den Monaten April und
Mai sind besonders die Flöhe sehr zahlreich, und des Nachts lassen
die Wanzen, von denen es in den meisten Holzhäusern wimmelt,
den Schläfer nicht leicht zur Ruhe kommen. Im südlichen Texas
muß man sich wegen der Moskitos ganz besonders einrichten.
266
Die Betten müssen dort ganz von sogenannten Moskitosnetzen um¬
schlossen sein, sonst ist man morgens mit kleinen, durch die Bisse
dieser Quälgeister verursachten Beulen bedeckt. Doch, man wird
auch diese Plagen bald gewöhnt und kehrt sich endlich mit
stoischer Ruhe nicht mehr an sie; nur wenn man schlafen will und
einige unter das Netz geratene Moskitos singen im schönsten Diskant
ihre Schlachtgesänge, dann ist es mit der stoischen Ruhe vorbei.
(Fortsetzung folgt.)
Die wissenschaftlichen und die praktischen Aufgaben bei der
Aufstellung unserer Naturaliensainmlungen.
Von Leopold Martin in Stuttgart.
(Fortsetzung.)
Vögel mit a us g eb r eit et e n Flügeln. Einen jedeu Natur¬
freund berührt es schmerzlich, wenn er bei Betretung einer Vogel-
sammluug die Beweglichkeit und Vielgestaltigkeit der Vogel weit ver¬
mißt, die in Wald, Garten und Flur uns überall entgegen treten. Brett
um Brett, Schrank um Schrank dieselbe Monotonie und Gleichförmigkeit
der Ständer und Brettchen und der daraus entspringenden Stellungen
der Vögel wiederzufinden, wirkt in kurzer Zeit ermüdend auf den Be¬
schauer ein, und weil sich ihm keine anderen Bilder darbieten, verläßt
er meist früher, als beabsichtigt wurde, die Sammlung. — Fragen wir
nun nach den Ursachen dieser trostlosen Erscheinung, so ist die Ant¬
wort der Platzmangel, an welchem unsere Sammlungen von jeher
gelitten haben. Dieser fortwährende Platzmangel liegt aber in der
Ungenügsamkeit, welche dem Egoismus des Menschen entstammt und
ihn zum Anhäufen von Schätzen bestimmt. Die Sucht, möglichst viele
Exemplare selbst von einer Art zu besitzen, versagte dem besseren
Wissen und Können den Raum u. deshalb mußte das Aufstellen der
Vögel mit ausgebreiteten Flügeln unterbleiben. Es wird mir nun
obliegen, das Fehlerhafte dieses Systems nachzuweisen.
Bekanntlich sind die Flügel die Hauptbewegungsgliedmaßen
der Vögel und sie werden als solche bei der Diagnose ganz be-
sonders herbeigezogen, denn die Zahl, Länge und Form der einzelnen
Schwungfedern, die Zeichnungen und Farben geben für besondere
Arten und Familien wesentliche Anhaltspunkte für deren Erkennung,
wozu noch der Schwanz und andere Partien des übrigen Körpers
*
267
kommen. Zu diesen Untersuchungen und Vergleichungen wäre es
wünschenswert, immer einen frischen Vo^el zu haben, welchen aber bei
Exoten meistens der Balg ersetzen muß. In streng wissenschaft¬
lichen Sammlungen, wo fortwährend gezweifelt und behauptet wird,
fehlt es in der Regel an den erforderlichen Beweisstücken und da
müssen denn die ausgestopften Vögel ihre Haut willig selbst zu Markte
tragen. Diese Aermsteu, welche ihr Leben dem Interesse der Wissen¬
schaft geopfert haben, werden bisweilen noch öfter herbeigezogeu,
um zerbrochen und zerfetzt und schließlich durch die unfehlbaren
Gummikuren wieder geheilt entlassen zu werden. Würde man bei
der Anlage der Sammlungen nicht gar so engherzig gedacht und mit
dem Raum weniger gegeizt haben, so hätten freiere und beweglichere
Stellungen und somit auch Vögel mit ausgebreiteten Flügeln früher
Platz gegriffen und was sich jetzt als eine notwendige Aufgabe
der Zeit herausgestellt, würde sich damals gleichsam von selbst ein-
gefuuden haben. Wer sich übrigens von dem hier Gesagten eine
eingehende Belehrung verschaffen will, der braucht nur das reich¬
haltige und darum von den meisten Zoologen hoch gefeierte Museum
in Leyden zu betrachten, wo man dem herrschenden Platzmangel da¬
durch abgeholfen hat, daß man die Vögel in jüngster Zeit in Kolonnen
aufgestellt, ihnen gleichen Schritt und Tritt gegeben und jedesmal
denselben Flügel einer Seite ausgebreitet hat, wodurch sie dicht zu¬
sammengeschoben einer Kompagnie Rekruten ähnlicher sehen als
Vögeln der freien Natur. Wie erfinderisch der Menschengeist außer¬
dem noch ist, um den Schein aller Naturähnlichkeit vollends zu ver¬
decken, das sehen wir an den Spechten der gleichen Sammlung, deren
rauhe Äste manjeutweder aus einem landesüblichen Verschönerungssinn
oder aus jBesorgnis, dieselben für echt zu halten, mit einem kreide¬
weißen Anstrich versehen hat. So sehen wir denn, zu welchen Fort¬
schritten uns der Geschmack der Zeit schließlich noch führen kaun ! —
Schwebend dargestellte Vögel. Haben wir uns bei den
bisher betrachteten Vögeln von der großen Notwendigkeit überzeugt,
einzelne derselben nicht nur mit gelüfteten, sondern auch viele mit
ganz ausgebreiteten Flügeln zur Anschauung zu bringen, so tritt bei
vielen auch noch das Erfordernis zu Tage, sie schwebend betrachten
zu können. Dies gilt z. B. für manche große Papageien, Nashorn¬
vögel, viele Langhänder, wie Nachtschwalben, Schwalben und Kolibris
und schließlich für die meisten Raben.
Es sind nun mehr denn 30 Jahre, als ich an der Küste des
Hafens von Puerto Cabello auf der Ruine eines alten spanischen
268
Kastells mich niedergelassen hatte, von dessen eisenharten Mauern
ich eine unvergleichliche Fernsicht genoß. Vor mir das weite un¬
endliche Meer, mit seiueu in grauer Ferne verschwindenden niedrigen
Pelekaninseln und unter mir die blaue glitzernde Wogenflut mit
ihrem donnerähnlichen und immer gleichmäßig wiederkehrendeu
.. o o
Gebrüll. Uber mir auf der Ruine hatte eine Schar Hühnergeier sich
niedergelassen und streckte die kahlen Köpfe neugierig nach mir
hinab, um zu sehen, was mich wohl veranlaßt haben mochte, das
sonst von Wenigen gestörte Heiligtum ihrer Brutstätte zu betreten.
Aus den endlosen und mit Urwald dicht bedeckten hohen Bergen,
welche sich der Ruine seitwärts auschlossen, zogen, zumeist paarweis
schwebend, beutegierige Raubvögel kreisend durch die Luft, unter
welchen sich eine kleine Schar elegant geformter und durch mäch¬
tigen Gabelschwanz ausgezeichneter Schwalbenweihen in den zier¬
lichsten Schraubenlinien in der klaren Himmelsbläue bewegte. Nicht
weit von diesen, doch dem Meere näher, zogen einige dunkle Ge¬
stalten auf mächtig ausgestreckten Schwingen ebenfalls ihre präch¬
tigen Spiralen durch die Luft und trieben dieses oft stundenlange
Spiel ohne Unterbrechung in gleicher Ergötzlichkeit fort. Es waren
Fregatten, meist 5 an der Zahl, deren Brutstätten auf den vorhin
erwähnten kleinen Inseln liegen. Neben und unter diesen nistet
auch der kleine graue Pelekan, der das diesseitige Ufer gleichfalls
besucht und dessen Flugbild ich in meiner »illustrierten Naturge¬
schichte« niedergelegt habe. (Siehe das Flugbild auf Seite 563).
Bei Betrachtung dieser gleichzeitig mit noch mehreren anderen
Vögeln beobachteten Flugweise fiel mir trotz mannigfacher Ab*
weichungen dennoch der Umstand auf, daß die Raubvögel sowohl
wie die Pelekane dasselbe Kreisen in der Luft zeigen, was ich später
auch bei vielen anderen Sumpf- und Wasservögeln wiederfand.
Dieses gleichmäßige Verhalten zwischen Raub- und Wasservögeln
machte damals schon den Gedanken rege, daß hier eine verwandt¬
schaftliche Beziehung zwischen diesen, sich scheinbar so fern stehen¬
den Vögeln liegen müsse. Dieser Gedanke wurde aber lange Zeit
durch, tausendfache andere Vorkommnisse zurückgedrängt, und je
weniger ich Zeit bekam, ihn zu verfolgen, desto eifriger verfolgte er
mich. Zunächst wurde mir klar, daß die Raubvögel, deren Junge
mit einem dichten Dunenkleide bedeckt sind, weder an die Spitze, noch
weniger aber beliebig zwischen die anfänglich nackten Vögel zu stellen
sind und daß sie mithin in das Bereich der gleich mit Dunen bekleideten
Vögel gehören. Nachdem ich hierüber im reinen war, galt es der
209
Frage, wohin dort? Die schönen Spiralen der Raubvögel und Störche,
denen ich schon seit meinen Kinderjahren so gern zugeschaut, wurden
durch meine Erinnerungen ans Amerika immer von neuem wachge¬
rufen und ich fand, daß die Stellung der Raubvögel in unmittelbare
Nähe der gleichfalls raubenden Sumpf- und Wasservögel gehöre, zu
welchen sogar die Brücke im Sekretär und Cariama noch besteht.
Es wäre unüberlegt von mir, wenn ich erwarten wollte, daß gleich
alle meine Leser auch meines Glaubens sein müßten, denn bekanntlich
gilt ja der Glaube in der Wissenschaft nichts, sondern nur die
nüchternste Überzeugung und zu dieser gehört oft lange Zeit ! —
(Siehe meine illustrierte Naturgeschichte, Vögel, Seite 492.)
Haben wir uns von der Zusammengehörigkeit aller Raubvögel
ohne Ausnahme überzeugt, so finden wir bald auch noch weitere
Veranlassungspunkte, unter welchen der Nahrungserwerb die wichtigste
Rolle spielt. Bekanntlich zählen sie alle zu den längsten Nesthockern
unter den Vögeln, weil sie die ausgebildetsten Flügel besitzen, deren
Wachstum lange Zeit erfordert, weil sie den Stürmen des Meeres,
der Hochgebirge und der Wüste in gleicher Weise zu trotzen haben.
Sobald sie selbständig werden, fangen die Sorgen des Lebens an
und diese bestehen im Aufsuchen der Nahrung, welche der Raub¬
vogel, vom Adler und Bussard bis zum Geier, vom Storch bis
zum Reiher, der Fregatte und dem Tropikvogel, und von der Möwe
bis zum Albatroß durch langsames Schweben und Kreisen in der
Luft sich auszukundschaften sucht. Es wird nicht schwer zu beweisen
sein, "daß gerade diese Momente aus dem Vogelleben hauptsächlich
verdienen, dargestellt zu werden. Wie sehr nun aber unsere Vor-
oänger darin gefehlt haben, geht daraus hervor, daß sie aus Spar¬
samkeitsrücksichten dieselben gänzlich übersehen und statt fliegende
und schwebende Vögel darzustelleu die Decken unserer Sammlungen
mit Walfischen und deren Skeletten, Robben, Krokodilen, Rieseu-
schildkröten u. d. mehr zu zieren trachteten, wodurch schließlich
eine gänzlich »verkehrte Welt« entstand. Ich will hier an einige
in der Praxis begangene Fehlgriffe unseres Sammelwesens erinnern.
Bekanntlich ist es eine anerkannte Erfahrungssache, daß Jäger,
Forstleute und Landwirte, von denen es verlangt wird, daß sie die
nützlichen und schädlichen Raubvögel ihrer Gegend genau kennen,
diese fast nur in den betreffenden Fachsammlungen studieren, welche
nach den Mustern der großen wißenschaftlichen Sammlungen an¬
gelegt sind ! Weil dort fast alle Raubvögel mit geschlossenen Flügeln
aufgestellt werden, richten sich auch die Fachsammlungen darnach
270
und die betreffenden Schüler haben keine Gelegenheit, die ihnen
fast nur fliegend begegnenden Raubvögel nach ihren Formverhält¬
nissen im Fliegen kennen zu lernen, woraus folgt, daß fortwährende
Verwechselungen, selbst von sonst sehr tüchtigen Leuten begangen
werden, und Habichte für Bussarde anzusprechen, zu den Vor¬
kommnissen des Tages gehört. Welcher Schaden hieraus entsteht,
das ist erfahrenen Forst- und Landwirten hinlänglich bekannt. —
Noch viel schlimmer als dieseu ergeht es dem großen Publikum,
dem alle Vorstellungen über das Wesen der Raubvögel fehlen.
Diese sind dutzendweise hinter Glas und Rahmen gebracht, sie
spielen die Ritter von der traurigsten Gestalt, und nicht selten hört
man die Frage aufwerfeu : »ob das wohl die wirklichen Raubvögel
seien? Mau hätte sich dieselben mutiger, kampflustiger und be¬
weglicher gedacht und nicht geglaubt, daß sie so friedfertig neben
einander sitzen können !« — Hier fehlt eben dem Laien das Vor¬
stellungsvermögen der Wissenschaft; da, wo alle Anregungspunkte fern
liegen, lassen sich auch keine eigenen Bilder durch Phantasien hervor¬
zaubern, und deshalb bleibt der beabsichtigte Effekt wirkungslos. —
Wenn nun aber ein Maler, Zeichner, Bildhauer, Modelleur den Auftrag
erhält, einen Geier, Adler oder sonst einen Raubvogel mit ausgebreiteten
Flügeln nachzubilden, und um die Erlaubnis in einem Museum nach¬
sucht, sich die Sache anzusehen, dann entstehen die Verlegenheiten, denn
unter den 99 Raubvögeln der Sammlung fiudet sich vielleicht kaum
einer, welchem die Freiheit gestattet worden, seine Schwingen etwas
lüften, schwerlich aber ganz ausbreiten zu dürfen und wenn ja, in welcher
Weise und Form? — Zum Schluß sei noch die Bemerkung erlaubt,
daß dieses Zwangsjackensystem der Wissenschaft selbst oft gefährlich
werden kann, indem wichtige Charaktere der Flügel dadurch über¬
sehen und unbeachtet bleiben können. Einen derartigen Fall habe
ich au einem Stein- und Goldadler in meiner illustrierten Naturge¬
schichte dieser Vögel S. 512 abbilden lassen. (Das Spezielle, die Be¬
handlung dieser Vögel, siehe in meiner »Praxis der Naturgeschichte«
I u. II. Weimar bei Voigt.)
Flugbilder der Vögel. Sobald Vögel sich in größerer
Anzahl vereinigt haben u. einem gemeinsamen Ziele entgegenfliegen,
hört die plastische Nachahmung auf u. die bildliche muß an deren
Stelle treten. So bekannt dieser Gegenstand auch ist, so ist er in
wissenschaftlicher Hinsicht noch wenig beachtet u. in nur wenigen
Fällen zur Darstellung gebracht worden. Haben unsere Vorgänger
dadurch gesündigt, daß sie Seehunde und Krokodile an den Decken
271
aufhingen, wo fliegende Vögel hingehört hätten, so wußten sie
auch nichts mit den leeren Wänden neben u. über den Schränken
unserer Sammlungen anzufangen, die uns jetzt wie plötzlich aufge¬
fundene Schätze erscheinen müssen. Wer wird heute nicht, wo
jede Konkurrenz freisteht, von der Wissenschaft verlangen, daß
sie da, wo ihre plastische Technik aufhört, nicht auch mit andern
Mitteln ihre Ziele zu erreichen sucht, wenn sie es vermag ?
Die Malerei versteht es, mit wenigen Strichen das bildlich
darzustellen, wozu das Wort u. die Feder oft lange Zeit erfordern
und doch jene Klarheit nur selten erreichen. Um so wirksamer wird
der Eindruck, wenn die Farben dazu kommen, deren Deutung jedes
Kind zu fassen versteht.
Bei den Nackt vögeln sehen wir, daß ihr Flug zwar häufig
in großen Massen ausgeführt wird, jedoch noch nicht jene Regelmäßig¬
keit erlangt hat, die wir bei den meisten Dunen vögeln bewundern.
Diese Verschiedenheiten sind es, welche unser ganzes Interesse in An¬
spruch nehmen. Ich werde zunächst die Nacktvögel kurz u. dann
die Dunenvögel etwas ausführlicher besprechen. Wer die Tropen
zu sehen Gelegenheit hatte, _dem werden die oft zahllosen dichtge¬
drängten Scharen der verschiedenartigen Papageien noch in lebhaf¬
ter Erinnerung sein, wenn sie in früher Morgenstunde in tausend¬
stimmigem Geschrei und mit rauschendem Flu^ffe aus dem nahen Ur¬
wald kommend auf ihre Futterplätze nach den Plantagen fliegen.
Schon ein solches Bild muß packend auf den Beobachter wirken.
Denken wir an die Segler u. Schwalbenarten u. schließlich au die
Kolibris, deren Flugweise uns so reichen Stoff darbietet, was wir
von dem zahlreichen Geschlecht der Singvögel weniger erwarten
dürfen. Bei den Raben finden wir schon eine schwache Neigung,
die Raubvögel nachahmen zu wollen, indem sie zu gewissen Zeiten
vorübergehend kreisen. — Die Dunenvögel bieten durch ihre
Filmbilder ein hohes Interesse dar, womit sie schon im Altertume
ein großes Aufsehen erregten u. zu verschiedenen Deutungen Veran¬
lassung gaben. So übte der Kranichflug bei den Völkern des Alter¬
tums dieselbe Wirkung aus, wie es noch heute geschieht, und die
winterlichen Schneegänse lassen erkennen, daß noch kalte Tage bevor¬
stehen. Fast jede Vogelart gruppiert sich in bestimmten Linien
hinter und nebeneinander, an welchen Figuren sie der aufmerksame
Jäger schon aus weiter Ferne erkennt. Auf dem von meinem Sohn
gezeichneten Flugbild »stoßtauchende Vögel des karaibischen Meeres«
Seite 562 in meiner illustrierten Naturgeschichte habe ich die Art
272
ihres Benehmens darzustellen versucht u. glaube damit einen nicht
unwesentlichen Beitrag zu der Kenntnis dieser merkwürdigen Vögel
geliefert zu haben. Gerade die Dunenvögel sind in dieser Beziehung
ansnehmend reich und bieten somit eine fast unerschöpfliche Fülle
der wichtigsten Thatsachen dar, welche unsere bisherigen Samm¬
lungen aber mehr oder minder alle verschweigen. Wie ungemein
lehrreich und zugleich geschmackvoll könnten wir unsere Volks¬
sammlungen ausstatten, wenn wir genügsamer in der Aufstellung
von Dubletten und Tribletten und umsichtiger in der Benützung
des übrigen leeren Raumes sein wollten.
Denken wir uns die kahlen Wände über unseren Schränken mit
großen Bildern aus dem Vogelleben geschmückt; wie hier ein Flug
Kraniche im bekannten Dreizack durch die Luft eilt; wie dort eine
Schar Ibisse ihre langen Ketten formiert, in welcher Form sie über
das Wasser setzt; wie Regenpfeiffer oder Sandhühner gleichfalls
horizontal aber mit schnelleren Flügelschlägen vorübereilen: wie Wild-
gänse und Schwäne dem eisigen Boreas enteilen und wärmere Land¬
striche aufsuchen; schwimmtauchende Pelekaue sich zum Halbkreis bei
dem Fischfänge ordnen, während stoßtaucheude (siehe das Bild in
meiner Naturgeschichte) ihre geregelte Flugbahn taktmäßig inne¬
halten. So können sich die Flugbilder durch alle Erdengürtel bis
an die Pole in fast unzähliger Weise abändern und endlich in den
polaren Vogelbergen ihren vielbewegten Abschluß finden. —
Jch habe den Darstellungen aus dem Vogelleben absichtlich
einen umfangreicheren Raum gestattet, weil die Vogelwelt offen¬
kundiger als die anderen Tierklassen sich zeigt, weshalb sie auch
unsere größere Teilnahme verdient.
Bei dergleichen Entwürfen muß man aber auch auf andere
Gebiete den Blick werfen, und da finden wir denn, daß auch Bilder
aus der Lebensgeschichte anderer Tiere, wenn sie dem Leben wirklich
abgelauscht sind, fast überall ihre passende Verwendung finden werden.
Wenn daher ein Ichthyologe oder Herpetologe ähnliche leere Räume
über den Schränken seines Gebietes in gleicher Weise zu benützen
gedenkt, so wird er dadurch des Dankes des großen Publikums in
(Beicher Weise versichert sein. Dem Entomologen wird es nicht
schwer fallen, bemerkbare Lebenserscheinungen der Insektenwelt bild¬
lich zur Darstellung zu bringen. (Schluß folgt.)
273
Das Fliegen der Fledermäuse am Tage.
Von Pfarrer Jäckel in Windslieim.
Die Chiropteren halten sich den Tag über an dunklen, doch
trockenen, vor Regen und Wind geschützten Orten auf, aus denen
sie, die einen früher, bald nach Eintritt der Dämmerung, die andern
spät bei anbrechender Duukelheit zum Vorschein kommen. Nur
einzelne Arten sieht man auch hie und da, gewöhnlich an dunkeln
Orten, doch auch an Sommer- und Herbsttagen im hellsten Sonnen¬
schein umherfliegen und nach Insekten jagen. Ziemlich spät, erst bei
anbrechender Dunkelheit, erscheinen die Hufeisennasen, Rhinolophus
ferrum equinum und hipposideros , Bechsteins Fledermaus, Vespertilio
JBechsteinii , sehr spät die spätfliegende Fledermaus, Vesperugo sero-
tinus , die große Speckmaus, Vespertilio murinus , die gefranste
Fledermaus, Nattereri und die Teich- Fledermaus, dasy erlerne ; ziem¬
lich frühe mit Beginn der Dämmerung die Mops-Fledermaus, Synotus
barbastellus , die zweifarbige Fledermaus, Vesperugo discolor, die
Bart-Fledermaus, Vespertilio mystacinus uud die Wasser-Fledermaus,
V. Daubentonii , mitunter schon vor Beginn der Dämmerung die schien¬
haarige Fledermaus, Vesperugo Natliusii und die Zwerg -Fledermaus,
Vesperugo pipistrellus ; am frühesten die kleine Speckmaus, Ves¬
perugo Leisleri und die friihfliegeude Fledermaus, Vesperugo noctula.
Letztere ist unter allen deutschen Arten am wenigsten lichtscheu
und kommt während des ganzen Sommers schon vor Sonnenunter¬
gang, zuweilen schon um 3 bis 5 Uhr nachmittags, wenn die Sonne
hoch am klaren Himmel steht und heiß brennt, aus ihren Verstecken
hervor, und zwar nicht einzeln, sondern in großer Anzahl, um hoch
in der Luft stundenlang sich umherzutreiben. So frühe bemerkte
ich sie über dem Lande nur sehr selten, gewöhnlich nur über stehen¬
dem Wasser, nassen Wiesen und trocken liegendem Weiherlaude an
Waldrändern. Nur einmal, Ende Juni 1878, sah ich eine einzelne
fern von allem Wasser bei grellem Sonnenschein und tiefblauem
Himmel in Gesellschaft von Mauerseglern, Rauch- und Stadtschwalben
abends zwischen 5 und 6 Uhr über dem hohen Turme der Kilians¬
kirche dahier längere Zeit fliegen uud Herr Gott lieb von Koch
bewahrte sie am 23. November 1870 nachmittags 3 Uhr hoch über
Heidelberg. Dagegen flogen am 27. September und 1. Oktober 1856
und am 20. April 1857 schon nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr,
am letztgenannten Tage bei herrlichstem Wetter wohl 50 bis 60 Stück
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1881. 18
/
274
über den Weihern bei Neuhaus und Buch im südlichen Oberfrankeu.
Sie jagten da turmhoch in schwalbenähnlichem Fluge und in raschen
kühnen Wendungen nach Flor- und Köcherfliegen und kamen in,
mit staunenswerter Schnelligkeit ausgeführten Abstürzen nach
diesen Insekten so tief herab, daß ich das Knirschen ihrer Zähne
bei dem Verzehren ihrer Beute deutlich hören konnte. Am 21. Juni
1856 betrieb eine einzelne ihre Jagd, die untergehende Sonne stand
noch am Himmel, in dem dortigen Weiherland über einer hoch in
der Luft eifrig ihre Kreise beschreibenden und mäckernden Bekas¬
sine; am 27. desselben Monats und am 1. Oktober traf ich wieder
in den frühen Nachmittagsstunden etliche Hunderte über allen
Weihern der Ortsfluren Nenhaus, Gremsdorf und Buch au und am
13. September gegen Sonnenuntergang eine Anzahl von 15 bis
20 Stück über dem Mühlweiher bei Neuhaus , woselbst zu glei¬
cher Zeit eine kleine Schar junger schwarzer Seeschwalben herum¬
strich. Ein prächtiger Anblick: über der spiegelglatten, vom
Abendrot beleuchteten Wasserfläche die zierlichen, schmalfliigeligen
Gestalten der leichtbeschwingten, nach Nahrung niedersteigenden See¬
schwalben und über ihnen die fluggewandten, mächtige Haken schla¬
genden Fledermäuse, die ganze Scene im Wasser scharf reflektiert.
Ein naher Verwandter der friihfliegeuden Fledermaus, Vesperugo
noctala , ist die kleine Speckmaus, Vesperugo Leisleri, ebenfalls ein
ausgezeichneter Luftsegler, den Blasius in dunkeln Wäldern etliche
Male schon um die Mittagszeit fliegen sah.
Die kleine Hufeisennase, Rhinolophus hipposideros, kommt im
Freien erst bei einbrechender Dunkelheit zum Vorschein, verläßt
aber ihre Ruhestelle oft schon früher, um in dunkeln Räumen alter
Burgen , Schlösser und unbewohnter Gebäude nach Dipteren und
Motten zu jagen. Ein Stück flatterte am 14. September 1858
bereits früh 10 Uhr in der düsteren Kapelle des Schlosses zu Neu¬
haus im südlichen Oberfranken umher, flog von da in den Schloss¬
hof, wieder zurück, die dunkle Wendeltreppe hinauf zu dem im
ersten Stocke des Turmes befindlichen Burgverließ, liess sich dort
wieder herab in den geräumigen einstigen Hundestall, zurück in die
Kapelle und schließlich durch eine runde, im Boden befindliche Öffnung
in den darunter gelegenen Keller, wo ich es fing.
In derselben Kapelle und ganz unter denselben Umständen er¬
beutete ich bei trüber regnerischer Herbstwitterung am 20. Oktober
1860 morgens 10 Uhr eine dort schwirrende langohrige Fledermaus,
Plecotus auritus , eine Art, die in den Wintermouaten nach einge-
t
275
tretenem Tauwetter öfter ihre Hibernierungsplätze verläßt und am
hellen Tage auf Speichern und in Häusern, geeignetere Aufenthalts¬
orte suchend, umherfliegt.
Am 7. Juni 1857 erhielt ich eine schienenhaarige Fledermaus,
Vesperugo Nathusii , die im Dorfe Neuhaus bei großer Hitze (25° K.
im Schatten) und blendendem Sonnenschein nachmittags 3 Uhr in
der Nähe meines Hauses auf einem großen freien Platze lange Zeit
hin und her flog, bis es einem Knaben gelang, sie mit der Peitsche
aus der Luft herabzuholen.
Die Zwerg-Fledermaus, Vesperugo pipistrellus, erscheint mitunter
schon vor Beginn der Dämmerung. Im milden November 1881
beobachtete Herr Lehrer A. Wiedemann eine Zwerg-Fledermaus
nachmittags 3*/2 Uhr bei etwas bewölktem Himmel und milder Tem¬
peratur in Augsburg, wie sie auf einem Lechkanal nach Insekten
jagte. Ich selbst bemerkte öfter in den ersten Nachmittagsstunden
Zwerg-Fledermäuse, die offenbar nicht aufgescheucht oder an ihren
Ruheorten sonstwie beunruhigt worcten waren, was öfter geschieht,
wenn Fensterläden, hinter denen sie gern ein Tagesversteck suchen,
bei dem Heran nahen von Gewittern oder heißem Sonnenschein ge¬
schlossen werden. Solche zufällig aufgescheuchte Fledermäuse suchen
in eiligster Flucht einen bergenden Schlupfwinkel und sind schnell
aus dem Gesichtskreis entschwunden. Dagegen strich am 4. April
im Nürnberger Reichswalde unfern von den Steinbrüchen in Wen¬
delstein eine Pipistrelle nachmittags 3 Uhr über einer jungen Föhren -
dickung bei klarem Himmel, warmer Witterung, aber ziemlichem
Winde über eine Viertelstunde, Nahrung suchend, umher und lag
diesem Geschäfte noch ob, als ich wegging. Andere flogen am
10. Juli und 18. August nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr im
Dorfe Neuhaus bei großer Hitze und wolkenlosem Himmel, von denen
eine anscheinend aus Übermut einen Schmetterling, Baumweißling,
verfolgte, nach dem sie mehrere Male stach, den sie leicht hätte fangen
können, wenn es ihr Ernst gewesen wäre, den sie aber wohl nicht
verfolgt hätte, wenn sie aufgescheucht selbst auf der Flucht ge¬
wesen wäre.
Von der zweifarbigen Fledermaus, Vesperugo discolor , fing ich
ein Stück, das am 14. Februar 1878 nachmittags gegen 4 Uhr auf
dem hiesigen Marktplatze flog.
Die Wasser-Fledermaus, Vespertilio Daubentonii , kommt oftmals
schon auf ihre Jagdgebiete, wenn die Sonne eben erst unter den
Horizont hinabgesunken ist, der westliche Himmel im feurigen Abend-
276
rot glüht und noch Tageshelle herrscht, so daß mau auf eine Ent¬
fernung über Schußweite ihr Thun und Treiben noch scharf beob¬
achten kann. An einem solchen Abend, es war der 18. Oktober
1864, flog eine kleine Anzahl spannenhoch über dem Wasserspiegel
eines großen Teiches und nahm nach Art der Schwalben die oben
schwimmenden, sich erheben wollenden Wasserinsekten weg. Andere
gewahrte ich bei eben untergegangener Sonne, während hoch über
ihnen Vesperugo noctula jagte.
Das Fliegen der Fledermäuse am hellen Tage ist demnach kein
so höchst seltener Fall, als es H. Schacht im Hefte 6 des heurigen
Jahrgangs des Zoologischen Garten dargestellt hat, im Gegenteil
gehört es sogar zu den specifischen Eigenschaften einer Art der¬
selben, die davon den Namen der früh fliegenden trägt, schon vor
Sonnenuntergang und sogar oft schon nach den ersten Nachmittags¬
stunden im Sonnenschein ihrer Nahrung nachzugehen. Auffallend
ist es, daß Schacht am hellen Tage zweifelhaft darüber sein konnte,
ob er den Zwerg pipistrellus oder noctula , die zweitgrößte europäische
Fledermaus, einen Riesen gegen jene, vor sich habe.
Die Springmäuse.
Nach Lataste. *)
Außer den beiden aus Algier schon bekannten Arten der Springmaus,
Dipus hirtipes Licht. {D. deserti L.) und 1). aegyptius Hass. (I). mauritani-
cus Duv) wurde neuerdings eine dritte Art aufgefunden und von Lataste als
Dipus Dcirricarrerei beschrieben. Der Autor hatte Gelegenheit, mehrere In¬
dividuen der drei Arten in der Gefangenschaft zu halten. Die Springmäuse
sind echte Nachttiere; sie schlafen den ganzen Tag hindurch. Mit Eintritt
der Nacht beginnt ihre Thätigkeit und dauert 2 — 3 Stunden ; gegen 10 Uhr
legen sie sich zur Ruhe nieder und erwachen wieder gegen Mitternacht oder
um 1 Uhr morgens. Nach etwa 2 Stunden schlafen sie neuerdings ein, um
morgens vor Tagesanbruch nochmals rührig zu sein.
Nach ihrem Erwachen machen sie Toilette, essen und tummeln sich
herum. Wenn die Tiere von Dipus liirtipes nicht frei im Zimmer sich be¬
wegen können, dann beginnen sie in ihrem Käfig einen sehr monotonen Tanz ;
nach 4 oder 5 Schritten längs der Glaswand springen sie in die Höhe und
beginnen dann wieder in entgegengesetzter Richtung ihren Lauf. Stundenlang
hört man das regelmäßige Geräusch der auf den Boden aufschlagenden Nägel.
Man hört dieses aber nicht, wenn sie frei in dem Zimmer herumspriugen,
*) Annali del museo civico di storia naturale di Genova. Bd. 18. 18S3.
277
weil die Nägel alsdann in dem dichten Pelz versteckt sind. Pas von den
Tieren mit den Hinterfüßen gemachte Geräusch soll nach der Meinung des
Autors den Kameraden als ein Signal dienen, wie es bei den Frettchen der
Fall ist welche bei dem Heraustreten aus ihrem Bau ebenfalls derartige
Zeichen geben. Auch bei anderen Springmäusen, ( Pachyuromys Duprasii L
und Meriones Shawi Duv.) werden ähnliche Meldungen wahrgenommen.
Die Stimme ist rudimentär, ein Mittelding zwischen Schnauben und kurzem
Husten, und scheint ein Ausdruck des Zornes zu sein. Dipus aegyptius und
Darricarrerei sind sehr laut, während D. hirtipes weniger zornig und fast
immer stumm ist.
Die ägyptische Springmaus ist leicht zu halten , sie ist sehr sanft und
beißt nicht, ja sie wird sogar ermüdend durch ihre Vertraulichkeit. Mit
ihren Mitgefangenen verträgt sie sich dagegen nicht. Noch zutraulicher ist
die rauhfiißige Springmaus, D. hirtipes, und sie lebt auch mit ihren Kame¬
raden in Frieden. Nur einmal sah Lataste den Frieden gestört, als eine
Wanderratte, Mus decumanus, zu ihnen in den Käfig gesetzt wurde. Da
wurde ihr Zorn rege, sie schnaubten, benahmen sich wie besessen und sprangen
auf den Eindringling los. Als die Ratte aus dem Käfig entfernt wurde,
dauerten die Zornausbrüche noch einige Zeit fort, dann aber wurde der Friede
wieder hergestellt.
Dipus Darricarrerei war dagegen in den letzten Tagen der Gefangen¬
schaft noch eben so scheu wie in den ersten. Wenn die anderen Arten ihre
Freude zeigten und mit Lataste spielten, stand diese mit wachsamem Auge in
einiger Entfernung, sprang erschrocken auf, wenn er sich näherte, und rannte
so stürmisch umher, daß sie an allen Möbeln anstieß.
Waren die rauhfiißigen Springmäuse von ihren Sprüngen ermüdet, dann
ließen sie sich sehr leicht fangen und in ihren Käfig legen. Wurde dies
versäumt, dann nagten sie mit großer Ungeduld am Käfig herum, sprangen
auf den Käfig hinauf und versuchten sich an dem Metalldeckel durch Nagen
eine Öffnung zu machen. Die ägyptischen Springmäuse konnten durch eine
Seitenthüre von selbst in ihren Käfig gelangen, der immer offen stand. Dipus
Darricarrerei versteckte sich dagegen stets in Winkel oder unter ein Möbel
und sprang umher, sobald man ihn fangen wollte.
Die Wirkung des Feuers lernt die ägyptische Springmaus bald erkennen,
denn wenn sie sich demselben einmal so sehr nähert, daß sie ' sich den Bart
verbrennt, daun hütet sie sich dem Feuer zu nahe zu kommen. Die rauh*
fiißige Springmaus nähert sich mit Vorsicht; glaubt sie sich ohne Gefahr,
dann scheut sie sich nicht, sich in der warmen Asche herum zu rollen. D.
Darricarrerei ist weniger vorsichtig; er legt sich in die warme Asche und
bleibt darin, bis sein Flaar da und dort anfängt zu brennen.
Sehr lobenswert ist die Reinlichkeit der Springmäuse. Man muß ihnen
Sand in ihren Käfig geben, da sie nur in diesem ihren Unrat absetzen. Selu-
vorteilhaft ist es, dem Sande fein pulverisiertes Blanc de Meudon zuzusetzen,
damit das Haar immer schön weiß bleibt. Die Tiere geben sehr wenig Geruch
von sich und Urin lassen sie fast niemals.
Wie die meisten Wüstentiere sind sie sehr mäßig; es ist nicht nötig,
ihnen Wasser zu reichen, wohl aber zur anderen Nahrung auch Grünes, z. B.
Salatblätter. Sie leben von Mais, Gerste, Hirse, Buchweizen, Hanfsamen,
278
Kanariensamen, sie nehmen wohl auch andere Dinge wie Brot, Obst, Mandeln
u. dergl., sind aber nicht lüstern danach. Heu gl in hat Unrecht, indem er
angiebt, daß sie auch gern Aas fressen, denn Fleisch ist ihnen nicht ange¬
nehm. Man vergesse nicht, in ihrem Käfige Sepia aufzuhängen; sie nagen
von Zeit zu Zeit daran, wie sie auch sehr gern Kochsalz naschen, das. ihrer
Gesundheit sehr zuträglich ist. A. Senoner.
Bericht über den Zoologischen Garten zu Dresden über das
Geschäftsjahr vom 1. April 1882 bis 31. März 1883.
(SchlußJ
Gewinn- und Verlnst-Conto für 1882/83.
Debet. Mk
An Saldo-Vortrag von 1881/82 . 9938.26
„ Betriebs-Ausgaben: Mk.
Gehalte des Direktors und Secretärs .... 5970. —
Gehalte der Officianten an den Eingängen . 2335. —
Löhne für Abwartung der Tiere . 11560. —
Löhne für Nachtwachen . 655.20
Fütterung der Tiere . 35451.01
Unterhaltung und Material zur Reinigung der
Käfige 1236.68
Heizung und Beleuchtung . 1621.98
Konzertspesen und div. kleine Ausgaben . . 2260.29
Inserate, Plakate und Säulenanschlag . . . 2196.94
Druckkosten für Eintrittskarten, Geschäftsbe¬
richte etc. 352.60
Bureauaufwand, einschließlich Porti .... 390.31
Wasserzins . 525.60
Arzt und Medikamente . 168.70
Gratifikationen und Trinkgelder . 154.85
Wärter- und Arbeiter-Jupen . 270. —
Unterhaltung der Bauten . 4815.92
do. der Gartenanlagen . 3772.70
do. der Straße . 60. —
do. der Gerätschaften und Mobilien 567.41
Pacht und Entschädigung an die Bauverwalterei 1026. —
Abgaben . 959.90
Prüfung des Rechuungswerks . 120. —
Kosten der Generalversammlung und Gerichts-
kosten 144.15
76605.24
ab Mehrbestand an Vorräten . 112.76
Transport . . . 76492.48
279
Transport
An Provision und Kourtage .
„ Hypotheken-Zinsen .
n Zinsen an Darlehn-Konto .
„ do. an Unterstützungsfond . .
„ Tierwirtschaft, Verlust .
„ Abschreibungen auf Mobilien und Immobilien . .
Kredit .
Per Betriebs-Einnahmen: Mk.
Eintrittsgelder . 62498.10
Zehnerkarten . 5454. —
Abonnement . 7277. —
Reitkasse . 3140.20
Gebühr bei Erneuerung der Eintrittskarten . 5952. —
Umschreibegebühr . 417. —
Pacht der Restauration . 6600. —
do. für Futterverkauf im Garten .... 150. —
Jagdpacht . 16.81
Erlös aus verkauften Führern . 185.48
„ „ „ Programmen .... 414.80
„ „ „ Bälgen, Cadavern, Eiern etc. 972.05
» n „ Eis . 250.—
Zinsen von Effekten . 1125.40
„ Konto für Beitrag der Stadtgemeinde.
Verwilligter Beitrag von der Stadtgemeinde
per 1883 . 10000.—
Davon zurückgestellt für die Zeit vom 1. April
bis 31. Dezember 1883 7500.—
„ Saldo- Vortrag auf neue Rechnung .
Bilanz am 31. März 1883.
Mk.
76492.48
1.75
11743.87
349.80
44.05
2057.11
3273.55
103900.87
Mk.
94452.84
2500.—
6948.03
103900.87
j^.Tct'b'VCL' Mk
An Kassa-Konto . 663.81
„ Effekten-Konto . 17550. —
„ Debitoren . 2335.30
„ Aktien-Konto . Mk. 1050. — . . . .
„ Zinsen-Konto der Süddeutschen Boden-Kreditbank .... 2693.25
„ Tier-Konto . 84410.35
„ Bauten-Konto . 509243.01
„ Gerätschaften-Konto . 4807.47
„ Mobiliar-Konto . 3458.37
„ Grundstücks-Konto . 87721.45
„ Maschinen-Konto . 1315.02
„ Betriebs-Konto . 1487.13
„ Bibliothek-Konto . 200. —
„ Gewinn- und Verlust-Konto . 6948.03
722833.19
Passiva .
Per Aktien-Kapital-Konto .
» Süddeutsche Boden-Kreditbank zu München
» Darlehn-Konto
noch nicht ausgeloste Darlehnscheine ein¬
schließlich Zinsen .
» Amortisations-Darlehn-Konto
ausgeloste, aber noch nicht erhobene Darlehn¬
scheine .
» Unterstützungsfond-Konto .
» Dresdner Bank hier
Saldo vom 31. März 1883 .
” Uonto für Beitrag der Stadtgemeinde
erhobener Beitrag von der Stadtgemeinde für
^ die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1883
» Vogelhaus-Konto
Baargeschenke bis 31. März 1883
7 Aktien der Gesellschaft (Geschenk) . . . Mk. 1050. _
Mk.
450000.—
238780.50
14507.70
2573.70
1145.37
4675.92
7500.—
3644.—
Dresden, am 31. März .1883.
722833.19
Der Verwalt' mgsrat.
Justizrat Dr. Stein, Alfred Bach,
Vors. stellv. Vors.
Baumeister .Schreiber. Rechtsanw. Dr. Wolf II.
Zur Ornithologie JaniK
Von Damian Gronen.
Man könnte wohl vermuten , daß auf Cuba und Jamaika, die ziemlich in
gleicher Entfernung von Nord- und Südamerika liegen, gleich viel Repräsentanten
aus diesem, wie jenem Teile des amerikanischen Kontinents aufträten ; ein solcher
Schluß würde aber, namentlich da unsere Kenntnis der Ornithologie des Fest¬
landes uoch keineswegs abgeschlossen ist, mit einer Menge Täuschungen behaftet
sein, wie ihm auch jetzt schon durch die Erfahrung widersprochen wird, indem
unter den auf den Inseln auftretenden Vögeln, soweit diese bekannt sind,,
die Hälfte derselben zugleich dem nordamerikanischen Festlande, dagegen
kaum ein Fünftel dem südlichen Teile der neuen Welt gemein ist. Fast alle-
Vögel, die Mexiko und den Vereinigten Staaten eigen sind, treten auch auf
Jamaika auf, wie dieses zugleich einzelne Species besitzt, die Swainson nur
Mexiko eigentümlich glaubte, und wieder andere, welche man für auf Nord¬
amerika beschränkt hielt, geradezu tropisch oder westindisch sind, so daß sie¬
dort nur als vorübergehende, in vielen Fällen sogar nur als zufällige Besucher
anzusehen sind. Die Columba Zena'ida wird in den Vereinigten Staaten nur
äußerst sparsam gefunden, während sie in Jamaika der gewöhnlichste Vogel
ist und als solcher auch schon von Sloane augeführt wird.
Denny giebt folgenden Katalog der Vögel, die er während eines Auf¬
enthaltes von sechs Jahren auf Jamaika kennen lernte, und die er meist nach
Wilson ’s Bestimmung anführt:
Vögel, die Jamaika, Cuba und den Vereinigten Staaten zugleich eigen¬
tümlich sind.
Cathartes aura.
Sylvicola pusilla.
Buteo borealis.
— — americana.
Circus americanus.
— — canadensis.
Haliaetus niger.
— — minuta.
Accipiter pensylvanicus.
— — pensilis.
Pandion haliaetus.
— — coronata.
Strix flammea.
— — maculosa.
— asio.
Vermivora solitaria.
Hirundo fulva.
Fringilla tristis.
Caprimulgus carolinensis.
— Zevanna.
— — americanus.
Dolichonyx oryzivorus.
Alcedo alcyon.
Sturnella magna.
Tyrannus intrepidus.
Icterus versicolor.
Muscicapa ruticilla.
Corvus ossifragus.
— — virens.
Picus carolinensis.
— — fusca.
Certhia maculata.
— — crinita.
Columba leucocephala.
-- — vireo-olivacea.
— passerina.
Merula minor.
Ortyx marylandus.
— mustelinus.
Tyrannula Saga.
Orpheus polyglottus.
Trichas personatus.
Columba carolinensis (Cuba allein)
Vögel, die auf Jamaika und Cuba, wie auf dem Festlande auftreten,
Nord-Amerika aber unbekanut sind:
Sarcoramphus papa (nur gelegentlich).
Icterus dominicensis.
Polyborus brasiliensis.
Trochilus furcatus.
Circus rutilans.
Muscicapa ferox.
Crotophaga aui.
Vögel, welche den westindischen
Inseln eigentümlich sind, dagegen
selten in Nordamerika oder dem südlichen Festlande gefunden werden :
Jamaika
und Cuba.
Accipiter fringilloidcs.
Merula dominicus.
Falco sparveroides.
— rubripes.
Hirundo thalassina.
Sylvicola domiuica.
— Tapera.
Pyrrhula nigra.
— albicollis.
— collaris.
— melanogaster.
Fringilla Zena.
_ ?
— noctis.
Caprimulgus jamaicensis.
— jamaicensis.
Todus viridis.
— bicolor.
Merula jamaicensis.
— fusca vel leucophthalma (?).
— lepida.
Carduelis mexicana.
282
Icterus bonand.
— cucul latus.
— mexicanus.
— brasiliensis.
— xanthornis.
— baritus.
Leistes bumeralis.
Corvus jamaicensis.
Trogon teranurus.
Psittacus leucocephalus.
— aestivus.
Psittacara nana.
Picus carolinus.
— percussus.
Colaptes auratus.
— Fernandina (Cuba allein).
— superciliaris (Cuba).
Cuculus vetula.
— pluvialis.
Certhia flaveola.
— maculata.
Cynanthus polytmus.
— minimus.
Lampornis mango.
Columba Caribbaea.
— inornata.
— montana.
— jamaicensis.
— leucoptera.
— minuta.
— sylvestris.
— martinica.
— cyanocephala (Cuba allein).
— Zena'ida.
Numida maculipennis.
Tanagra gularis.
Sitta jamaicensis.
Pipillo maculata.
W aldvögel.
Die folgenden Species scheinen,
mäßig über die Vereinigten Staaten,
zu sein:
Ardea virescens.
— ludoviciana.
— caerulea.
— alba.
— exilis.
— candidissima.
— herodias.
Nyctocorax violacea.
— Gardenii.
Botaurus minor.
Platalea ajuga.
Phoenicopterus ruber.
Ibis rubra.
— alba.
Tantalus loculator.
Scolopax gallinago.
— grisea.
— minor.
Totanus macularis.
— chloropygius.
— flavipes.
— semipalmatus.
mit einer oder zwei Ausnahmen, gleich-
Mexiko, Jamaika und Südamerika verteilt
Tringa rufescens.
— pectoralis.
— minutella.
— pusilla.
Numenius longirostris.
Charadrius semipalmatus.
— cocciferus.
— apricarius.
— monellus.
— pluvialis.
— melodus.
Squatarola cinerea.
Himantopus melanopterus.
Rallus minutus.
— jamaicensis.
— virginianus.
Aramus scolopaceus.
Parra Ja9ana.
— variabilis.
Gallinula Galatea.
— martinica.
283
Dendronessa sponsa.
Boschas fera.
— crecca.
— discors.
— discors occident.
Dafila caudacuta.
Chauliodus streperus.
Anas clypeata.
Mareca americana.
Anas (?) fistularis.
Fuligula rnarita.
— cristata.
Anas (?) jamaicensis.
— (?) spinosa.
Schwimmvögel.
Anas (?) dominica.
Podiceps cristatus.
— auritus.
Pelecanus fuscus.
Pachypetes aquilus.
Larus atricilla.
— argentatus.
— parasiticus.
Sterna fuliginosa.
— minuta.
— stolida.
Thalassidroma pelagica.
— — Wilsonii.
Wenn in diesem Verzeichnisse mehrere Species fehlen, die von anderen
Autoren als auf Jamaika heimisch aufgeführt werden, so sind diese nur ausgelassen
worden, weil Denny keinen Vogel aufnehmen wollte, den er nicht selbst als
heimisch hatte kennen lernen ; aus demselben Grunde hat er auch die Orni¬
thologie von Domingo ausgeschlossen, die, nach Vieillot, allerdings viel aus¬
gebreiteter zu sein scheint als die von Cuba und Jamaika. Jedenfalls ist
dieses Verzeichnis ein wichtiger Beitrag zur Charakteristik der ornithologischen
Region der westindischen Fauna.
M i s c e 1 1 e n.
Geburt eines Yak - San ga- Bastard es.*) Durch die in dem
Haustiergarten des Landwirtschaftlichen Instituts der Universität Halle aus¬
geführten Paarungsversuche zwischen Yak und verschiedenen Rassen des
europäischen Hausrindes ward die von H. v. Nathusius- Hundisburg in seinen
»Vorträgen über Viehzucht und Rassenkenntnis« vermutete Artidentitä,t beider
nicht bestätigt; die männlichen Bastarde erwiesen sich als völlig steril sowohl
bei Paarungen mit weiblichen Yakbastarden, wie bei Paarung mit weiblichen
Tieren einer der Stammarten. Selbst noch ein einviertelblütiger Yakbastard¬
bulle zeigte sich, wie neuerdings konstatiert werden konnte, völlig unfruchtbar.
Damit ist aber die spezifische Verschiedenheit von Yak und europäischem
Hausrind zweifellos sicher erwiesen. Ks blieb jedoch noch wünschenswert,
das Verhältnis zwischen Yak und dem Zebu oder dem asiatisch-afrikanischen
flausrinde festzustellen. Dies ist nicht, wie eine eingehendere Untersuchung
trotz der entgegenstehenden Annahme vieler Autoren ergiebt, von unserem
europäischen Hausrinde spezifisch verschieden, sondern kann nur als Unterart
einer gemeinsamen Grundform angesehen werden. Immerhin könnte aber in
dem Zebu eine so weit vorgeschrittene Variation gegeben sein, daß bei der
*) Vergl. Bd. XXTI., 1881, Seite 35^.
284
Paarung mit dem Yak ein abweichendes Verhalten sich zu zeigen vermöchte-
Eine solche Vermutung ist in der That von Sanson, einem der ausgezeichnet¬
sten Forscher Frankreichs, ausgesprochen worden. Um auch hierüber Klar¬
heit zu gewinnen, paarte ich eiue rot und weiß gefleckte Kuh der langhörnigen,
afrikanischen Zeburasse, die unter dem Namen Sanga bekannt ist, mit
einem weißen Yakbullen. Die Kuh gebar am 28. Februar d. J., und zwar
glücklicherweise ein Bullenkalb, so daß jene noch offene Frage bald ihre
Entscheidung finden wird. Erweist sich dieser männliche Bastard fruchtbar,
so würde das von Sanson vermutete abweichende Verhalten des Zebu be¬
stätigt sein; im entgegengesetzten Falle wären freilich noch weitere Versuche
erforderlich. Die Tragezeit währte 261 Tage und entspricht damit genau
dem Mittel von 17 Geburten bei Paarungen von Yak mit dem europäischen
Hausrind. Das Gewicht des Jungen betrug bald nach der Geburt 17,5 Kilo
oder ca. 1 /as vom Lebensgewicht der Mutter; es begann schon eine Stunde
nach der Geburt kräftig zu saugen und ist lebhaft in seinen Bewegungen.
Die Grundfarbe des Kalbes ist weiß, an den Seiten sind die weißen Haare
reichlich mit rotbraunen Haaren gemischt, ebenso an einem Streifen beider
Vorderbeine. Die rotbraun gefärbten Ohren sind kurzbehaart, im übrigen
sind alle Teile des Körpers lang-, nur weniger kraushaarig, wie bei Yak¬
kälbern; die Kopfform stimmt völlig mit der reinblütiger Yakkälber überein.
Von einer Andeutung des Widerristhöckers der Mutter ist nicht eine Spur
vorhanden. Dies auffallende Vorwiegen des Einflusses des Yakblutes auf die
Körperbildung und insbesondere auf die Kopfform des Jungen bildet einen
interessanten Gegensatz zu der Beschaffenheit eines 14 Monate alten Bastardes
desselben Muttertieres, bei welchem ein Gayalbulle verwandt wurde. Auch
hier macht sich der väterliche Einfluß vorwiegend geltend in der breiten
platten Stirn, der weiten Zwischenhornlinie, und in der dem Gayal ähnlichen
eigentümlichen Hornbildung. — Übrigens bestätigt sich auch in dem vor¬
liegenden Falle die Unabhängigkeit der Fortpflanzungsfähigkeit der Tiere vou
Veränderungen der äußeren Verhältnisse, wie sie in der Beschaffenheit des
Klimas, in Ernährungs- und Haltungsweise ihren Ausdruck finden. Diese
sollen, wie man nicht selten meint, »solche Organismen, welche lange Zeit an
gewisse gleichförmige Lebensbedingungen im Naturzustände gewöhnt waren,
in Bezug auf ihre Fruchtbarkeit oft ungünstig beeinflussen.« Hier sehen wir
aber ein weibliches, direkt aus seiner Heimat, der tropischen Zone Afrikas
nach hiesiger Örtlichkeit versetztes Tier bei angemessener Behandlung unge¬
schwächt fruchtbar sich erweisen, das einer Rasse angehört, die seit vielen
Jahrtausenden gleichförmigen Lebensbedingungen ausgesetzt war, auch in
ihren Formen völlig gleichförmig sich erhielt. Und zwar zeigte sich die
Fortpflanzungsfähigkeit trotz so bedeutender Veränderung der äußeren Ver¬
hältnisse, wie sie bei dem Vertauschen der Weiden des Sudan mit dem aus
schließlichen Stallaufenthalte in dem Haustiergarten zu Halle gegeben sind,
gleich günstig, mochte das Tier, wie es zuerst geschah, in Reinzucht mit einem
Zebubullen gepaart, oder mochte es gekreuzt werden mit einem aus Hinter¬
indien direkt importierten Gayalbulleu, oder mit dem Yak, dessen Heimat die
centralasiatischen Hochlande sind.
Halle, den 2. März 1884.
Prof. Dr. Julius Kühn.
285
S trauß en zu ch t in Südafrika. Die Leichtigkeit und Einträglichkeit
dev Straußenzucht hat dieselbe im Kaplande in wenigen Jahren zu hoher
Blüte gebracht. Im Jahre 1846 wurden nur 1827 Pfund Federn wilder Strauße
— nur solche kannte man damals — im Werte von £ 8000 = rund M. 160 000
aus dem Kaplande ausgeführt. Im Anfang der 60er Jahre begann man mit
der Straußenzucht, zählte 1S65 erst 80 zahme Vögel, während man 10 Jahre
später, also 1875 bereits 82 247 Stück besaß. Dem entsprechend stieg der Wert
der aus dem gesamten Südafrika ausgeführten Federn im Jahre 1866 bereits
auf £ 75661 = M. 1518220 und im Jahre 1874 auf £ 205 640 = M. 4 112 800.
Diese Zahlen sprechen hinreichend für die Bedeutung dieser Riesenvögel auch
in wirtschaftlicher Beziehung. H. B.
Verluste in Indien, durch wilde Tiere verursacht. Einem in
der Amtszeitung von Calcutta veröffentlichten Ausweise zufolge wurden im
Britischeu Indien während des Jahres 1882 nicht weniger als 22 125 Menschen
durch wilde Tiere und Schlangen getötet, gegen 21,427 im Jahre 1881, und
zwar 895 durch Tiger, 278 durch Wölfe, 207 durch Leoparden. 859 durch
Hyänen, 202 durch Alligatoren und 19 579 durch Schlangen. — Im gleichen
Zeiträume wurden auch 46 707 Stück Hornvieh das Opfer wilder Tiere und
Schlangen, gegen 44 669 im Jahre 1881. Die Indische Regierung zahlt be¬
kanntlich für jedes getötete schädliche Wild eine Belohnung. Im Jahre 1882
wurden 18 591 wilde Tiere und 322 421 Schlangen erlegt, und die dafür von
der Regierung gezahlten Belohnungen bezifferten sich insgesamt auf 283 866
Deutsche Reichsmark.
Nachrichten aus dem Hamburger Zoologischen Garten. Unter
den zahlreichen, dem Garten in der letzten Zeit zugekommenen Tieren sind
als die hervorragendsten zu bemerken; 1 Paar Jaguare, Febis onca, 1 Schopf¬
gazelle, Cephalophus coronatus, Gray, 1 Zwerggazelle, Nesotragus moschatus,
Dob., 1 Cbirnpanse, Troglodytes niger, Geoff, 1 Potto, Perodicticus potto , Gm.
1 Nacktaugen-Kakadu, Cacatua gymnopis Sch, 2 chinesische Spottdrosseln^
Pterocyclus canorus L., 1 Schlangensperber, Polyboroides typus Smth., 1 Guinea- *
Uhueule, Scotopelia bouvieri Shrp., 1 Habichtsgeier, Gypohiernx angolensis Gm.,
1 Paar Somalistrauße, Struthio molybdophanes Reh. Ferner 2 Warneidechsen.
Von Pelikanen sind eben 4 Arten im Garten lebeud, der gemeine Pelikan,
Pelecanus onocrotalus L., der Krauskopf-Pelikan, P. crispus Brch., der Schopf¬
pelikan, P. mitratus Lchtst. und der kleine braune Pelikan, P. rufescens Gml.
Von Ende Juli ab wird in dem Garten eine Walfis ch au sstel 1 u ng statt¬
finden. Fanggeräte, Schiffsmodelle, Abbildungen von Grönlandsfahrern und
Scenen aus dem Lehen der Walfischfänger; Präparate zur Naturgeschichte der
Wale; — Fischbeinfabrikate, Thranproben, konserviertes Walfisch fleisch und
anderes hierher gehörige wird auf der Ausstellung vertreten sein, zu der sich
eine rege Beteiligung kund gibt.
286
Über Eintagsfliegen teilt der Prediger J. C. Atkinson in dem
Journale »Zoologist« folgende interessante Beobachtungen mit , die wir uns
nicht versagen können, hier annähernd wiederzugeben.
Am Ufer des Whitadder. Gewaltige Wolken von kleinen, ganz hellblauen^
beinahe milchfarbenen Eintagsfliegen erhoben sich in die Luft. Im Laufe des
Abends stiegen dergleichen von Zeit zu Zeit aus dem Flusse, und jede nach¬
folgende schien dicker zu sein, als die vorhergehende. Die ungeheure Zahl der
Insekten läßt sich unmöglich, selbst annähernd, bestimmen, doch wird man
sich einigermaßen eine Vorstellung davon machen können, wenn ich sage, daß
die Schwärme so hoch reichten, als der Blick ihnen folgen konnte, sich über
die ganze Breite des Flusses, wenigstens 60 Fuß, erstreckten und l1/ 2 bis über
2 Minuten brauchten, um sich, indem sie langsam der Richtung des Flusses
folgten, an mir vorüber zu bewegen. Dabei waren sie so dicht, daß sie die
Luft verduukelten und man die Gegenstände am gegenüber liegenden Ufer nur
undeutlich erkennen konnte.
Ich bemerkte die Eintagsfliegen zuerst zwischen 7 und 8 Uhr. Damals
waren sie in großer Zahl vor'handen, jedoch nicht in größerer als die, in welcher
manche andere Species des Abends häufig Vorkommen ; man sah sie zerstreut in
allen Richtungen, und sie bildeten noch keine eigentlichen Wolken; als
diese erschienen, verminderte sich die Zahl der einzelnen umherschwärmenden
Eintagsfliegen nicht, welche vielmehr bis um 10 Uhr, wo ich mich entfernte,
immer zahlreicher wurden.
Ich wurde zuerst dadurch auf sie aufmerksam, daß sie sich auf meinen
Kleidern niederließen ; 11m 8 Uhr saßen deren Hunderte auf meinem Hut, Rock
und meiner Weste. Bald darauf sah ich, außer den Insekten selbst, eine An¬
zahl Häute auf meinem Ärmel. Dies veranlaßte mich, sie genau zu beobachten,
und bald überzeugte ich mich davon, daß sie sich niederließen, um sich zu
häuten.
Bald nachdem sich ein Insekt gesetzt hatte, erhob es den Schwanz ein
wenig, breitete die Borsten weit von einander und bewegte das Körperende
1 — 2 Minuten lang heftig hin und her. Zugleich bewegte sich das Insekt rück¬
wärts und klammerte siclj dabei fest an das Tuch meines Ärmels. Als die Be¬
wegung des Schwanzes aufhörte, näherten sich die Borsten einander, und das
Insekt verhielt sich einige Sekunden lang ruhig.
Bis dahin hatten sich die Flügel in horizontaler Lage befunden, und zwar
so ausgebreitet wie die eines Schmetterlinges, wenn derselbe sich auf dem
Boden sonnt; aber nun begannen sich dieselben erst ein wenig zu heben und
dann so stark als möglich zu senken, in einer durchaus ähnlichen Weise, wie
es jemand machen würde, der seinen Rock auf dem Rücken zersprengen möchte.
Diese Bewegungen hatten auch, nachdem sie 2 — 3mal wiederholt worden, den
Erfolg, daß auf dem Rücken ein schmaler Riß in der Haut entstand.
Durch die fortgesetzte Bewegung der Flügel ward dann der Riß bald weiter,
so daß der glänzend braune Rücken zwischen der mattbraunen alten Haut
sichtbar wurde. Der Kopf hatte nun eiue sehr tiefe Lage, der Rücken war dagegen
sehr gehoben und gekrümmt, während zugleich die Flügel zum Stillstand gelaugten.
Der nächste Teil des Häutungsprozesses schien ohne Schwierigkeit und An¬
strengung von statten zu gehen. Der Spalt erweiterte sich immer mehr, und
der Körper trat, mit dem obersten Teile des Rückens zwischen den Flügeln
287
beginnend, stätig heraus. Die noch in ihrer horizontalen Lage befindlichen
Flügel wurden allmählich zurückgezogen, so daf3 deren vordere Bänder einen
immer kleineren Wiukel mit den Seiten bildeten und zuletzt mit diesen parallel
strichen. Alsdann ward der Kopf frei uud hob sich. Es traten konvulsivische
Bewegungen des Körpers und Schwanzes ein, und plötzlich waren die Flügel
und Beine gehäutet.
Nun war aber noch der lästigste Teil des Häutungsprozesses, nämlich die
Auslösung und Streckung der Schwanzborsten zu bewerkstelligen. Vor dem
Häuten waren diese nicht über Zoll, bei den meisten nur '/i 2 Zoll lang,
während sie nach demselben durchschnittlich */2 Zoll, ja manche 5/s Zoll
maßen und nur bei wenigen Exemplaren die frühere Kürze beibehielten. Dieser
Teil des Prozesses war, wie gesagt, weit schwieriger als der vorhex-gehende,
wenigstens dauerte er meistens 3 bis 4mal so lang, und in vielen Fällen mußte
das Insekt mit der noch an den Borsten hängenden Hülle fortfliegen.
Während sich die Borsten häuteten, kam dem Insekte die feste Anheftung
mit den Füßen sehr zu statten, denn es bedurfte dazu offenbar der gesamten
ihm inwohnenden Körperkraft. Die Borsten sträubten sich gegen das Hei'aus-
ziehen aus ihrer Scheide wie ein Aal, dem man die Haut abzieht. Ihre völlige
Auslösung hing davon ab, daß die Füße nicht von ihrer Unterlage abglitten.
Geschah dies, so blieb die Hülle an jenen sitzen, und das Insekt ward dadurch
natürlich im Fluge sehr behindert. Denn sie flogen fast sämtlich unmittelbar
nach dem Häuten fort. Vom ersten Erscheinen des Risses dauerte die Häutung
in der Regel l1/2 — 2 Minuten.
Als ich nach Hause ging, war meine Kleidung mit mehreren Hunderten
dieser Häute bedeckt, die so fest an derselben hingen, daß sie noch daran saßen,
als ich in meiner Behausung anlangte, obwohl ich einen Teil des Weges durch
Gebüsch zurückgelegt hatte. D. Gronen.
Ein achtbeiniger Laufkäfer, Carabus cancellatus F. aberr. odopes.
Das zweite Bein an der rechten Seite dieses, bei Recklinghausen gefangenen
und vom Herrn Oberlehrer Uedinck eingesandten Käfers ist sonderbar
monströs verbildet. Das Vorderbein und das Hinterbein dieser Seite ist normal ;
zwischen ihnen scheinen von ein und demselben Punkte , an Stelle des einen
normalen mittleren Beines 3 Beine eingelenkt zu sein.
Für alle drei Beine ist eine einzige gemeinsame Gelenkpfanne
vorhanden.
Ebenso findet sich für alle 3 Beine nur eine gemeinsame Hüfte
(coxa) vor, welche nach oben und außen, abweichend von den übrigen Hüften,
ein sehr kleines unbewegliches Cbitinzäpfchen trägt. Die Artikulation ist also
für alle 3 Beine gemeinschaftlich.
Die 3 Scheukelringe der 3 Beine sind untereinander verwachsen,
biegen sich jedoch rechtwinklich, zwei zusammen nach vorn, einer nach hinten.
Die übrigen Teile der Beine sind ziemlich normal und gleich gestaltet.
Jedes der drei Beine besitzt einen Schenkel ( femur ), eine Schiene ( tibia ) und
einen fünfgliedrigen Fuß ( tarsus ).
288
Die Schenkel der zwei überzähligen und nach vorn gerichteten Beine sind
an ihrer Einlenkungsstelle unbeweglich, parallel anliegend mit einander ver¬
wachsen, im übrigen frei; Schienen und Tarsen beweglich.
So gewährt denn dieser achtbeinige Käfer einen recht sonderbaren
Anblick. Wir übergaben dieses Exemplar der Provinzialsammluug der zoolo¬
gischen Sektion. Prof. Dr. H. Landois.
Überwinternde Amphibienlarven. Es ist wiederholt beobachtet
worden (vergl. Zoolog. Anzeiger von Carus, VII. Jahrg. No. 167, 19. Mai 1884),
daß Larven von Pelobates, Knoblauchskröte, und Tritonen den Winter überdauert
haben. So auch jüngst in dem warmen Teiche unweit Kiesekamps Dampf¬
mühle. Es wäre höchst wünschenswert, in eigens zu diesem Zwecke kon¬
struierten Aquarien die hierher bezüglichen Bedingungen zur Erhaltung des
Larvenstadiums auszuforschen. Prof. Dr. H. Landois.
Die Produktion der Korallen ist in Folge besonderer Verhältnisse
in den italienischen Meeren nicht- sehr reichlich, aber dieselben bilden in
Italien einen sehr wichtigen Handelsartikel; — bei Beginn der günstigen
Jahreszeit laufen ganze Flotillen von Barken aus den italienischen Häfen aus;
— von Torre del greco über 300, von Livorno 60, aus Sardinien und den
ligurischen Küsten über 100 Barken u. s. w.; wohl über 4000 Matrosen finden
bei dem Korallenfang ihren Lebensunterhalt; wohl über 160,000 Kilo. Korallen in
einem Werte von 10 000000 L. werden alljährlich erbeutet, in Italien bestehen 60
und mehr Ateliers, in welchen mit 6000 Arbeitern die Korallen bearbeitet werden.
Nach Caneptrini wurden von den alleinigen drei Korallenbänken von
Sciacca in den Jahren 1875 — 1880 nicht weniger als 67 116 Quint (1 Quint
gleich 100 Kil.) im Werte von 57 003 190 L. gesammelt. In den Monaten,
März bis Oktober 1883 war in den Gewässern von Sciacca2) in Bezug auf Qualität
der Korallenfang nicht am günstigsten, denn alle von den unten angeführten
ausgelaufenen 322 Schiffen (mit 1997 Mann und 22 800 L. Kosten) eingebrach-
ten 9760 Quint. Korallen im Werte von 3 172 000 L. (zu 3 L. 25 Cent Mittel¬
preis) waren schwarz und der größte Teil von Schlamm augefressen. Aus Torre
del greco (Neapel) waren ausgelaufen 180 Schiffe; jedes mit 8 Tonnen Gehalt,
mit 11 Mann, mit 9100 L. au Spesen für Geräte, Lohn und Kost — erbeutet
wurden 40 Quint Korallen.
Am Pin za und Vertotone (Gaeta und Neapel; gingen aus 4 Barken,
jede mit 8 Tonnengelialt, 11 Mann; Auslagen (wie oben bei Torre del greco). Sie
erbeuteten ebenfalls 40 Quint. Sciacca (Porto Empedocle) gab 100 Barken,
mit 9 Mann per Barke, 37* Tonnengehalt, für jede beliefen sich die Kosten aut'
1600 L. und jede Barke erlangte 12 Kilo Korallen.
Aus Trapani liefen 40 Schiffe aus, jedes mit 5 Tonnengehalt, 9 Mann und
für jedes Schiff mit 3000 L. Kosten. Die Ausbeute betrug 30 Quint. Korallen.
_ Sr.
*) Marcliesetti. J. Coralli. Trieste 1883.
**) llollettino di natizic agraric. R. Ministero d'agric. com. ed. ind. Roma 1883. Dccembre
Nachdruck verboten.
Drude von Maiiluu ä W&ldschmidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. E. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
No. 10. XXV. Jahrgang. Oktober 1884,
Inhalt
Haftapparate bei Wirbeltieren ; von Gr. Siramermaclier. — Die wissenschaftlichen und
die praktischen Aufgaben hei der Aufstellung unserer Naturaliensammlungen; von Leopold
Martin in Stuttgart. (Schluß.) — Ein liypneumatischer Sperling ; von Prof. Dr. H. L an d o i s.
— Namen einiger asiatischer Wildschafe; von Dr. B, Langkavel. — Die Zwergschleiche,
Ab/c pharus pannonicus Fitzinger) in der Gefangenschaft; von .1 oh. von Fischer. — Miscellen.
— Eingegangene Beiträge — Bücher und Zeitschriften. —
Haftapparate bei Wirbeltieren.
Von G. Simmermacher.
Gelegentlich einer Arbeit über Haftapparate bei Insekten fand
ich in der Litteratur einzelne Notizen, welche mich darauf hin¬
wiesen, daß bei Wirbeltieren die Fähigkeit, sich an glatten und
senkrechten Flächen festzuhalten und zu bewegen, ziemlich ver¬
breitet ist.
Einer der ersten Aufsätze welcher mir darüber bekannt wurde,
war der von Dr. M. Braun »über die Haftzehen der Geckos«, worin
er betonte, daß die bekannte Fähigkeit dieser Reptilien, an senk¬
rechten oder wagrecht überhängenden Flächen hinzulaufen nicht,
wie vielfach angenommen wurde, auf Absonderung eines klebrigen
Sekrets, sondern auf der Bildung luftleerer Räume zwischen den
die Fußsohlen fraglicher Tiere bedeckenden Lamellen beruhe.
Daran anknüpfend möchte ich mir erlauben, in folgendem eine
Zusammenstellung solcher und ähnlicher Einrichtungen zu geben,
welche es verschiedenen Wirbeltieren ermöglichen,' sich an senkrechten
und glatten Flächen festzuhalten oder vorwärts zu bewegen. —
Zoolog. Gart. Jahrg, XXV, 1884, 19
290
Zweck dieser aus den weit zerstreuten Notizen und Abhandlungen
der zoologischen Litteratur gesammelten Zusammenstellung ist, zu
zeigen, daß die Geckonen in Bezug auf die Fähigkeit, sich mit Hülfe
von Luftdruck festzuhalten, durchaus nicht vereinzelt dastehen,
sondern daß (ganz abgesehen von Wirbellosen, unter denen Saug¬
apparate ja bei den verschiedensten Abteilungen und in den ver¬
schiedensten Formen Vorkommen,) diese Fähigkeit sehr vielen und
zwar sehr entfernt von einander stehenden Wirbeltieren, natürlich
in sehr verschiedenem Grade zukommt.
Die Wirbeltiere, bei welchen bis jetzt solche Hafteinrichtungen
an den Gliedmaßen bekannt wurden, gehören folgenden Klassen,
respektive Ordnungen au: Amphibien, Reptilien, und unter den
Säugetieren den Yielhufern, Flossenfüßlern (?) Fledermäusen, Halb¬
affen und Affen.
Je nach der Beschaffenheit und Wirkungsweise derartiger Ein¬
richtungen haben wir zif unterscheiden zwischen solchen, welche
infolge Herstellung eines wirklichen Vakuums wirken, und solchen,
welche ein Haften infolge von Adhäsion ermöglichen.
Wir wollen unsere Betrachtung mit den ersteren, als den
häufiger vorkommenden beginnen, und dabei von den im System
tiefer stehenden zu den höher stehenden Tieren fortschreiten. Zuerst
haben wir uns demnach zu beschäftigen mit den betreffenden Tieren
aus der Klasse der Reptilien.
Die einzelnen Zehen der Geckonen und der Arten der Gattung
Auolius sind bekanntlich durch symmetrische Hautsäume verbreitert.
Die Unterseite dieser auffallenden Zehen ist mit parallelen, senkrecht
stehenden Lamellen bedeckt, und nach den Untersuchungen Brauns*)
*) Dr. M. Braun.
a.
b.
Humboldt. Monatsschrift für die gesamten
Naturwissenschaften. 1888. 2 pag. 184.: Ȇber
die Haftzehen der Geckos.«
Arbeiten aus dem zool.-zoot.-
Institut, Wüvzburg. 1878. IY.
Zur Bedeutung
der Kutikular-
borsten auf den
Ilaftlappen der
, Geckotiden.
Über die ITaft-
lappen an der
Unterseite der
Zehen von Ano-
, lius.
c. Arbeiten aus dem zool.-zoot.-
Institut, Wurzburg. 1879. V.
291
und Cartiers*) sitzen auf der Unterfläche dieser Lamellen eine Menge
mikroskopischer, feiner elastischer Härchen, welche (abgesehen von
der Rolle, welche sie bei der Häutung spielen,) den doppelten Zweck
haben, in alle Unebenheiten der senkrechten Flächen, an welchen
sich die Tiere bewegen, einzugreifen und gleichzeitig die Elastizität
der Lamellen zu erhöhen. Die Wirkung der Härchen und der
Lamellen ist nun eine sehr einfache. Durch Niederdrücken des
Fußes werden die Lamellen auseiuandergeschoben und damit die
zwischen ihnen befindliche Luft ausgetrieben ; beim Rückziehen des
Fußes kehren die Lamellen in ihre alte Lage zurück, d. h. sie
werden wieder aufgerichtet, so daß zwischen ihnen eine Reihe luft¬
leerer Räume entsteht und der ganze Fuß durch den Druck der
umgebenden Luft festgehalten wird. Drüsen zur Absonderung des
früher angenommenen klebrigen Sekrets sind im Fuß überhaupt nicht
zu finden.
Der Ansicht, die Geckonen klebten sich beim Laufen an Wänden
und Deckeu an ihre Unterlage an, wurde schon 1830 von Wagler
widersprochen. Er sagt in seiuem natürlichen S}rstem der Amphi¬
bien,**) daß es den Plattzünglern durch Aufdrücken ihrer Füße an
ihre Standebene gelingt, »einen luftleeren Raum zu erzeugen und
sich so selbst in senkrechter Stellung den glättesten Gegenständen
anzuheften.« Am Schluß seines Werkes sagt er in seinen »Zusätzen«
nochmals ausdrücklich : »Es ist zufolge neuerer Beobachtungen un¬
gegründet, daß die plattzüngigen Echsen aus ihrem Körper, oder
auch nur aus ihren Fußsohlen einen Saft wie die Kröten und Sala¬
mander absondern. — Trotzdem finden wir noch bei Klaus (Lehr¬
buch der Zoologie) über die Geckonen die Bemerkung »mit klebrigen
Haftlappen an den Zehen«.
Die Geckonen und Auolius-Arten sind die einzigen mit Haft¬
füßen versehenen Reptilien ; wir gehen daher über zur Klasse der
Säugetiere, bei welchen die Fähigkeit, unter den Fußsohlen ein
Vakuum zu bilden, häufiger ist. — Ein durchgreifender Unterschied
zwischen den diesbezüglichen Bildungen der Säugetiere, gegenüber
*) 0. Cartier.
Arbeiten aus dem zool.-zoot. -In¬
stitut, Würzburg. 1874. I.
Untersuchun¬
gen über die
Häutung der
Reptilien.
pag. 284
1830
**) Joh. Wagler: Natürliches System der Amphibien etc.
und 342. (Bei Wagler ist die Trennung der älteren Klasse »Amphibien« in
die heute allgemein angenommenen Klassen Amphibien und Reptilien noch
nicht vorgenommen.) .
292
denen der Reptilien besteht darin, daß bei ihnen meist durch elas¬
tische Polster oder Pelotten ein einziges Vakuum, und nicht, wie
zwischen den Lamellen der Geckoneu eine Reihe luftleerer Räume
hergestellt wird.
Die Tiere, welche wir zunächst zu besprechen haben, sind die
im System bis jetzt noch eines ganz sicheren Platzes entbehrenden
Klippschliefer (Hyrax). • — Erwähnt ist die Fähigkeit dieser
Tiere, sich au Felsen gewissermaßen anzusaugen, von Mohnike, auf
dessen eingehende Abhandlung ich später zurückzukommen haben
werde. Ausführlich besprochen ist das Haften der Klippschliefer
an Felsen von Schweinfurth in seinem Reisewerk von 1874.*) Die
merkwürdigen Tiere halten sich auf den »bizarren Gneisfelsen«
Abessiniens auf, und wie weit sie in ihren »pfeilschnellen« Bewe¬
gungen auf den glatten Felsen durch die eigentümliche Gestaltung
ihrer Füße unterstützt werden, wird am besten durch die eigenen
Worte Schweinfurth’s veranschaulicht werden. »Abdu, der Verwalter
von Moolo, ein im Dienste vieler Europäer zum eifrigen Jäger,
Ausbalger und halben Naturforscher ausgebildeter Mann, hatte mich
eigens auf die interessaute Jagd aufmerksam gemacht, zu welcher
die hart an der Thür der Seriba umher schlüpfenden Klippschliefer
verlockten, zugleich hatte er von mir eiue Erklärung der merkwür¬
digen Erscheinung verlangt, nach welcher die Tiere befähigt wären,
über jähe, fast senkrechte Felsplatten hin und herzuklettern. Ich
weiß nicht, woher es kommt, wiederholte er, hat man einen ge¬
schossen und will ihn packen, so haftet er mit seinen Füßen im
Todeskampf am glatten Fels, als sei er angewachsen.« — Weiter
unten bemerkt Schweinfurth von einem, von ihm selbst erlegten
Exemplar: »Der Granit war so eben wie die Platten eines Trottoirs,
und dennoch mußte ein gewisser Widerstand überwunden werden,
um den im Genick gepackten Körper von demselben aufzuheben;
er haftete, wie mit Vogelleim angeklebt, am Boden.« — Die Er¬
klärung dieser auffallenden Erscheinung und des sicheren Kletterns
über schroff geneigte Felswände wird am besten durch Schweiufurth’s
eigene Worte gegeben:
»Die Sohlen dieser Tiere sind nämlich schwärzlich, elastisch
wie Kautschuk, und tragen mehrere, durch tiefe Spalten getrennte
Schwielenpolster. Diese Einrichtung befähigt sie , was bei allen
*) Im Herzen von Afrika, Reisen und Entdeckungen etc. v. Dr. Georg
Schweinfurth 1874. I. pag. 418—420.
293
Säugetieren und Warmblütlern überhaupt unerhört ist, sich beim
Gehen, vermittels beliebiger Einziehung uml Ausdehnung der centralen
Schwielenspalte, mit einer gewissen Festigkeit an die glatte Ober¬
fläche des Gesteins anzusaugen und einen Teil ihrer Schwere über¬
winden zu können.« —
Jedenfalls haben wir in dieser eigentümlichen Funktionsfähig¬
keit der Füße der Klippschliefer eine sehr interessante Anpassungs-
erscheinung an den Aufenthaltsort der Tiere, die glatten Felsen,
vor uns. Daß dies aber bei den Warmblütlern nicht unerhört ist,
wird sich aus den später zu besprechenden Untersuchungen und
Beobachtungen Mohnike’s über verschiedene Affen ergeben. Die
Gewandtheit und Sicherheit, mit der die Klippschliefer auf den
Felsen ihr Wesen treiben, fiel schon Brehm auf und erinnerte ihn
an die Kletterkünste der Geckos (Illustriertes Tierleben I.). Die
eigentümliche Sohlenbildung einer Hyrax - Art muß schon dem
Reisenden Bruce aufgefallen sein, denn er giebt in seinem 1790 er¬
schienen Werke*) neben dem Bild des Klippschliefers selbst eine
Zeichnung des Fußes von unten gesehen, und bemerkt ausdrücklich,
daß die weiche Sohlenfläche sich stark zu beiden Seiten der Falten
emporhebt. Die Zehen des plump gebauten Fußes mit der »cen¬
tralen Schwielenspalte« entbehren der Nägel und »tragen nur
hornartig verdickte Hautstellen.« Eine genauere histologische Unter¬
suchung der Füße von Hyrax dorsalis wurde 1876 von Dobson**)
vorgeuommen. Derselbe fand, daß die Sohlenhaut außerordentlich
reich an Schweißdrüsen ist. Er zählte auf einen Quadratzoll
40,000 solcher Drüsen (15mal mehr als auf der gleichen Fläche
der Fußsohle des Menschen), und es ist einleuchtend, daß durch
diese, Feuchtigkeit absondernden Drüsen die Sohlen der Tiere
weich und geschmeidig, also zur dichten Anlage an das Gestein
geeignet erhalten werden.
Bei der Aufzählung der Wirbeltiergruppeu, bei welchen sich
Hafteinrichtungen fänden, nannte ich auch weiter vorne die Flossen¬
füßler, setzte jedoch ein Fragezeichen dahinter.
Ich fand nämlich bei Wagler (1. c. pag. 234 Anmerkung) die
mich frappierenden Worte: »ja selbst die Walrosse heften sich
durch den Druck der Atmosphäre unter ihren Hinterfüßen an steilen
Felswänden an, indessen bleiben ihre Stoßzähne die eigentlichen
*) Bruce: Travels to discover the Source of the Nil; V. Edinburg 1790.
**) Proceedings of the Zoological Soc. of London 1876. pag. 526—535.
294
Hebel ihrer Fortbewegung auf solclieu Stellen.« Aus einer weiteren
Äußerung von Wagler gellt hervor, daß er in der Fälligkeit mancher
Geckonen, ihre Klauen in eine Scheide zurückziehen zu können, und
der Thatsache, daß die Nägel an den Hinterfüßen des Walroßes
die Spitzen der Zehen nicht überschreiten, Mittel zu demselben
Zweck erblickt, uämlich die Herstellung eines luftleeren Raums zu
begünstigen. — Die von Wagler ausgesprochene Ansicht über die
Fähigkeit des Walroßes, sich mit den Hinterfüßen anzusaugen,
schien mir jedoch aus mancherlei Gründen zweifelhaft. Zunächst
schien mir sogleich beim Lesen der Waglerschen Worte ein auf
solche Weise gewonnener Halt bei dem bedeutenden Gewicht des
Tiers nicht ausreichend, dann fiel mir ein, daß, wenn auch die Füße
in dieser Weise Halt gewähren sollten, dies nicht mit Hülfe der
Hinter- sondern der Vorderfüße geschehen müßte, und endlich
schienen mir bei Betrachtung eines ausgestopften Exemplars doch
beide Fußpaare nicht dazu geeignet, saugnapfartig zu wirken.
Da Wagler seine Ansicht über das Walroß direkt an eine Bemer¬
kung über die Haftlappen der Fliegen anknüpft, so glaube ich keinen
Fehlschluß zu tlmn, wenn ich annehme, daß er sich in seiner An¬
sicht nach Home gerichtet hat, welcher wenige Jahre vorher die
Hinterfüße des Walroßes mit den Haftlappen der Fliegen verglichen
und sie diesen in der Wirkung gleichgestellt hat.*) Die Sache
schien mir indessen doch der Verfolgung wert, und ich fand, daß
die Ansicht Home’s durch K. E. v. Baer in seiner eingehenden Ab¬
handlung »Anatomische und Zoologische Untersuchungen über das
Walroß (Trichechus JRosmarus)**) u. s. w. wenn auch nicht geradezu
widerlegt, so doch sehr in Zweifel gestellt war. v. Baer, welcher
selbst Gelegenheit zur Beobachtung eiues lebenden jungen Walroßes
hatte, sah zwar, daß dasselbe fähig war, au schief gestellten Brettern
in die Höhe zu gelangen, schreibt diese Fähigkeit aber der durch
die runzlige Haut und die lappigen Füße erzeugten Reibung zu. Deu
von mir gehegten Zweifel, daß die Hinterfüße erfolgreichen Halt
auf der schiefen Eisfläche gewähren könnten, auch wenn sie saug¬
napfartig zu wirken vermöchten, spricht schon v. Baer aus: »Für
das Hinankriechen könnten Saugnäpfe nur daun wirksam sein, wenn
sie am vorderen Ende des Körpers sich befanden. Würde das Tier
beim Hinankriechen nur durch die Saugkraft der Hinterfüße ge-
*) Philosopliical transactions 1824.
**) Memoires de’ l’Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg.
1838. Serie VI. Tome II. pag. 98.
295
halten, so müßte es sich umkehren.« Vorher sagte er schon: »Home
ist daher auf den Gedanken verfallen, daß dieses Tier seine Hinter¬
füße als Saugnäpfe gebrauche, um sich mit ihnen festzuhalten. Ich
muß gestehen, daß ich nichts gesehen habe, was zur Annahme
solcher Eigentümlichkeit nötigte, ja ich sehe die Möglichkeit nicht
einmal ein. Damit die Hinterfüße, welche Home unbegreiflicher¬
weise den Füßen der Stubenfliege sehr gleich gebildet findet, wie
Saugnäpfe wirken könnten, müßte wenigstens der gesamte Rand
des Ruderfußes vom Walroß eng angedrückt werden können, nicht
bloß die Enden der Zehen, sondern auch die zwischen ihnen liegende
Schwimmhaut. Durch welche Mittel aber das Tier dies bewirken
sollte, ist mir nicht verständlich, besonders, da ich die in der
Schwimmhaut liegenden Fasern, welche Home zum Teil wenigstens
für muskulös zu halten scheint, nur für Sehnenfasern anseheil kann.
Mir scheint vielmehr, daß die große Friktion, welche durch die
runzlige Haut und die breiten lappigen Füße hervorgebracht wird,
und welche ungeheuer vermehrt werden kann, wenn das Tier die
ganze Bauchfläche auf dem Boden ruhen läßt, im Stande ist, die
Last desselben auf einer geneigten Fläche zu erhalten. Auch mag
sich Home die Eisblöcke und Eisfelder wohl allzuglatt und eben
denken.«
In der Litteratur konnte ich über diesen Punkt nichts weiter
finden. Hat nun auch die Betrachtung über die Fähigkeit des
Walroßes, sich mit seineu Füßeu anzusaugen, zu einem, wie es wohl
scheint, negativen Resultat geführt, so hielt ich die Sache, da nun
einmal eine solche Meinung aufgestellt war, immerhin der Besprechung
an dieser Stelle wert. — Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die
von Home ursprünglich angegebene Ähnlichkeit zwischen den Haft¬
lappen der Fliegen und den Hinterfüßen des Walroßes von Wagler
gerne angenommen wurde, da er es offenbar liebte, im Sinn der
naturphilosophischeu Schule Parallelen und Ähnlichkeiten zwischen den
entfernt stehendsten Tierklassen aufzustellen. (Siehe z. B. seine
Vergleiche zwischen Nagern und Heuschrecken — Schwalben und
Libellen — Spitzen des Hahnenkamms mit den Enden des Hirsch¬
geweihs u. s. w. pag. 100 und 246). — —
Einer wohlausgebildeten Hafteinrichtung begegnen wir dagegen
bei einer brasilianischen Fledermaus, Thiroptera tricolor , Spix. Die¬
selbe vermag sich mittels eines Saugnäpfchens, ähnlich dem au den
Armen der Cephalopoden (Tintenfische), an steilen und glatten Orten
aufzuhängen. — Eine Abbildung des Tiers (leider keine vergrößerte
296
des Saugnäpfchens allein) findet sich in dem Werk von Spix :
Simianwt et vespertilionum Brasilien skim species novae. Tafel XXXVI.
9. — Eiue eingelieude Besprechung dieser merkwürdigen Einrich¬
tung soll sich finden im Zoological Record 1870, doch kann ich
leider hierüber nichts angeben , da mir fragliches Werk nicht zur
Verfügung stand. Worauf Mohuike seine Vermutung gründet, daß
noch eine andere Fledermaus, Cheiromeles torquatus Horsf. von den
Sunda-Inseln die Fähigkeit besitzt, sich mit Hülfe von Luftdruck
Halt zu verschaffen, kann ich nicht sagen.
Jedenfalls ist dies Vermögen bei den Fledermäusen sehr selten,
dagegen ist es nach den neuesten Untersuchungen und Beobachtungen
Mohnike’s*) verhältnismäßig häufig bei Affen und wahrscheinlich auch
Halbaffen.
Durch direkte Beobachtung der Tiere und naehherige Prüfung
der inneren Handfläche konstatierte Mohuike bei 3 Arten aus der
Gruppe der Meerkatzen, bei Inuus speciosus Cuv. in Japan, bei
Inuus nemestrinus Lin. auf Summatra und Borneo und bei dem auf
allen indischen Inseln außer den Molukken häufigen Cercopitliecus
cynomolgus die Fähigkeit, steile und glatte Flächen zu erklimmen.
Die erste Gelegenheit zu seinen Beobachtungen hatte Mohuike
1849 in Japau. Er sah, wie ein ihm durchgegangener Inuus specio¬
sus ein »ca. 18 Fuß langes, ungefähr 1 1/2 Fuß breites, glatt ge¬
hobeltes Brett aus Fichtenholz, welches gegen die Wand in einem
Winkel von kaum 12° angelehnt war, schnell und ohne alle Mühe
hinauflief, wodurch ihm das Erreichen des weit vorspringenden
Daches möglich wurde.« — Nachdem der Affe wieder eingefaugen
und an eine Kette gelegt war, ließ ihn Mohuike wiederholt an be¬
sagtem Brett hinauflaufen. Aus der alsdann vorgenommenen Be¬
trachtung der inneren Handfläche ergab sich, daß die Fähigkeit, an
solch steiler glatter Fläche hinaufzulaufen, auf demselben Prinzip
beruht wie bei den vorhin besprochenen Klippschliefern. Auf der
Innenseite der Vorder- und Hinterhände des Inuus speciosus findet
sich nämlich je ein »Daumenballen«, daun ein Ballen an der »Klein¬
fingerseite,« und außerdem 3 kleinere Ballen, von welchen der eine
*) Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1879. XXXII. pag. 391.
0. Mohnike: Über das Vermögen verschiedener Säugetiere sich mittels
des atmosphärischen Drucks an glatten, mehr oder
weniger senkrechten Flächen festhalten und aufwärts
bewegen zu können.
297
dem kleinen Finger, der mittlere den 2 Mittelfingern, der äußerste
dem Zeigefinger angehört.
Bei seiner Rückkehr nach den indischen Inseln beobachtete
Mohuike vielfach die Art der Bewegung der einheimischen Affen-
arten und verglich die Hände mit denen von Inuus speciosus. Am
stärksten entwickelt fand er die »5 oben erwähnten Polster oder
Pelotten bei Cercopithecus cynomolgns ; bei diesen sind auch nicht,
wie bei Inuus speciosus , bloß die letzten Phalangen der Vorder- und
Hinterhände, sondern alle, an ihrer Volarseite, mit stark hervorragenden
kissenförmigen Pelotten versehen. Ganz ähnlich sind auch die inneren
Handflächen bei Inuus ncmestrinus auf Sumatra und Borneo ge¬
bildet.«
Um sich über die Richtigkeit seiner Annahme, daß die frag¬
lichen Affen sich mit Hülfe des Luftdrucks beim Klettern festhalten,
zu vergewissern, verglich Mohnike wiederholt die Art und Weise
ihrer Kletterbewegungen mit denen anderer Tiere, indem er erst
Katzen und daun seinen Cercopithecus cyn. an glatten Palmstämmen
hinauflaufen ließ. Dabei beobachtete er, daß letzterer den Stamm
nie mit seinen Extremitäten umfaßte, sondern nur seine Hände an
den Stamm andrückte. Sich durch Einschlagen der Krallen in die
Rinde Halt zu verschaffen, wie es die Katzen thun, ist ihm unmög¬
lich, da seine breiten, ähnlich wie beim Menschen gebildeten Nägel
die Fingerspitzen kaum überragen. — Eine histiologische Unter¬
suchung der Hand hat zwar Mohnike nicht vorgenommen. Er giebt
aber an, daß die iunere Handfläche bei Inuus speciosus »nicht nur
immer eine niedrigere Temperatur als der übrige Körper, ja selbst
eine gewisse Kälte empfinden läßt.« Man muß wohl aunehmen,
daß diese Kälte auch auf Anwesenheit zahlreicher Schweißdrüsen in
der Haut, bezüglich auf rascher Verdunstung eines flüchtigen Sekrets
derselben beruht, welches, wie bei den Klippschliefern, die innere
Hand weich und geschmeidig erhält.
Mohnike hält es ferner »für wahrscheinlich, fast für gewiß,«
daß außer den genannten Meerkatzenarten auch noch Inuus ecaudci-
tus Kühl in der Berberei und auf den Felsen von Gibraltar, meh¬
rere der typischen afrikanischen Cercopithecus- und Cynoceplialus-
Arten, Cynoceplialus niger Gray (nur auf Celebes und der Insel
Batjan (Molukken), sowie die meisten Lemurideu und die Arten der
Gattung Tupaia, Horsfield, sich mit Hülfe von Luftdruck an glatten
Flächen zu bewegen vermögen.
298
Seine Vermutung über die diesbezügliche Fähigkeit der Paviane
(Cynocephalus- Arten) gründet Mohuike auf eine »Abbildung der
inneren Handfläche eines Pavians bei Alix« und die Thatsache, daß
diese Affenarten meist nicht Baumtiere sind, sondern zum großen
Teil felsige Gebirgsgegenden bewohnen, wo sie mit größter Schnellig¬
keit steile Felsen erklimmen. Nach dem, was wir bereits bei den
Klippschliefern gesehen, hat Mohnike’s Vermutung jedenfalls eine
große Wahrscheinlichkeit. (Die Abbildung von Alix ist mir nicht
bekannt.)
Uber Aufenthalt und Kletterfähigkeit der Paviane auf Felsen
siehe Brehm’s Tierleben. Was Mohnike’s Vermutung über die Le¬
muren betrifft, so kann ich nur bemerken, daß Gipsabgüsse von den
langfingerigen Händen dieser Tiere ähnliche Falten und Wülste
zeigten, wie wir sie bei Inuus und Cercopithecus kennen lernten.
Wir wären somit mit der Betrachtung solcher Einrichtungen,
welche auf Bildung eines wirklichen Vakuums beruhen, zu Ende
und hätten zur Besprechung solcher Bildungen zu gehen, welche in
Folge der, zwischen 2 aufeiuandergelegten Flächen verursachten
Adherenz wirken.
Diese Bildungen, die wir als Haftscheiben bezeichnen wollen,
sind viel seltner als die seither besprochenen.
Ganz sicher als Haftscheiben wirkende Organe kennen wir nur
an den Fingern der Laubfrösche, wahrscheinlich dienen aber auch
als solche die scheiben artigen Erweiterungen an den Fingern des
auf einigen asiatischen Inseln, besonders Amboina heimischen, aber
in seiner Lebensweise noch wenig bekannten »Gespenstmaki«, Tar-
sius spectrum Geoff'r.
Betrachten wir zunächst die Haftscheibeu der Laubfrösche
( Dyscodactylia , Scheibenfinger). Daß die Laubfrösche au jeder
senkrechten Glasscheibe hinaufzuklettern und sich beim Sprung
gegen dieselbe sofort zu halten vermögen, ist bekannt. Dieses
Haften beruht indessen nicht, wie auch schon angenommen wurde,
auf einem Ankleben des Tiers, sondern nur auf einer innigen
Adherenz zwischen den Haftscheibeu und ihrer Unterlage, nachdem
erstere der letzteren durch die Wirkung der Muskeln angepreßt
sind. Diese Adhäsion der weichen Haftscheiben wird allerdings
nach den eingehenden Untersuchungen v. Wittich’s in Königs¬
berg durch ein, aus zahlreichen Drüsen der Haftscheiben aus¬
tretendes, dünnflüssiges Sekret begünstigt. Daß diesem aber nicht
299
die Eigenschaft der Klebrigkeit zukommt, geht aus den Versuchen
von Wittich’s hervor, daß ein Laubfrosch unter gewöhnlichen Um¬
ständen an einer Glasscheibe zu haften vermochte, daß er aber her¬
unterfiel, wenn unter die Haftscheiben eine konzentrierte Gummi¬
lösung gebracht wurde. »Die Gummiarabikum - Lösung übertrifft
das Sekret der Haftlappen gewiß an Klebrigkeit und dennoch reicht
letztere nicht hin, jene zu fixieren, wenn sie in zu dicker Schicht
zwischen ihnen und der Glasfläche liegt . Aus alledem geht
also hervor, daß kein physikalischer Grund der Annahme entgegen¬
steht, daß dies Haften der Zehenglieder durch eine innige Adherenz
bewirkt wird, die zunächst ihren Grund in dem Niederdrücken der
Endphalanx und dem damit verbundenen Anpressen der Haftballen,
daun aber in der durch die Sekretschicht erregten Kapillarattrak-
tiou hat.«*)
Vermutlich haben nun die scheibenförmigen Erweiterungen an
den Fingern des noch wenig bekannten »Gespeustmaki« den Zweck,
demselben das Klettern zu erleichtern resp. seine Sicherheit in der
Ausführung weiter Sprünge zu erhöhen. — Es ist dies freilich nur
eine Vermutung, welche sich auf die Ähnlichkeit der Finger von
Tarsius mit denen der Laubfrösche gründet. Beobachtungen sind
hierüber noch keine gemacht, selbst über das Freileben dieses sel¬
tenen und lichtscheuen Tiers ist noch wenig bekannt. Alles, was
ich über seine Lebensweise finden konnte, ist, daß es sich am Tag
unter Wurzelwerk, besonders dem der großen Bambusstauden auf¬
halten und nachts weite Sprünge von fast zwei Fuß ausführen
soll. **) Mit dem Aufenthalt zwischen den glatten Bambusstäinmeu
und der Ausführung solcher Sprünge stände dann die Deutung der
eigentümlichen Fingerbildung im Einklang.
Bis jetzt haben wir bei der Besprechung von Haftapparaten,
d. h. von Einrichtungen, welche den Tieren bei ihren Bewegungen
Halt gewähren, ohne daß dieser durch ein einfaches Umfassen mit
den Händen oder Füßen oder durch Einschlagen von Krallen
bewirkt wird, nur solche Einrichtungen berücksichtigt, welche sich
an den Extremitäten der Tiere finden, und demnach als Wirbeltier¬
klassen, bei welchen solche Einrichtungen Vorkommen, die Amphibien,
Reptilien und Säugetiere aufgeführt.
*) Archiv für Anatomie und Physiologie 1854. v. Wittich : Der Mechanismus
der Haftzehen von Hyla arborea.
**) Archiv für Naturgeschichte, V, p. 427 : Neue Notizen aus dem Gebiet
der Natur und Heilkunde 1839, Nr. 210, pag. 785.
300
Berücksichtigen wir nun auch ähnliche Apparate, welche sich
an anderen Körperteilen als an den Extremitäten finden, so haben
wir auch noch die Fische in die Reihe der Wirbeltierklassen zu
stellen, bei welchen solche Einrichtungen auftreteu. Abgesehen
von dem Saugrnund der Cy clostomen (Myxiniden und Neunaugen),
fiuden wir einen großen durch Verwachsung der Bauchflossenstrahlen
entstandenen Saugnapf beim sogenannten Seehasen, Cycloptcrus
lumpus. Einen oder zwei solcher bauchständigen Saugnäpfe haben
ferner die dem Seehasen nahe stehenden Glieder der Gattungen
Lepadogaster (Schildbäuche) und Leparis (Fettscheibler) ; zuletzt
bleibt dann noch zu nennen die eigentümlich und zierlich geformte
Saugscheibe auf dem Kopfe der SchifFshalter ( Echeneis ). — (Unter
den Amphibien haben die Froschlarven bekanntlich eine zeitlang
einen Saugmund.)
Alle diese genannten eigentümlichen Bildungen bei den Fischen
ermöglichen denselben einen mehr oder weniger durchgeführten
Parasitismus an anderen Wassertieren, eiue mühelose Ortsverände¬
rung oder ein willkürliches Auf halten an nahrungsversprechenden
Stellen.
Die Myxinoiden {Myxine ' glutinös ci L. und JB dellostoma heptatrema
Joh. Müller) leben parasitisch an anderen Seefischen, ja dringen
selbst in die Leibeshöhle von Dorsch, Stör und anderen Fischen
ein. Die Petromyzonten saugen sich mit ihrem Mund sowohl an
Steine wie an lebende Fische an. An erstere heften sie sich, um
in schnell strömendem Wasser zeitweise ausruhen zu können, au
letztere teils um sich in ihr Fleisch einzubohren und sich davon zu
nähren, teils um sich in der Laichzeit stromaufwärts schleppen zu
lassen.
Der plumpgebaute Cydopterus saugt sich mit seinem bauch-
ständigen Saugnapf an nahrungsreichen Stellen im Meere an Steine
fest und läßt sich seine Nahrung sozusagen in den Mund spülen.
Daß er sich sehr wohl auch an stark bewegten Stellen, wohin
gerade durch die Wellen viele kleinere Seetiere geführt werden, zu
halten vermag, das zeigt die Thatsache, daß bei einem 8zölligen
Exemplar ein Gewicht von 78 Pfund erforderlich war, um ihn von
seiner Haftstelle loszubringen.
Die SchifFshalter {Echeneis) haben ihren Namen daher, daß sie
sich in Menge an die Schiffe ansaugen, jedenfalls um die von dort
kommenden Nahruugsabfälle zu erhaschen ; außerdem saugen sie
sich an Haifische fest und werden auf diese Weise mühelos durch
301
clie See getragen. -- Über die Schwimmfähigkeit der Schiffshalter
läßt sich schwer arteilen ; daß aber die sich mit dem Mund fest¬
saugenden Cyclostomen mit ihrem unpaaren Flossensaum und feh¬
lenden Brust- und Bauchflossen, sowie die plumpgebauten Cyclopterus
und die Liparis- und Lcpaüogaster- Arten keine guten Schwimmer
siud, ist klar.
Wir haben also wohl alle diese köpf- wie bauchständigen Saug¬
apparate als Anpassungsbildungen auzusehen.
In demselben Sinne haben wir jedenfalls die verschiedenen
vorn besprochenen Modifikationen aufzufassen, welche die Extremi¬
täten einzelner Wirbeltiere erfahren haben. Den Laubfröschen
wird nur durch ihre eigentümlichen Haftscheibeu der Aufenthalt
auf Pflanzen ermöglicht ; den Geckonen ist jedenfalls durch ihr
Klettervermögen ein, anderen Reptilien unzugängliches Jagdgebiet
eröffnet und zugleich die Möglichkeit gegeben, sich Gefahren zu
entziehen. Der mit einer Saug-einrichtung versehenen Fledermaus
ist jedenfalls die Möglichkeit gegeben, sich an steilen, wenigstens
anderen Vierfüßlern unzugänglichen Orteu auszuruhen. Die Klipp¬
schliefer erlangen durch die eigentümliche Bildung ihrer Sohlen eine
große Gewandtheit in ihren Bewegungen auf ihrem eigentümlichen
Wohngebiet, und den mit ähnlichen pneumatisch wirkenden Fu߬
sohlen versehenen Halbaffen und Affen leisten diese beim Klettern
an glatten Asten und noch mehr über steile Felsen dieselben
Dienste, sowohl beim Erlangen von Nahrung als auf der Flucht
vor Gefahr.
Wir haben daher wohl alle Ursache, die sämtlichen, in Vor¬
stehendem besprochenen Haftein richtungeu als im Lauf der Zeit
erhaltene, durch die natürliche Zuchtwahl mehr oder weniger ver-
vollkommnete Bildungen anzusehen.
302
Die wissenschaftlichen und die praktischen Aufgaben hei der
Aufstellung unserer Naturaliensammlungen.
Von Leopold Martin in Stuttgart.
(Schluß.)
2. Universalmuseen der Natur.
Auf einem übersichtlichen Raum die bemerkenswertesten Gebilde
der Erde nach ihrer Zeitfolge und Entwickelung passend zu vereinen,
ist eine der erhabensten Aufgaben, die wir dem Interesse der Mensch¬
heit an der Natur schuldig sind. Dieses Ziel kann aber nur
erreicht werden, wenu wir die Kluft, welche wir zwischen der
Urwelt und Gegenwart mehr künstlich gezogen haben, angemessen
zu überbrücken suchen, denn eine vollständige Trennung ohne Über¬
gänge von sonst zu jetzt besteht nicht. Vielmehr weist die Erd¬
geschichte eine fortlaufende Entwickelung ihrer Geschöpfe durch
alle Perioden nach und gerade dieses darzuthuu, muß die Aufgabe
des Universalmuseums sein.
Bei den ältesten Kulturvölkern, den Indiern und Ägyptern
und in der neuen Welt bei den Mexikanern und Peruanern haben
wir gefunden, daß dieselben in den Tempeln ihrer göttlichen Ver¬
ehrung zugleich auch ausgebreiteten Naturdienst getrieben haben,
indem ihnen nicht nur die Sterne des Himmels heilig waren, die
sie mit den Handlungen denkwürdiger Menschen verwebten, sondern
auch Hainen und Bäumen ihre Ehrfurcht zollten, Tiere in die
Tempel brachten und die Seelenwanderung erdachten, die Leichen
der Tiere einbalsamierteu u. a. m. Ähnlich wie in der alten Welt,
fanden die herrschsüchtigen Eroberer Amerikas den Naturdienst in
der neuen Welt, und bei den Peruanern ging die Schonung des
Wildstandes mit einer unsere heutige Jägerei beschämenden Vorsicht
zu Werke. Die Vogelhäuser der Mexikaner besaßen Ausdehnung
und Verpflegung, die gleiche Einrichtungen unserer heutigen Tier¬
gärten weit übertrafen. Dank dieses Naturdienstes waren Achtung
o O
und Liebe zur freien Natur ebenfalls groß und ihre Wälder und
der Wildstand erfreute sich unter solch sanfter Gesinnung eiues
üppigen Gedeihens.
Völlig entgegengesetzt benahmen sich die alten Römer, deren
Freude im Vernichtungskrieg gegen das freie Naturleben bestand,
von dem die scheußlichen und grausamen Tierkämpfe Zeugnis
geben und in welchen Brutalitäten die Jugend aufgezogen wurde.
303
Dieser Mißachtung der alten Römer gegen die freie Natur ist
auch der Stumpfsinn zuzuschreiben, welcher sich in den Rechts¬
begriffen derselben, in den Lehren der Schule und der späteren
Kirche noch bis znm heutigen Tage zeigt und die wir trotz unserer
vorgeschrittenen Bildung doch noch nicht vollständig abstreifen
können. Umsomehr haben wir alle Ursache, unsere ganze Sorge
auf die Entfaltung derjenigen Institute zu legen, welche als ge¬
heiligte Tempel der Natur uns Achtung und Liebe für dieselbe
erwecken sollen.
Wie bereits erwähnt, haben schon in den ältesten Zeiten die
Gestirne als die Sinnbilder der Ewigkeit gegolten und wurden der
Erinnerung bildlich vorgeführt. Um wie viel mehr liegt es nahe,
dieselben auch in unseren modernen Naturtempeln einzuführen, wo
sie vom Gewölbe eines Kuppeldaches herabstrahlend, ihren ergrei¬
fenden Eindruck nicht verfehlen werden, und gerade dieser ist es,
den wir mit unseren einfachen Mitteln zu erzielen suchen müssen,
während nichtssagende kahle Wände uns immer unbefriedigt lassen.
Der Mensch bedarf nun einmal solcher geistigen Anregungen, um
ihn für den Zweck seiner Handlungen zu begeistern uud deshalb
blieben die nüchternen Bemühungen früherer Zeit ziemlich erfolglos,
weil sie sich dieser Mittel nicht bedienten. Ein Universalmuseum
kann daher der Beihülfe durch Malerei und Plastik nicht entbehren
und muß durch diese bildlich ersetzen, was in Wirklichkeit nicht
mehr zu erreichen ist. Dahin gehöreu die entschwundenen Perioden
unserer Erde, dereu organische Schöpfungen teils durch Malerei,
teils plastisch nachzubilden sind, wobei auch die Aufstellung wirk¬
licher Fossilreste nicht ausgeschlossen ist. Denken wir uns die
seltsame Pflanzenwelt der jungen Erde, welche mit den ebenso
seltsamen Tierformen das laue Sumpfwasser belebten und denken
wir an die Wälder der Steinkohlen zeit, deren unermeßliche Schätze
wir heute ausbeuten, so habeu wir schon einen Gegenstand von
immenser Tragweite erreicht, der Millionen von Meuschen zum
Nachdenken an regt und wo wäre der geeignete Ort passender für
die Darstellung solcher Wälder gewählt als hier? Welches wunder¬
bare Tierleben müssen nicht die Sümpfe jener Wälder beherbergt
haben, von welchen uns die damaligen Riesenfrösche Kenntnis
geben ? Nicht minder seltsam müssen die Wähler der riesigen
Schachtelhalme gewesen sein, in deren Sümpfen geharnischte Kroko¬
dile kämpften und die Luft von fliegenden Drachen beherrscht
wurde. — Denken wir an jene Zeit, wo das Wasser wieder die
304
Oberhand genommen und die fetten Leiber der Fischdracheu sich
darin wälzten, bis sie das Kreidemeer vergrub. Erst seit wenigen
Jahren kennen wir den Greif von Solenhofen und die Zahnvögel
des amerikanischen Kreidemeeres, welche uns so überraschende Be¬
lehrung über die Abstammung der Vögel verschafft haben und
deshalb besonderer Darstellung wert sind. Die der Gegenwart näher
liegenden Zeiten des Eocens und der folgenden Epochen bringen
die riesenhaften Vielhufer, unter denen das Dinotherium das Selt¬
samste ist, die Riesenvögel der Strauße u. a. m.
Diese Andeutungen dürften genügen, um die Notwendigkeit
urvveltlicher Darstellungen in unseren Sammlungen darzuthun, deren
Möglichkeit in der Malerei und Plastik hinlänglich gegeben ist.
Wenn wir daher an diese mehr künstliche Nachbildung die Gebilde
der gegenwärtigen Schöpfung anschließen, so vollziehen wir damit
nur einen Akt der notwendigen Ergänzung von sonst zum voll-
kommueren Jetzt, wodurch wir das Interesse des allgemeinen Ver¬
ständnisses wegen nur steigern, nicht aber verringern werden und
in diesem Sinne wird meine gedrängte Darstellung aufzufassen sein.
Mit solchen Gedanken beschäftigte ich mich, als ich im Sommer
1852 durch den genialen und leutseligen Direktor des Berliner
Zoologischen Museums, Geheimrat Lichtenstein, für dasselbe engagiert
wurde. Das Feld meiner dortigen Thätigkeit war ausnehmend groß
und darum nicht geeignet, meinen Lieblingsplänen für die Gründung
eines Universalmuseums der Naturkunde besonders nachgehen zu
können. Vor allem war es notwendig, mir die Zuneigung meines
stets wohlwollenden Chefs zu erhalten, um dann erst nach Jahren
mit meiner bisher noch geheimen Absicht gelegentlich hervorzutreten.
Als der erste Schritt meiner Kundgebungen ist die Gründung einer
höchst nötigen und damals noch gänzlich fehlenden Konservator¬
schule zu bezeichnen, welche durch Lichtensteins Bemühungen auch
vom damaligen Ministerium gerne genehmigt wurde. Während nun
dieses junge Institut sich kaum zu entwickeln begaun und Lichten¬
stein eine Ferienreise nach der Ostsee unternommen hatte, traf aus
Kiel die erschütternde Kunde vom plötzlichen Tode des allverehrten
Vorstandes in Berlin ein. An die Stelle des Verewigten wurde der einst¬
weilige Mitdirektor des Museums, Dr. Wilhelm Peters, ernannt, zu dessen
nächster Obliegenheit die Aufhebung der kaum entstandenen Konser¬
vatorschule gehörte, welchen Akt ich als den Ausfluß einer persön¬
lichen Opposition gegen mich erkannte und deshalb um so geneigter
war, einem Ruf an das Naturalienkabiuet in Stuttgart Folge zu
leisten, in welcher neuen Stellung- ich einige Jahre wirksam war,
bis König Wilhelm von Württemberg, der um das Wohlergehen
seines Volkes und namentlich um dessen Landwirtschaft so hoch¬
verdiente Monarch, die Absicht hatte, die Hauptstadt seines Landes
noch vor seinem Ende mit einem großartig angelegten Acclimati-
sationsgarten zu beschenken, mit dessen Ausführung ich betraut
wurde. Leider erlebte der greise König dieses Ziel nicht mehr und
starb, als dieser Garten halbfertig und schon mit einigen Tieren
besetzt war.
So überwältigend dieses traurige Ereignis auch für mich war,
so fand ich doch bald einigen Trost in der Beschäftigung mit den
Fossilresten dieses schöueu Landes, und was mir die Gegenwart zu
verweigern suchte, erstand mir in dem Umgang mit einer viel-
tausendjährigen Vergangenheit. Die Tierwelt der »Schachtelhalme
des Jurameeres,« welche Scheffel so meisterhaft besingt, nahm mich
gefangen und nach ihren uralten Gebeinen formte ich lebensgroße
Gestalten; Schlangendrachen, Gaviale und Flugdrachen kamen zu
den Fischdrachen und halfen so den Kreis unveltlicher Ungeheuer
bilden. Vieles Aufsehen erregte ein riesiges Krokodil aus der Trias¬
zeit, dessen Schuppenpauzer unter den jetzt lebenden Sauriern nichts
Ähnliches mehr zeigt aber ahnen läßt, welche furchtbaren Kämpfe
jene Kolosse einst auszufechten gehabt haben müssen. Uuter den
Tieren des Tertiär befanden sich riesige Höhlenbären und Löwen etc.,
deren Größe schon mächtig wirkte, zwischen denen aber ein Mammuth
von 5 Meter Höhe durch seine Gewaltigkeit alles andere überbot.
Ein Teil dieser Tiere wurde vor einigen Jahren nach Amerika ver¬
kauft, soll aber gelegentlich ersetzt werden.
Bisher waren die Zoologen immer noch in der glücklichen Lage,
den Bedarf ihrer Sammlungen teils in frischen Tieren, teils in
Häuten oder Bälgen beziehen zu können, aber sehr bald wird die
Zeit eintreten, wo das nicht mehr stattfinden kann. Die Urwelt
greift in die Gegenwart immer tiefer ein, denn der Fortschritt der
Zeit sorgt dafür, daß ganze Tiergeschlechter der Ausrottung unter¬
liegen. Die Zahl der schon erlegenen Tiere ist nicht gering und
wird zusehends sich vergrößern und ich will nur an einige, in noch
geschichtlicher Zeit ausgerotteten Tiere erinnern : der Scheich oder
Riesenhirsch, der Urstier, der schweizer Steinbock, die stellersche
Seekuh, der Riesenalk, der Moa u. a. m. Dem Aussterben nahe
sind : der Auerochs, der Wiesent, der Bison, das Elch, verschiedene
Robben und Wale und manche oceanische Säugetiere und Vögel.
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. 1884. 20
306
Diesem allgemeinen Vernichtungskrieg zuvorzukommen uud zu retten,
was noch zu retten ist, hat Milne Edwards sich in der Akademie
der Wissenschaften erhoben und bewirkt, daß eine Expedition nach
Kap Horn ausgesendet wurde, um dort Wale und Robben etc. für
die Wissenschaft zu sampeln, welches Unternehmen nicht hoch
genug auzuschlagen ist. — Aus diesen kurzen Andeutungen werden
wir die Größe der Gefahr für unsere Sammlungen erkennen uud
finden, daß viele dieser Tiere bereits gänzlich verschwunden sind,
somit der Urwelt angehören und nicht anders als in restituierten
Modellen aufzustellen sind, an welchen Zustand wir uns gewöhnen
müssen ; wirklich stellt sich heraus, daß die Riesentiere , wie große
Wale, Robben, Seekühe, See-Elefanten und die riesigen Vielhufer
als Modelle schönere und naturgetreuere Nachbildungen gestatten,
während ihre Häute mehr oder minder nur defekte, kostspielige
und unvollkommene Resultate liefern.
Betreffs des bedauernswerten Anteils an der Tiervernichtung,
welches die Wissenschaft selbst sich schuldig macht, möge nur an die
Zerstörung der letzten Bruten des Riesenalks durch gewinnsüchtige
Eiersammler erinnert sein. Ganz der gleiche Fall spielt sich gegenwärtig
mit dem Kiwi, dem Nestor- und Eulenpapagei auf Neuseeland ab, wo
einige spekulative Manchestermänner nach Kräften bemüht sind, mit
diesen dem Aussterben verfallenen Vogelarten gründlich aufzuräumen.
Es werden nämlich nach Art der Sardinen ganze Blechkisten voll
dieser Vögel nach England verschickt, von wo sie wie eine fabrik¬
mäßige Ware in den Handel gebracht werden, die jeden Augeublick
in beliebiger Anzahl wieder nachgeliefert werden kann und willige
Käufer findet. So bedauernswert solche Erscheinungen sind, so
werden dieselben aber immer wieder von neuem versucht werden.
Rechnen wir die nach vielen Tausenden zählenden Verluste hinzu,
welche jährlich die zoologischen Gärten und die Volieren der Lieb¬
haber zu ersetzen haben, so ergiebt sich die Zahl der wissenschaft¬
lich geopferten Tiere auf eine erschreck bare Höhe, mit welcher die¬
jenige noch konkurriert, die der Putzsucht der Mode zum Opfer fallen.
Für die geeignetste Aufstellung eines Universalmuseums der
Natur denke ich mir einen großen und hohen Mittelbau mit Kuppel
und Oberlicht; das Deckengewölbe mit Sternbildern und die Wände
mit Darstellungen urweltlicher Epochen und gegenwärtiger Land¬
schaftsbilder geziert. Diesen Mittelbau hätten die Tiere und Pflanzen
der Urwelt, teils in gemaltem und teils iu modelliertem Zustand
uud an diese gereiht die der gegenwärtigen Schöpfung auszufüllen.
307
Rings um diesen Mittelbau würden in zwei Etagen gallert¬
artige, schmälere Räume mit Seitenlicht sich anschließen, welche
kleinere Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische, Spiri¬
tuosen, Insekten etc. enthielten. Über alle diese Punkte bitte ich
den zweiten Teil meiner »Praxis der Naturgeschichte«, 2. Auf!.,
Weimar 1880, nachlesen zu wollen.
Den vollständigen Plau eines derartigen Museums schon hier
folgen zu lassen, dazu ist der Raum gegenwärtiger Arbeit nicht
ausreichend, weshalb ich ihn, der neben anderen wichtigen Fragen
hier nur andeutungsweise besprochen werden kann, lieber für eine
spätere Auflage meines Werkes Vorbehalte,
Forst- und landwirtschaftliche Sammlungen. Durch die
Teilung der wissenschaftlichen Arbeit in streng gesonderte Fächer sind
im Laufe der Zeit eine Menge spezieller Fachsammlungen entstanden,
deren Zahl sich immer noch vergrößern wird. Zu den ältesten gehören
die des Bergfaches, des Forstwesens und der Landwirtschaft. Was
ich eingangs über fliegend dargestellte Vögel gesagt habe, bezieht
sich hauptsächlich auf die Forstsammlungen und zum Teil auch auf
die der Landwirtschaft. In den meisten dieser Sammlungen werden
die Raubvögel nach althergebrachtem Stil noch mit geschlossenen
Flügeln dargestellt, wodurch der große Nachteil entsteht, daß der
Lernende nur ruhig dasitzende Vögel kennen lernt, die durch die
mächtig ausgebreiteten Schwingen sehr veränderten Formen des
fliegenden Vogels aber fast gar nicht zu den so wichtigen Ver¬
gleichen mit anderen Arten zu sehen bekommt. Eine Folge dieser
Einseitigkeit sind die häufigen Irrtiimer und Verwechselungen zwischen
nützlichen und schädlichen Raubvögeln, welche selbst erfahrenen
Jägern noch bisweilen Vorkommen. Auf die Wichtigkeit dieser
Thatsachen fußend, verweise ich auf meine illustrierte Natur¬
geschichte, Leipzig, bei Brockhaus 1884, wo ich diesem Gegenstände
eingehende Beachtung gewidmet habe.
Nicht nur die Flugbilder der Raubvögel, sondern auch die
mancher Hühner und Laufvögel, sowie der Bartenschnäbler dürften
dem Jäger von ganz besonderem Interesse sein, und auch der
umsichtige Landwirt wird sie nicht ohne Nutzen betrachten. Fliegend
oder schwebend dargestellte Vögel haben aber nur dann einen
wirklichen wissenschaftlichen Wert, wenn sie in ihren Proportionen
genau nach den Maßen die großen Schwingen und die Schwänze
normal gestellt, das heißt in den Spitzen gespreizt oder geschlossen
308
dargestellt werden. Diese Erfordernisse werden gewöhnlich ganz
übersehen, zumal dann, wenn ein minder Geübter die Bearbeitung
ausführt, weshalb nur ganz korrekten Arbeitern dergleichen Vögel
übertragen werden sollten. Schlechtes und Mittelmäßiges haben wir
leider noch viel zu viel, nur das Gute ist merkwürdig selten !
Der A n s c h a u un gs u n t e r r i c h t bildet wohl in allen Schulen
das Abc derselben, denn nur ganze und womöglich lebende Tiere
werden vom Kinde anerkannt un4d begriffen, während einzelne Teile
desselben noch nicht verstanden werden. Als die nächsten Ergänz¬
mittel dienen ausgestopfte Tiere, wobei aber leicht Fehlgriffe be¬
gangen werden, indem man gewöhnlich mit schlecht aufgestellten
Tieren sich behilft, wodurch das gesunde Auge des Kindes irre
geleitet wird und das Karrikierte sich als Norm für die wirkliche
Gestalt einprägt. Es kann daher nicht genug betont werden, auch
zum ersten Unterricht schon exakt geformte Tiere auszuwählen.
Erst in zweiter Reihe sind kolorierte Abbildungen zu empfehlen,
die, wenn verständnisvoll behandelt, ihrem Zweck ebenfalls ent¬
sprechen. Leider ist dieses aber nur selten der Fall, denn in den
meisten Fällen erheben sich nur wenige über das Niveau gewöhn¬
licher Bilderbogen, verstoßen entweder in der Richtigkeit der Zeich¬
nung, der Größenverhältnisse, worauf es sehr ankommt, oder in der
Farbentreue, wodurch das Kind wieder irre geführt werden muß,
und was sich später bitter rächt.
Die Wandtafeln für den ersten Anschauungsunterricht sollten
daher npr von durchaus gewissenhaften und geübten Zeichnern und
Malern ausgeführt werden.
Wie schon bemerkt, sollte man in der Auswahl der Objekte
für den Anschauungsunterricht sehr streng sein und fehlerhaft auf¬
gestellte Tiere gänzlich vermeiden, weil sie zu irrigen Vorstellungen
führen, zudem sind dergleichen Dinge oft höchst tadelnswert ge¬
arbeitet uud dabei ebenso fehlerhaft konstruiert. Bald folgt dann
Mottenfraß. Mau sollte sich darum durch Billigkeit der Objekte nicht
verführen lassen. Seit der Einrichtung der Schulsammlungen sind
eine Menge geschäftsmäßiger »Lehnnittelhaudlungen« und auch
solche »fliegender« Natur entstanden, welche umher reisen.
Mit der Empfehlung solcher Anstalten macht man oft die
trübsten Erfahrungen, indem viele von ihnen das gute Zeugnis
nicht ertragen und von da ab schlechte Ware liefern. Unter den
Zuverläßigsten, die ich kenne, möge die Lehrmittelhandlung von
V. Fric in Prag besonders erwähnt sein, deren Objekte mir schon
seit Jahren höchst vorteilhaft bekannt sind. Auch die Naturalien-'
handlang von G. Umlauf? zu St. Pauli, Spielbudenplatz 8, in
Hamburg, zeichnet sich durch ihr reiches Lager au Skeletten,
Konchylien etc. aus. Für so viele oft geringfügigere Gegenstände
giebt es Ausstellungen. Dürfte die Jugend nicht auch ein liecht
haben, darnach zu fragen, welche Auswahl man unter den Mitteln
zu ihrer Belehrung trifft?
Ein hyperpneumatisclier Sperling.
Von Prof. Dr. H. Landois.
Das Luftfüllungsvermögen d. h. die Fähigkeit der Tiere, Luft
in verschiedene Körperorgane hineinzutreiben, hat sich nach ver¬
schiedenen Richtungen sehr mannigfaltig ausgebildet. Ich möchte
einen dreifachen Typus unterscheiden, je nachdem das Aufblähen
von dem Verdau ungstraktus, von dem Atmungssystem oder von den
Choaueu und der eustachischen Trompete aus erfolgt. Ebenso ver¬
schieden ist auch der Zweck des Aufblähens. Die gereizten Kröten
erreichen bei demselben mehr als das Doppelte ihres Körperumfanges,
wobei sie eine schreckhaftere Gestalt annehmen und auch dem
Verschlungenwerden von Seiten anderer Tiere einen größeren Wider¬
stand entgegensetzen. Puff- und Kreuzottern werden durch Auf¬
blähen gewiß keine angenehmere Erscheinung abgebeu. Die männ¬
lichen Tauben blasen ihren Kropf auf, um in dieser Gestalt ihren
Weibchen mehr zu gefallen. Der Krippeusetzer verschluckt Luft in
Mau-en und Gedärme, sodaß der Reiter den Sattel auf einer solchen
Rosinaute nicht festzuschnallen im Stande ist. Eudlich steht die
Einführung von Luft in den Körper bei den Insekten und Vögeln
unzweifelhaft mit dem Flugleben dieser Geschöpfe in innigster Be¬
ziehung.
Bei den meisten Vögeln werden sogar die Knochen hohl ; bei
manchen finden sich größere blasig umschlossene Räume zwischen
den Eingeweiden, sowie unter und in der Haut. Alle diese Hohl¬
räume können dann mit Luft gefüllt werden. Man bezeichnet
diese Eigentümlichkeit im allgemeinen mit Pneu matizität. Die
310
Entwicklungsgeschichte zeigt uns, wie im embryonalen Leben ein¬
zelne Lungenbläschen sich erweitern, sich zwischen die Eingeweide
drängen und in die Knochen hineinwachsen. Das Mark wird resor¬
biert und au dessen Stelle werden dann die Knochen mit Luft ge¬
füllt. Die Schädelknochen erhalten die Luft nicht von der Lunge,
sondern von den Choanen und der eustachischen Trompete aus. Es
wird bei den Vögeln lediglich durch ihre Pneumatizität die Er¬
leichterung des spezifischen Gewichtes bewirkt, während das Lungen¬
höhlensystem außerdem bei der Atmung eine Rolle spielt.
Die Pneumatizität geht mit der Ausbildung des Luftlebens be¬
züglich des Flug Vermögens gleichen Schritt. Die nestjungen Vögel
haben noch Mark in den Knochen, sind sie flügge, dann wird dasselbe
von der Luft verdrängt. Anderseits sind flugunfähige Vögel, wie
die Strauße, nicht pneumatisch, während bei den besten Fliegern
die Pneumatizität den höchsten Grad der Ausbildung erreicht.
Nach diesen Vorbemerkungen mag die Beschreibung eines höchst
sonderbaren und seltenen Falles hier eine Stelle finden. Am
4. Juli 1884 erhielt ich von Donnsteinfurt ein kleines Postpacket
von Herrn Edmund Hartmann, Uhrmacher, Gold- und Silberwaaren-
haudlung, nebst nachstehender Bemerkung: ». . . übersende hierbei
einen jungen Sperling, welcher in demselben aufgeblähten Zustande,
wie er sich jetzt befindet, heute Morgen 7 Uhr noch lebte. Er ist
auf dem Gehöfte des Herrn Kulhoff im hiesigen Kirchspiel gefangen.
Da es aller Wahrscheinlichkeit nach etwas höchst seltenes ist, wird
er Ihnen hiermit als Geschenk übersandt.«
Der vorliegende Sperling ist ein flügges Nestjunges, von der
Schnabelspitze bis zum Schwanzende 12 cm. lang. Der ganze Vogel
ist normal gebildet bis auf die ungeheure luftig-blasige Auftreibung
der Haut über Kopf und Hals. Im Nacken liegt die Haut 3 cm.
hoch aufgetrieben. Dadurch erhält der Vogel ein überaus dick¬
köpfiges Ansehen. Die Kopf- und Halshaut ist an diesen Stellen
außerordentlich dünn, an einigen nicht befiederten Stellen glasartig
durchsichtig, sodaß man durch die Haut den Umriß von Schädel
und Hals deutlich sehen kann.
Ob und wie diese luftige Hautauftreibung mit der sonstigen
Pneumatizität in Verbindung bezüglich Beziehung steht, kann nicht
entschieden werden, bis eine anatomische Untersuchung stattgefundeu
haben wird, welche ich deswegen noch nicht gern anstellte, um deu
höchst sonderbaren Vogel intakt zu erhalten.
311
Es war ein ziemlich schweres Metallgewicht nötig, um, an die
Miße gebunden den Vogel in dem Präparatenglase, mit Alkohol ge¬
füllt, unterzutauchen.
Schließlich mögeu hier noch einige vorhin nicht erwähnte
Maßangaben ihre Stelle finden: Firste 9 mm; Mundspalte 11 mm;
Dillenkante 7 mm; Flügelbreite 22 mm; Flügellänge 50 mm;
Schwauzlänge 23 mm ; Oberschenkel 27 mm. laug, 8 mm. dick ;
Tarsus 19 mm; Mittelzehe ohne Nagel 11 mm; Hinterzehe 9 mm.,
dessen Nagel 5 mm.
Namen einiger asiatischer Wildschafe.
Von Dr. B. Langkavel.
Prof. Dr. Julius Kühn, Direktor des landwirtschaftlichen
Iustituts der Universität Halle, schreibt in seinen Bemerkungen über
den cyprischeu Million im »Ausland« 1883 S. 159: Es muß stark
bedenklich erscheinen, nach der Hornbeschaffenheit eines oder weniger
Exemplare neue Arten aufzustellen, wie dies selbst noch in neuerer
Zeit geschehen ist. Eine genauere Untersuchung wird wahrscheinlich
die bis jetzt angenommenen 22 oder 23 Wildschafspecies auf einige
wenige Arteu zurückführen u. s. w.
Durch die nachstehende Zusammenstellung der Namen einiger
Wildschafarteu hoffen wir darthun zu können, wie überaus schwankend
und unsicher noch deren Deutung ist.
Das Wildschaf im allgemeinen sollen folgende Ausdrücke be¬
zeichnen :
kuch, koch nach Vigue, Travels in Kashmir II 278.
koch (masc.), mesh (fern.) in Asadabad nach Bellew, from the Jndus
to the Tigris 353.
kiik, eigentlich : wildes Tier, dann auch Wildschaf; in Zusammen¬
setzung mit andern Wörtern die einzelnen Species bezeichnend
z. B. tagh — kiik=Berg — kiik für Ovis Polii. Zeitschr. d. Ges.
f. Erdkunde. Berlin. XVII. 448.
’urfu in Gilgit, Chilas, Dilail; Hunza, Nagar ; yet, hal in Yassin;
rhan in Chitral. Journal of the R. Geogr. Soc. London XLI. 18.
gud im Himalaya. Transactions of the Bombay Geogr. Soc. XVII. 305.
gad (fern.), khar (masc.) in der Bralioe Sprache. Beilew a. a. 0. 484.
uriar, het, kharr in Amauullah ; buz, bakhta in Persien, ebenda 88.
312
artik in Armenien. Müller in: Sitzungsberichte der Wiener Aka¬
demie B. 88 hist.-pkil. Abth. S. 12.
arkar für mittelasiatisches Wildschaf bei Sewerzow in Peterm.
Ergäuzungsheft 43 S. 11.
für Ovis argali finden sich folgende Namen :
arkar bei SeAverzow in Peterm. ebenda S. 16.
archar Peterm. Mitth. 1868 S. 197.
arkali Ritter, Asien III 312.
argali (türk. u. tatar.) Ritter a. a. 0. VII 457. Journal of the
R. Geogr. Soc. London XLtV 80. [argali bedeutet auch »Kamel¬
mist« bei Kreitner. Im fernen Osten 580].
argalei (fern.), ugoldse (masc.) bei Mongolen nach Prschewalski,
Reisen in der Mongolei 120.
ugulde bei S’ojoten und Buräten; ukir bei Birar-Tungusen. Radde,
Reisen im Süd. v. Ostsibirien I 238.
mouoga bei Jukagiren. Bulletin de l’Acad. Imp. des Sc. de St.
Petersbourg XVI 386.
jaman in Kamtschatka. Zeitschr. f. Ethnologie II 375.
dikoi barauu in Nord-Sibirien. Pallas, Neue Nord. Beitr. II 122.
ling-yaug in China. Ritter, Asien VII 457; pan-jan, ebenda nach
Prschewalski a. a. 0. 120; (vgl. Armand David, Journal de
mon 3ieme voyage I 175: pang-yang ici (Iukiapo) cumme a
Long-gau-fou ; on donne au Budorcas ce nom qui indique au
nord l’Argali).
rchjan bei Tanguteu, Prschewalski a. a. 0. 333.
gusfende kuhi, persisch, bei Polak, Persien I 112.
baran, um die Kowimaquelle. Sauer, Reise nach d. nördl. Geg. von
russ. Asien 98.
für Ovis Polii :
tagh-klik vgl. oben: Wildschaf.
kachkar in Badakshan und Chitral. Cunningham, Ladak 198.
katschgar. Sewerzow in Peterm. Erg. 43 S. 10, 16, 18, 20, 28.
Erg. 42 S. 50.
kashghar. Gordon, Roof of the World 81.
kutch-kar. Wood, Journey to the source of the R. Oxus 241.
Peterm. Mitt. 1866 S. 269: türkisch = snow sheep.
kuch-kar v. Hügel, Kaschmir IV. 2. 570. Journal of the R. Geogr.
Soc. XLII. 440. 470.
arkar (masc.), goolja (fern.) Shaw, Visits to High Tartary 425.
ghuldsha Peterm. Erg. 52 S. 67.
313
kuldja v. Richthofen, China I 220.
rass Vigne, Travels in Kaslimir II 278. Yule, the buok of Marco
Polo I 166. Peterin. Erg. 43 S. 20; vgl. Zeitsclir. cl. Ges. f.
Erdk. Berlin V 157.
rang, takki, mesh Journal of the R. Geogr. Soc. XLII 440.
arkharas Geographical Magazine IV. 49.
weißbr listiges Argali Prscliewalski a. a. 0. 419 und in Peterm.
Mitt. 1876 S. 169.
für Ovis Ammon:
bhoral, burrell iu Tibet. Journal etc. XX 201. XLII 337 ; vgl.
Geogr. Magazine III 145.
baral, barak, -gliurer, kliaker in Tibet. Ritter, Asien III 665. 669.
1002. 1037.
burrul im Himalaya. Fraser, Reise nach und in Khorasan II 372.
gnau am Donkia Pjisse. Hooker, Himalayan Journals 264.
nuang in Tibet. Adams, field and forest rambles etc. of Canada 70
nyau in Tibet. Cuuningham, Ladak 198.
dschengel in 35° — 36° N. und 81° — 82° O. v. Gr. nach Peterm.
Erg. 52 S. 20.
raos ? ebenda 8. 67.
kuch-kar. Vigne, Travels in Kaslimir II 278.
archar bei Kirgisen. Fiusch , Reise nach Westsibirien 77; vgl.
Russische Revue XIV 454.
für Ovis montaua:
sha, sha-ba (masc.), sha-rno (fern.) in Tibet. Cuuningham 198.
tschubukun in Kamtschatka. Bulletin de l’Acad. Imp. des Sc. de
St. Petersbourg. XIII 127. Ferd. Müller, Unter Tungusen und
Jakuten 207.
tschubukä in Pallas, Neue Nord. Beitr. II 8.
ktepadl’gin bei Tschuktschen. Nordenskiöld, Die vvissensch. Ergehn,
der Vega Exped. I 221.
für Ovis Burcheli :
die Kuh Nordmanns ? Koch, Reisen durch Rußland II 70.
für Ovis Karelini:
arkar. Sewerzow in Peterm. Erg. 42 S. 10. 19. 50; vgl. Geogr.
Magazine V 155.
für Ovis Gmelini:
kotch, yaban köyun in Kleinasien. Mor. Wagner, Reise nach
Persien II 71. Proceedings of the Zoolog. Soc. London 1877.
S. 276.
314
f
für Ovis nigrimontaua:
arkar. Sewerzow in Peterm. Erg. 42. S. 17.
für Ovis Vignei:
sha in Klein-Tibet bei Hügel a. a. 0. 580, Vigne a. a. 0. 280;
vgl. 0. montana.
kachkär in Yule, the book of Marco Polo I 154.
für Pseudois Nahnr:
na, sna bei Yigue 280, Cunningham, Ladäk 198.
rnaa bei Tanguten nach Prscliewalski a. a. 0. 333.
kuku-jama (Blaubock) bei demselben S. 219, Peterm. Erg. 53 S.
19. Petermauu’s Mitt. 1873, 93; 1875, 36; 1876, 101; 1883,
346. Ausland 1876, 111.
barhal in Peterm. Mitth. 1870, 9. Hunter, tlie Indian Empire 520.
Die Zwergsclileiclie (A blepharus pannonicus Fitzinger)
in der Gefangenschaft.
Yon Joh. von Fischer.
Die Zvvergscbleicbe lebt in Ungarn, von dem sie den mittleren
Teil bewohnt, in ganz Griechenland, in Süd-Rußland und Persieu.
Sie liebt grasige Hügel. Man findet sie aber auch häufig au san¬
digen Orten vor. Sie hält sich mit Vorliebe unter Steinen, trockenem
Laub, Baumstämmen etc. auf. Ihr Fang, der nicht leicht ist, ge¬
lingt nur dann, wenn man sie auf dem Wege, unter einem großen
Steine etc. überrascht. Im Grase ist sie, vermöge ihrer geringen
Körpergröße, nur äußerst schwer zu fangen, indem sie sich den
Blicken des Fängers bald entzieht und im Grasgewirr verschwindet.
Sie schlängelt sich auf dein Boden ungemein rasch fort und
vermag auch rauhe Wände mit Leichtigkeit zu erklimmen, indem
sie sich ihrer äußerst zarten Füße weit mehr bedient, als die sehr
verwandte Erzschleiche (Seps chalcides.)
Sie muß in temperierten, trockenen Terrarien gehalten werden
und gedeiht vortrefflich in Gesellschaft von Sandschlüpfern ( Psammo -
dromus hispancius ) und jungen Stachelfiugern (Acanthodactylus vul¬
garis), da ältere sie unbarmherzig verzehren würden. Größere Tiere
darf mau ihr nicht beigesellen, denn sie würde, vermöge ihrer ge¬
ringen Körpergröße, bald überwältigt werden.
315
Sie versteht es sehr gut, sich im Saude, zwischen Moos, unter
Steiuen etc. zu vergraben und kommt nur mit Vorsicht aus ihrem
Versteck heraus. Minuten-, oft viertelstuudeulang ragt ihr Kopf
unbeweglich aus ihrem Schlupfwinkel hervor, ehe sie sich entschließt,
denselben zu verlassen und ganz herauszukriechen. Eine eckige
Bewegung, ein fremder Gegenstand, ein ungewohntes Geräusch und
die Erzschleiche verschwindet unter die ihr Schutz gebenden
Gegenstände.
Beim Fang bricht der gebrechliche Schwanz ziemlich leicht ab,
ersetzt sich aber nach wenigen (4 — 6) Wochen.
Ihre Bewegungsart ist ein ungemeiu gewandtes Schlängeln
und da das Tier äußerst glatt und außerdem sehr dünn ist, so ent¬
schlüpft es oft gerade in dem Augenblick, wenn man es zu halten
glaubt. Aus diesem Grunde fängt man diese Schleiche nur schwer,
um so mehr, da ihr ein jeder Gegenstand, ein Loch eines Regen¬
wurmes, eine Erdspalte oder eine Steinritze genügende Verstecke bieten.
Knauer sagt an mehreren Orten, daß die Zwergschleiche,
die er Johaunisechse (warum?) nennt, die Sonne liebe. Ich muß
von meinen Gefangenen sowohl, als von den in der Freiheit auge-
troffeneu Individuen gerade das Gegenteil behaupten. Nie ist eine
Zwergschleiche von mir bei brennendem Sonnenschein gesehen
worden. Gegen 4 Uhr nachmittags, im Sommer gegen 6 Uhr, ver¬
lassen meine Gefangenen ihre Verstecke, um ihrer Nahrung nach¬
zugehen. So lauge die Sonne voll scheint, sind und bleiben sie
unsichtbar.
Gegen Dämmerungszeit laufen oder schlängeln sie sich viel im
Behälter herum, lecken die au den Grashalmen anhaftenden Wasser¬
tropfen auf, fassen hier einen kleinen Wurm, dort ein Insekt, um
es unter heftigem Schütteln erst zu betäuben und darauf zu verzehren
und verkriechen sich wieder gegen Einbruch der Nacht.
Direkte Nässe ist ihnen höchst unangenehm, obschon das
Wasser auf ihrem metallglatten Körper gar nicht anhaftet. Sie
fliehen sie, wahrscheinlich, weil die Verdunstung das ihnen unange¬
nehme Gefühl von Kälte verursacht.
Die Wassernäpfe, die man ihnen reicht, müssen kleiu und ganz
flach sein, da sie, vermöge ihrer geringen Körpergröße, in größere
leicht hereinfallen und, vermöge der Kürze ihrer Extremitäten, sich
aus tieferen nicht heraushelfen können. Ich verwende als Wasser-
und als Futternäpfe seit Jahren mit Erfolg flache Muschelschalen.
316
Ihre geringe Körpergröße macht sie sehr furchtsam, und sie
werden selbst von größeren Mauereidechsen (von anderen Lacerteu
w ill ich gar nicht reden) verfolgt und gefressen. Daher darf man
ihnen nur Tiere von ihrer ungefähren Größe zugesellen.
Verteidigungsmittel besitzen sie, außer der Flucht, nicht. Er¬
griffen, suchen sie sich nur unter heftigen Krümmungen zu eutwin-
den, wobei sie den Kopf, nach Gongylus-Art, kräftig gegen die
Hand stemmen. Die Flucht gelingt ihnen auch fast immer, dank
der Glätte ihrer Körperoberfläche.
Ihr Auge ist besser als ihr Gehör, die andern Sinne sind von
untergeordneter Ausbildung.
In der Freiheit frißt die Zwergschleiche kleine Gewönne,
allerlei Larveu, Mücken, Fliegen und andere kleine Insekten, sowie
kleine Asseln und Nacktschnecken.
Wenn Schreiber sagt, daß die Zwergschleiche in der Ge¬
fangenschaft nur schwer fortzubringen sei, so muß ich meinen Er¬
fahrungen nach das Gegenteil behaupten. Ich habe nie Mühe ge¬
habt, meine Zwergschleichen am Leben zu erhalten. Im Gegenteil,
meine Gefangenen, die unter den denkbar ungünstigsten Bedingungen
(zwischen Maiskörnern z. B.) verpackt und versandt waren, fraßen
und tranken am Tage nach ihrer Ankunft und befinden sich noch
heute wohl und munter.
Das beste Futter für die Zwergschleichen sind Fliegen, die mau,
ehe man sie reicht, betäuben muß, indem man den Fliegensack gegen
den Boden schlägt und dann erst im Terrarium umstülpt, die be¬
täubten Fliegen umherstreuend, wo sie von den Zwergschleichen auf¬
gelesen werden. Oder man giebt gauz kleine Mehlwürmer, die mau
in einer flachen, aber glatten Schale reicht.
Bei dieser Nahrung und genügendem Wasser, das man ihuen
in Tropfenform reicht, indem mau das Moos, die Blattpflanzen oder
die Steine mit dem Zerstäuber besprengt oder flache Wassernäpfe
aufstellt, hält sich die Zwergschleiche jahrelang.
Schließlich sei erwähnt, daß die Zwergschleiche eierlegeud ist.
Leider ist mir bis jetzt jeder Ausbrütungsversuch der äußerst zart-
schaligen Eier, die unter den Fingern federn, da die Hülle perga¬
mentartig ist, gänzlich fehlgeschlagen, indem die Eier entweder ver¬
trockneten oder verfaulten.
Die Zwergschleiche ist im Handel äußerst selten und nur zu¬
fälligerweise zu erhalten, dann aber auch hoch im Preise.
317
Miscellen.
Aus dem Berliner Zoologischen Garten.
Uber dem Raubtierhause schwebte in vorigem Jahre ein Unstern. Es
wurden zwar viel und vielerlei Junge geboren, deren Aufzucht indes größten¬
teils mislang. Besonders die Rachitis raffte das Jungvieh hin, trotz aller
Anstrengung es zu erhalten. Jetzt wird wieder Phosphor dagegen angewendet
und anscheinend mit Erfolg. Von den 4 Löwen sind zwei dieser Krankheit
erlegen, von den beiden des zweiten Wurfes leidet der eine an derselben.
Das Pumaweibchen, Felis concolor , brachte 6 Junge. Davon gingen 2 bald
nach der Geburt ein, ein drittes starb, nachdem es über katzengroß war, an
Rachitis und auch die übrigen 3 scheinen nicht aus aller Gefahr zu sein.
Tiger und indischer Panther verwarfen. Ein junger schwarzer Panther be¬
rechtigte zu den schönsten Hoffnungen, als er eines Tages am Gitter herauf¬
kletterte, herunterfiel und mehrere Tage darauf krepierte. Das Netz war ge¬
rissen und die Gallenblase geplatzt. Ein junger Wolf, welchen man bei dem
hohen Alter der Eltern gar nicht mehr erwartet hatte, starb wahrscheinlich an
einer Funktionsstörung des Verdauungsapparates.
Erfreulicheres ist aus dem Hundezwinger zu berichten. Von dem zahl¬
reichen jungen Volk, welches ihn belebt, erwähne ich nur die englischen
Setter und die russischen und arabischen Windhunde als die vorzüglichsten
und gesuchtesten.
1 Javaneraffe, Macacus cynomolyus, 1 Bastard von Cynocephalus Hama-
dryas masc. und C. Babuin fern. Dieses ganz am Ende des Jahres geborene
Tier ist ein Bruder des 1882 geborenen weiblichen Bastardes. Schießlich
wurde noch am 17. Oktober ein Mandrill, Cynocephalus mormon , geboren, der
wohl einige weitere Notizen wert ist, da ein solches Ereignis zu den größten
Seltenheiten gehört. Brehm spricht in der 2. Auflage seines Tierlebens wohl
von jungen Mandrills, doch scheinen dieselben wild eingefangen zu sein.
Andernfalls hätte er sie wohl genauer beschrieben. Iu der im zweiten Jahr¬
gang dieser Zeitschrift befindlichen Liste der in der Gefangenschaft sich ver¬
mehrt habenden Tiere ist der Mandrill nicht aufgeführt , ebenso fehlt er in der
Übersicht der Geburten im Londoner zoologischen Garten von 1848 bis 18(i7.
Der im Zoologischen Garten zu Hamburg geborene und von Herrn Sigel auf
Seite 235 des vorigen Jahrganges beschriebene scheint überhaupt der erste zu
sein, der in der Gefangenschaft zur Welt kam.*)
Der Vater unseres jungen Mandrills lebt schon 15 Jahre im Garten, und
man sprach ihm, da er leidenschaftlich der bekannten Ausschweifung fröhnte,
überhaupt schon die Zeugungsfähigkeit ab. Das Weibchen machte einen solchen
unscheinbaren Eindruck, daß man es kaum für reif halten konnte, und erst
wenige Wochen vor ihrer Niederkunft wurde man eines besseren belehrt.
Sie hatte ihre frühere Munterkeit verloren und eine geringe Schwellung des
*) „List of the vertebrated animals now or lately living in tlie gardens of the ZoologieM
Society of London“ führt in der 8. Ausgabe 1883, S. 26 einen weiblichen Bastard zwischen
dem Mandrill fein, und dem Java- Affen, Macacus cynomolyus masc. auf, der am 13. Oktober 1878
in dem Garten zur Welt kam. N.
318
Leibes ließ darauf schließen, daß sie in anderen Umständen sich befinde. Die
Geburt brachte dem jungen Tier die erste Gefahr. Die Mutter gebar auf
einer 3/4 m. über dem Boden angebrachten Stange stehend, doch kam das
Junge, ein Männchen, ohne Schaden genommen zu haben, unten an und die
Alte, wohl merkend, welcher Art der Neugeborene sei, nahm sich seiner so
an, wie es Affenliebe nur möglich ist. Das junge Tier einer genauen Messung
zu unterziehen war unmöglich, seine Länge vom Scheitel bis zur Schwanz¬
wurzel schätzte ich auf ungefähr 12 cm. Der Kopf fiel durch seine relativ un¬
geheuren Dimensionen, die Extremitäten durch ihre außerordentliche Länge
auf. Auch der Schwanz war relativ sehr lang — er mag 2 — 3 cm. gemessen
haben — so daß er fast die definitive Länge besaß. Doch kann dies kein
Wunder nehmen, hat doch seihst der Mensch auf einer gewissen Entwicklungs¬
stufe einen solchen. Er bleibt beim weiteren Wachstum des Tieres einfach
zurück. So auch hier, wo ich innerhalb dreier Monate kein Längenwachstum
an demselben konstatieren konnte. Die Haut des eben geborenen Tieres war
pigmentlos und sehr spärlich mit feinen weißen Haaren bedeckt. Nur Hinter¬
kopf und Scheitel trugen eine dichtere und dunkle Haarbedeckung. Feine
Striche neben der Nase deuteten die Hautfalten an. Im übrigen war der Kopf
glatt, von Knochencristen keine Spur.
Mitte Dezember war die Haut blau geworden und mit dichterem Haar¬
kleid bedeckt, das am Körper noch farblos war. Am Schädel bemerkte man
die Anfänge der Knochenleisten, besonders an der Stirn und um die relativ
sehr großen Augen. Auch schienen die Zähne durchzubrechen. Die Alte war
sehr besorgt um ihr Junges und ließ es nur selten los.
Der junge Mandrill, dessen Nahrung noch die Muttermilch ist, mag Mitte
Jauuar 1884 ungefähr eine Größe von 20 cm. erreicht haben. In seiner
Färbung gleicht er fast genau der Mutter. Die Haare auf dem Kopf, dem
Bücken und der Außenseite der hinteren Extremitäten sind dunkel seiden¬
glänzend auf Brust, Bauch und Innenseiten der Extremitäten fast weiß. Kinn¬
bart und Kehle sind rotgelb. Die Außenseite der vorderen Gliedmaßen und
ein Streifen rings um das Gesicht tragen Haare, die am Grunde und an der
Spitze oliven grün, in der Mitte schwarz sind. Hinter den Ohren befinden sich
dreieckige, fast kahle Stellen, welche die blaue Haut erkennen lassen. Die
Nase und Oberlippe sind matt fleischrot, ebenso die Gesässschwiele. Das
übrige Gesicht ist hell graublau und zeigt deutliche Falten auf den Backen,
wie auch die Cristen bedeutend ausgeprägter sind. Die Iris ist schmutzig-
grau, neigt sich aber mehr und mehr zu einer bestimmten Farbe. Die Zähne
sind durchgebrochen. Das Scrotum dehnt sich nicht, wie z. B. bei den Java-
neraffen ganz zwischen den Hinterbeinen aus, sondern ist mehr auf die
Mittellinie beschränkt. Im übrigen ist das Tierchen sehr munter und ge¬
währt dem ausharrenden Beschauer viel Vergnügen. Die Alte läßt ihm seinen
Willen, so lange er sich im Bereich ihrer Arme befindet. Will er am Gitter
hinauf, so begleitet sie ihn oder zieht ihn rechtzeitig wieder herab. Hoffent¬
lich ist es mir möglich, an dieser Stelle über die weitere Entwicklung des
kleinen Pavians noch Mitteilungen machen zu können.
L. Wunderlich.
319
Der Wildstand Skandinaviens. Das Elchwild ist dank den vor¬
züglichen Jagdgesetzen in Schweden und Norwegen in starker Zunahme be¬
griffen. Es hat 11 Monate Schonzeit und darf nur im September geschossen
werden. Durchschnittlich werden in Schweden jetzt wohl 1000 Stück Elchwild
jährlich geschossen. Die Jagdresultate im Königreiche überhaupt waren in
den letzten Jahren folgende:
Getötete Kaubtiere.
1870
1871
1872 1873
1874
1875
1876
1877
1878
1879
1880
1881
Bären .•■...
65
68
45
61
38
47
66
•81
52
52
48
37
Wölfe ....
32
61
23
33
37
75
47
17
40
43
36
42
Vielfraße . . .
93
104
98
113
68
122
120
124
144
135
128
105
Luchse . . .
76
95
88
116
118
108
103
67
70
67
27
25
Füchse . . .
3589
6402
6789
7683
8758
11353
10233
9823
11566
12251
14876
13112
Marder, Iltisse,
Wiesel . . .
? 164
? 168
Otter ....
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
? 12
? 39
Seehunde
—
—
—
—
* —
—
2189
1936
1824
1554
434
316
Adler ....
Taubenhabichte
2179
1895
1651
2285
2575
2899
12158
1152817014
18760
13295
10786
Uhu ....
Krähen . . .
—
25148
40025
1851/55
1856/60
1861/65
1866/70
1871/75
18 1 6/S
Bären .
602
632
532
494
258
299
Wölfe .
768
713
523
227
229
182
Vielfraße .
533
611
546
695
506
616
Luchse .
699
868
679
525
536
334
Von Raubtieren getötete Haustiere.
1876
1877
1878
1879
1880
1881
Pferde .
3
1
3
—
2
—
Rinder .
49
24
29
21
34
19
Schafe, Ziegen .
11157
9635
9053
10056
8268
Renntiere .
2334
2156
2190
2824
2704
2204
Schweine .
—
—
—
—
30
34
Federvieh .
32334
32996
32291
36469
41198
39931
Taxirter Schaden in Kronen
89828
89092
90928
93383
104523
94815
(Nach Dr. R. Blasius.)
* Betragen man n 1 ic h er Wölfe gegen die Jungen. Es ist hin¬
reichend bekannt, daß die alten männlichen Hunde sich um ihre eigene
Nachkommenschaft auch nicht im geringsten bekümmern. Nicht so stiefväter-
lich betragen sich die alten Wölfe. Am 19. Mai 1884 warf die Wölfin unseres
Zoologischen Gartens 5 Junge, 2 Männchen und 3 Weibchen. Im Alter von
320
etwa 4 Wochen verließen dieselben die Schlucht und spielten vor derselben
umher. Dabei ereignete es sich nicht selten, daß das eine oder andere Junge
durch das Eisengitter kroch, welches den mütterlichen Wolf von dem alten
Männchen trennte. Der alte männliche Wolf erfreute sich sichtlich über den
Besuch; er leckte das Junge, spielte mit demselben und trug es gern im Maule
zärtlich durch den ganzen Käfig. Diese Spielerei dauerte so lange, bis das
Junge wieder durch das Gitter zu seiner Mutter gelangte.
Prof. Dr. H. L a n d o i s.
• *
Ein zweifüßiger Fuchs. In der Nähe von Albachten wurde auf der
Treibjagd ein Fuchs erlegt, dem der rechte Vorderfuß und der linke Hinter¬
fuß völlig fehlte. Trotzdem war er noch ziemlich gut genährt.
Prof. Dr. H. Landois.
Eingegangene Beiträge.
J. v. F. in B. : Briefliche Antwort nebst bestem Dank. — K. M. in K.: Die Schriftclien
sind g-nt angekommen. Dank dafür. Über die Reise demnächst Näheres. — E. F. in B. :
Zahlreiche Mitteilungen; danke herzlich! — B. L. in H. — E. II. in W.: Wir haben leider
den Raum nicht, um eingehende Schilderungen aus dem Leben der Insekten geben zu
können und danken darum für Ihr freundliches Anerbieten. — F. S. in Z. : Der Aufsatz wird
Ihnen zugekommen sein. — A. W. in E. : Herzlichen Dank für die freundliche Auskunft. —
Bücher und Zeitschriften.
Jahrbücher der deutschen Malakozoologischen Gesellschaft nebst Nachrichts¬
blatt. Redig. von Dr. W. Ivobelt. 11. Jahrg. 1884. Heft III. Frankfurt a. M. Mor.
Diesterweg. 1884.
R. von Schmiedeberg. Der deutsche Vorstehhund. Mit Abbildungen von Beckmann
u. Sperling. Leipzig. E. Twietmeyer. 1884. 4°. 02 Seiten. 2,25 Mk.
Prof. Ohr. Brügger. Zoologische Mitteilungen. (Die Flattertiere Graubündens). Sep.-Abdr.
Jahresber. ü. Naturf. Gesellsch. Graubündens. 27. Jahrgang.
Jahresbericht der Vorsteherschaft des Naturhistorischen Museums in Lübeck für das
Jahr 1883.
Dr. Alfr. Walter. Palpus maxillaris Lepidoptcrorum. Sep.-Abdr. Jen. Zeitsehr. f. Naturwissen¬
schaft. 18. Band. .Jena. Gustav Fischer 1884.
A. Ilarrach. Der Käfersammler. Prakt. Anleitung zum Fangen, Präparieren, Aufbewahren
und zur Aufzucht der Käfer. Weimar. B. F. Voigt. 1884. 3 Mk.
Zoologischer Garten in Basel. Elfter Geschäftsbericht des Verwaltungsrates.
Fr. Arnold. Illustrierter Kalender für Vogelliebhaber und Geflügelzüchter. München. Fr.
Arnold. 1885. 8°. 80 S. 1 Mk.
Dr. Karl Ruß. Die Webervögel und Widafinken. Mit 3 Holzschnitten. Magdeburg.
Creutz’sche Buch- und Musikalienhandlung. 1884. gr. 8°. 218 Seiten. 3 Mk.
Erstes österreichisch ungarisches Lehr- u. Lernmittel-Magazin. 2. Jahrg. Juni 1884. Graz.
Prof. Ludw. Büchner. Der Fortschritt in Natur und Geschichte im Lichte der Darwinschen
Theorie. Stuttgart. E. Schweizerbart. 1884. gr. sn. 38 Seiten. 1,20 Mk.
Insekten-Börse. Central-Organ zur Vermittelung von Angebot, Nachfrage und Tausch,
l. Jahrg. 1884. E. Wartwig. Leipzig 1884.
Gustav P r ü t z. Illustriertes Mustertaubcn-Buch. Enthaltend das Gesamte der Taubenzucht.
Mit Pracht-Farbendruck-Blättern. Lieferg. 5 7 ä 1,20 .Mk Hamburg. J. F. R ichter 1884.
Humboldt. Monatsschrift für die gesamten Naturwissenschaften. .Herausgeg. von Prof.
Dr. G. Krebs. Juli— Septbr. 1884. Stuttgart Ferd. Eneke.
Zeitschrift fürNaturwissen schäften. Herausgeg. von dem naturwissenschaftl. Verein
für Sachsen und Thüringen. 57. Band. 3. Heft. Halle a. S. Tausch & Grosse. 1884.
Zur Nachricht: Wegen meiner fast dreimonatlichen Abwesenheit von
hier sind allerlei Störungen und Verzögerungen in dem Betriebe unserer Zeit¬
schrift eingetreten, wofür ich um Entschuldigung bitten muß.
Prof. Dr. Noll.
Nachdruck verboten.
Druck von Milli 1 uh & Waldschmidt. Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 11. XXV. Jahrgang. November 1884.
InhaU.
Luftgeschwülste bei Vögeln; von Dr. Max Schmidt. — Einiges über die Tiermärkte
in Bahia und Rio de Janeiro; von Alexander von Sver tschkoff. — Neues aus der Tier¬
handlung von Karl Ilagenbeck, sowie aus dem Zoologischen Garten in Hamburg; von
Dr. Th. Noack. (Fortsetzung). — Der gemeine Stachelfinger (Accmthodactylus vulgaris Dum. u.
Bibron) in der Gefangenschaft; von Joh. v. Fischer. — Korrespondenzen. — Miscellen. —
Litteratur. — Todesanzeigen. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Luftgeschwülste hei Vögeln.
Von Dr. Max Schmidt.
Die Mitteilung des Herrn Professor Dr. Landois im 10. Heft
des XXV. Jahrgaugs des »Zoologischen Gartens« über einen hyper-
pneumatiseheu Sperling veranlaßt mich, hier über eine Beobachtung
ähnlicher Art zu berichten, welche vielleicht geeignet ist, über die
Entstehungsursache derartiger Luftgeschwülste einiges Licht zu
verbreiten.
Mittels eines Schreibens vom 1. Februar d. J. benachrichtigte
mich ein Herr aus Stockholm, daß unter etwa 80 in seinem Besitz
befindlichen Rebhühnern, welche im Herbst zum Zwecke der Über¬
winterung eingefangen worden waren, eine Krankheit ausgebrochen
sei, welche bereits eine Anzahl dieser Tiere getötet habe.
Der sehr eingehend und klar gehaltene Bericht ergab bezüglich
des Aufenthaltes und der Pflege der Tiere keinerlei Anhaltspunkte
bezüglich der Entstehungsursache der Krankheit, sondern ließ viel¬
mehr erkennen, daß allen nötigen Anforderungen auf das beste
Zoolog. Gart. Jahrg. XXV. isst. 21
322
Rechnung getragen war. Bezüglich der Krankheitserscheiuungen
war nur gesagt, daß am Kopfe und zwar am Scheitel eine Art
Hornbildung anfange, die sich nach und nach bis an die Augen
fortsetze, worauf dann der Tod einzutreten pflege. Im übrigen
wurde ich auf einige an dieser Krankheit gestorbene Exemplare
verwiesen, welche mir zum Zwecke näherer Untersuchung zugesendet
werden sollten.
Am 8. Februar erhielt ich die drei in Aussicht gestellten
Feldhühnerleichen und beeilte mich, eine genaue Untersuchung der¬
selben vorzunehmen. Zu meiner nicht geringen Überraschung fand
ich aber bei keinem dieser Vögel eine Spur von der Anschwellung
am Kopfe, welche nach dem oben mitgeteilten Berichte doch eine
sehr wesentliche Krankheitserscheinung gebildet haben mußte. Es
fanden sich zwar kleine Narben älteren Datums auf den Köpfen
der Feldhühner, die darauf hinwiesen, daß die Tiere sich durch
gelegentliches Anfliegen gegen harte Gegenstände dort leichte Ver¬
letzungen zugezogen hatten, aber diese konnten unmöglich tyirz
vor dem Tode der Vögel nochmals Anschwellungen veranlaßt haben.
Ich nahm nun an, daß die Geschwülste durch Ansammlung
von Flüssigkeit veranlaßt gewesen seien, deren Inhalt durch Ver¬
trocknen während des Transportes verschwunden sein müsse.
Um die Mitte des April erhielt ich zwei weitere tote Feld¬
hühner, von denen nur das eine hier weiter in Betracht kommen
kann, da das andere infolge einer Mißbildung beider Schnabelhälften
an der Nahrungsaufnahme derart verhindert war, daß es infolge
ungenügender Ernährung verendete. Bei dem anderen Vogel fand
ich dagegen endlich die gesuchte Anschwellung. Es war eine
weiche elastische Auftreibung an der linken Kopfseite hinter dem
Auge in der Nähe der Ohröffnung. Sie bestaud aus zwei zusammen¬
hängenden Teilen, welche hinsichtlich ihrer Form und ihres Umfangs
an eine kleinere und eine größere Linse erinnerten und hatte ein
glasiges Aussehen, als ob sie mit einer wasserhellen Flüssigkeit
gefüllt sei. Ich begann nun die Kopfhaut vom Nacken her auf
das sorgfältigste abzulösen, um den Inhalt der Anschwellung nicht
zu verlieren, aber es fand sich, daß derselbe aus Luft bestand,
welche austrat, sobald das Messer den Hohlraum berührte, worauf
die Geschwulst sofort zusammensank.
Was nun die bei den vier hier in Betracht kommenden Feld¬
hühnern sonst noch gefundenen krankhaften Veränderungen betrifft,
so waren dies mit auffallender Gleichmäßigkeit folgende : Die
323
Lungen waren am hinteren Ende und am unteren Rande stark
geschwellt und von dunkelroter Färbung und beim Einschneiden
ergab sich, daß dieser Zustand durch Infiltration einer blutig ge¬
färbten Masse, welche teils flüssig, teils dick, wie geronnen erschien,
veranlaßt worden war. Die erkrankten Stellen betrugen etwa V5
bis % der ganzen Lunge und waren für die Luft vollständig
unzugänglich. Das Brustfell war gerötet und mit einem dunkel¬
roten Exsudat, von ähnlicher Beschaffenheit wie die Infiltrations¬
masse der Lungen, bedeckt. Diese Erscheinung (Lungen-Brustfell-
Entzündung) fand sich bei allen Exemplaren.
Daß die Krankheit den Tod der Tiere herbeigeführt, kann bei
der Ausdehnung derselben keinem Zweifel unterliegen und daß der
Verlauf derselben ein akuter war, bewiesen die mit Körnern gehörig
gefüllten Kröpfe und der gute Ernährungszustand der Tiere.
Der Sektionsbefund erklärt die Entstehung der Luftgeschwulst
am Kopf zur Genüge.
Der durch die teilweise unwegsam gewordene Lunge hervor-
gerufeuen Atembeschwerde suchte der Vogel durch angestrengtes
Einatmen entgegenzuwirken, allerdings ohne Erfolg.
Ein Teil der aufgenommeuen Luft wurde nun hierbei aus den
Luftbehältern des Kopfes durch deren häutige Wandungen oder die
porösen Knochen nach außen unter die Haut gedrängt und sammelte
sich dort in der oben angegebenen Weise an.
Wir werden wohl nicht irren, wenn wir bei dem von Herrn
Professor Dr. Landois beschriebenen Sperling eine ähnliche Ver¬
anlassung dieser auffallenden Erscheinung annehmen und möchten
eine sorgfältige Untersuchung der Atmungsorgane dieses Vogels
empfehlen.
Einiges über die Tiermärkte in Baliia und Rio de Janeiro.
Von Alexander von Svertschkoff.
In ersterer Stadt befindet sich der Tiermarkt gegenüber den
Hauptlandungsstufen der unteren Stadt; er besteht aus einem
Quadrate, das durch zwei enge und schmutzige Straßen im Kreuze
durchschnitten wird. Die Läden sind meist klein und gegen die
Straße zu tagsüber offen ; nachts werden sie mit Läden, in denen
sich einige Löcher befinden, geschlossen ; auch an Sonn- und Feier¬
tagen befinden sich die Tiere, wenigstens des nachmittags, so gut
wie in absoluter Dunkelheit. Uber die Käfige läßt sich nicht viel
324
sagen; Sittige befanden sich in Drahtkäfigen, große und mittelgroße
Papageien sind meistens auf Ständer angekettet, Rohrkäfige werden
viel für kleine Vögel, Alfen etc. angewendet; sie sind jedenfalls die
praktischsten, da der Boden auch aus Stäben besteht und so die
Reinhaltung, mit der es im Ganzen recht schlecht bestellt ist, sehr
erleichtert.
Die Fütterung der Thiere ist sehr einfach. Papageien erhalten
einen Teig von Maismehl und sehr wenig Wasser; diese Fütterung
ist gewiß oft am Eingehen der Vögel schuld, der Teig wird leicht
sauer, und selbst wenn frischer gereicht wird, nützt es nicht viel,
denn an ein Reinigen der Futtergefäße denkt in Brasilien niemand.
Am besten sind ohne Zweifel die Körnerfresser und kleinen Sittige
daran; Glanz- und ungehülster Reis bilden sehr einfaches, aber doch
wenigstens meist unverdorbenes Futter. Taugaren, Tukane, Mar-
mosettaffen bekommen nichts anderes als Bananen und nicht immer
von den allerbesten. Die große Hinfälligkeit hauptsächlich der Tan-
garen ist jedenfalls auf diese Fütterung zurückzuführen ; so lange es
Bananen giebt, geht es ihnen gut; sowie aber der Vorrat au dieser
Frucht sich erschöpft hat, sterben die meisten; die wenigsten Leute
denken daran, die Vögel schon bei Zeiten an eine andere Kost zu
gewöhnen, was wohl keine großen Schwierigkeiten bieten und den
Import dieser schönen Vögel sehr erleichtern würde, denn gegen
kühles Wetter, so lange sie vor Feuchtigkeit und Zug geschützt sind,
sind die Tiere Brasiliens lange nicht so empfindlich, wie man wohl
im Allgemeinen annehmen mag.
Ich will jetzt noch mit einigen Worten der Tiere erwähnen, die
ich auf dem Markte in Bahia sah und die Preise, für die dieselben
verkäuflich waren, anführeu. (Verlangt wird am Anfänge immer
zwei bis drei mal so viel als später genommen wird und muß man
sich vor dem Handeln ja nicht scheuen.)
Blaue und gelbe Araras 35 — 60 Mark. Rotriickenarara 5 Mark.
Amazonen 3 — 20 Mark (rohe Vögel jedoch nie mehr als 6 Mark).
Gras- und Mondsittige 3 Mark, Rotkappensittige 15 Mark, Weißolir-
sittige 12 Mark das Paar, Tukane 7 — 14 Mark, Sperlingspapageien,
Tangaren und kleine Körnerfresser 1 — 3 Mark, kleine Tauben 50 Pf.
bis 3 Mark, Marmosettaffen 2 — 3 Mark, größere Affen 10 — 20 Mark,
Riesenschlangen 10 — 30 Mark das Stück. Käfige werden mit 1 bis
2 Mark, Papageienständer gar nicht berechnet. Das größte Geschäft
wird in Bahia mit Amazonen gemacht ; ein jedes Schiff, das nach
Europa oder Nord-Amerika zurückfährt, wird von Booten, die mit
325
Papageien ungefüllt sind, umzingelt, und jeder Matrose sowie auch
die meisten Passagiere nehmen sich einen oder mehrere der hübschen
Vögel mit, meistens um sie wieder zu verkaufen und ein Geschäft
zu machen, welches wohl in vielen Fällen nicht sehr brillant sein
dürfte. Die meisten Papageien kommen in Bahia mit dem Dampfer,
der alle zwei Tage über die Bucht fährt, an, und das Ausschiffen
und Verkaufen derselben bietet ein recht reges Bild dar. Auf dem
Schiffe befinden sich die Vögel in Körben, in der Stadt werden sie
auf den Rand großer flacher Körbe gesetzt und dort mit Bindfaden
am Beine befestigt. Als ich das erste Mal einen Neger mit solch
einem Korbe auf dem Kopfe daherkommen sah, hielt ich den Inhalt
desselben für Gemüse oder Gras, und erst bei näherem Betrachten
bemerkte ich, daß die grüne Ladung eine dichtgedrängte Reihe von
40 — 50 Amazonen war.
In Rio de Janeiro existiert kein Tiermarkt in dem Sinne wie
in Bahia, es sind meist Geflügelhändler, die sich nebenbei noch mit
Arogelhandel befassen ; ich habe bei ihnen fast ganz dieselben Tiere
gefunden wie in Bahia, nur waren die Preise wenigstens um das
Doppelte höher; das einzige Neue waren Maximilians-Langflügel-
pagageien, von denen ich einen für 6 Mark erstand. Grassittige,
Tangaren, Tueane etc. habe ich in Rio de Janeiro vielfach tod für
die Küche verkaufen sehen; eine Gruppe dieser Vögel macht auch
ein recht schönes Stillleben, welches aber den Tierfreund doch schmerz¬
lich berührt, selbst wenn er in Betracht zieht, daß es in Brasilien
noch viele Länderstrecken giebt, wo die Vögel von allem unbelästigt
im schönen Urwald friedlich leben und auch lange noch leben können.
Es ist vielleicht von einigem Interesse, wenn ich mitteile, daß
es mir geglückt ist, von den Tieren, die ich mit nach Europa nahm,
alle lebend herüber zu bringen; es waren; 9 Marmosettaffen, 2 Tu-
cane (Ariel), 2 Weißohr-, 3 Mond- und 2 Grassittige, 1 Langflügel¬
papagei und ein rotrückiger Arara. Ich habe nichts anderes gethan
als sie regelmäßig gefüttert, vor Zug und Nässe bewahrt und die
Käfige rein gehalten. Ich bin überzeugt, dass mit geringer Mühe
Tiere importiert werden können ohne große Verluste, wenn mau nur
die richtige Jahreszeit wählt und etwas rationell verfährt. Gut wäre
es jedenfalls wohl auch, wenn die Tiere vor ihrem Transporte erst
einige Zeit in der Gefangenschaft gehalten und dort für den Futter¬
wechsel vorbereitet würden. Beiläufig sei noch bemerkt, daß mein
Aufenthalt in Brasilien auf den dortigen Winter, d. h. Juli und
August fiel.
326
Neues aus der Tierhandlung von Karl Hagenbeck, sowie aus
dem Zoologischen Garten iu Hamburg.
Von Dr. Th. Noack.
(Fortsetzung.)
Im Anschluß an früher (IV, S. 100 ff.) von mir gemachte Mit¬
teilungen erlaube ich mir, über einige fernere Studien aus der
Tierhandlung von Herrn Karl Hagenbeck in Hamburg, sowie aus
dem dortigen Zoologischen Garten zu berichten.
Herr Hagenbeck hat, wie ich früher erwähnte, in den letzten
Jahren sehr bemerkenswerte Tiersendungen aus dem Somalilaude
erhalten. Der dorthin gesandte Herr J. Menges hat von Berbera
aus weite Gebiete der Nord-Ostecke von Afrika durchforscht und
wie seine in den Petermaun’schen Mitteilungen (z. B. V, S. 162 ff,
1884) veröffentlichten geographischen Berichte von bedeutendem
Interesse sind, so hat er auch die Kenntnis der ostafrikanischen
Tierwelt durch bis dahin unbekannte Formen bereichert. Zu diesen
gehört außer dem von mir beschriebenen Wildesel eine in diesem
Frühjahre Herrn Hagenbeck übermittelte Wildkatze, die meines
Wissens bisher unbekannt ist und für welche ich den Namen Felis
llagenbcclcii vorschlage.
Dieselbe steht der von Büppel entdeckten Felis maniculata
nahe, insofern ihre Proportionen uud ihr Gesamthabitus jener
außerordentlich gleichen ; selbstverständlich habe ich das Tier nicht
messen können, habe auch Felis maniculata noch nicht lebend
gesehen, kann aber die Ähnlichkeit nach mir bekannten Abbil¬
dungen, Skeletten und Bälgen von F. maniculata bestätigen. Ihre
Körperlänge wird auch ca. 50 cm, die Schwauzlänge etwa 25 cm
betragen, sie hat dieselbe Form des Kopfes und der großen
Lauscher, dieselben zarten Pfoten, dagegen in der Färbung weicht
sie von der Falbkatze erheblich ab. Die Somalikatze ist nämlich
einfarbig gelbgrau, genau wie das wilde Kaninchen, hat also ober¬
flächlich Ähnlichkeit mit Felis catus fcrus , doch fehlt jede Streifung
und Bänderung auf dem Rücken, an den Seiten und Schenkeln.
Nur au der Innenseite der Vorderbeine zeigt sich oben eine dunkel¬
braune Bänderung, ein Band ist wie bei Asinus taeniopus somaliensis
viel dunkler markiert. An der Außenseite der Vorderbeine ist eine
zarte Bänderuug bemerkbar. Hinten ist dieselbe kaum wahr-
zuuehmen. Die Vorderbeine und Pfoten sind unten gelbbraun, die
327 -
Hinterbeine unten dunkelbraun gefärbt, der dünne, schlanke, zu¬
gespitzte Schwanz, der länger ist als bei unserer Wildkatze und
kürzer, als bei der Hauskatze, zeigt die 7 dunklen Ringe und die
schwarze Spitze von catus ferus.
Kehle und Brust der Somalikatze sind gelb, Weichen und
Hauch heller gelbgrau wie der Rücken, zwischen den Schulter¬
blättern mehr rostgelb, Nase gelbrot wie bei catus ferus , vom
äußeren Augenwinkel zieht sich ein dunkleres Band, aber nicht so
intensiv wie bei Felis maniculata, nach der Ohrwurzel ; unterer
Augenrand hellgelb, Iris gelbbraun, Schnurrhaare weiß mit schwarzer
Wurzel, Ohren innen stark behaart. Die Katze, welche ich in der
Zeit von vier Wochen mindestens Gmal beeobachtet habe, saß
apathisch im Käfig, vielleicht weil sie nicht mehr ganz munter war,
auch zum Zweck der Zeichnung aufgestöbert, zeigte sie keinen
Unwillen, nahm auch die Nahrung nur zögernd ; jedenfalls war ihr
Naturell ein friedfertiges, gänzlich abweichend von dem -unserer
Wildkatze, die im Käfig bis zum letzten Atemzuge eine tückische
Bestie bleibt ; freilich kann man nach dem einen bekannten Exem¬
plar nicht wissen, ob das Naturell der Somalikatze immer so harm¬
los ist, denn ich habe an einem halben Dutzend gefangener Ozelots
bemerkt, daß sich die einen sehr harmlos und zuthunlich, die
anderen genau wie unsere Wildkatze benahmen. Indessen scheint
die harmlose Natur der Somalikatze doch in Übereinstimmung zu
stehen mit ihrem zarten Körperbau , so daß keine bisher be¬
kannte Wildkatze, auch Felis maniculata nicht, unserer Haus¬
katze so nahe steht wie die neue Art. Ich füge übrigens aus¬
drücklich hinzu, daß nach der Versicherung von Herrn Hagenbeck
das Tier eine echte Wildkatze und nicht etwa eine Hauskatze der
Somali ist.
Zwei aus dem Somalilande importierte Fettsteißschafe
(Ovis arics steatopyga) wichen im Körperbau und in der Färbuug
nicht von der bekannten ostafrikanischen und asiatischen Form ab,
denn auf das wenig ausgebildete Fettpolster unter dem Schwänze
und die kaum bemerkbare Wamme unter der Kehle kann mau kein
großes Gewicht legen, wohl aber zeigten sie anderweitig eine erheb¬
liche Differenz unter einander, das eine Tier besaß nämlich das
schlichte straffe Haar , das diese Scfiafrasse auszeichnet, bei dem
anderen dagegen, welches sonst eben so gefärbt war (weißgrauer
Leib, schwarzer Kopf und Hals), war das Haar zu einer kurzen,
aber sehr wohl erkennbaren Wolle umgebildet, das wollige Schaf
r
328
wurde mir sogar als die echtere Somalirasse bezeichnet, während
sonst in Afrika und Asien Ovis steatopyga keine Wolle trägt.
Drei junge, etwa 5 Monate alte Karakal ( Lynx caracal)
des Somalilandes unterschieden sich nicht von der afrikanischen
Art, interessierten übrigens durch ihr lebhaftes munteres Wesen,
was mit der bekannten Bösartigkeit des erwachsenen Karakal nicht
im Widerspruch steht, da z. B. junge Leoparden sich in den ersten
Monaten gerade so anziehend betragen, bis später die Tücke durch¬
bricht.
Eine Kollektion von Perlhühnern ( Numida cristata ) aus
dem Somalilande wich durch hellgrauere Färbung des Rückens von
der bekannten ostafrikanischeu Art ab, doch muß icli unentschieden
lassen, ob hier eine wirkliche Differenz vorliegt.
Leider wird Herr Hagenbeck die Expeditionen nach dem Somali¬
lande, vielleicht nach Ostafrika überhaupt fernerhin aufgeben müssen,
da der Aufstand der Sudanesen unter dem Mahdi heute den Verkehr
nach Suakim und Massaua unmöglich macht und die neuen Tier¬
arten von der Somaliküste nicht die großen Unkosten decken. Der
von mir beschriebene Wildesel des Somalilandes z. B. war nach
länger als einem Jahre noch nicht verkauft. Auch sonst finden
öfter die wertvollsten Tiere keine Abnehmer ; so besaß Herr
Hagenbeck vor einigen Jahren vier Exemplare der Chionia alba von
Kerguelen, von denen ein Vogel verkauft wurde, während die drei
übrigen schließlich zu Grunde gingen.
Um so erfreulicher ist es, daß sich jetzt an der westafrika¬
nischen Küste neue Bezugsquellen für das Studium der Zoologie
eröffnen.
Aus der Gegend der Biafrabai hat Herr Hagenbeck in diesem
Sommer ein Hausrind erhalten, welches wohl zum erstenmale
lebend nach Europa gekommen ist. Das Tier, eine etwa 10 Monate
alte Kuh, gehört der afrikanischen Kurzhornrasse an, die von dem
bekannteren Songarinde sehr verschieden ist. Die Höhe des Tieres
betrug etwas über 1 Meter und wenn dasselbe auch noch nicht ganz
ausgewachsen war, so beweist doch das wohlentwickelte Euter, daß
das Rind nicht, sehr viel größer werden wird, also, wie auch das
mir bekannte nubische Songarind, kleiner ist als unser europäisches
Hausrind. Der Körper ist kräftig und wohlgebildet, ebenso die
verhältnismäßig schlanken Füße, der Hals kurz und kräftig, sehr
faltig, die Wamme nur wenig entwickelt ; der Kopf klein und
elegant, das Auge groß und dunkel, die kleinen etwa 7 cm langen
820
Hörner in flachem Bogen nach vorn, außen und oben gebogen,
Stirnleiste zwischen den Hörnern ziemlich hoch, die aufrecht ste¬
hende Ohrmuschel ist sehr klein und zierlich, nach der Wurzel zu
außerordentlich lang behaart, dadurch an das Ohr des Kafterbüffels
erinnernd, ein Buckel fehlt, doch besitzt das Tier vom Nacken bis
zur Mitte des Rückens eine ziemlich starke Mähne, Schwanz mittel-
lang, an der Wurzel stärker, nach unten dünn mit stark ent¬
wickelter Quaste ; Euter mit vier stärkeren und einer schwachen
Zitze. In dem Rinde steckt als freilich sehr entfernter Ahn das
indische Zeburind, wie eine Vergleichung mit 2 ungefähr gleich¬
altrigen Zeburindern bewies, die Herr Hagenbeck zufällig auch
besaß. Die Körperverhältnisse sind denen des Zebu sehr ähnlich,
ebenso der zierliche Kopf und das kleine Ohr, welches übrigens
keineswegs bei allen Zebus herabhängt, die Stirn aber ist breiter
als beim Zebu, welches auch der Haarwucherung an der Ohr¬
muschel entbehrt; die Mähne auf dem noch etwas erhöhten Wider¬
rist möchte ich als letzten Rest des einst vorhandenen Buckels
betrachten, besonders aber unterscheiden sich die Hörner, welche
beim Zebu wie beim Songarinde nach oben, nicht nach vorn und
außen streben. Auf die Färbung kann man kein großes Gewicht
legen, doch will ich sie erwähnen, weil der Grundton auch mit dem
Kolorit des Zebu übereiustimmt. Kopf, Hals, Schultern, Bauch,
Vorderseite der Beine waren tief dunkelbraun gefärbt, Rücken,
Seiten, Kreuz und Schwanzwurzel hellumbragrau, hinten an den
Schenkeln eine leichte Querbänderung, Mähne schwarz, von den
Schultern his zum Kreuz an jeder Seite unter dem Rückgrat ein
dunkler, darüber ein heller Läugsstreifen, Stirn, Stirnleiste und
Genick gelbrot, Lippen weißgrau, Muffel schwarz.
In Bezug auf das Zebu füge ich die vielleicht nicht bekannte
Notiz hinzu, daß Herr Hagenbeck seit einer Reihe von Jahren
Zebubullen nach der Westküste von Südamerika schickt, wo die
Chilenen ihre heimischen Rassen durch Zebublut verbessern.
Neben dem Guinearinde möchte ich das Guineaschaf be¬
sprechen , welches als Geschenk des Herrn Woermann sich in drei
Exemplaren, die auch Junge ~eworfen haben, im Zoologischen
Garten in Hamburg befindet. Las Tier entspricht der Große nach
unseren kleineren Landschafen ; charakteristisch sind die starke
Ramsnase, die ziemlich hängenden Ohren, die stark entwickelte
Unterlippe, der halblange Schwanz, der wohl nicht gestutzt ist. Der
Bock besitzt kleine in einer halben Windung nach unten und vorn
330
geringelte Hörner, an Kehle und Brust eine schwärzliche Mähne ;
bedeckt sind die Tiere mit einem kurzen straffen Haare ohne jede
Neigung zur Wollbildung ; der Bock und ein Schaf sind dunkel¬
rotbraun gefärbt mit schwarzem Kopf und Nacken, desgl. Beineu
und tief schwarzem Bauche, ein Schaf und ein Junges sind gleich¬
mäßig tiefschwarz. Das Wesen ist eben so harmlos und zuthunlich,
wie bei unseren Hausschafen. Diese Schafrasse hat am meisten
Ähnlichkeit mit Ovis aries syenitica oder catotis, welches sich schon
auf den jüngeren ägyptischen Denkmälern findet und noch heute
in Ostafrika neben steatopyya gezüchtet wird, übrigens auch mit
Haaren bekleidet ist.
Demnach dürften Guineariud und Guineaschaf aus Rassen
entstanden sein, die einst aus Ostafrika ihren Weg quer durch den
Erdteil bis an die Küste des Atlantischen Ozeans gefunden haben.
Ich glaube, daß besonders seit dem 7. Jahrhundert der Islam dazu
beigetragen hat, neue Haustierrassen nach dem Westen Afrikas zu
verbreiten.
Ich erwähne ferner unter den Haustieren einen Bastard -
bock von Angoraziege und Heidschnuckenbock, den
Herrn Hagen beck kurze Zeit in diesem Sommer besaß.
Das Tier stand nach Körperdimensionen und Habitus in der
Mitte zwischen der Angoraziege und dem Heidschuuckenschaf,
erreichte also die Größe eines mittleren Landschafs, doch war es
vielleicht noch nicht ganz ausgewachsen und die eigentliche Körper¬
form läßt sich bei dem sehr langen flockigen Vließ schwer be¬
urteilen, doch war der Typus der Angoraziege bei weitem über¬
wiegend. Die Profillinie des Gesichts war die der Ziege mit etwas
eingebogener Nase, vorgestreckter Unterlippe, starkem Haarschopf
vor der Stirn, unter dem Kinn ein mäßig langer Bart, Ohr breit
uud herabhäugend, aber kleiner als bei der Angoraziege, Pupille
oval, Iris gelb, Hörner bandartig flach mit scharfen Kanten schwach
gereifelt, nach oben, außen und hinten, also dreifach gekrümmt,
Längenachse der Hörner im Durchscliuitt ungefähr in der Nasen-
und Stirnlinie liegend, Hörnerspitzen um ca. 2,5 Stirnbreiteu von
einander entfernt, Beine nur vom Knie- und Sprunggeleuk vor
dem langen Vließ sichtbar und weiß behaart. Die Vorder- und
Hinterklauen waren ganz verschieden gebildet. Die vorderen kurz
und dick, stark spreizbar, wie bei Gemsen und Gebirgsziegen, auch
pflegte das Tier beim Liegen ein Bein nach Wildziegenart gerade
nach vorn zu strecken, die Hinterklauen waren viel länger uud
schmäler, deu Schafcharakter repräsentierend, der kurze Stummel¬
schwanz wenig behaart, nach vorne gekrümmt und nach oben
gerichtet. Die Färbung war weißgrau, vom inueren Augenrande
zog sich ein dunkler Längsstreifen nach den Nasenlöchern zu, aber
nicht ganz bis zu der Oberlippe ; das Vließ, sehr laugflockig, aber
gröber als bei der Angoraziege, hing von den Halsseiten über die
Schultern bis zum Knie in zwei dicken Wülsten herab, an den
Seiten und hinten gleichmäßig tief hiuabreichend. Die lebhafte
Freßbegier entsprach mehr dem Charakter der Ziege als dem des
Schafs, von den Geschlechtsteilen war vor langer Behaarung nichts
zu sehen. Der Bock war in Rotterdam erworben (ob auch dort
gezüchtet ?) und wurde nach kurzer Zeit verkauft.
Einen anderen, im Jardin des Plantes geworfenen Bastard,
nämlich einen Sprößling von Ponystute und Zebrahengst
besaß Herr Hagenbeck vor einigen Jahren, der deshalb sehr inter¬
essant war. weil er einem anderen selbständigen Tiertypus außer¬
ordentlich, seinen Eltern verhältnismäßig wenig ähnlich war. Er
glich nämlich frappant dem Equus Inemionus , noch mehr Ähnlichkeit
aber hat das Tier mit einem von Przewalski entdeckten Wild¬
pferde im Petersburger zoologischen Museum. Ob nämlich Onager,
Kulan, Dschiggetai und Kiang dasselbe sind, ist noch keineswegs
zweifellos. Hat doch z. B. Przewalski später erkannt, daß der
wilde und der zahme Yak, Poephagus mutus und gnmniens getrennt
werden müssen.
Die Größe und die Körperformen des Tieres waren ganz die
des Equus hernionus ; Kopf groß, Ohren mittellang, Hals stark,
Beine schlank mit kleinen Hufen, Schwanz mittellang mit starker
schwarzer Quaste.
Die Färbung war gelbrot, nur am Hals und Nacken fanden
sich ein paar ganz matte schwärzliche Bänder, während sonst die
Bänderung des Zebra am Körper verschwunden war. Nur quer¬
über die Beine liefen wie bei E. hernionus einige Bänder, die
Sprunggelenke waren dunkel ; der über den Rücken laufende dunkle
Streifen war allerdings schmäler als beim Dschiggetai. Für die
Entstehung der Arten erscheint die Thatsache immerhin wichtig,
daß bei der Bastardierung Tierformen entstehen können, welche
einer schon vorhandenen Art fast absolut gleichen.
Über das von PrzewTalski entdeckte Wildpferd von Central¬
asien, welches mir zuerst nur aus mündlichen Berichten des Herrn
Hagenbeck bekannt war, der dasselbe im Petersburger Museum
332
gesehen hatte, liegen jetzt ausführlichere Beschreibungen vor in der
deutschen Bearbeitung der dritten Reise Przewalski’s nach Hoch-
asieu (Reisen iu Tibet und am oberen Lauf des Gelben Flusses in
den Jahren 1879 — 1880 von Przewalski, deutsch von Stein-
Nordheim, Jena 1884) und in der englischen Zeitschrift »Nature«,
21. August 1884, S. 391 u. 392. Da mir die deutsche Bearbeitung
augenblicklich nicht zur Hand ist, gebe ich nach dem Artikel der
»Nature« eine Beschreibung des Tieres, welche durchaus mit den
Angaben Hageubecks stimmt und die Ähnlichkeit mit dem Hagen-
beck’schen Bastard mehrfach bestätigt. Equus Przevalshii ist zuerst
beschrieben und nach dem Entdecker benannt worden 1881 in
einer russischen Zeitschrift durch Poliatow und zwar nach dem
einzigen Exemplar, dessen Balg der berühmte Reisende glücklich
nach Russland gebracht hat und welches in einer Skizze in der
*
»Nature« abgebildet ist. Dieselbe giebt das Tier bis auf die offenbar
zu spitze Schnauze und den zu stark behaarten Schwanz (Fehler
am präparierten Balge ?) richtig wieder. Wahrscheinlich ist das
Präparat nicht dermoplastisch iu Thon modelliert, wie das gute
Präparatoren, z. B. auch unser Braunschweiger Rielke, in hervor¬
ragender Weise verstehen, daher die vertrockneten Schnauzen und
Ohren, die dann wieder zu mangelhaften Zeichnungen und Be¬
schreibungen Veranlassung geben. Das neue Wildpferd charakterisiert
sich als echtes Pferd durch die Schwielen an den Hinter- und
Vorderbeinen (Equus asinus, auch hemionus haben sie bekanntlich
nur an den Vorderbeinen, ebenso der oben beschriebene Bastard
des Jardiu des Plantes) und durch die breiten Hufe, während die
laugen Schwanzhaare wie bei Equus hemionus nicht au der Schwanz¬
basis beginnen, sondern erst von der Hälfte des Schwanzes an
(Vergl. die also unrichtige Zeichnung.) Das Tier besitzt ferner eine
kurze straffe Mähne ohne Stirnschopf (ähnlich wie Equus hemionus ),
entbehrt aber des Rückeustreifens wie Asinus taeniopus somaliensis.
Die Statur ist klein, der Kopf stark und schwer, die Ohren kürzer
als bei den Wildeseln, also wohl auch kürzer als bei Equus
hemionus (nach der Zeichnung scheinen sie am Balge etwas eiu-
getrocknet zu sein, weil nicht mit Bleiplatten ausgelegt), die Beine
kurz und dick, die Färbung rötlichweißgrau, oben mehr rötlich,
unten heller weißgrau, die Beine bis zum Knie rötlich, von da bis
zu den Hufen schwärzlich, von einer Bänderung der Beine wird
nichts erwähnt. Das Tier bewohnt die dsungarische Wüste zwischen
Altai und Thian-Schan und wird von den Tataren »Kertag«,
333
von den Mongolen »Statur« genannt. Es lebt dort in Herden von
5 — 15 Stuten, welche von einem alten Hengste angeführt werden.
Mit ausgezeichnetem Gehör, Gesicht und Geruch begabt, sind die
Tiere außerordentlich scheu und lassen sich sehr schwer nahe
kommen, zumal sie die weiten Salzsteppen als Aufenthalt lieben
und, wie es scheint, lange das Wasser entbehren können. Die Jagd
auf dies Wildpferd ist von Erfolg nur im Winter, wo der Jäger
mit Hilfe von geschmolzenem Schneew7asser in jenen Wüsten leben
kann und mindestens einen Monat auf die Jagd verwenden muß.
Przewalski begegnete während seines Aufenthaltes in der dsunga-
rischen Wüste nur zweimal Herden dieses Pferdes, das erstemal
sclioß er vergeblich auf den Hengst, der den Kopf vorgestreckt und
den Schweif hoch erhoben wie der Blitz davoneilte, mit ihm die
Stuten ; das zweitemal kam er einer Truppe von der Seite nahe,
aber auch diesmal bemerkten die Tiere den Jäger früh und waren
rasch verschwunden.
Ferner ein paar Bemerkungen über Pachydermen. Die mehr
als 50 Elefanten, welche Herr Hagenbeck im letzten Jahre
besessen hat, gaben Gelegenheit zu Vergleichen, wie mau sie sonst
in Europa nie würde anstellen können. Nebeu den vielen indischen
Elefanten besaß Herr Hagenbeck einen Elephas sumatranus , meines
Wissens das erste lebende nach Europa gebrachte Exemplar. Ich
konnte denselben mit mehreren gleichaltrigen indischen Elefanten
vergleichen und konstatieren, daß absolut keine Verschiedenheit
zwischen E. indicus und sumatranus vorliegt. Die Tiere sind in
jeder Beziehung so identisch, daß an der Arteneinheit der asiatischen
Elefanten nicht zu zweifeln ist. Wenn Schlegel Abweichungen
im Skelett von E. sumatranus gefunden haben will, so können
diese höchstens individuell sein, wie individuelle Abweichungen auch
beim indischen Elefanten in erheblichem Maße Vorkommen. Herr
Hagenbeck besaß im letzten Sommer einen am Körper vollständig
und zwar ziemlich lang behaarten indischen Elefanten, welcher
beweist, daß die einstige Mamuth-Behaarung als Rückschlag noch
nach Jahrtausenden wieder zum Vorschein kommt. Ich entsiuue mich
übrigens, vor einer Reihe von Jahren auch ein behaartes Nashorn
(wohl das Badacknashorn) iu Berlin gesehen zu haben, welches,
wenn ich nicht irre, aus Sumatra stammte.
Zwei fleckige Elefanten aus Ceylon würden in Siam für
weiß und heilig gehalten worden sein. Die weißgrauen Flecken,
welche aussahen, als ob der Elefant au den betreffenden Stellen
334
mit Gips bestäubt wäre, fanden sich besonders an der Stirn, den
Ohren, dem Schulterblatt, den Weichen und dem Kreuz, welches
bei dem einen Exemplar fast weiß war. Die weißgraue Färbung
der Flecke scheint mir dadurch zu entstehen, daß der Epidermis,
welche auch an den dunkleren Partien eine etwas hellere Färbung
hatte, das dunkelbraune Pigment fehlt. Eine eigentliche Albiuo-
bildung war aber nicht vorhanden, insofern die Augen der beiden
Elefanten ebenso gefärbt waren wie sonst. Die Tiere unterschieden
sich im Wesen gar nicht von den übrigen.
Vor einigen Jahren hatte ich Gelegenheit, bei Herrn Iiagenbeck
die drei Tapirarten, den Schab racke ntapir und die beid en
Alten aus Brasilien und Centralamerika lebend neben einander zu
beobachten. Die Differenzen zwischen den beiden amerikanischen
Arten konnten einem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen,
obwohl sie nicht sehr auffällig waren.
Bekanntlich weicht der centralamerikanische Tapir
von der brasilianischen Ante sowohl anatomisch, wie auch in
Bezug auf seine Lebensweise, indem er ziemlich hoch im Gebirge
sich findet, ab, doch will ich hierauf nicht weiter eingehen sondern
nur die Unterschiede augeben, welche beide Tiere lebend neben
einander zeigten. Der ceutralamerikanische Tapir war größer und
kräftiger gebaut (beide Tiere waren ausgewachsen) ; der Kopf war
schlanker und mehr gestreckt, das Umbraschwarzbraun erheblich
dunkler, die Mundwinkel weiß, die weißgraue Kehle weißlich gefleckt,
auch oben an den Vorderbeinen befanden sich kleine weiße Flecke,
die ich an der brasilianischen Art nie bemerkt habe, da das
gefleckte Jugendgewand schon iin zweiten Jahre verschwindet ; doch
will ich bemerken, daß eine Hirschkuh von Gervus elaphus , die ich
schon 4 Jahre kenne, noch immer matte Flecke auf beiden Seiten
zeigt. Das Wesen der beiden Tapire war langweilig und träge,
wie alle Tapire in der Gefangenschaft sind.
Ein ju nges Warzenschwein ( Phacochocrus africanus ) des
Herrn Hagenbeck erscheint mir der Erwähnung wert, weil sich sehr
selten Gelegenheit bietet, dieses Tier lebend zu beobachten. Das
Schwein war etwa 4 bis 5 Monate alt und so groß, wie ein gleich altes
Hausschwein, doch erinnerte besonders der Kopf mehr au ein junges
Nilpferd, besonders die kleinen runden Ohren, die weit oben unter
den Ohren liegenden von starken Rändern umgebenen rundlichen
Augen und der riesig breite Rüssel. Die beiden starken Eckzähne
standen schon ca. 2 cm hervor, die beiden Warzen unter den Augen
335
waren schon stark entwickelt. Charakterisiert war das Tier ferner
durch eiuen sehr langen weißgrauen Backenbart, der viel länger
war, als bei dem erwachsenen Phacochoerus, durch eine sehr dünne
weißgraue Behaarung, unter der überall die graue, faltig genarbte
Haut hervorschimmerte, und durch einen bindfadenartig dünnen
Schwanz mit kleiner Quaste. Das Wesen des Schweins war außer¬
ordentlich ängstlich und scheu, also auch abweichend von anderen
Schweinen.
Unter den Tieren des Hamburger Zoologischen Gartens inter¬
essierte mich zunächst eine Schopfantilope von Westafrika
( Cephalolophus coronatus ), die mir bis dahin unbekannt war. Die¬
selbe, eiu erwachsener Bock, hat die Größe eines etwa 5 Monate
alten Rehs und zeigt den schlanken eleganten Körperbau der Schopf-
und Schmuckantilopen, der Kopf ist sehr lang und schmal, die
Schnauze spitz mit schwarzer feuchter Muffel, die Augen sehr groß
und dunkel, die Thränengruben außerordentlich lang entwickelt mit
wulstigen, scharf abgesetzten Rändern, wie sie in der Erregung der
Bock von Antilope cervicapra zeigt, der dann aus den Thränen¬
gruben eine schmierige Salbe absondert und die Ränder der Thräuen-
grube förmlich auseinander klappt. Der Rand der Augenbrauen ist
bei C. coronatus ebenfalls scharf abgesetzt, so daß die Physiognomie
des Tieres dadurch eigenartig wird. Die wenig behaarten Ohren
sind groß und elegant, außen grauschwarz, innen rötlich durch¬
scheinend, die pfriemförmigen geraden Hörner ca. 7,5 cm hoch, vorn
eckig mit scharfer Kante, hinten rundlich, bis zu 2/s Länge schräg
gereifelt, Beine lang und sehr schlank, Klauen länglich und spitz,
Schwanz kurz. Die Färbung ist ein schwärzlich untermischtes
Gelbrot ; Stirn, sowie der kaum 2 cm lange Schopf rostgelb, Nase
dunkelschwarzbraun, Oberlippe weißgrau, Kinn, Kehle, Brust und
Bauch gelblichweiß, Beine innen weißgrau, Vorderbeine unten
dunkler, Füße unten dunkelumbrabraun, besonders hinten, Schwanz
oben dunkler gefärbt. Das Wesen des Tieres ist schüchtern und
furchtsam, aber zutraulich, wie bei anderen kleineren Antilopen.
Ich möchte noch die Bemerkung hinzufügen, daß mir der bei
den Ceplialophus- Alten vorhandene Schopf, der doch immer nur
eine accessorische Haar Wucherung ist, ein wenig charakteristisches
Merkmal für die Artenbestimmung zu sein scheint. Viel wichtiger
sind die stark entwickelten Thränengruben und die graden pfriem¬
förmigen Hörner des Gephalophus , sowie die kleine sehr schlanke
Statur und die gleiche Lebensweise.
336
H e u 1 w ö 1 f e {Canis latrans), welche der Garten im letzten
Sommer aus Mexiko bezw. Centralamerika in mehreren Exemplaren
erhielt, erschienen mir bemerkenswert, weil, wenn die Tiere wirklich
Canis latrans sind, sie von der nordamerikanischen Art entschieden
getrennt werden müssen. Der Heulwolf charakterisiert sich folgender¬
maßen : Er ist viel kleiner und schlanker gebaut, als Canis lupus ,
Kopf und Schnauze viel schlanker und spitzer, Ohren und Beine
viel länger, sonst schon äußerlich wohl als Canis lupus erkennbar,
auch durch deu bekannten dunklen Sattel über den Schultern, der
für alle Wölfe sehr charakteristisch ist. Färbung gelbrotbraun.
Nach meiner Auffassung sind die Tiere am nächsten mit Canis
jubatus verwandt oder dasselbe. Jedenfalls nicht mit dem viel
kurzbeinigeren Canis latrans aus Nordamerika identisch.
Die Raubvögel des Hamburger Gartens haben sich von jeher
durch Reichhaltigkeit und Seltenheit der Arten ausgezeichnet, ich
möchte hier noch zum Schluß in eiu paar Worten auf einen sehr
interessanten afrikanischen Habicht und auf die vortreffliche Eulen¬
sammlung daselbst hin weisen.
Der afrikanische Schlangensperber (Polyboroiäes
typicus ) ist in der Zeichnung bei Brehm nicht als das Tier, welches
im Hamburger Garten lebt, zu erkennen, ebenso wenig stimmt die
Beschreibung vollständig. Der Vogel stammt von der afrikanischen
Westküste und hat ungefähr die Größe unseres Hühnerhabichts,
ist also erheblich größer als unser Sperber. Der Schnabel ist
schwarz, stark gekrümmt, die Wangen nackt bis über das Auge
nach der Wachshaut hin und bis zum Ohr, die nackte Stelle ist
rotgelb gefärbt und scharf gegen das graue Gefieder des Kopfes
abgegrenzt. Auge schwarz, auf dem Kopf ein aufrichtbarer Schopf,
der bei Brehm III 602 nicht erwähnt ist, Gesamtfärbung blau¬
grau, Schultern und Riickeu rostbraun, Handfedern schwarz, Bauch
weißgrau und schwarz gebändert, Oberarmfedern mit einzelnen
schwarzen Flecken und Tüpfeln, mir schien aber nicht jede Feder
einen schwarzen Fleck an der Spitze zu haben, Füße gelb. Der
Vogel saß träge und apathisch auf seiner Stauge, lange Zeit
regungslos dieselbe Stellung- einnehmend.
Unter den Eulen erschien zunächst bemerkenswert die in Süd¬
europa lebende Zwergohreule ( Scops carniölica ) oder Ephialtes
scops , eiu niedliches Eulchen, welches kaum eiue Drossel an Größe
übertrifft. Das Gefieder ist am besten gekennzeichnet als dem des
europäischen Ziegenmelkers (Capriniulgus europacus ) sehr ähnlich,
337
also grauumbra mit etwas rotbraun, scbwärzlich gewässert mit
dunklen Längstüpfeln. Unterseite hellgrau mit etwas rotgelb, grau
gewässert, Ohrbüschel klein, Schnabel grünlich horngrau, Iris hell¬
grüngelb, Füße grau, unbefiedert, Stimme ein helles » tüt« , Wesen
munter.
Von Syrniinae erwähne ich den Guineakauz (ßyrnium
nuchale). Der Vogel hat etwa die Größe von Syrnium aluco, Kopf
groß, dunkelrostbraun, ebenso Kehle, Gefieder oben dunkelrostbraun
mit weißgrauen Tüpfeln, Unterseite rostbraun und weißgrau gewellt,
Schnabel dunkelgrau, Auge tiefschwarzbraun, Schwanz kurz.
Syrnium torquatum aus Venezuela, erheblich größer als nuchale ,
sehr auffallend gefärbt. Der große Kopf tiefschwarzbraun, Augen¬
brauen ein breiter weißgelber Streifen, um die Augen ein tief¬
dunkelbrauner Hof, Iris chromgelb, Auge groß, Physiognomie infolge
dieser Färbung unheimlich. Schnabel an der Basis dunkelgrau,
Spitze hell hornfarben, Gefieder unter dem Schnabel dunkelbraun,
Kehle gelb weiß, gegen die Brust durch ein breites dunkelbraunes
Baud abgegrenzt, Bauch hellrostrot mit dunkleren Schaftstrichen,
Füße gelbrot befiedert, der kurze und spitze Schwanz dunkelbraun
und hellbraun gebändert, Rücken dunkelumbrabraun, auf den
Schultern zwei hellgelbe Flecke, Flügel innen gelbweiß, Schwung¬
federn habichtartig mit grauen Querstreifen gebändert. Wesen
unliebenswürdig, wie beim Uhu.
Die Guineauhueule ( Scotopelia Bouvieri ), Kopf gelbbrauu
mit dunklen Schaftstrichen, Iris tiefdunkelbrauu, Schnabel hell-
horngrau, Brust weißgelb mit braunen Schaftstrichen, Schwungfedern
gelbbrauu, Schwanz weiß, Schultern und Füße weißlich, oben an
den Schenkeln eine dunklere Feder, etwas kleiner wie Syrnium
nuchale , Wesen ruhig, Aussehen wegen der hellen Färbung und der
dunklen Augen sehr auffallend.
Die mexikanische Oh re ule ( Otus mexicanus ) besitzt
etwa die Größe von Otus vulgaris. Ohrbüschel und Kopf scliwarz-
brauu, Stirn gelbbraun, über den Augen schwarzbraun mit ocker¬
gelbem Rande, Gesicht weißgrau, Nacken schwarzbraun mit oker¬
gelben Längsstreifen, ebenso der Rücken, Bauch weißgelb mit
schwarzen streifigen Tüpfeln, Füße gelbumbra, befiedert, Schenkel
gelbbraun mit schwarzen Streifen, Flügel schwarzbraun und gelb
gestreift, Schwungfedern oben grau gebändert und gewässert,
Schnabel dunkelhorufarben, Iris gelbbraun ; Wesen wohl wie Otus
vulgaris.
Zoolog-. Gart. Jahrg-. XXV. 1884.
22
338
Am meisten bat mich interessiert ein Pärchen von der tas-
manisclien Schleiereule ( Strix castanops). So wenig auch
in derselben die Verwandtschaft mit Strix flammea zu verkennen
ist, so sehr weicht der Vogel durch Größe und Färbung von
unserer Schleiereule ab. Das viel dunkler gefärbte Weibchen über¬
trifft das Männchen erheblich an Größe und giebt unserem Uhu
wenig nach, das kleinere Männchen ist immer noch erheblich größer
als unsere Schleiereule, das Gefieder ist oben tiefschwarzbraun, unten
gelbbraun mit feinen grauen Tüpfeln überflogen, Brust tiefgelb¬
rostbraun mit dunkleren Tüpfeln, der durch einen dunkelbraunen
Rand scharf begrenzte Schleier sepiagrau, genau die Farbe, wie die
Seiten von Podiceps cristatus, Schultern gelbbraun, ebenso Beine,
Füße fleischfarben, Flügel innen weißgrau, oben dunkelbraun, so
auch der Schwanz. Schnabel hellhorngrau, Iris tiefdunkelbraun.
Im Wesen weicht Strix castanops erheblich von Strix flammea ab,
was man schon aus der Größe schließen kann ; die Eule ist lebhaft
und reizbar, beim Fressen ziemlich gierig, bläht das Gefieder wie
der Uhu auf, die Flügel wie dieser dabei hebend und wackelt in
der Erregung hin uud her, wird also auch in der Freiheit viel
größere Tiere erbeuten, wie unsere harmlose Schleiereule.
Der gemeine Staclielflnger (. Acanthodactylus vulgaris
Dum. u. Bibron) in der Gefangenschaft.
Von Joh. v. Fischer.
Wenn ich vom spanischen Sandschlüpfer ( Psammodromus Jiispa-
nicus ) S. 39 ff. gesagt habe, daß er hübsch und zierlich sei, so
wird es mir schwer, zu entscheiden, wem von den beiden Sauriern
der Vorzug zu geben sei. Die Wahl wird hier schwer. Allerdings
steht der Sandschlüpfer in seinem bescheidenen Kleide hinter dem
schmucken gefärbten Stachelfinger weit zurück. Mir ist aber
ersterer wegen seines zutraulicheren und ruhigeren Wesens fast lieber.
Der Stachelfinger ist ein unsteter, scheuer, ungestümer Gesell,
der dem bescheideneren Sandschlüpfer gegenüber wie ein über¬
mütiger Stutzer erscheint. Aber sein hübsches Kleid, sein rosen¬
roter Schwanz und sein keckes Wesen bestechen ungemein und ich
rate dem, dem die Wahl zwischen den beiden schwer fallen würde,
339
beide Saurier anzuschaffen, umsomehr, da sich beide in einem
Behälter, wenn man die Größenverhältnisse untereinander beobachtet,
vortrefflich vertragen, dieselbe Lebensweise führen und folglich auch
derselben Einrichtung und Pflege bedürfen.
Der Stachelfinger bewohnt Spanien und das nördliche Afrika ;
da, wo er vorkommt, ist er sehr gemein.
Er bewohnt warme, der Sonne ausgesetzte Orte und verbirgt
sich bei Gefahr mit Blitzesschnelle unter Steinen oder in Löchern,
die er sich im lockeren Boden gräbt. Sein Fang wird daher nicht
leicht und sein ganzes Benehmen erinnert sehr an den Sandschlüpfer.
Sein Lauf ist ein stoßweiser ; er erhebt sich bei jedesmaligem
Stillstehen hoch auf seine Vorderbeine, während die Hinterbeine
niedergelegt und ausgespreizt werden. Dadurch wird der gesamte
Vorderkörper mit dem Kopf emporgehoben, der Rest des Leibes
niedergelegt. Ehe das Tier weiter läuft oder wenn es »sichert«,
d. h. späht, ob Gefahr vorhanden sei, sieht man es leicht ein oder
auch mehrere Male von oben nach unten »nicken«.
Die Stachelfinger lieben das Tageslicht, namentlich das Sonnen¬
licht sehr. Nur wenn die Sonne mit voller Macht in ihren Behälter
scheint, fühlen sie sich wohl und sind aufgeweckt. Bei gedämpftem
Tageslicht, selbst wenn der notwendige Wärmegrad vorhanden ist,
liegen sie oft stundenlang mit geschlossenen Augen und wärmen
sich. Bei grellem Tageslicht oder bei Sonnenschein ändert sich ihr
Gebahren gewaltig. Sie werden lebhaft, laufen viel umher, wühlen
im trockenen Saude herum, verschwinden in den gegrabenen
Schlupfwinkeln, um sogleich wieder an irgend einer anderen Stelle
hervorzukommen. Sie fliehen die direkte Nässe, müssen aber stets
ein Gefäß mit Wasser finden können, denn sie trinken oft und lauge.
Ohne Wasser magern sie rasch ab und gehen leicht ein.
Sie sind auf jedes, noch so schwache Geräusch höchst auf¬
merksam und stürzen bei verdächtigem Lärm in verzweifelter Flucht
davon. Gegen Kälte sind sie äußerst empfindlich und verkriechen
sich sofort, wenn die Temperatur zu sinken beginnt. Sie sind
frostiger als die Sandschlüpfer, was sich durch die Temperatur ihrer
Heimat erklärt, und sie bedürfen daher einer stärkeren Heizung
ihres Behälters oder doch eines sonnigeren Standes desselben.
Eine der Hauptbedingungen neben der Wärme ist ein heller
Stand ihres Behälters, denn sie fressen nur dann, wenn das grellste
Tageslicht in denselben hineinscheint.
o
340
Meiner Erfahrung nach wird der Stachelfiuger nie zahm, wohl
bis zn einem gewissen Grade zutraulich, so daß er z. B. seine Nah¬
rung von der Pincette holt etc., aber nicht weiter.
Unter einander sind es äußerst verträgliche Tiere, so lange
gleiche Größeuverhältnisse obwalten, denn erwachsene Stachel¬
finger fressen junge und demnach schwächere Individuen ihrer Art
oder anderer Eidechsengattungen unbarmherzig auf. So ergriff ein
erwachsener Stachelfiuger einst bei mir eine junge Buckelnase
( Eremicis guttulata) aus Tunis, schüttelte sie heftig, schlug sie, um
sie zu betäuben, gegen den Boden und hätte sie sicherlich getötet
und verzehrt, wenn ich nicht bei Zeiten hinzugespruugen wäre. Und
doch war die Buckelnase nur um V3 kleiner als der Stachelfinger !
Ihr Futter besteht in der Gefangenschaft in erster Linie aus
Fliegen, kleinen Hymenopteren, die man durch Klopfen des Fliegen¬
sackes gegen den Boden vor dem Reichen erst betäuben muß, und
ganz kleinen, frischgehäuteten Mehlwürmern. Große Mehlwürmer
verzehren sie zwar auch, geben sie aber meist unverdaut von sich
oder würgen sie wieder aus, worauf sie oft eingehen. In der Freiheit
fressen sie alles Lebende, was sie bewältigen und verdauen können.
Ich habe schon eingangs bemerkt, daß ihnen ein leicht zu
erreichendes Wassergefäß nie fehlen darf, denn sie suchen das
Wasser, das sie lappeud trinken, häufig und regelmäßig auf. Beim
Fressen unterscheiden sie sich vom Sandschlüpfer auf den ersten
Blick ; denn während erstere den Verschlingungsakt ziemlich ruhig
vornehmen, sind die Stachelfinger ungemein hastig. Sie erfassen ihre
Beute unter lebhaften Seitenbewegungen des Kopfes, den sie sofort
hoch emporheben und verschlingen ihren Bissen mit fieberhafter Hast,
wobei sie die Augen nach allen Seiten spähend richten, denn der Stachel¬
finger vergißt selbst beim Fressen seine angelernte Vorsicht nicht.
Trotz der Häufigkeit in seiner Heimat ist der Stachelfinger im
Handel, in Deutschland wenigstens, nicht zu erlangen. Man kaun
ihn aber aus Frankreich aus dem Laboratoire d’Erpetologie in
Montpellier leicht und billig beziehen.
Für ein Terrarium, das nur kleinere Echsen enthält, ist er für
jedermann eine willkommene Erscheinung, umsomehr, da er weit
langlebiger als der Sandschlüpfer ist.
Ein trockenes mit Sand gefülltes, temperiertes oder mäßig
warmes, dicht an einem Fenster stehendes Terrarium, das reichlich
Sonne erhält, ist für diesen schmucken Saurier die beste und natur-
gemäßeste Wohnung.
341
Korrespondenze n.
Manu heim, 28. Aug. 1884.
(Tierbeobachtungen aus dem Mannheimer Stadtpark.) Die
Schwäne und Enten zeigen eine psychologisch merkwürdige Eigentümlichkeit,
indem sie durch ihr Verhalten zu erkennen geben, dass offensives Vorgehen bei
ihnen stets den Sieg verbürgt und von Erfolg begleitet ist. Zur Zeit des Brü¬
tens über einigen Eiern in dem fest untermauerten Geflügelhäuschen inmitten
des Parkweihers, nahezu sechs Wochen lang, befand sich der jedesmal übrige
und vereinzelte schwarze Schwan fortwährend im Zustand der Defensive
oder besser in demjenigen der Flucht vor dem zugleich vorhandenen weissen
Schwanenpaar. Mann wie Weib des schwarzen Paars, die einander im Brüten
ablösten, widerstanden niemals den boshaften Attacken der weißen Schwäne, zumal
des Mannes, sondern wandten sich stets vor dem feindlichen Angreifer zur schleu¬
nigen Flucht und suchten sich so schnell wie möglich auf das flache grasige
Ufer zu retten, bis an welches der boshafte Verfolger dicht nachfolgte und dann
durch übermütiges Emporrecken des aufgeblähten Halses unter Schütteln des
Gefieders und ausgestoßenes Triumphgeschrei den Sieg verkündete, ohne übrigens
einen Zweikampf auf dem festen Land durch Betreten des Ufers seinerseits zu
versuchen. Oft wurde zumal das brütende schwarze Weib, sobald es einmal ab¬
gelöst war und sich im Weiher nach Nahrung umsah oder sich Erholung gönnen
wollte, von dem gerade nächsten der feindlichen weißen Gegner zum Gegenstand
des erbosten Angriffs und der hartnäckigsten Verfolgung gemacht, selbst seitens
des weißen Weibes, als sei dieses über die Mutterfreuden des schwarzen aufge¬
bracht, da ihm selbst alle Versuche zur Erzielung von Nachkommenschaft fehl¬
geschlagen. Der weiße Schwanenmann zumal war fühllos-brutal genug, das arme
schwarze Schwanenweiß mit wütendem Gebahren anzufallen und zur schleunigen
Flucht unter ängstlich ausgestoßenen Schreckenstönen zu zwingen. — Als aber
das Resultat des Brütens der Australschwäne zu Tage trat und das erste Junge
zum Vorschein kam, änderte sich sofort das Verhältnis der streitenden Parteien.
Aus dem Zustande schimpflichen Zurückweichens und ohnmächtiger Defensive
ging nun das schwarze Schwanenpaar, zumal der Mann, in beherzte Offensive
über, als gäbe ihm das Resultat glücklich erzielter Nachkommenschaft sofort
das Gefühl der Überlegenheit. Der sonst mutig heranbrausende, mit gesträubten
Halsfedern und stierartig gesenktem Kopf angreifende weiße Schwan wurde von
dem schwarzen unerschrocken erwartet und von ihm seinerseits in wütender
Gegenwehr angegriffen, so daß dem weißen bisherigen Sieger und steten An¬
greifer schnell der Mut sank und man ihn vor dem schrecklichen Verfolger auf
schimpflicher Flucht fliehen sah, einen zweiten Hektor auf der Flucht vor dem
erzürnten, »unnahbaren« Achill. Wenn nun auch nur ein Junges dem schwarzen
Paar erhalten blieb, so spielte doch von da an die schwarze Schwanenfamilie
die Herrscherrolle auf dem Weiher und begnügte sich seitdem das weiße Paar
mit der zweiten Rolle. Der männliche schwarze Schwan wehrte, wenn das
Junge mit der schwarzen Mutter über den Wasserspiegel dahinzog, stets die an¬
deren Schwäne und alle Enten und Ententaucher vor jeder Annäherung ab und
bewog schon von weitem die sonstigen Teichbewohner zu respektvollem Aus¬
weichen. Aber auch nahe herankommende Personen suchte der schwarze männ-
342
liehe Schwan in die Flucht zu treiben, indem er mit steif aufgerichtetem, langem,
gesträubtem Hals, gesenktem Kopf und gespreizten Flügeln ans Ufer auf sie
losstürmte. Seihst am Land, auf der Brückeninsel oder auf einer der Halb¬
inseln, machte der schwarze Schwan plötzlich tückische Angriffe auf Personen,
ich selbst mußte mich eines solchen mit dem Wetterschirm erwehren. Jedesmal
nachdem der männliche schwarze Schwan einen Gegner auf dem Wasser oder
auch eine Person am Ufer zur Flucht oder zum Rückzuge gezwungen, kehrt
derselbe mit hochaufgerichtetem Hals zu seiner Ehehälfte und dem Kinde zu¬
rück und stößt mit aufgeworfnem Kopf widrig-gellende Pfeiftöne und sie beglei¬
tende tiefe, trommelnde Brustlaute in die Luft, als wolle er der Familie und
jedermann sonst seinen eben errungenen Sieg kundthun. — Aber auch bei sämt¬
lichen Enten kann man die Bemerkung machen, dass stets der mutige Angreifer
im Vorteil ist und den andern Teil in die Flucht schlägt, dass von dem ange¬
griffenen kein Versuch gemacht wird, ob es ihm vielleicht nicht gelingen würde,
siegreich zu widerstehen. Es ist, als oh es sich von seihst verstehe, dass wer
angreift, auch der stärkste sein müsse. Ein und derselbe heute oder eben erst
in die Flucht getriebene Wasservogel treibt morgen oder kurz hernach eben
seinen vorherigen Angreifer seinerseits mit Erfolg an. Die Offensive giebt sicht¬
lich dem Angreifer stets Vorteil und Überlegenheit über die Defensive. Es ist
ja wohl im Krieg der Völker auch nicht anders. — Sehr friedlich und lieblich
anzuschauende Vögel sind ein Paar Nonnen- oder Bernickelgänse. Diese leben
ganz für sich und finden sich nie in Konflikt mit andern. Ihr frisches Gefieder
zieht sehr die Augen auf sich, und auffallend sind ihre öfters ausgestoßenen
hundeartig bellenden Töne.
In dem letzten Winter wurde der Parkweiher ausgepumpt, um sein Bett
von dem angesammelten Schmutz zu reinigen. Nachdem im vorigen Sommer
viele Hunderte von abgestandenen Fischen daraus hatten entfernt werden müssen,
zeigten sich in dem Wasser-Residuum des so vollständig wie möglich entleerten
Weihers eine grosse Menge kleiner, lebender, von. den früher abgestorbenen
Fischen herrührender Brutfischen, Karpfen, Weißfische, Bresem u. a. Auch fanden
sich noch größere, dem vorjährigen Sterben entronnene Fische, darunter auch
Goldfische. Als der Teich dann wieder mit eingepumptem Rheinwasser nach
seiner Reinigung gefüllt wurde, setzte mau noch einige Hundert junger Setz¬
karpfen zu und hatte das Vertrauen, hei fortwährendem gleichzeitigen Aus- und
Einpumpen des Weiherwassers mittelst der Maschinen, trotz dem Mangel an
natürlichem Bodengrund und an Ufer- oder Wassergewächsen, doch Karpfen in
demselben züchten zu können. Als sich nun im April und Mai in den verschie¬
denen Wasserbecken und im Weiher des Parks große Massen von Wasserschleich
(s. g. Wasserheede, Confcrva ) bildeten, welche nicht nur als schwimmende
Watten grosse Strecken des Wasserspiegels bedeckten, sondern gar das Innere
des Wassers bis auf den Grund hinab erfüllten, da ereignete sich das Übel, daß
eine Menge größerer Fische, Karpfen, darunter auch Goldfische, tot zum Vor¬
schein kamen, indem sie durch festhaftende Überzüge des Wasserschleichs —
nach Aussage der Arbeiter »des Mooses« — über den ganzen Kopf, die Augen und
Kiemen hinweg, umgekommen und in die Höhe gehoben worden. In einem kleineren
Bassin unter dem Wasserfall an dem Felshügel des Parks, das sich gleichzeitig mit
einer grünen Conferve (wahrscheinlich C. bombycinci »Seidenheede«, während im
Weiher C. afifinis und Oedocjonnm fuscescens!) erfüllte und bedeckte, blieben
343
etliche Dutzend eingesetzter kleiner Goldfische wohl um deswillen wohlbehalten
am Leben, weil eine Anzahl Wasserosen ( Nyviphaea und Nuphar ) mit Erdkübeln
hinein versenkt waren. Wäre im Weiher natürlicher Bodengrund und allerlei
Wassergewächs vorhanden gewesen, so hätte das vorerwähnte Absterben der
Fische schwerlich stattgefunden, weil sich die Fische dann ihres Schleichüber¬
zugs über Kopf und Augen hätten entledigen können. In dem Wasser-Bassin
fand ich seither nur etlichemal kleine, einzelne Fischleichen vor, denen jedesmal
am Bauch Stücke aus dem Körper gebissen waren, wie die Parkgärtner glaubten
— in Folge Aufrisses durch einige zugleich darin vorhandene Karpfen — wie ich
an den scharfen Verletzungen aber erkannte, ohne Zweifel in Folge Annagens
durch nachts !fliegende , eingedrungene Wasserkäfer (Taucher, Dy oticus), wenn
nicht, was ich bezweifle, durch Wasserspitzmäuse. Die Goldkarpfen befinden
sich übrigens in ihren Becken völlig wohl und bei dem strotzenden Ansehen
der größeren weiblichen Tierchen ist von ihnen auch Strich oder junge Brut
zu erwarten, wie ich ähnlich solche in den Becken des Heidelberger Botanischen
Gartens gesehen habe. Im Parkweiher wimmelt es von solchem, jetzt etwa zoll¬
langem, um die Ufer her sichtbarem von Weißfischen u. dgl. Und die zuletzt im
Frühjahr eingesetzten kleineren Zuchtkarpfen vorjährigen Strichs nehmen in dem
Weiher trotz dessen ungünstiger Beschaffenheit sichtlich an Volumen zu, da sie
sich täglich vieldutzendweise unter der Inselbrücke einfinden, um sich mit Brot-
und Weckkrumen füttern zu lassen.
Auf einer hohen Ulme des Parks hat im Mai eine Raben krähe vier Junge
erbrütet. Vergehens hatte der Gärtner mit einer Vogelflinte die Alten in der
ersten Zeit des Nestlehens zum Schuß zu bringen gesucht, um die Raben im
Park keinen festen Fuß fassen zu lassen. Als die flüggen Jungen ausgeflogen
waren und sich in der ersten Zeit um den Weiher herum an dem Futterplatz
und auf dem Geländer der Inselbrücke laut schreiend Tage lang hatten beobachten
lassen, ohne daß sie anfangs gestört wurden, hielt man es endlich doch für ge¬
raten, die Schreihälse zu schießen, um sie aus dem Park loszuwerden. Eines
Morgens war ich zugegen, wie der Obergärtner an der Inselbrücke eine von den
dort wieder versammelten, lärmenden Krähen von einem niederen Baumast
herabschoß und den erlegten Vogel an einem Bein angefaßt mit sich forttrug,
während die andern Krähen nach allen Seiten auseinanderstoben. Der eine er¬
folgreiche Schuß unter die Tiere hatte die Folge, daß von Stunde an die Vögel
nicht wieder erschienen und man keine mehr, wie beabsichtigt wurde, an den
vorher gewohnten Tummelplätzen zum Schuß bekam. Die überaus klugen
Tiere mußten mit vollem Bewußtsein des Geschehenen den Ort der ihnen augen¬
scheinlich drohenden Gefahr meiden, da sich dieselben nicht wieder im Park
einfanden, man sie vielmehr immer nur in dem fernen Schloßgarten und an¬
grenzenden Rheinuferwald noch zu Gehör und zu Gesicht bekommt.
Die in einer Felsgrotte mit vergitterter Mündung am Parkhügel gehaltenen
Meerschweinchen befinden sich da ausnehmend wohl und vermehren sich
rasch. Man erblickt unter den alten kleine und halbwüchsige Junge. Zugeworfene
Schnitten von Dickrüben und Möhren munden ihnen vortrefflich. Sie sind aber
von den sie besuchenden Personen, zumal Kindern, durch mitgebrachte Brot-
und Semmelkrusten schon ganz zutraulich und kirr gemacht und drängen sich
Kopf an Kopf an das Gitternetz, wenn man sich ihnen naht, um einander weg¬
stoßend und hellquiekend die Krustenstückchen aus den dar reich enden Fingern
344
zu nehmen. Spröde Fastenbretzeln und harte Zwiebackstückchen sind ihnen
besonders willkommen, wie sie auch zarte Grasspitzen mit Vorliebe entgegen¬
nehmen.
Daß in diesem Sommer die Schnakenplage im Stadtpark verhältnismäßig
gering ist, so daß man sich vielfach darüber lobend äußert, liegt möglicherweise
daran, daß der Weiher eine Menge junger Fischchen enthält, die sich begierig
von den zarten Schnakenlarven innerhalb stehender Wasser nähren. Auch in
dem Fontainenbecken des großen Blumenparterres, das diesen Sommer zum
Gaudium des Publikums von einigen abends zur Musik lautquakenden Fröschen
bewohnt war, sollte wie dasjenige am Felshügel mit Goldfischen besetzt werden,
um darin den Schnakenlarven den Garaus zu machen.
Ausgebrütete junge Enten können auf dem Weiher vor den Schwänen nicht
aufkommen, da diese sie mit dem Schnabel ergreifen und sie unter Wasser
drücken, bis sie ersticken. Die Tauchentchen leben in steter Furcht vor ihnen
und retten sich oft nur durch Untertauchen. An dem jetzt überaus reichlich
vorhandenen jungen Strich der verschiedenen Fische finden die letzteren, wie
wohl auch an Teichkröten-Quappen, im Weiher ihre natürliche Nahrung. Um¬
pflanzung des Teichrandes unmittelbar hinter dem Cement- und Steinrand in
dem da stets feuchten Boden mit Bhizomen von überhängenden Seggen und
Flutgräsern, wie sie so angezeigt wäre und so leicht ausgeführt werden könnte,
ist bis jetzt noch nicht erfolgt. Noch jetzt nagen die Schwäne am Uferrand
jede sich zeigende Spur von Basen hinweg, so daß ein ganz kahler Rand um
den Wasserspiegel herläuft. Auch hat man versäumt, gelegentlich der Teich¬
reinigung wenigstens stellenweise natürlichen Wassergrund auf 1 bis 2 m Breite
um die Ufer einzufüllen, um auch innerhalb des Wassers Vegetation zu ermög¬
lichen. Hier bleibt für die Zukunft noch sehr wesentliches zu thun übrig.
Prof. Dr. L. Glaser.
Cincinnati, im August 1884.
Über Varietäten des schwarzen und des Grizzly Bären, ln
der April-Nummer des Jahrgangs 1878 habe ich in eiuer kleinen Abhandlung
gezeigt, wie durch Verfärbung aus einem schwarzen ein Zimtbär entsteht,
und glaubte das Dunkel gelichtet zu haben, das heute noch den Zimtbären
umgiebt. In den zoologischen Werken gilt er immer bloß als eine Varietät
des Baribal. Seit zwei Jahren nun hatten wir Gelegenheit, einen echten
Zimtbären im hiesigen Zoologischen Garten beobachten zu können. Wenn
man auch an dem ungestümen Burschen keine Messungen vornehmen kann
so sieht man doch, daß der Schädel beim Vergleiche mit dem des Baribals
durch seine größere Stirnbreite und seine spitzige, ganz gerade auslaufende
Nase sich unterscheidet, während diese beim Baribal mehr eine Ramsnase re¬
präsentiert. Die Klauen des Zimtbären siud größer als die eines im gleichen
Alter stehenden schwarzen Bären, zeigen aber doch nicht die stark gekrümmte
Form wie beim Grizzly.
Der Fußsohlenrand ist auf den Seiten und nach hinten mit einer dichten
Reihe abstehender, zolllanger, steifer Haare besetzt, so daß die Fußspur viel
größer erscheint als sie wirklich ist. Dies befähigt ihn auch besser auf dem
Schnee zu waudelu, ohne einzubrechen. Der Zimtbär überragt seinen schwarzen
Vetter um ein beträchtliches und wird bis zu 1000 Pfund schwer. Unser Zimt¬
bär kam als G Monate altes Baby in den hiesigen Garten, hatte aber, obgleich
nur wenige Wochen alt eingefangen, gar nichts von den besseren Manieren
der drolligen schwarzen Bärenjungen, zeigte im Gegenteil eine Wildheit, die
sich auch nach einem Jahre kaum gelegt hat. Sein Pelz hatte die Zimt¬
farbe, als er eingefaugen wurde, wie seine Schwester, die auch hierher geschickt
werden sollte, aber so auf ihren bisherigen Ernährer, der sie in den Versand¬
kasten thuu wollte und deswegen von der Kette nahm, losging, daß er, um sich
seiner Haut zu wehren, ihr mit einem Messer Stiche versetzte, die sie kampf¬
unfähig machten und ihn aus ihren Klauen und Zähnen befreiten. Auch die
Mutter hatte die Zimtfarbe. Als ich zu verschiedenen Malen Colorado be¬
suchte, zog ich vielfache Erkundigungen ein, und das Resultat ist, daß der
Zimtbär unabhängig von dem dort seltenen schwarzen Bären vorkommt, daß
er viel größer wird und wilder ist als sein Vetter, daß Zimtbären sich als
solche fortpflanzen und junge Zimtbären immer von ein paar alten Zimt¬
bären abstammen und nie einen schwarzen Vater oder Matter haben. Ebenso¬
wenig wurden je junge schwarze Bären bei alten Zimtbären gesehen. Ich selbst
hatte das Vergnügen, auf dem Wege von Antilopepark nach Silverton gegen¬
über dem im Thal gelegenen Grassyhillhaus auf einer kahlen Stelle an dem
gegenüber liegenden Berge das Spiel von zwei alten Zimtbären durch mein
Fernrohr für eine ganze Weile zu beobachten, und ich stehe dafür ein, daß
sie ein paar ganz kolossale Bestien waren, welche die verwandten Baribals
um ein bedeutendes überragten. Warum man der Gattung den Namen schwar¬
zer Bär gegeben, kann bloß dadurch entschuldigt werden, daß man von den
Zimtbären noch nichts wußte, als man die andern klassifizierte und dann
aus den einzelnen, seltenen Fällen, die von Pelzjägern in den Handel gebracht
wurden, eine bloße Varietät herausstudierte. Jedenfalls würde dem viel stärkeren,
schwereren Zweig die Ehre des Namens Ursus americanus gebühren und sollte
der schwarze Bär eher als Varietät des Zimtbären aufgeführt werden. Der
Zimtbär bewohnt die höchsten und wildesten Gebirge von New-Mexico hiu-
auf bis Montana, während der schwarze wohl selten über die niederen Vor¬
berge ins Gebirg sich verirrt. Er ist mehr in der Ebene oder den niederen
Gebirgen wie in den Alleghanies oder Adirondacs zu finden. Der Zimtbär
hat ein größeres Jagdrevier und wird deshalb nicht so häufig angetroffen wie
der schwarze, der auch in der Regel mehr als zwei Junge wirft, während bei
dem Gebirgsbären immer nur zwei Junge augetroffen wurden, wie auch alte
Trapper versicherten.
Aber auch von den Grizzlies giebc es in den San Juan Gebirgen im süd¬
westlichen Colorado eine Varietät, die man wegen der silberweißen Spitzen
der sonst schwarzen Haare silvertipped (Silberspitze) nennt. Sie erreichen die
gleiche Größe wie die eigentlichen Grizzlies, die einen graubraunen Pelz haben
und mehr in der Sierra Nevada und den kalifornischen Bergen zu finden sind.
Diese silvertipped bringen wieder silberhaarige Junge zur Welt, ohne je einem
anders gefärbten Bären das Leben zu geben. So lange die Grizzlies jung sind,
klettern sie prächtig auf Bäume, während sie diese Fertigkeit später entweder ver¬
lernen oder wegen ihrer Schwere nicht mehr ausüben können, oder gar ver-
346
achten, da sie sich stark genug fühlen, jeden Kampf auszufechten und dem
Gegner — nie zu weichen, außer wenn sie das Leben verläßt. Ich sah in Antilope¬
park auf einer Rauche ein paar junge silvertips, die angekettet wie sie waren
mit großer Geschicklichkeit einen hohen Kasten erkletterten, von dem sie auf
mich herabfauchten. Dr. A. Zipperleu.
Jena, den 23. September 1884.
Abnorme Schnabelbildung eines weiblichen Haus¬
sperlings ( Passer doinesticus). Im Februar dieses Jahres wurde durch
den Schulmeister eines thüringischen Dorfes ans hiesige Zoologische Institut
ein weiblicher Haussperling ( Vasser domesticus ) eingesandt, dessen höchst
monströse Schnabelbildung wohl wert sein dürfte, durch kurze Beschreibung
bekannt gemacht zu werden, zumal eine solche sich nicht in der Reihe ähn¬
licher Fälle verzeichnet findet, die bereits in dieser Zeitschrift, namentlich in
den Jahrgängen 1864, 1865, 1866 zur Sprache gekommen sind. — In die Rubrik
der an verschiedenen Vögeln beobachteten Kreuzschnabelbildung läßt sich
unser Fall nicht direkt unterbringen, wohl aber scheint mir derselbe das
allmähliche Übergehen in eine solche darzustellen und eben dadurch inter¬
essant zu sein. Sicher haben wir es hier mit einer angeborenen Mißbildung
zu thun, da von einer früheren Verletzung, einem späteren unnatürlichen
Nachwachsen etc. keine Spur nachweisbar ist. Der fast 8 Centimeter lange
gebogene Untersclmabel hat offenbar ursprünglich den um etwa 8 mm kür¬
zeren Oberschnabel als regelmäßig stehende Decke aufgenommen, was aus
dem vollkommen ebenen linken Rande des ersteren in der Art, wie der rechte
Rand erst nachträglich ausgeschliffen ist, sich schließen läßt. Erst infolge
der mühsamen Nahrungsaufnahme scheint dann die leicht schiefe Lage des
Oberschnabels entstanden zu sein, der sich nämlich in seinem vorderen Teile
an der linken Seite ab- und im Unterschnabel eine tiefe Lücke ausgeschliffen
hat, in welcher er nun seitlich über den Unterschnabel vorragt. Während so
am Oberschnabel die rechte Seite gleichmäßig mit ziemlich glattem Rande
sich zeigt, ist seine linke Seite schon nahe der Basis bis zu fast senkrechtem
Abfall eingedrückt, um sich so in die Rinne des Unterschnabels stellen zu
können, und an der überbreitenden Spitze vollkommen abgeschliffen. Der
Erhaltung des Vogels scheint diese starke Mißbildung des Schnabels wenig
Eintracht gethan zu haben, da derselbe zu Ausgang des Winters doch kräftig
und selbst wohlgenährt war. Die Zeit seiner Erbeutung (Februar) bezeugt ja
schon das Alter von mindestens einem halben Jahre. Dazu strotzte das wohl¬
entwickelte Ovarium bereits von wohl ausgebildeten Eiern. Eine genaue
Untersuchung der Eingeweide ließ keinerlei Störung derselben erkennen, nur
enthielt der Magen neben einigen Körnerresten mehr und größere Kies-
steinchen, als ich gewöhnlich im Magen unserer kleinen Körnerfresser ge¬
funden habe, und dieses ist wohl direkt mit dem mißgebildeten Schnabel in
Zusammenhang zu bringen, der jedenfalls das Zermahlen der Nahrung nicht
ausreichend besorgen konnte, dieselbe daher mehr als in normalen Fällen
erst im Magen vor sich gehen mußte. — Eine in der Form ähnliche Schnabel-
347
monstrosität habe ich an einem mäunlichen Haussperling des Zoologischen
Museums zu Kiel gesehen, doch erreicht der Schuabel des dortigen aus¬
gestopften Exemplares kaum die halbe Länge von dem des meinigen.
Dr. Alfred Walter, Assistent am Zoologischen Institut.
Stolp i. Pommern im Septbr. 1884.
Bemerkungen zu dem Artikel Seebohm von Dr. Langkavel
im Zool. Garten 1883 p. 360.
Herr Dr. Langkavel hat interessante Notizen aus dem Seebohm’schen
Werke »Siberia in Asia« gegeben, au die ich noch einige Bemerkungen
knüpfen möchte.
(Ich folge hier dem Durcheinander der Arten, wie sie in den angeführten
Stellen gegeben sind.)
Der Nu ßh äh er, Nucifraga caryocatactes , soll nach Seebohm nördlich
am 60° B. nisten. Dies ist durchaus nicht allgemein gültig. In Ostpreußen
nistet er ganz regelmäßig unter dem 55° B. und es ist wahrscheinlich, daß
er durch ganz Rußland in ähnlichen Breiten nistend vorkommt.
Über die Bachstelzen, Motacilla dulchunensis und M. alba , werden
Zweifel an der Artverschiedenheit erhoben. In Sibirien kommen jedoch
mehrere, bestimmt verschiedene Arten vor, wenn auch M. alba gleichzeitig
in manchen Lokalitäten auftritt.
Sylvia affinis (p. 362) ist nicht die Dorngrasmiicke, auch nistet sie nicht
in Sibirien, wo in den südlichen Teilen F. garrula ( curruca ) nicht selten ist.
Der Sperlingsammer, Emberiza passerina , ist durch ganz Sibirien ver¬
breitet, wenn auch bisher Nest und Eiernuran einzelnen Orten aufgefunden wurden.
Der Himalaya-Kuckuck, Cuculus himalayanus. Ich weiß nicht, was See¬
bohm unter diesem Namen versteht. In Sibirien kommen zwei Cucalus-Avten
zahlreich vor, C. aptalus und C. canorus. Beide sind ganz verschieden — auch
im Ruf, wie Radde schon berichtet — ■ aber welche Art Seebohm unter
seinem Cac. himalayanus versteht, habe ich mit Sicherheit nicht ermitteln
können. Zu bemerken ist auch noch , daß C. canorus aus Asien in der Litte-
ratur unter verschiedenen Namen*) vorkommt, aber immer derselbe bleibt.
Über das Schneehuhn, Lagopus rupestris, welches Seebohm am Je¬
nissei aufgefunden haben will und dessen Artrechte keineswegs allgemein an¬
erkannt sind, möchten noch fernere Untersuchungen wünschenswert sein.
Was den Pieper, Anthus Richardi, anbelangt, so war durch frühere
Sibirische Reisende, namentlich Radde und Dybowsky, das Vorkommen
in den verschiedensten Lokalitäten Süd-Sibiriens konstatiert. Daß diese Art
aber in Europa nur zum Herbste erscheine und diesen Weltteil im Frühjahre
verlasse, das hat zuerst Herr Gaethke beobachtet und ausgesprochen, dass
Anthus Richardi als Brutvogel bisher in Europa noch nirgends beobachtet sei.
Herr Seebohm hat dies wohl zu erwähnen vergessen.
Die sichere Beschreibung von Picus crissoleucus anbelangend, so ist das
ein eigen Ding. Mir ist bisher eine solche nicht zu Gesichte gekommen und
mir selbst ist es nicht gelungen, eine feste Grenze zwischen crissoleucus und
*) Z. B. Cuculus canorinus Cab.
348
i
tridactylus zu ziehen, immer fanden sich Individuen, von denen man nicht
wußte wohin? Sehr ähnlich, doch in etwas anderer Weise verhält es sich
mit Parus und Sitta. Es sind dies zwei Gruppen — besonders für den Norden
der alten Welt — von denen jede für sich eine interessante Arbeit ausmacht
und sich nicht mit wenigen Worten erledigen läßt. E. F. von Homeyer.
Miscellen.
Kampf weise der Edelhirsche mit Hastgeweih. Hirsche, welcho
ein neues Geweih aufsetzen, sind an demselben außerordentlich empfindlich ;
sie vermeiden ersichtlich mit größter Sorgfalt, sich an dem Bastgeweih zu
stoßen und zu verletzen. Während die alten männlichen Tiere mit fertigem
Geweih keinen Nebenbuhler in ihrer Nähe dulden und todesmutig mit den
Geweihen auf eiuander losgehen, vermeiden sie im Bastgeweih jede Begegnung.
Feige lassen sie sich von den Hirschkühen sogar von den Futterraufen ver¬
treiben und magern dann nicht selten stark ab. Und doch erwacht zuweilen in
ihnen, selbst im Bastgeweih, die Kampfeslust. Dann aber wird die Art des
Angriffes eine ganz andere. So sah ich am 19. Juni 1S84 die beiden Zehnen¬
der unseres Zoologischen Gartens sich gegeneinander auf die Hinterläufe
erheben und mit den Vorderläufen auf einander loschlagen. Wer jemals einen
Schlag mit dem Vorderlaufe eines Hirsches, auch nur eines Rehes, erhalten
hat, weiß, welche Kraft auch in dieser Angriftswaffe liegt.
Prof. Dr. H. L a n d o i s.
Ameisen. Isabella Bird beobachtete (Der goldene Chersones. Leipzig
1884, S. 218) in Sungei-Udjong eine Ameisenkolouie, die unter einem mäch¬
tigen Baum ihr Heim aufgeschlagen hatte. Dort befand sich eine unter¬
irdische Araeisenstadt mit zwei verschiedenen Eingängen. In dem oberen
derselben verschwanden, einer nach dem anderen, Züge von mehreren tausend
Ameisen, die iu gleichmäßigen Heeressäulen von je 3 Zoll Breite anmar¬
schierend, zu je 27 neben einander, wohlgeordnet in Reih und Glied mit der
Schneidigkeit eines Musterregiments auf dem Paradefelde sich vorwärts be¬
wegten. Zu beiden Seiten befanden sich, Offizieren vergleichbar, größere
Ameisen, die sich von Zeit zu Zeit rückwärts wandten, wie um Befehle zu
erteilen. Eine Bürde von gelblicher Farbe, nicht zu groß, um sie in ihrer
Bewegung zu hindern, wurde von jeder Ameise geschleppt, und ohne dieselbe
kehrten die eifrigen Lastträger nach einer Weile aus dem unteren Thor der
Stadt wieder ins Freie. Da die hervorkommende Schar stets kleiner war als
diejenige, die sich in den Bau begab, so liegt die Vermutung nahe, daß ein
Teil zurückblieb, um für die gehörige Unterbringung der eingeheimsten Vor¬
räte zu sorgen. Die Reisende folgte einer solchen ausziehenden Abteilung
auf eine Entfernung von etwa 18 Schritten und war Zeuge einer in ihrer
Ordnung und Planmäßigkeit wahrhaft bewundernswerten Thätigkeit. Ein
349
Baumstumpf, dessen äußere Rinde entfernt worden, wimmelte von Ameisen,
welche damit beschäftigt waren, die mit einer zähen süßen Ausschwitzung
bedeckte untere Schicht in winzig kleinen Teilchen loszulösen. Nur die
größeren rötlichen Ameisen mit kräftigeren Kiefern bewerkstelligten dies ;
sie arbeiteten von unten nach oben und hatten schon mehrere Zoll des 4 — 6
Zoll im Durchmesser haltenden Stammes abgeschält. Um den Fuß desselben
schwärmten Myriaden der kleineren Art, welche je nach Erfordernis zu dreien
oder vieren über die herabfallenden Stückchen sich hermachten, um dieselben
in noch kleinere tragbare zu zerlegen. Beim Herannahen der Dunkelheit
stellten die rötlichen Ameisen die Arbeit ein, kamen herunter, stießen die
ihnen in den Weg kommenden kleineren, wie es schien, unsanft aus dem
Wege und marschierten in Plänklerordnung dem unteren Eingänge der Stadt
zu. Ehe sie denselben erreichten, trafen sie eine Abteilung Lastträger, die
sich nach dem Arbeitsplatz begeben wollte. Es erfolgte ein Zusammenstoß,
die Lastträgerabteilung geriet in Verwirrung, die größeren aber schlossen ihre
Reihen und rückten, als ob nichts ihren Vormarsch gestört, der Stadt zu,
während die kleineren sich nach und nach ordneten, umschwenkten und als
Nachhut folgten. Ehe die völlige Dunkelheit eingetreten, waren alle im
unterirdischen Bau verschwunden ; nur eine tote Ameise lag noch draußen.
Es dauerte nicht lange, da erschienen 6 kleinere Ameisen mit einer roten als
Anführer, zwei packten die tote, die anderen folgten, ln einer Entfernung
von etwa 6 Fuß verbargen sie dieselbe unter einem herabgefallenen Baumblatte
B. Langkavel.
Abändern der Gewohnheit des Großfußhuhnes ( Mega -
podius Hueslceri). Nach Wilfred P o w e 1 1 (Unter den Kannibalen Neu-
Britanniens. Leipzig 1884, S. 250) verzichten in den vulkanischen Gegenden
dieser Insel die Wallnister auf die großen Haufen Blätter und Erde, welche
sie gewöhnlich zusammenscharren, um ihre Eier hineinzulegen. Die Vögel
legen in solchen Distrikten sie einfach in Höhlungen und Spalten an den
Abhängen eines thätigen Vulkans. Die Wärme aus dem Innern der Erde
vertritt dann die iu dem Moderhaufen sich entwickelnde Hitze und brütet
die Eier aus. B. Langkavel.
Ei er legende Säugetiere. Eine der interessantesten Entdeckungen
ist die, daß die Kloaken- oder Schnabeltiere eierlegeud sind. Unser Mitarbeiter,
Dr. W. Haackc, Direktor des südaustralischen Museums in Adelaide, fand am
25. August a. c. bei einem weiblichen Ameise nigel, Echidna liystrix, in dem
mit 2 Ausbuchtungen versehenen Beutel am Leibe (Mammartasche), ein wirk¬
liches Ei von etwa 1,5 — 2 cm Durchmesser mit pergamentartiger Schale, die
unter dem Druck der Finger zerbarst und einen in Zersetzung begriffenen dick¬
flüssigen Inhalt hatte. Das Ei war jedenfalls, nachdem es gelegt war, von
dem Tiere in die Bruttasche gebracht worden, wie die Beuteltiere es mit den
«Tungen machen. Daß das Ei abgestorben war, rührte vielleicht von dem Trans¬
port des Ameisenigels her, der von der Känguruh-Insel gekommen war.
350
Wenige Tage darauf, am 29. August, telegraphierte W. H. Caldwell, der
im Aufträge der Balfourstiftung in Cambridge seit einiger Zeit in Australien
Forschungen anstellt, aus dem nördlichen Queensland an die British Associa¬
tion in Montreal (Canada), daß sowohl das Schnabeltier ( Ornithorhynchus ) als
auch der Ameisenigel Eier erzeugen ( are egg-producing) und nicht lebendige
Junge gebären wie die übrigen Säugetiere.
Nach dem Zoolog. Anzeiger, 1. Dezember 1884.
Kürzlich lief ein Wiesel paar quer über die stets sehr frequentierte
Yenloerstraße zu Cöln. Ein des Weges kommender Herr schlug mit seinem
Spazierstöckchen nach demselben und traf das Weibchen so unglücklich , daß
selbiges nach wenigen Augenblicken verendete. Kaum hatte das andere ge¬
flüchtete Wiesel diesen Vorfall aufrecht sitzend aus seinem Hinterhalte bemerkt,
als es schnell herbeieilte, um seine getötete Genossin zu holen. Mit wahrer
Todesverachtung und trotz mehrfacher, seitens der umstehenden Personen ent¬
gegengestellter Hindernisse wiederholte das Tier so oft seinen Anlauf, bis es
ihm gelang, das Weibchen mit den Zähnen zu fassen und mit kaum glaublicher
Eile und unter lautem Geschrei an einen im nebenseitigen Gebüsch liegenden
sicheren Ort zu schaffen. D. Grouen.
Litteratnr.
Aus der Vorzeit der Fischerei. Von Ernst Friedei. Sammlung
gemeinverständlicher wissenschaftl. Vorträge herausgeg. von R. Virchow
und Fr. von Holtzendorff. 19 Ser. Heft 441/42. Berlin. Carl Habel 1884.
1 Mark.
Es ist eine verdienstliche Arbeit, der Entstehung der Fischerei von deren
ersten Anfängen an nachzuspüren, und Niemand dürfte für diese Aufgabe ge¬
eigneter sein als der Vorsteher des Märkischen Provinzial Museums in Berlin,
unser geschätzter Mitarbeiter. Von den ältesten Höhlenbefunden an durch die
jüngere Steinzeit bis in die Eisenzeit verfolgt er die Spuren, die auf den Be¬
trieb der Fischerei hinweisen, beschreibt er die gefundenen Geräte, Speere,
Angeln, Netze u. s. w., sowie die aufgefundenen Fischreste und sucht er die
Art und Weise darzulegen, wie in der betreffenden Zeit der Fischfang be¬
trieben wurde. Über alle Länder, soweit es überhaupt möglich, dehnt der
Verfasser seine Untersuchungen aus und liefert damit ein anziehendes Stück
Kulturgeschichte.
Paul Mosers Notiz-Kalender als Schreibunterlage für das Jahr 1885.
Verlag des Berliner Lithograph. Instituts (J. Moser) Berlin 1885. 2 Mark.
Als etwas ungemein Praktisches für den Schreibtisch empfehlen wir
unseren Lesern auch dieses Jahr wieder Mosers Notizkalender. Er ist in einer
351
Mappe von Kaliko, auf der einen Seite mit grünem Tuchpapier bezogen, ein¬
geschlossen und enthält ;Notizen über alles, was man etwa bei der Korrespon¬
denz zu wissen nötig hat, Tarife, Bestimmungen, Zeitangaben, Tabellen und
dazu eine schöne Eisenbahnkarte vom Deutschen Reiche. N.
Todesanzeigen.
Leider haben wir den Verlust mehrerer geschätzter Mitarbeiter zu ver¬
zeichnen.
Am 22. September a. c. verstarb zu Hietzing bei Wien
Dr. Leopold Josef Fitzinger.
Er war in Wien am 13. April 1802 geboren, bekleidete viele Jahre hin¬
durch die Stelle als Kustos am k. k. Hofkabinet in Wien und war auch noch
nach seiner Pensionierung auf zoologischem Gebiete sehr thätig. Vorzugsweise
war er mit Arbeiten über die Systematik der Wirbeltiere beschäftigt. N.
Am 13. November starb zu Renthendorf bei Gera, seinem Geburtsorte,
Dr. Alfred E. Brehm.
Geboren am 2. Februar 1829 als Sohn des berühmten Ornithologen
Pfarrer Brehm widmete er sich unter dem Einflüsse eines so ungemein
thätigen Beobachters und Forschers ebenfalls der Zoologie. Als junger Mann
machte er als Begleiter eine Reise nach Afrika mit und dorthin führte er auch
seine junge Frau auf der Hochzeitsreise. Sein Name ist auch in die Geschichte
der Zoologischen Gärten eingetragen. Im Januar 1863 trat er als Direktor in
den Hamburger Zoologischen Garten ein und blieb daselbst bis zum Herbst
1866. Als am 10. Mai 1869 das Berliner Aquarium eröffnet wurde, geschah
dies unter Leitung Brehms. Bis 1871 wirkte er in Gemeinschaft mit Bau¬
meister von Stiickradt, später bis zum 1. April 1874, wo Brehm seine
Stelle niederlegte, mit dem jetzigen Direktor Dr. Hermes. Später unternahm
er noch eine wissenschaftliche Reise nach Sibirien. Seine Hauptbedeutung
hat Brehm als zoologischer Schriftsteller; sein Tierleben, bereits in zweiter
Auflage erschienen, hat seinen Namen in der ganzen Welt bekannt gemacht.
In den letzten Jahren seines Lebens hielt er in den meisten deutschen Städten
Wandervorträge und diese führten ihn zuletzt nach Amerika. Ein Nierenleiden
führte das Ende des körperlich stark entwickelten Mannes herbei. N.
Am 23. November 1884 starb zu Berlin der Direktor des dortigen Gartens
Dr. Karl August Heinrich Bodinus.
Er war am 29. Juli 1814 als der Sohn eines Landwirts zu Drowelow bei
Anklam geboren, studierte in Greifswalde und Berlin Medizin, wurde
dann Arzt in Bergen auf Rügen und später in Greifswalde. Hier lag er
fleißig seiner Liebhaberei, der Geflügelzucht ob, gab mehrere Arbeiten darüber
352
heraus und galt bald als Autorität auf diesem Gebiete. 1859 wurde er als
Direktor an den neu begründeten zoologischen Garten zu Köln berufen und
hier war seine Thätigkeit von solchem Erfolge gekrönt, daß ihm 1869 die
nicht leichte Aufgabe übertragen wurde, dem ältesten deutschen zoologischen
Garten, dem Berliner, der in eine üble Verfassung geraten war, auf die
Beine zu helfen. Wie sehr ihm dies, allerdings mit Aufwendung großer Geld¬
mittel, gelang, ist bekannt; der Berliner Garten ist einer der ersten in der
Welt geworden.
Bodinus war eine allgemein beliebte Persönlichkeit und dies besonders
auch bei seinen Untergebenen. Zu bedauern ist es nur, daß er durch Über¬
häufung mit Geschäften verhindert war, seine reichen Erfahrungen für die
Nachwelt niederzuschreiben; docb war er gern bereit, jedem dieselben mit¬
zuteilen.
Auf einem Feste, das ihm der Verein Cypria, dessen Vorsitzender er war,
zur Nachfeier seines 70. Geburtstages gab, fühlte er sich unwohl; zu Hause
angekommen machte ein Herzschlag seinem Leben ein Ende. N.
Eingegangene Beiträge.
L. W. in B. : Dank für die schöne Arbeit. — A. N. in B.: Das Heft wird Ihnen zugehen.
Angenommen. — M. F. in B.: Besten Dank. — L. S. in H. : Wird bald besorgt. — Dir. Dr. H.
in A. ('S. A.) — H. G. H. in D. : Angenommen. — L. G. in W. : Leider konnten wir Ihren
Bericht erst jetzt abdrucken. Wir haben uns einige Kürzungen erlaubt. — E F. v. H. in
St.: Besten Dank für die verschiedenen Mitteilungen, sie werden gern benutzt. — M. K. in
0. — A. .1. in C. — H. L. in M. — Th. N. in B. — E. R. in D. — .T. K. in H. : Herzlichen Dank
für die freundliche Auskunft. — M. in B. : Ebenso, — M. S. in F. —
Bücher und Zeitschriften.
Dr. M. Schmidt. Über die Fortpflanzung des indischen Elefanten in Gefangenschaft
Sep.-Abdr. „Kosmos“ 1884, II. Bd.
Bericht über den Zoologischen Garten zu Dresden. April 1883—1884.
Leunis Synopsis der drei Naturreiche. Erster Teil, Zoologie. 3. Auflage, bearbeitet
von Prof. Dr. II. Lud wi g. 2ter Band, 1. Abteilung. Mit vielen Abbildungen. Hannover,
Hahn’sche Buchhandlung 1884. 8 Mark.
Jahrbücher der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft nebst Nachrichtsblatt. Red.
von Dr. W. K ob eit. 11. Jahrg. HeftIV. Mit 3 Tafeln. Frankfurt a. M. Mor. Diesterweg
1384.
Paul Mosers Notiz-Kalender als Schreibunterlage für das Jahr 1885. Verlag des
Berliner Lithogr. Instituts (J. Moser). 1885. 2 Mark.
Carl Schenkling. Die deutsche Käferwelt. Allgem Naturgeschichte der Käfer Deutsch¬
lands. 1. Lieferung. Mit 3 Tat Farbendruck. Leipzig. Oskar Leine r. 1885.
Reportof the Museum Director, South Australian Institute, Adelaide, for tlie Nine Montlis
euding June 30th, 1884.
Dr. L. Wunderlich. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwickelungsgeschichte
des unteren Kehlkopfs der Vögel. Mit 3 Taf. Inaugural - Dissertation. Sep.-Abdr.
Nova Acta der k. Leop;-Carol. deutschen Akad. Bd. XL VTII.
Prof. Dr. A. Neliring. Über Kassebildung bei den Inca- Hunden aus den Gräbern von
Ancon. Sep.-Abdr. Kosmos 1884. II. Band. Stuttgart. E. Schwei z er bar t. 1884.
Dr. E. Ehrenbaum. Untersuchungen über die Struktur und Bildung der Schale der in
der Kieler Bucht häufig vorkommenden Muscheln. Inaugural-Dissertation. Mit 2 Taf.
Leipzig. Willi. E n g elm ann. 1884.
Dr. W. Fischer. Anatom.-histolog. Untersuchung von Capitella Capitata. Beitrag zur Kennt¬
nis der Fauna der Kieler Bucht. Mit 2 Taf. Marburg 1884.
E. Friede 1. Aus der Vorzeit der Fischerei. Sammlung gemeinverständl. Wissenschaft!.
Vorträge. Herausgeg. v. Virchow und v. Holtzendorff. XIX. Ser. Heft 441 — 442. Berlin.
Carl Habel. 1 884.
S. CI essin. Deutsche Exkursions -Mollusken -Fauna. _2. Aufl. 3 Lieferungen. Nürnberg
Bauer & Raspe. 1884.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahl an & Walilsehmidt Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Herausgegeben
von der „Neuen Zoologischen Gesellschaft“ in Frankfurt a. M.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Maklau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 12. XXV. Jahrgang, Dezember 1884.
I n li a 1 1.
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg; von dem Inspektor W. L. Sigel.
(Mit zwei Abbildungen.) — Ein amerikanischer Olm; von Dr. A. Zipperlen. — Nord¬
grenze des Tigers in Asien; von Dr. B. Langkavel. — Die Treppen- oder Sprossennatter
( Rhinechis scalaria Schinz) in der Gefangenschaft; von Job. v. Fischer. — Die Herstellung
von Abbildungen für unsere Zeitschrift; von dem H e r au s g e b e r. — Korrespondenzen. —
Miscellen. — Litteratur. — Todesanzeige. — Personal-Veränderungen. — Eingegangene
Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Das Nilpferd des Zoologischen Gartens in Hamburg.*)
Von dem Inspektor W. L. Sigel.
(Mit zwei Abbildungen.)
Eine Gelegenheit, die eigenartige Bearbeitung, welche das Rauh¬
futter, bevor es verschlungen wird, in dem Maule unsres Pfleglings
erfährt, kennen za lernen, bot sich uns in den ansgespieenen Heu¬
ballen dar, die namentlich zu Anfang dieses Jahres, wo die für Bachit
eigens auserwählte Heusorte vermutlich Stoffe enthielt, die seinem
etwas verwöhnten Gaumen nicht behagten, zu den öfteren Vorkomm¬
nissen zählten. Acht Stück solcher Heuballen hatte ich mir nach und
nach gesammelt. Alle zeigten bezüglich ihrer Form eine so auffallende
Ähnlichkeit untereinander, daß man in ihnen nicht etwa eine zu¬
fällige, sondern eine ganz konstante Wirkung des Kaumaschinismus
unsres Tieres erkennen mußte.
Wie die beigegebene Skizze veranschaulicht, sind diese Ballen
gleichsam aus einem Stiele gebildet, dessen oberes Ende sich durch
*) Vergleiche Jahrgang XXV, 2, S. 33.
Zoolog. Gart Jahrg. XXV. 1884.
23
354
die es reichlich umschlingenden Halme zu einem rundlichen Knollen
gestaltet. Bemerkenswert ist es, daß die sämtlichen mir vorliegen¬
den Objekte nur an dem Knollen¬
ende, und zwar wie abgeschnitten,
angefressen waren. Hinsichtlich
ihrer Größe variierten die Ballen
nicht unbeträchtlich untereinander.
Die Maße derselben ergaben im
Minimum 20 cm , im Maximum
62 cm als totale Länge, die der
größten Durchschnittsbreite der
Knollen beliefen sich auf 4 respec-
tive 9 cm.
Bachits Exkremente, deren ich
in meinem ersten Aufsatze bei
unserm d. Z. einjährigen Tiere
gedachte, haben, abgesehen von der
durch den Mehrbedarf au Futter¬
stoffen bedungenen Quantumsver¬
größerung, auch bezüglich ihrer
Gestalt Veränderung erfahren. Die
früher in ihrer Form dem Pferde-
miste nicht unähnlichen Auswurf¬
stoffe werden nunmehr in walzenför¬
migen Ballen ausgeschieden, deren
Größe, abhängig von der Konsistenz
der Masse, bisweilen geradezu er¬
staunlich ist. So fand ich beispiels¬
weise am 28. Januar d. J. einen
Kotballen, der bei einem Umfange
von 24 cm eine Länge von 43 cm
aufzuweisen hatte. Leider hat sich
unser Tier seit Juli d. J. einer,
jedoch nur während der Sommer¬
monate beobachteten , wahrhaft
Ausgespiener Heubaiien, ’/a der natüri. Gröf3e. ekelhaften Spielerei ergeben, die
darin besteht, daß es den Hinter¬
körper aus dem Wasser erhebt und den Kot durch rasches
Hin- und Herschlagen mit dem Schwänze nach verschiedenen Rich¬
tungen hin verspritzt. Ob diese Unart vielleicht eine Folge geschlecht-
355
lieber Regung ist, lasse ich dahin gestellt sein. Auffallend ist es
aber gewiß, daß Bachit mit dem Auftreten der neuen Erscheinung
auch die ersten Zeichen seiner Mannbarkeit erkennen ließ.
Uber die in dem Gebisse beobachteten diesjährigen Fortschritte
habe ich zunächst des jederseits sowohl im Ober- wie im Unterkiefer
erfolgten Durchbruches eines neuen , zwischen dem zweiten Lücken-
und ersten Backzähne hervortretenden einspitzigen Zahnes zu erwäh¬
nen, welcher jedoch am 20. August d. J. noch kaum bis zu seiner
halben Höhe entwickelt war. Die großen Eckzähne des Unterkiefers,
auf denen sich nunmehr die ersten schwachen Rillungen zu erkennen
geben, hatten, soweit dieselben frei im Maule stehen, an dem gedachten
Tage eine Länge von 11 cm. und an dem Zahnfleischrande eine Breite
von 4 cm erreicht. Die beiden mittleren Schneidezähne des Unter¬
kiefers ergaben eine Länge von 3^2, eine Breite von 2 1/2 cm.
In dem Grade wie Bachit mit fortschreitendem Wachstume zu
einer immer plumperen Erscheinung gediehen, haben auch dessen
Bewegungen an Unbeholfenheit zugenommen. Wenn wir jetzt
unsern ja immerhin noch jugendlichen Koloß langsamen Schrittes
auf uns zukommen sehen, den gesenkten Kopf beständig hin- und
herwiegend, den feisten Körper, auf dem sich die Schulter- und Hüft¬
knochen in ihrer wechselnden Beziehung merklich über und unter
die Rückgratslinie verschieben, mehr vorwärts wälzend , als diesen
tragend, so sollte mau fast glauben, daß ihm eine solche Arbeit recht
sauer würde. Weniger schwerfällig erscheint uns Bachit, sobald sich
sein Gang zu einem Laufen beschleunigt, iudem alsdann mit der
gestreckteren Körperhaltung, wobei auch der Kopf weit weniger ge¬
senkt ist, die schwankenden Bewegungen in den Hintergrund treten.
Im Bade ist unser Freund noch immer derselbe geblieben. Hier
ist das Phlegma der größeren Wohlbeleibtheit noch nicht gefolgt.
Trotzdem Bachit im Allgemeinen der Ruhe sehr ergeben ist, so
stellte sich doch auch bei ihm hin und wieder einmal Langeweile
ein, die ihn zu der Untugend treibt, solche Gegenstände seines Käfigs,
die nicht niet- und nagelfest sind, vermittelst seiner kräftigen Eck¬
zähne zu beschädigen.
Die am 23. Oktober d. J. durch solchen Umstaud nötig gewor¬
dene Reparatur seines Holzfußbodens, aus dem er verschiedene Bret-
stückchen herausgebrochen, sollte uns einmal wiederum zeigen, daß
auch ein Nilpferd Widerwillen oder Furcht vor unbekannten Gerüchen
an den Tag legt. Zwecks seiner besseren Haltbarkeit hatte mau nicht
versäumt, den neuen Belag mit dünnem Theeranstrieh, auf den man,
*
356
um der dadurch hervorgerufenen Schlüpfrigkeit zu begegnen, etwas
Sand gestreut, zu versehen. Aber mehr als zehnmal kehrte der
nicht nur den Boden, sondern auch die freie Höhe beschnuppernde
Bacliit wieder in das Badebecken zurück, bevor er es, durch die ver¬
schiedenen uns zu Gebote stehenden Künste, wie z. B. Belegen des Käfigs
mit einer Strohschütte, Hinhalten des gefüllten Futternapfes etc., dazu
angeregt, überwinden konnte, den fraglichen Raum ganz zu betreten.
Mit größter Hast verschluckte er alsdann sein Mengfutter, um hier¬
nach wieder mit der Untersuchung des Fußbodens, diesen eine Weile
lang starr anglotzend, fortzufahreu. Selbst am nächsten Tage hatte
sich die Scheu vor dem Theergeruche noch nicht ganz verloren, und
es kostete auch hier wiederum Mühe, den Zauderer in das Verdacht
erregende Gelaß hineinzulocken.
So lange es die Witterungsverhältnisse gestatten, unsre Dick¬
häuter auf die Außenplätze zu lassen, muß Bachit an zwei Tagen
in der Woche dem Rhinoceros das Bad auf einige Nachmittagsstunden
gönnen. Das will nun aber natürlich unserm verzogenen Burschen
gar nicht passen, und er sucht, wie ich seit Anfang dieses Jahres
bemerkte, dieser für ihn so störenden Einrichtung auf das möglichste
zu begegnen. Gelang es früher einem einfachen Zurufen des Wärters,
ihn jederzeit aus dem Bade zu entfernen, so muß er sich jetzt, so
lange die Futterstunde nicht geschlagen , meistens erst durch Über¬
listung unsern Wünschen fügen, was trotz seiner Stupidität nicht
selten in eine wahre Geduldsarbeit ausartet. Wiederholt haben wir
beobachtet, daß, wenn ihn ja einmal die Neugierde aus dem Wasser
treibt, er solche in einem Moment befriedigt hat und sich dann mit
einer unverkennbaren Eile seinem Lieblingsaufenthalte wieder zu¬
wendet. Im Freien, wo derartige Absperrungsfatalitäten nicht seiner
harren, ist er nach wie vor fast immer dazu aufgelegt, den sich mit
ihm beschäftigenden Persönlichkeiten auch außerhalb seines Bassins
das Geleite zu geben.
Bachits Respiration, die ich an dem auf dem Außenplatze
liegenden, sich der völligen Ruhe hingebenden Tiere eingehend beob¬
achtet habe, ist, wie man schon aus dem Wasseraufenthalte desselben
schließen durfte, auch auf dem Lande eine ebensowohl unregelmäßige
wie kräftige. Die sich nicht selten von Minute zu Minute abändernde
Zahl der Atemzüge variiert von dreien bis zu sieben in der Minute.
Nach der Aufnahme der atmosphärischen Luft verengen oder schließen
sich die Nüstern, um sich nach kürzerer oder längerer Pause wieder
zu erweitern und die gebildete Kohlensäure unter schwachem und
- 357
sehr gedehntem Schnaufen entweichen zu lassen. Je langsamer, je
kräftiger die Atmung von statten geht, desto vollkommener sehen
wir auch den Nasenapparat seine Fähigkeiten entfalten, der sich sodann
während der Einatmung ebenso möglichst ausdehut, wie er sich nach
derselben durch festes Zusammenpressen der Nasenränder vollkommen
schließt. Wenngleich auch dieser Apparat der Herrschaft des Tieres
unterworfen ist, so habe ich es doch niemals einseitig damit arbeiten sehen.
Nur bei der oben angegebenen geringsten Anzahl der Atemzüge
— also drei per Minute — pflegen dieselben in einem gleichmäßigen
Tempo auf einander zu folgen ; wird jene Zahl überschritten, so ist
unter ihnen mindestens einer, der die andern an Dauer in bemerkens¬
werter Weise überragt.
Wie so manches andere hat sich auch die Textur der äußeren
Hautschicht unsres Tieres im Laufe der Jahre verändert.
Die früher durchgehends glatte Haut ist jetzt an einem großen
Teile der Oberseite schwach chagrinartig genarbt. Auf dem fast völlig
darin gedeckten Rücken in größter Ausdehnung hervortretend, ver¬
breitet sich dieses Gebilde au Größe abnehmend auf die Seiten¬
partien des Rumpfes, bis es allmählich zu feinen Rissen auslaufend
und schließlich nur noch in Punkten eine Andeutung findend, sich
auf der Unterseite ganz verliert. Am Kopfe und Halse, sowie an
den Extremitäten stellt sich die Haut nur in den beiden letztgedachten
Formen dar ; von einer eigentlichen Narbenbildung konnte ich hier nichts
entdecken.
Die fortgesetzten Be¬
obachtungen über die in¬
teressanteste Erscheinung
an unserm Dickhäuter, die
Schweißabsonderung,
haben mir wiederum einiges
Material zur Vervollstän¬
digung meiner früheren,
diesen Gegenstand be¬
treffenden Mitteilungen ge¬
liefert.
Die bräunlichen Flecke,
mit denen bekanntlich die
ganze Oberseite des Nil¬
pferdes wie besäet er¬
scheint, verdanken ihr Eut-
o.
b
e
Hautstück aus der rechten Seitenpartie unseres Tieres.
(Natürl. Grösse).
а. Furchen, welche die Haut bald schwächer, bald stärker
markierend, nach den verschiedensten Richtungen hin
verlaufen.
б. Die aus dem Furchenlauf sich ergehende Felderung.
c. Chagrinartige Narbierung auf der Haut, welche an
diesem Körperteile die Felderung nur etwa bis zur
Hälfte ausfüllt; einige Felder auch ohne Narben.
d. Dunkle Flecke, hervorgerufen durch den auf der Haut
angetrockneten Farbstoff des Schweißes.
e. Kleine Risse, in denen die Schweißporen liegen.
358
stehen lediglich der Schweißabsonderung. Sie sind nichts weiteres als
der auf der Haut abgelagerte und angetrocknete Farbstoff des Sekretes
und können durch kräftiges Reiben mit dem benäßten Finger ent¬
fernt werden. Die Schweißporen, welche sich an manchen Stellen
beim Ausspreitzen der Haut als sehr feine rundliche Ausschnitte zu
erkennen geben, haben wir in der Felderung, vereinzelt auch in den
Furchenlinien zu suchen. In der Stellung der Poren zu einander
waltet, wie sich solches nach dem Schweißausbruche konstatieren
läßt, eine gewisse Regelmäßigkeit. Am Kopfe sowohl wie längs der
ganzen Rückenlinie stehen dieselben am dichtesten, je weiter dem
Bauche zu, je mehr entfernen sie sich von einander. Während wir
beispielsweise am Kopfe nur einen Abstand der Poren von etwa 3/ 4 cm
beobachteten, belief sich der au den Rumpfseiten auf durchschnitt¬
lich etwa 2lh cm.
Unser Tier schwitzt jetzt entschieden leichter als früher. Bis
zu einer Temperatur von -j- 15° R. herab habe ich Bachit, wenn er sich
auf dem Trockenen befand, fast regelmäßig und dann auch meistens
ziemlich kräftig schwitzen sehen. Mit dem Sinken der Temperatur
unter -}- 12° R. wird die Transpiration beim ruhigen Verhalten des
Tieres, indem sich dann nur ganz vereinzelte Schweißtröpfchen zeigen,
zu einer kaum nennenswerten ; doch schon geringe Erregung vermag
auch bei dieser Mindertemperatur eine wieder lebhaftere Schwei߬
absonderung hervorzurufen. So habe ich zu verschiedenen Malen,
als ich mich mit dem hauttrockenen Tiere beschäftigte, wobei es sich
in seiner gewohnten Weise schwerfällig hin und her wälzte, inner¬
halb einer Minute den Schweiß am Kopfe und Rumpfe lebhaft
hervorperlen sehen.
Der durch das Bad erzeugte Schweiß gedeiht sowohl bezüglich
seiner Menge wie auch des Gehaltes an Farbstoff niemals zu einer
so hohen Entwickelung wie der sieb bei warmer trockener Haut ab-
sondernde. Bei kühlerer Temperatur, unter deren Minimum ich etwa
-f* 9—10° R. als die geringste Wärme des Hauses verstehe, ver¬
liert sich derselbe ungefähr innerhalb einer Stunde nach dem Ver¬
lassen des Bades; bei recht warmem Wetter gebt er, nach vorheriger
Verminderung, zu dem, wie ich ihn nennen will, Landschweiße über.
Der Schweiß reagiert in allen Formen, indem er rotes Lackmus¬
papier sofort intensiv blau färbt, gleich dem Speichel des Tieres
stark alkalisch. Au der Hand dieser Beobachtung vermochteich
zu konstatieren, daß eine, wenn auch nur äußerst geringe Transpiration
jederzeit selbst im Bade stattfindet.
859
Die sehr nahe liegende Frage, ob bei der Verfärbung des Schweißes
aus dem fast Wasserhellen bis in das Blutrote sich nicht auch äußere
Einflüsse, wie z. B. die atmosphärische Luft, das Licht, geltend
machen, ist nach meinen jüngsten Beobachtungen wenigstens nicht
ganz zu verneinen, denn der wasserhelle Schweiß, auf Glasplättchen
gesammelt oder vermittelst chemisch reinen Filtrierpapiers direkt von
dem Körper entnommen, begann sich auf den Versuchsobjekten als¬
bald mehr und mehr zu dunkeln, bis man ihn nach dem völligen
Eintrocknen in das bräunlich Lederfarbene umgestaltet sah. Gegen
das inteusive Blut- oder richtiger noch Portwein-Rot, nach dem Ver¬
dunsten der Wasserteile tief dunkelbraun verbleibend, in welchem wir
den Schweiß in seinem höchsten Stadium gesättigt sehen, ist jedoch
jener Grad der Verfärbung nur als ein kleiner Bruchteil, in dem
von einem wirklichen Rot auch nicht die Spur zu finden, auzusehen.
In der Hauptsache haben wir daher die Umwandlung des Sekretes
in der dem Tiere eigenen Farbstoffabsonderung zu suchen.
Der bekanntlich keinem Farbeuwechsel unterliegende Schweiß
der Lippenteile, mit dem ich gleichfalls in der oben beschriebenen
Weise experimentierte, ließ nach seinem Eintrocknen auch keinerlei
auffallende Rückstände erkennen.
Zum Schlüsse erlaube ich mir noch das Ergebnis der Mes¬
sungen unsres Tieres vom 20. August d. J., dem ich wiederum das
des Vorjahres zur Seite stelle, aufzuführen.
Länge des Kopfes, von der Schnauzenspitze bis
zwischen die Ohren .
Breite des Kopfes zwischen der Basis beider Ohren
Breite des Kopfes zwischen den beiden höchsten
Punkten der Augenbogen .
Länge des Nackens zwischen den Ohren bis zum
Rumpf .
/Die größte Breite
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der Schnauze (bei den
Eckzähnen .
Länge des Rückens, vom Nackenrande bis
zur Schwanzwurzel .
Die Höhe des Rückens vom Fußboden bis
zum Widerrist .
Die Höhe des Rückens vom Fußboden bis
zur höchsten Stelle .
Die Höhe des Rückens vom Fußboden bis
zur Schwanzwurzel .
Länge des Schwanzes .
20. Angust 20. August
188-1, circa 1883, circa
31/a Jahr alt. 2*/a Jahr alt.
56
cm.
49
cm.
30
»
27
24
21
56
49
33
y>
30
1,60
1,42
»
1,05
»
94
1,15
1,03
93
87
35
»
32
360
20. August
20. August
1884,
circa
1883,
circa
Entfernung der gesenktesten Stelle des Bauches
3x/a Jahr alt.
27a Jahr alt
vom Fußboden .
25
Cm.
22
cm.
Weiteste Ausdehnung das Unterkiefers in der
Breite .
40^2
38
*
Länge der Nasenöffnungen .
61/a
»
5J/2
Länge der Ohren .
11
10
Abstand der Mitte beider Nasenlöcher .
15
12
»
Den 9. November 1884.
Ein amerikanischer Olm.
Von Dr. A. Zipperlen.
Vor 23 Jahren bekam ich in Chattanooga, Tennessee, einen
Proteus. Derselbe war in einem unterirdischen Gewässer einer Höhle
im Lookout-Mountain gefangen worden. Die Farbe im Leben war
fast weiß, leicht rosa durchschimmernd, mit leichtem gelblich bräun¬
lichem Anflug auf der Rückenseite, hat sich aber im Alkohol all¬
mählich ins Braune verwandelt. Die ganze Länge ist 12 cm, des
Kopfes 1 1|2 , des Leibes 4^2, des Schwanzes 6 cm.
Die Anzahl der Zehen an den vorderen Extremitäten ist vier, au
den hintern fünf. Der Kiemenbüschel sind drei auf jeder Seite. Die
Augen sind außerordentlich klein und liegen sehr weit nach vorne gegen
die Mundöffnung zu. In den Kiefern sehr kleine spitzige Zähne. Der
Kamm des Ruderschwauzes erstreckt sich auf der Rückenseite bis zu
den hintern Extremitäten, au der unteren Seite bis zur Hälfte des
Schwanzes. Dem Rücken entlang ist als Fortsetzung des Kammes
ein fadendünner Streifen. Der Körper und ein Teil des Schwanzes
ist durch Einschnitte in Ringe geteilt und sind deren zwischen Kopf
und vordem Extremitäten ein Ring, zwischen vordem und hiutern
Extremitäten, sechzehn, hinter diesen am Schwänze noch sieb¬
zehn zu zählen, von denen die letztem immer undeutlicher werden.
361
Nordgrenze des Tigers in Asien.
Von Dr. B. Langkavel.
Die nachfolgenden Reihen beabsichtigen, aus den verschiedenen
Notizeu von Reisenden, welche nach den klassischen Abhandlungen
Karl Ritters und Brandts niedergeschrieben sind, die Nordgrenze
der Verbreitung dieses Tieres genauer zu fixieren ; sie setzen auch
die Untersuchungen Otto Schräders (Tier- und Pflanzengeographie)
im Lichte der Sprachforschung als bekannt voraus.
Nach den Berichten, die v. Sehren ck im Amurlande erhielt,
soll der Tiger im Sommer seine Streifzüge bis an die Südküste des
ochotskischeu Meeres ausdehnen ; sein Vorkommen auf der Insel
Sachalin (Petermanns Mitteilungen 1860, 203) wird jedoch von der
Russischen Revue (1882, 104) bezweifelt. Im Amurlande strom¬
abwärts hinter dem von Norden her einmündenden Nebenflüsse
Bureja treten südliche Tier- und Pflanzenformen immer deutlicher
hervor, die Spuren des Tigers kreuzen sich mit denen des nordischen
Vielfraßes (Peterrn. Mitt.. 1862. 262 — 264). Im südlichen Teile des
Bureja-Gebirges vernimmt der Jäger bisweilen in Entfernung von
wenigen Klaftern das leise Knurren des »Herrentieres«. Da fängt
er plötzlich den ihm von der Tigermutter zugeworfenen Blick auf ;
er muß ihn ertragen und aushalten, wenn er gerettet sein will.
Endlich macht eine schlängelnde Bewegung mit dem Schweife der
zögernden Unentschlossenheit ein Ende, sie erhebt sich, um lang¬
samen Schrittes auf dem jenseitigen Ufer des Baches ein anderes
Lager zu suchen. Wie der Irbis, so ist auch der Tiger am mitt¬
leren Amur stationär und beide begegnen dort dem Renn und Elen
(Baer und Helmersen, Beitr. zur Kenntn. des Russ. Reichs, XXIII,
585; Wenjukow, Die russisch-asiat. Grenzlande, 130; Zeitschr. für
Ethnologie V, 94). In der Gegend der Ussuri-Mündung verweilt
der Tiger den ganzen Winter hindurch ; die wenigen Pferde, welche
in Purmi gehalten wurden, zerrissen die Tiger vor fast zwei Jahr¬
zehnten und seitdem hat man auf die Haltung dieser Haustiere
verzichtet (Peterrn. Mitt. 1856, 181 u. Tafel 10; 1861, 318; 1875,
80). Durch Tungusen erhielt R a d d e die Versicherung von dem
Vorkommen des Tigers im ganzen Ching-gan - Gebirge. Man macht
eifrig Jagd auf ihn, weil er im Winter besonders ihnen Pferde und
Rinder raubt ; auch hier folgt er stets den Wildschweinen, seiner
Hauptnahrung, auf frischer Spur (Zeitschr. f. allg. Erdk., N. F.,
362
VI, 392 ; Journal of the R. Geogr. Soc., London, XXVIII, 420,
424, 440).
Infolge der bekannten Notiz A. v. Humboldts in der
Zeitsclir. f. allg. Erdk., III, 43, gab S e 1 s k i im ersten Heft der
sibirischen Abteilung der Kaiserl. Russ. Geogr. Gesellschaft in
Irkutsk ausführlichere Nachrichten über Tiger in Transbaikalien.
Sie kommen nach diesem Lande häufiger aus der Mandschurei als
aus der Mougolei, weil sie dann durch die Steppe ihren Weg
nehmen müßten, und sind dort nur vorübergehende Gäste, die,
wenn sie sich längere Zeit dort aufgehalten haben, ein zottiges und
glanzloses Fell erhalten. Wie der Tiger, so verirren sich auch
öfters der Jak, der Zwerghase und der Flamingo nach jenen
Gegenden. In den 1880 erschienenen Briefen A. v. Humboldts
an seinen Bruder Wilhelm wird auf S. 199 gleichfalls der Tiger in
den Breiten von Irkutsk gedacht und versprengter Exemplare an
den Ufern der Lena erwähnt die Zeitschr f. wissenschaftl. Geogr.,
1882, 135.
Wenn nun nach Transbaikalien die Tiger besonders von Osten
her eindringeu und viel seltener aus den wildschweinleeren südlichen
Steppen, so darf mau sich nicht wundern, westlich von Irkutsk auf
ein Gebiet zu stoßen, das, wenngleich in derselben nördlichen Breite
mit dem Baikal und dem Altai, doch von der Plage dieser Tiere
befreit ist ; denn erst in dem südlichen Teile obigen Gebirges leben
zu gewissen Jahreszeiten Elen, Tiger, Renn und Irbis zusammen
(H. v. Schlagintwe.it, Reisen IV, 197). Im Museum zu Barnaul
sah Atkinson (Oriental aud Western Siberia, 331) vier Tigerfelle,
die von verschiedenen Örtlichkeiten dorthin gebracht waren ; eins
stammte von einem, der 76 geogr. Meilen von Barnaul erlegt war;
sie sind aber hier so selten, daß die Bauern sie nur dem Namen
nach kennen. Am Ufer des Tentek (ca. 81° L. v. Gr. u. 46 ,/2 0 Br.)
abwärts hinter den Bergen Tekely, den letzten Anhöhen, welche
sich in die Steppe verlieren, traf v. Sehren ck im Sande Spuren,
welche die Kirgisen als die eines Tigers erkannten. Diese verirrten
werden dann den Herden höchst gefährlich (Peterm. Mitt. 1868, 82 ;
Baer u. Helmersen, Beitr. VI, 306).
An dem langgezogenen Becken des Baikasch und seiner durch
Vertrocknung abgeschiedenen Fortsetzung, dem Becken der beiden
Alakul - Seen, erreicht gleichfalls wie im Osten unter manchen
innerasiatischen Tier- und Pflauzenformen auch der Tiger eine
Grenze seines Verbreitungsbezirks ; denn seine stationären Wohn-
363
platze dehnt er nicht über die Schilfwälder der Balkasch-Niederung
aus, wenn er auch bisweilen auf seinen kühnen Streifzügen bis in
das Innere des Altai vordringt (Peterm. Mitt. 1858, 352, 353 ;
1868, 196, 399, 404; Wenjukow, 259; Zeitschr. f. allgem. Erdk.,
IV, 245 ; Finsch, Reise in Westsibirien ; Geographical Magazine, V,
288 : on the shores of Lake Balkash they are now (1878) much
rarer than they were). Die Rohrdickichte im unteren Lauf der
von Süden her in den östlichen Teil des Seebeckens fliehenden
Lepsa scheinen der nördlichste Punkt der Polargrenze dieses Tieres
hier zu sein ; wo er weiter nordwärts vorkommt, hat er sich nur
verlaufen. Auch hier bilden Wildschweine seine Hauptnahrung.
In der Nähe des Forts Kasala am Syr-Darja, nicht weit von
seiner Mündung in den Aral - See, traf Kostenko auf seiner Reise
von Chiwa her in den berüchtigten Schilfwäldern mit den zahl¬
reichen Rudeln wilder Schweine und vielen Fasanen auch Spuren
des Tigers, desgleichen abwärts Chodjei'li (Peterm. Mitt. 1874, 335,
336 ; vgl. Wenjukow, 410 ; Zeitschr. f. allg. Erdk., IV, 180, 187 ;
Humboldts Briefwechsel mit Bergbaus, III, 276 ; Journal of the
R. Geogr. Soc., XXXVIII, 453 ; XLI, 149 ; Ujfalvy, Expedition
fran^aise en Russie, II, 11 ; Petzholdt, Turkestan, 49. Wenn
Vambery in seinen central - asiatischen Skizzen S. 121 u. 127
nach den dortigen Ufern Löwen versetzt, so hörte dieselben wohl
einzig nur seine ungezügelte Phantasie).
Von den an der Südküste des kaspischen Meeres hausenden
Tigern streifen viele bei Asterabad umher, gehen bis Dengolan
und au den Atrek (Zeitschr. f. allg. Erdk., N. F., XII, 350, 345 ;
Polak, Persien, I, 190; Mitt. der Wiener Geogr. Ges., V, 103;
Peterm. Mitt., 1880, 337; Yule, Book of Marco Polo, I, 144;
O’Donovan, The Merv Oasis, I, 299 ; an der südwestlichen Seite
gehen sie bis Lenkoran, wo sie jedoch verhältnismäßig klein,
schwächlich und ziemlich harmlos sein sollen (Zeitschr. d. Ges.
f. Erdk., XVI, 38; VH, 380; Peterm. Mitt. 1881, 51 u. Ergän¬
zungsheft 36, 35 ; v. Thielmanu, Streifzüge im Kaukasus, 258, 264).
Die Chews’uren kennen den Tiger, obwohl er nie, auch nicht als
Läufling, den Kamm des großen Kaukasus betrat. Seine nördliche
Grenze bleibt hier im Talysch-Tieflande (Radde, Die Chews’uren,
82 ; Jahresbericht d. Ver. f. Erdk., Dresden 1865, 34 ; Ausland
1864, 721 ; Petzholdt, Der Kaukasus, I, 164). Aus dieser Gegend
stammt auch wohl der Tiger, der mit Wildschweinen zu einer
herrlichen Gruppe vereinigt im zoologischen Museum zu Tiflis auf-
364
gestellt ist (Jahresbericht a. a. 0. 1878, 15). Unter den Bronze¬
funden im Kaukasus, die älter als das siebente Jahrhundert sind,
befindet sich auch die Darstellung eines Tigers (Zeitschr. f. Ethn.
1882, 106). Wir möchten im Anschluß hieran an Conzes Wort
über die Anfänge der griechischen Kunst in den Sitzungsberichten
der Wiener Akademie, LXXXIII, 1873, S. 225 erinnern : In Vorder-
Asien und auf denjenigen griechischen Vasen, welche von dorther
ihr System der Dekoration tragen, herrschen Löwen und Tiger, seit
lange her als feste Schemata gebildet, vor ; sie fehlen aber auf
denen alteuropäischer Kunst, weil sie im Norden nicht wie in Vorder-
Asien bekannt sein konnten.
Daß Tiger am Ararat fehlen, wurde schon in den vierziger
Jahren von Ritter (Erdkunde, X, 484) und später von Wagner
(Reise nach dem Ararat, 160) nachgewiesen. Dort kommen näm¬
lich wegen des mangelnden Wassers außer Hasen keine pflanzen¬
fressenden Tiere vor ; weil nun, wenn auch aus anderen Gründen,
die Ruminantia am Ida fehlen, so glaubte Schliemann (Unsere Zeit,
v. Gottschall, 1881, 366), daß ein einstiges Vorkommen dieses
Tieres nach Stellen der Ilias höchst unwahrscheinlich wäre. Tchi-
hatchef berücksichtigte in seinen jüngsten Bemerkungen über die
Tierwelt Kleinasiens (Deutsche Revue, v. Fleischer, 1884, H. 11,
S. 199) Schliemanns Ansicht nicht.
Die Treppen- oder Sprossennatter (JRhinechis scalaris Schinz)
in der Gefangenschaft.
Von Joh. v. Fischer.
Diese schöne, aber nirgends häufige Schlange bewohnt Italien,
Süd-Frankreich, ganz Spanien und das nördliche Afrika.
Sie hält sich an absolut trockenen Orteu auf. Namentlich
findet man sie zwischen 11 Uhr vormittags und 1 Uhr nachmittags
im Sommer während der starken Hitze auf dem Boden, am Fuße
eines Strauches oder auf den Zweigen eines solchen im Teller
zusammengerollt, sich sonnend, liegen. Sie sucht mit Vorliebe
Hecken und Weinberge auf, wo sie geschickt auf Vögel, Mäuse und
Eidechsen Jagd macht.
Sie ist nicht leicht zu fangen, da sie ungemein scheu und
vorsichtig ist und bei der geringsten Annäherung fortgleitet, um
365
im Gezweige des Nachbarbusches oder in einem Erdloch zu ver¬
schwinden.
Sie bedarf zu ihrem Gedeihen eines möglichst trockenen,
warmen oder doch temperierten und der Sonnenglut ausgesetzteu
Terrariums.
Meist verbringt sie den größeren Teil ihres Lebens in der
Gefangenschaft auf einem Aste, manchmal mit vielen anderen
Schlangenarten zu einem Knäuel zusammengerollt, zu, und kriecht
nur während der intensivsten Sonnenhitze umher. Auch liebt sie
es, unter das Wasserbecken, zwischen Steine etc. zu kriechen, um
sich da zu verbergen.
Sie variiert nach Alter und Geschlecht sehr. — Allerliebst sind
die jungen Tiere, deren von der Elternform gänzlich abweichende
Färbung den Laien oft veranlassen kann, dieselben für eine ver¬
schiedene Alt zu halten. Von der schönen braunen Färbung ist
noch keine Spur vorhanden. Die einzigen Färbungen sind schwarz
und bräunlich - weiß, weshalb die Tiere ungemein buntgefärbt er¬
scheinen und unwillkürlich an das Kleid des Buntspechts erinnern.
Erst mit dem zunehmenden Wachstum erscheint nach mehreren
Häutungen erst eine braungraue, dann graubraune Färbung mit der
charakteristischen Leiterzeichnuug, die mit dem Alter wieder gänz¬
lich verschwindet, und nur noch die zwei äußerst scharf gezeich¬
neten, schwarzen parallel laufenden Längsstreifen bleiben. Dabei
färbt sich das ganze Tier in ein schönes gelbbraun oder auch
braungelb, welches nur kurz vor der Häutung düsterer wird, um
gleich nach derselben in den schönsten Farben zu prangen.
Die Sprossennatter ist sehr flink und gleitet mit Blitzesschnelle
von Ast zu Ast, von Zweig zu Zweig oder verbirgt sich, wenn auf
dem Boden, in dichtem Grasgestrüpp. Sie ist frostiger Natur und
verkriecht sich an sonnenarmen Tagen unter große Steine, in hohle
Baumstämme, Erdlöcher etc. Nässe liebt sie ebenfalls nicht, dafür aber
die brennendste Sonnenglut, in der sie ihren schönen Körper zu
durchwärmen liebt.
Sie ist ein ächtes Tagtier und verbirgt sich lange vor Sonnen¬
untergang.
Ihre einzige Stimmesäußerung ist ein lautes Zischen, das beim
Weibchen etwas höher klingt und auch nicht ganz so laut wie
bei dem Männchen ist.
Sie kann anderen Schlangen gegenüber als durchaus verträg¬
lich bezeichnet werden. Nie sah ich sie eine andere Schlange
366
angreifen oder gar verzehren. Dagegen ist sie dem Menschen
gegenüber total unantastbar.
Sie ist mutig und dreist, zornig und mißtrauisch. Selbst jahre¬
lang in der Gefangenschaft gehaltene Exemplare lassen sich nicht
zähmen und fahren wütend und unter lautem Zischen nach der
vorgehaltenen Hand, ja man kann nicht einmal am Terrarium
vorübergehen, ohne ihren Jähzorn zu erwecken. Sie fährt gegen
die Scheibe oder gegen die Drahtgaze mit wütendem Zischen los
und stößt mit der Schnauze nach der sich bewegenden Person zu.
Die Folge dieses unsinnigen Gebahrens ist die Verletzung der Nasen¬
kuppe am Drahtgitter der Scheibe, worauf gewöhnlich die schön¬
gestaltete Rostrale abfällt und die Schuauze oft blutrünstig wird.
Trotz dieser anscheinend unliebsamen Eigenschaft ist die
Sprossenuatter doch ein Kleinod für Terrarien. Sie ist ausdauernd,
genügsam und ziert jeden Behälter durch ihre schmucke Gestalt
und Färbung im höchsten Grade. Dazu kommt ihre leichte Fort¬
pflanzung in der Gefangenschaft, die sie noch schätzbarer macht.
Die Sprossennatter ist als ein vorwiegend nützliches Tier zu
bezeichnen ; denn wenngleich sie in der Freiheit hie und da einmal
einen Vogel (namentlich sind es die Sperlinge, denen sie nachstellt)
verzehrt und gelegentlich ein Nest plündert, indem sie die Jungen
verschlingt, so besteht ihre Hauptnahrung aus Mäusen (namentlich
Arvicola- Arten) und als Beikost nur aus Eidechsen.
Wie ich bereits erwähnt habe, wird meines Wissens diese Art
niemals zahm und greift ihren Besitzer selbst nach jahrelanger
Gefangenschaft mit derselben Wut an wie am ersten Tage. Ihre
Verteidigungsmittel bestehen im Fliehen und im Beißen. Der
eränzlich unbedeutende Biß kann schmerzhaft werden, wenn man
O 7
den erfaßten Finger oder die erfaßte Hand plötzlich und mit
Heftigkeit fortzieht, wobei die Zähne leicht tiefe und lange Risse
machen. Selbst junge, kaum 20 cm lauge Tiere beißen lustig drauf
los und zischen laut.
Die Intelligenz steht unter der der Kielrückennattern ( Tropido -
notus), die alle sich leicht an die Gefangenschaft gewöhnen und
recht zahm werden.
Das Auge ist sehr scharf ; sie sieht bei Tage auf selbst weite
Entfernungen vortrefflich ; mit dem Schwinden des Tages jedoch
erlahmt auch ihre Sehkraft.
Die Nahrung der gefangenen Sprossenuattern besteht in Mäusen,
Sperlingen und (namentlich grünen) Eidechsen. Junge Tiere nähren
367
sich von Mauereidechsen, die sie bald auch im toten Zustande zu
fressen lernen. Daneben, namentlich in den ersten Lebenstagen,
verzehren sie mit Vorliebe Larven der verschiedenen Heuschrecken
(Acridium lineatum etc.) und später, wenn sie älter geworden sind,
auch das fertige Tier.
Wenn man sie mit Eidechsen füttert, so muß man ihnen nur
kleine reichen, da sie sie sonst zu schwer bewältigen können und
namentlich, wenn das Tier schon lange vorher gehungert hat, es
unter heftigem Würgen aus wirft, darauf wieder auffrißt, dann
wieder auswirft, um endlich zu Grunde zu gehen.
Ein 21 cm langes Exemplar fraß bei mir einst eine 15,5 cm
lange Mauereidechse, die vou einer Girondennatter ausgeworfen war.
Der Schlingakt dauerte 6 Stunden und das Tier war durch den¬
selben derart erschöpft, daß es bald darauf starb.
Die Sprossennatter ist äußerst launischer Natur. Bald geht
sie sofort ans Futter, bald weigert sie sich monatelang, irgend
welche Nahrung zu sich zu nehmen und zwar oft unter den gün¬
stigsten Bedingungen, denen man sie aussetzt. Die meisten fressen
schon zwischen dem dritten und dem dreißigsten Tage ihrer Ge¬
fangennahme. Nur wenige, wenn mau ihnen selbst die natur-
gemäßesten Bedingungen bietet, ziehen vor, lieber Hungers zu
sterben, als irgend etwas anzurühren.
Die Sprossen- oder Treppenuatter bedarf eines Wasserbehälters,
denn sie trinkt zwar sehr selten (oft wochenlang nicht), dann aber
lange und recht viel.
Die Paarung geschieht bei den meisten in der Gefangenschaft
ohne viel Umstände und es lassen sich die paarungslustigen Ge¬
schlechter nur schwer bei diesem Geschäft stören. Die mehrmalige
Paarung geschieht sowohl in der Gefangenschaft als im Freien stets
auf der Erde und dauert aufaugs 8 — 20 Minuten, dann aber meh¬
rere Stunden. Nur äußerst selten sah ich die Sprossennattern ihre
ersten Vorbereitungen zur Paarung auf dem Strauch oder künst¬
lichem Gezweige vornehmen.
Die erste Paarung geschah bei mir am 8. Juni 1883. Am
22. Juli, also nach 25 Tagen, erfolgte die Ablage von 5 Eiern.
Ara nächsten Tage, also am 26. Tage, wurden weitere 4 Eier
abgesetzt, demnach bestand das Gelage aus 9 Eiern, also ist die
Sprossennatter nicht sehr fruchtbar, woraus sich auch ihre nicht große
Häufigkeit erklären läßt, indem sehr viele Eier verunglücken und
die überaus schwerfälligen Jungen leicht Beute ihrer Feinde werden.
368
Die Eier waren rein weiß, lederhäutig und langgestreckt. Ihre
Dimensionen variierten von 45 mm Länge und 21 mm Breite bis
59,50 mm Länge und 19,50 mm Breite. Zwei von ihnen klebten
nach Art der Ringelnattereier aneinander.
Die eierlegende Schlange verkroch sich schon tags zuvor unter
das Wasserbecken, uuter dem sie nur mit Mühe vertrieben werden
konnte, was sie nicht hinderte, sich gleich darauf wieder zu ver¬
kriechen. Sie verblieb darunter bis zur vollständigen Eiablage,
worauf sie wieder auf die Aste stieg.
Die Eier wurden sofort herausgenommen, in ein weithalsiges
Einmachglas mit mäßig feuchtem Sande und Moos gelegt und das
Ganze der Sonnen wärme ausgesetzt. Nach drei Wochen öffnete ich
ein Ei und fand in demselben ein deutlich erkennbares, lebens¬
kräftiges Schlangenembryo. Leider verunglückten mir die übrigen
Eier, indem ein Regenguß sie alle in Fäulnis übergehen ließ, da
meine Zuchtterrarien mit Eiern von Hemidactylus , Phyllodadylus
und Gymnodadylus u. v. a. überfüllt waren und ich die Ausbrütung
im Freien wagen mußte.
Die Sprossennatter gehört zu den selteneren Erscheinungen des
Tiermarktes, da sie in ihrer Heimat keineswegs häufig ist, außerdem
schwer zu fangen ist und selbst von den geübten Fängern ihres
jähzornigen und unbändigen Naturells wegen sehr gefürchtet wird.
Sie gehört entschieden zu den schönsten und dauerhaftesten
europäischen Schlangen und gereicht jedem Terrarium zum höchsten
Schmuck.
Sie ist keineswegs hinfällig, einige alte störrische Individuen
ausgenommen, und überstellt selbst weite Transporte vortrefflich
(erhielt ich doch 11 Exemplare von Alicante nach St. Petersburg
alle lebenskräftig und gesund!), bedarf aber in der ersten Zeit
behufs ihrer Eingewöhnung der größten Ruhe in ihrer Umgebung.
Man kann diese Art von Siebeneck iu Mannheim, Geyer
in Regensburg, Kurnss in Warmbrunn, noch besser aber
direkt vom Laboratoire d’Erpetologie iu Montpellier
(Frankreich) beziehen. Aus dem letzten Institut erhält man sie
lebenskräftiger, rascher und billiger, und man ist gewiß, nur lebens¬
kräftige Tiere zu erhalten, da selbst schwache Ankömmlinge von
dem Institut ohne jede Entschädigung ersetzt werden.
369
Die Herstellung von Abbildungen für unsere Zeitschrift.
Von dem Herausgeber.
Ziemlich oft werden mit den eingehenden Aufsätzen und Mitteilungen
auch Bleistiftzeichnungen eingesandt mit dem Wunsche, daß dieselben als
Holzschnitte hergestellt der betreffenden Nummer der Zeitschrift beigegeben
werden möchten. Meistens müssen die skizzierten Entwürfe erst umgezeichnet
werden, ehe sie auf den Holzstock oder auf die Zinkplatte gebracht werden
können; oder fertige Zeichnungen müssen, wenn sie gut ausgefükrt sind, auf
das Zink durch Photographie übertragen werden. Diese Verfahren verteuern
die Herstellung von Arbeiten so sehr, daß es oftmals nicht möglich ist, die
eiugesandten Zeichnungen auszuführen. Es dürfte vielleicht manchem unserer
Mitarbeiter erwünscht sein, eine Methode des Zeichnens kennen zu lernen, die
es ermöglicht, die Abbildung direkt von dem Originale auf die Zinkplatte Über¬
drucken zu können, und da diese Methode für jeden, der überhaupt zeichnen
kann, so leicht ausführbar ist, so möchten wir unsere Herrn Mitarbeiter bitten,
sich in vorkommendem Falle derselben bedienen zu wollen.
Als Papier nehme man ein dünnes und glattes Papier, am besten gut
geglättetes Postpapier. Vor dem Zeichnen empfiehlt es sich, dasselbe mit recht
dünnem Kleister oder einer Lösung feinen Leims mittels eines zarten Schwämm¬
chens zu überstreichen. Ist das Papier glatt getrocknet, dann liegen dessen
Fasern fest auf und die Feder kann solche nicht mitreißen. Auf diesem Pa¬
piere wird nun mit einer Zeichenfeder und mit lithographischer Tusche die
Zeichnung in der Weise ausgeführt, wie sie zum Abdruck gelangen soll.
Von den verschiedenen im Handel vorkommendenSorten Tusche sind am
meisten die von Lemercier oder van Hymbeck zu empfehlen; sie werden mit
Wasser so dünn als nötig angerieben.
Buchstaben oder Ziffern, die den Figuren zur Erklärung beigegeben wer¬
den sollen, müssen natürlich von rechts nach links geschrieben werden, weil
sie bei dem Drucke umgekehrt kommen.
Die so ganz einfach hergestellte Zeichnung wird mit dem Manuskripte
eingesandt. Sie kann direkt auf die Zinkplatte übergedruckt werden, worauf
letztere nur noch geätzt und auf einem Holzklötzchen befestigt werden muß,
um druckfertig zu sein.
Da dies die billigste und schnellste Art ist, Illustrationen herzustellen, so
kann man um so leichter und häufiger letztere den Aufsätzen beigeben.
Korrespo n d e n z e n.
Stolp i. Pommern, im Septbr. 1884.
Die Adler Livlands.
Der Seeadler. Zu den interessanten Mitteilungen des Herrn Baron
v. Krüdener über die Adler Livlands *) möchte ich mir einige Bemerkungen
erlauben.
*) Seite 253 dieses Jahrg.
Zoolog1. Gart. Jahrg-. XXV. 1884.
24
370
Vor etwa 50 Jahren erhielt ich aus Neuvorpouimern (im Dezember) einen
jungen Seeadler, der auf dem Hofe eines Bauern erlegt war. Die Thatsache
wurde uns folgendermaßen berichtet: „Auf ein halbjähriges Schwein stößt
der Seeadler. Der Baner verjagt ihn mit einem Knittel; doch der Adler
schlägt eine auf einem Baume sitzende Katze und als der Bauer ihn auch dort
angreift, schlägt er seine Fänge in die Lenden des Bauern, so daß derselbe
sich nur mit Hülfe der Nachbarn befreien kann.“ — Der Vogel war sehr
ausgehungert.
Der Steinadler. Die in Wien auf dem Kongreß ausgestellte schöne
Gruppe von Steinadlern (dem Herrn Grafen v. Dzieduszycki gehörig) kann
nicht als Beweis, weder für, noch gegen zwei Arten (Gold- und Steinadler)
betrachtet werden, denn die Form eines echten Goldadlers war nicht vertreten.
Derselbe ist in den Gebirgen der österreichischen Monarchie, der Schweiz,
oder anderen südlichen Gegenden, als Brutvogel noch niemals aufgefunden,
mit einziger Ausnahme Griechenlands. In Lappland und auf dem Ural hin¬
gegen ist er wohl allein, mit Ausschluß des Steinadlers vorhanden. Ob Art
oder klimatische Varietät, will ich hier nicht entscheiden, muß aber wieder¬
holt bemerken, daß die Naumann’sche Diagnose über beide Arten nicht
richtig ist. Der junge Goldadler hat ebensowohl, wie der Steinadler einen
an dem Wurzelteile weißen, wie der alte Steinadler einen dunklen Schwanz.
Der Schreiadler. Auch mir ist es in meiner langjährigen Erfahrung,
wo ich viele Horste beobachtete, niemals vorgekommen, daß ein Vogel drei
Eier gelegt hätte, auch hat mir dies kein sicherer Sammler meiner Bekannt¬
schaft berichten können. Auch ich hatte den Schreiadler bisweilen in der an¬
gegebenen Höhe (12 — 15 Fuß) horstend gefunden, nie an der Spitze des
Baumes.
Es erscheint mir sehr wahrscheinlich, daß auch der Sc hei lädier,
Aquila clanga P., in Livland horstet. Gewiß ist, daß derselbe in Ibenhorst
(Ostpreußen) bisweilen nistend vorkommt. Ich möchte daher an die dortigen
Jagdbesitzer die Bitte richten, darauf gütigst achten zu wollen. Auf Wunsch
bin ich auch bereit, in diesen Blättern eine Diagnose beider (sicherer) Arten
zu geben. E. F. v. flomeyer.
Darmstadt, im September 1884.
Eier exotischer Vögel. Die Purpurkr onfinken vou Ecuador
(XXIV. Jahrg. No. 12 d. Zeitsehr.) verdienen, daß die Leser noch einmal an
sie erinnert werden. Die Eier dieser Vögel, nunmehr an 4 Gelegen fest¬
gestellt, sind rein weiß, in Form und Größe gleichen sie den gewöhnlichen
Sperlingseiern und mit diesem einheimischen Finkenvogel hoben die Amerikaner
augenscheinlich Fruchtbarkeit wie Sorglosigkeit im Nestbau gemein.
— Brutperiode 1884: Vom 9.— 12. April wurde in trockenem Buschwerke
ein neues Nest erbaut. Das erste Ei, am 15. April gelegt, zerbrach, jedoch
noch am nämlichen Tage ist ein im Nachbargezweig befindliches vorjähriges
Webernest besichtigt, beschlagnahmt und rasch ansgebaut. Das erste Junge
verließ diese Wiege am 13, das zweite am 14. Mai. Zweites Gelege im
unverändert gebliebenen nämlichen Neste: 22. Mai erstes Ei, 24. Mai zweites
371
Ei, 2. Juni erstes Junges, 4. Juni zweites Junges. Am 12. Juni verließ ein
Junges das Nest, das andere lag tot in demselben. Drittes Gelege wieder
im gleichen Neste 20., 21., 22. Juni wieder je 1 Ei,
1., 2., 3. Juli wieder je 1 Junges,
11., Juli 1 Junges, 12. Juli 2 Junge ausgeflogen.
Viertes Gelege im unveränderten Neste
19., 20, 21. Juli je 1 Ei,
30., 31. Juli und 1. August je 1 Junges.
Diesjähriges Zuchtergebnis bis jetzt also 9, eigentlich 10 Köpfe, d. h.
sämtliche Eier auch befruchtet und ausgekommen, ein Erfolg somit, welcher
die kühnsten Erwartungen hinter sich läßt.
Fast zu gleicher Zeit, als im v. J. die erste Brut der Purpur krön-
finken gemeldet werden konnte, waren auch die Madraswachteln (cot. cam-
bayensis) in verschiedenen deutschen Stuben zur finklichen Brut geschritten, nach¬
dem sie vielfach schon durch ihren beispiellosen Eiersegen den erwartungs¬
vollen Pfleger überrascht und ermutigt. Ein von 4 Geschwistern hier allein
lebend gebliebenes vorjähriges Männchen hat sich noch nicht vermausert, schlägt
aber bereits aus. Die Eltern hatten reichlich 50 Eier geliefert, alle aber un¬
befruchtet, bis auf das letzte Gelege von 5 Stück, und sie alle waren immer
in Form und Größe einander genau gleich, aber in der Zeichnung überaus ab¬
weichend bei jedem neuen Gelege. Die allerersten machten noch am ehesten
einen „fremdländischen“ Eindruck. Aus 3 verschiedenen Gelegen stammend,
waren 19 Eier teils schmutzig weißgelb mit ganz weißen wie erhabenen unregel¬
mäßigen Spritzpunkten und glänzend wie lackiert, teils schmutzig weißgelb
mit weniger Spritzpunkten und ohne Glanz, teils rein blaßgelb ohne Glanz
und ohne Punktierung. Aus letztgemeinten fielen auch die Jungen. Die Eier
hatten einen inneren Poldurchmesser von 30 mm bei 20 mm Mitteldurchschnitt
(6 cm dickster Umfang). Neben ihnen sind einheimische Wachteleier
heller und dunkler braungelb mit teils sehr dichten kleinen, teils vereinzelten
größeren dunkelbraunen Flecken und abweichenden Maßen von 37 — 40 mm
Länge, bei 67 — 72 mm Dicke, zusammengesetzt aus 3 verschiedenen Gelegen
ganz verschiedener Gegenden. Dem entsprechend sind auch die Größenver¬
hältnisse der beiden Vogelarten zu einander, und wiederum die weit später
eingeführte chinesische Zwergwachtel (cot. chinensis ) ist kaum halb so
groß wie die Madraswachte], trotzdem sind ihre Eier verhältnismäßig sehr
groß, nämlich sie haben eine Länge von 25 mm, einen äußeren Umfang in
der Mitte von 19 mm, einen inneren Durchmesser von 16 mm. Überaus an¬
sprechend erscheinen die Eier. Sie haben auf teils einfarbig graugrünem,
teils braungelbem Grunde in eigenartigem Farbentone, ähnlich den jetzigen
Damenkleidermodestoflen, zarte kaum nur angedeutete dunkelbraune Pünktchen,
unregelmäßig verteilt über die ganze übrigens glänzende Schale.
Auch die zierliche chinesische Wachtel dürfte bald mehr zur Brut ge¬
langen. Meines Wissens hat zwar erst Fräulein Hagen beck, Hamburg sel¬
ber, der wir auch diese Einführung verdanken, sie glücklich gezüchtet, aber
die von ihr hierher gelieferten beiden Pärchen haben beiden Besitzern bereits
vorläufig durch Gelege von zusammen 7 Stück die Hoffnung auf Nachwuchs
wachgerufen. Einige tadellos präparierte Eier werden vertauscht.
372
Von den Madraswachteleiern suchte Herr Ober-Amtmann Nehr-
korn zu Tauschzwecken mit Amerika und Australien bei mir kürzlich bis
50 Stück, und das naturhistorische Institut Linnaea, Frankfurt a. M. teilte
mir Ende Juli mit, daß von anderer Seite mehrere Eier bei ihm eingelaufen.
Eduard Rüdiger.
Schönkirchen bei Kiel, 25. Oktober 1884.
Albinismus einer Ringelnatter (Tropidonotus natrix). Ein hier am
18. Oktober d. J. in meinem Garten, wo sich Mistbeete befinden, in denen jähr¬
lich große Mengen dieser Tiere ausgebrütet werden, gefangenes junges Exem¬
plar der genannten Schlange von 17 cm Länge, welches sich lebend in meinem
Besitz befindet, ist ein Albino. Die Oberseite ist hell fleischfarbig, die Nacken¬
flecken sind schön orangegelb; die kleinen Flecken längs des Rückens sind
durch einen etwas rötlicheren Ton von der Grundfarbe zart abgehoben.
Die Farbe der Unterseite geht mehr ins Weißliche und erscheint nur eben röt¬
lich-gelblich angehaucht. Die Eingeweide scheinen blaurötlich durch. Die Augen
sind hell kirschrot, die Pupille hebt sich durch ein um ein geringes dunkleres
Rot ab. Die weißen Flecken in der Augengegend sind deutlich.
Der zarte rötlichweiße Farbenton giebt dem Tiere ein ungemein angeneh¬
mes Ansehen und ich wünsche, daß mir das Aufziehen desselben, welches indeß
Schwierigkeiten haben dürfte, gelingen möge. II. F. Wiese, Ingenieur.
Bern, den 3. November 1884.
Verändertes Benehmen eines Hundes. Eine Beobachtung am Ova-
l’ium des Hundes machte mir es wünschenswert, ein solches von einer zum ersten-
rnale läufigen Hündin möglichst frisch zu untersuchen. Zu diesem Zwecke wurde
im August dieses Jahres eine junge Hündin gekauft, welche indessen erst im
Oktober einen Hund zuließ. So wurde das Tierchen längere Zeit beobachtet;
es war anfangs scheu, später aber zutunlich; immer war es reinlich, so daß es
gut zu halten war. Am 16. Oktober wurde das Tier belegt. Nach Aussage
des Wärters — des an der Haltung von Hunden nicht unerfahrenen Dieners der
anatomischen Anstalt an der hiesigen Tierarzneischule — wurde von diesem
Tag an das Benehmen des Tieres ein ganz verändertes; es wurde unzugäng¬
licher und vor allem unreinlich, derat, daß es nicht mehr im Zimmer ge¬
halten werden konnte. Am 26. Oktober wurde es getötet; es fanden sich 5 Eier
im Uterus von etwa Stecknadelkopfgröße, die Befruchtung war also erfolgt. Das
Interessante ist die Änderung des psychischen Verhaltens des Tieres, die gewiß mit
den Änderungen im Leben schwangerer Frauen verglichen werden darf. Da,
wie mir mein Kollege Professor Be r der, Direktor der hiesigen Tierarzneischule
mitteilt, bisher ähnliche Beobachtungen nicht verwertet sein sollen, glaube
ich, dieselbe hier anführen zu dürfen. Gewiß werden Hundebesitzer und vor
allem Züchter ähnliches genug mitzuteilen haben. Prof. Dr. M. Fl e sch.
373
Otterberg Rheiupfalz, November 1884.
Pneumaticität beiTritonen. Bezugnehmend auf den Artikel des Herrn
Professor Dr. H. Landois in No. 10 der Zeitschrift »Der zoologische Garten«
über die Fähigkeit mancher Tiere, Luft in ihre verschiedenen Organe eintreiben
zu können, möchte ich der Redaktion einen Fall mitteilen, der meiner Ansicht
nach hierher gehört und vielleicht noch weniger beobachtet wurde.
Wenn ich nämlich im Frühjahr zum Zwecke der Versendung dieser Tiere
Tritonen sammeln lasse, von denen sich oft Hunderte im Verhältnis zu ihrer Zahl
in engem Raum herumtummeln müssen, so mache ich öfters die Beobachtung, daß
Tiere des gemeinen Triton taeniatus , besonders deren Weibchen, vom Hals bis
zur Schwanzwurzel in einer Weise aufgeblasen erscheinen, daß sie etwa den
öfachen Umfang ihres normalen Körpers zeigen, dieser in solcher Form straff
angetrieben ist und die Füße in den Rumpf förmlich eingesteckt erscheinen,
d. h. beinahe unbeweglich abstehen, durch welche Umstände dem Tier seine
freie Bewegung völlig unmöglich ist; es liegt auf dem Rücken und der fisch¬
blasenähnlich aufgetriebene Leib schwimmt (auf) über der Wasserfläche. Berührt
man nun ein hiermit befallenes Tier, so bewegt es einigemal den Kopf und
schnellt dann unter schlängelnden Bewegungen des hiervon unberührten Schwanzes
über den Wasserspiegel hin, besonders den Glaswandungen entlang, daß dabei
sein Bemühen, aus dieser ungewöhnlichen und lästigen Lage herauszukommen,
nicht zu verkennen ist. Natürlich gelingt ihm dies nicht und nach kurzer Zeit
schwimmt der erkrankte Molch wieder erschöpft regungslos auf dem Wasser.
Von dieser eigentümlichen Krankheit befallene Tiere lebten in diesem Zustand
oft noch tagelang, ohne daß ich eine Abnahme ihres abnormen Umfanges wahr¬
nehmen konnte, schließlich aber fand ich sie abgestorben. Ob sich nun auch
manche wieder hiervon erholen konnten, war mir leider nicht vergönnt, beobachten
zu können.
Das Entstehen dieses sicher (?) nur auf dem Eintreiben von Luft in die
Eingeweide oder unter die Haut beruhenden abnormen Zustandes dürfte sich
vielleicht aus folgendem erklären: Erscheinen im Frühjahr in den das erste
Grün zeigenden Wassergräben unserer Wiesenthäler die Tritonen, so bemächtigt
sich der hiesigen Jugend, weil sie daraus ihren guten Nutzen zieht, ein fieber¬
haftes Bestreben, mir recht viele dieser Tiere zu übermitteln, und daß sie bei
deren Fang nicht gerade sehr schonend mit den harmlosen Geschöpfen ver¬
fahren, ist natürlich. Dieselben werden in Gefäße aller Art gestopft, oft stunden¬
lang in diesen herumgetragen, gerüttelt und geschüttelt, und damit dürfte viel¬
leicht das Eintreten obiger Krankheit ermöglicht sein. Max Kruel.
Zusatz des Herausgebers. Ein Triton taeniatus in ähnlichem Zu¬
stande, wie vorstehend beschrieben, wurde mir in diesem Frühjahre, nachdem
er gestorben war, überbracht. Bei dem Einschneiden in den Bauch quoll eine
bräunliche, körnig getrübte Flüssigkeit aus demselben hervor. Die mikroskopische
Untersuchung ergab eine Unmasse brauner kugeliger Körper, die mit Körnern
und kleinen Zellen erfüllt waren, Psorospermien, die offenbar durch ihre Ver¬
mehrung und Menge den Tod des Molches herbeigeführt hatten. Von Überfüllung
mit Luft war an keinem Organe etwas zu sehen. Es fragt sich also, ob in den
obenerwähnten Fällen Pneumaticität der Tiere, die nicht konstatiert worden zu
sein scheint, oder eine andere Krankheitsursache die Veranlassung zu dem un¬
gewöhnlichen Leibesumfänge der Molche war.
374
Braunschweig, den 1. Dezember 1884.
Zur Fauna des Somalilandes. Herr Joseph M enges veröffentlicht
in den P eterm ann’ sehen Mitteilungen (30 Band 1884, S. 401 — 413) einen
wertvollen Bericht über seine von Herrn Carl Hagenbeck veranlaßte letzte
zoologische Expedition ins Hochplateau der Somalihalbinsel. Da derselbe auch
die sehr abweichende, so zu sagen neu entdeckte Fauna jener Gegend an meh¬
reren Stellen bespricht, so möchte ich in ein paar Worten auf seine Angaben
hinweisen, durch welche meine früheren Mitteilungen im zoologischen Garten
über diesen Gegenstand bestätigt und ergänzt werden. Herr Meng es unter¬
scheidet die Fauna des Küstenstrichs, der Saehel und des eigentlichen Hochpla¬
teaus. Wenn er in dem ersteren Strauße, Wildesel, Beisaantilopen, Ariels, Ga¬
zellen, Hasen, Trappen, Schakale, Fennecke und Hyänen ohne weitere Bemer¬
kungen anführt, so muß man annehmen, daß Strauß und Wildesel durch die
von Herrn Dr. Reichen ow und mir beschriebenen Arten Struthio molybdophanes
und Asinus taeniopus var. somaliensis repräsentiert werden. Bei dem Somali
Strauß erwähnt er außer den schon bekannten Unterschieden als neu und ab¬
weichend noch die Form und Farbe der Eier (in wie fern, ist nicht gesagt).
Ebenso ex'kennt er den Wildesel und das Zebra (. Equus Greviji ), als neue Arten
an. Wichtig ist ferner die Bereicherung der Klasse der Antilopen durch vier
neue Arten. Zunächst finden sich im Somalilande eine Kuhantilope, ( Bubalis .
nov. sp .) und eine Elenantilope ( Buselaphas , nov. sp ) , die er zwar nicht lebend
gesehen aber nach den Häuten als neue Arten erkannt hat.
Sehr interessant sind zwei neue lebend beobachtete Arten. Eine neue
Antilope Dama oder vielmehr Soemmeringii (nach Herrn Hagenbecks Ansicht)
zeichnet sich aus durch kaffeebraune Farbe und einen 10—15 cm breiten Rücken¬
streifen. Der Hals ist auffallend lang, die kurzen ziemlich starken Hörner sind
(ähnlich wie bei Dama) nach hinten geschweift, während die Spitzen sich nach
der Mitte und vorn drehen. Das Tier ist lebend nach Hamburg gekommen,
ohne von mir gesehen worden zu sein, da es bald eingegangen ist. Die Somali
nennen diese Antilope »Gerenuk«, welche auch auf der Hassenstein’sclien Karte
zur Reise des Herrn Meng es öfter eingetragen ist und sich nur im Innern,
nicht in der Küstenebene findet. Die zweite Art ist eine neue Strepsiceros oder
Kuduantilope, von den Somali »Aderio« genannt, die Herr Menges für die
schönste aller ihm bekannten Antilopen erklärt. Sie kommt im Somaligebirge
neben der bekannten Strepsiceros Kudu, aber häufiger als die große Art vor.
Nach Hamburg ist sie bei der bekannten Hinfälligkeit der Kudu meines Wissens
nicht lebend gekommen. Sie hat die Größe eines Damhirsches und ist dunkler
oder heller grau gefärbt mit einem schmalen weißen Rückenstreifen und 12 — 15
hellen Querstreifen und weißen Tüpfeln in den Weichen, während Kudu viel
weniger Querstreifen und keine Tüpfel hat und die Größe der Edelhirsche
erreicht. Auch die Hörner des Aderio-Bocks weichen ab, indem sie zwar wie
bei Kudu spiralförmig gekrümmt aber viel dünner und zierlicher sind als bei
Strepsiceros Kudu, auch ihre Enden, die sich bei Kudu weit entfernen, nahe bei
einander stehen. Herr Menges erwähnt noch, daß diese Art den Tragelaphus
Spekii , der auch Tüpfel in den Seiten hat, wie Traget, scriptus, sehr ähnlich ist, sich
aber durch die Form der Hörner unterscheidet, da den Tragelaphusarten die
wiederholte Spirale der Kudu fehlt.
Die von Herrn Menges erwähnte Beisaantilope des Somalilandes habe
375
ich in mehreren Exemplaren in Hamburg gesehen, sie in meinen früheren Mit¬
teilungen aber nicht besprochen, weil sie nicht abweicht.
Bemerkenswert ist ferner ein kleines Frankolinhuhn des Somalilandes,
welches sich aber auch weiter südlich am Djub findet, wo wahrscheinlich über¬
haupt die Somalifauna noch weiter nach Süden reichen wird. Mir ist es nicht
zu Gesicht gekommen. Von weiteren (wohl nicht abweichenden) Säugetieren des
Somalilandes erwähnt Herr Meng es noch Löwen, Elefanten, Warzenschweine,
Stachelschweine und den häufigen Jagdleoparden, der mir durch seine etwas ab¬
weichende Färbung (vergl. meine früheren Mitteil.) auffiel.
Dr. Th. Noack.
Miscellen.
Die Zahl der jungen Alligatoren, welche jährlich in Florida ihrer
Haut, Zähne und ihres Öles wegen gefangen werden, beläuft sich auf 6000
Der Preis ist 25 Dollars per Hundert, beim Einzelverkauf 75 Cents bis
1 Dollar per Stück. Zehn bis fünfzehn Fuß lange Exemplare kosten von 25
bis 60 Dollars. D. Gronen.
Junge Iltisse. Weder bei Blasius noch bei Altum und Brehm
noch sonst irgendwo finden sich Angaben über die Färbung junger Iltisse.
Anfangs Juni 1884 erhielt ich einen Wurf eben geborener Iltisse, an denen
die Nabelschnur noch nicht trocken geworden, der also eben geworfen sein mußte.
Es waren 8 Stück, gefunden in der Nähe der Loddenhaide bei Münster.
Ihre Länge beträgt von der Schnauze- bis zur Schwanzspitze gemessen
18,5 cm. Das sonderbarste ist die Färbung ihres Haarkleides. Die Länge der
Haare beträgt höchstens 6 mm. Alle diese längeren Haare sind von bläulich¬
grauweißer Färbung. Dadurch erscheinen die Jungen im allgemeinen weiß
Zwischen diesen Haaren sprossen jedoch viele kürzere braune Haare hervor.
Es liegt nun der Gedanke nahe, daß die weißlichen Haare, die Wollhaare der
Nestjungen, bald von den braunen Stichelhaaren überwuchert werden.
Die kurzen Tasthaare haben bereits eine braune Färbung. Die Hautfarbe
der Schnauze ist grell weiß. Es liegt hier gewiß die Normalfärbung junger
Iltisse vor. Ein Fall partiellen Albinismus ist es nicht , da nach Öffnung der
Augenlider sich die Augen als dunkelgefärbt ergaben. Vorkommenden Falles
bitten wir auf die Färbung nestjunger Iltisse genau acht geben zu wollen.
Auch über die Färbung eben geborener Hermelin -Wiesel wissen wir noch nichts.
Prof. Dr. H. Landois.
376 -
Todesanzeigen.
Am 10. Dezember 1884 starb zu Frankfurt a. M. in seinem 91 Lebensjahre
Dr. med. Eduard Rüppell.
Er war am 20. November 1794 in Frankfurt als Sohn des Gro߬
herzog]. Hessischen Oberpostmeisters Büppel] geboren. Nach dem Tode seines
Vaters verließ er das Gymnasium und widmete sich dem Handelsstande. Seine
Liebe zu den Naturwissenschaften veranlaßte ihn schon 1817 zu einer Reise
nach Egypten. Er lebte dann, wie schon einige Zeit vorher, in Italien. Die
Gründung der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft in seiner Vater¬
stadt (1817) veranlaßte ihn, in Pavia und Genua regelrechte Studien an der
Universität zu machen und sich für wissenschaftliche Reisen vorzubereiten.
1822 unternahm er, der erste deutsche Afrikareisende, eine sechsjährige Reise
nach Egypten, Nubien und Kordofan, 1832 eine zweite nach Abyssinien und
Arabien. Die reichen von ihm mitgebrachten Sammlungen übergab er dem
Museum seiner Vaterstadt, dessen Zierde sie noch bilden, seine Werke er¬
freuen sich der allgemeinen Anerkennung. 1840 wurde er von der geogra¬
phischen Gesellschaft in London mit der goldenen Preismedaille gekrönt. N*
Personal -Yerämlerungeu.
An die Stelle des verstorbenen Dr. Bodinus ist Herr Direktor Max
Schmidt, seither Direktor des Zoologischen Gartens zu Frankfurt a. M., zum
Direktor des Berliner Zoologischen Gartens ernannt worden. Er übernimmt
diese Stellung am 1. Februar 1885. Für ihn tritt Herr Dr. phil. L. Wunderlich,
der seit drei Jahren als Assistent im Berliner Zoologischen Garten thätig war,
als Direktor in den Zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. ein.
Bücher und Zeitschriften.
Th. N. in B. : Die Abbildungen erfolgen sämtlich mit Dank zurück; sie sind vor¬
trefflich ausgeführt. — A. v. K. in W. bei W. : Die Mitteilung wird gern benutzt. —
Eingegangene Beiträge.
Ernst Fried el. Erinnerung an die Feier seines 25jährigen Dienstjubiläums. Berlin.
Verein für die Geschichte Berlins 1884.
Humboldt, Monatsschrift für die gesamten Naturwissenschaften. Herausgeg. von Prof.
Dr. Krebs. Dezbr. 1884. Stuttgart. Ferd. Enke.
Dr. K. Müllenhoff. Die Größe der Flugflächen. Mit 5 Holzschnitten. Sep.-Abdr. Pflügers
Archiv f. d. ges. Physiologie Bd. XXXV. Bonn 1884. +
12. Jahresbericht des Westfälischen Provinzial - Vereins für Wissenschaft und Kunst
pro 1833. Münster 1884. Mit Abbildungen.
Geschäftsbericht über den Breslauer Zoologischen Garten für das Jahr 1883.
Jahresbericht der Ornithologischen Gesellschaft. Basel. 1884.
Dr. K. Ruß. Die fremdländischen Stubenvögel. IV. Band, Lehrbuch der Stubenvogelpflege-,
Abrichtuns: u. Zucht, 5 Lieferg. Magdeburg. Creutz'sche Buchhandlung.
Prof K. Möbius. Die wirbellosen Tiere der Ostsee. Nachtrag. Sep.-Abdr. XIV. Bericht der
Kommission zur Untersuchung der deutschen Meere. Kiel 1884.
Erstes österreichisch-ungar. Lehr- u. Lernmittel-Magazin. Herausgegv. Nicki, Kmetitsch
u. Lochbihler, Graz 1884. III. Jahrg. No. 3.
Nachdruck verboten.
Druck von Mahlau & WaldschmicU, Frankfurt a. M.
/
Aal, Fluß- 25.1
Aasgeier, Fütterung 2! 6.
Abändern der Gewohnheiten
349.
Abbildungen : Brillentaucher
107, Durchlüftungsapparat
für Aquarien 195, Futter¬
ballen des Nilpferdes 354,
Gebiß des Nilpferdes 35, 36,
Goral Hl, Gorilla 52, Haut
des Nilpferdes 357, Moschus¬
tier 109, Schopfantilope 104,
Tapir 31 , Wachstum des
Elefanten 1, Mfalroß 183,
Yak 30.
Abbildungen, Herstellung von
309.
Aberglaube mit der Filz¬
laus 153.
Abli pharus pannonicus 314.
Abnormitäten s.Mißbildungen.
Acantkodactylus vulgaris 338.
Acclimatisation des Straußes
62.
Aderio 374.
Adler, Fisch- 2=4, Gold- 253,
Kaiser- 254, Livlands 369,
Schell- 370. Schrei- 254, 370,
See- 253, 369, Stein- 253,
370.
Albinismus s. Leucismus.
Alligator 54, missisuppiensis
260, -jagd 375.
Alpaka 56.
Ameisen 348.
Ameise, Nacht- 265, Iiost- 264.
Ameisenigel, eierlegend 349.
Amn'va sexliveata 259.
Ammer, Sperlings- 347.
Amsel als Vogelfeind 171.
Amsel, Schwarz- 59.
Amphibienlarven, überwin¬
ternd 288.
Ancistrodon coniortrix 230.
Anotius carolinensts 259.
Anserunas melanolextca 216.
Ante 334.
Antilux Vunsire 105.
Antilocapru americann 199.
Antilope, Berg- 103, dorcas pcr-
sica 108, Elen- 2 14, Gabel-
199, Kudu- 56, Maxwellsche
Schopf- 104, moutava 103,
neue 374, Schopf- 335.
Anthus lüchurdi 347.
Apparate, Haft- 289.
Aquarium, Berlin 52, 156,
Frankfurt a. M. 149, 184,
Durchlüftungsapparat 1 93.
Aquila albicillu 253:chrysactos 253,
daruja 370, fulvu 253, haliaetos
253, imperialis 254, naevia 254.
Zoolog. Gart. .Jahrg. XXV.
Register.
Araucanen 125.
Ar den egretta 154.
Argusfasan 56.
Asinus taeniopus ufricamts 101,
tarnt opus nomaliensis 101.
Atilax Vunsire 105.
Aufgaben der Naturalien¬
sammlungen 234, 266, 302.
Augenoperation an einem
Geier 257.
Ausstellung, Walfisch- 285.
Austernzucht, künstliche 27.
Bachmann, moderne Mikros¬
kope 127.
Bachstelze, sibirische 347,
weiße 26, 60.
Bär, amerikanischer 199, Grizz¬
ly-, Varietäten 344, schwar¬
zer 344, Wasch- 201.
Bahia, Tiermarkt 323.
ßnlaenojdera muscitlus 60.
Bandwurm, Ketten- 254.
axtuta 200.
Bastarde von Angoraziege und
Heid schnuckenschaf 330, von
Cynocephalus Hainadryas und
C. Babuin 317, von Fuchs¬
ente und ägyptischer Gans
57, von Yak und Sanga 283,
von Pony und Zebra 331,
Bdellostonia heptr.t rema 300.
Beiträge : eingegangene 32, 64,
96, 128, 160, 192, 224, 256,
320, 352, 376.
Beobachtungsstationen der
Vögel Deutschlands 191, der
Vögel Österreichs 19i.
Beschädigung des Telegra¬
phen durch Vögel 97.
Beutelratte 227.
Benehmen, verändertes 372.
Biber 54.
Bleßbock 56.
Boa niurina 51.
Bodinus, Dr. f 351.
Boihriocephalns latus 254.
Brehm, A. f 351.
Brillentaucher 106.
Buciros bicornis 216.
Bücher und Zeitschriften 32,
64, 96, 128, 160, 192, 224,
256, 320, 352, 376.
Büffel 198, und Telegraph M O.
Bussard als Vogelfeind 164.
Buthus sjhnigerus 263.
Cants latmns 199, 336, lupus
occidentalis rufus 199.
Capybara 255.
Cambus cunceüatus, aehtbeinig
257.
Casaren rutilu 57.
Cuthartes utratus 21*h
Cephalophus corottahis 3"‘5, Maz-
ipellii 104, rufitutus 57.
Cercop ithecus cynomolgus , Haft¬
apparat 296.
Cervulus Hcecesii 56.
Cervus leucurus 2i, macrotis 21,
virginiarms 198.
Champsa lucius 54.
Chauna chavana 250.
ClteiromeMs torquahis 296.
Chenulope.x aegypiiucus 57.
Chile von Ochsenius 128.
Chimpanse 26, 53, 185.
Columba leuconota 114.
Coronella girundica 145.
Coturnix cambayeusis 371, chi-
‘n cns is 371.
Coyotes 199.
Cr ex pratensis 158.
Cronau, die Fasanen 223.
Crotalophorus tergeminus 230.
Crotalus durissus 230.
Cuculus aptatus 347, canorus
347, himalayanns 347.
Cyclopterus Ivmpus 300.
Cynailurus guttutus 103.
Cynocephalus mormon 317, niger
' 297.
Cyuomys ludoviciamis 228.
Cg tupliora proboscideu 27.
Dachs als Vogelfeind 141.
Dusypus tillosus 86, hybridus 89,
septemcinctus 89.
Dicotyles torquates 200.
Didelphis virginiana 227.
Bidnnculus stnyirostris 65.
Didus ineplus 65.
Dipiis aegyptius 276, Barricar-
rerei 276, deserti 27 6, hirtipes
27^, mauritanicus 276.
Doppelhornvogel 216.
Dronte 65.
Durchlüftungsapparat für
Aquarien 193
Dromaius Novae- Holland in e 154
Ecken eis 300.
Reh Ulna hystrix 349.
Eichhörnchen als Vogelfeind
144, fliegendes 230, Fuchs-
230, Luisiana- 230, schwarze
202.
Eidechse, gehörnte 259, ge¬
streifte 259, grüne 259, Wie¬
derbelebung einer 251.
Eier exotischer Vögel 370.
Eier, Hühner-, Bewegung der¬
selben 126.
25
Einfriedigung- der Känguruhs
85.
Eintagsfliegen 286.
Elchwild 319.
Elefant, Wachstum des in¬
dischen 4, indischer 333,
weißer 333, See- 27.
Elephas suinatruhus 333.
Elen 319.
Elster als Vogel feind 169.
Embiriza passtriuu 347.
Emu 154.
Emys pseudogeograpbica 262.
Ente, Fuchs- 57, Haus- 344,
ohne Schwimmhäute 154.
Ephialtes scops 336.
Eijnus Qrevii 101 , I'rzevulskii 332.
Erde und ihre Völker von
Hellwa'd 96.
Esel, neuer Wild- loi.
Eulen als Vogelfeinde 165.
Eule, Guineauhu- 337, mexi¬
kanische Ohr- 337, tasma-
nische Schleier- 338, Zwerg¬
ohr- 336.
Falken als Vogelfeinde 161.
Farbe bei Mäusen 58.
Fasan, Argus- 56.
Fasanen, die, von Cronau 223.
Fasten einer Schlange 54.
Fauna des Somalilandes 374.
Federn, Mißbildung 250.
Feinde der Singvögel 137, 161.
Felis cutus 326, cu color 200,
Hagenbeckii 326, maniculatu
326, oncn 200, pardulis 200,
Filzlaus 153.
Fink, Buch- 60, Purpurkron-
370.
Fisch, Katzen- 262.
Fische, Haftorgane 300
v. Fischer, das Terrarium 95.
Fischerei, Schwamm- 2.3.
Fischzucht in Holstein 254.
Fitzinger, L. f 351.
Flamingo 362.
Fledermaus, brasilianische
295, am Tage 190.
Fledermäuse am Tage 273.
Fliege, Eintags- 286.
Frieclel, Vorzeit der Fischerei
350.
Frosch, Gras- 23, Ochsen- 57.
Frösche und Kröten als Nacht¬
tiere 50.
Fuchs als Vogelfeind 141,
amerikanischer 199, Hum¬
melnester plündernd 93,
zweifüßiger 320.
Fütterung der Tiere im Ham¬
burger Garten 1 , 208.
Futtermengen : im Berliner
Garten 61, im Berliner Aqua¬
rium 156.
fiallinazo 216.
Gans, ägyptische 57, Elster-
216, Haus- 152.
Gänse als Eierdiebe 216.
Gänse und Telegraph 99.
Gänserichs Liebe 152.
Garten, ornithologischer 60.
Gazelle 56, persische 108.
Gebiß des Nilpferdes 35, 36.
Geburten i. Zoolog. Gärten 26,
56, 87, 154, 157, 158, 190, 214,
220, 317.
Geomys bursarius 229, pinctis 229.
Gepard 102.
Gerenuk 374.
Geschichte d. Kölner Gartens
44.
Geschwülste, Luft- 321.
Gewohnheiten, Abändern 349.
Gibbon 53.
Giraffe 84.
Gopher 229.
Goral HO.
Gorilla 26, 52.
Grus virgo 1 0 ).
Gecko, Haftapparat 290.
Gulo boreul is 213.
Gürteltier, borstiges 86.
Habicht als Vogelfeind 163.
Haftapparat bei Wirbeltieren
289.
Hagenbeck, Tierhandlung 100,
326.
Häher als Vogelfeind 168,
Nuß- 347, weißer 187.
Hai, Engel- 55.
Halarachne Halichoeri 186.
Halichotrus grypu s- 186.
Handlung, Tier-, Hagenbecks
100, 326.
! Hase, Prairie- 230, Maulesel-
230, Schnee- 56, Zwerg- 362.
Hausgenossen des Menschen
von Hess 159.
Haut des Nilpferds 357.
Hermelin als Vogelfeind 142.
v. Hellwahl, die Erde und
ihre Völker 96.
Herpestes cmicricorus 113.
Heß, Hausgenossen des Men¬
schen 159.
! Hirsch mit Bastgeweih käm¬
pfend 348, chines. Zwerg- 56,
Langschwanz- 20, Pudu- 56,
Schwarz- 20, virginischer-
198.
Uirundo urbini 25.
Holzböcke 265.
Hornbildung bei Hühnern 1\5.
Hornvogel, Doppel- 216.
Huhn, Auer- 119, Birk- 121,
Fehl- 322, Frankolin- 375,
Großfuß- 349. Perl- 27, 328,
Hackel- 115, Schnee- 347.
Hühnereier, Behandlung 126.
Hühner, Mißbildung 155.
Hund, Benehmen 372, fliegen¬
der 53.
'Ilydrochoerus capybarn 255.
Hydropotes inermis 56.
Hyper odoon rostratus 60.
Hyrax , Haftapparat 292.
/ bis melatiopis 56.
Igel, Ameisen- 349.
Iltisse, junge 375.
Indien, Todesfälle durch wilde
Tiere 285.
Instinkt 185.
Inuus nemestrinus 296, speciosus
Fußbildung 296.
Jaguar 200.
Jamaikas Ornithologie 280.
Kalmücken 125.
Kalong 53.
Kanarienvogel von Ruß 64.
Känguruh, Pflege 84, Riesen-
56.
Kaninchen, amerikan. 230.
Karakal 328.
Katze, Hagenbecks 326, So¬
mali- 326.
Katzen als Vogelfeinde 139.
Kaulquappen , überwinternd
288.
Kauz, Guinea- 337.
Klippschliefer, Fußbildung
292
Korallen, Produktion 288.
Krankheiten bei Tieren 83,
309, 321, 373.
i Krähen als Vogelfeinde 168.
Krähe, Raben- 343.
Kranich 28, Jungfern- 57, 100.
Kreuzung von Mäusen 58.
Kröten als Nachttiere 50.
Kuckuck, Himalaya- 347.
Kuguar 200.,
fjagopus rvpestris 347.
Larven von Kröten , über¬
winternd 288.
Laubenvogel 57.
Laubfrosch, Haftapparat 298.
Laufkäfer, achtbeiniger 287.
Laus, Filz- 153.
Lepadcgasler 300.
Lepidopteren Madagaskars v.
Saalmüller 255.
Lepus variabiHs 56, callotis 230
sylvaticios 230.
Leucismusbei Auerhahn 119,
eines Hähers 187, einer
Ringelnatter 372.
LeunisSynopsis d.Tierreichs64.
Liebe einer Gans 152.
Liparis 300.
I .ist of vertebrated animals 159.
Litteratur 29, 64, 95, 127, 159.
191. 223, 255.
Löwe 83.
v. Loewis, Reptilien der Ost¬
seeprovinzen 191.
j Luchs, Rot- 200.
Ludwig, Wirbeltiere Deutsch¬
lands 191.
Luftgeschwülste b. Vögeln 321.
Lumme 54.
Lynx caracul 328, rufus inucula-
tus 200.
fJiicroc/itiuiiys lacertina 261.
Mafuka 185.
Maki, Gespenst-, Haftapparat
299.
Mandrill 317.
Manguste, Krabben- 113.
Mannheimer Stadtpark, Tier¬
leben 341.
Marder als Vogelfeind 14 1.
Markt, Tier- 323.
Massasauga 2öu.
Mast icaphus 233.
Maus, Spring- 276.
Mäuse, Kreuzung 58, alsVogel-
feiude 145.
Mauser, Schnabel- 120.
Meerschweinchen 343.
Megrpodius Hueskeri 349.
Meisen im Dienste der Rosen¬
kultur 221.
Melanismus bei Eichhörnchen
202.
Mephitis bicolor 227, niesoUucu
226, vuriaus 227.
Mikroskope von Bachmann 127.
Milbe, Nasen-, der Robbe 186.
Milntlus forßcutus 134.
Mißbildung- bei einer Ente 154,
an Federn 250, bei Hühnern
155, Schnabel- 340.
Mokassin 230.
Molch, sechsbeiniger 04.
Moschus •» wsch/ferus 108.
Moschustier l'os.
Mosers Notizkalender 350.
Mo'acilla alba 347, duhhunensis
347.
Mustang 198.
Myoxus giis 29.
Myrmico. malefacius 264.
Myxtne glwtinosa 300.
Namen von Wildschafen 311.
Nashorn, Erkrankung 85.
Natter, Gironden- 145, Ringel-
372, Sprossen- 304, Treppen-
364, Würfel- 28.
Naturaliensannnlungen, Auf¬
gaben der 234, 266, 302,
populäre 237.
Neigung einer Gans 152.
Kemorhoedus Goral 110.
Nilpferd 33, 353.
Nistplatz, sonderbarer 222.
Norwegens Raubtiere 155.
Notizkalender Mosers 35,0.
Nucifroga caryocatactes 347.
Numicla cristata 328.
Nycticoraa: gristus 154.
©chsenius, Chile 128.
Öcodomo texana 265.
Ohreule, mexikanische 337,
Zwerg- 336.
Olm, amerikanischer 360.
Operation, Augen-, an einem
Geier 257, einer Löwenkralle
83, am Nashorn 85.
Ophibolus eplmvus 232, So.yi 233.
Opossum 227.
Orang Utan 53.
Ornithologie Jamaikas 280.
Orn ithorhjjK chus eierlegend 350.
Otter, Baumwollen- 231, Fisch-
27.
Otus niexicanus 337.
Ovis aries süatopyga 327, Ammon
313, Argali 312, Gmelini 313,
Karelini 313, montan a 313,
mgrimontana 314, Pol ei 312,
Vignei 314.
Ozelot 200.
Ozotheca odoraia 262.
Panther 200.
Posier domesticus 346.
Paviane, Klettervermögen 293.
Pediculus pubis 153.
Pekari 200.
Pelodytes punvtatus 177.
Pelopaeus cai ruleus 264.
Pepsis elegans 263.
Perlhühnerzucht 27.
Personalveränderung 376.
Pfau, Spiegel- 56.
Pferd, wildes 198.
Pflanzen in Texas 130.
Pflege der Tiere 82.
Phacochoerus africanus 334.
Phrynosoma cornutum 259.
Ficus crissol eucus 347.
Pieper, sibirischer 347.
Pimtlodus 262.
Platycercus cornutus 56, uvaeensis
56.
Pneumatizität 309, bei Trito-
nen 373.
Polistes rubriginosa 264.
Folgt, oroid.es typicus 336
Polyplectron Germaini 56.
Prairiehund 228.
Preise der Tiere 324.
Procyon lotor 201.
Produktion der Korallen 288.
Proteus , amerikanischer 360.
Psnmmodromus hispiniicus 38, 75.
Pseudois Nahoor 110, 247, 314.
Psorospermien 373.
Pteroniys volucellu 230.
Pier opus ednlis 53.
Ptil enorhyn chus violaceus 57.
Puma 200.
Piitorius frenatus 201.
Python bicittatus 54, molurus 54.
Haben als Vo, eifeinde 168.
Rackeihahn 115.
Buna ternporaria 23.
Ratte, Baumwollen- 229.
Raubtiere Norwegens 155.
Reli, chinesisches 56.
Reiclienow, Vögel der zoolog.
Gärten 159.
Reiher, Nacht- 154, Silber-
154.
Reptilien der Ostseeprovinzen
von v. Loewis 191.
Bhca imuricanu 56.
Rli e in üb er s cli w e m mun g 74.
Rh in ec liis scalaris 364.
Rhinol oph us- Ar t en 273.
Rliniostoma coccinea 234.
Rind, afrikanisches 328.
Rio de Janeiro, Tiermarkt 323.
Robbe, Elefanten- 27, Kegel-,
Nasenmilbe 186.
Rotschwanz, Haus- 60.
Rückblick 1.
Ruß, Kanarienvogel 64.
Riippel, Dr. f 376.
Saalmüller, Lepidopteren Ma¬
dagaskars 255.
Salamander 229.
Salm im Main 2 b
Sammelplatz der Bachstelzen
26.
Sammlungen, Forst- 307, Na¬
turalien- 234, 266, 302.
Sandschlüpfer, spanischer 38
75.
Säugetiere, eierlegeud 349, in
Wort u. Bild v. Vogt u.
Specht 29.
Schaf, Guinea- 329, Fettsteiß-
327. Nahoor- 110, 247.
Schafe, Namen 311.
Schiffshalier 300.
Schildkröte , Alligator- '261,
europ. Sumpf- 63, gemalte
262. Moschus- 262, Riesen-
Schnapp- 261, weicbschalige
222.
Schlammtaucher punktierter
177.
Schlange, Eier- 232, Hühner-
232, Klapper- 230, Königs-
233, Kupfer- 230, Mokassin-
230, Riesen- 54, Scharlach-
234, Peitschen- 233.
Schlangensperber, afrikan.336.
Schlegel, Dr. H. f 160.
Schleiche, Zwerg- 314.
Schnabelmauser 120.
Schnabeimißbildung 316.
Schnabeltier, eierlegend 350.
Schnakenplage 344.
Schreier, gehaubter 250.
Schwalben, überwinternde 25.
Scliwammfischerei 223.
Schwan, schwarzer 341.
Schwein, Warzen- 334.
Schweiß d. Nilpferdes 37,357.
Sciurus ludoviciamts 230, vulpi-
nus 230.
Scops carnüilica 336.
Scotopelia Bouvieri 337.
Seehase 300.
Sibirien, Vögel 347.
Siebenschläfer 29, als Vogel¬
feind 145.
Sigmo Bon Berlandicri 229.
Singlialesen 125.
Singvögel, ihre Feinde 137,
161.
Skandinaviens Wildstand 319.
Skolopender 263.
Skorpion 263.
Somaliland 374.
Specht u. Telegraph 98.
Sperber, Schlangen- 336, als
Vogelfeind 162.
Sperling, Haus- 346, hyper¬
pneumatischer 309.
Spheniscits demersus 106.
Springmäuse 276.
Squalus squütina 55.
Stachelfing r, gemeiner 338.
Stadtpark, Mannheimer, Tier¬
leben 341.
Star 60, Blumen liebend 222,
als Vogelfeind 171.
Steinschmätzer 222.
Stinktier 226.
Strauß, afrikanischer 62, ame¬
rikanischer 56, Somali- 19,
124.
Straußenzucht 285.
Strepsiceros imberbis 56.
Strix caslanops 318.
Struthio austrulis 20, camelus
19, molgbdophanes 20, 125,
somaliensis 125.
Sylvia affin is 347.
Synopsis des Tierreichs von
Leunis 64.
Syrnium, nuchale 337, turquatuni
337.
Tapir, amerikanischer 334,
Schabracken-334, frißtEnten
215.
Tarantel 263.
Taube, weißrückige 1 14, Zahn-
65.
Taucher, Brillen- 106.
'laurotragus oreas 214.
Telegraph und Büffel 190.
Telegraph und Vögel 97.
Terrarium 51, das, vou v.
Fischer 95.
Tetra o , Arten 116.
Texas, Tierwelt 129, 172, 197,
225, 259.
Thiroptera tricolor 295.
Tiere, neu eingeführte 100.
TierhandlungHagenbeeks 326.
Tiermärkte Südamerikas 323.
Tierpflege im Hamburger
Garten 82, 208.
Tierwelt von Texas 129, 172,
197, 225, 259.
Tiger in Asien 361.
380
Tigerin, nervöse 208.
Todesanzeigen 351, 370.
Todesfälle 160, durch wilde
Tiere in Indien 285.
Tötung eines Adlers 253.
Toxicophis pücivorus 231.
Trionyx feröx 262.
Triton, Krankheit 373, taeuia-
tus 373, sechsbeinig 94.
Tropidonotus natrix 372, tessel-
latvs 28.
Tyrann, Scherenschwanz-
134.
Überlegung bei Tieren 185.
Überschwemmung im Kölner
Garten 74.
Überwinternde Schwalben 25.
Universalmuseum der Natur
302.
Urin troile 54.
Ursus amerkanus 199, 345.
Yansire 105.
Verbreitung des Tigers 361.
Xespertilio- Arten 273.
Vespcrugo, Arten 273.
Vielfraß 213.
Viverra cibetha nepalensis 113.
Vogel, Lauben- 57.
Vögel, der zoolog. Gärten v.
Reichenow 159, Deutsch¬
lands, Beobachtungsstatio¬
nen .|9l, Luftgeschwülste
321, Österreichs, Beobach¬
tungsstationen 191, Sibiriens
347, und Telegraph 97.
Vogelzug 60, 22i.
Vogt und Specht. Säugetiere
29.
Vorzeit der Fischerei von
Friedei 350.
Vulpes fulvits argmiaius 199.
Wachstum des ind. Elefanten
4, des Nilpferdes 33.
Wachtel, chinesische 371, Ma¬
dras 371, Zwerg- 371.
Wachtelkönig 158.
Wal, Finn- 60
Waldhühner, deutsche 115.
Walroß, Fußbildung 294, in
Gefangenschaft 187.
Weihen als Vogelfeinde 165.
Wespe, braune 264, Stahl-
264, Tarantel- 263.
Wiederbelebung einer Ei¬
dechse 251.
Wiesel als Vogelfeind 141,
Benehmen 350.
Wildstand Skandinaviens 319.
Wirbeltiere Deutschlands von
Ludwig 191.
Wolf, Betragen 319, grauer
199, Heul- 336, Prairie- 199.
Würger als Vogelfeinde 166.
Yak 331, 362.
Zähne des Nilpferdes 355.
Zahntaube 65.
Zebra, neues 101.
Zebu 329.
Zehenstifte der Waldhühner
121.
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200, nepalsche 113.
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furt a. M. 1, 148, 18i, Ham¬
burg 26, 33, 65, 82, 100, 158,
208, 257, 285, Hannover 89,
Liverpool 94. London 159,
Münster 22, 223, Prag 55,
Tours Beaujaräin 56.
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Zucht, Austern- 27, Fisch- 254,
Perlhuhn 27, Straußen- 62.
285.
Zug der Vögel 60, 221
Zeitschrift
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere,
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXY. Jahrgang. — No. 1.
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Der Zoologische Garten.
Um die Anschaltung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
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zu ermäßigen :
Jahrgang I fehlt.
» II— TI (1801—1865) ä Mk. 2. —
» VII-XVI (1866-1875) » » 3. —
» XVII— XXI (1876 -1880) » » 5. -
Bei Abnahme der sämintlichen Jahrgänge II— XXI ä Mk. 2. 50
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Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXV. Jahrgang. — No. 2.
Frankfurt a. M.
Verlag von M a h 1 a u & Waldschmidt.
1884.
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. AI.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
NXV. Jahrgang. — No. 3.
Frankfurt a. M.
Verlag von M a h 1 a u & Waldschmid t.
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1884.
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rzu eine Beilage von Philipp Cohen in Hannover, beireifend Br. W. Hess
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„Die Hausgenossen des Menschen unter den (
Der Zoologische Garten.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir uns entschlossen, die Ladenpreise wie folgt
zu ermäßigen :
Jahrgang I fehlt.
» II— VI (1861-1865) ä Mk. 2. —
» VII -XVI (1866 -1875) » » 3. —
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Gemeinsames Organ
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Deutschland und angrenzende Gebiete,
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
yo n
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymuasium.
XXY. Jahrgang. — No. 4.
Frankfurt a. M.
Verlag vöii M A h 1 a u & W a 1 d s c h m i d l
1884.
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Beobachtung, Erhaltung und Pflege im freien
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paration und Aufstellung in Sammlungen etc.
Nach den neuesten Erfahrungen
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In drei Teilen.
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vieren, Präparieren etc.
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Mit Atlas von 10 Tafeln, gr. 8. Geh. 6 Mk.
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oder das Modellieren der Tiere und das
Aufstellen und Erhalten von Naturalien¬
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Die botanischen, zoologischen und Akklima¬
tisationsgärten, Menagerien, Aquarien und
Terrarien in ihrer gegenwärtigen Entwicke¬
lung. — Allgemeiner Naturschutz; Einbür¬
gerung fremder Tiere und Gesundheitspflege
gefangener Säugetiere und Vögel.
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Zeitschrift
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
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von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
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Gemeinsames Organ
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Anstalten verwandten Charakters sowie auch für den Gebrauch des praktischen
Landwirtes. Mit 435 in den Text eingedruckten Holzstichen, gr. 8". gell. Preis 7 M.
Selten hat eine Sammlung witziger und geistreicher Aufsätze so viel Beifall gefunden,
als das in deu weitesten Kreisen bekannt gewordene Büchlein Fritz Mautliner: „Nach
berühmten Mustern“, in denen der Verfasser die Manierirtheit der beliebtesten Autoren
verspottet und ihren Stil gar ergötzlich parodiert. Eine Fortsetzung dieser höchlich in¬
teressanten Studien findet sich jetzt in »Schorers F am ilie n bl a tt « ; in den beiden uns
vorliegenden Nummern behandelt Mautliner in originellsatirisclief Weise den Franzosen
Viktor Hugo und den Amerikaner Bret Harte.
Im Verlage von Mahlau & Waldschmidt hi Frankfurt a. M. ist erschienen:
Das Frettchen.
Eine Anleitung zu dessen Zucht, Pflege und Ablichtung nebst
einer historischen und kritisch-zoologischen Betrachtung über dessen
spezifische Verschiedenheit vom litis, auf Kreuzungsresultaten basiert.
Von Johann von Fischer.
Ö'/ä Bogen in Umschlag mit einer Tafel und Abbildungen. M 4. —
Die Entstellung dieser Schrift ist durch das Bedürfnis nach einer solchen hervor¬
gerufen. Es sind die Früchte langjähriger Erfahrung und zahlreicher eigener, sowie aus
zuverlässigen Quellen geschöpfter Beobachtungen des in der zoologisch-wissenschaftlichen
Welt rühmlichst bekannten Forschers, und sind wir überzeugt, daß diese populär
gehaltene »Anleitung« großen Beifall findet.
Die soeben erschienene No. 6 des TIT. Bandes der naturwissenschaftlichen
Monatsschrift ^Humboldt**’ enthält nachstehende Original -Aufsätze:
Professor Dr. C. Jessen: Das einheitliche Princip (1er Körperbildung in den
Naturreichen.
Oberlehrer H. Engelhardt: Ein Besuch in der vulkanischen Eifel. I.
Professor Dr. J. G. Wallentin: Über Glasgravierungen mittels elektrischer Ströme.
Dr. H. Th. Geyler : Über die fossile Flora Grönlands. (Mit Abbildung.)
Professor C. Schmidt: Über Vergleichung der Brust- und Beckenglieder mit be¬
sonderer Hinsicht auf die sogenannte Torsion des Oberarmbeins. (Mit Ab¬
bildungen.)
Dr. W. Kaiser: Louis F, de Pourtales, ein „Pionier“ der Tiefseeforschungen.
Fortschritte in den Naturwissenschaften. — Literarische Rundschau. — Biblio¬
graphie. — Witternngsübersiclit für Centraleuropa. — Astronomischer Kalender.
Neueste Mitteilungen.
Eine Sammlung ausgestopfter Vögel,
in- und ausländische , nebst einer
Partie Säugetiere, Alles in bestem
Zustande, ist billig zu verkaufen.
Adresse zu erfahren in der
Expedition.
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Der
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. IU.
»
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXV. Jahrgang. — No. 8.
Frankfurt a. M.
Verlag' von Malilau & Waldschmidt.
1884.
Zoologische Garten.
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Im Verlage von Mahlau & YValdschmidt iu Frankfurt a. M.
ist erschienen:
Die Behandlung des Wildes und der Fische,
von ihrem Tode bis zur Verwendung in der Küche,
mit einem Aufsatz über den Krebs
und deutlicher Abbildung eines Krebs-Männchens und Weibchens.
Ein Ratgeber für Jäger, Jagdliebhaber, Köche und Hausfrauen.
Von August, P f a f f.
Preis M. 1. —
Die soeben erschienene No. 7 des III. Bandes der naturwissenschaftlichen
Monatsschrift euthält nachstehende Original -Aufsätze:
Dr. J. van Bebber: Anomale Witterungsphänomene aus letztverflossener Zeit.
(Mit Abbildungen.)
Oberlehrer Dr. Traumüller: Der Teakbamu nud seine Verbreitung, insbesondere
die Teakwälder auf Java.
Dr. Friedrich Heincke: Zur Kenntnis des Herings. I.
Damian Gronen: Cuba. Beiträge zur Naturgeschichte dieser Insel,
lugenieur Th. Schwartze : Obachs Galvanometer. (Mit Abbildung.)
Dr. R. Hilbert : Eine neue Methode Farben zu mischen.
Dr. G. Haller: Das Tier- und Pflanzenleben tief unter der Erde.
Fortschritte in den Naturwissenschaften. — Litterarisclie Rundschau. — Biblio¬
graphie. — Witterungsübersicht für Centraleuropa. — Astronomischer Kalender.
Neueste Mitteilungen.
Der deutsche Holzschnitt,. Bis in die neuste Zeit bestand der Bildersclnnuek der
Mehrzahl unserer populären Unterhaltungsblätter zumeist aus Holzschnitten, welche in
ihrer trockenen, langweiligen Manier weit hinter den Leistungen des Auslandes zurück¬
blieben. Es ist auch bei aus anerkannt, daß die Amerikaner und Franzosen uns auf
diesem Gebiet weit überflügelt hatten. Das ist nun anders geworden, nachdem in der
verhältnismäßig kurzen Zeit seines Bestehens »Schorers Familienblatt« die deutsche Holz¬
schneidekunst wieder zu Ehren und Ansehen gebracht und sieb selbst eine ganz außer¬
ordentliche Anerkennung und Verbreitung in Deutschland und Oesterreich erobert hat.
Nach dem Vorgeben von »Schorers Familienblatt«, das für die Herstellung seiner Bilder
etwa 70 000 Mark jährlich aufwendet, sind die übrigen deutschen Blätter diesem mehr
oder weniger gefolgt, und das Publikum hat den Vorteil davon.
Als Hauptleistungen des neuen deutschen Holzschnitts nennen wir aus dem laufenden
Jäbrgan" von »Schorers Familienblatt« vor allem folgende Kunstblätter: Venetianische
Schwimmschule. Nach dem Gemälde von W. Kray. — Der Löwe kommt. Nach dem Ge¬
mälde von Franz Verhas. — Der Versucher. Von J. E. Gaisser. — Oedipus und Antigone.
Von J. Stallaert. — Elsässische Pilgerinnen. Von M. Feuerstein. — Junge Liehe. Von
A. Oberländer. — Polnischer Pferdemarkt. Von A. v. Wierusz - Kowalski. — Musik im
Kloster. Von Ed. Grützner. — Die Gefangennahme Friedrichs des Schönen von Österreich
in der Schlacht hei Mühldorf. Von H. Knackfuß. — Diese Holzschnitte sind aus den
Kunstanstalten von Max Weher in Brüssel; R. Brend’ amour & Co. in Düsseldorf; Richard
Bong und G. Heuer & Kirmse in Berlin ; Th. Knesing in München und Paul Krcy in Leipzig.
Auch in textlicher Beziehung steht »Schorers Familienblatt« vorn an. Die neuen
Romane »Der Gnadenlöhuer« von E. Vely und »Ein Gottesurteil« von E. Werner fesseln
die Leser im höchsten Grade.
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
»
Redigiert
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXY. Jahrgang.- — No. 9.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahl a u & Wald Schmidt.
1884.
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r'i’zu eine
Beilage von Paul Parey in Berlin: Die Geflügelzucht von Bruno Dürigen.
APOTHEKER HEINRICH.
Roman von Hermann Heiberg. Beginnt am 1. Oktober in Schorers Familienblatt.
Hermann Heilberg hat sich in kurzer Zeit die Gunst eines ausgedehnten Leserkreises erworben. „ Apotheker
Heinrich“ ist eine tiet’ergreifende Erzählung aus dein kleinbürgerlichen deutschen Leben.
Ferner erscheinen demnächst folgende besonders erwähnenswerte Beiträge:
Ans dem Leben eines Berliner Kriminalbeamten Das Geheimnis der Wiinscbelrnte.
von A. Oskar Klaussmau n. von Julius Stinde.
Mit Illustrationen. — Höchst interessante Schilderungen
aus der Berliner Verbrecherwelt.. Abbildungen.
Schorers Faniilieublatt ist die bestillustrierte Unterhaltungs-Zeitschrift Deutschlands und Österreichs; es wird bemüht sein
sich diesen Ruf auch ferner zu erhalten.
Preis vierteljährlich 2 M. in Wochen- Nummern oder in Heften zu bO Pf.
Man abonniert jederzeit in allen Buchhandlungen und Postämtern. Probe-Nummern gratis und franko auch von der
Verlag eh imdlantj in Berlin , S. IV., Hessauerstrasse 12.
Die im August erschienene No. 8 des IIT. Bandes der naturwissenschaft¬
lichen Monatsschrift „Humboldt44 enthält nachstehende Original -Aufsätze:
Postrat C. Grawinkel: Die telephonische Musik- und Gesangübertragung. (Mit
Abbildungen. )
Prof. Dr. W. Hess: Die Symbiose zwischen Tier und Pflanze.
Oberlehrer H. Engelhardt: Ein Besuch in der vulkanischen Eifel. II.
Prof. Dr. G. Krebs: Die Compound-Dynamomaschine. (Mit Abbildungen.)
Dr. Friedrich Heincke: Zur Kenntnis des Herings II.
Fortschritte in den Naturwissenschaften. — Litterarische Rundschau. — Biblio¬
graphie. — Witterungsiibersiclit für Centraleuropa. — Astronomischer Kalender.
Neueste Mitteilungen.
Die soeben erschienene No. 9 des III. Bandes der naturwissenschaftlichen
Monatsschrift „Humboldt44 enthält nachstehende Original- Aufsätze :
Garteninspektor Dr. Edmund Goeze: Das Vaterland der in Europa angebauten
Früchte.
Dr. Franz Höfler: Das adriatische Meer.
Oberlehrer F. Heurich: Über zwei bewährte elektrische Zeigerwerke. I. (Mit
Abbildungen.)
Oberlehrer H. Engelhardt: Ein Besuch in der vulkanischen Eifel III.
Dr. G. Haller: Die Gruppe der Chätognathen oder Pfeilwiinner. Ein ungelöstes
biologisches Problem.
Fortschritte in den Naturwissenschaften. — Litterarische Rundschau. — Biblio¬
graphie. — Witterungsiibersiclit für Centraleuropa. — Astronomischer Kalender.
Neueste Mitteilungen.
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Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
Herausgegeben
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von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. Ni .
Redigiert
VOll
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXY. Jahrgang. — No. 10.
Verlag von
Frankfurt a. M.
M a b 1 a u & Waldschmid t.
1884.
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Verlag von Mahlau & Waldschmidt
in Frankfurt a. M.
Deutschlands
Säugetiere und Vögel,
ihr Nützen und Schaden.
Von E. F. v. Homeyer.
F*rei» INI. 3. —
Zu haben in allen Buchhandlungen.
Im Verlage von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M. ist erschienen:
Das Frettchen.
Eine Anleitung zu dessen Zucht, Pflege und Ablichtung nebst
einer historischen und kritisch-zoologischen Betrachtung über dessen
spezifische Verschiedenheit vom litis, auf Kreuzungsresultaten basiert.
Von Johann von Fischer.
6 */2 Bogen in Umschlag mit einer Tafel und Abbildungen. M 4. —
Die Entstehung dieser Schrift ist durch das Bedürfnis nach einer solchen hervor¬
gerufen. Es sind die Früchte langjähriger Erfahrung und zahlreicher eigener, sowie aus
zuverlässigen Quellen geschöpfter Beobachtungen des in der zoologisch-wissenschaftlichen
Welt rühmlichst bekannten Forschers, und sind wir überzeugt, daß diese populär
gehaltene »Anleitung« großen Beifall findet.
Gegen einen zalimeu Rehbock ver-
j tausche ich 1 belgischen Riesenkaninchen-
j Rammler, isabellenfarbig, 10 Pfund schwer,
I 1 Häsin goldgelb, 9 Pfund, belegt, incl.
6 Stück 21/a Monat alten Jungen. Stärkste
fruchtbarste Race.
Ellinghausen b/Hilgen. — Cöln a/Rh.
Hermann Fritz.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M. :
Die Spechte
und ihr Wert in forstlicher Beziehung.
Von E, F. v. Homeyer.
Zweite Auflage. Preis M. 1. —
Der Zoologische Garten.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir uns entschlossen, die Ladenpreise wie folgt
zu ermäßigen :
Jahrgang- I fehlt.
» II— VI (1861 — 1865) ä Mk. 2. —
» VII -XVI (1866-1875) » » 3. —
» XVII— XXI (1876 - 1880) • * 5. -
Bei Abnahme der sämtlichen Jahrgänge II— XXI ä Mk. 2. 50
oder zusammen für 20 Jahrgänge nur Mk. 50. —
Zu beziehen durch die Verlagshandlung
Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
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Gemeinsames Organ
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von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
Prof. Dr. F. C. Noll,.
Oberlehrer am Gymnasium.
XXY. Jahrgang. — No. 11.
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Frankfurt a. M.
Verlag von M a h 1 a u & W a 1 d s c h m i d t.
1884.
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Verkäufliche
Zoologischer Garten zu Hannover:
2 canadische Biber, 3ji Jahr alt, im
1 Zebrastute, 6 Jahr alt,
Edelhirsche männlich und weiblich.
Damwild desgleichen.
2 Zeburind 2 Jahr alt
1 Zebukuh 1/-2 Jahr alt
1 Zwergzebukuh 2 Jahr alt
1 Nilgauantilope, männlich, 3 Jahr
Garten geboren,
desgleichen.
im Garten geboren.
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u. s. w.
*) Die verehrliehen Verwaltungsräte der Zool. Gärten werden um gefällige Angabe Ihrer ver¬
käuflichen Thiere, mit oder ohne Preisangabe gebeten. Die Aufnahme erfolgt gratis.
Im Verlage von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M. ist erschienen:
Das Frettchen.
Eine Anleitung zu dessen Zlicllt, Pflege und Ablichtung nebst
einer historischen und kritisch-zoologischen Betrachtung über dessen
spezifische Verschiedenheit vom litis, auf Kreuzungsresultaten basiert.
Von Johann von Fische r.
6’/2 Bogen in Umschlag mit einer Tafel und Abbildungen. M 4. —
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Die Entstehung dieser Schrift ist durch das Bedürfnis nach einer solchen hervor¬
gerufen. Es sind die Früchte langjähriger Erfahrung und zahlreicher eigener, sowie aus
zuverlässigen Quellen geschöpfter Beobachtungen des in der zoologisch-wissenschaftlichen
Welt rühmlichst bekannten Forschers, und hat diese populär gehaltene »Anleitung«
bereits großen 'Beifall gefunden.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M. :
Die Spechte
und ihr Wert in forstlicher Beziehung.
Von E, F. v, Homeyer,
Zweite Auflage. Preis M. 1. —
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Der Zoologische Garten.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Ladenpreise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I fehlt.
» II— VI (1801—1865) ä Mk. 2. —
» VII- XVI (1866 -- 1875) » » 3. —
» XVII— XXI (1876 -1880) . * 5. -
Bei Abnahme der sämtlichen Jahrgänge II— XXI ä Mk. 2. 50
oder zusammen für 20 Jahrgänge nur Mk. 50. —
Zu beziehen durch die Verlagshandlung
Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
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Der
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Gemeinsames Organ
für
Deutschland und angrenzende Gebiete.
von der »Neuen
Zoologischen
Herausgegeben
Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Gymnasium.
XXV. Jahrgang. — No. 12.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1884.
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