Skip to main content

Full text of "Zoologische Garten; Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei"

See other formats


ZOO 

JfS'Z. 


■ 


«11/  t 


Der 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


>c<>^J<>o<>- 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

i  9 

Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschraidt. 


1890. 


.  \ 


Inhalt  des  eimmddreissigsten  Jahrgangs. 


I.  Aufsätze. 

Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln.  Von  Direktor  Dr.  L. 

Wunderlich.  Mit  4  Abbildungen . 1.  33. 

Ein  Zimmer-Aquarium  mit  Tieren  aus  dem  schwarzen  Meere.  Von  Dr.  G. 
Kosch  e  wnikoff,  Assistent  am  zoologischen  Museum  der  Universität 

Moskau . 

Das  Vorkommen  der  Aspis- Viper,  Vipera  aspis.  in  Deutschland  und  ihre 
verwandtschaftliche  Stellung  zur  Kreuzotter.  Von  Oberlehrer  J.  Bl  um 
Das  Wachsen  der  Anodonten  (Teichmuscheln).  Von  Gebrüder  Buxbaum 
Die  Gebirgsbachstelze,  Motacilla  sulfurea,  in  der  Gefangenschaft.  Von 

Dr.  K.  Eckstein  . . . . 

Zoologische  Nachrichten  aus  Moskau.  Von  C.  Greve . 

Zoogeographische  Beobachtungen  Von  Dr.  A.  Seitz . 39. 

Das  gemauerte  Becken-Aquarium  und  seine  Bewohner.  II.  Die  Pflanzen, 

III.  Die  Tiere  desselben.  Von  Dr.  Emil  Buck  .  .  .  46.  83.  143. 

Beschreibung  einer  neuen  Antilope,  Damalis  hunteri  Sclat.  Von  Dr. 

Ern  st  Schaff . 

Der  zoologische  Garten  zu  Straßburg.  Reisebericht  von  Ernst  Friedei 
Die  gesprenkelte  Kettennatter  oder  Sprenkelnatter,  Coronella  Sayi.  Von 

Herrn.  Lach  mann . 

Die  Lebenserscheinungen  des  Badeschwammes.  Von  R.  v.  Lendenfeld 
Wildschafe,  Wildziegen,  Antilopen  des  Himalaya.  Von  Dr.  B.  Langkavel 

Eine  westfälische  Froschjagd.  Von  Prof.  Dr.  H.  Landois . 

Einiges  über  zoologische  Gärten.  Von  Dr.  A.  Seitz . 

Die  Nahrung  der  giftlosen  europäischen  Schlangen.  Von  Cand.  phil. 

Franz  Werner  in  Wien . 

Zur  Entstehung  der  Schutzfarben.  Von  Hofrat  K.  Th.  Liebe . 

Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes.  Von  Heinrich  Schacht 

III.  Der  Edelmarder . 

IV.  Der  Steinmarder . 

V.  Der  Iltis . 

VI.  Das  Hermelin . 

Kampf  von  Schwarzdrosseln  mit  Reptilien.  Von  Paul  Leverkühn  .  . 
Die  Elster,  Corvus  pica ,  in  der  Gefangenschaft.  Von  Josef  v.  Pleyel. 
Beidings  Ziesel,  Spermopliilus  Beldingi,  in  Kalifornien.  Von  Dr.  B.  Lang- 

kavel  . 

Der  Berliner  zoologische  Garten.  Von  Direktor  Dr.  L.  Heck . 

Brütet  der  Kuckuck?  Entgegnung  an  Herrn  A.  Walter.  Von  Gebrüder 

A.  und  K.  M üll er . 

Zucht  von  Wildkatzen  in  der  Gefangenschaft.  Von  Goffart,  Inspektor 

des  zoologischen  Gartens  in  Düsseldorf . 

Die  Borkenratte  der  Philippinen,  Phloeomys  Cumingi,  lebend  im  Dresdener 

zoologischen  Garten.  Von  Hofrat  A.  B.  Meyer . 

Sprachwissenschaft  und  Naturwissenschaft.  Von  Dr.  med.  Willi.  Stricker 

XXI.  Kröte . 

XXII.  Gouch,  Kuckuck . . 

Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu 

Frankfurt  a.  M.  1890  . 

Frühjahrsbericht  aus  Moskau.  Von  C.  Greve . 

Zoobiologisches  aus  Paris.  Von  Ernst  Friedei .  211.  245. 

Das  Aquarium  der  Flora  zu  Kölu.  Von  Ernst  Friedei . 

Der  Zeisig.  Von  Eduard  Rüdiger . 


Seite 

129 


6 

12 

16 

18 

20 

65 

363 

53 

54 

74 

97 

104 

114 

117 

134 

161 


166 

242 

304 

357 

171 

173 

176 

179 

182 

193 

195 

200 

269 

203 

207 

277 

217 

218 


IV 


Seite 

Drei  Gedenktage  zoologischer  Gärten.  Von  dem  Herausgeber  .  .  -  .  225 

Über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens.  Von  Dr. 

Ernst  Schaff.  Mit  1  Abbildung . 226 

Die  Lummen  auf  Helgoland.  Von  dem  Herausgeber . 284 

Bemerkungen  über  die  Lebensweise  der  Dorneule,  Agrotis  spina.  Von 

R.  von  Lendenfeld . 240 

Erklärung.  Von  Ernst  Hartert . 251 

Beobachtungen  am  Brillen-Pinguin.  Von  B.  Gäbler . 257 

Das  Vorkommen  der  Aspis-Viper,  Vipera  cispis,  im  südlichen  Schwarzwalde. 

Von  Oberlehrer  J.  Blum . 265 

Über  zwei  seltene  und  eine  neue  Art  Affen  des  zoologischen  Gartens  im 

Haag.  Von  Direktor  Dr.  A.  C.  Oudemans . 266 

Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten.  Von  dem  Herausgeber.  .  .  278 

Über  Tiger,  Bären  und  Wildschweine  des  Ussuri -Gebietes.  Von  Ad. 

Dattan.  Mitgeteilt  von  Prof.  Dr.  A.  Nehring . 289 

Aus  der  Vogelwelt.  Von  Dr.  Karl  Eckstein . 297 

Die  Heuschreckennot  in  Algerien.  Von  Dam.Gronen . 309 

Brütet  der  Kuckuck?  Antwort  an  die  Gebr.  Müller.  Von  Ad.  Walter  313 
Wie  entstehen  neue  Arten  von  Pflanzen  und  Tieren?  Von  Dr.  R.  von 

Lendenfeld . 321 

Zwei  gefangene  Könige.  Von  Eduard  Rüdiger . 330 

Lebensweise  einiger  nordafrikanischer  Reptilien  in  Gefangenschaft.  Von 

Dr.  phil.  Franz  Werner . 335 

Zufällige  Verschleppung  eines  Landeinsiedlerkrebses  nach  St.  Petersburg. 

Von  S.  Herzenstein . 342 

Im  Zoologischen  Garten  zu  Basel.  Von  ErnstFriedel . 343 

Skorbut  bei  Schimpansen.  Von  Tierarzt  A.  Ni  11 . 353 

Über  die  Paarung  der  Krontaube,  Goura  Steursi.  Von  Dir.  Dr.  A.  C. 

Oudemans . 369 

Der  zoologische  Garten  in  Düsseldorf.  Von  Ernst  Friedei . 370 

II.  Mitteilungen. 

a.  Aus  zoologischen  Gärten. 

Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln.  Von  Direktor  Dr.  L. 

Wunderlich.  Mit  4  Abbildungen . . .  1 

Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Cincinnati.  Von  Dr.  A.  Zipp  er  len  .  24 

Verzeichnis  der  im  zoologischen  Garten  zu  Berlin  erworbenen  Tiere.  Von 

Dr.  ErnstSchäff .  28 

Der  zoologische  Garten  zu  Straßburg.  Reisebericht  von  Ernst  Friedei  54 
Tierpreise  auf  der  Versteigerung  zu  Antwerpen.  Von  Direktor  Dr.  L. 

Wunderlich .  59 

Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1889.  Von  Georg 

W  e  s  t  e  r  m  a  n  n .  63 

Zoologischer  Garten  zu  Düsseldorf.  Nach  dessen  Jahresbericht .  63 

Direktor  Kuckuck.  Ehrende  Auszeichnung .  64 

Über  den  Moskauer  zoologischen  Garten.  Von  C.  Greve  .  .  91.  P23.  209 

Einiges  über  zoologische  Gärten.  Von  Dr.  A.  Seitz . 117 

Fortpflanzung  der  Eisbären  in  der  Gefangenschaft  (Köln).  Von  Direktor 

Dr.  L.  Wunderlich . 124 

Der  Berliner  zoologische  Garten.  Von  Direktor  Dr.  L.  H  e  c  k . 179 

Geburten  im  zoologischen  Garten  zu  Köln.  Von  Dir.  Dr.  L.  Wunderlich  190 
Geburten  in  der  Centralpark-Menagerie  zu  New-York.  Aus  dem  Report  etc.  190 
Zucht  von  Wildkatzen  in  der  Gefangenschaft.  Von  Goffart,  Inspektor 

des  zoologischen  Gartens  zu  Düsseldorf . 193 

Die  Borkenratte  der  Philippinen,  Phloeomys  Cumingi,  lebend  im  Dresdener 

zoologischen  Garten.  Von  Hofrat  A.  B.  Meyer . 195 

Bericht  des  Verwaltungsrates  der  Neuen  Zoologischen  Gesellschaft  zu 

Frankfurt  a.  M.  1890  . 203 


-  v  — 

*  i 

Seite 

Zoobiologisches  aus  Paris.  Von  Ernst  Friedei .  211.  245.  277 

Drei  Gedenktage  zoologischer  Gärteu.  Von  dem  Herausgeber  .  .  .  .  225 

Über  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens. 

II.  Der  Andenhirsch.  Mit  Abbildung.  Von  Dr.  Ernst  Schaff  .  .  226 

Gewohnheiten  junger  Hirsche  (Münster  i.  W.)  Jahresbericht  der  zoolog. 

Sektion  des  Westfäl.  Prov. -Vereins . 253 

Gerardus  Frederik  Westermann  f . 255 

Dr.  C.  Kerhert,  Direktor  des  Amsterdamer  zoologischen  Gartens  ....  256 

Beobachtungen  am  Brillen-Pinguin.  Mit  Abbildung.  Von  B.  Gabler, 

Frankfurt  a.  M . 257 

Über  zwei  seltene  und  eine  neue  Art  Affen  des  zoologischen  Gartens  im 

Haag.  Von  Direktor  Dr.  A.  C.  Oudemans . 266 

Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten.  Von  dem  Herausgeber.  .  .  273 

Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus,  im  Düsseldorfer  zoolog.  Garten. 

Von' dem  Inspektor  Goffart, . 281 

Wilde  Rinder  im  Londoner  zoologischen  Garten.  Nature . 285 

Affe  und  Spiegel  (Münster  i.  W.),  Jahresbericht  des  Westfäl.  Provinz.- 

Vereins . 286 

Eine  Schlange  frißt  eine  andere  ihrer  Art  (Melbourne).  Nature  ....  286 

Der  Breslauer  zoologische  Garten.  Geschäftsbericht . 287 

Im  Zoologischen  Garten  zu  Basel.  VonErnstFriedel . 343 

Geburten  in  der  Menagerie  des  Museum  d’Histoire  naturelle  (Jardin  des 

Plantes)  zu  Paris  . 349 

Skorbut  bei  Schimpansen.  Von  Tierarzt  A.  Ni  11 . 353 

Über  die  Paarung  der  Krontaube,  Goura  Steursi.  Von  Dir.  Dr.  A.  C. 

Oudemans . 369 

Der  zoologische  Garten  in  Düsseldorf.  Von  Ernst  Friedei . 370 

Zur  Fütterung  der  Raubtiere.  —  Phosphorsaurer  Kalk  als  Futterzusatz.  — 
Eigentümliches  von  gefangenen  Tieren.  Protokolle  der  4ten  Direktoren- 

Konferenz . 375 

Abhärtungsmethode  für  Tiere  zoologischer  Gärten.  Dieselben . 376 

Dresdener  Zoologischer  Garten,  Geburten . 377 

Zoologischer  Garten  zu  Basel . 378 

b.  Aus  Aquarien. 

Ein  Zimmer-Aquarium  mit  Tieren  aus  dem  Schwarzen  Meere.  Von  Dr. 

G.  Koschewnikoff,  Assistent  am  zoologischen  Museum  der 

Universität  Moskau .  6 

Das  gemauerte  Becken-Aquarium  und  seine  Bewohner.  Von  Dr.  E.  Buck. 

II.  Die  Pflanzen  desselben  . .  46 

III.  Die  Tiere  desselben .  83.  143.  363 

Das  Aquarium  des  zoologischen  Gartens  zu  Frankfurt’  a.  M . 204 

Das  Aquarium  der  Flora  zu  Köln.  Von  Ernst  Friedei . 217 

III.  Korrespondenzen. 

Benehmen  eines  Hundes  nach  dem  Tode  seines  Genossen.  Von  Cand. 

med.  Carl  R.  Hennicke  in  Belgershain  i.  S .  23 

Der  Flug  des  Albatros,  Diomedea  exulans.  Von  Karl  Knauthe  in 

Schlaupitz .  23 

Tiere  des  zoologischen  Gartens  in  Cincinnati.  Von  Dr.  A.  Zipperlen.  24 

Über  Steppenhühner.  Von  0.  Edm.  Eiffe  in  Hamburg .  25 

Etwas  vom  Schwarzspecht,  Dryocopus  martius.  Von  C.  Cöster  in 

Hannöv.  Münden .  25 

Notizen  über  Flußfische.  Von  Karl  Knauthe  in  Schlaupitz  56 

Zur  Nahrung  des  Grünspechtes,  Gecinus  viridis.  Von  Baron  A.  von 

Krüdener  in  Wohlf'ahrtslinde .  91 

Zoologisches  aus  Moskau  und  Umgebung.  Von  C.  Greve  in  Moskau.  .  91 

Aus  dem  Moskauer  zoologischen  Garten.  Von  C.  Greve  in  Moskau  .  .  123 


VI 


Seite 

Fortpflanzung  der  Eisbären  in  der  Gefangenschaft.  Von  Direktor  Dr. 

L.  Wunderlich  in  Köln . 124 

Ein  sechsfarbiger  Maulwurf.  Von  Ernst  Harte  rt  in  Frankfurt  a.  M.  .  154 

Fußrudimente  einheimischer  Schlangen.  Von  Professor  F.  Leydig  in 


Notiz  über  das  Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  Cand.  theol. 

Fr.  Lindner  in  Zeitz . r, . 155 

Zu  dem  Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  Hofrat  K.  Th.  Liebe 

in  Gera . 156 

Große  Insektenzüge.  Von  K.  Knauthe  in  Schlaupitz . 222 

Ein  Wiedehopf  auf  dem  Meere.  Von  C.  Greve  in  Suchumkale  ....  251 

Beobachtungen  an  Vögeln.  Von  Georg,  Prinz  zu  Carolath-Schoenaich  251 
Ein  kleiner  Baukünstler.  Von  Gebrüder  Buxbaum  in  Raunheim  .  .  .  252 

Seredowitsch,  Ausstopfer.  Von  C.  Greve  in  Lenkoran . 281 

Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus.  Von  Inspektor  Goffart  in 


Abweichende  Nistplätze  von  heimischen  Vögeln.  Von  Ernst  Harter t 

in  Marburg . 282 

Aus  den  Wäldern  der  unteren  Mainebene.  Von  L.  Buxbaum  in 

Raunheim . 282 

Zur  Überwinterung  insektenfressender  Vögel.  Von  Eduard  Rüdiger  in 

Darmstadt . 818 

Vom  unteren  Main.  Von  L.  Buxbaum  in  Raunheim  a.  M . .  345 

Darmatmung  der  Schmerlen.  Von  Karl  Knauthe  in  Schaupitz  .  .  .  347 

Das  Eichhörnchen  Pilze  fressend.  Von  W.  Hartwig  in  Berlin  ....  347 

Ueber  Schmerle  und  Elritze.  Von  Karl  Knauthe  in  Schlaupitz  .  ,  .  373 

IV.  Kleinere  Mitteilungen. 

Die  Waldschnepfe  und  das  Licht.  Von  Dr.  W.  Wurm .  26 

Eine  Robbenmetzelei  in  großartigem  Stil.  Von  Sch .  26 

Jagden  auf  Auerochsen.  Berliner  Tageblatt .  27 

Wilde  Tiere  in  Norwegen.  The  Field .  27 

Der  Baumfalk,  Hypotriorchis  sübbuteo.  Von  C.  C .  27 

Der  Fichtenkreuzschnabel,  Loxia  curvirostra.  Von  C.  C .  28 

Der  Büffel  in  Australien.  Nature .  28 

Neu  entdeckte  Schwammbänke  iu  Sizilien.  Von  D.  Gronen .  28 

Verzeichnis  der  im  zoologischen  Garten  zu  Berlin  erworbenen  Tiere.  Von 

Dr.  ErnstSchäff .  28 

Eine  neue  Hühnerrasse.  Von  E.  Sch .  31 

Eine  Elefanten-Empörung.  Berliner  Tageblatt . 58 

Tierpreise  in  Antwerpen.  Von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich  .  .  .  .  59 

Marder-Bastard.  Von  C.  C .  61 

Der  Nestor  der  Pferde.  Berliner  Tageblatt .  61 

Acclimatisationsversuche  in  den  Steppen  am  Dnjepr.  Von  Dr.  Ernst  Schäff  62 
Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1889.  Von  Georg 

Westermann  .  .  - .  63 

Wanderheuschrecke  und  Rosenstar .  63 

Zoologischer  Garten  in  Düsseldorf.  Aus  dessen  Jahresberichte  ..*...  63 

Frisch  gefangene  Ringdrosseln.  Von  Ed.  Rüdiger .  94 

Die  Pelztiere  auf  den  Aleuten.  Von  D.  Gronen .  95 

Kampf  zwischen  Seefliegern  und  Fischen.  Von  Karl  Knauthe  .  .  .  95 

Spatzenfrechheit  und  Klugheit.  Von  Eduard  Rüdiger . 125 

Nordrußlands  Flußperlenfischerei.  Von  D.  Gronen . 126 

Über  den  Genuß  des  Pferdefleisches.  Von  Dr.  Er  n  st  S  chäf  f  .  .  .  .  126 

Wachtelausfuhr  Egyptens.  Von  D.  Gronen . 127 

Allerlei  Zoologisches  aus  Moskaus  Umgebung.  Von  C.  Greve.  .  .  .  .  157 

Austernausfuhr  aus  Seeland  (Holland).  Statistiek  van  »De  Oestercuituur- 

Maatschappij  De  Schelde«  1890  .  158 

Die  Säugetierfauna  am  Zusammenfluß  von  Rhone  u.  Saöne.  Von  Dr.  W.Kobe  1 1  158 


VII 


Seite 

Affen  auf  Barbados.  Nature  1890  .  159 

Über  die  Zucht  von  Glanzfasanen,  Lophophorus  impeyanus.  Von  Dr. 

Ernst  Schaff . 159 

Die  1888  in  Norwegen  erlegten  Raubsäugetiere  und  -Vögel.  Von  C.  Cöster  189 
Zoologischer  Garten  zu  Köln.  Von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich  .  .  .  190 

Geburten  in  der  Centralpark-Menagerie  zu  New-York.  Aus  dem  Report  190 

Mufflon  in  Ungarn.  Revue  des  Sciences  naturelles . 190 

Das  Skelett  eines  Mammut.  Nature . 191 

Kraft  der  Kiefermuskeln  bei  dem  großen  Wiesel,  Mustela  ermineci .  Von 

C.  Cöster .  191 

Schmetterlinge  auf  hoher  See,  in  weiter  Entfernung  vom  Lande.  Von 

Prof.  Dr.  Baumgartner . 191 

Übergriffe  der  Waldmaus.  Von  C.  Cöster . 222 

Der  letzte  Luchs,  Felis  lynx,  im  Harz.  Von  dem  Herausgeber  .  .  .  228 

Ein  kluges  Pferd.  Von  C.  Greve . 223 

Gewohnheiten  junger  Hirsche.  Jahresbericht  der  zoolog.  Sektion  des 

Westfäl.  Provinz. -Vereins . 253 

Täuschung  bei  Tieren.  Aus  demselben . 253 

Das  Eichhörnchen,  Pilze  fressend.  Von  dem  Herausgeber . 284 

Vogelschutz  im  Mittelalter.  Von  dem  Herausgeber . 284 

Katzenausstellung  in  Zürich.  Schweizer.  Blätter  für  Ornithologie.  .  .  .  285 

Preisfliegen  von  Brieftauben.  Aus  denselben . 285 

Wilde  Rinder  im  Londoner  Garten.  Nature . 285 

Affe  und  Spiegel.  Jahresber.  des  Westfäl.  Proviuz. -Vereins . 286 

Eine  Schlange  frißt  eine  andere  ihrer  Art.  Nature . 286 

Der  Breslauer  zoologische  Garten.  Geschäftsbericht . 287 

Durch  Fliegen  vergiftete  Katzen.  Von  dem  Herausgeber . 287 

Ein  Anstrich  für  Eisenstäbe  und  Eisen  wände.  Von  dem  Herausgeber  287 

Die  Hunde  in  Berlin . .  319 

Zur  Seelenkunde  unserer  Hausente.  Von  Eduard  Rüdiger . 348 

Geburten  in  der  Menagerie  des  Jardin  des  Plantes  zu  Paris . 349 

Die  Prairiehunde  ( Cynomys  luclovicianus )  ohne  Begriff  der  Entfernung. 

Nature  1890  .  350 

Über  Dressur  von  Tieren.  Von  Th.  A.  Bruhin . 350 

Wandernde  Krokodile.  Nature  1890  .  350 

Von  der  Wiener  Jagdausstellung.  Von  Dr.  A.  Senoner . 351 

Von  einer  Muschel  gefangen.  Nature . 374 

Wapitihirsch  und  Schweinshirsch,  Einführungsversuche.  Nach  Oberförster 

Wild . 375 

Zur  Fütterung  der  Raubtiere.  Direktoren-Konferenz . 375 

Phosphorsaurer  Zalk  als  Futterzusatz.  Direktoren-Konferenz . 375 

Eigentümliches  von  gefangenen  Tieren.  Direktoren-Konferenz . 375 

Kammförmige  Bildung  an  Vogelkrallen.  Nature . 376 

Das  Mähnenschaf,  Einführungsversuch.  Nach  Oberförster  Wild  .  .  .  .  376 

Abhärtungsmethode  für  Tiere  zoologischer  Gärten.  Direktoren-Konferenz  376 

Dresdener  Zoologischer  Garten.  Geburten . 377 

Die  Räude  der  Hunde.  Nach  dem  Weidmann . 377 

Zoologischer  Garten  zu  Basel.  Jahresbericht . 378 

Das  Auerochsenwild  in  den  Waldungen  des  Fürsten  von  Pless.  Nach 

Oberförster  Wild . 378 

V.  Litteratur, 

Bronns  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  1.  Band.  Protozoa  von 
Prof.  Dr.  O.  Bütschli.  2.  Abteilung.  Infusorien  und  System  der 

Radiolarien.  Von  dem  Herausgeber .  32 

Ornithologisches  Jahrbuch  von  Viktor  Ritter  von  Tschusi  zu  Schmidhofen. 

Von  dem  Herausgeber .  32 

Der  Kanarienvogel  von  Dr.  Karl  Ruß  und  sprechende  Vögel.  2.  Band 

von  Dr.  Karl  Ruß.  Von  dem  Herausgeber .  64 


—  VIII  — 


Experimente  über  Hin-  und  Rückflug  der  Militär-Brieftauben  von  Malagoli, 
übersetzt  von  Lieutenant  Fellner.  Von  dem  Herausgeber.  .  .  . 
Das  Steppenhuhn  in  Österreich-Ungarn  von  Viktor  Ritter  von  Tschusi  zu 

Schmidhofen.  Von  dem  Herausgeber . 

Das  Tierleben  im  Terrarium  von  H.  Fischer-Sigwart.  Von  dem  Her aus  - 

g  e  b  er . 

Monatsschrift  des  deutschen  Vereins  zum  Schutze  der  Vogelwelt.  Von 

dem  Herausgeber . 

Die  gefiederte  Welt  von  Dr.  K.  Ruß.  Von  dem  Herausgeber  .  .  .  . 
Die  Ortsbewegung  der  Tiere  von  Prof.  Hermann  v.  Meyer.  Von  dem 

Herausgeber . 

Die  nordamerikanische  Vogelwelt  von  H.  Nehrling.  Von  dem  Heraus¬ 
geber  . 

Systematisches  Verzeichnis  der  Vögel  Deutschlands  von  Dr.  Anton 

Reicheno w.  Von  dem  Herausgeber . 

Leben  und  Treiben  der  Ameisen  von  Prof.  William  Marshall.  Von  dem 

Herausgeber . . 

Faune  des  Vertebres  de  la  Suisse  par  Victor  Fatio.  Vol.  V,  Time  Partie. 

Von  dem  Herausgeber . 

Der  Urbüffel  von  Celebes,  Anoa  depressicornis,  von  Dr.  K.  M.  Heller. 

Von  dem  Herausgeber . 

Brehms  Tierleben.  Dritte  Auflage.  Von  dem  Herausgeber . 

Uber  Tundren  und  Steppen  der  Jetzt-  und  Vorzeit  von  Prof.  Alfr.  Nehrins. 

V  on  Dr.  ErnstSchäff . 

Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel  von  C.  G.  Friderich.  Von  dem 
Herausgeber  . 

Fauna  piscium  germaniae  von  Dr.  Erwin  Schulze.  Von  dem  Herausgeber 
Die  Myoxidae  oder  Schläfer  von  Dr.  C.  L.  Reuvens.  Von  dem  Heraus¬ 
geber  . 

Die  Tagfalter  Europas  und  des  Kaukasus  von  K.  L.  Bramson.  Von  dem 
Herausgeber . ■ 

Die  geographische  Verbreitung  der  Cochenillezucht  von  Dr.  Ed.  Wiep'en. 
Von  dem  Herausgeber  . 


Seite 

96 

127 

127 

127 

128 

160 

192 

223 

224 

254 

254 

288 

320 

351 

352 

379 

379 

379 


VI. 

Eingegangeue  Beiträge  .  .  32.  64.  96.  128.  192.  256.  320.  352  380 

Bacher  und  Zeitschriften .  32.  64.  96.  128.  192.  256.  320.  352 

Persönliches: 

Direktor  Kuckuck,  ehrende  Auszeichnung .  64 

Gerardus  Frederik  Westermann  f . '  ’  *  *  ’  *  ’  *  255 

Dr.  C.  Kerbert,  Direktor  des  Amsterdamer  zoologischen  Gartens.  .  .  256 

An  unsere  Leser  und  Mitarbeiter  .... 


'\ 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  M  ah  lau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  1.  XXXI.  Jahrgang.  Januar  1890. 

I  n  h  a  I  I. 

Die  Seelöwen  im  zoologischon  Garten  zu  Köln;  von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich. 
(Mit  4  Abbildungen.)  —  Ein  Zimmer  -  Aquarium  mit  Tieren  aus  dem  Schwarzen  Meere ;  von 
Dr.  G.  Koschewnikoff,  Assistenten  am  zoologischen  Museum  der  Universität  zu  Moskau. 
—  Das  Vorkommen  der  Aspis-Viper;  Vipera  aspis  L.,  in  Deutschland  und  ihre  verwandschaft- 
liche  Stellung  zur  Kreuzotter;  von  J.  Blum.  —  Das  Wachsen  der  Anodonten  (Teichmuscheln)  ; 
von  Gebrüder  Buxbaum.  —  Die  Gebirgsbachstelze,  Motacilla  suiphurea  Bechst. ,  in  der  Ge¬ 
fangenschaft;  von  Dr.  K.  Eckstein.  —  Zoologische  Nachrichten  aus  Moskau;  von  C.  Gre  vö.  — 
Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  — 
Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln. 

Von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich. 

(Mit  4  Abbildungen.) 

Seelöweu  sind  schon  seit  Jahrzehnten  in  fast  allen  zoologischen 
Gärten  einmal  gehalten  worden,  aber  immer  in  so  engen  Behältern, 
daß  es  unmöglich  war,  diese  sonderbaren  Tiergestalten  in  der  vollen 
Entfaltung  ihres  Lebens  zu  beobachten.  Die  ausländischen  Gärten 
erkannten  dies  bald  und  schufen  größere  Anlagen,  und  als  man  die 
Vorteile  derselben,  sowohl  für  die  Tiere  als  auch  für  die  finanzielle 
Lage  der  Gärten,  deren  Besuch  durch  die  in  naturgemäßeren  Ver¬ 
hältnissen  zur  Schau  gestellten  Seelöwen  sich  bedeutend  hob,  ken¬ 
nen  lernte,  folgten  auch  die  deutschen  Gärten.  Zunächst  der  unsrige, 
der  jetzt  ein  Seelöwenbecken  besitzt,  welches  wohl  seinesgleichen 
sucht.  Da  unsrer  Ansicht  nach  ihm  ein  Hauptauteil  an  dem  guten 
Erfolg  der  Seelöwenhaitu ng  und  an  deren  Zucht  zuzuschreibeu  ist, 
so  dürfte  es  sich  empfehlen,  dasselbe  zunächst  au  der  Hand  der  bei¬ 
gedruckten  Figuren  einmal  näher  zu  betrachten  und  uns  dann  erst 
mit  den  Tieren  selbst  zu  beschäftigen. 

Unser  Seelöwenbecken  befindet  sich  im  sogenannten  neuen  Teil, 
in  der  abgelegensten  Ecke  des  Gartens,  so  daß  die  Unannehmlich- 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  1 


keit,  welche  das  andauernde  Gebrüll  der  Tiere  für  die  Besucher  des 
Gartens  und  namentlich  der  Konzerte  mit  sich  bringt,  auf  das  mög¬ 
lichst  geringste  Maß  beschränkt  ist.  Außerhalb  der  Gartenmauer, 
gleich  hinter  dem  Seelöwenbecken,  ist  jetzt  allerdings  eine  Schule 
gebaut,  doch  scheinen  Lehrer  und  Schüler  sich  bereits  an  die  Nach¬ 
barschaft  gewöhnt  zu  haben,  denn  bislang  ist  uns  keine  Beschwerde 
zu  Ohren  gekommen. 

Das  Becken  selbst  ist,  wie  Figur  III  zeigt,  langgestreckt;  seine 
größte  Länge  beträgt  27  m,  seine  größte  Breite  15  m.  Die  Wasser¬ 
oberfläche  mißt  ca.  250  □  m,  und  da  das  Becken  2  m  tief  ist,  so 
hält  es  ca.  450  cbm  Wasser,  gewiß  eine  genügende  Menge,  um  sei¬ 
nen  Bewohnern  reichliche  Bewegung  zu  gestatten.  Rings  um  das 
Becken  —  ausgenommen  die  Ecke  H,  Fig.  III,  wo  der  Felsen  dicht 
an  das  Wasser  herantritt  —  läuft  ein  1  m  breites  Ufer,  dessen 
Gleichförmigkeit  nur  an  wenigen  Stellen  durch  aufgelagerte  Felsen 
unterbrochen  ist.  Dasselbe  soll  den  Tieren  Ruheplätze  bieten  und 
ferner  die  Zuschauer  vor  den  Wasserstrahlen  schützen,  die  durch 
heftige  Bewegungen  der  Seelöwen  oder  durch  die  diesen  zugewor¬ 
fenen  Fische  hervorgerufen  werden.  Von  den  auf  den  beiden  Schnitt¬ 
figuren  deutlich  sichtbaren  Ufern  fällt  die  Beckenwand  steil  ab,  um 
dann  mit  einem  flachen  Bogen  in  den  Boden  überzugehen  (I  u.  II). 

Au  dem  Rande  des  Ufers,  welches  dem  Publikum  zugewandt 
ist,  erhebt  sich  eine  0,45  m  hohe,  oben  mit  Hausteinen  abgedeckte 
Mauer,  auf  die  ein  1,50  m  hohes  Gitter  aufgesetzt  ist.  Die  Stäbe 
desselben  stehen  11  cm  voneinander  entfernt  und  sind  aus  9  mm  starken 
Rundeisen  angefertigt.  Dort  wo  das  Gitter  sich  an  den  Felsen  H, 
Fig.  III,  anschließt,  wird  es  allmählich  bis  zu  1  m  höher  und  ver¬ 
hindert,  daß  die  Seelöwen  hier  überklettern.  Der  Wärter  kann 
durch  2  Thüren  von  je  0,75  m  Breite  zu  dem  Becken  gelangen.  Die 
eine  neben  dem  Raum  III  des  Felsens  (Fig.  IV)  benutzt  er,  wenn 
er  die  Tiere  einsperren,  die  andere  neben  dem  Raum  I  (Fig.  IV), 
wenn  er  den  Felsen  hinauf  und  die  Tiere  füttern  will. 

Die  Herstellung  des  Beckeus  geschah  in  der  Weise,  daß  in  das 
aufgefüllte  Terraiu  ein  Loch  in  den  geforderten  Dimensionen  ge¬ 
graben  und  dies  dann  mit  einer  ca.  20  cm  dicken  Lehmschicht  aus¬ 
gekleidet  wurde.  Dieselbe  ist  auf  den  Schnittfiguren  weiß  gehalten. 
Darauf  kam  dann  eine  ebenso  dicke  Betonschicht  —  in  den  Schuitt- 
figuren  gekörnelt  — ,  welche  mit  Cement  glatt  verputzt  wurde.  Ab¬ 
gesehen  von  geringen,  beim  Frost  auftretenden  und  sich  meist  von 
selbst  wieder  schließenden  Sprüngen,  namentlich  in  den  aufsteigeu- 


3 


den  Wändeo,  hat  sich  die  Konstruktion  bewährt.  Nach  der  An¬ 
sicht  des  Erbauers  unseres  Beckens  hätte  man  diese  Mängel  ver¬ 
meiden  können,  wenn  man  unter  dem  Lehm  eine  durchlässige  Schicht 
geschaffen  hätte:  Jetzt  wird  das  Wasser,  welches  rings  um  das 
Becken  in  den  Erdboden  eindringt,  nicht  gehörig  abgeführt;  es  ge¬ 
friert  und  sprengt  dabei  notgedrungen  die  Wäude. 


n 


iv 


Wie  aus  Figur  III  ersichtlich,  ist  das  Becken  von  allen  Seiten 
zugänglich,  und  da  das  schmale  Ufer  und  die  Wasserfläche  tiefer 
liegen  als  der  Weg,  so  hat  der  Beschauer  einen  vorzüglichen  Über¬ 
blick  über  das  ganze  Becken  ;  er  kann  allen  Bewegungen  seiner  Be- 


4 


wohn  er  genau  folgen.  Bei  den  älteren  Anlagen  in  Amsterdam  und 
Antwerpen  ist  dies  nicht  der  Fall,  weil  die  Beckenwand  bedeutend 
höher  als  der  Weg  liegt,  während  bei  dem  später  eingelegten  Seelöwen¬ 
becken  in  Hamburg  die  hier  gemachte  Erfahrung  mit  der  tiefen  Lage 
vorteilhaft  verwertet  ist.  Eine  Barriere,  die  das  Publikum  etwa  1  m  vom 
Gitter  entfernt  halten  sollte,  fand  nicht  dessen  Beifall.  Sie  wurde 
schon  in  den  ersten  Tagen  nach  der  Besetzung  des  Beckens  niedergetreten 
und  bald  wieder  entfernt,  ohne  daß  sich  aus  der  zu  großen  Annäherung 
der  Menschen  an  die  Tiere  bis  jetzt  eine  Unzuträglichkeit  ergeben  hätte. 

Dort,  wo  das  Becken  am  stärksten  eingebuchtet  ist,  Fig  III  H, 
steigt  gleichsam  als  Fortsetzung  der  auf  dem  Ufer  zerstreuten  Felsen 
und  der  mitten  aus  dem  Wasser  hervorragenden  drei  Felseninseln 
eine  große  Felspartie  aus  dem  Dolomitgestein  steil  bis  zu  einer 
Höhe  von  9  m  empor.  Abgesehen  von  der  malerischen  Wirkung 
erfüllt  dieselbe  einen  doppelten  Zweck.  Einmal  enthält  sie  in 
ihrem  Inneren  Räume  für  die  Tiere  und  den  Fischvorrat  und  zwei¬ 
tens  soll  sie  den  Seelöwen  Gelegenheit  bieten,  ihre  Kletterkünste 
und  ihre  geschickten  Sprünge  in  das  Wasser  hinab  zu  zeigen. 

Auf  Figur  IV  ist  die  Zahl  und  Anordnung  der  im  Felsen  unter¬ 
gebrachten  Räume  ersichtlich.  Der  mit  I  bezeichnete  dient  zur  Auf¬ 
bewahrung  und  Zubereitung  der  Fische  und  hat  eine  Höhe  von 
2,30  m.  In  ihm  kommen  die  den  Wasserfall  speisenden  Rohre  aus 
der  Erde,  hier  befindet  sich  ein  starker  Tisch,  auf  dem  die  Fische 
zerkleinert  und  ausgenommen  werden,  und  sonstiges  zum  Reinigen 
des  Beckens  u.  s.  w.  nötiges  Gerät.  Der  an  I  stoßende  kleine 
Raum  ist  unbenutzt  und  sein  Eingang  zugemauert.  Die  Räume  II 
und  III  sind  für  die  Seelöwen  bestimmt.  Sie  haben  eine  unregel¬ 
mäßige  Grundform  von  2  m  Breite  und  1,50  m  Tiefe  bei  einer  Höhe 
von  2  m.  Der  Fußboden  besteht  aus  Tannenholz,  die  Wände  und 
Decken  aus  unverputztem  Ziegelmauerwerk.  Jeder  Raum  hat  2  Ein¬ 
gänge  von  1,10  m  Höhe  und  0,60  m  Breite,  die  durch  Gitter  und  nur 
bei  sehr  strenger  Winterkälte  durch  Holzthiiren  geschlossen  werden. 
Bei  dem  in  der  Regel  durch  eine  Bretterwand  geteilten  Raume  III 
werden  beide  Eingänge  benutzt,  bei  II  hingegen  ist  nur  die  auf  das 
Ufer  hinausführende  Thür  in  Benutzung,  während  die  direkt  nach 
dem  Wasser  führende  Öffnung  durch  die  Gitterthür  und  eine  da¬ 
hinter  befestigte  feste  Holzwand  dicht  geschlossen  ist.  Auf  diese 
Weise  wurde  ein  Platz  geschaffen,  wohin  sich  die  Tiere  ungestört 
vor  den  Blicken  der  Beschauer  zurückziehen  können,  wie  dies  z.  B. 
bei  der  Aufzucht  der  Jungen  durchaus  erforderlich  ist. 


Uber  diesen  vier  Räumen  erhebt  sich  der  steile  Fels,  dessen 
Einförmigkeit  durch  kleine  Fichten  und  andere  anspruchslose  Pflan¬ 
zen  angenehm  unterbrochen  wird,  in  Gestalt  eines  Doppelkegels. 
Nur  an  der  Wasserseite  ist  seine  Besteigung  bis  zu  einer  gewissen 
Höhe  möglich.  Von  dem  Ufer  aus  führt,  in  einem  Winkel  von  30° 
ansteigend,  ein  Pfad  aufwärts,  auf  dem  Schnitt  E-F  deutlich  sicht¬ 
bar.  Durch  geschickte  Anordnung  der  Gesteinsinassen  ist  er  so 

verdeckt,  daß  er  dem  Beschauer  kaum  auffallt.  Sein  höchster  Punkt 

• 

liegt  etwa  2,50  m  über  dem  Wasserspiegel  und  ragt  frei  über  den¬ 
selben  hinaus  (Schnitt  A-B).  Von  hier  aus  wirft  der  Wärter  den 
Seelöwen  die  Fische  zu  und  von  hier  aus  springen  jene  denselben 
ins  Wasser  nach,  worauf  wir  später  noch  zurückkommen.  Von 
hinten  ist  der  Fels  von  Gebüsch  umgeben,  das  wieder  durch  ein 
1,30  m  hohes  Gitter  eingefaßt  wird.  Durch  dieses  wird  das  Pu¬ 
blikum  von  dem  Futterraum  und  den  Tierbehausungen  fern  gehalten 
und  ihm  gleichzeitig  der  Zugang  zu  den  in  das  Becken  führenden 
Thüren  versperrt. 

Wir  haben  jetzt  noch  über  die  Füllung  und  Entleerung  des 
Beckens  einige  Worte  zu  sagen.  Zu  ersterer  glaubte  man  anfangs 
die  Wasserleitung  benutzen  zu  können,  welche  in  fast  allen  Wegen 
des  Gartens  liegt,  um  den  Tierhäusern  oder  den  Anpflanzungen 
Wasser  zuzuführen.  Doch  erwies  sich  dieselbe  bald  als  völlig  un¬ 
zureichend,  da  sie  mehrere  Tage  brauchte,  um  das  Seelöwen becken 
zu  füllen.  Es  wurde  nun  ein  besonderer  Rohrstrang  von  13  cm 
lichter  Weite  gelegt,  der  das  frische  Brunnenwasser  direkt  von  der 
großen  dreifach  wirkenden  Dampfpumpe  des  Gartens  zu  dem  Becken 
führt.  Wie  das  alte  Rohr,  so  steigt  auch  das  neue  in  dem  Raum  I, 
Figur  IV,  der  Felspartie  empor  und  läßt  sein  Wasser  von  6  in  Höhe 
in  der  Nische,  die  in  Figur  TV  dort,  wo  die  Linien  A-B  und  E-F 
sich  schneiden,  liegt,  über  die  Felsen  hinabstürzen.  Es  ist  jetzt 
möglich,  das  völlig  leere  Becken  in  etwa  4  Stunden  zu  füllen. 

Die  Entleerung  erfolgt  nach  dem  Weiher  J,  Figur  III,  hin. 
Auf  dem  Boden  des  Beckens  befindet  sich  die  Ausflußöffnung  mit 
der  anschließenden  21  cm  starken  Thonrohrleitung,  die  das  Wasser 
nach  Öffnung  des  Absperrschiebers  zunächst  in  die  Vorsenke  K 
führt,  wo  sich  der  im  Becken  angesammelte  Schmutz  absetzt.  Aus 
dieser,  etwa  1  m  über  der  Eintrittsöff'nung,  führt  ein  gleich  weites 
Thonrohr  das  Wasser  dem  Weiher  J  zu.  Die  Entleerung  nimmt 
3x/2  Stunden  in  Anspruch.  Sie  erfolgt  im  Sommer  jede  Woche  ein¬ 
mal,  so  daß,  abgesehen  von  dem  ständigen  Zufluß  aus  der  alten 


6 


Gartenleitung,  das  Wasser  alle  8  Tage  völlig  erneuert  wird.  Im 
Winter  ist  dies  nur  in  größeren  Pausen  erforderlich.  Mit  jeder  Ent¬ 
leerung  des  Beckens  ist  eine  gründliche  Reinigung  desselben  ver¬ 
bunden,  wozu  etwa  zehn  Mann  eine  Stunde  nötig  haben.  Sie  wird 
immer  in  der  frühesten  Morgenstunde  vorgenommen,  so  daß  gegen 
Mittag  das  Becken  wieder  gefüllt  ist. 

Unsere  Anlage  wurde  im  Jahre  1886  und  1887  von  Herrn 
Baumeister  Müller,  in  Firma  Müller  Groh,  entworfen  und  unter 
dessen  Leitung  mit  einem  Kostenaufwand  von  M.  16,800  hergestellt. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Ein  Zimmer-Aquarium  mit  Tieren  aus  dem  Schwarzen  Meere. 

Von  Dr.  G.  Kosehe wnikoff,  Assistenten  am  zoologischen  Museum  der 

Universität  zu  Moskau. 

Allen  Liebhabern  von  Aquarien  wird  es,  wie  ich  glaube,  nicht 
uninteressant  sein,  zu  erfahren,  wie  ich  einige  Arten  von  Tieren, 
die  im  Schwarzen  Meere  leben,  aus  Sebastopol  nach  Moskau  trans¬ 
portiert  habe,  was  eine  Strecke  von  ungefähr  215  Meilen  ist,  und 
wie  ich  diese  Tiere  in  Zimmer-Aquarien  der  allereinfacksten  Ein¬ 
richtung  halte. 

Auf  den  Gedanken,  einige  der  lebensfähigsten  Seetiere  lebendig 
nach  Moskau  zu  schaffen,  wo  bei  der  ungeheuren  Entfernung  vom 
Meere  jedes  lebendige  Tier  des  Meeres  ein  besonderes  Interesse  bietet, 
kam  ich  zu  Anfang  des  Jahres  1889,  als  ich  mich  in  Sebastopol 
aufhielt. 

Ausflüge  zur  Gewinnung  von  Tieren  machte  ich  in  den  ersten 
Tagen  des  Februar,  und  ich  fing  wie  mit  dem  Schleppnetze  so 
auch  am  Ufer  ziemlich  viele  Arten,  welche  ich  dann  im  Laufe 
einiger  Tage  vorläufig  der  Untersuchung  bezüglich  ihrer  Lebens¬ 
fähigkeit  unterwarf.  Dazu  legte  sich  im  Lokal  der  Biologischen 
Station  in  Sebastopol  in  einige  Gefäße  Exemplare  folgender  Species: 
Actinia  equina  L.,  welche  an  den  Ufern  lebt,  Actinia  sp .,  welche 
sich  auf  dem  Grunde  des  Meeres  aufhält,  Carcinus  mcienas  L.,  Dio¬ 
genes  varians  Nell.,  Palaemon  squillci  L.,  Gammarus  locusta  L., 
Sphaeroma  serrata  Leach. ,  Idotea  tricuspidata  Desm.,  J.  capito  M. 
Edw.,  Baianus  improvisus  Darw.,  Chiton  variegatus  Phil.,  Bissoa 
sp.,  Cerithium  ferrugineum  Brug.,  Trochus  sp.,  Calyptraea  chinensis 
L.,  Nassa  reticulata  Link.,  Beeten  sulcatus  Link.,  Mytilus  edulis  L., 


—  7 

Cardium  edide  L.,  Venus  aurea  Mat.  et  Rask.,  Phallusia  intestinalis 
L.  und  Cynthia  microcosmus  Sav. 

Von  den  Vertretern  dieser  Arten  nahm  ich  nur  Pecten  sulcatus 
Sink,  und  Palaemon  squilla  nicht  zum  Transport;  denn  sie  kamen 
bei  der  Untersuchung  um;  es  erwies  sich  nämlich  Pecten  als 
ungewöhnlich  empfindlich  und  starb  sehr  schnell,  sogar  bei  häufigem 
Wechsel  des  Wassers.  Bei  den  übrigen  Arten  war  die  Sterblich¬ 
keit  während  der  Untersuchung  sehr  verschieden.  So  z.  B.  kam 
von  den  Actinien  und  von  Nassa  nicht  ein  einziges  Exemplar  um, 
von  Palanus ,  Chiton  und  Sphaeroma  starben  sehr  wenige,  aber  von 
den  Einsiedlerkrebsen,  welche  ich  sehr  schätzte,  kamen  viele  um; 
dagegen  aber  erwiesen  sich  die  am  Leben  bleibenden  sechs  Exem¬ 
plare,  welche  glücklich  die  ganze  Schwere  »der  Auswahl«  aushielten, 
als  sehr  lebensfähig  und  langlebig. 

Mitgenommen  habe  ich  meine  Tiere  in  fünf  Glasbüchsen  in 
Größe  von  je  6 — 8  Liter,  welche  mit  Wachsleinwand  umbuuden  und 
in  zwei  Kasten  gestellt  waren.  Beim  Transport  fürchtete  ich  am 
meisten  die  zu  warme  und  stark  verdorbene  Luft,  wie  sie  im  Winter 
in  den  Waggons  der  Eisenbahnen  ist,  und  daher  trug  ich  während 
der  laugen  Fahrt  meine  Glasbüchseu  mehrere  Mal  an  die  frische 
Luft  und  erfrischte  das  Wasser,  indem  ich  mit  einer  Spritze  aus 
Gutta-Percha  Ströme  kalter  Luft  in  dasselbe  einführte. 

Schon  zu  Anfang  der  Reise  kamen  beide  Schwimmkrabben, 
Cärcinus ,  um  und  wurden  weggeworfen,  und  bei  der  Ankunft  in 
Moskau  erwiesen  sich  als  tot  Idotea ,  Cardium  und  einige  von  den 
Cynthien. 

Indem  ich  anfangs  nicht  hoffen  konnte,  daß  sich  die  Tiere,  die 
ich  herbeigeführt  hatte,  als  langlebig  erweisen  würden,  hatte  ich  für 
ihre  Unterbringung  keine  umständlichen  Vorrichtungen  getroffen. 
Ich  nahm  nun  zwei  cylinderförmige  Vasen  aus  Glas,  die  eine  von 
28  cm  und  die  andere  von  21  cm  im  Durchmesser,  und  ein  vier¬ 
eckiges  Gefäß  von  24  X  12  cm,  streute  auf  den  Boden  Steinchen 
aus  dem  Meere  von  verschiedener  Größe  und  grobkörnigen  Sand, 
den  ich  gleichfalls  vom  Ufer  des  Meeres  mitgebracht  hatte,  goß  in 
die  zwei  Gefäße  Wasser  auf  eine  Höhe  von  7  cm  und  in  das  dritte 
auf  eine  Höhe  von  5  cm,  und  —  meine  Aquarien  waren  fertig.  Auf 
den  Rat  einiger  Sachkundigen  beklebte  ich  später  einen  Teil  der 
Wände  in  zwei  von  den  Gefäßen  mit  schwarzem  Papier;  aber  ich 
muß  bemerken,  daß  bei  voller  Beleuchtung  von  allen  Seiten,  wie  sie 
im  dritten  Aquarium  war,  die  Tiere  sich  gleich  gut  befänden. 


8 


Zur  Erfrischung  des  Wassers  führte  ich  einen  medizinischen 
Pulverisator  ein  ;  derselbe  besteht  aus  zwei  Kugeln  aus  Gutta-Percha 
und  einem  Schlauche  mit  einem  Kran;  an  das  Ende  des  Schlauches 
wird  poröse  Kohle  befestigt,  und  durch  diese  geht  die  Luft,  welche 
eingeblaseu  wird,  in  kleinen  Bläschen  hinein. 

Kurze  Zeit  nach  meiner  Ankunft  in  Moskau  starben  in  dem 
Aquarium  die  Tunicata.  Diese  Tiere  in  Aquarien  zu  haben  ist  nach 
meiner  Meinung  gar  nicht  wünschenswert;  denn  erstens  sind  siebei 
ihrer  Unbeweglichkeit  wenig  interessant,  und  zweitens  behalten  sie, 
wenn  sie  sterben,  die  äußere  Form  ihres  Körpers,  so  daß  es  nicht 
möglich  ist,  das  tote  Tier  vou  dem  lebenden  zu  unterscheiden,  bis 
endlich  das  Wasser  einen  schrecklichen  Geruch  von  Fäulnis  ver¬ 
breitet  und  darauf  hinweist,  daß  das  Tier  tot  ist.  Ein  solcher  un- 
bemerklicher  Tod  der  Cyntliien  hat  mir  mehrmals  das  Wasser  voll¬ 
ständig  verdorben. 

Nach  den  Manteltieren  begannen  die  Muscheln  ( Lamellibranchiata ) 
umzukommen.  Der  Grund,  daß  sie  sterben,  liegt  nach  meiner  Mei¬ 
nung  darin,  daß  der  steinichte  Boden  des  Aquariums  für  sie  ganz 
ungeeignet  ist,  denn  sie  sind  gewöhnt,  sich  in  weichen  Schlamm  ein¬ 
zugraben.  Meine  Venus  verendeteu  im  Laufe  einiger  Wochen  alle 
bis  auf  eine;  die  letzte  starb  zwei  Monate  nach  meiner  Ankunft. 
Auf  diese  Weise  vollzog  sich  die  Auswahl  der  Arten,  die  sich  für  die 
gegebenen  Verhältnisse  nicht  eigneten,  und  stellte  sich  fest  derjenige 
Bestand  der  Fauna,  für  welchen  unter  den  gegebenen  Bedingungen 
ein  längeres  Leben  möglich  gewesen  wäre. 

Fast  gleich  nach  der  Ankunft  paarten  sich  das  Männchen  und  das 
Weibchen  des  Flohkrebses,  Gammarus  locusta  L.,  wobei  das  Männchen 
mehr  als  eine  Woche  auf  dem  Rücken  des  Weibchens  saß.  Die  Brut  der 
kleinen  Gammarus  war  nicht  sehr  bemerklich;  erst  nach  zwei 
Wochen  fand  ich  einen  jungen  Gammarus  tot,  und  bald  zeigte  sich 
noch  ein  anderer,  der  lebendig  war.  Die  alten  Gammarus  starben 
bald,  aber  am  15.  April,  d.  b.  ungefähr  35  Tage,  nachdem  das  alte 
Weibchen  Eier  gelegt  hatte,  legte  auch  das  junge  Weibchen  Eier 
Dieses  junge  Weibchen,  welches,  im  Aquarium  ausgebrütet,  der  ein¬ 
zige  Repräsentant  seiner  Art  geblieben  war,  war  in  der  Zeit,  als 
es  Eier  legte,  um  4^2 mal  kleiner  als  der  Vater  und  um  dreimal 
kleiner  als  die  Mutter.  Die  Eier  blieben  unbefruchtet  und  kamen 
um,  und  bald  darauf  verendete  auch  das  Tier  selbst. 

Im  Laufe  der  ersten  Wochen  zeigte  sich,  wie  ich  schon  er¬ 
wähnt  habe,  die  größte  Sterblichkeit  unter  den  Tieren,  aber  dafür 


9 


kamen  einige  früher  nicht  bemerkte  Formen  zum  Vorschein.  So 
fand  ich  vier  Exemplare  Pontolimax  sp.,  welche,  in  ein  kleines  Ge¬ 
fäß  abgestellt,  einige  Häufchen  Eier  gelegt  hatten,  aber  die  Em¬ 
bryonen,  welche  aus  diesen  Eiern  entstanden,  gingen  alle  zu  Grunde, 
und  zwar  nach  aller  Wahrscheinlichkeit  infolge  der  Beschränktheit 
des  Raumes.  Außerdem  fand  ich  im  Aquarium  eine  große  Turbel- 
larie ,  welche  ich  nicht  bestimmen  konnte,  da  dieses  das  einzige 
Exemplar  war,  einige  kleine  freie  Borstenwürmer  und  eine  ziemlich 
große  Serpulide,  deren  Röhre  ich  lange  für  leer  gehalten  hatte. 

Im  Laufe  des  März  und  des  April  starben  Trochus,  Pissoa, 
Pontolimax,  Calyptraea,  Cardium ,  die  Actinien,  welche  auf  dem 
Grunde  des  Meeres  leben,  und  einige  von  den  Baianus ,  welche  ich 
in  sehr  großer  Menge  hatte. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  Mai  hatten  meine  Aquarien  zwei 
Umzüge  durchzumachen,  wobei  sie  zweimal  gleichsam  von  neuem 
eingerichtet  wurden.  Nach  dem  zweiten  Transport,  Ende  Mai,  er¬ 
wies  sich  der  Bestand  meiner  Fauna  als  folgender:  Actinia  equina 
L.  25  Exemplare ,  Nassa  reticülata  Link.  13,  Diogenes  varians 
Nell.  6 ,  Chiton  variegatus  Phil.  2  ,  Serpula  1  ,  Sphaeroma 
serrata  Leach.  4,  Baianus  improvisus  Darw.  einige  Dutzend 
und  Mytilus  cdidis  L.  1.  Aber  bei  dieser  Berechnung  sind  unstreitig 
einige  kleinere  Exemplare  meiner  Aufmerksamkeit  entgangen,  denn 
im  Laufe  des  Sommers  zeigten  sich  gegen  zehn  kleine  Mytilus , 
welche  ziemlich  schnell  wuchsen.  In  welcher  Gestalt  sie  in  mein 
Aquarium  geraten  sind,  in  der  Gestalt  von  Eiern  oder  in  Gestalt 
äußerst  kleiner  Exemplare,  welche  sich  der  Aufmerksamkeit  entzogen 
hatten,  das  läßt  sich  nicht  bestimmen. 

Mitte  Juni  zeigte  sich  iu  einem  der  Aquarien  eine  Menge  von 
Copepoden,  welche  früher  nicht  da  waren,  und  da  das  Wasser  wieder¬ 
holt  filtriert  wurde,  so  ist  es  augenscheinlich,  daß  sie  aus  Eiern  ge¬ 
kommen  waren,  welche  sich  auf  dem  Boden  des  Aquariums,  inmitten 
des  Sandes,  der  Steine  und  der  Muscheln  erhalten  hatten.  Anfang 
Juli  kamen  in  eben  demselben  Aquarium,  in  welchem  die  Copepoda 
ausgekrochen  waren,  viele  junge  Sphaeroma  von  verschiedener  Größe 
zum  Vorschein,  so  daß  es  wahrscheinlich  war,  daß  mehrere  Ausbrü¬ 
tungen  stattgefundeu  hatten.  Diese  kleinen  Krebse  wachsen  schnell 
und  befinden  sich  sehr  wohl ;  die  alten  leben  auch  noch. 

Aber  gewiß  die  interessanteste  Entdeckung  in  meinen  Aquarien 
war  diejenige  der  Hydroiden  aus  der  Familie  der  Corynidae;  ich 
entdeckte  sie  auf  den  Schalen  der  Nassa  und  zwar  auch  im 


10 


Juli.  Ich  hatte  auf  diesen  Schnecken  schon  längst .  gewisse  kleine 
Auswüchse  bemerkt,  aber  erst  Ende  Juli  überzeugte  ich  mich,  daß 
das  Hydroiden  waren  ;  denn  erst  in  dieser  Zeit  hatten  sie  eine  ver¬ 
hältnismäßig  bedeutende  Größe  erlaugt.  Vom  Juli  an  machten  sich 
und  zwar  bis  jetzt  (Ende  November)  auf  einigen  Exemplaren  Knospen 
bemerklicb,  aber  es  gelang  mir  nicht(  die  freischwimmenden  Quallen 
zu  beobachten.  Und  so  erfolgte  im  Laufe  des  Sommers  so  zu  sagen 
eine  Bereicherung  meiner  Aquarien  ;  dagegen  machte  sich  ein  starkes 
Anssterben  der  Balanns  bemerklich  ;  dieselben  waren  zum  Ende  des 
September  fast  alle  ausgestorben. 

Als  eine  traurige  Erscheinung  in  dem  Sommerleben  meiner  Tiere 
muß  ich  den  Tod  zweier  von  den  sechs  Einsiedlerkrebsen  ver¬ 
zeichnen,  welche  infolge  meiner  Unvorsichtigkeit  starben.  Indem 
ich  nämlich  auf  die  Möglichkeit  einer  Vermehrung  dieser  Krebse 
rechnete,  dachte  ich,  ich  würde  dazu  beitragen,  wenn  ich  sie  stark 
fütterte,  aber  da  kamen  die  zwei  von  ihnen  um,  indem  sie  bei  der 
gegebenen  Menge  von  Sauerstoff  und  bei  der  geringen  Bewegung 
nicht  imstande  waren,  die  große  Menge  des  Futters  zu  verdauen. 
Ich  wurde  dafür  bestraft,  daß  ich  nicht  die  allgemeine  Regel  be¬ 
folgte,  die  nämlich,  daß  man  die  in  der  Gefangenschaft  lebenden 
Tiere  nicht  viel  füttern  darf;  denn  bei  ihnen  ist  der  Stoffwechsel 
um  ein  Bedeutendes  geringer  als  bei  den  Tieren,  welche  in  Frei¬ 
heit  leben.  Anfangs  September  bemerkte  ich  eine  höchst  interes¬ 
sante  Erscheinung,  nämlich  ein  Dutzend  von  neugeborenen  Actinien , 
die  durch  geschlechtliche  Vermehrung  erschienen  waren;  leider  ist 
es  mir  nicht  gelungen,  den  Vermehrungsprozeß  selbst  zu  beobachten. 

Im  allgemeinen  muß  man  meinen  Versuch  der  Einrichtung  eines 
Zimmer-Aquariums  mit  Seetieren  als  gelungen  bezeichnen,  wenn  man 
nämlich  die  Einfachheit  der  Vorrichtungen  bei  dem  Unterhalt  der¬ 
selben  und  ebenso  auch  die  Schwierigkeiten  des  Transportes  dieser 
Tiere  auf  eine  Strecke  von  ungefähr  215  Meilen  in  Betracht  zieht. 
Im  ersten  Monat  machten  mir  die  Aquarien  nicht  wenig  zu  schaffen, 
weil  ich  den  Actinien  in  unverhältnismäßig  großer  Menge  und  allzu 
oft  Futter  gab,  so  daß  die  Menge  der  Absonderungen  zu  groß  war, 
und  dazu  saß  ein  großer  Teil  der  Actinien  in  einem  Gefäße,  in 

welchem  keine  Nassa  und  keine  anderen  Tiere  waren,  welche  die 
•  •  * 

Überbleibsel  des  Futters  hätten  auflesen  können.  Solange  diese 
Schwierigkeiten  nicht  beseitigt  waren,  mußte  ich  bei  den  Actinien 
das  Wasser  ziemlich  oft  wechseln,  aber  da  mein  Vorrat  an  Wasser 
ziemlich  klein  war,  und  ich  es  nicht  wagte,  die  Tiere  in  künstliches 


11 


Wasser  zu  setzen,  so  mußte  ich  das  verdorbeue  Wasser  verbesseru. 
Weun  es  uun  uicht  gelang,  es  mit  einem  Mal  durch  Filtrieren  zu 
reinigen,  so  ließ  ich  es  stehen,  bis  sich  die  kleinsten  organischen 
Teilchen,  welche  es  trübe  machten,  zersetzten,  und  dann  wurde 
dieses  Wasser,  nach  dem  Filtrieren  und  nach  dem  verstärkten  Ein¬ 
lassen  vou  Luft,  vollständig  geeignet  für  den  Gebrauch.  Auf  diese 
Weise  verbesserte  ich  mehrere  Mal  das  verdorbene  Wasser,  und  ich 
habe  auch  nicht  einen  Cubikcentimeter  von  dem  mitgebrachten 
Wasservorrat  weggegossen. 

Diese  Umständlichkeit  mit  dem  Wasser  hatte  ich  nur  im  ersten 
Mouat;  denn  später,  als  ich  die  Tiere  auf  eine  mehr  rationelle  Weise 
untergebracht  und  aufgehört  hatte,  ihnen  zu  viel  Nahrung  zu  geben, 
und  als  ich  die  Exkremente  ziemlich  schnell  entfernte,  habe  ich, 
nachdem  ich  das  Wasser  Mitte  März  gewechselt  hatte,  es  bis  jetzt 
nicht  mehr  gewechselt  (Ende  November),  und  ich  habe  es  nur  ein¬ 
mal  und  zwar  Mitte  Mai  filtriert,  da  sich  im  Sande  eiue  Masse  or¬ 
ganischer  Reste  erwies.  Beim  zweiten  Umzug  aber  habe  ich  das 
Wasser  unfiltriert  gelassen  ;  denn  in  dieser  Zeit  waren  die  Copepocla 
schon  ausgekrochen,  und  sie  würden  bei  der  Filtration  sicherlich 
umgekommen  seiu. 

Zur  Erfrischung  des  Wassers  gebrauchte  ich,  wie  ich  schon 
erwähnt  habe,  einen  Pulverisator  aus  Gutta-Percha  mit  poröser 
Kohle.  Luft  in  die  Aquarien  führt  meine  Frau  gewöhnlich  am 
Morgen  ein,  und  diese  Operation  nimmt  für  jedes  Aquarium  nur 
etwa  drei,  höchstens  fünf  Minuten  in  Anspruch.  Tn  den  letzten 
zwei  Monaten  haben  wir  die  Tiere  gewöhnt,  sich  mit  einer  einma¬ 
ligen  Erfrischung  des  Wassers  in  48  Stunden  zu  begnügen,  und  die 
Tiere  leiden  dadurch  gar  keinen  Schaden. 

Das  Füttern  meiner  Tiere  besorge  ich  etwa  einmal  in  der 
Woche,  aber  zuweilen  mußten  sie  auch  zwei  Wochen  lang  hungern 
Futter  gebe  ich  nur  den  Actinien ,  den  Einsiedlerkrebsen  und  den 
Nassa;  alle  übrigen  Tiere  aber  nähren  sich  von  den  Überresten, 
welche  jene  lassen,  wobei  ich  bemerken  muß,  daß  zu  den  sitzenden 
Arten,  wie  Mytilus ,  nur  jene  Teilchen  gelangen  können,  welche  beim 
Einlassen  der  Luft  aufgerührt  werden,  so  daß  dieses  Einführen  der 
Luft,  abgesehen  von  der  Erfrischung  des  Wassers  durch  dasselbe, 
auch  noch  eine  indirekte  Bedeutung  hat. 

Die  Nahrung  meiner  Tiere  ist  die  verschiedenartigste :  ich  habe 
ihnen  rohes,  gekochtes  und  gebratenes  Rindfleisch,  Schinken,  Wurst, 
Hühnerfleisch,  gekochten  Fisch,  Lachs,  Stör  und  dergleichen  ge- 


12 


geben.  Im  Sommer  gab  ich  den  großen  Actinien  kleine  Frösche, 
welche  sie  lebendig  verschluckten.  Aus  dem  Gesagten  ist  zu  ersehen, 
daß  für  die  Tiere,  welche  sich  nicht  von  vegetabilischer  Kost  und 
nicht  von  Schlamm  nähren,  keine  Verlegenheiten  bezüglich  des  Futters 
entstehen  können. 

Überhaupt  muß  ich  auf  Grund  meiner  Erfahrung  sagen,  daß 
das  Halten  wirbelloser  Seetiere  im  Aquarium  vollständig  erfolgreich 
sein  kann,  auch  wenn  die  Vorrichtungen  noch  so  einfach  sind. 

Das  allergrößte  Interesse  bietet  natürlich  die  Vermehrung  der 
Tiere  in  den  Aquarien.  Ich  habe  bereits  der  Vermehrung  der  Co - 
pepoden,  Hydroiden ,  Sphaeromen  und  Actinien  Erwähnung  gethau ; 
aber  als  mein  Artikel  schon  geschrieben  war,  bemerkte  ich  in  einem 
von  meinen  Aquarien  einige  Ballen  mit  Eiern  von  Nassa  reticulata. 

Wenn  es  mir  in  der  Folgezeit  gelingt,  noch  andere  Vertreter 
der  Fauna  des  Schwarzen  Meeres  für  mein  Aquarium  zu  erwerben^ 
oder  wenn  ich  an  den  Tieren,  welche  ich  gegenwärtig  habe,  irgend 
welche  interessanten  Beobachtungen  mache,  so  werde  ich  mir  eine 
Ehre  und  ein  Vergnügen  daraus  machen,  diese  Thatsachen  den  Lesern 
des  »Zoologischen  Garten«  mitzuteilen. 


Das  Vorkommen  der  Aspis- Viper,  Viper a  aspis  L.,  in  Deutsch¬ 
land  und  ihre  verwandtschaftliche  Stellung*  zur  Kreuzotter. 

Von  J.  Blum. 


In  meiner  Arbeit  »Die  Kreuzotter  und  ihre  Verbreitung;  in 
Deutschland«*)  habe  ich  gesagt:  »Von  Vipera  aspis  wissen  wir  be¬ 
stimmt,  daß  sie  in  Deutsch-Lothringen  vorkommt;  ihr  Vorkommen 
im  südlichen  Schwarzwalde  bei  dem  Städtchen  Thiengen,  im  Schlücht- 
thale  und  in  seinen  Nebenthälern,  ist  noch  nicht  mit  genügender 
Sicherheit  festgestellt.«  Nun  gibt  es  allerdings  einige  Exemplare, 
welche  aus  der  Gegend  von  Thiengen  stammen  sollen.  Im  Jahre 
186/  wurde  Herrn  .Rektor  Müller  in  Meersburg  eine  Aspis-Viper 
von  dem  inzwischen  verstorbenen  Apotheker  Saul  in  Thiengen  für 
die  naturhistorische  Sammlung  des  Meersburger  Seminars  geschenkt. 
In  seinem  Begleitschreiben  bemerkte  er,  daß  diese  Viper,  die  bei  der 
Witznauer  Mühle  im  Schlüchtthale  durch  einen  Arbeiter  gefangen 
worden  sei,  in  früherer  Zeit  auf  dem  Schwarz walde  nicht  getroffen 


*)  Vgl.  Jahrg.  XXIX,  1888,  S.  300. 


13 


wurde;  es  liege  demnach  die  Vermutung  nahe,  daß  sich  die  Species 
vom  Schweizer  Jura  herüber  auf  den  Schwarzwald  augesiedelt  habe. 
Herr  Rektor  Müller  fügt  in  einem  Briefe  an  mich  hinzu:  »Da  Saul 
als  Sammler  bekannt  war  und  die  Finder  ordentlich  honorierte,  wäre 
es  ja  immerhin  denkbar,  wrenn  auch  nicht  wahrscheinlich,  daß  frag¬ 
liche  Viper  wo  anders  aufgefunden  wurde.«  —  Ein  zweites  Exem¬ 
plar  mit  der  Fundortsangabe  Thiengen  befindet  sich  im  Gymnasium 
zu  Konstanz  und  zwei  weitere  Exemplare  in  der  naturhistorischen 
Sammlung  des  Mannheimer  Vereins  für  Naturkunde  (siehe  dessen 
Jahresbericht  1871).  Die  beiden  letzteren  Exemplare  wurden  von 
Saul  ebenfalls  selbst  überschickt  und  eines  derselben  stammt  nach 
dessen  Angabe  von  der  Föhrenbacher  Mühle  bei  Nöggenschwiel. 

Ich  habe  mir  seit  zwei  Jahren  viel  Mühe  gegeben,  um  in  den 
Besitz  eines  Belegstückes  aus  neuerer  Zeit  zu  gelangen,  ich  habe 
mich  sogar  während  meiner  letzten  Sommerferien  an  Ort  und  Stelle 
begeben  und  bei  denjenigen  Leuten,  die  in  erster  Linie  darum  wissen 
mußten,  Nachforschung  angestellt  und  erneuten  Auftrag  erteilt; 

allein  meine  Bemühungen  sind  bis  jetzt  erfolglos  geblieben  und  ich 

* 

beginne,  nicht  nur  das  jetzige  Vorkommen  der  Viper a  aspis  im 
Schwarzwalde  zu  verneinen,  sondern  auch  das  angeblich  frühere 
Vorkommen  stark  in  Zweifel  zu  ziehen.  Saul  hat,  allem  Anscheine 
nach,  seine  Schlangen  nicht  selbst  gefangen,  und  wrer  weiß,  wie  leicht 
der  Arbeiter  es  mit  einer  falschen  Fundortsangabe  nimmt,  wie  un¬ 
zuverlässig  überhaupt  der  Laie  in  dieser  Beziehung  ist,  der  wird 
über  meinen  Skeptizismus  nicht  erstaunt  sein.  Ich  glaube,  daß 
Apotheker  Saul,  durch  den  das  Vorkommen  der  Aspis  im  Schwarz¬ 
walde  in  die  Litteratur  verbreitet  wurde,  getäuscht  worden  ist.  An 
eine  Wanderung  der  Aspis  aus  dem  Jura  nach  dem  Schwarzwald 
kann  schwerlich  gedacht  werden;  allenfalls  könnte  man  von  einer 
Verschleppung  reden.  Es  ist  wahr,  daß  in  den  letzten  Jahren  in 
dem  hochromantischen  Schlüchttale  gewaltige  Felssprengungen  be¬ 
hufs  Anlage  herrlicher  Kunststraßen  ausgeführt  worden  sind ;  immer¬ 
hin  müßte  sich,  wenn  die  Schlange  hier  heimisch  gewesen  wäre, 
da  oder  dort,  wie  z.  B.  im  Schwarzathale,  welches  bei  der  Witz- 
nauer  Mühle  mündet,  ein  Exemplar  vorgefundeu  haben  oder  noch 
vorfinden.  —  Ein  negatives  Resultat,  wie  das  in  Rede  stehende,  wird 
sich  nur  schwierig  Anerkennung  erringen,  nachdem  das  Vorhanden¬ 
sein  der  Aspis  im  Schwarzwalde  während  22  Jahre  durch  vermeint¬ 
liche  Belegstücke  als  erwiesen  gegolten  hatte ;  wir  müssen  aber  den 
Schwarzwald  nach  dem  Gesagten  als  Aufenthaltsstätte  der  Aspisschlange 


14 


streichen,  und  es  bleibt  somit  für  dieselbe  in  Deutschland  nur  Elsass- 
Lothriugen  besteheu. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  auf  eine  interessante  Arbeit  des 
Dottore  Lorenzo  Camerano  »Monografia  degli  Ofidi  italiani.  Parte 
prima.  Viperidi.  Memorie  deila  Reale  Accademia  delle  Scienze  di 
Torino.  Serie  II,  Tomo  XXXIX.  1888«  aufmerksam  machen. 

Camerano  hat  ein  reiches  italienisches  Material  sowohl  von 

Berus  wie  von  Aspis  eingehend  untersucht.  Dabei  fand  er,  daß 
Vipera  berus  und  Vipera  aspis  in  Färbung,  Zeichnung,  Beschilde¬ 
rung,  in  der  Form  der  Schnauze  und  der  Struktur  der  Schuppen 
vielfach  ineinander  übergehen  und  einander  vertreten.  Er  gelangt 
daher  infolge  seiner  Untersuchungen,  entsprechend  der  systematischen 
Einteilung  älterer  Forscher,  zu  dem  Schlüsse: 

1.  Die  europäischen  Vipern  gehören  zu  einer  einzigen  Gattung, 
zu  dem  Genus  Vipera  Laurenti. 

2.  Die  Gattung  Vipera  begreift  in  Europa  zwei  Arten  iu  sich  : 
Vipera  ammodytes  (Linne). 

Vipera  berus  (Linne). 

3.  Die  Species  Vipera  berus  (Linne)  hat  eine  Unterart  aspis , 
welche  in  den  südlichen  Gegenden  vorherrschend  ist. 

4.  Vipera  Latastei  Boscä  ist  auf  Vipera  berus  subspec.  aspis  zu 
beziehen  und  nicht  auf  Vipera  ammodytes. 

5.  Vipera  Latastei  Boscä  und  Vipera  Seoanei  Lataste  sind  weder 
als  Art  noch  als  Unterart  zu  betrachten,  sondern  nur  als  Varie¬ 
täten  von  Vipera  berus  oder  Vipera  berus  subspec.  aspis.  Sie 
sind  nicht  beständig  genug,  um  mit  einem  bestimmten  Namen 
bezeichnet  werden  zu  können. 

Die  Diaguose,  welche  Camerano  gibt,  ist  wie  folgt: 

Farn.  Viper idae. 

Genus  Vipera  Laurenti. 

Die  Subkaudalschilder  sind  in  zwei  Reihen  angeordnet :  die 
Gularschuppen  sind  glatt. 

Die  italienischen  Species  und  Subspecies,  welche  zu  diesem 
Genus  gehören,  lassen  sich  in  folgender  Weise  unterscheiden  : 

A.  Die  Schnauze  endigt  in  ein  selbständiges  nach  oben  gerich¬ 

tetes  Hörnchen,  an  dessen  Bildung  das  Rüsselschild  keinen 
Anteil  nimmt.  Vipera  ammodytes  (Linne). 

B.  Die  Schnauze  endigt  nicht  in  ein  selbständiges  Hörnchen ; 
der  vordere  Schuauzenrand  ist  abgerundet,  mehr  oder  weniger 


erhöbt,  so  daß  er  eine  hornähnliche  Hervorstülpung  bildet, 
dereu  vorderer  Teil  von  dem  mehr  oder  weniger  hohen  Rüssel¬ 
schild  gebildet  wird. 

a.  Der  vordere  Schnauzenrand  ist  rund  oder  wenig  in  die 
Höhe  gestreckt.  Auf  dem  Kopfe  zwischen  den  Augen  und 
dem  Nacken  befinden  sich  3  große  Schilder.  Zwischen 
Auge  und  Oberlippenschildern  liegt  gewöhnlich  nur  eine 
Schuppenreihe.  Die  Rückenflecken  sind  meistens  in  einer 
ununterbrochenen  Zickzacklinie  angeordnet. 

Viper a  berus  (Lin ne). 

b.  Der  vordere  Schnauzenraud  ist  mehr  oder  weniger  horn¬ 
artig,  zuweilen  etwa  3  Millimeter  hoch,  aufgestülpt.  Auf 
dem  Kopfe  befinden  sich  gar  keine  großem  Schilder,  oder 
nur  ein  größeres  Schild ,  oder  zwei  oder  drei  größere. 
Zwischen  Auge  und  Oberlippenschildern  liegen  meistens  2 
Schuppenreihen.  Die  Rückenflecken  sind  in  der  Regel 
unter  sich  getrennt  oder  in  einer  schwarzen  unterbrochenen 
Zickzacklinie  angeordnet. 

Viper a  berus  (Linue)  subspec.  aspis. 

Camerano  hält  eine  Einteilung  in  Farbenvarietäten,  auf  die 
Verschiedenheit  der  Grundfarbe  basiert,  nicht  für  empfehlenswert, 
da  die  Grundfarbe  au  demselben  Individuum  nach  Jahreszeit  und 
je  nachdem  es  näher  oder  entfernter  der  Häutung  ist,  wechselt.  Er 
hält  es  für  richtiger,  statt  der  Grundfarbe,  welche  weiß,  grauweiß, 
graubraun  ,  hellrostfärben  ,  rötlich  ,  kastanienbraun  ,  dunkelbraun, 
schwärzlich  oder  sammtsch warz  sein  kann,  die  schwarze  Zeichnung 
in  Betracht  zu  ziehen  und  teilt  demnach  die  Farbenvarietäten  in 
mehrere  Gruppen,  ohne  diese  jedoch  mit  einem  Namen  zu  belegen. 
Von  den  melanotischen  Varietäten  nimmt  er  ebenfalls  zwei  Gruppen 
an  und  zwar  eine  Gruppe,  bei  welcher  der  Melauismus  durch  die 
Ausbreitung  der  schwarzen  Rückenflecken  entstand,  so  daß  sie  deii 
Rücken  mehr  oder  weniger  ganz  bedeckten  und  nur  da  und  dort 
einen  hellen  Fleck  ließen,  und  die  zweite  Gruppe,  bei  welcher  der 
Melanismus  dadurch  entstand,  daß  sich  die  Grundfarbe  stark  ver¬ 
dunkelte.  Die  Exemplare,  welche  diese  Art  von  Melanismus  zeigen, 
lassen  nach  einiger  Zeit  der  Aufbewahrung  in  Alkohol  die  schwarzen 
Flecken  erkennen. 

In  Bezug  auf  die  Struktur  der  Schuppen,  in  welcher  Levdig 

•• 

(Uber  die  einheimischen  Schlangen,  zoologische  und  anatomische  Be¬ 
merkungen.  In  den  Abhandlungen  der  Senckenbergischen  Natur- 


16 


forschenden  Gesellschaft  XIII.  1884)  eine  spezifische  Unterscheidung 
zwischen  Berus,  Aspis  und  Ammodytes  findet,  sagt  Camerano: 
»Ich  habe  die  Struktur  der  Schuppen  an  vielen  italienischen  Exem¬ 
plaren  von  Aspis  sowohl  wie  von  Berus  und  auch  an  italienischen 
und  griechischen  Exemplaren  von  Vipera  ammodytes  geprüft  und 
gefunden,  daß  dieselbe  sehr  veränderlich  ist  und  für  spezifische 
Diagnosen  nicht  in  Betracht  gezogen  werden  kann.« 

Schließlich  will  ich  hier  noch  auf  die  Thatsache  hinweisen,  daß 
in  gewissen  Partien  der  Schweizer  Hochalpen  die  Aspis  in  einem 
Kreuzottergewand  (in  der  Bergform,  wie  sie  F.  Müller  zum  Unter¬ 
schiede  von  der  Thalform  bezeichnet)  an  die  Stelle  der  Kreuzotter 
tritt  (siehe  4.  Nachtrag  zum  Katalog  der  herpetologischen  Samm¬ 
lung  des  Baseler  Museums.  Von  F.  Müller  in  Verhandlung  der 
Naturforschendeu  Gesellschaft  in  Basel.  VII). 


Las  Wachsen  der  Anodonten  (Teichmuscheln). 

Von  Gebrüder  Bnxbaum. 

Über  das  Wachsen  der  Anodonten  und  Unionen  sind  die  An¬ 
sichten  der  Konchyliologen  immer  noch  geteilt.  Einige  behaupten, 
daß  das  W7achsen  derselben  nur  sehr  langsam  vor  sich  gehe  und 
die  Muscheln  erst  nach  mehreren  Jahren  ausgewachsen  seien,  wäh¬ 
rend  andere  sagen,  daß  dieser  Vorgang  rascher  stattfinde  und  die 
Tiere  nicht  so  viele  Jahre  zu  ihrer  Entwicklung  nötig  hätten.  Volle 
Klarheit  über  diese  Frage  kann  man  durch  das  Beobachten  der 
Muscheln  in  fließendem  Wasser  nicht  erhalten,  weil  man  die  einzel¬ 
nen  Exemplare  nicht  immer  an  denselben  Stellen  finden  wird. 

Die  Ergebnisse  aus  Aquarien  sind  auch  nicht  maßgebend,  da 
den  Tieren  hier  nicht  alle  Bedingungen  zur  raschen  Entwicklung 
geboten  sind.  Man  muß  sich  in  diesem  Falle  also  nach  einem  geeig¬ 
neteren  Beobachtungsgebiet  umsehen,  welches  alle  erforderlichen  Be¬ 
dingungen  darbietet.  Ein  solches  Gebiet  hat  mein  Bruder,  Seminar¬ 
lehrer  Ph.  Buxbaum  in  Bensheim  an  der  Bergstraße,  aufgefunden. 
Es  sind  dies  die  bei  den  dortigen  Backsteinfabriken  ausgeworfenen 
Lehmgruben.  Diese  werden,  des  hochliegenden  Grundwassers  wegen, 
kastenartig  ausgegraben,  so  daß  eine  große  Grube  aus  vielen  klei¬ 
neren  Gruben  besteht,  die  durch  stehengelassene  Lehm  wände  von 
0,5  m  Breite  voneinander  getrennt  sind ,  aber  durch  das  spätere 
teilweise  Abtragen  dieser  Wände  doch  miteinander  in  Verbindung 


17 


stehen  und  3  bis  4  m  Tiefe  haben.  Solche  Gruben  bei  Bensheim, 
Auerbach  und  Zwingeuberg  haben  wir  Brüder  vorigen  Herbst  unter¬ 
sucht  und  zwar  solche,  die  ein,  zwei,  drei  und  mehr  Jahre  alt 
sind.  Obgleich  die  Gruben  bei  Bensheim  seit  vorigem  Frühjahre  von 
der  Wasserpest,  Elodea  canadensis,  ganz  durchwuchert  siud,  so  ist 
das  Wasser  doch  hell  uud  klar,  und  wir  fanden  Muscheln  und  Schnecken 
in  großer  Zahl. 

Einer  dreijährigen  Grube  entnahmen  wir  unter  anderen  eine 
Anodonta  cellensis ,  die  135  mm  lang,  75  mm  breit  und  45  mm  dick 
ist.  Eine  Anodonta  piscinalis  var.  ponderosa  ist  105  mm  lang,  60  mm 
breit  und  35  mm  dick  und  eine  jüngere  Anodonta  piscinalis  hat  eine 
Länge  von  80  mm,  eine  Breite  von  50  mm  und  eine  Dicke  von  25  mm. 

Die  älteren  Grnbeu  bei  Auerbach  uud  Zwingen  berg  enthalten 

cj  o 

Muscheln  von  allen  Größen,  außerdem  leben  darin  verschiedene  Arten 
von  Fischen. 

Wir  fandeu  in  den  Lehmgruben  noch  Limnaea  stagnalis  in  sehr 
großen  Exemplaren,  Limnaea  auricularia,  Limnaea  palustris,  Limnaea 
ovata,  Limnaea  vulgaris,  Physa  hypnorum ,  Planorbis  corneus ,  Pla¬ 
norbis  leucostoma  und  Planorbis  marginatus.  Jedenfalls  siud  die 
Gruben  auch  noch  von  andereu  Arten  bewohnt ,  was  bald  fest¬ 
gestellt  werden  soll.  Die  Grnbeu  sind  keinerlei  Überschwemmung 
ausgesetzt,  und  die  Muscheln  können  demnach  von  anderwärts 
als  erwachsene  Exemplare  nicht  beigeschwemmt  worden  sein;  das 
Wasser  ist  Grundwasser  und  ziemlich  hell.  Eine  Grube  wird  mit 
den  Abfällen  aus  der  Chininfabrik  zu  Auerbach  ausgefüllt  und  ist 
deshalb  unrein.  Die  Gruben  werden  von  Wildenten  besucht,  auch 
nistet  dort  das  grünfüßige  Wasserhuhn,  von  dessen  Mahlzeiten  ich 
einige  frische  Anod  outen  schalen  fand. 

Vielleicht  sind  durch  diese  Vögel  die  Embryonen  der  Muscheln 
dahin  verpflanzt  worden.  Doch  davon  ganz  abgesehen,  so  ist  damit 
sicher  erwiesen,  daß  die  Anodonta  cellensis  von  135  mm  Länge  nicht 
älter  als  3  Jahre  sein  kanu,  und  daß  sie  in  dieser  verhältnismäßig 
kurzen  Zeit  eine  so  ansehnliche  Größe  erreicht  hat.  Diese  Muschel 
hat  zwei  stärker  ausgeprägte  Ringe  und  besteht  also  aus  3  Absätzen, 
die  man  souach  als  Jahresringe  betrachten  kann.  Kleinere  Muscheln 
haben  nur  2  Jahresringe.  Man  kann  somit  das  Alter  einer  solchen 
Muschel  danach  ziemlich  genau  bestimmen. 

Die  jährliche  Vergrößerung  zeigt  viele  schwache  Ringe  uud 
scheint  in  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  stattzufinden,  und  nicht  den 
Zoolog.  Gart.  XXXI.  Jahrg.  1890.  2 


18 


ganzen  Sommer  in  Anspruch  zu  nehmen,  Einige  Muscheln  habe 
ich  Herrn  Dr.  Kob  eit  in  Schwanheim  eingehändigt,  der  dieselben 
einer  genauen  Untersuchung  unterwerfen  wird.  Die  Form  der  Ano- 
donten  aus  diesen  Lehmgruben  weicht  von  der  der  Mainmuscheln 
etwas  ab,  indem  letztere  mehr  abgerundet  sind. 

Die  Gruben  sollen  nun  fortgesetzt  beobachtet  und  untersucht 
werden,  und  werden  hoffentlich  noch  manches  Interessante  darbieten. 


Die  Gebirg’sbaclistelze,  Motacilla  sulphurea  Bechst.,  in  der 

Gefangenschaft. 

Von  Dr.  K.  Eckstein. 

Rasch  lief  sie  dahin,  die  niedliche  Bachstelze,  über  den  tiefsandigen 
Waldweg,  so  daß  ich  mich  schon  im  voraus  darauf  freute  zu  sehen,  wie  sie 
sich  im  nächsten  Augenblick  unter  kurzem  lautem  Ruf  und  mit  dem  Schwänze 
schlagend  emporheben  würde,  aber  statt  dessen  eilte  sie,  als  ich  näher  kam, 
ängstlich  ins  Gebüsch,  dort  Schutz  und  Deckung  suchend. 

Bald  hatte  ich  das  furchtsame,  am  rechten  Flügel  gelähmte  Tierchen 
erfaßt;  es  war  ein  Weibchen  mit  ganz  schwach  oder  fast  gar  nicht  gefleckter 
Kehle,  die  bei  den  Jungen  weißlich  und  beim  Männchen  im  Frühjahr  weiß 
gefleckt  ist,  um  sich  darauf  tief  schwarz  zu  verfärben. 

Ich  brachte  es  nach  Hause.  Anfangs  saß  das  Vögelchen  ruhig  und  still 
in  einer  dunklen  Ecke  versteckt,  bis  es  sich  von  dem  gehabten  Schrecken 
erholt  hatte,  dann  aber  lief  das  Stelzchen  eilig  umher,  die  wenigen  am  Boden 
sitzenden  Fliegen  zu 'fangen;  es  zeigte  wohl  immer  noch  einige  Scheu,  kam 
aber,  wenn  man  sich  ruhig  verhielt,  gauz  nahe  heran. 

Eingedenk  der  Thatsache ,  daß  insektenfressende  Vögel  sehr  großer 
Nahrungsmengen  bedürfen,  weshalb  sie  ja  auch  den  ganzen  Tag  über  auf  Jagd 
sind,  überlegte  ich,  wie  wohl  am  besten  für  unseren  Pflegling  zu  sorgen  wäre, 
denn  für  ihn  die  Fliegen  zu  fangen  und  ihm  zuzutragen,  dazu  verspürte  ich 
wenig  Lust.  Kleine  Räupchen  werden  wohl  auch  ein  schmackhafter  Bissen 
für  ihn  sein,  und  bald  waren  von  der  nächsten  Weißdornhecke  einige  Ge- 
spinnstmottennester  ( Hyponomeutes )  herbeigeholt,  deren  Insassen,  aus  ihrer 
Ruhe  aufgestört,  sich  an  Fäden  auf  den  Boden  herabließen,  wo  sie  alsbald  von 
der  Bachstelze  bemerkt  wurden.  Sie  eilte  herbei,  kehrte  dem  Ungeziefer  aber 
sofort  den  Rücken,  ohne  es  weiter  zu  beachten.  Nur  dann  ließ  sie  sich  ver¬ 
leiten  ein  solches  Räupchen  anzunehmen,  wenn  man  dasselbe  ihr  einzeln 
vorwarf,  indem  sie  durch  die  rasche  Bewegung  des  niederfallenden  Körpers 
aufmerksam  geworden  war;  aber  auch  dann  schien  sie  ihm  wenig  Geschmack 
abzugewinnen. 

Wie  ganz  anders  war  jedoch  ihr  Benehmen,  wenn  man  ihr  eine  Fliege 
vorwarf,  die,  bevor  sie  sich  erheben  konnte,  erhascht  und  verzehrt  war. 


19 


Saß  cler  Vogel  mit  eingezogenem  Hals  und  etwas  hängendem  Schwanz 
ruhend  da,  so  war  er  plötzlich  wie  umgewaudelt,  sobald  er  diesen  Lecker¬ 
bissen  bemerkte.  Dann  hob  er  den  Kopf,  reckte,  streckte  und  drehte  den 
Hals,  dabei  immerfort  mit  dem  Schwänze  auf-  und  abschlagend,  wodurch  er 
dem  ganzen  Körper  eine  eigentümliche  Elasticität,  ja  gewissermaßen  Schnell¬ 
kraft  mitteilte,  die  ihm,  wenn  er  dann  plötzlich  auf  seine  Beute  losstürzte, 
trefflich  zu  statten  kam. 

Aber  trotz  des  heißen  Wetters  fanden  sich  nur  wenige  Fliegen  in  greif¬ 
barer  Nähe  ein.  Um  andere  auzulocken  würde  ein  Stückchen  Fleisch  an  den 
Boden  gelegt;  aber  wie  erstaunten  wir,  als  sich  dasselbe  nach  einiger  Zeit  an 
anderer  Stelle  vorfand.  Nur  die  Bachstelze  konnte  es  verschleppt  haben. 
Um  den  Thatbestand  festzustellen,  warf  ich  ihr  ein  kleines  Fleisch-  (Schinken-) 
Stückchen  vor,  sie  stürzte  darauf  los  und  verschlang  es,  ebenso  fraß  sie  ein¬ 
geweichtes  Weißbrot  und  gekochte  Kartoffeln,  mochten  diese  nun  in  kleinen 
Teilchen  vorgeworfen  oder  in  großen  Stücken  hingelegt  sein.  Das  in  einem 
flachen  Teller  gebotene  Wasser  nahm  sie  ohne  Scheu  vor  dem  ihr  doch  sicher¬ 
lich  neuen  und  ungewohnten  Badebassin,  anfangs  freilich  nie  in  meiner 
Gegenwart,  doch  zeigte  schon  am  ersten  Tage  das  weit  umhergespritzte  Wasser, 
mit  welchem  Behagen  sie  darin  geplätschert  haben  mußte. 

Mit  jedem  Tage  zeigte  das  Vögelchen  weniger  Scheu,  ab  und  zu  ließ 
es  auch  seine  Stimme  hören,  blieb  sogar  ruhig  sitzen,  wenn  man  sich  in 
seiner  Nähe  zu  schaffen  machte.  Durch  allzu  rasche  oder  plötzliche  Bewe¬ 
gungen  wurde  es  jedoch  immer  erschreckt  und  eilte  dann,  unter  Tisch  und 
Stuhl  Deckung  suchend,  raschtrippelnden  Ganges  nach  dem  anderen  Ende  des 
Zimmers.  In  einer  Ecke  desselben  standen  einige  Kästchen  und  Schachteln. 
Das  versteckteste  derselben  wählte  die  Bachstelze  allabendlich  zu  ihrem  Schlaf¬ 
plätzchen,  an  dem  sie  sich,  den  Kopf  nach  der  Ecke  kehrend,  bei  einbrechender 
Dunkelheit  niederließ. 

Der  kranke  rechte  Flügel  war  nicht  gebrochen,  das  zeigten  die  schwachen 
Bewegungen,  die  er  beim  raschen  Laufen  ebenso  wie  der  andere  Flügel 
ausführte.  Nach  denselben  lag  er  jedoch  stets  weiter  auf  den  Rücken  ge¬ 
schoben  als  jener,  so  daß  dadurch  der  Vogel  ein  ganz  unsymmetrisches  Aus¬ 
sehen  erhielt. 

Wie  erfreut  war  ich,  als  ich  zuerst  auf  dem  Tische  die  Spuren  seiner 
Anwesenheit  bemerkte,  denn  ich  mußte  daraus  schließen  ^  daß  das  Flug¬ 
vermögen  nun  wieder  groß  genug  war,  ein  Aufschwingen  vom  Boden  auf  den 

Stuhl  und  von  hier  auf  den  Tisch  zu  gestatten.  Und  schon  am  nächsten  Tage 

lief  sie  eifrig  auf  der  Fensterbank  hinter  den  geschlossenen  Scheiben  auf  und 
ab,  um  die  zahlreichen  Fliegen  zu  fangen,  die  zum  oberen  geöffneten  Flügel 
hereingekommen  und  hier  angeflogen  waren.  Wie  geschickt  zeigte  sie  sich 
hierbei,  wie  aufmerksam  lauschte  sie  auf  den  durch  das  Zimmer  hinschwär¬ 
menden  Brummer,  der,  sobald  er  in  greifbare  Nähe  kam,  mit  wunderbarer 
Sicherheit  erfaßt  wurde.  Griff  die  Bachstelze  wirklich  einmal  fehl,  dann  hörte 
man  den  Schnabel  deutlich  und  laut  zuknappen.  Kleinere  Fliegen  verschlang 
sie,  wie  sie  dieselben  gerade  erfaßt  hatte;  die  größeren  wurden  dagegen  im 
Schnabel  immer  so  gedreht,  daß  sie  Kopf  voran  verschlungen  wurden.  Nie¬ 
mals  fiel  es  ihr  ein,  nach  einer  zu  hoch  sitzenden  Fliege  zu  springen,  oder 

nach  einer  ankommenden  zu  schnappen,  ehe  sie  in  wirklich  greifbarer  Nähe 


20 


war,  so  sehr  war  sie  sich  ihres  lahmen  Flügels  und  der  damit  verbundenen 
Behinderung  bewußt. 

Um  den  Geschmack  des  Vogels  genauer  kennen  zuHernen,  warf  ich  ihm 
mehrere  Insekten,  die  mir  gerade  zur  Hand  waren,  vor:  zunächst  verschiedene 
grüne  Blattwespenlarven,  welche  alle  gerne  genommen  und,  da  sie  sich  ring¬ 
förmig  zusammengerollt  hatten,  durch  mehrmaliges  Aufschlagen  auf  den  Bo¬ 
den  betäubt  wurden,  sodaß  sie  schlaff  werdend  sich  streckten  und  so  verzehrt 
werden  konnten;  ferner  wurden  Eristalisarten  nicht  verschmäht,  ebenso  einige 
Tachinen.  Auch  ein  Kiefernspinnerweibchen  wurde  vorgeworfen.  Schwer  fiel 
der  plumpe  Schmetterling  mit  den  großen  Flügeln  schlagend  zu  Boden. 
Gleich  stürzte  die  Bachstelze  auf  ihn  los  und  versetzte  ihm  kräftige  Schnabel¬ 
hiebe,  wich  aber  den  schlagenden  Flügeln  vorsichtig  aus,  wobei  sie  den  auf 
dem  Rücken  liegenden  sich  langsam  drehenden  Falter  umtanzte.  Rasch  jedoch 
war  derselbe  betäubt  und  nach  einiger  Zeit  lagen  die  Flügel  getrennt  von 
dem  nun  ganz  wehrlosen  Rumpf,  der  bald  bis  auf  den  letzten  Rest  verspeist 
war.  Und  nicht  nur  diesen  einen,  sondern  vier  Kiefernspinner  erreichte  bin¬ 
nen  zwei  Tagen  dasselbe  Geschick.  Dabei  war  an  Fliegen  durchaus  kein 
Mangel,  so  daß  nicht  angenommen  werden  darf,  sie  seien  nur  in  der  größten 
Hungersnot  verzehrt  worden. 

Auch  die  grelle  schwarz- weiß -rote  Zeichnung  der  Callimorpha  dominulct 
und  ihr  lebhaftes  Flügelschlagen  schützte  diesen  Falter  nicht,  denn  auch  er 
wurde  mit  sichtbarem  Eifer  angegriffen  und  war  bald  verschlungen. 

Trat  ich  heran,  ihr  irgend  einen  schmackhaften  Bissen  zu  reichen,  so  sah 
sie  aufmerksam  und  begierig  nach  der  Hand,  in  welcher  sie  wohl  sofort  die  zap¬ 
pelnde  Mücke  bemerkt  haben  mochte.  Hatte  sie  vorher  ruhig  gesessen,  so  be¬ 
gann  nun  das  wippende  Schlagen  des  Schwanzes,  oft  auch  eilte  sie  durch  die 
Bewegung  des  Hinwerfens  irre  geleitet  dahin,  wo  etwa  die  Beute  hätte  zu 
Boden  fallen  müssen. 

Nach  und  nach  erstarkte  und  gesundete  auch  der  kranke  Flügel.  War 
anfangs  der  durchhüpfte  Raum  ein  bis  zwei  Spannen  weit,  so  hatte  sie  bald 
gelernt,  den  1  m  weiten  Weg  vom  Tisch  zum  Fenster  zu  durchmessen  und  wie¬ 
der  nach  einigen  Tagen  flog  sie  vom  Fenster  etwa  5  m  weit  nach  dem  anderen 
Ende  des  Zimmers,  bis  sie  eines  Tages,  als  die  gründliche  Reinigung  ihres 
Wohnraums  nicht  mehr  aufzuschieben  war,  ein  größeres  Wagnis  unternahm. 
Von  der  Fensterbank  schwang  sie  sich  auf  die  geöffnete  Thüre,  um  von  hier 
durch  den  offenstehenden  kleinen  oberen  Fensterflügel  das  Weite  zu  suchen. 
In  großem  Bogen  flog  sie  froh  der  erlangten  Freiheit  davon  und  ließ  sich  auf 
einer  nahen  Weide  nieder. 

Zoologische  Nachrichten  aus  Moskau. 

Von  C.  Greve. 

Im  Jahrgang  1888,  S.  273  des  »Zoologischen  Garten«  hatte  ich  eine 
kleine  Lese  zoologischen  Aberglaubens  in  Rußland  veröffentlicht.  Heute 
möchte  ich  einige  mir  späterhin  bekannt  gewordene  Fälle  nachtragen  und 
auch  manches  Interessante  außerdem  zur  Kenntnis  der  Leser  bringen. 


21 


Wird  jemand  von  einem  Hunde  gebissen  und  man  will  den  schlimmen 
Folgen  Vorbeugen  (denn  fast  jeder  Hund,  der  da  beißt,  gilt  hier  sofort  für 
toll  — ),  so  muß  man  schleunigst  ein  Büschel  Haare  aus  seinem  Schwänze 
nehmen,  diese  verbrennen  und  die  Asche  auf  die  Bißwunde  legen. 

Kranken  Pferden,  Rindern  und  Schafen  spaltet  man  ein  Ohr,  was  als 
unfehlbares  Mittel  gegen  jegliche  Krankheit  gilt. 

Legt  man  Hühnereier  Dohlen  zum  Ausbrüten  unter,  so  erhält  man  Hüh¬ 
ner,  welche  das  ganze  Jahr,  ohne  auszusetzen,  brüten.  Ein  Fünkchen  Wahr¬ 
heit  steckt  hinter  diesem  Aberglauben  insofern,  als  die  Dohlen  sehr  frühe  zu 
brüten  beginnen  und  man  auf  diese  Art  zu  Hühnern  kommt,  welche  im  ersten 
Sommer  vollkommen  erwachsen  und  im  nächsten  Jahre  also  zeitig  mit  dem 
Legen  beginnen.  Merkwürdig  ist  nur,  daß  trotz  der  allgemeinen  Verbreitung 
dieses  Aberglaubens  kein  russischer  Bauer  es  versucht,  die  Sache  in  praxi  zu 
erproben,  obgleich  um  den  Rauchfang  einer  jeden  Bauernhütte  im  Dachstroh 
zahlreiche  Dohlen  nisten. 

Einen  interessanten  Fall  von  Dreistigkeit  bei  einem  Auerhahne  berich¬ 
tete  mir  ein  russischer  Theehändler,  den,  seine  Geschäfte  fast  alljährlich  zu 
Reisen  durch  das  asiatische  Rußland  nach  Chinas  Grenzen  zwingen.  Vor  zwei 
Jahren  (also  1887),  befand  er  sich  mit  seinem  erwachsenen  Sohne  in  einem 
Postschlitteu  auf  der  Fahrt  nach  Tomsk.  Beim  Passieren  eines  Tannenwaldes, 
auf  dessen  vom  Frühjahrswetter  stellenweise  schon  schneefreien  Wegen  der 
Schlitten  nur  langsam  vom  Platze  kam,  machte  der  kutschierende  Tatar  die 
Reisenden  auf  einen  Auerhahn  aufmerksam,  der  vor  dem  Gefährt  auf  dem 
Wege  balzte.  Man  machte  Halt  und  verließ  den  Schlitten,  unwillkürlich  die 
Flinte  ergreifend,  um  den  sich  so  schön  darbietenden  Braten  zu  erlangen.  Es 
erwies  sich  aber,  daß  das  Gewehr  ungeladen  und  der  Ladestock  unterwegs 
verloren  worden  war.  Während  der  Sohn  sich  an  das  Absctmeiden  einer  pas¬ 
senden  jungen  Tanne  machte,  unterhielt  sich  der  alte  Vater,  den  eine  gewisse 
mitleidige  Stimmung  ergriffen,  damit,  den  Vogel  vor  sich  herzutreiben,  in  der 
Hoffnung,  ihn  so  zum  Abstreichen  zu  bewegen.  Dieser  aber  raunte  immerfort 
um  die  Pferde  herum,  zwischen  diesen  durch,  hüpfte  auf  den  Schlitten  u.  s.  w. 
immer  ruhig  weiter  balzend.  Natürlich  konnte  so  schließlich  der  Sohn  mit 
seiner  Ladestockschnitzerei  zu  Ende  kommen,  die  Flinte  laden  und  den  Vogel 
schießen.  Wäre  mein  Gewährsmann  nicht  ein  sehr  ehrwürdiger  alter  Herr, 
dabei  durchaus  kein  Jäger  —  so  wäre  man  versucht  an  eine  Müuchhausiade  zu 
denken.  Mir  fiel  bei  dieser  Erzählung  das  Kapitel  über  »blödsinnige  und  ver¬ 
rückte  Tiere«  ein,  welches  sich  in  der  Ausgabe  der  gesammelten  Schriften 
Wildungens  befindet  und  in  welchem  dieser  humorvolle  Jünger  Dianens 
von  Rehböcken  und  Füchsen  berichtet,  die  geradezu  dem  Jäger  sich  vor’s  Rohr 
setzten,  obwohl  sie  mehrfach  augeschossen  oder  auch  absichtlich  vom  Schützen 
angerufen  worden  waren,  um  sie  zu  verscheuchen. 

Im  Frühjahre  traf  hier  in  Moskau  auf  einer  Fabrik  eine  Partie  Blau¬ 
holz  ein.  Als  einer  der  Blöcke,  welcher  für  die  färbebereitenden  Maschinen 
zu  umfangreich  war,  zerspalten  werden  sollte,  kamen  aus  einem  Astloche 
nach  und  nach  hervor:  eine  mittelgroße  Schlange,  etwa  8  Skorpione  und  große 
Skolopender  und  fünf  Mygale-Spinnen  (Vogelspinnen)!  Bedenkt  man,  daß  di  e 
Reise  über  6  Monate  gedauert  hatte,  ehe  die  Laduug  in  Moskau  ihr  Endziel 
erreichte,  so  haben  die  Tiere  trotz  einem  Dr.  Tanner  gehungert.  Leider  er- 


22 


fuhr  ich  hiervon  erst  im  September,  so  daß  ich  die  Schlange  sowie  die  Skolo¬ 
pender,  Skorpione  und  4  der  Spinnen  nicht  mehr  zu  sehen  bekam,  sie  waren 
in  den  Besitz  eines  hiesigen  Naturforschers  und  Freundes  gewandert  —  eine 
der  Spinnen  aber  erhielt  ich  und  besitze  das  Tier  noch  jetzt.  Anfangs  (vom 
Mai  bis  August  inklusive)  wurde  sie  von  einem  mir  befreundeten  Chemiker  in 
einem  engen  Glasbehälter  gehalten  und  mit  Fliegen  und  Schaben  gefüttert,  die 
sie  gierig  annahm.  Als  die  Spinne  in  meine  Hände  kam,  richtete  ich  ihr  eine 
Wohnung  her,  wie  sie  dieselbe  sich  in  ihrer  Heimat  sucht,  wobei  ich  mich  an 
die  sehr  spärlichen  Berichte  über  diesen  Gegenstand  in  einigen  Büchern  hielt. 
Ein  flaches  Cigarrenkistchen,  mit  einem  Ausschnitt,  groß  genug,  um  ihr  freien 
Durchgang  zu  gestatten,  wurde  mit  einem  größeren  Glaskasten  überbaut.  Nach 
einigen  Tagen  hatte  die  Spinne  das  Innere  des  Kistchens  ziemlich  überspon- 
nen  und  hielt  sich  am  Tage  in  dieser  Höhle  auf.  Abends  kommt  sie  hervor 
und  spaziert  umher.  Leider  ist  es  mir  bis  jetzt  nicht  gelungen,  sie  beim  Er¬ 
greifen  der  Beute  zu  beobachten,  obwohl  die  ihr  beigesellten  Schaben  ( Blatta 
orientalis )  und  großen  Schmeißfliegen  nach  und  nach  tot  und  ausgesogen  vor 
ihrer  künstlichen  Höhle  vorgefunden  wurden.  Beim  Fangen  meiner  Spinne 
ist  ihr  seitens  der  Fabrikarbeiter  der  rechte  zweite  Fuß  ausgerissen  worden,, 
doch  scheint  das  weiter  keine  schädlichen  Folgen  für  ihr  Wohlbefinden  ge¬ 
habt  zu  haben.  Vom  vordersten  Kopfende  bis  an  die  beiden  gegliederten, 
fast  J/s  Zoll  langen,  in  der  Ruhe  nach  oben-  aufgebogenen  Spinndrüsen  am 
Leibesende,  mißt  das  Tier  fast  zwei  Zoll,  die  Augen  sind  ziemlich  deutlich 
hervortretend  auf  dem  Kopfe  bemerkbar.  Das  Abdomen  ist  rotbraun,  Kopf 
und  Bruststück  sammetschwarz  lang  behaart.  Die  langen  kräftigen  Beine  tragen 
silbergraue  Haare  und  am  Ende  zwei  hufenartige  Lappen,  zwischen  denen  die 
starken  Klauen  sitzen.  Höchst  lächerlich,  wie  eine  große  Glatze,  nimmt  sich 
der  kahle,  ledergelbe  Hinterleib  auf  der  Rückenseite  aus,  da  besonders  die 
roten  Haare  ringsum  struppig,  wie  bei  manchem  »Mondschein«  in  die  Höhe 
starren.  Sechs  Monate  schon  lebt  die  Spiune  in  der  alten  Zarenstadt,  und  ich 
hoffe  sie  noch  länger  erhalten  und  beobachten  zu  können. 

Zum  Schlüsse  mag  hier  eine  von  mir  beobachtete  Zusammen  wach - 
sung  zweier  Fichten  Platz  finden,  welche  mit  der  Zoologie  freilich  nichts 
zu  thun  hat,  immerhin  aber  interessant  genug  ist.  Zu  leichterem  Verständ¬ 
nis  will  ich  die  Stämme  mit  A  und  B  bezeichnen.  An  dem  Beiflusse  der  Mos¬ 
kwa,  der  Kljäsma,  steht  am  steilen  Ufer,  ganz  allein  auf  freiem  Felde,  beim 
Dorfe  Tarassowka  die  Fichte  A,  deren  Alter  man  vielleicht  auf  50  Jahre  schätzen 
kann.  Auf  der  Südseite  ist  in  einer  Höhe  von  etwa  4  Fuß  ein  jüngerer 
Baum  derselben  Species,  B,  mit  ihr  verwachsen.  Die  Verwachsungsstelle  ist 
durch  reichlichen,  schon  verhärteten  und  verwitterten  Harzausfluß  gekenn¬ 
zeichnet.  Von  dem  Stamme  B  fehlt  unter  der  Verwachsungsstelle  über  der 
Wurzel  ein  Stück  von  etwa  2  Fuß,  so  daß  derselbe  keine  Verbindung  mehr 
mit  dem  Boden  hat  und  seine  Nahrung  nur  aus  dem  Stamme  A  erhält.  An 
seinem  unteren  freien  Ende  bemerkt  man  Brandspuren,  während  dieselben 
bei  dem  Wurzelstumpfe  vielleicht  mit  der  Zeit  verwischt,  vom  Moose  über¬ 
wuchert  wurden.  Die  Bauern  meinen,  »früher  waren  es  zwei,  jetzt  aber  ist 
es  nur  ein  Baum«  ' —  mehr  konnte  ich  aus  ihnen  nicht  herausbringen,  da  sie 
in  jedem  Fragesteller  sofort  einen  Abgesandten  der  Krone  sehen,  der  nach 
Material  zu  neuen  Steuern  sucht.  Die  einzig  mögliche  Annahme  ist  wohl  die, 


daß  der  jüngere  Baum  B  sich  anfaugs  am  älteren  A  rieb,  bis  beiderseits  die 
Rinde  abgescheuert  war  und  dann  mit  dem  zunehmenden  Drucke,  da  B  schräg 
gegen  den  Nachbarn  wuchs,  eine  Zusammenwachsung  erfolgte.  Die  Trennung 
vom  Wurzelende  mögen  Hirten  durch  ihr  Feuer  bewirkt  haben.  Beide  Kro¬ 
nen  aber  wachsen  munter  fort.  *) 


Korrespondenz«  n. 

Belgershain  i.  S.,  im  November  1889. 

Wir  besaßen  mehrere  Monate  lang  zwei  Hunde,  einen  Neufundlän¬ 
der  und  einen  Spitz,  die  außerordentlich  aneinander  hingen.  Der  kleine 
konnte  den  großen  beißen,  am  Schwanz  ziehen,  kurz  alles  Mögliche  mit  ihm 
vornehmen,  ohne  daß  es  dieser  übel  genommen  hätte.  Nun  hatte  vor  ca.  einer 
Woche  ein  gemeiner  Mensch  in  der  Nacht  den  großen  Hund  vermittelst  eines 
scharfen  Instrumentes  so  zugerichtet,  daß  dieser  erschossen  werden  mußte.  Den 
Kopf  wollte  ich  mir  skelettieren  und  legte  ihn,  damit  mir  die  Hühner  etwas 
Vorarbeiten  sollten,  weil  ich  nicht  gleich  Zeit  hatte,  des  Felles  entblößt,  auf 
den  Hof.  Der  kleine  Spitz  hatte  seinen  Gefährten  bereits  mehrere  Tage  ge¬ 
sucht.  Da  fand  er  eines  Tages  den  Kopf  seines  Freundes  auf  dem  Hofe  liegen. 
Zunächst  ging  er  im  Kreise  um  denselben  herum,  argwöhnisch  das  merkwürdige 
Ding  betrachtend.  —  Nach  und  nach  ging  er  näher,  beroch  und  beleckte  den 
Kopf,  und  nun  schien  er  plötzlich  zu  wissen,  was  es  war.  Zu  unserer  größten 
Verwunderung  wühlte  er  nun  den  Schmutz  mit  Pfoten  und  Schnauze  auf,  schob 
denselben  mit  der  Nase  nach  dem  Kopfe  zu  und  drückte  ihn  um  diesen  her¬ 
um  fest.  Dies  wiederholte  er,  bis  er  dicht  um  den  Kopf  herum  einen  rich¬ 
tigen  Wall  gebildet  hatte,  den  Anfang  eines  Grabhügels,  den  er  in  den  nächsten 
Tagen  vollendete.  So  oft  er  nämlich  wieder  zu  dem  Kopfe  kam,  wiederholte 
er  das  Manöver,  brachte  Erde,  Ziegelsteinstückchen  und  kleine  Sternchen  mit 
der  Nase  herbei  und  hat  es  heute,  nach  3  Tagen,  trotz  des  gepflasterten  Bo¬ 
dens,  schon  so  weit  gebracht,  daß  nur  noch  eine  Fläche  von  ca.  5  □  cm  auf 
dem  Scheitel  des  Kopfes  sichtbar  ist.  Wie  ich  mich  eben  überzeugte,  setzt  er 
seine  Totengräberarbeit  noch  heute  fort. 

Wie  ist  das  zu  erklären?  Weiß  der  Hund,  was  er  begräbt?  Weiß  er, 
daß  es  der  Kopf  seines  Kameraden  ist,  oder  nur,  daß  es  der  Kopf  eines  Gattungs¬ 
verwandten  ist?  Oder  endlich,  sucht  er  den  Kopf  nur  einzugraben,  wie  der  Hund 
in  Gellerts  Fabel  den  Schinkenknochen?  Carl  R.  Hennicke,  Cand.  med. 


Schlaupitz,  19.  Dezember  1889. 

G.  Gould  sagt  vom  Albatros,  Diomedea  exulans  (nach  Br  eh  in,  »Thier¬ 
leben«  Vögel  Band  3) :  »Obgleich  er  während  des  stillen  Wetters  manchmal 

*)  Dr.  Julius  Ziegler  beschreibt  einen  ganz  ähnlichen  Fall  und  bildet  ihn  ab  von 
einer  R  o  t  b  u  cli  e ,  Fugus  sibvatica,  aus  dem  Taunus  in  dem  „Jahresberichte  der  Seneken- 
bergischen  Naturforschenden  Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M.  1886.  S.  59.  Der  abgeschnit¬ 
tene  schwebende  Stamm  trägt  sogar  bis  etwa  2  Meter  unterhalb  der  Verwaclisungsstelle  noch 
belaubte  Zweige.  N. 


24 


auf  dem  Wasser  ruht,  so  ist  er  doch  fast  beständig  im  Fluge  begriffen 
und  streicht  scheinbar  ebenso  selbstbewußt  über  die  glatte  Fläche  während 
der  größten  Seeruhe  dahin,  als  er  während  des  gewaltigsten  Sturmes  umher¬ 
schwebt.«  Dieser  Angabe  des  berühmten  Forschers  vermag  ich  nicht  ganz  bei¬ 
zustimmen.  denn  nach  meinen  Erfahrungen  ruht  der  Albatros  während  der 
Windstille  häufig  auf  dem  Wasser  lan ge  Zeit  hindurch,  selten  allein, 
oft  in  Gesellschaft  eines  oder  mehrerer  Genossen,  sie  sitzen  fried¬ 
lich  beieinander,  ordnen  sich  das  eigne  Gefieder  etc.  (Vergleiche  dagegen  die 
Notiz  bei  Brehm  S.  562:  »Mit  anderen  seiner  Art  scheint  der  Albatros  bloß 
während  der  Brutzeit  gesellig  zu  leben.  Auf  dem  Meere  sieht  man  zwar  oft 
viele  unweit  voneinander  fliegen;  jeder  einzelne  etc.«)  Mitunter,  nach  Auf¬ 
zeichnungen  in  meinem  Tagebuch  zweimal  in  der  Südsee  und  einmal  bei  Val- 
paraiso,  habe  ich  ihn  sogar  friedlich  unter  einer  Gesellschaft  von  Riesen¬ 
sturmvögeln  sitzen  sehen.  Der  Flug  von  Diomedea  exulans  während  flauer 
Briese  oder  gar  bei  Stille  ist  entschieden  schwerfälliger,  der  Vogel 
muß  größere  Anstrengungen  machen,  um  durch  die  Luft  zu  segeln  als  bei 
Sturm,  dann  »steuert  er  vor  dem  Winde«  und  saust,  von  diesem  getrieben, 
pfeilschnell  am  Schiffe  vorüber,  fliegt  »bei  dem  Winde  segelnd«  eine  Strecke 
weit  hinter  das  Fahrzeug  zurück  und  wiederholt  das  vorher  geschilderte  Schau¬ 
spiel.  Anders  bei  Windstille,  dann  fliegt  er  wohl  eine  Strecke  weit  übers 
Meer,  schlägt  aber  bei  weitem  häufiger  als  im  Sturme  mit  den  Flügeln,  setzt 
sich  oft  nieder  und  ruht  lange  aus  (vgl.  meine  Notizen  über  die  Kaptaube  in 
Hofrat  Prof.  Dr.  Liebes  »Monatsschrift  des  deutschen  Vereins  zum  Schutze  der 
Vogelwelt«).  Brelims  Bemerkung  »an  Deck  eines  Schiffes  soll  er  sich 
nur  mit  größter  Anstrengung  bewegen  können«  ist  völlig  zutreffend.  Man 
kann  sich  kaum  eine  Vorstellung  von  der  Unbehülflichkcit  des  an 
Bord  eines  Schiffes  gezogenen  Albatros  machen;  ein  schwerfällig  auf  dem 
Lande  dahinwatschelnder  Schwan  gibt  noch  eine  entschieden  weit  bessere 
Figur  ab  als  unser  armer  Freund.  Die  Jammergestalt  verkriecht  sich  sobald 
als  möglich  unter  eine,  au  Deck  befestigte  Spier  oder  die  »Boeck«,  klappert, 
sobald  sie  menschliche  Tritte  vernimmt,  heftig  mit  dem  Schnabel  und  beißt 
wütend  um  sich,  und  dies  thut  er  »immer«,  nicht  bloß  »zuweilen«,  wie 
Brehm  angibt.  Karl  Knauthe. 


Cincinnati,  den  20.  December  1889. 

Am  13.  Dezember  wurden  in  dem  hiesigen  Garten  zwei  Eisbären  ge- 
geboren,  leider  aber  schon  zwei  Tage  nachher  tot  aufgefunden.  Wahrscheinlich 
waren  sie  von  der  Mutter  erdrückt  worden.  Die  Jungen  waren  ein  Pärchen  ; 
jedes  von  ihnen  wog  P/2  Pfund  und  mafä  von  der  Nase  bis  zur  Schwanzspitze 
11  Zoll,  um  den  Leib  9  Zoll,  um  den  Oberarm  3  Zoll.  Der  Schwanz  war 
1  Zoll  lang.  Es  waren  die  ersten  Jungen  der  beiden  Eisbären,  die  nun  schon 
seit  14  Jahren  in  dem  hiesigen  Garten  sind.  ■ —  Kürzlich  trafen  im  Garten  ein 
Paar  Hy  änen  -  Hunde,  Lycaon  pictus.  und  ein  Alpaka  ein.  Der  junge  Löwe, 
mit  dem  die  Mutter  nichts  zu  thun  haben  wollte,  wird  nun  mit  der  Saugflasche 
aufgezogen  und  läuft  ganz  munter  im  Raubtierhause  unter  den  Besuchern 
herum.  Dr.  A.  Zipp  er  len. 


25 


Hamburg,  24.  Dezember  1889. 

Uber  Stepp e  n h  ü h  n e  r  erlaube  ich  mir,  Ihnen  folgende  Mitteilungen  zu 
machen:  1)  Schub  y,  den  9.  Dezember  1889.  Auf  einem  Spaziergange  am 
Sonnabend  Nachmittag  traf  ich  auf  dem  westlichen  Teile  der  hiesigen  Feld¬ 
mark  zu  meiner  größten  Verwunderung  einen  kleinen  Trupp  von  asiatischen 
S  teppen  hiih  n  ern ,  neun  Köpfe  stark,  an.  Schon  im  Spätherbste  wurde  mir 
von  einigen  Leuten  versichert,  daß  das  Steppenhuhn  sich  hier  in  einigen 
Exemplaren  wieder  eingefunden  hätte.  Doch  hatte  ich  nie  das  Glück,  dieselben 
anzutreffen.  Gleichzeitig  mit  dieser  Versicherung  ging  durch  die  Presse  die 
Nachricht,  daß  bei  Aal  borg  in  Jütland  sich  Steppenhühner  nicht  bloß  ge¬ 
zeigt,  sondern  auch  einige  erlegte  Exemplare  zum  Verkauf  feil  geboten  seien. 

(»Schleswig.  Na  ehr.“) 

2)  Vor  etwa  8  Wochen  sah  einer  meiner  Verwandten  in  der  Gegend  von 
Ahrensburg  —  eine  halbstündige  Bahnfahrt  von  Hamburg  —  ebenfalls  einen 
fliegenden  Trupp  von  sechs  Hühnern.  0.  Edm.  Eiffe. 


Hannö  verisch-Münden,  im  Dezember  1889. 

Etwas  vom  Schvvarzs  pecht  ( Dryocopus  martius).  Über  das  Vorkom¬ 
men  des  Schwarzspechtes  in  der  Umgebung  von  Hamiöverisch-Münden  hatte 
ich  seither  nur  sehr  wenig  in  Erfahrung  bringen  können.  Trotz  der  ausge¬ 
dehnten  und  auf  viele  Stunden  Inn  ununterbrochen  zusammenhängenden  Wal¬ 
dungen  des  Reinhardtswaldes  gehört  er  in  demselben  hier  zu  den  größten 
Seltenheiten,  und  auch  in  den  am  rechten  Fuldaufer  beginnenden,  später  in 
den  ebenso  weitgedehnten  Kaufunger  Wald  sich  fortsetzenden  Wäldern  scheint 
dasselbe  der  Fall  zu  sein.  —  Schon  in  einem  mir  vorliegenden  »Verzeichnis 
der  in  der  Provinz  Niederhessen  vorkommenden  Vögel«,  das  im  Jahre  1864 
von  dem  damaligen  Geheimen  Regierungsrat  Sezekorn  in  Kassel  zusammen¬ 
gestellt  und  in  dem  »XIV.  Bericht  des  Vereins  für  Naturkunde  zu  Kassel« 
veröffentlicht  ward,  findet  sich  beim  Schwarzspecht  die  Angabe:  »Sehr  selten 
und  nur  an  wenigen  Orten,  z.  B.  in  dem  Söhrewald  im  Kreise  Kassel,  sowie 
bei  Eschwege  beobachtet.«  —  Die  Zeit  hat  hierin  wahrscheinlich  wenig  geän¬ 
dert.  —  Die  erste  und  bestimmtere  Nachricht,  die  ich  über  das  Vorkommen 
unseres  Spechtes  hier  erhielt,  stammte  von  einem  Forstbeamteu  und  ward 
mir  im  Jahre  1886  zu  teil.  Aber  erst  im  Januar  des  Jahres  1889  gelang  es 
mir,  den  Vogel  einmal  zu  Gesichte  zu  bekommen,  wie  er  eifrig  an  einem  im 
Boden  stehenden  Lärchenpfahl  beschäftigt  war,  an  dem  ich  denn  eine  große 
Anzahl  des  zottigen  Fichtenborkenkäfers,  Dryococtes  autographus ,  dicht  am 
Boden  unter  der  Rinde  geborgen  im  Winterquartier  vorfand. 

Sehr  interessant  vrar  es  mir  nun,  am  13.  September  1889  in  den  Besitz 
eines  hier  im  Reiuhardtswald  geschossenen  jungen  Schwarzspecht-Männchens 
zu  kommen,  und  ich  zögere  nicht  anzunehmen,  daß  die  mehrfach  mir  gegen¬ 
über  von  jenem  Forstbeamten  ausgesprochene  Behauptung,  daß  der  Schwarz¬ 
specht  hier  Stand-  und  Brutvogel  sei,  wenigstens  für  dieses  Jahr  zutreffend 
war.  —  Die  Totallänge  des  mir  überbrachten  Vogels  betrug  44  cm,  die  Flug¬ 
weite  71  cm.  Für  Bedeutung  in  Bezug  auf  besondere  Nützlichkeit  sprach 
der  diesmalige  Mageninhalt  nicht.  Ich  fand,  soweit  es  sich  noch  feststellen 


ließ:  38  ganze  Larven,  meist  Rhagium,  und  35  Köpfe  mit  den  hornigen  Rücken- 
platten  des  ersten  Thoraxringes  ebenfalls  fast  durchweg  von  Rhagium- Arten. 
Zieht  man  in  Betracht,  daß  die  Rhagium-Arten  sozusagen  bedeutungslos  in 
Bezug  auf  Schädlichkeit  sind,  so  wird  man  meine  oben  angeführten  Worte  er¬ 
klärlich  finden. 

Etwas  mehr  Aufmerksamkeit  verdiente  schon  der  Mageninhalt  eines  an¬ 
deren  am  23.  April  1889  bei  Jaevenitz,  Regierungs-Bezirk  Magdeburg,  geschos¬ 
senen  und  durch  die  Liebenswürdigkeit  eines  Bekannten  mir  übermachten 
Schwarzspecht- Weibchens.  Der  Magen  war  vollständig  angefüllt  mit  Resten 
der  Formica  rufa,  unserer  nützlichsten  Waldameise,  die  ja  leider  so  sehr  oft 
den  Spechten,  insbesondere  dem  Grünspecht,  Gecinus  viridis,  zur  Nahrung 
dient!  Als  Kuriosum  erwähne  ich  gleichzeitig,  daß  derselbe  Spechtmagen  auch 
noch  2  Stückchen  Porzellan,  deren  eines  2  cm  lang  und  1  cm  breit  war,  ent¬ 
hielt.  —  Ebenso  interessant  wie  auch  bedauerlich  war  es  mir,  als  ich  im  Eileiter 
ein  fast  völlig  ausgebildetes  und  legreifes  Ei  vorfand.  Cöster. 


Kleinere  Mitteilungen. 

Die  Waldschnepfe  und  das  Licht.  Bekanntlich  wird  eine  Menge 
höherer  wie  niederer  Tiere  durch  künstliches  Licht  förmlich  magnetisch  an¬ 
gezogen;  andere  wieder  fliehen  dasselbe  auf  das  Ängstlichste.  Beide  Eigen¬ 
schaften  hat  Menschen witz  benützt:  die  erstere  zu  Fackeljagden  auf  Alligatoren, 
Schnepfen,  Waldhühner,  Hochwild  etc.,  die  zweite  zur  Abhaltung  reißender 
Tiere  und  des  Wildes  von  Haus,  Lager  und  Feld.  Daß  sich  die  Waldschnepfe 
sehr  für  den  Feuerschein  interessiert,  indem  z.  B.  eine  zweimal  über  ein  am 
Waldrande  abgebranntes  Feuerwerk  hinwegstrich,  während  andere  in  Menge 
durch  Anfliegen  an  Leuchttürme  zu  Grunde  gehen,  wußte  ich  aus  der  klassi¬ 
schen  Monographie  Dr.  Hoffmanns,  aus  Berichten  nordischer  Jäger  vom  nächt¬ 
lichen  Lagerfeuer  im  Walde  und  selbst  deutscher  Holzmacher,  welche  sie  zu¬ 
weilen  über  ihre  Kochfeuer  streichen  sehen. 

Am  6.  Oktober  1889  sollte  ich  selbst  eine  desfallsige  überraschende  Beob¬ 
achtung  machen.  Am  Abende  dieses  Tages  befand  ich  mich  in  dem  bereits 
beleuchteten  Eisenbahnzuge  auf  der  Reise  von  Wildbad  nach  Pforzheim,  als 
zwischen  den  Stationen  Neuenbürg  und  Birkenfeld  mein  erstauntes  Auge  plötz¬ 
lich  eine  Waldschnepfe  erblickte,  welche  auf  kaum  10  Schritt  Entfernung  nur 
etwas  über  Wagenhöhe  meine  Wagenabteilung  begleitete.  Über  einer  Kiefern¬ 
kultur  frei  am  helleren  westlichen  Himmel  streichend,  war  sie  nach  Größe, 
Bau  und  Flugweise  um  so  weniger  zu  verkennen,  als  ich  ganz  deutlich  den 
langen  Stecher  wahrnahm.  Es  war  genau1 6  Uhr  und  nach  einer  Beobachtung 
von  mindestens  J/2  Minute  Dauer  verschwand  sie  mir,  da  nun  dunkler  Hoch¬ 
wald  sie  deckte.  Vielleicht  hat  sie  aber  sowohl  schon  vor  meiner  zufälligen 
Entdeckung  als  noch  nachdem  sie  für  mich  verschwunden  war,  den  hier  lang¬ 
sam  fahrenden  Zug  begleitet.  Dr.  Wurm. 

Eine  Robben -Metzei ei  in  großartigem  Stil  fand  nach  einer  Mit¬ 
teilung  der  Revue  des  Sc.  Nat.  Appl.  Nr.  19,  1889,  am  und  im  unteren  Teil 


des  St.  Lorenzstromes  statt.  Am  9.  April  dieses  Jahres  brachte  ein  heftiger 
mehrtägiger  Schneesturm  ungeheure  Eismassen  den  genannten  Strom  und  einen 
Nebenfluß  hinab,  so  daß  am  folgenden  Tage  der  Strom  bis  zu  seiner  Mün¬ 
dung  mit  Eismassen  vollgepackt  war.  Auf  diesen  Eisbergen  und  Blöcken 
befanden  sich  gewaltige  Scharen  grönländischer  Seehunde,  welche,  nachdem 
der  Sturm  sich  gelegt  hatte,  von  den  Anwohnern  als  willkommene  Beute  be¬ 
trachtet  wurden.  Männer,  Weiber,  Kinder,  Greise  aus  meileu weitem  Umkreis 
drangen  mit  Hacken,  Knütteln  etc.  auf  die  wehrlosen  Tiere  ein,  welche  auf 
dem  zu  einer  festen  Masse  zusammengepreßten  Eise  keinen  Fluchtversuch 
machten.  Stellenweise  wurde  nicht  einmal  während  der  Nacht  das  Gemetzel 
unterbrochen  und  dasselbe  noch  tagelang  fortgesetzt.  Die  Gesamtmenge  der 
getöteten  Seehunde  soll  sich  auf  150,000  Stück  belaufen  haben!  Der  Wert  eines 
Felles  beläuft  sich  auf  etwa  12  M.  unseres  Geldes,  hierzu  kommt  eine  beträcht¬ 
liche  Menge  Thran  im  Preise  von  etwa  45  M.  für  100  Kilogramm.  Außerdem 
lieferten  für  die  Bewohner  einiger  Ortschaften  die  Robben  in  wenigen  Tagen 
Fleischnahrung  für  das  ganze  Jahr.  Zum  Glück  für  die  Seehunde  wiederholen 
sich  derartige  Massenschlächtereien  nicht  oft,  sonst  würden  erstere  in  kurzem 

% 

ausgerottet  sein.  Sch. 

Die  Jagden  in  den  großen  Waldungen  des  Fürsten  von  Pleß,  welche  zu 
Ehren  des  Kaisers  stattfinden,  sollen  sich  auch  auf  Auerochsen  erstrecken, 
und  es  dürfte  daher  von  Interesse  für  unsere  Leser  sein,  einige  Daten  über  die 
Ansiedelung  dieser  selten  gewordenen  Tiere  in  jenen  Jagdrevieren  zu  hören  : 
Am  11.  November  1865  wurden  ein  männlicher  Auerochs  und  drei  weibliche 
Tiere  aus  Litauen  in  die  Emanuelssegener  Forsten  überführt,  wo  sie  13 
Jahre  blieben.  Nach  dieser  Zeit  erfolgte  die  Überführung  der  sich  vermeh¬ 
renden  Auerochsen  nach  den  Forsten  von  Meserzitz,  wo  sich  gegenwärtig  elf 
Stück  befinden.  Bekanntlich  hat  auch  Kaiser  Wilhelm  I.  bei  seinen  Jagden 
in  den  Plesser  Forsten  Auerochsen  geschossen.  Berl.  Tag.  Bl.  28.  XI.  1889. 

Wilde  Tiere  in  Norwegen.  Nach  amtlichen  Angaben  wurden  für 
folgende  erlegte  Raubtiere  Prämien  bezahlt: 


1887  1888 

Bären  .  97  76 

Wölfe .  15  35 

Luchse .  94  77 

Vielfraße .  51  54 

Füchse .  6512  9582 

Adler .  989  1042 


Falken  und  Bussarde .  4748  4669 

The  Field,  16.  November  1889. 

Der  Baumfalk  ( Hypotriorchis  subbuteo)  ist  bekanntlich  ein  gegen  rauhe 
Witterung  außerordentlich  empfindlicher  Raubvogel,  der  schon  früh  im  Jahre, 
meist  schon  Anfang  September,  uns  verläßt,  um  erst  April  oder  anfangs  Mai 
zu  uns  zurückzukehren.  Um  so  mehr  überraschte  es  mich,  in  dem  so  außer¬ 
ordentlich  schneereichen  und  kalten  Spätwinter  1888  schon  am  21.  März  ein 
altes,  starkes  Baumfalken- Weibchen  in  nächster  Nähe  vorüberstreichen  zu 
sehen,  leider  so  schnell,  daß  ich  nicht  zu  Schuß  kommen  konnte.  —  Es  be¬ 
wahrheitete  sich  mir  hiermit  die  Behauptung  eines  Försters,  der  anfangs  März 


28 


desselben  Jahres  einen  Baumfalken,  der  in  seinem  Garten  unmittelbar  beim 

-x. 

Haus  nach  einer  hinstreichenden  Schwarzdrossel  stieß,  gesehen  haben  wollte, 
eine  Behauptung,  die  mir  trotz  der  Sicherheit,  mit  der  der  Betreffende  bei 
mir  einen  ausgestopften  Baumfalken  als  das  Ebenbild  des  von  ihm  gesehenen 
Baubvogels  bestimmte,  nie  recht  glaublich  scheinen  wollte.  C. 

Der  Fichtenkreuzschnabel  (Loxia  curvirostra),  der,  wie  ich  aus  einer 
Notiz  in  meinem  Tagebuch  sehe ,  schon  im  August  1888  in  den  um 
Münden  liegenden  Waldungen  z.  t.  in  großen  Scharen  auftrat ,  hat  sich 
während  des  ganzen  Winters  1888 — 1889  hier  aufgehalten  und,  wie  ich  an¬ 
nahm  und  später  durch  einen  ganz  jung  hier  eingefangenen  Kreuzschnabel 
bewiesen  fand,  auch  hier  gebrütet.  —  Derselbe  ist  hier  sonst  kein  ständiger 
Brutvogel,  wenigstens  entsinne  ich  mich  noch  lebhaft  meiner  vergeblichen 
Mühen,  im  Winter  1884  und  Frühjahr  1885  einen  der  fahrenden  Gesellen  hier 
zu  entdecken.  —  Im  Herbst  1889  bemerkte  ich  nur  wenige,  bald  wieder  ver 
schwindende  Züge.  C. 

Der  Büffel  in  Australien.  Eine  Zeitung  in  Perth  in  Westaustralien 
sagt,  daß  es  in  manchen  Gegenden  Nord-Australiens  große  Herden  wilder 
Büffel  ( Bos  bubalus )  gibt,  die  über  die  Ebenen  schwärmen  und  sich  iu  schat¬ 
tigen  Sümpfen  wälzen.  Die  »Sydney  Mail«  erwähnt,  daß  die  Tiere  groß  und 
mächtig  mit  langen  Hörnern  und  Gegenstand  einer  recht  gefährlichen  Jagd  sind, 
da  eiu  verwundeter  Büffel  eines  der  gefährlichsten  Tiere  ist  und  durch  seine 
Schwere,  die  großen  Hörner  und  den  wilden  Mut  die  größte  Vorsicht  erheischt. 
Die  ersten  Büffel  für  Australien  wurden  1829  zu  Port  Essington  in  Nord 
Australien  gelandet.  Nature,  7.  November  1889. 

Neu  entdeckte  Schwammbänke  in  Sizilien.  Über  die  bei  der 
Insel  Lampedusa  an  der  Südküste  Siziliens  neu  entdeckten,  angeblich  ziem¬ 
lich  ergiebigen  Schwammbänke  teilt  die  mailänder  »Perseveranza«  die  folgenden 
Einzelheiten  mit.  Der  Umfang  der  gedachten  Schwammbänke,  welche  18 — 20 
Seemeilen  südöstlich  von  der  Insel  entfernt  liegen,  wird  auf  15 — 18  Seemeilen 
geschätzt.  Die  geringste  Tiefe  der  Bänke  unter  dem  Wasserspiegel  beträgt  24; 
die  bedeutendste  Tiefe  30  bis  31  Ellen.  In  geringeren  Tiefen  stößt  man  auf 
Felsgrund,  welcher  die  Schwämme  trägt;  in  größeren  Tiefen  findet  sich  san¬ 
diger  Grund.  Die  Ausbeute  ist  ziemlich  reichlich  und  die  verschiedensten  Schwamm¬ 
sorten,  auch  sehr  feine,  sind  vertreten.  Zur  Zeit  beteiligen  sich  italienische  und 
griechische  Barken  am  Fangen.  Gro. 

Verzeichnis 

der  vom  1.  Januar  1889  bis  zum  1.  Juli  1889  im  zoologischen 
Garten  zu  Berlin  erworbenen  Tiere.  Von  D  r.  Ernst  Schaff.  Berlin. 

I.  Säugetiere. 

Über  den  Zuwachs  des  Berliner  zoologischen  Gartens  in  der  Zeit  vom 
1.  Januar  1889  bis  zum  1.  Juli  desselben  Jahres  gibt  folgendes  Verzeichnis 
Auskunft,  welches  ein  beredtes  Zeugnis  für  das  Wachsen  und  Gedeihen  des 
Gartens  ablegt.  Die  Zugänge  beschränken  sich,  wie  man  sieht,  auf  Säugetiere 
und  Vögel,  denn  seit  einiger  Zeit  ist  die  Haltung  niederer  Wirbeltiere  (Repti¬ 
lien,  Amphibien,  Fische)  aufgegeben  worden,  da  das  hiesige  Aquarium  in  der 
angedeuteten  Richtung  den  zoologischen  Garten  ergänzt. 


29 


Affen.  8  weißbärtige  Schlankaffen  ( Semnopithecus  leucoprymnus ),  2  Hu¬ 
sarenaffen  ( Cercopithecus  ruber),  1  P.  Weißnasen-Meerkatzen  (C.  petaurista),  1 
Mohrenraakak  ( Macacus  maurus ),  1  Javaneraffe  (M.  cynomolgus ),  7  Kronenaffen 
(31.  radiatus ),  1  Anubispavian  ( Cynocephalus  anubis ),  1  Bärenpavian  (C.  porca- 
rius ),  1  P.  Hamadryas  ( C .  hamadryas),  1  gelber  Pavian  (C.  babuin),  1  Spinnen¬ 
affe  ( Ateles  araehnoides),  1  schwarzer  Klammeraffe  (A.  ater),  4  Kapuzineraffen 
( Cebus  fatuellus ,  capucinus  und  hypoleucus). 

Halbaffen.  1  Weißstirn-Maki  (Lemur  albifrons),  1  Katzenmaki  (L.  catta). 

Handflügle r.  2  fliegende  Hunde  (Cynonycteris  cöllaris). 

Raubtiere.  1  Puma  männl.  (Felis  concolor ),  1  Tigerkatze  (F.  tigrina), 

1  Karakal  (F.  caracal),  1  Wildkatze  (F.  catus ),  1  kanadischer  Luchs  (Lynx 
canadensis),  1  Schabrackenscliakal  (Canis  mesomelas),  1  Polarfuchs  (C.  lagopus), 

2  mexikanische  Füchse  (C.  cinereo  argenteus),  1  Paar  ostafrikanische  Schakale  (C. 
variegatus  Cretsch.),  1  Zibethkatze  (Viverra  civetta),  1  Genettkatze  (V.  genetta), 
1  Ichneumon  (Herpestes  griseus),  1  Kusimanse  (Crossarchus  obscurus ),  1  Muvang 
(Paradoxurus  sp.),  2  kleine  Grisons  (Galictis  vittata),  2  Waschbären  (Procyon  lotor), 

Floßenfü  ßler.  2  gemeine  Seehunde  (Phoca  vitulina),  2  Kegelrobben 
(Halichoerus  gryphus ). 

Nager.  2  Bindeneichhörnchen  (Sciurus  vittatus),  1  Erdeichhörnchen  (Geo- 
sciurus  capensis),  12  gemeine  Ziesel  (SpermopTiilus  citillus),  3  gefleckte  Ziesel 
(Sp.  guttatus),  5  Präriehunde  (Cynomys  ludovicianus ),  1  Quebeck-Murmeltier 
(Arctomys  monax),  1  Paar  canadische  Biber  (Castor  canadensis),  1  javanisches 
Stachelschwein  (Hystrix  javanica),  1  Greifstachler  (Cercolabes  prehensilis),  1  Paar 
Maras  (Dolichotis patagonica),  1  Paca  (Coelogenys  paca),  1  Feldhase  (Lepus  timidus). 

Paarhufer.  1  Halsbandpeccari  (Dicotyles  torquatus ),  1  Weißbartpeccari 
{D.  labiatus). 

Kerabau  (Bubalus  kerabau),  1  junger  Nahoorbock  (Ovis  nahoor ),  1  Jura¬ 
ziegenbock  (Capra  dorcas),  1  Paar  vierhörnige  Antilopen  ( Tetraceros  quadricor- 
nis),  1  Säbelantilope  (Onyx  Jeucoryx),  2  Wasserböcke  männl.  und  weilbl.  (Kobus 
unctuosus ),  1  Elennantilope  (Oreas  canna),  1  Paar  Zwergantilopen  (Cephalophus 
mergens),  1  Schweinshirsch  [Cervus porcinus),  1  Paar  Pampashirsche  (C.  campestris), 
1  Andenhirsch  (C.  antisiensis),  2  Rehböcke  (C.  capreolus),  1  Paar  Reeveshirsche 
(Cervulus  Beevesi),  1  Zwerghirsch  (C.  albipes ),  1  Moschustier  (3foschus  moschi- 
ferus),  3  Zwergmoschustiere  (Tragulus  pygmaeus),  1  Guanako  (Auchenia  huanaco). 

Zahnarme.  1  langschwänziges  Gürteltier  (Tatusia  longicaudata),  1  zot¬ 
tiges  G.  (T.  setosa ),  unbest.  Gürteltier  (Tatusia  sp.),  1  dreizehiges  Faultier  (Bra- 
dypus  tridactylus). 

Beuteltiere.  1  Rothalskänguruh  (3Tacropus  rußcollis),  1  31.  melanops , 
1  M.  sp.}  1  Känguruhratte  (Hypsiprymnus  murinus),  8  Beutelratten  (Didelpliis 
virginiana),  1  Beuteleichhorn  (Petaurus  sciureus),  2  Bärenbeutler  (Dasyurus 
ursinus). 

Vögel. 

Taucher.  2  Nordseetaucher  (Colymbus  septentrionalis),  Möven,  1  Silber- 
möve  (Larus  argentatus). 

Zahnschnäbler.  1  Paar  weißkehlige  Enten  (Anas  gibberifrons),  1  Sichel¬ 
ente  (A.  falcata),  3  Paar  Mandarinenten  (Aix galericulata),  1  Paar  Baumenten  (Den- 
drocygna  viduata),  1  australische  Brandgans  (Vulpanser  tadornoides) ,  1  Paar 


30 


Magelhansgänse  ( Anser  magellanicus ),  1  Paar  Schneegänse  (A.  hyperboreus ), 
3  Graugänse  (A.  cinereus ),  6  schwarze  Schwäne  ( Cygnus  atratus),  1  Paar  Höcker¬ 
schwäne  ( C .  olor.) 

Laufvögel.  25  Kampfhähne  {Machetes  pugnax),  2  Trappen  männl. 
und  weibl.  (Otis  tarda),  1  Paar  Pfauenkraniche  ( Grus  pavonina),  2  Paradies¬ 
kraniche  (6 }.  paradisea),  1  Fleckenralle  ( Rallus  maculatus),  1  indisches  Teichhuhn 
( Gallinula  phoenicura). 

Schreit vögel.  1  Paar  rote  Flamingos  {Phoenicopterus  ruber),  1  Purpur¬ 
reiher  ( Ardea  purpurea ),  1  grauer  Reiher  (A.  cinerea). 

Tauben.  1  Paar  Tigerhalstauben  (Turtur  tigrinus),  2  Meenatauben  (T.  ru- 
picolus).  Dazu  etwa  80  verschiedene  Rassentauben. 

Scharr  vögel.  1  Paar  Hokkos  ( C-rax  rubrirostris),  1  Daubentons  Hokko 
C.  Daubentoni),  1  Mitu  ( Urax  tomentosa ),  1  Paar  mexikanische  Guanhühner 
(Penelope  vetula),  1  Paar  Penelopehühner  (Penefope  rnarail),  1  Paar  schwarzflügelige 
Pfauen  ( Pavo  nigripennis),  1  männl.  Akrenträger  (P.  spicifer ),  1  Pfauenfasan 
(Polyplectron  chinqiäs ),  1  Temininck- Tragopan  ( Ceratornis  Temmincki),  1  Bunt¬ 
fasan  ( Phasianus  versicolor),  4  Königsfasanen  männl.  {Ph.  Reevesi ),  1  Paar  Strichel¬ 
fasanen  ( Euplocomus  lineatus ),  1  Rotaugenfasan  ( E.erythrophthalmus ),  1  Paar  Geier¬ 
perlhühner  ( Numida  vulturina ),  1  Paar  Pinselperlhühner  {Numida  ptilorhyncha) 
3  Frankoline  {Francolinus  vulgaris),  3  Steinhühner  {Perdix  saxatilis),  1  Paar 
virginische  Wachteln  {Ortyx  virginianus ),  1  Paar  Zwergwachteln  {Coturnix  chi- 
nensis).  Dazu  etwa  60  Rassenhühner,  weiße  Pfauen,  weiße  Perlhühner  etc. 

Raubvögel.  1  Truthahngeier  (Cathartes  aura),  1  Angolageier  {Gypo- 
hierax  angolensis ),  1  Sekretär  {Gypogeranus  serpentarius),  3  junge  Hühnerha¬ 
bichte  {Astur  palumbarius ),  1  Harpyia  {Harpyia  clestructor),  1  Brahminenweih 
{Haliastur  indicus),  1  Gaukler  {Helot arsus  ecaudatus ),  1  Steppenbussard  {Buteo 
desertorum ),  1  Steinadler  {Aquila  chrysaetus),  3  Jagdfalken  {Falco  candicans),  1  vir- 
ginischer  Uhu  {Bubo  virginianus),  1  Steinkauz  {Athene  noctua). 

Papageien.  10  Paar  Wellensittiche  {Melopsittacus  undulatus),  2  Paar  Viel¬ 
farbensittiche  (Platycercus  multicolor),  1  Pennantssittich  (P.  Pennanti),  2  Paar 
Barrabandsittiche  (P.  Barrabandi),  1  Blauwangenlori  {Trichoglossus  haemcitodes), 
1  Paar  Loris  sp. ? ,  1  Langschwanzsittich  {Palacornis  longicauda),  1  Paar  Schwarz¬ 
schulterpapageien  {Tanygnathus  megalorhynchus),  1  Paar  Kardinaledelpapageien 
{Eclectus  cardinalis),  1  Paar  großer  Edelpapageien  (E.  roratus),  1  Paar  rotköpfige 
Inseparables  {Agapornis  roseicollis),  1  großer  Vasapapagei  {Coracopsis  obscura ), 
1  Arasittich  {Conurus  paehyrhynchus)' ,  1  Blauwangensittich  {C.  acuticaudatus), 
1  Goldstirnsittich  ( Conurus  aureus),  1  Braunohrsittich  {Pyrrhura  vittata),  1  Wei߬ 
ohrsittich  (P.  leucotis),  1  Glatzenkopf 'iPionias  senilis ),  1  Müller- Amazone  {An- 
droglossa  farinosa ),  2  gemeine  Amazonen  {A.  amazonica),  1  Prachtamazone 
(A.  Pretrii),  1  Blaubartamazone  {A.  festiva),  1  kleiner  Gelbkopf  {A.  ocliroptera), 
1  Senegalpapagei  {Poeocephalus  senegalus). 

Kl  e  tter  vöge  1.  1  Bartvogel  {Megalaema  virens),  2  Goldflügelspechte 

{Colaptes  auratus). 

Sitzftißler.  Elsternashornvogel  {Buceros  atratus). 

Singvögel.  1  Seidenschwanz  {Bombycilla  garrula),  1  grauer  Würger 
{Lanius  minor),  3  brasilianische  Blauraben  {Cyanocorax  cyanopogon),  1  Tannen- 
heher  {Caryocatactes  nucifraga ),  1  Hügelatzel,  kleiner  Beo  {Eulabes  religiosa),  1 


31 


Malayenatzel,  großer  Beo  (E.  javancnsis),  1  Paar  Graukopfmeinas  ( Acridotheres 
malabaricus),  1  Paar  schwarze  Haubenmeinas  (A.  cristateUus),  1  Graumeina  (A. 
javanicus),  1  Gelbsteißkassike  ( Cassicus  ccteronotus),  1  kleiner  Soldatenstärling 
(Agelaius  militaris),  1  Paperling  (A.  oryzivorus ),  8  Jamaikatrupiale  ( Icterus  ja- 
maicensis),  1  Paar  gemeine  Trupiale  ( I .  vulgaris ),  3  Paar  Madagaskar  weber  (Galy- 
phantria  madagascariensis),  8  Paar  Napoleon weber  (E.  melanogaster),  1  PaarOryx- 
weber  (E.  oryx ),  4  gelbgrüne  Astrilds  (Habropyga  prasina),  3  Paar  Ringelastrilds 
( H .  annulosa ),  3  Paar  Dornastrilds  (H.  temporalis),  1  PaarCeresastrilds  (H.modesta), 
16  Paar  Tigerfinken  (H.  amandava),  7  Paar  Schmetterlingsfinken  (H.  phoenicotis), 
1  Paar  Papagei-Ainandinen  (II.  psittacea),  2  Paar  Bartfinken  ( H .  cincta),  3  Paar 
Ringelastrilds  (H.  Biehenovii),  3  Paar  Bronzemännchen  ( Spermestes  striata ),  3 
Paar  Muskatfinken  (Sp.  punctularia ),  7  Paar  weißköpfige  Nonnen  (Sp.  maja),  5 
Paar  schwarzköpfige  Nonnen  (Sp.  atricapilla),  8  Paar  Silberfasänchen  (Sp.  can- 
tans),  3  Paar  Schilfainandinen  (Sp .  castancotlwrax ),  1  Paar  blauköpfige  Ainan- 
dinen  (Sp.  tricolor ),  1  Frau  Goulds  Amandine  männl.  (Sp.  Gouldiae),  3  afrika- 

ß 

nische  Sperlinge  (sp.?),  1  Paar  Bergfinken  (Fnugilla  montifringilla),  1  Schnee¬ 
fink  (F.  nivalis),  4  Dominikaner  (Paroaria  dominicana),  3  Paar  Indigofinken  (F. 
cyanea)  1  Paar  Jacarinfinken  (F.  splendeus),  1  Paar  Sperlingsammerfinken 
(Zonotrichia  passerina),  1  Trauerzeisig  (Chrysomitris  tristis),  1  schwarzer  Dompfaff 
(Pyrrhiäa  europaea  var.  nigra),  8  Fichtenkreuzschnäbel  (Loxia  curvirostra),  2 
Paar  Rosenbrustkerubeißer  (Coccoborus  ludovicianus),  1  Paar  Pfäffchen  (Spor- 
phila  sp.),  1  Paar  Kubafinken  (Sp.  canora),  2  Schneeammern  (l  lectrophanes  niva¬ 
lis),  1  Feuer -Angara  (Thraupis  aestiva),  o  Purpurtangaren  (Bharnphocelus  pompa- 
dora),  1  Mohrenlerche  (Alauda  tartarica ),  1  Feldlerche  (A.  arvensis),  2  Paar 
Bulbuls  (Pycnonotus  jocosus  und  liaemorrhous),  1  Kleiber  (Sitta  caesia ),  1  Blau¬ 
meise  (Parus  coeruleus)  1  Spottdrossel  (Mimus  polyglottus),  1  Flüevogel  (Accen- 
tor  alpinus),  1  Braunelle  (A.  modidaris),  1  Drosselrohrsänger  (Acrocepludus  tur- 
doides  s),  1  Schilfrohrsänger  (A.  phragmitis),  1  Falklandsdrossel  (Turdus  falklan- 
dicus ),  2  Weindrosseln  (T.  iliacus),  1  Steinrötel  (Monticola  saxatilis),  2  P.  Hütten¬ 
sänger  (Sialia  sialis). 

Fine  neue  Hühner-Rasse  »Scotch  Grey  Fowl«,  schottisches  Grauhuhn, 
soll  in  Schottland  herangezüchtet  worden  sein.  Die  Hühner  nähern  sich  im 
Körperbau  den  Dorkings,  haben  jedoch  nicht  die  fünfte  Zehe  derselben.  Das 
Gefieder  ist  bläulich  grau  mit  schwarzen  Flecken,  bei  beiden  Geschlechtern 
gleich.  Einjährige  Hähne  wiegen  3,5  bis  4,5  Kilogr.,  Hennen  3  bis  4  Kilogr. 
Die  Hennen  legen  jährlich  100  sehr  große  Eier,  welche  angeblich  so  viel 
wiegen  sollen  wie  150  gewöhnliche  Hühnereier;  außerdem  brüten  und.  fuhren 
die  ersteren  gut.  Als  Tafelgeflügel  stehen  die  schottischen  'Grauhühner  den 
Dorkings  nach.  Im  übrigen  sind  sie  widerstandsfähig ,  halten  selbst  auf 
feuchtem  Boden  gut  aus,  wo  andere  Rassen  von  Krankheiten  befallen  werden, 
und  machen  geringe  Ansprüche  an  das  Futter,  dem  jedoch  Grünzeug  nie  fehlen 
darf,  da  sie  sonst  nach  einer  englischen  Mitteilung  zum  Federfressen  neigen. 

Wenn  sich  die  aufgezählten  Vorzüge  bewähren,  so  dürfte  die  neue  Rasse 
eine  Zukunft  haben.  Sch. 


32 


Litte  r  atu  r. 


Bronns  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  1.  Band.  Protozoa. 
von  Prof.  Dr.  0.  Bütschli.  B.  Abteilung.  Infusoria  und  System  der  Radi o- 
laria.  Leipzig.  C.  F.  Winter.  1887  — 1889. 

Die  Bronn’schen  Klassen  und  Ordnungen  haben  sich  allgemeine  Anerken¬ 
nung  erworben,  denn  alle  die  Teile,  die  bis  jetzt  vollständig  erschienen  sind, 
liefern  ein  Gesamtbild  der  behandelten  Tierklassen  nach  allen  Richtungen  und 
bis  zu  den  neusten  Forschungen,  so  daß  wer  wissenschaftlich  auf  einem  Ge¬ 
biete  der  Zoologie  thätig  ist,  gern  und  mit  Vorteil  das  bequeme  Hülfsmittel 
zu  seiner  Zurechtfindung  benutzt.  Wie  der  erste  Band  zu  einer  in  drei  Ab- 
teilungen  erschienenen  Riesenarbeit  angewachsen  ist ,  haben  wir  bereits 
(Jahrg.  XXIX,  1888.  S.  378)  erwähnt.  Am  umfangreichsten  ist  die  dritte  Ab¬ 
teilung  geworden,  welche  die  Infusorien  behandelt,  die  interessanteste  Klasse 
der  Protozoen,  weil  bei  ihnen  die  einfache  Zelle  ihre  mannigfaltigste  und 
höchste  Entwicklung  erreicht.  Ihr  Körper  ist  mit  einer  Anzahl  Cilien  (Wim¬ 
pern)  bedeckt,  welche  gewöhnlich  nicht  nur  die  Ortsbewegung  bewirken,  son¬ 
dern  auch  die  Nahrungsaufnahme  unterstützen.  Bei  vielen  treten  zwei  Sorten 
von  Kernen  ( nuclei )  auf,  die  bei  der  Konjugation,  einem  vorübergehenden  Ver¬ 
schmelzungsprozesse  zweier  Individuen,  eine  Rolle  zu  spielen  scheinen. 

Nach  einer  Geschichte  der  Infusorienkunde  von  Leeuwenhoek  an  und 
einem  umfangreichen  Verzeichnis  der  Litteratur  über  diese  Tiere  werden  die 
beiden  Unterklassen  der  Ciliata  und  der  Suctoria  auf  das  sorgfältigste  nach 
allen  Seiten  hin  beschrieben;  es  werden  auch  ihre  Lebensverhältnisse  so  ein¬ 
gehend,  als  dies  nach  jetzigem  Stande  möglich  ist,  erläutert  und  so  dürfen 
wir  den  Schluß  der  Naturgeschichte  der  Urtiere,  der  59  Bogen  Text  und  24 
schön  gezeichnete  Tafeln  umfaßt,  auf  das  beste  begrüßen.  N. 

Mit  dem  Beginne  dieses  Jahres  erscheint  eine  neue  Zeitschrift  zur  För¬ 
derung  der  Vogelkunde  : 

Ornith  o logisch  es  Jahrbuch  mit  besonderer  Berücksichtigung 
des  paläarktischen  Faunengebietes.  Herausgegeben  von  Viktor  Ritter 
von  Tschusi  zu  Schmidhoffen,  Präsident  des  Komites  für  ornitho- 
logische  Beobachtungs  -  Stationen  in  Österreich  -  Ungarn.  Hallein.  A. 
Halauskas  Buch-  und  Kunstdruckerei.  Verlag  des  Herausgebers. 

N. 


Eingegangene  Beiträge. 

O.  E.  E.  in  H.  —  J.  B.  in  F.  -  E.  S.  in  B.  —  G.  K.  in  M. :  Ihr  Versuch  ist  ein  sehr 
interessanter  und  verdient  weitere  Verfolgung'.  —  K.  K.  in  S.:  Es  freut  mich,  daß  Sie  von 
Ihrer  Weltumsegelung  glücklich  zurückgekehrt  sind  und  nun  wieder  unseres  Zoolog.  Garten 
gedenken.  —  C.  C.  in  H.  M.  —  K.  Th.  L. :  Besten  Dank!  —  Die  von  vielen  unserer 
Korrespondenten  an  mich  eingegangenen  freundlichen  Wünsche  zum 
Neuen  Jahr  erwiedere  ich  hiermit  auf  das  herzlichste.  Noll. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

The  Journal  of  Comparative  Medicine  and  Veterinary  Archives,  edited  by  W.  A.  Conklin; 
Director  of  Zoological  Gardens,  New  York  City.  Jannary  1890.  Philadelphia,  A.  L . 
Hummel.  1890. 

Dr.  K.  Lampert.  Die  während  der  Expedition  S.  M.  S.  „Gazelle“  1S74-76  von  Prof. 
Dr.  Studer  gesammelten  Holothurien.  Zoologische  Jahrbücher.  4.  Bd.  Jena.  Gust. 
Fischer. 

H.  Fischer-Sigwart.  Das  Tierleben  im  Terrarium.  Mitteilungen  der  Naturforschenden 
Gesellschaft  in  Aarau  1889. 

K.  Frank.  Ornithologische  Beobachtungen  vom  neuvorpommerischen  Ostseestrande.  Röhl, 
Zeitschr.  f.  Ornithologie,  13.  Bd.  1889. 

Dr.  Ant.  Reicheno  w.  Systematisches  Verzeichnis  der  Vögel  Deutschlands  und  des  an¬ 
grenzenden  Mittel-Europa.  Berlin.  Verlag  der  Linnäa.  1889.  Preis  1  M. 


Druck  von  A.  Mahlnu  (Pa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mab  lau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  2.  XXXI.  Jahrgang.  Februar  1890. 


I  n  h  a  1  l. 

Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln:  von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich 
(Fortsetzung.)  —  Zoogeographische  Beobachtungen;  von  Dr.  A.  Seitz.  Das  gemauerte 
Beckenaquarium  und  seine  Bewohner;  von  Dr.  Emil  Buck.  (Fortsetzung.)  -  Beschrei¬ 
bung  einer  neuen  Antilope,  Damalis  huvteri  Sclat.  ;  von  Dr.  Ernst  Schaff.  —  Der  zoolog¬ 
ische  Garten  zu  Straßburg;  Reisebericht  von  Ernst  Friedei  in  Berlin.  —  Korrespon¬ 
denzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Persönliches.  —  Eingegangene  Beiträge.  — 
, Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Oie  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln. 

Von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich. 

(Fortsetzung.) 

Anfang  Juni  1887  war  unser  Seelöwenbecken  zur  Aufnahme 
von  Tieren  fertig  und  am  21.  desselben  Monats  wurde  es  besetzt. 
Die  drei  Seelöwen  lieferte  der  Tierbäudler  Herr  C.  Reiche  in  Al¬ 
feld  a.  d.  Leine,  der  so  freundlich  war,  mir  über  Fang,  Transport 
und  Eingewöhnung  nachstehende  Mitteilung  zu  machen.  Herr 
Reiche  schreibt  mir:  »Die  Seelöwen  wurden  im  Februar  1887  in 
der  Nähe  von  San  Franzisco  gefangen.  Dies  geschieht  in  folgender 
Weise :  Eine  kleine  Segelschiffflotte  wird  in  Bewegung  gesetzt  und 
mit  dieser  so  lange  manövriert,  bis  die  Seelöwen  vom  Wasser  ab¬ 
geschnitten  sind.  Dann  werden  dieselben  weiter  landeinwärts  ge¬ 
trieben  und  fallen  dort  den  Fängern  leicht  in  die  Hände,  da  sie  ja 
auf  dem  Lande  ziemlich  unbeholfen  sind.  Nur  die  großen  Männchen 
setzen  sich  oft  heftig  zur  Wehr,  allerdings  vergeblich.  Von  San 
Francisco  geht  es  dann  mit  der  Bahn  nach  New-York.  Während 
der  achttägigen  Bahnreise  werden  die  Tiere  täglich  einmal  begossen 
und  es  werden  ihnen  Fische  angeboten.  ln  den  meisten  Fällen  neh¬ 
men  aber  die  Seelöwen  in  den  ersten  vierzehn  Tagen  gar  keine  Nah- 

Zoolog.  Gart.  Jahrg1.  XXXT.  i89o.  3 


34 


ruug  zu  sich,  uncl  es  macht  in  New- York  recht  viel  Schwierigkeiten, 
dieselben  überhaupt  zum  Fressen  zu  veranlassen,  zunächst  mit  leben¬ 
den  und  dann  allmählich  mit  toten  Fischen.  Ist  das  gelungen,  so 
werden  die  Tiere  mittels  Lloyddampfer  nach  Bremen  befördert,  von 
wo  sie  direkt  nach  einem  zoologischen  Garten  oder  nach  meinem 
Lager  in  Alfeld  gesandt  werden.« 

Im  Mai  1887,  wenige  Tage,  nachdem  die  Seelöwen  —  2  Männchen 
und  2  Weibchen  —  in  Alfeld  eingetroffen  waren,  kam  ich  zufällig 
dorthiu  und  sah  die  stattlichen  Tiere.  Dieselben  gefielen  mir  so, 
daß  ich  sie  meinem  Vorgänger  in  der  hiesigen  Stellung,  Herrn  Dr. 
Heck,  angelegentlichst  zur  Besetzung  des  neuen  Beckens  empfehlen 
konnte,  umsomehr  als  das  eine  Weibchen  während  der  Seereise 
geworfen  und  somit  seine  Fortpflanzungsfähigkeit  bewiesen  hatte.  Es 
wurden  denn  auch  bald  danach  1  Männchen  und  zwei  Weibchen 
gekauft,  die  in  großen  Kasten  verpackt  wohlbehalten  hier  ankamen 
und  sich  schnell  in  die  neuen  Verhältnisse  schickten.  Die  Befürch¬ 
tung,  daß  der  frische  Cementverputz  den  Tieren  schaden  würde,  er¬ 
wies  sich  als  grundlos. 

Herr  Dr.  Heck  bestimmte  die  Seelövveu  als  Otaria  Stelleri  und 
auch  ich  rechnete  sie  zu  dieser  Art,  bis  Herr  Dr.  Sei  ater  aus 
London  mich  eines  Besseren  belehrte  und  mich  mit  der  Arbeit  von 
W.  A.  Forbes  »Notes  on  the  external  characters  and  anatomy  of  the 
californiau  Sea  Lion«  (Transact.  of  the  Zoolog.  Society  of  London, 
Vol.  XI.)  bekannt  machte.  Danach  ist  kein  Zweifel,  daß  die  Seelö- 
weu  der  Art  Otaria  Gillespii  Mac  Bain  oder  nach  J.  A.  Allen  (»Eared 
Seals«  in  Bull.  Mus.  Comp.  Zool.  II,  pag.  (39 — 73.  1870 — 71  und 
»History  of  North  American  Pinnipeds«.  Washington  1880)  der  Art 
Zaloplius  californianus  angehörten,  derselben  Art,  die  im  zoologischen 
Garten  zu  Hamburg  durch  drei  weibliche  Exemplare  vertreten  ist 
(s.  Friedei,  Aus  Hamburg,  Jahrg.  XXX  dieser  Zeitschrift,  pag.  313). 

Die  völlig  ausgewachsenen  Tiere  zeigen,  sowohl  in  ihrer  Größe 
als  auch  in  ihrem  Körperbau  außerordentliche  Geschlechtsverschieden¬ 
heiten.  Das  Männchen  ist  gut  2  m  lang  —  das  Exemplar,  welches 
Forbes  untersuchte,  maß  von  der  Nase  bis  zur  Schwanzspitze  2,07  m, 
wovon  auf  den  Schwanz  11  cm  kommen  — ,  die  Weibchen  kaum 
1,5  m.  Eine  genaue  Messung  war  mir  nicht  möglich,  doch  ist  der 
Größenunterschied  so  bedeutend,  daß  er  niemandem  entgehen  kann. 
Der  Größe  entsprechend  ist  das  Männchen  viel  robuster  gebaut 
als  die  Weibchen.  Der  dicke  Kopf  mit  der  auffallend  stark  gewölbten 
Stirn,  der  mächtige  Hals,  die  breite  Brust,  die  großen  Vorderflossen 


35 


und  die  langen,  fast  bis  zur  Bauchmitte  reichenden  Hinterbeiue 
zeichnen  es  vor  dem  zarten  Weibchen  mit  kegelförmigem  Kopf  und 
schlanken  Formen  aus. 

Auch  in  der  Färbung  besteht  ein  Unterschied  zwischen  den  Ge¬ 
schlechtern.  Der  Pelz  des  Mäunchens  im  trockenen  Zustande  ist  im 
allgemeinen  dunkelbraun,  welche  Färbung  auf  dem  Rücken  und  noch 
mehr  auf  der  Unterseite  lichter  wird.  In  den  Einzelheiten  der  Fär¬ 
bung  ist  Forbes  Beschreibung  zutreffend  und  ich  lege  dieselbe  nachstehen¬ 
den  Angaben  zu  Grunde,  da  es  mir  nicht  möglich  ist,  das  lebende  und 
sich  bewegende  oder  doch  in  gewisser  Entfernung  liegende  Tier  so 
genau  zu  beschreiben. 

Die  Kopfhaare  sind  schwarzbraun  mit  hellbraunen  Spitzen;  da¬ 
zwischen  zahlreiche  weiße  Haare,  namentlich  an  den  Seiten  und  auf 
der  Stirn.  Die  Augenlider  sind  rötlich,  über  den  Augen  sieht  man 
einen  halbmondförmigen  blassen  Fleck.  Von  den  2  oder  3  Augen¬ 
brauenhaaren  ist  das  mittlere  das  längste.  Das  Maul  ist  hellbraun, 
die  Haare  um  die  Nase  sind  braun  und  schmutzig  weiß.  Aus  den 
dunkelbraun  gefärbten  Wangen  entspringen  jederseits  35  Schnurr¬ 
haare,  die  ziemlich  regelmäßig  in  6  horizontalen  Reihen  stehen.  Die 
oberste  derselben  enthält  nur  3  kurze  Schuurrhaare,  die  längste  gegen  7. 
Die  Mehrzahl  dieser  Haare  ist  weiß  gefärbt,  nur  3 — 4  an  jeder 
Seite  sind  schwärzlich. 

Die  Brustflossen  sind  oberseits  mit  kurzen,  dicht  anliegenden 
schwarzen  Haaren  bedeckt.  Die  Ränder  und  die  Gegend  um  die  5 
verkümmerten  Nägel  bis  zu  der  Spitze  sind  nackt.  Ebenso  die  quer¬ 
gefurchte  Unterseite  der  Flossen. 

CJ 

Die  Hinterflossen  sind  oberseits  bis  fast  an  die  Nägel,  von 
denen  die  3  mittleren  deutlich  hervortreten,  die  beiden  äußeren  da¬ 
gegen  nur  wenig  entwickelt  sind,  behaart.  Die  5  den  Zehen  ent¬ 
sprechenden  Spitzen  und  die  Partien,  welche  gleichsam  eine  Schwimm¬ 
haut  zwischen  den  Fußzehen  darstellen,  sind  nackt.  Ebenso  ist  die 
Unterseite,  soweit  sie  zum  Stützen  dient,  nackt. 

Der  nasse  Pelz  des  Männchens  ist  glänzend  schwarzbraun,  die 
Färbungsunterschiede  zwischen  Kopf,  Hals  und  Hinterleib  verschwin¬ 
den,  und  auch  die  Zeichnung  des  Gesichtes  wird  weniger  sichtbar. 

Die  Weibchen  siud  im  trockenen  Zustande  dunkelgrau,  während 
der  nasse  Pelz  oberseits  hellbraun,  auf  der  Unterseite  rötlichbraun 
ist.  Letztere  Färbung  wird  im  Monat  August  besonders  deutlich, 
nimmt  aber  nie  einen  so  ausgesprochenen  Charakter  an  wie  auf  der 
Abbildung,  welche  den  Aufsatz  von  Forbes  erläutert.  Die  Ober- 


36 


lippen  sind  dort,  wo  die  weißen  Schnurrhaare  steheu,  weißlich,  die 
Gegend  um  die  Augen  rötlichbraun.  Weiter  sind  keine  irgendwie 
auffallenden  Zeichnungen  zu  bemerken.  Auf  die  Färbung  der  jungen 
Tiere  komme  ich  weiter  unten  zu  sprechen. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  Dezember  wechseln  alle  Seelöwen, 
alt  und  jung,  die  Haare,  die  in  oft  großen  Mengen  den  Platz  ihres 
Nachtlagers  bedecken.  Ein  zweiter  Haarwechsel  scheint  nicht  statt- 
zufinden.  Auffallend  ist,  daß  zu  derselben  Zeit  auch  der  Brillen¬ 
pinguin,  Spheniscus  demersus ,  der  mit  den  Seelöwen  das  gleiche 
Becken  bewohnt,  mausert.  Doch  blieb  dieser  während  dieser  Zeit 
stets  auf  dem  Trockenen,  während  die  Seelöwen,  wie  täglich,  ins 
Wasser  gingen. 

Das  Leben  der  Seelöwen  ist  recht  eintönig  und  bietet  nicht 
viel  Erwähnenswertes.  Die  meisten  Stunden  des  Tages  halten  sie 
sich  im  Wasser  auf,  und  nur  selten  legen  sie  sich  aufs  trockene 
Land.  Im  Sommer  verbringen  sie  die  Nacht  zuweilen  in  den  unter 
den  Felsen  gelegenen  kühlen  Hütten,  deren  Thiiren  stets  offen  stehen. 
Häufiger  noch  liegen  die  Tiere  aber  auf  dem  Wege,  der  den  Felsen 
hinanführt,  so  namentlich  in  den  Mittagsstunden,  wenn  die  Sonue 
recht  grell  scheint.  Das  Männchen  behauptet  stets  den  höchstge¬ 
legenen  und  bequemsten  Platz,  und  wenn  eine  seiner  Genossinnen  es 
gewagt  hat,  denselben  zu  besetzen,  so  ruht  es  nicht,  bis  es  dieselbe 
bei  Seite  geschoben  oder  ins  Wasser  gestoßen  hat.  Hat  jedes  Tier 
seinen  richtigen  Platz  inne,  so  tritt  Ruhe  ein,  die  Augen  werden 
geschlossen  und  nur  selten  geöffnet,  um  zu  sehen,  was  vorgeht,  ob 
etwa  jemand  sie  stören  will.  Auch  die  Stimme  ruht  und  es  bedarf 
schon  der  Ankunft  ihres  Wärters,  um  dieselben  zu  erwecken,  wäh¬ 
rend  das  Männchen  sonst  jeden  Ankommenden  begrüßt. 

Im  Winter  bleiben  die  Seelöwen  fast  den  ganzen  Tag  im  Wasser, 
da  dies  gewöhnlich  wärmer  ist  als  die  äußere  Luft.  Durch  ihre 
stete  Bewegung  wird  es  am  Zufrieren  verhindert,  und  ist  dies  wirk¬ 
lich  einmal  über  Nacht  erfolgt,  so  bedarf  es  nur  einer  halbstündigen 
Wasserzufuhr  aus  dem  Brunnen,  um  das  Eis  zu  schmelzen.  Die 
Seelöwen  tragen  auch  ihr  Teil  dazu  bei,  indem  sie  unter  der  Eisdecke 
umherschwimmen  und  bald  hier,  bald  dort  durch  dieselbe  hervor¬ 
brechen.  So  sah  ich,  wTie  das  Männchen  ohne  große  Mühe  eine 
solche  von  3  cm  Dicke  sprengte.  Nachts  gehen  die  Tiere  während 
der  kalten  Jahreszeit  in  ihre  Hütten,  deren  Thiiren  aber  nur  ge_ 
schlossen  oder  vielmehr  angelehnt  werden,  wenn  das  Thermometer 
unter  10°  R.  sinkt. 


37 


Die  Hütten  dienen  ferner  den  Tieren  während  des  Reinigens 
des  Beckens  zum  Aufenthalt.  Meist  lassen  sie  sich  durch  ein  paar 
Fische  leicht  hineinlockeu,  oft  aber  will  dies  erst  nach  stundenlangem 
Bemühen  gelingen,  und  es  kommt  nicht  selten  vor,  daß  das  Männchen 
gar  nicht  hinein  will,  auf  dem  Boden  des  trockenen  Beckens  verbleibt, 
oder,  sich  rechtzeitig  eines  Besseren  besinnend,  aus  dem  abströmen- 
den  Wasser  auf  das  Ufer  sich  emporschwingt  und  vom  Felsen  aus 
den  Arbeitenden  zuschaut. 

Die  Bewegungen  der  Tiere  auf  dem  Lande  erscheinen  unbe¬ 
holfen,  sind  aber  in  Wahrheit  geschickter,  als  mau  glaubt.  Die 
Wirbelsäule  ist  so  beweglich,  daß  ein  Berühren  der  Schwanzspitze 
mit  dem  Munde  mühelos  erfolgt,  ebenso  wie  der  Kopf  leicht  von 
den  Hinterbeinen  erreicht  wird.  Die  Fortbewegung  geschieht  ent- 
weder  stoßweise,  indem  die  Hinterbeine  durch  Krümmung  des  Rück¬ 
grats  unter  den  Körper  gezogen  und  durch  sie  der  Körper  vorge¬ 
stoßen  wird,  wobei  dann  die  Vorderbeine  gleichzeitig  wdeder  den 
Boden  berühren,  oder  es  ist  ein  Vorwärts  watscheln:  zuerst  rechte 
Vorder-  und  linke  Hinterflosse  und  dann  linke  Vorder-  und  rechte 
Hinterflosse  oder  umgekehrt.  Groß  sind  die  Tiere  in  ihren  Kletter¬ 
künsten.  Schon  das  Besteigen  des  Felsens  auf  dem  sanft  ansteigen¬ 
den  Pfade  erscheint  manchem  Beschauer  als  eine  Unmöglichkeit  und 
doch  geschieht  dies  alltäglich  mit  großer  Leichtigkeit  und  Schnellig¬ 
keit.  Aber  die  Weibchen  haben  schon  mehr  geleistet.  Sie  sind  den 
Felsenpfad  hinauf  in  der  Nische,  wo  der  Wasserfall  herabströmt, 
weiter  nach  oben  über  den  Felsen  hinweg  und  au  der  Rückseite  des¬ 
selben  hinabgeklettert,  sie  haben  das  Gitter,  welches  das  Becken  um¬ 
gibt,  dort,  wo  es  sich  an  den  Felsen  setzt,  überstiegen,  bis  dieser 
Weg  durch  entsprechende  Erhöhungen  verlegt  wurde.  Als  ich  nach 
der  Geburt  des  zweiten  Seelöwen  einen  1 1ji  m  hoheu  Kasten  auf 
das  Ufer  stellen  ließ,  wurde  dessen  Dach  als  bevorzugter  Ruheplatz 
vom  Männchen  aufgesucht,  es  wurde  gar  nicht  schwer,  denselben  zu 
ersteigen,  und  die  Weibchen  benutzten  diesen  Punkt,  um  aufs  neue 
aus  dem  engen  Becken  in  den  offenen  Garten  und  den  zunächst 
gelegenen  Weiher  zu  gelangen.  Mit  einigen  Fischen  waren  sie  dann 
schnell  wieder  in  ihr  Gehege  zurückgelockt. 

Größer  natürlich  ist  die  Beweglichkeit  der  Seelöweu  im  Wasser, 
auf  das  sie  ja  ihr  ganzer  Bau  hin  weist.  Eine  einzige  kräftige  Bewe¬ 
gung  ihrer  Hinterflossen  treibt  sie  mit  ungeheurer  Geschwindigkeit 
mehrere  Meter  voran.  Dann  werden  jene  möglichst  zusammengefaltet 
wieder  unter  den  Bauch  gebracht,  um  in  der  Sagittalebene  des  Kör- 


38 


pers  ausgebreitet  uach  hinten  schlagend  diesen  weiterzubewegen. 
Die  Vorderflossen  haben  die  Aufgabe  zu  steuern;  je  nachdem  die 
rechte  oder  die  linke  ausgelegt  wird,  bewegt  sich  das  Tier  uach 
rechts  oder  nach  links.  Ferner  dienen  die  Vorderbeine  als  Hemm¬ 
vorrichtung  ;  ein  plötzliches  Ausbreiten  derselben,  und  das  Tier  steht 
in  demselben  Augenblick  still.  Ganz  besonders  auffallend  ist  diese 
Wirkung,  wenn  das  eine  Weibchen  vom  Felsen  herab  einem  Fisch 
nachspringt.  Dort,  wo  es  untergetaucht  ist,  kommt  es  wieder  em¬ 
por.  der  Sprung  hat  es  keinen  Schritt  im  Wasser  vorwärts  getrieben. 
Wollen  die  Tiere  schnell  spriugen,  so  schleudern  sie  sich  bogenför¬ 
mig  über  die  Wasserfläche  und  schießen  dann  dicht  unter  derselben 
auf  ihr  Ziel  zu.  Um  aufs  Ufer  zu  gelangen,  pflegen  sie  zunächst 
zu  tauchen  und  dann  senkrecht  in  die  Höhe  zu  stoßen.  Dabei  kommt 
es  gar  nicht  darauf  an,  ob  das  Becken  bis  an  den  Rand  gefüllt  ist, 
vielmehr  ist  es  ihnen  eine  Kleinigkeit  aus  dem  bis  auf  etwa  0,50  m 
entleerten  Becken  an  den  1,50  m  hohen  steilen  Wandungen  empor 
auf  d  as  Ufer  zu  gelangen. 

So  interessant  auch  die  Schwimmkünste  der  Seelöweu  sind,  ein 
längeres  Beschauen  derselben  wird  einem  von  den  Tieren  selbst  durch 
ihr  andauerndes  Gebrüll  verleidet,  und  ist  noch  dazu  der  Wärter  in 
der  Nähe,  so  ist  es  gar  nicht  auszuhalten.  Der  Zweck  des  Gebrülles 
scheint  ein  Verlangen  zu  sein,  sei  es  nun  nach  Nahrung,  wie  es 
wohl  in  der  Gefangenschaft  meist  der  Fall  ist,  sei  es  nach  dem 
weiblichen  Geschlecht.  So  wenigstens  beim  Männchen,  das  der  lau¬ 
teste  Schreier  ist;  kein  Wunder,  hat  es  doch  in  der  Freiheit  die 
gewaltige  Brandung  zu  übertönen.  Das  Organ  ist  zu  diesem  Zweck 
besonders  umfangreich  ausgestattet ;  so  mißt  die  Luftröhre  nach  Forbes 
63  mm  im  Durchmesser  und  an  der  Teilung  iu  die  Bronchien  sogar 
76  mm.  Die  Stimme  des  Männchens  läßt  sich  am  besten  durch  ein 
bei  geöffnetem  Munde  aus  dem  Gaumen  hervorgestoßenes  kurzes  »ö« 
nachahmen,  während  die  Stimme  der  Weibchen,  die  anfänglich  stumm 
waren,  bald  aber  auch  nach  Futter  schreien  lernten,  sich  durch  ein 
gedehntes  »ü«  wiedergeben  läßt. 

Als  Nahrung  bekommen  die  Seelöwen  ausschließlich  Seefische. 
Flußfische  wollten  sie  nicht  nehmen,  während  die  in  Amsterdam  ge¬ 
haltenen  sie  fressen,  allerdings  immer  erst  nach  langem  Fasten.  Daß 
sie  dieselben  schließlich  auch  fresseu,  konnte  ich  beobachten,  als  wir 
den  Pinguin  zu  den  Seelöwen  setzten  und  diesem  Flußfische  vor¬ 
warfen.  Schnell  waren  jene  bei  der  Hand  und  nahmen  die  früher 
von  ihnen  verschmähte  Nahrung,  wie  es  schien  nur,  um  sie  dem 


39 


Pinguin  nicht  zu  lassen.  In  gleicher  Weise  handelu  sie  auch  unter¬ 
einander,  keiner  gönnt  dem  anderen  einen  Fisch,  selbst  nicht  die 
Mutter  ihrem  Jungen.  Da  das  Recht  des  Stärkeren  schnell  zur  An¬ 
erkennung  gelangt,  so  hat  die  Mißgunst  noch  zu  keinen  ernstlicheren 
Kämpfen  geführt.  Von  Seefischen  werden  am  liebsten  frische  Hä¬ 
ringe  und  Stinte  genommen,  die  es  allerdings  nur  im  Winter  gibt. 
Das  ist  die  Zeit,  wo  die  Tiere  rund  und  fett  werden,  während  sie 
in  den  übrigen  Jahreszeiten,  wo  sie  Schollen,  Goldbutte  oder  Schell¬ 
fische  bekommen,  stets  stark  abmagern,  auch  wenn  die  Menge  der¬ 
selben  vermehrt  wird.  Kleine  Haifische  und  Rochen  werden  nicht 
gefressen  sondern  nur  augebissen  und  schnell  wieder  fortgeschleudert. 
Schollen,  Butte  und  Schellfische  müssen  ausgenommen  und  auf  etwa 
vorhandene  Angelhaken  untersucht,  große  Fische  außerdem  in  zwei 
oder  mehrere  Stücke  geteilt  werden.  Häringe  und  Stinte  hingegen  werden 
so  gefüttert,  wie  sie  von  unserem  Hamburger  Lieferanten  kommen. 
Die  Fütterung  erfolgt  aus  der  Hand  vom  Wärter,  der  sich  auf  dem 
höchsten  Punkt  des  an  dem  Felsen  hinaufführenden  Pfades  aufstellt. 
Die  Seelöwen  folgen  ihm  und  springen  den  vorgeworfenen  Fischen 
nach.  Stinte  werden  gewöhnlich  eimerweise  ins  Wasser  geschüttet 
und  die  Seelöwen  ruhen  nicht  eher,  als  bis  das  letzte  Fischchen  ver¬ 
schwunden  ist.  Was  die  Futtermenge  anbetrifft,  so  rechne  ich  auf 
das  Männchen  15  kg,  auf  jedes  Weibchen  10  kg  und  ich  habe  ge¬ 
funden,  daß  sie  sich  dabei  wohl  fühlen  und  stets  bei  Appetit  sind, 
während  eine  reichlichere  Fütterung  sie  bald  träge  und  wenig  ge¬ 
neigt  macht,  den  Felsen  hinaufzukommen.  (Schluss  folgt.) 

Zoogeographische  Beobachtungen. 

Von  Dr.  A.  Seitz. 

Es  ist  erstaunlich,  wie  sich  mitunter  Irrtümer  in  der  Wissen¬ 
schaft,  die  durch  einen  Zufall  oder  vielleicht  infolge  einer  mangel¬ 
haften  Beobachtung  entstanden  sind,  lauge  erhalten  können;  wie 
sie  sich  gewissermaßen  von  Generation  zu  Generation  forterben,  ohne 
daß  trotz  ihrer  auf  der  Hand  liegenden  Unrichtigkeit  Versuche 
gemacht  werden,  dem  wahren  Sachverhalt  in  der  betreffenden  Ange¬ 
legenheit  auf  den  Grund  zu  kommen. 

Gewiß  trägt  nicht  wenig  zum  Zustandekommen  solcher 
überlieferten  Fehler  das  Ansehen  desjenigen  bei,  der  die  erste  Beob¬ 
achtung  über  den  Gegenstand  veröffentlicht  hat.  Einem  Darwin 


40 


*oder  '  W  a  L  Wee  z.  B.  nimmt  niemand  Anstand  naubzuschreibeu, 
auch  ohne  das  Bedürfnis  zu  fiihJen,  die  angenommenen  Sätze  näher 
zu  prüfen.  Sicherlich  wird  man  auch  meist  wohl  fahren,  wenn  inan 
sich  auf  gut  klingende  Namen  berufen  kann;;  dafür  sind’  aber  die 
wenigen  Irrtümer,  welche  ihre  Entstehung  —  vielleicht  durch  einen 
Zufall,  durch  ein  Mißverständnis  —  großen  Männern  verdanken, 
um  so  gefährlicherer  Art,  als  sie  wie  Dogmen  eines  Evangeliums 
aufgenommen,  vielfach  wiederholt  und  breitgetreten  und  allenthalben 
zu  Belegen  und  Begründungen  neu  aufgestellter  Lehren  verwendet 
werden. 

Seit  mehr  als  30  Jahren  geht  z.  B.  durch  alle  tiergeo¬ 
graphischen  Schriften  der  Satz,  daß  die  Artenzahl  der  Tiere  nach 
Süden  resp.  nach  den  Tropen  im  allgemeinen  zunähme,  daß  dafür 
aber  nach  Norden  oder  überhaupt  nach  den,  kalten  Regionen 
hin  die  Zahl  der  Individuen,  die  zu  einer  Art  gehören, 
sich  vermehre. 

Den  Gründen  nachzuforschen,  welche  seiner  Zeit  diese  Ansicht 
ins  Leben  gerufen ,  hat  heute  wenig  Interesse ;  wahrscheinlich 
erstaunten  die  Nordfahrer  sehr,  auf  vermeintlich  toten  Feldern 
noch  Tummelplätze  verhältnismäßig  zahlreicher  Lebewesen!  zu  finden, 
und  gaben  ihrer  Verwunderung  darüber  in  Worten  Ausdruck,  die  bei 
den  Lesern  der  Berichte  Vorstellungen  erzeugten,  als  entfaltete  sich 
iu  jenen  Gegenden  eine  übergroße  Menge  von  Einzelwesen. 

Da  man  es  nun  nicht  allein  beim  einfachen  Referat  bewenden 
ließ,  sondern  den  Befund  noch  als  Gegenbeweis  gegen  die  Lehren 
der  Descedenz-  und  Selektionstheorie  ins  Feld  führte,  so  scheint  es 
in  der  That  die  höchste  Zeit,  den  wahren  Sachverhalt  festzustelleu. 

Der  schlagendste  Beweis  für  oder  gegen  eine  Thatsache  ist 
jedenfalls  die  direkte  Beobachtung.  Reisen  in  fünf  Weltteilen  setzen 
mich  in  den  Stand,  ein  Urteil  von  einigermaßen  allgemeiner  Gültig¬ 
keit  abzugeben.  Was  zunächst  die  nordische  Fauna  betrifft,  so  hatte 
ich  selbst  verschiedene  Male  Gelegenheit,  Beobachtungen  zu  macheu,, 
die  allerdings  geeignet  waren,  mir  einigen  Respekt  vor  der  Pro¬ 
duktionsfähigkeit  der  nordischen  Natur  einzuflößen.  Oft  fuhr  unser 
Schiff  meilenweit  dureh  Wasser,  das  von  Milliarden  winziger  Mol¬ 
lusken  verfärbt  war;  von  deu  einsamen  Felsinseln  erhoben  sich 
Schwärme  zahlloser  Vögel,  und  wer  je  Gelegenheit  hatte,  dem 
Häringsfang  beizuwohnen,  der  wird  nicht  mehr  behaupten  wollen, 
daß  in  den  nordischen  Meeren  das  Leben  erstorben  wäre.  Wie 


41 


schon  Schilde*)  erwähnt,  bergen  sich  in  den  Mooren  der  arktischen 
Regionen  zahllose  Mücken,  die  Schwärme  von  vielen  Meilen  Länge 
bilden;  ohne  Unterbrechung  erhebt  sich  Wolke  auf  Wolke,  und 
ganze  Heere  gefräßiger  Libellen  stürmen  über  die  Ebene,  sich  au 
dem  so  reichlich  dargeboteuen  Futter  zu  nähren.  Gehen  die  Hoch¬ 
wasser  nach  einer  stattgefundenen  Überschwemmung  zurück,  so 
hinterläßt  der  sinkende  Wasserspiegel  unter  dem  Genist  Legionen 
kleiner  Käferchen  aus  allen  Gruppen,  dem  Insektensammler  eine 

hochwillkommene  Beute. 

•• 

Ganz  Ähnliches  vermag  ich  aus  den  antarktischen  Gegenden 
zu  berichten.  Nicht  alleiu,  daß  dort  kleine  Tiere,  wie  z.  B.  Schmet¬ 
terlinge**)  in  solcher  Zahl  unser  Schiff  überfielen,  daß  die  zertretenen 
öligen  Körper  das  Gehen  auf  Deck  erschwerten,  daß  die  Segel  wie 
mit  schwarzen  Flocken  übersät  aussahen:  sogar  große  Tiere,  wie 
Wale  und  Albatrosse,  die  Rieseuvögel  der  südlichen  Meere,  hielten 
sich  in  Gesellschaften  von  einer  bei  so  stattlichen  Tieren  unge¬ 
wohnten  Anzahl.  Der  Quallenheere  im  Siid-Atlanticus,  der  Vogel¬ 
legionen  an  der  Magelhaensstraße  brauche  ich  nur  noch  zu  erwähnen, 
um  begreiflich  zu  machen,  daß  ich  die  Individuenzahl,  die  das 
polare  Gebiet  zu  erzeugen  imstande  ist,  keineswegs  unterschätze. 

Wie  verhält  sich  nun  aber  dieser  Reichtum  gegenüber  dem 
der  tropischen  Gegenden  und  was  veranlaßt  alle  Reisenden,  uns  die 
Üppigkeit  und  erdrückende  Fülle  äquatorialer  Breiten  stets  wieder 
in  schwärmerischen  Schilderungen  vor  Augen  zu  führen? 

Wer  die  Tropen  genau  kennt,  d.  h.  wer  zu  verschiedenen  Zeiten 
und  an  verschiedenen  Orten  die  heißen  Gegenden  besucht  hat,  der 
wird  nimmermehr  zugeben  können,  daß  der  Individuenreichtum 
kalter  Zonen  trotz  seiner  Mückenschwärme  und  Vogelscharen  über 
die  Gegenden  zwischen  den  Wendekreisen  gestellt,  ja  nur  mit  ihnen 
in  Vergleich  gezogen  würde. 

Ich  hatte  noch  nicht  den  ersehnten  Boden  des  tropischen 
Brasilien  betreten,  —  wir  fuhren  noch  im  kleinen  Boote  längs  der 
Quai-Mauer  —  da  gewahrte  ich  diese  wie  übersät  mit  zolllangen, 
asselartigen  Krustern ;  während  der  halben  Stunde,  die  wir  längs 
den  Wasserbauten  im  Hafen  von  Bahia  ruderten,  traf  ich  keinen 
Quadratmeter  Raum  au  der  niedrigen  Hafenmauer,  der  nicht  besät 
gewesen  wäre  mit  den  flinken  Wassertierchen.  An  Land  begrüßte 

*)  Gegen  die  Manchestertheorie  in  der  Schöpfung  ein  Lepidopterolog  in: 
Zeitschr.  f.  gesammt.  Naturwiss.  1877,  II,  p.  1  ff. 

**)  Nycthemera  sp. 


42 


mich  sofort  die  dickköpfige  rote  Ameise,,  die  ich  während  meines 
späteren  Aufenthaltes  in  Brasilien  noch  von  recht  unangenehmer 
Seite  kennen  lernen  sollte;  die  Ameisen,  über  deren  Zahl  ich  mich 
schon  in  den  Straßen  der  Stadt  wunderte  —  denn  sie  wird  im 
Norden  nie  und  von  keinem  Tier  erreicht  —  waren  iudes 
hier  noch  verhältnismäßig  selten.  Das  Großartigste  in  dieser  Be¬ 
ziehung  erlebte  ich  im  brasilianischen  Niggerdorfe  Villa  Mathias*). 
Dort  liefen  auf  einem  durch  Buschwald  führenden  Wege  die  Arbeiter 
einer  kleinen  schwarzen  Ameise  so  zahlreich,  daß  man  glaubte,  sich 
mitten  in  einem  dichten  Zuge  zu  befinden.  Es  war  aber  kein  Zugj 
denn  zwei  englische  Meilen  weit  ritt  ich  durch  das  nämliche  unab¬ 
sehbare  Gewimmel,  das  nicht  etwa  wie  auf  einem  Wanderzuge 
sondern  wie  in  einem  Ameisenhügel ,  den  man  aufgescharrt,  nach 
allen  Richtungen  hin  wirr  durcheinander  lief.  Damals  überraschte 
mich  die  Erscheinung,  später  that  sie  das  nicht  mehr;  nachdem  ich 
nämlich  die  unglaubliche  Individuenmenge  aus  andern  ,  sonst  mehr 
vereinzelt  auftretenden  Insektenorduungen  kennen  gelernt,  welche 
die  Tropensonne  auszubrüten  imstande  ist,  gab  es  für  mich  in 
diesem  Sinne  kein  »zu  viel«  mehr.  Skertchly,  ein  vorzüglicher 
Tierbeobachter,  der  schon  seit  Jahren  auf  der  malayischen  Insel 
Borneo  weilt,  sagt  in  einem  jüngst  erschienenen**)  Aufsatze  über  die 
Feinde  der  Schmetterlinge,  daß  die  dortigen  Ameisen,  nach  England 
versetzt,  innerhalb  eines  Jahres  die  brittische  Insektenfauna  ver¬ 
nichtet  haben  würden! 

Gehen  wir  zu  anderu  Familien  dieser  Ordnung  über.  Au  den 
mächtigen  überhängenden  Felsen  der  Serra  do  Mar  entsinne  ich 
mich,  keine  Vertiefung  gesehen  zu  haben,  in  der  nicht  einige 
Wespen  ihre  künstlichen  Nester  angelegt  hatten.  Auf  dem  Raum, 
welcher  der  Decke  eines  mäßig  großen  Zimmers  entspricht,  ver¬ 
mochte  ich  siebzehn  Wespennester  zu  zählen,  die  verschiedenen 
Arten  der  Gattungen  Eumenes  und  Pollistes  augehörteu.  Selbst  die 
riesigen  blauen  »Maribondos«  der  Brasilianer  (Priocnemiden  von 
über  Hornissengröße)  sind  dort  nicht  seltener  als  hier  die  kleinen 
Wegwespen,  etwa  Cerceris  oder  Ammophila;  sie  jagen  über  zoll¬ 
lange  Spinnen,  die  sie  beim  Passieren  lichter  Stellen  überfallen, 
durch  einen  Stich  lähmeu  und  zur  Nahrung  für  ihre  Brut  ver¬ 
scharren.  Ja,  die  großen  Euineuiden  verschonen  selbst  die  Woh¬ 
nungen  der  Menschen  nicht,  und  in  den  niederen  Hütten  der 


*)  Prov.  Säo  Paulo. 

**)  Armais  and  Magazine  of  Natur.  Hist.  6.  Ser.  1889  No.  18  p.  483. 


43 


»glücklichen,  freien«  Brasilneger  sieht  man  allenthalben  ihre  gestielten, 
birnengleiehen  Häuschen  hängen. 

O  c 

Was  die  zweite  Ordnung  der  Insekten,  die  Schmetterlinge, 
betrifft ,  so  glaube  ich  nicht ,  daß  jemand  die  Individuenzahl  der 
arktischen  Regionen  mit  tropischen  Gebieten  vergleichen  wollte. 
Es  ist  richtig,  daß  gewisse  Argynnis-  und  Erebia  -  Arten,  da  sie  im 
Norden  des  kurzen  Sommers  wegen  sich  alle  gleichzeitig  entwickeln, 
ferner  alle  zu  gleicher  Tageszeit  fliegen  müssen  und  überdies  bei 
der  dürftigen  Vegetation  nordischer  Gefilde  für  den  Besucher 

c3  O 

beständig  sichtbar  sind,  in  größerer  Anzahl  auftreten  als  etwa  bei 
uns  in  Süddeutschland,  wo  sich  die  Flugzeit  der  einzelnen  Arten 
oft  über  Monate  hinausdehnt  und  unsere  Schmetterlings  weit  den 
ganzen  Sommer  hindurch  mehr  ein  buntes  Durcheinander  von  ver¬ 
schiedenfarbigen  Arten  darstellt. 

Ein  Punkt  verdient  allerdings  hier  erwähnt  zu  werden.  Es  ist 
dies  die  vorübergehende  übermäßige  Vermehrung  gewisser  Schmetter¬ 
lingsarten  ,  welche  unsern  Wäldern  in  gewissen  Jahren  gewaltig 
Eintrag  thun.  Aus  Preußen  wurden  gewaltige  Schäden  durch 
Tannenglucken*)  und  Nonnen**)  berichtet.  Die  verwesenden  Leichen 
der  ersteren  lagen  zuweilen  so  hoch,  daß  die  verpestete  Luft  Seuchen 
erzeugte.  Werneburg***)  meint  sogar,  daß  die  faulenden  Raupen¬ 
kadaver  bei  eiuem  Fräße  eine  ganz  vorzügliche  Bodendüngung  aus¬ 
machten,  wie  sie  auf  eine  andere  Weise  nicht  zu  bewerkstelligen 
wäre.  Dies  deutet  allerdings  auf  eine  ungeheure  Entwickelung  von 
Individuen.  Dabei  darf  aber  nicht  vergessen  werden,  daß  solche 
Fraßschäden  Kunstprodukte  des  Menschen  sind,  die  in 
erster  Instanz  ihre  Wurzel  in  den  Regeln  der  rationellen  Auf¬ 
forstung  nutzbringender  Bestände  haben.  Das  Entfernen  des  Unter¬ 
holzes,  die  übersichtliche  Reihenstellung  der  Waldbäume  macht  es 
den  raupenfressenden  Vögeln  ungemütlich  im  Walde;  die  Hecken, 
die  ihnen  früher  Schlupfwinkel  vor  Raubvögeln  und  gesicherte 
Plätzchen  für  den  Nestbau  boten f),  verschwinden  mehr  und  mehr. 
Das  Fehlen  der  weniger  leicht  kontrollierbaren  Mischbestände 
begünstigt  das  Massenauftreten  vieler  Schmetterlingsarten  ganz 
außerordentlich  und  so  werden  mehr  und  mehr  Verhältnisse  geschaffen 
durch  den  Menschengeist,  derentwegen  die  Natur  augeklagt  wird. 

*)  Lasiocampa  pini. 

**)  Psilura  monacha. 

***)  Der  Schmetterling  und  sein  Leben.  Berlin,  1874  p.  7.  ff. 

t)  Vgl.  Rössler,  die  Schuppenflügler  der  Umgegend  vom  Wiesbaden. 
Jahrb.  d.  Nassau.  Ver.  f.  Naturk.  83  und  34. 


44 


Es  ist  nacbgewiesen ,  daß  eine  kleine  Motte  in  manchen  Gegenden 
den  Weinbergen  empfindlichen  Schaden  zugefügt  hat,  nur  darum, 
weil  man  ihre  ursprüngliche  Futterpflanze  ( Clematis  vitalba )  aus¬ 
gerottet  hatte.  —  Solche  Fraßsehäden  sind  also  in  erster  Linie  eine 
Folge  der  Kultur,  nicht  aber  ein  Ergebnis  einer  größeren  Produktions¬ 
fähigkeit  des  Nordens.  Überdies  ist  die  Entwickelung  einer  so  großen 
Individuen masse  nicht  etwa  eine  Eigentümlichkeit  des  gemäßigten 
Klima’s;  mau  braucht  nur  an  die  Verwüstungen  zu  denken,  welche  schon 
im  heißen  Amerika  der  »Cotton -Worm«*)  in  den  Baumwollenpflan¬ 
zungen,  der  » Army-Worm**)«  am  Getreide  etc.  angerichtet  haben. 

Vor  allem  darf  man  nicht  vergessen,  daß  die  Entwickelung 
einer  Art  bis  zu  verheerender  Menge  im  Norden  nicht  etwa  jedes 
Jahr  vorkommt,  sondern  ein  glücklicherweise  im  ganzen  seltenes  und 
außerdem  gewöhnlich  auf  umschriebene  Bezirke  beschränktes  Ereignis  ist. 

Wie  stehen  nun  einem  solchen  Reichtum  an  Exemplaren  die 
Tropeo  gegenüber? 

Da  wo  die  Vegetation  zwischen  den  Wendekreisen  die  Erde 
mit  ihrem  dichten,  von  Lianen  durchzogenen  Filz  überzieht,  ist 
keine  Möglichkeit,  direkte  Beobachtungen  anzustellen.  Ein  »Spazieren¬ 
gehen«  ist  im  Urwald  undenkbar.  Der  Naturforscher  ist  somit 
gezwungen,  von  den  Punkten,  wo  ein  durch  den  Wald  gebahnter 
Weg,  eine  durch  einen  gestürzten  Baumriesen  enstandene  Lücke  den 
Zugaug  ermöglicht,  auf  die  Fülle  des  in  jenen  undurchdringlichen 
Wäldern  keimenden  Lebens  zu  schließen.  An  solchen  Plätzen  sah 
ich  oft  niedere  Büsche,  welche  in  Blüte  standen,  derart  mit  Schmetter¬ 
lingen  —  ich  rede  hier  zunächst  nur  von  bunten  und  in  die  Augen 
fallenden  Tagfaltern  —  übersät,  dass  ich  zuweilen  auf  einem  Blüten¬ 
strauß  bis  zu  einem  halben  Dutzend ,  und  bis  über  100  zählen 
konnte,  welche  sich  um  einen  blühenden  Baum  scharten.  Ich 
schätze  allein  die  Hesperiden  in  Brasilien  ihrer  Individuenzahl  nach 
höher,  als  alle  anderen  Tagschmetterlinge  der  beiden  gemäßigten 
und  polaren  Zonen  zusammengenommeu ,  und  ich  bin  überzeugt, 
daß  mir  jeder  Naturforscher,  der  dort  und  auch  an  andern  Punkten 
unserer  Erde  gesammelt  hat,  beistimmen  wird.  Was  die  Zahl  der 
Arten  betrifft,  so  sei  hier  uur  beiläufig  erwähnt,  daß  die  neo¬ 
tropische  Fauna***)  mehr  Schmetterlingsformen  aufzuweisen  hat  als 

*)  Aletia  argillaeea. 

**)  Leucania  unipuncta.  Vgl.  Fourth  Report  of  the  United  States  Ento- 
mological  Commission,  Chap.  VII,  p.  81,  p.  350  etc. 

***)  Im  Wallace’schen  Sinne:  also  Süd-,  Central  -  America  und  Mexico 
umfassend. 


die  ganze  übrige  Erde.  Bemerken  will  ich  hierbei,  daß  es  Schmetter¬ 
linge,  die  so  häufig  sind,  wie  z.  B.  die  südamerikanischen  laug¬ 
geschwänzten  Dickköpfe*)  anderwärts  —  natürlich  abgesehen  von 
den  obenerwähnten  Fraßjahren  —  gar  nicht  gibt.  In  Säo  Paulo 
vermochte  ich  bei  schönem  Wetter  zuweilen  mit  einem  Blick  fünfzig 
und  mehr  Stücke  davon  zu  überzählen  (also  unser  Kohlweißling  ist 
dagegen  selten).  Weiter  nach  Süden  hin  werden  sie  immer  seltner; 
in  Rio  Grande  sieht  man  sie  nur  noch  vereinzelt,  und  in  Buenos 
Aires  fing  ich  einmal  in  8  Tagen  nur  zwei  Stück. 

Alan  möchte  vielleicht  glauben,  daß  Brasilien  —  als  das  geseg¬ 
netste  Scbmetterlingsland  —  allein  imstande  sei,  solche  Milliarden 
fliegender  Blüten  zu  produzieren.  Dies  wäre  ein  durchaus  irriger 
Schluß.  Es  war  im  August  oder  September  des  Jahres  1887,  als 
ich  auf  der  Insel  Ceylon  im  indischen  Ozean  Gelegenheit  hatte,  die 
vielfach  erwähnten  Schinetterlingsschwärme  wahrzunehmen,  die  nach 
der  Versicherung  der  Bewohner  jener  Insel  sich  alljährlich  wieder¬ 
holen  sollen.  Tausende  und  aber  Tauseude  von  Schmetterlingen 
bewegten  sich  in  Gruppen  oder  einzeln,  zuweilen  gleich  Bändern 
hintereinander  fliegend  längs  der  Küste.  Sie  gehörten  uicht  einer 
Species  allein  au ;  auch  schlossen  sich  ihnen  einige  buntgefärbte 
Libellen  au.  Alle  flogen  sie  nach  der  nämlichen  Richtung. 

Es  sind  aber  nicht  allein  die  mit  einer  üppigen  Vegetation 
versehenen  Länder,  in  denen  wir  solche  Fülle  von  Leben  antreffen, 
sondern  sogar  durchaus  wasserarme  Gegeuden  der  Tropen  vermögen 
eine  staunenswerte  Zahl  beschwiugter  Kinder  zu  ernähren.  An 
anderer  Stelle**)  habe  ich  dargethan,  daß  die  Sahara  keineswegs  so 
tot  ist,  als  man  sich  dies  in  der  Regel  denkt;  ich  fing  dort  oft 
Schmetterlinge,  in  denen  ich  sogar  vielfach  liebe  Bekannte  aus  der 
Heimat  begrüßte***).  Im  südlichen  Arabien  sah  ich  an  Stellen,  wo 
nur  eine  trockene  Pflanzenart  in  niederen  Büschen  ihr  kümmerliches 
Dasein  fristete,  ein  niedliches  Citronenvögelchen  ( Idmais  pleione)  in 
zahlloser  Menge  diese  dürftigen  Sträucher  umflattern  und  die  Räder, 
welche  eine  darin  wohnende  Spinne  aufgespaunt  hatte,  enthielten 
Dutzende  von  Leichen  jener  kleinen  Näscher,  auf  deren  Blut  die 
Spinne  wahrscheinlich  allein  angewiesen  ist.  (Schluß'  folgt-.) 

*)  Arten  der  Gattung  Goniuris  (Thymele). 

**)  Thierleben  in  der  Wüste.  Gäa,  1888  p.  516. 

***)  Pyr.  cardui,  Col.  edusa,  Däop.  pulchella,  Sphinx  convolvuli,  celerio, 
stellatarum  etc.  etc. 


46 


Das  gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner. 

Von  Dr.  Emil  Buck. 

(Fortsetzung.) 

II.  Die  Pflanzen  des  Beckenaquariums. 

1.  Die  Wasserpflanzen. 

Eine  nähere  Beschreibung  meiner  sämtlichen  Aquarienpflauzen 
hier  zu  geben,  sei  mir  erlassen,  da  in  zahlreichen  Schriften  darüber 
Genaueres  zu  lesen  ist. 

Wegen  ihrer  Wichtigkeit  für  das  Aquarium  stelle  ich  die 
Algen  obenan.  Steht  das  Becken  nicht  unmittelbar  am  Fenster,  so 
können  sich  die  Algen  niemals  entwickeln,  denn  sie  brauchen  das 
direkte  Sonnenlicht  für  ihr  freudiges  Gedeihen.  Ehe  man  viele 
Wasserschnecken  in  das  neu  angefertigte  und  zuvor  gehörig  ausge¬ 
laugte  Becken  einsetzt,  sorge  man  für  die  Algen.  Erst  wenn  diese 
sich  zu  vermehren  beginnen  und  die  unter  das  Wasser  getauchten 
Felspavtien  mit  ihrem  leuchtenden  Grün  zu  verzieren  anfangen, 
kann  man  eine  kleine  Anzahl  obiger  Weichtiere  eiubürgern.  Die 
Algen  vermehren  sich  außer  durch  Teilung  auch  durch  unzählige 
Sporen,  deren  Entstehung  und  Formen  ungemein  mannigfaltig  sind. 
Es  ist  daher  hochinteressant,  diese  niederen  Gewächse  mit  einem 
guten  Mikroskope  zu  studieren.  Teils  sind  die  Algensporen  durch 
Flimmerhaare  in  Stand  gesetzt,  kurze  Zeit  im  Wasser  zu  schwimmen, 
teils  sind  sie  ganz  ohne  Bewegung.  Es  gibt  aber  auch  Algen, 
welche  während  ihrer  gauzen  Lebensdauer  laugsam  fortgleiten  oder 
wenigstens  pendelartige  Schwingungen  vollführen.  Um  die  Algen 
und  Moose  bestimmen  zu  können,  ist  es  empfehlenswert,  sich  das 
Werk  von  Dr.  L.  Rabenhorst  »Kryptogameuflora«,  Leipzig,  Ver¬ 
lag  von  Ed.  Kummer,  anzuschaffen. 

Aus  der  großen  Zahl  der  Fadenalgen  habe  ich  nur  eine  Clado- 
phora  eingebürgert  und  zwar  die  schöne  Cl.  linoides.  Die  Glieder¬ 
fäden  der  Cladophoren  sind  durch  Sprossung  ästig;  die  Aste  stehen 
entweder  paarweise  sich  gegenüber  oder  treten  zerstreut  aus  dem 
Stammfaden  hervor.  Die  Fortpflanzung  geschieht  durch  Schwärm- 
sporen,  welche  sich  in  der  Endzeile  oder  zugleich  auch  in  der 
vorletzten  massenhaft  erzeugen,  die  Zelle  am  oberen  Ende  seitlich 
durchbrechen  und  mit  2  oder  4  Flimmerfäden  versehen  sind.  (Siehe 
Rabenhorst). 


47 


Die  Gl.  linoides  wird  2 — 3  Fuß,  im  Aquarium  meist  nur  1  Fuß 
lang,  ihre  Färbuug  ist  ein  prächtiges  Dunkelgrün.  Die  Zweige  sind 
nur  sparsam  vorhanden  und  meist  ganz  kurz.  Sie  wachsen,  dichte 
Büschel  bildend,  au  den  Bimsstein-  oder  Kalksinter  -  Vorsprüngen 
des  Bassins  uächst  der  Oberfläche  des  Wassers.  Da  aber  die  sehr 
widerstandsfähigen  und  zähen  E^äden  sich  miteinander  verfilzen  und 
deshalb  nur  4 — 6  cm  weit  in  das  Wasser  ragen,  so  bilden  sie,  wie 
schon  gesagt  wurde,  ausgezeichnete  Verstecke  für  die  kleineren 
W^assertiere.  Vor  einem  Jahre  legte  ich  auf  den  Schlamm  des 
Aquariums  einen  derartigen  Algenbüschel,  der  sich  seitdem  zu  einer 
niedrigen  tief  dunkelgrünen  Matte  entwickelt  hat,  deren  größere 
Ausbreitung  ich  von  Zeit  zu  Zeit  einschränke. 

Die  Algenfäden  sind  praktisch  zu  verwenden,  wenn  die  Borsten¬ 
binsen  mehr  als  nötig  Überhängen.  Wenn  man  einen  Algenfaden  um 

o  ci  o 

die  Binsen büschel  und  andere  Pflänzchen  wiudet,  so  bleiben  sie  gerade, 
als  ob  sie  mit  Spinuenfäden  umwunden  wären.  Nur  an  den  stark 
beschatteten  inneren  Wandungen  des  Beckens  haben  sich  auch  die 
kieselgepanzerten  Diatomeen  angesiedelt. 

Regelmäßig  zur  Winterszeit  treten  auf  den  feuchtesten  Ufer¬ 
stellen  blaugrüne  Oscillarien  auf,  nachdem  die  Kalklebermoose  ihre 
Früchte  gebildet  haben  und  absterben.  Die  Oscillarien  sind  niedere 
Algen,  welche  in  ihrer  Fortpflanzung  manches  Gemeinsame  mit  den 
Bakterien  haben.  Sie  ernähren  sich  von  organischen  Resten,  können 
vor-  und  rückwärts  kriechen  und  peudelförmige  Bewegungen  aus¬ 
führen,  ferner  riechen  sie  stark  nach  Moder  und  sind  unliebsame 
Gäste  im  Aquarium.  Ein  Nichtkenner  würde  die  Pflänzchen  unter 
dem  Mikroskope  für  Würmer  halten.  —  Wenn  im  Februar  die 
Moossporen  sich  rasch  zu  Lebermoosen  entwickeln  und  das  Ufer 
überziehen,  dann  verschwinden  wieder  spurlos  die  Oscillarien.  Eine 
große  Auzahl  von  Tieren  ernährt  sich  manchmal  ausschließlich 
von  Algen.  — 

Im  Wasser  werden  sie  von  allen  Wassersch necken  verzehrt,  aber 
auch  die  Larven  der  Eintags-  und  Köcherfliegen,  sowie  die  Asseln, 
Flohkrebse,  Cypriden,  Daphniden,  Cyclopeu,  kleine  Wasserkäfer, 
Muscheln,  Schlamm würmer,  Rädertiere,  Wurzelfüßler  und  Infusorien 
leben  vou  den  Algen  oder  deren  Sporen.  Auf  dem  Ufer  werden 
die  Algen  von  Wasser-  und  Erdflöhen  (Springschwänzen),  Schnecken, 
Regenwürmern,  kleinen  schwarzen  Mooskäferchen  und  Landasseln 
ab^eweidet.  Nur  au  die  Oscillarien  gehen  keine  anderen  Tiere  als 
die  Cypridenkrebschen. 


48 


Mehr  zur  Zierde  als  wegen  ihrer  Nützlichkeit  halte  ich  im 
Aquarium  in  geringer  Zahl  Hornkraut  und  Tausendblatt,  die  leuch¬ 
tend  grüne  lange  Ranken  getrieben  haben;  ferner  den  Frosch¬ 
biß  und  die  untergetauchte  Wasserlinse,  Lemna  trisulca.  Man 
muß  im  Aquarium  einen  großen  freien  Raum  zur  ungehinderten 
Bewegung  der  Wassertiere  lassen.  Wenn  zu  viele  Pflanzen  darin 
sind,  kann  der  Luftstrom  nicht  das  Wasser  in  Strömung  bringen. 
Die  auf  dem  Wasser  schwimmenden  Wasserlinsen  müssen  sorgsam 
gemieden  werden,  weil  sie  bei  ihrem  raschen  Wachstum  bald  das 
Wasser  vollständig  bedecken  würden.  Einmal  in  das  Beckeuaquarium 
gebracht,  hält  es  schwer,  sie  wieder  daraus  zu  entfernen,  indem  ihre 
Wurzeln  sich  mit  den  Algen  und  Ufermoosen  verflechten.  Mittels 
eines  gewöhnlichen  Kammes  vermag  man  noch  am  leichtesten  die 
Wasserlinsen  zu  erfassen.  Die  Lemna  trisulca  bietet  fast  ebenso 
wie  die  Algen  den  kleinen  Wassertieren  gute  Schlupfwinkel,  aber 
eine  Futterpflanze  ist  sie  nicht.  Neuerdings  bin  ich  durch  die  Güte 
des  Herrn  Hofapothekers  Jack  in  den  Besitz  der  interessanten 
Salvinia  natans  —  eines  Wasserfarn,  gekommen. 

Die  Vallisneria  spiralis  und  die  Wasserpest  sind  früher  im 
Aquarium  zu  stark  gewachsen,  weshalb  ich  sie  daraus  entfernte. 
Dagegen  wollten  die  Arnileuchtergewächse  seither  nicht  gedeihen. 
Verschiedene  schön  geformte  wasserbewohnende  Astmoose  eignen 
sich  in  Ermangelung  der  Algen  als  sicherer  Unterschlupf  für  kleine 
Tiere,  so  z.  B.  das  flutende  Astmoos,  Hypnum  fluitans  Ls. 

2.  Die  Uferpflanzen. 

Als  Hauptzierde  des  Ufers  dient  die  hängende  Borsten¬ 
binse,  Isolepis  gracilis  (Saviana),  welche  bei  jedem  Handelsgärtner 
zu  haben  ist.  Da  sie  aber  das  Verpflanzen  auf  das  Becken  nur 
selten  verträgt,  so  bezieht  man  am  besten  nur  die  Samen,  welche 
man  auf  die  feuchten  Uferstellen  aussät.  Wenn  im  Herbst  viele 
andere  Pflanzen  ihre  Blätter  verlieren,  prangt  sie  den  Winter  über 
in  herrlich  glänzendem  Dunkelgrün.  Dabei  zeichnet  sie  sich  durch 
den  graziösen  Schwung  ihrer  nach  allen  Seiten  sich  umbiegenden 
dünnen  Halme  aus,  welche  einen  dichten  Busch  bilden.  Auf  dem 
Aquarium  wird  diese  Pflanze  weit  kräftiger  als  in  den  Warmhäusern, 
denn  hier  läßt  sie  die  meist  überlangen  Halme  kraftlos  hängen, 
wodurch  sie  auch  den  Namen  Frauenhaar  erhalten  hat.  Die  Binse 
im  Becken  aber  hat  bedeutend  kürzere  und  nicht  matt  abwärts 


49 


hängende  Halme.  Auf  kalkhaltigem  Boden  scheint  sie  am  besten 
zu  gedeihen. 

Mit  der  genannten  Binse  um  den  Preis  der  Schönheit  wett¬ 
eifernd  ist  das  Sumpflabkraut,  Galium  palustre ,  welches  an 
Wiesengräben  so  häufig  vorkommt,  wenn  in  der  Nähe  befindliche 
Bäume  ihm  genügend  Schatten  spenden.  Der  kriechende  Stengel 
treibt  zahllose  nach  aufwärts  strebende  Zweige,  welche  wie  der  erstere 
mit  hellgrünen  quirlständigen  vier,  seltner  sechs  Blättchen  besetzt 
sind,  die  zugleich  als  Haftorgaue  dienen,  wenn  sich  das  Labkraut 
an  andere  Pflanzen  oder  au  Steine  anlehnt.  Das  Labkraut  und  die 

Binsen  liegen  seit  Jahren  miteinander  im  Kampfe. 

•  • 

Uber  dem  Rande  des  Bassins  hängen  dichte  Ranken,  welche 
sich  an  den  Binsenhalmen  und  hängenden  Gräsern  festhalten.  Nach 
der  Innenseite  des  Beckens,  also  dem  Wasser  zu,  dehnen  sie  sich 
nicht  so  stark  aus  und  nur  einzelne  kurze  Zweige  ragen  in  das 
Wasser  hinein.  Im  Schutze  des  Labkrautes  gedeihen  um  so  üppiger 
die  Lebermoose,  von  welchen  ich  später  erzählen  werde. 

Gibt  man  dem  Labkraut  nur  wenig  Erde,  so  erreicht  es  nur 
die  halbe  Größe  wie  draußen  in  der  Natur,  es  ist  aber  dann  auch 
um  so  zierlicher.  Als  schattenliebendes  Gewächs  muß  es  vor  den 
Sonnenstrahlen  geschützt  werden.  Im  Winter  geht  es  nur  um  ein 
weniges  zurück  und  im  Februar  bilden  sich  neue  Astknospen,  wäh¬ 
rend  der  alte  Stengel  zu  Grunde  geht. 

Eine  sehr  nützliche  und  daukbare  Pflanze  ist  das  Wiesen¬ 
schaumkraut  (Wiesenkresse),  Cardamine  pratensis.  Junge 
Exemplare  setzt  man  in  Wiesenerde  2  —  3  cm  über  dem  Wasser¬ 
spiegel  ein.  In  ununterbrochener  Folge,  mit  Ausnahme  der  Blütezeit, 
entstehen  neue  kräftige  gefiederte  Blätter,  während  die  alten  ab¬ 
sterben.  —  Die  abgestorbenen  Blätter  schneide  ich  ab  und  werfe  sie, 
als  vorzügliches  Futter  für  die  von  verweseuden  Stoffen  lebenden 
Tiere,  entweder  in  das  Wasser  oder  auf  die  feuchte  Erde  des  Ufers. 
Im  Winter,  während  dem  man  keinen  faulenden  Salat  zur  Verfügung 
hat,  ist  das  Wiesenschaumkraut  ein  wertvoller  Ersatz  für  denselben. 
Jeden  Herbst  sorge  ich  mir  für  einen  Vorrat  getrockneten  Kopf¬ 
salates,  der,  im  Wasser  aufgeweicht,  sehr  gerne  gefressen  wird. 

Bereits  gegen  Ende  Februar  beginnt  die  Pflanze  sehr  kräftige 

Blütenstiele  zu  treiben,  aus  welchen  die  blaßrosa  gefärbten  Blüten 

massenhaft  hervorbrechen.  Dessenungeachtet  wachsen  die  Blüten- 

•• 

stiele  immer  weiter,  mehrere  Fuß  hoch  aufwärts  und  bilden  Aste, 
an  welchen  wiederum  eine  Menge  der  zierlichsten  Blüten  zu  Tage 

Zoolog1.  Gart.  XXXI.  Jalirg1.  1890.  4 


50 


treten.  So  geht  es  ununterbrochen  fort  bis  gegen  Mitte  Juli.  Aber 
schon  Ende  Juni  können  wieder  die  gefiederten  Wurzelblätter,  deren 
Entwicklung  unterdessen  nur  sehr  kümmerlich  war,  sich  kräftig 
entfalten.  Inzwischen  haben  sich  durch  Sprossung  au  den  Blüten¬ 
stielen  junge  Pflänzchen  mit  Wurzeln  gebildet.  Samen  habe  ich 
keinen  erhalten.  Nächst  dem  Fenster  hat  die  Wieseukresse  ihren 
besten  Stand. 

Aus  der  großen  Familie  der  Gräser  können  mehrere,  die  Feuch¬ 
tigkeit  liebende  Vertreter  für  das  Aquariumufer  verwertet  werden. 
Ihre  Ausläufer  hängen  sich  bald  über  die  äußere  Beckenwand  bis 
zum  Fußboden  hinab,  verwelken  aber  leider  im  Herbste,  um  erst 
wieder  im  folgenden  Frühjahre  zu  erscheinen,  insofern  die  Gräser 
ausdauernd  sind.  *) 

Ohne  mein  Zuthun  hat  sich  auch  eine  niedliche  Vogelwicke 
üppig  entfaltet. 

Schade,  daß  das  so  reizende  Mauer-Löwenmaul,  Linaria  Cym- 
balaria ,  wegen  seiner  übergroßen  Wucherung  nicht  verwendet  werden 
kann,  wenn  nebenbei  die  bereits  erwähnten  zarten  Gewächse  ge¬ 
deihen  sollen.  Ungeachtet  aller  Pflege  sind  mir  immer  die  schönen 
Mauerfarne  wie  z.  B.  Asplenium  Trichomanes  Ls.  und  die  Mauer¬ 
raute,  Aspl.  Buta  muraria,  eingegangen,  wohl  nur  infolge  der  allzu¬ 
großen  Feuchtigkeit  des  Kalksinters  auf  dem  Ufer. 

Die  zierlichsten  aller  für  das  unbewaffnete  Auge  sichtbaren 
grünen  Gewächse  sind  unstreitig  die  Laub-  und  Lebermoose. 
Sie  bilden  den  schönsten  Schmuck  murmelnder  Quellen,  sie  beleben 
das  melancholische  Torfmoor  durch  ihr  freundliches  Grün,  hüllen 
den  dunklen  Waldboden  durch  ihre  schwellenden  Polster  ein  und 
schmiegen  sich  den  härtesten  Gesteinen  an,  indem  sie  hier  nur  vom 
nächtlichen  Tau  ihr  Leben  dürftig  fristen.  Ihre  Formen  sind  durch¬ 
weg  edel  und  erinnern  oft  an  die  der  Nadelhölzer,  Palmen  und 
Farnkräuter.  Gerade  die  schönsten  Arten  der  Laubmoose  sind 
wir  nicht  so  glücklich  im  Zimmer  kultivieren  zu  können,  wir  ver¬ 
mögen  nicht,  ihnen  den  Grad  der  Feuchtigkeit,  welchen  sie  verlangen, 
zu  geben  trotz  unserer  besten  Vorrichtungen,  denn  entweder  werden 
sie  durch  Schimmelpilze  oder  durch  zu  große  Trockenheit  ver¬ 
nichtet,  und  man  kann  froh  sein,  sie  nur  wenige  Monate  am  Leben 
zu  erhalten.  Infolge  meiner  vieljährigen  mißglückten  Versuche 
habe  ich  mich  nur  auf  solche  Laubmoose  beschränkt,  welche  auf 


*)  .Diesen  Winter  sind  sämtliche  Gräser  grün  gebieben. 


51 


feuchten  Wiesen  wachsen.  Mauer-  oder  dächerbewohnende  Arten 
halten  sich  kümmerlich  Jahre  laug  auf  den  trockenen  Stellen  des 
Beckens,  entarten  aber  gern. 

Tn  meinem  Aquarium  wachsen  seit  drei  Jahren  spitzästige  Ast¬ 
moose,  au  den  feuchtesten  Stellen  dicht  über  dem  Wasserspiegel 
auf  Bimsstein  und  Kalksinter.  Ich  besitze  nur  eine  Art,  nämlich 
das  glänzende  Astmoos,  Hypnum  nitens  (Schreb).  Die  Blättchen 

laufen  in  eine  Spitze  aus.  Der  Stengel  ist  starr  aufrecht,  fast 

•• 

stachelspitzig,  ebenso  erscheinen  die  Aste,  welche  vom  Stengel  ab¬ 
stehen  und  gekrümmt  sind. 

So  gestaltet  sind  diese  Moose  aber  nur  auf  den  sumpfigen, 
schwammigen  Wiesen.  Dagegen  erhalten  sie  im  Aquarium  bald 
ein  anderes  Aussehen,  denn  der  Stengel  ist  dann  nicht  mehr  auf¬ 
recht  stehend  sondern  liegend ,  er  verliert  seine  scharfe  Spitze,  des¬ 
gleichen  die  Äste  die  ihrige.  Nur  die  Blätter  behalten  ihre  Form 
bei,  was  auch  für  die  glänzend  grüne  Färbung  zutrifft.  Von  den 
auf  dem  Bimsstein  wachsenden  Moosen  haben  sich  mit  der  Zeit  Aus¬ 
läufer  des  Stengels  auf  den  Wasserspiegel  innerhalb  einer  kleinen 
Ausbuchtung  flach  ausgebreitet  und  bilden  hier  eine  prachtvolle 
Moosdecke,  zwischen  welcher  sich  zahllose  kleine  Tiere  umhertummeln. 

Mit  Torfmoosen  habe  ich  noch  keine  Versuche  angestellt. 

Ein  überaus  zierliches,  hellgrünes  Lebermoos  ist  Pellia  calycina 
(Tagl.),  welches  alle,  von  sonstigen  Pflanzen  freie  Stellen  des  Aqua¬ 
rium-Ufers  seit  drei  Jahren  überzieht.  In  veränderter  Form  lebt 
es  auch  im  Wasser,  und  aus  dem  letzteren  auf  das  Land  versetzt 
gewinnt  es  wieder  die  gewöhnliche  Gestalt.  Dieser  Formen-Reichtum 
gab  früher  die  Veranlassung,  mehrere  Arten  davon  aufzustellen,  welche 
aber  meist  Varietäten  des  genannten  Lebermooses  sind.  Außer  diesem 
Pflänzchen  gibt  es  in  Baden  nach  J.  B.  Jack*)  nur  noch  die 
Pellia  epiphylla  Dillen. 

Mein  sehr  verehrter  Freund ,  Herr  Hofapotheker  Jack  in 
Konstanz,  hatte  die  Güte,  mein  Moos  zu  bestimmen.  Für  die  weitere 
Umgebung  von  Frankfurt  a.  M.  dürften  die  folgenden  Fundorte  ge¬ 
nügen  :  Im  Neckarauerwald  bei  Mannheim  und  am  Heidelberger 
Schloß.  Im  Molassegebiet  des  Bodensees  ist  das  Moos  überall  ver¬ 
breitet.  Pellia  epiphylla  findet  sich  beim  Wolfsbrunneu  nächst 
Heidelberg  und  nach  Senn  holz  im  Taunus.  —  Meine  Moose  stammeu 
von  den  feuchten  Molassesandfelsen  in  den  Stadtgräben  von  Ueber- 

*)  Die  Lebermoose  Badens. — Berichte  der  naturforschenden  Gesellschaft 
zu  Freiburg  i.  Br.  1870. 


52 


fingen  am  Bodensee,  welche  von  kalkhaltigem  Wasser  überrieselt 
werden.  Ich  habe  noch  kein  anderes  Lebermoos  finden  können, 
welches  sich  so  gut  für  jedes  Aquarium  eignet  wie  dieses.  Außer 
an  Felsen  wächst  das  Pflänzchen  auch  an  schattigen  Wiesen-  und 
Waldgräben  und  den  nassen  Erdabhängen.  Es  ändert  nach  dem 

Standorte  die  Farbe,  welche  im  Schatten  grün,  an  sonnigen  Stellen 

♦ 

braun  bis  dunkelbraun  erscheint.  Häufig  ist  es  selbst  rot  gefärbt. 
Am  Ufer  meines  Zimmertümpels  oder  draußen  am  Ufer  von  Wald¬ 
gräben  u.  s.  w.  entstehen  im  Herbst  in  das  Wasser  ragende  gablig 
sprossende  Fortsätze,  weiche  sich  später  vom  Moospolster  ablösen 
und  auf  den  Grund  des  Wassers  sinken.  Hier  wird  der  Laubkörper 
gekräuselt  und  er  nimmt  oft  recht  sonderbare  Gestaltungen  an,  teils 
röhrig,  teils  kurz  zylindrisch  mit  gabligen  Wucherungen,  die  wieder 
zu  Laubkörpern  auswachsen,  so  daß  schließlich  größere  zusammen¬ 
hängende  Moos-Kolonien  entstehen.  Die  rundlichen,  welligen  und 
am  Rande  oft  ausgebuchteten  blattartigen  Laubkörper  der  Landform 
höhlen  sich  gegen  den  Herbst  hin  mehr  und  mehr  aus,  während 
am  Rande  sich  ein  oder  zwei  Archegonien  (weibliche  Organe)  inner¬ 
halb  einer  becherförmigen  gezähnelten  Hülle  bilden.  Die  männlichen 
Organe  (Antheridien)  sind  auf  der  Oberfläche  des  Laubkörpers  zerstreut. 

Das  Moos  ist  monözisch.  Gegen  den  Spätherbst  hin  nehmen 
die  Moose  eine  braune  Farbe  an,  insofern  sie  sich  auf  dem  Ufer 
befinden,  und  sterben  allmählich  ab.  Nur  die  Wasserform  bleibt 
schön  hellgrün  während  des  Winters  und  gibt  reichlich  Sauerstoff 
an  das  Wasser  ab. 

Es  ist  anzuraten,  die  Landform  vor  den  direkten  Sonnenstrahlen 
zu  schützen,  da  sie  sonst  braun  und  unscheinbar  wird. 

Bei  weitem  nicht  so  zierlich  und  genügsam  wie  Pellia  ist  die 
bedeutend  größere  Marchantia  polymorpha.  Dieselbe  ist  in  ver¬ 
schiedenen  Abarten  vorkommend  leicht  an  ihrem  derben  leder¬ 
artigen,  dem  Boden  aufliegenden  Laubkörper  zu  erkennen,  welcher 
sich  gabelig  teilt  und  auf  seiner  Unterseite  feine  Wurzelhärchen, 
lediglich  Haftorgane,  trägt.  Die  Fortpflanzung  findet  sowohl  auf 
ungeschlechtlichem  als  auch  auf  geschlechtlichem  Wege  statt,  ver¬ 
mittels  fortsatzartiger  Wucherungen  und  Brutknospen,  sowie  durch 
Sporen,  welche  Produkte  geschlechtlicher  Zeugung  sind.  Im  Früh¬ 
jahr  sieht  man  auf  diesem  Lebermoose  eigentümlich  runde,  becher¬ 
förmige  und  am  Rande  gezähnelte  Brutbecher  hervortreten,  in¬ 
mitten  der  Mooslappen.  Solche  Brutbecher  enthalten  die  sog.  Brut¬ 
knospen. 


53 


Andere  Individuen  lassen  aber  gestielte,  strablenartig  augeordnete 
männliche  und  weibliche  Organe  erkennen.  Die  Färbung  des  Laub¬ 
körpers  ist  hell-  bis  dunkelgrün.  Das  Lebermoos  lebt  nur  an  feuchten 
Orten,  z.  B.  au  nassen,  schattigen  Mauern,  an  Bachufern,  wo  es 
noch  vom  Wasser  benetzt  wird,  aber  auch  auf  sumpfigen,  beschatteten 
Stellen.  —  Auf  meinem  Aquariumufer  wächst  das  Moos  nur  im 
Schutze  des  Labkrautes  und  überhängender  Gräser  nahe  dem  Wasser¬ 
spiegel,  ist  aber  sehr  kräftig  entwickelt. 

In  fast  allen  Treibhäusern  kommt  eine  verwandte,  aus  Ober¬ 
italien  eiugeschleppte  Form,  die  Lunularia  vulgaris ,  auf  Blumen¬ 
töpfen  vor,  zuweilen  auch  in  feuchten  schattigen  Gärten;  sie  ver¬ 
mehrt  sich  bei  uns  in  Deutschland  nur  durch  gablige  Wucherungen 
und  Brutknospen.  —  Die  Brutbecher  sind  halbmondförmig,  daher 
der  Name  Lunularia.  Man  thut  gut,  jeden  Herbst  die  Erde  mit 
Vogel-  oder  Taubenmist  zu  düngen.  Man  darf  aber  davon  nur 
ganz  wenig  verwenden  und  zwar  muß  der  Mist  in  Wasser  aufge¬ 
löst  Sein.  (Fortsetzung-  folgt.) 


Beschreibung  einer  neuen  Antilope,  Damalis  hunteri  Sclat. 

Nach  den  Proc.  Z .  S.  1889  Part.  III. 

Von  Dr.  Ernst  SchäfF. 

Eine  neue,  sehr  auffallende  Antilopen-Art  wurde  von  Mr.  Hunter  im 
östlichen  Afrika  in  der  Gegend  des  Tanaflusses  gefunden  und  von  Mr.  Sei  ater 
in  den  Proc.  Zool.  Soc.  beschrieben  und  abgebildet.  Das  Tier  schließt  sich 
äußerlich  dem  Genus  Damalis  an,  speciell  der  Art  Damalis  senegalensis,  dem 
Korrigum  oder  Senegal-Hartebeest.  Die  Schädel-  und  Kopfbildung  dagegen 
erinnert  in  hohem  Grade  an  die  Kuh-Antilopen  ( Alcelaphus ).  Der  Schädel  ist 
sehr  lang  gestreckt  und  schmal,  mit  hoch  hinaufragendem  Stirnteil,  der  zum 
Hinterhaupt  steil  abfällt.  Mr.  Sclater  gibt  folgende  Diagnose  der  neuen  Art: 

»Einfarbig  matt  kastanienbraun,  auf  dem  Rücken  von  etwas  gesättigterem 
Ton;  eine  zwischen  den  Augen  in  nach  unten  offenem  Bogen  verlaufende  Linie 
weiß;  die  Umrandung  der  Augen  und  die  Innenseite  der  Ohren,  ebenso  der 
Schwanz  und  die  Bauchmitte  weiß;  die  Innenseite  der  Beine  heller  als  die 
Gesamtfarbe;  die  Hörner  schwarz,  rund,  stark  geringelt,  nach  außen  und  hinten 
gebogen,  dann  in  fast  paralleler  Richtung  aufsteigend,  die  verjüngten  Spitzen 
schwach  konvergierend.  Schulterhöhe  etwa  48  englische  Zoll,  Körperlänge  eben¬ 
soviel,  Schwanzlänge  15,  Ohrlänge  6,  Profillinie  des  Kopfes  etwa  13,5,  Hörner 
in  gerader  Linie  von  der  Stirn  gemessen  21  englische  Zoll.  Das  Weibchen 
dem  Männchen  ähnlich,  aber  ein  wenig  kleiner  und  mit  dünneren  Hörnern.« 

Die  Hörner  sind  in  den  unteren  zwei  Dritteln  mit  starken  Ringen 
versehen,  welche  besonders  stark  vorn  und  an  den  Seiten  sind,  an  der 


54 


Hinterseite  des  Hornes  aber  schwächer  •  werden.  Gegen  das  Ende  des 
zweiten  Drittels  der  Hornlänge  entfernen  sich  die  Ringe  weiter  voneinander 
und  beschränken  sich  auf  die  Vorderfläche  des  Hornes,  sind  also  hier  mehr 
Querwülste  als  Ringe.  Das  letzte  Drittel  des  Hornes  ist  glatt  und  verjüngt 
sich  allmählich.  Übrigens  konvergieren  die  Spitzen  nicht  immer,  bisweilen 
zeigen  sie  schwache  Divergenz;  es  ist  also  auf  den  Verlauf  der  Hornspitzen 
nicht  viel  zu  geben. 

Mr.  Hunter  traf  die  Antilope  zuerst  150  englische  Meilen  den  Tanafluß 
aufwärts,  besonders  an  dem  nördlichen  Ufer,  wo  sie  in  Rudeln  von  15 — 25 
Stück  auf  den  grasigen  Ebenen  weidete,  doch  auch  in  dornigem  Gebüsch  sich 
aufhielt.  Im  Oktober  uud  November  wurden  Junge  bei  den  Rudeln  bemerkt. 
Die  Tiere  bewegen  sich  auf  der  Flucht  in  einem  schweren,  dem  des  Hartebeests 
ähnlichen  Galopp.  Ihre  Lebenszähigkeit  soll  größer  als  die  anderer  Antilopen 
sein.  Die  Eingeborenen  (Gallas)  nennen  Hunters  Antilope  »Herola«  (nicht 
wie  Sei  ater  in  einer  früheren  Bemerkung  [P.  Z.  S.  1889  Part.  I.  p.  59]  an¬ 
gab  »Haranta«). 

Da  diese  neue  Antilopenart  aus  einem  mit  Europa  uud  speciell  auch  mit 
Deutschland  in  enger  Beziehung  stehenden  Gebiet  stammt,  so  dürfte  die  Mög¬ 
lichkeit  vorhanden  sein,  daß  gelegentlich  Hunters  Antilope  auf  den  Tiermarkt 
kommt,  und  es  dürfte  daher  die  hier  gegebene  Beschreibung  gerechtfertigt 
erscheinen. 


Der  zoologische  Garten  zu  Strassburg. 

Reisebericht  von  Ernst  Friedei  in  Berlin. 


Unter  allen  Städten  des  Elsaß  hat  seit  der  Wiedergewinnung  desselben 
keine  andere  einen  so  außerordentlichen  Aufschwung  genommen  als  die 
Hauptstadt,  das  uraltehrwürdige  Straßburg.  Äußerlich  hat  hierzu  am  meisten 
die  Aufgebung  der  inneren  Festungswerke  und  die  Einbeziehung  des  hier¬ 
durch  gewonnenen  Grund  und  Bodens  in  den  weiteren  städtischen  Bebau¬ 
ungsplan  beigetragen.  So  recht  springt  das  unter  anderem  im  Norden  ins 
Auge,  wo  die  Ländereien  vor  dem  Fischerthor  bis  an  das  vom  Illkanal  nörd¬ 
lich  abgegrenzte  und  die  Orangerie  genannte  Lustwäldchen  sich  mit  Straßen¬ 
zügen  bedecken. 

In  dieser  waldigen  und  buschigen  Gegend,  welche  von  der  Belagerung  im 
Jahre  1870  fast  verschont  geblieben  ist,  hat  sich,  dank  den  Bemühungen  des 
umsichtigen  Herrn  H.  Bi  1  harz,  der  neue  zoologische  Garten  von  Straßburg 
als  ein  Privat-Institut  aufgethan.  Von  der  nach  der  Ruprechtsau  führenden 
Dampfstraßenbahn  ist  der  Garten  noch  immer  10  Minuten  Gehens  entfernt; 
hoffentlich  wird  durch  die  breite  von  hohen  Bäumen  beschattete  Querallee 
dereinst  eine  Zweigbahn  bis  zum  Eingangsgitter  des  Gartens  gelegt  werden. 
Dank  dem  Verständnis,  welches  der  Bürgermeister  Back  dem  verdienstlichen 
Unternehmen  entgegenbringt,  hat  der  Gemeinderat  dem  letzteren  vorläufig 
eine  Jahresbeihiilfe  von  1200  Mark  bis  1891  bewilligt.  *)  Der  Statthalter  Fürst 

*)  Eintritt  50  Pfg.  Einzel-Abonnement  für  1  Jabr  10  M.;  ein  Familien-Abonnement  für 
2  Personen  bezw.  für  die  Kinder  unter  14  Jahren  und  die  Dienstboten  20  M. ;  eine  Beikarte  für 


55 


Hoben  lohe  und  Gemahlin,  sowie  andere  Gönner  haben  dem  Garten  bereits 
Spenden  an  Tieren,  Fütterungsstoffen,  Pflanzen  und  Geld  zugewendet. 

Die  Ausdehnung  des  Gartens  am  südöstlichen  Ende  der  Orangerie  ist 
eine  recht  bedeutende  und  gestattet  noch  eine  erhebliche  Vergrößerung  des 
Tierbestandes,  die  alten  prächtigen  auserlesenen  Bäume,  darunter  mancherlei 
fremdländische,  sind  eine  vortreffliche  Mitgift  für  den  ersteren.  Große  Rasen¬ 
flächen,  bowling-greens,  sorgen  dafür,  daß  dem  für  das  Wohlergehen  der  Tiere 
in  erster  Linie  notwendigen  Sonuenschein  nicht  zu  viel  Abbruch  geschieht  und 
ermöglichen  gleichzeitig  das  Umliertuinmeln  großer  Kinderscharen,  die  wir 
denn  erfreulicher  Weise  auch  im  Garten  antrafen.  Der  Garten  kann  elek¬ 
trisch  beleuchtet  w'erden  ;  in  der  guten  Jahreszeit  findet  zweimal  täglich  Kon¬ 
zert  statt.  Auch  Sonder- Ausstellungen  lassen  sich  gelegentlich  hier  sehen,  so 
im  Juni  1889  die  bekannte  wandernde  Ausstellung  großer  Lurche  und  Kriechtiere. 

Die  Gebäude,  Gehege  und  sonstigen  Ausstattungsgegenstände  sind,  wie 
man  sich  bei  einem  jungen  privaten  Unternehmen  leicht  denken  kann,  einfach, 
vielfach  mit  Latten  und  verzinktem  Eisendraht ,  jedoch  ganz  zweckmäßig 
eingerichtet  und  reinlich  gehalten.  In  der  Mitte  des  Gartens  dient  ein  älteres 
Landhaus  aus  französischer  Zeit  als  Wirtshaus,  davor  ist  eine  geräumige  Ve¬ 
randa  angebaut.  Außerdem  ist  ein  sehr  großes,  dichtes  Zelt  in  der  Nähe  auf¬ 
geschlagen,  worunter  eine  größere  Anzahl  Besucher  Schutz  finden  kann.  Am 
Eingang  begrüßen  uns  lärmende  Papageien,  Kakadu  und  Arra,  rechts 
präsentieren  sich  zunächst  zwei  junge  braune  Bären  ,  Geschenke  der  Gemahlin 
des  Statthalters  Hoh enlohe-Sch illing°sfürst.  Weiterhin  begrüßt  uns  ein 
für  seine  Jugend  schon  recht  gelehrter  indischer  Elefant,  für  den  außer¬ 
dem  noch,  nach  der  Gartenmitte  zu,  eine  Arena  eingerichtet  ist,  wo  er  sich 
unter  anderem  auch  von  Kindern  reiten  läßt. 

Es  folgt  ein  geräumiges  Bauerwerk,  welches  zwei  amerikanische 
Strauße  ( Rhea  americana )  und  einen  Emu  ( Dromaeus  Novae  Hollandiae ) 
beherbergt. 

In  einem  Wasserbecken  haust  ein  fast  schwarzer,  mutmaßlich  männlicher 
Seelöwe,  der,  wie  das  leider  bei  dieser  Art  sehr  üblich  ist,  unaufhörlich  ohren - 
zerreißend  blökte.  In  dem  benachbarten  Weiher  Gänse  und  Enten,  unter 
denen  ich  besondere  Seltenheiten  nicht  aufzufinden  vermochte. 

In  einem  kleinen  Raubtierhaus  war  nach  der  Sonnenseite  ein  schönes 
junges  Löwen  paar  und  daran  anschließend  ein  Paar  junger  brauner  Bären 
(aber  älter  als  die  erwähnten  fürstlichen  Geschenke)  untergebracht.  In  der 
Nähe  zwei  junge  Puma.  In  einem  zu  engen  Käfig  hauste  ein,  anscheinend 
lahmer,  sibirischer  Steppenwolf  mit  einem  auffällig  breiten  Kopfe. 

Es  folgen  zwei  gewöhnliche  Füchse  und,  als  Geschenk  der  Statthalterei, 
ein  ägyptischer  Schakalhund.  Der  Dachs  hatte  ein  zu  knappes  Gelaß. 
Unweit  davon  sind  noch  drei  gemeine  Füchse. 

Ein  älteres  Gartenhaus  ist  zu  einer  Affen  wohn  ung  umgebaut,  in  der 
ich  etwa  ein  Dutzend  Vierhänder  gewöhnlicherer  Art,  türkische  und  Java- 
Affen,  Meerkatzen,  sowie  einen  kleinen  Pavian  bemerkte. 

Erwachsene  und  Familien- Angehörige  desselben  Haushalts  3  M. ;  ein  Monats- Abonnement,  die 
Person  3  M.  —  Kein  gedruckter  Führer.  —  Kurze  Notiz  über  den  Garten  im  Jahrgang 
1888  Seite  280. 


56 


In  einem  unbedeutenden  Kastenaquarium  befand  sieb  ein  ungewöhnlich 
großer  Bullfrosch. 

Die  Saubucht  enthielt  einen  Frischling  vom  Wildschwein,  an  welchem 
die  Streifung  des  Fells  noch  deutlich  wahrnehmbar  war.  Auch  ein  Pekari- 
Schwein  war  vorhanden.  In  Einzel-Käfigen  zeigten  sich  Murmeltier,  Ich¬ 
neumon,  ägyptische  (?)  Frettchen,  Aguti  und  Steinmarder.  Stattliche 
Puten  liefen  in  einem  Gehege  herum.  Auch  war  hier  ein  Vogelhaus  mit 
Klein-Papageien,  Lori  und  Sittichen,  Sperbereule,  Kauz,  Ohreule, 
Mäusebussard,  Ibis,  Tauben  und  Fasanen.  Zwei  Pfauen  saßen  zu¬ 
sammen  mit  Seidenhasen  und  bunten  Me  er  sch  wei  nch  e  n  ;  auch  an  einem 
stattlichen  und  mannigfaltigen  Hühnervolk  gebrach  es  nicht. 

Die  Insel  Ceylon  hatte  zwei  Zeburinder,  die  Schweiz  einen  Dam- 
Schaufler  geliefert.  Ein  Reh  aus  dem  Elsaß,  ein  Mähnenschaf  und  eine 
arabische  Gazelle  ( Gazella  dorcas )  waren  noch  weiter  sichtbar.  Von  zwei 
großen  Guanakos  ( Auchenia  Huanaco)  war  das  eine  schwarz  und  weiß  ge¬ 
zeichnet. 

Beim  Verlassen  des  Gartens  können  wir  nicht  umhin,  dem  strebsamen 
Besitzer  und  dem  ganzen  verdienstlichen  Unternehmen  den  besten  Erfolg  zu 
wünschen. 


Korrespondenzen. 


Schlaupitz,  den  15.  Januar  1890. 

Seit  dem  5.  huj.  kann  ich  fast  tagtäglich  in  einigen  dem  Vater  Zobten 
entströmenden  und  unmittelbar  bei  Schlaupitz  vorbeifließenden  Gebirgsbächen 
einen  Aufstieg  von  Elritzen,  Plioxinus  laevis  Ag.,  Schmerlen,  Cobitis  barbatula  L. 
und.  Moderlieschen1,  Leucaspius  delineatus  Sieb.,  bald  in  großartigem,  bald  in 
geringem  Maßstabe  wahrnehmen.  (Die  Züge  der  Pfrille  sind  oft  60  bis  70? 
mitunter  sogar  100,  die  der  beiden  anderen  Fische  dagegen  durchweg  nur 
10  bis  20  Stück  stark.)  — -  Von  der  Schmerle  und  dem  Moderlieschen  wan¬ 
dern  beinahe  ausschließlich  mittelgroße  und  ausgewachsene  Exemplare  — 
von  ihnen  sind  mir  wenigstens  bisher  nur  sehr  spärliche  kleine  Fische  in 
die  Netze  gekommen  — ,  dagegen  bestehen  die  Gesellschaften  von  Plioxinus 
laevis,  der  »Bitterfische«  unserer  Bauern,  vorwiegend  aus  ein-  und  zwei- 
sömmrigen  Stücken,  »Sonnenstriche«,  »Sonnenstreicher«,  »Sonnenbrüter«  oder 
»Sonnenfische«  beliebt  diese  der  Zobtenbewohuer  zu  benamen,  denen  sich 
nur  ab  und  zu  einige  laichfähige  Vettern  und  Basen  beigesellen.  Das  In¬ 
teressanteste  hierbei  ist,  und  eben  deswegen  berichte  ich  die  Begebenheit, 
daß  die  ausgewachsenen  Elritzen  sämtlich  schon  jetzt  die  für  die 
laichenden  Cyprinoiden  und  Salmoniden  charakteristischen  Hautkörnchen 
an  Kopf  und  Oberlippe  tragen  (zwei  führten  ähnlich  wie  der  Leucaspius 
delineatus  der  hiesigen  Gewässer  sogar  vereinzelte  auf  der  Unterlippe); 
die  »Bitterfische«  schillerten  ferner  bereits  im  prachtvollsten  hochzeit¬ 
lichen  Gewände,  selbstverständlich  aber  nur  die  größeren  Stücke,  denn 
das  Kleid  der  kleineren  ist  selbst  im  Mai  und  Juni,  der  eigentlichen  Laich¬ 
zeit  dieser  interessanten  Cyprinoiden ,  recht  unscheinbar  gefärbt;  [doch  davon 


57 


später  in  einem  Specialartikel  mehr!  Sie  hatten  ferner  von  Samen  strot¬ 
zende  Milcher  und  in  großer  Menge  völlig  laichreife  Eier.  —  Nun  be¬ 
trug  aber  einmal  die  Temperatur  des  Wassers  in  dieseu  oben  erwähnten  Rinnen 

nach  genauen  Messungen  in  der  Zeit  vom  5.  bis  14.  Januar  1890:  +  1 - f-l1/2°C. 

am  5.,  am  6.  früh  4  1°C,  nachm.  4-  2l/2°C.,  am  7.  mitt.  -+-  IV20  C.,  d.  h. 
4-  11/2°C.  in  dem  einen,  im  anderen  Graben  -f-  11/4°C.,  am  8.  mitt.  4  2°  C., 
v.  9.  früh  -f  11/2°C.,  mitt.  -f  25/4°C.,  am  10.  (starker  Frost  in  der  Nacht,  sonst 
gar  keine  aufsteigenden  Fische  wahrgenommen)  4  '/PC.,  den  11.  früh  4  2° 
C.,  mitt.  4  2V20  C.,  12  und  13.  dto.,  14.  früh  -f  l3/t°C.,  mitt.  4  21/2°C.,  also 
die  Temperatur  stieg  in  dieser  Zeit  nie  über  4  3°  C.  hinaus. 

Ferner  fällt  die  Laichzeit  von  Phoxinus  laevis  Ag.  nach  Angaben  von 
H]eckel,  Kner,  Günther,  v.  Sieb  old,  Brelim,  M.  v.  d.  Borne  und  anderen 
in  die  Monate  Mai-Juni,  und  doch  stoßen  uns  unter  diesen  Tieren  schon  an¬ 
fangs  Januar,  in  eisig  kalten  Fluten,  völlig  fürs  Laichgeschäft  ausgebildete, 
hochzeitlich  geschmückte  Pfrillen  auf! 

Gar  mancher  unserer  Leser  wird  bisher,  genau  ebenso  wie  ich  früher 
selbst,  angenommen  haben,  daß  Leucaspius  delineatus  v.  Siebold,  wenn  die 
Temperatur  seines  Wohugewässers  unter  4  4°  C.  sinkt,  nach  Art  anderer 
Karpfenfische  (vergleiche  M.  v.  d.  Borne,  Fischzucht  bei  Cyprinus  carpio , 
ferner  Brehms  Tierleben  etc.)  lethargisch  wird ,  sich  in  den  Schlamm  ver¬ 
gräbt,  um  daselbst  Winterschlaf  zu  halten.  Und  nun  zerstöre  ich  diese  An¬ 
sichten  durch  den  Bericht,  daß  der  kleine  Gesell  hier  beim  Beginne  des  neuen 
Jahres  gegen  Fluten  von  weniger  als  3°  Wärme  munter  auscliwamm,  tage-,  ja 
wochenlang  lustig  in  ihnen  herumplätscherte. 

Bei  der  Frage:  »Welches  ist  der  Grund  für  diese  so  ungemein  frühzeitige 
Wanderung?«  wollen  wir  zunächst  von  den  älteren,  laichfähigen  Elritzen  ab- 
sehen,  sie  mag  eben  der  Fortpflanzungstrieb  dazu  bewogen  haben.  Für  alle 
die  anderen  gibt  mir  der  Umstand  die  Erklärung  in  die  Hand,  daß  allenthalben 
im  Unterlaufe  der  Bäche  mächtige  Quantitäten  Mistjauche  sich  mit  ihren 
Wassern  mengen  und  denselben,  namentlich  beim  jetzigen  anhaltenden  Tau¬ 
wetter  ,  ein  kaffebraunes  Aussehen  und  einen  geradezu  unerträglichen  Geruch 
verleihen.  Genau  dasselbe  läßt  sich  leider  auch  von  den  Tümpeln,  in  welche 
die  Rinnsale  einmünden,  berichten.  Den  Tieren  mag  es  also  in  ihrem  so  un- 
gemein  verunreinigten,  ungesunden  Element  recht  unbehaglich  geworden  sein 
und  sie  haben  sich  gleich  jenen  Saiblingen  in  Schottland  (vgl.  Brehm  »Tier, 
leben«  1878  S.  231)  zur  Reise  stromaufwärts,  nach  der  Quelle  hin,  entschlossen. 

Zum  Schlüsse  sei  noch  bemerkt,  daß  die  Wanderungen  an  schönen,  sonuen- 
reichen  Tagen  in  bedeutend  stärkerem  Maße  stattfanden  als  an  trüben,  dann 
verkrochen  sich,  selbst  wenn  an  letzteren  die  Lufttemperatur  eine  ziemlich 
hohe  war,  viele  Fische  in  das  in  den  Gräben  oder  an  den  Ufern  wachsende 
Gras,  unter  Baumwurzeln  oder  unter  große  Steine. 

Sicherlich  dürfte  der  Bericht  überraschend  sein,  daß  ich  bei  Gelegenheit 
meiner  neuesten  Untersuchungen  über  die  Flossenstrahlen  unserer  Süßwasser¬ 
fische  am  Dorsalstrahl  eines  Cyprinus  carpio  Lin.  die  groben  Sägungen  aber¬ 
mals  an  der  Unterseite  bald  fein,  bald  stark  gezähnelt  fand.  So  viel  mir 
bekannt,  ist  bisher  noch  nicht  auf  diese  Erscheinung  aufmerksam  gemacht 
worden.  K.  Kn  aut  he. 


58 


Kleinere  Mitteilungen. 

Eine  Elefanten- Empörung.  Wer  entsinnt  sich  nicht  noch  des 
schweren  Unglücks,  welches  im  Sommer  1888  durch  die  plötzlich  scheu  gewor¬ 
denen  Elefanten  im  Münchener  Festzuge  angerichtet  wurde V  Einem 
ähnlichen  Ereignisse  war  jüngst  in  Riga  das  zahlreich  im  Cirkus  Salo- 
monski  versammelte  Publikum  ausgesetzt,  kam  aber  glücklich  noch  mit  dem 
bloßen  Schrecken  davon.  Die  »Rigaer  Zeitung«  berichtet  darüber  : 

»Die  dressierten  acht  Elefanten  des  Mr.  Arstingstall  sollten  sich 
am  Sonntag  vom  hiesigen  Publikum  verabschieden,  um  dann  die  Rückreise 
nach  Hamburg  anzutreten.  Die  Artigkeit,  mit  der  sich  diese  ausgezeichnet 
dressierten  Vierfüßler  bisher  aufgeführt,  artete  jedoch  in  der  Nach  mittags- Vor¬ 
stellung  in  wilde  Unart  aus.  Was  den  Tieren  in  den  Dickhäuterschädel  ge¬ 
fahren,  ist  nicht  ermittelt,  kurz,  beim  feierlichen  Umgänge  in  der  Arena  hob 
der  letzte  der  acht  Elefanten  plötzlich  den  Rüssel  und  stieß  trompetenähnliche 
Angstlaute  von  sich.  Das  war  das  Signal  zu  allgemeiner  Auflehnung.  Statt 
in  der  Arena  ihren  Rundgang  fortzusetzen,  wandten  sich  die  Dickhäuter  sofort 
zum  Ausgange  für  das  Publikum  zur  Paulucci-Straße  hin.  Der  Thürhüter  be¬ 
merkte  rechtzeitig  die  nicht  planmäßige  Überraschung,  schlug  die  beiden  höl¬ 
zernen  Eingangsthore  zu  und  stemmte'  sich  gegen  dieselben.  Der  erste  der 
Elefanten  trat  an  das  Thor  heran,  durch  welches  soeben  eine  Dame  gleichfalls 
in  das  Freie  zu  gelangen  sich  bemühte,  faßte  das  weibliche  Wesen  mit  dem 
Rüssel  um  die  Taille  und  setzte  sie  nicht  eben  sanft  energisch  beiSeite;  dann 
gab  er  mit  seinem  Eisenschädel  den  Thorflügeln  einen  gelinden  Wink  und  — 
die  Thüren  flogen  auf,  den  dahintersteheuden  Thür wärter  bei  Seite  schiebend. 
Nun  traten  die  Gewaltigen  ungehindert  in  den  Korridor,  der  an  dieser  Seite 
um  den  inneren  Cirkusraum  sich  hinzieht.  Vorher  hatte  einer  der  Elefanten, 
aller  Disciplin  spottend,  noch  den  bewährten  Leiter  der  Karawane,  Mr.  Arsting¬ 
stall,  der  den  Ausbruch  seiner  Pfleglinge  verhindern  wollte,  so  rücksichtslos 
an  die  Wand  gedrückt,  daß  derselbe  eine  nicht  unbedeutende  Verletzung  am 
Bein  davontrug.  Beim  Austritt  in  den  schmalen  Korridor  entdeckte  einer  der 
vordersten  Elefanten  hinter  dem  zurück  geschlagenen  Thürflügel  den  Thür¬ 
hüter.  Im  Moment  war  derselbe  auch  bereits  aus  seiner  Ecke  hervorgeholt, 
triumphierend  einmal  herumgedreht  und  dann  wie  ein  lästiger  Spielball  weit 
hinweggesetzt  worden.  Mit  wenigen  Schritten  hatten  die  Bestien  den  Korridor 
durchmessen,  nicht  ohne  hier  und  da  ein  Fenster  einzudrücken  oder  ander¬ 
weitigen  Unfug  anzurichten,  dann  standen  sie  für  einen  Augenblick  vor  dem 
erleuchteten  Billetschalter  still,  lugten  hinein,  und  da  nichts  von  Interesse 
daselbst  zu  entdecken,  ging  es  links  zum  Ausgangsthor  in  den  Hofraum,  welches 
übrigens  verriegelt  war.  Die  einfache  Mechanik  des  Verschlusses  war  im  Hand¬ 
umdrehen  entdeckt,  die  Thore  wurden  umgestoßen,  und  nun  stürmte  die  führer¬ 
lose  Schar  in  den  Hof,  woselbst  in  unbändiger  Freude  ein  regelrechter  Kriegs¬ 
tanz  unter  Begleitung  trompetenähnlicher  unartikulierter  Laute  ausgeführt 
wurde.  Daß  hierbei  einige  Zäune  niedergetreten  wurden,  war  den  gewaltigen 
Vierfüßlern  offenbar  höchst  gleichgültig.  Der  enge  Raum  bot  keinen  Ausweg 
und  hier  gelang  es  den  schleunigst  herbeieilenden  Wärtern,  die  wilderregten 
Tiere  zu  beruhigen  und  zu  fesseln.  Aber  die  allzukurz  genossene  Freiheit 


59 


hatte  den  Elefanten  gar  zu  sehr  gefallen.  Den  ganzen  Tag  über  suchten  die¬ 
selben  in  verschiedenartiger  Weise  ihrer  Freude  über  den  gelungenen  Streich 
Ausdruck  zu  geben,  und  als  in  der  Nacht  der  Transport  der  Tiere  zur  Eisen¬ 
bahn  stattfand,  da  gelang  es  zwei  von  ihnen,  sich  gewaltsam  zu  befreien,  und 
in  kurzem  Trabe  ging  es  zurück  zu  der  Stätte  ihres  künstlerischen  Wirkens, 
dem  Cirkus.  Der  Ortssinn  schien  aber  die  Tiere  im  Stich  gelassen  zu  haben, 
denn  an  der  Paulucci-Straße  beim  Hause  Nr.  3  hielten  die  Flüchtlinge  inne 
und  spazierten  wohlgemut  in  den  Hofraum.  Erst  nach  längerem  Bemühen 
gelang  es,  die  Elefanten  von  dort  abzubringen.  Endlich  machten  einige  Ele¬ 
fanten  noch  auf  dem  Bahnhof  einen  mißlungenen  Fluchtversuch,  indem  sie  vom 
Perron  herabsprangen.  —  Wir  können  von  Glück  sagen,  daß  der  Freiheitstraum 
der  Elefanten,  von  den  erwähnten  Verletzungen  abgesehen,  ohne  schwerere 
Schäden  abgelaufen  ist.  Denn  wären  die  scheugewordenen  Tiere,  statt  sofort 
dem  Ausgange  sich  zuzuwenden,  über  die  sehr  niedrige  Barriere  in  den  Zu¬ 
schauerraum  eingebrochen,  so  wäre  eine  Panik  mit  furchtbaren  Folgen  unver¬ 
meidlich  gewesen.  So  geschah  es,  daß,  ehe  das  Publikum  eigentlich  zum  Be¬ 
wußtsein  der  drohenden  Gefahr  kam,  die  Ausreißer  bereits  aus  der  Arena  ver¬ 
schwunden  waren.  •  (Berl.  Tageblatt.) 

Tierpreise.  —  Auf  der  Tierversteigerung  im  zoologischen  Garten  zu 
Antwerpen  am  10.  und  11.  September  vor.  J.  notierte  ich  mir  nachstehende 
Preise,  wozu  noch  10°/o  Versteigerungsgebühr  hinzuzurechnen  sind. 


Frcs. 

Afrikanischer  Strauß,  Struthio  camelus  L.,  männl . (700) 

Nandu,  Bhea  americana  Vieill . Paar  350  u.  300 

Helmkasuar,  Hippalectryo  galeatus  Vieill . Stück  675  u.  700 

Brillenpinguin,  Spheniscus  demersus  L . »  65 

Stockente,  Anas  boschas  L . Paar  (10) 

Smaragdente  »  rar .  »  12 

Zwergente .  »  (15) 

Aylesburyente . »  30 

Gelbschnabelente,  A.  xanthorhyncha  Borst .  »  45 

Buntschnabelente,  A.  poecilorliyncha  Penn .  »  35 

Rotschnabelente,  A.  metopias  Poeppig . »  60 

Lötfelente,  A.  clypeata  L .  »  (15) 

Chilenische  Pfeifente,  A.  sibilatrix  Poepp . .  >  75 

Spießente,  A.  acuta  L . »  (15) 

Spitzschwanzente,  A.  spinicauda  Vieill.  . »  (35) 

Japanische  Krickente,  A.  formosa  Gm .  »  150 

Krickente,  A.  crecca  L . »  (10) 

Knäckente,  A.  circia  L . »  (12) 

Brutente,  Lampronessa  sponsa  L .  »  55 

Mandarinente,  L.  galericulata  L .  »  45 

Nonnenente,  Dendrocygna  viduata  L .  »  65  u.  55 

Herbstente,  Z>.  autumnalis  L . »  85 

Gelbe  Baumente,  D.  fulva  Gm . »  85  u.  75 

Brandente,  Vulpanser  tadorna  L .  »  22 

Spiegelgans,  Anscr  jubatas  Lath.  . .  »  180 

Canadische  Gans,  A.  canadcnsis  L .  »  (35) 


60 


Frcs. 

Nonnengans,  A.  leucopsis  Bchst .  »  (25) 

Indische  Gans,  A.  indicus  Gm .  »  (75) 

Koskoroba- Schwan,  Pseudolor  chionis  111 . »  (250) 

Schwarzer  Schwan,  Cygnus  atratus  Lath .  »  140 

Höckerschwan,  C.  olor  Gm . ' . »  80 

Tschaja,  Channa  chavaria  L . »  200 

Austernfischer,  Haematopus  ostralegus  L, . 2  Stück  20  u.  15 

Kibitz,  Vanellus  cristatus  Meyer . »  8 

Trompetervogel,  Psophia  crepitans  L . »  400 

desgleichen . 1  einzelner  170 

Purpurhuhn,  Porphyrio  hyacinthinus  Temm . Paar  55  u.  40 

Roter  Sichler,  Plegadis  rubra  L . »  150 

Australischer  Ibis,  Ibis  strictipennis  Gould .  »  150 

Heiliger  Ibis,  J.  aethiopica  Lath .  »  210 

Krontaube,  Megapelia  coronata  L . »  190  u.  180 

Dolchstichtaube,  Geotrygon  cruentata  Loth . »  120 

Indische  Glanztaube,  Phaps  indica  L . »  28  u.  30 

Nonnentaube,  Columba  leuconota  Vig . »  55 

Marell,  Penelope  marail  Gm . »  90 

desgleichen  . 1  einzelner  28 

Glattschnabelhokko,  Crax  alector  L . Männch.  55  u.  80 

Gelbschnabelhokko,  C.  globicera  L., . Weibch.100 

Urumutum,  Nothocrax  urumutum  Spix . Stück  190 

Mitu,  Ourax  tuberosa  Spix .  »  100 

lvönigs-Glanzfasan,  Lophophorus  impeyanus  Lothr . Paar  360 

Schwarzflügel-Pfau,  Pavo  nigripennis  Sclat . »  170 

Ostl.  Spiegelpfau,  Polyplectron  Germaini  Elliot . Männch.  75 

Hornhuhn,  Ceratornis  Temmincki  Gray.  (Weibchen  mit  krum¬ 
mer  Mittelzehe) . Paar  160 

Satyrhuhn,  C.  satyra  L . Männch.  170 

Argusfasan,  Argus  giganteus  Tom . Paar  800 

Königsfasan,  Phasianus  Peevesi  Gray . »  120 

Buntfasan,  P.  versicolor  Yieill . »  200 

Riugfasan,  P.  torquatus  Gm . »  50 

Prachtfasan,  P.  Ellioti ,  Swinh . »  160 

Goldfasan,  P.  pictus  L . »  34 

Lady-Amherst-Fasan,  P.  Amhcrsliac  Leadb .  »  170  u.  150 

Mandschur.  Ohrfasan,  Crossoptilon  mantschuricus  Swinh.  .  »  200  u.  180 

Silberfasan,  Euplocomus  nycthemerus  L . »  32 

Strichelfasan,  E.  lineatus  Vig . »  50  u.  70 

Formosa-Fasan,  E.  Swinhoei  Gould .  »  75 

Gelbschwänziges  Fasanhuhn,  E.  erythro pthalmus  Rafft.  .  .  »  160 

Rotrückenfasan,  E.  Vieilloti  Gray . Männch. 150 

Prälat,  E.  praelatus  Bp . Weibch.  130 

Gemeines  Perlhuhn,  Numida  meleagris  L . Stück  (60) 

Pinselperlhuhn,  N.  philorhyncha  Lcht . Paar  80  u.  70 

Ilelmperlhuhn,  N.  mitrata  Pall .  »  170 


61 


Frcs. 


Geierperlbuhn,  N.  vulturina  Hardw.  .  .  .  .  . 

Schreiseeadler,  Haliaetus  vocifer  Dand . 

Blaßkopfsittich,  Platycercus  pallidiceps  Cuv.  .  .  . 

Rosella,  P.  eximius  Shaw . 

Pennant-Sittich,  P.  elegans  Gm . 

Ararauna,  Sittace  coerulea  Gm . 

Grünfliigelara,  S.  chloroptera  Gray . 

Blauara,  S.  glauca  Vieill . 

Kleiner  Hyacinthara,  S.  Leari  Bp . 

Mönchsittich,  Bolborhynchus  monaclws  Bodd.  .  .  . 

Orangetukan,  Mhamphastus  Temmincki  Wagl.  .  . 

Kleiner  Kronvogel,  Buceros  convexus  Tem.  .  .  . 

Alpendohle,  Fregilus  pyrrhocorax  L . 

Riesenkänguruh,  Halmaturus  giganteus  Shaw.  .  . 

Pinselschwanz-Känguruh,  Petrogale  penicillata  Gray 

Kuhantilope,  Alcelaphus  bubalis  Pall . 

Säbelantilope,  Oryx  leucoryx  Pall . 

Anoa,  Anoa  depressicornis  Smith . 

Yak,  Poephagus  gr unniens  L . 

Brauner  Bär,  Ursus  arctos  L . 

Binturong,  Arctitis  binturong  Raffl . 

Jaguar,  Felis  onca  L . 

Leopard,  F.  pardus  L . 

Löwe,  F.  leo  L . 

desgl.  . Weibch., 

desgl.  . .  Paar 

Tiefschwarzer  Maki,  Lemur  nigerrimus  Sei.  .  .  . 

Vari,  L.  varius  Geoffr . 

Löwenäffchen,  Midas  rosalia  L . 


Paar 

870 

Stück 

180  u.  125 

Paar 

36 

» 

32 

38 

Stück 

90 

(70) 

250 

» 

300 

Paar 

12 

Stück 

34 

150 

» 

16 

.  .  .Männch.250  u.  220 
...»  (60) 
...»  600 
.  Stück  650 
.  Mannch.  510 
.  Paar  (700) 

.  .  Stück  125 
.  .  .  Weibch.  210 
Junges  Männch. 675 
.  .  .  Weibch.  425 
Altes  Weibch.  (1000) 

14  Monate  alt  (700) 
degl.  (2000) 

.  Männch.  75 
...  »  130 

.  .  .  4  Stück  500 


NB.  Auf  die  Tiere,  deren  Preise  eingeklammert  sind,  erfolgte  kein  Gebot. 

Dr.  L.  Wunderlich. 


Marder-Bastard.  Im  Februar  1889  ward  in  der  Nähe  von  Münden 
ein  dem  äußeren  Ansehen  nach  Bastard  von  Must  da  foina  und  M.  martes,  ein 
altes  schwaches  Weibchen,  aus  einem  Eichhornnest  herabgeschossen.  Leider 
erhielt  ich  die  Nachricht  zu  spät,  um  mehr  als  den  glücklicherweise  unver¬ 
letzten  Schädel  zu  erhalten;  doch  sprechen  auch  schon  dessen  zwar  geringe, 
aber  doch  scharfe  Abweichungen  im  Knochen-  und  besonders  Zahnbau  im 
Vergleich  zu  einer  Anzahl  von  Schädeln  des  M.  martes  und  M.  foina  für  eine 
Vermischung  beider  Arten.  —  Vielleicht  finde  ich  in  einer  der  späteren  Nummern 
der  Zeitschrift  Gelegenheit,  zugleich  neben  anderen  größeren  oder  geringeren 
Abnormitäten  in  der  Schädelbildung  von  Mustela  erminea ,  M,  foina ,  M.  putorius 
und  einem  mir  im  August  1889  aus  Norwegen  zugegangenen  bei  Gulbrandsdalen 
geschossenen  Luchs  etwas  eingehender  auch  diesen  Bastard  zu  besprechen. 

Hannoverisch -Münden,  den  3.  Januar  1890.  C. 

Der  Nestor  der  Pferde  nicht  nur  Berlins,  sondern  ganz  Deutschlands, 
ja  wahrscheinlich  ganz  Europas,  ist  nicht  mehr.  In  dem  ehrwürdigen  Greisen 


Ö2 


alter  von  nahezu  vierzig  Jahren  hat  er  seine  Laufbahn  beschlossen,  nach¬ 
dem  er  noch  am  Tage  vorher  rüstig  und  guter  Dinge  in  den  Straßen  Berlins 
den  Möbelwagen  gezogen  hatte.  Reich  an  Ehren  und  Verdiensten  war  dieses 
nun  vollendete  Pferdeleben.  Nicht  den  bewehrten  Leib  des  Kriegers  hatte  es 
getragen,  nicht  im  Pulverdampf  des  Schlachtfeldes  sich  den  Lorbeer  geholt,  — 
nein,  den  Werken  des  Friedens  und  des  »Fortschritts«  hatte  es  sich  stets  ge¬ 
weiht.  Fernab  von  den  Ställen  und  Rennplätzen  Deustchlands,  im  grünen  Erin, 
hat  die  »Wiege«  der  trefflichen  Stute  gestanden,  eines  Schweißfuchses  von 
englischer  Rasse,  sechs  Fuß  fünf  Zoll  hoch,  von  überaus  stattlicher  und  zugleich 
zierlicher  Erscheinung,  feurig  und  anmutig.  Vor  nun  dreißig  Jahren  wurde  das 
Tier  von  dem  inzwischen  verstorbenen  Herrn  Bamberger,  der  einen  Reit¬ 
stall  in  Berlin  an  der  Ecke  der  Charlotten-  und  Dorotheenstraße  besaß,  aus 
Irland  hier  eingeführt.  Um  das  Jahr  1860  wurde  die  Stute  au  einen  jungen 
Offizier,  den  damaligen  Lieutnant  im  zweiten  Ulanen-Regiment,  Herrn  v.  Schack, 
gegenwärtig  Oberst  im  zweiten  Mecklenburgischen  Dragoner-Regiment  Nr.  17, 
für  den  Preis  von  100  Friedrichsdor  verkauft.  Da  das  Tier  aber  wegen  seines 
allzu  feurigen  Temperaments  sich  für  den  Dienst  in  der  Schwadron  nicht  eig¬ 
nete,  so  verkaufte  es  Herr  v.  Schack  nach  Jahresfrist  an  den  nun  ebenfalls 
verstorbenen  Restaurateur  Berg  auf  Tivoli,  der  es  als  Wagenpferd  ver¬ 
wendete,  als  welches  es  Herr  v.  Schack  eingefahren  hatte.  Restaurateur  Berg 
hatte  die  Stute  zehn  Jahre,  also  bis  1871.  Nach  seinem  Tode  ging  sie  an 
seinen  Schwiegersohn,  den  Glasermeister  Herrn  Wurzler  über,  der  sie  im 
Jahre  1877  für  800  M.  an  ihren  letzten  Besitzer,  den  Inhaber  einer  Dekora¬ 
tionsfirma,  Herrn  Bernau  in  der  Wilhelmstraße,  verkaufte,  in  dessen  Besitze 
sie  sich  also  wiederum  über  zehn  Jahre  befand.  Die  Veteranin  mußte  stramm 
arbeiten,  zuweilen  über  fünfzig  Centner  ziehen ;  sie  erfreute  sich  aber  auch  sei¬ 
tens  des  greisen  Kutschers,  dessen  Befehlen  sie  unterstand,  der  besten  Pflege. 
Sie  hatte  auch  ihre  Eigenheiten.  So  bezeigte  sie  eine  ganz  ungemessene  Ver¬ 
achtung  für  alles,  was  Pferdebahn  heißt;  sie  mißachtete  dieselbe  bis  zu  dem 
Grade,  daß  sie  zuweilen  geradeswegs  in  die  Pferdebahnwagen  hineinlief,  als 
wären  sie  nicht  vorhanden,  was  denn  freilich  hin  und  wieder  zu  Unannehm¬ 
lichkeiten  Veranlassung  gab.  Noch  bis  in  ihre  letzte  Lebenszeit  war  sie  bei 
guter  Laune  und  kerngesund,  und  mit  berechtigter  Zuversicht  mochte  ihr 
Kutscher  hoffen,  demnächst  ihren  vierzigsten  Geburtstag  begehen  zu  können. 
Es  sollte  anders  kommen ;  eine  plötzlich  eingetretene  Kreuzlähmung  machte 
die  Tötung  der  wackeren  Stute  zur  Notwendigkeit.  In  Summa,  man  kann 
von  ihr  sagen:  Hatte  sie  auch  ihre  Schwächen,  so  verschwanden  diese  doch  vor 
der  Fülle  ihrer  Vorzüge  und  guten  Eigenschaften  und  ein  ehrenvolles  Gedenken 
bleibt  ihr  gesichert.  Berl.  Tageblatt. 

Sehr  interessante  Acclimatisationsversuche  macht  Herr  Falz- 
Fein  auf  seinen  Besitzungen  in  den  Steppengegenden  am  Dnjepr  im  Gouver¬ 
nement  Taurien.  Herr  Falz  hat  dort  einen  vollständigen  zoologischen  Garten 
eingerichtet,  und  zwar  in  eigener  Art.  Er  wählt  Tiere,  welche  ihrer  Natur 
nach  geeignet  sind,  frei  gehalten  zu  werden,  und  läßt  dieselben  in  einem  der 
kahlen  Steppe  abgerungenen,  mühsam  erzogenen  Park  frei  umherlaufen.  Die 
Vögel  freilich  werden  größtenteils  in  Volieren  gehalten,  doch  sind  auch  diese 
liere,  wie  die  Säuger,  fast  nur  in  solchen  Arten  vertreten,  welche  zur  Accli- 
matisation  passend  sein  dürften.  Die  Winter  sind  in  der  genannten  Gegend 


63 


kurz;  das  Thermometer  sinkt  kaum  unter  —  10°  R,  Schnee  fällt  selten  in  einiger¬ 
maßen  beträchtlicher  Menge.  Ausnahmen  von  diesem  verhältnismäßig  milden 
Klima  kommen  jedoch  auch  vor,  so  daß  unter  Umständen  eine  Kälte  von  — 
19°  R  eintrat.  Von  Vögeln  sind  besonders  die  Stelzvögel  reich  vertreten, 
darunter  sehr  interessante  Arten  wie  Otis  tetrax,  Charadrius  pluvialis  und  Ch. 
morinellus,  Glareola  pratincola,  Plialaropus  liyperboreus,  Himantopus  candidus , 
etc.  Syrrhaptes  paradoxus  fehlt  selbstverständlich  nicht.  Von  den  zahlreichen 
Enten  brüteten  bereits  Anas  tadorna ,  boschas,  strepera ,  querquedula ,  nyroca , 
ferner  vermehrten  sich  Fulica  atra ,  Grus  virgo  etc.  Von  Säugetieren  sind  vor¬ 
handen  Cervus  dama,  C.  capreolus ,  Antilope  cervicapra,  sa'iga,  subgutturosa , 
Macropus  Bennetti.  Weitere  Erwerbungen  sind  nur  eine  Frage  der  Zeit  und 
so  werden  wir  demnächst  unter  höchst  eigenartigen  Verhältnissen  einen  in 
hohem  Grade  interessanten  Zoologischen-  und  Acclimatisatiousgarten  sehen,  dem 
es  vielleicht  Vorbehalten  ist,  wichtige  Ergebnisse  zu  liefern  und  in  wissen¬ 
schaftlicher  Beziehung  mancherlei  Aufschlüsse  zu  geben.  (Aus  der  Revue  des 
Sciences  Appliquees).  Dr.  Ernst  Schaff. 


Geburtsliste  des  Leipziger  zoologischen  Gartens  für  1889 
Januar :  2  Zwergziegen. 

Februar:  1  Axishirsch,  2  Mähnenschafe,  1  bactr.  Kamel,  1  Samburhirsch, 

1  Hamadryas  (totgeboren). 

März:  2  arabische  Ziegen,  1  Nylgau  -  Antilope ,  2  arabische  Ziegen, 

1  Mähnenschaf,  1  Mufflon,  3  schwarze  Sundapanther,  1  Mufflon. 
April :  1  Lama,  3  Königstiger,  1  Riesenkänguru,  1  Säbelantilope. 

Mai:  1  Königstiger,  2  Löwen,  1  Edelhirsch. 

Juni:  1  Yak,  1  Wapiti,  1  Damhirsch,  1  Edelhirsch,  1  Axishirsch, 

1  Säbelantilope,  1  Riesenkänguru. 

Juli:  1  Yak,  1  Stummelschwanzschaf,  1  Damhirsch,  4  Löwen. 

August:  3  arabische  Ziegen,  1  Zwergziege,  2  Sundapanther,  4  Löwen, 

2  Mähnenschafe,  1  Axishirsch,  1  Mähnenschaf. 

September:  1  Lama,  5  Angorakatzen,  1  Guanaco,  2  Zwergziegen,  4  Löwen. 

Oktober:  1  Damhirsch,  1  Axishirsch. 

November:  — 


Dezember :  1  arabische  Ziege. 


Georg  Westermann. 


Wanderheuschrecke  und  Rosenstar.  Die  Wanderheuschrecke 
war  vorigen  Sommer  wieder  in  großer  Anzahl  in  Schlesien,  Sachsen,  Branden¬ 
burg,  Ungarn  u.  s.  w.  erschienen  und  richtete  großen  Schaden  an.  Ihr  ist 
der  Rosenstar,  Pastor  roseus,  gefolgt,  den  man  in  Bulgarien  in  größerer 
Menge,  vereinzelt  aber  auch  in  Böhmen  und  an  anderen  Orten  der  öster¬ 
reichischen  Monarchie  angetroffen  hat.  In  Bulgarien  waren  Rosenstare  seit 
1876  nicht  gesehen  worden.*) 

Zoologischer  Garten  in  Düsseldorf.  Ende  1888  besaß  der  Garten 
248  Säugetiere  in  66  Arten 

1169  Vögel  in  161  » 

77  Reptilien  in  8  » 

1494  Tiere  in  235  Arten  im  Werte  von  52,530  M.  80  Pfg.  In  dem  Garten 


*)  Über  die  Wanderungen  dieses  Vogels  vgl.  die  Jahrgänge  6,  7,  16  und  17  unserer 
Zeitschrift.  N. 


64 


wurden  geboren  33  Säugetiere  und  1 10 y  Vögel  im  Werte  von  2905  M.  Der 
Abgang  an  Tiereu  betrug  nur  71/,2  %  des  Inventurwertes, '  ein  sehr  günstiges 
Ergebnis.  Ein  Schimpanse  hatte  fast  5  Jahre  in  dem  Garten  gelebt. 

Bericht  über  1888  — 1889. 


Litte  r  atu  r. 


Der  Kanarienvogel,  seine  Naturgeschichte,  Pflege  und  Zucht.  Von  Dr.  Karl 
Ruß.  6.  Auflage.  Mit  7  Vollbildern  und  20  Holzschnitten.  Magdeburg. 
Creutz’sche  Verlagsbuchhandlung.  1889. 

Spr  eche  n  de  Vögel.  2.  Band.  A 1 1  erl  ei  sp  rec  h en  d es  ge fied ertes  Volk. 
Von  Dr.  Karl  Ruß.  Mit  5  Vollbildern.  (Gleicher  Verlag.)  1889. 

Der  bekannte  Herausgeber  der  »Gefiederten  Welt«,  dem  das  Verdienst 
zukommt,  die  Freude  an  der  Vogelzucht  in  hohem  Maße  volkstümlich  gemacht 
zu  haben,  tritt  wieder  mit  zwei  neuen  Büchern  vor  uns.  Das  über  den  Kanarien¬ 
vogel  hat  bereits  eine  weite  Verbreitung  gefunden,  wie  die  vorliegende  sechste 
Auflage  beweist.  Dieselbe  hat,  den  Fortschritten  in  der  gegenwärtig  sehr  ver¬ 
breiteten  Kanarienvogelzucht  entsprechend,  die  neusten  Erfahrungen  berück¬ 
sichtigt  und  kann  wohl  als  der  beste  Führer  auf  diesem  Gebiete  empfohlen 
werden. 

Das  zweite  Buch  bildet  einen  Anhangsband  zu  dem  bereits  in  2.  Auf¬ 
lage  erschienenen  Werke  »Die  sprechenden  Papageien«  und  behandelt  die 
rabenartigen  Vögel,  die  Laubvögel,  die  Kragenvögel,  die  Stare,  Trupiale  etc. 
und  endlich  sogar  als  mitunter  sprachbegabt  den  Kanarienvogel  und  den  Blut- 
fink(?).  Auch  über  die  Pflege  und  Abrichtung  solcher  Vögel  ist  in  dem  Buche 
Anweisung  gegeben.  Das  Werkchen  ist  schon  vom  allgemein  zoologischen 
Standpunkte  aus  sehr  anziehend  und  wird  besonders,  da  es  in  gewohnter  Weise 
gut  geschrieben  ist,  die  Freunde  und  Züchter  der  Vogelwelt  anregen  und  be¬ 
friedigen.  N. 


Persönliches. 

Der  Direktor  des  Zoologischen  Gartens  zu  Hannover,  Herr  Kreistierarzt 
a.  D.  Kuckuck,  ist  gelegentlich  der  75jährigen  Jubelfeier  der  Naturforscheuden 
Gesellschaft  in  Emden  zu  deren  »Korrespondierendem  Ehrenmitgliede«  ernannt 

worden.  Hannoversches  Tageblatt.  18.  Januar  1890. 


Eingegangene  Beiträge. 

B.  L.  in  H.  —  E.  K.  in  D.:  Ihre  Karte  habe  ich  befördert.  Manuskript  erhalten.  — 
H.  L.  in  M.:  Besten  Dank  dafür,  dafs  Sie  auf  meinen  Wunsch  eingegangen  sind.  —  A.  v.  K. 
in  W.  K.  Th.  L.  in  G. :  Besten  Dank  für  die  Zusendung-.  —  C.  G.  in  M.:  Der  Bericht  über 
das  Buch  erfolgt  zurück,  für  das  andre  besten  Dank.  —  K.  K.  in  B.:  Die  angezeigte  Be¬ 
sprechung  ist  bis  jetzt  nicht  eingegangen. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Bronn,  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  2.  Band,  3.  Abteilung.  Echi- 
nodermen  von  Prof.  Dr.  H.  Ludwig.  5.  und  8.  Lieferung.  Leipzig  und  Heidelberg. 
C.  E.  Winter.  1889. 

Prof.  Dr.  K.  Möbius.  Batiste. s  aculeutus,  ein  trommelnder  Fisch.  Sitzgsber.  d.  königl. 
preuß.  Akademie  der  Wissenschaften.  Berlin  1889.  XLVL 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlnu  (Fa.  Mahlati  &  Waldsehmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten 

Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 

Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahl  au  &  Wald  Schmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  3.  XXXI.  Jahrgang.  März  1890. 

Inhalt. 

Zoogeographische  Beobachtungen;  von  Dr.  A.  Seitz.  (Schluf3.)  —  Die  gesprenkelte 
Kettennatter  oder  Sprenkelnatter  (Corondla  Sayi,  Deck.);  von  Herrn.  Lachmann.  —  Das 
gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner;  von  Dr.  Emil  Buck.  (Fortsetzung.)  — 
Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  — 
Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Zoogeograpbisclie  Beobachtungen. 

Von  Dr.  A.  Seitz. 

(Schluß.) 

Ich  verlasse  die  Schmetterlinge  und  gehe  zu  den  Zweiflüglern 
über,  zu  jener  quälerischen  Sippe,  von  der  die  Beobachter  des 
Nordens  ganz  besonders  behaupteten ,  daß  ihre  wolkenartigen 
Schwärme  in  den  Mooren  arktischer  Gegenden  ohne  Gleichen 
dastehen. 

Hätten  doch  diejenigen  recht,  welche  dem  Norden  eine  den 
Artenreichtum  der  Tropen  ersetzende  Überzahl  an  Individuen  *) 
beimessen!  Aber  leider  kann  weder  ich,  noch  irgend  einer  meiner 
Unglücksgenossen,  der  wie  ich  verurteilt  ist,  zeitweise  die  tropische 
Mosquito-Plage  auszuhalten,  diese  Ansicht  bestätigen.  Werden  uns 
hier  zu  Lande  die  Mücken  manchmal  lästig,  so  bringen  sie  das 
arme  Opfer,  Mensch  genannt,  in  den  Tropen  geradezu  zur  Ver¬ 
zweiflung.  Wer  das  nicht  glaubt,  dem  rate  ich  an,  einmal  in  einem 
Kanon,  das  jede  unvorsichtige  Bewegung  des  Insassen  zum  Um¬ 
schlagen  bringen  kann,  einen  der  vielen  brasilianischen  Waldströme 
hinaufzufahren  —  dann  sind  alle  weiteren  Worte  unnötig.  Wenn 
heute  die  Bewohner  Indiens  oder  Brasiliens  überzeugt  werden  könnten, 

*)  Zeitschr.  f.  die  gesummten  Natunvissensch.  1877,  II,  p.  9  f. 

Zoolog1.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  5 


66 


daß  liier  die  Zahl  der  Mücken  größer  sei  als  dort  zu  Lande:  keine 
Macht  der  Erde  vermöchte  sie  zu  der  sonst  so  beliebten  Erholungs¬ 
reise  nach  Norden  zu  bewegen. 

Übrigens  ist  der  Reichtum  der  Tropen  an  Zweiflüglern  dem 
Norden  gegenüber  eine  zu  weltbekannte  Thatsache,  als  daß  ich  noch 
weitere  Ausführungen  über  meine  diesbezüglichen  Beobachtungen 
für  nötig  halten  könnte;  ich  wende  mich  daher  zur  Ordnung  der 
Geradeflügler. 

Die  Orthopteren  bilden  vielleicht  diejenige  von  allen  Insekten¬ 
gruppen,  deren  Arten  von  den  Tropen  nach  den  Polen  hin  am 
raschesten  an  Individuenzahl  abnehmen.  Im  hohen  Norden  fehlen 
sie  fast  gänzlich,  wenigstens  die  meisten  Familien  dieser  Ordnung 
haben  dort  wenige  oder  gar  keine  Vertreter.  Libellen  zeigen  sich 
weit  spärlicher  im  Norden  als  z.  B.  in  Deutschland,  wo  sie  sich 
oft  zu  ansehnlichen  Schwärmen  vereinigen;  doch  vermögen  die 
Schwärme,  wie  man  sie  im  Osten  von  Norddeutschland  oder  in 
Rußland  beobachtet  hat,  einen  Vergleich  mit  den  unzählbaren 
Massen,  wie  ich  sie  in  den  Tropen  beobachtete,  nicht  auszuhalten. 
In  Indien  mischten  sie  sich  unter  die  Schmetterlingsschwärme;  in 
Brasilien  beobachtete  ich  sie  in  nie  gesehener  Menge  im  sumpfigen 
Küstengebiet  von  Säo  Paulo.  Auch  in  Uruguay  traf  ich  sie,  als 
dem  regnerischen  Sommer  1888/89  ein  schöner  heißer  Februar 
folgte,  äußerst  zahlreich  an.  Es  ist  schwer  zu  begreifen,  woher  die 
Hunderttausende  gefräßiger  Odonaten  ihre  Nahrung  beziehen,  ohne 
daß  sich  die  Zahl  der  Plagegeister  merklich  verringerte.  Von  Zeit 
zu  Zeit  fegt  ein  Pampero  über  die  Ebenen  des  gemäßigten  Süd- 
Amerika,  der  Wolken  kleiner  Insekten  vor  sich  hertreibt;  danach 
ist  auf  Stunden  die  Luft  über  dem  La  Plata  klar,  aber  wenige 
Augenblicke  Sonnenschein,  und  über  dem  Wasserspiegel  erglitzern 
wieder  die  Flügel  der  umherirrenden  Libellen  in  unverminderter  Zahl. 

Die  Heuschreckenschwärme  haben  in  der  Regel  ihren  Ausgangs¬ 
punkt  in  heißen  Gegenden.  Oft  wenden  sie  sich  nach  Norden  und 
erreichen,  da  sie  sehr  große  Strecken  zurücklegen  können ,  oft 
beträchtliche  Breiten,  wie  z.  B.  im  Osten  Rußlands.  Sicherlich 
wäre  es  aber  verkehrt,  in  solchen  Fällen,  wo  zugezogene  Heere  den 
Norden  überschwemmen,  von  einem  Individuenreichtum  desselben, 
dem  Süden  gegenüber,  zu  sprechen. 

Es  ist  schwer,  sich  von  der  unglaublichen  Zahl  von  Heu¬ 
schrecken  einen  Begriff  zu  machen,  welche  dem  Beobachter  in  den 
Tropen  aufstoßen. 


67 


An  den  Stellen  des  nördlichen  Brasilien,  wo  ein  mehr  felsiger 
Untergrund  die  Üppigkeit  der  Vegetation  dämpft  und  der  hochragende 
Urwald  Palmen  bestandenen  Hainen,  wechselnd  mit  Llanos,  Kaum 
gibt,  da  huscht  und  flattert  es  unaufhörlich  in  die  Höhe  vor  den 
Hufen  des  Pferdes,  da  erheben  sich  Scharen  auf  Scharen  mit 
knatterndem  Fluge.  Auf  dem  Wege  von  der  Stadt  San  Salvador 
nach  der  »Barra«  findet  mau  zahlreiche  Büsche  so  vollständig  be¬ 
setzt  mit  den  zolllangen  Larven  eiues  prachtvoll  grün  und  rot 
gefärbten  Acridiers ,  dass  die  Zweige  wie  bei  einem  Brombeerbusch 
mit  reifen  Beeren  zum  Boden  herabhängen.  Aus  Australien  be¬ 
richtete  ich  schon  früher*)  über  die  ungeheure  Zahl  von  Heu¬ 
schrecken,  die  man  durch  den  Wurf  mit  einem  Steine  aus  dem 
Grase  aufscheuchen  kann. 

Von  den  Schaben  will  ich  gerne  zugebeu,  daß  die  wenigen 
Arten ,  welche  sich  bis  zum  hohen  Norden  ausgebreitet  haben 
(lapponiea,  germanica  und  einige  a.)  dort  in  übergroßer  Anzahl  Vor¬ 
kommen  ;  doch  ist  der  Kampf,  den  die  Bewohner  der  heißen  Zone 
mit  jenen  (dort  mehrere  Centimeter  langen)  unheimlichen  Gesellen  zu 
bestehen  haben,  auch  kein  leichter.  Außer  durch  ihre  Anzahl 
machen  sich  noch  einige  tropische  Blattiden  dadurch  sehr  unan¬ 
genehm  bemerkbar,  daß  sie  während  der  Nacht  an  den  Fingern  der 
Schläfer  die  Epidermis  der  Fingerspitzen  ihrer  obersten  Schicht  be¬ 
rauben,  was  zwar  nach  dem  Erwachen  nicht  direkt  schmerzt,  aber 
doch  die  Haut  beim  Anfassen  rauher  Gegenstände  sehr  empfindlich 
macht. 

Andere  Familien  der  Orthopteren,  wie  Stab-  und  Gespenst- 
sch recken,  kommen  auch  in  den  Tropen  nur  in  beschränkter  Indi¬ 
viduenzahl  vor,  und  sie  können  daher  wohl  ebensogut  wie  die 
Neuropteren,  die  nie  in  Scharen  auftreten,  aus  unsrer  Betrachtung 
weggelassen  werden;  weniger  kann  dies  bei  den  Termiten  geschehen, 
deren  Individuenzahl  ganz  allein  schon  die  aller  Insekten  im  Norden 
zusammengenommen  zu  decken  imstande  wäre;  diese  Gruppe  ist 
fast  ganz  auf  die  Tropen  beschränkt.  Die  englische  Zeitung 
»Graphic«  brachte  neulich  eine  Illustration,  die  uns  ein  Theater  in 
Indien  vorführt,  das  während  der  Vorstellung  von  einem  solchen 
Termitenschwarm  überfallen  wurde ,  der  natürlich  Darsteller  wie 
Publikum  in  wilder  Flucht  aus  dem  Hause  trieb.  Selbst  in  volk¬ 
reichen  Tropenstädten  war  ich  oft  genötigt,  stets  ein  Kartenblatt 


*)  Gäa,  1888,  p.  517. 


68 


s 

über  das  vor  mir  stehende  Bierglas  zu  decken,  da  das  Zimmer  alle¬ 
zeit  mit  den  umherschwärmenden  Termiten  angefüllt  war;  von  der 
Zahl  dieser  Tiere  aber  im  Freien  kann  sich  nur  derjenige  einen 
Begriff  machen,  der  selbst  die  Schwärme  mit  angesehen. 

Obwohl  die  Insekten  als  überall  vorkommende  und  meist  leicht 
zu  beobachtende  Tiere  vor  allen  geeignet  erscheinen,  um  an  ihnen 
das  Irrige  der  eingangs  dieser  Arbeit  erwähnten  Lehre  zu  er¬ 
läutern,  so  muß  ich  der  Vollständigkeit  halber  auch  auf  andere 
Tiergruppen  zurückkommen. 

Zunächst  sind  es  die  Säugetiere,  welche  in  polaren  Regionen 
zuweilen  in  großen  Herden  angetroffen  werden.  Die  Züge  der 
Lemminge  sind  vielfach  erwähnt;  auch  Wanderungen  von  Mäuse¬ 
arten  treten  im  Norden  häufiger  auf  als  im  Süden.  Ferner  sind  fast 
sämtliche  Robbenarten  auf  die  arktischen  —  oder  mehr  noch  antark¬ 
tischen  —  Regionen  beschränkt,  und  von  den  Walen  weiß  man 
gleichfalls,  daß  sie  die  Eismeere  zu  ihrem  Lieblingsaufenthalt 
wählen. 

•  • 

Fassen  wir  diese  scheinbare  Überzahl  an  Individuen  indessen 
näher  in’s  Auge,  so  zeigt  sich,  daß  sie  vielfach  nur  auf  einem  mehr 
Sichtbarwerden  als  auf  einer  wirklichen  Vermehrung,  auf  einer 
reichlicheren  Produktion,  beruht. 

Ganz  besonders  muß  erwähnt  werden,  daß  man  die  Zahl  der 
in  den  polaren  Gegenden  lebenden  Wassersäugetiere  ganz  beträcht¬ 
lich  überschätzt.  Allerdings  zeigen  sich  an  den  verschiedenen  Inseln 
— -  vorzüglich  im  Süden  —  Herden  von  ungeheuren  Mengen  Robben 
verschiedener  Art.  Es  hat  sich  aber  auch  herausgestellt,  daß  eine 
solche  Herde  zu  verschiednen  Zeiten  andere  Inseln  besucht,  und 
so  wird  wohl  dieselbe  Schar,  öfters  an  verschiedenen  Punkten  unsrer 
Erde  beobachtet,  den  Eindruck  hinterlassen ,  als  bewegten  sich  in 
jenen  Zonen  zahllose,  individuenreiche  Herden.  Wie  sehr  man 
sich  in  dem  Präsenzbestand  solcher  Seesäugetiere  täuschen  kann, 
geht  aus  den  Berichten  eines  älteren  Naturforschers  hervor,  welcher 
das  herden  weise  Vorkommen  eines  mächtigen  Seesäugetieres*) 
meldete,  das  fast  unmittelbar  danach  ausstarb.  Trotzdem  will  ich 
ein  massenhaftes  Vorkommen  von  Robben  in  den  Eismeeren  keines¬ 
wegs  leugnen,  gebe  aber  dem  gegenüber  zu  bedenken,  wieviel  dazu 
gehört,  um  solche  Herden  an  Affen,  Gazellen,  Giraffen,  Hartebeest, 
Gnu,  Zebra  etc.  an  Individuenzahl  zu  übertreffen,  wie  sie  z.  B. 

*)  Rhytine  Stellen. 


69 


das  östliche  Central- Afrika  bevölkern.  Ob  es  Rentierherden  von 
solcher  Zahl  gegeben  hat,  wie  die  Antilopenscharen  in  Süd -Afrika, 
müßte  erst  noch  bewiesen  werden;  das  heutige  Vorkommen  der 
Rene  läßt  nicht  darauf  schließen. 

Ich  erinnere  an  den  Bericht  eines  Missionärs *),  der  die  Zahl, 
die  er  an  Wildtieren  gleichzeitig  von  einer  Anhöhe  in  Afrika  über¬ 
sehen  konnte,  auf  über  100  angibt. 

Die  Züge  von  wandernden  Mäusen  und  Ratten ,  die  man  im 
Norden  so  häufig  beobachtet,  haben  gewiß  oftmals  in  einer  ungewöhn¬ 
lichen  Vermehrung  der  betreffenden  Tiere  ihren  Grund,  sehr  oft 
aber  verdanken  sie  auch  eingetretenem  Nahrungsmangel  ihre  Ent¬ 
stehung.  Ereignet  sich  nämlich  dieser,  so  erscheinen  ganz  plötzlich 
Legionen  von  Mäusen  wie  aus  dem  Boden  hervorgezaubert,  an 
Stellen,  wo  man  vorher  eine  geringe  Zunahme  der  Feldmäuse  — 
vielleicht  auch  nicht  einmal  dies  —  bemerkt  hatte.  Es  liefert  dies 
den  Beweis,  daß,  wenn  nicht  irgend  welche  Verhältnisse  sie  zur 
Wanderung  bringen,  außerordentlich  zahlreiche  Nagetiere  in  einer 
Gegend  bestehen  können,  ohne  daß  der  Besucher  derselben  von  ihrer 
Anzahl  einen  richtigen  Begriff  erhält.  Ich  zweifle  nicht,  daß,  wenn 
innerhalb  der  Wendekreise  einmal  die  Nager  sich  zu  Zügen  ver¬ 
einigen  müßten,  noch  ganz  andere  Heere  zu  Tage  treten  würden, 
als  wir  sie  von  den  nordischen  Wühlern  gesehen  haben. 

Ein  anderer  Puukt  darf  auch  nicht  außer  Betracht  gelassen 

•  • 

werden.  Der  Norden  ist  allenthalben  bewohnt.  Überall  sind  ge¬ 
bildete  Leute,  welche  von  allen  Naturereignissen,  worunter  auch  die 
Wanderungen  von  Tieren  zu  verstehen  sind,  Nachricht  geben;  selbst 
der  Norden  von  Amerika  ist  heutzutage  in  einer  Weise  kultiviert, 
die  nicht  erwarten  läßt,  daß  viele  solcher  Erscheinungen  verborgen 
bleiben.  Wie  stehen  dem  die  Verhältnisse  der  Topen  gegenüber? 
was  wissen  wir  über  den  säugetierreichsten  Weltteil  unserer  Erde, 
Afrika?  Wieviel  zahllose  Herden  von  Springmäusen  mögen  täglich 
die  Wüste  durchjagen?  Darüber  gehen  uns  allerdings  keine  statisti¬ 
schen  Notizen  zu;  aber  meinen  Erfahrungen  in  der  egyptisclieu 
Sahara  nach  muß  die  Zahl  dieser  Nager  eine  außerordentlich  große 
sein  **). 

*)  Vgl.  die  lesenswerthe  Brochüre;  »Über  den  wirthschaftlichen  Werth 
von  Ost-Afrika.« 

**)  Die  Cetaceen  lasse  ich  aus  dieser  Arbeit  weg,  da  ihre  Individuenzahl 
eine  verhältnismäßig  geringe,  also  hier,  wo  die  Einzelexistenzen  ohne  Ansehen 
ihrer  Größe  betrachtet  werden,  ohne  Bedeutung  ist.  Der  Vollständigkeit  hal- 


70 


Gehen  wir  im  Typus  der  Wirbeltiere  weiter,  so  tritt  uns  zu¬ 
nächst  in  den  Vögeln  eine  Klasse  entgegen,  welche  sowohl  durch 
das  Flugvermögen  als  auch  durch  eine  besonders  hohe  Eigentem¬ 
peratur  vor  allen  anderen  Tieren  geeignet  erscheint,  ihren  Verbrei¬ 
tungsbezirk  bis  gegen  die  Pole  hin  auszudehnen.  In  der  That  be¬ 
richten  auch  alle  Reisenden,  welche  die  höchsten  Breiten  besucht, 
einstimmig,  daß  die  Individuenzahl  hochnordischer  Vögel,  wie  sie 
uns  besonders  im  Norden  der  norwegischen  Küste,  an  dem  Nord¬ 
saum  von  Island,  überhaupt  auf  vielen  arktischen  Inseln  entgegen¬ 
tritt,  eine  ganz  ungeheuer  große  sei. 

Auch  in  Hinsicht  auf  die  geographische  Verbreitung  dieser  Tier¬ 
klasse  muß  nachdrücklich  darauf  hingewiesen  werden,  daß  die  Über¬ 
zahl  an  Einzelwesen  im  Polargebiet  nur  eine  scheinbare  ist. 

Zunächst  ist  das  Polargebiet  räumlich  sehr  beschränkt,  und 
unsere  Vorstellung  wird  wider  besseres  Wissen  durch  den  steten 
Gebrauch  von  Merkator-Karten,  die  dasselbe  auseiuanderzerren,  beein¬ 
flußt.  Auf  diesem  an  sich  kleinen  Gebiet  sind  es  nun  noch  sehr 
beschränkte  Örtlichkeiten,  oft  Inselküsten  von  sehr  geringer  Aus¬ 
dehnung  —  manchmal  wohl  auch  längere  Strecken  —  wo  sich  die 
Heere  der  Seevögel  (der  Ordnung  der  Schwimmvögel  augehörig)  zu 
jenen  vielaugestaunten  Scharen  zusammenfinden.  Hier  sind  aller¬ 
dings  die  Brüteplätze  der  Möven,  Enten,  Gänse,  Sturmvögel,  Eis¬ 
taucher  und  Alken  dicht  übersät  mit  Vögeln.  Dies  sind  aber  erstens 
beschränkte  Örtlichkeiten ;  zweitens  ist  dies  nicht  zu  jeder  Zeit  in 
gleicher  Weise  der  Fall,  sondern  bisweilen  zerstreuen  sich  die  Vögel 
nach  Süden  hin  und  über  die  Meere,  und  es  ist  dann  leicht  wahr¬ 
zunehmen,  daß  sie  keineswegs  so  zahllos,  sondern  einfach  dichter 
zusammengedrängt,  mehr  konzentriert  sind  als  in  anderen  Zonen. 
Sie  halten  sich  eben  alle  an  der  Küste  auf,  was  in  anderen  Breiten 
keineswegs  der  Fall  ist.  Würde  es  denkbar  sein,  z.  B.  die  Küste 
des  Nordpolarkontinentes  mit  allen  Einbuchtungen  und  Inseln  ab¬ 
zufahren,  so  würde  der  Umsegler  ungefähr  alle  Vögel  sehen,  welche 
das  arktische  Gebiet  bewohnen,  bis  auf  einzelne  Schwärme  oder  In¬ 
dividuen,  welche  gerade  auf  weiteren  Flügen  abwesend  sind ;  um¬ 
fährt  man  aber  z.  B.  Australien,  so  bemerkt  man  von  den  unge¬ 
heuren  Vogelscharen,  die  es  bewohnen,  so  gut  wie  nichts.  Hierin 

ber  erwähne  ich  indes,  daß  ich  Delphine  ebensoviel  in  den  Tropen  traf  wie 
in  kalten  Gegenden;  eine  Herde  von  19  Pottwalen  sah  ich  innerhalb  der 
Wendekreise;  der  australische  Walfisch  geht  bis  dicht  an  den  Äquator,  und 
Balaena  inysticetus  überschreitet  ihn  sogar  nach  Süden  hin. 


71 


liegt  der  Unterschied  der  Verhältnisse,  nicht  in  einer  größeren  Pro¬ 
duktionsfähigkeit  der  kalten  Zonen. 

•  • 

Überall  da,  wo  die  Beschaffenheit  unserer  Erdoberfläche  eine 
solche  Konzentration  des  Tierlebens  bedingt,  lassen  sich  ähnliche 
Beobachtungen  machen  wie  diejenigen,  welche  die  Polarfahrer  so 
sehr  staunen  machten  ;  man  könnte  sogar  sagen,  nirgends  mehr  als 
in  den  heißen  Gegenden.  Die  Scharen  von  Stelzvögeln  und  Schwimm¬ 
vögeln,  welche  die  Zuflüsse  des  Nil  bewohnen,  sind  von  vieleu  Rei¬ 
senden  erwähnt ;  ich  sah  in  der  Gegend  des  Suezkanals  ungeheure 
Scharen  von  Pelikanen,  Ibissen  und  Flamingos;  die  Leimruthen, 
welche  die  gewissenlosen  italienischen  Vogeljäger  längs  des  Suez¬ 
kanals  aufstellen,  sind  jederzeit  gespickt  mit  Vögeln  aller  Familien; 
nud  am  Bab-el-Mandeb  sah  ich  so  ungeheure  Scharen  von  Kormo- 
ranen,  wie  sie  mir  nirgends  —  selbst  nicht  südlich  von  Australien  — 
vorgekommen  waren.  Die  Guano  -  Inseln,  von  deren  Vorkommen 
man  auch  auf  die  Anwesenheit  besonders  vieler  Vögel  geschlossen 
hat,  liegen  großenteils  noch  in  subtropischem  Klima;  auch  verdankt 
der  Guano  nicht  so  sehr  sein  Dasein  einem  ungeheuren  Besuch  von 
Vögeln  auf  jenen  Inseln,  als  vielmehr  dem  Fehlen  des  Regens,  der 
die  Exkremente  nicht  wegspült  und  diesen  die  Möglichkeit  bietet, 
sich  im  Lauf  der  Jahrhunderte  anzusammeln. 

Zum  Schluß  sei  noch  der  Thatsache  erwähnt,  daß  z.  B.  im 
arktischen  Gebiet  von  circa  150  Vogelfamilien  nur  etliche  20  Ver¬ 
treter  haben,  und  diese  letzteren  bestehen  meist  aus  recht  ansehn¬ 
lich  großen  Arten.  Denke  ich  mir  nur  die  Stare,  welche  in  ganzen 
Wolken  die  hiesige  Gegend  durchziehen,  oder  die  Wellenpapageien, 
wie  man  sie  tausendweise  in  Neusüdwales  sieht,  als  Individuen  von 
der  Größe  z.  B.  einer  Eidergans,  so  glaube  ich,  würde  man  mit  ver¬ 
hältnismäßig  wenigen  Flügen  die  ganze  Küste  von  Grönland  in  eben¬ 
so  freigebiger  Weise  mit  Vögeln  ausstaffieren  können,  als  sie  in 
Wirklichkeit  damit  versehen  ist. 

Somit  kommen  wir  zu  dem  Resultat,  daß  der  Individuenreich¬ 
tum  arktischer  Arten  nicht  derart  ist,  daß  er  von  tropischen 
oder  gemäßigten  Species  nicht  erreicht  würde.  Dabei  bleibt  aber 
zu  bedenken,  daß  auf  jede  stückreiche  Art  der  Polargegend  50 
ebensoreiche  Arten  der  Tropen  kommen.  Allein  die  Kolibri  durch¬ 
eilen  in  fast  400  zum  Teil  sehr  zahlreich  vertretenen  Arten  die 
Tropenlandschaften,  und  die  Zahl  der  allerwärts  durch  die  Blätter 
summenden  Miniaturvögelchen  entzieht  sich  ebenso  jeder  Schätzung, 


72 


wie  die  unglaubliche  Individuenzahl'  in  einem  Zuge  der  Wandertaube 
oder  in  einem  Papageiheere  Australiens. 

Während  die  Fische  sich  durch  ihren  Aufenthalt  einer  für 
unsere  Betrachtung  wertvollen  Prüfung  entziehen  (ohne  daß  sich 
aber  irgend  ein  vernünftiger  Grund  für  die  Annahme  eines  vorzugs¬ 
weisen  .Reichtums  der  Polarregionen  finden  ließe),  so  zeigen  die 
noch  übrigen  Wirbeltiergruppen  eine  ganz  rasche  Abnahme,  ja 
ein  fast  völliges  Verschwinden  in  arktischen  Gebieten.  Von  weit 
über  tausend  Schlangenarten,  welche  die  Gründe  der  tropischen  Gegen¬ 
den  in  oft  unheimlicher  Häufigkeit  bevölkern,  finden  sich  bei  uns 
nur  noch  vier  *),  und  diese  nur  äußerst  spärlich,  so  daß  sie,  wie 
überhaupt  die  poecilothermen  Landtiere,  in  kalten  Gegenden  gar 
keine  Rolle  mehr  spielen.  Frösche  sind  in  den  nordischen  Mooren 
noch  verhältnismäßig  häufig,  erreichen  aber  niemals  die  Individuen¬ 
zahl  z.  B.  der  Sümpfe  von  Florida  oder  wie  im  argentinischen  Campo : 
im  hohen  Norden  verschwinden  sie  ganz. 

Was  endlich  die  niederen  Tiere  betrifft,  so  wird  kein  Mensch 
daran  zweifeln,  daß  die  in  den  Tropen  äußerst  häufigen  Cölente- 
raten,  Korallen,  Quallen,  Seeigel,  Seesterne  etc.  eine  Zahl  von  Ein¬ 
zeltieren  aufweisen,  die  in  höheren  Breiten  nie  erreicht  werden  kann; 
ich  übergehe  daher  die  Beobachtungen,  die  ich  beim  Durchfahren 
der  Ozeane  gemacht,  als  überflüssig  mit  Stillschweigen ;  erwähnen 
muß  ich  nur,  daß  die  nicht  hier  extra  aufgeführten  Tiergruppen 
(wie  Kruster,  Spinnen,  Mollusken  etc.),  zwar  im  Norden  Vorkommen 
und  eine  (Mollusken)  oft  allerdings  stattliche  Stückzahl  entwickeln, 
in  den  Tropen  aber  ebensowenig  fehlen  oder  spärlicher  auftreten ; 
es  könnte  bei  manchen  Familien  dann  höchstens  von  einem  Fehlen 
des  Minus,  nie  aber  von  einem  Plus  geredet  werden. 

Wenn  ich  davon  absehe,  die  Zahl  der  Beobachtungen,  die  ich 
über  beregten  Punkt  gesammelt,  durch  Zufügung  einzelner  auf  be¬ 
stimmte  Tierarten  bezügliche  Erfahrungen  zu  verdreifachen,  so  ge¬ 
schieht  dies,  weil  ich  es  für  zweckmäßiger  halte,  einige  theoretische 
Gründe  zur  Stütze  meiner  Behauptung  hier  Platz  finden  zu  lassen. 
Beobachtungen  bleiben  eben  nur  für  den  beweisend,  der  sie  glauben 
will,  da  wo  eine  Selbstprüfung  sich  nicht  so  leichter  Hand  vor¬ 
nehmen  läßt,  wie  bei  einer  Vergleichung  des  Äquators  mit  den 
Polen ;  und  es  ist  nicht  schwerer  hundert  Berichte  zu  negieren, 
als  zehn. 


*)  Richtiger  6.  N. 


73 


Es  widerstrebt  direkt  unseren  Vorstellungen,  daß  das  Plus  au 
Wärmestrahlen,  in  denen  wir  (gewissermaßen  als  Feuer-  oder  Sou- 
nenanbeter,  wie  Hackel  sagt)  die  Erwecker  und  Mehrer  alles  irdischen 
Lebens  erblicken,  nicht  auch  eine  Überzahl  an  Individuen  erzeugen 
sollte.  Orte  mit  ungünstigen  Verhältnissen  gibt  es  hier  wie  dort, 
und  die  trostloseste  Wüste  hält  immer  noch  einen  Vergleich  mit 
den  Schneefeldern  Grönlands  oder  Nord-Sibiriens  aus. 

Es  ist  eine  vielfach  erwiesene  Thatsache,  daß  die  meisten  nor- 

i 

dischen  Insekten  nur  eine  Generation  im  Jahre  haben,  während  die¬ 
selben  Arten  oder  korrespondierende  Species  in  heißen  Ländern  zwei, 
ja  eine  ganze  Reihe  von  Generationen  zur  Entwickelung  bringen. 
Welche  ungeheure  Menge  von  Individuen  müßte  daher  der  kurze 
nordische  Sommer  hervorbringen,  wenn  er  die  Gesamtziffer  der  so 
und  soviel  im  Süden  gereiften  Bruten  erreichen  wollte! 

Es  ist  eine  Beobachtung,  die  jeder,  der  überhaupt  gereist  ist, 
gemacht  haben  muß,  daß  die  Vegetation  nach  Norden  dünner  und 
dürftiger  wird.  Vom  verfilzten  Urwaldgeflecht  Brasiliens  bis  zur 
Flechtenflora  von  Jan  Meyen  kann  man  alle  Abstufungen  verfolgen. 
Da  sich  nun  ein  großer  Teil  der  Tiere  von  Pflanzen  nährt,  so 
ist  die  Annahme  eines  Eiuflusses  in  dem  Sinne  einer  Verminderung 
der  Tierzahl  nach  Norden  nichts  weiter  als  ein  logischer  Schluß. 

Diejenigen  Tiere,  welche  sich  nicht  von  Pflanzen  nähren,  son¬ 
dern  von  anderen  Tieren,  werden  also  gleichfalls  ihrer  wichtigsten 
Existenzbedingung  beraubt,  und  die  Notwendigkeit  ihrer  Abnahme 
nach  Norden  hin  folgt  logisch  aus  dem  vorigen  Satz. 

Die  geringe  Vermehrungsfähigkeit  vieler  Polarbewohner  (viele 
Vögel  legen  nur  ein  Ei)  weist  darauf  hin,  daß  die  Produktionsfähig¬ 
keit  des  Nordens  eine  geringe  und  es  nur  der  Unzugäuglichkeit  der 
Brutstätten  zuzuschreiben  ist,  wenn  überhaupt  noch  Vogelscharen 
dort  Vorkommen,  die  uns  durch  Iudividuenzahl  imponieren  können. 

Wäre  der  Gesamteinfluß  der  im  Norden  wirkenden  Verhält¬ 
nisse  derart,  daß  er  die  Individuenzahl  der  ihm  ausgesetzten  Arten 
steigerte,  so  müßte  man  dies  au  den  kosmopolitischen  Tierarten  be¬ 
merken  können ;  Pandion  haliaetus  müßte  in  Norwegen  gemeiner 
sein  als  hier  in  Deutschland ;  Pirameis  cardui  wäre  hier  mehr  zu 
treffen  als  in  Afrika,  auf  Irland  mehr  als  auf  den  Kap  Verdischen 
Inseln;  aber  allenthalben  zeigt  sich  das  Gegenteil;  nur  diejenigen 
wenigen  Tiere,  welche  oberhalb  des  nördlichen  Wendekreises  ihre 
Südgrenze  haben  und  vice-versa,  zeigen  nach  den  Polen  hin  eine 
Zunahme. 


74 


Somit  beschränkt  sich  alles,  was  den  Schwärmern  fiir  die  Üppig¬ 
keit  der  nordischen  Fauna  zugegeben  werden  kann,  auf  die  That- 
sachen:  daß  die  Vegetation  im  Meere  eine  weniger  rasche  Abnahme 
nach  Norden  zeigt  und  dadurch  einer  Anzahl  von  Herdentieren  ein 
Vordringen  iu  Breiten  gestattet,  in  denen  auf  dem  Lande  Pflanzen¬ 
fresser  sich  bereits  nicht  mehr  halten  können ;  daß  diese  vordringen¬ 
den  Seetiere  einer  Anzahl  von  Fischen  und  fischfressenden  Vögeln 
und  Robben  volksreiche  Gemeinden  zu  bilden  erlauben  ;  daß  ferner 
die  räumlich  und  zeitlich  in  ihrem  Auftreten  beschränkten  Arten 
durch  die  Gleichzeitigkeit  ihres  Erscheinens  bei  genügsamen  Reisen¬ 
den  die  Idee  einer  verhältnismäßigen  Reichhaltigkeit  erwecken  kön- 
nen.  Werden  aber  Sätze  wie  der,  »daß,  sobald  Nahrung  vorhauden 
(sic!),  die  Quantität  der  Belebung  überall  ziemlich  gleich  sei«  *), 
gebildet  und  zum  Sturm  gegen  die  Darwinschen  Lehren  verwendet, 
so  beweist  dies  eben  nur,  auf  wie  hohlen  Stützen  jener  Bau  ruht, 
den  man  an  Stelle  jenes  großartigen  Denkmals  unseres  Jahrhuuderts 
errichten  will.  Mögen  die  Theorien,  welche  Darwin  aufgestellt  oder 
zu  denen  er  Anregung  gegeben,  in  ihren  Einzelheiten  auch  noch 
vielfacher  Berichtigungen  bedürfen,  es  bleibt  dennoch  wahr,  was 
Brauer  sagt:**)  »Die  Lehre  Darwins  ist  der  Schlüssel  zum  Ver¬ 
ständnis  der  lebenden  Hieroglyphen  zur  Sprache  der  Natur,  die  uns 
in  der  Entwickelung  der  jetzt  lebenden  Wesen  ihre  ganze  Geschichte 
in  Bildern  vorführt.«  —  Durch  sie  erblicken  wir  die  Schönheiten 
unserer  Umgebung  wie  regelmäßige,  geometrisch  verständliche  Fi¬ 
guren,  nicht  wie  die  zufällig  durcheinander  geschobenen  Sterne  eines 
Kaleidoskops. 


Die  gesprenkelte  Kettennatter  oder  Sprenkelnatter  {Coronella 

Sayi,  Deck.). 

Von  Herrn.  Lachmann. 

Von  den  in  neuerer  Zeit  eingeführten  überseeischen  Schlangen 
gehört  die  Sprenkelnatter  ( Coronella  Sayiy  Deck.)  mit  zu  den  schönsten 
und  haltbarsten.  Der  Körper  ist  gestreckt,  walzig,  der  Kopf  klein, 
wenig  abgesetzt.  Sie  dürfte  wohl  durchschnittlich  über  IA/2  m  lang 
werden  (meine  hat  jetzt  eine  Länge  von  1,60  m),  ist  daher  eine 
Schlange,  welche  jedem  zoologischen  Garten  zur  Zierde  gereichen 

*)  Zeitschrift  für  die  gesamten  Naturwissenschaften,  1877,  II.  p.  15. 

**)  Verhandlungen  der  zoolog. -botan.  Gesellschaft  zu  Wien.  NIX.  p.  299. 


75 


würde.  Die  Grundfarbe  ist  kohlschwarz,  von  der  Seite  gegen  das 
Licht  betrachtet  bläulich  schimmernd;  fast  auf  jeder  Schuppe  findet 
sich  ein  ovaler  Fleck,  nach  dem  Bauch  zu  gehen  die  Flecken  in  eine 
blaßgelbe  Färbung  über.  In  gleichmäßigen  Abständen  von  2,5  cm 
setzen  die  Flecken  aus,  drängen  sich  hier  zu  strichartigen  Querbinden 
zusammen  und  lassen  dahinter  einen  etwa  2  bis  4  mm  breiten 
Streifen  frei,  so  daß  die  Grundfarbe  als  schwarze  ungefleckte  Querbinde 
hervortritt.  Die  Farbe  der  Unterseite  ist  weißlich  mit  größeren  oder 
kleineren  dunklen  Flecken,  schwärzlich  oder  grau-schwarz,  marmoriert 
oder  gewölkt,  welche  sich  meist  derartig  nach  den  Körperseiten  hin¬ 
aufziehen,  daß  sie  dort,  wo  die  dunkle  Querbinde  hervortritt,  mit 
dieser  Zusammengehen. 

Diese  hübsche  Schlange  wird  sehr  schnell  und  außerordentlich 
zahm ;  sie  hat  es  entschieden  gern,  daß  man  sich  mit  ihr  abgibt. 
Trete  ich  an  das  von  ihr  bewohnte  Terrarium,  so  kommt  auch  die 
Sprenkelnatter  alsbald  von  der  Grotte  herab  zu  der  Thür,  an  welcher 
ich  stehe,  sich  hin  und  her  schmiegend  und  deutlich  zu  erkennen 
gebend,  daß  sie  gern  heraus  möchte.  Öffne  ich  dann  die  Thür,  so 
kommt  sie  sofort  heraus,  halte  ich  ihr  den  Arm  hin,  so  schlingt 
sie  sich  alsbald  um  denselben,  klettert  daran  in  die  Höhe,  legt  sich 
auf  meine  Schultern,  um  den  Hals,  klettert  mir  am  Rücken  wieder 
herab,  schlingt  sich  um  meinen  Leib,  klettert  wieder  hoch,  oder  mir 
zum  Rockärmel  hinein,  innerhalb  des  Rockes  unten  wieder  heraus, 
au  den  Füßen  hinab  auf  den  Boden  des  Zimmers.  Hier  hält  sie 
sich  aber  nicht  lange  auf;  siekriecht  wohl  einigemal,  die  verschiedenen 
Ecken  untersuchend,  herum,  bezüngelt  die  im  Zimmer  frei  herum¬ 
kriechenden  Schildkröten,  kommt  dann  aber  bald  wieder  herbei ;  sich 
an  meinen  Füßen  wieder  emporschlingend,  beginnt  sie  ihre  Wanderungen 
auf  meinem  Körper  herum  wieder  von  neuem.  Dies  kann  stunden¬ 
lang  so  fortgehen,  sie  wird  dessen  nicht  überdrüssig,  selten  liegt  sie  ruhig. 
Jeder  Körperteil,  welchen  sie  berühren  will,  wird  erst  ordentlich  be¬ 
züngelt,  was  jedoch  so  sanft  geschieht,  daß  die  Berührung  ihrer 
Zunge  an  den  Augen,  Ohren  u.  a.  mit  dem  Kitzeln  eines  Haares  zu 
vergleichen  ist,  öfters  berührt  sie  die  betreffenden  Stellen  gar  nicht 
direkt,  sondern  züngelt  nur  darnach ;  ihr  Tastgefühl  ist  so  fein, 
daß  es  einer  direkten  Berührung  oft  nicht  bedarf. 

Öffne  ich  die  Thür  ihres  geheizten  Terrariums  und  trete  dann 
zurück,  so  kommt  sie  auch  heraus,  vermeidet  es  aber  sichtlich,  mit  der 
Außenwand  des  heißen  Regulators  oder  des  darunter  befindlichen 
Heizraums  in  Berührung  zu  kommen.  Sie  schlingt  sich  gewöhnlich 


76 


um  die  an  den  Eckeu  des  Terrariums  angebrachten  eisernen  Hand¬ 
haben,  sich  von  hier  aus  auf  den  Boden  des  Zimmers  herablassend, 
was  ihr  ihrer  Länge  wegen  leicht  wird,  deun  sie  besitzt  selbst  noch 
im  Schwänze  solche  Kraft,  daß  man  Gewalt  anwenden  muß,  um  sie 
von  Gegenständen,  welche  sie  mit  diesem  umschlungen  hat,  loszu- 
machen.  Auch  ihre  sonstige  Muskelkraft  ist  dementsprechend,  und 
sie  hat  schon  oft  erstaunliche  Proben  davon  abgelegt.  Schlingt  sie 
sich  um  meinen  Arm,  so  hält  sie  sich  mitunter  so  fest,  daß  der 
eingeschnürte  Arm  in  kurzer  Zeit  blau  wird ;  bisweilen  legte  sie  sich 
um  meinen  Hals  und  zog  dann  plötzlich  ihre  Körperschlinge  fester;  da 
mußte  ich  dann  flink  sein,  um  sie  loszumachen.  Ich  glaube  ganz 
bestimmt,  daß  es  ihr  leicht  wird  einen  Menschen ,  wenn  sie  sieb 
um  dessen  Hals  schlingt,  zu  erdrosseln.  Um  Gegenstände  schlingt 
sie  sich  so  fest,  daß  ich  sie  mit  ziemlicher  Gewalt  ab  wickeln  muß, 
um  sie  loszubekommen.  Infolge  dieser  Muskelkraft  überwältigt  sie 
auch  leicht  größere  Tiere.  Einen  großen  kräftigen  Maulwurf  zu 
erwürgen,  kostet  ihr  wenig  Anstrengung.  Einst  hätte  sie  einen  1  m 
langen,  4m  im  Durchmesser  dicken  Scheltopusik  beinahe  erstickt;  alle 
Anstrengungen,  die  Schlange  von  ihrem  Opfer  zu  lösen,  waren  ohne  Er¬ 
folg,  sie  zog  die  Schlingen  nur  noch  fester,  und  so  blieb  schließlich 
nichts  übrig,  als  beide  Tiere  in  einen  Eimer  kalten  Wassers  zu  werfen, 
dann  erst  ließ  sie  ihr  Opfer  los.  Ob  dieser  Behandlung  war  sie  aber 
nicht  ärgerlich  geworden,  sie  ließ  sich  ruhig  aufnehmen  uud  in  ihr 
Terrarium  bringen.  Der  Scheltopusik  war  völlig  matt  und  schlaff, 
erholte  sich  aber  nach  einigen  Stunden  wieder  völlig  und  ist  heute 
nach  U/2  Jahren  noch  wohl  und  munter.  Selbstredend  habe  ich  ihn 
von  da  ab  in  ein  anderes  Terrarium  untergebracht.  Auch  eine  ganz 
große,  bissige  Perleidechse  (60  cm  lang)  wurde  nur  durch  das  zu¬ 
fällige  Dazwiscbentreten  meiner  Frau  gerettet;  eine  wenig  kleinere 
hatte  sie  schon  vorher  verschlungen. 

Iufolge  dieser  Erfahrungen  gab  ich  ihr  nur  noch  ihr  weit  über¬ 
legene  Tiere  zur  Gesellschaft,  aber  auch  zwischen  diesen  und  ihr  gab 
und  gibt  es  fast  täglich  Streit.  So  teilten  ihr  Terrarium  längere 
Zeit  zwei  sehr  bissige  über  2  m  lange  Zamenis  viridiflavus  var. 
caspicus ,  ein  über  1  */2  m  langer  Zamenis  carbonarias,  zwei  etwa 
2  m  lange  Elaphis  quaterradiatus ,  eine  jetzt  1,7  7  m  lauge 
Coelopeltis  Neumayeri  und  mein  jetzt  etwa  60  cm  langer  Kaimau. 
Unter  dieser  Gesellschaft  spielte  die  Sprenkelnatter  die  Herrscherin, 
mit  allen  fing  sie  Händel  an,  alle  gingen  ihr  aus  dem  Wege,  nur 
die  beiden  großen  Zamenis  viridiflavus  nicht,  mit  welchen  sich  aber 


77 


die  Sprenkelnatter  nicht  einließ,  obschon  sie  wohl  mit  ihnen  fertig 
geworden  wäre.  Die  beiden  großen  Zornnattern  waren  sehr  bissig; 
haben  mich  wiederholt  gebissen,  weshalb  ich  sie  abgegeben  habe. 
Nachdem  diese  beiden  Schlangen  fort  waren,  wurde  die  Sprenkel- 
natter  nur  noch  dreister,  sie  fiel  bald  über  diese,  bald  über  jene  her, 
biß  sich  fest  und  wickelte  sie  ein;  Versuche  die  umwundene  Schlange 
zu  verschlingen,  hat  sie  nie  gemacht,  diese  Angriffe  scheinen  nur 
Spielerei  zu  sein,  sie  thut  dies  gewissermaßen  zum  Zeitvertreib ; 
nichts  destoweniger  muß  ich  stets  aufpassen,  damit  sie  doch  nicht 
einmal  Unheil  anrichtet  oder  selbst  zu  Schaden  kommt.  Am  häu¬ 
figsten  händelt  sie  sich  mit  der  G.  Neumayeri  und  dem  Kaiman. 
Letzterer  fertigt  sie  jedoch  immer  sehr  bald  ab,  er  beißt  sehr  scharf, 
weshalb  sie  diesen  immer  schnell  wieder  losläßt.  Am  schlechtesten 
geht  es  noch  immer  der  C.  Neumayeri ,  trotzdem  diese  größer  und 
dicker  ist  als  die  Sprenkelnatter.  Seltsamerweise  wehrt  sich 
erstere  kaum  ihrer  Haut,  bisweilen  versucht  sie  zwar  auch  die 
Sprenkelnatter  zu  umschlingen,  gewöhnlich  ist  sie  aber  von  letzterer 
bereits  so  fest  eingepresst,  daß  sie  nicht  mehr  viel  machen  kann. 
Mitunter  erfaßt  die  Sprenkelnatter  auch  den  Kopf  der  Eidechsen¬ 
natter,  niemals  aber  macht  sie  den  geringsten  Versuch,  denselben 
zu  verschlingen.  Vor  einigen  Wochen  hätte  beinahe  das  Gegenteil 
stattgefunden,  da  beide  Schlangen  sich  zugleich  über  eine  Maus 
hergemacht  hatten  ;  als  sie  nun  mit  den  Schnauzen  zusammenstießen, 
nahm  die  Eidechsennatter  den  Kopf  der  Sprenkelnatter  in  den 
Rachen  und  wollte  weiter  schlingen,  woran  ich  sie  jedoch  hinderte, 
indem  ich  die  Maus,  nachdem  ich  beide  wieder  etwas  auseinander¬ 
gezogen,  einfach  mit  der  Scheere  durchschnitt,  was  ich  gar  häufig 
auch  bei  anderen  Schlangen  machen  muß.  Der  C.  Neumayeri  ist 
in  dieser  Beziehung  nicht  zu  trauen,  da  sie  mir  schon  eine  pracht¬ 
volle,  weit  über  1  m  lauge  jRhinechis  scalaris  verschlungen  hat;  ich 

kam  gerade  noch  dazu,  um  die  Schwanzspitze  der  schönen  Treppen- 

_  _ » 

natter  im  Rachen  der  Eidechsennatter  verschwinden  zu  sehen.  Die 
Treppennatter  war  sehr  bissig  und  jähzornig,  ließ  sich  nicht  au- 
fassen,  mußte  aber  trotzdem  den  Giftzähuen  der  C.  Neumayeri  q rliegen. 
Meine  Beobachtungen  betreffs  der  Bissigkeit  der  Treppennattern 
stimmen  mit  denen  des  Herrn  J.  v.  Fischer  völlig  überein,  noch 
nie  ist  eine  so  zahm  geworden,  daß  sie  sich  ungestraft  angreifen  ließ. 
Es  wäre  doch  der  Eidechsennatter  leicht,  auch  gegenüber  der 
Sprenkelnatter  von  ihren,  wenn  auch  hinten  im  Rachen  stehenden 
Giftzähnen  Gebrauch  zu  machen;  bisher  hat  sie  dies  aber  niemals 


78 


versucht;  ich  bin  auch  wegen  der  Sprenkelnatter  gar  nicht  besorgt, 
denn  die  Eidechsennatter  wird  von  der  Sprenkelnatter  meist  so  dicht 
hinter  dem  Kopf  umschlungen,  daß  sie  schlechterdings  von  ihren 
Giftzähnen  keinen  Gebrauch  machen  kann. 

Abgesehen  von  diesen  Zänkereien  (oder  Spielereien  ?)  mit  ihren 
Mitgefangenen  ist  .  die  Sprenkelnatter  dem  Menschen  gegenüber  über¬ 
aus  gelassen,  harmlos  und  spielerisch.  Sie  ist  so  außerordentlich 
zahm  und  zutraulich  geworden,  daß  ich  sie  jederzeit  ohne  weiteres 
aus  dem  Terrarium  herausnehmen  und  unbedenklich  jedem  Fremden 
in  die  Haud  geben  kann,  sie  wird  niemals  beißen.  Trotz  dieser 
Harmlosigkeit  kann  man  sie  doch  auch  erzürnen;  ihre  Erregung  oder 
ihren  Zorn  gibt  sie  dann  aber  rechtzeitig  zu  erkennen,  so  daß  mau 
sich  sichern  kann.  Wird  sie  böse  oder  erregt,  so  gerät  ihr  Schwanz 
in  schwingende,  zitternde  Bewegung,  und  sie  verursacht  dabei  ein 
schnelles  rasselndes  Geräusch,  ähnlich  dem,  wenn  man  ein  starkes 
Briefcouvert  schnell  hin  und  her  schwenkt,  oder  mit  den  Fingern 
über  die  Zähne  eines  Kammes  fährt.  Dies  geschieht  z.  B.  dann, 
wenn  sie  sich  im  Boden  oder  unter  einen  Stein  einwühleu  will 
und  ich  sie  dann  dabei  störe,  resp.  hervorzuziehen  versuche,  oder 
auch  wenn  ich  eine  Thür  des  Terrariums  öffue,  wo  sie  dann  natürlich 
heraus  will,  und  ich  ihr  dann  eine  Maus  lebend  oder  tot  Vorhalte;  sie 
weicht  erst  mehrmals  aus;  halte  ich  ihr  aber  die  Maus  immer  wieder 
vor,  so  wird  sie  schließlich  darüber  ärgerlich  und  ihr  Schwanz  gerät 
in  die  erwähnte  lebhafte  Bewegung.  Sehr  zänkisch  und  erregt 
zeigt  sie  sich  auch,  wenn  sie  gefressen  hat  und  womöglich  noch  nicht 
völlig  gesättigt  ist,  dann  fällt  sie  über  jeden  ihr  in  den  Weg 
kommenden  Mitbewohner  ihres  Terrariums  her.  Deshalb  muß  ich 
auch  stets  Obacht  auf  sie  geben,  um  eine  von  ihr  umschlungene 
Schlange  sofort  befreien  zu  können.  Gewöhnlich  nehme  ich  sie  dann 
für  kurze  Zeit  aus  dem  Terrarium  heraus. 

Im  allgemeinen  ist  sie  sehr  lebhaft,  viel  in  Bewegung;  mit  Aus¬ 
nahme  der  Zeit  vor  der  Häutung  klettert  sie  fast  beständig  im  Terrarium 
umher.  Es  macht  dies  einen  ganz  andern  Eindruck,  als  wenn  man 
eine  ihr  gegenüber  doch  nur  kleine  Schlingnatter  oder  Äskulapnatter 
klettern  sieht.  Hinter  genannten  Schlangen  steht  sie  an  Kletter¬ 
gewandtheit  keineswegs  zurück.  Sie  kann  sich,  wenn  sie  ihren 
Schwanz  irgendwo  umgeschiungen  hat,  leicht  bis  über  die  halbe 
Körperläuge  gerade  emporrichten,  auch  ihren  Körper  fast  ebenso  lang 
wagrecht  vorstrecken.  Trotz  der  ziemlichen  Dicke  ihres  Körpers, 
etwa  5  cm  im  Durchmesser,  führt  sie  die  schwierigsten  Verschlingungen 
aus,  mindestens  ebenso  leicht  wie  die  Schlingnatter. 


79 


Sie  ist  ein  echtes  Tagtier;  während  des  Tages  fast  in  steter 
Bewegung,  sucht  sie  mit  Einbruch  der  Dämmerung  ihren  Ruheplatz 
auf,  gewöhnlich  auf  oder  in  der  Grotte.  Die  Sonnenstrahlen  sucht 
sie  zeitweise  auf,  doch  hält  sie  sich,  um  sich  zu  sonnen,  meist  auf 
der  Grotte,  seltener  am  Boden  auf.  Die  Mittagssonne  ist  ihr  jedoch 
zu  heiß,  sie  sucht  sich  daun  ein  schattiges  Plätzchen  hinter  der 
Grotte  oder  lungert  an  den  Thüren  herum,  damit  zu  erkennen 
gebend,  daß  sie  herausgelassen  werden  möchte.  Sehr  häufig  fängt 
sie  auch  an,  sich  in  den  mitunter  heißen  Sand  eiuzuwühlen.  Hierbei 
bohrt  sie  sich  förmlich  mit  dem  Kopf  in  den  Sand  hinein,  dann 
hebt  sie  den  eingebohrten  Körperteil  empor  und  wirft  den  auf  ihr 
liegenden  Sand  seitwärts,  bohrt  wieder  und  wirft  den  Sand  wieder 
fort;  auf  diese  Weise  bringt  sie  in  kurzer  Zeit  eine  ziemlich  tiefe 
geräumige  Grube  fertig,  in  welche  sie  sich  daun  mitunter  für  kurze 
Zeit  hineinlegt.  Gewöhnlich  legt  sie  solche  Gruben  in  einer  schattigen 
Ecke  an.  Bisweilen  bohrt  sie  sich  auch  Röhren  in  den  Boden. 

Sie  ist  sehr  aufmerksam,  ihrem  scharfen  Auge  entgeht  so  leicht 
nichts,  dabei  ist  sie  neugierig  und  sehr  flink.  Lege  ich  dem  Kaiman 
Fleisch  auf  den  Rand  des  großen  Wasserbeckens,  so  ist  die  Sprenkel¬ 
natter  gewöhnlich  eher  dabei  und  bezüngelt  es  als  der  Kaiman. 
Da  die  Schlangen  aus  dem  Becken,  in  welchem  sich  der  Kaiman  auf¬ 
hält,  nicht  trinken  können,  weil  dieser  dann  sofort  nach  den  Schlangen 
beißt,  so  habe  ich  in  einer  vorderen  Ecke  ein  kleineres  Becken  für 
die  Schlangen  aufgestellt.  Hat  sich  nun  z.  B.  die  Spreukelnatter 
in  die  Grotte  oder  unter  das  Becken  des  Kaimans  verkrochen,  so  daß 
sie  gar  nicht  sichtbar  ist,  so  kommt  sie  doch  sofort  hervor,  wenn  ich 
frisches  Wasser  in  das  kleine  Becken  gieße,  und  wenn  ich  dies 
noch  so  leise  mache,  die  Sprenkelnatter  merkt  es  doch  ;  ebenfalls  ist 
sie  sofort  da,  wenn  ich  ganz  leise  eiue  tote  Maus  in  das  Terrarium 
lege.  Eine  tote  Maus  weiß  sie  sofort  von  einer  lebenden  zu  unter¬ 
scheiden.  Während  sie  letztere  sofort  mehrmals  umschlingt,  unter¬ 
läßt  sie  dies  bei  einer  toten.  Sie  verschlingt  diese  vielmehr,  nachdem  sie 
ein  Weilchen  mit  derselben  gespielt  hat,  bald  von  vorn,  bald  von 
hinten  anfangend.  Einer  toten  Maus  nähert  sie  sich  langsam,  be¬ 
züngelt  dieselbe  und  spielt  mit  ihr,  auf  eine  lebende  fährt  sie  jedoch 
hastig  los  und  umschlingt  dieselbe  blitzschnell,  so  daß  der  ganze 
Körper  der  Maus  eingeschlossen  wird.  Während  sie  so  die  Maus 
umschlungen  hält,  zittert  und  zuckt  sie  am  ganzen  Körper,  der 
Schwanz  ist  in  lebhafter  Bewegung.  Sie  weiß  auch  ganz  genau, 
wie  lange  sie  ihre  Ringe  um  das  Opfer  geschlossen  halten  muß, 


80 


und  bevor  dieses  nicht  völlig  tot  ist,  löst  sie  dieselben  nie.  Dann 
spielt  sie  erst  mit  dem  erwürgten  Opfer,  bevor  sie  es  verschlingt.  Bei 
diesen  Spielereien  kommt  es  bisweilen  vor,  daß  sie  ihre  Beute  verliert; 
oder  mit  ihrem  eigenen  Körper  bedeckt;  man  kann  dann  deutlich 
beobachten,  wie  sie  nach  derselben  sucht  und  wie  ihre  Erregung 
steigt,  wenn  sie  das  Opfer  nicht  bald  findet ;  es  dauert  jedoch  selten 
lauge,  bis  sie  es  wieder  hat.  Während  sie  so  nach  der  von  ihr  erwürgten 
Maus  suchte,  habe  ich  diese  schon  manchmal  in  der  Grotte  etc.  ver¬ 
steckt,  aber  auch  dort  fand  die  Schiauge  ihr  Opfer  wieder.  Dann  legte 
ich  ihr,  während  sie  nach  ihrer  Beute  suchte,  eine  zweite  tote  Maus 
hin,  welche  sie  jedoch  meist  nicht  beachtete,  sondern  nach  der  von 
ihr  erwürgten  suchte.  Erst  daun,  wenn  sie  diese  nun  mit  sicht¬ 
licher  Eile  verschlungen,  machte  sie  sich  über  die  andere  Maus  her, 
wenn  diese  noch  vorhanden  war. 

Ihre  Fütterung  ist  sehr  leicht,  da  sie  ihr  Futter  sofort  von  der 
Zange  abnimmt.  Mit  der  bloßen  Hand  halte  ich  ihr  nichts  mehr 
hin,  da  sie  mich  zweimal,  jedoch  aus  Versehen,  tüchtig  gebissen  hat. 
Ich  hielt  ihr  eine  lebende  Maus  am  Schwanz  gefaßt  hin,  die  Schlange 
fuhr  zu,  die  Maus  flog  durch  den  heftigen  Anprall  zur  Seite  und 
die  Schlange  hatte  im  selben  Augenblick  statt  der  Maus  meine 
Hand  im  Rachen,  ließ  aber  sofort  los  und  fing  nun  die  ängstlich 
herum  rennende  Maus  ab.  Ein  anderes  Mal  hatte  sie  eben  einen 
toten  Sperling  verschlungen,  als  ich  ein  Stückchen  vertrocknetes 
Brot,  welches  die  Mäuse  liegen  gelassen,  aus  dem  Terrarium  nehmen 
wollte;  plötzlich  fuhr  die  dicht  dabei  liegende  Schlange  nach  meiner 
Hand,  ließ  jedoch,  ebenfalls  sofort  ihren  Irrtum  gewahrend,  wieder 
schnell  los.  Ihre  Nahrung  nimmt  sie  tot  wie  lebend  an,  in  letzter 
Zeit  tote  jedoch  lieber,  überhaupt  nehmen  meine  sämtlichen  mäuse¬ 
fressenden  Schlangen,  auch  sogar  die  Äskulapnattern,  tote  Nahrung 
(Mäuse,  Sperlinge)  an.  Die  Sprenkelnatter,  wie  auch  die  Eidechsen¬ 
nattern,  nehmen  am  liebsten  recht  große  Feldmäuse,  von  welchen  ich 
bisweilen  Stücke  bekomme,  die  man  für  Ratten  halten  könnte.  Sper¬ 
linge  nimmt  sie  lieber  lebend,  tote  läßt  sie  oft  längere  Zeit  liegen. 
Ratten,  Maulwürfe,  selbst  ganz  große,  hat  sie  bereits  gefressen,  sie 
nimmt  diese  am  liebsten  tot  an  und  einen  Maulwurf  hat  sie  sogar 
trotz  vieler  Mühe  von  hinten  anfangend  verschlungen,  jedenfalls  weil 
ihr,  vom  Kopfe  anfangend,  die  Vorderfüße  des  Maulwurfs  zu  viel 
Widerstand  leisten.  Sie  sowohl  als  auch  die  C.  Neumayeri  lassen 
nichts  umkommen.  Beißen  andere  Schlangen  oder  der  Kaiman, 
welcher  übrigens  auch  tüchtig  Mäuse  frißt,  bisweilen  eine  Maus  oder 


81 


einen  Sperling  tot,  ohne  diese  alsbald  zu  verschlingen,  so  sind  diese 
noch  immer  willkommenes  Futter  für  die  beiden  Schlangen,  welche 
im  Fressen  wirklich  Erstaunliches  leisten. 

Einen  lebenden  Sperling  oder  eine  lebende  Maus  ergreift  die 
Sprenkelnatter,  wie  sie  es  eben  trifft,  und  dreht  sich,  die  Beute  zwischen 
ihre  Körperringe  einpresseud,  einem  lebendigen  Knäuel  gleich,  schnell  am 
Boden  herum.  Um  ihr  Opfer  zu  verschlingen,  klemmt  sie  dieses 
zwischen  eine  Biegung  ihres  Körpers,  ergreift  bei  Mäusen  u.  dergl. 
meist,  bei  Vögeln  stets  den  Kopf;  das  Verschlingen  geht  sehr 
schnell.  Ist  sie  einmal  bei  dieser  Schlingarbeit,  so  kann  ich  ihr  eine 
tote  Maus  nach  der  andern  reichen,  alle  werden  sofort  hinabgewürgt, 
sie  scheint  dann  nicht  satt  zu  werden.  Einmal  hat  sie  hintereinander 
verschlungen :  fünf  große  Feldmäuse  ganz,  eine,  von  welcher  der 
Kopf  fehlte,  einen  toten  Sperling  und  eine  tote,  etwa  30  cm  lange 
Smaragdeidechse.  •  Bei  dieser  Schlingarbeit  läßt  sie  sich  auch  geduldig 
den  Kopf  halten  und  eine  Maus  nach  der  andern  in  den  Rachen 
hineinstopfen.  So  hatte  sie  ein  andermal  zwei  ganz  große  Feldmäuse 
verschlungen ;  nun  hatte  ich  noch  zwei  Hausmäuse  und  eine  tote 
Feldeidechse,  welche  keine  der  andern  Schlangen  mehr  fressen  wollte  oder 
konnte.  Da  nahm  ich  nun  diese  drei  Tiere,  legte  sie  nebeneinander 
und  dann  dieses  Bündel,  als  noch  zum  Rachen  der  Schlange  der 
Schwanz  und  die  Hinterfüße  der  letzt  verschlungenen  Feldmaus 
heraussahen,  zwischen  die  Hinterfüße  der  Feldmaus;  auch  diese 
Kleinigkeit  wurde,  ohne  sich  stören  zu  lassen,  von  der  Schlange 
hinabgewürgt.  Manchmal  frißt  sie  sich  so  voll,  daß  sie  fast  den 
doppelten  Körperumfaug  erhält.  Nach  ein  bis  höchstens  drei 
Tagen  ist  ihr  jedoch  nichts  mehr  anzusehen,  da  sie  sehr  schnell 
verdaut.  Lauge  nötigen  läßt  sie  sich  selten  zum  Fressen,  sie  frißt 
fast  alle  Tage,  wenn  ich  ihr  etwas  gebe,  jedoch  dann  nicht  immer 
gleich  viel,  im  Durchschnitt  etwa  1 — 2  Feldmäuse  täglich. 

Hat  sie  sich  aber  so  voll  gefressen,  daß  sie  wirklich  nichts  mehr 
unterbringen  kann,  so  gönnt  sie  das  etwa  übrig  gelassene  Futter  doch 
keiner  ihrer  Mitgefangenen.  Wird  sie  gewahr,  daß  eine  andere 
Schlange  sich  über  das  übrig  gelassene  Futter  hermachen  will,  so 
wehrt  sie  diese  durch  Zischen  und  Bisse  ab;  hilft  dies  nicht,  so 
wickelt  sie  sich  über  dem  noch  vorhandenen  Futtertier  zusammen 
und  deckt  dieses  mit  ihrem  Körper  ;  andern  Tags  ist  dies  dann  auch 
verschwunden.  Zieht  sie  sich  nämlich  am  Abend  nach  ihrem  Ruheplatz 
für  die  Nacht  zurück,  so  schleppt  sie  das  Futter  mit  sich  dorthin 
und  verschlingt  dieses  jedenfalls  während  der  Nacht.  Es  kann  aber 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXI.  1890.  6 


82 


auch  möglich  sein,  daß  eine  andere'  Schlange  oder  der  Kaiman  der 
Spreukelnatter  während  der  Nacht  das  Futter  fortnimmt,  denn  letzterer 
untersucht  des  Nachts  alle  Winkel  des  Terrariums  nach  Nahrung  und 
frißt  sowohl  lebeude  als  tote  Mäuse  etc.  Ich  habe  schon  viele  große 
und  sehr  große  und  lebhafte  Schlangen  besessen,  darunter  war  aber 
noch  keine,  welche  eine  stets  so  rege  Freßlust  wie  meine  Sprenkel¬ 
natter  und  C.  Neumayeri  zeigten.  Obwohl  manche  größer  waren 
und  demnach  auch  mehr  fraßen,  so  geschah  dies  doch  nur  meist 
zeitweise;  die  beiden  letztgenannten  Schlangen  zeigen  aber  fast  stets 
sehr  rege  Freßlust. 

Nach  einer  jeden  Mahlzeit  zeigt  die  Schlange  großen  Durst  und 
trinkt  tüchtig,  wobei  sie  die  Schnauze  bis  zu  den  Nasenlöchern  oder 
Augen  ins  Wasser  taucht,  mit  deutlich  sichtbarer  kauender  Bewegung. 
Sie  ist  überhaupt  dem  Wasser  nicht  so  abhold,  als  dies  die  Coronellen 
im  allgemeinen  sind,  sie  trinkt  sehr  oft  und  badet  gern,  manchmal 
liegt  sie  ziemlich  lange  in  dem  warmen  Wasser  des  Beckens,  teils 
mit  dem  ganzen  Körper,  und  den  Kopf  über  Wasser  haltend,  oder 
auch  nur  mit  einem  Teil  ihres  Körpers. 

Um  einem  etwaigen  Verlust  vorzubengen,  habe  ich  seit  kurzem 
die  C.  Neumayeri  von  der  Sprenkelnatter  entfernt  und  allein  in 
einem  kleinen  Terrarium  untergebracht,  da  ich  C.  Neumayeri  mit 
kleineren  Schlangen  nicht  zusammenbringen  darf.  An  Stelle  der 
G.  Neumayeri  setzte  ich  nun  2  schwarze  Äskulapnattern  1,40  und 
1,65  m  lang,  in  das  von  der  Sprenkelnatter  u.  a.  bewohute  Terrarium; 
mit  diesen  beiden  Schlangen  hat  sich  die  Sprenkeluatter  bis  heute 
gut  vertragen,  bisher  habe  ich  noch  keine  Zänkereien,  wie  solche 
zwischen  ihr  und  C.  Neumayeri  täglich  vorkamen,  bemerkt. 

Alles  in  allem  kann  ich  die  hübsche,  lebhafte  Sprenkelnatter  für  die 
Gefangenschaft  nur  empfehlen,  und  sie  wäre  es  wohl  wert,  daß  auch 
ihr  ein  Plätzchen  in  unsern  zoologischen  Gärten  angewiesen  würde. 
Manchen  Besucher  würde  sie  durch  ihre  anmutigen  Bewegungen, 
ihre  Lebhaftigkeit  und  Schönheit  wohl  mehr  fesseln  als  die  mehr 
trägen  Riesen  ihres  Geschlechts.  Mit  großen  Schlangen  verträgt  sie 
sich  auch  ganz  gut  und  ihre  etwaigen  Neckereien  sind  solchen  gegen¬ 
über  ja  nicht  von  Bedeutung.  Obwohl  nicht  häufig,  so  kommt  sie  doch 
in  neuerer  Zeit  hin  und  wieder  im  Tierhandel  vor  und  ist,  wenn 
auch  nicht  gerade  billig  doch  auch  verhältnismäßig  nicht  teuer 
(15  Mark) ;  sie  würde  auch  bald  billiger  werden,  wenn  sie  nur 
häufiger  eingeführt  würde,  denn  in  ihrer  Heimat,  Mittelamerika,  ist 
sie  ziemlich  häufig.  Sie  ist  nicht  besonders  empfindlich,  bei  18  bis 


—  83  — 

20°  R  ist  sie  noch  sehr  lebhaft,  erst  bei  15°  R  und  weniger  wird 
sie  träger,  ihre  Haltung  bereitet  daher  keine  Schwierigkeiten. 

Es  gibt  außer  dieser  noch  so  manche  hübsche  Schlangen, 
von  welchen  ich  noch  hier  berichten  werde,  die  nicht  zu  den 
Riesenschlangen,  sondern  zu  den  mittelgroßen  zählen,  die  wohl 
wert  wären  in  unsern  zoologischen  Gärten  gehalten  zu 
werden.  Es  müssen  ja  nicht  immer  die  teuren  Riesenschlangen  sein, 
die  in  zoologischen  Gärten  zur  Schau  gestellt  werden,  auch  die 
kleineren  Schlangen  sind  interessant,  und  das  Publikum  würde  eine 
Vorführung  solcher  gewiß  gleichfalls  mit  Dank  aufnehmen,  und 
manches  können  wir  an  diesen  lernen. 


Das  gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner. 

Von  Dr.  Emil  Buck. 

(Fortsetzung.) 

III.  Die  Tiere  des  Beckenaquariums. 

Die  so  außerordentlich  formenreiche  niedere  Tierwelt  des  Wassers 
oder  seiner  Ufer  gibt  unerschöpflichen  Stoff  zu  biologischen  Studien, 
wenn  sich  die  Tiere  in  einer  ihren  Lebensbedürfnissen  Rechnung 
tragenden  Gefangenschaft  befinden,  welche  sie  daher  auch  nicht  im 
geringsten  fühlen.  Daß  selbst  die  kleinsten  geflügelten  und  flügel¬ 
losen  Insekten  sehr  gut  einen  Unterschied  in  Bezug  auf  ihren  ge¬ 
zwungenen  Aufenthaltsort,  also  in  unserem  Falle  das  Aquarium,  zu 
machen  verstehen,  erhellt  doch  daraus,  daß  sie  bei  der  ersten  besten 
Gelegenheit  die  Flucht  aus  dem  unpraktisch  angelegten  Behälter 
ergreifen,  wenn  sie  nicht  ein  Verschluß  daran  hindert.  Mein  Becken 
aber  ruht  offen  auf  einem  Tische  und  doch  denkt  kein  Insekt,  mit 
Ausnahme  von  Mücken  und  Köcherfliegen,  hin  und  wieder  auch 
Wassertreter,  daran,  mit  Absicht  das  Weite  zu  suchen.  Im  Gegen¬ 
teil  pflanzen  sie  sich  im  Bassin  zum  größten  Teile  fort.  Juni  und 
Juli  vorigen  Jahres  beobachtete  ich  eine  Anzahl  Larven  kleiner 
Wasserkäfer,  welche  im  September  bereits  als  Käfer  sich  herum- 
tummelten.  Es  fehlt  ihnen  nicht  an  allerlei  Verstecken  und  ander¬ 
weitigen  Lebensbedingungen,  die  ihnen  auch  in  der  freien  Natur  zu 
Gebote  stehen.  —  Würde  ich  diese  Tiere  in  ein  offenes  Glasaquarium 
mit  wenigen  Pflanzen  oder  in  ein  Einmachglas  gesetzt  haben,  so 


84 


hätte  das  Vergnügen,  sie  zu  beobachten,  nur  wenige  Tage  gedauert, 
ungeachtet  des  ihnen  gereichten  besten  Futters.  Für  gewisse  In¬ 
sektenlarven  brauche  ich  nicht  einmal  zu  sorgen,  da  vom  nahen 
See  in  die  Stadt  verschlagene  Insekten,  wie  z.  B.  Stechmücken, 
verschiedene  Fliegenarte  u  und  leider  auch  Schmetterlinge  das 
Aquarium  als  passenden  Ort  für  ihre  Nachkommenschaft  ansehen 
und  ihre  Eier  hier  ablegen.  —  Eine  dickleibige,  kleine  Fliegeuart 
verläßt  das  Aquarium  gar  nicht,  sondern  fliegt  seit  Jahren,  auch 
den  Winter  über,  nur  von  einem  Ufer  zum  anderen.  Ihre  Larven 
habe  ich  noch  gar  nicht  finden  können.  —  Die  Fliege  sucht  faulende 
Pflanzenteile  auf. 

Aus  den  Wiesengräben  habe  ich  verschiedene,  ganz  kleine 
Wasserkäfer  von  0,50 — 1  cm  Länge  im  Aquarium  eingebürgert,  welche 
in  der  Frühe  und  gegen  Abend  den  Algenwald  verlassen,  um  das 
Wasser  in  gefälligen  Wendungen  nach  Beute  zu  durchsuchen.  Die 
sehr  rasch  schwimmenden  scliönfarbigeu,  oft  mit  goldgläuzenden 
Flecken  gezierten  Käfer  sind  winzige  Vettern  des  Gelbsaums  und 
gleich  diesem  auf  die  Erlangung  lebender  Tiere  erpicht,  welche  ihnen 
an  Größe  oft  überlegen  sind.  Ihre  Lebensdauer  als  Imago  ist  eine 
geringe,  sie  treten  in  Masse  gleichzeitig  auf,  paaren  sich,  legen  ihre 
Eier  und  sterben  nach  wenigen  Tagen.  Die  Larven  sind  sehr  räuberisch 
und  verpuppen  sich  zwischen  den  Algen  unterhalb  des  Wasser¬ 
spiegels.  Die  Puppen  sind  braun  und  5  mm  lang.  Die  langsam 
durch  das  Wasser  rudernden  Arten,  welche  entweder  schwarze,  grau¬ 
braune  oder  bronzefarbige  Flügeldecken  besitzen,  sind  dem  großen 
schwarzen  Tauchkäfer  nahestehend  und  wie  dieser  ziemlich  unschul¬ 
diger  Natur,  indem  sie  sich  mehr  von  Tierleichen,  Infusorien  und 
Algen  ernähren. 

Die  letzteren  Arten,  welche  ich  mit  Fleisch  und  Brot  füttere, 
pflanzen  sich  auch  seit  Jahren  im  Becken  fort.  Die  so  interessanten 
Wirbelkäfer  ( Gyrinus )  verlangen  einen  von  Pflanzen  freien,  größeren 
Wasserspiegel,  sonst  entweichen  sie  nach  wenigen  Tagen. 

Auf  meinen  nassen  Ufermoosen  und  Felsen  kriechen  äußerst 
langsam  schwarzglänzende  und  ganz  kurzbeinige  Käferchen  umher; 
sie  leben  von  Algen. 

Aus  der  Reihe  der  wanzenartigen  Insekten  sind  nur  die  auf 
dem  Wasser  laufenden  Arten  zu  empfehlen,  denn  die  im  Wasser 
befindlichen  sind  ihren  Mitbewohnern  viel  gefährlicher  als  die 
Wasserkäfer,  welch1  letztere  doch  alle  Weichteile  ihres  erfaßten 
Opfers  genießen  und  auch  mit  Fleisch  vorlieb  nehmen,  während 


85 


hingegen  die  Wasserwanzen  nur  das  Blut  ihrer  Beute  aussangen  und 
daher  weit  mehr  Tiere  zu  ihrer  Sättigung  bedürfen.  Nur  die  2  mm 
langen,  schwarzen  und  rotäugigen  Wasserwanzen,  die  sich  in  geringer 
Anzahl  im  Aquarium  befinden,  lasse  ich  ungestört,  sie  sehen  ohne 
Lupe  betrachtet  Wasserkäfern  täuschend  ähnlich. 

Jedes  Jahr  hole  ich  mir  anfangs  Juni  aus  einem  nahen  Sumpfe 
ganz  junge  Teich läuf er,  Limnobates  stagnorum ,  und  setze  sie  in 
mein  Aquarium.  Hier  werden  sie  mit  Motten  und  fein  geschnittenem 
getrocknetem  rohen  Rindfleische  gefüttert.  Der  das  Wasser  durch¬ 
ziehende  Luftstrom  bewegt  die  Fleischstückchen,  welche  nunmehr 
die  Aufmerksamkeit  der  kleinen  Wanzen  erregen.  Bei  diesem  Futter 
gedeihen  sie  prächtig.  Einer  meiner  Teichläufer  war  innerhalb  vier 
Wochen  von  der  Größe  eines  kleinen  Punktes  zu  der  Länge  eines  cm 
ausgewachsen.  Gewöhnlich  gehen  bis  zum  völligen  Ausgewachsensein 
6  —  8  Wochen  hin,  wobei  eine  Reihe  von  Häutungen  vollzogen  wird. 
Ich  beobachtete  nur  5  Häutungen,  es  müssen  aber  doch  wohl  mehr 
stattfinden.  Wenn  die  Wanzen  ausgewachsen  sind,  können  sie  sehr 
große  Sätze  auf  dem  Wasser  machen,  aber  auch  in  die  Luft,  um 
kleine  Fliegen  zu  erhaschen.  Jetzt  aber  wird  ihnen  bald  das 
Aquarium  zu  klein  und  bei  einem  gewaltigen  Luftsprunge  kann  es 
geschehen,  daß  sie  über  das  Ufer  weg  auf  den  Fußboden  hinab 
fahren.  Dann  ist  es  Zeit,  ihnen  die  Freiheit  zu  geben.  Anfang 
August  haben  meine  Wanzen  Flügel  bekommen.  Eine  derselben  ist 
3  Monate  im  Aquarium  gewesen. 

Für  das  Bassin  ganz  besonders  geeignet  sind  die  1 — 2  mm 
großen  und  sehr  zierlichen  Ufer  läuf  er,  welche  ihrem  Körperbau 
nach  den  Übergang  zu  den  Landwanzen  bilden.  In  der  Jugend 
sind  meine  Tiere  braun,  im  Alter  braun  oder  matt  schwarz.  Viele 
bleiben  zeitlebens  ohne  Flügel,  bekommen  sie  aber  solche,  so  ge¬ 
schieht  dies  erst  Ende  Juli.  Nach  Taschenbergs  Beschreibung  in 
Brehms  Tierleben  sind  die  Wänzchen  der  Species  Saida  elegantula , 
die  ich  auch  besaß,  oberhalb  mit  gelblichen  angedrückten  Haaren 
bekleidet,  die  Beine  und  Ringe  am  zweiten  und  vierten  Fühlergliede 
sind  gelb  und  auf  den  Flügeldecken  bemerkt  man  neben  dem  gelben 
Rand  zwei  weiße  Punkte.  Es  gibt  unter  den  Uferläufern  eine  Menge 
zierlicher,  oft  merkwürdig  gestalteter  Formen. 

Mit  Hülfe  ihrer  langen  bestachelten  Hinterbeine  können  sie 
springen  und  zwar  nicht  allein  auf  dem  Lande,  sondern  auch  auf 
dem  Wasser,  um  einen  darüber  ragenden  Stein  zu  erreichen.  Sie 
machen  auf  dem  Ufer  Jagd  nach  Erd-  und  Wasserspringschwänzen, 


86 


kleinen  Milben  u.  s.  w.  Auf  dem  Wasser  laufen  sie  sehr  geschickt 
mit  zierlichen  Schrittchen  und  bleiben  hin  und  wieder  lauernd  stehen. 
Hier  machen  sie  vorzugsweise  Jagd  auf  die  bereits  genannten  Wasser¬ 
springschwänze,  aber  auch  auf  Blattläuse,  welche  auf  deu  Blättern 
des  Froschbisses  leben  und  ferner  auf  winzige  geflügelte  Insekten, 
die  in  das  Wasser  geraten  sind.  Diesen  gegenüber  gebrauchen  sie 
große  Vorsicht,  weil  sie  für  ihr  Leben  sehr  besorgt  sind.  Auch 
suchen  sie  kleine  Cypriskrebschen,  die  sich  am  Ufer  auf  nassen 
Algen  tummeln,  zu  erbeuten.  Die  kleinen  Wanzen  pflanzen  sich  im 
Becken  seit  drei  Jahren  fort.  Ich  habe  sie  auch  an  Fleischnahrung 
gewöhnt.  Im  Winter  bleiben  sie  meist  auf  dem  Ufer  versteckt. 
Während  der  warmen  Jahreszeit  halten  sie  sich  in  den  stillen  Buchten 
des  Aquariums  auf,  weil  sie  die  schwache  Strömung  im  Wasser 
nicht  lieben. 

So  klein  die  Tierchen  auch  sind,  so  geben  sie  doch  ebenso 
große  Beweise  ihrer  Verschlagenheit  wie  die  ihnen  verwandten  klugen 
und  sehr  komischen  Wassertreter.  Auf  einem  Sumpfe  bei  Konstanz 
sind  die  Uferläufer  in  vielen  Arten  massenhaft  vorhanden.  Alle 
auf  dem  Wasser  lebenden  Wanzenarten  lieben  schattige  Verstecke 
am  Ufer. 

Die  überall  häufigen  Eintagsfliegenlarven  leben  im 
Wasser  über  zwei  Jahre  und  ernähren  sich  vorzugsweise  von  kei¬ 
menden  Algensporen,  verwesenden  Pflanzenteilchen  und  vielleicht 
auch  nebenher  von  kleinen  Tieren.  Es  sieht  sehr  nett  aus,  wenn 
die  Larven  auf  den  grünen  Felsen  umherkletternd  ganz  junge  Algen¬ 
fäden  abweiden.  Nach  Prof.  Dr.  W.  Heß  (das  Süßwasseraquarium 
1886)  verfertigt  sich  die  Larve  ein  U-förmiges  Röhrchen  an  der 
Seite  oder  im  Schlamm  des  von  ihr  bewohnten  Gewässers. 

Die  Kö  eher  fliegen,  Phrygcineen,  sind  kleinen  Nachtschmet¬ 
terlingen  sehr  ähnlich.  Ihre  fein  behaarten,  wenig  durchsichtigen 
Flügel  liegen  in  der  Ruhe  dachförmig.  Vorzüglich  abends  und 
während  der  Nacht  schwärmen  sie  über  dem  Wasser.  Ihre  zahl¬ 
reichen  gründotterigen  und  deshalb  gewissen  Algen  täuschend  ähn¬ 
lichen  Eier,  welche  in  einer  flachen,  unverhältnismäßig  großen  Spirale 
angeordnet  liegen  und  von  einer  runden,  sich  erhärtenden  Schleim¬ 
hülle  umgeben  sind,  bilden  eine  flache  runde  Scheibe  von  etwa 
0,5  cm  Durchmesser.  Der  Laich  wird  vom  Weibchen  auf  der  Unter¬ 
seite  schwimmender  Blätter  von  Wasserpflanzen  angeklebt,  z.  B.  an 
Potamogetoyi  natans ,  und  es  ist  also  die  Köcherfliege  imstande,  so 
lange  im  Wasser  untergetaucht  zu  bleiben,  bis  die  Eier  gelegt  sind. 


87 


Im  Katzeusee  bei  Zürich  habe  ich  im  Jahre  1876  mehrmals  solchen 
Laich  gefunden.*)  Die  winzigen  hellgrünen  Eier  haben  eine  so 
glänzende  Oberfläche,  daß  sich,  unter  dem  Mikroskope  bei  75facher 
Vergrößerung  gesehen,  das  Fenster  meines  Arbeitszimmers  deutlich 
darauf  abspiegelt.  Ich  beobachtete  ihre  Entwicklung  zu  zarten 
Larven,  welche  nach  einigen  Wochen  endlich  auskrochen  und  ver¬ 
mittels  ihrer  auf  der  Unterlippe  befindlichen  Spinndrüsen  eine  feine 
Seidenhülle  verfertigten.  Mit  zunehmender  Größe  verwandten  sie 
auch  härtere  Pflanzenstoffe,  welche  sie  mit  ihren  Kiefern  zuvor  zer¬ 
teilten  und  mit  der  Seidenhülle  vereinigten.  Jede  Köcherfliegenart 
verwendet  ein  besonderes  Baumaterial,  entweder  bloß  abgenagte 
Gräser,  Blätter,  Schilfstengel  oder  aber  nur  Wasserschnecken  und 
Muscheln  oder  nur  Sandkörnchen.  Ich  habe  mich  seit  zwei  Jahren 
in  meinem  Aquarium  auf  das  bestimmteste  davon  überzeugt,  daß 
diejenigen  Larven,  welche  feine  Sandkörnchen  zum  Bau  ihrer  köcher¬ 
förmigen  Häuschen  verwenden,  keine  Schnecken,  aber  auch  keine 
Pflanzenteile  als  Ersatz  annehmen.  Gibt  man  ihnen  zu  wenig  Sand, 
so  verzögert  sich  auch  ihr  Wachstum.  So  zwang  ich  meine  Larven, 
zwei  Jahre  in  diesem  Zustande  zu  verharren,  während  der  Larven¬ 
zustand  bei  reichem  Baumaterial  nur  8 — 10  Monate  dauert.  Sowohl 
der  Sand  als  die  kleinen  Tellerschnecken  werden  durch  eine,  aus 
der  im  Munde  befindlichen  Speicheldrüse  geschiedenen  Flüssigkeit, 
welche  zu  Cement  erhärtet,  miteinander  fest  vermauert.  Denjenigen 
Larven,  welche  ihre  Hülse  nur  aus  Pflanzenstoffen  herstellen,  fehlt 
vielleicht  die  Fähigkeit,  Cement  auszuscheiden.  Sie  ersetzen  den¬ 
selben  durch  Gespinnst.  Es  gibt  aber  auch  Larven,  welche  die  ver¬ 
schiedensten  Gegenstände  zum  Bau  ihrer  Hülse  benützen.  Ob 
wohl  dieselben  einer  besonderen  Art  angehören?  Mit  der  fort¬ 
schreitenden  Größenzunahme  der  Larve  muß  die  Verlängerung  ihres 
Häuschens  gleichen  Schritt  halten. 

0.  Lenz  sagt  in  seiner  gemeinnützigen  Naturgeschichte  1852 
folgendes:  Freiwillig  trennen  sich  die  Larven  nicht  von  ihrem 
Häuschen,  hält  man  sie  aber  nahe  beim  Wasser  fest,  so  kriechen 
sie  heraus  und  gehen  in  das  Wasser;  legt  man  dort  ihre  Häuschen 

*)  Nach  W.  Hess  (Bilder  aus  dem  Aquarium  II.  Bd.  wirbellose  Tiere 
des  Süßwassers),  Hannover  1878  —  pag.  92,  legt  die  Köcherfliege  aber  auf 
Blätter,  welche  über  dem  Wasser  hängen,  ihre  Eier  ab.  Die  auskriechenden 
Jungen  lassen  sich  darauf  ins  Wasser  fallen.  Werden  etwa  zuvor  die  Blätter 
von  Potamogeton  natans  aus  dem  Wasser  geragt  haben  ?  An  seichten  Stellen 
geschieht  dies  oft,  aber  doch  wohl  nicht  in  tiefen  Seen. 


88 


vor  sie  hin,  so  gehen  sie  wieder  hinein.  —  Prof.  Oswald  Heer 
fütterte  seine  Larven  mit  Salat,  sie  ziehen  aber  Algen  vor  und 
sollen  nach  Lenz  auch  kleine  Tiere  fressen.  Wollen  sie  sich  ver¬ 
puppen  ,  so  befestigen  sie  ihre  Hülle  mit  einem  Faden  im  Wasser 
an  irgend  einen  Gegenstand  nahe  dem  Wasserspiegel  und  ver¬ 
schließen  beide  Öffuungen.  Nach  einiger  Zeit  durchbohren  die 
Tierclieu  den  oberen  Verschluß  und  kriechen  mit  ihren  sechs  Beinen 
zur  Wasserfläche  empor,  wo  sich,  am  Ufer  angelangt,  die  Puppen  in 
geflügelte  Insekten  verwandeln.  Nur  die  leere  Puppenhülle  bleibt  zurück. 

Eiu  anderer  Vertreter  der  Netzflügler,  nämlich  eiue  reizende 
Florfliege  ( Chrysopa ?)  lebt  das  ganze  Jahr  über  auf  meinem  Bassin. 
Die  steil  dachartig  den  zarten  und  schlanken  grünen  Leib  bedeckeuden 
schillernden  Flügel  sind  am  Rande,  da  wo  die  beiden  Flügel  die 
Kante  des  Daches  bilden,  fein  und  lang  bewimpert.  Die  Fühler 
sind  fein  behaart,  die  Augen  schwarz.  Die  Länge  der  Tierchen  be¬ 
trägt  nur  8  mm.  Die  kleine  Florfliege  fliegt  nie  weiter  als  von 
einem  Ufer  zum  anderen  und  hält  sich  an  den  Binsen  und  Gras¬ 
halmen  auf.  Die  Larven  habe  ich  bis  jetzt  noch  nicht  zu  Gesicht 
bekommen;  falls  sie  auf  dem  Ufer  leben,  so  ernähren  sie  sich  zweifels¬ 
ohne  von  Springschwänzen. 

Sehr  interessant  sind  die  Larven  der  Büsch elmücke,  Gorethra 
plumicornis  F.,  deren  Leib  vollständig  durchsichtig  ist,  so  daß  man 
die  gesamten  Vorgänge  im  Körper  wahrnehmen  kann.  Ebenso 
schöne  Geschöpfe  sind  die  Larven  verschiedener  Stechmücken¬ 
arten,  welche  fast  durchsichtig  glashell  oder  herrlich  meergrün 
gefärbt  sind.  Die  mit  Haarbüscheln  besetzten  Kiefer  der  am  Wasser¬ 
spiegel  hängenden  Larven  verursachen  einen  kleinen  Wirbel  im 
W  asser ,  wodurch  allerhand  kleine  genießbare  Teilchen  ringsum 
herangeschwemmt  und  in  die  Mundöffnung  getrieben  werden.  Schon 
oft  habe  ich  bemerkt,  daß  Stechmücken  sich  auf  die  Froschbi߬ 
blätter  meines  Aquariums  niederließen,  um  vou  dort  ihre  zahl¬ 
reichen  perlschnurartig  miteinander  verbundenen  Eier  ins  Wasser 
abzusetzen.  Nach  Heß  sind  die  Eier  ziemlich  groß,  länglich  oder 
flaschenförmig,  in  der  Zahl  von  ungefähr  300.  —  Die  Stechmücke 
drückt  die  Eier  mit  den  langen  Hinterbeinen  derartig  aneinander, 
daß  sie  zusammenklebend  eiu  kleines  Boot  bilden,  welches  frei  auf 
dem  Wasser  schwimmt.  Nach  wenigen  Tagen  entstehen  daraus  die 
jungen  Larven. 

Ich  habe  schon  die  Erdflöhe  oder  Springschwänze,  Poduridae, 
welche  auf  dem  Ufer  des  Beckens  leben,  erwähnt.  Diese  kleinen 


89 


Insekten  werden  1 — 2  mm  laug.  Auf  dem  Schlachthausweiher  bei 
Konstanz  lebt  eine  schwarze,  sehr  stark  behaarte  und  nur  1  mm 
große  Art,  welche  dem  berühmten  Gletscherfloh,  Desoria  glacialis , 
vollständig  ähnlich  ist.  Das  Tierchen  bewegt  sich  laufend  oder 
springend  auf  dem  Wasser  fort,  hüpft  nahe  dem  Ufer  ans  Land 
und  setzt  sich  in  Scharen  an  schattigen  algenbedeckten  Steinen, 
aber  nicht  höher  als  1  cm  über  das  Wasser,  um  hier  äußerst  langsam 
seiner  Nahrung  nachzugehen. 

Eine  ebensogroße  aber  weiße  Art  lebt  bei  mir  seit  drei  Jahren 
in  Regenwurmlöchern.  Sehr  nett  sieht  es  aus,  wenn  die  Tiere,  am  Ein¬ 
gang  ihrer  Wohnung  sitzend,  ihre  weißen  schlanken  Fühler  bewegen. 
Zu  gewissen  Zeiten,  besonders  im  Winter,  lassen  sie  sich  in  kleinen 
Gesellschaften  auf  dem  Wasser  blicken.  Zur  Sommerszeit  würden 
sie  dies  ohne  Zweifel  auch  thun,  wenn  nicht  die  kleinen  Wasser¬ 
wanzen  ihnen  eifrig  nachstellten.  Letztere  halten  sich  aber  während 
des  Winters  gänzlich  verborgen.  Das  Haarkleid  der  weißen  Spring¬ 
schwänze  zeigt  unter  dem  Mikroskop  alle  Farben  des  Prismas  und 
man  kann  sich  nichts  Schöneres  als  diesen  Anblick  denken. 

Riesenhafte  Erscheinungen  im  Hinblick  auf  diese  kleinen  Arten 
sind  die  zwei  Millimeter  langen,  sehr  schlanken  blei  -  oder  bronze- 
farbigen  Springseil  wäuze,  Podura  plumbea,  welche  nur  zufälliger¬ 
weise  auf  das  Wasser  geraten  und  mit  Hülfe  ihres  merkwürdigen 
gabligen  Springschwauzes  in  weiten  und  hohen  Sätzen  das  rettende 
Ufer  wieder  aufsuchen.  Ihr  erzfarbiger  Körper  ist  walzenförmig  und 
nur  wenig  behaart,  mit  Ausnahme  einzelner  Körperteile,  wüe  z.  B.  der 
langen  dünnen  viergliedrigen  Fühler,  Beine,  Prothorax,  Hinterende 
und  Springgabel.  Das  mittlere  Glied  der  Antennen  ist  so  lang  wie 
die  drei  anderen  zusammengenommen.  Eine  sehr  feine  Behaarung 
bedeckt  diese  Organe.  Fast  gleich  lang  wie  die  Fühler  sind  die 
Beine.  Wegen  deren  starker  Behaarung  sind  die  einzelnen  Tarsal- 
glieder  nicht  zu  sehen.  Das  letzte  Tarsusglied  endigt  mit  zwei 
scharfen  Krallen.  Der  Kopf  ist  groß,  rund  und  schwach  behaart, 
wahrscheinlich  mit  Sinnesborsten,  er  trägt  nahe  dem  Grunde  der  Fühler 
eine  Anzahl  Punktaugen.  Die  Mundteile  sind  nur  sehr  schwer  zu 
erkennen.  Auf  den  Kopf  folgen  bis  zum  hinteren  Körperende,  aus¬ 
genommen  den  Springschwanz,  acht  sehr  ungleich  breite  Glieder. 
Das  erste,  dem  Prothorax  entsprechende  Glied  bildet  am  Halse,  also 
da,  wo  der  Kopf  eingelenkt  ist,  durch  die  starke  und  lauge  Behaa¬ 
rung  eine  Art  Kragen.  Die  folgenden  drei  Körperringe  sind  weit 
schmäler,  darauf  schließt  sich  ein  mehr  als  doppelt  so  breiter  Ring 


90 


an,  dem  drei  immer  schmäler  werdende  Ringe  folgen.  Auf  allen 
diesen  Gliedern  des  Rumpfes  stehen  vereinzelte,  sehr  lange  und  dünne 
Borsten,  welche  vom  Tiere  bewegt  werden  können.  Sie  sind  Sinnes¬ 
organe.  Außer  diesen  Haaren  ist  der  Körper  mit  reizenden,  perl¬ 
mutterartig  glänzenden,  sehr  verschieden  geformten  und  licht¬ 
brechenden  Schüppchen  bedeckt,  welche  dem  Tierchen  die  Erzfärbe 
geben.  Sie  haben  große  Ähnlichkeit  mit  denen  der  Schmetterlings¬ 
flügel;  sie  sind  meist  bimförmig  oder  blattartig,  an  der  Spitze  be¬ 
merkt  man  die  dunkle  Anhaftstelle  und  von  ihr  aus  erstrecken  sich 
fächerartig  gestellte  Strahlen  durch  die  ganze  Schuppe. 

Am  zweitletzten  Körperringe  breit  eingelenkt  und  nach  dem 
Bauche  des  Tieres  umgebogen  befindet  sich  der  sehr  lange,  fast  die 
halbe  Körperlänge  erreichende  Gabelschwanz,  der  auf  seiner  Rücken¬ 
seite  eine  dichte  Behaarung  trägt.  Seine  Bauchseite  ist  dagegen 
kahl.  Die  Gabelung  des  Springschwanzes  reicht  aber  nur  bis  zum 
letzten  Drittel  nächst  dem  Grunde  dieses  Organs.  Am  besten  ist 
dasselbe  mit  einer  Piucette  zu  vergleichen. 

Die  beiden  Gabelzinken  endigen  vorn  je  in  eine  deutlich  ab¬ 
gegrenzte  scharfe  Spitze  mit  rauher  Oberfläche.  Das  Organ  ist 
gelbbraun.  Auf  der  Innenseite  des  letzten  Drittels  der  pincetten- 
artigen  Gabelung  steht  je  eine  Reihe  kurzer,  scharf-dreizackiger 
schwarzer  Borsten,  welche  schräge  nach  der  Gabelöffnung  oder  der 
Spitze  zu  emporragen.  Welchen  Zweck  mag  diese  drohende  Be¬ 
waffnung  des  Spring-Organs  wohl  haben? 

Wenn  das  Tier  einen  Satz  machen  will,  so  stößt  es  mit  Wucht 
die  Gabel  auf  den  Boden  oder  die  Wasserfläche  auf  und  es  wird 
hierauf  hoch  und  weit  weggeschleudert.  Dabei  kann  es  möglich  sein, 
daß  die  dreizackigen  Haare  beim  Öffnen  der  Gabel  sich  aufrecht 
stellen,  dann  ineinander  greifen  und  das  vorzeitige  Zusammenklappen 
der  beiden  Gabelzinken  verhindern,  was  um  so  leichter  wird,  da  sie 
sich  ja  im  Hintergründe  der  Gabel  befinden.  Es  würde  also  diese 
Vorrichtung  der  Feder  einer  Beißzange  gleichwertig  sein.  Die  letzt¬ 
genannten  Springschwänze  können  nur  kurze  Zeit  auf  dem  Wasser 
laufen,  dann  sinken  sie  mehr  und  mehr  darin  ein  und  ertrinken 
schließlich.  Auf  dem  Lande  sind  sie  aber  um  so  gewandter,  blitz¬ 
schnell  huschen  sie  über  die  Steine  und  unter  dem  Pflanzendickicht  hin, 
woselbst  sie  faulenden  Blättern,  z.  B.  Salat,  nachgehen.  Jeder  Gegen¬ 
stand  wird  mit  den  Fühlern  vorsichtig  betastet.  Sie  lieben  den 
Schatten  und  die  feuchte  Luft  der  nassen  Uferpartien,  klettern  bis 
nahe  ans  Wasser  herunter  und  weiden  die  Algen  ab,  welche  auf 


91 


deu  feuchten  Bimssteinen  wachsen.  Da  ihr  mit  langen,  weit  ausge- 
streckten  Fühlhörnern  bewehrter  großer  Kopf  dabei  sehr  beweglicli 
ist,  so  wird  man  unwillkürlich  an  weidende  Säugetiere  erinnert. 
Der  Gefühls-  und  Geruchssinn  sind  ganz  gewiß  gut  ausgebildet. 
Kurze  Zeit  trockuer  Luft  ausgesetzt,  sterben  die  Tierchen  bald,  und 
ihr  weicher  Körper  schrumpft  eiu.  Mau  muß  sie  daher  im  hängenden 
Tropfen  studieren. 


Korrespondenzen. 


Wohlfahrtslinde  (Livland),  6.  Januar  1890. 

Zur  Nahrung  des  Grünspechtes  ( Gecinus  viridis  Boie).  Auf 
pag.  347  (1889)  unserer  Zeitschrift  finde  ich  eine  Mitteilung,  der  zufolge  der 
Grünspecht  die  Beeren  der  Eberesche,  hierzulande  »Pielbeeren«  genannt,  als 
Nahrung  nicht  verschmäht.  Ich  ersehe  zu  meiner  Verwunderung  aus  jener 
Notiz,  daß  diese  Thatsache  noch  nicht  allgemein  bekannt  ist  und  beeile  mich 
daher,  auch  meinerseits  zu  melden,  daß  ich  während  der  »Jagd«  auf  Kram- 
metsvögel  im  Spätherbst  den  Gecinus  viridis  mehreremal  auf  Pielbeerbäumen 
habe  sitzen  gesehen  resp.  den  Näscher  statt  einer  Drossel  im  Versehen  herunter¬ 
geschossen  habe.  Ob  die  Fruchtsäure  mit  der  Ameisensäure  verwandt  ist, 
das  zu  untersuchen  überlasse  ich  den  Herren  Chemikern,  betone  aber,  daß 
die  Ameisenhaufen  vorzugsweise  im  Winter  von  diesem  befiederten  »Rot¬ 
käppchen«  heimgesucht  werden.  Im  Sommer  ist  der  Grünspecht  ein  regel¬ 
mäßiger  Besucher  der  Bie  n  en  gärten,  ein  nicht  zu  unterschätzender  Feind 
der  Honigträger.  Somit  ist  seine  Nahrung  eine  höchst  vielseitige  und  es 
läßt  sich  schwer  entscheiden,  welches  Futter  er  bevorzugt. 

Baron  A.  von  Krüdener. 


Moskau  im  Februar  1890. 

Zoologisches  aus  Moskau  und  Umgebung.  Wie  sich  die  geehrten 
Leser  vielleicht  erinnern  werden,  hatte  ich  im  Oktoberheft  1888  dieser  Zeit¬ 
schrift  einen  eingehenden  Bericht  über  den  Moskauer  zoologischen  Garten 
veröffentlicht,  der  ziemlich  ungünstig  ausfallen  mußte.  Mein  Urteil  konnte 
kein  anderes  sein,  weil  ich  einfach  als  Privatmann  hinging,  das  Vorhandene 
ansah  und  der  Wahrheit  gemäß  beschrieb  und  zwar,  wie  mir  jedermann  zu¬ 
geben  muß,  sine  ira  et  studio.  Daß  ich  mich  damals  nicht  an  die  Verwaltung 
des  Gartens  um  Auskünfte  wandte,  ja  daß  ich  bis  vor  kurzem  gar  keinen 
Anknüpfungspunkt  mit  den  Männern  der  zoologischen  Wissenschaft  hier  am 
Orte  gesucht  hatte,  erklärt  sich  einfach  dadurch,  daß  ich  in  früheren  Jahren, 
als  ich  nach  Moskau  kam,  bei  derartigen  Versuchen  schlecht  wegkam;  viel¬ 
leicht  war  ich  damals  auch  nicht  vor  die  rechte  Schmiede  gegangen.  Im 
letzten  Monat  des  vergangenen  Jahres  1889  brachte  mich  ein  freundlicher 
Hinweis  eines  Vorgesetzten  auf  den  Gedanken,  dem  bekannten  und  nicht  nur 


in  Rußland  hochgeachteten  Professor  Bogdanow  meinen  Aufsatz  über  »die 
geographische  Verbreitung  jetzt  lebender  Cerviden«  (Deutsche  Rundschau  für 
Geographie  und  Statistik  XII.  Heft  2  und  3)  vorzulegen.  Der  Genannte  em¬ 
pfing  mich  mit  der  größten  Liebenswürdigkeit,  und  bei  dieser  Gelegenheit  er¬ 
fuhr  ich  auch  von  den  Plänen,  welche  Prof.  Bogdanow  für  die  Zukunft  unseres 
zoologischen  Gartens  hegte.  Aber  schon  vorher,  als  ich  die  Mitteilung  des 
Herrn  Kulaginn  (Zool.  Garten  1889.  No.  10)  las,  stand  es  bei  mir  fest,  daß  nun¬ 
mehr  neues  Leben  in  die  Sache  kommen  und  man  das  Beste  für  die  Zukunft 
hoffen  dürfe.  Da  ich  bei  Abfassung  meines  ersten  Berichtes  also  nicht  wußte, 
wer  an  die  Spitze  des  Gartens  berufen  sei,  so  konnte  natürlich  von  einer 
Animosität  gegen  irgend  jemand,  der  mit  der  Verwaltung  des  Gartens  zu 
thun  hatte,  nicht  die  Rede  sein.  Daher  bin  ich  denn  auch  den  Herren  Bog¬ 
danow  und  Kulaginn  sehr  dankbar,  daß  sie  die  Sache  nahmen,  wie  sie  wirklich 
gemeint  war  und  bin  ihnen  doppelt  dankbar,  daß  sie  mich  ihrer  Bekanntschaft 
gewürdigt  haben,  wodurch  ich  in  den  Stand  gesetzt  bin,  von  nun  an  ganz 
authentische  Nachrichten  in  Angelegenheiten  des  zoologischen  Gartens  zu  bringen. 

ln  einem  früheren  Bericht  erzählte  ich  von  Sam oj ed en hun den,  welche 
viel  Fuchsartiges  zeigten,  und  Bastarden  von  denselben  mit  Hofhunden. 
Neulich  teilte  mir  Herr  Kulaginn  mit,  daß  jetzt  reine  Sprößlinge  von  diesen 
Tieren  (4  Welpen)  vorhanden  sind.  Der  russische  Name  für  diese  Hunde  ist 
»laiki«,  soviel  wie  »Beller«.  Diese  Bezeichnung  fand  ich  nicht  am  Schildchen 
am  Gehege  der  Tiere  im  zoologischen  Garten,  sonst  hätte  ich  gleich  gewußt, 
worum  es  sich  handelte.  Vor  Jahren  hatte  ich  nämlich  gelegentlich  einer 
Hundeausstellung  seitens  der  kaiserlichen  Jagdgesellschaft  hier  zwei  Hunde 
unter  diesem  Namen  ausgestellt  gesehen.  Die  Tiere  glichen  den  Hunden, 
welche  in  Brehms  Tierleben  (illustr.  Ausgabe)  als  Eskimohunde  (auf  farbigem 
Bilde)  dargestellt  sind,  auf  ein  Haar,  vielleicht  waren  nur  die  braunroten  (wie 
beim  Dachshund)  Stellen  am  Maul,  Pfoten  und  auf  der  Brust  lebhafter  ge¬ 
zeichnet.  Da  nun  diese  »Laiki«  in  allen  Farben  Vorkommen  sollen,  wie  mir 
ein  Jäger  versicherte,  so  kann  es  auch  weiße  geben  —  immerhin  müssen  die 
beiden  Hunde  im  zoologischen  Garten  eine  besondere  Rasse  darstellen,  da  sie 
entschieden  hochbeiniger  und  fuchsähnlicher  sind.  Was  die  Art  und  Weise 
anbelangt,  wie  diese  »Laiki«  zur  Jagd  gebraucht  werden,  so  berichtete  mir 
derselbe  erfahrene  Jäger  Folgendes :  Man  kann  mit  den  »Laiki«  jegliches 
Wild  jagen,  Haarwild  ebenso  wie  Federwild,  nur  steht  der  Hund  vor  letzterem 
nicht  vor,  sondern  jagt  es  auch  mit  Stimme.  Fliegt  z.  B.  ein  Birkhahn  auf, 
so  folgt  ihm  der  Hund  bellend,  bis  der  Vogel  irgendwo  aufgebaumt  ist,  worauf 
er  durch  stetes  Bellen  dem  Jäger  die  Stelle  angibt,  wo  er  sein  Wild  zu  suchen 
hat.  Daß  diese  Tiere  halbwilde  Bestien  sind,  beweisen  auch  die  Exemplare 
des  Moskauer  Gartens,  indem  sie  es  fertig  gebracht  haben,  ihr  Gehege  so  zu 
untergraben,  daß  ein  Ausweg  geschaffen  war,  auf  dem  sie  zu  den  Fettschwanz¬ 
schafen  gelangen  und  diese  armen  Kreaturen  so  zurichten  konnten,  daß  eine 
ärztliche  Kur  erforderlich  war.  Natürlich  hatten  sie  ihre  scharfen  Zähne  haupt¬ 
sächlich  an  den  dicken  Fettschwänzen  erprobt. 

Im  Dezembermonat  erlegte  ein  Sonntagsjäger  bei  der  Kreisstadt  Podolsk 
(circa  45  Werst  oder  6  Meilen  südlich  von  Moskau)  einen  Wolf.  Er  war  auf 
einem  Bauernschlitten  seinen  vorausgegangenen  Jagdfreunden  nachgefahren 
und  bemerkte  zu  seinem  nicht  geringen  Schrecken,  als  er  nicht  allzuweit  von 


93 


der  Stadt  über  das  Feld  fuhr,  daß  aus  einem  Graben  zwei  große  Wölfe  auf¬ 
tauchten,  die  auch  sofort  die  Verfolgung  des  Fuhrwerks  aufnahmen.  Im  ersten 
Schrecken  brannte  er  beide  mit  Hasenschrot  geladene  Läufe  ab  und  —  brachte 
den  einen  Wolf  zur  Strecke,  während  der  andere  stark  schweißend  davonging. 
Der  Mann  war,  im  Bewußtsein  seines  Sonntagsjägertums  fast  starr  vor  Ver¬ 
wunderung  und  schien  an  ein  Wunder  zu  glauben,  als  man  den  Isegrim 
wog  und  konstatierte,  daß  derselbe  3  Pud  25  Pfund  (soviel  wie  1  Centner 
9,45  kg)  wog,  ein  Gewicht,  welches  nur  höchst  selten  erreicht  wird,  da  es 
schon  sehr  große  Exemplare  sind,  wenn  ein  Gewicht  von  21/a  Pud  (41  kg)  ge¬ 
funden  wird.  Im  Moskauer  Gouvernement  sind  die  Wölfe  in  den  meisten 
Gegenden  nur  durchwandernde  Gäste,  da  die  große  Anzahl  Fabriken  mit  ihrer 
dichteren  Bevölkerung  und  der  Mangel  an  Moorbrüchen  und  wirklich  dichten 
Wäldern  oder  dichtbelaubten  Schluchten,  wie  in  den  Steppen,  unserem  grauen 
Strauchdieb  die  Gründung  einer  Familie  sehr  erschweren.  Die  harten  Fröste 
freilich  machen  die  Wölfe  frech  und  treiben  sie  bis  vor  die  ersten  Häuser 
Moskaus.  Da  nun  in  diesem  Jahr  der  Dezember  sehr  milde  war  und  großer 
Schneefall  bisher  ausgeblieben  ist,  muß  das  Erscheinen  der  Raubgesellen 
umso  mehr  auffallen.  Bei  einer  vergangenes  Jahr  nach  Podolsk  (der  Russe 
spricht:  Pädolsk)  von  mir  unternommenen  Fußtur  konnte  ich  mich  über¬ 
zeugen,  daß  in  der  Nähe  dieser  kleinen  Stadt  nur  sehr  dünne  Waldreste 
stehen.  Die  Jäger,  welche  die  Gegend  gern  aufsuchen,  da  sie  sehr  reich  an 
Hasen  ist,  haben  bisher  auch  nie  was  von  Wölfen  daselbst  gehört. 

Diesen  Winter  wurde  in  Moskaus  Nähe  ein  kohlschwarzer  Feldhase, 
Lepus  timidus,  geschossen.  Im  Museum  der  Universität,  die  überhaupt  eine 
reiche  Sammlung  zoologischer  Objekte  enthält,  befinden  sich  2  Exemplare  des 
Schneehasen,  Lepus  variabilis  Pall.,  welche  schwarz  sind  (das  eine  aus  der 
Kirgisensteppe)  und  ein  schwarzes  Exemplar  von  Lep.  timidus  L.  Ein  fast 
ganz  weißes  Exemplar  eines  Hasen,  bei  dem  nur  der  Rücken  und  die  Seiten 
zum  Teil  sehr  blasse  Spuren  von  braungrauer  Färbung  zeigen,  ist  im  Verzeich¬ 
nis  des  zoologischen  Museums  als  Lepus  timidus ,  var.  tumak  (Tichomiroff  und 
Kortschagin)  aufgeführt.  Die  beiden  Verfasser  des  Katalogs  bemerken  in  Bezug 
auf  diese  Varietät  folgendes:  »Wir  nennen  diese  Varietät  L.  timidus  var. 
tumak,  in  der  Überzeugung,  daß  der  Tumak  nur  eine  Varietät  des  »Russak« 
(russische  Bezeichnung  für  Lep.  timidus)  darstellt.  Wenn  man  annimmt,  daß 
der  in  Nord-  und  Mittelrußland  vorkommende,  relativ  kurzohrige  Hase  (der 
von  Nilson  seiner  Zeit  L.  medius,  von  Blasius  aber  L.  aquilonius  genaunt 
wurde)  selbst  eine  Varietät  des  L.  timidus  ist,  die  sich  herausgebildet  hat,  so 
wird  der  Tumak  eine  Subvarietas  davon  sein.  Daß  man  in  der  That  keinen 
Grund  hat,  den  Tumak  für  eine  Bastardform  zwischen  L.  timidus  und  Lepus 
variabilis  zu  nehmen,  wie  es  noch  bis  jetzt  etliche  Jäger  behaupten  wollen, 
darauf  hat  schon  Ehrenberg  in  seiner  »Naturgeschichte  des  Orenburger  Gebiets« 
hingewiesen,  wo  er  sagt  (Seite  204):  »Andere,  besonders  Jäger,  versichern, 
daß  der  Tumak  nichts  anderes  ist,  als  ein  Bastard  von  L.  timidus  (Feldhasen) 
und  Schueehasen  (X.  variabilis)',  das  ist  aber  ebenfalls  unwahrscheinlich,  da 
er  oft  in  Gegenden  vorkoiumt,  wo  es  gar  keine  weißen  Hasen  {L.  variabilis) 
gibt,  dabei  ist  der  Habitus  des  Tumak  genau  der  eines  Feldhasen.« 

Ebenso  weist  ein  Exemplar  von  Lepus  lehmanni  Sev.  aus  Turkestan 
starke  Spuren  von  Melanismus  auf.  Die  Stirne  ist  stark  dunkel,  ebenso  die 


94 


Schläfen  und  der  vordere  Rand  des  Ohres.  Auf  dem  Rücken  erscheint  das 
Fell  fast  gänzlich  bräunlich-aschgrau. 

Vor  zwei  Jahren  hatte  ein  Mann  hier  auf  der  Hundeausstellung  drei 
Katzen  ausgestellt,  welche  gleichmäßig  mopsgrau  gefärbt,  nur  am  Schwanz, 
den  Ohren  und  dem  Kopfe  dunkelmarderbraun  gezeichnet  waren.  Er  gab  sie 
für  Bastarde  von  Katze  und  Marder  aus.  Ein  Exemplar,  das  bald  darauf 
ein  ging,  wurde  vom  zoologischen  Museum  der  hiesigen  Universität  erworben 
und  genau  anatomisch  untersucht,  wobei  es  sich  natürlich  herausstellte,  daß 
nichts  auf  eine  derartige  Bastardierung  hinwies.  Eine  ganz  ähnliche  Katzen¬ 
form  hat  aber,  wie  mir  Herr  Kulaginn  mitteilt,  ein  hiesiger  Gelehrter  irgendwo 
im  Auslande  als  malayische  Katze  bezeichnen  hören.  Mir  war  damals  das 
Auge  der  Tiere,  welches  von  hellbräunlicher  Farbe  war,  aufgefallen  —  es  hatte 
gar  nichts  Katzenartiges.  Carl  Grevö. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Frisch  gefangene  Ringdrosseln.  —  In  verschiedenen  Jagdzeitungen 
berichteten  die  Forstleute,  daß  im  vorigen  Herbste  die  Ringdrosseln  ( Turdus 
torquat-us )  an  den  Dohnen  um  einige  Wochen  früher  erschienen  seien,  und 
prophezeiten  daraufhin  einen  baldigen  strengen  Winter. 

Thatsache  ist,  daß  mir  selber  Mitte  September  bereits  die  Art  angeboten 
und  anfangs  Oktober  zur  Verfügung  gestellt  wurde,  aber  nicht  aus  ihrem 
allbekannten  Wohngebiete  (außer  Alpen,  Riesengebirge,  Sudeten,  Böhmerwald, 
Frankenwald,  Harz  und  Thüringerwald),  sondern  aus  dem  Teutoburgerwalde. 
Sie  ist  etwas  größer,  aber  viel  ruhiger,  einsamer  und  stiller  als  unsere  Amsel 
(T.  merula),  am  ganzen  Körper  mattschwarz  mit  weißgrauen  Federrändern 
und  trägt  auf  der  Oberbrust  einen  großen,  halbmondförmigen  Fleck,  beim  alten 
Männchen  rein  weiß. 

Meine  Vögel  sind  in  der  That  in  jeder  Hinsicht  prächtig,  tadellos  im 
Gefieder,  kräftig  und  schlank  und  haben  nur  den  einen  Fehler,  daß  es  leider 
kein  richtiges  Paar  ist,  sondern  ein  altes  und  ein  junges  Männchen.  Der 
Irrtum  sei  dem  erfahrenen  Freunde  gern  verziehen,  weil  er  leicht  begangen 
werden  kann,  falls  man  die  Geschlechter  nicht  in  einem  einzigen  wenn  auch 
noch  so  großen  Käfige  längere  Zeit  beobachtet.  Das  junge  Männchen  hat 
nämlich  wie  jedes  Weibchen  ein  graugemischtes  Schild.  Auch  dürfte  die 
Kehle  zu  gewissen  Zeiten  ein  Unterscheidungszeichen  abgeben,  beim  alten 
Männchen  ist  sie  immer  schwarz,  beim  jungen  schwarz  und  weiß  gleichmäßig 
wie  gestrichelt.  Ganz  auffällig  bleibt  indessen  das  Gebalrren  beider  Männchen 
unter  sich;  das  alte  ist  stets  und  ständig  auf  der  Flucht  vor  dem  jungen, 
vielleicht  sogar  einem  eigenen  Sprößling.  Der  Nichtkenner  würde  allerdings 
eine  greifbare  Berechtigung  darin  finden,  daß  der  junge  Vogel  ja  fast  um  die 
Hälfte  größer  und  demnach  in  allen  Bewegungen  energischer  erscheint,  aber 
für  den  Beobachter  ist  es  doch  unbehaglich,  zu  sehen,  wie  der  alte  Bursche 
alles  still  und  heimlich  vornimmt,  das  verzehrt,  was  der  andere  übrig  läßt. 
Ganz  verstohlen  besucht  er  das  Wasser,  nur  im  Vorbeischlüpfen  nimmt  er 
eine  einzelne  Beere  auf  und  an  die  hingehängten  Büschel  derselben  .wagt  er 


95 


sich  von  keiner  Seite.  Bis  jetzt  wollte  es  mir  noch  nicht  gelingen,  einen  der 
Vögel  an  mein  Mischfutter  zu  gewöhnen,  das  ihnen  täglich  frisch  und  ver¬ 
führerisch  in  allerlei  Art  und  Weise  vorgelegt  wird,  das  sie  rings  neben  sich 
von  Lerchen  und  3  Singdrosseln  behaglich  schnabulieren  sehen,  und  heute 
mußte  ich  einsehen,  daß  sie  beide  wenigstens  gleich  dumm  sind.  Als  letzten 
Versuch  habe  ich  das  Mischfutter  in  ihr  gewohntes  Porzellannäpfchen  für 
Wasser  gethan.  Wie  quälten  sie  sich  da  beharrlich  ab,  weiter  ihren  Durst 
zu  löschen  !  Schließlich  wurde  eine  beigegebene  aufgezogene,  hungrige  Sing¬ 
drossel  ihre  Lehrerin  bei  Wasser  und  Futter,  und  nun  endlich  waren  sie  un¬ 
ersättlich,  sie  forderten  nach,  was  die  Tage  vorher  gespart  worden. 

Eduard  Rüdiger. 

Die  Pelztierjagd  auf  den  Aleuten.  Zur  Zeit  schweben  Unterhand¬ 
lungen  zwischen  der  russischen  Regierung  und  jener  großen  nordamerikanischen 
Gesellschaft,  welche  durch  einen  im  Jahre  1842  auf  fünfzig  Jahre  abgeschlos¬ 
senen  Vertrag  die  Jagd  auf  Pelztiere  auf  den  Aleuten  und  den  benachbarten 
Inseln  monopolisiert  hat.  Die  Gesellschaft  zahlte  bisher  für  diese  Jagdgerech¬ 
tigkeit  eine  jährliche  Entschädigung  von  300,000  Rubel.  Die  russische  Regie¬ 
rung  ist  zwar  geneigt,  das  Monopol  auf  weitere  50  Jahre  auszudehnen,  ver¬ 
langt  jedoch  eine  ziemlich  beträchtliche  Erhöhung  der  Entschädigungssumme. 
Die  Gesellschaft  weigert  sich,  auf  diese  Forderungen  einzugehen,  und  droht  der 
Regierung  mit  der  gänzlichen  Auflösung  des  Vertrages.  Es  läßt  sich  nicht 
leugnen,  daß  die  Nordamerikaner  während  der  bisher  verstrichenen  48  Jahre 
die  Jagd  auf  Pelztiere  in  sehr  rationeller  Weise  betrieben  haben,  so  zwar,  daß 
der  Wildstand,  statt  abzunehmen,  in  stetiger  Zunahme  begriffen  ist,  während 
überall  dort,  wo  die  Russen  die  Jagd  ausübten,  wie  in  Sibirien  und  den  Paci- 
ficinseln,  die  Pelztiere  fast  gänzlich  ausgestorben  sind.  Gro. 

Kampf  zwischen  Seefliegern  und  Fischen.  Reiseerinnerungen. 
Im  Daheim-Kalender  von  1889  finde  ich  in  der  netten,  durchaus  wahrheits¬ 
getreuen  Erzählung  von  Reinhold  Werner  »Aus  meiner  Jugendzeit, 
und  wie  es  auf  See  war«  folgende  Stelle:  .  .  .  »Der  Fregattvogel,  welcher 
vorher  wie  ein  schwarzer  Punkt  im  Äther  schwamm,  schießt  wie  ein 
Pfeil  aus  der  schwindelnden  Höhe  herab,  um  mit  unfehlbarem  Griff  seine 
adlerartigen  Klauen  in  die  Beute  einzuschlagen,  sie  mit  sich  in  die  Lüfte  zu 
führen  und  sie  in  den  Fängen  haltend  zu  zerfleischen,  wobei  es  jedoch  Vor¬ 
kommen  kann,  dass  auch  der  Vogel  seinen  Tod  findet.  Einen  solchen  Ver- 
zweifluugskampf  beobachteten  wir  eines  Tages  in  unmittelbarer  Nähe.  Der 
Fregattvogel  hatte  einen  Albekore,  der  eine  Länge  von  4  Fuß  und  mehr  er¬ 
reicht,  gepackt,  aber  sich  in  der  Schwere  und  Stärke  desselben  arg  verrechnet. 
Er  vermochte  sich  nicht  zu  heben,  und  nun  begann  ein  Kampf  auf  Tod  und 
Leben.  Der  Fisch  strebte  zur  Tiefe,  und  vergebens  stemmte  der  Vogel  seine 
mächtigen  Flügel  gegen  das  Wasser.  Er  vermochte  seine  Krallen  nicht  zu 
lösen,  der  Fisch  war  stärker  als  er,  und  nach  einigen  Minuten  sahen  wir  jenen 
unter  der  Wasserfläche  verschwinden.«  Diesen  Passus  des  scharfen  Beobachters 
unterschreibe  ich  sofort,  denn  ich  hatte  melireremals  in  der  Siidsee  und  einmal 
auf  der  Reise  von  San  Diego,  Californien,  bis  Corinto,  Nicaragua  —  unser  Segel¬ 
schiff  steuerte  damals,  dem  Rate  des  Yankee  Lootseu  folgend,  dicht  unter  der 
Küste  von  Centro  Amerika  hin  —  sowie  ein  anderes  Mal  im  Golfe  von  lonzecca 


96 


Gelegenheit,  derartige  Kampfe  mit  anzüsehen.  In  den  von  mir  beobachteten 
Fällen  gelang  es  dem  Fregattvogel  jedoch  stetig,  seine  Fänge  noch  rechtzeitig 
zu  lösen  und  zu  entkommen,  aber  einer  unserer  Matrosen,  ein  durchaus  glaub¬ 
würdiger  Mensch,  der  sich  lange  Jahre  auf  kleinen  Schonern  zwischen  den 
einzelnen  Inselgruppen  Polynesiens  herumgetrieben  hatte,  wollte  öfters  genau 
dasselbe  wie  Contreadmiral  Werner  wahrgenommen  haben.  —  Bemerken 
möchte  ich  hierzu  noch,  daß  der  Fregattvogel  mitunter  auch  auf  kleinere 
Schildkröten,  natürlich  aber  erfolglos,  stößt;  ich  selbst  habe  das  beobachtet 
und  die  Berichte  unserer  Matrosen,  welche  ich  ursprünglich  für  stark  irrig  und 
unwahr  hielt,  durchaus  bestätigt  gefunden.  —  Zum  Schlüsse  sei  noch  bemerkt, 
daß  auch  Phaeton  aethereus,  dieser  unermüdliche  Stoßtaucher,  sich  häufig  genug 
in  der  Größe  und  Stärke  seiner  Beute  arg  täuscht,  ja  nicht  selten  stürzt  er 
auf  riesige  Albekore  oder  Beuiten  herab,  denen  er  doch  selbstverständlich  nichts 
anhaben  kann.  Karl  Knauthe. 


L  i  1 1  e  r  a  t  u  r. 


•• 

Experimente  über  Hin-  und  Rückflug  der  Militär-Brieftauben.  Übersetzt  von 
Lieutenant  Fellmer.  Berlin.  Friedrich  Luckhardt.  1889. 

Ein  kleines  aber  wichtiges  Buch.  Dem  Hauptmann  Malagoli,  dem 
Leiter  des  italienischen  Militärbrieftaubenwesens  ist  es  gelungen,  dieselbe 
Taube  zum  Hin-  und  Hertragen  von  Briefen  zwischen  zwei  Orten  abzurichten 
und  zwar  dadurch,  daß  er  die  ganz  jungen  Tauben  erst  einige  Zeit  in  Civi- 
tavechia  einsperrte  und  sie  dann,  als  der  Fortpflanzungstrieb  in  ihnen  rege 
werden  wollte,  in  Rom  eingewöhnte.  Als  sie  dort  zum  zweitenmal  Eier  gelegt, 
ließ  er  sie,  nachdem  sie  ihren  Weg  sowohl  hin  als  zurück  vorher  kennen  ge¬ 
lernt  hatten,  fliegen,  ohne  sie  im  Schlage  zu  füttern.  Der  Hunger  führte  sie 
dann  täglich  in  ihren  Schlag  nach  Civitavechia,  die  Liebe  zum  Neste  und  zu 
den  Jungen  wieder  nach  Rom,  so  daß  es  in  der  That  gelang,  Briefe  und  Ant¬ 
wort  in  der  Zeit  von  wenigen  Stunden  auf  eine  Entfernung  (Luftlinie)  von 
65  km  zu  befördern.  Das  Militärbrieftaubenwesen  wird  dadurch  wesentlich 
vereinfacht,  billiger  und  gleichwohl  um  vieles  sicherer.  Die  Thatsache  ist 
sowohl  ein  hübscher  Beweis  für  die  Anhänglichkeit  und  den  Verstand  der 
Tauben  als  auch  ein  großer  Erfolg  menschlichen  Scharfsinns.  N. 


Eingegangene  Beiträge. 

A.  S.  in  G.:  Die  Fortsetzung  der  Beiträge  ist  sehr  erwünscht.  Viel  Glück  auf  der 
Reise!  —  R.  v.  L.  in  J. :  Angenommen.  Fortsetzung  erwünscht.  Das  Präparat  ist  abgesandt. 
—  K.  K.  in  S.  —  A.  M.  in  K.  und  K.  M.  in  A.:  Brieflich  Näheres.  -  L.  W.  in  K.:  Besten 
Dank  für  Zusendung  der  Liste.  Schlußsendung  bald  erwünscht.  Notiz  angenommen.  — 
N.  K.  in  M.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

H.  Nehrling.  Die  nordamerikanische  Vogelwelt.  Mit  Farbentafeln  nach  Zeichnungen  von 
Prof.  R.  Ridgway,  Prof.  A.  Goering  und  G.  Mützel.  Lieferung  1— ß,  mit  je  3  Tafeln. 
Milwaukee,  Wis.  G.  B minder  und  Leipzig.  F.  A.  Brockhaus,  ä  lieft  4  M. 

The  Journal  of  Couiparative  Medicine  and  Veterinary  Archives.  Edited  by  W.  A.  Conklin 
and  R.  Sh.  Huidekoper.  Philadelphia.  Vol.  XI.  1890.  No.:  1-3. 

Der  Naturhistoriker.  Organ  des  Wiener  Vivariums.  JHerausgegeben  von  Dr.  Friedrich 
K.  Knauer.  9.  Jahrgang.  No.:  1—7.  Wien  1890. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a,.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°-  4.  XXXI,  Jahrgang.  April  1890. 


I  n  lt  a  1  i. 

Die  Lehenserscheinungen  des  Badeschwammes;  von  R.  v.  Lendenfeld.  —  Wildschafe, 
Wildziegen,  Antilopen  des  Himalaya;  von  Dr.  Langka  vel-Hamburg.  —  Eine  westfälische 
Froschjagd;  von  Professor  Dr.  H.  Landois.  —  Einiges  über  zoologische  Gärten;  von 
Dr.  A.  Seitz.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Einge¬ 
gangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Die  Lebensersclieinungen  des  Badeschwammes. 

Von  R.  v.  Lendenfeld. 

Schon  die  homerischen  Helden  benützten  den  Badeschwamm, 
und  er  ist  bei  den  europäischen  Völkern  seit  Jahrtausenden  im  Ge¬ 
brauch.  Gleichwohl  besaß  man  keine  Kenntnis  von  seinem  Bau  bis 
in  die  neueste  Zeit,  und  erst  F.  E.  Schulz  es  bahnbrechende  Ar¬ 
beiten  haben  uns  mit  denselben  vertraut  gemacht.  Trotzdem  wußte 
man  aber  nichts  über  die  Lebenserscheinungen  dieses  Organismus; 
über  die  Nahrung,  die  Verdauung  und  Atmung  des  Schwammes. 
Um  hierüber  Aufschlüsse  zu  erlangen,  stellte  ich  eine  Reibe  von 
physiologischen  Experimenten  an  Badeschwämmen  und  einer  Anzahl 
anderer  Spongienarten  an,  und  wir  können  jetzt  mit  Hülfe  der  von 
mir  erlangten  Resultate  ein  Bild  der  Lebensweise  dieses  so  nütz- 
liehen  Seetieres  entwerfen. 

Ein  Blick  auf  die  Spongienskelette,  welche  unter  dem  Namen 
»Badeschwämme«  in  den  Handel  kommen  und  in  vielen  Schaufenstern 
zu  sehen  sind,  lehrt,  daß  man  zwei  verschiedene  Sorten  unter¬ 
scheiden  muß ;  die  kompakteren  und  meist  kleineren  »feinen  Bade¬ 
schwämme«  ,  und  die  größeren  von  einem  System  fingerbreiter, 
anastomosierender  Lakuuen  durchzogenen  »Pferdeschwämme«.  Die 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXI.  1890.  7 


98 


ersteren  sind  die  Skelette  von  Spongien,  welche  zur  Gattung  Euspon- 
gia  gehören  (meist  Euspongia  officinalis  mit  zahlreichen  Varietäten) ; 
die  letzteren  gehören  zur  Gattung  Hippospongia  (Hippospon gia  ecjuina 
mit  zahlreichen  Varietäten). 

Schon  Aristoteles  kannte  den  Unterschied  zwischen  diesen 
Badeschwammsorten.  Im  feineren  Bau,  in  der  Lebensweise  und  auch 
in  der  Verwendbarkeit  ihrer  Skelette  weichen  sie  nicht  erheblich  von¬ 
einander  ab. 

Bei  beiden  besteht  das  Skelett  aus  Hornfasern,  welche  von  einer 
feinen  basalen  Hornplatte  aufsteigen.  Die  Hornplatte  schmiegt  sich 
fest  an  Steine  und  dergleichen  an  und  heftet  den  Schwamm  an  den 
Meeresgrund.  Die  aufsteigenden  Fasern  enthalten  kleine  Sandkörn¬ 
chen  und  andere  Fremdkörper,  welche  der  Schwamm  von  außen 
her  aufnimmt  und  gleich  den  Steinen  einer  gemauerten  Säule  anein¬ 
ander  heftet  zu  einem  widerstandsfähigen,  außerordentlich  zähen  und 
elastischen  Strang.  Die  dem  Mörtel  vergleichbare  Kittsubstanz  ist 
hornartiger  Natur :  sogenanntes  Spongin. 

Diese  Fasern  erstrecken  sich  der  Länge  nach  von  der  Grundplatte 
bis  an  die  Oberfläche  des  Schwammes.  Sie  verzweigen  sich.  Die 
Zweige  verlaufen  ebenfalls  der  Länge  nach.  Die  Oberfläche  des  leben¬ 
den  Badeschwammes  ist  bedeckt  mit  ziemlich  dicht  stehenden,  kleinen, 
schlank  kegelförmigen  Vorragungen.  In  den  Spitzen  dieser  Vorragungen 
enden  die  aufsteigenden  Skelettfasern.  Zwischen  denselben  breitet 
sich  ein  dichtes  Netz  von  viel  zarteren  Fasern  aus,  welche  ganz  aus 
horniger  Sponginsubstanz  bestehen  und  keine  Fremdkörper  enthalten. 

Die  Verwendbarkeit  des  Badeschwammes  beruht  einerseits  auf 
der  Kleinheit  der  Maschen  seines  Skelettnetzes  und  andrerseits  auf 
der  außerordentlichen  Weichheit  und  Elastizität  desselben.  Die 
Kleinheit  der  Netzmaschen  bewirkt  jene  kräftige  Kapillarwirkung, 
welche  in  der  raschen  Aufsaugung  von  Flüssigkeiten  ihren  Ausdruck 
findet.  Die  Weichheit  ermöglicht  es,  aufgesaugte  Flüssigkeiterßdurch 
Drücken  schnell  wieder  zu  entfernen,  während  die  Elastizität  zur 
Folge  hat,  daß  der  Schwamm,  sobald  der  Druck  nachläßt,  zu  seiner 
früheren  Form  und  Größe  zurückkehrt  und  dabei  noch  kräftiger 
saugt  als  durch  die,  für  sich  allein  wirkende  Kapillarität. 

Im  Leben  ist  der  Badeschwamm  an  der  Oberfläche  schwarz  und 

•  • 

im  Innern  gelblich*  Meist  finden  sich  eine  oder  mehrere  Öffnungen 

•  • 

in  der  Oberfläche,  Öffnungen  von  5  bis  10  und  mehr  Millimeter 
Weite,  welche  in  Röhren  hineinführen,  die  in  das  Innere  des 
Schwammes  eindringen.  Die  weiten  Kanäle,  welche  von  diesen 


99 


Löchern  herabziehen,  sind  reich  verästelt.  Die  Eudzweige  sind  eng 
und  entziehen  sich  wegen  ihrer  Kleinheit  der  Beobachtung. 

Untersucht  man  den  Schwamm  mit  dem  Mikroskop,  so  erkennt 
man,  daß  die  konkaven  Felder  zwischen  den  kegelförmigen  Vor- 
ragungen  an  der  äußeren  Oberfläche  von  zahllosen,  sehr  kleinen 
Poren  durchbrochen  werden  und  daher  siebförmig  erscheinen. 

Diese  Poren  sind  umgeben  von  kontraktilen  Ringmembranen, 
durch  welche  sie  verkleinert  und  auch  ganz  geschlossen  werden 
können.  Sie  führen  in  Kanäle  von  beträchtlicher  Größe  hinein,  die 
sich  unter  der  siebartigen  Haut  ausbreiten.  Von  diesen  »Subdermal¬ 
räumen«  gehen  Kanäle  gegen  die  Mitte  des  Schwammes  ab.  Die 
letzteren  sind  reich  verästelt  und  ihre  Endzweige  so  klein,  daß  man 
sie  auch  mit  dem  Mikroskop  nicht  immer  leicht  nachweiseu  kanu> 
Diese  überaus  feinen  Endkauäle  münden  in  kuglige  oder  bimförmige 
Hohlräume  von  0 ' 03  bis  0*04  mm  Durchmesser.  Mehrere  solcher 
Endkanälchen  münden  in  je  einen  Hohlraum.  Von  jedem  Hohlraum 
entspringt  je  ein  Kanal,  welcher  um  ein  vielfaches  geräumiger  ist 
als  die  Endkanälchen,  die  in  den  Hohlraum  hineinführen.  Die 
von  benachbarten  Hohlräumen  entspringenden  Kanäle  vereinigen  sich 
zu  immer  größeren  Kanälen,  welche  in  jenes  weite  Rohr  münden, 
das,  wie  wir  gesehen  haben,  mit  weiter  Öffnung  au  der  Oberfläche 
des  Schwammes  ausmündet. 

Die  äußere  Oberfläche  des  Schwammes,  sowie  die  Kanäle,  sind 
ausgekleidet  mit  einer  einfachen  Lage  von  sehr  niedrigen,  platten 
Zellen,  welche  je  eine  Geißel  tragen.  Nur  die  Auskleidung  jener  oben 
erwähnten-  kugeligen  Hohlräume  ist  andrer  Natur;  sie  besteht  aus 
cylindrischen,  hohen  Zellen,  von  deren  freien,  dem  Innern  des 
Hohlraumes  zugewendeten  Enden  je  ein  kurzes  häutiges,  kegel-  oder 
cylinderförmiges  Rohr  abgeht,  das  aussieht  wie  ein  dem  Ende  der 
Zelle  aufgesetzter  Kragen.  Dieser  Eigentümlichkeit  wegen  heißen 
die  Zellen  Kragenzellen.  Von  der  Mitte  des  vom  Kragen  umgebenen 
freien  Endes  der  Zelle  erhebt  sich  eine  starke  Geißel.  Sie  sind  so 
lang,  daß  die  gegenüberliegenden  Kragenzellen  zugehörigen  Geißeln 
im  Mittelpunkte  des  Hohlraumes  sich  kreuzen.  Es  erscheint  derselbe 
ganz  durchsetzt  von  den  Geißeln  der  Kragenzellen  und  heißt  deshalb 
Geißelkammer.  Bei  vielen  andern  Spongien  sind  die  Geißelkam¬ 
mern  größer  und  die  Kragenzellen  -  Geißeln  füllen  sie  daher  nicht 
ganz  aus. 

Wir  sehen  also,  daß  der  Schwamm  von  sehr  vielen  Kanälen 
durchsetzt  wird,  welche  zur  Bildung  zweier  Systeme  zusammentreten. 


100 


Von  außen  führt  ein  System  einführender  Kanäle  in  den  Schwamm 
hinein.  Dieses  entspringt  in  dem  Boden  der  subdermalen 
Tangentialkanäle,  welche  sich  unter  der  Oberfläche  ausbreiten  und 
in  welche  von  außen  die  kleinen  Hautporen  hineinführen.  Das  ein¬ 
führende  System  besteht  aus  zahlreichen  getrennten,  baumförmig 
verzweigten  Kanälen.  An  den  Endzweigen  dieser  Kanalbäume  sitzen 
gleich  Früchten  die  Geißelkammern.  Das  andere,  ausführende  System 
besteht  aus  einem  Kanalbaum,  dessen  mächtiger,  mehrere  Millimeter 
weiter  Stamm,  das  Oscularrohr,  an  der  Oberfläche  ausmündet.  Jeder 
Endzweig  dieses  Kanalbaumes  führt  in  eine  Geißelkammer  hinein. 

Der  Raum  zwischen  diesen  ineinandergreifenden  verzweigten 
Kanälen  wird  eingenommen  von  einer  strukturlosen  Füllmasse  von 
leimartiger  Beschaffenheit,  welcher  zahlreiche  Zellen  eingelagert 
sind.  Hier  finden  sich  die  muskulösen  und  nervösen  (?)  Elemente, 
die  Geschlechtszellen  und  das  Skelett,  dessen  Fasern  durch  eigens 
differenzierte  Elemente  aufgebaut  werden.  Die  skelettbildenden  Zellen 

—  Spongoblaste  genannt  —  bilden  einen  Mantel  an  der  Oberfläche 
feiner,  körniger  Fäden,  die  an  solchen  Stellen  gebildet  werden,  wo 
eine  Faser  entstehen  soll.  Sie  erzeugen  ein  Sekret,  welches  in  kon¬ 
zentrischen  Schichten  um  den  körnigen  Axenfaden  ausgegossen  wird 
und  zu  Spongin  erstarrt.  Rasch  wächst  in  dieser  Weise  die  junge 
Faser  in  die  Dicke.  Sobald  sie  den  richtigen  Durchmesser  erlangt 
hat,  sterben  die  Spongoblaste  ab  und  verschwinden.  Ein  nachträg¬ 
liches  Dicken  Wachstum  dieser  Verbindungsfasern  des  Skeletts  findet 
nicht  statt.  Die  viel  dickeren  longitudinalen  Hauptfasern  wachsen 

—  in  ähnlicher  Weise  —  nicht  nur  nachträglich  rasch  in  die  Dicke 
sondern  auch  stetig  in  die  Länge,  indem  eine  Kappe  von  Spongo- 
blasten  auf  ihre  Vegetationsspitze  immer  neue  Sponginlagen  nieder¬ 
schlägt  und  die  von  außen  her  aufgenommenen  Fremdkörper  mitein¬ 
ander  verkittet. 

Eigentümlich  und  charakteristisch  für  die  Spongien  sind  die 
Kragenzellen,  welche  die  Geißelkammern  auskleiden.  Bei  keinem 
anderen  vielzelligen  Tier  sind  solche  Elemente  beobachtet  worden 
Nur  einige  Flagellaten  haben  eine  ähnliche  Gestalt. 

Die  Geißeln  an  den  Zellen,  welche  die  Kanäle  auskleiden,  sind  in 
steter  Bewegung,  und  zwar  schwingen  sie  pendelartig  in  der  Längs¬ 
richtung  des  Kanals  hin  und  her.  Sie  sind  derart  gebaut,  daß  sie 
nach  einer  Seite  und  zwar  nach  innen  —  gegen  die  Mitte  des 
Schwammes  zu  —  biegsam,  nach  der  entgegengesetzten  —  zentri¬ 
fugalen  —  Richtung  aber  unbiegsam  sind.  Die  Folge  davon  ist,  dass 


101 


sie  bei  ihrer  peiidelartigen  Bewegung  gestreckt  und  starr  sind,  wenn 
sie  centripetal  —  nach  innen  zu  —  schwingen  ;  daß  sie  sich  aber, 
infolge  des  Widerstandes  des  Wassers,  welches  den  Kanal  erfüllt, 
bei  der  Rückschwingung  in  centrifugaler  Richtung  —  nach  außen  — 
biegen.  Es  ist  klar,  daß  diese  eigenartige  Bewegung  der  Cilien 
einen  Wasserstrom  in  dem  Kanäle  erzeugen  wird,  einen  Strom,  der 
von  außen  nach  innen  in  centripetaler  Richtung  sich  bewegt. 

Schon  Grant  und  Lieberkühn  haben  vor  vielen  Jahren 
diesen  Wasserstrom  beobachtet.  Er  tritt  durch  die  kleinen  Haut¬ 
poren  ein  und  durch  die  große  Öffnung  am  Ende  des  Oscularrohrs 
—  das  Osculum  —  aus. 

Meine  Vergiftungsversuche  haben  ergeben,  daß  schwächere  Gifte 
(Strychnin,  Veratrin  etc.  1 :  1000)  die  Zellen  in  den  Kanalwänden, 
welche  durch  die  Schwingung  ihrer  Cilien  den  Wasserstrom  erzeugen, 
nicht  paralysieren  und  daß  diese  Cilienschwingung  so  lange  andauert, 
als  noch  irgend  Leben  im  Schwamme  ist.  Erst  mit  dem  Tode  hört 
sie  auf  und  mit  ihr  der  Wasserstrom. 

Es  durchzieht  also  ein  ununterbrochener  Wasserstrom  den  ganzen 
Schwamm.  Durch  die  kleinen  Hautporen  tritt  er  in  den  Schwamm 
ein,  durchzieht  die  einführenden  Kanalstämme  und  verteilt  sich  in 
den  Verzweigungen  derselben.  Er  gelangt  durch  die  Endzweige  des 
einführenden  | Systems  in  die  Kammern,  durchkreuzt  sie  und  setzt 
dann  seinen  Weg  durch  die  Kanäle  des  ausführenden  Systems  fort, 
um  sich  schließlich  durch  das  Osculum  nach  außen  zu  ergießen. 

Daß  der  Wasserstrom  für  das  Leben  des  Schwammes  von  der 
größten  Bedeutung  sein  muß,  leuchtet  a  priori  ein.  Daß  er  die 
Atmung  an  den  Kanaloberflächen  ermöglicht,  kann  nicht  zweifel¬ 
haft  sein.  Daß  aber  auch  die  Nahrungsaufnahme  auf  dem  Wasser¬ 
strom  beruht,  haben  erst  meine  Fütterungsversuche  dargethan. 

Ich  experimentierte  mit  Karmin,  Stärke  und  Milch.  Die  Ver¬ 
suchsschwämme  wurden  in  Aquarien  gesetzt,  deren  Wasser  durch 
einen  Luftstrom  in  steter  Bewegung  erhalten  wurde.  In  das  Wasser 
wurden  die  zu  verfütternden  Substanzen  eingetragen.  Die  Spongien 
wurden  l1^  bis  36  Stunden  in  diesen  Mischungen  von  Meerwasser 
mit  Stärke,  Milch  oder  Karmin  belassen  und  dann  entweder  gleich 
getötet,  oder  hernach  noch  21/*  bis  72  Stunden  in  reinem  Meer¬ 
wasser  gehalten  und  erst  daun  getötet.  Sämtliche  Exemplare 
wurden  dann  in  Schnittserien  zerlegt,  durch  deren  Vergleichung 
ich  eine  Vorstellung  über  die  Art  der  Nahrungsaufnahme  der 
Spongien  erlangte.  Es  zeigte  sich,  daß  Stärkekörner,  sowie  Karmin- 


102 


körnchen  und  Milchkügelchen  mit  dem  Wasserstrom  in  das  Innere  des 
Schwammes  gelangen  und  zwar  Milchkügelchen  sogleich  —  Karmin 
und  Stärke  erst  nach  Ablauf  einiger  Stunden. 

Die  5  Stunden  und  länger  gefütterten  Exemplare  enthalten 
zahlreiche  Karminkörner  und  Milchkügelchen  in  den  Kragenzellen 
der  Geißelkammern,  jedoch  keine  Stärkekörner,  welche  zu  groß  sind, 
um  aufgenommen  werden  zu  können. 

An  der  äußeren  Oberfläche  und  in  den  Kanalwänden  kleben 
nur  sehr  wenige  Karminkörnchen,  und  ein  Blick  auf  die  Präparate 
zeigt,  daß  jedenfalls  die  Kragenzellen  der  Geißelkammern  allein  es 
sind,  welche  solche,  im  Wasser  schwimmende  Körper  in  sich  anf- 
nehmen. 

Die  Untersuchung  jener  Exemplare,  welche  nach  der  Fütterung 
noch  längere  Zeit  in  reinem  Meerwasser  gehalten  wurden ,  ergibt, 
daß  die  Karminkörner  von  den  Kragenzellen  später  wieder  ausge- 
stoßeu  werden,  während  die  Milchkügelchen  in  den  Krageuzellen 
teilweise  zerfallen.  Die  Bruchstücke  der  letzteren  werden  von  den 
Kragenzellen  auf  bewegliche  Elemente  übertragen,  die  in  der  leim¬ 
artigen  Füllmasse  des  Schwammes  —  der  Grundsubstanz  —  umher¬ 
kriechen.  Die  letzteren  ambulanten  Zellen,  welche  »amöboide 
Wanderzellen«  genannt  werden,  besorgen  den  Nahrungstransport, 
indem  sie  die  von  den  Kragenzellen  aufgenommenen  Nährstoffe  dort 
hin  bringen,  wo  Nahrung  gebraucht  wird. 

Meine  Vergiftungsversuche  haben  gezeigt,  daß  sowohl  die  kleinen 
Hautporen  als  auch  die  Mündungen  der  Endzweige  des  einführen¬ 
den  Systems  in  die  Kammern  sich  stark  zusanunenziehen,  wenn 
Gifte  im  Meerwasser  in  Lösung  sind.  Strychnin  von  nur  1  :  15000 
Stärke  bewirkt  schon  eine  kräftige  Kontraktion  der  Riugmuskeln  in 
der  Umgebung  der  Hautporen,  häufig  sogar  den  Verschluß  derselben. 

Es  ist  also  auzuuehmen,  daß  der  den  Schwamm  durchziehende 
Wasserstrom  unterbrochen  wird,  wenn  schädliche  Substanzen  in  dem 
Wasser  gelöst  sind,  welches  den  Schwamm  umgibt;  und  zwar 
wird  die  Hemmung  des  Wasserstroms  durch  Verschluß  der  Haut¬ 
poren  und  nicht  etwa  durch  einen  Stillstand  in  der  Bewegung  der 
Cilien  veranlaßt.  Die  letzteren  fahren  fort  zu  schlagen  und  es  dauert 
in  solchen  Teilen  des  Schwammes,  wo  die  Haut  verletzt  ist,  trotz 
der  Anwesenheit  von  Gift  die  Strömung  des  Wassers  an.  Wenn 
man  nämlich  einen  Schwamm  etwa  drei  Stunden  in  vergiftetem 
Karminwasser  hält,  so  wird  man  finden,  daß  die  Hautporen  ge¬ 
schlossen  und  die  Kammern  unter  unverletzten  Hautpartien  karmin- 


103 


frei  sind,  daß  aber  unter  verletzten  Hautstellen  Karmin  in  den 
Kammern  abgelagert  wurde. 

Aus  dem  Ei  des  Badeschwammes  entwickelt  sich  ein  frei¬ 
schwimmender,  cilienbekleideter  Embryo,  welcher  einige  Zeit  im 
Wasser  herumschwärmt,  sich  dann  festsetzt,  die  regelmäßige  Gestalt 
eiubiißt  und  zu  einem  Fladen  auswächst,  in  welchem  Hohlräume  ent¬ 
stehen,  die  später  an  Durchbruchstellen  der  Hautschicht  mit  der 
Außenwelt  in  Verbindung  treten.  Die  Höhlen  werden  zu  Kanälen 
und  Geißelkammern,  und  es  beginnt  ein  Wasserstrom  dieselben  zu 
durchziehen. 

Wenn  innere  schädliche  Einflüsse  den  jungen  Schwamm  be¬ 
drohen,  werden  die  Hautporen  geschlossen  und  so  der  Wasserstrom 
abgestellt.  Abgesehen  hiervon  durchströmt  ohne  Unterbrechung  das 
Wasser  die  Kanäle  und  Geißelkannnern  des  Schwammes.  Dieses 
Wasser  bringt  Sauerstoff  und  Salze  in  Lösung  mit,  welche  dem 
Schwamme  zur  Atmung  und  zur  Ernährung  dienen.  Der  Gasaus- 
ausch  dürfte  wohl  auch  von  den  Plattenzellen  der  Kanalwände  ver¬ 
mittelt  werden.  Die  Aufnahme  der  gelösten  Salze  findet  durch  die 
Kragenzellen  statt.  Außer  den  gelösten  Stoffen  führt  das  Wasser 
aber  auch  feste,  darin  schwimmende  Körper  von  geringen  Dimensionen 
mit.  Solche  gelangen  mit  dem  Wasserstrom  ins  Innere  des  Schwam¬ 
mes.  Größere  feste  Körper  können  nicht  hinein  wegen  der  Kleinheit 
der  Hautporen.  Kleine  Protozoen  und  Algen,  sowie  durch  Fäulnis 
organischer  Körper  im  Wasser  abgelöste,  halbmacerierte  Gewebefetzen 
werden  hineingelangen  in  die  Kanäle  und  aufgenommen  von  den 
Krageuzellen.  Wie  viel  Nahrung  in  solcher  und  wie  viel  iu  gelöster 
Form  dem  Schwamm  zugeführt  wird,  läßt  sich  nicht  gut  bestimmen, 
aber  sicher  dürfte  es  wohl  sein,  daß  ein  Teil  des  notwendigen  Nähr¬ 
materials  durch  Aufnahme  gelöster  Stoffe  aus  dem  Meer wasser  ge¬ 
wonnen  wird.  So  besonders  der  Kalk  und  der  Kiesel ,  die  zum 
Aufbau  der  Skelette  verwendet  werden.  Alle  Einrichtungen  des 
Kanalsystems  weisen  darauf  hin,  daß  der  Schwamm  bestrebt  ist? 
feste  Körper  überhaupt  von  sich  fern  zu  halten,  und  es  ist  daher 
anzunehmen,  daß  seine  Nahrung  nur  aus  gelösten  Stoffen  und  sehr 
kleinen  zarten  und  weichen  suspeudierten  Körpern  besteht. 

Der  Schwamm  wächst  sehr  langsam.  Es  ist  bekannt,  daß 
kleine  Teilstücke  sieben  Jahre  brauchen,  um  zu  Badeschwämmen  von 
einigem  Handels  wert  heranzuwachseu.  Dieses  langsame  Wachstum 
weist  darauf  hiu,  daß  Nahrungsaufnahme  und  Stoffumsatz  bei  den 
Spougieu  recht  langsame  sind. 


104 


Einige  Spongien  werden  anderthalb  Meter  lang  und  auch  unter 
den  Badeschwämmen  (Hippospongia)  von  den  Bahamas  findet  man 
kuchenförmige  Stücke  von  nahezu  einem  Meter  Durchmesser.  Solche 
Biesen  dürften  wohl  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  alt  sein. 

Wildscliafe,  Wildziegen,  Antilopen  des  Himalaya. 

Von  Dr.  Langkavel- Hamburg. 

In  einem  kleinen  Aufsatze  im  vorigen  Jahrgange  dieser  Zeit¬ 
schrift  hatte  ich  auf  S.  299  den  Wunsch  ausgesprochen,  daß,  wie 
von  Norden  her  besonders  durch  General  v.  Prschewalski  über 
die  Wildschafe  des  centralen  Asiens  den  Zoologen  viel  wertvolles 
Material  zugegangen,  so  auch  von  Süden  her  durch  die  Engländer 
uns  solches  zu  Teil  werden  möchte;  und  eher,  als  ich  es  dachte,  ist 
dieser  Wunsch  in  Erfüllung  gegangen  durch  das  kürzlich  erschienene 
Werk  D.  Macintyres:  »Hindu-Koh.  Wanderings  and  wild  sport 
on  and  beyond  the  Himalayas,  mit  Abbildungen,  London,  1889.«  Der 
Verfasser  war  30  Jahre  lang  Offizier  in  einem  Gorkharegimente  und 
hatte  häufig  Gelegenheit  dem  Waid  werk  im  Hochgebirge  obzuliegen. 
Das  höchst  anziehende  Buch  macht  uns  mit  den  zahlreichen  Zwei¬ 
hufern  des  Gebirges,  den  Raubtieren,  dem  geflügelten  Wilde  u.  s.  w. 
eingehend  bekannt.  Nur  ein  Inhaltsverzeichnis  derart,  daß  man 
leicht  die  zerstreuten  Notizen  für  jedes  einzelne  Tier  finden  könnte, 
fehlt.  Dies  hat  sich  also  der  Leser  selbst  anzufertigen,  und  darnach 
möchte  ich  im  folgenden  seine  Erfahrungen  und  Beobachtungen 
über  Wildschafe,  Wildziegen  und  Antilopen  wiedergeben. 

Macin  tyre  beobachtete 

Psendois  nahoor 

auf  den  grasreichen  Abhängen  unterhalb  der  Schneegrenze  des 
Kallee-Thales,  in  Tibet  südlich  von  Chuschul,  auf  den  Bergen  am 
See  bei  Karsok,  bei  Milum,  am  Niti-Passe,  bei  Goting  uud  gewann 
für  seine  reichhaltige  Sammlung  mehrere  sehr  schöne  Exemplare: 
»Revenons  ä  nos  moutons«,  schreibt  er  nach  Schilderung  verschie¬ 
dener  Hirscharten.  In  den  verschiedenen  Gegenden  des  Himalaya 
wechselt  die  Größe  des  Burreil  oft  bedeutend,  doch  glaubt  er  die 
Schulterhöhe  erwachsener  Widder  durchschnittlich  auf  33  Zoll  an¬ 
geben  zu  können.  Seite  292  enthält  eine  Photographie  des  Kopfes. 
Die  dicken  Hörner,  welche  seitlich  sich  abwärts  krümmen,  haben 
eine  Länge  von  30  Zoll,  an  der  Basis  einen  Umfang  von  fast  einem 


105 


Fuß.  Das  schöne  Fell  mit  dickem,  elastischem  Haar  ist  bläulich¬ 
grau,  besetzt  mit  schwarzen  und  rein  weißen  Flecken.  Im  Winter 
sehen  sie  am  besten  aus,  weil  dann  die  Farbe  entschiedener  schiefer¬ 
blau  ist.  Die  Schafe  sind  kleiner  als  die  Böcke,  ihre  Hörner  viel 
dünner  und  kürzer,  die  Farbe  verblaßter,  das  Schwarz  und  Weiß 
weniger  genau  begrenzt.  Sie  werfen  im  Frühling  gewöhnlich  zwei 
Lämmer  und  gehen  während  dieser  Jahreszeit  nur  in  kleinen  Trupps, 
bisweilen  nur  zwei  oder  drei  beisammen,  die  Böcke  bleiben  allein; 
nur  im  Herbst  scharen  sich  alle  zu  großen  Herden  zusammen. 
Bevorzugte  Weideplätze  liegen  stets  offen  und  haben  an  den  Gehängen 
unterhalb  der  Schneegrenze  nur  kurzes  Gras.  Das  Fleisch  der  jungen 
Widder  und  der  Schafe  ist  im  Herbst  ebenso  zart,  fett,  duftend  wie 
ein  englischer  Hammel.  Ihr  Geruchsorgan  ist  sehr  scharf;  werden 
sie  beunruhigt,  erschallt  als  Warnung  ein  schriller  Doppelpfiff. 

Ovis  Ammon  des  Himalava. 

•* 

Auf  seinen  verschiedenen  Jagdausflügen  fand  Macintyre  dies 
Wildschaf  besonders  häufig  in  Hunges  z.  B.  an  den  Läl  Däkä  (roten 
Bergen)  bei  Dongpu,  sodann  südlich  vom  Jndus  in  den  weiten,  fast 
unbewohnten  Distrikten  von  Hanle  und  Rukschu  (ungefähr  77°  östl. 
Länge  v.  Gr.  und  33°  nördl.  Breite  und  im  Paugong  Countrv ; 
Liebliugsplatz  alter  Widder  ist  auch  die  chinesische  Grenze  östlich 
von  Chuschul. 

Diese  Wildschafe  fanden  sich  einzeln  und  in  Herden.  Einst 
ließ  ein  großer  schöner  Bock,  der  sich  gelagert  hatte,  den  Reisenden 
auf  900  Fuß  herankommen,  bevor  er  aufstand  und  langsam  sich 
entfernte.  Zwei  Herden  bestanden  aus  sieben  Böcken,  eine  aus  fünf; 
eine  andere  hatte  neun  Mutterschafe,  wieder  eine  andere  sechs  solche 
und  fünf  Lämmer,  eine  sogar  zwanzig  Schafe  und  Lämmer.  Öfter 
traf  er  die  Tiere  in  Höhen  von  19,000  Fuß,  und  sie  nahmen  ihn 
wahr  schon  auf  600  Fuß. 

Es  ist  nichts  Ungewöhnliches,  daß  ein  erfahrener  Jäger  Tage 
lang  wandern  muß,  um  sie  anzutreffen;  denn  ein  alter  Bock  ist 
das  ruheloseste  Wild,  das  existiert;  selbst  der  kräftige  Hochland¬ 
hirsch  ist  hierin  nichts  gegen  ihn.  Die  von  ihm  erwählten  Weide¬ 
plätze  liegen  stets  so  offen,  daß  es  unmöglich  ist,  ihm  zu  nahen; 
der  in  diesen  Höhen  stetige  Luftstrom  bringt  ihm  alsbald  die  Witte¬ 
rung.  Uber  ein  Chaos  von  zerschlagenen  scharfen  Steinen  und 
Felsstücken  geht  dies  Wildschaf  nicht  gern.  Wegen  seiner  großen 
Vorsicht  und  Schlauheit  haben  das  deutsche  Sprichwort:  »Der  Mensch 
denkt,  Gott  lenkt«  englische  Sportsmen  im  Himalaya  abgeändert 


106 


X 

in:  »Man  proposes,  and  the  Ovis  Ammon  very  often  disposes«.  Bei 
Hanle  waren  stets  viele;  als  aber  zwei  Jäger  dort  längere  Zeit  ge¬ 
jagt  hatten,  ohne  eins  zu  erlegen,  waren  auf  längere  Zeit  alle  aus 
jener  Gegend  verschwunden. 

Ein  ausgewachsener  Bock  ist  gegen  zwölf  Hand  hoch ;  sein 
Haar  kurz,  weich,  dicht  anliegend;  die  Farbe  hellbräunlichgrau, 
dunkler  gegen  den  Widerrist,  den  oberen  Teil  der  Vorderbeine  und 
die  Mitte  des  Rückens.  Im  Herbst  wird  er  an  allen  Teilen  dunkler 
und  glatter,  aber  unter  der  Brust  und  am  Bauch  bleibt  er  viel 
heller,  fast  weiß.  Die  eher  schmächtigen  und  für  ein  Schaf  ver¬ 
hältnismäßig  dünnen  Beine  sind  auch  fast  weiß,  haben  aber  vorn 
unten  einige  braune  Flecken.  Bei  alten  Böcken  ist  das  Haar  vorn 
an  der  Schulter  sehr  lang,  ungefähr  wie  eine  große  grauweiße 
Krause,  die  Schnauze  weiß,  vom  Schwanz  kaum  eine  Spur.  Ein 
von  Macin  tyre  erlegter  wog  360  Pfund.  Wahrscheinlich  den  größten 
Widder  schoß  einst  Colonel  Smyth ;  es  war  ein  sehr  altes,  zahnloses, 
übergroßes  Tier  mit  immensen  Hörnern,  aber  nur  Haut  und  Knochen 
und  so  mager,  daß  selbst  die  Hoonyas,  die  sonst  Wildpferde,  Hunde, 
Füchse,  überhaupt  kein  größeres  Tier  verschmähen,  sich  nicht  über¬ 
winden  konnten,  dessen  Fleisch  zu  genießeu. 

Die  mächtigen,  tief  geringelten,  an  der  Stirn  fast  zusammen¬ 
stoßenden  Hörner  sind  schön  anfwärts  und  dann  rückwärts  gebogen, 
die  Spitzen  winden  sich  nach  vorn  gegen  die  Wangen  und  zuletzt 
etwas  nach  außen.  Im  Gewicht  werden  sie  von  denen  keiner  andern 
Wildschafart  übertroffen  außer  von  Ovis  Poli ,  dem  Bewohner  der 
Pamirsteppen  und  anderer  nördlicher  Teile  Turkestans.  Obgleich 
die  Hörner  dieser  letzten  Art  viel  länger  sind,  einen  bedeutend 
großem  Umfang  haben  in  der  Krümmung,  sind  sie  doch  nicht  so 
dick  wie  die  von  Ovis  Ammon.  Gegen  40  Zoll  Länge  und  17  bis 
18  Zoll  Umfang  an  der  Basis  mag  die  durchschnittliche  Größe  eines 
guten  Ammonshornes  sein,  obgleich  viele  oft  bedeutend  dicker  sind; 
aber  bei  allen  sehr  großen  Exemplaren  ist  meist  die  Spitze  stark 
beschädigt,  und  dadurch  wird  sie  mindestens  einige  Zoll  kürzer. 
Ein  Kopf  wiegt  ungefähr  40  Pfund;  er  erscheint  nicht  zu  groß 
und  unangemessen  dem  Leib  des  Tieres  gegenüber.  Die  Schafe  sind 
bedeutend  kleiuer  und  heller,  haben  kurze,  gekrümmte  Hörner  aber 
keine  Krause.  Seltsam  ist,  daß  sie  viel  weniger  schlau  und  vor¬ 
sichtig  als  die  alten  Böcke  sind.  In  jedem  Frühling  werfen  sie  ein 
Lamm.  Wenngleich  diese  Wildschafe  oft  bis  auf  die  höchsten  Berge 
wandern,  so  klettern  sie  doch  nicht  und  unterscheiden  sich  dadurch 


107 


besonders  von  dem  nahen  Verwandten  der  Rocky  Mountains,  Ovis 
montana,  einem  ausgezeichneten  Kletterer.  Während  der  Brunftzeit 
kämpfen  die  Widder  viel  miteinander,  und  das  Zusamraenschlagen 
der  Hörner  bei  Windstille  auf  den  tibetischen  Hochebenen  kann 
man  oft  in  weiter  Ferne  vernehmen.  Weil  die  Jagd  auf  alte  Böcke 
meist  eine  vergebliche  ist,  ist  der  Ammonkopf  die  erste  Trophäe 
alles  Wildes  aus  dem  Himalaya,  und  wem  es  geglückt  ist,  solch  Tier 
zu  erlegen,  der  hat  so  zu  sagen  verdient  das  »blaue  Band«  des 
Himalaya  Sportes.  Colonel  Smyth  hatte  einst  das  überaus  seltene 
Glück,  in  einer  Höhe  von  20,000  Fuß  am  Yurla  Mandrata  mit 
einem  einzigen  Schüsse  zwei  Widder  zu  erlegen.  Im  Himalaya  wird 
Ovis  Ammon  genannt:  Nian. 

Ovis  cy clocer os  Hutton 

findet  sich  in  einigen  Teilen  des  Pandschab,  z.  B.  bei  dem  süd¬ 
östlich  von  Peschawur  gelegenen  Rawul  Pindi,  wo  es  auch  Macintyre 
jagte,  und  in  den  niederen  Gebirgszügen  Afghanistans.  Mit  diesem 
IJrial  haben  einige  für  identisch  gehalten 

Ovis  Vignei  Blyth, 

und  doch  ist  ein  nicht  kleiner  Unterschied  zwischen  den  beiden. 
Die  Hörner  dieser  letztem  sind  etwas  dicker  und  weniger  kreis¬ 
förmig,  das  Haar  im  Gesicht  und  au  der  Kehle  viel  dunkler,  und 
dann  erscheint  es  dem  Reisenden  auch  sonderbar,  daß  zwei  Tiere 
so  sehr  ähnlich  sein  sollten,  die  in  so  verschiedenen  Höhen  und 
Klimaten  leben ;  Ovis  cycloceros  geht  gewöhnlich  nicht  über  2  bis 
3000  Fuß  hinaus,  das  zweite  aber  findet  sich  selten  unter  10,000  Fuß. 

Capra  sibirica. 

Der  Steinbock  des  Himalaya  hat  durchschnittlich  eine 

Schulterhöhe  von  3 x/2  Fuß,  ist  sehr  kräftig  gebaut  und  gleicht  im 
•  • 

Äußern,  Aufenthalt  und  Gewohnheiten  dem  Alpensteinbock,  nur  ist  er 
viel  größer  an  Leib  und  Hörnern.  Die  Farbe  dieser  Tiere  ist  schwer  zu 
beschreiben,  weil  sie  wie  bei  dem  meisten  Wild  dieser  Gegenden 
nach  den  Jahreszeiten  sich  erheblich  ändert  und  manche  Böcke  viel 
dunkler  als  andre  werden.  Im  Frühjahre  sind  sie  schmutzigweiß, 
an  Schultern  und  Flanken  in  braungrau,  an  den  Beineu  in  braun 
übergehend.  Eine  braune  Linie  läuft  über  den  Rücken  und  endet 
in  den  sehr  dunkelbraunen  kurzen  Schwanz.  Kopf  und  Nacken 
sind  rötlichbrauu,  ein  fast  schwarzer  und  beinahe  sechs  Zoll  langer 
Bart  hängt  vom  Kinn  herab.  In  der  späteren  Jahreszeit  wird  das 
Schmutzigweiß  entschieden  braun.  Wie  bei  den  zahmen  Ziegen  des 
Himalaya  findet  sich  auch  hier  im  Winter  unter  dem  Oberhaar  ein 


108 


,  _  \ 

weiches  Wollhaar,  Puschum.  Der  Verfasser  gibt  auf  S.  192  eine 
Abbildung  des  Schädels  mit  den  Hörnern  und  bemerkt  an  einer 
anderen  Stelle,  daß  viele  Abbildungen  oft  ganz  verkehrte  Vorstel¬ 
lungen  erwecken,  denn  die  Hörner  gehen  nicht  weit  über  den  Rücken 
hinweg,  sondern  krümmen  sich  nur  über  der  Schulter.  Das  Weibchen 
ist  kleiner  als  der  ausgewachsene  Bock,  hellrötlichbraun,  besitzt 
dünne  Hörner,  die  selten  länger  als  einen  Fuß  sind,  während  die 
des  Bockes  50  Zoll  und  mehr  erreichen  mit  einem  Basisumfange  von 
10  Zoll.  Eine  rings  um  das  Horn  gehende  Falte  bezeichnet  das 
jährliche  Wachstum,  nicht  aber,  wie  öfter  angenommen  wird,  die 
Knoten  an  der  Vorderseite. 

Nach  Macintyres  Beobachtungen  ist  deren  Gesicht  schärfer  als 
der  Geruch.  Da  sie  nun  Gefahren,  die  von  oben  her  drohen,  schwerer 
erkennen,  so  muß  der  Jäger  versuchen,  sich  von  dort  her  ihnen  zu 
nähern.  Im  Frühling  und  Frühsommer  weiden  sie  zu  jeder  Tages¬ 
zeit  und  halten  Siesta  nur  während  weniger  Stunden.  Im  Winter 
ziehen  sie  weiter  au  den  Abhängen  hinab.  Sobald  ein  Tier  etwas 
Ungewöhnliches  wahrnimmt,  läßt  es  einen  warnenden  Pfiff  ertönen, 
in  den  bald  alle  andern  einstimmen,  denn  bisweilen  gehen  sie  in 
großen  Herden,  gewöhnlich  aber  nur  in  Zahl  von  6 — 20,  die  alten 
Böcke  meist  allein,  nur  nicht  zur  Brunftzeit.  Trotz  der  von  Jägern 
erlegten,  durch  Lawinen  getöteten,  von  wilden  Hunden  niedergeris¬ 
senen  Tiere  bemerkt  man  doch  auf  den  besuchteren  Jagdgründen 
nur  eine  geringe  Abnahme,  weil  jede  Steingeis  jährlich  gewöhnlich 
zwei  Zicklein  setzt.  Der  Reisende  befragte  in  Kaschmir  einen  alten 
Jäger  in  Betreff  der  Ibex-Legende  vom  Herabstürzen  aus  großer 
Höhe  auf  die  Hörner  und  erhielt  die  Antwort,  daß,  wenn  sie  arg 
bedrängt  werden,  sie  aus  unglaublichen  Höhen  hinunterspringen. 
Wegen  des  großen  Gewichtes  der  Hörner  legen  sich  diese  während 
des  Luftsprunges  nach  vorwärts,  und  so  gewinnt  es  den  Anschein, 
als  ob  die  Tiere,  während  die  Vorderfüße  den  Boden  berühren,  die 
Hörner  absichtlich  so  gehalten  hätten.  Eine  Varietät,  welche  der 
Reisende  aber  nicht  selber  beobachtet  hat,  bewohnt  einige  Gebirge 
des  westlichen  Indiens,  in  Scind,  und  soll  dem  Ibex  des  westlichen 
Asiens  sehr  ähnlich  sein ;  deren  Hörner  sind  aber  leichter  und 
weniger  gewulstet  als  die  der  Himalaya-Art.  Der  Himalaya-Stein- 
bock  ist  ziemlich  häufig  in  gewissen  Teilen  östlich  bis  an  die  Provinz 
Spiti,  doch  nicht  östlich  vom  Sutlej-Flusse.  Der  Jäger  kann  wochen¬ 
lang  vergeblich  nach  alten  Böcken  suchen ;  wenn  ihn  aber  das  Glück 
sehr  begünstigt,  dann  erlegt  er  4 — 5  in  eben  so  vielen  Tagen. 


109 


Der  sogenannte  Stein  bock  der  Nilgkerries  von  Madras, 
Hemitragus  liylocrius ,  scheint  ganz  verschieden  von  Capra  caucasica  und 
C.  sibirica  zu  sein ;  die  kurzen  Hörner  gleichen  mehr  denen  des  Tahr. 

Capra  megaceros  Cunn. 

Vom  Markkor  finden  sich  mehrere  Abbildungen  im  Buche;  auf 
Seite  223  drei  unter  sich  sehr  verschiedene  Hörnerpaare  aus  drei 
verschiedenen  Lokalitäten,  S.  225  eine  Abbildung  des  ganzen  Tieres 
(vom  Pir  Punchal)  und  S.  242  eine  photographische  Abbildung  des 
Kopfes  nebst  Hörnern  (von  eben  daher).  Eine  Vergleichung  der 
zweiten  mit  jener  in  Brehms  Tierleben  ergibt  bedeutende  Unter¬ 
schiede.  Bei  Macintyre  ist  die  Nase  mehr  ramsartig,  der  Hals 
länger  und  an  den  Seiten  und  hinten  mit  etwas  gekräuselten  Haaren 
besetzt,  vorn  dagegen  von  der  Kehle  an  über  die  Brust  bis  zu  den 
Vorderbeinen  hängen  die  Haare,  welche  ungefähr  Kopflänge  haben, 
straff  herab,  und  schließlich  finden  sich  längere  Haare  in  einem  nicht 
breiten  Streifen  auf  der  Rückenlinie,  aber  nicht,  wie  bei  Brehm,  breit 
über  den  ganzen  Rücken. 

Im  nördlichen  Himalaya  und  in  den  Gebirgen  an  seiner  nord¬ 
westlichen  Grenze  sind  besonders  drei  Stellen  bekannt,  an  welchen 
Markhore  Vorkommen,  und  in  allen  dreien  ist  die  Gestalt  der  Hörner 
eine  völlig  andere.  Die  Hörner  jener  Varietät,  welche  im  Pir 
Punchal  und  Kajnag-Gebirgszuge  westlich  vom  Kaschmirthal  ge¬ 
funden  werden,  besitzen  drei  oder  vier  Spiralen  (so  wie  bei  Brehm) 
und  erreichen  manchmal  eine  bedeutende  Länge.  Hingegen  tragen 
die  Tiere  in  den  Gebirgen  nördlich  vom  Kaschmirgebiete  Hörner, 
die  zwar  von  gleicher  Länge  sind,  aber  nur  mit  zwei  Windungen, 
und  die  Spitzen  stehen  fast  noch  einmal  so  weit  voneinander  ent¬ 
fernt  wie  bei  der  vorigen  Varietät.  Die  dritte  Varietät  findet  sich 
im  Dehrajet-Gebiete,  westlich  vom  Indus,  im  Suliemani-Gebirgszuge, 
hat  Hörner  von  ungefähr  halber  Länge  der  vorigen  mit  7 — 8  scharfen 
Windungen  und  zwar  völlig  gerade.  Die  Ziege,  Bukri  genannt,  hat 
kaum  mehr  als  die  halbe  Größe  des  Bockes,  ist  gleichmäßig  hell¬ 
bräunlich  und  trägt  kleine  Spiralhörner,  die  selten  länger  als  15  Zoll 
sind.  Die  Jungen  heißen  »Rind«  und  sind  in  der  Herde  aus  der 
Ferne  kaum  von  den  Ziegen  zu  unterscheiden.  Der  Reisende  sah 
stets  nur  ein  Junges  bei  der  Ziege.  Nur  die  alten  Böcke  werden 
dort  Markhor  genannt,  und  sie  leben  wie  jene  von  Ibex  und  Tahr 
im  Sommer  getrennt  von  den  Ziegen.  Die  Tiere  lieben  steinige 
Klippen,  steile  Grasabhänge,  Felspartien  bestanden  mit  Pinus  und 
Birken,  nahe  den  Schneefeldern  und  Gletschern,  und  selbst  im 


110 


Winter  bleiben  die  Böcke  so  wohlgenährt  wie  im  Sommer,  weil  sie 
dann  besonders  von  Pinus-Schößlingen  sich  nähren  sollen.  Unter 
den  Geschenken  der  Häuptlinge  zwischen  Gilgit  und  Kafiristan,  so 
berichtete  einst  Montgomerie  in  einem  Memorandum,  befand  sich 
für  das  Museum  der  Asiatic  Society  ein  lebender,  prachtvoller  Bock, 
den  vier  Männer  geleiteten.  Er  war  hellgelblich,  trug  zwei  kapitale 
Hörner,  einen  schönen  langen  Bart,  und  seine  Stirn  war  Fuß 
vom  Erdboden  entfernt.  Ich  möchte  diesem  noch  hinzufügen,  daß 
auch  die  Abbildung  auf  Tafel  VII  in  Cunuingham’s  Ladak  nicht  viel 
Ähnlichkeit  mit  der  bei  Brehm  besitzt. 

Hemitragus  jemlaicus. 

Die  ziemlich  kurzen  Mitteilungen  Markhams  und  Adams  bei 
Brehm  erfahren  durch  die  vielen  Beobachtungen  Macintyres  eine 
erfreuliche  Bereicherung.  Zu  Anfang  eines  April  wanderte  er  nach 
dem  Chipla-Berge ,  einem  Lieblingsaufenthalte  des  Tahr  auf  den 
felsigen  Abhängen  dicht  unter  der  Schneegrenze.  Hier,  in  solchen 
Höhen,  entwickelt  er  sich  zu  einer  bedeutenden  Größe,  während  die 
in  den  obern  Teilen  von  Mittelgebirgen  gefundenen  Tahre  bedeutend 
kleiner  bleiben.  Nie  sah  der  Reisende  im  Himalaya  ein  wilder 
blickendes  Tier  als  einen  alten  Tahrbock,  dessen  Hörner  die  Länge 
von  12 — 14  Zoll  erreichen  und  an  der  Basis  einen  Umfang  von 
9  Zoll  besitzen.  Die  Ziege,  Tehrny  genannt,  ist  kleiner,  heller, 
weniger  zottig,  mit  ebenso  gestalteten,  aber  viel  kleineren  Hörnern. 
Während  des  Sommers  bis  in  den  Oktober  hinein  bleiben  die  Böcke 
allein  und  zwar  an  den  wildesten  und  unzugänglichsten  Abhängen. 
Ihre  Farbe  ist  dann  oft  so  dunkel,  daß  sie  aus  einiger  Entfernung 
fast  wie  schwarz  aussehen.  Macintyre  schoß  einen  solchen,  den  einer 
seiner  Begleiter  auch  Kr  äs  nannte,  an  einer  Stelle,  wo  sie  seit 
30  Jahren  nicht  beobachtet  worden  waren;  er  war  also  vielleicht 
ein  durch  wilde  Hunde  versprengtes  Stück.  Im  Sommer  ziehen  die 
Ziegen  mit  den  Jungen  in  Herden  bis  25  au  Zahl,  doch  ist  nicht 
diese  Jahreszeit  oder  der  Frühling  am  passendsten  für  ihre  Jagd, 
sondern  der  Oktober  und  November,  wenn  die  Böcke  aus  der  Höhe 
herabsteigen  und  durch  das  Winterkleid  leichter  zu  erkennen  sind. 
Die  Weidezeit  ist,  wie  bei  allem  Wild  in  den  hohen  Regionen  des 
Himalaya  so  auch  beim  Tahr,  sehr  unregelmäßig;  zu  allen  Stunden 
des  Tages  kann  man  sie  weiden  sehen  und  besonders  bei  feuchtem 
und  wolkigem  Wetter,  weil  sie  dann  nicht  gezwungen  werden,  wegen 
der  Hitze  der  Vormittagsstunden  den  Schatten  der  Felsen  aufzu¬ 
suchen.  Tahrfleisch  wird  von  den  Eingebornen  häufig  als  eine  Art 

D  O 


111 


Medizin  genossen  gegen  Fieber  und  Rheumatismus  und  wird  deshalb 
auch  getrocknet  verkauft;  die  Kuochen,  welche  dieselben  Dienste 
leisten  sollen,  verschickt  man  dahin,  wo  Tahre  fehlen.  Macin  ty  re 
beobachtete  wiederholt,  daß  regelmäßig  da,  wo  Tahre  weiden,  die 
Munals  oder  Im peyan-Fasaue  zahlreich  Vorkommen.  Sobald  ein 
solcher,  der  gleichfalls  scharfe  Augen  besitzt,  einen  Menschen  in 
der  Ferne  erblickt,  schlägt  er  laut  Alarm,  warnt  die  Tahre,  die 
nun  auch  aufmerksam  und  unruhig  werden  und  —  vorbei  ist  es 
mit  jedem  Jagderfolge. 

Nemorhoedus  goral. 

Von  der  »Himalaya  Gemse«  gibt  Macintyre  zwei  Abbil¬ 
dungen,  des  Kopfes  auf  S.  43,  des  Schädels  auf  S.  292.  Sie  kommt 
überall  im  Himalaya  auf  steilen  Abhängen,  die  mit  etwas  Wald  bestan¬ 
den  sind,  vor,  aber  selten  unter  3000  Fuß.  Ein  ausgewachsener  Bock 
hat  28  Zoll  Schulterhöhe,  ist  einfarbig  graubraun  mit  weißem  Fleck 
an  der  Kehle;  die  Beine  sind  derb,  ziegenähnlich  und  dunkler  als 
der  Körper.  Beide  Geschlechter  besitzen  kurze  schwarze  Hörner, 
beim  Bock  bisweilen  7  Zoll  lang,  die  von  der  Basis  bis  gegen  die 
halbe  Länge  geringelt,  daun  etwas  rückwärts  gekrümmt  sind;  beim 
Weibchen  sind  sie  kürzer  und  dünner.  Der  Reisende  sah  das  Fell 
eines  Albino,  der  in  den  Kumaon-Hügeln  erlegt  war.  Bei  den  Ein- 
gebornen  herrscht  der  Glaube,  daß,  wer  solch  Tier  erlegt,  an  dem¬ 
selben  Tage  irgendwie  Unglück  hat.  Ist  diese  Gemse  über  irgend 
eine  Gefahr  noch  im  Unklaren,  so  besteigt  sie  eine  Felsspitze  und 
hält  Umschau  ziemlich  lange;  findet  sie  Gefahrdrohendes,  so  ertönt 
ein  Laut,  der  ungefähr  wie  »tschick«  klingt,  und  sie  verschwindet 
spurlos.  Der  Reisende  erlegte  60  Stück.  Wenn  wir  mit  Obigem 
Wagners  ausführliche  Beschreibung  in  v.  Hügels  Kaschmir  IV,  578 

vergleichen,  so  zeigt  sich  recht  deutlich,  wie  der  Goral  im  Haar- 

•  • 

kleide  nach  Jahreszeit  und  Örtlichkeit  wechselt. 

Nemorhoedus  hubalina. 

Auf  den  äußeren  Gebirgsketten  des  Himalaya,  die  sich  von 
Dehra  Doon  unvermittelt  erheben,  findet  sich  dies  Tier,  das  sonst 
nirgendwo  in  größerer  Anzahl  auftritt,  ziemlich  häufig.  Wie  der 
Goral  des  Himalaya  und  die  Ziege  in  Europa,  so  ist  dies  Tier  eins 
der  Bindeglieder  zwischen  Antilope  und  Wildziege;  in  der  Kopfbil- 
düng  und  den  langen  Ohren  hat  es  Ähnlichkeit  mit  dem  Esel.  Die 
Schulterhöhe  ist  durchschnittlich  3  Fuß,  der  hintere  Teil  des  Rückens 
aber  2 — 3  Zoll  niedriger.  Auf  dem  dicken,  kurzen,  schwarzen  Nacken 
steht  eine  struppige  Mähne  von  kurzen  schwarzen  Haaren  bis  zum 


112 


Widerrist,  und  dies  in  Verbindung'  mit  dem  fast  schwarzen  Kopfe, 
den  langen  Ohren,  der  grauen  Schnauze,  den  kurzen  schwarzen 
Hörnern  und  den  dunkeln  funkelnden  Augen  gibt  dem  Tiere  ein 
wildes  Aussehen,  und  sein  Charakter  bewahrheitet  das.  Die  Farbe 
des  Körpers  ist  ein  Rötlichgrau  mit  Schwarz  untermischt,  der  Rücken¬ 
streif  schwarz,  der  Schwanz  sehr  kurz.  Seiten  und  Vorderbeine  sind 
rötlichbraun,  von  oberhalb  der  Kniee  an  nach  unten  rahmweiß;  die 
gewöhnlich  9 — 10  Zoll  laugen,  runden,  nach  hinten  gekrümmten, 
schwarzen  Hörner  sind  in  2/ 3  ihrer  Länge  geringelt,  die  Spitzen 
scharf.  Die  Ohrläuge  beträgt  8  Zoll.  Lieblingsplätze  des  Tieres 
sind  die  dichten  Bambusjunglen,  die  es  nur  früh  morgens  und  spät 
abends  verläßt;  denn,  obgleich  es  stets  zu  heftigem  Kampfe  mit 
seinesgleichen  aufgelegt  ist,  ist  es  doch  überaus  scheu.  Das  Weibchen 
ist  dem  Männchen  sehr  ähnlich  in  Größe  und  Aussehen,  und  auch 
die  Hörner  sind  fast  vou  derselben  Länge  und  Dicke.  Der  Warnruf 
besteht  in  einem  kurzen  schrillen  Pfeifen  mit  gleichen  Intervallen. 
Wie  das  Moschustier,  legt  auch  dies  seinen  Kot  an  bestimmten 
Stellen  zu  großen  Haufen  ab.  Die  Eingebornen  nennen  es  Surron, 
in  Kumaon  und  Nepal  dagegen  Thär  oder  Tähr,  während  der  eigent¬ 
liche  Tahr  dort  Iharrel  genannt  wird.  Im  westlichen  Himalaya  soll, 
aber  ziemlich  selten,  eine  rote  Varietät  des  Surron  Vorkommen. 

Kenias  Hodgsonii. 

Da  wir  über  die  tibetische  Antilope  schon  durch  andere 
Reisende,  allen  voran  durch  General  v.  Prschewalski,  in  manchem 
ziemlich  genau  unterrichtet  sind,  so  bringen  die  vielen  eingestreuten 
Bemerkungen  Macin tyres,  natürlich  abgesehen  vou  den  trefflichen 
Jagdschilderungen,  nur  wenig  neues  zur  Hornfrage  der  W'eibchen.  Die 
Schulterhöhe  schwankt  zwischen  32 — 44  Zoll.  Das  dichte  weiche 
Haar  ist  fast  wollig  und  am  Körper  sehr  hellgelblichgrau,  das  an 
der  Brust  und  der  Innenseite  der  Beine  in  Weiß  übergeht.  Dunkel¬ 
braune  Flecken  zeigen  sich  an  der  Vorderseite  der  Vorderbeine  bis 
zur  Schulter,  ein  schwarzer  im  Gesicht  zwischen  den  Augen.  Die 
Schnauze  ist  seltsam  aufgetrieben  und  dient  vielleicht  zur  Erleich¬ 
terung  der  Respiration  in  so  bedeutenden  Höhen.  Der  4  Zoll  lange 
Schwanz  endet  mit  weißer  Spitze.  Die  schwarzen,  2  Fuß  langen 
Hörner,  von  der  Stirn  aus  bis  zu  2/ 3  der  Länge  gewulstet,  sind  zuerst 
gerade  und  fast  parallel,  biegen  sich  aber  zuletzt  schwach  lyraförmig. 
Das  Weibchen,  oder  das,  was  Macin ty re  dafür  hielt,  weil  er  keins 
geschossen,  scheint  in  der  Farbe  dem  Bock  sehr  ähnlich  zu  sein, 
aber  hornlos  und  ohne  den  schwarzen  Fleck  zwischen  den  Augen. 


113  — 


Er  sah  verschiedene  Herden  dieser  hornlosen  Tiere  und  bedauerte 
später  aufrichtig  keins  erlegt  zu  haben,  weil  es  ja  noch  ein  streitiger 
Punkt  sei,  ob  sie  ganz  hornlos  oder  nur  dünne,  ganz  kurze  Hörner 
besäßen.  Man  trifft  diese  Antilope  häufig  auf  wellenförmigem  Terrain, 
aber  nie  unter  15,000  Fuß.  Wie  alles  tibetische  Wild,  hat  auch 
sie  scharfes  Gesicht  und  Geruch.  Die  Tibeter  nennen  sie  Tsos, 
die  tibetische  Gazelle  dagegen  Goa.  Beide  leben  auch  im  Huudes, 
aber  wohl  nur  nördlich  vom  Sutlej  oder  weiter  östlich  jenseits  des 
Mansorawar  Sees. 

Nördlich  von  Leh  soll  in  den  wüsten  Steppen  das  Einhorn 
gefunden  werden.  Unser  Sportman  versteht  darunter  eine,  vielleicht 

diese  Antilopenart,  und  ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit  an  die 

•  • 

gleiche  Äußerung  Prof.  Robert  Hartmanns  erinnern  in  der  Zeitschrift 
der  Gesellschaft  für  Erdkunde,  Berlin,  III,  1868,  S.  262. 

Gazella  JBennettii. 

Die  Eingebornen  nennen  dies  Tier  Chinkärä,  die  Engländer 
ravinedeer.  Es  lebt  in  einigen  Teilen  des  Pandschab,  aber  nur  auf 
steinigem  Grunde  und  bildet  eine  ausgezeichnete  Jagd,  obgleich  es 
eigentlich  schade  ist,  solch  anmutiges  kleines  Geschöpf  niederzu- 
kuallen.  Die  Tierchen  sind  so  zart  von  Gestalt,  ihr  braunlohfarbenes 
Kleid  gleicht  so  sehr  dem  Boden,  auf  welchem  sie  sich  aufhalten, 
daß  sie  mehr  kleinen  Phantomen  als  wirklichen  Wesen  gleichen, 
da  sie  plötzlich  erscheinen  und  verschwinden,  wie  wenn  sie  in  die 
Tiefe  versunken  wären.  Ein  guter  Bockskopf  ist  stets  eine  schöne 
Trophäe,  wenngleich  die  Hörner  selten  länger  als  14  Zoll  sind. 

Antilope  lezoartica. 

Der  »Black  buck«  ist  in  vielen  Gegenden  des  englischen  Indiens 
das  allergewöhnlichste  Tier  und  bleibt  doch  für  viele  das  schönste 
aller  indischen.  Zeitweise  begegnet  man  ihnen  in  großen  Herden, 
öfter  zu  Tausenden,  gewöhnlich  aber  nur  kleinen,  und  die  Böcke 
gehen  wie  die  der  andern  Arten  oft  allein.  Die  eingebornen  Fürsten 
jagen  sie  bisweilen  noch  mit  dem  Jagdleoparden,  und  eine  überaus 
fesselnde  Schilderung  solcher  Jagd  finden  wir  bei  Macin ty re.  Das 
Weibchen  besitzt  hellbräunliches  Kleid  und  keine  Hörner,  der  Bock 
dagegen  ein  tief  dunkelbraunes  glänzendes,  das  scharf  begrenzt  vom 
Weiß  des  Bauches  sich  abhebt.  Die  in  drei  oder  vier  Spiralen 
korkzieherartig  verlaufenden  Hörner  erreichen  oft  eine  Länge  von 
30  Zoll.  Auf  S.  292  befindet  sich  eine  Photographie  des  Kopfes. 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXI.  1890.  8 


114 


Procapra  picticauda  Hodgs. 

Die  durch  ihre  zierlich  geformten  Beine  22 — 24  Zoll  hohe 
»tibetische  Gazelle«  ist  vielleicht  die  anmutigste  kleine  Kreatur, 
welche  überhaupt  existiert.  Ihre  Farbe  ist  blaßbräunlichgelblich,  bei  alten 
Männchen  am  Vorderkopf  und  um  die  Hornbasis  weiß.  Der  Schwanz 
ist  dunkelbraun  und  sehr  kurz.  Bei  ausgewachsenen  Männchen  ist 
das  Horn  11 — 12  Zoll  lang,  mehr  gekrümmt  als  bei  der  indischen 
Gazelle  und  enggeringelt  bis  ungefähr  2  Zoll  von  der  Spitze,  die 
sich  aufwärts  und  bisweilen  etwas  einwärts  richtet.  Da  die  Basis 
ziemlich  weit  nach  vorn  liegt,  von  hier  die  Hörner  aufwärts  sich 
krümmen,  so  geben  sie  dem  schön  geformten  Kopfe  (vergl.  die  beiden 
Photographien  auf  S.  454)  ein  äußerst  gefälliges  Aussehen.  Das 
Weibchen  ist  dem  Bocke  sehr  ähnlich,  nur  fehlen  die  Hörner,  und 
hierin  unterscheidet  es  sich  von  dem  der  indischen  Gazelle  mit 
kleinen  Hörnern.  Der  Geruch  dieser  Procapra  scheint  nicht  so  fein 
zu  sein  wie  der  der  andern  tibetischen  Tiere,  aber  das  Gesicht  ist 
desto  vortrefflicher,  denn,  als  bei  einer  Jagd  auf  sie  die  kleine 
Herde  nur  die  Köpfe  der  Jäger  in  sehr  bedeutender  Entfernung 
wahrgenommen  hatte,  verschwand  sie  sofort.  Die  »Goa«  hält  sich 
gewöhnlich  in  Höhen  von  15 — 17,000  Fuß,  so  z.  B.  südlich  vom 
Jndus  beim  Dorf  und  Kloster  Hanle  (ca.  79°  0.  v.  Gr.  33°  N.  Br.) 
und  südöstlich  von  dort  25  englische  Meilen  nahe  der  chinesischen 
Grenze,  wo  weitausgedehnte  Hochländer  von  gewaltigen  Abgründen 
durchzogen  sind. 

Eine  westfälische  Froschjagd. 

Von  Professor  Dr.  H.  Landois. 

In  Westfalen  sind  Jagden  auf  Frösche  im  allgemeinen  nicht 
üblich,  weil  Froschschenkel  und  andere  zweifelhafte  Leckerbissen  wie 
Schnecken,  Pilze  u.  s.  w.  dem  westfälischen  Gaumen  überhaupt  nicht  Zu¬ 
sagen,  Pumpernickel  und  Schinken,  die  ihm  besser  munden,  auch  noch 
billig  genug  zu  haben  sind.  Nur  die  in  Münster  ansässigen  Mitglieder 
der  zoologischen  Sektion  für  Westfalen  und  Lippe  machen  insofern 
eine  Ausnahme  davon,  als  sie  einmal  jährlich  eine  große  gemein¬ 
schaftliche  Froschjagd  mit  darauf  folgendem  Festessen  veranstalten. 

Wir  jagen  hier  den  braunen  Landfrosch,  Rana  fusca  Roes.,  und 
die  Eröffnung  dieser  Jagd  fällt  mit  der  auf  Rebhühner  und  Hasen 
zusammen.  Man  kann  damit  anfangs  September  beginnen,  sobald 


115 


der  letzte  Schnitt  von  den  Wiesen  entfernt  und  so  das  Betreten  der 
letzteren  gestattet  ist ;  sobald  aber  Frostwetter  eintritt,  ist  es  mit 
der  Froschjagd  vorbei,  denn  die  Frösche  haben  das  trockene  Land 
allüberall  verlassen  und  sich  in  Wasser  und  Schlamm  zum  Winter¬ 
schlaf  zurückgezogen.  Vordem  aber  sind  sie  am  besten  im  Fleisch ; 
denn  nachdem  sie  sich  nach  vollendetem  Laichgeschäft  auf  das  Land, 
in  Wiesen  und  Felder  begeben  und  den  ganzen  Sommer  an  Insekten, 
Spinnen,  Schnecken  und  dergleichen  Nahrung  in  Hülle  und  Fülle 
gefunden  haben,  sind  sie  im  Herbste  fett  und  feist,  insofern  wir 
darunter  die  kräftige  Muskulatur  ihrer  Hinterschenkel  verstehen 
wollen.  Im  Frühjahre  dagegen  ist  die  Froschjagd  aus  zweifachem 
Grunde  nicht  rätlich,  weil  die  Tiere  einmal  nach  überstandener 
Winterruhe  erheblich  abgemagert  sind,  und  zum  anderen  Male  und 
hauptsächlich,  weil  dadurch  das  Laichgeschäft  und  iufolgedessen 
die  Vermehrung  der  Frösche  allzusehr  beeinträchtigt  werden  würde. 

An  einem  schönen  Herbstnachmittage,  wenn  alle  nötigen  Ver¬ 
abredungen  uud  Vorbereitungen  getroffen  sind,  versammeln  sich  dann 
die  Jäger,  je  zahlreicher  desto  besser,  an  zwei  Ausgangspunkten  der 
Stadt,  um  nach  einem  gemeinsamen  Punkte  hin  von  zwei  Seiten 
her  das  ganze  Gelände  abzustreifeu.  Jeder  Jäger  muß  mit  einer 
schwanken  aber  starken  Gerte,  am  besten  einem  frischen  Hasel¬ 
zweige  versehen  sein  und  einen  Beutel  zum  Unterbringen  der  Beute 
umhängen  haben.  Es  ist  wichtig,  die  Jagdgrüude  zu  kennen,  wo 
Tümpel,  Teiche  und  Wassergräben  den  Fröschen  Gelegenheit  geben, 
sich  zu  vermehren  —  denn  nur  da  sind  sie  zahlreich  —  und  wo  in 
unmittelbarer  Nähe  dieser  Wasser  Wiesen,  Kartoffel-,  Rüben-  und 
Kappesfelder  den  Fröschen  selbst  günstige  Jagdgründe  bieteu. 
Diese  Wiesen  und  Felder  werden  nun  in  der  Weise  abgestreift,  daß 
die  Jäger  in  Abständen  von  vier  bis  fünf  Schritt  in  Reihen  darüber 
hinschreiten  und  dabei  mit  den  Stecken  in  dem  Gekräut  herumstöbern 
oder  darauf  losschlagen,  um  die  Frösche  aufzuscheuchen.  Denn  diese 
sitzen  oft  hartnäckig  fest,  und  wo  man  schon  einmal  hinüber  ge¬ 
schritten  ist,  ohne  einen  der  Batrachier  zu  bemerken,  können  in  der 
nächsten  Minute  wohl  zehn  Stück  aufspringen,  wenn  erst  einer  ein¬ 
mal  aufgescheucht  und  nun  mit  Geschrei  und  Schlagen  verfolgt  wird. 
Sonst  leistet  bedächtige  Ruhe  auch  hierbei  mehr  als  übereiltes 
Poltern,  und  aufgeregte  Naturen  zerschlagen  mehr  Rüben  und  Kappes¬ 
köpfe  als  Frösche.  Man  lasse  den  aufhüpfenden  erschreckten  Frosch 
erst  einen  oder  zwei  Sprünge  machen,  um  ihn  dann,  wenn  er 
einen  Augenblick  still  sitzt,  desto  sicherer  zu  treffen  und  niederzu- 


116 


strecken.  Das  getroffene  Tier  ist  sofort  betäubt  und  wird  so  in  den 
Beutel  gesteckt.  Trifft  der  Schlag  gar  zu  hart  oder  ist  der  Stock 
zu  hart,  so  werden  oft  die  Knochen  zerschlagen  und  wird  dadurch 
die  nachherige  Zubereitung  sehr  erschwert. 

Die  Frösche  halten  sich  am  liebsten  an  feuchten  Stellen  auf, 
namentlich  in  den  stark  mit  Unkraut  bewachsenen  Kartoffelfeldern, 
in  Rüben-  und  Kappesfeldern,  sowie  auf  Wiesen  in  der  Nähe  von 
nassen  Gräben,  nicht  aber  auf  dem  Wiesenplane  selbst.  Die  Furchen 
in  Stoppelfeldern  und  die  Hafergarben  darauf  bergen  oft  auch  gute 
Beute.  Auf  solchem  Terrain  haben  denn  die  geübteren  Jäger  unter 
uns  in  etwa  zwei  Stunden  150  große  Frösche  und  noch  mehr  er¬ 
schlagen  und  eingeheimst. 

Nach  der  Vereinigung  beider  Parteien  begaben  wir  uns  nach 
der  nächst  gelegenen  ländlichen  Wirtschaft,  wo  wir  dicht  bei  einem 
mit  Enten  besetzten  Teiche  ungestört  unser  nicht  konzessioniertes 
Schlachthaus  errichten  konnten.  Denn  sofort  nach  eben  eingenom¬ 
mener  Erfrischung  mußte  das  Schlachten  beginnen,  denn  das  Her¬ 
richten  von  etwa  tausend  Paar  Froschschenkeln  erfordert  längere 
Zeit  als  der  Fang  selbst.  Zu  diesem  Zwecke  müssen  sich  zwei  und 
zwei  Jäger  zusammenthun,  der  eine  mit  scharfem  Messer,  der  andere 
mit  einer  Schere  bewaffnet,  und  einige  Geschicklichkeit  ist  erforder¬ 
lich,  um  einerseits  rasch  vorwärts  zu  kommen  und  andererseits  die 
armen  Tiere,  welche  inzwischen  meist  aus  ihrer  Betäubung  erwacht 
sind,  möglichst  wenig  zu  quälen. 

Wir  verfahren  nun  folgendermaßen.  Der  eine  mit  dem  Messer 
faßt  einen  Frosch  bei  den  Hinterbeinen  aus  dem  Sack  heraus,  schlägt 
ihn,  wenn  nötig,  mit  dem  Kopf  auf  den  Tischrand,  um  das  Tier  zu 
töten  und  läßt  dann  den  anderen  den  Kopf  oder  die  Vorderbeine 
festfassen.  Der  erste  schneidet  nun  rings  um  die  Lenden  des  Frosches 
mit  festen  Schnitten  die  Haut  durch  und  zieht  sie  mit  dem 
Daumen  und  Zeigenfinger  bis  zu  den  Zehen  herunter ;  worauf 
der  Zweite  mit  der  Schere  zunächst  die  Beine  an  der  Zehenwurzel 
durchschneidet  und  dann  die  Schenkel  vom  Rumpf  trennt.  Als¬ 
dann  wirft  der  zweite  der  Operateure  den  abgeschnittenen  Vor¬ 
derteil  sofort  in  den  danebenliegenden  Teich.  Die  ersten  Dutzende 
werden  von  den  Enten  begierig  erhascht  und  verschlungen ;  bald 
aber  wird  es  auch  den  gefräßigsten  zu  viel,  sie  schauen  höchstens 
noch  lüstern  nach  den  ununterbrochen  einfallenden  Froschleibern 
hin  und  machen  sich  endlich  mit  ausgebauchtem  Kropf  und  Magen 
von  dannen.  Die  Frösche  sinken  dann  unter;  die  Jäger  aber  be- 


117 


dürfen  nach  dem  ’  Abschlachten  einer  gründlichen  Reinigung  der 
Hände  und  Instrumente. 

Einigemal  haben  wir  auch  aus  den  weiblichen  Fröschen  die 
Eierstöcke  ausgeschnitten  ;  die  Dotter  sind  um  diese  Zeit  bereits 
entwickelt,  das  Eiweiß  aber  noch  nicht  gallertartig  aufgequolleu. 
Mit  Salz  verrieben  und  auf  geröstetes  Weißbrot  gestrichen  gleichen 
sie  in  Form,  Farbe  und  Geschmack  dem  Störkaviar  und  sehen  dabei 
so  appetitlich  aus,  daß  auch  die  empfindlichsten  unserer  Mitglieder 
keinen  Anstand  nahmen,  ein  solches  »Kaviarschnittchen«  zu  verzehren. 
Da  aber  die  Eierstöcke  eines  erwachsenen  Frosches  höchstens  die 
Größe  einer  Haselnuß  erreichen,  so  erfordert  der  nötige  Kaviar  für 
eine  Tafelrunde  gleich  der  uusrigen  eine  ganz  bedeutende  Menge 
Frösche  und  Arbeit. 

Die  Froschschenkel  haben  wir  dann  am  schmackhaftesten  ge¬ 
funden,  wenn  sie  in  folgender  Weise  zubereitet  werden.  Nachdem 
sie  abgewaschen  worden,  überstreut  man  sie  mit  etwas  Salz  und 
läßt  sie  so  kurze  Zeit  liegen;  dann  werden  sie  in  Eigelb  und  darauf 
in  zerstoßenem  Zwieback  gewälzt.  Auf  mäßigem  Feuer  in  der  Pfanne 
mit  Butter  gebraten  sind  sie  sehr  bald  gar.  Einige  lieben  es,  die 
zarten,  knusperig  gebratenen  Knöchelchen  wie  bei  den  Krammets- 
vögeln  mitzuverzehren.  Bei  Tische  wird  Citronensaft  oder  saurer 
Rahm  als  eine  vorzügliche  Würze  auf  die  Speise  geträufelt;  wir 
wählten  als  Beispeise  abgekochte  Kartoffeln  und  Salat. 

Auf  unserer  letzten  Jagd  im  September  1889  erlegten  wir  zu 
11  Personen  750  Frösche,  deren  abgehäutete  Schenkel  fast  5  kg 
wogen.  Zu  dem  Essen  fanden  sich  18  Teilnehmer,  darunter  mehrere 
recht  tüchtige  Esser  ein,  sodaß  also  auf  jeden  durchschnittlich 
gegen  40  Paar  Froschschenkel  kamen,  welche  zur  völligen  Sättigung 
ausreichten. 

An  einem  schönen  Herbstnachmittage  ist  eine  solche  Froschjagd 
ein  wirkliches  Sportvergnügen,  und  wir  lassen  kaum  eine  Jagdzeit 
verstreichen,  ohne  demselben  in  voller  Lust  uns  einmal  hinzugeben. 


Einiges  über  zoologische  Gärten. 

Von  Dr.  A.  Seitz. 

Es  ist  nicht  ganz  leicht,  ohne  eine  eingehende  Beschreibung  einen  Garten  so 
zu  schildern,  daß  dem  Leser  es  ermöglicht  wird,  sich  ein  richtiges  Urteil 
darüber  zu  bilden.  Noch  schwerer  ist  es  aber,  eine  Kritik  über  ein  In¬ 
stitut  abzugeben,  ohne  demselben  Unrecht  zu  thun;  denn  bei  allem,  was 


118 


daran  ausgesetzt  wird,  müssen  die  speciellen  Verhältnisse  des  Gartens  in 
Betracht  gezogen  werden:  wie  er  subventioniert  wird,  wie  die  Stadt  gelegen 
ist,  ob  dort  der  Sitz  einer  einflußreichen  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft 
ist,  welchem  Stand  vornehmlich  die  Einwohnerschaft  der  Stadt  angehört 
u.  dergl.  m. 

Trotzdem  halte  ich  es  nicht  für  richtig,  alle  Mängel  und  Unvollkommen¬ 
heiten  eines  Gartens  darum  mit  Stillschweigen  zu  übergehen,  weil  die  Ungunst 
der  Verhältnisse  ihre  Abhülfe  an  diesem  oder  jenem  Orte  unmöglich  erscheinen 
läßt;  es  ist  sogar  von  ganz  besonderer  Wichtigkeit,  die  Schattenseiten  der 
jetzt  bestehenden  Gärten  ebenso  wie  ihre  Vorzüge  hervorzuheben,  damit  bei 
der  Einrichtung  neuer  Gärten  auf  die  beregten  Punkte  Rücksicht  genommen 
werden  kann.  Alles  muß  erst  erprobt  werden,  doch  genügt  die  Erfahrung, 
die  ein  Garten  mit  einer  Einführung  macht,  wenn  das  Resultat  allgemein 
bekannt  wird. 

Ich  hoffe,  daß  es  mir  nach  dem  Gesagten  nicht  als  eine  müßige  Krittelei 
ausgelegt  werde,  wenn  ich  mich  bei  der  Besprechung  zoologischer  Gärten 
über  den  einen  oder  anderen  Punkt  abfällig  äußere ;  ich  beabsichtige  im 
Gegenteil  nur  mit  dem  Überblick,  den  der  wiederholte  Besuch  sehr  vieler 
zoologischer  Gärten  in  allen  Weltteilen  gewährt,  auf  das  aufmerksam  zu  machen, 
was  bei  Neueinrichtungen  von  Gärten — und  bei  dem  raschen  Wachsen  der 
Städte  möchte  manche  bevorstehen  —  Nachahmung  verdient  und  was  sich 
zu  vermeiden  empfiehlt. 

Der  Besuch  des  zoologischen  Gartens  in  Hannover,  eines  seit  fast  25 
Jahren  bestehenden  Institutes*),  bietet  eine  ganze  Menge  hochinteressanter 
Eigentümlichkeiten,  aus  denen  sich  viel  lernen  läßt.  Es  ist  z.  B.  stets  eine 
schwierige  Frage,  welche  Lage  für  einen  Garten  die  passendste  sei.  So  groß 
der  Vorteil  für  einen  Garten  ist,  der  innerhalb  der  Stadt  gelegen,  also  sehr 
leicht  erreichbar  ist,  so  macht  diese  centrale  Lage  meist  jede  spätere  Er¬ 
weiterung  unmöglich,  da  dann  der  Platz  gewöhnlich  umbaut  ist.  Umgekehrt 
setzt  die  Lage  außerhalh  der  Stadt  einer  Vergrößerung  keine  Grenzen,  doch 
leidet  der  Besuch  besonders  von  seiten  der  Fremden  —  unter  der  Abge¬ 
legenheit.  Wohl  selten  kann  beiden  Anforderungen,  der  leichten  Erreich¬ 
barkeit  und  der  Erweiterungsfähigkeit  zugleich,  in  so  vollkommener  Weise 
Rechnung  getragen  sein  wie  in  Hannover,  wo  in  wenigen  Minuten  die  Pferde¬ 
bahn  für  die  bescheidene  Taxe  von  10  Pfennigen  den  Fremden  vom  Bahnhofe 
aus  an  Ort  und  Stelle  bringt,  und  wo  sich  trotzdem  freies  Land  an  allen 
Seiten  an  den  Garten  anschließt. 

Wie  schwer  haben  oft  andere  Gärten  unter  den  Lageverhältnissen  zu 
leiden.  In  Antwerpen  z.  B.  liegt  der  Garten  im  Centrum  der  Stadt  dicht 
an  der  Bahnstation,  am  denkbar  günstigsten  Orte;  aber  er  ist  von  allen 
Seiten  eingeengt  und  absolut  unfähig  sich  auszudehnen.  Auf  der  einen  Seite 
fährt  die  Bahn  so  hart  an  den  Tierzwingern  vorüber,  daß  deren  Insassen 
unzweifelhaft  nervös  werden  müßten,  hätte  man  nicht  die  Kameele  an  der 
beunruhigten  Stelle  untergebracht,  welche  sich  in  ihrer  natürlichen  Indolenz  die 
Bahnzüge  zwei  Schritte  weit  an  der  Nase  vorüberfahren  lassen,  ohne  sich 

*)  Der  zoologische  Garten  zu  Hannover  feierte  am  4.  Mai  d.  J.  das  Fest  seines  25jährigen 
Bestehens.  N. 


119 


danach  umzusehen.  Auf  der  anderen  Seite  führt  eine  Hauptstraße  Antwerpens 
vorüber;  eine  Erweiterung-  ist  also  nach  keiner  Seite  möglich. 

Incidit  in  Scyllam  etc.  —  Der  Garten  von  Lissabon  liegt  vor  der  Stadt, 
im  Campo  grande,  einem  parkartigen  Gehölze,  von  dem  jeden  Augenblick 
ein  beliebiger  Teil  zum  Tiergarten  geschlagen  werden  kann ;  aber  es  gehört 
ein  sehr  fest  gefaßter  Vorsatz  dazu,  die  Fahrt  durch  die  hügelige  Stadt, 
Straße  auf,  Straße  ab,  auszuhalten,  und  sich  jedesmal  bei  der  Rückkehr  aus  dem 
Garten  mit  den  Zollwächtern  um  einige  Cigarren  herumzubeißen;  und  wer  den 
Lissaboner  Garten  mehr  als  einmal  besucht,  hat  entschieden  eine  zähe  Natur. 

In  anderer  Hinsicht  dagegen  ist  die  Lage  des  h  an  no  versehen  Gartens  nicht 
sonderlich  günstig,  da  der  Wind  von  einer  offenen  Seite  her  oft  recht  kalt 
hereinfährt.  Trotzdem  ist  der  Boden  nach  dem  Regen  lange  feucht,  was 
besonders  bei  den  Sommer-Konzerten  vor  dem  Restaurationsgebäude  fühlbar 
wird,  auch  jedenfalls  auf  die  Tiere  nachteilig  wirkt. 

Gleich  im  hübschen,  freundlichen  Eingang  in  den  Garten  gewahrt  man 
einen  Glaskasten,  in  welchem  mehrere  für  Laien  interessante  zoologische  Gegen¬ 
stände  aufgestellt  sind,  wie  Löwenklauen,  Straußeneier,  Muscheln  etc.  Diese 
Idee,  den  Besucher  sofort  bei  seinem  Eintritt  durch  Schaustücke  zu  fesseln, 
ist  an  sich  als  eine  sehr  gute  zu  bezeichnen ;  nur  dürfte  die  Ausführung  in 
etwas  größerem  Stile  betrieben  sein.  Ich  stimme  keineswegs  mit  Antwerpen 
völlig  überein,  das  am  Eingänge  seines  zoologischen  Gartens  ein  Wallfisch¬ 
skelett  postiert  hat,  denn  die  Gärten  sollen  den  Museen  nicht  allzusehr  ins 
Handwerk  pfuschen  oder  mit  ihnen  vereinigt  sein.  Ein  schönes  zoologisches 
Museum  würde  der  Stadt  Antwerpen  entschieden  besser  stehen,  als  jener 
Salon  mit  ausgestopften  Pfleglingen  des  Gartens,  von  denen  der  alte  Schließer 
jedem  Besucher  Wunderdinge  erzählt,  und  deren  ganze  Lebensgeschichte  man 
mit  anhören  muß.  In  Hannover  aber  machen  die  wenigen  nicht  immer  muster¬ 
haft  ausgestopften  Vögel  an  den  Fenstern  des  Eingangsgebäudes  eigentlich, 
einen  komischen  Eindruck. 

Man  sollte  glauben,  daß  es  heute  keine  größeren  Gärten  mehr  gäbe,  bei 
denen  nicht  sofort  beim  Eintritt  ein  Plan  des  Gartens  mitbeigegeben  würde; 
trotzdem  fehlt  die  heilsame  Einrichtung  eines  klar  gehaltenen  Führers  durch 
den  Garten  noch  vielfach,  so  z.  B.  an  manchen  Orten  in  England.  Der  Plan 
des  hannoverschen  Gartens  ist  ganz  ausgezeichnet  praktisch  abgefaßt,  sowohl 
was  Kürze  als  auch  was  Verständlichkeit  anbelangt.  Überall  aber  wäre  es 
anzurathen,  daß  ein  Exemplar  eines  solchen  Planes  gratis  und  nicht  erst 
auf  besonderes  Verlangen,  zugleich  mit  dem  Billet  verabfolgt  würde,  da  viele 
Besucher  in  falschem  Vertrauen  auf  ihre  Findigkeit  «eines  solchen  Führers 
entraten  zu  können  glauben  und  dann  dennoch  manche  Sehenswürdigkeit 
versäumen.  Eine  Numerierung  der  einzelnen  Gebäude  und  Parks  ist  ganz 
außerordentlich  wichtig,  und  zwar  um  so  mehr,  je  größer  und  reichhaltiger 
der  Garten  ist.  Aber  während  gerade  bei  kleinen  zoologischen  Gärten  diese 
Numerierung  in  übersichtlicher  Weise  durchgeführt  ist,  fehlt  sie  oft  den 
größten  vollständig.  In  Hannover  ist  außer  der  Bezifferung  noch  durch  eine 
ausgehängte  Tafel  der  Weg  nach  der  nächsten  Nummer  angedeutet;  eine  sehr 
praktische  Einrichtung,  deren  ich  mich  aber  nur  aus  deutschen  Gärten  erinnere. 

In  dem  nicht  eben  großen  Vogelhaus  prangt  neben  verschiedenartigen 
Papageien  ein  Tukan.  Die  Pfefferfresser  sind  nicht  nur  farbenprächtige  und 


120 


durchaus  imposante  Vögel,  sondern  sie  sind  auch  ausdauernd,  und,  wenn  sie 
in  hinreichend  großen  Behältern  untergebracht  sind,  auch  possierlich.  Schon 
die  Tiere  fressen  zu  sehen,  fesselt  die  Besucher,  und  trotzdem  kenne  ich 
keinen  Garten,  der  diese  Vögel  kultivierte.  Wenn  nur  diejenigen  Species, 
welche  leicht  erhältlich  sind,  vertreten  wären,  so  würden  sie  dem  reichhal¬ 
tigsten  Garten  einen  Schmuck  verleihen.  Auf  den  Märkten  Brasiliens  sah  ich 
ganze  Reihen  von  Tukankäfigen  stehen,  jeder  mit  einem  halben  Dutzend 
Insassen.  P'ür  ein  englisches  Pfund  gibt  der  Händler  gern  einen  ganzen 
Käfig  der  buntfarbigen  Tiere,  wie  man  dann  für  wenige  100  Mark  oft  den 
ganzen  Tiermarkt  aufkaufen  könnte,  der  reichhaltig  genug  wäre,  einen  kleinen 
zoologischen  Garten  zu  füllen. 

Die  gewöhnlichen  Pfeiferfresser  des  südlichen  Brasilien  sind  Rhamphastus 
discolorus  und  R.  toco ;  R.  tucanus ,  vitellinus  und  approximans  leben  mehr  im 
Norden;  außer  diesen  ist  die  Gattung  Pteroglossus  ziemlich  reich  vertreten. 
Artunterschiede  machen  die  brasilianischen  Händler  nicht;  ein  einzelnes  Stück 
kostet,  je  nach  der  Unversehrtheit  seines  Gefieders  4  bis  6  Mark. 

Die  nächsten  Behälter  des  Vogelhauses  im  hannoverschen  Garten  sind 
bewohnt  von  einem  Blauhäher  ( Garrulus  cristatus)  und  einem  Flötenvogel 
mit  prächtig  schwarzweißem  Gefieder.  Der  letztere,  Gymnorhina  tibicen, 
gehört  zu  denjenigen  Tieren,  welchen  in  den  Gärten  nur  selten  die  Aufmerk¬ 
samkeit  des  Publikums  gezollt  wird,  welche  sie  verdienen.  Die  Gymnorhina 
ist  der  possierlichste  Vogel,  den  ich  jemals  gesehen  habe.  Jung  eingefangen 
gewöhnt  er  sich  so  sehr  an  den  Menschen,  daß  er  stets  dessen  Gesellschaft 
sucht.  Will  er  spielen,  so  legt  er  sich  auf  den  Rücken  und  zappelt  mit  den 
Beinen;  er  läßt  sich  streicheln  und  liebkosen  und  läuft  den  Kindern  nach, 
gleich  einem  Hunde.  Die  schwersten  Strophen  lernt  er  leicht  nachpfeifen, 
und  die  tiefe  Stimmlage  sowie  der  melancholische  Klang  seines  Gesanges 
erregt  die  gerechte  Bewunderung  des  Publikums. 

Freilich  kommen  diese  unterhaltenden  Talente  der  Gymnorhina  in  zoolo¬ 
gischen  Gärten  nur  wenig  zur  Geltung;  aber  doch  schaut  sich  der  unkundige 
Besucher  überrascht  um,  wenn  der  Vogel  unerwartet  seinen  melodischen  Ruf 
erschallen  läßt.  Es  empfiehlt  sich  stets,  den  Vogel  mit  einem  oder  mehreren 
seines  Gleichen  zusammen  zu  halten,  da  er  in  der  Einsamkeit  oder  mit 
anderen  Vögeln  zusammen  (in  Hannover  hat  er  eine  Amazone  zur  Gesellschaf¬ 
terin)  sehr  an  Munterkeit  einbüßt.  Der  Preis  einer  Gymnorhina  auf  dem 
Vogelmarkt  in  Sydney  beträgt  1—2  Mark;  meine  Tiere  fütterte  ich  in 
Australien  nur  mit  rohem  Fleisch,  wobei  sie  trefflich  gediehen  und  alle  Kli¬ 
mata  gut  ertrugen. 

Von  den  über  50  Arten  von  Hokkohühnern  sind  im  hannoverschen  Vogel¬ 
haus  nur  zwei  vertreten,  die  Gattung  Crax  durch  carunculata  und  Penelope 
durch  cristata.  Sie  sitzen  im  Winter  in  relativ  kleinen  Behältern;  in  anderen 
zoologischen  Gärten  leben  sie  frei. 

Gemeinsam  mit  der  Penelope  bewohnen  denselben  Käfig  zwei  australische 
Lachvögel,  Dacelo  gigas.  Es  sind  langweilige  Gesellen,  die  nur  beim  Fressen 
leidenschaftlich  werden.  Trotz  ihrer  stets  ernsten  Miene  verdienen  sie  voll 
ihren  Namen  durch  ihre  Stimme.  Ich  hatte  oftmals  Gelegenheit,  diese  Tiere 
im  Freien  zu  beobachten.  Über  den  Eukalyptus-Wäldern  von  Neu-Süd-Wales 
gchwebt  ein  mächtiger  Raubvogel,  dessen  gedehnter  Schrei  dem  eines  unge- 


121 


zogenen  Kindes  gleicht,  und  jedesmal  beantwortet  denselben  ein  tolles  Ge¬ 
lächter,  das  von  den  verschiedensten  Enden  des  Waldes  hertönt:  es  ist  die 
Stimme  des  »laughing-bird«,  wie  ihn  die  Kolonisten  nennen  *).  Den  gefange¬ 
nen  Vögeln  gibt  man  in  Australien  oft  Ratten,  denen  man  die  Vorderzähne 
ausgezogen  hat;  wiewohl  das  Schaustück  etwas  barbarischer  Natur  ist,  so  ist 
es  doch  interessant  zu  sehen,  wie  die  Vögel  die  lebenden  Ratten  überwältigen. 

Von  den  beiden  noch  zu  erwähnenden  Behältern  des  Vogelhauses  im  hanno¬ 
verschen  zoologischen  Garten  wird  der  eine  von  einer  Schar  Finken  bewohnt 
(Paroaria,  Spermestes ,  Padda  etc.),  der  andere  enthält  Kanarienvögel  und 
Europäer;  vor  dem  ersteren  hängt  eine  Tafel,  auf  der  sich  jedoch  nur  fünf 
Abbildungen  von  Insassen  des  Käfigs  mit  beigefügten  Namen  zeigen;  die  vor 
dem  letzten  Bauer  hängende  Skizze  europäischer  Vögel  ist  zwar  vollstän¬ 
diger,  aber  in  ihrer  Ausführung,  besonders  hinsichtlich  der  Illumination, 
mehr  als  primitiv  zu  nennen. 

Auch  auf  der  anderen  Seite  des  Vogelhauses  treffen  wir  eine  Kollektion 
australischer  Vögel.  Der  weiße,  gelb  geschöpfte  Kakadu  bleibt  stets  eine 
Zierde  der  Gärten,  wenn  auch  bei  vielen  Exemplaren  die  geistigen  Anlagen 
nicht  weit  her  sind;  nach  letzteren  schwankt  der  Preis  des  Tieres  in  Sydney 
zwischen  3  und  10  Mark.  Die  im  Nachbarkäfig  befindlichen  Rosenkakadu 
{Cacatua  roseicapillus )  sind  widerwärtige  Schreier,  welche  auch  nur  selten 
vollständig  zahm  werden;  sie  kommen  zu  vielen  Hunderten  auf  den  Markt, 
und  zu  Zeiten  ist  das  Stück  schon  um  einen  Schilling  zu  haben.  In  den 
andern  Behältern  finden  sich  die  zierlichen  —  wenn  auch  eben  nicht  sehr 
unterhaltenden  Wellen-  und  Nymphenpapageien,  Schopfwachteln  und  Lach¬ 
tauben;  der  Mittelraum  gibt  den  Winteraufenthalt  für  die  sonst  am  Garten¬ 
eingang  aufgestellten  Aras,  Kakadus  etc.  und  beherbergt  einige  Perlhühner. 
Der  Raum  des  Vogelhauses  ist,  wie  erwähnt,  nicht  eben  groß,  aber  gut 
geheizt  und  bequem  zum  Reinhalten;  auch  ist  de  Anzeige  von  Wohnung 
und  Name  des  Wärters  eine  nachahmenswerte  Einrichtung. 

Ein  zweites  Vogelhaus  tritt  uns  in  einem  gestreckten,  mit  mehreren 
Türmchen  gezierten  Bau  entgegen,  welcher  größere  Vögel  beherbergt.  Im 
vorderen  Außenkäfig  finden  sich  nur  drei  gemeine  europäische  Vogelarten: 
zwei  Möven  und  der  Austernfischer  ( Haematopus  ostrecilegus )  und  im  nächsten 
ca.  ein  halbes  Hundert  Enten,  während  oben  die  Taubenschläge  angebracht 
sind.  Im  Innern  des  Hauses  sind  meist  europäische  Stelz vögel  untergebracht: 
verschiedene  Kraniche  ( Grus  cinerea ,  virgo,  pavonina,  Flamingos,  Ibis-Arten); 
in  einem  geräumigen  Käfig  befinden  sich  etliche  10  Paare  Kampfschnepfen, 
deren  Männchen  deutlich  die  außerordentliche  Variabilität  in  Färbung  und 
Zeichnung  der  Schmuckfedern  erkennen  lassen. 

So  natürlich  es  ist,  daß  kleine  Gärten  sich  mit  engen  geschlossenen 
Käfigen  für  die  Stelzvögel  bescheiden  müssen,  denen  günstigen  Falles  noch 
ein  mehr  oder  weniger  geräumiger  offener  Park  angrenzt,  so  wünschenswert 
bleibt  es,  den  Tieren  Bedingungen  zu  schaffen,  ihren  Flug  zu  zeigen.  Der 
Ibis  im  engen  Raum  ist  ein  langweiliger  Vogel,  der  kaum  durch  seinen 
historischen  Heiligenschein  hier  und  da  einem  Besucher  Interesse  einzuflößen 
vermag,  während  der  eigentümliche  Flug  mit  den  merkwürdig  zugerundeten 
Flügeln  etwas  außerordentlich  Anziehendes  hat.  Auch  die  Reiher  sehen 


*)  Jahrg.  XXX,  1889,  S.  83. 


122 


eigentlich  nur  dann  imposant  aus,  wenn  sie  mit  zurückgebogenem  Kopfe  ein¬ 
herschweben,  und  die  Möven  und  Sturmvögel  —  denen  außerdem  das  Fliegen 
Bedürfnis  ist  —  verlieren  in  der  Ruhestellung  vollständig  den  Reiz,  den  der 
fliegende  Vogel  für  jeden  Binnenländer  hat. 

Solche  Behälter,  die  den  Vögeln  den  Flug  gestatten,  sind  heutzutage  nicht 
mehr  schwer  zu  beschaffen,  noch  auch  übermäßig  kostspielig:  zwei  nicht 
besonders  große  Pavillons,  mit  der  offenen  Seite  einander  zugekehrt,  werden 
durch  einen  40 — 60  Fuß  langen,  drahtübersponnenen  Gang  miteinander  ver¬ 
bunden;  das  ist  alles.  Bringt  man  in  der  Mitte  eine  weiherartige  Vertiefung 
und  zur  Seite  noch  einige  Felsen  an,  so  gewährt  dieser  Käfig  Hunderten  von 
Vögeln  Raum  und  behaglichen  Aufenthalt;  die  Möven  fliegen  unaufhörlich 
den  Gang  auf  und  nieder,  die  Reiher  schweben  durch  die  Luft,  die  Ibisse 
stolzieren  über  den  Kies  und  Rallen  und  Wasserhühner  tummeln  sich  im  Teich. 

Durch  diese  sehr  einfache  Vorrichtung  gelingt  es  einigermaßen,  etwas 
von  dem  zauberisch  schönen  Anblick  zu  erhalten,  den  die  reichen  Stelzvogel- 
Kolonien  des  Mittelmeerbeckens  gewähren  und  der  bei  der  Isolierung  der  ein¬ 
zelnen  Tiere  in  engen  Käfigen  so  vollständig  verloren  geht.  Das  Wort  »zau¬ 
berisch«  dürfte  hier  wahrlich  nicht  zu  überschwänglich  sein  ;  denn  der  Eindruck 
ist  in  der  That  märchenhaft,  den  z.  B.  ein  vorüberfliegender  Trupp  Flamingo 
auf  den  Beschauer  macht.  Gleich  geflügelten  Stäben  bewegen  sie  sich  am 
Firmamente  hin,  indem  der  kleine,  runde  Körper  vollständig  zwischen  den 
Flügeln  verschwindet,  und  dabei  ertönt  unaufhörlich  ihr  klangvolles  Gurren 
am  ewig  blauen  Himmel.  Sausenden  Fluges  stürmen  die  Pelikane  heran  und 
ihre  Trompetentöne  ausstoßend,  fuchteln  sie  mit  den  langen  Schnäbeln  umher 
und  schlagen  mit  den  Flügeln  das  Wasser;  Ibisse  erscheinen  in  langen  Bändern, 
und,  sich  niederlassend,  stolzieren  sie  gravitätisch  durch  den  Sand,  von  Zeit 
zu  Zeit  ärgerlich  grunzend.  Hoch  über  der  ganzen  Scenerie  schweben  einzelne 
Aasgeier,  deren  helles  Gefieder  silbern  in  der  Sonne  erglänzt,  oder  sie  schwingen 
sich,  anscheinend  unbeholfen  und  schwerfällig,  von  Sandhügel  zu  Sandhügel. 

Zahllos  sind  die  Scharen  kleinerer  Vögel;  Schnepfen,  Bekassinen,  Triel, 
auch  Wiedehopfe  und  Lerchen  tummeln  sich  auf  den  Sandflächen.  Sicherlich 
ist  eine  Exkursion  längs  der  nordafrikanischen  Wasser  eine  der  lohnendsten 
für  den  Naturbeobachter  und  ich  kann  dreist  behaupten,  daß  mich  Ausflüge 
nach  den  Sümpfen  der  Wüste  zuweilen  mehr  ergötzten  als  Streifzüge  im 
australischen  Busch,  in  den  indischen  Dschängeln  und  selbst  im  brasilianischen 
Urwald,  wie  sehr  dieser  auch  von  kleinen  Tieren  wimmelt. 

Zwischen  dem  Affenhaus,  einer  Ziegen  beherbergenden  Ruine  und  dem 
Papagei-Haus  des  hannoverschen  Tiergartens  befinden  sich  zwei  größere 
Bassins  für  Schwimmvögel,  mit  den  heute  fast  in  keinem  größeren  Garten 
fehlenden  Schwänen,  Gänsen,  Enten  etc.;  ein  kleineres  Bassin  zur  Aufzucht 
junger  Schwimmvögel  ist  nahe  dem  Stelzvogelhaus  gelegen.  Die  Raubvögel 
sind  in  einem  mächtigen  Felsen  mit  eingelassenen  Behältern  untergebracht, 
nur  ein  Königsgeier,  Sarcorhamphns  papa,  ein  prächtiges,  fast  ganz  dunkles 
Exemplar  befindet  sich  im  Stelzvogelhaus. 

An  Raubvögeln  ist  der  Garten  sehr  arm,  denn  er  besitzt  von  exotischen 
Accipitres  nur  noch  einen  einäugigen  Adler,  den  Mönchsgeier  und  den  in 
Süd- Amerika  überaus  häufigen  Polyborus-Falken ;  außerdem  noch  Gabelweihen, 
Bussarde  und  Wanderfalken.  Auch  der  Kolkrabe  hat  hier  sein  Heim  und 


123 


ein  europäischer  Nachtreiher.  —  Ziemlich  weit  von  den  beschriebenen  Ge¬ 
bäulichkeiten  abgelegen  findet  sich  der  Sommerstall  für  die  Hokko  und  das 
Straußenhaus. 

Der  Rest  der  Vögel  befindet  sich  in  zwei  Fasanenparks  und  besteht  aus 
einer  größeren  Anzahl  Hühnerarten,  Perlhühnern,  Pfauen  und  wenigeu  Fasanen. 
Die  Fasanenzucht  gewinnt  mit  Recht  heute  beträchtlich  an  Ausdehnung. 
Viele  Arten,  wie  Thaumalea  amherstiae,  Euplocomus  swinhoei  und  horsfieldii 
sind  prachtvolle  Schaustücke  und  interessieren  den  Naturfreund  in  gleicher 
Weise  wie  den  Geflügelzüchter;  eine  Thatsache,  die  man  von  der  Kultivierung 
der  Hühnerrassen,  wie  sie  augenblicklich  in  vielen  zoologischen  Gärten  um 
sich  greift,  nicht  behaupten  kann. 

Wie  die  Hühner  in  einer  besonderen  Weise  sich  der  Aufmerksamkeit  der 
zoologischen  Gärten  erfreuen,  so  erfahren  andere  Vogelgruppen  eine  unver¬ 
diente  Vernachlässigung.  Unter  den  Seevögeln  z.  B.  gibt  es  verschiedene 
recht  interessante  Gestalten,  die  aber  aus  unbekannten  Gründen  fast  in  allen 
Gärten  fehlen.  Ich  sage  aus  unbekannten  Gründen,  wenigstens  vermag  ich 
nicht  zu  verstehen,  warum  z.  B.  das  Capschaf,  Diomedea  exulans,  und  die  kleineren 
Albatros-Arten  fast  nirgends  zu  finden  sind.  Daß  sie  sich  auf  den  Schiffen 

erhalten  lassen,  so  lange  man  sie  duldet  und  füttert,  daß  sie  alle  Klimate 

mit  Leichtigkeit  ertragen,  daß  sie  sich  in  der  Gefangenschaft  ruhig  und  ver¬ 
ständig  benehmen,  ist  jedem,  der  größere  Reisen  im  antarktischen  Meere 
unternommen  hat,  hinlänglich  bekannt;  und  es  ist  nicht  einzusehen,  warum 
sie  sich  nicht  in  zoologischen  Gärten  halten  sollten;  die  fehlende  Flugge¬ 
legenheit  tötet  sie  au  und  für  sich  nicht,  ebensowenig  wie  die  Möwen.  Ich 

glaube  daher,  daß  —  wenigstens  in  Europa  —  noch  niemals  ernstlich  der 
Versuch  gemacht  worden  ist,  diese  Tiere  für  die  zoologischen  Gärten  zu 
gewinnen,  wiewohl  ein  Vogel  von  ca.  4  Metern  Spannweite  zweifellos  in  hohem 
Grade  die  Bewunderung  des  Publikums  erregen  würde.  Hoffen  wir  das  Beste 
für  die  Zukunft. 

Genua,  16.  März  1890. 


Korrespondenzen. 

Moskau,  im  März  1890. 

Aus  dem  Moskauer  zoologischen  Garten.  Die  Gesellschaft  der 
Acclimatisation  der  Tiere  und  Pflanzen  in  Moskau  gibt  vom  1.  Mai  1889  ein 
Journal  heraus,  von  dem  zum  1.  Januar  1890  zehn  Lieferungen  erschienen 
sind.  In  dieser  Zeitschrift  werden  Aufsätze  über  Zoologie  und  Botanik,  das 
Tagebuch  des  Moskauer  Zoologischen  Gartens,  u.  s.  w.  gedruckt.  Aus  dem 
Tagebuch  erfahren  wir,  daß  im  Jahre  1889  der  Moskauer  Zoologische  Garten 
93,574  Besucher  hatte.  Als  Eintrittsgeld  wurden  8810  Rbl.  eingenommen. 

Einer  der  interessantesten  Aufsätze  in  diesem  Jahrgang  ist  die  Ab¬ 
handlung  des  Prof.  P.  Kauleschoff:  «Die  Bastarde  von  Schaf  und 
Ziege*.  Im  Jahre  1887  wurden  in  der  Ökonomie  des  Großfürsten  Michael 
Nicolaewitsch  8  Bastarde*)  durch  absichtliche  Paarung  eines  angorischen 


*)  Vgl.  jalirg.  XXIX,  1889,  S.  314.  (277). 


124 


Ziegenbocks  mit  Merinoschafen  geboren.  Vier  von  ihnen  wurden  der  Petrovsky- 
Akademie  übergeben,  wo  sie  vom  Prof.  Kaulescho ff  untersucht  wurden.  Dabei 
stellte  sich  folgendes  heraus:  Alle  Bastarde  haben  Hörner.  Einer  der  Schädel 
entspricht  durch  die  stark  ausgeprägten  Thränen-Grübchen,  die  bedeutende 
Länge  und  Biegung  der  Nasenknochen  und  den  breiten  Zwischenraum  zwischen 
den  Hörnern  am  meisten  dem  Schädel  des  Schafes,  der  andere  ist  in  diesen 
Merkmalen  mehr  der  Ziege  ähnlich.  Alle  Bastarde  haben  die  Klauen-Drüsen, 
aber  die  Leistendrüsen  fehlen  bei  einem  Exemplar.  Der  Schwanz  hat  16 — 18 
Wirbel.  Die  Ohren  sind  bei  einem  Bastarde  lang  und  halbhängend,  bei  den 
übrigen  stehen  sie  aufrecht.  Das  Vließ  besteht  aus  Wolle  und  Grannenhaar, 
doch  ist  deren  gegenseitige  Beziehung  so  verschieden,  daß  bei  einigen  Exem¬ 
plaren  das  Vließ  der  Bastarde  dem  der  Merinoschafe  nahe  steht,  bei  anderen 
aber  dem  Vließ  der  augorischen  Ziege  gleich  ist.  Die  Bastarde  sind  frucht¬ 
bar.  Gegenwärtig  befinden  sich  zwei  Bastarde  im  Moskauer  Zoolog.  Garten, 
und  es  werden  Versuche  angestellt,  sie  mit  Schafen  und  Ziegen  zu  paaren. 

In  der  Zeitschrift  sind  auch  die  Resultate  der  Proben  der  Incn- 
batoren  von  Chirson  und  Kwassük  mitgeteilt.  Die  Brutmaschine  Chir- 
s'ons  ist  ein  sich  selbst  regulierender  Apparat,  welcher,  außer  dem  wöchent¬ 
lich  einmal  vorzunehmenden  Zuguß  von  Wasser,  keiner  weiteren  Bedienung 
bedarf.  Der  Apparat  von  Kwassük  ist  ein  Rahmensystem,  bei  welchem  die 
Eier  in  besonderen  Kasten  übereinander  gesetzt  werden.  Dieser  Apparat  hat 
keinen  Regulator  und  erfordert  deshalb  Verkleinerung  und  Vergrößerung  der 
Lampenflamme  bei  Veränderung  der  äußeren  Temperatur.  Außerdem  muß  die 
Luft  jeden  Tag  mit  Hülfe  besonderer  Leinwandrahmen  feucht  erhalten  werden. 
In  Chirsons  Apparat  kamen  von  den  eingelegten  Eiern  46  °/o  aus,  in  dem 
Apparat  von  Kwassük  nur  8,62  °/o. 

In  diesem  Jahre  fanden  in  dem  zoologischen  Garten  die  Versammlungen 
der  Moskauer  Ornithologen  statt,  in  denen  die  Fragen  der  Hühnerzucht  be¬ 
sprochen  wurden.  In  der  zweiten  Sitzung  wurde  anerkannt,  daß  die  dunklen 
Brahma  für  Mittelrußland  die  vorteilhafteste  Rasse  sind. 

Es  ist  auch  am  zoologischen  Garten  ein  Bureau  errichtet  worden,  bei 
welchem  jeder  Belehrung  über  die  Geflügelzucht  bekommen  und  durch  welches 
man  die  notwendigen  Rassen-  und  Ziervögel  verschreiben  kann.  Man  kann  dort 
auch  die  Adressen  der  russischen  Wirtschafts-  und  Rassegeflügelzüchter  kennen 
lernen. 

Als  Neuheit  hönnen  wir  noch  von  zwei  Dachsen  (Meies  taxus)  be¬ 
richten,  die  in  den  letzten  Tagen  im  zoologischen  Garten  geboren  wurden. 

Nikolaus  Kulaginn. 


Köln,  Zoologischer  Garten,  März  1890. 

Fortpflanzung  der  Eisbären  in  der  Gefangenschaft.  An¬ 
knüpfend  an  den  Bericht  des  Herrn  Dr.  A.  Zippe rlen  (Nr.  1  d.  Jahrg., 
Seite  24)  kann  ich  auch  aus  unserem  Garten  die  Geburt  zweier  Eisbären  melden. 
Die  alten  Bären  sind  seit  März  1878  hier  und  haben  sich  seit  einigen  Jahren, 
aber  stets  erfolglos,  gepaart.  Im  vorigen  Jahre  geschah  dies  vom  28.  April  bis 
14.  Mai  täglich.  Der  Wurf  erfolgte  am  21.  Dezember,  so  dass,  von  dem  letzten 
Tage  an  gerechnet,  die  Tragzeit  241  Tage  dauerte.  G  iebel  (Säugetiere,  Seite  743) 


125 


und  Brehm  (2.  Aufl.  Bd.  II,  Seite  189)  nehmen  als  Tragzeit  6 — 7  Monate  an, 
während  sie  nach  obiger  Beobachtung  von  derselben  Dauer  ist  wie  beim 
braunen  Bären.  Die  Aufzucht  der  Jungen  gelang  leider  nicht,  da  die  Mutter,  noch 
unbekannt  mit  ihren  Pflichten,  die  Tierchen  fortwährend  im  Zwinger  umher* 
trug,  anstatt  ihnen  Nahrung  zukommen  zu  lassen.  Der  Umstand  jedoch,  daß 
sie  die  schreienden  Jungen  nicht  sofort  verzehrte,  läßt  für  das  nächste  Jahr 
ein  günstigeres  Resultat  erhoffen. 

Dr.  C.  Wunderlich. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Spatzenfrechheit  und  Klugheit.  In  der  Yogelstube  ist  vom  Morgen 
bis  zum  Abend  ein  Fenster  weit  offen,  weil  mein  ganzer  gefiederter  Besitz  aus 
allen  Welten  immer  in  großen  und  kleinen  Käfigen  untergebracht  ist.  Die  freche 
Spatzennachbarschaft  hat  bald  regelmäßige  Züge  in  meine  weitmaschigen  Pa- 
pagaienkäfige,  tief  im  Zimmer,  eingehalten  und  läßt  mich  sehr  nahe  heran¬ 
kommen,  ehe  sie,  gewiß  noch  mit  einem  Hanfkorn  im  Schnabel,  zögernd  Rei߬ 
aus  nimmt.  Am  22/10.  1889,  einem  ungewöhnlich  trüben  Tage,  ist  mir  aber 
das  Treiben  zu  toll,  ich  schließe  hurtig  das  Fenster  und  greife  mir  ein  präch¬ 
tiges  junges  Männchen  heraus,  dem  Gesundheit  und  Lebenslust  aus  allen  Be¬ 
wegungen  strahlt.  In  einen  Käfig  kommt  es,  die  andere  Gesellschaft  treibe  ich 
hinaus  in  die  Freiheit,  was  soll  ich  sonst  damit  machen.  Der  neue  Gast  unter¬ 
sucht  blitzschnell  alle  Seiten  seines  Gefängnisses,  dann  schreit  er,  als  wenn  er 
am  Spieße  steckte,  und  ich  bin  versucht  ihn  wieder  zu  entlassen;  indessen  eine 
einzige  Nacht  soll  er  doch  bleiben,  dann  mag  er  draußen  in  seiner  Sprache 
berichten,  was  er  erlebt  hat,  und  kommt  hoffentlich  nicht  wieder.  Nach  etwa 
zweistündigem  unbändigem  Toben  völlig  erschöpft  kommt  er  trotz  aller  Wild¬ 
heit  sofort  auf  das  in  den  Käfig  erst  jetzt  gestellte  Wassernäpfchen  gehüpft 
und  trinkt.  Den  ganzen  Nachmittag  hört  und  sieht  er  vor  dem  nun  wieder  offenen 
Fenster  seine  Kameraden  suchen  und  locken,  ihm  sicher  verständlich.  Alle 
Leckereien  für  einen  Sperlingsschnabel  sind  auf  dem  Käfigboden  verlockend 
ausgestreut,  er  rührt  nichts  an,  und  am  23.  Oktober,  morgens  gegen  7  Uhr,  als 
ich  ihn  fliegen  lassen  will,  liegt  er  tot  in  der  dem  Fenster  nächsten  Käfigecke. 
Die  Aufregung  hatte  ihn  offenbar  getötet.  — 

Ein  nahe  wohnender  Freund  besitzt  in  seinem  Garten  ein  stets  bis  hoch 
zum  Rande  mit  Wasser  gefülltes  Steinbassin  von  über  2  Meter  Durchmesser. 
Ringsum  hängen  Zweige  und  Blätter  so  über  den  Wasserspiegel,  daß  es  an 
versteckten  Trink-  und  Badeplätzchen  nicht  fehlt.  Inmitten  des  Beckens  ist  ein 
eiserner  Schwan  als  Wasserspeier  eingerichtet  und  neben  seinem  Schnabel  steigt 
ständig  ein  fingerdicker  kräftiger  Wasserstrahl  hoch  in  die  Luft.  Statt  nun 
unten  ungesehen  den  Durst  zu  stillen,  kommen  alle  Spatzen,  fußen  frei  und 
offen  auf  dem  Schwanenschnabelende,  recken  sich  außerdem  hoch  auf,  trinken 
aus  dem  Strahl  und  schlagen  nachher  mit  Schnabel  und  Flügeln  so  hinein, 
daß  sie  über  und  über  bespritzt  werden.  Immer  nur  einer  kommt,  aber  einer 
machts  genau  wie  der  andere  und  stundenlang  habe  ich  an  einem  Julimorgen 


126 


aus  einer  ganz  nahen  Laube  diesem  Spiel 'zugesehen,  wartend,  daß  auch  ein 
einziger  Buchfink  erscheine,  der  nach  Versicherung  der  glaubwürdigen  Haus¬ 
frau  gar  oft  auf  die  nämliche  Weise  hier  seinen  Durst  stille  und  sich  zu  einem 
Bade  verhelfe.  Eduard  Rüdiger. 

Nord-Rußlands  Flußperlen-Fischerei.  Vor  etwa  20  Jahren  noch 
wurden  Perlen  in  großer  Zahl  in  den  in  die  Ostsee  und  in  das  Eismeer  mün¬ 
denden  Flüssen  gefunden.  Gegenwärtig  aber  liegt  diese  Industrie  darnieder 
und  die  Perlengewinnung  beschränkt  sich  auf  die  Flüsse  Kema,  Niwa,  Kola 
und  Tuloma,  woselbst  höchst  primitive  Methoden  angewendet  und  nur  geringe 
Erträge  erzielt  werden.  Große,  sogenannte  Burmitsky-Perlen  werden  jetzt 
selten  gefunden.  Bedeutendere  Funde  wurden  zuletzt  vor  20  Jahren  gemacht. 
Man  hat  übrigens  beobachet,  daß  Perlen  häufiger  in  jenen  Flüssen  Vorkommen, 
in  welchen  Forellen  sich  aufhalten. 

Es  wird  berichtet,  daß  sich  eine  Gesellschaft  gebildet  hat,  welche  die 
Perlenfischerei  in  den  forellenreichen  Flüssen  der  Provinz  Pskov  betreiben  will. 
Es  sollen  die  besten  Perlenfischerei-Apparate  angewendet  werden,  und  säch¬ 
sische  Perlenfischer  sind  bereits  engagiert  worden.  Sollte  das  Unternehmen  ge¬ 
lingen,  so  will  die  Gesellschaft  ihr  Operationsfeld  nach  dem  äußersten  Norden 
Rußlands  ausdehnen.  Einige  kleine  Flüsse  in  der  Nähe  Petersburgs  liefern 
übrigens  auch  Perlen,  die  im  Maximum  den  Wert  von  etwa  50  M.  per  Stein 
erreichen.  Gro. 

Über  den  Genuß  des  Pferdefleisches  machte  vor  einiger  Zeit 
Herr  E.  Decroix  in  Paris  interessante  Mitteilungen.  Seit  1866  besteht  dort 
eine  Gesellschaft  zur  Verbreitung  des  Pferdefleisch-Essens,  das  »Comite  de  la 
viande  de  Cheval.«  Die  Erfolge,  welche  die  Thätigkeit  der  Gesellschaft  auf¬ 
wies,  werden  am  besten  ersichtlich  aus  den  Zahlen  der  früher  und  jetzt  nach¬ 
weislich  in  Paris  gegessenen  Pferde  (nebst  Eseln  und  Maultieren).  1866  betrug 
diese  Zahl  922  mit  einem  veranschlagten. Quantum  von  171,380  Pfd.  Fleisch; 
1888  dagegen  17,545  mit  3,940,000  Pfd.  Fleisch!  (Während  der  Belagerung 
von  Paris  wurde  die  erstaunliche  Menge  von  65,000  Pferden,  Eseln  und  MauD 
tieren  =  12,261,100  Pfd.  Fleisch  verzehrt.) 

Das  Fleisch  eines  in  gutem  Zustande  befindlichen  Pferdes  ist  nach 
Decroix  nahrhafter  als  Rindfleisch,  dabei  höchstens  halb  so  teuer,  freilich  nicht 
für  jeden  so  schmackhaft  wie  das  letztere.  Aber  die  Zubereitung  thut  sehr 
viel;  das  sieht  man  daran,  daß  viele  Personen,  welchen  absichtlich  ohne  ihr 
Wissen  Pferdefleisch  vorgesetzt  wurde,  durchaus  nichts  Unangenehmes  merkten. 
Decroix  selbst  ißt  Pferdefleisch,  um  mit  gutem  Beispiel  voran  zu  gehen  und 
um  die  ärmeren  Klassen  aufzumuntern,  sich  das  billige  und  vorteilhafte  Nah¬ 
rungsmittel  zu  nutze  zu  machen.  Auch  auf  den  Zustand  der  Pariser  Pferde 
übt  der  gesteigerte  Verbrauch  des  Pferdefleisches  einen  sehr  günstigen  Einfluß 
Man  sieht  jetzt  viel  weniger  abgetriebene,  elende  Tiere,  da  die  Pferdeschläch¬ 
tereien  ,  deren  es  132  in  Paris  gibt,  gut  genährte  Pferde  viel  teurer  bezahlen 
als  abgemagerte.  Während  früher  der  Schinder  10 — 20  Francs  für  ein  dienst¬ 
untaugliches  Pferd  gab,  zahlt  der  Schlachter  jetzt  60—100  Francs,  je  nach  dem 
Zustand  der  Pferde.  Die  Folge  ist,  daß  die  Pferdebesitzer  die  Pferde  nicht 
so  herunterkommen  lassen,  sondern  sie  besser  füttern  und  verhältnismäßig 
früher  verkaufen,  sobald  sie  anfangen,  die  Erhaltungskosten  nicht  mehr  ein¬ 
zubringen.  Sch. 


127 


Wachtelausfuhr  Egyptens.  Ein  neuer  Ausfuhrartikel  Egyptens  sind 
Wachteln,  welche  seit  einigen  Jahren  in  zunehmender  Zahl  nach  Frankreich 
und  England  ausgeführt  werden.  Die  Menge  dieses  seltsamen  Ausfuhrerzeug¬ 
nisses  belief  sich  im  Jahre  1886  auf  */*  Million  im  Werte  von  80,000  Mark 
im  Jahre  1888  dagegen  bereits  auf  l1/«  Million  im  Werte  von  260,000  Mark. 

_  Gro. 

Litte  r  atu  r. 


Das  Steppen  huhu  (Syrrhaptes paradoxus)  in  Österreich-Ungarn.  Von  Victor 
Ritter  von  Tschusi  zu  Schmidhoffen.  Mit  1  Karte.  Graz.  Verlag 
des  Naturwissenschaft!.  Vereins  für  Steiermark  1890. 

Das  letzte  Erscheinen  des  Steppenhuhns  in  Europa  (vgl.  Jahrgang  1888 
und  1889  unserer  Zeitschrift)  hat  eine  umfangreiche  Litteratur  hervorgerufen, 
ein  erfreuliches  Zeichen,  wie  man  die  Wanderungen  in  der  Vogelwelt  jetzt 
sorgsam  beachtet.  Nur  durch  Mitteilung  genauer  Beobachtungen  und  Auf¬ 
zeichnungen  wird  es  möglich,  nach  längerer  Zeit  eine  solche  Erscheinung  ver¬ 
stehen  und  erklären  zu  können.  Für  die  österreich-ungarische  Monarchie  hat 
der  Verfasser  die  seit  dem  Jahre  1863  bekannt  gewordenen  Thatsachen  sorg¬ 
fältig  zusammengestellt  und  in  Tabellen  geordnet.  Er  zeigt  daraus,  wie  der 
von  Osten  kommende  Zug  von  den  Karpathen  aufgehalten  sich  teilt  und  in 
einem  Hauptarme  nach  Deutschland,  in  einem  schwächeren  Aste  durch  die 
walachische  Tiefebene  in  das  Donaugebiet  und  längs  der  Südseite  der  Alpen 
zieht.  Strahlenförmig  breiten  sich  die  Züge  aus,  um  sich  mehr  und  mehr  zu 
schwächen  und  allmählich  zu  verlieren.  Diese  Andeutungen  mögen  genügen, 
um  die  Aufmerksamkeit  auf  die  fleißige  Arbeit  zu  lenken,  der  eine  gute  Karte 

beigegeben  ist.  N. 

✓  - 

Das  Tierleben  im  Terrarium  von  H.  Fischer-Sig wart.  Aarau. 
H.  R.  Sauerländer  1890.  8°.  176  Seiten. 

Verfasser  hat  in  Aarau  in  mehreren  öffentlichen  Vorträgen  das  Tierleben 
in  den  Terrarien,  also  vorzugsweise  das  der  Reptilien  und  Amphibien  behan¬ 
delt  und  diese  Vorträge  in  dem  V.  Heft  der  Aargauischen  Naturforschenden 
Gesellschaft  niedergelegt;  doch  sind  auch  Separatabdrücke  davon  zu  haben. 
Das  mit  viel  Liebe  abgefaßte  Schriftchen  zeigt,  wie  es  mit  Ausdauer  und 
Geschick  gelingen  kann,  sich  auch  in  der  Stadt  ein  großes  Terrarium  zu  be¬ 
schaffen.  Verfasser  hat  nämlich  auf  dem  zweiten  Boden  (Dachraum)  seines 
Hauses  eine  45[[]m  große  Fläche  in  einen  kleinen  Garten  mit  Wasserbecken 
umgewandelt  und  gibt  seinen  Gefangenen  hier  die  bestmöglichen  Bedingungen 
zu  ihrem  Gedeihen,  was  sie  denn  auch  reichlich  lohnen.  Wir  empfehlen  unsern 
Lesern  die  hübsche  Schrift,  sie  werden  sie  mit  Freude  durchgehen  und  sicher 
mancherlei  Neues  daraus  lernen.  N. 

Monatsschrift  des  deutschen  Vereins  zum  Schutze  der  Vogelwelt. 
Redigiert  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Liebe,  Dr.  Frenzei,  Dr.  Rey  und  Thiele. 
XIV.  Jahrg.  1889. 

Der  vorjährige  Band  der  von  uns  wiederholt  empfohlenen  Zeitschrift 
bringt  wieder  reiches  Material  zur  Kunde  von  unseren  einheimischen  und  von 


128 


einigen  ausländischen  Vögeln.  Das  Leben  des  Vogels,  seine  Gewohnheiten  und 
Eigentümlichkeiten,  sein  Verhältnis  zum  Natur-  und  Menschenleben  sind  es, 
die  zur  Darstellung  kommen  nach  eigenen  Beobachtungen  der  Mitglieder  des 
Vereins,  und  so  findet  jeder  Belehrung  und  Anregung,  wird  die  Liehe  zur 
Vogelwelt  genährt  und  deren  praktische  und  ästhetische  Bedeutung  erkannt. 
Der  vortrefflich  redigierten  Monatsschrift  sind  auch  in  dem  XIV.  Jahrgange 
wieder  mehrere  Farbendruckbilder  beigegeben.  N. 


Die  gefiederte  Welt,  Zeitschrift  für  Vogelliebhaber,  -Züchter  und -Händler. 

Herausgegeben  von  Dr.  Karl  Ruß.  18.  Jahrg.  1889. 

Eine  andere  Aufgabe  als  die  vorige  hat  sich  die  genannte  Zeitschrift 
gestellt;  sie  dient  dem  Vogelzüchter  und  -Liebhaber  und  berichtet  darum  in 
erster  Linie  über  die  auf  deren  Gebiete  gemachten  Beobachtungen  und  Er¬ 
fahrungen,  so  daß  der  Vogelfreund  hört,  wie  er  seine  Lieblinge  zu  pflegen 
hat,  und  ihm  manche  bittere  Lehre  erspart  bleibt.  Die  auf  den  Vogel¬ 
markt  gebrachten  neuen  Arten  werden  bekannt  gemacht,  Berichte  über  Aus¬ 
stellungen  werden  geliefert,  an  den  Herausgeber  gerichtete  Fragen  öffentlich 
beantwortet,  so  daß  ein  Jeder  daraus  Nutzen  ziehen  kann;  aber  auch  Schil¬ 
derungen  aus  dem  Leben  des  Vogels,  Besprechungen  über  die  einschlägige 
Litteratur  werden  gegeben,  so  daß  die  »Gefiederte  Welt«  wohl  die  erste  Zeit¬ 
schrift  für  den  Vogelliebhaber  geworden  ist,  wie  sie  sich  denn  auch  bereits 
einen  sehr  ausgedehnten  Leserkreis  erobert  hat.  N. 


Eingegangene  Beiträge. 

J.  W.  in  W.:  Antwort  ist  brieflich  erfolgt.  —  J.  v.  P.  in  W.  —  P.  L.  in  M.  —  K.  K. 
in  Sch.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

W.  B.  B  a  r  r  o  w  s.  The  English  Sparrow  (Passer  domesticus).  U.  S.  Department  of  Agriculture. 

Washington.  Government  Printing  Office.  1889. 

North  American  Fauna.  No.:  1.  Revision  of  the  North  American  Pocket  Mice.  No.:  2. 
Description  of  14  new  species  and  one  new  genus  of  North  American  Mammals.  By 
Dr.  C.  H.  Merriam.  Daselbst  1889. 

7th  Annual  Report  of  the  United  States  Geological  Survey  1885—1886.  By  J.  W.  Po  well, 
Director.  Daselbst  1888. 

Ornis,  Internationale  Zeitschrift  für  die  gesamte  Ornithologie.  Herausgegeben  von  Dr.  R. 
Blasius  und  Dr.  G.  von  Hayek.  Jahrgang  1—5.  Wien.  Karl  Gerolds  Sohn. 
1885—1890. 

Dr.  F.  Westhoff.  Jahresbericht  der  zoologischen  Sektion  des  Westfälischen  Prov.-Ver.  für 
Wissenschaft  und  Kunst.  1888—1889.  Münster.  1889. 

Bronns  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  6.  Band.  Abteil.  III.  Die  Reptilien  von 
Prof.  Dr.  C.  K.  Hoff  mann.  Lieferg.  67  u.  68.  Leipzig  u.  Heidelberg.  C.  F.  Winter.  1890. 
Verhandlungen  des  deutschen  wissenschaftlichen  Vereins  zu  Santiago.  II.  Band.  l.  Heft. 

Mit  2  Tafeln.  Santiago.  1889.  (Kommission  bei  R.  F riedländer  u.  Sohn.  Berlin.) 

Dr.  K.  M.  Heller.  Der  UrbüfFel  von  Celebes,  Anoa  depressicornis.  Mit  3  Tafeln.  Dresden. 
H.  Grünberg.  1890. 

The  Journal  of  Comparative  Medicine  and  Veterinary  Archives  by  W.  A.  Conklin  and 
R.  Sh.  Huidekoper.  April  1890.  Philadelphia.  1890. 

Dr.  Ed.  Wiepen.  Die  geographische  Verbreitung  der  Cochenillezucht.  Mit  1  Karte.  Köln. 
J.  B.  Heimann.  1890. 

Report  of  the  Central  Park  Menagerie  of  New  York  for  the  year  1889. 

Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Sehmidhofen,  das  Steppenhuhn  in  Österreich-Ungarn. 

Mit  1  Karte.  Graz.  Verlag  des  Naturwiss.  Vereins  für  Steiermark.  1890. 

Dr.  Otto  vom  Rath.  Über  die  Fortpflanzung  der  Diplopoden  (Chilognathen).  Mit  1  Tafel. 
Freiburg  i.  Br.  J.  C.  B.  Mohr.  1890. 

Prof.  Herrn,  von  Meyer.  Die  Ortsbewegung  der  Tiere.  Sammlung  gemein,  verständl. 

wissenschaftl.  Vorträge.  Heft  95.  Hamburg.  Verlagsanstalt  und  Druckerei  A.-G.  1890. 
Mitteilungen  des  ornithologischen  Vereins  in  Wien  „die  Schwalbe.“  Redigiert  von  A.  von 
Pelz  ein  und  C.  Pallisch.  XIV.  Jahrg.  No.  5.  Wien  1890. 

Ornithologisclies  Jahrbuch,  Organ  für  das  paläarktische  Gebiet.  Band  I.  Heft  4.  Herausgeg. 
von  Victor  Ritter  von  Tschusi  zu  Sehmidhofen.  Hallein.  1890. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M, 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  5.  XXXI.  Jahrgang.  Mai  1890. 


I  11  li  a  1  t. 

Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln;  von  Direktor  Dr.  L.  Wu  n  d  e  r  1  i  c  h. 
(Schluß.)  —  Die  Nahrung  der  giftlosen  europäischen  Schlangen;  von  Uand.  phil.  Franz 
W  erner  in  Wien.  —  Das  gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner;  von  Dr.  Emil 
Buck.  (Fortsetzung.)  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  — 


Die  Seelöwen  im  zoologischen  Garten  zu  Köln. 

Von  Direktor  Dr.  L.  Wunderlich. 


(Schluß.) 


Wenige  Wochen  nach  der  Ankunft  der  Seelöweu,  am  26.  Juli 

1887,  wurde  von  den  mit  der  Fertigstellung  des  Beckens  betrauten 
Arbeitern  gesehen,  daß  das  größere  Weibchen  sich  mit  dem  Männchen 
paarte,  und  am  18.  Juli  1888  hatte  ich  Gelegenheit,  bei  dem  kleineren 
Weibchen,  das  vor  24  Tagen  geboren  hatte,  dasselbe  zu  beobachteu. 
Die  Brunft  dauerte  in  diesem  Falle  nur  zwei  Tage,  war  aber  un¬ 
verkennbar.  Das  Tier  zeigte  eine  außergewöhnliche  Unruhe,  scheuerte 
sich  an  den  Felsen  und  bestieg  dieselben  ganz  wider  seine  sonstige 
Gewohnheit.  Die  Paarung  erfolgte  im  Wasser,  indem  das  Manuellen 
über  das  in  gewöhnlicher  Lage  ruhende  Weibchen  hinwegschwamm, 
dieses  mit  den  Vorderflossen  umfaßte  und  seinen  hinteren  Körperteil 
zwischen  den  Hinterflossen  desselben  hindurch  nach  unten  bog. 
Innerhalb  5  Minuten  wurden  3  Begattungen  beobachtet  und  nament¬ 
lich  bei  der  letzten  deutliche  Bewegungen  des  Männchens  wahr¬ 
genommen. 

Das  größere  Weibchen  gebar  in  der  Nacht  vom  2.  zum  3.  Juli 

1888,  also  nach  342  Tagen,  8  Tage  später  als  das  kleinere,  dessen 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXT.  1890.  9 


. ) 


Begattung  1887  nicht  beobachtet  war.  Dieses  paarte  sich  am 
18.  Juli  1888  von  neuem  und  kam  am  30.  Juni  1889  nieder.  Die 
Dauer  der  Trächtigkeit  umfaßt  demnach  die  Monate  Juli  bis  Juni 
und  beträgt  342 — 347  Tage,  während  Brehm  sie  auf  8 — 10  Monate 
schätzt  (Tierleben,  2.  Aufl.  Bd.  3,  8.  594)  und  andere  für 
Otaria  Stellen  10 — 11  Monate  (Giebel,  Säugetiere  S.  145),  für 
Otaria  jubata  deren  10  (Brehms  Tierleben  Bd.  III,  S.  613)  oder 
gar  nur  9  (Schrebers  Säugetiere,  Bd.  III.  S.  301),  für  Otaria  ursina  9 
(ebend.  S.  292)  oder  12  (ebend.  Bd.  VII,  S.  72  und  74  unseres 
Zoologischen  Gartens,  Jahrg.  XXIII,  S.  198)  annehmen.  Dahingegen 
erfolgt  die  Geburt  auch  bei  diesen  Otarien  meinen  Beobachtungen 
entsprechend  im  Juni  oder  Juli,  mit  Ausnahme  des  im  Brehm 
(Bd.  III,  S.  613)  erwähn  en  Falles  von  Otaria  jubata ,  wo  als  Trag¬ 
zeit  die  Monate  März  bis  Dezember  genannt  werden. 

Wenn  auch  im  Laufe  der  Trächtigkeit  eine  Körperzunahme 
der  weiblichen  Tiere  zu  erkennen  war,  so  war  diese  doch  kein 
sicheres  Zeichen,  da  jene  auch  ohnedies  im  Winter,  so  lange  es 
Heringe  gab,  sich  stark  mästeten.  Erst  Mitte  April,  also  im  neunten 
Monat  der  Trächtigkeit,  war  es  möglich,  ein  sicheres  Urteil  ab¬ 
zugeben.  Die  Weibchen  lagen  dann  zuweilen  stundenlang  ruhig  im 
Wasser,  die  Bauchseite  nach  oben  gekehrt  und  die  Hinterextremi¬ 
täten  über  die  Oberfläche  erhebend :  wahrscheinlich,  daß  der  Embryo 
in  diesen  Tagen  seine  ersten  Bewegungen  macht.  Beim  Füttern 
jedoch  bewahrten  die  Tiere  ihre  alte  Behendigkeit,  die  sie  bis  zum 
Tage  ihrer  Niederkunft  nicht  verließ. 

Zum  Werfen  benutzte  das  kleinere  Weibchen  stets  eine  der 
unter  dem  Felsen  gelegenen  Höhlen  (s.  Fig.  IV,  S.  3  des  Jahrg.), 
während  das  größere  in  Ermanglung  eines  solchen  Raumes  —  der 
Felsen  mit  der  Höhle  III  wurde  erst  später  angebaut  —  einen  gewiß 
naturgemäßeren  Platz,  nämlich  den  zur  Höhe  führenden  Pfad  sich 
aus  wählte.  Die  Geburt  kündete  sich  durch  helle  Klagelaute  an, 
die  weithin  vernehmbar  waren.  Dabei  drehte  sich  das  Tier,  von 
Schmerz  getrieben,  fortwährend  im  Kreise  und  blieb  nur  beim  Ein¬ 
tritt  stärkerer  Wehen  ruhig  liegen.  Nach  einer  Viertel-  bis  einer 
halben  Stunde  war  das  Junge  da  und  zwar  kam  es  einmal  mit  den 
nach  hinten  ausgestreckten  Hinterflossen  voran,  die  Vorderextremi- 
fäten  dicht  an  den  Körper  gelegt,  das  andere  Mal  mit  dem  Kopfe 
voran  zur  Welt,  nachdem  die  Harnblase  sich  schon  vorher  entleert 
hatte.  Die  Placenta,  welche  alsbald  folgte,  war  ringförmig  und 
in  ihrem  ganzen  Umfange  von  gleicher  Breite. 


131 


Sofort  nach  erfolgter  Geburt  wandte  sich  die  Mutter  nach  dem 
Jungen  um,  das  sich  inzwischen  durch  heftige  Bewegungen  von  den 
embryonalen  Hüllen  befreit  hatte.  Es  wurde  berochen  oder,  wenn 
man  so  will,  geküßt,  aber  nicht  trocken  geleckt,  wie  dies  bei  Land¬ 
säugetieren  der  Fall  ist. 

Die  Augen  des  jungen  Tieres  —  die  unsrigen  drei  waren  männ¬ 
lichen  Geschlechts  —  öffneten  sich  sofort  nach  der  Geburt  und  der 
Mund  wies  schon  zahlreiche  Zähne  auf.  Kräftig  schreiend  beginnt 
es  bald  nach  den  Zitzen  zu  suchen  und  eine  Stunde  nach  der  Ge¬ 
burt  sieht  man  es  die  erste  Nahrung  zu  sich  nehmen.  Die  Mutter 
legt  sich  dabei  etwas  auf  die  Seite,  so  daß  der  Unterkörper  frei  liegt, 
läßt  das  Junge  aber  allein  suchen  und  hilft  ihm  dabei  nicht  mit 
den  Vorderflossen,  wie  es  die  Seehundmütter  thun  sollen.  Die  Länge 
des  jungen  Seelöwen  von  der  Nase  bis  zur  Schwanzwurzel  beträgt 
am  vierten  Lebenstage  etwa  60  cm. 

Die  Mutter  geht  am  Tage  nach  der  Geburt  bereits  wieder  ins 
Wasser,  hält  sich  aber  stets  in  der  Nähe  des  Jungen  auf,  das  sie 
nicht  aus  den  Augen  läßt  und  auf  dessen  klägliches  Rufen  sie  so¬ 
fort  herbeieilt.  Auch  duldet  sie  nicht,  daß  ein  anderer  Seelöwe 
sich  dem  Platze  nähert,  wo  ihr  Sprößling  ruht. 

Die  Jungen  gehen  freiwillig  schon  am  dritten  Tage  ins  Wasser, 
doch  thut  es  ihnen  nichts,  wenn  sie  schon  früher  Bekanntschaft  mit 
dem  nassen  Element  machen,  was  ich  an  dem  Jungen  beobachten 
konnte,  welches  auf  dem  Felsen  zur  Welt  gekommen  war.  Um 
dieses  vor  dem  damals  Tag  und  Nacht  herabströmenden  Regen  zu 
schützen  und  um  es  ferner  nicht  der  Gefahr  auszusetzen,  von  dem 
großen  Männchen,  dessen  Platz  die  Wöchnerin  eingenommen  hatte, 
verdrängt  und  ins  Wasser  hinabgestoßen  zu  werden,  ließ  ich  am 
Fuße  des  Felsens  einen  geräumigen  Kasten  aufstellen  und  das  Junge 
hinein  bringen.  Das  Wegnehmen  desselben  gelang  unter  Zuhülfe- 
nahme  einiger  Fische  und  eines  Reiserbesens  sehr  schnell.  Die 
Mutter  wollte  jedoch  nicht  in  den  Kasten  uud  verließ  ihren  Platz 
erst,  als  das  Junge  zu  schreien  begann.  Jetzt  eilte  sie,  das  Junge 
lockend,  hinab,  dieses  ihr  entgegen.  Schnell  wurde  es  im  Nacken 
gefaßt  und  ins  Wasser  gezogen,  wo  es  geschickt  hinter  der  Mutter 
herschwamm  und  nicht  nur  unordentlich  das  Wasser  schlug,  wie 
Steller  augibt.  Nach  wenigen  Sekunden  kam  jene  vor  dem  Kasten 
wieder  aufs  Land,  ihr  Junges  aus  dem  Wasser  und  wieder  bergan 
nach  dem  Wurfplatze  ziehend.  Zwei  Tage  alt  sprang  dies  Junge 
schon  hinter  der  Mutter  her  von  dem  2  m  hoch  gelegenen  Platze 


T 


—  132  '  — 

ins  Wasser  hinab,  und  fünf  Tage  alt  mußte  es  denselben  Sprung 
wiederholen,  da  der  alte  Bulle  sein  Recht  geltend  machte.  Wenige 
Tage  später  endlich  bequemte  sich  das  Weibchen,  die  ihm  zuge¬ 
dachte  Hütte  zu  beziehen,  nachdem  sein  Junges  schon  vorher  deren 
Vorzüge  kennen  und  durch  längeren  Aufenthalt  in  derselben  schätzen 
gelernt  hatte. 

Die  Wasserpromenaden,  anfangs  nur  kurz,  nahmen  bald  eine 
immer  größere  Dauer  an,  den  ganzen  Tag  tummelten  sich  schlie߬ 
lich  die  Jungen,  sei  es  allein  oder  mit  den  Alten,  im  Wasser,  und 
schließlich  gingen  jene  nur  noch  ans  Land,  um  von  der  Mutter 
Nahrung  zu  fordern.  Um  sicher  zu  sein,  daß  sie  dabei  nicht  zu 
kurz  kamen,  ließ  ich  Mutter  und  Kind  das  erste  Halbjahr  stets 
Nachts  einsperren,  und  1888,  als  wir  zwei  junge  Seelöwen  hatten, 
mußten  dieselben  häufig  durch  den  Wärter  getrennt  und  zu  ihren 
Müttern  zurückgebracht  werden.  Es  war  dies  um  so  mehr  nötig, 
als  die  Weibchen  nicht  gerade  gutartig  gegen  das  ihnen  nicht  ge¬ 
hörige  Junge  waren.  Scammons  Beobachtung  (Brehms  Tierleben 
2.  Aufl.  Bd.  III,  S.  600),  wonach  andere  weibliche  Seelöweu  sich 
um  die  Gunst  streiten,  das  Junge  zu  säugen,  wenn  die  Mutter  sich 
weigert,  dies  zu  thun,  kaun  ich  nicht  bestätigen.  Als  das  größere 
Weibchen  sechs  Tage  nach  dem  Werfen  schwer  erkrankte  und  das 
Junge  nicht  tränken  wollte,  ließ  ich  dieses  dem  anderen  Weibchen 
geben,  obgleich  dasselbe  schon  sein  eigenes  Kind  zu  besorgen  hatte. 
Doch  mußte  es  schnell  wieder  entfernt  werden,  da  jenes  wütend  auf 
das  ihm  aufgedrängte  Tierchen  losstürzte. 

Das  Männchen  benahm  sich  seinen  Sprößlingen  gegenüber  sehr 
gleichgültig.  Nur  einmal  sah  ich,  wie  dasselbe  sich  zu  einem  der¬ 
selben  über  eine  Stunde  in  die  Hütte  legte  und  es  leckte  oder 
besser  gesagt,  beschnupperte.  Doch  zeigte  es  sich  anderseits  auch 
nie  bösartig,  ließ  es  sich  vielmehr  ruhig  gefallen,  wenn  die  Jungen, 
seinen  breiten  Rücken  dem  der  Mutter  vorziehend,  es  sich  auf  letz¬ 
terem  bequem  machten  und  sich  im  Wasser  umhertragen  ließeu. 

Das  Jugendkleid  des  jungen  Seelöweu  gleicht  dem  der  Mutter. 
Es  ist  naß  glänzend  braun,  trocken  silbergrau  und  hat  außer  einem 
lichteren  Fleck  unterhalb  der  Unterlippe  keine  besondere  Zeichnuug 
aufzuweisen.  Mit  den  Alten  wechseln  auch  die  Jungen  in  der  zweiten 
Hälfte  des  Dezembers  ihr  Haarkleid,  und  die  jungen  Männchen 
gleichen  von  jetzt  ab  dem  Vater ;  sie  sind  trocken,  ebenso  dunkel¬ 
braun  wie  dieser,  und  auch  der  nasse  Pelz  hat  eine  dunklere  Färbung 
-angenommen. 


133 


Die  Ernährung  des  jungen  Seelöwen  fällt  7 — 8  Monate  laug 
ausschließlich  der  Mutter  zu.  Gegen  Ende  dieser  Zeit  sieht  man  ihn 
mit  Fischresten  und  sonstigen  Gegenständen,  die  er  vom  Boden 
heraufholt,  spielen,  und  es  wird  wohl  zuweilen  auch  ein  Stückchen 
Fisch  übergeschluckt.  Wenigstens  beweist  dies  der  Mist,  der  früher 
weich  und  gelb  war  und  nun  fest  und  schwarz  geworden  ist.  Da 
um  diese  Zeit  von  Hamburg  reichlich  Stinte  geliefert  wurden,  so 
ließ  ich  diese  täglich  in  größeren  Mengen  ins  Wasser  schütten  und 
Mitte  Februar  konnte  ich  deutlich  sehen,  wie  dieselben  von  dem 
Jungen  gefressen  wurden.  Bald  wagte  es  sich  auch  an  größere 
Heringe  und  nach  Ablauf  des  achten  Monats  nahm  es  alles, 
was  auch  die  alten  Tiere  bekamen.  Daneben  trank  es  noch  an  der 
Mutter,  die  es  eine  Stunde,  bevor  sie  wieder  gebar,  noch  an 
den  Zitzen  duldete.  Sobald  sie  aber  für  ein  zweites  Junges  zu 
sorgen  bekam,  wollte  sie  von  dem  älteren  nichts  mehr  wissen, 
und  dieses  war  nach  Ablauf  eines  Jahres  ganz  auf  den  Fischfang 
angewiesen. 

Die  Mütter  nahmen  auch  in  der  Zeit,  wo  sie  allein  für  die 
Nahrung  ihrer  Sprößlinge  aufzukommen  hatten,  täglich  die  ge¬ 
wohnte  Futtermenge,  so  daß  von  einer  Körperabnahme  nicht  die 
Rede  sein  konnte.  Doch  ist  anzunehmen,  daß  dies  in  der  Freiheit, 
wo  sie  nicht  jagen  können,  ohne  die  Jungen  stundenlang  allein 
zu  lassen,  auders  ist,  daß  hier  eine  längere  Nabrungsenthaltung 
eintritt,  die  die  Seelöwen,  wie  namentlich  im  zoologischen  Garten 
zu  Amsterdam  beobachtet  wurde,  ohne  große  Beschwerde  ertragen. 

Uber  den  Tod  des  jungen  Seelöwen  habe  ich  bereits  in  dieser 
Zeitschrift  berichtet  (Jahrg.  XXX,  S.  24),  und  ich  will  an  dieser 
Stelle  nur  noch  einige  Mitteilungen  über  anderes  machen.  Das  fünf 
Monate  alte  Männchen  war  im  besten  Ernährungszustände,  es  war 
von  60  cm  auf  108  cm  herangewachsen  und  wog  16  kg.  Der  Kopf 
glich  dem  der  alten  Weibchen  und  zeigte  noch  keine  Spur  der  dem 
erwachsenen  Mäunchen  eigentümlichen  Stirnauftreibung.  Er  war 
18  cm  laug  und  trug  3  cm  lauge  Ohren.  Die  Schnurrhaare  standen 
in  6  Reihen  und  waren  bis  zu  9  cm  lang.  Augenlider  und  Nase 
waren  unbehaart.  Der  Umfang  des  Tieres  vor  den  Schultern  be¬ 
trug  57  cm,  die  Länge  der  Vorderflossen  27  cm,  die  der  Hiuterflossen 
22  cm  und  die  des  Schwanzes  5  cm.  Die  ersteren  trugen  keine 
Nägel,  sondern  zeigten  an  deren  Stelle  5  runde  Vertiefungen.  Die 
Hinterflossen  hingegen  waren  mit  Nägeln  versehen,  von  denen  die 

drei  mittleren  durch  ihre  bedeutende  Länge  von  den  beiden  äußeren 

- 

y  .  /  1  ■  ’  y 

1 


134 


abstachen.  Die  Unterseite  und  die  Spitzen  aller  vier  Extremitäten 
waren  haarlos. 

Der  Kadaver  ist  dem  zoologischen  Institut  in  Bonn  übergeben 
und  es  ist  zu  hoffen,  daß  er  in  anatomischer  Hinsicht  noch  seinen 
Bearbeiter  findet. 


Die  Nahrung  der  giftlosen  europäischen  Schlangen. 

Von  Cand.  phil.  Franz  Werner  in  Wien. 

Ein  merkwürdiger  Unterschied  scheint  zwischen  den  Eidechsen 
und  Schlangen  bezüglich  der  Nahrung  zu  obwalten.  Während  die 
Eidechsen  von  den  eßbaren  und  bezwingbaren  Tieren  alle  annehmen, 
die  nicht  durch  übelriechende  Säfte,  durch  Stacheln  oder  lange, 
abfallende  Haare  geschützt  sind,  halten  sich  die  Schlangen  mit  sehr 
geringen  Ausnahmen  bei  der  Auswahl  ihrer  Nahrung  an  ganz  be¬ 
stimmte  Tiergruppen  und  verhungern  lieber,  ehe  sie  ein  anderes 
Tier  fressen. 

Unter  den  Eidechsen  gibt  es  nicht  wenige  Pflanzenfresser : 
Uromastix  spinipes  frißt  —  wie  ich  selbst  gesehen  habe  —  Salat*) 
und  U.  Hardwiclci  ist  sogar  nach  Fischer  (Zool.  Anzeiger  1888 
p.  115)  eine  körnerfressende  Eidechse;  andere  Eidechsen  sind  nur 
nebenbei  pflanzlicher  Nahrung  zugethau,  wie  Lacerta  ocellaici ,  Stellio 
vulgaris  (siehe  ebenda),  Plestioclon  Äldrovandi  (Fischer:  Humboldt 
VI.  Bd.  p.  24);  Macroscincus  Coctei  (Milue  Edwards,  Bull.  hebd. 
Assoc.  scientif.  France  1883)  sowie  die  beiden  Rieseneidechsen  der 
Galapagos-lnseln,  Conolophus  subcristatus  und  Amblyrhynchus  cristatus 
(Steindachner,  die  Schlangen  und  Eidechsen  der  Galapagos-lnseln, 
Festschrift  der  k.  k.  zool.  bot.  Gesellscb.  Wien  1875)  sind  wahr¬ 
scheinlich  ausschließlich  herbivor. 

Je  größer  eine  Eidechse  ist,  desto  größer  ist  auch  die  Anzahl 
der  Tierspecies,  die  zur  Nahrung  für  sie  geeignet  ist;  harte  Bock¬ 
käfer,  die  der  Lacerta  agilis  unbezwinglich  sind,  werden  von  L.  viridis 
und  ocellata  mit  Leichtigkeit  zermalmt ;  was  L .  agilis  in  Anbetracht 
ihrer  Schwäche  nicht  vermag,  das  Verschlingen  von  Mäusen,  wird 
von  L.  viridis  bereits  versucht  und  L.  ocellata  tötet  und  verschlingt 
Mäuse  bereits  ohne  Schwierigkeit;  es  ist  also  bei  der  Beurteilung 

*)  Auch  TJ.  acanthinurus  ist  pflanzenfressend:  Fischer  (diese  Zeitschrift 
16.  Jahrg.  p.  269.) 


der  Nahrung  einer  Eidechse  nur  die  Größe  des  betreffenden  Beute¬ 
tiers  von  Wichtigkeit ;  während  sich  kleine  Eidechsenarten  —  und 
eine  unserer  kleinsten  ist  vielleicht  der  süd westeuropäische  Psam - 
modromus  liispanicus  —  mit  kleinen  Insekten  verschiedener 
Art,  Spinnen,  Würmern  u.  dgl.  begnügen  müssen,  verzehrt  die 
Lacerta  agilis  schon  außer  größeren  Exemplaren  der  vorerwähnten 
Tiere  auch  junge  Eidechsen,  Lacerta  viridis ,  Eier  von  Eidechsen 
und  junge  Schlangen  und  Blindschleichen,  sowie  ganz  erwachsene 
Exemplare  der  Berg-  und  Mauereidechse,  während  die  große  Perl¬ 
eidechse  {L.  ocellata)  bereits  Schlangeneier  und  Mäuse  zu  sich 
nimmt;  die  großen  Monitoriden  und  Tejiden  können  mit  Mäusen 
kaum  sattgefüttert  werden  und  wagen  sich  außer  an  größere 
Amphibien  und  Reptilien  auch  an  Vögel  und  Säugetiere  von  ver¬ 
hältnismäßig  bedeutender  Größe.  Vor  den  landlebenden  großen 
Eidechsen  sind  höchstens  Schildkröten  und  Fische,  vor  den  wasser¬ 
bewohnenden  vielleicht  nur  hartschalige  Schildkröten  und  stachlige 
oder  gepanzerte  Fische  sicher.  Auch  solche  Eidechsen,  die  anschei¬ 
nend  eine  ganz  bestimmte  Nahrung  haben,  lieben  hie  und  da  einmal 
eine  Abwechslung ;  ich  habe  mehr  als  einmal  die  im  allgemeinen  strenge 
regenwurmfressende  Blindschleiche  große  grüne  Laubheuschrecken 
mit  gewaltiger  Anstrengung  zerquetschen  und  verschlingen  sehen: 
und  es  gibt  wohl  keine  größere,  überhaupt  von  animalischer  Nah¬ 
rung  lebende  Eidechse,  die  nicht  ab  und  zu  einen  kleineren  Ver¬ 
wandten,  auch  der  eigenen  Art,  auffressen  würde;  so  z.  B.  ist  der 
sonst  sehr  sanfte  Plestiodon  Äldrovandi  häufig  beim  Verzehren 
ziemlich  großer  Zauneidechsen  zu  ertappen  —  falls  man  eben  solche 
mit  ihm  zusammensperrt. 

Anders  verhalten  sich  die  Schlangen;  abgesehen  davon,  daß; 
wahrscheinlich  überhaupt  kein  Pflanzenfresser  unter  ihnen  ist,  halten 
sich  die  meisten  Arten  an  bestimmte  Tiere  und  können  absolut 
nicht  dazu  gebracht  werden,  eine  andere  Nahrung  anzunehmen. 
Schlangen,  die  wie  größere  Eidechsen  es  thun,  mit  gleichem  Appetit 
Insekten,  Würmer,  Spinnen,  Frösche,  Eidechsen,  Schlangen,  Mäuse, 
Vögel,  Eier  verschiedener  Wirbeltiere  verschlingen,  gibt  es  wohl 
kaum,  und  Arten  wie  Zamenis  viridiflavus ,  die  sowohl  Heuschrecken 
als  Frösche,  Eidechsen  und  Mäuse  annehmen,  sind  wohl  schon  als 
die  am  wenigsten  wählerischen  anzusehen ;  bei  den  meisten  ist  eine 
entschiedene  Abneigung  gegen  die  Insektennahrung  zu  bemerken,, 
nur  wenige  (solche,  die  im  Alter  Eidechsen  und  Mäuse  fressen)  sind 
mitunter  in  der  Jugend  Insektenfresser  und  merkwürdigerweise* 


I 


—  136  — 

bevorzugen  alle  derartigen,  von  mir  beobachteten  Arten  die  Orthopteren 
(Grillen  und  Heuschrecken),  während  Käfer  erst  in  zweiter  Linie, 
alle  anderen  Insekten  gar  'keine  Beachtung  finden.  Trotz  dieser 
wenigen  Abweichungen  kann  man  aber  konstatieren,  daß  die  euro¬ 
päischen  Schlangen  von  dreierlei  Nahrungstieren  leben;  erstens 
von  Würmern  und  Myriopoden  ( Typhlops  lumbricalis),  zweitens  von 
Fischen  und  Amphibien  (die  Tropidouotus-Arten) ,  drittens  von 

Eidechsen  und  Mäusen  —  alle  übrigen. 

•  • 

Uber  Typhlops  kann  ich  nichts  Genaueres  bezüglich  der  Nah¬ 
rung  mitteilen. 

Sehr  viel  hingegen  läßt  sich  über  die  drei  amphibien-  und 
fischfressenden  Tropidonotus-Arten  sagen,  und  es  sei  mir  gestattet, 
aus  meinen  Beobachtungen  über  diese  Tiere  einiges  mitzuteileu. 

Vor  allem  ist  die  große  Sicherheit  zu  erwähnen,  mit  der  diese 
Schlangen  die  verschiedenen  Frosch-  und  Krötenarten  unterscheiden, 
so  daß  sie  sich  fast  niemals  irren ;  man  kann  dieses  ausgebildete 
Unterscheidungsvermögen  wohl  kaum  dem  Geschmackssinn  zuschreiben, 
da  ja  diese  Schlangen  die  ihnen  nicht  zusagenden  Frösche  nicht  ein¬ 
mal  berühren ;  auch  der  Gesichtssinn  dürfte  hierbei  von  keinem 
leitenden  Einfluß  sein,  da  die  Tropidonotus-Arten  viel  schlechter 
sehen  als  die  anderen  Schlangen*),  oft  bei  der  Jagd  auf  ihre  Beute 
dieselbe  fehlen  und  dann  nicht  mehr  finden,  wenn  sie  nicht  gerade 
mit  der  Schauze  darauf  stoßen.  Vielmehr  dürfte  der  Geruch  hier 
in  erster  Linie  ausschlaggebend  sein,  da  die  Amphibien  bekanntlich 
eine  stark  und  dabei  specifisck  ziemlich  verschieden  riechende  Aus¬ 
dünstung  besitzen.  Diejenigen  Ringelnattern,  welche  Wasserfrösche 
verschmähen,  unterscheiden  mit  größter  Sicherheit  braune  Wasser¬ 
frösche  von  den  ebenfalls  braunen  Landfröschen  (Rana  temporaria 
und  agilis ),  und  gibt  man  ihnen  unter  einer  größeren  Anzahl 
brauner  Wasserfrösche  nur  einen  einzigen  dieser  erwähnten  Land¬ 
frösche,  so  kann  man  sicher  sein,  daß  nur  dieser  allein  gefressen 
wird,  die  Wasserfrösche  aber  verschont  bleiben.  —  Ringelnattern, 
welche  in  krötenreichen  aber  froscharmen  Gegenden  lebten  und  daher 
Erdkröten  (Bufo  vulgaris)  allen  anderen  Tieren  als  Nahrung  vor¬ 
ziehen,  finden  dieselben  aus  einer  großen  Zahl  verschiedener  Frösche 
und  Kröten  heraus  und  fressen  sie  früher,  oder  ganz  allein. 

*)  Dieses  »schlechter  Sehen«  bezieht  sich  nicht  auf  die  Sehweite,  sondern 
nur  auf  die  genaue  Unterscheidung  der  gesehenen  Dinge  bezüglich  räumlicher 
Ausdehnung  und  Entfernung. 


137 


Die  Ringelnatter,  Tropidonotus  natrix,  nimmt  nach  meinen  Be¬ 
obachtungen  alle  in  Niederösterreich  vorkommenden  Frösche  und  Kröten 
an;  doch  sind  verschiedene  Arten  in  verschiedenem  Grade  beliebt;  fast 
alle  von  den  mehreren  hundert  Exemplaren,  die  ich  bisher  in  Gefangen¬ 
schaft  hielt,  nahmen  Laubfrösche  sehr  gern  an;  es  wird  dieser  Frosch 
von  der  Ringelnatter  wegen  seiner  verhältnismäßigen  Kleinheit  und 
Schwäche,  sowie  der  geringereu  und  wenig  scharfen  Saftabsonderung 
ebenso  am  liebsten  gefressen,  wie  die  Feuerkröten  oder  Unken 
(. Bombinator  igneus  und  pachypus )  am  allgemeinsten  verschmäht 
werden.  Ringelnattern,  die  hartnäckig  Nahrungsannahme  verweigern, 
sind  oft  durch  Laubfrösche  dazu  zu  bewegen  und  Exemplare  der 
verschiedensten  Heimat  —  Italien,  Dalmatien,  Ungarn  u.  s.  w.  — 
verzehren  diese  Frösche  am  liebsten. 

Wieviel  Laubfrösche  eine  erwachsene  hungrige  Ringelnatter  im 
Verlaufe  einer  Stunde  verschlingen  kann,  darüber  kann  ich  nichts 
Genaueres  mitteilen,  da  mir  die  Laubfrösche  stets  schon  ausgegangen 
waren,  als  die  Schlange  noch  ziemlich  hungrig  war;  sicher  ist  nur, 
daß  eine  Schlange  dieser  Art  von  1.15  m  Länge  nach  Genuß  von 
15  großen,  resp.  120  jungen  Exemplaren  noch  gar  nicht  satt  ist. 

Sehr  gern  werden  auch  Landfrösche  (ßana  temporaria  und 
R.  agilis)  angenommen,  dagegen  der  Wasserfrosch  von  vielen  hart¬ 
näckig  verschmäht;  doch  gewöhnen  sich  manche  Ringelnattern  nach 
längerem  Hungern  schließlich  auch  an  diese  Nahrung,  wenn  sie 
nichts  Anderes  bekommen,  während  andere  lieber  verhungern,  als 
daß  sie  einen  Wasserfrosch  aurühren.  Alte  Wasserfrösche  machen 
hierbei  bald  die  Bemerkung,  daß  heftiges  Herumspringeu  für  sie 
verderblich  sei,  und  bleiben  daher  beim  Herannahen  der  Schlange 
regungslos  sitzen,  was  sie  auch  in  den  meisten  Fällen  vor  dem 
Tode  rettet.  Bufo  vulgaris  wird  von  landbewohnenden  Ringelnattern 
ebenso  gern  gefressen  wie  der  Wasserfrosch  von  den  aquatischen; 
und  ebenso  wird  sie  auch  von  manchen  nicht  gefressen ;  hingegen 
ist  Bufo  variabilis  eines  der  beliebtesten  Beutetiere  der  Ringelnatter ; 
weniger  gern  wird  Pelobatus  f'uscus  angenommen,  vollkommen  ver¬ 
schmäht  aber  die  beiden  Bombinator-Arten ;  ich  habe  nur  zwei 
Ringelnattern  besessen,  welche  diese  Tiere  wirklich  verzehrten,  alle 
anderen  kümmerten  sich  entweder  gar  nicht  darum  oder  verfolgten 
sie  und  bissen  hinein,  um  sofort  unter  den  Zeichen  des  heftigsten 
Widerwillens  wieder  loszulassen.  Auch  die  Juugen  und  vierbeinigen 
Kaulquappen  dieser  beiden  Arten  werden  von  der  Ringelnatter  in 
der  Regel  verschmäht  und  diese  unterscheidet  sie  von  den  Kaul- 


138 


quappen  anderer  Batrachier  sehr  genau;  ich  sperrte  einmal  eine 
jüngere  Ringelnatter  in  eine  teilweise  mit  Wasser  gefüllte  Blech¬ 
büchse,  in  der  sich  ein  halbes  Hundert  Laryen  von  Hyla  arborea, 
Bufo  variabilis  und  Bombinator  pachypus  befanden.  Nach  zwei 
Stunden  waren  sämtliche  Bufo-  und  Hyla-Larven  verschlungen, 
die  Bombinator-Larven  aber  unversehrt  und  vollzählig,  trotzdem  die 
Schlange  im  Dunklen  gefressen  hatte. 

Jüugere  Ringelnattern  fressen  Molche,  Triton  alpestris  und 
taeniatus ,  sehr  gern,  T.  cristatus  aber  wird  wegen  seiner  großen 
Lebenzähigkeit  gewöhnlich  unbeachtet  gelassen.  Der  Feuersalamander, 
Salamandra  maculosa ,  wird  trotz  der  großen  Menge  ätzenden  Saftes, 
den  er  ausstößt,  wenn  er  von  der  Schlange  ergriffen  wird,  allgemein 
gern  verschlungen. 

Fische  werden  von  vielen  Ringelnattern  infolge  ihres,  dem  Ver¬ 
schlingen  keinen  Widerstand  entgegensetzenden ,  weil  stark  ent¬ 
wickelter  Extremitäten  entbehrenden  Körpers  mit  Begierde  gefressen; 
wenn  man  zusieht,  welch  schweren  Stand  eine  Ringelnatter  mit  den 
Hinter-,  ja  oft  genug  auch  noch  mit  den  Vorderbeinen  der  Frösche 
hat,  bekommt  man  erst  einen  Begriff  von  der  relativ  großen  Schnellig¬ 
keit,  mit  der  selbst  große  Fische  verschluckt  werden.  Obwohl  die  Lage 
des  Fisches  der  Schlange  in  der  Regel  gleichgültig  ist,  so  werden 
Stachelfloßer  sofort  erkannt  und  nur  mit  dem  Kopf  voran  ver¬ 
schlungen;  eine  große  Ringelnatter,  die  einen  Flußbarsch  am  Schwanz 
ergriffen  hatte  und  ihn  so  verschlingen  wollte,  brachte  dies  auch 
zuwege,  erlag  aber  nach  einigen  Tagen  den  innerlichen  Verletzungen, 
welche  ihr  die  aufgestellten  Rückenstacheln  des  Fisches  zuge¬ 
fügt  hatten. 

Die  Färbung  der  Fische  beirrt  die  Ringelnatter  ebensowenig 
wie  die  anderen  fischfressenden  Tiere;  Goldfische  werden  gerade  so 
gern  gefressen  wie  die  andern  heimischen  Vertreter  der  Cyprinoiden- 
familie,  welche  das  Hauptkontingent  der  Fischnahrung  der  Tropido- 
notiden  bildet.  Die  Größe  der  Fische,  welche  eine  solche  Schlange 
verschlingen  kann,  ist  mitunter  sehr  bedeutend;  ein  sehr  großes 
—  über  1 J/4  m  langes  —  Exemplar  verschlang  innerhalb  zweier 
Tage  G  Fische  von  je  10  und  einen  von  15  cm  Länge  ( Sqiialius 
cephalus). 

Die  zweite  europäische  Art,  die  Würfelnatter,  Tropidonotus 
tessellatus ,  ist  womöglich  noch  gefräßiger  als  die  Ringelnatter,  ver¬ 
schmäht  aber  in  der  Regel  Kröten  und  geschwänzte  Amphibien; 
Fische  kann  sie  in  sehr  großen  Quantitäten  verzehren,  dabei  frißt 


139 


sie  alle  Arten  von  Fröschen,  die  bei  uns  Vorkommen.  Als  Cnriosum 
mag  hier  erwähnt  werden,  daß  eine  Würfelnatter  einmal  einen 
Grottenolm  ( Proteus  anguineus)  verzehrte,  was  beweist,  daß  die 
Anziehungskraft  der  Amphibiennatur  des  Grottenolms  größer  war 
als  der  sonst  große  Respekt  vor  ungewohnten  Tierformen. 

Nicht  weniger  gefräßig  als  diese  ist  auch  die  dritte  Art,  die 
Vipernatter,  Tropidonotus  vipermus,  welche  trotz  ihrer  verhältnis¬ 
mäßigen  Kleinheit  ganz  außerordentliche  Mengen  von  Fischen  ver¬ 
schlingen  kann;  dabei  vermag  sie  Laubfrösche,  Kröten  ( Bufo  variabilis) 
von  relativ  bedeutender  Größe  zu  bezwingen,  verschmäht  auch  andere 
kleine  Frösche  und  Tritonen  ( Triton  taeniatus )  nicht. 

Diese  Schlange  ist  ein  einziges  Mal  auch  beim  Verschlingen 
eines  Käfers  betroffen  worden*);  die  verschiedenen  Angaben  aber, 
daß  eine  Schlange  einer  der  drei  vorher  besprochenen  Arten  ( Tropi¬ 
donotus  natrix ,  tessellatus,  viperinus)  Mäuse,  Vögel  oder  Eidechsen 
gefressen  habe,  sind  entweder  als  Erfindungen  oder  als  auf  Ver¬ 
wechslungen  mit  anderen  Schlangen  beruhend,  jedenfalls  aber  als 
unwahr  zu  bezeichnen ;  wenn  man  bedenkt,  wie  viele  sonst  natur¬ 
wissenschaftlich  gebildete  Menschen  unsere  wenigen  heimischen 
Schlangen  absolut  nicht  zu  unterscheiden  vermögen  und  je  nach 
Belieben  entweder  als  Ringelnattern  oder  Kreuzottern  ansehen ,  so 
ist  das  oben  Gesagte  erklärlich.  Schlangen,  welche,  wie  die 
Tropidonotus-Arten,  ihre  Beute  lebend  verschlingen,  greifen  niemals 
höhere  Wirbeltiere  an. 

Die  Ringelnatter  und  ihre  Verwandten  trinken  außer  Wasser 
und  Suppe  auch  Milch  —  selbstverständlich  nicht  vom  Euter  einer 
Kuh  oder  Ziege  weg,  sondern  aus  einem  Trinkgefäß  —  doch  wird 
die  Milch  sofort  erbrochen,  wenn  man  der  Schlange  darauf  Wasser 
zu  trinken  gibt. 

Wir  kommen  nun  zu  den  Oorouella-Arten,  den  ersten  Schlangen, 
welche  höhere  Wirbeltiere  fressen  und  vorher  mit  Umschlingungen 
des  Körpers  erwürgen. 

Die  Coronellen-Arten  sind  Eidechsenfresser,  doch  töten  große 
Exemplare  auch  Mäuse  und  ähnliche  kleine  Säugetiere,  ohne  sie 
jedoch  auch  immer  verschlingen  zu  können.  Eidechsen  bis  zur 
Größe  einer  starken  Lacertci  agilis  sind  die  Lieblingsnahrung  aller 
drei  europäischen  Arten;  die  glatte  Natter,  Coronella  austriaca, 
habe  ich  auch  Eier  anderer  Nattern  und  große  Blindschleichen  ver¬ 
zehren  sehen. 


*)  Dieck,  Berl.  entomolog.  Zeitschr.  XIV.  p.  172  (1870). 


140 


Was  die  Tötung  der  erfaßten  Tiere  anbelangt,  so  wird  sie 
zwar  häufig  durch  Umschlingung  des  Körpers  in  zwei-  bis  drei¬ 
facher  Windung  vollzogen,  wonach  Coronella  austriaca  auch  den 
Namen  »Schlingnatter«  erhalten  hat,  obwohl  nahezu  alle  giftlosen 
Schlangen  Europas  ihre  Beute  auf  diese  Art  töten ;  nicht  seltener 
aber  dürften  die  Fälle  sein  (was  namentlich  hei  Exemplaren  von 
kräftigem  Körperbau  vorkommt),  daß  die  ergriffene  Eidechse  nur 
durch  den  Druck  des  Körpers  oder  durch  eine  einfache  Schlinge 
festgehalten  und,  ohne  vorher  getötet  zu  werden,  verschlungen 
wird ;  ebenso  hören  viele  Schlangen  dieser  Art,  sobald  sie  den 
Kopf  der  Eidechse  sicher  im  Rachen  haben,  mit  der  Umschlingung 
auf,  unbekümmert  darum,  ob  die  Eidechse  noch  lebt  oder  nicht, 
kleine  Eidechsen  werden  überhaupt  ohne  weiteres  lebend  gefressen. 
Manche  Coronellen  haben  die  Gewohnheit,  die  Eidechsen  am  Schwanz 
zu  ergreifen,  welcher  ihnen  von  dieser  im  Rachen  gelassen  und, 
während  die  Eidechse  entflieht,  von  der  Schlange  verzehrt  wird. 

Bemerkenswert  ist  die  Tollkühnheit,  mit  der  junge  Exemplare 
von  Coronella  austriaca  große  Eidechsen  anfallen  und  hart  be¬ 
drängen  ;  ist  die  Eidechse  auch  fast  von  2/ß  der  Länge  der  Schlange, 
so  wird  sie  häufig  doch  nach  verzweifelter  Gegenwehr  von  dieser 
verschlungen.  Ich  habe  einjährige  Coronellen  gesehen,  welche  nahezu 
erwachsene  Exemplare  von  Lacerta  muralis  und  vivipara  hinab¬ 
würgten,  freilich  in  der  Regel  halbverdaut  nach  einigen  Tagen 
wieder  auswarfen. 

Mäuse  und  Blindschleichen  werden  immer  durch  Umschlingung 
getötet,  letztere  zur  Abkürzung  des  Verfahrens  oft  des  Schwanzes 
beraubt  oder  dieser  umgebogen,  so  daß  die  Schwanzspitze  und  die 
Schwanz  Wurzel  zugleich  in  den  Rachen  gelangen.  Mehlwürmer 
wurden  ein  einziges  Mal  von  einer  jungen  Coronella  austriaca 
augenommen. 

Da  auch  die  kleinste  Coronella  eine  junge  Lacerta  agilis  oder 
zwei  Lacerta  muralis  (oder  vivipara)  verschlingen  kann,  so  kann 
ich  die  mehr  oder  minder  verunglückten  Versuche,  die  Ernährungs¬ 
weise  der  jungen  Coronellen  zu  erklären,  absolut  nicht  begreifen; 
denn  ebenso  wie  jede  andere  junge  Schlange  ist  auch  die  junge 
Coronelle  imstande,  sich  sofort  nach  der  Gehurt  (resp.  der  ersten 
Häutung)  ihre  Nahrung  selbst  zu  erjagen ,  und  es  ist  mir  ins¬ 
besondere  die  Settari’sche  Atzungsgeschichte,  wonach  die  Jungen 
von  der  Mutter  gefüttert  würden,  immer  sehr  komisch  vorgekommen ; 
wenn  irgend  ein  Tier  der  mütterlichen  Fürsorge  nicht  bedarf,  so  ist 


141 


es  die  junge  Corouelle,  und  eine  Atzung  der  Jungen  kommt  bei  gar 
keiner  Schlange  vor. 

Die  Askulapschlau ge,  Callopeltis  Aesculapii ,  und  die  Leo¬ 
pardennatter,  C.  quadrilineatus ,  stimmen  in  ihrer  Nahrung  voll¬ 
ständig  überein.  Beide  Arten  leben,  wenn  sie  erwachsen  sind, 
fast  ausschließlich  von  Mäusen ,  welche  durch  äußerst  kräftige 

Umschlingungen  getötet  werden;  die  Kraft  der  kleineren  C.  quadri- 

•  • 

lineatus  ist  verhältnißmäßig  größer  als  die  der  Askulapschlange, 
ebenso  ihr  Appetit;  die  Schnelligkeit,  mit  der  sich  beide  Schlangen 
auf  ihre  Beute  stürzen,  die  Geschicklichkeit,  mit  der  sie  die  Mäuse 
beschleichen,  die  Erbitterung,  mit  der  zwei  Schlangen  dieser  Gattung 
um  eine  Maus  kämpfen,  ist  außerordentlich.  Eidechsen  werden 
selten,  meist  nur  von  kleineren  Exemplaren  gefressen,  kleine  Säuger 
von  der  Größe  einer  Maus  (Spitzmäuse,  kleine  Maulwürfe,  Fleder¬ 
mäuse)  und  Vögel  von  Sperlingsgröße  aber  ziemlich  gern;  alles 

•  • 

andere  wird  verschmäht.  Kleinere  Exemplare  der  Askulapschlange 
verweigern  iu  der  Regel,  große  (von  l1/*— l3/4  m)  fast  niemals 
die  Nahrungsannahme. 

Von  den  Elaph is- Arten  habe  ich  nur  die  Elaphis  cervone  lebend 
gehalten ;  diese  gewaltige  Schlange,  von  der  ich  Exemplare  von 
l3/4  m  Länge  besessen  habe,  kann  sogar  mit  Meerschweinchen  (3 — 4 
Wochen  alt)  und  Vögeln  von  der  Größe  einer  Amsel  gefüttert 
werden,  frißt  aber  Mause  und  Ratten,  Eidechsen  aller  Art,  sogar 
grosse  Exemplare  der  Lacerta  viridis  (bis  40  cm  Länge),  sowie 
Tauben-  und  Hühnereier;  auch  tote  Mäuse  und  Ratten  werden 
verzehrt  (ebenso  wie  von  laug  iu  Gefangenschaft  lebenden  Äsku¬ 
lapnattern);  in  diesem  Falle  erspart  sich  die  Schlange,  sobald  sie 
erkennt,  daß  die  ihr  vorgelegten  Tiere  tot  sind,  die  Umschlingung 

und  beginnt  sofort  mit  dem  Verzehren.  Gemeinsam  ist  dieser  und 

•• 

der  Askulapschlange  die  Eigenschaft,  die  getöteten  Tiere  voll¬ 
ständig  loszulassen,  während  die  Coronella  austriaca  ihre  Beute  nicht 
losläßt,  bis  sie  den  Kopf  derselben  im  Rachen  hat. 

Die  Treppennatter,  Bhinechis  scalaris ,  frißt  iu  der  Jugend 
Heuschrecken  und  Eidechsen;  alte  Exemplare  Eidechsen  und  Mäuse; 
übrigens  dürften  ganz  alte  Tiere,  welche  iu  der  Dicke  und  Stärke 
der  vorigen  Art  wenig  nachgebeu,  mit  ihr  in  der  Nahrung  ganz 
übereinstimmen.*) 

*)  Bemerkenswert  ist  die  Schnelligkeit,  womit  sich  diese  Schlange  bewegt 
und  auf  ihre  Beute  stürzt;  ganz  im  Gegensatz  zu  der  etwas  schwerfälligen 
Elapliis  cervone. 


142 


Uber  die  Hufeisen  liatter,  Periops  ( Zamenis )  hippocrepis , 
kann  ick  keinerlei  genauere  Mitteilungen  machen,  da  ick  mir  bis 
jetzt  noch  kein  lebendes  Exemplar  verschaffen  konnte,  dock  stimmt 
sie  ohne  Zweifel  mit  den  nachfolgend  besprochenen  Gattungsver¬ 
wandten  in  der  Nahrung  überein. 

Von  diesen,  den  Zornnattern,  Zamenis  viridiflavus  und  Daldii, 
ist  übereinstimmend  zu  berichten,  daß  sie  sich  bis  zu  einer  gewissen 
Größe  von  Heuschrecken  ( Acridium ),  Grillen  und  Eidechsen  nähren,  die 
größeren,  über  1  Meter  langen  Exemplare  der  Zamenis  viridiflavus 
fressen  auch  Mäuse,  die  riesigen  Exemplare  von  Zamenis  caspius  var. 
auch  Ratten,  Tauben  und  Hühner,  resp.  Säugethiere  und  Vögel  von 
ähnlicher  Größe.*)  Zamenis  Daldii  frißt  Grillen  und  kleine  schlanke 
Eidechsen  ( Lacerta  muralis  und  deren  nächste  Verwandte);  über 
Z.  viridiflavus  hat  mir  Herr  Dr.  Egyd  Schreiber  in  Görz  mitge¬ 
teilt,  daß  sie  auch  Grasfrösche  und  große  Heuschrecken  frißt. 

Die  Katzenschiauge,  Ailurophis  vivax ,  nimmt  in  Gefangen¬ 
schaft  Lacertiden  bis  zur  Größe  der  Lacerta  agilis  zu  sich;  in  Dal¬ 
matien  aber  scheint  sie  sich  vorwiegend  von  den  gleich  ihr  nächtlich 
lebenden  Geckonen  ( Hemidactylus  verruculatus ,  Platydactylus  facetanus) 
zu  ernähren. 

Die  Eidecksenuatter,  Coelopeltis  lacertina ,  habe  ich  mit 
Eidechsen  ernährt,  die  sie  lebend  verzehrte.  Größere  Exemplare 
fressen  Mäuse  und  Vögel  sowie  Eidechsen  von  der  Größe  einer  er¬ 
wachsenen  Lacerta  viridis.  Da  diese  Schlange  eine  außerordent“ 
liehe  Größe  erreicht  (ich  habe  Exemplare  aus  Syrien  und  Nizza 
gesehen,  die  nahezu  2  Meter  lang  waren),  so  ist  es  wahrscheinlich, 
daß  sie  auch  Ratten  und  ähnliche  größere  Säuger,  sowie  Tauben 
und  sehr  große  Eidechsen  verschlingen  kann.  Merkwürdig  ist  der 
Umstand,  daß  diese  Schlange  oft  sehr  große  Schlangen  frißt;  so 
hat  bei  Herrn  Dr.  E.  Schreiber  ein  solches  Riesenexemplar 
dieser  Art  einen  großen  Zamenis  viridiflavus  nebst  einer  er¬ 
wachsenen  Coronella  austriaca  verschlungen,  Herr  Dr.  I.  v.  Bedriaga 
eine  80  cm  lange  Ringelnatter  (nebst  zwei  Smaragdeidechsen) 
im  Magen  eines  andern,  fast  2  Meter  langen  Exemplares  gefunden; 
es  ist  übrigens  dieser  Fall,  daß  Schlangen  andere  fressen,  nicht 
vereinzelt,  denn  auch  Zamenis  viridiflavus  und  Callopeltis  quadrili - 
neatus  sollen  junge  Schlangen  verzehren,  doch  habe  ich  dies  niemals 
selbst  gesehen. 

*)  Erhard,  Fauna  der  Cycladen  1858. 


143 


Die  Sand  schlänge,  Eryx  jaculus ,  lebt  wahrscheinlich  größten¬ 
teils  von  Eidechsen;  Dr.  E.  Schreiber  fütterte  sie  mit  dem  Accintho- 
dactylus  Bedriagae ,  den  sie  gerne  annahm,  und  es  ist  vorauszusetzen, 
daß  sie  alle  gleich  ihr  den  Wüstensand  bewohnenden  kleineren 
Eidechsen  der  Lacertiden-  und  Scincoidenfamilie  frißt;  sehr  große 
Exemplare  dürften  sich  wahrscheinlich  auch  an  Mäuse  wagen. 


Das  gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner. 

Von  Dr.  Emil  Buck. 

("Fortsetzung.) 

III.  Die  Tiere  des  Beckenaquariums. 

Die  Wasserspin  ne,  Argyroneta  aquatica,  war  auch  in  einem 
Stück  in  meinem  Becken  über  ein  Jahr  vertreten  und  als  ganz 
kleines  Tierchen  mit  Pflanzen  zufällig  in  meinen  Besitz  gekommen. 
Zwischen  einem  Moos  baute  sie  ihre  kleine  Glocke,  verlegte  aber 
schon  nach  einigen  Wochen  ihren  Wohnsitz  in  eine  Felsenhöhle 
und  blieb  für  mich  gegen  drei  Monate  völlig  unsichtbar.  Als  ich 
sie  dann  wieder  sah,  war  sie  bereits  ein  ausgewachsenes  stattliches 
Tier.  Meist  in  der  Nacht  machte  sie  ihren  Rundgang  längs  der 
Aquariumwände.  Der  Hinterleib  war  nur  mit  einer  sehr  dünnen 
Luftschicht  überzogen.  Schwimmen  habe  ich  sie  nie  gesehen,  auch 
nur  einmal  beobachtet,  daß  sie  eine  Assel  fing  und  fortschleppte. 
Nach  Verlauf  eines  Jahres  lief  sie  liebesbedürftig  auch  den  Tag  über 
umher  und  da  sie  dabei  die  Tiere  sehr  ängstigte,  so  gab  ich  ihr 
die  Freiheit.  Nach  den  Beobachtungen  vieler  Aquarienbesitzer  soll 
die  Spinne  bezüglich  des  Fressens  sehr  genügsam  sein,  ich  glaube 
das  auch. 

Außer  einigen  Arten  hübsch  gezeichneter  Wassermilben, 
welche  sich  seit  Jahren  bei  mir  fortpflanzen,  habe  ich  äußerst  in¬ 
teressante  amphibisch  lebende  Landmilben,  die  am  Ufer  ein 
Strandräuberleben  führen. 

Die  Milben  sind,  wenn  ausgewachsen,  etwa  1  mm  groß.  Ihr 
Körper  ist  länglich  eiförmig,  unbehaart,  hinten  rund,  vorn  sich  ver¬ 
jüngend.  Die  Glieder  der  Beine  sind  au  den  Gelenken  dickrundlich. 
Die  Farbe  der  Tiere  ist  die  des  rohen  Rindfleisches.  Auf  der  Stirne 
tragen  sie  zwei  schwarze  Augen,  auf  eine  Entfernung  von  1  cm 
scheinen  sie  damit  gut  zu  sehen.  Die  accessorischen  vorderen  Beine 
sind  nicht  als  solche  zu  betrachten,  denn  sie  werden  nicht  wie  bei 


144 


\ 

den  Spinnen  und  anderen  Milben  zum  Laufen  benutzt.  Es  können 
dieselben  nur  als  Pseudobeine  oder  als  fühlerartig  verlängerte  Pedi- 
palpen  bezeichnet  werden.  Das  Basalglied  solcher  Beine  wird  da, 
wo  sie  bei  einem  Spinnentiere  Vorkommen,  als  Unterlippe  gebraucht. 
Diese  Pseudobeine  sind  weit  länger  und  schlanker  als  die  Gehorgane 
und  ihre  Glieder  sind  gleichmäßiger  breit.  Sie  stehen  nicht  seit¬ 
wärts,  sondern  sind  uach  vorn  gerichtet,  auch  tragen  sie  nicht  wie 
die  6  Beine  eine  lange  spitze  Kralle,  sondern  sie  endigeu  in  einen 
Büschel  steifer  Härchen  (Tasthaare,  die  höchst  wahrscheinlich  mit 
Sinnesnerven,  Geruchs-  und  Gefühlsnerven  in  Verbindung  stehen. 
Die  merkwürdigen  Milben  laufen  wie  die  Insekten  auf  ihren  ziemlich 
kurzen  sechs  Beinchen  sehr  geschwind  umher,  wobei  die  Pseudobeine 
vorsichtig  in  die  Höhe  gehalten  werden  und  nur  von  Zeit  zu  Zeit 
den  Gegenstand,  auf  weichem  sie  sich  befinden,  tastend  berühren, 
sie  vertreten  auf  vortreffliche  Weise  die  Fühler  der  Insekten,  welche 
ja  gleichfalls  die  Träger  des  Geruchs  und  Gefühls  sind,  wie  schon 
Reaumur  vermutete.  *) 

Die  ganz  farblosen  Jungen  unserer  Milbe  sind  bereits  mit  obigem 
Orgau  ausgerüstet,  weil  sie  desselben  von  Geburt  an  benötigen,  hin¬ 
gegen  würden  die  Pedipalpen,  wenn  sie  echte  Beine  wären,  in  der 
Jugendzeit  fehlen,  da  alle  echten  Milben  den  sechsbeinigen  Larven¬ 
zustand  durchmachen.  Die  Mund  Werkzeuge  sind  in  Form  eines 
Stech-  und  Säugrüssels  und  können  ein-  und  ausgezogen  werden. 
Sie  bestehen,  so  weit  ich  sehen  konnte,  aus  stilettartigen  Kieferfühlern. 

Schon  in  Frankfurt  a.  M.  habe  ich  diese  Milbe  vor  13  Jahren 
auf  meinem  Aquarium  in  wenigen  Exemplaren  besessen  und  dazumal 
erregteu  sie  in  hohem  Grade  meine  Aufmerksamkeit.  Hier  in 
Konstanz  beobachte  ich  sie  auf  meinem  Aquarium  bereits  nahezu 
drei  Jahre.  Sie  müssen  mit  Moosen  darauf  verpflanzt  worden  sein. 
In  den  ersten  Jahren  war  die  Vermehrung  nur  eine  sehr  geringe, 
da  es  an  geeigneten  Stellen  fehlte,  um  sich  in  den  Besitz  kleiner 
Krebschen  zu  setzen.  Erst  seit  dem  vergangenen  Frühjahre,  wo  die 
Algen  am  Ufer  sich  eutwickelteu,  haben  sich  die  Tierchen  stark 
vermehrt.  Ich  konnte  aber  zu  dieser  günstigen  Zeit  wegen  eines 
Augenleidens  keine  mikroskopischen  Untersuchungen  anstellen.  Die 
kleinen  Uferläuferwanzen  haben  seither  maucher  Milbe  deu  Garaus 
gemacht,  wenn  sie  sich  auf  das  Wasser  wagte.  Nun  habe  ich  einen 

*)  Siehe  Sir  John  Lubboek  Bast.  —  Die  Sinne  und  das  geistige 
Leben  der  Tiere.  Übersetzt  von  Prof.  William  Marshall.  —  Leipzig,  F.  A.  Brock¬ 
haus,  1889. 


145 


Teil  der  kleinen  Räuber  weggefangen  und  hoffe  eine  reiche  Nach¬ 
zucht  zu  erzielen.  Die  starke  Vermehrung  der  Milben  hatte  ihren 
Grund  in  dem  Umstande,  daß  innerhalb  des  Algensaums  längs  des 
Ufers  sich  vorzugsweise  Cypriskrebschen  und  Daphniden  aufhalten. 
Die  Milbe  klettert  nicht  allein  auf  den  Algen  herum,  sondern  dringt 
auch  zwischen  die  halb-  oder  ganz  untergetauchten  Algenfäden 
hinein,  um  derartige  Krebschen  mit  ihrem  spitzen  Rüssel  anzu¬ 
spießen.  Ist  dies  geschehen,  so  kommt  sie  wieder  ans  Land,  hebt 
die  Pedipalpen  hoch  über  den  Boden  und  saugt  mit  erhobenem 
Vorderkörper  die  Beute  aus.  Aber  nur  selten  vermag  sie  dies  un¬ 
gestört  zu  thun,  denn  gar  bald  kommen  von  allen  Seiten,  ja  selbst 
aus  einer  Entfernung  von  über  zwei  Centimeter  bisher  verborgen  ge¬ 
wesene  Kameraden  zum  Vorschein  und  suchen  ihr  die  Beute  streitig  zu 
machen.  Sie  wendet  sich  bald  links  bald  rechts  und  läuft  dann 
spornstreichs  in  ein  sicheres  Versteck,  um  hier  in  Ruhe  die  Speise- 
zu  sich  zu  nehmen.  Danach  löst  sich  die  Versammlung  der  anderen 
Milben  wieder  auf.  Wenn  eine  auf  dem  Bauche  gelegene  alte 
Wasserassel  am  Ufer  stirbt,  so  kommen  bald  von  allen  Richtungen 
die  Milben  herbei,  laufen  auf  dem  Rücken  der  Assel  tastend  hin 
und  her  und  suchen  mit  ihrem  Rüssel  zwischen  die  Lücken  der 
Panzerung  einzudringeu,  um  an  die  Weichteile  zu  gelangen.  Sind 
sie  gesättigt,  so  entfernen  sie  sich,  um  neuen  Ankömmlingen  Platz 
zu  machen.  Die  Tierchen  betasten  sich  gegenseitig,  wenn  sie  sich 
begegnen,  mit  ihren  Pedipalpen.  Die  Weibchen  sind  um  vieles 
größer  als  die  Männchen.  Voriges  Jahr  bemerkte  ich,  wie  ein  kleines 
Männchen  mit  einem  großen  Sprung  auf  den  Rücken  eines  nach 
Nahrung  suchenden  Weibchens  setzte.  Dieses  machte  aber  mit  dem 
ungebetenen  Liebhaber  kurzen  Prozeß,  hob  die  mittleren  Beinchen 
in  die  Höhe  und  strich  damit  das  Männchen  vom  Rücken  ab. 
Glücklicher  war  am  30.  Juni  v.  J.  ein  Männchen.  Dasselbe  sprang 
auch  sehr  gewandt  auf  das  Weibchen,  dies  blieb  aber  ruhig  und 
suchte  trotz  seiner  Last  nach  Beute.  Nach  etwa  2 — 3  Minuten 
sprang  das  Männchen  wieder  hinunter.  Eine  Ablage  von  Eiern 
konnte  ich  bisher  noch  nicht  beobachten. 

Von  der  Klugheit  und  dem  Sehvermögen  der  winzigen 
Tierchen  habe  ich  mich  oft  genug  überzeugt.  Hier  einige  Beispiele. 
Viele  kleine  Insekten,  welche  ins  Wasser  fallen,  geraten  immer  weiter 
hinein,  anstatt  das  nahe  rettende  Ufer  zu  gewinnen.  So  z.  B.  die 
Erdspringschwänze,  kleine  fliegen,  Blattläuse  u.  s.  w.  Hat  sich 
die  Milbe  aber  auf  das  offene  Wasser  gewagt,  auf  welchem  sie  sich 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1S90.  10 


146 


nur  einige  Zeit  langsam  fortbewegt;  ehe  sie  mehr  und  mehr  darin 
einsinkt,  so  macht  sie  in  einer  Entfernung  von  3 — 4  cm  vom  Ufer 
kehrt  und  kriecht  wieder  aus  Land  zurück.  —  Sie  muß  aber  alle 
Kraft  aufwenden,  um  den  am  Ufer  etwa  1mm  ansteigenden  Wasser¬ 
saum  zu  überwinden.  Wenn  wirklich  die  Milbe  im  Wasser  ver¬ 
sinken  sollte,  so  ertrinkt  sie  deshalb  doch  nicht,  da  sie  stundenlang 
im  Wasser  aushält  und  Zeit  findet,  wieder  aufs  Trockene  zu  kommen. 

•  Hebe  ich  aber  die  Milben  mittels  eines  kleinen  elastischen,  an  einem 
langen  Stiele  befestigten  Stahlplättchens  aus  dem  Wasser  und  halte 
die  Stahlplatte  an  eine  Pflanze  oder  au  einen  Stein  des  Ufers,  so 
läuft  sie  nicht  wie  die  oben  genannten  kleinen  Insekten  mehrere 
Minuten  lang  ratlos  auf  der  Platte  umher,  ohne  den  Übergang  zu 
finden,  sondern  marschiert  gerade  auf  die  Pflanze  oder  den  Stein 
los  und  verläßt  die  Stahlplatte.  Will  ich  sie  aber  mit  einem  feinen 
Haarpinsel  auf  dem  Ufer  fassen,  so  weicht  sie  bereits  in  einer  Ent¬ 
fernung  von  einem  Centimeter  behende  aus  und  läuft  auf  die  entgegenge¬ 
setzte  Seite  oder  sucht  sich  zu  verbergen.  Es  kostet  wahrlich  Ge¬ 
duld.,  das  kluge  Ding  zu  erhaschen,  ohne  es  zu  verletzen.  Die  Ge¬ 
ruchswahrnehmung  erstreckt  sich  bei  der  Milbe  sicher  auf  eine  Ent¬ 
fernung  von  2  cm  und  darüber,  was  ich  bereits  schilderte. 

Nach  Plateaus  Versuchen  (siehe  Lubbock  loc.  cit.  pag  182) 
sind  die  Spinnen,  welche  ja  auch  nur  einfache  Augen  besitzen,  sehr 
kurzsichtig.  Am  weitesten  sieht  die  Jagdspinne,  welche  nach  An¬ 
gabe  von  Plateau  bis  10  cm  weit  einen  Gegenstand  erkennen  kann. 

Die  Skorpione  scheinen  kaum  weiter  zu  sehen  als  ihre  Scheeren 
reichen.  Lubbock  selbst  machte  Versuche  mit  einer  weiblichen 
Gartenluchsspinne,  Lycosa  (Pcirdosa)  saccata ,  welche  ihren  Eiersack 
mit  sich  herumträgt.  Er  trennte  den  letzteren  von  der  Spinne  ab 
und  setzte  dieselbe  nebst  dem  Eiersack  auf  einen  Tisch.  Aber  erst 
in  unmittelbarer  Nähe  an  das  Tier  geschoben,  wurde  er  bemerkt 
und  gierig  ergriffen.  Hinwiederum  habe  ich  mich  an  einer  Arts¬ 
genossin,  welche  ihren  Eiersack  verloren  hatte,  überzeugt,  daß  sie 
den  Verlust  bemerkend  mehrere  Zoll  zurücklief  und  ihn  sofort  auf¬ 
fand.  Nach  Plateau  sehen  die  Raupen,  welche  ja  nur  einfache 
Punktaugen  haben,  nur  1 — 2  cm  weit.  Ganz  sicher  scheint  mir 
doch  zu  sein,  daß  die  Tigerspinnen  ihre  Beutetiere  von  größerer  Ent¬ 
fernung  als  10  cm  gewahren,  da  sie  außer  den  vielen  gewöhnlichen 
Augen  noch  vier  sehr  große,  in  einer  vorderen  Reihe  stehende  besitzen. 

Einer  merkwürdigen  Milbe  muß  ich  hier  gedenken,  welche  ich 
im  Jahre  1877  nur  in  wenigen  Individuen  in  einem  Aquarium  zu 


147 


Zürich  beobachtete.  Dieselbe  war  einer  Obstmilbe  ähnlich,  nur 
ohne  Behaarung.  Sie  war  über  und  über  inkrustiert,  vielleicht  mit 
Kalk,  hatte  keine  Augen  und  kroch  sehr  langsam  an  den  Blättern 
der  Vallisneria  spiralis  umher.  Einmal  brachte  ich  ein  Stück  eines 
solchen  Blattes  mit  einer  Milbe  auf  einen  Objektträger  unter  mein 
Mikroskop  und  bemerkte  nun  mit  Erstaunen,  daß  die  Milbe  mit 
ihrem  spitzen  Rüsseldolche  das  Blatt  anbohrte.  Hierdurch  öffnete 
sich  der  Rüssel  innerhalb  der  angebohrten  Zelle  und  es  kam  ein 
Büschel  von  vier  steifen  Borsten  zum  Vorschein,  womit  die  Milbe 
einen  Strudel  in  der  Zellflüssigkeit  erregte,  der  die  Chlorophyllkör¬ 
perchen  in  die  Mundöffnung  der  Milbe  hineintrieb.  Als  die  Zelle 
leer  war,  zog  das  Tier  den  Rüssel  wieder  heraus. 

Aus  der  Klasse  der  Krebse  kann  eine  große  Anzahl  verschie¬ 
dener  Formen  für  das  Becken  Verwendung  finden,  welche,  obwohl 
meist  klein,  fast  bis  zur  Grenze  der  Sichtbarkeit,  unser  volles  In¬ 
teresse  verdienen  und  vermittels  ihrer  oft  prachtvollen  Färbung 
unser  Auge  entzücken.  Jedes  stehende  Wasser,  Tümpel,  Sumpf, 
Teich  oder  See  liefert  uns  das  gewünschte  Material  in  Menge,  aber 
nur  in  gewissen  Arten.  Einige  Krebstiere  verlangen  schattengebende 
Wasserpflanzen,  andere  hingegen  weites  freies  Wasser  zum  ungehin¬ 
derten  Schwimmen  und  Schweben;  manche  verlangen  Torfboden, 
andere  bloß  Schlamm  oder  Lehm ;  man  kann  also  es  nicht  leicht 
allen  Krebsen  recht  machen. 

Bei  Konstanz  fand  ich  bis  jetzt  nur  den  gemeinen  Bach  floh¬ 
krebs,  Gammarus  pulex  F.  Derselbe  bleibt  im  durchlüfteten  Becken- 
Aquarium  wohl  leben,  vermehrt  sich  aber  nicht. 

In  Frankfurt  a.  M.,  besaß  ich  eine  Art  Flohkrebs,  welche,  aus 
einem  kleinen  hellen  Teiche  stammend,  in  einem  Glasaquarium 
ohne  Durchlüftung  sich  so  stark  vermehrte,  daß  ich  von  Zeit  zu 
Zeit  eine  Menge  herausfangen  mußte,  da  sie,  den  Schlamm  zu  sehr 
aufwühlend,  das  Wasser  trübten.  Es  wird  wohl  dieselbe  Species 
gewesen  sein,  wie  am  Ufer  des  Laachersees  a.  Rhein.  Alle  Floh¬ 
krebse  halten  sich  gern  im  Schlamm  oder  in  Löchern  am  Ufer  auf, 
woselbst  sie  gleich  den  Wasserasseln  mit  ihren  vier  laugen  Fühlern 
(Antennen)  die  vorüberschwimmenden  genießbaren  Gegenstände  er¬ 
greifen  und  zum  Munde  hinziehen.  Daß  die  Flohkrebse  bei  un¬ 
gewohntem  Geräusche  erschrecken,  davon  habe  ich  mich  einmal 
überzeugt.  Als  ich  nämlich  einen  Bachflohkrebs,  der  in  einer  seichten 
Ausbuchtung  des  Bassins  lag,  mit  der  Lupe  betrachtete,  während 
er  seine  Beine  putzte,  fiel  der  Löffel  einer  neben  mir  stehenden  Kaffee- 


148 


lasse,  welchen  ich  quer  darauf  gelegt  hatte,  mit  hellem  Klang  in 
die  Tasse  hinein ,  infolge  dessen  der  Krebs  erschreckt  heftig  zu¬ 
sammenzuckte  und  mit  dem  Putzen  innehielt. 

Die  Nahrung  der  Flohkrebse  besteht  in  denselben  Dingen  wie 
bei  der  Assel,  nämlich  keimenden  Algensporen,  Fleisch,  Semmel  und 
verwesenden  Pflanzenstoifen,  Blättern  u.  s.  w.  Die  Tiere  lieben 
dunkle  Verstecke,  sind  aber  durchaus  nicht  lichtscheu,  sondern 
schießen  auch  am  Tage,  wenn  die  Sonne  das  Wasser  nicht  zu  grell 
bescheint,  auf  unbeschreiblich  gewandte  Weise  pfeilschnell  wie  Fische 
durch  das  Aquarium.  Unbedingt  sind  die  Flohkrebse  eine  Haupt¬ 
zierde  des  nur  von  niederen  Tieren  bewohnten  Beckens.  Die  Bach¬ 
flohkrebse,  welche  früher  so  häufig  in  den  kleinen  Wiesenbächen 
bei  Konstanz  waren,  sind  seit  einem  Jahre  leider  ganz  verschwunden. 
Sollten  sie  auch  durch  die  Krebspest  vernichtet  worden  sein  ? 

Die  Wasserassel,  Asellus  aquaticus ,  hat  sich  bei  mir  sehr 
stark  vermehrt,  seitdem  die  Algen  im  Wasser  wuchern,  zwischen  welchen 
sie  sich  in  zahlloser  Menge  verkriechen.  An  den  Algeufäden  klet¬ 
tern  sie  sehr  geschickt  auf  und  ab  und  machen  weite  Sätze. 

Die  auf  die  Algenmatten  geworfenen  Fleischstückchen  werden 
sofort  von  den  Asseln  gewittert.  Die  Vermehrung  findet  während 
der  ganzen  warmen  Jahreszeit  statt,  am  stärksten  aber  im  Mai  und 
Juni.  Im  Winter  tragen  sie  im  Verein  mit  den  Flohkrebsen  sehr 
zur  Belebung  des  Aquariums  bei,  während  die  meisten  anderen 
Wasser-Tiere,  die  nicht  zur  Klasse  der  Krebse  gehören,  sich  ver¬ 
borgen  halten.  Seit  drei  Jahren  lebt  auf  dem  feuchten  Beckenufer 
eine  kleiue  Landassel,  welche  ich  noch  nicht  zu  bestimmen  ver¬ 
mochte.  Erwachsene  Asseln  haben  eine  Länge  von  0,5  cm,  sie  sind 
dunkelbraun  und  ähnlich  gewöhnlichen  Landasseln  gestaltet.  Die 
Weibchen  tragen  ihre  5 — 8  Jungen  auf  der  Brust  mit  sich  umher; 
wenn  diese  selbständig  werden,  sind  sie  0,1  cm  laug,  noch  ganz 

weiß  und  sehr  zart.  Die  Vermehrung  ist  eine  geringe.  Sie  leben 

/ 

in  den  Regenwurmlöchern,  halten  sich  aber  auch  unter  Steinen 
verborgen,  die  noch  feucht  sind.  Ihre  Nahrung  besteht  aus  über 
dem  Wasser  wachsenden  Algen  und  verwesenden  Blättern  und  Blüten¬ 
blättern.  —  Interessant  ist,  daß  die  Kellerasseln,  welche  ich  auf 
das  Bassin  setzte,  sehr  bald  dasselbe  wieder  verlassen.  Es  können 
demnach  die  kleinen  braunen  Asseln  keine  verkümmerten  Nachkom¬ 
men  derselben  sein. 

Von  den  so  schönen  Daphniden  besitze  ich  seit  mehreren  Jahren 
zwei  Arten,  nämlich  die  Daphnia  hyalina  Leydig  und  die  Cerniodaphnia 


149 


quadrangula  0.  F.  Müller.  Die  Daphnia  liyalina  kommt  im  Boden¬ 
see,  sowie  in  anderen  Seen  der  Schweiz,  Süddeutschlands,  Böhmens 
und  des  übrigen  Österreichs  vor  *). 

Bei  Konstanz  findet  sie  sich  auch  in  einem  klaren  Teiche  nächst 
dem  Rhein  am  Schlachthause,  welcher  dem  aus  dem  See  strömenden 
Flusse  sein  Wasser  verdankt.  Das  Wasser  des  Teiches  wird  durch 
hohes  Schilf  und  Seerosen  beschattet,  was  diese  lichtempfindlichen 
durchsichtigen  Schalenkrebschen  besonders  lieben.  Auf  dem  Wallen-, 
Zürcher-  und  Bodensee  habe  ich  in  dunklen  Nächten,  vom  schwan¬ 
kenden  Kahne  getragen,  die  Tierchen  nebst  anderen  pelagischen 
Seebewohnern  mit  dem  Schmetterlingsnetz  zu  Tausenden  gefangen. 
Wenn  man  zu  solcher  nächtlichen  Zeit  sich  ganz  allein  auf  dem 
wTeiten  finsteren  Wasser,  fern  von  menschlichen  Wohnungen  be¬ 
findet  und  nur  das  Plätschern  der  Wellen  an  der  Boots  wand  zu 
hören  hat,  so  überkommt  den  einsamen  Zoologen  ein  recht  unheim¬ 
liches  Gefühl  des  Yerlassenseins,  und  er  ist  froh,  wenn  er  nach 
beendigter  Arbeit  wieder  die  Heimfahrt  antreten  kann.  Einmal 
war  die  gesamte  Ausbeute  an  Daphniden  des  Zürchersees  von 
einem  bösartigen  Pilze  ( Saprolegnia )  befallen,  woran  die  Tiere  bin¬ 
nen  wenigen  Stunden  zum  größten  Teile  zu  Grunde  gingen.  Das 
Mycel  der  Saprolegnia  war  im  Inneren  der  Tiere  als  verworrenes 
Fadengeflecht  deutlich  zu  erkennen. 

Im  Jahre  1877  fischten  Prof.  Dr.  Asper  und  ich  bei  unserem 
Standquartier  Murg  am  Wallensee  während  vier  mondhellen  Nächten 
eine  Menge  pelagischer  Krebse.  Herr  Prof.  Asper  kehrte  bereits 
vor  mir  wieder  nach  Zürich  zurück.  Unser  freundlicher  Wirt  hatte 
uns  mit  Gießkannen  und  allerhand  Schüsseln  aus  der  Küche  aus¬ 
geholfen,  in  welchen  meine  gesammelten  Tiere  munter  im  Wasser 
sich  bewegten.  Den  Tag  vor  meiner  Abreise  wollte  ich  die  Aus¬ 
beute  in  klare  Gläser  unterbringen,  ging  zuvor  zum  Frühstück  und 
als  ich  wieder  vor  meinem  Zimmer  anlange,  bemerke  ich,  daß  der  mir 
geliehene  Eimer  mit  Seifenbrühe  gefüllt  vor  der  Thiire  steht.  Im 
Zimmer  war  keine  Spur  der  Schüsseln  mehr  zu  entdecken.  Das 
Stubenmädchen  hatte  also  gründlich  aufgeräumt  und  den  Inhalt  der 
Schüsseln,  vermischt  mit  schmutzigem  Seifenwasser,  in  den  Eimer 
gegossen.  Die  Frau  Wirtin  mußte  mir  rasch  ihren  feinen  seidenen 
Schleier  leihen,  mit  dessen  Hilfe  es  mir  gelang,  noch  lebende  Daph- 

*)  Siehe  Dr.  Erhard  Eylmann  —  Beitrag  zur  Systematik  der  europäi¬ 
schen  Daphniden  Taf.  III — V  im  Berichte  der  naturforscheuden  Gesellschaft 
zu  Freiburg  i.  Br.  II.  Bd.  1887  pag.  81. 


150 


nien  uncl  Leptodora  hyalina  zu  retten.  Ein  Beweis,  daß  diese  zar¬ 
ten  Wesen  doch  ein  recht  zähes  Leben  haben. 

Die  D.  liyalina  ist  vollständig  durchsichtig,  man  sieht  auf  das 
genaueste  unter  dem  Mikroskop  alle  inneren  Körperteile. 

Die  Krebschen  besitzen  zwei  Formen  von  Augen  wie  bei  vielen 
Insekten.  Das  eine  Auge  zeigt  sich  als  schwarzer  Punkt  unterhalb 
des  großen  zusammengesetzten  Auges,  nächst  der  Tastantenne.  Das 
große  Auge  bildet  einen  großen  schwarzen  rundlichen  Pigmentkörper, 
an  dessen  Rande  die  zahlreichen  Krystallkegel  hervortreten,  einer 
dicht  neben  dem  anderen. 

Zwei  Paar  Muskelbänder  können  das  Auge  hin-  und  herschieben. 
Die  Krebschen  bewegen  sich  nicht  mit  den  Beinen  fort  sondern 
durch  ein  Paar  der  sogenannten  Ruderantennen,  welche  nahe  dem 
Grunde  des  Kopfes  entspringen.  Sie  bestehen  aus  einem  cy lin¬ 
drischen  nach  oben  sich  in  zwei  Äste  teilenden  Stamm.  Der  obere 

Ast  ist  kürzer  als  der  untere  und  aus  vier  Gliedern  zusammen- 

, 

gesetzt,  deren  jedes  eine  lange  und  fein  gefiederte  Ruderborste  trägt. 
Der  untere  Ast  hat  bloß  drei  Glieder,  aber  fünf  Ruderborsten.  Auch 
die  letzteren  sind  gegliedert. 

Der  Bau  der  Ruderantennen  ist  bei  allen  zu  der  Gruppe  der 
Daphniden  gehörenden  Krebsen  in  Zahl  der  Äste,  Glieder  und  Schwimm¬ 
borsten  gleich,  der  einzige  Unterschied  besteht  in  der  Länge  und 
Dicke  dieser  Organe.  Je  kürzer  und  massiver  die  Ruderantennen 
bei  gewissen  Daphniden  sind,  je  weniger  sind  die  Tiere  geeignet,  an¬ 
haltend  damit  zu  schwimmen.  In  diesem  Falle  ist  z.  B.  meine 
Ceriodaphnia  quadrangula.  Dagegen  hat  Daphnia  hyalina ,  weil  sie 
ihr  ganzes  Leben  hindurch  ununterbrochen  im  Wasser  hüpfend 
schwimmt,  sehr  schön  ausgebildete  große  Ruderorgane. 

Der  Hinterleib  aller  Daphniden  ist  ungegliedert,  nach  unten  sich 
umbiegend,  so  "daß  die  Spitze  des  Hinterleibes  nach  vorn  gerichtet 
ist.  Derselbe  endet  in  zwei  gekrümmten  spitzen  Krallen,  nächst 
welchen  eine  kurze  Reihe  kleiner  ebenfalls  gekrümmter  Dornen  sich 
anschließt. 

Im  Frühjahr  und'  Sommer  trifft  man  nur  selten  männliche  In¬ 
dividuen  an,  welche  sich  von  den  weiblichen  durch  Abwesenheit  des 
Brutraumes,  durch  größere  Augen,  längere  •  Tastantennen  und  ge¬ 
ringeren  Körperurnfang  unterscheiden.  Am  vorderen  Beinpaar  be¬ 
sitzen  sie  noch  einen  Greifhaken  mit  einer  laugen  Geißel  *)  zum 


*)  Siehe  Erhard  Eylmann  loc.  cit.  pag.  6. 


151 


Festhalten  der  Weibchen.  Erst  im  Herbst  treten  die  Männchen  in 
größerer  Anzahl  auf. 

Nach  A.  Weis  mann  und  C.  Tschikawa*)  werden  trotz 
der  Anwesenheit  von  Männchen,  während  der  warmen  Jahreszeit  die 
Sommereier  der  Weibchen  nicht  befruchtet.  Im  Sommer  von  Geburt 
an  isolierte  Weibchen  bringen  ohne  Befruchtung  aus  Sommereiern 
Nachkommen  hervor.  Diese  parthenogenetische  Entwicklung  wurde 
vom  Regensburger  Prediger  T.  C.  Schäffer  bereits  im  Jahre  1755 
festgestellt**).  Die  sich  entwickelnden  Jungen  haben  mit  Ausnahme 
der  oft  eckigeren  Schalenform  ganz  das  Aussehen  der  alten.  Ja  es 
wurde  sogar  von  Claus***)  die  noch  in  dem  Brutraum  befindlichen 
Jungen  zuweilen  schon  vor  der  Geburt  trächtig  gefunden.  Nur  die 
Leptodora  hyalina ,  welche  mit  den  Daphnoiden  verwandt  ist,  macht 
in  der  Jugendzeit  den  naupliusartigen  Larvenzustand  durch.  Erst 
nachdem  im  Herbst  die  lebhaften  Männchen  die  in  den  Ovarien  der 
Weibchen  enthaltenen  Wintereier  befruchtet,  können  sich  im  fol¬ 
genden  Frühjahre  junge  Weibchen  entwickeln  f). 

Nach  Claus  (loc.  cit)  und  Weismann  werden  unter  dem  Einfluß 
ungünstiger  Ernährung  im  Herbst  von  den  Weibchen  zur  Zeit  des 
Auftretens  der  Männchen  unabhängig  von  der  Begattung  Wintereier 
entwickelt,  welche  von  den  Männchen  befruchtet  werden  müssen. 

Sie  haben  eine  härtere  Schale  und  einen  dunkelkörnigen  Inhalt, 
ferner  einen  größeren  Umfang  und  reicheren  Nahrungsdotter  als  die 
Sommereier,  und  zwar,  wie  Weismann  nachgewiesen  hat,  auf 
Kosten  einer  großen  Anzahl  von  Eiweißzellen,  die  sich  auflösend  in 
das  Winterei  übergehen.  Die  Wintereier  erhalten  schließlich  eine 
schützende  Umkleidung  in  Gestalt  der  vom  Muttertiere  abgestreiften 
Rückenhaut  der  Schale,  welche  vor  dem  Übertritt  des  Wintereies  in 
den  Brutraum  sich  sattelartig  verdickt  hat  (Ephippium)  und  sich 

*)  A.  Weismaun  und  C.  Tschikawa.  —  Über  die  Bildung  der  Richtungs¬ 
körper  bei  tierischen  Eiern,  Taf.  I — IV,  Berichte  der  Naturforschenden  Gesell¬ 
schaft  zu  Freiburg  i.  B.  III.  Band  1888  pag.  5. 

**)  F.  C.  Noll.  —  Über  die  verschiedenen  Arten  der  Fortpflanzung  im 
Tierreiche.  —  Zeitschrift:  Der  zoologische  Garten  1875.  Heft  6  pag.  209. 

***)  C.  Claus.  —  Grundzüge  der  Zoologie,  Bd.  I,  3.  Lieferung  1880,  pag.  532. 

f)  Siehe  Weismann:  Zur  Naturgeschichte  der  Daphniden. 

Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie  Bd.  27  (1876)  pag.  51  Taf.  V —  VII. 

»  »  »  »  »  28  (1877)  »  93  »  VII —  XI. 

»  »  »  »  »  33  (1880)  »  55  »VIII — XIII. 

Weismann  —  über  die  Schmuckfarben  der  Daphniden.  —  Zeitschrift  für 
wissenschaftliche  Zoologie,  Bd.  30  Supplement  (1878)  pag.  123,  Taf.  VII. 


152 


ablösend  das  Ei  umschließt.  Je  zwei  Eier  unserer  echten  Daph- 
niden  ruhen  in  einer  solchen  Hülle.  Dieselbe  sinkt  auf  den  Schlamm, 
nachdem  zuvor  das  Muttertier  gestorben  ist.  —  Im  warmen  Zimmer 
entwickeln  sich  bereits  Ende  November  aus  den  Eiern  zahlreiche 
Junge,  welche  mir  früher,  bevor  ich  genügend  Algen  hatte,  wieder 
bald  zu  Grunde  gingen.  Die  den  echten  Daphniden  nächst  ver¬ 
wandten  Polyphemiden,  wozu  die  Leptoclora  hyalina  und  JBytho- 
trephes  longimanus  gehören,  finden  sich  aber  auch  während  des  Win¬ 
ters  in  verschiedenen  Schweizer  Seen  vor.  So  beobachtete  Imhof, 
welcher  über  hundert  Seebecken  auf  ihre  niedere  Tierwelt  erforscht 
hat,  Leptodora  und  Dythotrephes  im  November  im  Egeri-,  Zürich-  und 
Pfäffiker-See  *),  im  September  aber  noch  zahlreich  im  Zuger-  und 
Zürchersee,  Ende  December  1885  im  Vierwaldstättersee  bei  Vitznau 
6  Uhr  abends  an  der  Oberfläche,  wobei  die  gefangenen  Dythotrephes 
bereits  Sommereier  und  verschiedene  Entwicklungsstadien  im  Brut¬ 
raum  zeigten.  Am  2.  Januar  1883  beobachtete  Imhof  dasselbe 
Tier  im  Zugersee.  —  Die  in  unseren  Alpenseen  wie  auch  in  den 
nordischen  Seen  Skandinaviens  und  Schottlands  vorkommenden  zahn¬ 
losen  Lachse,  welche  in  ihrer  Lebensweise  mit  den  Heringen  iiber- 
einstimmeu,  sind  ganz  auf  die  kleinen  Ivrebschen  angewiesen. 

Außer  in  meinem  Bassin  züchte  ich  Daphnia  hyalina  in  einer 
großen  Käsglocke,  welche  ich  als  Aquariumbehälter  sehr  praktisch 
befunden  habe.  Unten  muß  feiner  lehmiger  Schlamm  oder  in  Er¬ 
mangelung  desselben  Torf  eine  2  cm  dicke  Schicht  bilden,  in  welcher 
die  Wasserpest  wurzelt.  Au  der  dem  Fenster  entgegengesetzten  Seite 
werden  im  Schatten  der  bald  dichte  Ranken  bildenden  Pflanzen  die 
Tierchen  sich  munter  tummeln,  natürlich  vermehren  sie  sich  im 
Glase  nicht  so  stark  wie  im  Aquarium,  woselbst  ihnen  ein  weitaus 
größerer  Spielraum  für  ihr  andauerndes  Schwimmen  zu  Gebote  steht. 
Besonders  angenehm  scheint  ihnen  die  sanfte  Strömung  des  Wassers 
durch  die  Durchlüftung  zu  sein.  Im  stehenden  Wasser  ist  die  Stel¬ 
lung  des  Körpers  eine  senkrechte,  im  strömenden  Wasser  hingegen 
eine  wagrechte.  Im  letzteren  Falle  hüpfen  sie  nicht  mehr,  son¬ 
dern  sie  machen  weite  Sätze  gegen  die  Strömung.  Wenn  die 
Sonne  in  das  Wasser  scheint,  so  ziehen  sie  sich  in  den  Schatten  der 

Felsen  und  der  nächst  dem  Fenster  wachsenden  Pflanzen  zurück.  In 

•  ’ 

den  Seen  halten  sich  die  Krebschen  daher  den  Tag  über  in  einer  Tiefe 
von  200 — 300  Fuß  auf,  um  erst  gegen  Abend  wieder  empor  zu  steigen. 

*)  0.  E.  Imliof.  —  Uber  das  Calanidengenus  Heterocope .  Zoologischer 
Anzeiger  von  J.  Vict.  Carus  XI.  Jahrgang  Nr.  286,  August  pag.  447.  (1888). 


153 


Lubbock  (loc.  cit.  pag.  235)  hat  durch  seine  Versuche  clar- 
gethan,  daß  die  Daphniden  zwischen  Strahlen  von  verschiedener 
Wellenlänge  unterscheiden,  und  daß  sie  diejenigen  vorziehen,  welche 
unseren  Augen  als  gelb  und  grün  erscheinen. 

Von  D.  liyalina  gibt  es  noch  zwei  Varietäten,  welche  als  selbstän¬ 
dige  Arten  beschrieben  worden  sind.  Sie  kommen  aber  bei  uns 
nicht  vor. 

Ceriodaphnia  quadrangula  (0.  F.  Müller)  hat  noch  verschiedene 
andere  Namen  und  auch  bei  ihr  kommen  Varietäten  vor.  Das  Tier 
ist  ebenfalls  sehr  durchsichtig,  obwohl  es  eine  schwach  horngelbe 
Färbung  hat.  Die  meinigen  besitzen  eine  ganz  schwache  rötliche, 
kaum  wahrnehmbare  Färbung  der  innerhalb  der  Schale  befindlichen 
Körperteile.  Die  Ruderantennen  sind  weit  plumper  und  kürzer  als 
bei  der  vorigen  Art,  sie  sind  demnach  auch  nicht  imstande,  längere 
Zeit  zu  schwimmen.  Dagegen  sind  ihre  Ruderautennen  eine  sehr 
praktische  Einrichtung,  um  sich  an  allerhand  Gegenständen  zu  ver¬ 
ankern.  Die  Schalenklappen  siud  fast  viereckig,  besonders  bei  den 
Jungen,  polygonal  gefeldert  und  laufen  nach  hinten  in  einen  ganz 
unbedeutenden  Stachel  aus. 

* 

In  einem  Punkte  stimmen  sie  aber  nicht  mit  der  gewöhnlichen 
C.  quadrangula  überein,  indem  sie  wie  C.  pidchella  an  den  Schalen¬ 
rändern  lange  zart  bewimperte  Borsten  tragen.  Das  Auge  ist  groß 
und  hat  viele  Krystallkegel.  Länge  des  Tieres  im  Mittel  0,6  mm. 

Ich  fand  diese  Krebschen  vor  zwei  Jahren  in  dem  schon  er¬ 
wähnten  Sumpfe  mit  klarem  Wasser  am  Rhein  in  Gesellschaft  der 
Daphnia  liyalina.  Sie  sind  viel  ausdauernder  und  kräftiger  als  die 
letztere  Art.  Das  ganze  Jahr  über  sitzen  junge  und  alte  Tiere  mit 
Sommereiern  in  den  Algenmatten  und  am  Tausendblatt  oder  Horn¬ 
kraut  nebeneinander  und  schwimmen  nur  dann  davon,  wenn  sie  von 
einem  anderen  Tiere  gestört  werden.  Auf  dem  Kopfe  der  Weibchen 
siedeln  sich  gern  Glockentierchen  au. 

Im  Schlamme  der  Seen  mögen  noch  manche  Krebsformen  existieren, 
von  welchen  wir  bis  jetzt  keine  Kenntnis  haben.  Kurz  vor  meinem 
Wegzuge  ans  Zürich  im  Herbst  des  Jabres  1877,  zu  welcher  Zeit 
die  neue  Brücke  über  die  Limmat  und  die  neuen  Kai-Anlagen 
nicht  bestanden,  fischte  ich  mit  dem  Schleppnetz  an  einer  sehr  seichten 
Stelle  des  Sees  ganz  nahe  der  Stadt  eine  riesige  Cypris,  welche  die 
Länge  eiues  Centimeters  besaß,  sie  war  krystallhell  durchsichtig  und 
hatte  einen  bohnenförmigen  Körper.  Zu  meinem  Leidwesen  hatte 
ich  nicht  die  Zeit,  mich  mit  dem  interessanten  Funde  zu  beschäf- 


154 


tiefen.  Fast  ebenso  große  Muschelkrebse  bewunderte  ich  vor  vielen 
Jahren  in  einem  Graben  bei  Frankfurt  a.  M.  Dieselben  waren  dunkel¬ 
grün  gefärbt  und  ebenfalls  bohnenförmig.  —  Aus  dem  schon  oft 
genannten  Sumpfteiche  am  Rhein  gelang  es  mir  im  Laufe  dieses 
Sommers  einige  merkwürdige  Muschelkrebs  e  ( Cypridina )  zu  er¬ 
langen,  welche  ich  noch  nie  zuvor  gesehen  hatte;  kürzlich  fand  man 
sie  auch  in  einem  Torfgraben.  Die  Tierchen  werden  1  mm  lang  und 
hängen  an  der  Oberfläche  des  Wassers.  (Schluß  folgt.) 

Korrespondenzen. 


Frankfurt  a.  M.,  im  März  1890. 

—  Ein  sechs  farbiger  Maulwurf.  Im  »Zoologischen  Garten«  1887, 
Jahrgang  28,  S.  258,  beschrieb  Herr  Professor  Landois  einen  bei  Beckum  ge¬ 
fangenen  »siebenfarbigen  Maulwurf«.  Ebenfalls  aus  der  rheinisch-westfälischen 
Tiefebene,  aus  Wesel  am  Rhein,  wurde  mir  Ende  Januar  ein  ebenso  bunt¬ 
scheckiger  und  wohl  noch  schönerer,  anscheinend  sehr  ähnlich  gefärbter  Maul¬ 
wurf,  der  auf  einer  Rheininsel  gefangen  war,  vom  Premierlieutenant  Paysen 
übersandt.  Ich  kann  das  Tier  ganz  bescheiden  als  »sechsfarbig«  bezeichnen. 
Die  Weseler  Gegend  scheint  für  Maulwurfs  Varietäten  überhaupt  günstig  zu 
sein,  denn  ich  habe  aus  derselben  schon  einen  Albino  gesehen  und  einen 
beinahe  wüstenfarbigen,  schmutzig-semmelgelben  Maulwurf  selbst  besessen. 

Der  mir  vorliegende  bunte  Maulwurf  ist  folgendermaßen  gezeichnet: 

Die  für  gewöhnlich  der  Tdlpa  europaea  L.  eigentümlich  schwärzliche 
Färbung  ist  auf  der  Oberseite  im  allgemeinen  etwas  heller,  von  unregelmäßiger, 
in  den  Seiten  und  im  Nacken  dichterer,  hellsilbergrauer  Fleckenzeichnung 
unterbrochen,  welche  im  Nacken  einen  bräunlichen  Schimmer  hat.  Über  der 
Schnauze  steht  ein  schmutzig  brauner  Fleck.  Die  Unterseite  ist  silbergrau  und 
gelblich  meliert,  vom  Kinn  zieht  sich  ein  prachtvoll  dunkel  orangefarbener 
Streif  über  die  Brust,  die  er  beinahe  ganz  einnimmt,  erstreckt  sich  kreuzartig 
nach  den  Vorderfüßen  hin,  wird  nach  der  Mitte  des  Unterkörpers  zu  schmal 
und  verwaschen,  nimmt  dann  aber  wieder  einen  großen  Teil  des  Bauches  ganz 
ein,  ist  hier  aber  nicht  völlig  so  lebhaft  wie  auf  der  Brust.  Das  letzte  Viertel 
der  Unterseite  hat,  wie  das  der  Oberseite,  die  gewöhnliche  Maulwurfsfarbe,  nur 
in  der  Mitte  mit  etwas  fuchsigem  Schimmer.  Der  Schwanz  ist  normal,  Schnauze 
und  Füße  rötlich  fleischfarben.  Ernst  Harte rt. 


Würzburg,  im  März  1890. 

—  »Fußrudimente«  einheimischer  Schlangen.  Das  Maiheft  des 
Zoologischen  Gartens,  Jahrgang  1889,  enthält  »Mitteilungen  über  die  Kreuzotter 
von  0.  von  Loewis,«  welche  Dankenswertes  zur  Kenntnis  vom  Leben  und 
Vorkommen  des  Tieres  bringen,  zugleich  aber  auch  verraten,  wie  schwer  die 
Ergebnisse  morphologischer  Untersuchungen  sich  Eingang  verschaffen  in  die 
Kreise  der  Naturfreunde. 


155 


Aus  dem  Aufsatz  erfährt  man  nämlich,  daß  dessen  Autor  ein  mir  un¬ 
bekannt  gebliebenes  »Büchlein  über  die  einheimischen  Schlangen«  veröffentlicht 
hat,  in  welchem  von  Fußrudimenten  unserer  Ophidier  die  Rede  sein  muß, 
da  ein  andrer  Beobachter  sich  dadurch  veranlaßt  sah,  ebenfalls  an  der  Kreuz¬ 
otter  nach  solchen  Fußstummeln  am  After  zu  forschen,  aber  »doch  bei  vielen 
Schlangen,  die  er  im  Laufe  der  letzten  Jahre  getötet ,  nur  bei  zweien  solche 
Gebilde,  die  wie  Warzen  auf  jeder  Seite  des  Afters  aussahen,  angetroffen  habe.« 

Es  kann  dem  gegenüber  nun  wohl  kein  Zweifel  bestehen,  daß  hier  wieder 
einmal  die  Begattungsorgane  der  Schlangen  im  hervorgetriebenen  Zustande  für 
Gliedmaßen  oder  Gehwerkzeuge  genommen  worden  sind,  und  ich  gestatte  mir 
deshalb  auf  meine  vor  längerem  erschienene  Besprechung  des  Gegenstandes 
hinzuweisen.  Ich  habe  dazumal  mich  über  diesen  Irrtum  nicht  bloß  in  historischem 
Sinne  ergangen,  sondern  auch  grade  von  Vipera  eine  Abbildung  beigefügt, 
genommen  nach  einem  Exemplar,  dessen  Einsender  bei  mir  über  die  »fremd¬ 
artigen  Bildungen«  Aufschluß  begehrt  hatte.*) 

Die  zwei  Ruten  der  Schlangen  entstehen,  wie  anzunehmen  ist,  in  gleicher 
Weise,  wie  ich  den  Vorgang  bei  Eidechsen  und  der  Blindschleiche  verfolgt 
habe.  **)  Es  stellen  die  Kopulationsorgane  anfangs  zwei  papillenartige  Wuche¬ 
rungen  oder  Warzen  der  Hautdecke  vor,  welche  zur  Seite  des  Afters  stehen 
und  erst  nachträglich  eingestülpt  werden.  Mit  dem  Herkommen  vom  Integument 
läßt  sich  auch  in  Verbindung  bringen,  daß  sich  in  der  Haut  der  Ruten 
stachelähnliche  Knochenstücke  entwickeln. 

Auf  einem  andern  Feld  würde  freilich  liegen,  wenn  es  entgegen  Rathke, 
welcher  im  Embryo  der  Ringelnatter  nichts  von  Gliedmaßenspuren  bemerken 
konnte,  doch  gelingen  sollte,  bei  einheimischen  Schlangen  dasselbe  aufzufinden, 
was  am  Embryo  unseres  schlangenähnlichen  Sauriers,  der  Blindschleiche,  ent¬ 
deckt  wurde.  Dort  hat  bekanntlich  Born  eine  äußerlich  sichtbare  kleine  Anlage 
der  Vorderextremitäten  kennen  gelehrt,  was  durch  Strahl-Martin  bestätigt 
wurde.  Und  es  mag  schließlich  daran  erinnert  sein,  daß  die  Anwesenheit  eines 
Plexus  lumbosacralis  auch  bei  Coronella  und  Tropidonotus  nachgewiesen  worden 
ist,  zuerst  durch  Ihering,  später  von  Albertina  Carlsson. 

F.  Leydig. 


Zeitz,  Domäne,  März  1890. 

Notiz  über  das  Vorkommen  der  Hausratte  (Mus  rattus.)  Schon 
seit  etwa  einem  Jahrzehnt  galt  die  schwarze  Hausratte,  die  überall  ihrer 
stärkeren  Artgenossin,  der  grauen  Wanderratte,  wenn  auch  erst  nach  erbitterten 
Kämpfen,  das  Feld  räumen  mußte,  für  so  gut  wie  ausgerottet  in  Deutschland. 
So  teilte  mir  schon  1883  Dr.  E.  Rey  in  Leipzig  mit,  daß  seine  Bemühungen, 
Exemplare  der  Hausratte  von  den  Orten,  wo  sie  noch  Vorkommen  sollte,  zu 
erhalten,  immer  nur  negative  Resultate  gehabt  hätten.  Auch  meine  Nachfragen 
an  den  verschiedensten  Stellen  waren  lange  vergeblich. 

1884  erhielt  ich  den  ersten  Beweis,  daß  damals  noch  in  der  Gegend 
von  Zeitz  (Südliche  Prov.  Sachsen)  die  Hausratte  vorkam ;  zwar  unter  den 
Hunderten  von  Ratten,  die  in  den  alten  Stallungen  der  Domäne  Moritzburg 

*)  Über  die  einheimischen  Schlangen.  Zoologische  und  anatomische  Bemerkungen. 
Abhandlungen  d.  Senckenbergischen  natur.  Ges.  1884,  p.  49,  ff.,  Taf.  II,  Fig.  31. 

**)  Die  in  Deutschland  lebenden  Arten  der  Saurier.  1872,  Taf.  IX,  Fig.  119. 


156 


hausten  und  von  denen  ich  eine  sehr  große  Zahl  (als  Futter  für  meine  Eulen) 
erbeutete,  habe  ich  nie  auch  nur  ein  einziges  Exemplar  der  Hausratte  be¬ 
obachtet.  Wohl  aber  fand  ich  in  diesem  Jahre  (1884)  gelegentlich  eines  größeren 
ornithologischen  Ausfluges  nach  dem  »Zeitzer  Forst«  bei  dem  Dorfe  Raaba, 
etwa  eine  Meile  von  Zeitz  entfernt,  ein  altes  Exemplar  von  Mus  rattus  tot  am 
Wege  liegen.  Erfreut  über  den  Fund,  nahm  ich  ihn  auf  und  versteckte  ihn 
unter  dichtem  Buschwerk;  bei  der  Rückkehr  war  er  leider  verschwunden. 
Seitdem  habe  ich  die  Hausratte  in  hiesiger  Gegend  nicht  wieder  nach  weisen 
können.  Erst  jetzt  im  Februar  1890  habe  ich  ein  zweites  Belegstück  in  einem 
jungen  männlichen  Exemplare  der  Hausratte  erhalten.  Dasselbe  stammt  aus 
Wernsdorf  bei  Tharau,  Kreis  Königsberg  i.  Pr.,  und  wurde  mir  von  dem  als 
Koleopterologen  rühmlich  bekannten  Herrn  Rittergutsbesitzer  A.  Ku  n  er  t  daselbst 
gütigst  übersandt.  Sein  Dachshund  hatte  die  Ratte  gefangen  und  totgebissen. 
Zum  Ausstopfen  eignete  sich  dieselbe,  als  ich  sie  erhielt,  nicht  mehr,  da  sich 
bei  dem  Versuche  des  Fellabziehens  sogleich  herausstellte,  daß  die  Cutis  und 
Epidermis  schon  in  Auflösung  begriffen  waren,  weshalb  das  Abziehen  unter¬ 
bleiben  mußte.  Ich  bewahre  das  Exemplar  in  Spiritus  auf. 

Vor  etwa  6 — 7  Jahren  sind  die  Hausratten  in  Wernsdorf  noch  häufig 
gewesen.  Seit  jener  Zeit  schienen  sie  ausgerottet  zu  sein  durch  das  Gift,  welches 
ein  jüdischer  »Kammerjäger«  gesetzt  hatte;  erst  mein  Exemplar  lieferte  zum 
erstenmale  wieder  den  Beleg,  daß  Mus  rattus  thatsächlich  noch  vorkommt. 
Rittergut  Wernsdorf  ist  isoliert  gelegen,  und  es  ist  wohl  möglich,  daß  dieses 
Rittergut  einer  der  letzten  Aufenthaltsorte  der  schwarzen  Hausratte  ist,  die 
durch  Mus  decumanus  dem  völligen  Untergange  geweiht  zu  sein  scheint. 

Erfreulich  wäre  es,  wenn  diese  Zeilen  zu  weiteren  Mitteilungen  über 
das  Vorkommen  der  Hausratte  noch  an  anderen  Orten  Veranlassung  gäben. 
Grade  die  seltener  werdenden  oder  ganz  aussterbenden  Tierarten  verdienen 
ja  unsere  besondere  Aufmerksamkeit. *)  Fr.  Lindner,  cand.  theol. 

Gera,  im  März  1890. 

Zu  dem  Vorkommen  der  Hausratte  (Mus  rattus).  Nachdem  in 
Ostthüringen  die  Hausratte  schon  in  den  dreißiger  Jahren  aus  allen  größeren 
Ortschaften  verdrängt  worden  war,  zählten  wir  einige  Jahre  hindurch  noch 
einige  ganz  einsam  gelegene  Mühlen  und  Gehöfte,  in  welchen  diese  Art,  die 
»schwarze«  Ratte  oder  die  »Dachratte«,  wie  sie  im  Gegensatz  zu  ihrer  Ver¬ 
drängerin,  der  »Wasserratte«,  vom  Volk  genannt  wurde,  noch  in  winzigen 
Beständen  anhielt.  Die  Nachfrage  nach  Exemplaren  dieser  Ratte  war  dringlich  . 
und  stark;  eifrige  Sammler  lieferten  so  manches  Exemplar  nach  auswärts. 
Bald  genug  aber  versiegten  diese  Quellen  und  war  die  Wanderratte  überall 
—  so  mußten  wir  bei  unserem  eifrigen  Suchen  und  Nachfragen  annehmen  — 
im  alleinigen  Besitz  des  Terrains. 

Das  war  in  den  Sechsziger  und  Siebziger  Jahren.  —  Da  hörte  ich  ganz 
zufällig  von  einer  Bauersfrau,  welche  Fleisch  zum  Verkauf  in  das  Haus  brachte 
und  gerade  dazukam,  wie  ein  kleiner  Nager  ausgebalgt  wurde,  daß  in  einem 
großen  Walddorf  des  herzoglich  altenburgischen  Westkreises,  in  St.  Gangloff 
so  viele  Ratten  wären,  schwarze  und  weiße.  Bei  näherer  Nachfrage  bestätigte 
sich  diese  Nachricht  und  hatten  sich  in  diesem  Dorfe  beide  Rattenarten  in 


*)  Vergl.  hierzu  deu  vorigen  Jahrgang  S.  26,  92,  192. 


N. 


die  Herrschaft  geteilt,  so  daß  Mus  rattus  mehr  die  Dachböden  und  oberen  Etagen 
der  Häuser,  die  Scheuern  und  Gerätschaftshäuser  in  den  höher  gelegenen 
Teilen  des  Ortes,  die  Wanderratte  hingegen  mehr  die  Keller  und  Ställe  und 
mehr  die  tiefer  dem  Bach  zu  gelegenen  Gehöfte  bewohnte.  In  den  Jahren  1880 
bis  1882  habe  ich  in  St.  Gangloff  öfter  Exemplare  von  M.  rattus  fangen  lassen 
und  teils  selbst  präpariert,  teils  in  Tausch  abgegeben.  —  Wie  es  jetzt  mit  der 
Häufigkeit  dieser  bei  uns  doch  am  Ende  noch  aussterbenden  Species  in  St.  Gangloff 
steht,  weiß  ich  nicht,  da  mich  seit  jener  Zeit  meine  geologischen  Arbeiten  zu 
weit  abführten.  K.  Th.  Liebe. 

Kleinere  Mitteilungen. 

Allerlei  Zoologisches  aus  Moskaus  Umgebung.  Am  3./15.  Juli 
1889  fand  ich  mit  dem  Hunde  ein  Volk  Haselhühner  ( Tetrao  bonasia).  Die 
Alte  flog  schnalzend  zu  Baum,  etwa  fünf  oder  sechs  drosselgroße  Junge 
schwirrten  nach  allen  Seiten  auseinander.  Interessant  war  es  anzusehen,  wie 
die  besorgte  Mutter  von  einem  Baum  zum  andern  flog  und  sich,  absichtlich 
wie  es  schien,  auf  hinausragenden  Asten  hin-  und  herlaufend,  dem  Hunde  be¬ 
merkbar  zu  machen  suchte. 

Eine  sehr  interessante  Entdeckung  machte  ich  am  11./23.  Juli.  Ich  be¬ 
finde  mich  nunmehr  seit  8  Jahren  in  Moskau  und  habe  noch  nirgends  andere 
Drosseln  in  der  Umgebung  gefunden  als  die  große  Misteldrossel  und  die  klei¬ 
nere  Singdrossel;  an  dem  genannten  Tage  aber  sah  ich  in  Kaiki,  einem  Gute 
30  Werst  (4  Meilen)  nördlich  von  Moskau,  mehrere  Amseln  mit  flüggen 
Jungen.  Auf  dem  von  mir  früher  einmal  beschriebenen  Vogelmarkt  in  Moskau 
kommen  Amseln  hin  und  wieder  zum  Verkauf  unter  der  Bezeichnung  schwarze 
Drossel,  womit  der  einfache  Russe  aber  auch  den  Star  bezeichnet.  Der  gelbe 
Schnabel  (im  Frühling)  bei  dem  letzteren  schien  einem  meiner  Bekannten  hier 
genügender  Beweis,  daß  es  ein  und  derselbe  Vogel  sei. 

Den  25.  Juli  (6.  August)  konnte  ich  meine  vorigjährige  Beobachtung 
hinsichtlich  des  Getreidefressens  durch  Saatkrähen  bestätigt  sehen.  Bei  einer 
Streife  durch  den  privaten  Hochwald  an  der  Eisenbahnstation  Tarassowka 
(Jaroslawer  Bahn)  fand  ich  zwei  Horste  des  Mäusebussards,  der  eine  war 
nur  2  m  über  dem  Boden  in  einer  starken  Astgabel.  Die  Vögel,  ein  alter 
und  ein  vollkommen  flügger  junger,  flogen  bei  meiner  Annäherung  unter 
wimmerndem  Geschrei  auf.  Bei  Erklettern  des  Astes  fand  ich  im  Horst  die 
Flügel  und  andere  Federn  einer  Saatkrähe,  die  eben  erst  verzehrt  worden  zu 
sein  schien.  Offenbar  benutzen  also  auch  die  ausgewachsenen  Tiere  den  Horst 
als  Ruheplatz  und  kehren,  wie  ich  öfter  beobachtete,  regelmäßig  bis  in  den 
Spätsommer  zu  ihm  zurück. 

Schließlich  seien  einige  weitere  Beispiele  von  zoologischem  Aberglauben 
als  Fortsetzung  zu  meinen  Mitteilungen  vom  Sommer  1888  gegeben. 

Wenn  Hunde  sich  wälzen,  gibt  es  Regen.  Gräbt  ein  Hund  au  der 
Schwelle,  so  wird  es  brennen.  Triumphierend  erinnerte  mich  unsere  Köchin 
daran,  daß  unsere  jungen  Dachshunde  den  Abend  eine  Grube  ausgegraben 
hätten  und  daß  in  der  Nacht  darauf  eine  Fabrik  in  der  Nachbarschaft  nieder¬ 
gebrannt  sei.  C.  Greve. 


Auste mau sfuhr  aus  Seeland  (Holland).  Im  Jahre  1888  wurden 
mit  der  Staatsbahn  aus  Seeland  an  Austern  verschickt: 

nach  den  holländischen  Märkten  .  .  282,368  kg 

»  Deutschland .  665,286  » 

»  Belgien  uud  Frankreich  .  .  .  730,317  » 

»  England .  953,923  » 

Im  ganzen  2,581,844  kg 

Berechnet  man  das  Gewicht  von  1200  Austern  im  Durchschnitt  auf 
85  kg,  so  sind  dies  ungefähr  36,145,816  Stück  Austern,  und  nimmt  man  einen 
mittleren  Preis  von  40  Gulden  holl,  für  das  Tausend  an,  dann  stellt  die  Aus¬ 
fuhr  aus  Seeland  einen  Wert  von  etwa  1,500,000  Gulden  holl,  dar,  also  von 
etwa  2,542,370  Mark.  Da  aber  nicht  alle  Austern  mit  der  Staatsbahn  ver¬ 
sandt  wurden,  so  kann  die  Zahl  der  im  ganzen  ausgeführten  Austern  auf 
rund  40,000,000  Stück  veranschlagt  werden. 

Statistiek  van  »De  Oestercultuur-Maatschappij 

De  Schelde.«  1890. 

»Locard  Arnould,  Catalogue  descriptif  des  Mammiferes  qui  vivent  dans 
le  Departement  du  Rhone  et  dans  les  regions  avoisiuantes.  In  Annales  Soc. 
Linneenne  Lyon.  1888. 

/ 

Eine  dankenswerte  Zusammenstellung  der  Säugetierfauna  des 
interessanten  Gebietes  am  Zusammenfluß  von  Rhone  und  Saöne.  Die 
Einwirkung  des  nach  Süden  hin  geöffneten  Rhonethaies  tritt  indes  ganz  zu¬ 
rück  und  ist  selbst  bei  den  Fledermäusen  nicht  zu  bemerken,  unter  denen 
wir  keine  südliche  Form  finden,  wohl  aber  gelegentlich  Vesperugo  borealis 
und  Vespertilio  Bechsteini.  Von  besonderem  Interesse,  weil  in  den  Lokalfaunen 
meist  nicht  anzutreffen,  sind  die  Bemerkungen  über  die  Haustierrassen,  welche 
gegenwärtig  im  Departement  gehalten  werden  oder  auf  dem  Lyoner  Markt 
von  Wichtigkeit  sind.  Der  kWolf  findet  sich  im  Gebiet  immer  noch  hier 
und  da,  besonders  im  eigentlichen  Lyonnais  und  im  Beaujolais,  aus  den  offe¬ 
neren  Gebieten  ist  er  verdrängt  und  kommt  nur  noch  in  strengen  Wintern 
vor ;  der  Bär  und  der  Luchs  sind  lang  verschwunden,  die  Wildkatze 
ist  äußerst  selten  geworden.  Auch  der  Biber  ist  aus  der  unmittelbaren  Um¬ 
gebung  von  Lyon  verschwunden,  kommt  aber  weiter  südlich  an  der  Rhone 
immer  noch  in  einzelnen  Exemplaren  vor.  Von  echten  Alpentieren  sind  nur 
in  den  Bergen  der  Grande  Chartreuse  einzelne  Exemplare  von  Arvicola  nivalis 
und  Sorex  alpinus  anzutreflfen,  die  Gemse  ist  lang  ausgerottet  und  ebenso 
auch  das  früher  häufige  Murmeltier  völlig.  Dagegen  ist  das  Wi ldsc h  we  i n, 
das  verschwunden  war,  im  Kriegsjahr  1870/71  in  größerer  Anzahl  von  Norden 
her  wieder  eingewandert  und  hat  sich  bis  jetzt  erhalten.  Hirsch  und  Dam¬ 
hirsch  fehlen  ganz,  das  Reh  wird  immer  seltener.  Die  Tierarzneischule  in 
Lyon  hat  vor  einigen  Jahren  einen  Hengst  von  Hemionus  erhalten  und 
Kreuznngs  versuche  mit  Eselinnen  angestellt;  die  erhaltenen  Fohlen, 
zwei  männliche  und  zwei  weibliche,  waren  starke,  kräftige  Tiere,  aber  ihrer 
Bösartigkeit  wegen  nur  mit  Vorsicht  zum  Arbeiten  zu  gebrauchen ;  sie  er¬ 
wiesen  sich  unfruchtbar  und  man  hat  die  Versuche  nicht  weiter  fortgesetzt. 

Ko. 


159 


Affen  auf  Barbados.  Auf  der  den  kleinen  Antillen  zugehörigen 
Insel  Barbados  findet  man  noch  jetzt  wilde  Affen,  die  früher  iu  größerer  Zahl 
dort  vorhanden  gewesen  sein  sollen.  Man  hielt  diese  seither  für  amerikanische 
Kapuzineraffen,  Cebus  capucinus  Geoffr.,  bis  kürzlich  ein  Herr  Feilden  fest¬ 
gestellt  hat,  daß  es  der  in  Westafrika  heimische  grüne  Affe,  Cercopithems 
callitrichus  Is.  Geoffr.,  ist,  der  also  unzweifelhaft  mit  Handelsschiffen  aus  Guinea 
hierherkam  und  verwilderte.  Barbados  hat  seit  der  Einbürgerung  seiner 
jetzigen  Flora  und  Fauna  niemals  Verbindung  mit  dem  Festlande  Amerikas 
gehabt  und  hat  seine  Landpflanzen  und  Tiere  durch  Strömungen  des  Meeres, 
durch  Winde,  durch  andere  Zufälligkeiten  und  durch  den  Einfluß  des  Menschen 
erhalten.  Nature,  13.  Februar  1890. 

Über  die  Zucht  von  Glanzfasanen  ( Lophopfoorus ,  wahrscheinlich 
impeyanus  Lath..)  berichtet  Dr.  Lafon  in  der  »Revue  des  Sciences  Nat.  Appli- 
quees« ,  Nr.  28  des  vorigen  Jahrganges.  Verfasser  bemerkt  im  allgemeinen, 
daß  die  Glanzfasanen  stupide,  geistig  entschieden  niedrig  stehende  Vögel  sind, 
die  allerdings  der  außergewöhnlichen  Pracht  ihres  Gefieders  wegen  zur  Hal¬ 
tung  und  Zucht  auffordern,  doch  bei  weitem  weniger  Vergnügen  bereiten  als 
z.  B.  Lady  Amherst-Fasanen  und  viele  andere.  In  Bezug  auf'  ihre  Nahrung 
sind  die  Glanzfasanen  nach  Dr.  Lafon  nicht  nur  wählerisch  sondern  geradezu 
launisch;  denn  sie  verschmähen  oft  ohne  ersichtlichen  Grund  irgend  einen 
Bestandteil  ihres  Futters,  den  sie  bis  dahin  oft  gerade  bevorzugten.  Wenn 
es  ihr  Gehege  gestattet,  halten  sie  sich  den  größten  Teil  des  Tages  ziemlich 
versteckt  auf  Sitzstangen  oder  Baumästen  und  kommen  nur  morgens  und  abends 
auf  den  Boden.  Der  Einrichtung  des  Geheges,  welches  den  Vögeln  ziemliche 
Freiheit  bot  und  sie  die  Gefangenschaft  wohl  fast  ganz  vergessen  ließ,  ver¬ 
dankt  Dr.  Lafon  offenbar  die  erzielten  Zuchterfolge.  Das  Weibchen  seines 
Paares  legte  am  7.,  11.,  15.,  19.  und  22.  April  je  ein  Ei,  welche  am  26.  April, 
da  das  Legen  beendet  war,  einer  Bruthenne  untergelegt  wurden.  Nach  27 
resp.  28  Tagen  schlüpften  alle  fünf  Junge  aus.  Vom  16.  bis  zum  22.  Mai 
legte  das  Weibchen  abermals,  diesmal  3  Eier,  von  denen  eins  durch  das 
Männchen  zerstört  wurde.  Die  beiden  unversehrten  Eier  lieferten  ebenfalls 
nach  28  Tagen  Küchlein. 

Die  fünf  Jungen  der  ersten  Brut  litten  anfangs  unter  dem  damals  herr¬ 
schenden  nassen  und  kalten  Wetter,  vor  dessen  übler  Wirkung  sie  nur  die 
vortreffliche  Bruthenne  bewahrte.  Das  Schlimmste  war  aber,  daß  die  Küch¬ 
lein  und  ihre  Pflegemutter  sich  nicht  verstanden.  Die  Tierchen  wären  vor 
Hunger  gestorben ,  wenn  ihnen  nicht  schließlich  einzeln  lebende  Nahrung 
(Mehlwürmer  und  andere  kleine  Insekten)  mittelst  einer  Nadel  vor  den  Schnabel 
gehalten  worden  wäre,  wodurch  sie  sich  bewegen  ließen  zu  fressen  —  eine  mühsame 
Arbeit  für  den  Pfleger.  Trotz  aller  Sorgsamkeit  starb  das  erste  Junge  nach 
4  Tagen  am  27.  Mai,  ein  zweites  am  15.,  und  ein  drittes  am  27.  Juni.  Die 
beiden  ersten  waren  von  Anfang  an  schwächlich.  Auch  von  den  beiden  Jungen 
des  zweiten  Geleges  ging  eins  ein.  Von  den  sieben  überhaupt  erzielten  Jungen 
blieben  also  drei  am  Leben,  welche  verhältnismäßig  rasch  heranwuchsen  und 
im  Oktober  zwei  Drittel  der  Größe  der  Erwachsenen  erreichten.  Sie  fressen 
verschiedenes  Körnerfutter,  Brot,  Grünzeug  und  dreimal  wöchentlich  frisches 
rohes  Fleisch,  welches  zwei  von  ihnen  sehr  begierig  verschlingen,  während  das 


160 


dritte  weniger  Geschmack  daran  findet.'  Sie  sind  gegen  Feuchtigkeit  sehr 
empfindlich  und  dürfen  daher  bei  Regenwetter  nicht  ins  Freie  gelassen  werden. 

Dr.  Lafon  ist  der  Ansicht ,  daß  die  Glanzfasanen  weniger  für  Volieren 
geeignet  sind  als  für  Parke  oder  Geflügelhöfe  und  fordert  zu  einem  Versuch  auf, 
ein  Paar  der  Vögel  in  einem  Park  mit  trockner  Lage,  wo  Schutz  vor  Raub¬ 
tieren  zu  ermöglichen  wäre,  auszusetzen  (natürlich  mit  gefesseltem  Flügel,  so 
daß  das  Wegfliegen  verhindert  würde).  So  interessant  ein  solcher  Versuch 
wäre,  so  muß  man  doch  eingestehen,  daß  er  etwas  kostspielig  und  gewagt  ist 
und  daß  er  wohl  kaum  angestellt  werden  wird.  Dr.  Ernst  Schäff. 


Litte  r  atu  r. 


Die  Ortsbewegung  der  Tiere.  Von  Prof.  Herrn,  von  Meyer.  Samm¬ 
lung  gemeinverständlicher  wissenschaftlicher  Vorträge,  herausgegeben  von 
Rud.  Virchow  und  Willi.  Wattenbach:  Heft  95.  Hamburg.  Verlags¬ 
anstalt  A.  G.  1890. 

Mannigfach  sind  die  Ortsbewegungen  der  Tiere  von  dem  Kriechen  des 
Wurms  bis  zum  himmelstürmenden  Fluge  des  Adlers  und  ebenso  verschieden 
sind  die  Hülfsmittel,  die  dem  Tiere  zu  diesem  Zwecke  zur  Verfügung  stehen. 
Wurm,  Schnecke,  Blutegel  schieben  ihren  schlauchförmigen  Körper  bloß  durch 
ihre  kräftigen  Muskeln  fort  und  doch  ist  das  Kriechen  des  einen  weit  ver- 
schieden  von  dem  des  andern.  Und  wie  vielfältig  sind  die  Bewegungen  der 
Geschöpfe  erst  da,  wo  äußere  Extremitäten  ausgebildet  sind,  deren  freies  Ende 
an  einem  absolut  festen  oder  an  einem  nur  relativ  festen,  ausweichenden 
Widerstande  festgestellt  wird  und  den  Leib  durch  eine  einzige  Thätigkeit  eine 
Strecke  weit  vorwärts  bewegt.  Die  vorderen  Glieder  haben  dabei  eine  mehr 
ziehende,  die  hinteren  eine  mehr  stoßende  Wirkung.  Die  Ortsbewegung  kann 
nun  zustande  kommen  durch  Thätigkeit  1)  nur  der  vorderen  Extremität,  2)  nur 
der  hinteren  Extremität,  8)  durch  gleichzeitige  Thätigkeit  beider  Extremitäten, 
4)  durch  abwechselnde  Thätigkeit  beider  Extremitäten.  Doch  ist  es  allerdings 
kaum  möglich,  in  der  Wirklichkeit  ganz  reine  Vertreter  dieser  vier  Kategorien 
in  der  Tierwelt  zu  finden.  Beispiele  für  dieselben  werden  nun  von  dem  Fische 
an  bis  zu  dem  Menschen  erklärend  vorgeführt.  Im  Vergleich  mit  den  zum 
Teil  sehr  ausgebildeten  Hilfsmitteln  der  Tiere  könnte  der  Mensch  mangelhaft 
organisiert  erscheinen,  aber  die  so  ausgezeichneten  Ortsbewegungsarten  der 
Tiere  sind  einseitig  auf  Kosten  anderer  Bewegungsarten  erworben,  während 
der  Mensch  den  Mangel  im  Einzelnen  durch  Vielseitigkeit  ersetzt.  Nur  den 
Vogelflug  kann  er  nicht  nachahmen  und  wird  ihn  auch  nie  nachahmen  können. 
Aber  seine  geistige  Thätigkeit  schafft  ihm  sinnreiche  Apparate,  welche  ihn 
in  solche  Höhen  der  Luft  emportragen,  wie  sie  ein  Vogel  kaum  erreichen  kann. 
—  Das  wenige  Gesagte  wird  genügen  zu  zeigen,  in  welch’  anziehender  und 
erschöpfender  Weise  das  interessante  Thema  behandelt  ist.  N. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).*  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldsclimidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  6.  XXXI.  Jahrgang.  Juni  1890. 


I  n  li  a  1  t. 

Zur  Entstellung  der  Schutzfarben;  von  K.  Th.  Liebe.  —  Die  Raubsäugetiere  des  Teuto¬ 
burger  Waldes;  von  Heinrich  Schacht.  —  Kampf  von  Schwarzdrosseln  mit  Reptilien; 
mitgeteilt  von  Paul  Leverkühn.  —  Die  Elster  (Corvus  pica)  in  der  Gefangenschaft;  von 
.Tosef  von  Pleyel.  Beidings  Ziesel,  Spermophilus  Beldingi  Merriam,  sp.  nov.  Kalifornien; 
von  Dr.  B.  Langkavel.  —  Der  Berliner  zoologische  Garten;  von  Dr.  L.  Heck.  (Fortsetzung.) 
—  „Brütet  der  Kuckuck?“;  von  Gehr.  Adolf  und  Karl  Müller.  —  Kleinere  Mitteilungen.  — 
Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  — 


Zur  Entstehung  der  Schutzfarben. 

Von  K.  Th)  Liebe. 

\ 

Bei  der  Fixierung  der  Familien-  und  Genusbegriffe  wird  in  unserer 
Zeit  auf  die  Außenfärbung  der  Individuen  weniger  Gewicht  gelegt 
als  früher,  und  zwar  deshalb,  weil  die  Außeufärbung,  hei  welcher 
die  Anpassung  an  die  Umgebung  eine  so  wichtige  Rolle  spielt,  zu 
sehr  den  verschiedenartigsten  Wandelungen  unterliegt.  Um  so  mehr 
gibt  sie  aberden  Ausschlag  hei  der  Bestimmung  der  Art- und  Abarthegriffe, 
obwohl  man  auch  hierbei  jetzt  mit  mehr  Vorsicht  vorzugelien  pflegt 
als  früher,  wo  so  manche  sehr  beschräukt  auftretende  Abänderung 
Anlaß  zur  Begründung  einer  neuen  Art  wurde.  Die  Fähigkeit,  in 
der  Färbung  individuell  abzuäudern,  ist  ja,  wenn  auch  bei  verschiedenen 
Familien  und  Sippen  verschieden  stark,  doch  im  allgemeinen  für 
ein  scharfes  Auge  recht  groß.  Ich  erinnere  mich  noch  mit  Ver¬ 
gnügen  au  unsern  alten  Meister  Chr.  L.  Brehm,  wie  er  uns  jungen 
Leuten  an  seiner  reichen  Sammlung  die  Farbenunterscliiede  seiner 
zahlreichen  Species  erklärte. 

Wenn  auch  die  Erblichkeit  in  gewissem  Umfang  die  besondere 
Färbung  der  verschiedenen  Arten  der  Lebewesen  bedingt,  so  spielt 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  1  1 


162 


eine  gewisse  Veränderlichkeit  der  Individuen  doch  dabei  eine  wichtige 
Nebenrolle.  Die  geschickte  Anpassung  der  Färbung  an  die  Um¬ 
gebung,  die  Schutzfärbung  einer  Art,  die  in  ihrer  Entstehung  be¬ 
griffen  ist,  bildet  sich  nach  den  herrschenden  Anschauungen  dadurch 
aus,  daß  von  den  —  sagen  wir  bei  einem  Wurf,  einem  Geheck  — 
ins  Leben  eingetretenen  Einzelwesen  diejenigen  Individuen  die  meiste 
Aussicht  auf  Erhaltung  haben,  deren  zufällige  Färbungsnuance  am 
meisten  mit  der  unmittelbaren  Umgebung  harmoniert,  so  daß  sie 
dem  Raubzeug  am  wenigsten  leicht  in  die  Augen  fallen.  Bei  den 
Nachkommen  dieser  besser  geschützten  Individuen  macht  sich  einmal 
die  Erblichkeit  geltend,  indem  sie  in  der  Färbung  mehr  Vater  und 
Mutter  nach  schlagen,  also  schon  dadurch  ebenfalls  etwas  gesicherter 
sind,  und  anderseits  wirkt  auch  wieder  die  Eigenschaft  der  individu¬ 
ellen  Abändernngsmöglichkeit :  diejenigen  Nachkommen,  welche  bei 
den  kleinen  Farbenunterschieden  unter  den  Geschwistern  wieder  am 
meisten  mit  der  Umgebung  harmonieren,  sind  wiederum  im  Kampf 
um  das  Dasein  die  mehr  gesicherten.  Und  so  stellt  sich  von  Gene¬ 
ration  zu  Generation  fortschreitend  immer  mehr  die  Artfärbung 
heraus,  wie  sie  sich  uns  gegenwärtig  zeigt. 

Daß  bei  diesem  Prozeß  der  Artfärbung  auch  noch  andere  Be¬ 
dingungen  von  sehr  wesentlicher  Einwirkung  gewesen  sind,  ist  selbst¬ 
verständlich,  und  namentlich  haben  dabei  die  Hauptnahruugsmittel  und 
Umänderungen  derselben,  sowie  Änderungen  der  klimatischen  Verhält¬ 
nisse  eine  bedeutende  Rolle  gespielt.  Immerhin  aber  istdie  oben  bezeichnete 
Erklärung,  nach  welcher  die  der  Umgebung  angepaßte  Schutzfarbe 
der  Arten  in  der  Variabilität  der  Individuen,  in  der  größten  Sicher¬ 
heit  der  günstiger  gefärbten  Individuen  und  der  Vererbung  dieser 
günstigen  Eigenschaften  ihre  Ursache  hat,  die  gegenwärtig  bevor¬ 
zugte.  Diese  Erklärung  hat  sicher  etwas  sehr  gefälliges.  Bei  näherer 
Betrachtung  aber  wird  uns  das  Spiel  und  Gegenspiel  zwischen  Ver- 
äuderlichkeitund  Erblichkeitinnerhalb  derGenerationen  doch  mindestens 
bedenklich,  zumal  wir  nebenbei  auch  noch  mit  Rückschlägen  im  Sinn 
des  Atavismus  zu  rechnen  haben.  Auch  eine  gewisse  Zufälligkeit, 
welche  neben  der  Veränderlichkeit  einhergeht,  trägt  nicht  dazu  bei, 
unser  Behagen  an  der  Theorie  zu  vermehren.  Es  muß  vielmehr 
nach  unserer  Ansicht  noch  ein  anderer  Faktor  vorhanden  sein,  welcher 
die  Veränderlichkeit  nach  bestimmten  Richtungen  hin  modifiziert, 
die  Werdeprozesse  der  Individuen  im  Verlauf  der  Entwickelung  von 
Generation  zu  Generation  so  dirigiert,  daß  sich  zuletzt  die  vollkom¬ 
mene  Anpassung  des  Kleides  an  die  Umgebung  ergibt. 


163 


Dieser  Faktor  ist  die  Färbung  der  Umgebung,  welche  durch 
ihre  Reflexe  unmittelbar  auf  die  Chromatophoren,  auf  die  färbenden 
Körperchen  und  Substanzen  einwirkt.  Fern  sei  es  mir,  alle  die 
Tiere  aufzuführen,  bei  denen  man  schon  einen  schnell  eintretenden, 
der  Umgebung  sich  anpassenden  Farbenwechsel  beobachtet  hat,  wie 
z.  B.  bei  den  Flachfischen  (Pleuronektiden)  und  beim  Chamäleon, 
wo  man  die  Erscheinung  schon  lauge  kennt.  Nur  einige  Experimente 
will  ich  erwähnen,  welche  ich  einst  zu  meiner  Orientierung  in  den 
Erscheinungen  des  Farbenwechsels  gemacht  habe. 

Im  Jahre  1850  fand  ich  auf  einer  großen  Wiesenfläche,  auf 
welcher  das  Grummet  kräftig  anstand,  eine  große  Anzahl  von  großen 
Spinnen ,  welche  eine  rötlichgelbe  Färbung  des  Leibes  mit  der 
Zeichnung  und  den  übrigen  Merkmalen  der  Kreuzspinne  ( Epeira 
diadema )  vereinigten.  Sie  hatten  ihre  Netze  zwischen  den  hohen 
Stengeln  des  Heracleum ,  der  Wildmöhre,  der  Zichorie  etc.  aufge- 
häugt,  befanden  sich  sichtlich  wohl  und  waren  faul  wie  alle  fetten 
Kreuzspinnen.  Ich  dachte  damals  au  eine  Abart  und  verfolgte  die 
nächsten  Jahre  die  Sache  weiter.  Da  fand  ich,  daß  von  einem 
kleinen  Busch  holz  aus,  wie  solche  durch  Urbarmachung  und  Lese¬ 
steine  veranlaßt  werden,  die  Kreuzspinnen  durch  Abfuhr  von  dürrem 
alten  Reisig  und  Abhauen  von  Gebüsch  in  die  riugsherumliegende 
Wiese  vertrieben  wurden.  In  dem  dürren  Buschwerk  hatten  die 
jungen  Spinnen  noch  die  dunkel  schwärzlich  braune  Farbe,  und  in  dem 
üppig  stehenden  Heu  der  Wiese  änderte  die  Farbe  alsbald  in  eine  gelbe 
um.  Dadurch  veranlaßt  habe  ich  vielfach  mit  dieser  Spinne  sowohl 
wie  auch  mit  andern  Spinnen  Versuche  augestellt,  obgleich  die  andern 
Arten  sich  nicht  so  leicht  in  ein  anderes  Heim  einquartieren  ließen 
wie  die  Kreuzspinnen,  auch  sich  nicht  so  leicht  und  so  vollständig 
umfärbten.  Im  Grünen,  und  namentlich  wenn  der  außerhalb  des 
Radnetzes  befindliche  Schlupfwinkel  der  Spinne  aus  grünen  Blättern 
besteht,  wird  die  Färbung  rötlichgelb  oder  gelblich;  innerhalb 
griiuloser  Lattenverschläge  und  wenn  die  Spinne  ihren  Schlupfwinkel 
hinter  dürrem  Laub  hat,  wird  sie  dunkelbraun  oder  schwärzlich.  So 
lange  sich  die  Spinne  häutet,  geht  die  Farbenänderung  rasch  vor 
sich  und  wird  namentlich  bei  der  Häutung  deutlich.  Mit  demselben 
Exemplar  kann  man  den  Versuch  mehrmals  machen.  Auch  ausge¬ 
wachsene  Individuen  zeigen  den  Farbenwechsel,  wenn  auch  nicht  so 
stark  und  schnell  wie  die  jüngeren. 

Demnächst  stellte  ich  Versuche  mit  dem  gewöhnlichen  Wasser¬ 
frosch  ( JRana  esculenta)  an,  indem  ich  junge,  eben  dem  Larvenzustand 


164 


entwachsene  Tiere  bei  guter  Nahrung  und  Pflege  in  einen  grünlosen 
Raum  brachte.  Sicher  färbten  sich  die  Tiere  sehr  dunkelgriiu  und 
schien  das  Braun  in  der  Färbung  mehr  und  mehr  zu  tiberwiegen. 
Da  aber  das  Tier  von  Haus  aus  sehr  bunt  ist  und  in  einem  und 
demselben  Teich  die  Färbung  der  Tiere  zwischen  hellgelblichgrün 
und  dunkelgrün  schwankt,  gab  ich  diese  Versuche  als  wenig  geeignet 
auf.  —  Die  nächsten  Versuche  machte  ich  mit  Wechselkröten  ( Bufo 
variabilis ),  deren  es  damals  in  einigen  Teichen  meines  Heimatdorfes  bei 
Neustadt  a.  d.  0.  eine  große  Anzahl  gab.  Ich  fing  diese  Tiere  gleich 
nach  dem  Laichen  aus  dem  Wasser  heraus,  setzte  sie  mittels  eines 
kleinen  niedrigen  Bretterverschlags,  wie  er  dort  zur  Bewahrung  der 
jungen  Gänse  dient,  im  Grasgarten  im  Schatten  eines  dicht  belaubten 
Obstbaumes  aus  und  begoß  den  Raßen  fleißig,  in  welchem  sie  sich 
verbargen.  Unter  seinem  üppigen  Grün  wurden  diese  Tiere  so  lebhaft 
lichtgrün,  daß  sogar  Frauen  sie  schön  fanden,  während  gleichzeitig 
ihre  Genossen  draußen  im  Freien,  welche  nur  des  Nachts  streiften 
und  bei  Tag  unter  großen  Steiuen  und  in  Wegübergängen  lebteu, 
nur  trüb  dunkelgrüne  Flecken  zeigten. 

Als  ein  trefflicher  Gegenstand  zu  Versuchen  erwies  sich  der 
Laubfrosch,  welcher  bei  gleich  guter  Verpflegung  in  einem  mit  vielem 
Grün  ausgestatteten  Glas  eine  außerordentlich  schöne  helle,  fast 
feurig  grüne  Farbe  erhält,  während  er  in  grünlosem  Glas  dieselbe 
schnell  in  ein  mißtöniges  dunkles  Grün  umwandelt.  Mehrfach 
wiederholte  Versuche  belehrten  mich,  daß  um  die  Froschgläser  herum¬ 
geordnete  lebhaftgrün  bemalte  Papierstreifen  ähnlich,  wenn  auch 
nieht  ganz  so  schnell  und  stark  wirkten  wie  die  frischgriiuen 
Blätter. 

Schon  hatte  ich  angefangen,  für  die  Umwandlungsstadien  die 
Zeitdauer  aufzuzeichnen,  da  ward  ich  durch  Verhältnisse  und  ander¬ 
weitige  Arbeiten  genötigt,  die  Versuchsreihen  abzubrechen.  Erst  in 
neuester  Zeit  bin  ich  wieder  dazu  gekommen,  einige  Experimente 
weiter  zu  führen.  Im  Herbst  1889  nahm  ich  ein  halbjähriges  Laub- 
fröschcbeu  mit  nach  Hause.  Während  des  Winters  erhielt  es  ein  großes 
Glas  zum  Aufenthalt,  worin  bei  einer  Temperatur  in  der  Nähe  des 
Gefrierpunktes  Brunnenkresse  ein  schön  grünes  Gezweig  bildete. 
Während  sonst  die  Laubfrösche  im  Freien  im  Winter  eine  dunkel¬ 
grüngraue  Farbe  anuehmen  und  so  angefärbt  im  Frühjahr  wieder 
aus  Tageslicht  kommen,  um  sich  in  kurzer  Frist  umzufärben,  blieb 
mein  Fröschchen  schön  lichtgelbgrün,  so  daß  man  seine  Färbung  von 
der  der  Kressenblätter  kaum  unterscheiden  konnte.  Halb  im  Wasser 


165 


hockend,  bisweilen  wenn  das  Wasser  gewechselt  worden,  auch  ein 
wenig  über  dem  Wasser  festsitzend  versank  es  in  den  Winterschlaf, 
wenigstens  in  den  Zustand,  wo  der  Kehlsack  Viertelstunden  hindurch 
keine  Spur  von  Atmungsbewegung  zeigt. 

Wenn  man  nun  bei  diesem  Zustande  das  Grün  vorsichtig  heraus- 
sch neidet  und  entfernt,  ändert  sich  die  leuchtend  grüne  Farbe  als¬ 
bald  um,  wird  dunkler,  dann  graulich  und  zuletzt  ganz  mißfarbig. 
Legt  man  dann  frische  grünende  Brunnenkresse  wieder  ein,  so  wird 
das  Tier,  welches  selbstverständlich  während  der  ganzen  Zeit  ohne 
Nahrung  in  seiner  Lethargie  verharrte,  wieder  so  schön  lichtgelbgrüu 
wie  zuvor.  Es  bleibt  dann  innerhalb  seines  Brunnenkressenpalastes 
leuchtend  grüu,  bis  die  Aprilsoune  Wärme  und  damit  neues  Leben  bringt. 

Fern  liegt  es  mir,  auf  diese  meine  Versuche  viel  Gewicht  legen  zu 
wollen  :  dazu  sind  ihrer  viel  zu  wenig  und  sind  sie  nicht  planvoll 
genug  durchgeführt.  Sie  stimmen  aber  zu  den  zahlreichen  Beob¬ 
achtungen  von  Farbenwechseln,  welche  andre  an  sehr  verschiedenen 
Tieren  gemacht  haben.  Aus  ihnen  geht  zunächst  hervor,  daß  die 
Farbenreflexe  aus  der  nächsten  Umgebung  auf  die  Färbung  der  Tiere 
bestimmend  resp.  umstimmend  einwirken,  und  zwar  ohne  daß  das 
Tier  vermöge  eines  besondern  Willeureizes  etwas  dazu  thut;  es 
geschieht,  wenn  ich  mich  so  ausdrücken  darf,  ganz  von  selbst.  Ein 
Einfluß  aber,  welcher  sich  innerhalb  der  kurzen  Lebenszeit  eines  In¬ 
dividuums  so  kräftig  geltend  macht,  muß  notwendig  auch  bezüglich 
der  Entwickelung  einer  Art,  (eines  Geschlechtes)  wirksam  sein,  und 
zwar  so,  daß  die  Folgen  der  Einwirkung  mehr  und  mehr  erblich 
werden.  Nach  Analogien  zu  schließen  sind  die  Vorfahren  der  Species 
Laubfrosch  ( Hyla  arborea ),  resp.  des  Geschlechtes  Hyla,  nicht  grün 
gewesen  ;  bei  deren  allmählich  sich  vollziehendem  ständigen  Aufent¬ 
halt  im  grünen  Gelaube  wirken  aber  die  Blätter  hindurchgehender 
und  dabei  grün  werdender  Lichtstrahlen  so  auf  die  Färbung  ein, 
daß  die  gelbgriineu  und  blaugrünen  Farben  entstehen,  welche  die 
Oberseite  der  Lurche  aus  dem  Geschlecht  derer  von  Hyla  zieren. 
Während  der  Entwickelung  einer  Art  oder  eines  Geschlechtes  sum¬ 
mieren  sich  die  färbenden  Beeinflussungen  ;  auch  wenn  sie  au  sich 
schwach  sind,  weit  schwächer  wie  eben  zum  Beispiel  beim  Laub¬ 
frosch,  werden  sie  durch  die  Summierung  und  die  Zeitdauer  doch  über¬ 
wältigend  und  bestimmend  stark.  Wir  meinen  daher,  es  müßte  eigentlich 
heißen:  Die  Umgebung  paßt  sich  die  Tierarten  in  der 
Färbung  an,  nicht  umgekehrt:  Die  Tierart  paßt  sich  in  der 
Färbung  der  Umgebung  au. 


166 


Die  augepaßten  Färbungen,  die  Schutzfarben,  entstehen  aller¬ 
dings,  indem  einerseits  die  Variabilität  und  anderseits  die  Erblich¬ 
keit  wirkt,  aber  bei  der  Variabilität  wirkt  wiederum  die  Umgebung  — 
wenigstens  in  sehr  vielen  Fällen  —  physikalisch-optisch,  durch  die 
von  ihr  ausgehenden  farbigen  Lichtstrahlen,  direkt  auf  die  sich  ent¬ 
wickelnden  färbenden  Substanzen  in  der  Haut,  —  ich  möchte  sagen 
assimilierend,  wenn  das  Wort  nicht  anderweitig  vergeben  wäre  —  ein, 
und  so  entstehen  die  im  Kampf  ums  Dasein  bevorzugten  Farben- 
nuaucen  in  weit  größerer  Meuge  und  intensiver  als  andere  Farben¬ 
abweichungen. 

/ 

Die  Raubsiiugetiere  des  Teutoburger  Waldes.*) 

Von  Heinrich  Schacht. 


III.  Der  Edel  marder  (Mustela  martes). 

Unter  den  marderartigen  Raubtieren,  die  sich  durch  ihren 
schlanken,  gestreckten  walzenförmigen  Körperbau,  die  niedrigen 
Beine,  den  kleinen  Kopf  mit  den  lüstern  glühenden  Augen  aus¬ 
zeichnen,  nimmt  der  Edel-  oder  Baummarder  die  vornehmste 
Stelle  ein.  Seine  charakteristischen  Merkmale,  die  ihn  von  dem 
Haus-  oder  Steinmarder  unterscheiden,  sind  der  kastanienbraune, 
gelblich  durchscheinende  Pelz  und  die  dottergelbe  Kehle.  Hin  und 
wieder  trifft  man  auch  Exemplare  an,  die  einen  hellem  graugelben 
Pelz  und  eine  mehr  weißliche  Kehle  haben  und  die  vou  einigen 
Jägern  und  Forschern  deshalb  als  Bastarde  angesprochen  werden. 
Ob  sie  wirkliche  Bastarde  sind  oder  nur  als  Farbenvarietät  dastehen, 
läßt  sich  bei  der  nahen  Verwandtschaft  beider  Marderarten  schwer 
nach  weisen.  Da  beide  oft  einen  gemeinsamen  Aufenthaltsort  er¬ 
wählen  und  selbst  Hausmarder,  wie  ich  aus  Erfahrung  weiß,  mitten 
im  Walde  angetroffen  und  gefangen  werden,  so  liegen  solche  Ver¬ 
bindungen  durchaus  nicht  außer  dem  Bereiche  der  Möglichkeit,  denn 
das  brlinftige  Baummarderweibchen  wird  gewiß  dem  Stein marder- 
männchen  gegenüber  selten  die  Spröde  spielen,  wie  es  auch  umge- 
gekehrt  nicht  der  Fall  sein  wird.  Von  einigen  Seiten  wird  die 
Existenz  von  Marder-Blendliugen  aber  geradezu  iu  Abrede  gestellt  und 
die  lichtere  Färbung  des  Pelzes  und  der  Kehle  für  ein  Zeichen  eines 
krankhaften  Zustandes,  schlechter  Ernährung  u.  s.  w.  angesehen. 


*)  Vgl.  Jahrg.  XXVIII,  1887,  S.  242. 


167 


Der  Aufenthalt  des  Baummarders  ist  iu  erster  Li  nie  der  Wald 
und  zwar  sowohl  der  Laub-  als  auch  der  Nadelwald.  In  ausge¬ 
dehnten  Laubholzbestäuden,  die  viele  alte  und  hohle  Rieseubäume 
aufzeigen,  läßt  er  sich  besonders  gern  nieder,  doch  behagen  ihm 
auch  dichte  Fichtenbestände,  in  welchen  er  sichere  Schlupfwinkel 
uud  geschützte  Ruheplätze  findet.  Iu  den  Höhlungen  der  Bäume, 
in  alten  Krähen-  und  Eichhörnchenuestern  ,  in  Felsspalten-  uud 
Steinklüften  weiß  er  sich  wohnlich  einzurichten ,  ja  er  verfehlt 
auch  nicht  in  rauher  Jahreszeit  sein  Quartier  durch  Moos  und  Gras 
behaglicher  zu  gestalten.  Als  ich  einst  ein  in  einem  dichten  Dorn¬ 
büsche  am  Waldessaume  stehendes  Elsternest  untersuchen  wollte, 
sprang  zu  meinem  nicht  geringen  Erstaunen  ein  Baummarder 
heraus  und  verschwand  eiligst  im  nahen  Walde. 

Wenn  er  auch  seinem  Raubgeschäfte  gewöhnlich  in  der  Stille 
der  Nacht  nachgeht,  so  trifft  man  ihn  in  stillen  einsamen  Waldungen 
oftmals  auch  am  hellen  Tage  raubend  an.  Einst  ging  ich  an  eiuem 
schönen  Julitage  in  Begleitung  eines  Forstmannes  auf  die  Jagd,  um 
einen  Rehbock  zu  erlegen.  Als  wir  einen  alten  Sandsteinbruch 
passierten,  wo  zwischen  wüstem  Steingeröll  Sahlweideu,  Ilimbeer- 
und  Brombeergesträuch  üppig  emporgewuchert  war,  vernahm  ich  eigen¬ 
tümlich  klingende  Töne,  ähnlich  dem  Warnungslaute  unserer  Mönchs¬ 
grasmücke.  Mein  Begleiter  erklärte  die  Töne  auch  für  Vogelstimmen, 
ich  aber  konnte  darin  keine  Vogelstimme  erkennen.  In  demselben 
Augeublicke  sah  ich,  daß  am  nahen  Fichtenbestande  ein  altes  Reh 
stand  und  gleichzeitig  in  einer  Entfernung  von  40  Schritten  ein 
starker  Baummarder  am  Fuße  einer  einzeln  stehenden  Buche 
munter  umhersprang.  Kaum  wurde  der  Marder  unser  ansichtig, 
als  er  blitzschnell  unter  dem  Saudsteingeröll  verschwand,  iudess  das 
alte  Reh  dem  Waldesinnern  zustrebte.  Ich  hätte  den  Marder  gern 
ins  Jenseits  befördert,  wenn  nicht  mein  Freund  sein  Veto  eingelegt 
hätte ,  weil  ja ,  wie  er  meinte,  der  Balg  des  Missethäters  im 
Sommer  doch  keinen  Wert  habe.  Jetzt  entfernte  sich  mein  Freund, 
ich  aber  blieb  wie  angewurzelt  stehen  uud  wartete  sehnsüchtig  der 
Dinge,  die  da  kommen  sollten.  Nachdem  ich  etwa  eine  halbe 
Stunde  auf  meinem  Platze  verharrt,  wurde  mir  die  Sache  schließlich 
langweilig ,  ich  ergriff  einen  mächtigen  Sandstein  und  warf  ihn 
krachend  zwischen  die  Felsblöcke,  um  den  Marder  aufzuscheuchen. 
Statt  des  Marders  erhob  sich  au  derselben  Stelle,  wo  der  Räuber 
meinen  Blicken  entschwunden  war,  eine  Rehkitze  und  lief,  so  rasch  es 
das  Steingeröll  erlaubte,  in  derselben  Richtung  in  den  Wald,  die 


168 


auch  das  alte  Reh  genommen  hatte.  Jetzt  war  die  Sache  klar. 
Das  Kitzchen  hatte,  als  es  den  Todfeind  in  seiner  Nähe  erblickte,  Angst- 
und  Schreckenslaute  ausgestoßen,  die  mein  Freund  aber  für  Laute 
eines  Vogels  gehalten  hatte.  In  der  Abenddämmerung  sahen  wir 
später  den  Marder,  nicht  weit  von  der  ersten  Stelle  entfernt,  eiligst 
über  eine  schmale  Schneise  springen. 

Ein  andermal  sah  ich,  wie  am  hellen  Tage  am  Saum  eines  mit 
Unterholz  dichtbestaudenen  Eichenwaldes  ein  gewöhnlicher  Bauernhund 
einen  Baummarder  aus  dem  Gebüsche  trieb  und  daß  dieser  nur  mit 
knapper  Not  einen  Baum  erreichte,  dann  aber  in  eiliger  Flucht  von 
einer  Baumkrone  zur  andern  flüchtete  und  bald  im  Walde  verschwand. 

Einst  spürte  in  meiner  Nachbarschaft  der  Hund  eines  im  Walde 
hütenden  Hirten  einen  Edelmarder  in  einem  einzeln  stehenden 
Dornbüsche  auf,  zerrte  ihn  heraus  und  biß  sich  tapfer  mit  dem 
Tiere  herum.  Wie  der  Hirt  den  Kampf  sieht,  rennt  er  schnell  her¬ 
bei  und  will  mit  hocherhobenem  Stocke  deu  Marder  über  den  Kopf 
schlagen,  trifft  aber  unglücklicher  Weise  in  der  Gefechtshitze  den 
Hund  auf  die  Nase,  daß  der  arme  Phylax  gleich  betäubt  zu  Boden 
sinkt.  Der  Marder  hat  indes  nichts  Eiligeres  zu  thun,  als  so 
rasch  wie  möglich  im  Walde  zu  verschwinden. 

Ein  Gebiet,  in  welchem  sich  ein  Edelmarder  angesiedeldt  hat, 
ist  zur  schönen  Sommerzeit  auffallend  still  und  öde.  Hier  flötet 
keine  Amsel,  hier  singt  keine  Grasmücke,  hier  trillert  kein  Baum¬ 
pieper,  denn  das  glühende  Auge  des  gewandten  Räubers  weiß  alle 
Nester  auszukundschaften.  Auch  die  in  den  Höhlungen  der  Bäume 
stehenden  Nester  werden  arg  durch  ihn  heimgesucht  und  sind  es 
hauptsächlich  Spechte  und  Stare,  deren  Junge  sich  nur  zu  leicht 
bemerklich  machen,  die  er  zum  Opfer  erwählt.  Mein  alter  Freund, 
der  Förster  Fricke  vom  Externstein,  steckte  einst  seine  Hand  in 
ein  etwa  in  Mannshöhe  stehendes  Spechtnest,  um  ein  Junges  heraus¬ 
zuheben.  In  demselben  Augenblicke  hatte  sich  aber  ein  Baummarder 
so  fest  in  seiner  Hand  verbissen ,  daß  er  denselben  zum  Loche 
hinauszerrte,  daun  mit  der  andern  Hand  ergriff  und  dingfest  machte. 
Als  ich  einst  im  Walde  an  einen  Baum  schlug,  in  dessen  Höhlung 
sich  ein  Starenuest  befand,  glotzten  mir  aus  dem  Nesteingauge  die 
grellen  Augen  eines  Marders  entgegen.  Natürlich  war  vom  Star 
und  seiner  Brut  jede  Spur  verloren.  —  Vor  einigeu  Jahren 
siedelte  sich  am  Externstein  an  eiuem  isoliert  stehenden  Felsen  ein 
Wanderfalke  ( Falco  peregrinus )  an.  Im  ersten  Sommer  wurden  die 
Jungen  von  einem  Baummarder  im  Horste  erwürgt ,  im  zweiten 


169 


Sommer  vernichtete  der  Räuber  das  ans  4  Stück  Eiern  bestehende  Ge¬ 
lege.  Natürlich  ließ  das  Falkeupärehen  im  dritten  Sommer  den 
verdächtigen  Felsen  verächtlich  beiseits  liegen.  —  Wenn  dem  Baum¬ 
marder  auch  das  zarte  Fleisch  des  Geflügels  als  Leckerbissen  gilt, 
so  verschmäht  er  auch  das  Fleisch  der  kleineren  Säugetiere  nicht, 
und  Hasen,  Kaninchen,  selbst  Rehkitze,  Siebenschläfer,  Mäuse  und 
Eichhörnchen  fallen  ihm  zum  Opfer.  Auf  das  Fleisch  der  Eich¬ 
hörnchen  scheint  er  sehr  erpicht  zu  seiu,  und  wenn  er  einmal  auf 
seinen  verborgenen  Streifzügen  ein  solches  Tierchen  zu  Gesicht  be¬ 
kommt,  so  entsteht  eine  wilde  Jagd  von  Ast  zu  Ast,  von  Baum  zu 

Baum,  bis  sich  endlich  der  arme  Rotmantel  in  sein  Schicksal  er- 

•  • 

geben  muß.  Hat  der  Baummarder  Nahrung  im  Überflüsse,  so 
vertilgt  er  von  seiner  Beute  nur  einzelne  leckere  Stücke  wie  das 
Gehirn,  aber  er  säuft  immer  gierig  das  rauchende  Blut.  Im  Sommer 
behagen  ihm  auch  die  Früchte  der  saftigen  Waldbeereu,  und  im 
Herbst  plündert  er  gern  Vogelbeerbäume,  geht  mit  Vorliebe  in  die 
Dohnenstiege  und  bringt  nicht  nur  den  Vogelsteller  um  einen  Teil 
der  gefiederten  Beute,  sondern  reißt  ihm  auch  die  als  Köder  dienenden 
leuchtendroten  Beeren  aus  den  dreieckigen  Vogelgalgen.  Um  diese 
Zeit  findet  man  an  schmalen  Waldwegen  und  Steigen,  die  der  Marder 
gern  einzuschlagen  pflegt,  seine  stark  duftenden  Exkremente,  die 
fast  nur  aus  den  Resten  von  Vogelbeeren  bestehen.  Wenn  in  kalter 
Winterzeit  manchmal  Hunger  und  Not  bei  ihm  Einkehr  halteu,  so 
begnügt  er  sich  auch  au  Aas,  habe  ich  doch  schon  erfahren,  daß  er 
um  diese  Zeit  von  einem  am  Waldrande  liegenden  toten  Hunde 
sich  ein  Stück  abgeschnitten  hatte. 

Im  Monat  April  bereitet  sich  das  Baummarderweibchen  ein 
weiches  Lager  zum  Wochenbette  und  wählt  sich  dazu  vorzugsweise 
solche  Höhlungen  in  Bäumen  aus,  die  wenigstens  5 — 10  m  vom  Erd¬ 
boden  entfernt  sind ,  doch  fand  ich  schon  Gehecke  in  Felsklüften 
und  in  Eichhöruchennestern.  Vor  einigen  Jahren  hatte  hier  ein  Baum¬ 
marder  sein  Nest  in  unmittelbarer  Nähe  einer  Schmiede  inmitten  eines 
Sandsteinbruches  in  einem  etwa  4  m  hohen  Felsen  angelegt.  Einst 
fand  ich  ein  Nest  mit  4  Juugen  in  einem  tiefen  Waldthale 
und  zwar  in  einem  verlassenen  Eichhörnchenneste ,  welches  auf 
einer  schwachen  Fichte  nur  5  m  vom  Boden  entfernt  stand. 
—  Sobald  die  jungen  Baummarder  herangewachsen  sind,  machen 
sie  sich  auch  an  ihrer  Behausuug  bemerklich ,  indem  sie  mit 
laut  schäckernden  Tönen  die  Ankunft  der  Mutter  begrüßen, 
welche  ihnen  selbst  am  Tage  Beute  zuträgt.  In  der  Nähe  des 


170 


Nestes  findet  man  auf  Felsblöcken  oder  Baumästen  die  förmlich 
glatt  getretenen  Spielplätze,  auf  denen  sich  die  mutwillige  Marder¬ 
jugend  im  Schein  der  Frühlingssonne  munter  zu  tummeln  pflegt. 
Naht  ihnen  Gefahr  oder  bemerken  die  Jungen  etwas  Verdächtiges, 

so  schlüpfen  sie  rasch  wieder  in  ihr  Versteck  oder  sie  ducken  sich 

•  • 

schweigend  auf  den  Asten  nieder.  Haben  sie  sich  einmal  auf  einem 
Aste  festgesetzt,  so  erfordert  es  gewaltige  Anstrengung,  um  sie 
herunter  zu  schütteln.  Ein  Freund  von  mir  erbeutete  einmal 
3  junge  Baummarder,  indem  er  über  den  Ast,  auf  welchem  sie  sich 
festgesetzt  hatten ,  eine  starke  hänfene  Schnur  warf  und  dann  so 
lauge  zog,  bis  durch  die  schaukelnde  Bewegung  betäubt  alle  drei 
nacheinander  herniederstürzten. 

Die  jungen  Baummarder  sind  allerliebste  rührige  und  schmucke 
Gesellen  und  werden  bei  verständiger  Pflege  so  zahm,  daß 
sie  ihrem  Herrn  wie  ein  Hund  folgen.  Wenn  sie  sich  auch 
an  Milch  und  Weißbrot  gewöhnen,  so  muß  man  ihnen  doch  Hühner¬ 
eier  und  Fleischspeisen  reichen,  weil  sie  sonst  ihr  glattes  Aussehen 
verlieren  und  auch  nie  einen  dichten  Haarpelz  bekommen.  Natürlich 
darf  man  lebendes  Geflügel  nicht  in  ihre  Nähe  bringen,  denn  sie 
können  ihre  unverwüstliche  Raub-  uud  Mordlust  niemals  verleugnen 
und  würgen  alles,  was  ihnen  in  den  Weg  kommt. 

Der  Fang  des  Baummarders  ist  eben  nicht  schwierig,  wenn  man 
ihn  an  einer  Stelle  des  Waldes  erst  fest  eingekirrt  hat.  So  ist  er 
z.  B.  im  Dohnenstiege  mit  einem  Tellereisen,  das  wohlversteckt  durch 
Laub  und  Moos  am  Boden  angebracht  mit  einem  frei  darüber 
schwebenden  toten  Vogel  beködert  ist,  bald  zu  berücken.  Nur  em¬ 
pfiehlt  es  sich,  ein  nicht  zu  schwaches  Eisen  zu  wähleu  oder  zwei 
kleine  Eisen  dicht  nebeneinander  zu  legen.  Auch  in  Prügelfallen, 
die  schon  frühzeitig;  im  Herbst  eingerichtet  werden  und  häufig  mit 

o  O  o 

Haseugescheiden,  Mäusen,  toten  Vögeln,  Vogelbeeren  u.  s.  w.  zu 
versehen  sind,  bis  sie  bei  Schnee  endlich  fangisch  gestellt  werden 
können,  bekommt  man  den  Marder  in  seine  Gewalt.  Der  Jäger 
verfolgt  bei  frischem  Schneefalle  die  Fährte  im  Walde,  kann  aber 
dabei  oft  stundenlang  wandern,  bis  er  ihn  endlich  in  einem  hohlen 
Baume,  in  einer  Felskluft  oder  in  einem  alten  Krähen-  oder  Eich¬ 
hörnchenneste  antrifft.  Aus  hohlen  Bäumen  wird  er  mit  Schwefel¬ 
dampf  oder  durch  Klopfen  aufgescheucht,  aus  den  Nestern  schießt 
man  ihn  einfach  herab.  Hat  er  aber  in  dichten  Fichtenbeständen 
seinen  Aufenthalt  genommen,  so  ist  es  meist  geradezu  ein  Ding  der 
Unmöglichkeit,  seinen  Ruheplatz  ausfindig  zu  machen.  Im  Sommer 


171 


gelingt  es  manchmal  zufällig,  einen  Baummarder  auf  dem  Ansitze 
zu  erlegen,  wenn  er  seinen  Jungen  Nahrung  zuträgt.  So  schoß  vor 
einiger  Zeit  hier  ein  benachbarter  Forstmann  einen  Baummarder, 
der  gerade  ein  Finkennest  ausgehoben  hatte  und  nun  die  Vögel 
seinen  Jungen  zutragen  wollte. 

Der  Baummarder  ist  in  unserem  Walde  noch  häufig  anzutreffen, 
weil  seiner  Vermehrung  zu  wenig  Schranken  gesetzt  werden.  Mau 
fängt  ihn  wohl  einmal  im  Dohnenstiege,  wenn  sein  Treiben  darin  gar  zu 
arg  wird;  schießt  ihn,  wenn  inan  ihn  zufällig  im  Winter  festge- . 
macht  hat;  dagegen  läßt  mau  ihn  im  Sommer  mit  seinen  Jungen 
meist  unbehelligt,  weil  der  Balg  dann  wertlos  ist  und  nur  sehr 
wenige  E'orstverwaltungen  ein  angemessenes  Schußgeld,  andere  sogar 
nichts  zahlen. 

Kampf  von  Schwarzdrosseln  mit  Reptilien. 

Mitgeteilt  von  Paul  Leverkühn. 

Mein  lieber  Freund  August  Crey dt,  jetzt  K.  K.  Lieutenant 
im  8.  Huzaren-Regiment  Frb.  von  Koller,  in  Diakovär  in  Slavonieu, 
teilte  mir,  als  er  mich  das  letzte  Mal  in  Norddeutschland  besuchte, 
folgendes  mit:  Im  Juli  1889  nahm  er  in  dem  ausgedehnten  Parke 
der  K.  u.  K.  Militär- Akademie  zu  Wiener-Neustadt  wahr,  wie  ein 
Amselmänucheu  ( Turdtis  merula),  welches  in  der  unmittelbaren  Nähe 
in  einem  Taxusbaum  ( Taxus  haccata)  sein  Nest  mit  Jungen  hatte, 
wiederholt  ins  Gras  flog,  woselbst  es  auf  einen  Gegenstand  zu  hacken 
schien,  ihn  auch  aufzuheben  versuchte,  jedoch  immer  wieder  fallen 
ließ.  Das  Ab-  und  Zufliegen  wiederholte  sich  wol  zwanzigmal.  Als 
Creydt  hinzuging,  fand  er  eine  Ringelnatter  ( Tropidonotus  natrix ) 
im  Grase,  welche  gerollt,  wie  eine  Kreuzotter,  die  Angriffe  abpaßte. 
—  Beim  Amselnest  lag  eine  tote  Blindschleiche  ( Anguis  fragilis). 

Einen  ähnlichen  Fall  veröffentlichte  Herr  A.  Faleschini 
in  Graz  in  den  Mitteilungen  des  Naturwissenschaftlichen  Vereins 
für  Steiermark*,),  welchen  ich  hier  vollständig  wiedergebe,  da  jenes, 
übrigens  an  zoologischen  und  speciell  ornithologischen  Aufsätzen  aus¬ 
gezeichneter  Forscher,  wie  Blasius,  Hanf  und  A.  Mojs.var  von 
Mojsisovics,  sehr  reiche  Vereinsorgan  den  wenigsten  Lesern  des 
»Zoologischen  Garten«  zugäuglich  sein  dürfte. 

»An  einem  der  ersten  Junitage  a.  c.  (1885)  bemerkte  ich , 
(Faleschini)  gegen  die  Mittagsstunde  im  hiesigen  (Grazer)  Stadtparke 


*)  Jahrgang  1885.  Graz  1886.  XX.  S.  CV1II. 


172 


am  Anfänge  einer  »Geh-Allee«  ein  Schwarzamselmäuncben,  im  Kampfe 
mit  einer  etwa  13  cm  langen  gemeinen  Eidechse  (Lacerta  agilis  L.). 
Die  Amsel  wollte  die  Eidechse  im  Fluge  erhaschen,  flog  daher  stets 
knapp  an  sie  heran,  um  sie  im  geeigneten  Momente  am  Halse  zu 
fassen ;  die  Eidechse  verteidigte  jedoch  mutig  ihr  Leben ;  mit  hoch- 
aufgerichtetem  Kopfe  und  weit  geöffnetem  Rachen  folgte  sie  allen 
Bewegungen  der  Amsel,  drehte  sich  lebhaft  im  Kreise  herum  und 
machte  sogar  kleine  Sprünge  gegen  ihren  Angreifer.  Das  interessante 
Manövrieren  mochte  etwa  zwei  Minuten  lang  gedauert  haben,  als 
durch  einen  Zufall  die  angreifende  Amsel  der  erzürnten  Eidechse  im 
Fluge  etwas  allzu  nahe  herankam,  —  die  Eidechse  sprang  nochmals 
nach  der  Amsel,  erfaßte  sie  diesmal  am  Bein,  biß  sich  fest  und 
wurde  von  der  Amsel,  die  ein  schmerzhaftes  Geschrei  vernehmen 
ließ,  durch  ein  nahestehendes  Gebüsch  auf  den  nächsten  Baum  ge¬ 
tragen.  —  Leider  entzog  mir  das  dichte  Laub  eine  weitere  Be¬ 
obachtung;  ich  konnte  den  Ausgang  des  Kampfes  nicht  mehr  wahr¬ 
nehmen,  wahrscheinlich  wurde  die  Eidechse  bald  darauf  mit  einigen 
kräftigen  Schnabelhieben  kampfunfähig  gemacht.« 

Dieser  Beobachtung  reiht  der  damalige  Redakteur  der  Mittei¬ 
lungen,  Herr  Professor  Dr.  Edler  Mojsvar  von  Mojsisovics  eine 
andere  an,  welche  er  vom  K.  u.  K.  Notar  Dr.  Franz  P r echel macher 
in  Obdach  erfuhr,  »als  einen  Beleg  für  die  Harmlosigkeit«  unseres 
ängstlich  gehegten  »Stadtpark- Ziervogels«.  Im  Sommer  v.  J.  (1884) 
sah  Prechelmacher  zufällig  auf  einer  Wiese,  vor  dem  sog.  Portierhause 
im  »Rosenhaine«  bei  einem  Gutshofe  am  Rosenberge  bei  Graz,  eine 
Glucke  fMutterhenne)  mit  ausgebreiteten  Flügeln  und  unter  leb¬ 
haftem  Geschrei  umherrennend  und  mit  den  Schwingen  uach  dem 
im  Grase  Befindlichen  schlagend.  Als  er  näher  trat,  gewahrte  Herr 
P.,  daß  im  ungefähr  handhohen  Grase  eine  Schar  Küchlein  laut 
piepend  hin-  und  herlief,  augenscheinlich  geäugstigt  durch  eine 
Amsel,  die  wiederholt  emporhüpfte  und  sich  wieder  auf  den  Boden 
stürzte,  in  Sprüngen,  wie  mau  sie  eher  bei  jungen  kämpfenden 
Hähnen  sieht.  Da  die  Henne  immer  mit  den  Flügeln  nach  der  Amsel 
schlug,  so  zweifelte  P.  nicht,  daß  letztere  die  Jungen  mit  ihren 
Sprüngen*  augriff,  während  erstere  sie  zu  vertreiben  suchte.  Das 
Ganze  währte  einige  Sekunden ;  die  Amsel  störte  die  Anwesenheit 
des  Herrn  P.  in  6 — 8  Schritt  Entfernung  wenig;  erst  beim  Näher¬ 
treten  des  Beobachters  flog  sie  mit  den  bekannten  quackeuden  Lauten 
auf  einen  nahen  Baum.  Ob  sie  mit  dem  Schnabel  nach  einem  Jungen 
gehackt  hatte,  konnte  P.  wegen  des  herrschenden  Durcheinander 


173 


und  wegen  der  Höhe  des  Grases  nicht  sehen.  Die  Portierfrau  er¬ 
zählte  nachträglich,  ihre  Hennen  seien  öfters  in  großer  Aufregung 
gewesen,  wie  wenn  sich  ein  Raubvogel  zeige,  und  meinte,  dies  sei 
vielleicht  auf  Angriffe  der  Amseln  zurückzuführen.  Bestimmtes  wußte 
sie  aber  nicht. 

Wem  fiele  dabei  nicht  die  gelegentlich  des  Semper’ sehen 
»Amselprozesses«  in  Würzburg  zur  Presse  geförderten  wirklichen  und 
angeblichen  Schandthaten  der  Amsel  ein?  Während  jenen,  zum  Teil 
auch  in  der  Ornith.  Monatsschrift  (1880  Januar  u.  s.  w.)  ver¬ 
öffentlichten  Mitteilungen,  zuweilen  eine  gewisse  Voreingenommen¬ 
heit  anzuhaften  schien,  haben  wir  es  in  den  oben  angeführten  drei 
Beobachtungen  mit  offenbaren  Belegen  für  das  cholerische  Tempe¬ 
rament  vieler  Stadtamseln  zu  thun. 

München,  Anfang  April  1890. 


Die  Elster  ( Corvus  pica)  in  der  Gefangenschaft. 

Von  Josef  von  Pleyel. 


Einer  der  bekanntesten  und  verrufensten  aus  der  Familie  der 
Rabenvögel  ist  unsere  Elster ;  bezieht  sich  doch  auf  sie  die  ver¬ 
breitete  Redensart:  »Diebisch  wie  eine  Elster«,  welche  auch  in  des 
Wortes  vollster  Bedeutung  ganz  auf  die  Elster  paßt. 

Was  das  Gefangenleben  der  Elster  anbelaugt,  so  kann  ich  hier¬ 
über  ausführlich  berichten  und  zwar  auf  Grund  langjähriger  Beobach¬ 
tung,  die  ich  an  gefangenen  Elstern  machte.  Unter  diesen  ist  be¬ 
sonders  eine,  sich,  noch  in  meinem  Besitze  befindliche,  die  sich  durch 
staunenswerte  Intelligenz  vor  allen  andern  von  mir  gefangen  gehal¬ 
tenen  Rabenvögeln  auszeichnet;  wenn  die  Nebelkrähe  in  der  Gefangen¬ 
schaft  drollig,  die  Rabenkrähe  listig,  die  Dohle  keck  und  schlau  ist, 
so  vereinigt  die  Elster  alle  diese  Tugenden  oder  Untugenden  in  sich, 
sie  ist  drollig,  listig,  keck  und  schlau  und  bekundet  einen  hohen 
Grad  von  Nachahmungstalent,  wie  ich  es  bei  keinem  anderen  Vogel 
noch  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte. 


Ich  bekam  meine  Elster  als  jungen  Vogel  von  einem  Freunde, 
der  ihr  das  Wort  »Jakob«,  ihren  Namen  glücklich,  doch  ohne 
Zungeulösen,  gelehrt  hatte.  Als  Wohnung  wies  ich  ihr  einen  großen 
Käfig  au,  der  ihr  sehr  zu  behagen  schien,  denn  schon  nach  kurzer 
Zeit  ließ  sie  ihr  singendes  Schwatzen  und  den  ihr  gelehrten  Namen 
hören.  Um  sie  nicht  gänzlich  ohne  Erziehung  aufwachsen  zu  lassen, 


174 


lehrte  ich  sie  den  Flötenruf  des  Pirols,  und  nach  drei  Tagen  konnte  sie  ihn 
täuschend  nachahmen,  so  zwar,  daß  ich  einmal  glaubte  ein  von  mir 
gefangen  gehaltener  Pirol  sei  es,  der  sich  auch  einmal  herbeilasse,  den 
zu  stolz  zum  Singen  (zum  Esseu  nicht)  geschlossenen  Mund  zu  öffnen. 

Öfters  ließ  ich  sie  Anfangs  in  meinem  Studierzimmer  frei  um¬ 
herfliegen;  das  erste  Mal  verhielt  sie  sich  ganz  nach  Wunsch, 
das  zweite  Mal  aber  begann  sie  schon  allerlei  Unfug  zu  stiften,  -riß 
Briefe  vom  Schreibtische  weg,  ebenso  Streichhölzer  und  Federn  und 
verbarg  sie  hinter  den  Büchern,  unter  dem  Teppich  und  an  andern 
Schlupfwinkeln;  Papier  zerriß  sie  regelmäßig.  Eine  besondere  Vorliebe 
zeigte  sie  für  Cigarren  und  Cigaretten,  welche  sie  ganz  auseinander 
riß,  so  daß  nur  Tabak  und  Cigarrenstücke  so  umherflogen.  Einmal 
aber  kam  sie  gründlich  an;  ich  ließ  nämlich,  den  auf  der  Gardiueu- 
stange  sitzenden  und  sich  putzenden  Vogel  ganz  vergessend,  eine  an¬ 
gebrannte  Cigarre  liegen,  um  mich  auf  kurze  Zeit  zu  entfernen. 
Als  ich  zurück  kam,  sah  ich,  wie  »Jakob«  angelegentlich  den  Schnabel 
putzte,  am  Boden  lag  die  Cigarre,  aber  nur  unvollständig  zertrümmert, 
denn  höchst  wahrscheinlich  hatte  sich  der  vorwitzige  Bursche  an 
der  Glut  verbrannt  und  sein  Zerstöruugswerk  darum  nicht  vollendet. 

Weun  sie  es  mir  öfters  gar  zu  arg  trieb,  rief  oder  vielmehr 
schrie  ich  ihr  ein  gerechtfertigtes  »Wart  Lump«  zu,  welcher  Kose¬ 
namen  ihr  so  zu  gefallen  schien ,  daß  sie  ihn  in  kürzester  Zeit  als 
ihr  eigen  gegen  jedermann  ,  speziell  aber  gegen  mich  ertönen  ließ.  , 
Wenn  ich  sie  nach  einem  dummen  Streich  ausschelte,  fliegt  sie 
nicht  fort,  sondern  sie  bleibt  ruhig  sitzen,  senkt  nachdenklich  den 
Kopf  und  läßt  Flügel  und  Schwanz  hängen. 

Den  höchsten  Grad  von  Nachahmuugstalent  zeigte  sie  jedoch 
in  folgendem.  Ihr  Käfig  stand  längere  Zeit  in  der  Küche,  wo  sie 
auch  zeitweilig  frei  gelassen  wurde.  Nun  beobachtete  die  Elster, 
wie  sich  die  Dienstmagd  die  Häude  mit  der  Seife  in  der  dazu  be¬ 
stimmten  Schüssel  reinigte.  Was  that  nun  unser  kluger  Vogel? 
Als  sie  wieder  freigelasseu  wurde,  war  das  erste  ein  Stückchen 
Seife  zu  packen  und  mit  dieser  in  die  Schüssel  zu  springen,  dort 
lüftete  sie  die  Flügel  und  fuhr  an  denselben  mit  der  Seife  umher, 
als  ob  sie  sie  waschen  wollte.  Lange  wollte  ich  diese,  von  der 
Dienstmagd,  welche  die  ganze  Begebenheit  mit  Staunen  sah,  mir 
erzählte  Geschichte  nicht  glauben,  bis  ich  selbst  zufällig  die  »Wasch¬ 
bestrebungen«  der  Elster  sah.  Fürwahr,  ein  erstaunlicher  Grad  von 
Nachahmungstrieb,  wie  ich  ihn  noch  an  keinem  anderen  Vogel  zu 
beobachten  Gelegenheit  hatte. 


175 


Eine  besondere  Vorliebe  bekundet  diese  Elster  für  Bier  und 
Milch,  während  sie  Kaffee  nicht  mag.  Wo  immer  sie  ein  Glas  Bier 
oder  einen  Topf  Milch  findet,  dort  trinkt  sie  mit  wahrem  Wohlbehagen, 
in  tiefen  Zügen. 

Gegen  Fremde  ist  sie  nicht  besonders  freundlich,  sondern  schleudert 
ihnen,  wenn  sie  zu  ihrem  Käfig  treten ,  die  unglaublichsten  Worte 
in  deutscher  und  Elsternsprache  au  deu  Kopf.  Eine  große  Augst 
zeigt  sie  vor  Regenschirmen;  sobald  ein  solcher  aufgespannt  wird  oder 
zugemacht  in  der  Nähe  ihres  Käfigs  lehnt,  erhebt  sie  ein  entrüstetes 
und  Furcht  zeigendes  Keckem,  womit  sie  erst  dann  innehält,  wenn 
man  das  Instrument  aus  ihrer  Nähe  entfernt. 

Als  wir  aufs  Land  zogen ,  kam  die  Elster  selbstredend  mit. 
Ungefähr  14  Tage  stand  sie  mit  ihrem  Käfig  auf  der  nach  dem 
Garten  gerichteten  Terrasse,  als  es  ihr  eines  Tages  auf  unaufgeklärte 
Weise  gelang  zu  entkommen.  Vier  Tage  flog  sie  in  den  benachbarten 
Gärten  umher,  strich  sogar  auf  kurze  Zeit  in  den  nahen  Wald,  kam 
aber  endlich  doch  ganz  müde  am  Vormittag  des  fünften  Tages  in 
ihren  Käfig  zurück;  das  erste  war  hier,  auf  die  oberste  Sprung¬ 
stange  zu  fliegen,  die  .Federn  aufzustellen  und  zu  schlafen. 

Ich  ließ  sie  nun  öfters  frei  umherfliegen,  wobei  sie  zu  meiner 
und  zur  Unterhaltung  der  Hausgenossen  die  dümmsten  Streiche 

“  o 

machte. 

Ein  besonderes  Vergnügen  schien  es  ihr  zu  gewähren,  einen 
kleinen  Huna,  der  einer  Partie  gehörte,  zu  quälen.  Wenn  derselbe 
im  Sonnenschein  weich  gebettet  am  Rasen  lag  und  schlief,  da  erschien 
ganz  sachte  hinter  einem  Gebüsch  die  Elster,  trippelte  leise  bis  ganz 
nahe  zu  ihm  heran,  betrachtete  ihn  eine  Weile,  stellte  sich  in  Posi¬ 
tion  und  hackte  mit  Aufbietung  aller  Kräfte  einigernale  blitzschnell 
in  das  Schwanzende.  Wenn  der  auf  so  schnelle  Weise  aus  Morpheus 
Armen  gerissene  Hund  laut  heulend  von  seinem  weichen  Lager  auf¬ 
sprang,  war  die  Elster  schon  längst  auf  einem  hohen  Aste  und 
betrachtete  mit  satanischem  Grinsen  den  so  schnell  aus  allen  Träumen 
gerissenen  Hund;  dieser  wußte  nichts  Besseres  zu  thun,  als  nach  solch 
einem  Überfall  sich  rückwärts  zu  konzentrieren,  wohl  das  weiseste, 
was  er  thun  konnte,  aber  auch  hier  hatte  er  keine  Ruhe,  denn  sobald 
die  Elster  sah,  daß  er  ging,  flog  sie  sofort  vom  Baume  herunter, 
dem  Hunde  nach  und  versetzte  ihm  noch  einige  derbe  Hiebe,  daß  er 
heulend  mit  eingezogenem  Schwanz  mit  thunliclister  Beschleunigung 
das  Weite  suchte. 


176 


Auch  die  Füße  barfüßig  gehender  Leute  hatten  keine  Ruhe  vor 
diesem  Vogel,  immer  wieder  suchte  er  hineinzuhacken  und  alles 
Stoßen  konnte  ihn  nicht  abbringen.  Einmal  fand  der  Gärtner  beim 
Rechen  der  Gänge  des  Gartens  unter  dürrem  Laub  einen  Silber- 
löffel,  den  die  »liebe«  Elster,  wie  sie  allgemein  genannt  wurde,  ge¬ 
stohlen  und  dort  versteckt  hatte.  Kurz  darauf  flog  sie  durch  das 
Fenster  eines  ein  Stockwerk  höher  wohnenden  Herrn,  auf  dessen 
Schreibtisch  sie  eine  solche  Verwüstung  anrichtete,  daß  der  Herr, 
der  sie  gerade  bei  der  »Arbeit«  überraschte,  in  Ermangelung  eines 
andern  Gegenstandes  ihr  den  mit  anerkennenswerter  Geschwindigkeit 
ausgezogenen  Pantoffel  nachwarf,  vor  welchem  sie  mit  lautem  Ge¬ 
schrei  flüchtete.  Nun  war’s  aus  mit  der  Freiheit,  und  die  Elster 
konnte  im  Käfig  nachdenken  über  die  dummen  Streiche,  wegen  welcher 
sie  eingesperrt  wurde. 


Beidings  Ziesel,  SpermophUu s  Beldingi  Merriam,  sp.  nov. 

Kalifornien. 

Von  Dr.  B.  Langkavel. 

Im  vierten  Bande  der  Annals  of  the  New  York  Academy  of 
Sciences,  1889,  No.  10  und  11  veröffentlichte  Mr.  C.  Hart  Merriam 
eine  Beschreibung  dieser  neuen  Species,  welche  er  von  Mr.  Beiding 
aus  beträchtlichen  Höhen  der  Sierra  Nevada  in  Placer  Co.,  Kali- 
ornien,  erhalten  hatte.  Nach  genauerer  Untersuchung  der  über¬ 
schickten  Exemplare  erkannte  Mr.  Merriam  in  ihnen  eine  neue 
Art,  welche  sich  an  Spermophilus  Bichardsoni  Townsendi  enger  als 
an  irgend  eine  andere  Art  anschließt.  Der  Spermophilus  Townsendi 
findet  sich  öfter  in  zoologischen  Museen,  und  schon  vor  mehr  als 
dreißig  Jahren  gab  Spencer  F.  Baird  im  achten  Quartbande  der 
Reports  of  Explorations  and  Surveys  etc.  for  a  railroad  from  the 
Mississippi  to  the  Pacific  auf  Seite  325  und  326  eine  Beschreibung 
dieser  Art,  während  vor  und  nach  dieser  eine  ganze  Reihe  anderer 
Arten  behandelt  werden. 

An  den  Exemplaren  dieser  neuen  Art  war  besonders  auffallend 
ein  breites  dorsales  Band  von  rötlicher  Farbe,  das  sich  von  dem 
Gelb  der  Seiten  durch  eine  scharf  begreuzte  Linie  abhob;  die  für 
Spermophilus  Townsendi  so  charakteristischen  undeutlichen  Flecken 
fehlen  vollständig.  Da  nun  aber  diese  Exemplare  zur  Aufstellung 


177 


einer  neuen  Art  nicht  ausreichend  erschienen,  so  wurde  von  Merriam 
Mr.  Charles  A.  Allen  ans  Nicasio  ersucht,  jene  Lokalität,  wo 
Behling  die  Tiere  fing,  zu  besuchen  und  ihm  noch  größeres  Material 
zu  senden.  Es  wurde  Mr.  Allen  durchaus  nicht  schwer,  an  jener 
Stelle  eine  weitere  Reihe  von  Exemplaren  zu  erhalten  und  zu  weiterer 
Bearbeitung  zu  übersenden.  In  den  nachstehenden  Zeilen  wird 
der  Unterzeichnete  die  Beschreibung  Mr.  Merriams  in  freier  Über¬ 
setzung  geben. 

Spermophilus  Beldingi  ist  ungefähr  ebenso  groß  oder  unbe¬ 
deutend  größer  als  Sp.  Townsendi.  Die  Totalläuge  beträgt  (im 
Fleisch  gemessen)  292  mm;  der  subcylindrische,  nicht  buschige 
Schwanz  hat  89,  der  Hinterfuß  45  mm.  Dieser  letztere  und  das 
hintere  Drittel  der  Sohle  sind  stark  behaart,  die  Pfoten  lang,  kräftig, 
fast  gerade. 

Die  Behaarung  des  Körpers  ist  ziemlich  kurz.  Das  oben  er¬ 
wähnte  Band  reicht  vom  Nacken  allmählich  spitz  verlaufend  bis  an 
die  Schwanzwurzel  und  geht  hier  in  einen  breiten,  mit  Gelb  ein¬ 
gefaßten  Streifen  auf  der  Oberseite  des  Schwanzes  über.  Der  Kopf 
besitzt  von  der  Nase  bis  zum  Occiput  dieselbe  Farbe  wie  das  dorsale 
Band.  LTber  jedem  Augenlide  liegt  ein  weißer  Strich.  Backen  und 
Ohren  sind  dunkelgrau,  Kinn  und  Kehle  weißlich,  die  Oberseiten 
der  Vorder-  und  Hinterfüße  hellgelblichgrau.  Am  Rücken  und  an 
den  Seiten  bemerkt  man  nur  vereinzelt  schwarze  Haare,  sie  finden 
sich  aber  in  Menge  oben  und  an  den  Seiten  des  Schwanzes. 

Die  Serie  von  Spermophilus  Beldingi  bestand  aus  20  Bälgen 
und  26  Schädeln  aus  der  Nähe  von  Donner,  Placer  Co.,  Kalifornien 
und  aus  einem  jungen  Exemplare  vom  Bear  Valley,  Mariposa  Co. 

Viele  waren  säugende  Weibchen  und  die  Normalzahl  ihrer  Zitzen  -V 

Im  Fleisch  gemessen  schwankte  die  Totallänge  zwischen  275 — 300  mm, 
die  Schwanzlänge  von  76 — 89  mm.  Die  ausgewachsenen  Tiere  zeigten 
sehr  wenige  Abänderungen  in  der  Farbe. 

Der  Verfasser  gibt  sodann  mit  Bezugnahme  auf  2  Abbildungen, 
des  Schädels,  von  oben  gesehen,  und  des  Unterkiefers,  beide  in 
natürlicher  Größe,  eine  ausführliche  Beschreibung  der  Schädelknochen, 
und  in  welcher  Art  sie  sich  von  denen  des  Sp.  Townsendi  unter¬ 
scheiden.  Ich  übergehe  diese,  denn  die  den  Schluß  des  Aufsatzes 
bildende  Tabelle  der  wichtigsten  Maße  verdeutlicht  am  besten  das 
Charakteristische  dieser  Art  und  die  unterscheidenden  Merkmale  von 
Sp.  Townsendi. 

Zoolog-,  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890. 


12 


Cranial  Measurements  o  f  Spermophilus  ß  e  1  d  i  n  g  i  and  S  p.  Townsendi. 


178 


•  r-* 

*0 

00 

ft 

03 

CD 

00 

00 

ft 

00 

03 

kO 

CD 

05 

00 

ft 

© 

oö 

CD 

05 

o 

00 

kO 

ö 

05 

Ö 

ft 

CD 

kO 

00 

kö 

00 

03 

CD 

Cvi 

CO 

CO 

03 

03 

rH 

03 

rH 

rH 

Dl 

rH 

03 

G 

£ 

o 

E-h 

JO 

*o 

iO 

00 

CO 

CD 

H 

CD 

ft 

kO 

00 

• 

03 

QÖ 

oö 

co 

05 

r-H 

05 

CD 

rH 

05 

ö 

ft 

ft 

05 

CD 

05 

cö 

Q 

CM 

CO 

CO 

03 

03 

tH 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

03 

w 

kO 

CH 

00 

03 

CD 

ft 

03 

co 

C3 

ft 

03 

ft 

OÖ 

kö 

ft 

05 

o 

kO 

r-4 

ö 

05 

CD 

CD 

kO 

00 

kO 

CÖ 

CD 

CO 

CO 

CO 

03 

r-H 

r-H 

H 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

03 

Ut> 

*o 

cö 

ft 

00 

co 

co 

xo 

kO 

00 

00 

03 

03 

ft 

rH 

rH 

00 

05 

rH 

rH 

CD 

03 

rH 

05 

ft 

CD 

kö 

Ö 

kO 

oö 

ft 

CO 

CO 

03 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

rH 

CO 

rH 

03 

CO 

CH 

CO 

v4H 

CD 

00 

io 

kO 

00 

00 

kO 

ft 

co 

03 

> 

ct5 

CD 

OÖ 

o 

rH 

CD 

H 

H 

05 

ft 

CD 

kO 

05 

1 

oö 

05 

o 

CO 

CO 

CO 

03 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

H 

03 

03 

a 

CO 

sp. 

CH 

03 

• 

kO 

CD 

03 

co 

kO 

00 

05 

ö 

co 

ft 

CO 

vH 

r-H 

oö 

05 

Ö 

H 

CD 

03 

rH 

05 

oö 

CD 

CD 

co 

kö 

00 

ft 

•  r— < 

bß 

a 

CO 

CO 

CO 

03 

03 

H 

H 

03 

H 

rH 

rH 

03 

2 

»o 

05 

ft 

00 

kO 

CD 

ft 

co 

kO 

© 

r-H 

CO 

ö 

ft 

OÖ 

Ö 

rH 

kö 

03 

H 

oö 

ft 

CD 

CD 

05 

kö 

oö 

oö 

Pfl 

CO 

03 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

03 

CD 

CO 

s 

•  rH 

CH 

CO 

CD 

ft 

kO 

CO 

rH 

CD 

kO 

ft 

H 

A 

o 

o 

CO 

oö 

CD 

OÖ 

05 

• 

rH 

CD 

rH 

ö 

05 

1 

CD 

kö 

05* 

oö 

oö 

CO 

CO 

03 

r-H 

rH 

rH 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

03 

a 

CO 

s-i 

© 

CH 

03 

CD 

kO 

co 

05 

CD 

kO 

■co 

00 

ft 

kO 

CD 

rH 

Cl, 

m 

00 

CO 

CO 

05 

CD 

00 

ö 

r- H 

kö 

rH 

ö 

05 

ft 

CD 

kO 

05 

00 

05 

CO 

CO 

03 

03 

rH 

H 

03 

rH 

rH 

03 

H 

03 

CO 

CH 

# 

CD 

CO 

ft 

io 

co 

00 

ft 

co 

00 

CD 

03 

kO 

kO 

05 

co 

CO 

CO 

05 

CD 

05 

ö 

ö 

kö 

ö 

ö 

05 

ft 

CD 

CD 

05 

kö 

oö 

CD 

CO 

CO 

03 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

rH 

03 

rH 

03 

CO 

00 

ft 

CO 

kO 

CD 

CO 

03 

kO 

kO 

CD 

rH 

00 

rH 

oö 

CD 

00 

o 

rH 

CD 

rH 

ö 

05 

CD 

CD 

kö 

OÖ 

oö 

OÖ 

CO 

CO 

03 

03 

H 

rH 

03 

rH 

rH 

03 

H 

03 

O 

4— > 

^  *n  rH 

1  I 

TT 

o 

CD 

"aT  S 

03  *r-l 

1 — 1  — 

o 

•  H 

fl 

• 

• 

TT 

J5 

• 

GO  5 

•  r-4 

O  CD 

© 

o 

<D 

cg 

o 

<D  CD 

CD 

♦ 

© 

* 

to, 

03 

G 

O 

o 

same 

of  for 

fl 

•  rH 

<H~. 

o 

> 

■3  S 
2  o 

S-i 

cg 

O 

03 

•  r-4 

> 

cg 

a 

o 

ft 

ft 

bß 

a 

© 

efl  ^ 

cö 

°  2 

2 

o 

Ö 

oo 

cö 

-H 

•  rH 

ft 

•  »H 

O  .rH 
fl  '  ' 

o  u 

cd  o 

” o 
© 
> 

fl  © 

p  1 

fl 

© 

ft 

( H 

o 

-4-3 

o 

o 

S-i 

O 

© 

© 

S-t 

a 

03 

fl 

CÖ 

•  i-* 

Ui 

O 

O 

o 

O  'S 
G  ,© 

•rl  ft 

cö 

<4-4 

GO  tfl 

g  g4 

ft 

fl 

a 

o 

4-3 

© 

2 

cö 

© 

ft 

fl 

fln  •  rH 

o 

© 

• 

• 

CD 

a> 

Äft 

«5  ° 

© 

T1  © 

C4-. 

O 

cö 

4-3 

CÖ 

© 

"So 

o> 

•  »H 

O 

4-3 

<4— 

_a  3 

fl  o 

bo 

03 

G 

O 

rG 

o 

© 

ft 

fl 

cö 

fl 

<x> 

rfl 

443 

T3 

CÖ 

<D 

fl 

O 

© 

a 

O  <£. 
©  ' — - 
>  ,— . 

■ — '  o 

© 

r4 

o 

CÖ 

<V 

Ä 

ö 

r^ 

cö 

ft 

o 

fl 

2  ^ 
03  q 

^  © 

• 

cg 

'o 

© 

i 

4-> 

O) 

O 

ft 

• 

• 

2 

o 

c 

fl 

fl 

o 

o 

Cg  05 

•  rH 

%4 

c 

CD 

cö  t> 

> 

fl 

fl? 

s 

o 

•s  S 
°  n 

rH 

<x> 

4-> 

OQ 

o 

ft 

o 

•  rH 

•  rH 

-P 

o 

•  rH 

Sh 

cg 

fl 

ft 

cö 

-4-3 

c3 

ft 

S-i 

cö 

o 

'6  "ci 

2 

Q 

cä 

ö 

O 

-fl 

Ü 

© 

ft 

flr 

fl 

CÖ 

-4—3 

•  rH 

«ü. 

ft 

rSP  ° 

ft 

4-3 

CÖ 

"fl 

-4—3 

CD 

O 

2 

^  © 
©  © 

© 

© 

a 

fl 

•  t— . 

T3 

Ä 

2 

rfl 

fl 

ft 

-(-3 

bß 

a 

© 

03 

© 

sf 

•  rH  HJ 

U  <D 

o 

ft 

2 

r— 

2 

o 

bß 

N 

c 

4-3 

CD 

cö 

fH 

fl 

o 

o 

cö 

H-3 

rfl 

ft 

bß 

a 

© 

ft 

03 

o 

ft 

o 

H-> 

GO 

Sh 

Cfl 

O 

fl-  * 

ft  ft 
S  33 

ft 

ft 

o 

Jh* 

TI 

* 

ft 

© 

ft 

S 

o 

•  H 

fl 

fl 

bß 

cg 

2 

fl 

cö 

2 

Ah 

o 

Ä 

S-i 

© 

03 

a 

ft 

O 

5h 

© 

ft 

a 

•  rH 

<X>  *— < 

a 

4-D 

•  rH 

ft 

-4—3 

© 

5-1 

© 

© 

a 

o 

Ah 

fl 

cö 

•  rH 

CD 

«  h 
o  fl 
ft  Ä 

CD 

bß 

cd 

2 

GC 

<x> 

4— > 

CÖ 

<D 

ft 

o 

$-1 

© 

CD 

<v 

cö 

o> 

Sh 

O 

CD 

•  rH 

Ä 

r-i  © 

5  g 

fl  CD 

CD 

4-3 

fl 

ce 

© 

a 

cg 

ft 

03 

-4H 

CD 

O 

ft 

<D 

2 

cö 

fl 

ft 

ft 

bß 

a 

ft 

ft 

_bß 

r-| 

4—* 

bß 

fl 

o 

o 

•  rH 

4—3 

CÖ 

CÖ 

fl 

Sh 

Q)  •  r4 

•  rH 

o 

© 

o> 

© 

CÖ 

PQ 

pp 

o 

fl 

H 

O 

fl 

M 

»fl?  Q 

Q 

Ift 

Hfl 

w 

Hfl 

PA 

179 


Der  Berliner  zoologische  Garten. 

Von  Dr.  L.  Heek. 

(Fortsetzung). 

Bei  den  großen  Katzen,  mit  deren  Schilderung  ich  beginne,  gestattet 
es  mir  die  Geräumigkeit  des  hiesigen  Raubtierhauses,  einen  Gesichtspunkt  zu 
verfolgen,  der  mir  geeignet  erscheint,  diesen  allgemein  bekannten  Tieren 
wieder  ein  besonderes  Interesse  zu  verleihen,  das  ist  die  Nebeneinanderstellung 
der  verschiedenen  geographischen  Varietäten,  die  ja  entsprechend  der  weiten 
Verbreitung  der  Arten  sehr  deutlich  ausgeprägt  sind.  Freilich,  das  höchste 
Ziel  auf  diesem  Gebiete  zu  erreichen,  die  verschiedenen  Naturrassen  des 
Löwen  in  ausgewachsenen  typischen  Exemplaren  mit  vollständig  ausgebildeter 
Mähne  nebeneinander  vorführen  zu  köunen,  das  mutet  einen  unter  den  jetzigen 
Import-  und  Zuchtverhältnissen  fast  wie  ein  frommer  Wunsch  an  !  Um  dieses 
Ideal  zu  verwirklichen,  insbesondere  um  wieder  einmal  einen  echten,  bauch - 
mähnigen  Berberlöwen  leibhaftig  vor  sich  zu  sehen,  dazu  müßte  man  schon 
die  alten  Skizzen  unseres  trefflichen  Leutemann  lebendig  werden  lassen, 
jenes  ewig  jugendfrischen  Nestors  der  deutschen  Tierzeichner,  der  schon  als 
verständnisvoll  der  Natur  nachschaffender  Künstler  die  Zeiten  mitdurchlebt 
hat,  wo  die  meisten  Löwen  Import  und  der  Berber  der  gewöhnliche  Schlag 
war,  den  man  in  jeder  Menagerie  sehen  konnte.  Wo  sind  diese  schönen  Zeiten 
hin?  Vorüber,  und  für  den  Berberlöwen  auch  gewiß  ganz  unwiederbringlich! 
Ob  wir  überhaupt  noch  einmal  einen,  unzweifelhaft  importiert  und  ganz  echt, 
angethan  mit  allen  Zeichen  seiner  Majestät,  vor  allein-  auch  mit  der  fast 

fabelhaft  gewordenen  Bauchmähne,  im  Handel  zu  sehen  bekommen  werden  ? 

Wir  wollen  uns  nicht  selber  die  Hoffnung  nehmen,  wenn  sie  auch  auf  schwachen 
Füßen  steht.  Mit  dem  Import  der  übrigen  Rassen  scheint  es  sich  ja  wieder 

etwas  bessern  zu  wollen.  Reiche  und  Menges  haben  doch  aus  Süd-  und 

Westafrika  einiges  gebracht,  und  von  Reiche  habe  ich  selber,  zu  großem 
Preis  natürlich,  jetzt  ein  paar  jährige,  importierte  Kaplöwen  übernommen,  die 
sehr  schön  und  stark  zu  werden  versprechen,  wenn  sich  auch  über  die  Mähne 
des  Männchens  leider  noch  gar  nichts  sagen  läßt.  Bis  jetzt  sind  die  Anfänge 
noch  weniger  stark  hervorgetreten  als  bei  den  beiden  um  ein  viertel  Jahr 
jüngeren,  hier  gezogenen  Löwen,  die  von  einer  nubischen  Löwin  Hagen- 
beckschen  Imports  und  unserem  großen  Abdallah  stammen.  Diese  Löwin 
zeichnet  sich  dadurch  aus,  daß  sie  vorn  sehr  hoch  gestellt  ist;  aber  gerade 
das  gibt  ohne  Zweifel  ihren  Konturen  etwas  Lebendig-Reizvolles,  der  ganzen 
Erscheinung  und  Bewegung  eine  besondere  Eleganz,  so  daß  ich  nicht  anstehe, 
sie  als  eine  der  schönsten  Löwinnen  zu  bezeichnen,  die  ich  je  gesehen  habe. 
Dem  entsprechend  ist  sie  auch  ein  beliebtes  Modell  unserer  Tiermaler  und  die 
hoch  aufgerichtete  Gestalt  einer  schlanken  Wüstenkönigin,  die  auf  unseren 
neuesten  Löwenbildern  mehrfach  auftritt,  ist  eine  beliebte  Stellung  von  ihr, 
wenn  sie  in  der  Ferne  etwas  erblickt,  was  ihre  Aufmerksamkeit  erregt.  Ihr 
zeitweiliger  Gatte  und  Partner  auf  diesen  Bildern,  unser  Abdallah,  figuriert 
jetzt  bei  uns  als  »der  eigentliche,  richtige  Löwe«,  wie  ich  das  Publikum,  das 
ihn  unermüdlich  bestaunt,  oft  genug  habe  sagen  hören,  und  in  der  That  im¬ 
poniert  er  durch  seine  Höhe  und  Länge  (darin  wird  ihm  augenblicklich  wohl 


180 


nicht  leicht  ein  Löwe  eines  anderen  Gartens  gleichkommen),  durch  den  riesen¬ 
haften  Kopf  mit  der  lang  und  schlicht  herabwallenden,  dunklen  Mähne,  die 
allerdings  die  Schulter  nicht  bedeckt  und  noch  weniger  sich  in  eine  Bauch- 
mähne  fortsetzt.  Das  ist  außer  einer  gewissen  Schlottrigkeit  und  Schläfrigkeit, 
die  mir  persönlich  besonders  mißfällt,  sein  Fehler  :  er  stellt  aber  keinen  reinen  Na¬ 
turtypus  dar,  sondern  gehört  jenem  etwas  wechselnden  Mischschlag  an,  der  in 
Fachkreisen  unter  dem  Namen  der  »Dubliner  Zucht«  bekannt  ist  und  dem 
unseres  Wissens  und  Ermessens  ein  großer  Kaplöwe  sein  hauptsächlichstes 
Gepräge  gegeben  hat.  Trotzdem  muß  ich  in  Ermanglung  eines  bessern  froh 
sein,  daß  ich  ihn  noch  habe,  zumal  mich  unsere  Künstler  einstimmig  versichern, 
daß  er  zur  Zeit  das  einzig  brauchbare  Modell  hier  ist.  Das  wollte  ich  anfangs 
gar  nicht  glauben  ;  später  habe  ich  mich  aber  in  mehreren  Ateliers,  iu  denen 
ich  ihn  in  unendlicher  Variation  immer  wieder  sah,  überzeugen  können,  daß 
er  sich,  geschickt  »geschmissen«,  auf  der  Leinwand  wirklich  recht  gut  macht. 
Dagegen  schlagen  sämtliche  Maler  und  Bildhauer  ebenso  einstimmig  drei  Kreuze 
vor  unserm  zweiten  männlichen  Löwen  »Prinz«,  während  gewiß  mancher 
Tierkenner  und  Züchter  diesem  vor  Abdallah  den  Vorzug  geben  würde.  Er 
ist  zwar  nicht  besonders  hoch  und  laug,  dabei  kleinköpfig  und  hat  eine 
ziemlich  kurze,  starre  Mähne,  von  Schulter  und  Bauchmähne  natürlich  auch 
keine  Rede ;  aber  was  mir  sehr  an  ihm  gefällt,  ist  seine  stramme  sehnige 
Gestalt  und  sein  lebhaftes,  schneidiges  Wesen,  dem  entsprechend  er  auch  ein 
sehr  guter  Zuchtlöwe  ist.  Seiner  Abstammung  nach  ist  Prinz  importierter  Ost- 
Afrikaner  ;  er  soll  zugleich  mit  der  oben  genannten  Löwin  seinerzeit  als  ganz 
junges  Tier  von  Hagenbeck  aus  Nubien  eingeführt  worden  seiu  und  bereits 
eine  Künstlercarriere  in  einem  südamerikanischen  Cirkus  hinter  sich  haben. 
Wenn  er  nun  auch  nicht  gerade  ein  malerisches  Ideal  eines  Königs  der  Tiere 
sein  mag,  so  ist  er  doch  wenigstens  ein  reiner  Vertreter  eines  Naturtypus  und 
als  solcher  hier  so  lange  an  seinem  Platze,  bis  er  einem  in  jeder  Beziehung 
besseren  weichen  kann.  Endlich  besitzt  der  Garten  noch  eine  junge  Löwin, 
die  ich  selbst  in  Cöln  gezüchtet  habe  und  alsbald  nach  meiner  Wahl  hierher 
mir  wieder  zu  sichern  mich  beeilte,  weil  sie  nämlich  zur  letzten  Generation 
gehört,  die  noch  direkt  von  dem  alten  Cölner  Löwen  »Nero«  abstammt.  Ob¬ 
wohl  ich  diesen  nun  als  einen  der  größten  und  schönst  bemähnten  Löwen 
unserer  Tage  kannte,  so  war  mir  doch  die  Abkunft  der  betreffenden  Mutter¬ 
löwin  unbekannt  und  auch  der  Ankauf  der  Tochter  daher  schließlich  nur  ein 
Nothbehelf.  Wer  weiß  was  sie  mir  mit  unserem  Abdallah,  mit  dem  ich  sie  Zu¬ 
sammenhalte,  bringen  wird !  Aber  wie  soll  man  sich  unter  den  heutigen 
Verhältnissen  schließlich  anders  eine  einigermaßen  begründete  Aussicht  eröffnen, 
einmal  wieder  einen  recht  großen  und  schön  bemähnten  Löwen  heranzuziehen. 

Ebenso  spärlich  wie  der  Import  gegenwärtig  an  Löwen  ist,  ist  er  be¬ 
kanntlich  reichlich  an  Pumas.  Aber  trotzdem  hat  er  mir  noch  nicht  das 
gebracht,  was  ich  suche.  Ich  möchte  nämlich  beim  Puma  die  beiden  Extreme 
nebeneinander  stellen,  die  große  silbergraue  Form  neben  der  kleinen  roten 
halten,  um  dem  Publikum  recht  augenfällig  zu  zeigen,  wie  sehr  diese  ameri¬ 
kanische  Großkatze  variiert.  Diesen  Zweck  erfüllen  die  beiden  Exemplare,  die 
augenblicklich  hier  vorhanden  sind,  nur  sehr  unvollständig ;  ich  habe  aber 
glücklicherweise  Aussicht  mit  Prnnas  bald  nach  Wunsch  versorgt  zu  werden. 
Bei  den  Tigern  bin  ich  in  der  angenehmen  Lage  sagen  zu  können,  daß  dies 


181 


bereits  der  Fall  ist.  Nachdem  ich  ein  greisenhaftes  Paar,  welches  ich  vorfand, 
zugleich  mit  zwei  Löwinnen  zweifelhafter  Güte  beseitigt  hatte,  war  ich  so 
glücklich,  bald  Ersatz  schaffen  zu  können  durch  ein  Paar  Sundatiger  und  einen 
jungen  bengalischen  Königstiger,  so  daß  also  ganz  nach  meinen  Absichten  die 
beiden  Hauptformen  des  Tigers,  die  große,  helle,  massiv  gebaute  Festlandrasse 
und  die  kleine,  dunkle  langbärtige  Inselrasse,  in  typischen,  ich  darf  wohl 
sagen:  ausgezeichneten  Exemplaren  vertreten  sind.  Die  interessanteste  klimatische 
Varietät,  der  langhaarige  sibirische  Tiger  fehlt  freilich  ;  aber  welcher  Garten 
kann  sich  wohl  rühmen,  ihu  zu  besitzen  !  —  Noch  mehr  unterstützte  mich  glück¬ 
liche  Kaufgelegenheit  und  das  nie  ermüdende,  freigebige  Interesse  unseres  be¬ 
kannten  Gönners  Schön  lank  in  der  Zusammenstellung  einer  Serie  von  Leo- 
pardeu  und  Panthern.  Der  genannte  Handelsherr,  der,  ein  echter  Wisseu- 
schaftsmäcen,  schon  seit  Jahrzehnten  die  Verbindungen  seines  Welthauses  in 
allen  Erdteilen  zu  Gunsten  des  hiesigen  Gartens  ausnutzt  und  diesem  schon 
ein  ganzes  Vermögen  an  Geschenken  zugewendet  hat,  importierte  für  uns  ein 
prächtiges  Paar  vorderiudischer  Leoparden  oder  Panther,  dessen  Männchen 
insbesondere  ein  vorzüglicher  Vertreter  der  großen  schweren  Festlandrasse 
ist.  Ferner  kaufte  ich  noch  vor  meinem  Amtsantritt  ein  indisches  Weibchen, 
das,  wie  mir  vom  Händler  versichert  wurde,  soeben  aus  Sumatra  angekommen 
war  und  das  ich  daher,  durch  seine  Körper-  und  Schwanzproportionen  bestärkt, 
als  Sundapauther  ansprechen  zu  müssen  glaubte,  obwohl  es  nicht  die  helle 
Grundfarbe  und  die  kleinen  Rosetten  hat,  die  der  hinterindischen  Inselvarietät 
nach  den  Beschreibungen  zukommen.  Im  Gegenteil,  es  zeichnet  sich  durch 
besonders  dunkle  Grundfarbe  und  auffallend  große  Hofflecken  aus,  und  was 
mich  am  meisten  an  dem  Tier  frappierte,  die  größten  Rosetten  haben  ganz 
deutliche  schwarze  Mittelpunkte,  eine  Art  der  Fleckenzeichnung,  die  offiziell 
nur  dem  Jaguar  zugeschrieben  wird.*)  Sollte  das  Tier  vielleicht  aus  Hinterindien 
stammen  und  eine  an  den  schwarzen  Panther  sich  annähernde  Form  darstellen  V 
Ich  konnte  leider  über  die  specielle  Herkunft  nichts  Authentisches  erfahren  und 
auch  ein  in  dieser  Richtung  zielender  Zuchtversuch  scheiterte  an  der  hart¬ 
näckigen  Weigerung  unseres  allerdings  etwas  griesgrämigen  und  stumpfsinnigen 
Sehwarzpauthermännchens,  sich  der  ihm  zugeführten  bunten  Genossin  zu  nähern. 
So  bleibt  es  ein  interessantes,  allerdings  leider  auch  ebenso  rätselhaftes  Stück. 
Aber  wann  wird  in  der  vielerörterten  Pardelfrage  einschließlich  des  schwarzen 
Panthers  endlich  einmal  von  berufener  Seite  wirklich  das  letzte  Wort  ge¬ 
sprochen  werden  ?  Vertreter  der  afrikanischen  Formen  sind  ein  Paar  Somali- 
leoparden,  die  ich  durch  Kauf  und  Tausch  zusammengebracht  habe.  Sie 
führen  in  eklatanter  Weise  vor  Augen,  wie  eine  und  dieselbe  geographische 
Varietät  wenigstens  in  der  Gestalt  noch  ändern  kann :  denn  obwohl  beide 
nachweislich  aus  Nordostafrika  importiert  sind  und  auch  in  der  Färbung  und 
Zeichnung,  der  hellen,  unterseits  weißen  Grundfarbe  und  den  kleinen  dichten 
Flecken,  genau  übereinstimmen,  so  sind  sie  doch  in  der  Gestalt  so  geradezu 
entgegengesetzt  (das  Männchen  sehr  stark  und  gedrungen,  das  Weibchen 
äußerst  leicht  und  zierlich),  daß  man  dies  meiner  Ansicht  nach  unmöglich 
allein  auf  Rechnung  der  Geschlechtsverschiedenheit  setzen  kann.  Schließlich 

*)  Bei  den  von  Herrn  J.  Meng1  es  aus  dem  Somalilande  mitgebrachten  und  hier  aus¬ 
gestellten  Leopardenfellen  sah  ich  ebenfalls  zwei  mit  deutlich  ausgeprägten  Mitteltlecken 
innerhalb  der  Ringzeichnung,  wie  dies  bei  dem  Jaguar  Regel  ist.  K. 


i 


182 


besitzt  der  Garten  von  früher  noch  den  bereits  erwähnten  schwarzen 
Panther,  sowie  ein  Paar  Jaguare,  und  ich  kaufte  ein  Paar  afrikanische 
Geparden  hinzu,  um  die  Reihe  der  großen  Katzen  vollständig  zu  machen, 
die  überhaupt  auf  dem  Tiermarkt  zu  haben  sind*  Ein  Irbis  wurde  mir  mit 
dankenswertem  Interesse  von  einem  jener  Glücklichen  in  Aussicht  gestellt,  die 
zu  ihrem  Vergnügen  und  Zeitvertreib  Weltreisen  machen.  Möge  ein  gütiges 
Schicksal  ihm  gestatten,  seine  löbliche  Absicht  zur  That  werden  zu  lassen, 
wenn  er  demnächst  den  asiatischen  Kontinent  durchquert ! 


„Brütet  der  Kuckuck 

Entgegnung  auf  die  Angriffe  des  Herrn  Ad.  Walter  im  Januarhefte  des 
»Journals  für  Ornithologie«  von  1889  auf  unsere  Mitteilung  über  diesen 

Gegenstand.*) 

Von  Gebr.  Adolf  und  Karl  Müller. 

In  genanntem  Blatte  hat  Herr  Walter  die  Richtigkeit  unserer  Beob¬ 
achtungen  angezweifelt,  und  schon  das  Motto,  das  er  seiner  kritischen  Be¬ 
sprechung  vorausetzt  »Die  Botschaft  hör’  ich  wohl,  allein  mir  fehlt  der  Glaube“, 
ist  höchst  anstößig,  ja  herausfordernd  und  veranlaßt  uns,  ein  Gegenmotto 
anzubringen:  »Wie’s  in  den  Wald  ruft,  so  schallt’ s  heraus.« 

Der  wegwerfende  Ton,  den  Herr  Walter  in  Bezug  auf  „Die  Gartenlaube« 
anschlägt,  könnte  eigentlich  ignoriert  werden;  aber  daß  er  darüber  uns  zu 
hofmeistern  sich  erdreistet,  daß  der  Artikel  in  diesem  »Unterhaltungsblatt« 
statt  in  einer  rein  wissenschaftlichen  Zeitschrift  erschienen  sei,  ist  höchst  über¬ 
flüssig,  wenn  nicht  lächerlich;  —  er  weist  sich  auch  von  selbst  zurück  durch 
die  Thatsache,  daß  wir  die  anfangs  in  jenem  Blatte  nur  teilweise  gegebene 
Entdeckung  darauf  in  gegenwärtiger  Fachschrift  in  ihrem  ganzen  Verlaufe 
mit  Hervorhebung  der  Kieße l’schen  vor  20  Jahren  gemachten  veröffentlichten. 

Wir  Brüder,  die  wir  die  Wissenschaft  als  ein  Gemeingut  für  die  Mensch¬ 
heit  ansehen  und  der  berechtigten  Zeitströmung  folgend,  gleichsam  zwischen 
Katheder  und  Volk  treten,  rechnen  es  uns,  wie  weiland  uuser  Freund  A.  Brehm 
und  gegenwärtig  noch  neben  Professor  Karl  Vogt  u.  a.  zur  Ehre,  erkennen  es 
als  eine  große  Förderung,  in  einem  Weltblatte  wie  die  Gartenlaube  uns  hören 
lassen  zu  können;  wie  ja  auch  unser  verstorbener  Freund  Dr.  F.  Schlegel 
(Breslau)  und  der  von  Herrn  Walter  gerühmte  Dr.  Baldamus  die  Zeitschrift 
»Daheim«  zu  ihren  zoologischen  bez.  ornithologischen  Veröffentlichungen  be¬ 
nutzt  haben.  Ja,  was  Herrn  Walter  als  besonders  gewichtig  in  die  Wagschale 
für  die  Würdigung  des  Weltblattes  dienen  müßte,  Herr  Baldamus  sogar  hat 
es  nicht  verschmäht,  s.  Z.  —  wenn  wir  nicht  irren  in  den  sechziger  Jahren  — 
für  die  »Gartenlaube«  einmal  einen  Artikel  über  die  Nachtigall  zu  schreiben, 
in  welchem  er  am  Schlüsse  der  Hoffnung  Ausdruck  gab,  für  das  Blatt  weiter 
schreiben  zu  können.  Demnach  dürfte  Herr  Walter  nicht  so  geringschätzig  von 
der  Gartenlaube  urteilen,  an  welcher  doch  unter  andern  guten  Früchten  auch 


*)  Vergl.  Zool.  («arten  XXIX.  Jahrg.  1888  S.  193.  —  Eingegangen  im  März  1890.  N. 


183 


Trauben  wachsen,  die  aber  für  manche  heimlich  danach  Verlangenden  zu  hoch 
häugen  und  die  sie  dann  als  sauer  verschreien. 

Herr  Walter  nimmt  Anstoß  an  den  drei  verschieden  gefärbten  Eiern. 
Natürlich,  denn  er  vertritt  die  Ansicht,  daß  ein  und  dasselbe  Kuckucksweibchen 
nur-  gleich  große  und  gleich  gefärbte  Eier  lege,  muß  aber  selbst  eingestehen, 
daß  der  Beweis  dafür  apodiktisch  nicht  erbracht  werden  könne.  Und  wenn 
Herr  Walter  Anstaud  nimmt  an  unserer  Bemerkung,  daß  das  dritte  kleine  Ei 
ein  noch  nicht  ausgebildetes  etc.  ausweislich  seines  geringen  Umfangs,  seiner 
äußerst  zerbrechlichen  dünnen  Schale  und  seiner  Färbung  gewesen  sei:  —  so 
bescheidet  sich  (Adolf  Müller)  hier  gerne  dahin,  daß  er  sich  geirrt  habe  könne, 
fragt  aber  zugleich:  warum  greift  Herr  Walter  hier  nicht  zu  seiner  sonst  so 
beliebten  Manier  der  Vermutungen  und  Erklärungen  ?  Wenn  er  so  zuverlässig 
sagen  kann:  »das  kleine  Ei  wär  kein  Kuckucksei«  —  nun  dann  kann  ja  eine 
seiner  üblichen  Annahmen  der  Wahrscheinlichkeit  Platz  greifen,  daß  das 
Kuckucksweibchen  beim  Ablegen  eines  seiner  Eier  in  ein  von  uns  unentdeckt 
gebliebenes  Buchfinknest  in  der  Nähe  austauschend  ein  Buchfinkei  an  diesen 
seinen  nachher  oder  vorher  erwählten  Brutplatz  im  Schnabel  getragen  habe, 
wie  ja  erfahrungsmäßig  der  Kuckuck  es  vielfach  zu  thun  pflegt. 

Wie  Herr  Walter  als  ein  wahrhafter  Kuckucks- Anwalt  schon  aufgetreten 
ist,  davon  zur  obligaten  Illustration  des  eben  Gesagten  nur  eine  recht  bezeich¬ 
nende  Probe.  In  dem  Magen  eines  Kuckucks  wurden  Schalenreste  von  ver¬ 
schiedenen  Vögeln  gefunden  und  darauf  der  Verdacht  gegründet,  der  Kuckuck 
könne  ein  Eiräuber  sein.  Gleich  ist  der  Sachwalter  zur  Hand  mit  Vermutungen 
und  Erklärungen:  »Kann  denn  aber  nicht  auch  der  Kuckuck,  als  er  sein  Ei  in 
ein  Rohrsängernest  legen  wollte  und  schon  ein  Nestei  herausgenommen  und 
zerbissen  hatte  (!) ,  von  einem  herannahenden  Menschen  verscheucht  worden 
sein,  der  das  Nest  mitnahm  oder  zerstörte?  Kann  nicht  eine  Elster,  die  den 
Kuckuck  beim  Neste  traf,  ihn  verjagt  und  sich  an  dem  delikaten  Mahle  er¬ 
quickt  haben?  Dem  Kuckuck  blieb  aber  weiter  nichts  übrig,  als  sich  ein 
anderes  Nest  zu  suchen,  um  sein  Ei  abzusetzen,  und  da  dies  ihn  drängte,  so 
konnte  er  nicht  lange  wählen,  er  nahm  das  ihm  zuerst  vorkommende  Hyppo- 
lais  hortensis- Nest  gern  für  die  Ablegung  seines  Eies  an,  machte  es  so  mit 
dem  Hyppolais-,  wie  dort  mit  dem  Calamoherpe  palustris- Ei  und  hatte  nun 
die  Fragmente  beider  Eier  im  Magen.« 

Ein  wahrer  Geburtshelfer-  und  Wenn-  und  Aber  -  Kommentar !  —  Wir 
wiederholen  auf  die  desfallsige  Behauptung  des  Herrn  Walter  ihm  ferner  ganz 
dasselbe,  was  wir  1867  schon  Herrn  Baldamus  auf  seine  Theorie  entgegnet 
haben.  »Er  wird  wohl  auf  immer  den  unmittelbaren  Beweis  auf  Thatsacheu, 
aus  direkten  Beobachtungen  heraus  schuldig  bleiben,  daß  erstlich  ein  und  das¬ 
selbe  Kuckucksweibchen  stets  gleich  gefärbte  Eier  lege  und  zweitens  diese  der 
Regel  nach  einer  Art  zuschiebe.  Er  hat  wenigstens  das  eigentlichste  Material 
—  die  sprechenden  Thatsachen,  das  lebendig  Greifbare  zu  dieser  direkteu  Be¬ 
weisführung  nicht  beigebracht.« 

Und  nun  drehen  wir  die  Sache  um.  Wir  geben  zu,  daß  es  von  uns  ein 
irrtümlicher  Schluß  gewesen,  das  Kuckucksweibchen  habe  die  drei  verschieden 
gefärbten  Eier  gelegt;  —  ebensosehr  ist  aber  auch  die  eben  berührte  An¬ 
nahme  als  sehr  zweifelhaft  oder  unbewiesen  auf  sich  beruhen  zu  lassen. 


184 


Nur  eine  Bemerkung  des  Herrn  Walter  nach  dieser  Richtung  sei  noch 
erörtert.  Er  behauptet:  ».  .  .  .  denn  immer  legt  ein  und  dasselbe  (Kuckucks-) 
Weibchen,  wie  es  bei  den  anderen  Vögeln  auch  der  Fall  ist,  gleiche 
Eier.« 

So!  Hat  denn  Herr  Walter  sich  die  auffallend  veränderlichen  Eier  in 
Größe  und  Färbung,  sowohl  der  Zeichnung  als  dem  Grundtone  nach 
niemals  angesehen  bei  unserer  Schwarzamsel,  der  Singdrossel,  dem  rotrückigen 
Würger,  dem  Haussperling,  der  Heidelerche  und  besonders  dem  Baumpieper, 
vieler  anderen  Arten  noch  zugeschweigen? !  Und  das  Kuckucksweibchen,  das 
so  verschiedenen  Verhältnissen  entstammt  und  sich  zeitweise  (gerade  im  Früh¬ 
jahr)  so  außerordentlich  abwechselnd  ernährt,  sollte  allein  wieder  mit  einer  so 
ausnehmenden  Eigenschaft  begabt  sein?!  Warum  aber  finden  andere  so  auf¬ 
fallend  variable  Eier  des  Kuckucks  in  den  Nestern  der  verschiedensten  Arten 
von  Kleinvögeln? 

Die  Teleologeu  finden  und  sehen  stets  das  ihrer  Theorie  Anzupassende,  und 
nun  produziert  Herr  Walter  —  Gleiches?  Nein,  noch  nicht  ganz,  denn  er 
scheint  sich  zu  hüten  von  »typischen«  Eiern  zu  reden,  er  hat  noch  kein  »den 
Nesteiern  zum  Verwechseln  ähnliches  Ei«  vom  Kuckuck  bei  einem  Gelege  ge¬ 
funden ;  —  aber  er  streift  hart  an  die  Grenze  der  Zweckmäßigkeits- Weisheit, 
er  zählt  unter  1,  2  und  3  Seite  41  die  Sätze  seiner  Dogmen  vom  Kuckucks¬ 
weibchen  und  seinen  Eiern  auf,  und  es  hat  allen  Anschein,  daß  die  teleologische 
Gnade  bald  bei  ihm  ganz  »zum  Durchbruch  kommt«,  also  zum  Vermögen  seines 
Kuckucksweibchens  auch  noch  der  »göttliche  Instinkt«  tritt,  wonach  es  —  wie 
es  bereits  »stets  die  Nester  derselben  Vogelart  und  immer  dieselbe  Örtlichkeit 
aufsucht«  —  auch  noch  die  Größe  seiner  Eier  formt  und  färbt  je  nach  dem 
Gelege  der  beliebten  Vogelart.  Wir  sehen  dann  Herrn  Walter  inmittten  der 
Auserwählten  der  Teleologie,  statt  wie  jetzt  noch  an  deren  Schleppe  oder 
besser  im  Atrium  des  Tempels. 

Die  Hauptsache  ist  und  bleibt  das  wirklich  von  uns  beob¬ 
achtete  Brüten  des  Kuckucks,  das  Ausbrüten  des  einen  der  Eier 
und  das  Großatzen  des  jungen  Kuckucks  seitens  des  weiblichen 
Kuckucks.  Und  diese  Thatsache  hält  Adolf  Müller  hoch,  als  seine  eigene  un¬ 
antastbare  Beobachtung!  Und  wenn  Herr  Walter  auf  Seite  39  sagte:  »denn  wenn 
Herr  Müller  behauptet,  bestimmt  gesehen  zu  haben,  daß  der  Kuckuck  1 1/-2 
Stunde  auf  der  Niststelle  brütend  verharrte  und  daß  später  der  alte  Kuckuck  den 
jungen  mit  Raupen  fütterte,  so  hieße  ein  Dagegensprechen  Herrn  A. 
Müller  der  Unwahrheit  beschuldigen«,  so  gab  ihm  dies  ein  guter 
Genius  ein.  Aber  dennoch,  wir  wissen  wirklich  nicht,  ob  wir  es  der  Gnade 
des  als  Hohenpriester  der  Ornithologie  sich  brüstenden  Herrn  Walter  zu  ver¬ 
danken  haben,  daß  er  uns  nicht  ohne  weiteres  der  Unwahrheit  zeiht.  Daß  er 
es  nicht  thut,  das  lohne  ihm  —  der  Kuckuck«  ! 

Herr  Walter  stellt  auch  noch  der  dritten  Schlußfolgerung,  wonach 
A.  Müller  von  sechswöchentlicher  Frist  spricht,  die  der  junge  Kuckuck  in 
Nestern  der  Sänger  bis  zu  feiner  Flugbarkeit  brauche,  im  Widerspruch  damit 
eine  Angabe  von  A.  Müller  in  der  »Ornithol.  Monatsschrift«  von  1887  entgegen, 
wonach  am  17.  Tage  ein  von  Rotkehlchen  ausgebrüteter  Kuckuck  ziemlich 
flügge  war.  Darauf  muß  erwidert  werden,  daß  der  Ausspruch  über  die  sechs¬ 
wöchentliche  Frist  sich  beziehen  soll  auf  die  Resultate  der  Veröffentlichungen, 


185 


die  in  dem  Werke  der  Gebrüder  »Charakterzeichnungen  unserer  Singvögel« 
von  1865,  S.  64  und  im  »Zoologischen  Garten«  von  1865,  November -Heft,  S.  426, 
woselbst  A.  Müller  die  Lebensgeschichte  eines  jungen  Kuckucks  in  ihrem  ganzen 
Verlaufe  gegeben  hat,  der  am  8.  bis  30.  Juni  1864  (anfänglich  etwa  8  bis  12  Tage 
alt)  in  ein  Nest  des  Hausrotschwanzes  zu  vier  etwas  jüngeren  Nestlingen  als  der 
Kuckuck  gesetzt  wurde.  Dieses  Referat  wird  begleitet  mit  folgender  Schlu߬ 
bemerkung:  »Da  dem  Kuckucke  nach  meinen  Beobachtungen  von  den  beiden 
alten  Rotschwänzen  hinlänglich  Nahrung  zugetragen  wurde,  derselbe  auch 
nach  meinen  öfteren  Untersuchungen  an  Gewicht  und  Größe  zunahm,  so  ist 
nach  dieser  kurzen  Lebensgeschichte  des  Vogels  anzunehmen,  daß  junge  Tiere  der 
Art  zum  vollständigen  Flüggewerden  längere  Zeit  brauchen  als  unsere  kleineren 
Insektenfresser,  welche  von  dem  Kuckucksweibchen  gewöhnlich  mit  dem  Ei 
bedacht  zu  werden  pflegen.  Denn  die  um  einige  Tage  jüngeren  Rotschwänz¬ 
chen  hatten  einen  Tag  vor  dem  Kuckuck  schon  vollständig  flügge  das 
Nest  verlassen  und  waren  in  kurzer  Zeit  selbständig  geworden.  Meine  Er¬ 
fahrungen,  welche  ich  an  zwei  Nestkuckucken  im  Walde  machte,  stimmen  da¬ 
mit  überein.  Nach  diesen  verläßt  der  junge  Kuckuck  gewöhnlich  erst  nach 
dreiwöchentlichem  Nesthocken  durch  seine  mit  dem  Größerwerden  immer 
zunehmende  Freßbegierde  das  Nest,  bleibt  aber  als  stabiler,  unbeholfener  Fett¬ 
wanst  immer  noch  einige  Tage  in  der  unmittelbaren  Nähe  des  Brutortes  sitzen 
und  erlangt  erst  eine  gewisse,  gewöhnlichen  Gefahren  ihn  enthebende  Flug¬ 
fertigkeit  nach-  einem  Monate. 


Es  erweist  sich  die.  Angabe  von  »sechs  Wochen«  als  irrtümlich,  was 
sich  begründet  aus  dem  Umstande,  daß  wir  den  Passus  über  die  Zeitdauer  des 
Flüggewerdens  aus  dem  Gedächtnisse  niederschrieben,  ein  wohl  verzeih¬ 
liches  Versehen,  das  aber  als  solches  mit  Leichtigkeit  von  Herrn  Walter  durch 
Vergleich  der  ihm  wol  nicht  fremd  gebliebenen  angeführten  Stelle  hätte  erkannt 
werden  können,  statt  mit  dem  demonstrativen  »man  höre!«  ausgerufen  zu  werden. 

Es  decken  sich  also  unsere  Erfahrungen  über  das  Flüggewerden  des 
Kuckucks  in  ge wö hn lieh en  Verb äl tnissen  im  wesentlichen  mit  denen  des 

21  Tage  +  19  Tage  +  20  Tage  +  17  Tage 


Herrn  Walter:  denn 


19,25  Tage, 


innerhalb  welcher  der  junge  Kuckuck  angehend  flugbar  zu  werden  pflegt. 
Q.  e.  d.  — 


Ist  es  nicht  anmaßend,  wenn  Herr  Walter  uns  belehren  will,  daß  der 
Kuckuck  ein  scheuer  Vogel  sei?!  Einen  Forstmann  (A.  Müller),  dem  der  Wald 
seit  mehr  als  50  Jahren  zweite  Heimstätte  geworden,  der  gerade  unserem  Vogel 
nun  schon  Jahrzehnte  lang  —  jedem  einigermaßen  Belesenen  unserer  Wissen¬ 
schaft  hinlänglich  bekannt  —  die  entschiedenste  Aufmerksamkeit  gewidmet?! 
Und  welcher  Art  sind  diese  Belehrungen?!  Da  höre  man! 

»Niemals  bin  ich«  —  ruft  Herr  Walter  aus  —  »vom  Glück  so  begünstigt 
worden,  wie  Herr  A.  Müller  beim  Beobachten  der  alten  Kuckucke.  Ich  kenne 
den  Vogel  nur  als  einen  sehr  scheuen,  vorsichtigen,  der  sich  bei  der  Brutstelle,  der 
er  sein  Ei  übergeben  hat,  niemals  zeigt,  sobald  er  einen  Menschen  in  der  Nähe 
vermutet.  H.  Müller  dag  egen  darf  sich  nur  zurück  ziehen,  so  erscheint 
der  Kuckuck  wieder  beim  Nest«  .  .  .  Nun  erwähnt  Herr  Walter  unsere 
Beobachtung  aus  unserem  Werke  »Tiere  der  Heimat«  (I.  Aufl.)  über  das  Ver¬ 
halten  zweier  alten  Kuckucke  an  dem  Neste  eines  kleinen  Weidenzeisigs,  aus 


186 


dem  dieselben  die  Eier,  ein  junges  Nestvögelchen  samt  einem  jungen  Kuckucke 
nach  und  nach  zerrten  und  würgten,  und  knüpft  daran  seine  weiteren  Mit¬ 
teilungen,  nach  welchen  er,  stundenlang  unter  Gesträuch  versteckt,  gelegen, 
um  zu  beobachten,  ob  das  Kuckucksweibchen  die  Eier,  die  von  Herr  Walter  wieder 
in  das  Zaunköuiguest  gelegt  worden,  herauswerfe.  Aber  es  ließ  sich  bei  noch 
so  langem  Liegen  im  Gebüsch  kein  Kuckuck  sehen.  Jedesmal  jedoch,  wenn 
das  Nest  von  Herr  Walter  nach  seiner  Entfernung  wieder  besichtigt  wurde,  lagen 
die  Eier  vor  dem  Neste  u.  s.  w.  —  Dieselben  Erscheinungen,  so  wird  uns 
weiter  mitgeteilt,  zeigten  sich  bei  wiederholten  Beobachtungen.  Herr  Walter 
gibt  die  Entfernung,  von  welcher  aus  er  seine  Ausschau  nach  den  Brüteorten 
gehalten,  auf  40  Schritte  an!  und  schließt  mit  der  seltsamen,  skoptisch  sein 
sollenden  Bemerkung:  »So  zahme  Kuckucke,  wie  Herr  A.  Müller  vorfand, 
kommen  in  den  von  mir  durchforschten  (Muster)- Gebieten  nie  und 
nimmer  vor.« 

Ja,  Herr  Walter,  so  wie  Sie,  haben  wir  unsere  Gebiete  freilich  nicht  durch¬ 
forscht.  Wie  man  sich  stellt,  so  geht’s  einem!  Wenn  man  es  mit  dem  »sehr 
scheuen  und  vorsichtigen  Kuckucke«  zu  thun  hat,  dann  ist  man  auch 
vorsichtig  und  legt  sich  nicht  auf  40  Schritte  vom  Beobachtungsplatze  hin ; 
sondern  man  entfernt  sich  recht  auffällig  sichtbar  und  pürscht  dann  —  ein¬ 
gedenk  des  Erfahrungssatzes,  daß  das  Vogelauge  ein  kleiner  Tubus  —  nach 
einer  entsprechenden  Weile,  das  Terrain  und  die  sonstigen  Verhältnisse  prüfend, 
behutsam  und  verdeckt,  nötigenfalls  auf  Händen  und  Füßen  kriechend,  auch 
auf  Umwegen  nach  der  Niststelle  und  beobachtet  mit  dem  Fernrohre  aus  ge¬ 
höriger  Entfernung.  So  haben  wir’s  stets  und  ständig  gemacht,  und  so 
ähnlich  steht  es  auch  in  unserem  Referate:  »Ich  schlich  mich  nämlich  bei 
meiner  Annäherung  an  den  Ort  gedeckt  auf  meinen  Beobachtungsplatz  und 
sah  durch  mein  Fernrohr  den  alten  Vogel  auf  der  Niststelle  sitzen,«  und  eben¬ 
daselbst:  »Ich  entfernte  mich  nach  einer  guten  Viertelstunde  gedeckt  ohne 
Störung  des  alten  Vogels.« 

Welch  ungleich  größere  Vorsicht,  Umsicht  und  Gewandtheit  als  bei  dem 
Kuckuck  ist  gegenüber  dem  äußerst  mißtrauischen,  wachsamen  und  scharfsinnigen 
Wilde  im  Pürschen  zu  beobachten,  das  wir  als  Waidmänner  nun  schon  unser 
halbes  Leben  ausüben.  Herrn  Walter  empfehlen  wir  einen  praktischen  Lehrkursus 
bei  einem  gewiegten  »waidwerkenden«  Forstmanne  zu  bestehen,  ehe  er  einen 
alten  erfahrenen  Mann  des  Waldes  und  Jäger  regulieren  will  über  Praktiken, 
die  dieser  als  naturwüchsiger  Knabe  schon  weit  besser  verstand. 

Und  wie  sollten  die  Forscher  v.  Wodzicki,Paessler,  Iiowley  und  selbst 
der  Glaubensgenosse  des  Herrn  Walter,  Baldamus,  anders  zu  ihren  veröffent¬ 
lichten  Beobachtungen  gekommen  sein,  nach  welchen  sie  gesehen  haben,  wie  der 
alte  Kuckuck  Eier  und  junge  Nestlinge  aus  der  Brutstätte  gezerrt  oder  geworfen?! 
Sind  das  auch  »zahme  Kuckucke«  gewesen?  Gewiß  ebensowenig,  wie  die 
von  uns  beobachteten.  Aber  der  geehrte  Leser  ersieht  deutlich,  wie  der  Blick 
des  Herrn  Walter  sogleich  —  wer  weiß  von  was?  —  getrübt  ist,  sobald  er  die 
Brille  seiner  Kritik  auf  der  Nase  hat  zur  Beäugung  unserer  von  den  seinigen  ver¬ 
schiedenen  Beobachtungen.  Auch  das  scheint  Herrn  Walter  bei  seinem  Liegen  im 
Hinterhalte  gar  nicht  in  den  Sinn  gekommen  zu  sein:  die  Thatsache  nämlich, 
daß  der  junge  Kuckuck  selbst  (so  lange  seine  Rückengrube  noch  offen  ist)  nach 
jener  und  unseren  Erfahrungen  Eier  und  Stiefgeschwister  über  Bord  wirft. 


187 


Entweder  die  alten  Kuckucke  waren  also  vorsichtiger  und  gescheiter  wie  Herr 
Walter,  den  sie  hänselten  —  oder  die  jungen  Kuckucke  haben  hin  und  wieder 
ihre  Befähigung  des  Hinausfuhrwerkens  des  Nestinhaltes  in  der  Abwesenheit 
des  Herrn  Walter  ausgeübt. 

Ad  vocem:  auf  Zeugen  sich  berufen  !  Kießel  stellte  s.  Z.  diese  Zeugenschaft 
selbst,  A.  Müller  hat  diese  nur  über  Einzelheiten  gehört.  Wirklich  kleinlich  ist 
die  Betonung  über  3  resp.  (von  K.  Müller)  über  4  Zeugen.  Letzterer  zählte  Kießel 
mit,  das  gibt  nach  Adam  Riese  4  Zeugen;  A.  Müller  behielt  den  Entdecker  im 
Sinne  und  sprach  von  3  Zeugen.  Das  ist  die  einfache  Auflösung  des  Falles,  aus 
dem  Herrn  Walter  in  seinem  pessimistischen  Hange  ein  Arg  machen  will ! 

Wir  werden  zukünftig  wohl  bei  wichtigen  Fällen  Herrn  Walter  telegraphisch 
herbeirufen  sollen,  damit  er  uns  die  Hand  führe  zu  den  Notizen  und  —  wir 
müssen  gerecht  sein  !  —  uns  in  Bezug  auf  Oologie  belehrt,  wie  er  es  hinsichtlich 
der  harten  Schale  des  Kuckuckseies  gethan  hat,  indem  wir  ihm  dankend  gerne 
zugeben,  hierin  nicht  die  eingehende  oologische  Erfahrung  besessen  zu  haben. 
Aber  dennoch  unmaßgeblich  bemerkt,  —  Opel,  ein  tüchtiger  seeierender 
Untersucher,  bezeichnet  die  Schale  des  Kuckuckseies  in  seiner  bekannten  Mono¬ 
graphie  über  den  Kuckuck  als  sehr  dünn  und  zerbrechlich  und  schließt  daraus, 
daß  er  sein  Ei  weite  Strecken  im  Schnabel  nicht  zu  tragen  vermöge,  und  wir 
selbst  haben  gesehen,  daß  einem  Kuckucksweibchen  das  Ei  bei  seinem  Aufstehen 
vor  uns  aus  dem  Schnabel  fiel  und  zerbrach. 

Die  übrigen  Beobachtungen  des  Herrn  Walter  bekunden  sich  aber  entweder 
als  längst  bekannte  Thatsachen,  oder  wir  haben  bessere,  richtigere  Erkenntnis 
von  so  manchem,  worüber  er  uns  aufzuklären  den  Glauben  hegt. 

Dann  wollen  wir  noch  einen  Punkt  streifen,  dem  wir  bei  der  Beobachtung 
des  brütenden  weiblichen  Kuckucks  unsere  Aufmerksamkeit  nicht  speziell  zu¬ 
wenden  konnten,  weil  wir  den  Vogel  in  seinem  Brutgeschäft  nicht  allzuoft 
stören  wollten  oder  vielmehr  befürchteten  zu  stören.  Es  ist  die  Frage,  ob  der 
männliche  Kuckuck  nicht  zeitweilig  den  weiblichen  während  des  Brütens  atzte  und 
ob  er  sich  etwa  später  nicht  auch  bei  der  Pflege  des  jungen  Kuckucks  beteiligte. 
Derselbe  kam  uns  bei  unseren  Beobachtungen  der  Niststelle  nicht  zu  Gesicht ; 
obgleich  wir  ganz  in  der  Nähe  derselben  erwähntermaßen  eine  ungewöhnliche 
Anzahl  männlicher  Kuckucke  sich  herumtreiben  sahen.  Hier  eröffnet  sich  ein 
Feld  für  Vermutungen  und  Gedankenschlüsse  a  priori  —  aber  wir  betreten 
es  grundsätzlich  nicht,  überlassen  es  vielmehr  Herrn  Walter,  der  darin,  wie 
gezeigt  wurde,  eine  ganz  absonderliche  Fertigkeit  entwickelt. 

Wir  wiederholen  es  :  wir  halten  unsere  Beobachtung,  daß  der  Kuckuck 
zuweilen  brütet  und  den  ausgebrüteten  jungen  Kuckuck  aufzieht,  aufrecht,  wir 
erachten  aber  auch  die  zwanzig  Jahre  vor  unserer  Beobachtung  gemachte 
Kießelsche  Entdeckung  als  ein  von  einem  erfahrenen  Vogelkenner  ausge¬ 
gangenes  und  mehr  als  hinlänglich  bewiesenes  und  bezeugtes  thatsäcliliches 
Vorkommnis. 

Wenn  Ren  nie  in  den  ganz  gleichen  Erscheinungen,  die  er  schon  in 
seinem  Werke  »Die  Baukunst  der  Vögel«,  Leipzig  1833,  II.  Bd.  S.  403,  als 
zweimal  in  England  beobachtet,  erwähnt,  wovon  den  zweiten  Fall  der  Großvater 
des  berühmten  Darwin  unter  der  Betonung  mitteilt,  daß  die  drei  Eier,  aus 
denen  zwei  Junge  erzogen  wurden,  in  einer  bloß  »in  der  Kohlenschlacke  aus¬ 
gescharrten  Höhlung«  lagen,  Vorkommnisse  vermuthet,  denen  eine  Verwechslung 


188 


\ 

mit  der  Nachtschwalbe  zu  Grunde  lag,  und  sodann  A.  Brehm  die  Kießel’sche 
Entdeckung  als  aus  derselben  Verwechslung  mit  der  Nachtschwalbe  hervorgegangen 
darstellt :  dann  kann  solches  doch  nur  von  jedem  Vorurteilslosen  und  unpartei¬ 
isch  Urteilenden  als  eine  sehr  vage,  nichtige  oder  wegwerfende  Bemerkung 
gelten,  welch  letzterer  Manier  unser  verewigter  Freund  A.  Brehm  von  den 
ihm  im  Leben  nahe  Gestandenen  als  sehr  oft  und  leicht  zugeneigt  erkannt 
worden  ist. 

Neben  Herrn  Walter  hat  Herr  Hartert  aus  Berlin  unsere  Entdeckung 
des  brütenden  Kuckucks  besprochen.  Aber  wie  und  auf  welche  Weise  ist  von 
diesem  Herrn  gegen  einen  unbescholtenen  Kollegen  verfahren  worden?  In 
der  Neuen  deutschen  Jäger-  oder  Jagdzeitung,  wie  sie  sich  taufen  mag,  ist 
unsere  Beobachtung  als  »klassisches  Jägerlatein«,  bezeichnet  und  dabei  be¬ 
hauptet  worden,  daß  die  schon  erwähnte  Ornithologen- Versammlung  in  Münster 
dieses  Epitheton  »einstimmig«  ausgesprochen  habe.  Wir  überlassen  eben¬ 
sowohl  jedem  Unparteiischen  die  Beurteilung  eines  solchen  Verfahrens  wie  wir 
auch  der  damaligen  Versammlung  anheimgeben,  die  Schuld  der  ihr  zuge¬ 
schriebenen  Erklärung  um  so  mehr  von  sich  abzuwälzen,  als  der  Bericht  über 
die  qu.  Jahresversammlung  im  .Juli-Heft  des  »Journal  für  Ornithologie«  von 
1889  kein  Wort  von  solch  schimpflicher  Benennung  erwähnt. 

Wir  nun  resümieren  :  die  Thatsache,  daß  der  Kuckuck  zuweilen  selbst 
brüte,  in  die  zweite  Auflage  unseres  W'erkes  »Tiere  der  Heimat«,  unbekümmert 
um  die  vorstehend  berührten  Bekrittelungen  und  trotz  der  »Stellungnahme« 
der  Ornithologen- Versammlung  in  Münster  vorigen  Jahres,  aufzunehmen,  auch 
den  vor  unserer  Beobachtung  bestandenen  Entdeckungen  die  gebührende  Wür¬ 
digung  angedeihen  zu  lassen.  Mag  dasjenige,  worin  wir  menschlich  geirrt 
haben  (»es  irrt  der  Mensch,  so  lang  er  strebt«),  als  nebensächlich  von  unserer 
Wahrnehmung  getrennt  sein  und  werden;  —  das  wesentliche  derselben 
soll  uns  niemand  an  tasten! 

Schon  ist  uns  von  Herrn  Dr.  Eckstein,  Assistent  der  zoologischen  Ab¬ 
teilung  an  der  höheren  Forstanstalt  zu  Neustadt-Eberswalde,  mitgeteilt  worden, 
daß  vorigen  Jahres  von  Herrn  Präparator  Zins  er  am  zoologischen  Kabinet 
in  Gießen  ein  Kuckucksweibchen  ausgestopft  worden  sei,  das  einen  Brutfleck 
von  kleiner  Thalergröße  gehabt  habe,  den  Dr.  Eckstein  sowie  Professor 
Dr.  Spengel  in  Gießen  gesehen  zu  haben  bestätigen.*)  Ferner  ist  der  Re¬ 
daktion  der  »Gartenlaube«  von  einem  glaubwürdigen  Naturkundigen  die  brief¬ 
liche  Nachricht  zugegangen,  daß  vorigen  Jahres  mehrmals  alte  Kuckucke  am 
Taunus  beobachtet  worden  seien,  welche  junge  Kuckucke  gefüttert  haben.  — 

Es  wird  eine  Zeit  kommen,  in  der  sich  vor  den  Augen  eines  Berufenen 
unleugbar  unsere  Wahrnehmung  als  wahrhaftig  offenbart,  wenn  auch  längst 
schon  über  unseren  Gebeinen  der  Kuckuck  seinen  Frühlungsruf  erschallen 
läßt:  denn  die  Wissenschaft  steht  nicht  still! 


*)  Vergl.  Jalirg.  XXIX.  1888.  S.  373. 


N. 


180 


Kleinere  Mitteilungen. 

Die  Zahl  der  im  Jahre  1888  gegenüber  1887  in  Norwegen  erlegten  nnd 
bei  den  Behörden  angemeldeten  größeren  Ranbsäugetiere  und  -Vögel  verteilt 
sich  nach  den  Zusammenstellungen,  die  »Det  statistiske  Centralbureau«  gibt 
und  die  durch  die  Liebenswürdigkeit  eines  Bekannten  mir  von  dort  zugingen, 
folgendermaßen : 


Ämter 

Bären 

Wölfe 

Luchse 

Viel¬ 

fraße 

Füchse 

Adler 

Hühner¬ 

habichte 

Smaalenene . 

— 

— 

1 

_ 

237 

2 

607 

Akershus . 

— 

— 

1 

— 

466 

2 

202 

Hedemarken . 

8 

— 

1 

— 

921 

10 

410 

Kristians . 

o 

O 

1 

1 

— 

700 

103 

236 

Bushernd . 

6 

— 

8 

— : 

461 

27 

201 

Jarlsberg  og  Laurvik  .  .  . 

— 

— 

6 

— 

129 

— 

194 

Bratsberg . 

18 

— 

11 

— 

299 

49 

264 

Nedernaes . 

12 

— 

12 

— 

197 

13 

186 

Lister  og  Mandal . 

— 

— 

— 

— 

105 

8 

98 

Ptavanger . 

— 

— 

— 

— 

190 

36 

216 

Söndre  Bergenhus . 

— 

— 

— 

— 

653 

34 

510 

Nordre  Bergenhus  .... 

4 

— 

8 

— 

790 

68 

244 

Romsdal . 

7 

— 

12 

— 

405 

36 

158 

Söndre  Trondlijem  .... 

1 

3 

23 

— 

655 

53 

264 

Nordre  Trondlijem  .... 

10 

3 

9 

6 

349 

125 

286 

Nordland . 

11 

— 

— 

14 

1026 

279 

217 

Tromsö . 

1 

— 

— 

14 

511 

72 

128 

Finnmarken . 

— 

28 

— 

20 

1022 

128 

46 

Im  Ganzen  1888  .  . 

76 

35 

93 

54 

9116 

1040 

4467 

»  »  1887  .  . 

97 

15 

77 

51 

6512 

989 

4748 

i 

Außerdem  sind  auf  Grund  der  von  den  betreffenden  Amtsbehörden  (Amts- 
formandskab)  gefaßten  Beschlüsse  noch  Prämien  bezahlt  für  folgende  schäd¬ 
liche  Vögel: 


•  • 

Amte  l* 

Uhu 

Rahen 

Krähen  und 
Elstern 

Smaalenene . 

6 

— 

— 

Akershus . . . 

6 

— 

— 

Lister  og  Mandal . . . 

34 

— 

— 

Stavanger . 

41 

— 

— 

Söndre  Bergenhus . 

67 

71 

— 

Nordre  Bergenhus . 

12 

6 

128 

Tromsö . r . 

— 

87 

— 

Im  Ganzen  1888  .  .  . 

166 

164 

128 

»  »  1887  .  .  . 

112 

143 

89 

190 


\ 

Im  Vergleich  mit  Zahlen  aus  früheren  Jahren  sind  besonders  Bar  und 
Wolf  bedeutend  zusammengeschmolzen.  So  sind  (nach  Altum)  in  17  norwegischen 
Ämtern  vom  Jahr  1846 — 60  erlegt:  Bären  in  Sa.  3456  —  jährlich  fast  247. 

»  »  1846 — 60  »  Luchse  »  »  1803  =  »  »  129. 

»  »  1846 — 66  »  Wölfe  »  »  3321  ==  »  »  166. 

Auffallend  in  obiger  Zusammenstellung  und  kaum  glaublich  erscheint  die 
Zahl  der  erlegten  Hühnerhabichte,  auch  die  der  Adler  (jedenfalls  See-  und  Stein¬ 
adler)  ist  groß.  —  Wollte  man  einen  Schluß  aus  der  angeführten  Tabelle  auf 
die  Verteilung  der  einzelnen  Raubtierarten  ziehen,  so  würde  das  südliche 
Norwegen  die  meisten  Bären,  des  mittlere  z.  B.  Namdalen  (Nordre  Trondhjem) 
alle  Raubtiere,  besonders  zahlreich  Luchs,  der  nördlichste  Teil  (Finnmarken) 
die  meisten  Wölfe  und  Vielfraße  aufweisen.  C.  C oester. 

Zoologischer  Garten  zu  Köln.  Im  Jahre  1889  sind  folgende 
Tiergeburten  zu  verzeichnen  :  A.  Vögel :  8  Brautenten,  3  kanadische  Gänse, 

12  schwarze  Schwäne,  4  Schwarzhals-Schwäne,  5  Höckerschwäne,  1  Hausstorch, 
3  Nachtreiher,  3  Bronzeflügeltauben,  6  Schopftauben,  1  Königsfasan.  2  Schiller¬ 
fasanen,  1  Goldfasan,  1  Lady  Amherstfasan. 

B.  Säugetiere :  1  Rieseukänguruh,  1  Lama,  2  virginische  Hirsche, 

1  schwarzer  und  1  weißer  Damhirsch,  3  Axishirsche,  1  Schweinshirsch,  1  Säumer 

2  Sikahirsclie,  1  Wapiti,  2  Edelhirsche,  1  Mähnenschaf,  1  Mufflon,  1  Kuhantilope? 
2  Zwergautilopen,  1  Wasserbock,  7  Hirschziegen-Antilopen,  1  Beisa,  1  Säbel¬ 
antilope,  1  Kapbüffel,  1  indischer  Büffel,  1  Biberratte,  1  Seelöwe,  2  Grizzly¬ 
bären,  2  Eisbären,  5  Wölfe,  1  schwarzer  Panther,  3  Tiger,  6  Löwen. 

Dr.  L.  Wunderlich. 

In  der  Central  Park  Menagerie  zu  Newyork  wurden  im 
Jahre  1888  geboren:  2  Löwen,  4  Tiger;  1  Puma;  1  Aguti;  1  Kerry-Kalb,  Bos 
taurus,  Zebu ;  4  Bison,  Bos  americanus ;  1  Kap-Büffel,  Bubalus  caffer;  2  An¬ 
gora-Ziegen;  1  persisches  Schaf,  Ovis  aries ;  4  Damhirsche,  Dama  vulgaris; 
1  virginischer  Hirsch,  Cariacus  virginianus.  —  4  schwarze  Schwäne,  Oygnus 
atratus ;  1  Kanada- Gans,  Bernicla  canadensis\  2  Pfauen.  —  Im  Jahre  1889 
wurden  geboren:  1  Löwe;  1  Seelöwe,  Zallophus  Gellespii;  2  Zebu;  1  Kap 
Büffel;  2  Nylgau,  Boselaphus  tragocamelus ;  1  Hirschziegenatilope,  Antilope 
cervicapra  ;  4  Angoraziegen;  2  Mähnenschafe,  Ovis  tragelaphus ;  1  Axishirsch; 
1  Schweinshirsch;  5  Damhirsche;  1  Lama;  1  Nilpferd;  1  Kanadagans;  3  weiße 
Schwäne;  3  schwarze  Schwäne.  Daß  so  wenige  Wasservögel  erbrütet  werden 
rührt  von  der  Gepflogenheit  der  Besucher  her,  die  Eier  von  den  Nestern  zu 
stehlen.  Auf  diese  Weise  werden  jährlich  4  oder  5  Schwanennester  zerstört; 
1889  wurden  sogar  3  junge  Schwänchen  gestohlen. 

Report  of  the  Central  Bark  Menagerie. 

Mufflon  in  Ungarn.  Graf  Forgach  hat  in  seinen  Besitzungen  zu 
Ghymes  in  Ungarn  eine  Anzahl  Mufflon  ausgesetzt.  Die  Tiere  haben  sich  jetzt 
bis  auf  mehr  als  400  Stück  vermehrt  und  zum  Teil  in  die  benachbarten 
Wälder  verlaufen.  Um  sie  zu  erhalten,  ist  die  Jagd  auf  die  Widder  vom 
15.  November  bis  15.  Mai,  auf  die  weiblichen  Schafe  vom  1.  Februar  bis 
15.  September  verboten. 

Revue  des  Sciences  naturelles  appliquees ,  5.  April  1890, 


191 


Das  Skelett  eines  Mammut  wurde  in  der  russischen  Provinz 
Tula  entdeckt,  und  die  Moskauer  naturforschende  Gesellschaft  hat  einige  Leute 
beauftragt,  dasselbe  auszugraben. 

Nature,  13.  März  1890. 

Einen  Beweis  von  der  staunenswerten  Kraft,  die  das  große 
Wiesel  ( Mustela  erminea)  in  den  Kiefermuskeln  besitzt,  erhielt  ich  am 
14.  Januar  d.  J.  —  Zu  einem  gefangenen,  schwachen  und  offenbar  noch  jungen 
große  Wiesel-Weibchen,  das  ich  zwecks  Beobachtung  der  Umhaarung  am  Leben 
zu  erhalten  beschloß,  setzte  ich  ein  zweites,  frisch  gefangenes,  altes  starkes 
(43  cm  großes)  Wiesel-Männchen,  das  alsbald  wie  unsinnig  im  Käfig  umherzutoben 
begann  und  hiermit  auch  den  schon  innesitzenden  Bewohner  in  Aufregung 
versetzte.  Bei  der  unter  lautem  Geschrei  sich  entwickelnden  Rauferei  brachte 
das  schlangenartig  schnell  vorschießende  Weibchen  dem  neuen  Ankömmling 
einen  so  energischen  Biß  bei,  daß  die  nadelspitzen  Fangzähne  beide  Stirnbein¬ 
knochen  durchdrangen,  die  unter  dem  Drucke  der  Zusammenpressung  beide 
zermalmt  wurden.  C.  C oester. 

Schmetterlinge  auf  hoher  See,  in  weiter  Entfernung  vom 
Lande.  In  den  Annalen  der  Hydrographie  (Berlin  1886  pag.  71)  lesen  wir: 
»  .  .  .  .  Zugleich  mit  den  Staubwolken  werden  nicht  selten  Schmetterlinge, 
Fliegen  und  sonstige  Insekten  oder  auch  kleine  Vögel,  mitunter  bis  in  sehr 
weite  Entfernungen  vom  Lande,  den  Schiffen  zugeführt.  Der  Kapitän  der 
»Germania«  berichtet:  »Schmetterlinge  und  viele  Hausschwalben  beim  Schiffe 
unter  26,5°  N.B.  und  36, i°  Wr.L.:  nächstes  Land  830  bezw.  1070  Seemeilen 
entfernt!«  —  Der  Kapitän  der  »Urania«  sah  viele  Schmetterlinge  und  Fliegen 
in  den  Äquator-Calmen  bei  4,8°  N.B.  und  25,2°  W.L.  in  etwa  700  Seemeilen 
Abstand  vom  nächsten  Lande.  »Ohne  den  etwaigen  Zusammenhang  dieser 
Erscheinungen  des  weiteren  zu  erörtern,«  machen  die  »Annalen  der  Hydrographie« 
auf  eine  größere  Anzahl  von  Schiffsjournalen  in  dieser  interessanten  Beziehung 
aufmerksam.  Der  betreffenden  Arbeit  liegt  auch  eine  graphische  Darstellung 
der  Staubfälle  auf  Tafel  2  bei.  Im  neuesten  Heft,  12.  Jahrgang,  1889,  der 
verdienstvoll  redigierten  Annalen  lesen  wir  pag.  489  ff:  »Sehr  häufig  ist  die 
Erscheinung  der  mit  Staubfällen  zugleich  beobachteten  Vögel  und  Insekten  in 
den  Küstengewässern  Süd-Brasiliens  und  der  La  Plata-Staaten.  Sie  tritt  hier 
in  Begleitung  der  Pamperos  auf,  und  zwar  kommen  die  Vögel  und  Insekten, 
welche  oft  in  großen  Schwärmen  das  Schiff  bedecken,  nicht  erst  mit  dem  aus 
West  bis  Süd  west  hereinbrechenden  Sturm,  sondern  schon  mit  der  vorher¬ 
gehenden  Windstille,  wenn  das  vorher  fallende  Barometer  seinen  niedrigsten 
Stand  erreicht  hat.  Die  Insekten-  und  Landvögelschwärme  sind  die  Begleiter 
vom  Lande  herkommender  Luftdruck-Depressionen.  Daß  sie  zur  Zeit  der  Wind¬ 
stille  erscheinen,  mag  sich  vielleicht  daraus  erklären,  daß  nur  diejenigen, 
welche  vom  Winde  —  infolge  dessen  Inklination  zum  Minimum  hin  —  in  das 
windstille  Centrum  der  Depression  geführt  werden  und  hier  die  Möglichkeit 
finden,  sich  auf  dem  Schiffe  niederzulassen,  am  Leben  erhalten  bleiben,  während 
die  —  längere  Zeit  dem  vollen  Sturm  ausgesetzten  Tiere  zu  Grunde  gehen. 
Möglicherweise  trägt  auch  noch  der  in  der  Umgebung  des  Minimums  vor¬ 
handene  aufsteigende  Luftstrom  dazu  bei,  daß  die  Flugtiere  hier  länger  in  der 
Luft  schwebend  erhalten  werden  und  nicht  sobald  im  Wasser  umkommen.« 


192 


Aus  den  interessanten  zahlreichen  Beispielen  mit  genauer  Positions-Bestimmung 
greife  ich  einen  einzelnen  Fall  heraus,  wo  unter  anderen  ein  prächtiger 
Schmetterling  mit  19  cm  Flügelspannung  aufgelesen  wurde  —  von  Kap  Sankt 
Thome,  Brasilien  1260  Seemeilen  (!)  entfernt.  (S.  Annalen  der  Hydrographie 
u.  s.  w.,  Berlin  1889.  pag.  490.)  Prof.  Dr.  Baumgartner. 


Litte  v  atu  r. 


Die  nordamerikanische  Vogelwelt  von  H.  Nehrling.  Unter  künst¬ 
lerischer  Mitwirkung  von  Prof.  R.  Ridgway,  Prof.  A.  Go  e  ring  und 
G.  Mütze  1.  Milwaukee,  G.  Brun  der  und  Leipzig,  F.  A.  Brockhaus. 
12- Lieferungen  a  4  Mk. 

Unsere  Leser  kennen  aus  den  früheren  Jahrgängen  dieser  Zeitschrift  die 
reizenden  Schilderungen  aus  dem  nordamerikanischen  Vogelleben  aus  der 
Feder  Neh  rlings,  der  damit  hinreichend  seinen  Beruf  bekundete,  ein  genauer 
und  zuverlässiger  Beobachter  der  Vogel  weit  und  zugleich  ein  vorzüglicher, 
warm  von  seinem  Studium  durchdrungener  Darsteller  zu  sein.  Er  hat  sein 
Werk  in  deutscher  Sprache  geschrieben  und  damit  auch  uns  in  der  alten  Welt 
Gelegenheit  gegeben,  uns  über  das  Vorkommen,  die  Eigenschaften  und  Sitten 
der  in  Nordamerika  lebenden  Vögel  zu  unterrichten  und  an  der  lebendigen 
und  sinnigen  Schreibweise  zu  erfreuen.  Der  Wert  des  Werks  wird  wesentlich 
erhöht  durch  die  beigegebenen  86  Farbendrucktafeln,  die  (gr  4°)  in  ausge¬ 
zeichneter  Darstellung  die  interessantesten  der  behandelten  Tiere  vorführen 
und  zwar  häufig  mit  dem  Neste.  Wir  können  das  vortreffliche  Buch  allen 
Freunden  der  Vogelwelt  auf  das  beste  empfehlen.  N. 


Eingegangene  Beiträge. 

K.  E.  in  E.  —  E.  F.  in  B. :  Besten  Dank  für  die  wiederholten  Sendungen.  —  A.  S.  in  G. : 
Besten  Glückwunsch  zur  glücklichen  Rückkehr.  —  P.  L.  in  M.  —  A.  B.  M  in  Dr.:  Korrektur 
wird  gesandt.  —  C.  G.  in  M.:  Zu  Ihrer  Reise  wünsche  Ihnen  den  besten  Erfolg.  Berichte  sind 
willkommen.  —  H.  L.  in  B.:  Brieflich  Näheres.  —  E.  R.  in  D.  —  K.  K.  in  S.  (Schl.):  Besten 
Dank  für  das  Fischchen,  das  gut  angekommen  ist.  Näheres  demnächst.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Dr.  C.  Danielssen.  Actinida.  In:  Den  Norske  Nordhavs-Expedition.  187(1—1878.  XIX. 
Zoologie  Christiania.  Gröndahl  &  Sons.  1890. 

A.  B.  Meyer.  Der  Knoclien-Entfettungsapparat  des  Ivönigl.  Zoologischen  Museums  zu 
Dresden.  Dresden.  Stengel  und  M  a  r  k  e  r  t.  1890. 

Bulletin  de  la  Societe  Imperiale  des  Naturalistes  de  Moscou.  1889.  No.:  3.  Moscou  1890. 
Omis,  Internationale  Zeitschrift  für  die  gesamte  Ornithologie.  Herausgegeben  von  Prof. 
Dr.  R.  Blasius  und  Prof.  Dr.  G.  v.  Hayek.  VI.  Jahrgang.  Heft  1.  1890.  Wien. 

Carl  Gerolds  Sohn. 

Dr.  Victor  Fatio.  Faune  des  Vertßbres  de  la  Suisse.  Vol.  V.  Poissons.  llme  Partie. 

4  Planches.  Geneve  et  Bäle.  H.  Georg.  1890. 

Herrn.  Lach  mann.  Die  Reptilien  und  Amphibien  Deutschlands  in  Wort  und  Bild.  Mit 
G  Tafeln.  Berlin.  Paul  Hüttig.  1890. 

Gustav  Prütz.  Die  Arten  der  Haustaube.  4.  Auflage.  Leipzig.  C.  A.  Koch.  1890 
2  Mk.  25  Pf. 

llud.  Buchholz  Verzeichnis  der  im  Märkischen  Provinzial-Museum  zu  Berlin  befindlichen 
Berlinischen  Altertümer.  Mit  248  Abbildungen.  Berlin.  Adolf  Danziger.  1890. 

Der  Naturhistoriker.  Illustrierte  naturgeschichtliche  Wochenschrift.  Herausgegeben  von 
Dr.  Friedr.  Knauer.  9.  Jahrgang.  No.  12—14.  Wien.  1890. 

Prof.  Dr.  II.  Baumgartner.  Taschenbuch  der  Naturkunde.  Ein  Nachschlage-Biichlein. 
3.  Auflage.  Wien.  Alfred  Höldör.  1890.  2  Mk.  50  Pf. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mulilau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahl  au  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°-  7.  XXXI.  Jahrgang.  Juli  1890. 


I  n  li  a  I  l. 

Zucht  von  Wildkatzen  in  der  Gefangenschaft;  von  Goffart,  Inspektor  des  zoologischen 
Gartens  in  Düsseldorf.  —  Die  Borkenratte  der  Philippinen,  Phloemys  Qwmingi  Waterh.,  lebend 
im  Dresdner  zoologischen  Garten;  von  A.  B.  Meyer;  —  Sprachwissenschaft  und  Natur¬ 
wissenschaft;  von  Dr.  med.  Wilhelm  Stricker.  —  Bericht  des  Verwaltungsrats  der 
Neuen  Zoolog.  Gesellschaft  zu  Frankfurt  a.  M.  vom  26.  Juni  1890.  —  Frühjahrsbericht  aus 
Moskau;  von  C.  Greve.  —  Zoo-Biologisches  aus  Paris;  von  Ernst  Friedei  in  Berlin.  — 
Das  Aquarium  der  Flora  zu  Köln;  von  Ernst  Friedei.  —  Der  Zeisig;  von  Eduard 
Rüdiger.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur. 


Zucht  von  Wildkatzen  in  der  Gefangenschaft. 

Von  Goffart,  Inspektor  des  zoologischen  Gartens  in  Düsseldorf. 

Br  eh  m  sagt:  Man  kann  eher  zehn  Leoparden  oder  Löwen  er¬ 
werben  als  eine  Wildkatze.  Wenn  auch  die  Wildkatze  keineswegs 
so  selten  vorkommt,  so  begegnet  man  ihr  in  zoologischen  Gärten 
doch  nicht  allzuhäufig.  Hieran  ist  offenbar  die  Schwierigkeit  der 
Pflege  Schuld.  Alljährig  werden  junge  Wildkatzen  zum  Kaufe  an- 
geboten,  doch  selten  gelingt  es,  dieselben  groß  zu  ziehen.  Nach 
2 — 3  Monaten,  manchmal  auch  erst  im  Winter,  gehen  diese  Tiere 
ein.  —  Woher  kommt  dies?  Die  jung  eingefangenen  Tiere  ver¬ 
missen  die  verlorene  Freiheit  durchaus  nicht,  und  das  Futter  ist  fast 
dasselbe  wie  im  Freien:  Mäuse,  Spatzen  u.  s.  w.  Ich  glaube,  die 
Todesursache  in  Erkältung  oder  in  der  Staune  suchen  zu  müssen. 
Wie  für  so  manche  Tiere  hat  man  in  zoologischen  Gärten  auch 
für  Wildkatzen  selten  einen  passenden  und  naturgemäß  eingerich¬ 
teten  Raum ;  man  begnügt  sich,  das  Tier  in  ein  festes  Gelaß  zu 
sperren,  höchstens  geeignet  für  einen  Fuchs  oder  Raben.  Da  die 
WTldkatze  hei  uns  heimisch  ist,  wird  man  versucht,  derselben  eine 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Erkältung  zuzutrauen  wie  einem  Wolfe, 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  13 


i 


194 


und  doch  sucht  die  Wildkatze  ihre  Schlafstätte  in  einem  hohlen 
Baume  oder  in  einer  Felsspalte.  Die  Federn  von  erbeutetem  Ge¬ 
flügel  dürften  wohl  eine  wärmende  Unterlage  bilden. 

Unser  Wildkatzengehege  ist  eine  architektonisch  hübsch  verzierte 
Ziegelstein  wand  mit  vorspringenden  Seiteu;  vor  derselben  ist  aus  Draht¬ 
gewebe  ein  geräumiges  Gehege  geschaffen  worden.  Der  ganze  Käfig 
ist  4  Meter  hoch,  so  daß  ein  astreicher  Baum  Platz  darin  findet. 
Um  den  Katzen  einen  gegen  Wind  und  Zugluft  durchaus  ge¬ 
schützten  Raum  zu  schaffen,  wurde  in  einem  etwa  1  m  hohen, 
60  cm  breiten  und  ebenso  tiefen  Kasten  am  oberen  Teile  der  Vorder¬ 
wand  ein  kreisrundes  Loch  gesägt,  so  daß  die  Tiere  gleichsam  in 
einem  tiefausgehöhlten  Baumstämme  ihre  Lagerstätte  fanden.  Eine 
am  Boden  befindliche  Klappe  ermöglicht  eine  Reinigung  und  Er¬ 
neuerung  des  aus  Heu,  Kameel-  und  Bisamhaaren  u.  s.  w.  be¬ 
stehenden  Lagers.  Der  Kasten  wurde  von  außen  mit  Baumrinde 
bekleidet,  der  Boden  des  Käfigs  dick  mit  Sand  bedeckt. 

Im  Frühjahr  1889  erhielten  wir  zwei  Wildkatzen,  welche  im 
Kottenforst  bei  Bonn  gefangen  waren.  Da  dieselben  bereits  ziem¬ 
lich  kräftig  wareu,  wurden  sie  sofort  in  den  beschriebenen  Käfig 
gebracht.  Die  Kleinen  bezogen  bei  nasser  oder  kalter  Witterung 
den  Kasten,  bei  Sonnenschein  dagegen  benutzten  sie  mit  Vorliebe 
Vorsprünge  an  der  Ziegelsteinwand  und  genossen  so  in  doppeltem 
Maße  die  Wohlthat  der  Sonnenstrahlen,  später  wählten  sie  meist 
den  Baumstamm  als  Ruhepunkt.  Ihre  Nahrung  bestand  aus  Spatzen, 
Mäusen  oder  in  Ermangelung  dieser  aus  Pferdefleisch  nebst  Milch. 
Unsere  Wildkatzen  hielten  sich  ausgezeichnet  und  erzeugten  in 
diesem  Frühjahre  3  Juuge,  welche  Ende  Mai  zum  erstenmale  aus 
ihrem  Kasten  kletterten  und  bei  kaltem  Wetter  von  der  Mutter 
teils  bedeckt  teils  ins  Innere  des  Kastens  getragen  wurden.  Der 
Herr  Papa  ist  stets  bei  der  Familie  geblieben  und  hat  sich  bis  jetzt 
anständig  benommen  d.  h.  er  hat  seine  Sprößlinge  noch  nicht  auf¬ 
gefressen;  er  thront  meist  auf  der  höchsten  Spitze  des  Baumes. 
Allzu  neugieriges  Betrachten  der  Jungen  seitens  der  Besucher  be¬ 
antwortet  die  Mutter  mit  grimmigem  Fauchen  und  Spucken,  wobei 
mau  die  Beobachtung  machen  kann,  daß  der  Atem  der  Wildkatze 
stark  nach  Moschus  riecht. 

Da  bei  der  Schwierigkeit  der  Haltung  der  Wildkatze  obige 
Schilderung  wohl  Zweifel  an  der  Echtheit  unserer  Wildkatzen  er¬ 
regen  möchte,  so  will  ich  noch  bemerken,  daß  dieselben  nicht  nur 
alle  Kennzeichen  der  wilden  Katze  an  sich  tragen,  sondern  auch 


195 


von  hiesigen  bedeutenden  Tiermalern  und  tüchtigen  Jägern  als 
zweifellos  echte  angesprochen  worden  sind. 

Herr  Prof.  Dr.  H.  Landois  in  Münster  i.  W.  schreibt  mir 
unterm  17.  Juni  1890  auf  eine  bezügliche  Anfrage  folgendes  mit 
der  Ermächtigung  der  Veröffentlichung:*) 

»Seit  drei  Jahren  haben  wir  in  unserem  westfälischen  zoologi¬ 
schen  Garten  ein  Wildkatzenpaar.  Das  Mänuchen  stammt  aus  den 
Vogesen  und  wurde  als  Nestjunges  von  Prof.  Dr.  B.  Altum  gro߬ 
gezogen  und  uns  zum  Geschenk  übermittelt,  das  Weibchen  erhielten 
wir  von  Freiherrn  Clemens  von  Fürstenberg,  der  es  in  seinen 
Waldungen  bei  Eresburg,  unweit  Stadtberge  im  südlichen  West¬ 
falen,  eingefangen  hatte.  Das  wild  eingefangene  Tier  zeigte  sich 
von  Anfang  an  außerordentlich  unbändig.  Tag  und  Nacht  hing  es 
oben  auf  dem  Kletterbaum  seines  Käfigs  und  kam  nur  kurze  Zeit, 
um  Futter  zu  schnappen,  auf  den  Boden  des  Gelasses.  In  diesem 
Frühjahr  änderte  es  plötzlich  seine  Gewohnheit,  indem  es  einen  auf 
dem  Boden  befindlichen  Schlafkasten  aufzusuchen  pflegte.  Wir 
hielten  es  für  trächtig  und  entfernten  den  Kater  aus  dem  Käfige. 

Anfangs  Mai  warf  es  ein  einziges  Junges,  welches  gut  gedieh, 
aber  erst  vier  Wochen  nachher  zum  Vorschein  kam.  Der  Kater 
ertrug  die  Einzelhaft  nicht  gut,  indem  er  stark  abmagerte.  Ich 
ließ  ihn  deshalb  kürzlich  wieder  zu  seiner  Gattin  setzen;  er  ver¬ 
trug  sich  mit  Mutter  und  Kind  recht  gut ;  auch  haben  wir  schon 
wieder  Paaruugsversuche  gesehen  und  hoffentlich  wird  das  Pärchen 
uns  bald  wieder  mit  Nachkommenschaft  erfreuen.« 

Die  Borkenratte  der  Philippinen,  J Phloeomys  Cumingi 
Waterli.,  lebend  im  Dresdner  Zoologischen  Garten. 

Von  A.  B.  Meyer. 

Dieses  auch  in  Museen  noch  sehr  seltene  Tier  wurde  vor  kurzem 
zum  erstenmale  lebend  nach  Europa  gebracht,  und  zwar  war  es  der 
durch  seine  Forschungen  auf  den  Philippinen  rühmlichst  bekannte 
Dr.  Alexander  Schaden berg,  welcher  sich  der  großen  Mühe 
unterzog,  vier  Exemplare,  zwei  Männchen  und  zwei  Weibchen,  auf  seiner 
Heimreise  vom  Norden  der  Insel  Luzon  mitzunehmen,  und  welchem  es 
auch  gelang,  sie  via  Hongkong  und  Genua  gesund  bis  Dresden  zu 
bringen,  wo  sie  im  Zoologischen  Garten  deponiert  wurden. 

*)  Meinem  verehrten  Lehrer  sage  ich  hier  nochmals  für  seine  freundlichen 
Mitteilungen  meinen  herzlichsten  Dank.  G. 


196 


Die  Borkenratten  erhielten  ihren  Namen  von  ihrem  ersten  Be¬ 
schreiber,  Waterho  ns  e  (Proc.  Zool.  Soc.  1839,  107),  weil  sie  sich 
hauptsächlich  von  Rinden  nähren  sollen.  Da  sie  aber  in  der  Ge¬ 
fangenschaft  Früchte,  Gras,  Salat,  Wurzeln,  Mais,  Reis  u.  dergh, 
selbst  Fische  gern  fressen,  so  dürften  sie  auch  im  Freileben  Ähn¬ 
liches  zu  sich  nehmen,  wenn  auch  die  Leidenschaft,  mit  welcher  sie 
in  der  Gefaugeuschaft  Holz  benagen,  darauf  weist,  daß  sie  Rinde 
lieben.  Sie  fressen  wie  die  Eichhörnchen,  Ziesel  und  einige  andere 
Nager,  indem  sie  sich  meist  aufsetzen  und  die  Nahrung  in  den  Vorder¬ 
pfoten  halten;  nach  Giebel  (Säugetiere  1885  p.  579)  vertreten  sie 
zusammen  mit  den  Küllenmäuseu  von  Australien  ( Hapalotis )  den 
Eichhorntypus  in  der  Familie  der  Murinen,  aber  es  sind  nächtliche 
Tiere  und  ihre  Lebensgewohuheiten  sollen  erst  jetzt  im  Dresdner 
Garten  näher  beobachtet  werden.  Äußerlich  ähneln  sie  Capromys 
von  Cuba.  Die  Gattung  Phloeomys  ist  als  eine  Untergattung  von 
Mus  anzusehen  und  wird  mit  Spalacomys  und  Platacanthomys  in  eine 
Gruppe  vereinigt.  Dr.  Schaden b erg  hat  eines  der  mitgebrachten 
Exemplare,  ein  Männchen,  bereits  fast  3  Jahre  in  der  Gefangenschaft 
gehalten,  die  anderen  3  noch  nicht  so  lange;  er  sagt,  sie  seien  stark 
und  bissig  und  man  müsse  vorsichtig  mit  ihnen  umgehen,  was  in 
Dresden  auch  schon  zu  erfahren  Gelegenheit  gewesen  ist.  Da  sie  aber 
tagsüber  in  einer  Ecke  ihres  Käfigs  zusammenkauern  und  erst  mit 
Dunkelwerden  lebendig  werden,  so  kann  der  Besucher  kaum  mit  ihnen 
in  Berührung  kommen.  Sie  geben,  gereizt,  ein  quäkendes  Grunzen 
von  sich  uud  schnurren  ähnlich  wie  Murmeltiere.  Eines  der  Männchen 
mißt  von  der  Schnauzenspitze  bis  zum  Schwanzende  78  cm,  wovon 
39  cm  auf  den  Schwanz  kommen;  eines  der  Weibchen  56  cm,  davon 
28  auf  den  Schwanz  (nach  von  Dr.  Schadenberg  genommenen 
Maßen).  Das  Haar  ist  dicht,  laug  und  glänzend,  von  grauweißer 
und  bräunlicher  Farbe  mit  einem  dreieckig  geformten  länglichen, 
scharf  gezeichneten,  braunschwarzen  Sattel  auf  dem  Rücken,  brauner 
oder  schwarzer  Zeichnung  im  Gesicht,  braunem  und  schwarzem  Schwänze 
uud  dunklen  Ohren.  Die  Behaarung  ist  dachsartig  zu  nennen  und 
das  dreifarbige :  braun,  schwarz  und  braungescheckte  Aussehen  er¬ 
innert  an  Meerschweinchen.  Im  Einzelnen  ist  die  Färbung  die  folgende, 
soweit  es  sich  an  den  lebenden  Tieren,  die  in  steter  Bewegung  sind 
oder  alle  zusammengekauert  sitzen,  bis  jetzt  ausmachen  ließ. 

1)  Männchen.  Schnauze,  Augenumgebung,  Kinn  und  ein 
die  Wangen  unten  umsäumender  Streif  zusammenhängend  dunkel 
braunschwarz.  Ohren  schwarz,  iunen  unbehaart;  Haare  hinter  den 


197 


Ohren  braun.  Hinterkopf,  Nacken,  Halsseiten  und  oberer  Teil  der 
Oberarme,  Schultern  und  Oberrücken  zusammenhängend  braunschwarz, 
einen  scharfgezeichneten,  nach  hinten  spitz  auslaufenden  Sattelfleck 
bildend,  der  vom  Hinterkopfe  bis  zur  Spitze  ca.  20  cm  lang  ist. 
Die  nicht  genannten  Teile  des  Kopfes  grauweiß,  einen  rhomben¬ 
förmigen  Fleck  bildend.  Der  übrige  Körper  und  die  Extremitäten 
grauweiß,  über  den  Hüften  eine  bräunliche,  nach  vorn  scharf  abge¬ 
zeichnete  Mondbinde.  Basaldrittel  des  Schwanzes  weißgrau,  sonst 
schwarz.  Grannenhaare  hell  oder  dunkel,  je  nach  der  Stelle,  wie 
beschrieben,  und  glänzend;  Wollhaare  dunkel,  mehr  oder  weniger 
durch  jene  hervortretend.  Umgebung  der  Nasenlöcher,  Füße  und 
Krallen  fleischfarben.  Vorderzehen  schwach  hell  behaart,  Hinterzehen 
stärker  grau  behaart.  Augen  dunkelbraun,  kugelig  hervortretend. 
Bartborsten  schwarz,  bis  ca.  9  cm  lang.  Schneidezähne  bräunlich-gelb. 

2)  Männchen.  Ebenso,  aber  Hals,  Oberarm  vorn,  Wangen  und 
Kopfseiten  rötlichbraun ,  auch  der  Sattelfleck  braun  überlaufen,  ganzer 
Unterrücken  und  Basaldrittel  des  Schwanzes  oben  auch  bräunlich. 

3)  Weibchen.  (Das  größte  Exemplar  von  allen  4.)  W7ie 
No.  1 ,  aber  Halsseiten  und  Hinterhals  braun  mit  weißen  Spitzen. 
Sattelfleck  kürzer.  Oberseite  sonst  einfarbig  grauweiß  außen,  Woll¬ 
haare  dunkel  durchscheinend.  Hinterläufe  und  Schwanzbasis  oben 
bräunlich.  Ein  Paar  Zitzen. 

4)  Weibchen.  Wie  No.  1,  aber  Hinterkopf  und  Nacken 
braun,  Sattelfleck  auch  braun  überlaufen,  am  Hinterrücken  die  Woll¬ 
haare  lebhaft  braun  durchscheinend.  Schwanz  schwarz.  2  Zitzen. 

Trotz  der  Abweichungen  unter  sich  in  Einzelheiten,  sind  die 
4  Exemplare  doch  im  Großen  und  Ganzen  und  Wesentlichen  unter¬ 
einander  gleich  und  ist  als  charakteristisch  für  sie  zu  neunen:  der 
rhombenförmige  weiße  Fleck  des  Kopfes,  der  dunkle  Sattelfleck  des 
oberen  Rückens  und  das  Dreifarbige  (Weiß,  Braun,  Schwarz)  in  mehr 
oder  minder  abweichender  Verteilung. 

Wie  die  in  den  Museen  vorhandenen  Exemplare  beweisen,  variiert 
die  Zeichnung  bei  anderen  aber  noch  viel  mehr.  Man  kennt  sie  fast 
ganz  hell  (Albinos),  nur  mit  brauner  Schnauze,  braunem  Schwanz 
und  ebensolchen  Ohren,  oder  oben  braun  und  unten  heller,  auch  ganz 
braun  mit  Schwarz,  endlich  noch  unregelmäßiger  gescheckt,  wie  die 
oben  beschriebenen  4  Exemplare  und  mit  weuiger  scharf  gezeichnetem 
dunklen  Sattel.  Nächtlich  lebende  Cuscus-  und  jLewmr-Arten  z.  B. 
ändern  auch  bekanntlich  sehr  in  der  Färbung  ab,  und  so  liegt  in  dieser 
verschiedenen  Farbenzeichnung  der  Borkenratten  von  Luzon  auch 


198 


\ 

Nichts  weiter  als  ein  Variieren  derselben  Art  vor;  Männchen  und 
Weibchen  scheinen  in  der  Färbung  sich  nicht  zu  unterscheiden.  Das 
eine  Weibchen  (No.  3)  machte  zuerst  den  Eindruck,  als  sei  es  trächtig; 
dieser  Eindruck  verschwand  jedoch  wieder.  Herr  Direktor  Schoepf 
meint,  es  sei  sehr  wohl  möglich,  daß  das  Tier  in  einer  Nacht  geworfen 
habe,  daß  aber  die  anderen  3  den  ganzen  Wurf  verzehrt  hätten,  es 
käme  dieses  bei  Nagern  manchmal  vor.  Falls  nun  Begattung  be¬ 
obachtet  werden  sollte,  wird  das  betr.  Weibchen  baldigst  isoliert  werden. 

Außer  den  genannten  Autoren  (Waterhouse  und  Giebel)  findet 
man  kurze  Beschreibungen  bei  Gervais  (Mammiferes  1854  p.  399 
mit  ungenügender  Abb.),  Schreber-Wagner  (Säugetiere  1843 
Suppl.  III,  455)  und  Eydoux  und  Soleyet  (Voyage  de  la  Bouite. 
1841.  Zool.  I  43 — 50.  PI.  7  Fig.  3 — 8,  PI.  8);  in  letzterem  Werk 
ist  von  Gervais  am  Ausführlichsten  über  den  seltenen  Nager  ge¬ 
handelt  worden.  Der  durch  seine  romantischen  Schilderungen  der 
Philippinen  bekannte  Franzose  de  ia  Gironniere,  der  als  Pflanzer 
lange  in  der  Nähe  von  Mauila  lebte,  hatte  den  Zoologen  der  »Bouite« 
zwei  Exemplare  gegeben,  eines  in  Spiritus  und  eines  im  Felle  (das 
eine  hatte  er  im  Leben  gezähmt),  und  wenn  auch  die  von  dem  ge¬ 
schickten  englischen  Sammler  Cuming  nach  London  gesandten 
Exemplare  früher  beschrieben  wurden,  so  ist  doch  der  genannte 
Franzose  als  der  eigentliche  Entdecker  der  Art  auzusehen.  Gervais 
behandelte  sowohl  die  Osteologie  als  auch  die  Systematik  eingehend 
und  gab  vortreffliche  Abbildungen  des  ganzen  Tieres,  sowie  der 
Pfoten  und  des  Schädels  (die  Originale  sind  im  Pariser  Museum), 
während  London  vier  Exemplare  und  1  Skelet  besitzt  und  Cuming 
auch  je  ein  Exemplar  nach  Leiden  (ganz  dunkel  rotbraun)  und  Wien  gab. 
Das  Pariser  Museum  erhielt  später  durch  Verreaux  und  Marche 
noch  einige  Exemplare,  von  denen  Prof.  A.  Milne-Ed war ds  die  Güte 
hatte,  mir  kolorierte  Abbildungen  zu  senden,  und  ein  Skelett  eines 
Exemplares  von  der  Insel  Marinduque  soll  durch  Prof.  S  teere  in 
den  Besitz  des  Dresdner  Museums  gelangen.  Ander  weite  Exemplare 
sind  mir  nicht  bekannt.  Auch  in  ihrer  Heimat  sind  sie  nach  den 
Aussagen  von  Dr.  Schadenberg  uud  de  la  Gironniere  selten, 
wie  ferner  der  Umstand  beweist,  daß  von  den  vielen  wissenschaftlichen 
Reisenden  auf  den  Philippinen  nur  die  Genannten  wenige  Exemplare 
erhielten.  Auch  Jordana  (Bosquejo  geogr.  e  hist.  nat.  del  Arch. 
fil.  1885,  167)  nennt  sie  selten.  Von  den  Igorroten,  uuter  denen 
Dr.  Schadenberg  fünf  Jahre  lang  lebte,  werden  sie  Alimaöng 
oder  auch  Jäüla  genannt  und  man  findet  sie  in  Erdhöhlen  am 


199 


Tirac-Gebirge,  Distrikt  Tiagan  und  am  Monte  Malaya  in  Lepanto, 
Nord  Luzon.  De  la  Gironuiere  (Aveutures  d’un  gentilhomme 
breton  1855,  386)  sammelte  sie  in  der  Provinz  Nueva  Ecija  und  nennt 
sie  »parret«,  während  Ger v ais  (1.  c.)  »parout«  schreibt.  Alle  bis  jetzt 
bekannten  Exemplare  stammen,  mit  Ausnahme  des  Skelettes  von 
Marinduque,  von  Luzon;  unsere  Kenntnis  der  Säugetiere  der  anderen 
philippinischen  Inseln  ist  jedoch  noch  eine  sehr  mangelhafte.  — 
Diese  Angaben  haben  hauptsächlich  den  Zweck,  darauf  aufmerksam 
zu  machen,  daß  die  philippinische  Borkenratte  jetzt  lebend  in  Dresden 
ist,  und  hoffe  ich  später  eingehender  auf  ihre  Lebensweise  und 
sonstiges  Mitteilenswerte  zurückkommen  zu  können. 

Dresden,  18.  Juni  1890. 

N  achschrift. 

Prof.  N  eh  ring  trennte  ganz  neuerdings  (Sitzungsber.  Ges.  natf. 
Fr.  Berlin  1890  No.  6,  105.  Stzg.  v.  17.  Juni)  die  hellgefärbte,  von 
Gervais  (1.  c.)  abgebildete  und  beschriebene,  albinotische*)  Borken¬ 
ratte  als  Phloeomys  pallidus ,  resp.  als  Phi.  Cumingi  var.  pallida 
ab,  weil  dieselbe  im  Schädelbau  und  im  Haarkleide  (wie  das  von 
Schreber,  dem  kein  Schädel  vorlag,  1.  c.  beschriebene  in  letzterem**) 
von  der  von  Waterho use  (1.  c.)  beschriebenen,  mit  der  ein  kürz¬ 
lich  nach  Berlin  gelangtes  Exemplar  übereinstimmt,  abweicht;  allein 
eine  solche  Abtrennung  ist  nicht  durchführbar,  da,  wie  wir  sahen, 
die  philippinische  Borkenratte  in  ihrer  Färbung  außerordentlich 
variiert  und  unmöglich  für  jede  solche  Variation  ein  neuer  Name 
in  die  Wissenschaft  eingeführt  werden  kann,  in  vorliegendem 
Falle  aber  um  so  weniger  als  das  Berliner  Exemplar  und  das  betr. 
Pariser  aus  nicht  weit  voneinander  entfernten  Gegenden  Luzons 
stammen.  ***)  So  wenig  diese  Färbungsdifferenzen  also  durch¬ 
greifende,  d.  h.  an  die  Lokalität  gebundene,  sind,  so  wenig  dürften 
die  namhaft  gemachten  Schädeldifferenzen  konstante,  sondern  viel¬ 
mehr  entweder  individuelle,  wie  die  Färbungsdifferenzen,  oder  ge¬ 
schlechtliche  sein.  Das  Geschlecht  des  betr.  Pariser  Exemplars  ist 
ebensowenig  angegeben  wie  dasjenige  des  Berliner,  vielleicht  weil  am 

*)  Wie  auch  die  Farbe  der  Iris  beweist:  »bleu  clair«  siehe  Voy.  de  la 
Bonite  1.  c.  p.  50. 

**)  Dieses  Wiener  Exemplar  ist  jedoch  gar  nicht  hell  gefärbt,  wie  das 
betr.  Pariser;  es  gleicht  vielmehr  dem  von  Waterhouse  beschriebenen. 

***)  Die  einheimischen  Namen  »bohot«  und  »parout«  resp.  »parret«  sind 
auch  als  identisch  anzusehen. 


200 


Balge  nicht  erkenntlich.  Eher  würde  man  noch  daran  denken 
können,  die  vier  lebenden  Dresdner  Exemplare,  mehr  aus  dem  Norden 
Luzons,  einer  konstanten  Varietät  oder  einer  andern  Art  zuteilen  zu 
dürfen,  da  ihr  Fundort  von  demjenigen  der  anderen  (soweit  derselbe 
überhaupt  speziell  bekannt  ist)  etwas  entfernter  liegt  und  da  sie 
unter  sich  in  der  Färbung  und  Zeichnung  im  Wesentlichen  überein¬ 
stimmen,  besonders  bezüglich  des  hellen  rhombenförmigen  Fleckes 
am  Kopfe  und  des  dunklen  Sattels,  allein,  wie  mir  Oldfield  Thomas 
mitzuteilen  die  Freundlichkeit  hatte,  ist  eine  der  Co -Typen  von 
Cuming  (»Manila«)  so  gezeichnet  wie  die  Dresdner  Exemplare  (die 
3  anderen  fast  einfarbig  dunkelbraun)  und  auch  im  Pariser  Museum 
befindet  sich  ein  fast  ebenso  gezeichnetes  von  Jala  Jala,  nicht  weit 
von  Manila  und  dem  Mahaihai;  es  kommen  also  überall,  wie  es 
scheint,  verschiedenartige  Färbungen  und  Zeichnungen  vor,  die  Art 
neigt  sehr  zum  Albinismus,  und  es  kann  eine  Art-  oder  Varietäten- 
Abtrennung  oder  auch  nur  Benennung  demnach  nicht  durch  solche 
Färbuugsdifferenzen  gestützt  werden. 

13.  Juli  1890. 


Sprachwissenschaft  und  Naturwissenschaft. 

Von  Dr.  med.  Wilhelm  Stricker. 

XXI.  Kröte*) 

(Fortsetzung  vom  Jahrgang  30,  S.  267. 

I.  Schon  bei  Frosch  (N.  XX,  a.  a.  0.)  ist  angeführt,  daß  er 
häufig  mit  Kröte  verwechselt  wird.  Das  althochdeutsche  chrota  u. 
chreta  wird  mit  rubeta,  bufo,  rana  übersetzt ;  mittelhochdeutsch 
krate,  noch  jetzt  rheinisch  krat ,  niederrheinisch  er  ade.  Die  gewöhn¬ 
liche  mittelhochdeutsche  Form  ist  krote ,  noch  jetzt  hochdeutsch  in 
Schildkrot,  in  mittel-  und  süddeutschen  Dialekten :  wetterauisch, 
nassauisch,  elsässisch,  schweizerisch,  schwäbisch,  bairisch,  österreichisch. 
Krott ,  kärntnisch  kroute ,  in  den  sieben  Gemeinden  krota ,  daher  auch 
in  der  angrenzenden  vicentinischen  und  friaulischen  Mundart  crote , 
crott ,  welches  auch  Frosch  bedeutet ;  rheinisch  krutt  (Krutweiler),  an 
der  Mosel  deminutiv  krutcli ,  fränkisch  krüt.  Bloß  kröte  setzen  zu¬ 
erst  die  obersächsischen  Wörterbücher  an,  was  auch  die  ostmittel- 

*)  Deutsches  Wörterbuch  von  Jacob  Grimm  und  Wilhelm  Grimm.  Fünfter 
Band,  bearbeitet  von  Dr.  Rudolf  Hildebrand.  Leipzig,  Hirzel,  1873.  Spalte 
2414—24. 


201 


deutsche  Form  ist;  von  da  wird  Jeröte  die  herrschende  hochdeutsche 
Form  (Luther,  Haus  Sachs  etc.)  Niederdeutsch  und  nieder¬ 
ländisch  ist  neben  Kröte  auch  die  Form  utze ,  iitze,  pedde ,  pctdde, 
padde.  Schwedisch  groda  =  Frosch  (s.  30,  267).  Als  Maskulinum 
findet  sich  elsässisch  der  Jerotten,  siebenbürgisch  der  Jerade,  Jeradele, 
Jerader ,  französisch  crapaud ,  englisch  toad,  ital.  botta.  Der  Ursprung 
des  Wortes  ist  dunkel. 

II.  In  manchem  Aberglauben  verbirgt  sich  eine  uralte  religiöse 
Bedeutung  der  Kröten: 

a.  Sie  erscheinen  als  Teufel:  Luther  5,62b,  6,316b,  dahei 
Jerodenteufel,  bei  Luther  und  im  Froschmeusler ;  auch  der  Sachsen¬ 
götze  krodo  wurde  mit  einem  Krötenkopf  abgebildet. 

b.  Sie  haben  eine  nahe  Beziehung  zu  den  Hexen.  Neidhart 
103,4 :  darauf  hab’  ich  den  Besenstiel  wieder  recht  gestellt,  daß  die 
Krot  hat  wieder  reuten  können.  Schwabe  Tintenfäßl  B  7b.  Kröten- 
fu  ß  ( spina  celtica)  ist  ein  Mittel  gegen  die  Hexen.  Die  Kröten 
spielen  bei  den  Hexenprozessen  und  allem  Zauber  eine  große  Rolle. 
Bei  den  nächtlichen  Festen  muß  eine  junge  unerfahrene  Hexe  mit 
einem  weißen  Stabe  Kröten  hüten. 

Sie  zeigen  Schätze  an  und  sind  selbst  Schatzhüter.  Kröten, 
die  an  Walpurgis  zum  Vorschein  kommen,  sind  selbst  Hexen.  In 
Märchen  erscheinen  verwunschene  Fräulein  als  Kröten.  In  Sagen 
und  im  Volksglauben  katholischer  Lande,  z.  B.  Tirols,  gelten  gewisse 

Kröten  als  arme  Seelen,  die  Erlösung  suchen. 

•  • 

(Uber  all  dieses  ist  zu  vergleichen :  J.  Grimm,  Deutsche  Mytho¬ 
logie  1025.  Zingerle  in  J.  W.  Wolfs  Zeitschrift  für  Mythologie  I. 
Rochholz,  Schweizersagen  1,341.) 

c.  Ihr  Saft  gilt  für  giftig.  Albertinus  (um  die  Scheide  des 
16.  und  17.  Jahrhunderts)  schreibt:  Obwohl  die  Kroth  vergift  (d.  h. 
giftig)  ist,  jedoch,  wann  sie  zu  Aschen  verbrent  ist  worden,  ver¬ 
lieret  sie  die  Kraft  des  Gifts  und  wird  arzneiisch.  Paullini  (Dreck. - 
Apotheke.  Frankf.  1734.  S.  317.  328)  führt  Fälle  au  von  Heilung 
von  Personen,  welche  von  Kröten  verunreinigt  und  dadurch  vergiftet 
waren.  Auch  Macbeth  IV,  2.  Lear  V,  3.  Daher  homöopathisch 
und  nach  der  Signatura  naturae  der  Krötenstein,  ein  im  Kopfe 
der  Kröte  oder  auf  ihr  wachsender  kostbarer  Stein  (Grimm,  Mytho¬ 
logie  1169),  den  man  nur  erhält,  wenn  man  die  Kröte  in  einem 
Ameisenhaufen  zerfressen  läßt.  Er  heilt  die  Wunden,  welche  man 
damit  bestreicht,  und  kommt  Gift  in  seine  Nähe,  so  schwitzt  er. 


202 


(Wuttke,  Volks- Aberglaube  §  155.  Stricker,  kl.  Gedichte  11,117.) 
Er  heilt  auch  die  Geschwulst  des  Viehes,  welche  selbst  Kröte  heißt 
und  von  giftigen  Tieren,  besonders  Kröten,  herkommt.  (Unter  Frosch 
[30,269]  haben  wir  dieselbe  Geschwulst  als  Froschgeschwulst  gefunden.) 

Der  Name  Krötenstein  wird  dann  auf  andere  seltsame  Steine, 
zumal  Versteinerungen  :  Belemniten,  Echiniten  etc.  übertragen. 

d.  Die  Giftigkeit  der  Kröte  wird  bildlich  auf  Menschen  über¬ 
tragen  :  Als  wenn  alles  Gift  nur  aus  einer  und  derselben  Kröte 
spritzte  (Schiller,  Fiesco  I.  10)  zur  Bezeichnung  von  Bosheit,  Durch¬ 
triebenheit,  und  immer  abgeschwächt  bis  zu  einer  Art  von  Bewun¬ 
derung  für  jemand ,  der  Ungewöhnliches  leistet  wie  Wetterkröte, 
Donuerkröte,  Blitzkröte,  schweizerisch  chröttli. 

e.  Von  der  Gestalt  der  Kröte  hergenommen  wird  diese  Be¬ 
nennung  besonders  auf  kleine  Menschen  und  Kinder  übertragen.  So 
bairisch  Krott  nicht  nur  als  zärtliche  Benennung  eines  Mädchens  von 
kleinem  Wuchs,  sondern  auch  von  jedem  unter  seinesgleichen  be¬ 
sonders  klein  gebliebenen  Geschöpfe,  Menschen  oder  Tiere,  dazu  ver- 
krottet  gleich  verhüttet,  im  Wachstum  zurückgeblieben,  luxem¬ 
burgisch  :  krotteger  Kierl  =  Knirps,  französisch  crapoussin  von  crap  au  d, 
uordenglisch  crut ,  schottisch  croot ,  cradclen ,  schwedisch  kratta. 

III.  Die  Zusammensetzungen  mit  Kröte  beziehen  sich  teils 
1.  auf  die  zauberischen  Eigenschaften,  teils  2.  auf  Wasser¬ 
pflanzen,  teils  auf  3.  Ähnlichkeiten,  wobei  oft  die  Ver¬ 
wechslung  mit  Frosch  vorkommt.  Am  auffallendsten  ist  diese  Ver¬ 
wechslung  bei  Heinrich  von  Mügeln  (Bartsch,  Liederdichter  des 
12.  bis  14.  Jahrhunderts,  S.  282):  ez  säzen  frösche  zinses  fri  und 
vorchte  ler,  di  bäten  lange  umb  einen  konig  ern  Jupiter  .  .  der 
k  roten  schare  rif  und  schrei  daz  ander  mal. 

1.  a.  Kröten  fuß  —  drudenfuß,  als  Schutzzeichen  wider  das 

Schrättele  in  Schwaben  au  die  Stallthür  gemalt,  auch  soviel  als 

Drudenkraut,  Bärlapp,  lycopodium  clavatum ;  diese  Moosart  dieute  zu 

mancherlei  Zauberwerk;  ihr  Samenstaub  heißt:  Hexen  pulver, 

Hexen  meh  1,  Drud  enmehl. 

•  • 

b.  Uber  den  schon  oben  besprochenen  Krötenstein  finde  ich 

in  Cynosura  materiae  medicae  ed.  Joh.  Boeder,  Editio  II.,  Ar- 

•  • 

gentorati  1747,4°.,  S.  867  folgendes,  was  ich  in  deutscher  Über¬ 
setzung  mitteile:  Bufonites  ist  ein  nicht  durchsichtiger  Stein,  welcher 
selten  größer  ist  als  ein  Fingernagel,  meistens  von  runder,  zuweilen 
aber  von  länglicher  Form,  grau  ins  Rötliche  spielend,  auf  der  einen 
Seite  konvex,  auf  der  andern  konkav,  und  auf  der  konvexen  Seite 


203 


glatt  und  mit  schwarzen  Flecken  bezeichnet.  Synonyme:  Bufonia 
gemrna,  Bufonius  lapis,  Myoxus,  Batrachites,  Crapaudina,  Borrax, 
Chelonites,  Kröttenstein,  Crapaudine.  Ursprung:  Über  den  Ursprung 
dieses  Steines  sind  die  Gelehrten  nicht  einig ;  manche  glauben  mit 
dem  Volk,  die  Steine  entstehen  im  Kopf  der  Kröte  und  werden  von 
ihr  ausgebrochen,  wenn  die  Kröte  auf  ein  rotes  Tuch  gesetzt  und 
gepeitscht  wird.  Wirkung:  Nach  der  Signatura  naturae  ist  der 
Krötenstein  ein  Heilmittel  gegen  Steinkraukheit  und  als  von  einem 
giftigen  Tiere  stammend,  heilt  er  den  Biß  giftiger  Tiere. 

c.  Kröten  blut  (Opitz  2,280)  und 

d.  Krötenzunge  (Goethe  Faust,  II.  Teil,  1.  Act),  gehören 
zu  den  Zaubermitteln,  das  letztere  mit  Froschlaich  gegen  Sommer¬ 
sprossen, 

2.  Eine  Anzahl  Pflanzen,  besonders  Wasserpflanzen,  wird  in  Be¬ 
ziehung  zur  Kröte  gebracht.  Kröten-äugel  =  Vergißmeinnicht; 
K.-balsam, -minze  =  mentha  aqnatica ;  K.-binse,  -gras  =  juncus 
bufonius,  triglocbin,  euphorbia  cyparissias,  holostium,  gramen  bufonum; 
K.-biß,  Froschbiß  —  lemna  palustris;  K.-blatt  =  rumex  crispus 
und  aquaticus;  K.-blume,  -kraut  ==  leontodon  taraxacum,  chrysosple- 
nium  alternifolium,  stachys  silvatica,  senecio  vulgaris  und  jacobaea, 
chenopodium  botrys,  ranunculus  ficaria;  K.-dill—  anthemis  cotula; 
K.-distel  =  Thalictrum  minus;  K.- flachs  =  antirrhinum  linaria; 
K.-fuß  =  panicum  sanguinale,  spica  celtica  auch  dasselbe  wie  K.- 
gras  und  K.-binse.  K.  -  n  e  ss  el  =  stachys  silvatica;  K. -laich  = 
lemna  palustris;  K. -melde  —  datura  Stramonium;  K. -peterlein 
aethusa  cynapium  ;  K.  - p  i  1  z  ,  -schwamm,  -stuhl  =  Name  ver¬ 
schiedener  Giftpilze;  K.-wurz  =  spica. 

3.  a.  Kröten  köpfe,  bufocephali ,  eine  Art  versteinerter  Mu¬ 
scheln;  b.  Krötenschnecke,  eine  Stachelschnecke,  murex  rana ; 
c.  Krötenstein,  bufonites,  für  Belemniten,  Echiniten,  Ammo¬ 
niten  etc. 


Bericht  des  Verwaltungsrats  der  Neuen  Zoolog.  Gesellschaft 
zu  Frankfurt  a.  M.  vom  26.  Juni  1890. 


Wir  können  vom  Jahr  1889,  über  dessen  Ergebnis  wir  Ihnen 
heute  zu  berichten  haben,  wohl  sagen,  daß  es  ein  für  unseren  Garten 
günstiges  war.  Das  Gefühl  der  Sicherheit,  welches  bezüglich  des 
Fortbestandes  des  Instituts  sich  mehr  und  mehr  im  Publikum  Bahn 


204 


brach,  machte  sich  in  erfreulicher  Weise  geltend,  während  anderer¬ 
seits  wir  imstande  waren,  auf  der  Grundlage  zwar  knapper,  aber  doch 
gefestigter  Verhältnisse  nach  mancher  Seite  hin,  im  Sinne  der  Er¬ 
haltung  und  Verschönerung,  mit  etwas  größeren  Schritten  voran¬ 
zuschreiten,  als  dies  früher  möglich  war. 

Die  Betriebs rechnung  des  vergangenen  Jahres  schließt 

in  den  Ausgaben  ziemlich  genau  mit  der  veranschlagten  Summe  ab, 

während  wir  mit  den  Einnahmen  um  etwas  mehr  als  M.  2000  über 

den  Voranschlag  kamen;  die  Gesamteinnahmen  betrugen  M.  195,829.11, 

•  • 

die  Gesamtausgaben  M.  184,473.34,  so  daß  ein  Betriebs-Uberschuß 
von  M.  11,355.77  erzielt  wurde,  welchen  wir  vertragsmäßig  an  die 
Stadtkasse  abzuliefern  haben. 

Die  von  der  Stadt  für  Rechnung  der  Gesellschaft,  zur  Deckung 

der  planmäßigen  Prioritäten-Armortisation  und  der  Prioritäten-Zinsen, 

geleisteten  Zahlungen  sind  auf  dem  Gewinn-  und  Verlust- 

•• 

Konto  verbucht;  ihnen  gegenüber  steht  der  Betriebs-Uberschuß 
des  Gartens,  und  der  Saldo  wurde  einerseits  der  Schuld  an  die  Stadt 
zugeschrieben,  während  er  andererseits  am  Aktienkapital  abge- 
schriebeu  werden  mußte. 

Den  Betrag,  um  welchen  durch  Armortisation  das  Prioritäteu- 
Konto  vermindert  wurde,  haben  wir  in  üblicher  Weise  zu  Abschrei¬ 
bungen  an  den  Aktiv-Posten  der  Bilanz  verwendet. 

Unter  den  Betriebs-Einnahmen  nimmt  der  Erlös  für 
Tageskarten  die  erste  Stelle  ein  und  übersteigt  sowohl  die  Ziffer 
des  Jahres  1888  als  auch  die  für  1889  veranschlagte  Summe  be¬ 
trächtlich.  Im  Jahr  1889  hatte  der  Garten  181,700  zahlende  Be¬ 
sucher,  während  es  im  Jahr  zuvor  nicht  ganz  170,000  waren.  Dieses 
Mehr  von  rund  12,000  Personen  kommt  zu  fast  gleichen  Hälften 
auf  Tageskarten  für  Erwachsene  'zu  1  Mark  und  solche  zu  dem  auf 
50  Pfg.  ermäßigten  Preis,  während  der  Besuch  von  Kindern  dem 
des  Vorjahrs  gleich  blieb  und  die  20  Pfg. -Vormittage  ebenso  wie 
1888  von  rund  43,000  Personen  benutzt  worden  sind. 

Die  Abonnements  zeigen  eine  geringe  Verminderung,  ebenso 
der  N utzen  am  Wein-  und  Bierkonsum  und  der  Ertrag  der 
Saalvermietungen,  während  wir  bei  den  verschiedenen 
Einnahmen  eine  kleine  Zunahme  zu  verzeichnen  haben. 

Ein  wenig  günstiges  Resultat  brachte  im  vergangenen  Jahr  der 
Betrieb  unseres  Aquariums.  Es  zeigten  sich  dort  Mißstände,  die 
durch  entstandene  Undichtigkeiten  des  Oberbaues  hervorgerufen 
wurden  und  trotz  aller  mit  entsprechenden  Kosten  verbundenen  An- 


205 


strengungen  eiue  regelmäßig  gute  Besetzung  mit  verschiedenartigen 
und  schönen  Wassertieren  unmöglich  machten.  Die  in  den  vorher- 
gegangeneu  Jahren  vorgeuommene  Verkleinerung  der  Schaubecken 
hatte  sich  zwar  bewährt,  aber  die  dafür  getroffenen  Einrichtungen 
erwiesen  sich  doch  als  nicht  in  dem  Grad  zuverlässig,  wie  es  für 
die  ständige  Erhaltung  guten  frischen  See wassers  und  somit  für  das 
Fortkommen  der  Tiere  erforderlich  war.  Dazu  kam  das  immer 
schlimmer  werdende  Eindringen  von  Süßwasser  durch  den  undicht 
gewordenen  Oberbau,  so  daß  allein  die  Beschaffung  des  notwendigen 
Seewassers  einen  unverhältnismäßigen  Kostenaufwand  verursachte 

Die  Gesamtkosten  beliefen  sich  auf  M.  8500  anstatt  veran¬ 
schlagter  M.  7100,  während  die  Einnahmen  —  sicher  infolge  mangel¬ 
hafter  Besetzung  —  nur  knapp  M.  7000  (veranschlagt  mit  M.  8100) 
betrugen. 

Wir  mußten  deshalb  im  laufenden  Jahr  zunächst  an  die  Ab¬ 
stellung  des  Hauptübels,  der  Undichtigkeiten  gehen  uud  sind,  nach 
deren  Durchführung,  jetzt  dabei,  der  inneren  Einrichtung  eine 
bleibende,  dem  Auge  gefällige  und  einen  leichten,  mit  wenig  Kosten 
verbundenen  Betrieb  sichernde  Gestalt  zu  geben. 

Von  den  allgemeinen  Betriebsausgaben  hielten  sich  die  für  Ge¬ 
halte,  Musik,  Beleuchtung,  Gartenunterhaltung,  Bau¬ 
unterhaltung,  Druckkosten,  Insertionen,  Livree,  Ver¬ 
sicherung  und  allgemeine  Unkosten  mit  geringen  Schwan¬ 
kungen  in  den  Grenzen  des  Voranschlags.  Die  Heizungskosten 
waren  um  rund  M.  2000  geringer,  teils  infolge  warmer  Witterung, 
teils  weil  größere  Reparaturen  an  den  Öfen  nicht  notwendig  waren,  auch 
dieKostender  W  asserversorgun  g  blieben  beträchtlich  hinter  der  au¬ 
gesetzten  Summe  zurück,  weil  eine  beabsichtigte  größere  Erneuerungs¬ 
arbeit  nicht  zur  Ausführung  kam  sondern  auf  das  jetzt  laufende 
Betriebsjahr  verschoben  wurde. 

Die  Fütterung  der  Tiere,  welche  wir  wegen  der  schon  bei 
Aufstellung  des  Jahresbudgets  im  Steigen  begriffenen  Preise  vorsorg¬ 
lich  höher  als  für  1888  veranschlagt  hatten,  erforderte  indessen  einen 
noch  um  fast  M.  2000  größeren  Aufwand,  was  allerdings  zum  Teil 
auch  durch  den  wachsenden  Tierbestand  verursacht  wurde. 

Für  die  Anschaffung  von  Tieren  ist  mit  Genehmigung  der 
städtischen  Behörden  vorläufig  festgesetzt,  dass  die  Ausgabe  nur  um 
M.  5000  höher  sein  soll  als  der  Erlös  für  verkaufte  Tiere  zuzüg¬ 
lich  etwaiger  Barzuwendungen.  Die  im  vergangenen  Jahr  auf  diese 


206 


Weise  erzielte  Einnahme  von  M.  15,700  gestattete  uns  deshalb  An¬ 
käufe  im  Betrag  von  M.  20,700. 

Bei  der  Ergänzung  des  Tier bestandes  hatten  wir  das  Bestreben, 
einerseits  die  Anzahl  der  vertretenen  Arten  ohne  zu  große  Erhöhung 
der  Fütterungskosteu,  also  ohne  unnötige  Erhöhung  der  Stückzahl 
zu  vermehren,  andererseits  eine  noch  gleichmäßigere  Vertretung 
der  größeren  und  kleineren  Gruppen  des  Tierreiches  herbeizuführen, 
als  es  bisher  geschehen  konnte.  Bei  Durchführung  dieses  Bestrebens 
ermöglichten  wir  es,  im  Laufe  des  Jahres  nahezu  ein  halbes  Tausend 
Tierarten  unseren  ständigen  Besuchern  vorzuführen,  eine  wesentlich 
höhere  Artenzahl,  als  sie  jemals  von  uns  erreicht  worden  ist.  Wir 
konnten  171  Arten  Säugetiere,  311  Arten  Vögel,  12  Arten  Reptilien, 
und  2  Arten  Amphibien  zeigen,  im  ganzen  496  Arten,  zum  Teil 
von  großer  Seltenheit. 

Fast  sämtlichen  übrigen  zoologischen  Gärten  Europas  voran 
steht  unser  Garten  gegenwärtig  in  Bezug  auf  seine  Sammlung 
kleiner  Säugetiere  und  europäischer  Vögel. 

Die  Verluste  beliefen  sich  auf  14°/o  des  durchschnittlichen 
Bestandes.  Ihnen  gegenüber  ist  ein  wesentlicher  Zuwachs  durch 
Geburten  zu  verzeichnen.  Am  Ende  des  Jahres  besaßen  wir  1078 
Tiere,  19  mehr  als  Ende  1888. 

Für  geschenkte  Tiere  haben  wir  zu  danken  Frau  Horst¬ 
mann  und  den  Herren :  Sanitätsrat  Dr.  Schmidt,  Gebrüder  Stein¬ 
bach,  Heinrich  Schuhmacher,  Johannes  Bornscheuer,  Freiherrn  von 
Gienanth,  Bornet,  Wyßmann,  Direktor  Böhm,  Röhrig,  Dr.  Kirsch¬ 
baum,  Dr.  H.  Küchling,  Pfingsthorn,  A.  Andree,  Bontand,  Phil. 
Krell,  Dielmann,  Phil.  Helfmann,  Rettich,  H.  Enck,  Max  Müller, 
Gutmann,  Polizei- Hauptmann  Bergmann,  Emil  Schückenberger  und 
Funck  in  Frankfurt  a.  M.,  ferner  den  Herren:  Fr.  Jos.  Lühn  in 
Friedberg,  H.  Koch  in  Büdingen,  Engelbert  Seelmann  in  Offenbach, 
Carl  Schuck  in  Kaiserslautern,  Dr.  Popp  in  Waghäusel,  Dr.  Kupferberg 
in  Mainz,  Henri  Rost  in  Cannes,  Dr.  Munier  in  Mainz,  Baron  von  Knoop 
in  Wiesbaden,  Lambert  Poppart  in  Bierstein  und  Baron  von  Schröder 
(Schweiz).  An  Barzuweisungen  erhielt  unser  Tierfonds  M.  1200,  für 
welche  wir  den  Gebern  bestens  danken. 

Indem  wir  hiermit  unseren  Bericht  über  das  Jahr  1889  schließen, 
glauben  wir  hinzufügen  zu  sollen,  daß  uns  das  laufende  Jahr 
wiederum  manche  schätzenswerte  Neuerung  in  Bezug  auf  den  Tier- 
Reichtum  und  die  Schönheit  unseres  Gartens  bereits  gebracht  hat. 


207 


i 


Wir  werden  fort  fahren ,  in  dieser  und  jeder  anderen  Beziehung 
unserem  Institut  durch  sorgfältige  Ausnutzung  der  gebotenen  Mittel 
weiteres  Aufblühen  zu  sichern  und  hoffen,  daß  unsere  Aktionäre 
in  erster  Linie  dieses,  unser  unausgesetztes  Bestreben  unterstützen 
werden. 

Betriebs -Rechnung  vom  Jahre  1889. 


Einnahmen. 


M.  Pf. 

1.  Abonnements: 

1174  Aktionär  -  Familien  22,038.  — 
192  Einzel-Aktionäre  zu  1,536.  — 
1163  Familien  -  Abonne¬ 
ments  .  32,322.  — 

595  Einzel-Abonnements  7,140.  — 
144  Pensionär-  und  Mo¬ 


nats-Abonnements  .  894.  — 


63,930.  — 

2.  Billete . 

.  86,780.  04 

3.  Wein-  und  Bier-Nutzen  7,100.  57 

4.  Pacht . 

.  5,080.  — 

5.  Vermietungen  .  .  . 

.  4,610.  — 

6.  Verschiedenes  .  .  . 

.  3,231.  70 

7.  Zinsen . 

.  2,348.  94 

8.  Aquarium  .... 

.  6,976.  63 

9.  Tiere  und  Geschenke 

.  15,771.  23 

195,829.  11 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 
9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 


Frankfurt  a.  M.,  31.  Mai  1890. 


Ausgaben. 


M. 

Pf. 

Gehalte . 

31,984. 

73 

Fütterung . 

41,922. 

30 

Musik . 

34,580. 

— 

Heizung  u.  Beleuchtung 

7,693. 

76 

Wasserversorgung  .  . 

5,983. 

28 

Garten-Unterhaltung  . 

5,407. 

67 

Bau-Unterhaltung  .  . 

12,195. 

77 

Druckkosten  .  .  .  . 

2,847. 

65 

Insertionen  .... 

2,157. 

34 

Livree  . 

1,129. 

65 

Versicherung  .  .  .  . 

1,358. 

45 

Allgemeine  Unkosten  . 

7,989. 

28 

Aquarium . 

8,510. 

56 

Tiere  . 

20,712. 

90 

Uberschuß  .  . 

11,355. 

77 

195,829.  11 


Der  Verwaltungsrat  der  Neuen 

Dr.  Fritz  Stiebei, 

2.  Vorsitzender. 


Zoologischen  Gesellschaft. 

L.  H.  Reiss. 

Schriftführer. 


Frühjahrsbericht  aus  Moskau. 

Von  C.  Greve. 

In  diesem  Jahre  (1890)  trat  hier  das  Frühjahr  ungewöhnlich  zeitig  auf, 
und  so  erwachte  denn  auch  das  Leben  der  organischen  Natur  zu  einer  Zeit, 
wo  wir  sonst  noch  vollen  Winterschlaf  zu  haben  pflegen.  Meine  persönlichen 
Beobachtungen  beziehen  sich  leider  diesmal  nur  auf  Vorgänge,  denen  man 
auch  in  der  Stadt  folgen  kann,  während  vom  Lande  bekannte  Jäger  und 
Naturfreunde  mich  mit  Nachrichten  versorgen  müssen. 

Am  3./15.  März  waren  die  Saatkrähen  (Corvus  frugilegiis)  in  Scharen 
eingetroffen  und  hatten  ihre  alten  Nistplätze  in  den  Gärten  der  Stadt  wieder 
in  Besitz  genommen.  Eine  Woche  früher  etwa  waren  die  kleineren  Körner- 


208 


fresser  angelangt  und  kamen  auf  dem',  von  mir  früher  schon  beschriebenen 
Vogelmarkte  massenhaft  zum  Verkauf.  Ende  März  (erste  Hälfte  April  neuen 
Stils)  flogen  Zitronenfalter  an  Grasplätzen  umher  und  an  sonnigen  Plätz¬ 
chen  kamen  einzelne  Carabus  zum  Vorschein. 

Den  81.  März  (12.  April)  zog  eine  Schar  wilder  Gänse  über  die  Stadt 
dahin  und  am  7./19.  April  trompeteten  die  Kraniche  hoch  in  der  Luft  auf 
ihrem  Wege  nach  den  nördlichen  Sümpfen.  Den  8./20.  April  bemerkte  ich 
am  ängstlichen  Benehmen  unserer  alle  Straßen  bevölkernden  Haustauben,  daß 
irgendwo  ein  Raubvogel  in  der  reinen  Luft  schweben  mußte,  und  bei  genauerer 
Musterung  sah  ich  denn  auch  einen  Bussard  seine  langsamen  Kreise  ziehen. 
Seine  Spezies  konnte  ich  wegen  der  allzu  großeu  Entfernung  nicht  feststellen. 
Am  selben  Tage  nahm  ich  gegen  Abend  einen  Milan,  Milvus  ater ,  sowie 
Milvus  regalis  wahr,  welche  auf  dem  Kreuze  eines  niedrigen  Kirchturms  von 
ihrer  Reise  sich  erholten. 

Ende  März  (alten  Stils)  begannen  die  Waldschnepfen  zu  ziehen 
und  das  Auer-  und  Birk  wild  war  in  voller  Balze  begriffen.  Pa  in  unseren 
ausgedehnten  moorartigen  Wäldern  Tetrao  tetrix  wie  Tetrao  urogallus  noch  sehr 
häufig  sind,  gehören  natürlich  auch  ihre  Bastarde,  Tetrao  medius,  nicht  ge¬ 
rade  zu  den  Seltenheiten.  Wie  sich  bei  den  anatomischen  Untersuchungen 
dieser  durch  den  Professor  Tichomirow  herausstellt,  besitzen  diese  Mischlinge 
nicht  die  Fortpflanzungsfähigkeit,  da  sie  Hermaphroditen  mit  schwach  ent¬ 
wickelten  weiblichen  und  degenerierten  männlichen  Geschlechtsorganen  vor¬ 
stellen.  Höchst  interessant  sind  die  häufig  vorkommenden  Kreuzungen  von 
Birkhuhn,  Tetrao  tetrix ,  und  Haselhuhn,  Tetrao  lagopus,  und  die  sehr 
seltenen,  aber  hübschen  Bastarde  von  Tetrao  tetrix  und  Tetrao  bonasia,  von 
denen  schöne  Abbildungen  in  einer  Sitzung  der  hiesigen  Acclimatisations- 
gesellschaft  vorgelegt  wurden. 

Am  29.  April/11.  Mai  [zeigten  sich  die  ersten  Schwalben  und  am  Abend 
bemerkte  ich  zum  ersten  mal  einen  Ziegenmelker  einen  Weg  entlang  fliegen, 
an  dem  man  hier  diesen  Vogel  regelmäßig  trifft.  Die  Turmschwalbe,  Cypselus 
apus ,  umkreiste  in  einzelnen  Exemplaren,  die  wohl  den  Vortrab  bildeten,  am 
4./16.  Mai  die  alten  Nistplätze,  und  am  6./18.  Mai  erschallte  über  den  feuchten 
Wiesen  am  Flusse  zum  erstenmal  der  Ruf  des  Kibitzes. 

Bemerkenswert  ist  eine  Notiz  im  »Russischen  Jäger«  aus  dem  Kiewschen 
Gouvernement  über  dort  gefundene  Vielfraße.  Ein  Exemplar  wurde  von 
einem  Jäger  beim  Verzehren  eines  Kalbes  überrascht  und  als  es  sich  zähne¬ 
fletschend  auf  einen  Baumstumpf  zurückgezogen,  mit  Schrot  angeschossen  aber 
nicht  erlegt.  Bald  darauf  jedoch  gelang  es,  vier  Stück  Gulo  boredlis  auf  einem 
Treiben  zur  Strecke  zn  bringen.  Wie  die  Tiere  in  jene  Gegend  gekommen, 
ist  unklar. 

Neu  war  mir  ebenfalls  eine  Mitteilung  über  das  Vorkommen  des 
Hamsters  (Cricetus  frumentarius)  im  Moskauer  Gouvernement.  Da  hier  der 
Boden  lehmig  und  schwer  zu  durch  wühlen  ist,  hat  sein  Bau,  wie  der  Referent, 
ein  Herr  Satunin,  berichtete,  höchstens  drei  Fluchtröhren.  Die  in  den  Bauen 
gefundenen  Vorräte  bestehen  aus  Hafer  und  Kartoffeln;  Roggen  wurde  nie 
angetroffen,  selbst  wenn  die  Nester  in  Roggenfeldern  lagen.  Auffallender 
Weise  befanden  sich  in  der  Kammer  eines  Hamsters  ein  Heringskopf  und  mehrere 
Knochen. 


209 


In  unserem  zoologischen  Garten  hatte  vor  etwa  vier  Wochen  eine  D  ächsin 
Junge,  fraß  sie  aber  am  zweiten  Tage  auf.  Eine  andere  erhielt,  weil  man 
annahm,  daß  der  Mangel  eines  den  Blicken  der  Zuschauer  die  Kleinen  ent¬ 
ziehenden  Baues  die  Mutter  zu  dieser  That  veranlaßte,  als  die  Wurfzeit  ge¬ 
kommen  war,  eine  große  Menge  Heu  in  den  Käfig  gelegt.  Sie  baute  eine 
Art  Tunnel  daraus,  und  in  diesem  brachte  sie  ihre  Sprößlinge  zur  Welt.  Seit 
einigen  Wochen  hört  man  diese  quieken  und  zwitschern  (ähnlich  wie  kleinere 
Papageiarten),  aber  wie  viele  es  ihrer  sind,  konnte  leider  nicht  ermittelt  werden, 
da  nur  die  Alte  des  Nachts  zum  Saufen  und  Fressen  hervorkommt. 

Geboren  wurden  außerdem  noch  ein  Wildesel,  Asinus  taeniopus ,  und 
Schafe  verschiedener  Rassen.  Die  Strauße,  ein  Geschenk  des  Sultans,  legen,  und 
soll  ein  Versuch  gemacht  werden,  die  Eier  im  Incubator  auszubrüten.  Ein 
Reiherpaar  baute  ein  Nest  und  begann  zu  legen  —  die  Zukunft  muß  zeigen, 
ob  es  auch  Junge  erzielen  wird. 

Die  Eisbären  haben  sich  gepaart,  ebenso  die  Wölfe  und  darf  man  wohl 
auf  die  Nachkommenschaft  rechnen. 

Im  Garten  befinden  sich  jetzt  zwei  Sumpfschildkröten  ( Emys  lutaria ), 
welche  ich  in  der  Jausa,  einem  Nebenflüsse  der  Moskwa,  fing.  Sie  sind  beide 
kleiner  als  das  erste  Exemplar,  welches  ich  im  »Zoologischen  Garten«  be¬ 
schrieben  habe,  das  ja  auch  der  Jausa  entstammte.  Mehrere  ganz  kleine  Exem¬ 
plare,  die  ich  erbeutete,  lassen  also  wohl  mit  Sicherheit  annehmen,  daß  unsere 
Flußschildkröte  auch  zur  Fauna  Moskaus  gehört. 

Am  24.  Mai/5.  Juni  hatte  die  kaiserlich  russische  Acclimatisations- 

gesellschaft  das  Glück,  ihren  hohen  Protektor,  den  Großfürsten  Nikolaus 

•  • 

den  Alteren,  feierlich  im  zoologischen  Garten  empfangen  zu  dürfen.  Seine 
kaiserliche  Hoheit  geruhte  die  für  diesen  Sommer  in  Angriff  genommenen 
Neubauten  und  Verbesserungen  im  Garten  in  Augenschein  zu  nehmen,  von 
denen  wir  besonders  das  originelle  Haus  für  kleinere  Wiederkäuer,  den 
neuen  Stall  für  die  verschiedenen  Rasseschafe,  die  im  Bau  begriffene  Anstalt 
für  künstliche  Fischzucht  und  das  Becken  für  künstliche  Krebszucht  her¬ 
vorheben.  Nachdem  Seine  kaiserliche  Hoheit  einen  Rundgang  durch  den 
Garten  gemacht  und  ein  lebhaftes  Interesse  für  alle  Einzelheiten  kundgethan, 
wurde  ein  Frühstück  serviert,  bei  welchem  der  hohe  Gast  einen  Toast  auf  das 
Gedeihen  der  Acclimatisationsgesellschaft,  welche  nunmehr  den  richtigen  Weg 
zu  immer  weiterer  gedeihlicher  Entwickelung  eingeschlagen  habe,  ausbrachte. 
Mehrere  Mitglieder  der  Gesellschaft  hatten  die  Ehre,  für  ihre  Verdienste  um 
den  Garten  aus  der  Hand  des  hohen  Protektors  Jetons  zu  erhalten,  so  die 
Herren  Dr.  Klimenkow,  Meinhardt,  Keller. 

Einige  Tage  vor  dem  Besuche  des  Großfürsten  war  über  die  Stadt  ein 
schreckliches  Gewitter  mit  Sturm  und  Wolkenbruch  dahingezogen,  hatte  aber 
weder  an  Tieren  noch  Bäumen  irgend  welchen  Schaden  angerichtet. 

Unser  Elephant,  nach  Jumbos  Tode  entschieden  der  größte  in  Europa, 
trat  in  diesem  ungewöhnlich  warmen  Frühjahr  sehr  zeitig  in  die  Brunft,  so 
daß  man  ihn  wegen  seines  unbändigen  Wesens  nicht  mehr  auf  seinen  Sommer¬ 
standplatz  bringen  konnte.  Er  begann  die  Wände  des  hölzernen  Winter¬ 
hauses  mit  seinen  ungewöhnlich  großen  Hauern  auseinander  zu  nehmen  und 
hat  schlechterdings  erst  nach  energischem  Überguß  seitens  der  Feuerwehr 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  14 


210 


sich  einigermaßen  beruhigen  wollen.  Das  letzte  Mal  war  er  vor  zwei  Jahren 
brünftig  gewesen,  wobei  dieser  Zustand  fast  fünf  Monate  angehalten  haben  soll. 

Neulich  war  eine  Notiz  gebracht  worden,  in  welcher  die  Gärten,  welche 
einen  j  a  p  a  n isch  e  n  Ri  esen  sa  lam  a n  der  besitzen,  aufgezählt  wurden.  Hierzu 
wäre  zu  ergänzen,  daß  der  Moskauer  Garten  auch  eine  Sieboldici  maxima  auf¬ 
zuweisen  hat,  welche  seit  etwa  8  Jahren  hier  lebt  und  die  ansehnliche 
Größe  von  4  Fuß  erreicht  hat.  Im  Sommer  nährt  man  das  Tier  mit  lebenden 
Fischen,  welche  man  in  seinen  Behälter  hineinsetzt  und  die  es  sehr  gewandt 
zu  fangen  weiß.  Des  Winters  aber  zieht  der  Salamander  rohes  Fleisch  vor. 
Nach  allem  Anschein  findet  bei  ihm  eine  fortwährende  Abstoßung  einzelner 
Hautteile  statt,  da  im  Wasser  stets  Fetzen  von  Haut  schwimmen.  Sehr 
interessante  Beobachtungen  über  den  Atmungsprozeß  des  Tieres  hat  Magister 
Kulaginn  veröffentlicht. 

Verschiedene  Gönner  des  Moskauer  zoologischen  Gartens  haben  dem¬ 
selben  mit  Eiutritt  der  wärmeren  Jahreszeit  Geschenke  an  Tieren  zugewandt, 
so  z.  B.  mehrere  Hamster  (Cricetus  frumentarius  L.),  unter  diesen  auch 
eine  Alte  mit  drei  munteren  Jungen,  welche  bis  jetzt  wenigstens  mit  ihrem 
Lose  recht  zufrieden  zu  sein  scheinen. 

Zwei  Wölfinnen  haben  Junge  geworfen,  die  eine  aber  leider  ihre 
Nachkommenschaft  aufgefressen,  während  die  andere  ihre  vier  netten  Spröß- 
linge  sehr  zärtlich  behandelt. 

Infolge  der  äußerst  günstigen  Witterung,  welche  dieses  Frühjahr 
herrscht,  haben  alle  Nistvögel  sehr  zeitig  die  Nester  verlassen.  Die  Stare 
haben  Ende  Mai  ihre  Jungen  in  großen  Scharen  auf  die  Wiesen  geführt  und 
sind  seit  dem  1./13.  Juni  spurlos  verschwunden,  wohl  in  die  Sümpfe  gezogen. 
Zu  einer  zweiten  Brut  haben  sie  wohl  so  günstige  Gelegenheit  gehabt,  wie 
noch  nie  —  trotzdem  aber  ist  eine  solche  nicht  erfolgt,  also  vollkommen  das 
bestätigt,  was  ich  vor  einiger  Zeit  im  »Zool.  Garten«  in  dieser  Beziehung 
mitgeteilt  habe.  Die  große  Misteldrossel  hat  schon  flügge  Junge,  die 
den  Alten  an  Größe  nichts  nachgeben.  In  gewöhnlichen  Jahren  findet  man 
so  weit  ausgebildete  junge  Turdus  viscivorus  nur  erst  um  Petri-Pauli  (also 
am  29.  Juni/11.  Juli).  Die  Nachtigallen,  welche  nach  der  ersten  Brut  etwa 
eine  Woche  lang  geschwiegen,  haben  seit  acht  Tagen  (5./17.  Juni)  etwas 
lebhafter  zu  schlagen  begonnen,  vielleicht  also  eine  zweite  Brut  angefangen. 
Flügge  Junge  habe  ich  gesehen,  leider  aber  keine  Nester  mit  neuem  Gelege 
gefunden,  um  sicher  eine  zweite  Brut  nachzuweisen.  Auffallend  ist  das  erneute, 
eifrige  Schlagen  jedenfalls. 

Zum  Beweise  dessen,  daß  trotz  des  mangelhaften  Systems  und  der  un¬ 
genügenden  Regelung  des  Fischfangs  in  Rußland,  dank  den  günstigen 
natürlichen  Bedingungen,  doch  noch  ziemlich  gute  Fangresultate  erzielt  werden 
können,  möge  angeführt  werden,  daß  beim  diesjährigen  Zug  in  der  Wolga 
ein  Hausen  von  etwa  35  Pud  Gewicht  (circa  14  Zentner)  gefangen  wurde, 
wobei  allein  5  Pud  auf  den  Kaviar  kamen! 

Die  kaiserlich  russische  Acclimatisationsgesellschaft  hat  sich  übrigeus 
zur  Aufgabe  gemacht,  einen  rationelleren  Betrieb  des  Fischfanges  anzubahnen, 
überhaupt  die  Gefahren  und  Schäden,  welche  diesem  wichtigen  Quell  russischen 
Nationalreichtums  drohen,  nach  Möglichkeit  zu  beseitigen,  und  voraussichtlich 


211 


wird  der  Erfolg  nicht  au.sbleiben,  da  die  Gesellschaft  auch  von  Seiten  der 
Regierung  Förderung  und  Unterstützung  in  ihren  Bestrebungen  findet. 

Zum  Schlüsse  erlaube  ich  mir  eine  Bitte  hinzuzufügen ,  welche  den 
Zweck  hat,  einem  der  Mitglieder  unserer  hiesigen  Acclimatisationsgesell- 
schaft  Nachrichten  und  Material  über  Bastardierung  von  Wölfen  mit 
Hunden  zu  beschaffen.  Inden  Rheinlanden  und  auch  im  Elsaß  und  Lothringen 
gibt  es  ja  noch  Wölfe  genug  —  doch  auch  in  zoologischen  Gärten  und  Mena¬ 
gerien  kommen  derartige  Kreuzungen  nicht  selten  vor,  und  Jäger,  Zoologen 
und  Naturfreunde  werden  mich  zu  großem  Danke  verpflichten,  wenn  sie  An¬ 
gaben  hierüber  an  meine  Adresse  gelangen  lassen,  damit  ich  dieselben  dem 
Herrn  Kr  i  s  ch  tofo  wit s  c  h ,  der  diese  Thatsachen  sammelt,  übermitteln  kann. 
Meine  Adresse  ist:  C.  Greve,  Moskau,  Maroseika,  Petrischule. 


Zo o-Biologisclies  aus  Paris. 

Vou  Ernst  Friedei  in  Berlin. 


I.  Von  der  Weltausstellung  im  Jahre  1889. 

Sofern  man  den  Ausdruck  Zoo-Biologisches  nur  auf  die  lebendige  Tier¬ 
welt  bezieht,  war  alles,  was  hinsichtlich  der  letzteren  von  der  glänzendsten 
aller  Weltausstellungen  dem  Beschauer  vorgeführt  ward,  recht  klein  und  gegen 
dasjenige,  was  die  Pariser  Weltausstellung  im  Jahre  1878  darbot,  geradezu 
unbedeutend.  Es  beschränkte  sich  bei  den  civilisierten  Nationen  auf  einige 
englische,  holländische  und  schweizer  Rassen-Kühe,  bei  den 
exotischen  Nationen  auf  deren  Haustiere,  Rinder,  Schafe  und  Ziegen. 

Die  rückläufige  Bewegung,  welche  ich  im  Jahrgang  1882  d.  Z.  S.  82  flg. 
in  dem  Aufsatz:  »Die  Krisis  in  der  Verwaltung  der  öffentlichen 
Aquarien«  in  Bezug  auf  diese  zoo-biologischen  Institute  geschildert,  hält 
noch  an;  während  auf  der  Pariser  Weltausstellung  von  1867  *)  ein  großes 
mit  vielen  Kosten  gepflegtes  Aquarium  zu  sehen  war,  fiel  hiergegen  bereits 
das  Aquarium  der  Pariser  Weltausstellung  von  1878  **)  etwas  ab  und  schien 
mehr  eingerichtet,  weil  man  die  Aquarieukuust  auf  der  Ausstellung  nicht  ganz 
übergehen  dürfe,  also:  »ut  aliquid  fecisse  videretur«.  Inzwischen  hat  man 
dies  Aquarium,  welches  der  Munizipalrat  ohne  großen  Aufwand  verbessern  und 
erhalten  konnte,  eingehen  lassen;  ein  neues  Aquarium  ist  auf  der  Ausstellung 
von  1889  nicht  beliebt  worden,  und  es  gibt,  so  schwer  man  dies  glauben  mag 
ein  wirkliches  größeres  öffentliches  Aquarium  innerhalb  der  Umwallung  der 
französischen  Hauptstadt  nicht  mehr. 

Dagegen  bot  die  unvergleichlich  schöne  und  belehrende  Exposition 
r  etrospective  du  travail  et  des  Sciences  anthr  opologiques ,  ange¬ 
regt  von  jenem  Jules  Simon,  welcher  kürzlich  Frankreich  bei  dem  Kongreß 
zur  Regelung  der  Arbeiterverhältnisse  in  Berlin  vertreten  hat,  eigenartige 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Zoo-Biologie,  namentlich  zum  Tierleben,  soweit  es 
sich  mit  der  Geschichte  der  menschlichen  Kultur  kreuzt  oder  doch  berührt. 

*)  Vergl.  E.  Friedei:  Über  das  Aquarium  der  Pariser  Weltausstellung-  von  1867 
Jahrg.  1868  d.  Z.  S.  187  flg. 

**)  Vgl.  E.  Friedei:  Zoologisches  aus  Paris,  Jahrg.  1878.  S.  303  flg. 


212 


Diese  Kulturgeschichte  begann  mit  den  unsicliern  Spuren  des  tertiären 
Menschen,  die  in  Bezug  auf  die  Tierwelt  bislang  nichts  Verläßliches  ergeben 
haben.  Es  war  für  die  nun  folgenden  Perioden  zunächst  die  Zweiteilung  in 
die  ältere  und  jüngere  Steinzeit  beliebt,  bezüglich  der  älteren,  welche 
vollständig  innerhalb  des  Diluviums  liegt,  die  Spaltung  in  die  ältere  Mam- 
muth-  und  die  jüngere  Renntier-Zeit.  Diese  älteren  zwei  Steinzeiten  charak¬ 
terisiert  der  amtliche  Katalog  *)  wie  folgt:  »Die  ältesten  Gegenstände  der 
Werkthätigkeit  Europa’s  zeigen  sich  in  den  Ablagerungen  großer  Ströme,  an 
deren  Ufern  unsere  Vorfahren  lebten,  umgeben  von  einer  großartigen  Tier¬ 
welt,  zwei  Arten  Elefanten,  zwei  Nashörnern  und  Mengen  von 
anderen  Tieren,  wobei  sich  Asien  und  Afrika  auf  europäischem  Gebiet  ein 
Stelldichein  gegeben  zu  haben  scheinen.  Die  dem  Leben  zahlreicher  Pflan¬ 
zenfresser  nötige  Flora  scheint  durch  warme  und  regnerische  Witterungs¬ 
verhältnisse  begünstigt  worden  zu  sein.« 

»Zweite  paläolithische  Periode.  Das  Klima  verändert  sich;  es  wird 
trocken  und  kalt.  Die  Tiere,  welche  nicht  ohne  feuchte  Wärme  leben  können, 
sind  verschwunden.  Zum  Ersatz  finden  wir  in  Überfluß  diejenigen,  welche 
sich  heut  in  die  nordischen  Gegenden  zurückgezogen  haben,  wieden  Schnee¬ 
hasen,  den  Blaufuchs,  das  Ren,  und  auf  unsere  höchsten  Berge,  wie  der 
Steinbock,  die  Gemse;  ferner  die  Saiga -Antilope.«  **) 

Auch  in  dieser  Periode  noch  keine  Spur  von  Ackerbau,  desgleichen  keine 
von  Töpferei,  ebenso  keine  Spur  von  Haustieren,  insbesondere  fehlt  noch  immer 
der  Hund,  der  aber  in  den  dänischen  Kjökkenmöddingern  vorkommt,  welche 
das  jüngste  Diluvium  mit  dem  Alt-Alluvium  kulturgeschichtlich  zu  verbinden 
scheinen,  mit  sehr  erheblichen  klimatischen,  zoologischen  und  floristischen 
Unterschieden  gegen  die  eigentliche  geschichtliche  Zeit.  Das  Ren  und  das 
Pferd,  obwohl  in  der  jüngeren  Altsteinzeit  sehr  häufig,  scheinen  nicht 
gezähmt  worden  zu  sein.  Beide  Tierarten  dienten  nur  zur  Fleischnahrung. 
Das  Wildpferd  des  Diluviums  scheint  in  zwei  Species  oder  Spielarten  vor¬ 
handen  gewesen  zu  sein.  Besonders  merkwürdig  sind  die  von  Menschenhand 
gefertigten  Abbildungen  der  ihn  umgebenden  Tierwelt,  auf  deren  Stoßzähnen 
und  Knochen,  die,  wenn  man  die  mehrfach  versuchten  Fälschungen  abrechnet, 
noch  immer  in  diesem  Zeitabschnitt  recht  ausgiebig  erscheinen.  Für  den 
paläolithischen  Menschen  scheint  das  Ren  das  wichtigste  Wild  gewesen  zu 
sein,  wenigstens  für  den  Jäger  der  jüngeren  Altsteinzeit.  Ich  schließe  dies 
aus  der  Menge  der  vorhandenen  Knochen,  welche  manche  Höhlen  fast  aus¬ 
schließlich  füllen  und  Spuren  menschlicher  Einwirkung  zeigen,  desgl.  aus  der 

*)  (Jatalogue  göneral  officiel.  Exposition  rötrospective  du  travail  et  des  Sciences 
anthropologiques.  Section  I.  Anthropologie,  Ethnologie  S.  89  u.  90. 

**)  Es  ist  recht  bedauerlich,  daß  das  enorme  Knochen-Material  der  französischen  und 
spanischen  Höhlen  paläolithischer  Zeit,  namentlich  die  Knochen  der  Kleintiere  (der  kleineren 
Nager,  der  Lurche  und  Kriechtiere,  auch  der  Fische)  noch  nicht  derartig  von  Spezialisten 
bearbeitet  worden  ist,  wie  dies  z.  B.  bezüglich  der  berühmten  Steppenfauna  von  Thiede 
und  Westeregeln  durch  Professor  N  eh  ring  geschehen  ist,  und  wäre  es,  nach  den  ver¬ 
schiedensten  Richtungen  hin,  höchst  erwünscht,  daß  diesem  Forscher  einmal  eine  genaue 
Prüfung  des  westeuropäischen  Materials  verstattet  würde.  Ich  habe  die  feste  Überzeugung, 
daß  sich  aus  diesen  osteologischen  Resten  ein  farbenreiches,  zuverlässiges  Bild  des  Tier¬ 
lebens  und  des  Menschenlebens  der  Altsteinzeit  entwickeln  läßt,  von  dem  wir  zur  Zeit  nur 
eine  dunkle  Ahnung  haben. 


213 


Fülle  von  Geräten  vom  Gebein  dieses  Steppentiers.  Recht  beachtenswert  ist 
es,  daß  das  Ren  der  Altsteinzeit  osteologisch  vom  europäischen  Renntier  der 
Jetztzeit  verschieden  erscheint,  auch  vom  wilden  Rentier  Lapplands,  und 
sich  mehr  dem  grönländischen  Ren  nähert.  Dies  möchten  auch  die 
paläolithisclien  Abbildungen  des  Ren  andeuten,  auf  denen  das  Tier  plumper, 
zottiger  als  das  europäische  Ren  dargestellt  wird. 

ln  der  Neusteinzeit  treten  die  Haustiere  auf,  zuerst  der  Hund,  wahr¬ 
scheinlich  zuletzt  das  Pferd;  dieses  bei  vielen  —  ob  bei  allen?  —  Völkern 
zuvörderst  als  Zugtier,  dann  erst  als  Reittier,  wie  die  Centauren-Sage  anzudeuten 
scheint,  d.  h.  das  erste  Auftreten  von  Reiterstämmen,  welche  den  anders 
kultivierten  Völkern  wie  ungeheuerliche  Wesen,  halb  Mensch,  halb  Pferd 
vorkamen. 

Für  alle  jene  Perioden  lag  in  dem  Ausstellungs-Palast  eine  Menge  von 
tierischen  Belagstücken  aus  öffentlichen  und  privaten  Sammlungen  zusammen¬ 
gebracht,  wie  sie  kein  Museum  aufzuweisen  vermag.  Herr  Vauville  hatte 
Schichtenprobeu  von  Coeuvres  ausgestellt,  quaternäre  Ablagerungen  mit 
Knochen  vom  Mammuth,  Nashorn,  Wildpferd,  Stier,  Murmeltier, 
teilweise  Reste  von  Mahlzeiten  des  Menschen,  welche  das  Land  vor  und  während 
der  Bildung  der  Lagerung  innehatten.  Ein  Teil  der  Röhrenknochen  ist  zwecks 
Gewinnung  des  Marks  gespalten.  —  Von  Raymonden  in  der  Dordogne  hatte 
Maurice  Feaux  Knochenstücke  mit  Ritzungen  eingeschickt,  welche  Fisch¬ 
schwänze,  Steinbockköpfe  und  Vögel  darstellten,  mittlere  diluviale 
Lagerungen.  —  Michel  Hardy  zeigte  von  Laugerie  basse  in  der  Dordogne  auf 
einem  Knochen  die  feine  Gravierung  einer  Hirschkuh,  von  gleichem  geolo¬ 
gischen  Alter.  —  Paignonsche  Sammlung  zu  Paris:  Rentierknochen  mit 
Darstellung  von  zwei  Seehunden,  einer  Forelle  und  mehreren  Aalen,  paläo- 
lithisch  von  Montgaudier,  Charente.  —  Sammlung  des  Vicomte  von  Lastic  Saint- 
Jai  zu  Paris  aus  der  Schmiedegrotte  an  den  Ufern  des  Aveyron,  Tarn-et-Garonne, 
darin  Phalangen  von  Hirschen,  durchbohrt,  vielleicht  als  Pfeifen  gebraucht. 
Viele  kleine  Knochen  mit  symmetrischen  und  unregelmäßigen  Kerben,  die 
Ähnlichkeit  mit  Dingen  haben,  welche  den  Australiern  zu  Mitteilungen  dienen. 
Auf  bearbeiteten  Rentierknoch  e  n  ein  prächtiger  Stierkopf,  zwei  Pferde¬ 
köpfe,  Fische  und  andere  Tiere,  mehre  Stäbe,  welche  in  Tierköpfe  aus- 
laufen.  Ferner  Meer -Schaltiere,  meist  als  Schmuck  verwandt,  in  einer 
Herzmuschel  Reste  von  roter  Farbe  zum  Malen.  —  Paysantsche  Sammlung 
in  Paris.  Auf  Fundstüken,  paläolithisch  aus  dem  Lot,  befinden  sich  Pferde 
und  Steinböck e  dargestellt.  In  der  Sammlung  von  Elie  Massenat  in  Brives 
siud  aus  dem  Felsunterschlupf  (abris  sous  röche)  an  den  Ufern  der  Vezere 
(Dordogne)  Menschengebeine  ausgegraben  zusammen  mit  zum  Teil  bearbeiteten 
Knochen  vom  braunen  und  Höhlenbär*),  Elefant,  Mammuth,  Jxliino- 
ceros  tichorrhinus,  Antilope  Saiga,  Ren,  Gemse,  Biber,  Bison  europaeus , 
Bos  primigenius  u.  ff.  Ebendaher  eine  Menge  Knochenreste,  meist  vom 
Ren,  mit  Tierdarstellungen,  vor  allem  ein  Mensch,  der  den  Auer- 
ochs  jagt,  die  anderen  stellen  das  Pferd,  Hirsch  arten,  die  Antilope, 

*)  Nach  einer  kühnen  Hypothese  von  Oscar  Fr  aas  hätte  sich  in  der  Benennung  der 
beiden  Sternbilder  des  Großen  und  Kleinen  Bären  die  Erinnerung  an  den  ausgestorbenen 
Ursus  spelaeus  neben  der  an  den  gewöhnlichen  noch  lebenden  europäischen  Bär  im 
Volke  erhalten. 


214 


den  Fischotter,  die  For eile  und  andere  F is che  dar,  ebenso  eine  Katzen¬ 
art,  einen  Hasen  u.  dgl.  —  Sammlung  von  Ed.  Piette  aus  der  Grotte  du 
mas  d’Azil,  Ariege,  Gebeine  vom  Bär,  Wolf,  Au  er  ochs,  Ur,  Ren,  Stein¬ 
bock,  Nashorn,  Vogelknochen,  mit  menschlichen  Gebeinen;  auf  Ren¬ 
tierknochen  allerhand  Zeichnungen,  z.  B.  drei  Pferdeköpfe,  ein  Auer- 
ochs,  dem  unglücklicherweise  der  Kopf  fehlt,  ein  besonderer  Auerochsen¬ 
kopf.  —  Aus  der  Grotte  von  Arudy,  Basses-Pyrenees,  geschnitzte  und  gra¬ 
vierte  Knochen;  zahlreiche  Pferdeköpfe  auf  Beinplättchen;  viele  durch¬ 
bohrte  Tierzähne  als  Schmuck  bestimmt,  dabei  Knochen  vom  Pferd,  Ren, 
Steinbock,  von  Hirschen,  alles  diluvial.  Der  Hirsch  verlangt  es,  daß  wir 
einen  Augenblick  bei  ihm  verweilen.  Die  französischen  Forscher  sind  bei  der 
Artbestimmung  ihrer  diluvialen  Hirsche  mit  Recht  vorsichtig,  indem  sie  sich 
gewöhnlich  mit  der  Bezeichnung  » Cervus  spec .«  begnügen.  Der  Riesen- 
liirsch,  Cervus  euryceros  kommt  vor;  er  scheint  der  jüngern  Altsteinzeit  und 
der  Steppenfauna  anzugehören,  denn  im  Urwald  ist  für  den  gewaltigen 
Schaufler  kein  Raum.  Ob  Spuren  menschlicher  Bearbeitung  an  den  französi¬ 
schen  Riesenhirsch-Resten  beachtet  sind,  ist  mir  unbekannt;  jedenfalls  werden 
sie  äußerst  selten  sein.  Auch  hinsichtlich  Irlands  ist,  wie  ich  in  einem  irischen 
Reisebericht  in  dieser  Zeitschrift  erwähnte,  obgleich  auf  der  »grünen  Insel« 
die  klassischen  Fundstellen  der  wohlerhaltenen  Riesenschaufler-Gerippe  liegen, 
von  bearbeiteten  dergleichen  Resten  nur  weniges  bekannt.  Von  Deutschland 
vermochte  ich  bis  zum  April  1890  keinen  Knochen-  oder  Geweih-Best  des 
Riesenhirsches,  welches  unzweifelhaft  Merkmale  menschlicher  Einwirkung 
zeigt,  nachzuweisen.  In  jenem  Monat  zeigte  mir  Professor  Nehring  ein 
ihm  kürzlich  nach  dem  Zoologischen  Museum  der  Landwirtschaftlichen  Hoch¬ 
schule  in  Berlin  eigesendetes  Geweihstück  vom  Riesenschaufler  vor,  dessen 
Stange  unzweifelhaft  mit  Steingerät  künstlich  durchgesägt  worden  ist.  Der 
überaus  merkwürdige  Fund  ist  aus  dem  Löß  von  Thiede,  der  neben  so 
vielen  interessanten  Tieren  auch  prismatische  Flintmesser  u.  dgl.  geliefert 
hat.  Unter  den  französischen  diluvialen  und  altalluvialeu  Hirschgeweihen  — 
soweit  sie  an  unsern  Edelhirsch  erinnern  —  fiel  uns  selbst  bei  den  stärksten 
und.  ältesten  Stücken  die  Spärlichkeit  der  Sprossen  auf.  Professor 
Nehring  bemerkte  mir,  daß  dies  seiner  Wahrnehmung  nach  auch  von  den 
fossilen  deutschen  Hirschen  gelte,  und  zeigte  mir,  dies  bestätigend,  eine  bei 
Bonn  ausgegrabene  Stange  eines  alten  gewaltigen  Hirsches  mit  auffallend 
wenigen  Sprossen.  Diese  vorgeschichtlichen  Hirsche  ähneln  hinsichtlich  der 
erwähnten  sparsamen  Sprossenbildung,  nach  Nehring,  an  den  südsibirischen 
Cervus  Maral.  *)  Jedenfalls  hat  der  europäische  Hirsch  im  Lauf  der  letzten 
Jahrtausende  seine  Sprossenbildung  vermehrt  und  man  kann  es  verstehen, 
wenn  vorsichtige  französische  Forscher  vor  vollständiger  Klärung  des  Zusam¬ 
menhanges  des  europäischen  Diluvial-Edelhirsches  mit  unserm  Cervus  elaphus 
es,  wie  angedeutet,  vorziehen,  die  in  das  verwandte  Formengebiet  einschla¬ 
genden  pleistocäneu  Hirschreste  nur  erst  mit  Cervus  spec  ?  zu  katalogisieren. 

Auch  aus  den  folgenden  alluvialen  Perioden:  1.  der  neolithischen,  2.  der  prä- 
historisch-celtischen,  8.  der  geschichtlich  gallischen,  4.  der  gallo-römischen 
waren  Tierreste  vorhanden,  die  wir  aber  übergehen,  weil  sie  nicht  das  außer- 


*)  Vergl.  den  Maral  in  Artikel  II  (Jardin  des  Plantes). 


215 


ordentliche  zoo-biologische  Interesse  wie  die  Überbleibsel  aus  der  Diluvial- 
Periode  beanspruchen  können. 

Auch  die  .vergleichende  anthropologische  Abteilung  enthielt  mancherlei 
tierische  Objekte,  namentlich  Gerippe,  Schädel  und  Gehirne  der  menschen¬ 
ähnlichen  Affen,  besonders  des  Gorilla,  ferner  des  Schimpansen,  des 
Orang-Utan,  des  Hylobcites  leuciscas  Kühl,  des  Cynocephalus  Maimon  L., 
des  Ateles  Bartletti  Gray,  aus  Ost-Peru.  Trepanationsversuche  an  lebenden 
Hunden,  deren  Schädel  ausgestellt  waren  zur  Vergleichung  mit  jenen  bisher 
nicht  ganz  befriedigend  erklärten  seltsamen  Trepanationen,  welche  mit  Feuer¬ 
steinsplittern  am  lebenden  Menschen  bereits  in  frühester  Zeit  gemacht  worden 
sind,  schwere  chirurgische  Eingriffe,  die  der  vorgeschichtliche  Mensch  aber, 
wie  aus  Vernarbungen  und  Überwallungen  ersichtlich,  mitunter  überlebt  hat. 

Von  der  ethnologischen  Abteilung  sei  nur  der  auf  die  grönländischen 
Eskimo  bezüglichen  Ausstellung  gedacht,  da  die  meisten  Objekte  tierischer 
Herkunft  waren  und  von  den  Waltieren,  Seehunden,  Robben,  insbe¬ 
sondere  Walroß  herstammten.  Die  verschiedenen  Fangmethoden  waren  von 
der  Ausstellerin,  der  dänisch-grönländischen  Gesellschaft,  trefflich  illustriert. 

Die  Ausstellung  der  Jagd  und  Fischerei  brachte  wenige  auf 
das  Tierleben  bezügliche  Mitteilungen.  Am  meisten  Interesse  nach  dieser 
Hinsicht  hin  bot  die  Geschichte  der  Falknerei  ( fauconnerie ).  Unter  den 
Ausstellern  figurierte  der  Acclimatationsgarten  von  Paris,  welcher  sich  bemüht, 
die  fast  vergessene  Kunst  der  Falkenbeize  in  Frankreich  wieder  zu  be¬ 
leben*),  indem  er  den  Liebhabern  die  Anschaffung  der  Jagdfalken,  sowie  der 
Jagdgeräte  erleichtert  und  von  Zeit  zu  Zeit  abgerichtete  Jagdfalken  vorführt. 
Ausgestellt  waren  u.  a.  die  Ausrüstungsgegenstände,  wie  sie  dieKabilen  und 
Araber  bei  der  Falkenjagd  in  Algier  gebrauchen.  —  Die  Kappe  eines 
kirgisischen  Jagdadle rs;  dieselbe  gehörte  einem  Goldadler,  den  aus 
Turkestan  die  Herren  Benoit-Maichin  und  de  Mailly-Nesle  mitbrachten. 
Er  hat  lange  Zeit  in  der  Falknerei  von  Rosoy  gelebt.  Auf  den  Wolf  und 
anderes  schwere  Wildbret  dressiert,  ließ  man  ihn  in  Frankreich  Wildkatzen 
und  Füchse  fangen. 

Die  Japanesen  betreiben  noch  jetzt  die  Falkonierkunst  mit  Leiden¬ 
schaft,  und  es  waren  alle  bezüglichen  Geräte  in  großer  Vollständigkeit  vorhanden. 

Beiläufig  mögen  hier  ebenfalls  ausgestellte  Flug-Pfeifen  erwähnt 
sein,  welche  die  Japaner  ihren  Flug-Tauben  am  Schwanz  befestigen  und 
die  beim  scharfen  Fliegen  eigentümliche  Töne  ausstoßen,  um  die  Raubvögel 
abzuschrecken.  Ich  weiß  nicht,  ob  unsere  Brieftaubenzüchter  dies  Mittel 
kennen,  jedenfalls  möchte  ich  darauf  hiermit  aufmerksam  gemacht  haben. 

Die  englischen  und  holländischen  Falkner,  welche  den  mittel¬ 
alterlichen  Stoßvogelsport  bis  in  die  Neuzeit  hinein  gerettet  haben,  der 
»Royal  Loo  Hawking  Club«  (1840 — 1852)  sowie  der  »Old  Hawking  Club« 
hatten  ausgestellt.  Der  letztere  ist  in  Leeds  seßhaft  und  der  ansehnlichste 
Falkner-Verein  von  England.  Er  jagt  mit  dem  Falken  (il  vole )  Hühner 
( grouse )  und  Raben.  Er  hat  in  der  letzten  Jagdperiode  150  grouses  gestoßen. 

*)  Die  Kaiserin  Friedrich  hat  sich  als  deutsche  Kronprinzessin  ebenfalls  bemüht,  die 
von  edelen  deutschen  Frauen  einstmals  mit  Leidenschaft  betriebene  Jagd  mit  dem 
Stoßvogel  neu  einzuführen.  Dio  verringerte  Zahl  der  brauchbaren  Jagdfalken  soll  der 
Wiederbelebung  dieses  interessanten  Sportzweiges  hinderlich  sein. 


216 


Für  die  indische  Falknerei  hatte  Kapitän  Biddulphe  ausgestellt 
von  ihm  selbst  trefflich  ausgeführte  Aquarellen  des  heiligen  Falken 
( Cherug )  der  Indier,  der  dem  Milan  im  Fluge  ähnelt,  ferner  des  »Dauntless«, 
eines  dem  Kapitän  gehörigen  jungen  indischen  Jagdfalken,  der  in  der  letzten 
Saison  21  Kraniche,  11  Reiher  und  11  Ibis  gejagt  hatte,  sodann  das  »Bifli« 
eines  indischen  Falco  babylonicus ,  welcher  in  derselben  Zeit  73  Enten  und 
Elstern  geschlagen  hatte* *).  Herr  Pierre-Amedee  Pichot  hatte  Ausrüstungs¬ 
gegenstände  und  Abbildungen  betreffend  die  Falknerei  in  Frankreich  in  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  und  in  Persien  ausgelegt.  —  Major 
Watson  zeigte  2  Photographien  von  17  dressierten  Wände  r- Fa  lken  ,  die 
von  Mr.  Clibborn  zu  Clonmel,  Grafschaft  Tipperary,  in  Irland  i.  J.  1887 
aufgezogen  waren.  —  Herr  Deyrolle  hatte  die  hauptsächlichsten  Typen  der 
Falken  ausgestellt,  welche  noch  jetzt  oder  jetzt  wieder  zur  Falkenjagd  benutzt 
werden,  den  Wanderfalk  (faucon  pelerin),  den  Habicht  ( autour ),  den 
Gerfalk,  Geyerfalk  ( gerfaut ),  den  Lerchenfalk,  Sperber  (emerillon),  Herr 
Grete  de  l’Arbre  2  behandschuhte  Falknerarme,  einer  einen  behaubten 
Falken  ( faucon  chaperonne) ,  der  andere  einen  behaubten  Habicht  ( autour 
chaperonne )  zur  Jagd  bereit  haltend,  endlich  Mr.  Riggs  drei  Stierhörner,  deren 
sich  sonst  die  Falkoniere  bedienten,  um  ihre  Vögel  zurückzurufen.  **) 

Alles  in  allem  gewann  der  Deutsche,  welcher  in  seinem  Vaterlande  die 
edle  Kunst  der  Falkenbeize  vernachlässigt  und  fast  vergessen  sieht,  durch 
die  Weltausstellung  eine  reichhaltige  und  interessante  Übersicht  von  diesem 
Sportzweige. 

Unter  der  Klasse  »Fischerei«  vermöchte  ich  nur  den  Wal  tierfang 
zu  erwähnen,  der  ganz  unglaublich  zurückgegangen  ist,  nach  dem  Berichterstatter 
über  die  Fischerei- Ausstellung,  Herrn  D eyrol  1  e,  noch  vor  einigen  Jahren  von 
Havre  aus  betrieben  wurde,  jetzt  aber  nur  noch  in  Norwegen  geübt  wird. 
In  einer  Beziehung,  in  sofern  nämlich  als  damit  eine  gewisse  Schonung  der 
gewaltigen  Fischsäuger  verbunden  ist,  mag  der  Tierfreund  sich  dessen  freuen, 
diese  Freude  wird  aber  getrübt,  wenn  man  Professor  Pouchets  auf  der  Aus¬ 
stellung  hinterlegte  Berichte  über  die  Baleinopteren  las,  deren  Naturgeschichte 
er  im  Aufträge  der  Regierung  in  den  nördlichen  Meeren  mit  Hülfe  norwegischer 
Walfänger  studiert  hat.  Die  Waltiere  werden  jetzt  aus  Kanonen  mit  Ge¬ 
schossen  angegriffen,  die  aus  dreiteiligen  Harpunen  in  Verbindung  von  Granaten 
bestehen.  Pouch  et  hatte  eine  Granate  ausgestellt,  welche  im  Fleisch  eines 
Waltiers  krepierte  und  deren  Sprengstück  aus  dem  Leibe  des  Tiers  heraus¬ 
geschnitten  worden  waren.  Wie  wirksam  diese  fürchterlichen  Geschosse  sind, 
kann  man  aus  dem  Umstande  ersehen,  daß  ein  einziger  Schiffskapitän  1886 
während  der  Jagdzeit  mit  denselben  allein  77  Bartenwale  und  Kasche¬ 
lots  erlegt  hat. 

Ganz  neuerdings  scheint  der  Waltierfang  wieder  aufleben  zu  wollen 
freilich  mit  ganz  veränderter  Richtung,  das  ist  nach  den  antarktischen 
Meeren  zu.  Seit  die  Schleswiger  in  den  Ostseehäfen  den  Mut  verloren  und 

*)  Kapitän  Biddulphe  gilt  fiir  einen  der  besten  englischen  Vogel-Zeichner. 

*)  Der  berühmte  Kupferstecher  Riedinger  stellt  diese  Falken-Kuhhörner  öfter  auf 

einen  Bildern  dar,  auch  werden  sie  öfters  in  den  Chroniken  der  Herzoge  von  Burgund 
erwähnt.  In  den  kulturgeschichtlichen  Sammlungen  werden  sie,  aus  Unkunde,  der  Regel 
nach  als  Ilörner  für  die  Hirschjagd  angesehen. 


217 


seit  vor  etwas  mehr  als  25  Jahren  der  letzte  Walfischfahrer  der  Bremer  Flotte 
auflegte,  ist  der  Walfang  von  Deutschland  aus  nicht  mehr  betrieben  wordeu ; 
derselbe  war  im  nördlichen  Eismeer  nicht  ergiebig  genug,  und  um  kleine  Schiffe 
nach  der  Südsee  zu  entsenden,  lohnte  die  weite  Reise  nicht.  Nach  Nachrichten 
aus  Vegesack  an  der  W eser  soll  von  Bremen  aus  der  Walfischfang 
wieder  aufgenommen  werden  und  zwar  in  großartigem  Maßstabe,  wenn  auch 
zuvörderst  nur  mit  einem  Dampfer.  Die  Rhederfirma  H.  Bischoff  &  Co.  in 
Bremen  erwarb  kürzlich  vom  Norddeutschen  Lloyd  dessen  großen  transatlan¬ 
tischen  Dampfer  »Donau«,  der  für  den  Walfang  in  der  Südsee  umgebaut  und 
eingerichtet  werden,  auch  zu  diesem  Zwecke  in  nächster  Zeit  nach  Blyth  in 
Eugland  gehen  soll.  Die  veralteten  Maschinen  und  Kessel  sollen  herausge¬ 
hoben,  ersetzt  und  eiue  neue  dreifache  Expansionsmaschine  von  genügender 
Stärke  mit  sparsamem  Kohlenverbrauche  und  hoher  Kesselspannung  eingesetzt 
werden.  In  den  unteren  Schiffsräumen  werden,  vom  Laderaum  getrennt, 
Kohlenbunker  für  etwa  1800—2000  Tons  Kohlen  angeordnet.  Die  Mannschaft 
wird  verdoppelt.  Statt  der  vorhandenen  Rettungsboote  erhält  die  Mannschaft 
außer  veränderten  dergleichen  Booten  sechs  Dampfbarkassen  als  Fangboote 
zum  Ersatz  der  früher  üblichen  Ruder -Fangboote.  Für  die  Herstellung  der 
Fässer  zu  Thran,  Schmeer,  Speck  etc.  wird  an  Bord  eine  eigene  Werkstatt 
eingerichtet.  Kapitän  Rossini  aus  Vegesack,  ein  bewanderter  Südseefahrer, 
dient  als  seemännischer  Beistand  der  Firma. 

Es  ist  zu  erhoffen,  daß  auch  die  Zoologie,  namentlich  die  Biologie  be¬ 
züglich  der  noch  wenig  bekannten  großen  Tierformen  der  Südsee  gefördert 
wird,  nicht  bloß  der  Großfische  und  Waltiere,  sondern  auch  der  Robben.  Es 
wird  auf  diese  Weise  gelingen,  auch  mit  dem  Süd -Wal  roß  Bekanntschaft 
zu  machen,  von  dem  kaum  irgend  in  europäischen  Museen  Exemplare  sind, 
ja  dessen  Dasein  namhaften  Zoologen,  wie  ich  zu  meiner  Überraschung  er¬ 
fahren,  kaum  bewußt  erscheint.  (Fortsetzung  folgt.) 


Das  Aquarium  der  Flora  zu  Köln. 

Von  Ernst  Friedei. 


So  häufig  des  zoologischen  Gartens  zu  Köln  in  den  Fachzeitschriften  Er¬ 
wähnung  geschieht,  ebenso  selten  ist  dies  rücksichtlich  des  in  der  Kölner 
Flora  erbauten  Aquariums  der  Fall,  obwohl  es  in  gutem  Stande  befindlich 
ist  und  Erfreuliches  wie  Belehrendes  genugsam  bietet.  Sei  es  mir  deshalb  ver¬ 
gönnt,  es  in  aller  Kürze  so  zu  schildern,  wie  ich  es  am  13.  September  1889 
inmitten  des  herrlichen  Baumwuchses  und  der  schönen  Teppichbeete  der  Flora 
unweit  des  großen  Restaurant -Gebäudes  und  Palmenhauses  vorfand.  Das 
Aquarium  ist  ähnlich  dem  Berliner  in  Grottengestalt  gebaut,  und  es  haben  die 
kräftig  gefärbten  Laven  und  Tuffe  des  Brohlthals,  von  Niedermendig  und  vom 
Laachersee,  auch  die  rheinischen  Basalte  zu  dem  Aufbau  ein  gar  treffliches 
Material  geliefert. 

Im  Äußern  wie  Innern  spricht  sich,  gerade  wie  bei  den  meisten  Aquarien, 
was  ich  in  den  letzten  Jahren  so  oft  zu  betonen  Gelegenheit  hatte,  ein  ge¬ 
wisser  Stillstand,  eigentlich  schon  ein  kleiner  Rückgang  aus.  Man  sieht  an 


218 


verschlossenen  Nischen  und  Abseiten,  daß  der  Aufwand  für  die  äußere  Aus¬ 
stattung  früher  bedeutender  gewesen  ist,  an  mancherlei  ausgestopftem  Getier, 
daß  zuvor  mehr  Geld  und  Mühe  auf  die  Ausstellung  von  Seltenheiten  verwendet 
wurde. 

Es  waren  im  unteren  Raume  20  gefüllte  Becken  vorhanden,  gut  be¬ 
leuchtet,  während  in  den  kühlen  Grottengängen  das  bekannte  Dämmerlicht 
herrschte  Nr.  1  enthielt  Rotfedern,  Rotaugen,  Barben,  Barsche 
Karauschen,  Miinnen  ( Cyprinus  Jeses )  und  die  Meerforellen  ( Salmo 
Trutta ),  ein  altes  Tier  mit  hakenförmigem  Unterkiefer,  ähnlich  den  Haken¬ 
lachsen,  d.  h.  den  alten  Lachsmännchen,  bei  denen  die  nach  oben  und  hinten 
sich  allmählich  umbiegende  Kiunspitze  des  Unterkiefers  ein  so  sonderbares 
Aussehen  gewinnt.  Nr.  2  enthielt  Regenbogenforellen,  Nr.  3  Barsche, 
Nr.  4  Orfen,  Nr.  5  Hechte  und  große  Zander,  Nr.  6  Hechte,  Schleie 
und  Karpfen,  darunter  L  e  d  e  r  -  und  Sp  iegel  karp  fe  n  ,  Nr.  7  Flußaale, 
Nr.  8  Bachforellen,  Nr.  9  Axolotl  und  die  gemeineren  Tri  ton-A  rten, 
Nr.  10  Bastarde  vom  Saibling  ( Salmo  salvelinus ),  ferner  Kaulbarse, 
Elritzen,  Goldschleie,  Schmerlen  und  Schlammpeitzker,  Nr.  11 
Döbel. 

Während  dies  die  Süß wasser-Bewohner  waren,  dehnten  sich  gegenüber 
die  des  Meeres  aus. 

Nr.  12  Kabliau,  Goldbutt,  Steinbutt,  Lippfische  ( Labrus 
maculatus  nicht  L.  mixtus),  der  Pfeilschwanzkrebs  ( Limulus  Polyphernus), 
Hummer  und  Langusten,  Nr.  13  enthielt  dieselben  Tiere,  ebenso  Nr.  14 
daneben  aber  noch  Crenilabrus  rupestris,  Nr.  15  Seepferdchen  vom  adria 
tischen  Meer  ( Hippocampus  brevirostris),  Bernhards  krebse  ( Pagurus  Bern- 
hardus ),  au  Muscheln:  Ostrea  edulis,  Isocardia  Cor  und  Cyprina  islcindica,  alle 
3  aus  der  Nordsee,  Nr.  16  Seeaale  ( Conger  vulgaris)  und  Hummern,  Nr.  17 
Taschen  krebse,  als  Actinien  Tealia  crassicornis  u.  a.,  Pholas  dactylus, 
endlich  Nr.  18  ebenfalls  Bohrmuscheln  ( Pholas  dactylus),  anscheinend  aus 
dem  roten  helgoländer  Gestein,  Nr.  19  Austern  und  Schnecken,  Bern¬ 
hard  s  krebse,  Dorsche,  sowie  Crenilabrus  rupestris,  Nr.  20  Taschenkrebse, 
Seespinnen,  Hummern,  Dorsche,  Butt,  Cottus  scorpio,  und  Aalmutter 
( Zoarces  viviparus).  Das  Seewasser  teilweise  trübe. 

Über  diesen  unteren  Aquarien  befinden  sich  einige  Dekorations-Aqua¬ 
rien  mit  Gold-  und  Silberfischen. 

Trotz  ziemlich  langen  Aufenthalts  im  Aquarium  und  schöner  warmer 
Witterung  war  und  blieb  ich  leider  der  einzige  Besuchende.  Das  Eintrittsgeld 
beträgt  20  Pf.,  ein  gedruckter  Führer  scheint  nicht  vorhanden  zu  sein. 


Der  Zeisig. 

Von  Eduard  Rüdiger. 


Daß  der  Zeisig  seiner  Anspruchslosigkeit  und  Ausdauer,  seines  ewig 
heiteren  Wesens,  seines  außer  der  Mauser  alltäglich  unermüdlich  vorgetragenen 
Liedleins  halber  ein  deutscher  Käfigvogel  ersten  Ranges  genannt  und  als 
solcher  überallhin  wärmstens  empfohlen  werden  muß,  daß  er  sich  zum  Über- 


219 


fluß  auch  sofort  gleichmütig  in  seine  Gefangenschaftsverhältnisse  zu  finden 
pflegt,  sogar  den  kaum  bezogenen  Käfig  freiwillig  wieder  aufsucht,  falls  ihm 
ein  Entschlüpfen  gelungen  oder  ein  Ausflug  gestattet  ist,  darf  als  nahezu  all¬ 
gemein  bekannt  angenommen  werden.  In  der  That,  sein  gleichmäßiger,  durch¬ 
aus  nicht  störend  erregender,  halblauter  Gesang  macht  ihm  bei  zartbenervten 
Leuten,  die  doch  auch  einen  Sänger  lieben  und  pflegen  wollen,  viele  Freunde. 
Man  muß  ihm  gut  sein,  wenn  er  in  schmucker  Tracht,  das  Köpfchen  mit  dem 
glatten,  schwarzen  Sammtkäppchen  schelmisch  auf  die  Seite  gelegt,  mit  herab- 
hängeudcn  Flügeln  und  mächtig  aufgeblasener  Kehle,  wohl  auf  unserer  Hand 
selber,  mit  großer  Wichtigkeit  musiziert. 

Unter  12  zu  sogenannten  Kunststücken  abgerichteten  einheimischen  Vögeln 
sind  immer  mindestens  zwei  Drittel  Zeisige,  ein  vollgiltiger  Beweis  für  deren 
Gelehrigkeit.  Viele  haben  wohl  den  kleinen  Gesellen  allemal  aufrichtig  be¬ 
dauert,  wenn  sie  ihn  im  Schweiße  seines  Angesichts  sein  Wägelchen  an  einer 
Kette  haben  mühsam  in  die  Höhe  ziehen  sehen,  um  endlich  durch  ein  Körnlein 
und  ein  Tröpflein  Hunger  und  Durst  zu  stillen.  Wahre  Vogelfreunde  verabscheuen 
solche  zwecklose  Spielerei,  aber  es  wird  ihr  auch  anderseitig  noch  auf  dieser 
und  jener  Ausstellung  Beifall  gespendet,  ja,  ich  habe  selbst  erlebt,  daß  derartige 
Leistungen  prämiiert  wurden,  d.  h.  nicht  die  Vögelchen  erhielten  als  ersten 
Preis  die  goldene  Freiheit,  —  sondern  ihren  geduldigen  Peinigern  zuerkannte 
man  Geldspenden  als  willkommene  Bierpfennige. 

Trotz  der  allgemeinen  Beliebtheit,  welcher  sich  der  Zeisig  stets  erfreute, 
war  doch  sein  freies  Familienleben,  zumal  sein  Brutges.c  häft,  bis  in  die 
neuere  Zeit  so  gut  wie  gar  nicht  bekannt.  Mit  besonderer  Vorsicht  und  Ge¬ 
schicklichkeit  nämlich  werden  die  Niststätten  ausgewählt  und  ein  Nest  ist  — 
gemeiniglich  in  einem  Tannenwipfel  und  von  unten  mit  der  Baumfarbe  ähnelndem 
Moose  bekleidet — sehr  schwer  zu  entdecken,  weshalb  man  nicht  allzusehr  zu 
staunen  braucht,  wenn  alte  Forstleute  treuherzig  versichern,  daß 
auch  sie  in  ihrem  Leben  noch  kein  Zeisig nest  gefunden  und  gesehen. 

Verwunderlich  war  es  aber,  daß  gerade  der  Vogel,  welcher  sich  so  vor¬ 
trefflich  als  Zimmergast  bewährt,  so  wenig  sich  zu  Zuclitzwecken  geeignet  zeigen 
sollte.  Doch  ist  es  noch  nicht  lange  her,  daß  man  über  die  ersten  gelungenen 
Käfigbruten  berichtete  und  wenn  ich  mich  auch  nicht  als  einen  der  ersten 
glücklichen  Züchter  hinstellen  will,  erwähne  ich  doch,  daß  ich  selbstgezogene 
Zeisige  in  3  Generationen  besaß  —  immerhin  wohl  ein  erwähnenswerter 
seltener  Fall. 

Drei  Jahre  schreitet  regelmäßig  mein  altes  Heckpärchen,  über  das  ich 
anderweitig  schon  manchmal  Mitteilungen  gemacht,  zur  erfolgreichen  Brut  und 
nunmehr  nistete  auch  ein  Paar  Junge  von  demselben,  welches  ganz  besonders 
mich  in  die  Lage  versetzt,  allstündlich  sehr  eingehende  erwünschte  Beobachtungen 
machen  zu  können. 

Man  behauptet  oft,  in  der  Gefangenschaft  geborene  Junge  wilder  Vögel 
gebärdeten  sich  ungestümer  als  diese  selber.  Das  möchte  ich  nach  eigener 
Erfahrung  nicht  bestätigen,  da  meine  Vögel  wohl  nicht  zahmer  gedacht  werden 
können.  Ich  darf  z.  B.  mein  Zeisigweibchen  vom  Neste  in  die  Hand  nehmen 
und  wieder  aufsetzen,  es  fliegt  nicht  ab,  es  hält  zu  allem  so  still,  als  wäre  es 
gar  nicht  Fleisch  und  Blut,  ein  wahres  Muster  treuester,  aufopfernder  Mutter¬ 
liebe.  —  Ein  Fluggebauer  beherbergt  in  richtigen,  an  einander  gewöhnten 


220 


tüchtigen  Paaren  Zeisige,  Hänflinge,  Stieglitze,  Girlitze,  Blutfinken,  Grünlinge, 
Buchfinken,  Braunellen  und  bietet  Raum  und  Gelegenheit  zur  Gründung  des 
Heim  für  alle.  Sämtliche  Sitze  bestehen  aus  natürlichen,  weichholzigen 
Baumzweigen,  im  Sommer  frisch  und  möglichst  oft  erneuert,  in  Knospen, 
Blättern  und  Rinde  eine  Leckerei  bildend.  Namentlich  sollen  die  Zweige  auch 
teilweise  dünn  sein,  zum  Schaukeln.  Außer  der  denkbar  reichsten  Körner¬ 
fütterung  einschließlich  vieler  nicht  käuflich  zu  habender  Unkrautsämereien, 
die  ich  alljährlich  auf  den  Wiesen  und  Rainen  um  meine  Wohnung  sammle, 
biete  ich  das  ganze  Jahr  hindurch  allen  Körnerfressern  Ameisenpuppen,  frisch 
oder  trocken,  je  nach  Zeit,  Sepia,  gestoßene  Hühnereierschalen  und  trockenes 
Eifutter  aus  Prag,  das  zwar  schwer  verdaulich  und  daher  kranken  Vögeln 
gar  nicht  oder  nur  vorsichtig  in  halben  Gaben  zu  verabreichen,  unter  allen 
Umständen  aber  zur  Aufzucht  von  Jungen  nur  zuträglich  ist.  —  Die  Nist¬ 
kästchen  sind  teils  freihängeud  an  der  Decke  des  Käfigs,  teils  von  außen 
an  demselben  befestigt.  Die  letzteren,  ganz  einfach,  12  cm  hoch,  12  cm  breit, 
10  cm  tief,  oben  abgeschrägt,  werden  mit  Vorliebe  bewohnt,  so  z.  B.  bei  mir 
jetzt  in  4  auf  einem  Raume  von  nur  45  Qcm  dicht  neben  einander  hängenden 
Kästchen,  oben  von  Zeisig  und  Stieglitz,  unten  von  Girlitz  und  Blutfink.  Die 
Kästen  sind  an  der  ganzen  Vorderseite  offen,  haben  aber  oben  Drahtgitter, 
das  stets  zur  Vermeidung  unnötiger  Störungen  mit  starken  Pappstücken  belegt 
ist.  —  Ein  Vogel,  der  überhaupt  damit  umgeht,  fügt  sich  zum  Brutgeschäfte 
in  alle  Niststätten.  Namentlich  bewundernswert  ist  dies  aber  gerade  beim 
Zeisig  mit  seinem  versteckten,  kunstvollen  Freiheitsbau,  er  vermißt  und  verlangt 
trotz  alledem  keinen  feierlichen  Weihnachtsbaumduft.  — 

Endlich  wurden  die  ersten  Moosballen  in  den  ausersehenen  Kasten  ge¬ 
tragen.  Kaum  lagen  sie  jedoch  an  Ort  und  Stelle,  wie  sie  sollten,  und  das 
allein  beschäftigte  Zeisigweibchen  war  abgeflogen,  so  kam  ein  neugieriger 
Distelfink,  der  da  ganz  im  Rechte  zu  sein  glaubte,  wenn  er  die  Nestanfänge 
wieder  zerstörte.  —  Die  Hauptschädiger  in  einer  mit  einheimischen  Vögeln 
besetzten  Stube  sind  zweifellos  die  stets  Beschäftigung  suchenden  Stieglitze, 
namentlich  wird  gar  ein  einzelnes  Exemplar  dieser  Art,  gleichviel  welchen 
Geschlechts,  beispiellosen  Unfug  treiben.  —  Es  galt  also  Sicherung,  die  ich 
endlich  dadurch  gewann,  daß  ich  vermittelst  eines  starken  Pappstückes  die 
offene  Kastenseite  völlig  schloß  und  nur  ein  für  den  Zeisig  selber  abgezirkeltes 
Schlupfloch  einschnitt.  Das  half,  der  kleine  Eigentümer  zwängte  sich  einige- 
male  ein,  dann  war  ihm  der  Pfad  geläufig,  auf  dem  kein  anderer  Käfiginsasse 
folgeu  konnte. 

Inzwischen  kam  das  Weibchen  aus  dem  Neste  geflogen,  zeigte  sich  sehr 
hingebend,  und  ein  dreimaliges  Befliegen  fand  auf  der  Sitzstange  statt.  Die 
erste  Nestunterlage  bestand  aus  Moos.  Auf  dieser  wurde  ein  Napf  aus  zarten 
trockenen  Grashalmen  geformt  und  dann  schienen  die  aus  meiner  Hand  geholten 
schönen  schneeweißen  Wollflocken,  Kälberhaare  und  Federn  zu  gefallen.  Ein 
wunderbar  hübsches  Nestlein  enstand  —  trotzdem  die  kleine  Erbauerin  im 
Zimmer  geboren  war  und  keinerlei  Muster  gesehen  —  und  am  4.  Juni  morgens 
6  Uhr  fand  ich  das  erste  Ei,  länglich,  zartschalig  und  grünlich  scheinend,  mit 
braunen,  am  stumpfen  Pole  fast  einen  Kranz  bildenden  Tupfen,  am  spitzen  einzeln 
verlaufend,  Länge  1,5  cm.  Am  6.  Juni  morgens  7  Uhr  wurde  das  2.  Ei  gelegt, 
aber  obwohl  das  Weibchen  schon  seit  dem  Beginn  des  Brütens  das  Nest  kaum 


221 


verlassen  hatte,  lagen  am  nämlichen  Juni  abends  die  beiden  Eier  angefressen 
am  Käfigboden. 

Ein  befreundeter  Züchter  klagt,  daß  sein  Zeisigweibchen  die  eigenen  Eier 
immer  gefressen,  weshalb  er  genötigt  gewesen  dieselben,  unter  Kanarien  zu 
verteilen.  Diese  Untugend  hatte  indessen  mein  Weibchen  nicht,  sonst  würde 
es  ja  die  folgenden  Eier  ebenfalls  zerstört  haben.  Bei  mir  glaube  ich  vielmehr 
an  das  unglückselige  Eingreifen  eines  Unberechtigten  und  um  diesem  für  die 
Zukunft  thunliclist  vorzubeugen,  wurde  noch  eine  Verengerung  des  Einganges 
vorgenommen  und  außerdem  das  Pappstück  so  gedreht,  daß  das  Schlupfloch 
hoch  oben  hinkam,  anstatt  wie  sonst  gerade  auf  den  Nestrand  zu  führen. 

Am  7.  Juni  morgens  ward  ein  drittes,  am  8.  Juni  ein  viertes  Ei  gelegt, 
und  das  nun  mit  diesen  beiden  letzteren  neu  beginnende  Brutgeschäft  besorgte 
mit  außerordentlicher  Hingebung  das  Weibchen  allein,  was  ich  umsomehr 
zu  jeder  Tageszeit  festzustellen  mir  angelegen  sein  ließ,  als  ich  früher  der  weniger 
zugänglichen  Niststätten  u.  mangels  an  Beobachtungszeit  wegen  an  eine  Bebrütung 
durch  beide  Teile  geglaubt  hatte.  Während  der  ganzen  Brutzeit  war  aber 
das  Männchen  nicht  einmal  im  Neste  anzutreffen  und  das  dürfte  also  schwer¬ 
lich  nur  eine  Folge  der  Gefangenschaftsverhältnisse  sein,  vielmehr  sich  in  der 
Freiheit  gerade  ebenso  verhalten. 

Ein  possirliches  Bild,  dies  brütende  Weibchen.  Natürlich  ist  bei  allen 
Brutvögeln  der  Kopf  stets  der  Sonne  oder  doch  dem  hellsten  Lichte  zugewandt. 
So  saß  das  Tierchen  vergnüglich  auf  seinen  zwei  Eiern,  das  Köpfchen  mit 
den  klugen  Äuglein  füllte  gerade  die  runde  Schlupföffnung,  und  mit  aller 
Seelenruhe  wurde  von  oben  herab  das  so  rege  Leben  und  Treiben  im  Käfige 
beobachtet. 

Befand  sich  das  Weibchen  brütend  im  Neste,  so  saß  das  Männchen  meistens 
fleißig  singend  vor  demselben,  schaute  in  merkbarer  Freude  hinein,  und  war 
jenes  ja  einmal  abgeflogen,  um  in  Hast  zu  baden  oder  nur  zu  trinken,  so  schützte  das 
Männchen  treulich  sein  Heim,  indem  es  sich  bei  annähernder  Gefahr  geradezu 
in  das  Schlupfloch  hängte,  also  dieses  vollständig  ausfüllte. 

Bekannt  ist  wohl  auch,  daß  kein  Vogel  weniger  wasserscheu  ist  als  unser 
Zeisig.  Verhältnismäßig  auffällig  oft  wird  während  der  Brutfrist  gebadet.  Mag 
man  zehnmal  täglich  frisches  Wasser  bieten,  jedesmal  fliegt  das  Weibchen  eiligst 
ab,  labt  sich  am  Trünke,  näßt  sich  tüchtig  ein,  schüttelt  sich,  nimmt  nebenbei 
einige  Körnlein  auf  und  sitzt  auch  schon  wieder  fest  auf  seinen  lieben  Eiern. 
Die  größere  Last  der  Fütterung  aber  trägt  redlich  das  Männchen,  welches  stets 
vom  ersten  gelegten  Ei  an  gleichsam  aller  Wünsche  gewärtig  ist. 

Als  am  19.  Juni  morgens  6  Uhr  —  also  genau  12  Tage,  nachdem  das  3.  Ei 
gelegt  worden  —  das  Weibchen  ebenfalls  abgeflogen,  hob  ich  wie  so  oft  schon 
den  Deckel  des  Nistkastens  und  fuhr  freudig  erschrocken  zurück,  als  ich  im 
Neste  ein  lebendiges,  unförmiges,  winziges  Dingelchen,  einen  jungen  Zeisig, 
gezüchtet  in  zweiter  Generation,  viel,  viel  unter  Kanariengröße  gleichen  Alters, 
sah,  das  mir  sein  weit  geöffnetes  gelbes  Schnäbelchen  entgegenstreckte  und  ein 
Köpfchen  mit  dunklem  Nestflaum  zeigte. 

Die  ersten  3  Tage  blieb  das  Weibchen  noch  ausschließlich  im  Neste, 
während  derer  die  Fütterung  seitens  des  Männchens  sehr  pünktlich  in  der  Art 
stattfand,  daß  es  nach  wie  vor  allein  das  Weibchen  ernährte  und  dieses  seiner¬ 
seits  wieder  dem  Jungen  den  benötigten  Anteil  gab. 


222 


Das  4.  —  oder  drittgelegte  —  Ei  öffnete  sich  bis  zum  24.  Juni  leider 
nicht,  mithin  war  es  wohl  unbefruchtet.  Alle  Elternliebe  vereinigte  sich  daher 
auf  das  eine  Haupt. 

Mit  hartgekochtem  frischem  Hühnerei,  dem  Weißen  und  Gelben,  später 
ersetzt  durch  die  schon  erwähnte  Prager  Konserve,  mit  reichlich  frischen 
Ameisenpuppen ,  gequelltem  Mohn  und  eingeweichter  altbackeuer  Semmel  ist 
eine  einfache  aber  ausreichende  Fütterung  hergestellt,  die  zum  fröhlichen  Ge¬ 
deihen  die  Kräfte  gibt. 

Am  26  Juni  mittags  schaute  der  Nestling  zuerst  munteren  Blickes  in  die 
Welt,  er  dehnte  und  reckte  sich  behaglich  in  seiner  für  Vier  gebauten  Wohnung, 
ein  feines  Sümmchen  verfocht  seine  Daseinsberechtigung,  und  sein  Jugendflaum, 
bräunlnich  von  oben,  weißgrau  von  vorn  und  in  beiden  Schattierungen  seitlich, 
verwandelte  sich  zusehends  aus  verwaschenen,  gestreiften  Tönen  in  das  bekannte 
Zeisigkleid.  Genau  am  13.  Lebenstage  saß  der  kleine  Schelm,  mit  seinem  halb¬ 
gewachsenen  Schwänzlein  richtig  balancierend,  auf  dem  Zweige  vor  seiner  Ge¬ 
burtsstätte.  Heute  hat  er  schon  eine  erste  Mauser  glücklich  hinter  sich  und  nur 
das  eingeweihte  Auge  des  alltäglichen  Pflegers  ist  noch  im  stände,  an  sonst 
schwer  erklärbaren  Merkzeichen  in  der  ewig  heiteren,  immer  lauten  Gesell¬ 
schaft  das  dem  Pfleger  besonders  ans  Herz  gewachsene  Vögelchen  herausznfinden. 
Das  Fehlen  einer  schwarzen  Oberkehle  ist  ja  auch  nicht  kennzeichnend,  da 
solche  keines  meiner  Männchen  aus  dem  Erzgebirge,  Teutoburger-  u.  Odenwald 
besaß  und  besitzt,  die  ich  teilweise  doch  nahezu  10  Jahre  pflegte.  —  Der  Beweis 
ist  übrigens  auch  hier  erbracht,  daß  langdauernde  Gefangenschaft  die  Fortpflan¬ 
zungstüchtigkeit  keineswegs  beeinträchtigt,  vielmehr  ganz  naturgemäß  vererbt. 


Korrespondenzen. 


Schlaupitz,  im  Juni  1890. 

Große  Insektenzüge  wurden  in  den  Kreisen  Neustadt,  Neiße  und 
Leobschütz  in  Ober-Schlesien  Anfang  voriger  Woche  mehrfach  beobachtet. 
Über  Ziegenhals  ging  ein  solcher  Zug  am  25.  Mai  von  früh  bis  mittags  in 
der  Richtung  von  Nord  west  nach  Südost;  derselbe  war  gegen  eine  Meile  breit. 
In  dem  wandernden  Insekt  will  man  den  gemeinen  Plattbauch  (Libellula  depressa) 
erkannt  haben. 

Schlesisches  Pfennigblatt,  Liegnitz  Nr.  126,  3.  Juni  1890. 

Wie  mir  unsere  beim  Abmähen  der  Wiesen  beschäftigten  Arbeiter  heute 
erzählten,  hätten  sie  gestern  einen  Zug  von  100 — 150  blauer  »Wasserlissen« 
( Agrion  virgo )  von  Nord  nach  Süd  ziehend  bemerkt. 

K.  K  nauth  e. 

Kleinere  Mitteilungen. 


—  Eigenartige  Übergriffe  hat  sich  die  Waldmaus  ( Mus 
silvaticus ),  die  bekanntlich  trotz  ihres  Namens  oft  sehr  wenig  mit  dem  Walde 
zu  thun  hat  und  zahlreich  fern  von  demselben  in  Gebäuden  und  Gärten  auf- 


223 


tritt,  im  Sommer  1889  io  einem  Garten  bei  meiner  hiesigen  Wohnung  erlaubt. 
Dort  fanden  sieh  die  Früchte  der  großen  Puffbohne  ( Vicia  Faba )  und  bald 
auch  der  Erbsen  bis  in  die  äußersten  Spitzen  in  anfangs  ganz  unerklärlicher 
Weise  zerstört  und  ihrer  Samen  beraubt,  ohne  daß  es  gelingen  wollte,  den 
Thäter  zu  entdecken. 

Erst  die  feinen  Zahneindrücke,  die  sich  bei  genauerer  Besichtigung  an 
den  weichen  Samenschalen  zeigten,  brachten  mich  auf  den  Gedanken,  daß  Nage¬ 
tiere  und,  bei  der  Kletterfertigkeit,  die  immerhin  zu  einer  derartigen  Räuberei 
nötig  war,  die  gewandte  Waldmaus  der  Thäter  sein  müsse.  —  Diese  Ver¬ 
mutung  fand  sich  denn  auch  bestätigt,  als  in  den  aufgestellten  Fallen  in 
kurzer  2^eit  eine  zahlreiche  Menge  dieser  Mäuse  gefangen  wurde. 

C  oester. 

Der  letzte  Luchs  ( Felis  lynx )  im  Harz  wurde  nach  einer  Jagd¬ 
schilderung  von  Herrn  W.  Ude  in  »Der  Weidmann  28.  Februar  1890«  am 
24.  März  1817  erlegt.  Schon  seit  1814  war  seine  Spur  bemerkt  und  für  die 
eines  Wolfs  gehalten  worden.  Das  bei  einem  Treiben  endlich  angeschossene 
Tier  hatte  sich  in  einer  Felskluft  an  den  Sonnenklippen  bei  Renneckenborge 
verborgen  und  wurde  hier  durch  einen  Schuß  in  den  Kopf  getötet.  Es  ziert, 
ausgestopft,  noch  jetzt  die  gräfliche  Bibliothek  in  Wernigerode.  N. 

Ein  kluges  Pferd.  Am  14. /26.  Juni  ging  ich  über  eine  hinter  dem 
Dorfe  Tarassowka  bei  Moskau  gelegene  Wiese,  wo  gewöhnlich  die  Pferde  der 
Bauern  grasen.  Ein  recht  starkknochiger  Schimmel,  der  wegen  seines  beson¬ 
deren  Freiheitsdranges  in  der  ganzen  Umgegend  bekannt  ist  und  daher  vou 
seinem  Besitzer  stets  auf  besondere  Art  am  schnelleren  Laufen  verhindert  wird, 
(er  bekommt  einen  ziemlich  schweren  jungen  Baum  an  einem  um  den  Hals 
geknüpften,  drei  Meter  langen  Stricke  zu  schleppen)  befand  sich  auch  bei  der 
Herde.  Der  ihn  zu  hemmen  bestimmte  Baum  war  im  Gestrüpp  stecken 
geblieben,  und  er  versuchte  durch  Zerren  vergeblich  von  der  Fessel  loszu¬ 
kommen.  Nach  einiger  Zeit  trat  der  Gaul  an  den  Balken  heran  und  suchte 
durch  Scharren  mit  dem  Hufe  in  dem  Gesträuche  denselben  zu  lockern.  Als 
aber  auch  dieser  Versuch  ohne  Erfolg  blieb,  stand  er  eine  kleine  Weile  nach¬ 
denklich  still,  dann  begann  er  schnaubend  und  schnuppernd  die  Sache  ganz 
in  der  Nähe  zu  betrachten.  Hierbei  war  er  denn  auch  offenbar  auf  den 
schlauen  Gedanken  gekommen,  den  er  nunmehr  ausführte:  er  nahm  den  Strick 
in  die  Zähne,  nagte  ihn  durch  und  trabte  fröhlich  wiehernd  den  weiter  gezo¬ 
genen  Genossen  nach.  C.  Greve. 


Litte  r  atu  r. 


Systematisches  Verzeichnis  der  Vögel  Deutschlands  und  des  an¬ 
grenzenden  Mitteleuropa  von  Dr.  Anton  Reicheno  w.  Verlag  der 
»Linnäa«.  Berlin  (Luisenplatz  6).  1889.  gr.  8°.  68  Seiten.  M.  1. 

Des  Verfassers  System  der  Vögel  (in  »Die  Vögel  der  Zoologischen 
Gärten«)  ist  mehrfach  bereits  in  Schriften  und  Sammlungen  zur  Ausführung 


224 


gekommen  und  scheint  sich  noch  weiterhin  Geltung  verschaffen  zu  wollen. 
Er  hat  nun  in  gleichem  Sinne  die  Vögel  Deutschlands  zusammengestellt  in 
der  Überzeugung,  daß  eine  solche  Übersicht  nötig  geworden  ist  durch  die 
Fortschritte  der  ornithologischen  Systematik  und  Nomenklatur  im  allgemeinen, 
wie  auch  durch  die  erweiterte  Kenntnis  der  deutschen  Vögel  und  ihrer  Ver¬ 
breitung.  Das  Prioritätsrecht  der  ältesten  Autoren  zurück  bis  zur  10.  Aus¬ 
gabe  von  Linnes  Sytema  naturae  (1758)  ist  möglichst  streng  gewahrt  worden; 
Verbreitung,  Brüte-  und  Zugzeit  von  896  deutschen  Vogelarten  sind  gewissen¬ 
haft  angegeben,  und  so  wünschen  wir  dem  Buche  eine  recht  weite  Ausbreitung. 

N. 


Leben  und  Treiben  der  Ameisen  von  Prof.  William  Marshall 
Zoologische  Vorträge,  herausgegeben  von  dems.  Verfasser,  8.  u.  4.  Heft 
Leipzig.  Richard  Freese.  1889  gr.  8°,  144  Seiten.  M.  3. 

Wir  müssen  es  dem  Verfasser  Dank  wissen,  daß  er  in  gefälliger,  niemals 
langweilender  Darstellung  alles  das  zusammengestellt  hat,  was  man  von  den 
Ameisen  weiß,  jenen  Insekten,  die  durch  ihre  Menge  eine  so  große  Rolle 
in  der  Natur  spielen,  deren  rege  und  vielseitige  Thätigkeit  zahlreiche  Forscher 
in  allen  Ländern  begeistert  hat.  Die  Frage,  wie  ein  so  ausgebildetes  Zusam¬ 
menleben  in  einem  Staate  sich  entwickelt  haben  möge,  wird  zuerst  besprochen, 
dann  wird  der  Körperbau  der  Tiere  mit  der  steten  Hinsicht  auf  dessen  Auf¬ 
gabe  erklärt;  anziehende  Abschnitte  bilden  das  häusliche  Leben  der  Ameisen, 
deren  Bedeutung  als  Räuber,  Krieger,  Sklavenhalter  und  Viehzüchter  sowie 
deren  Beziehungen  zur  Pflanzenwelt.  Auf  jeder  Seite  des  Buchs  finden  wir 
Mitteilungen,  die  unsere  Aufmerksamkeit  fesseln  und  unser  Nachdenken  heraus¬ 
fordern,  denn  das  Leben  der  staatenbildenden  Geschöpfe,  als  welche  schon 
Aristoteles  außer  den  Ameisen  die  Bienen  und  den  Menschen  nennt,  zeigt 
eine  Vielseitigkeit  und  eine  Ausbildung  verschiedener  Eigenschaften,  wie  sie 
den  bloß  Kolonien  bildenden  oder  nur  paarweise  lebenden  Tieren  niemals 
zukommen.  Wie  ein  »Ameisenhaufen  im  Zimmer«  reichen  Stoff  zur  Beob¬ 
achtung  bietet,  wissen  wir  aus  eigener  Erfahrung.  Die  Frage,  warum  die 
Ameisen  die  fetten  Larven  des  Rosenkäfers  ( Getonia  aurata )  nicht  fressen,  die 
sich  von  dem  Mulm  in  den  Haufen  der  roten  Waldameise  nähren  (S.  93)’ 
können  wir  dahin  beantworten,  daß  sie  dies  nicht  thun,  weil  sie  diesen  Enger¬ 
lingen  nichts  anhaben  können.  Als  wir  solche  Käferlarven  auf  den  im  Zimmer 
gehaltenen  Ameisenhaufen  brachten,  fielen  die  Ameisen  über  dieselben  her, 
faßten  sie  an  den  überall  von  dem  liartschaligen  Leibe  abstehenden  Borsten 
und  suchten  sie  zurückzuhalten.  Die  Engerlinge  aber  bohrten  sich  ruhig 
zwischen  die  Nadeln  und  Harzstückchen  der  Ameisenwohnung  ein  und  streiften 
dabei  die  anhängenden  Ameisen  ab,  die  das  Vergebliche  ihrer  Bemühungen 
einsahen  und  die  Eindringlinge  in  Ruhe  ließen.  N. 

Nachdruck  verboten. 


Oruck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mul, lau  &  Waldsclnnidt).  Frankfurt  a.  M. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  M  ah  lau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  8.  XXXI.  Jahrgang.  August  1890. 


I  u  li  a  1  (. 

Drei  Gedenktage  zoologischer  Gärten;  von  dem  Herausgeber.  —  Über  einige  seltene 
Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens;  von  Dr.  Ernst  Schaff,  Berlin.  Mit  1  Abbildung. 

—  Die  Lummen  auf  Helgoland;  von  dem  H  erausg  eb  er.  —  Bemerkungen  über  die  Lebens¬ 
weise  der  Dorneule,  Agrotis  spina  Gn  ;  von  R.  v.  Len  den  fei  d.  —  Die  Raubsäugetiere  des 
Teutoburger  Waldes;  von  Heinrich  Schacht.  —  Zoo-Biologisches  aus  Paris;  von  Ernst 
Friedei  in  Berlin.  Fortsetzung.  —  Erklärung.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen. 

—  Litteratur.  —  Nekrolog.  —  Personalveränderung.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher 
und  Zeitschriften.  — 


Drei  Gedenktage  zoologischer  Gärten. 

Von  dem  Herausgeber. 


In  diesem  Jahre  haben  drei  zoologische  Gärten  das  Fest  ihres 
fünfundzwanzigjährigen  Bestehens  gefeiert,  der  Garten  zu  Hannover 
am  4.  April,  der  zu  Breslau  am  10.  Juli  und  der  zu  St.  Peters¬ 
burg  am  1  ./13.  August.  Sie  sind  im  Jahre  1865  eröffnet,  einer  Zeit, 
in  welcher  die  Gründung  von  zoologischen  Gärten  in  heutigem  Sinne 
ihre  Höhe  erreicht  hatte,  denn  von  da  an  ist  der  geringere  Teil 
der  noch  bestehenden  Gärten  geschaffen  worden.  Eine  erfreuliche 
Thatsache  ist  es,  daß  nur  sehr  wenige  dieser  zeitgemäßen  Institute 
wieder  eingegangen  sind,  während  bei  den  meisten  nach  Überwindung 
auch  schwieriger  Tage  sich  ein  gesundes  Fortbestehen,  ja  vielfach 
auch  ein  vorzügliches  Gedeihen  bemerkbar  macht. 

Von  den  drei  genannten  Gärten  sind  zwei,  Hannover  und  Breslau, 
Unternehmungen  von  Aktiengesellschaften  und  sie  können  deshalb 
mit  größeren  Mitteln  arbeiten.  Sie  haben,  wie  das  zumeist  in 
unserer  Zeitschrift  niedergelegt  ist,  Bedeutendes  in  der  Haltung  und 
Aufzucht  von  Tieren  geleistet  und  dadurch  die  theoretische  und 
praktische  Seite  der  Tierkenntnis  wesentlich  gefördert.  Schwieriger 

Zoolog1.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  15 


226 


lagen  die  Verhältnisse  in  St.  Petersburg,  wo  eine  energische  Frau, 
Sophie  Gebhardt,  auf  einem  Platze,  der  ihr  von  dem  Kaiser 
Alexander  II.  auf  20  Jahre  pachtfrei  überlassen  war,  einen  zoolo¬ 
gischen  Garten  begründete  ^  der  trotz  der  großen  Hindernisse, 
die  schon  in  dem  nordischen  Klima  liegen,  unter  der  Führung  des 
zweiten  Gemahls  der  Gründerin,  des  jetzt  noch  den  Garten  besitzen¬ 
den  Herrn  Ernst  Rost,  mit  dem  sie  sich  1873  vermählte,  sich 
gut  weiter  entwickelte  und  jetzt  zum  Lieblingsaufenthalte  der  Peters¬ 
burger  geworden  ist. 

Der  Breslauer  Garten  hat  zur  Feier  des  Jubiläums  einen  vor¬ 
züglich  abgefaßten  und  ausgestatteten  Führer  mit  zahlreichen  Photo¬ 
graphien  aus  dem  Atelier  von  0.  An  schütz  in  Lissa  herausgegeben, 
der  nicht  nur  über  die  Tiere  des  Gartens  sondern  auch  über  die 
Entstehung  der  einzelnen  Bauten  Auskunft  gibt*).  Ebenso  ist  eine 
Festschrift  über  den  St.  Petersburger  Garteu  erschienen,  die  höchst 
interessante  Aufschlüsse  über  die  Eigentümlichkeiten  dieser  Anstalt 
gewährt  **)  und  ebenfalls  mit  Photographien  ausgestattet  ist.  Wir 
werden  unseren  Lesern  von  dem  höchst  beachtenswerten  Inhalte  des 
Buches  noch  Mitteilung  zu  machen  Gelegenheit  nehmen. 

Den  drei  Anstalten  aber,  die  ein  Vierteljahrhundert  hindurch 
sich  als  tüchtig  bewährten,  bringen  wir  nachträglich  auch  hier 
unseren  Glückwunsch.  Mögen  sie  auch  in  Zukunft  fortfahren,  ein 
Hort  der  Tierpflege  zu  sein,  die  Kenntnis  der  Tierwelt  und  die 
Liebe  zu  derselben  zum  Nutzen  der  Menschen  selbst  zu  fördern. 


•  • 

Uber  einige  seltene  Tiere  des  Berliner  zoologischen  Gartens. 

>  Von  Dr.  Ernst  SchäfF,  Berlin. 

Mit  1  Abbildung. 

Der  Berliner  zoologische  Garten  besitzt  unter  seinem  umfang¬ 
reichen  und  wertvollen  Tierbestand  eine  ganze  Reihe  von  Arten, 
welche  bisher  selten  oder  nie  lebend  nach  Europa  gekommen  waren 
und  welche  z.  T.  sogar  in  vielen  Museen  noch  auf  dem  Wunsch- 

*)  Führer  durch  den  zoologischen  Garten  zu  Breslau  von  H.  Stechmann, 
Direktor  des  Gartens.  Festausgabe.  Mit  1  Plan  des  Gartens,  32  Tierbildern 
und  16  Ansichten  in  Lichtdruck.  Breslau  1890. 

**)  Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten.  1865 — 1890.  Beiträge  zur 
Geschichte  desselben  vom  Inspektor  Alfred  Seefeld.  St.  Petersburg,  Buch¬ 
druckerei  von  Ed.  Hoppe  1890. 


227 


zettel  stehen.  Es  dürfte  daher  nicht  unangemessen  sein ,  über 
einige  der  selteneren  Arten,  zunächst  der  Säugetiere,  zu  berichten. 
Zur  Hauptsache  muß  sich  natürlicherweise  das  hier  Mitgeteilte  auf 
eine  Beschreibung  der  äusseren  Erscheinung,  Gestalt,  Farbe,  Größe 
u.  s.  w.  beschränken.  Doch  ist  bei  weniger  genau  untersuchten 
Arten  und  in  Anbetracht  des  oft  sehr  bedeutenden  Yariierens 
innerhalb  der  Art  selbst  eine  einfache  Beschreibung  neuer  Individuen 
von  Wert.  Schließt  sich  hieran  eine  Vergleichung  mit  den  bisher 
in  der  Litteratur  vorhandenen  Angaben,  so  kann  immerhin  die 
Wissenschaft  durch  derartige  Untersuchungen  und  Mitteilungen  in 
gewissem  Grade  gefördert  werden. 

Einige  sorgfältig  nach  dem  Leben  angefertigte  Zeichnungen 
dürften  zur  besseren  Anschauung  nicht  unerwünscht  sein,  besonders 
bei  solchen  Tieren,  von  denen  Abbildungen  nur  in  schwer  zugäng¬ 
lichen  Werken  vorhanden  sind.  Die  zuuäehst  folgende  Zeichnung  des 
Andenhirsches  habe  ich  nach  eingehenden  Studien  und  mehrfachen 
Skizzen  nach  dem  lebenden  Tier  entworfen  und  bin  um  so  mehr 
überzeugt,  daß  dieselbe  den  Hirsch  richtig  wiedergibt,  als  ich  sie 
vor  der  Veröffentlichung  dem  Urteil  und  der  Begutachtung  von 
Fachleuten  unterworfen  habe. 

Der  Andenhirsch. 

Von  dieser  überaus  seltenen  Hirschart  besitzt  der  Berliner  zoo¬ 
logische  Garten  ein  erwachsenes  Männchen,  soviel  mir  bekannt,  das 
erste  lebend  nach  Europa  gebrachte  Exemplar.  Bevor  ich  näher  auf 
dasselbe  eingehe,  kann  ich  einige  allgemeinere  Erörterungen  nicht 
unterlassen. 

Die  Frage,  ob  es  eine  oder  zwei  Arten  von  Anden-  oder  Gabel¬ 
hirschen  gibt,  ist  bei  dem  verhältnismäßig  geringen,  wissenschaft¬ 
lichen  Untersuchungen  zur  Verfügung  stehenden  Material  mit  Sicher¬ 
heit  vor  der  Hand  noch  nicht  zu  entscheiden.  Allein  einige  Be¬ 
trachtungen  hierüber  sind  immerhin  schon  am  Platze. 

Die  erste  Kunde  von  unserem  Tier  brachte  im  Jahre  1782  der 
Jesuitenpater  Molina  nach  Europa,  welcher  den  Hirsch,  von  dem 
er  wahrscheinlich  nur  ein  Weibchen  sah,  als  spalthufiges  Pferd  oder 
spalthufigen  Esel  unter  dem  Namen  Equus  bisulcus  beschrieb.*) 
Zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  behandelte  F.  S.  Leuckart  in 

*)  Yergl.  Burmeister.  Über  Equus  bisulcus  Molinas.  Arck.  f.  Naturgescb. 
1875  I  p.  19-30, 


228 


seiner  Dissertation  den  Equus  bisülcus  Molinas  und  belegte  das  Tier 
mit  dem  Gattungsnamen  Hippocamelus,  dem  als  Artbezeichnung  in 
passender  Weise  » dubius «  hinzugefügt  wurde.  Erst  etwa  30  Jahre 
später  wiesen  Gay  und  Gervais  auf  Grund  der  Untersuchung  eines 
von  ersterem  erbeuteten  und  nach  Paris  gebrachten  Exemplars  dem 
Tier  seinen  Platz  in  der  Gattung  Cervus  an  und  benannten  es,  da 
das  betr.  Exemplar  (ebenso  wie  das  Molinas)  aus  Chile  stammte, 
Cervus  chilensis.  Etwas  früher  schon  hatte  d’Orbigny  in  Bolivia 
einen  ganz  ähnlichen  Hirsch  gefunden  und  als  Cervus  antisiensis  be¬ 
zeichnet.  In  der  späteren  Zeit  beschäftigten  sich  verschiedene  Zoo¬ 
logen  mit  den  Gabelhirschen,  besonders  auch  Gray,  welcher  eine 
ganze  Anzahl  neuer  Arten  und  Gattungen  schuf,  z.  T.  auf  einzelne 
weibliche  Exemplare,  z.  T.  sogar  auf  ein  einzelnes  Männchen  mit 
abnormem  Geweih  ( XenelapJais  anomalocera). 

Vielfach  ist  der  Versuch  gemacht  Worden,  zwei  Arten  von 
Andenhirschen  zu  unterscheiden:  eine  südliche,  Cervus  ( Furcifer ) 
cliilensis ,  und  eine  nördliche,  C.  (F.)  antisiensis ,  und  selbst  bis  in 
die  neueste  Zeit  sind  diese  beiden  Arten  von  vielen  Autoren  aufrecht 
erhalten  worden.  A.  W  agner  dagegen  sprach  sich  entschieden  für 
das  Vorhandensein  nur  einer  Art  aus,  auch  Philippi  ist  dieser 
Ansicht,  ebenso  Saussure  (Mem.  Soc.  Phys.  Geneve  T.  XXVIII. 
Nr.  6,  p.  12);  Burmeister  hält  dieselbe  für  wahrscheinlich  richtig. 
Dieser  Forscher  sagt  (Archiv  für  Naturgesch.  1875  p.  25),  daß  die 
nördlicheren  Exemplare  des  Andenhirsches  heller  gefärbt  und  etwas 
kleiner  als  die  mehr  dem  Süden  augehörigen,  daß  aber  im  übrigen 
keine  erheblichen  Unterschiede  zu  finden  wären.  Die  Verschieden¬ 
heit  in  der  Haarfarbe  schiebt  er  z.  T.  auf  die  (angeblich)  große  Ab¬ 
weichung  in  der  Färbung  'von  Sommer-  und  Winterhaar,  die  nach 
meinen  Beobachtungen  an  dem  hiesigen  Exemplar  übrigens  außer¬ 
ordentlich  gering  ist  (vergl.  unten).  Dagegen  scheint  die  Färbung 
individuell  ziemlich  bedeutenden  Schwankungen  unterworfen  zu  sein, 
wie  auch  Pu  che  ran*),  gestützt  auf  Tschudi,  angibt.  Von 
weiteren  (vermeintlichen)  Unterschieden  wird  angeführt  die  geringere 
Größe  der  Schneidezähne  bei  C.  antisiensis ,  von  denen  aber  bemerkt 
wird,  daß  sie  in  der  Form  denen  des  C.  chilensis  glichen.  Man  wird 
zugeben,  daß  dieser  Unterschied  von  höchst  zweifelhaftem  Wert  ist, 
da  viel  zu  wenig  Material  untersucht  ist.  Jedenfalls  hängt  die  Größe 
der  Zähne  z.  T.  von  der  Größe  des  betr.  Individuums  ab.  Daß  der 


*)  Monogr.  du  genre  Cerf  (Arch,  du  Museum  VI.  1852). 


—  229 


Tnterorbitalraum  bei  G.  chilensis  größer  sein  soll  als  bei  G.  antisiensis, 
kanu  ebenfalls  darauf  beruhen,  daß  die  südlichen  Exemplare  durch¬ 
weg  größer  sind  als  die  nördlichen.  Endlich  wird  von  einigen  Au¬ 
toren  die  Verbindung  der  Zwischenkiefer  mit  den  Nasenbeinen  als 
Kriterium  verwendet.  Dies  Merkmal  ist  jedoch  durchaus  unbrauchbar 
und  unbeständig.  Garrod  will  zwar  gefunden  haben,  daß  bei  den 
altweltlichen  Hirschen  die  Zwischenkiefer  die  Nasenbeine  erreichen, 
bei  den  neuweltlichen  jedoch  nicht,  wovon  nur  eine  oder  zwei  Aus¬ 
nahmen  Vorkommen  sollen;  allein  au  jeder  einigermaßen  großen 
Suite  von  Hirschschädeln  sieht  man,  daß  auf  das  angeführte  Merkmal 
nichts  zu  geben  ist.  Verschiedenheiten  in  der  Geweihbildung  dürfen  bei 
der  bekannten,  außerordentlich  großen  Variabilität  dieser  Gebilde  bei 
allen  Cerviden  nur  mit  großer  Vorsicht  zur  Trennung  von  Arten 
verwendet  werden  und  auch  für  die  hier  in  Betracht  kommenden 
Tiere  ist  ein  konstanter  Unterschied  nicht  zu  finden,  wenn  auch 
einzelne  Geweihe  von  südlichen  Exemplaren  des  Audenhirsches  von 
denen  nördlicher  Exemplare  abweichen  (Vergl.  Nehring  in  den 
Ber.  Ges.  naturf.  Freunde  Berlin  1885  S.  188 — 190  und  Sc  later 
in  Proc.  Zool.  Soc.  London  1875,  S.  45).  Aber  selbst  wenn  sich 
nach  Untersuchung  einer  größeren  Anzahl  von  Exemplaren  heraus¬ 
steilen  würde,  daß  gewisse  konstante  Verschiedenheiten  in  der  Ge¬ 
weihbildung  je  nach  dem  Vorkommen  der  Hirsche  vorhanden  wären, 
so  wäre  dies  meines  Erachtens  kaum  ein  Grund  zur  Trennung  von 
Arten.  Man  müßte  dann  auch  z.  B.  die  Rothirsche  verschiedener 
Gegenden  (Schottische Hochlande,  Harz,  Ungarn,  Donau- Auen  etc.  etc.) 
artlich  unterscheiden. 

Ohne  Bedenken  halte  ich  vorläufig  die  Ansicht  aufrecht,  daß 
es  nur  eine  lebende  Art  von  Gabelhirschen  gibt.  Wollte 
man  dem  neuerdings  mit  so  großer  Vorliebe  augewendeten  Prioritäts¬ 
gesetz  gerecht  werden,  so  müßte  der  Andenhirsch  wohl  Cervus  chi¬ 
lensis  Gay  et  Gerv.  heißen  oder  Furcifer  chilensis  (Gay  et  Gerv.), 
da  es  berechtigt  ist,  für  diese  sehr  eigentümliche  und  von  den  übrigen 
Hirschen  stark  abweichende  Form  eine  besondere  Gattung  zu  bilden. 
Bis  jedoch  einmal  eine  allgemein  angenommene  Nomenklatur  für  die 
Säugetiere  eingeführt  sein  wird,  wollen  wir  dem  Andenhirsch  den 
jetzt  am  meisten  gebräuchlichen  Art-Namen  » antisiensis  d’Orb.« 
belassen. 

Die  Verbreitung  dieser  Art  erstreckt  sich  demnach  von  der 
Magelhanstraße  bis  nach  Ecuador  und  ihr  Schwerpunkt  fällt  mehr 
in  die  südlichen  Teile  dieses  großen  Gebietes.  Nach  Burmeister 


230 


(a.  a.  0.)  findet  sich  nördlich  vom  34°  s.  Br.  bis  zum  Titicacasee 
eine  große  Lücke  in  der  Verbreitung  des  Andenhirsches,  welche 
ebenfalls  ein  Grund  zur  artlichen  Trennung  der  nördlichen  und  süd¬ 
lichen  Form  gewesen  ist.  Allein  nach  dem  eben  genannten  Forscher 
erklärt  sich  das  Fehlen  des  Hirsches  in  dem  namhaft  gemachten  Ge¬ 
biet  sehr  ungezwungen  aus  dem  fast  völligen  Mangel  an  Vegetation, 
worüber  Burmeister  aus  eigener  Anschauung  berichtet. 

Selten  steigt  der  Anden-  oder  Gabelhirsch  unter  das  Niveau  von 
3500  Meter  hinab,  dagegen  findet  man  ihn  aufwärts  bis  an  die 
Grenze  des  ewigen  Schnees.  Seine  Beweglichkeit  und  Gewandtheit 
soll  in  der  Freiheit  sehr  groß  sein;  in  der  Gefangenschaft  merkt 
man  an  dem  hiesigen  Exemplar  nicht  viel  davon.  Im  übrigen  weiß 
man  von  der  Lebensweise  des  Andenhirsches  so  gut  wie  nichts. 

Im  Text  seines  großen  Reisewerkes*)  sagt  d’Orbigny,  der 
Hirsch  habe  ungefähr  die  Statur  des  Axis,  sei  aber  plumper  und 
erinnere  mehr  an  den  Schweinshirsch  oder  an  den  mexikanischen 
Hirsch.  Zunächst  sei  hierzu  bemerkt,  daß  zwischen  den  beiden  letztge¬ 
nannten  Hirschen  in  der  Gestalt  denn  doch  ein  ganz  beträchtlicher 
Unterschied  sich  geltend  macht.  Im  übrigen  paßt  die  Abbildung,  ein 
farbiger  Kupferstich,  in  Bezug  auf  die  Körpergestalt  recht  gut  auf 
den  Axis,  durchaus  nicht  aber  auf  die  des  hier  lebenden  Andenhirsches. 
Auch  Burmeister  tadelt  den  Gesamteindruck  der  Abbildung  von 
d’Orbigny,  ebenso  wie  derjenigen  von  Gay. 

Der  Audenhirsch  hat  ein  so  eigenartiges  Aussehen,  daß  er  kaum 
mit  einem  andern  Hirsch  zu  vergleichen  ist,  besser  dagegen  (abge¬ 
sehen  von  Kopf  und  Geweih)  mit  einem  Steinbock  oder  Wildschaf, 
am  besten  vielleicht  mit  dem  Mufflon.  Man  vergleiche  die  Figur. 
Der  Rumpf  ist  sehr  stark,  dabei  verhältnismäßig  lang;  er  ruht  auf 
kurzen,  sehr  kräftigen  Beinen  mit  kurzen,  stumpfen,  schafähnlichen 
Hufen.  Der  Hals  ist  schlank  zu  nennen,  aber  kräftig  gebaut;  er 
wird  ziemlich  steil  aufgerichtet  getragen.  Der  mäßig  große,  eher 
kleine  Kopf  verjüngt  sich  nach  der  Schnauze  hin  ziemlich  und  er¬ 
scheint  dadurch  zugespitzt.  Die  Stirn,  welche  an  dem  Schädel  stark 
gewölbt  ist,  tritt  am  lebenden  Tiere  nicht  auffallend  hervor.  Das 
Auge  ist  sehr  groß  und  besitzt  eine  dunkelbraune  Iris,  dunkler  als 
auf  der  Abbildung  von  d’Orbigny.  Es  mag  die  Farbe  der  Iris 
übrigens  wie  die  Haarfarbe  etwas  abändern,  was  auch  sonst  bei  Hirschen 
vorkommt.  So  erwähnt  z.  B.  Carter  **),  daß  die  dunkel  gefärbten 

*)  Voyage  dans  l’Amerique  meridionale,  T.  IV.  P.  2,  p.  28 — 29. 

**)  Zoologist  III.  Ser.  Vol.  XI  p.  321—326. 


231 


Hirsche  der  großbritannischen  Hochlande  dunkle,  die  helleren  Hirsche 
der  Ebene  dagegen  viel  hellere,  z.  T.  sogar  strohgelbe  Iris  haben. 

Bei  dem  Berliner  Andenhirsch  ist  die  Färbung  des  Körpers,  ab¬ 
gesehen  von  gleich  zu  erwähnenden  einzelnen  Teilen,  ähnlich  der 


Der  Andenhirsch,  Cervus  antisiensis  d’Orb. 


des  Rehes  im  Winter,  doch  mehr  gelblich  gestichelt;  auch  die  ganze 
Beschaffenheit  und  Dichtigkeit  des  Haarkleides  ist  ähnlich  wie  bei 
der  Winterdecke  des  Rehes.  Das  Haar  ist  schwach  gewellt,  trocken 
und  brüchig.  Auf  der  Stirn  ist  die  Färbung  dunkler  bräunlich  (erd¬ 
braun)  und  ein  noch  etwas  dunklerer,  seitlich  nicht  scharf  begrenzter 
Streifen  erstreckt  sich  über  den  Nasenrücken  bis  dicht  oberhalb  der 
Nase.  Das  schwarze,  nackte,  ziemlich  viereckige  und  mit  einer  un¬ 
deutlichen,  senkrechten  Mittelfurche  versehene  Nasenfeld  (Muffel)  wird 
von  einem  weißen,  nicht  scharf  begrenzten,  aber  sich  auch  aus  der 
Ferne  stark  abhebenden  Band  umgeben.  Hinter  demselben  ist  an 
der  Oberlippe  ein  schwärzlicher  Fleck.  Die  Unterseite  des  Kopfes 


—  232  — 


zwischen  den  Unterkieferästen,  die  Kehle,  sowie  ein  Teil  des  Vorder¬ 
halses  sind  weiß.  Weiß  ist  auch  ein  ziemlich  starker  Spiegel,  sowie 
ein  großer  Teil  der  Innenseite  der  Extremitäten,  doch  ist  der  Mittel¬ 
fuß  unterhalb  der  Fußwurzel  (also  an  den  Hinterbeinen)  mehr  grau¬ 
gelblich,  während  an  dem  unter  der  Handwurzel  gelegenen  Teil  des 
Vorderbeins  das  Weiß  mehr  hervortritt.  Die  Vorderseite  der  Hand¬ 
wurzel  und  ein  von  hier  sich  abwärts  bis  zu  den  Phalangen  er¬ 
streckender  schmaler  Streif  (in  der  Zeichnung  nicht  ganz  deutlich 
genug  markiert)  sind  gelbbräunlich,  lebhafter  als  die  allgemeine 
Körperfarbe.  Die  Beschreibung  der  Unterseite  des  Rumpfes  als  ein¬ 
farbig  bräunlich  und  viel  dunkler  als  die  Oberseite  (so  Fitzinger, 
nach  dem  auch  die  untere  Hälfte  des  Halses  und  die  Brust  sehr 
dunkel  sein  sollen),  trifft  für  das  von  mir  beschriebene  Exemplar 
nicht  zu;  es  ist  vielmehr  die  Unterseite  des  Rumpfes  kaum  merklich 
anders  gefärbt  als  die  Oberseite.  Die  ziemlich  langen,  zugespitzten 
Obren  sind  inwendig  mit  dichtem,  weißlichem  Haar  bekleidet,  welches 
wohl  Gray  zur  Aufstellung  seines  Huamela  leucotis  ( Capreolus  leuc.y 
Xenelaphus  leuc.)  veranlaßte.  Der  relativ  kurze  Schwanz  ist  auf  der 
Mitte  der  Oberseite  bräunlich,  sonst  weiß.  An  der  Innenseite  der 
Fußwurzel  sitzt  an  den  Hinterbeinen  eine  kleine  runde  Haarbürste 
von  verlängerten,  dunkel  gelbbraunen  Haaren.  Weitere  Bürsten,  wie 
sie  sonst  oft  bei  den  amerikanischen  Hirschen  unter  der  Mitte  des 
Metatarsus  sitzen,  habe  ich  nicht  bemerkt.  Auch  in  der  Litteratur 
finde  ich  keine  Angaben  darüber. 

Augenblicklich,  Ende  Juli,  steht  der  hiesige  Andenhirsch  im 
Haarwechsel.  Das  neue  Haar  ist,  soweit  bis  jetzt  bemerkbar,  dem 
alten  in  der  Färbung  völlig  gleich,  doch  scheinbar  kürzer.  Mit  dem 
büschelweise,  zunächst  an  den  hinteren  Körperteilen  ausfallenden 
Oberhaar  verlor  der  Hirsch  zahlreiche  Flocken  von  sehr  weichem 
Wollhaar,  wie  ich  dies  in  derartiger  Menge  noch  bei  keinem  anderen 
Hirsch  beobachtet  habe. 

Am  5.  April  dieses  Jahres  wurde  das  Geweih  hier  zum  ersten 
Male  abgeworfen ;  eingetroffen  war  der  Hirsch  im  hiesigen  Garten 
Anfang  Juni  1889  mit  Bastgeweih.  Bald  nach  erfolgtem  Abwurf  der 
beiden  Stangen  bildete  sich  zunächst  auf  jedem  Rosenstock  eine 
rundliche,  spärlich  behaarte  schwärzliche  Knolle,  die  allmählich 
länglich  wurde,  sich  dann  in  eine  vordere  und  eiue  hintere  Partie 
teilte  und  nach  und  nach  stärker  behaarte.  Gegen  Ende  Mai  hatte 
das  neue  Geweih  seine  definitive  Größe  erlangt  und  zeigte  sich  von 
einem  dichten,  weichen,  gelblichgrauen  Haarfilz  bedeckt.  Ende  Juni 


—  233 


machte  der  Hirsch  noch  keine  Anstalten  zum  Fegen;  das  Geweih  er¬ 
wies  sich  noch  als  ziemlich  weich  und  fühlte  sich  sehr  warm  an, 
ein  Zeichen,  daß  die  Blutgefäße  noch  in  Thätigkeit  waren.  Erst 
Mitte  Juli  begann  das  Fegen,  welches  jetzt  (27.  Juli)  noch  nicht  be¬ 
endet  ist.  Doch  sieht  man  schon,  daß  das  neue  Geweih  stärker 
wird  als  das  vorige.  Der  dicht  über  der  Rose  sich  abzweigende 
Augensproß  ist  ungefähr  14  cm,  der  hintere  Ast  (Hauptstange)  etwa 
21  cm  lang;  die  Entfernung  der  Spitzen  der  beiden  hinteren  Ge¬ 
weihäste  voneinander  beträgt  17  cm.  Wie  bekannt,  besteht  das 
normale  Geweih  des  Audenhirsches  aus  einer  einfachen  Gabel;  Mon¬ 
strositäten  kommen  wie  bei  allen  Cerviden  auch  hier  vor.  Die 


Längenverhältnisse  der  beiden  Äste  einer  Hälfte  des  Geweihes  wechseln 
ziemlich  beträchtlich,  wie  man  aus  folgender  Tabelle  entnehmen  kann: 

Geweihmaße: 

Lebendes  Exempl.  des  Berliner  zool.  Gartens  .  . 


Angaben  von  d’Orbigny  („C.  antisiensis “) 


Angaben  von  Prof.  N  eh  ring  („C.  chilensis“) 
Privatbesitz  von  Prof.  Ne h ring  („ C .  chilensis “) 


Vorder- 

Hinter- 

ast. 

ast. 

.  .  .  14 

21 

Berlin  17,5 

19 

/  14 

17 

*  ‘  *  1  14 

22,5 

t  17 

24,5 

■  ■  ■  \  17 

27 

.  .  .  15 

29 

Häufig  ist  bei  den  südlichen  Exemplaren  des  Andenhirsches, 
also  dem  sogen.  »(7.  chilensis «,  der  vordere  Gabelast  verhältnismäßig 
kurz  und  dabei  erst  in  einiger  Entfernuug  von  der  Rose  abgezweigt. 
Das  ist  z.  B.  bei  einem  sehr  starken,  in  Herrn  Prof.  Nehrings 
Besitz  befindlichen  und  dem  y>G.  chilensis «  zugeschriebenen  Stück 
der  Fall;  ebenso  bildet  Sei  ater  in  den  Proc.  Zool.  Soc.  1875 
S.  45  ein  ähnliches  Geweih  unter  der  angegebenen  Bezeichnung  ab. 
(Sau ss  ure  äußert  a.  a.  0.,  daß  das  Geweih  einem  C.  palndosus  an¬ 
gehört  haben  möge,  wofür  jedoch  meiner  Ansicht  nach  gar  kein 
Grund  vorliegt.)  Fitzinger  dagegen  gibt  in  der  Beschreibung 
seines  Creagoceros  antisiensis  an,  daß  die  Stange  sich  U/2 — 2  Zoll  ober¬ 
halb  der  Rose  in  zwei  Äste  teile.  Wie  bereits  vorher  erwähnt, 
dürfte  es  sehr  gewagt  sein,  bei  einander  im  allgemeinen  sehr  nahe 
stehenden  Formen  so  veränderliche  Gebilde,  wie  es  die  Geweihe  sind, 

zu  artlicher  Trennung  zu  verwerten. 

•• 

Uber  das  Benehmen  des  Andenhirsches  in  der  Gefangenschaft 
ist  nicht  viel  zu  sagen.  Im  allgemeinen  erscheint  das  hiesige  Exem¬ 
plar  geistig  nicht  sehr  entwickelt,  und  auch  die  ihm  zugeschriebene 
Beweglichkeit  vermißt  man.  Ich  habe  ihn  kaum  jemals  anders  als 


234 


in  einem  gemächlichen  Schritt  sich  bewegen  sehen.  Es  ist  übrigens 
dies  ähnlich  wie  bei  anderen  Bergtieren,  welche  in  der  Gefangen¬ 
schaft,  selbst  wenn  ihnen  künstliche  Felspartien  etc.  zur  Verfügung 
stehen,  selten  ein  sehr  lebhaftes  Wesen  zur  Schau  tragen  außer  im 
Jugendalter.  In  Bezug  auf  die  Nahrung  macht  der  Andenhirsch 
durchaus  keine  Ansprüche  und  befindet  sich  bei  dem  gewöhnlichen 
Hirschfutter  außerordentlich  wohl ;  gegen  klimatische  Einflüsse  ist 
er  völlig  unempfindlich,  da  er  in  seiner  Heimat  an  Hitze  wie  an 
Kälte  gewöhnt  ist.  Für  zoologische  Gärten  ist  diese  ganz  besondere 
Hirschart  eine  sehr  interessante  Erscheinung,  da  selbst  dem  Laien 
das  Eigenartige  des  Tieres  auffällt. 

Bei  Gelegenheit  des  Correcturlesens  kann  ich  noch  hinzu  fügen, 
dass  seit  Anfang  August  das  Geweih  völlig  gefegt  ist.  Es  hat  sich 
dabei  gezeigt,  dass  es  von  dem  vorigen  an  Stärke  nicht  so  sehr  ver¬ 
schieden  ist  als  es,  während  es  im  Bast  war,  den  Anschein  hatte, 
doch  ist  es  immerhin  etwas  kräftiger.  Der  Haarwechsel  ist  langsam 
fortgeschritten,  ohue  dass  eine  Farbenänderung  in  der  Gesamter¬ 
scheinung  des  Hirsches  zu  bemerken  wäre.  Anzeichen  von  Brunft, 
welche  sonst  bei  den  Cerviden  mit  der  völligen  Reife  des  Geweihes 
zusammenzufallen  pflegt,  habe  ich  an  dem  hiesigen  Andenhirsch 
nicht  wahrgenommen. 

Die  Lummen  auf  Helgoland. 

Von  dem  Herausgeber. 

Im  Jahrgang  1888  unserer  Zeitschrift  (S.  257)  haben  wir  die 
Beobachtungen  niedergeschrieben,  die  wir  in  demselben  Jahre  an 
dem  Lummenfelsen  auf  Helgoland  zu  machen  Gelegenheit  hatteD. 
Auch  im  Juli  1889  besuchten  wir  die  Insel,  die  vor  wenigen  Tagen 
ihren  natürlichen  Anschluß  an  unser  Vaterland  gefunden  hat,  und 
da  wir  noch  nicht  Raum  und  Muße  fanden,  die  gemachten  Erfah¬ 
rungen  zu  veröffentlichen,  so  geschieht  dies  hiermit  an  der  Hand 
unseres  Tagebuchs. 

15.  Juli  1889.  Erste  Fahrt  nach  den  Lummen.  Der  Brut¬ 
felsen  ist  dieses  Jahr  sehr  gut  besetzt,  wie  uns  H.  Lührs  mitteilt 
und  wie  wir  selbst  an  der  Menge  der  Vögel  sehen.  Die  Witterung 
muß  dem  frühen  Beginne  des  Brütens  günstig  gewesen  sein,  denn 
die  unteren  Reihen  des  Felsens  sind  nach  der  linken  und  rechten 
Seite  schon  leer,  die  Vögel  abgeflogen.  Die  oberen  Reihen  sind 


235 


aber  dicht  besetzt  und  ein  gewaltiger  Lärm  ertönt  von  der  roten 
Felswand.  'Wir  hören  lauge  dem  Schreien  zu  und  suchen  die 
Stimmen  einzelner  Vögel  zu  unterscheiden;  da  ergibt  sich  denn,  daß 
fast  jeder  einzelne  anders  ruft  und  eine  andere  Tonlage  hat.  Hohe 
und  tiefe  Rufe  schallen  durcheinander  und  man  hört  deutlich  heraus 
bald  ein  heiseres  Lachen  ha  ha  ha  ha  ha,  ein  Schnarren  rä  rä  rä, 
ein  Schnurren  rrrrrre,  herre  harre,  ein  tiefes  o  o  o  oder  ho  arre 
und  dazwischen  ein  gellendes  hä  hä  hä  und  den  Ruf  filipp  filipp 
der  Jungen. 

Die  nächsten  Tage  suchen  wir  das  Treiben  der  Lummen  vom 
Oberlande  aus  zu  beobachten  und  zwar  wiederum  gegen  Abend,  wo 
das  Leben  dieser  Vögel  sich  in  lebhafterem  Tempo  zeigt  als  den 
Tag  über.  Doch  kann  man  wegen  der  Gefahr  des  Abbröckelns  des 
Felsens  nicht  nahe  an  dessen  oberen  Rand  herantreten,  und  es  bleibt 
uns  nichts  übrig,  als  von  dem  Vorsprunge  einer  benachbarten 
Bucht  aus  hinüber  zu  sehen  auf  die  obere  Ecke  des  Vogelberges, 
wo  nur  wenige  Vögel  sichtbar  sind.  Ein  Feldstecher  thut  uns  bei 
dem  Sehen  in  die  Ferne  gute  Dienste.  Die  auf  den  Kanten  des 
Felsens  stehenden  Vögel  machen  oft  eigenartige  Bewegungen,  sie 
strecken  den  Hals  aus,  beugen  ihn  abwärts  und  drehen  den  Kopf 
bald  rechts  bald  links,  als  ob  sie  etwas  untersuchen  wollten.  Was 
dies  sein  mag,  können  wir  nicht  ergründen. 

19.  Juli.  Fahrt  mit  dem  Boote.  Von  den  Lummen  ist  mehr 
als  die  Hälfte  bereits  abgeflogen.  Viele  drücken  sich  noch  in  den 
Mulden  und  Vertiefungen  des  Felsens  zusammen  und  wenden  den 
dunklen  Rücken  der  Sonne  zu,  als  ob  sie  sich  trocknen  oder  wärmen 
wollten.  Einzelne,  die  herzufliegen  und  an  ungünstiger  Stelle  nicht 
bequem  stehen  köuneu,  klammern  sich  mit  den  Füßen  an  oder 
klettern  flatternd  an  der  schrägen  Fläche  empor.  Andere  trippeln 
auf  den  Galerien  umher.  Von  Jungen  können  wir  mit  dem  Glase 
nur  zwei  sehen;  ein  Philipp  schreit  noch.  Abends  gegen  9  Uhr  mit 
Eintritt  der  Dämmerung,  als  der  Leuchtturm  schon  Licht  hatte,  lagert 
sich  ein  leichter  Duft  auf  dem  ruhigen  Meere.  Auch  auf  dem 
Vogelberge  ist  es  still;  draußen  aber  auf  dem  freien  Wasser  hört 
man  das  Filipp  einzelner  Jungen  und  das  vergnügte  Schnarren  der 
führenden  Alten  hrrrra  oder  hrrrä.  Mehr  und  mehr  verlieren  sich 
diese  Stimmen  in  die  Ferne,  die  Jugend  wird  in  die  Welt  eingeführt. 

20.  Juli.  Vom  Oberlande  aus  sehen  und  hören  wir  um  8  Uhr 
abends,  daß  wiederum  Junge  mit  den  Alten  den  Felsen  verlassen. 
Einzelne  Alte  fliegen  noch  ab  und  zu,  wenige  schreien  noch. 


236 


21.  Juli.  Von  oben  sehen  wir  zu,  wie  eine  junge  Lumme 
herab  fällt  und  ängstlich  schreiend  auf  dem  Wasser  schwimmt;  da 
fliegt  die  Alte  herbei  und  führt  rufend  den  Neuling,  der  ihr  be¬ 
ruhigt  dicht  folgt.  So  kommen  noch  mehrere  Paare,  auch  thun  sich 
mehrere  Mütter  mit  ihren  Jungen  dazu  und  ziehen  in  Gemeinschaft 
hinaus  auf  das  dunkle  Meer,  ja  auch  andere  alte  Vögel  ohne  Junge 
schließen  sich  au,  und  einmal  sind  es  neun  Stück,  die  sich  mit  dem 
Glase  weit  hinaus  verfolgen  lassen. 

22.  Juli.  Ein  helgoländer  Junge  bietet  mir  bei  Tisch  eine 
junge  Lumme  zum  Kauf  an  und  überläßt  sie  mir  zu  30  Pfennigen. 
Sie  sitzt  ruhig  auf  dem  Tisch  und  reckt  von  Zeit  zu  Zeit  den  Hals 
laug  aus,  ruft  aber  selten  ihr  Filipp.  Mein  Sohn  ahmt  das  Locken 
der  Alten  nach  hra  hra,  da  dreht  sich  das  Junge  um,  trippelt  auf 
ihn  zu  und  ruft  laut  sein  Filipp,  und  das  wiederholt  sich,  so  oft 
vor  der  Tischgesellschaft  im  Pavillon  der  Versuch  wiederholt  wird. 

23.  Juli.  Gegen  6  Uhr  nachmittags  Ruderfahrt  bei  sehr 
schönem  Wetter  zu  den  Lummen.  Wir  sind  zu  fünf  im  Boote. 
Nur  wenige  Lummen  sind  noch  auf  dem  Felsen,  Alte  fliegen  ab 
und  zu;  einige  Junge  in  verschiedener  Größe  werden  mit  dem 
Glase  gesehen,  auch  hört  man  einige  rufen.  In  der  untersten  Nist¬ 
reihe,  die  im  übrigen  leer  ist,  bemerken  wir  drei  Junge,  die  von 
den  Alten  im  Hintergrund  gehalten  werden,  indem  sich  diese  vor 
sie  stellen ;  seitwärts  von  ihnen  steht  noch  eine  Alte  mit  einem 
Jungen  hinter  sich.  Auch  hier  beobachten  wir  das  Nicken  der  alten 
Vögel  mit  dem  Kopfe  (s.  15.  Juli);  es  ist  gegen  die  Jungen  ge¬ 
richtet  und  muß  diesen  gelten,  vielleicht  um  sie  zu  betrachten,  denn 
eine  Fütterung  scheint  dabei  nicht  stattzufinden,  da  mehrere  Vögel 
diese  Bewegung  nach  einem  Jungen  machen.  Oben  sitzt  in  einer 
muldenförmigen  Vertiefung  eine  Lumme  flach  ausgebreitet  auf  dem 
Boden  und  bleibt  lang  in  dieser  Lage.  Endlich  erhebt  sie  sich  und 
es  wird  ein  Junges  unter  ihr  sichtbar,  das  sie  also  bedeckt  hatte, 
und  nun  machen  sich  auch  andere  Alte  mit  dem  Jungen  zu  schaffen. 
Links  an  einer  Stelle  des  Felsens,  wo  man  kaum  Halt  für  ein  Tier 
vermuten  sollte,  hockt  eine  andere  Lumme,  auch  den  Rücken  nach 
dem  Meere  gerichtet,  aber  sie  bleibt  sitzen,  so  lange  wir  da  sind 
und  sie  sehen  können.  Daß  sie  auch  ein  Junges  deckt,  wird  uns 
an  den  Bewegungen  ihres  Halses  klar,  den  sie  reckt  und  biegt,  um 
mit  dem  Schnabel  etwas  unter  sich  zu  schaffen.  So  sitzen  in  einer 
Mulde  noch  mehrere  Vögel  in  gleicher  Lage  und  vielleicht  schützen 
auch  sie  ihren  Zögling. 


237 


Ein  Abfliegen  der  Jungen  will  sich  heute  lange  nicht  zeigen, 
wahrscheinlich  weil  vier  Boote  herankommen  und  unter  dem  Felsen 
halten.  Die  Leute  darin  schlagen  mit  den  Rudern  auf  das  Fahrzeug 
und  schreien,  um  die  Lummen  zum  Abfliegen  zu  veranlassen.  Wir 
liegen  still  in  der  Nähe,  bis  die  scheidende  Sonne  auf  kurze  Zeit 
zwischen  dunklen  Wolkenschichten  hervorbricht,  um  einen  purpurn 
schillernden  Streif  über  das  Wasser  zu  uns  zu  legen  und  dann  im 
Meere  zu  versinken.  Wir  sind  allein  unter  dem  Felsen,  da  sieht 
mein  Sohn  ein  Junges  nahe  der  Steinwand  ins  Wasser  fallen.  Die 
Alte  getraut  sich  wegen  unserer  Nähe  nicht  heran  und  so  ist  der 
Kleine  bald  gefangen.  Im  Boote  sitzt  er  lange  unter  der  Bank  auf 
der  Kante  eines  der  Seitenborte  und  beißt  zu,  wenn  eine  Hand 
nach  ihm  greifen  will.  Wir  rudern  etwas  seitwärts  und  wieder 
sehe  ich  das  WTasser  von  einem  fallenden  Körper  aufspritzeu.  Wie 
wir  herbei  eilen,  ist  der  Philipp  (die  Jungeu  wurden  kurzweg  in 
unserer  Gesellschaft  stets  so  genannt)  schon  eine  Strecke  weit  hin¬ 
aus  geschwommen,  die  Alte  bei  ihm.  Wir  folgen  ihnen,  sie  zu 
beobachten  und  ängstigen  sie  durch  unser  Nahen.  Die  Alte  ruft 
beständig  hra,  hra,  das  Junge  streckt  den  Kopf  und  rudert  tüchtig.  Als 
wir  nahen,  taucht  zuerst  das  Junge  unter  und  entfernt  sich  von  der 
Mutter;  diese  schießt  auf  dem  Wasser  hin  und  her  und  schreit  mit 
offenem  Schnabel  laut  hra,  hra.  Bald  taucht  sie,  bald  das  Kleine, 
bald  kommen  beide  sich  näher,  bald  entfernen  sie  sich  voneinander, 
und  da  die  Alte,  die  tauchend,  schwimmend  oder  flatternd  dem 
Jungen  nahe  kommen  will,  sich  stets  wieder  von  ihm  getrennt 
sieht,  faßt  sie  eine  Art  Verzweiflung.  Sie  weiß  nicht  mehr,  was 
sie  machen  soll,  fährt  bald  da-,  bald  dorthin  und  schreit  jämmer¬ 
lich.  Da  gestatten  wir  ihr,  sich  dem  Jungen  zu  nähern,  und  wie 
sie  jetzt  seiner  auf  der  rechten  Seite  des  Kahnes  ansichtig  wird, 
flattert  sie  schreiend  an  der  Spitze  des  letzteren  vorbei  dem  Kiude 
zu,  das  ihr  ebenfalls  entgegeukommt.  Ganz  in  unserer  Nähe  ver¬ 
einigen  sie  sich  und  nun  brummt  die  Alte  ho  —  ho  —  ho  —  in 
kurzen  Stößen;  aber  immer  noch  groß  ist  ihre  Aufregung,  denn  sie 
fährt  wiederholt  mit  dem  Kopfe  in  das  Wasser  und  arbeitet  darin, 
als  wenn  sie  es  zerteilen  oder  als  wenn  sie  trinken  wollte.  Wir 
folgen  dem  Paare,  das  so  rührende  Beweise  der  gegenseitigen  Liebe 
gegeben,  noch  eine  Weile,  um  es  zu  beobachten,  nicht  aber  um  es 
zu  verfolgen.  Aber  gern  wären  wohl  beide  aus  unserer  Nähe  gewesen, 
und  nun  sehen  wir  die  wiederholten  Bemühungen  des  Jungen,  auf 
den  Rücken  der  Alten  zu  kommen.  Mehrmals  saß  es  halb  auf, 


238 


fiel  aber  bei  dem  hastigen  Rudern  der  Mutter  wie  auch  durch  die 
eigene  Unruhe  wieder  herab.  Als  wir  uns  jetzt  zur  Rückkehr  wandten, 
frug  ich  jeden  der  Jagdgenossen  im  Boote,  was  er  gesehen,  und 
alle  sprachen  ganz  bestimmt  aus,  daß  das  Junge  sich  bemüht  habe, 
auf  den  Rücken  der  Mutter  zu  kommen  und  daß  letztere  sich  in 
keiner  Weise  dagegen  gesträubt  habe.  Unter  ruhigeren  Umständen 
hätte  sie  ihr  Junges  auf  dem  Rücken  durch  das  Wasser  getragen. 
Es  wird  also  die  früher  von  uns  (Jahrg.  1888,  S.  260)  angeführte 
Beobachtung  von  Hilmar  Liihrs,  der  zweimal  das  Tragen  des  Jungen 
auf  dem  Rücken  der  Alten  gesehen,  vollauf  bestätigt.*) 

Als  wir  gegen  den  Felsen  hin  zurückfuhren,  kam  wieder  ein 
Philipp  daher,  ein  kräftiges  Tierchen,  das  wiederholt  tauchte  und 
dabei  immer  weiter  von  dem  Lande  abkam.  Da  rief  auf  einmal 
draußen  die  Alte,  die  sich  seither  ruhig  verhalten  hatte,  so  daß 
wir  gar  nicht  glaubten,  sie  gehöre  zu  dem  Jungen.  Als  wir  dieses 
verfolgten  und  von  ihr  abjagteu,  da  zeigte  sie  ähnliche  Angst  und 
Unruhe  wie  die  vorhin  erwähnte  Lumme.  Der  junge  Vogel  wußte 
sich  durch  fortwährendes  Tauchen  geschickt  unserer  Begegnung  zu 
entziehen,  und  es  wäre  vergeblich  gewesen,  ihm  weiter  zu  folgen. 

Ein  weiteres  Junges  wird  allein  getroffen;  aber  auch  es  weiß 
mit  der  größten  Gewandtheit  zu  tauchen  und  schwimmt  einmal 
gewiß  30  Meter  unter  Wasser.  Ohne  Führung  und  ohne  zu 
schreien  entgeht  es  uns  stets ,  und  da  die  Dunkelheit  zunimmt, 
müssen  wir  die  Verfolgung,  die  uns  wie  jede  vorhergehende  weit 
auf  das  freie  Meer  geführt  hatte,  aufgeben.  Bei  der  Rückkehr  nach 
dem  Vogelfelsen  begegnet  uns  eine  ganze  Anzahl  von  Jungen,  die 
von  den  Alten  hinausgeführt  werden  auf  das  große  Meer.  Offenbar 
war  heute  die  Zahl  der  abfliegenden  Vögel  eine  besonders  große; 
zu  ihrem  Glücke,  denn  am  nächsten  Morgen  um  4  Uhr  soll  die 
Jagd  auf  sie  eröffnet  werden,  wie  eine  Bekanntmachung  anzeigte. 

Wir  rudern  noch  einmal  nach  dem  Vogelfelsen  zurück  und 
legen  an  seinem  Fuße  an.  Hilmar  Liihrs  steigt  aus,  klettert 
in  einem  Winkel  einige  Schritte  empor  und  bricht  mit  dem  Messer 
einige  Stücke  aus  einer  der  weißen  Adern  des  Lummenfelsens,  wie 

*)  Unser  Mitarbeiter,  Herr  Paul  Leverkühn,  mit  dem  ich  über  diesen 
Punkt  sprach,  teilt  mir  durch  Postkarte  vom  18.  September  1889  mit:  »Junge 
auf  dem  Rücken  beobachtete  ich  bei  Colymbus  cristatus  auf  verschiedenen  Seen 
Holsteins;  dasselbe  Naumann  (IX,  S.  714)  und  Lindner  1889  an  der 
Kurischen  Nehrung  laut  Brief  vom  28.  Juni  1889.  Ferner  sah  ich  es  bei 
Fulica  atra  auf  den  Riddagshäuser  Teichen.« 


239 


sie  dieser  Stelle  der  Insel  eigen  sind  und  ausgewittert  die  Höh¬ 
lungen  für  die  schlafenden  und  brütenden  Vögel  abgeben.  Das 
Gestein  dieser  Adern  ist  ein  weißlicher,  äußerst  feinkörniger  Sand¬ 
stein,  der  so  locker  ist,  daß  er  sich  leicht  zwischen  den  Fingern 
zerreibt.  Regen,  Wind  und  Frost  hatten  jedenfalls  keine  große 
Kraftanstrengung  zu  machen,  um  die  Galerien  für  die  Lummen 
auszuhöhlen. 

24.  Juli.  Seit  einigen  Tagen  war  an  dem  Badehause  eine 
Bekanntmachung  angeschlagen,  die  folgendermaßen  lautete: 

»Hierdurch  zur  gefälligen  Kenntnisnahme,  daß  die  Lummen- 
jagd  am  24.  dieses  eröffnet  werden  wird. 

Die  Abfahrt  findet  morgens  4  Uhr  am  Süderstrande  statt  und 
wird  durch  einen  Signalschuß  aus  dem  Boote  Sr.  Excellenz  des 
Herrn  Gouverneurs  angeküudigt  werden. 

Helgoland,  den  16.  Juli  1889. 

Die  Badedirektion.« 

Wir  schlossen  uns  der  Jagdgesellschaft  nicht  an,  hörten  aber, 
daß  der  Magistrat  Mr.  Whitehead  im  Aufträge  des  Gouverneurs 
die  Jagd  eröffnet  habe,  daß  aber  wegen  des  Regens  die  Beteiligung 
nicht  sehr  groß  gewesen  sei.  Auch  den  Tag  über  wurde  noch 
fortwährend  geschossen,  und  wir  sahen  mehrere  Mittelboote  anlanden, 
deren  Bänke  ganz  mit  toten  Lummen  belegt  waren.  Wir  benutzten 
die  Gelegenheit,  um  zu  erfahren,  wie  man  das  verschiedene  Ge¬ 
schlecht  der  alten  Lummen  unterscheide,  aber  es  konnten  uns  weder 
Schiffer  noch  Jäger  eiu  äußeres  Kennzeichen  dafür  angeben,  noch  waren 
wir  bei  Besicht  igung  zahlreicher  Leichen  imstande  ein  solches  finden. 

Abends  machen  wir  wieder  eine  Ruderfahrt  nach  dem  Lummen- 
felsen,  um  zu  sehen,  was  die  Jagd  für  eine  Wirkung  ausgeübt  habe. 
Die  Flut  war  im  Gange  und  starker  Westwind  peitschte  das  Wasser, 
weshalb  das  Rudern  recht  anstrengend  war.  Ein  herrlicher  Sonnen¬ 
untergang  lohnte  die  Arbeit,  nachdem  wir  an  Stelle  gekommen 
waren;  aus  graublauen  Wolkenmassen  trat  die  große  feurige 
Sonnenscheibe,  von  feinen  Wolkeuschichten  quer  gestreift,  nach 
unten  hervor  und  verbreitete  glühenden  Feuerschein  zitternd  über 
das  Wasser. 

Noch  sind  zwei  Jagdboote  draußen,  von  denen  fortwährend  auf 
die  wenigen  Lummen  geschossen  wird,  welche  ihre  Mutterpflicht 
nach  der  heimatlichen  Behausung  zurückführt.  Manche  fällt  von 
dem  Blei  getroffen  herab  in  das  Meer  und  wird  von  den  unersätt¬ 
lichen  Schützen  aufgenommen,  manche  wird  bei  ihrem  Nahen  von 


240 


den  Schüssen  wieder  vertrieben  und  irrt  draußen  umher,  und  nur  sehr 
wenige  erreichen  den  Felsen.  Da  oben  aber  ist  es  öde  und  leer, 
nur  der  Ruf  verwaister  Jungen  tönt  herab  und  verrät,  daß  solche 
noch  vorhanden  sind,  auch  sieht  man  einzelne  hin  und  her  trippeln. 
Manchmal  ruft  eine  Alte,  die  durch  die  Schüsse  wieder  zurückge¬ 
scheucht  wird,  in  der  Nähe  des  Felsens  ihr  hra  hra,  dann  ant¬ 
worten  die  Jungen  in  Gemeinschaft  filipp,  filipp,  und  der  Stimme 
nach  müssen  noch  recht  zarte  Tierchen  unter  ihnen  sein.  Aber 
keine  liebende  Mutter  kehrt  zurück,  Hunger,  Kälte  und  Tod  siud 
das  Los  der  armen  Verlassenen,  der  Opfer  der  blinden  Schieß wut. 
Die  Helgoländer  aber  schwelgen  einige  Tage  im  Genüsse  der  ge¬ 
bratenen  Vögel,  deren  dunkles  Fleisch,  gut  zubereitet,  gar  nicht 
übel  schmeckt,  wie  wir  uns  selbst  zu  überzeugen  Gelegenheit  hatten. 

Jetzt,  wo  Helgoland  deutsch  geworden  ist,  wird  es  auch  vielleicht 
mit  dieser  Jagd  anders  und  wird  es  hoffentlich  nicht  gestattet,  die 
Masse  der  Vögel  in  früher  Morgenstunde  bei  ihrem  Schlafplatze 
zu  überraschen,  sie  überhaupt  au  ihrer  Brutstelle  zu  schiessen. 


Bemerkungen  über  die  Lebensweise  der  Dorneule,  Agrotis 

spina  Gn. 

Von  R.  v.  Lendenfeld. 

Agrotis  spina  ist  ein  kleiner  grauer  Nachtschmetterling,  welcher 
in  ungeheuren  Schwärmen  die  höchsten  Teile  der  Australischen  Alpen 
belebt  und  ausnahmsweise  auch  ins  Tiefland  herabsteigt. 

Dieser  Schmetterling  und  seine  Larven  wurden  früher  in  großen 
Mengen  von  den  Australnegern  verzehrt.  Sobald  im  Frühsommer  der 
Schnee  auf  den  Plateaus  zu  schmelzen  begann,  machten  sich  einzelne 
Horden  von  Australnegern  nach  dem  Gebirge  auf  und  rückten,  dem 
zurückweicheuden  Schnee  folgend  langsam  bis  zu  den  höchsten 
Gipfeln  vor.  Im  Hochsommer  trieben  sich  dann  auf  den  Plateaus 
große  Scharen  von  Australnegern  herum,  welche  sich  bis  zum  Herbst 
von  diesem  Schmetterling  und  seinen  Raupen  nährten.  Die  Larven 
leben  in  der  Erde  und  fressen  die  Wurzeln  der  Alpenkräuter.  Die 
Schmetterlinge  sitzen  tagsüber  in  dichten  Massen  in  Felsritzen. 
Die  ersteren  wurden  ausgegraben,  die  letzteren  aber  ausgeräuchert. 
Schmetterlinge  sowohl  als  Raupe  wurden  in  heißer  Asche  gebraten. 
Diese  Speise  scheint  den  Australnegern  sehr  gut  angeschlagen 


—  241  — 

za  haben,  denn  sie  kehrten  im  Herbste  sehr  wohlgenährt  in  das 
Tiefland  zurück. 

Die  Australneger  nannten  diesen  Schmetterling  und  seine  Larven 
Bogong  und  übertrugen  dann  diesen  Namen  auf  die  Gebirge,  wo  sie 
dieselben  fanden.  Dieser  Name  hat  sich  stellenweise  erhalten  und 
der  höchste  Berg  in  Viktoria,  zugleich  einer  der  höchsten  Gipfel  von 
ganz  Australien,  führt  gegenwärtig  noch  den  Namen  Mount  Bogong. 

Ich  brachte  die  Nacht  vom  7.  auf  den  8.  Januar  1886  auf  dem 
Gipfel  des  Mount  Bogong,  1550  Meter  über  dem  Meere,  zu  und  be¬ 
obachtete  zwischen  7  und  10  Uhr  abends  einen  ungeheuren  Schwarm 
dieses  Schmetterlings.  Ungezählte  Millionen  von  Agrotis  spina- 
Exemplaren  zogen,  einem  dichten  Schneegestöber  gleich,  an  dem 
Gipfel  des  Mount  Bogong  in  raschem  Fluge  von  Westen  nach  Osten 
vorüber.  (Petermanns  Geogr.  Mittig.  Erz.  hl.  Nr.  87  p.  32). 

Seither  ist  ein  großer  Schwarm  dieser  Agrotis  an  der  Küste 
von  Neu-Siid- Wales  beobachtet  worden  (S.  Oliff.  Proceedings  Liu. 
Soc.  N.  S.  W.  for  1889),  und  neuerlich  hat  Helms  (Records  of  the 
Australian  Museum  Vol.  1,  Pt.  1,  p.  14)  diese  Agrotis  auf  dem 
Kosciuscoplateau  in  Höhen  von  2000  Metern  gefunden. 

Im  Gebirge  sind  nach  der  Aussage  Macleays  solche  große 
Schwärme,  wie  ich  einen  beobachtete,  von  Hirten  und  andern  schon 
mehrfach  gesehen  worden. 

Helms  verdanken  wir  die  Angabe,  daß  diese  Schmetterlinge  iu 
großen  Mengen  dicht  zusammengedrängt  unter  Steinen  und  in 
Felsritzen  sitzen.  Die  Angabe,  dass  sie  sich  von  den  Alpengräsern 
und  ihren  Wurzeln  nähren  sollen,  bezieht  sich  wohl  nur  auf  die 
Raupen. 

Es  fragt  sich  nun,  welchen  Zweck  die  Wanderungen  dieser 
Eulen  in  großen  Schwärmen  haben  mögen.  Ihr  seltenes  und  aus¬ 
nahmsweises  Auftreten  im  Tiefland  zeigt,  daß  regelmäßige  Wande¬ 
rungen  von  der  Höhe  herab  in  die  Tiefe  nicht  stattfinden.  Wir 
müssen  vielmehr  annehmen,  daß  der  Schwarm,  welcher  im  vorigen 
Sommer  an  der  Küste  beobachtet  worden  ist,  nur  zufällig  dahin  ver¬ 
schlagen  wurde. 

Der  Schwarm,  den  ich  am  Mount  Bogong  sah,  flog  in  der 
Richtung  des  Kosciuscogebirges. 

Da  die  Agrotis  auf  den  Hochebenen  massenhaft,  im  Tieflande  aber 
nur  ausnahmsweise  auftritt,  so  wird  anzunehmen  sein,  daß  die  Wande¬ 
rungen  von  einem  Gebirge  zum  andern  gehen,  beziehungsweise  von 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI/  1890.  IG 

■ 

* 


242 


einem  Teile  eines  Plateaus  zu  einem  andern.  Vielleicht  treibt  Nah¬ 
rungsmangel  den  Schmetterling  zur  Wanderung,  oder  es  steht  die 
Wanderung  im  Zusammenhang  mit  der  Fortpflanzung.  Jedenfalls 
wäre  es  interessant  näheres  über  die  Ursachen  dieser  Wanderungen 
zu  ermitteln. 


Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes. 

Von  Heinrich  Schacht. 

IV.  Der  Steinmarder  (Mustela  foina). 

Es  war  an  einem  hellen  Abende  des  Monats  Februar,  als  ein 
prachtvolles  Nordlicht  am  Himmel  stand,  dessen  rötlicher  Schein 
sich  von  dem  gegenüberliegenden  Nachbarhause  glänzend  abhob. 
Auf  einmal  erschienen  »in  elektrischer  Beleuchtung«  auf  der  Dach¬ 
first  des  Hauses  ein  paar  vierbeinige  Turner,  die  mit  Leichtigkeit 
und  großer  Behendigkeit  um  und  über  den  in  der  Mitte  des  Dachs 
hervorragenden  Schornstein  hinwegsetzten,  sich  einigemal  gewaltig 
in  den  Pelz  fuhren,  hin-  und  herliefen  und  dann  an  der  andern 
Seite  des  Hauses  verschwanden.  Es  waren  ein  paar  hitzige  Stein¬ 
marder,  die  »hoch  überm  niedern  Erdenleben«  sich  den  Hoch¬ 
zeitsfreuden  hingaben  und  sich  um  die  unten  stehenden  schwatzen¬ 
den  und  lärmenden  Menschenkinder  durchaus  nicht  zu  bekümmern 
schienen. 

Der  Steinmarder  oder  Hausmarder,  der  hier  noch  in  jeder  Ort¬ 
schaft  zu  finden  ist,  unterscheidet  sich  von  seinem  Vetter,  dem 
Edelmarder,  nicht  nur  durch  seinen  schwächeren  Körperbau  sondern 
auch  durch  seinen  weißen  Kehlfleck.  Während  der  Edelmarder  sich 
ausschließlich  den  Wald  zum  Aufenthalte  wählt,  treffen  wir  den 
Steinmarder  vorzugsweise  in  Städten  und  Dörfern  und  einsamen 
Gehöften ,  wo  ihm  mit  Stroh  gefüllte  Scheunen,  Holzschuppen, 
Stallungen ,  wüste  Hausböden  u.  s.  w.  treffliche  Verstecke  und 
Schlupfwinkel  darbieten.  Der  Steinmarder  ist  der  geschworene  Feiud 
alles  Hausgeflügels  und  mordet  mit  wahrer  Wollust  Gänse,  Enten, 
Puter,  Hühner  und  Tauben,  dringt  in  Kaninchenställe  und  Meer¬ 
schweinchenkloben  und  tötet,  was  er  vorfindet,  überwältigt  mit 
Leichtigkeit  die  stärksten  Ratten,  begnügt  sich  auch  mit  Eidechsen, 
Fröschen  und  Blindschleichen  und  liebt  nebenbei  auch  süßes  Obst, 
Weintrauben  und  Vogelbeeren.  Hat  er  einmal  einem  Taubenschlage 
oder  Hühnerstalle  seinen  Besuch  abgestattet,  so  bieten  diese  Gelasse 


243 


ein  schreckliches  Bild  der  Verwüstung  dar.  So  war  einst  ein  Haus¬ 
marder  in  meiner  Nähe  in  einen  Gänsestall  gedrungen  und  am  an¬ 
deren  Morgen  lagen  15  junge  Gänschen  mit  zerfleischtem  Schädel 
tot  am  Boden.  Die  alte  Gans  mit  Wunden  bedeckt,  hockte  traurig 
mit  zerbissenem  und  zerrissenem  Flügel  im  Winkel;  sie  hatte  sich 
durch  kräftige  Flügelschläge  verzweifelt  verteidigt  und  war  eben 
hierdurch  den  weiteren  Angriffen  des  Mörders  entgangen.  —  Und 
wenn  er  nun  einmal  einen  reichbevölkerten  Taubenschlag  mit  seiner 
unliebsamen  nächtlichen  Gegenwart  beehrt  hat!  Haufenweise  liegen 
die  Leichen  der  armen  Täubchen  beieinander;  einzelne,  die,  aufge¬ 
schreckt  durch  das  Geräusch  in  der  Mordnacht,  zufällig  aus  dem 
Flugloche  entkommen  sind,  sitzen  am  anderen  Tage  scheu  und  ver¬ 
stört  auf  dem  Dache  und  werfen  äugstliche  Blicke  nach  dem  Schlage, 
aber  keine  wagt  es  wieder,  den  verdächtigen  Ort  zu  betreten.  Selten 
schleppt  der  Räuber  mehr  als  ein  Opfer  mit  sich,  meist  begnügt  er 
sich  mit  dem  Hirn  und  Blute  derselben  und  nur,  wenn  er  Junge  hat, 
bringt  er  verschiedene  Stücke  in  Sicherheit.  Da  er  im  Klettern 
äußerst  geschickt  ist,  steigt  er  selbst  in  der  Nacht,  wie  ich  schon 
erfahren,  an  rauhen  Steinwänden  der  Häuser  empor,  um  die  unter 
dem  Dache  stehenden  Nester  der  Hausschwalben,  in  welchen  die 
ganze  Nacht  hindurch  gelärmt  und  gezwitschert  wird,  auszurauben. 

Daß  ein  solcher  Mörder,  wo  er  einmal  durch  eine  Blutthat 
seine  Gegenwart  verraten  hat,  mit  allen  Mitteln  verfolgt  wird,  ist 
selbstverständlich.  Zunächst  gilt  es,  seinen  Steig  vom  Hause  oder 
nach  dem  Hause  auszukundschaften  und  auf  diesem  wohlversteckt 
ein  Tellereisen  anzubringen,  am  besten  da,  wo  der  Marder,  um  hinauf- 
oder  herabzukommen,  einen  Sprung  machen  muss.  Aber  auch  mit 
der  sogenannten  Kastenfalle,  die  an  beiden  Seiten  mit  Klappen  ver¬ 
sehen  ist  und  die  man  mit  einem  Ei  beködert  oder  auch  ohne  Köder 
dahinstellt,  wo  der  Marder  seinen  Steig  oder  Weg  hat,  ist  er  leicht 
zu  fangen.  Man  muß  nur,  wenn  die  Falle  einmal  zugefallen  ist, 
sorgsam  nachsehen,  ob  sich  auch  wirklich  ein  Marder  gefangen  hat, 
und  es  nicht  machen,  wie  mein  alter  Nachbar,  der,  als  §r  eines 
Morgens  seine  Kastenfalle  geschlossen  fand,  sofort  einen  Sack  herbei¬ 
holte,  den  vermeintlichen  Marder  hineinpraktizierte  und  nun  den 
Sack  mit  aller  Kraft  um  den  Pfosten  seiner  Hausthür  schlug.  Als 
er  nun  den  Sack  umschüttete,  fiel  statt  des  Marders  seine  beste  Haus¬ 
katze  heraus. 

Hat  man  hier  einmal  zur  Winterzeit  auf  einem  Bauernhöfe  einen 
Hausmarder  im  Hause  oder  in  der  Scheune  fest  eingespürt,  so  wird 


244 


auch  bald  eine  große  Hatz  und  Jagd  in  Scene  gesetzt.  Zunächst 
wird  an  jede  Hausecke  ein  Jäger  gestellt,  dann  begibt  sich  eine  An¬ 
zahl  von  Leuten  mit  kleinen  und  großen  Wagenketten,  alten  Kesseln, 
Topfdeckeln  u.  s.  w.  versehen,  auf  den  Boden  und  nun  beginnt  ein 
unbändiges  Rasseln,  Klirren  und  Klappern,  ein  Heulen  und  Schreien, 
als  gälte  es  einen  unsaubern  Geist  auszutreiben.  Der  Marder,  durch 
den  Höllenlärm  aus  seiner  Ruhe  geschreckt,  sucht  sich  aus  dem 
Staube  zu  machen  und  erscheint  bald  oben  auf  dem  Dache  oder 
unter  demselben.  Aber  schon  durchhallt  ein  mächtiger  Knall  das 
Gehöft,  und  um  das  Leben  des  Marders  ist  es  geschehen. 

Eine  eigne  Marderfalle  oder  besser  Mardergrube,  die  bereits 
mehreremal  ihre  Dienste  gethan ,  fand  ich  auf  dem  Hofe  meines 
Freundes,  des  Gutsbesitzers  Brockmeier  zu  Schönemark  bei  Detmold. 
Dort  befindet  sich  in  einem  Nebengebäude  ein  3  m  tiefer,  ebenso 
langer  und  breiter,  mit  Cement  glatt  verputzter  Behälter  am  Boden, 
in  welchen  man  im  Herbst  das  Laub  vom  Gemüse  ein  preßt,  um  es 
im  Laufe  des  Winters  zum  Füttern  zu  verwenden.  Da  der  Be¬ 
hälter  den  größten  Teil  des  Jahres  hiudurch  leer  steht,  so  ist  schon 
mehreremal  ein  Hausmarder  hineingeraten,  der  sich  dann  wohl  oder 
übel  gefangen  geben  mußte,  weil  er  an  den  glatten  Wänden  nicht 
empor  zu  glimmen  vermochte. 

Wie  alle  Mustelinen,  verteidigt  auch  der  Steinmarder  oft  in 

wahrhaft  tollkühner  Weise  seine  Jungen.  Auf  den  mit  Brennholz 

und  altem  Gerümpel  versehenen  Hausboden  des  Pastorats  der  in 

der  Nähe  des  Waldes  liegenden  Stadt  Horn  hatte  ein  Hausmarder 

seine  Jungen  geworfen.  Eines  Tages  begab  sich  das  Dienstmädchen, 

um  Holz  zu  holen  auf  den  Boden,  kam  aber  bald  bleich  vor  Schrecken 

wieder  herunter  und  erklärte,  sie  gehe  nicht  wieder  herauf,  denn 

es  sei  ihr  aus  dem  Holzhaufen  ein  schwarzes  Tier  wütend  und 

fauchend  entgegengesprungen.  Jetzt  stieg  der  Pastor,  staunend  ob 

solcher  Botschaft,  mit  einem  mächtigen  Knittel  bewaffnet,  selbst  die 
•  ** 

Treppe  hinauf.  Kaum  tauchte  sein  Haupt  über  der  Öffnung  des 

Bodens  empor,  als  auch  die  Mardermutter  schon  wieder  erschien 
und  laut  schäckernd  den  Holzhaufen  umsprang.  Durch  ein  paar 
wuchtige  Schläge,  die  den  Beschuß  des  Bodens  erzittern  machten, 
verschwand  sie  bald  hinter  dem  Holze.  Als  der  in  der  Nähe  wohnende 
städtische  Kuhhirt,  derselbe  welcher,  wie  ich  schon  beim  Edelmarder 
bemerkte,  einst  im  Walde  mit  diesem  zusammentraf  und  dabei  bei¬ 
nahe  seinen  Hund  erschlug,  die  grausige  Mähr  vernahm,  eilte  er 
ohne  Verzug  mit  seinem  Phylax  zur  Stelle.  Kaum  hatte  der  Hirt 


245 


mit  seinem  Hunde  den  Boden  betreten,  als  beide  Alte  erschienen. 
Das  Weibchen,  welches  kühn  sein  Lebeu  für  die  heißgeliebten  Jungen 
in  die  Schanze  schlug,  wurde  bald  von  den  Zähnen  des  wütenden 
Hirtenhundes  zermalmt.  Das  Männchen  aber  trat  vorsichtiger  Weise 
den  Rückzug  an  und  verschwand  unter  dem  Dache. 

Die  jungen  Steinmarder  lassen  sich,  wie  die  jungen  Edelmarder, 
leicht  zähmen  und  bereiten  ihrem  Pfleger  durch  ihr  bewegliches, 
muuteres  Wesen  viele  Freude.  Mit  Leichtigkeit  steigen  sie  an  Tischen 
und  Stühlen  empor,  suchen  sich  gern  ein  weiches  Plätzchen  zur 
Lagerstätte,  spielen  miteinander  und  balgen  sich  oft  auf  wahrhaft 
erheiternde  Weise.  Besonders  interessant  ist  ihr  Gesichtsausdruck, 
wenn  man  ihnen  bei  ihren  Spielen  plötzlich  einen  toten  Vogel  reicht. 
Wie  hoch  sie  da  das  Köpfchen  heben,  wie  sie  die  Ohren  spitzen 
und  mit  lüsternen  Augen  umherblicken !  Bald  stürzen  sie  mit  Gier 
und  Wut  über  die  Beute  her,  zerren  sie  bald  rechts,  bald  links  und 
verzehren  sie  mit  seligem  Behagen.  Ihnen  lebende  Vögel  zu  reichen, 
halte  ich  nicht  für  ratsam,  weil  später  ihre  Raub-  und  Mordlust 
ohnehin  genug  zum  Durchbruch  kommt. 

In  unserem  Lipperlande  ist  der  Hausmarder  noch  immer  häufig 
auzutreffen  und  es  gibt  Ortschaften,  in  denen  alle  Winter  4 — 6  Stück 
erbeutet  werden ;  selten  jedoch  findet  man  einen  Ort,  in  dem  er  sich 
nicht  alle  Jahr  mehreremal  auf  ärgerliche  Weise  bemerklich  machte. 


Zoo-Biologisches  aus  Paris. 

✓ 

Von  Ernst  Priedel  in  Berlin. 

(Fortsetzung-.) 

II.  Im  Jardin  des  Plante s. 

Der  Pflanzengarten  von  Paris,  mit  30  ha.  Fläche  zwischen  dem  linken 
Seine-Ufer,  der  Cuvier-,  Geoffroy  St.  Hilaire-  und  Buffon-Straße  unvergrößerbar 
angelegt,  bietet  mit  seinem  vielseitigen  Inhalt,  dem  Pflanzengarten  im  engeren 
Sinne,  der  Sammlung  lebender  Tiere,  den  Museen  der  Anatomie,  Zoologie,  Bo¬ 
tanik,  Mineralogie  und  Geologie,  einen  Beleg  für  die  unübertrefflich  geschickte 
Terrain-Ausnutzung,  die  eine  Eigentümlichkeit  der  Franzosen  ist  und  die  ge¬ 
waltig  absticht  gegen  die  Raum  Verschwendung,  welche  für  ähnliche  Institute 
in  London,  Amsterdam,  Berlin  beliebt  wird. 

Diese  Enge  der  Verhältnisse  bringt  es  mit  sich,  daß  die  Anordnung  der 
Tiersammlung,  seitdem  die  Tiere  aus  den  bis  dahin  königlichen  Menagerien 
von  Raincy  und  Versailles  hierher  im  Jahre  1793  versetzt  worden  waren,  im 
großen  und  ganzen  keinen. sehr  großen  Veränderungen  hat  unterworfen  werden 
können.  Hiermit  hängt  es  auch  zusammen,  wenn  die  Tiersammlung  nicht  viel 


246 


mehr  als  eine  Menagerie  ist  und  wenn  man  die  fast  zu  populäre  Einteilung 
der  Tiere  in  »reißende«,  »friedliche«  und  »große  Tiere«,  die  freilich  einen  ge¬ 
wissen  biologischen  Wert  besitzt,  geglaubt  hat,  beibehalten  zu  sollen. 

Andrerseits  hat  der  unentgeltliche  und  fast  unbeschränkte  Besuch  des 
Gartens  und  seine  Lage  in  einem  mehr  ärmlichen,  kinderreichen  Arbeiter¬ 
quartier  dazu  beigetragen,  ihn  zu  einer  dankenswerten  Quelle  der  Belehrung 
und  des  Vergnügens  für  die  große  Volksmenge  zu  machen.  Ich  möchte  von 
daher  zum  Teil  den  Umstand  ableiten,  daß  die  Pariser  im  ganzen  tierlieb  sind 
und  Tierschindereien  in  dem  Seine-Babel  weniger  als  in  anderen  Großstädten 
in  die  Augen  fallen. 

Unter  Buffons  Nachfolger,  dem  naturbegeisterten  Bernardin  de  St. 
Pierre,  dem  Dichter  von  Paul  und  Virginie,  erhielt  der  Garten  den  tiefbe¬ 
deutsamen  Namen  » Museum  d'histoire  naturelle «,  den  er  amtlich  noch  jetzt 
führt  und  der  von  den  nichtfranzösischen  Naturforschern  mitunter  nicht  in 
seinem  richtigen  Verstände  aufgefaßt  worden  ist.  Erst  seit  wenigen  Jahrzehnten 
ahmt  man  in  Deutschland  das  nach,  was  in  Paris  seit  fast  einem  Jahrhundert 
besteht,  die  Verbindung  einer  Sammlung  lebender  Tiere  mit  den  zoologischen 
Museen  und  den  Lehrstühlen  für  allgemeine  und  specielle  Zoologie,  Physiologie, 
Biologie,  vergleichende  Anatomie.  Seitdem  während  der  letzten  Jahrzehnte  in 
Deutschland  die  zoologischen  Institute  eingerichtet  oder  neu  organisiert 
sind,  beispielsweise  die  zoologischen  Institute  der  Universitäten  zu  Leipzig  und 
Halle  durch  die  vortrefflichen  Altmeister  Leuckart  und  Julius  Kühn, 
nachgeahmt  beim  neuen  zoologischen  Museum  der  Landwirtschaftlichen  Hoch¬ 
schule  zu  Berlin  durch  Professor  Ne  bring  und  bei  dem  im  Jahre  1889  ein- 
geweihten,  mit  dem  Museum  für  Naturkunde  verbundenen,  durch  Professor 
Eilhard  Schulze  in  Berlin  eingerichteten  zoologischen  Institut  der  Uni¬ 
versität  Berlin,  hat  man  sich  nicht  mehr  mit  der  Haltung  der  traditionellen 
wenigen  Versuchs-  und  Marter-Tiere  als  Hund,  Kaninchen,  Meerschweinchen 
und  Frosch  begnügt,  sondern  mit  diesen  wissenschaftlichen  Neuschöpfungen 
kleinere  oder  größere  Sammlungen  lebender  Tiere  für  die  verschiedensten 
Zwecke,  Anatomie,  Entwicklungslehre,  Rassenkreuzung,  Eingewöhnung  ange¬ 
legt,  die,  wie  bei  dem  vortrefflichen  Institut  zu  Halle,  teilweise  bereits  den 
Charakter  eigentlicher  zoologischer  oder  Acclimatisations-Gärten  gewonnen 
haben. 

So  begreift  denn  die  französische  Akademie  der  Wissenschaften  unter 
einem  Museum  der  Naturgeschichte,  unter  dem  Titel  der  Tierkunde,  mit 
vollstem  Recht  auch  eine  Sammlung  lebender  Tiere.  Nur  wenn  man  dies 
beherzigt,  kommt  man  zu  einer  richtigen  Auffassung  der  Tiersammlung  des 
Jardin  des  Plantes  und  begreift,  warum  die  gelehrte  Verwaltung  an  der  in¬ 
nigen,  auch  räumlichen  Verbindung  der  Menagerie  mit  den  übrigen  zoolo- 
logischen  Instituten  festhält,  eine  Vergrößerung  der  Menagerie  im  Sinne  der 
englischen,  deutschen  und  niederländischen  zoologischen  Gärten  verschmäht 
und  viele  der  Aufgaben,  welche  letztere  sich  zu  stellen  haben,  dem  unter 
Kapitel  III  zu  besprechenden  Acclimatationsgarten  zuweist. 

Diesen  in  den  Vordergrund  tretenden  wissenschaftlichen  Aufgaben  gegen¬ 
über  muß  daher  der  gerechte  und  verständige  Beurteiler  manches  in  den  Kauf 
nehmen,  was  er  in  den  eigentlichen  zoologischen  Gärten  besser  und  anspre¬ 
chender  als  im  Jardin  des  Plantes  angelegt  und  ausgeführt  findet.  Er  wird  die 


247 


Größe  der  Käfige  und  Gebauer,  das  Aussehen  derselben  und  der  Umgitterung, 
die  Teiche  und  sonstige  Wasserbehälter  gegen  das,  was  Hamburg,  Berlin, 
Frankfurt  am  Main,  Köln  bieten,  zurückstehend  finden.  Er  wird  Gemsenfelsen 
und  Aquariengrotten,  Affenhäuser  mit  nachgeahmten  tropischen  Landschaften, 
phantastisch  stilisierte  Dickhäuterhäuser  u.  dgl.  vermissen,  aber  er  wird  die 
große  Ordnung  und  Reinlichkeit,  die  gute  Verwaltung,  die  sich  trotz  der 
nahen  Zusammenpferchung  so  vieler  Hunderte  von  Tieren,  einer  geringen 
Sterblichkeit,  sowie  einer  starken  Selbstvermehrung  der  Tiere,  rühmen  kann, 
anerkennen  und  zugeben  müssen,  daß  mit  geringen  Mitteln  auf  kärglich  zuge¬ 
messenem  Raume  das  Mögliche  geleistet  ist. 

Eine  Wanderung  vom  Eingang  an  der  Rue  Cuvier,  Ecke  des  Quai  St.  Bernard, 
führt  uns  die  Haupttypen  in  der  nachfolgenden  bunten  Reihe  vor.  Links  Per¬ 
sische  Hirsche  ( Cervus  Maral),  in  der  Menagerie  —  so  bezeichnet  die 
Tiersammlung  sich  selbst  amtlich  —  geboren,  ein  stattlicher  männlicher  Hirsch 
mit  großem,  aber  auffallend  sprossenarmem  Geweih,  die  Hirschkühe  gefleckt, 
2  Junge  dabei.  —  Mehrere  Beisa-A  ntil  op  en  ( Oryx  heisa).  —  Zwei 
Stachelschwein-Arten:  Hystrix  longicauda  von  Siam  und  unserm  eu- 
europäischen  (italienischen)  Stachelschwein  äußerlich  nicht  unähnlich,  Hystrix 
cristata  von  Cochinchina.  Als  Wetterverächter,  dem  Schnee  und  Hagel  so 
gleichgültig  wie  Platzregen  ist,  im  naßkalten  Nebel  ruhig  herumspazierend, 
der  unverwüstliche  neuholländische  Kasuar,  der  Emu,  Dromaeus  Novae-Hollan- 
diae,  alle  Neckereien  der  Gamins  mit  unglaublicher  Gleichgültigkeit  hinnehmend. 
Kleinere  Bauer  mit  Elstern  i^Pica  caudata),  Alp  endo  h  len  (Pyrrhocorax 
alpina ),  der  Uhu,  ( grand-duc ,  Strix  huljo)  von  den  Pyrenäen,  der  Baumkauz 
(Strix  aluco),  der  Sch  leie  rkauz  ( Strix  flammen),  der  Rabe  ( Corvus  corax). 

Rechts  vom  Eingang  Bastarde,  in  der  Menagerie  erzeugt  vom  weiblichen 
Silberfasan  ( Huplocomus  nycthemerus)  und  männlichen  Halsbandfasan 
(Phasianus  torguatus).  Die  Silberfasanen  sind  ebenfalls  im  Garten  ge¬ 
boren.  Rechts  hinter  der  Birnbaum-Schule  liegt  das  Reptilienhaus.  Dies  ist 
unbequem  für  die  große  Menge  eingerichtet,  da  man  sich  an  die  ziemlich 
kleinen  Glasfenster  herandrängen  muß,  um  dann  gewöhnlich  nur  die  Flanell¬ 
decken  und  Wattpolster  zu  sehen,  in  denen  die  Kriechtiere  sich  meist  versteckt 
halten.  Bei  einem  Besuch  bekam  ich  überhaupt  nichts,  bei  einem  andern  nur 
den  stattlichen  Kamm  eines  Leguan  zu  sehen  und  ein  Stück  von  einer  Boa. 
Namen  anzubringen  hat  man  sich  nicht  gemüßigt  gesehen.  Das  wohlgeordnete 
Innere  ist  nur  mit  besonderer  Erlaubnis  zugänglich.  Zur  Fütterung  wurden 
außer  Mäusen  vorzugsweise  Kaninchen  und  Meerschweinchen,  bei  den  größeren 
Schlangen,  verwendet. 

Herrn  Prof.  A.  Milne-Edwards  ist  es  gelungen  —  was  ich  in  Ergänzung 
meines  Aufsatzes  »Zur  Familien-  und  Lebensgeschichte  des  Meerschweinchens«, 
Band  XXX  d.  Z.,  Seite  97  flg.  bemerke,  —  das  Meerschweinchen  ein¬ 
farbig  bräunlich,  also  in  der  Färbung  des  Cavia  Cutlcri  oder  Cavia  aperea, 
der  wilden  Form,  in  mehreren  Folgen  zu  züchten. 

W  eiter  links  die  »faisanderie«,  Phasanen  - Hennen  mit  Jungen,  Enten, 
Gänse  und  Möwen,  ferner  der  Inambu  ( Bhynchotus  rufescens) ,  zur  Sippe 
der  Großsteißhühner  gehörig,  aus  Brasilien  und  der  Cynomys  ludovicianns  von 
Nord-Amerika,  der  an  unser  Erdziesel  erinnernde  Pr  ai  rieh  und.  Weiter 
rechts  ein  eiförmiges  kleines  Wasserbecken,  von  vier  noch  winzigeren  kreisrunden 


248 


flankiert,  mit  Schildkröten  und  Krokodilen  reichlich  ausgestattet.  Ich 
notierte  *)  die  in  Südamerika  so  weit  verbreitete  Landschildkröte,  den  Köhler, 
Testudo  carbonaria ,  dann  Emys  Thurjii ,  eine  Bereicherung  aus  den  indo-chi¬ 
nesischen  Besitzungen  Frankreichs,  den  Schabuti  oder  die  Waldschild¬ 
kröte  ( Testudo  tdbulata),  aus  Brasilien ,  die  riesige  Elefanten-Schild- 
kröte  ( Testudo  elephantina )  in  2  Exemplaren.  Die  Alligatoren,  unter 
denen  ich  Champsa  Lucius  erkannte,  befinden  sich  während  der  guten  Jahreszeit 
vollkommen  im  Freien  und  rekelten  sich  behaglich  in  der  warmen  Sonne. 

Links  ein  Pfauen  -  Geh  e  g  e. 

Von  nun  ab  beginnt  die  innere  Menagerie,  welche,  abgeschlossen,  erst 
nach  11  Uhr  vormittags  geöffnet  wird. 

Hier  begrüßt  uns  zunächst  rechts  ein  Trupp  Jungfern-Kraniche 
(Anthropoides  virgo).  Es  folgt  die  Vorderseite  der  großen,  aus  einem  Vollkreis 
und  einem  daran  gefügten  Halbkreis  bestehenden  großen  Bauer-Voliere.  Darin 
eine  überaus  bunt  gemischte  Gesellschaft.  Der  Jab  e au  ( Mycteria  australis ), 
ein  stattlicher  Storch  aus  Australien  ;  der  noch  immer  so  seltene  und  so  überaus 
scheue  Leierschwanz  ( Menura  superba )  von  Neuholland  ;  der  Hel  mkasua  r 
( Casuarius  galeatus ),  welcher  die  vage  und  meines  Bedünkens  unrichtige  Be¬ 
zeichnung  »Indien«  trug,  da  die  Tiere  doch  wohl  nur  in  Neu-Pommern,  Neu- 
Guinea  und  Ceram  (A.  Brehm  meint  sogar  nur  auf  letzterer  Insel)  beobachtet 
sind.  Es  scheint,  daß  die  stattlichen  Vögel  überhaupt  und  auch  in  den  zoo¬ 
logischen  Gärten  seltener  werden,  obgleich  sie  sich  z.  B.  in  dem  Londoner 
Garten  unschwer  fortgepflanzt  haben.  Im  Berliner  Garten  fehlt  der  Helmkasuar 
seit  längerer  Zeit.  Von  Hokko-Hühnern  ( Hocco  Alector )  und  aus  Kolumbien 
Hocco  Albertisi.  Von  Kuba  die  zierlich  blauköpfige  Starnoenas  cyanocephalus. 
Das  Haub  en-Perlhuhn  ( Numida  Tücher ani)  von  Zanzibar.  Der  zur  Silber¬ 
fasan-Gruppe  zählende  seltene  Euplocomus  praelatus  von  Cochinchina.  Der 
graue  Pelikan  ( Pelecanus  patagiatus\  der  Singschwan  ( Cygnus  ferus ) 
von  Lappland  und  verschiedene  Silber-Möwen  ( Larus  argentatus ),  von 
denen  eine  durch  zierliche  trippelnde  Sprünge,  die  mich  an  den  englischen 
Matrosentanz  » sailors  boy«  erinnerten,  Stückchen  Brot  mit  Erfolg  erbettelte. 
Ferner  war  hier  eine  wildkreischende  Gesellschaft  von  Sittichen,  Papa¬ 
geien  und  Aras,  darunter  der  blaurote  stattliche  Arcanga,  ( Arara  Macao). 

Rechts  folgt  ein  Trupp  widerlich  grindig  aussehender,  dabei  sich  unge¬ 
mein  würdevoll  gebender  Marabu-Störche  ( Leptoptilus  crumenifer), 

Links  Raubvögel:  Der  Zwergadler  ( Nisaetus  pennatus )  von  Konstan¬ 
tinopel;  Neophron  percnopterus,  ein  Geier  aus  den  Pyrenäen;  der  bengalische 
Uhu  (Bubo  bengalensis)\  der  seltenere  Geranoaetus  melanoleucus  aus 
Süd-Amerika;  Aguila  Verreauxii  vom  Kap  der  Guten  Hoffnung;  der  Geier¬ 
bussard  Chimango  (Milvago  chimachima )  und  der  Geierfalke  Caracara, 
(Polyborus  Tharus )  von  Süd- Amerika;  der  seltene  Pseudogyps  bengalensis  von 
Cochinchina;  der  Steinadler  (Aguila  fulva),  der  Kondor  ( Sarcorhamphus 
gryphus)\  von  Seeadlern  Haliaetus  leucoryphus  angeblich  von  »Amboina«, 
sonst  aus  den  Steppen  beim  Oxus  und  Jaxartes  bekannt,  und  Haliaetus 
vociferoides  von  Madagascar;  der  Königsgeier  (Gyparchus  Papa)  von  Süd- 

*)  Hierbei  kann  ich  namentlich  im  Interesse  des  belehrungsuchenden  Pulikums  nicht 
genug  bedauern,  dass  kein  „Führer“  oder  ein  Tierverzeichnis  der  Menagerie  im  Pflanzen- 
Garten  feil  gehalten  wird. 


249 


Amerika  und  Vultur  Arrianus ,  der  Mönchs-  oder  Kuttengeier,  Europas  größter 
Yogel. 

Weiter  rechts  ein  Sortiment  Kakadu.  Ebenfalls  rechts  der  Schweins¬ 
hirsch  (Cervus  porcinus),  Indien;  das  gemeine  Reh  ( Cervus  capreolus) ;  das 
Sunda-Rind  ( Bos  sundaicus ) ;  der  Wasser -  Büffel  ( Bos  bubalus ) ;  der 
Dauw  ( Hippotigris  Burchellii).  — An  Raubvögeln  der  Sekretär  [Gypogeranus 
serpentarius). 

Links  das  Re  n  tier  (Cervus  tarandus ),  der  Sambur,  Säumer  oder  Ar  isto- 
teles-Hirsch  ( Russa  Aristo  teils)  und  der  Wapiti  ( Cervus  canadensis).  Zu 
eng  eingepfercht  die  Streifenhyäne  ( Hyaena  striata).  An  Raubvögeln  der 
weißköpfige  Seeadler  ( Haliaetus  leucoceplialus) ;  der  Gänsegeier 
[Gyps  fulvus),  sowie  der  lebend  nur  rar  in  Europa  zu  sehende  Ohren-Geier 
( Vidtur  auricularius) . 

Weiter  rechts,  in  der  Menagerie  geboren,  die  Koban-Antilop  e  ( Kobus 
unctuosus )  vom  Senegal;  von  Känguru  bemerkte  ich  hier  nur  das  große 
Känguru  ( Macropus  giganteus).  Der  Krabbenfresser  ( Procyon  cancri. 
vorus )  von  Süd-Amerika;  der  kleine  und  schmächtige  Cha  ma-Fuchs,  (Vulpes 
Chama)\  der  Nil  fuchs  ( Vulpes  niloticus )  von  Tunis,  der  Himalaya-Fuchs 
(  Vulpes  himalaica ) ;  der  nordamerikanische  Fuchs  ( Vulpes  velox) ;  der 
unaufhörlich  mit  dem  Kopf  wiegende  kapische  Honig  dach  s,  Mellivora  ca- 
pensis ,  Ratei  du  Cap  ;  endlich  das  seltsamste  und  ungewöhnlichste  Tier  der 
ganzen  Menagerie,  der  Beutel-Wolf  ( Thylacinus  cynocepJialus),  das  größte 
fleischfressende  Beuteltier.  Das  Tier  verrät  seine  nächtliche  Lebensweise  durch 
auffallend  große  Augen,  trieb  sich  übrigens  die  beiden  Male,  wo  ich  es  be¬ 
obachtete,  ganz  munter  im  Sonnenschein  herum.  Der  Kopf  zwischen  Hund  und  Fuchs, 
die  zebraartige  Rückenstreifung,  der  vom  Hinterteil  stark  abgesetzte  ratten¬ 
artige  Schwanz  lassen  sich  mit  nichts  vergleichen  und  machen  den  Eindruck, 
als  sei  das  Tier  aus  verschiedenen  Arten  gewissermaßen  zusammengestellt. 

Nahe  am  St.  Bernards  Quai  beginnt  die  Raubtier-Gallerie:  braune 
Bären  ( Ursus  arctos )  von  der  Wallachei;  der  sog.  tibetanische  Bär 
( TJrsus  tibetanus)  aus  Tonkin ;  der  sog.  Malayen-Bär  ( Ursus  malayanus ) 
aus  Cochinchina;  die  gefleckte  Hyäne  ( Hyaena  crocuta)-,  die  braune 
Hyäne  ( Hyaena  brunnea)\  der  Ozelot  [Leopardus  pardalis)  von  Panama, 
Geparden  ( Cynailurus  jubatus);  persische  und  abessinische  Löwen 
[Felis  leo );  Tiger  [Felis  tigris )  von  Kambodscha;  desgl.  von  Cochinchina 
Panther  [Leopardus  Panthera)  ebendaher;  der  Baribal  [Ursus  americanus ) 
aus  Nordamerika. 

Gegenüber  die  Gehege  seltener  Antilopen  und  Hirsche,  z.  B.  das  Nylgau 
[Portax  pnctus) ;  der  chinesische  Cervus  davidianus-,  das  Gnu  oder  Wildeb  eest 
[Catoblepas  Gnu)-,  der  mexikanische  Hirsch  [Cervus  mexicanus);  das 
Gorgon-Gnu  [Catoblepas  Gorgon).  —  Ein  Gehege  birgt  amerikanische 
Büffel  [Bison  americanus) ;  ein  anderes  Kambodscha-Rinder,  boeufs 
des  Stiengs  du  Combodja,  bezeichnet. 

Das  stets  umlagerte,  sehr  geräumige,  nach  älterer  Art  eingerichtete 
Affenhaus  bietet  im  Zusammenleben  ein  munteres  Durcheinander  gewöhn¬ 
licher  und  seltener  Tiere.  Aufgefallen  sind  mir  u.  a. :  Der  Babuin  [Papio 
Babuin);  der  M a n  d  r  i  1  [Mormon  Maimon) ;  der  Dril  [Mornion  leucophaeus)]  der 
Hutaffe  [Macacus  sinicus )  von  Malabar.  Der  hier  ebenfalls  vorhandene 


250 


Makak  ( Macacus  cynomolgus )  von  Formosa  erinnert  mich  daran,  wie  die 
Mannschaft  des  preußischen  Transportschiffes  Elbe,  zu  dem  preußischen  Ge¬ 
schwader  gehörig,  welches  die  ersten  Handelsverträge  Preußens  mit  Japan, 
China  und  Siam  abschloß,  gerade  wegen  dieser  Tiere  in  große  Gefahr  kam. 
Die  Mannschaft  des  Segelschiffs  »Elbe«,  welches  am  10.  November  1860  an 
der  im  Besitz  der  Ureinwohner  befindlichen  Südwestküste  vor  Anker  gegangen 
war,  um  Schutz  vor  Unwetter  zu  suchen,  wurde  durch  das  Erscheinen  großer 
Affen,  die  kleinen  Bären  ähnlich  sahen,  verlockt,  zum  Teil  an  Land  zu  gehen, 
um  zu  jagen.  Mein  Bruder,  Dr.  Carl  Friedei,  welcher  als  Marine-Stabsarzt  die 
Expedition  mitmachte  und  bemüht  war,  für  mich  allerhand  zoologische  Gegen¬ 
stände  zu  sammeln,  trennte  sich,  um  sich  an  die  Makaks  heranzuschleichen, 
von  seinen  Kameraden  und  war  nicht  wenig  erstaunt,  als  gerade  vor  ihm 
plötzlich  ein  Schuß  fiel.  Zwei  weitere  Schüsse  und  das  Pfeifen  der  Kugeln  be¬ 
lehrten  ihn,  daß  die  räuberischen  Wilden  der  Gegend  auf  ihn  Jagd  zu  machen 
begannen.  Er  lief  daher  nach  dem  Landungsboot  zurück;  noch  bevor  er  dort 
anlangte,  wurde  von  allen  Seiten  auf  die  Gelandeten  gefeuert  und  versucht, 
ihnen  den  Weg  von  der  Jolle  abzuschneiden.  Dies  wäre  auch  gelungen,  wenn 
nicht  die  auf  der  Elbe  zurückgebliebene  Mannschaft,  die  Gefahr  bemerkend, 
zu  schießen  angefangen  hätte.  Das  Ergebnis  der  Affenjagd  war,  daß  auf  preu¬ 
ßischer  Seite  einem  Kadetten  das  Seitengewehr  vom  Leibe  geschossen  wurde 
und  daß  auf  formosanischer  Seite  der  Anführer  der  Wilden  und  einige  seiner 
Leute,  sowie  ein  großer  gelber  Hund  durch  Zündnadelsalven  ihr  Leben  ein¬ 
büßten,  während  die  eigentliche  Jagdbeute,  die  Makaken,  ungefährdet  davon 
kamen.  *) 

An  Meerkatzen  bemerkte  ich  den  Mo  h  r  e  n  aff en  ( Cercocebus  fuliginosus ),  an 
Halbaffen  den  Mongoz  ( Lemur  nigrifrons )  und  den  Lemur  cilbi fr ons,  beide  von 
Madagaskar. 

Weiterhin  folgen  Axishirsche  {Cer vus  Axis)]  zierliche  Waldböcke, 
{Tragelaphus  gratus);  Kap-Büffel  {Bubalus  Caffer)  und  Bastarde  vom  männ¬ 
lichen  Kulan,  {Equus  Hemionus )  mit  Pferdestute  ( hybride  de  Hemione  mal  et 
de  jument  de  Tarbes )  mit  braunen  Rückenstreifen.  Die  »großen  Tiere«,  als 
Kamele,  afrikanischer  Elefant,  Giraffen  und  zweihörniges 
Nashorn  ( Rhinoceros  bicornis)  sind  sehr  einfach  untergebracht.  Die  Bären¬ 
graben,  fosses  aux  ours,  waren,  wie  gewöhnlich,  von  Neugierigen  umlagert. 

Ein  Becken  nahe  der  Orangerie  enthält  Seelöwen  ( Otaria  californiana 
von  der  Insel  Sta.  Barbara. 

Einen  bleibenden  Eindruck  hinterläßt  die  große  und  prächtige  Freiland- 
Voliere  für  Ibis,  Flamingo  und  überhaupt  seltene  Stelz-,  Wat-  und 
Schwimmvögel.  Dieselbe  ist  höchst  natürlich  dargestellt  und  die  Umgitterung 
oben  wie  an  den  Seiten  so  durchsichtig,  daß  man  sie  kaum  bemerkt. 

Alles  in  allem  braucht  also  die  Menagerie  des  naturgeschichtlichen 
Museums  mit  den  größeren  eigentlichen  zoologischen  Gärten  nach  der  Seite 
des  Arten-Reichtums  den  Vergleich  nicht  zu  scheuen. 

Die  Sammlungen  der  vergleichenden  Anatomie  befinden  sich  noch  immer 
in  den  engen,  ziemlich  finsteren  Räumen  und  in  den  kärglich  verglasten,  da- 

*)  Vgl.  Ernst  Frie del :  Die  Gründung  preußisch-deutscher  Kolonien  im  Indischen  und 
Großen  Ocean  mit  besonderer  Rücksicht  auf  das  östliche  Asien.  Berlin,  18(57.  S.  20  flg. 


251 


gegen  mit  übermäßig  breiten  Holzrahmen  ausgestatteten  Schränken,  wie  ich 
sie  im  Jahr  1860  zum  ersten  Male  sah,  in  ihrer  unzweckmäßigen  Aufstellung 
allenfalls  noch  übertroffen  durch  das  k.  k.  Hofmuseum  in  der  Burg  zu  Wien, 
vor  dem  1889  eingeweihten  Prachtbau  am  Ring.  Dagegen  ist  das  neue  zoo¬ 
logische  Museum  an  der  Geoffroy  St.  Hilaire-Straße  nach  allen  Anforderungen 
der  Neuzeit  eiugerichtet. 

Die  berühmte,  1783  von  Jussieu  dem  Älter n  gepflanzte  Libanon  - 
Ceder  in  der  Nähe  der  aussichtreichen  Gloriette  hat  sich  prächtig  wiedererholt. 
Das  in  ihrer  Nähe  befindliche  Grab  Daubentons  (f  1799)  besucht  jeder 
Naturforscher  andächtig.  (Schluß  folgt.) 

Erklärung. 


Aus  der  Auslassung  des  Herrn  Oberförster  Ad.  Müller  in  Heft  6  dieses 
Jahrgangs,  Seite  188,  Zeile  8—19,  könnte  geschlossen  werden,  daß  ich  die 
Äußerungen  und  Beschlüsse  der  Ornithologen- Versammlung  zu  Münster 
nach  eigenem  Gutdünken  in  der  Neuen  deutschen  Jagdzeitung  wiedergegeben 
hätte.  Daß  ich  dabei  genau  sachlich  verfahren  bin  und  kein  Wort  entstellt 
habe,  daß  also  die  Bezeichnung  »klassisches  Jägerlatein«  wirklich  in  der  Ver¬ 
sammlung  angenommen  wurde,  wird  sowohl  durch  die  hierbei  folgenden  Un¬ 
terschriften  des  Vorsitzenden  jener  Versammlung,  Herrn  Professor  Dr.  H.  Landois, 
und  des  ersten  Schriftführers  derselben,  Herrn  Dr.  Fr.  Westhoff,  bestätigt,  wie 
auch  durch  den  über  diese  Versammlung  erstatteten  Bericht  im  »Jahresbericht 
der  zoologischen  Sektion  für  Westfalen  und  Lippe«  für  1889 — 90,  Seite  9. 

Ernst  Hartert.  Dr.  Fr.  WesthofF. 

Prof.  Dr.  Landois. 


Korrespondenzen. 


Suchumkale,  1/13.  Juli  1890. 

Heute  am  1/13.  Juli  kam  auf  das  Schiff  »Alexander  II.«,  welches  von 
Jalta  nach  Suchumkale  ging,  als  dasselbe  etwa  15  Werft  (=  2  Meilen)  vom 
Ufer  entfernt  war,  ein  Wiedehopf  und  wurde  vergeblich  hiu- und  hergejagt, 
ohne  gefangen  werden  zu  können.  Nach  etwa  einer  Stunde  flog  er  dann  wieder 
dem  Lande  zu,  welches  nach  des  Kapitäns  Aussage  immer  noch  l1/*  Meilen 
entfernt  war.  C.  Greve. 

Schloß  Mellendorf,  1.  August  1890. 

Der  Mai  1890  brachte  die  früher  so  häufigen,  seit  3  Jahren  gänzlich 
ausgebliebenen  Nachtigallen  wieder  in  den  Mellendorfer  Schloßgarten,  wo 
8  Paare  nisteten.  Als  Kuriosum  sei  erwähnt,  daß  eine  noch  am  17ten  Juli  schlug. 

Auch  die  Singdrossel,  Turdus  musicus,  die  in  letzten  Jahren  selten 
war,  zeigte  sich  häufiger.  Das  grünfüßige  R o h r h u h n  ,  Fulica  chlor opus, 
wurde  auf  einigen  Teichen  nistend  beobachtet. 

Georg,  Prinz  zu  Carolath-Schoenaich. 


252 


Raun  beim,  2.  August  1890. 

Ein  kleiner  Baukünstler.  Ende  Juni  des  Jahres  1888  führte  mich 
die  Insektenjagd,  der  ich  um  diese  Zeit  eifrig  oblag,  in  einen  Weinberg  hei 
Bensheim,  um  die  Verheerungen  des  Springwunn- Wicklers  (Tortrix  püleriana) 
kennen  zu  lernen,  als  mich  plötzlich  eine  kleine  Biene  umschwirrte,  in  welcher 
ich  den  gemeinen  Blattschneider  ( Megachile  centuncularis )  erkannte.  Es 
ist  das  eine  zu  der  Sippe  der  Bauchsammler  gehörige  Imme,  bei  denen  die 
Weibchen  den  Blütenstaub  zur  Futterbereitung  mit  den  am  Bauche  stehenden 
borstigen  und  nach  hinten  gerichteten  Haaren  eintragen.  Die  Gattung  der 
Blattschneider  oder  Tapezierbienen  zeichnet  sich  durch  die  große  Kunstfer¬ 
tigkeit  aus,  die  sie  beim  Bilden  von  Nestern  und  Wohnungen  bekunden, 
wobei  ihnen  Blattstücke  verschiedener  Pflanzen,  besonders  des  Rosenstocks  als 
Baumaterial  dienen. 

Der  kleine  Baukünstler  schien  mich  ordentlich  zu  verfolgen,  sodaß  ich 
glauben  konnte,  meine  Anwesenheit  sei  ihm  mißliebig.  Ich  verlegte  mich 
daher  aufs  Suchen  und  fand  auch  nach  einiger  Zeit  an  einem  den  Wingert  ab¬ 
grenzenden  Eichenraidel  den  Anfang  seines  Hausbaues.  Zwischen  dem  Holze 
und  einem  angelegten  Rebenzweige  waren  bereits  zwei  ovale  Rosenblatt¬ 
stückchen  so  angelegt,  daß  sie  einen  fingerhutförmigen  Napf  bildeten.  Diese 
kleine  Tüte  lag  nur  an  zwei  Stellen  an  und  war  da  mit  einer  klebrigen 
Masse  gut  befestigt. 

Als  ich  noch  mit  der  Besichtigung  des  Baugrundrisses  beschäftigt  war, 
schleppte  der  kleine  Baumeister  ein  neues  Werkstück  herbei,  das  er  zusammen¬ 
gebogen  zwischen  den  Beinen  trug.  Auch  dieses,  wie  das  weiter  zur  Ver¬ 
wendung  gelangte  Baumaterial  bestand  aus  einem  Stück  eines  Rosenblattes. 
Die  Biene  schob  es,  auf  dem  Rande  der  Umfassungsmauer  des  neuen  Baues 
sitzend,  mit  den  Beinen  in  die  Höhlung  und  zwar  genau  an  die  Stelle,  wo 
durch  die  beiden  ersten  Blättchen  eine  Lücke  geblieben  war,  begab  sich  dann 
in  das  Innere  und  bog  und  drückte  so  lange,  bis  sich  auch  dieses  Blättchen 
vermöge  seiner  Elasticität  der  Rundung  genau  angepaßt  hatte.  Auf  diese 
Weise  wurden  an  jenem  Tage  noch  vier  andere  Blattstücke  eingefügt,  sodaß 
das  Ganze  nun  einen  fest  geschlossenen  Hohlraum  bildete. 

Diesen  kleinen  Fingerhut,  etwa  x/4  ebem  haltend,  füllte  die  Biene  inner¬ 
halb  dreier  Tage  über  die  Hälfte  mit  Honig  und  Blütenstaub  und  beschenkte 
dann  das  Nest  mit  einem  Ei.  Hierauf  wurde  am  nächsten  Tage  mit  dem 
Verschluß  begonnen.  Ich  hatte  an  einem  nahen  Feldrain  an  den  Blättern 
einer  Hundsrose  ( Rosa  canina)  die  Ausschnitte  gesehen,  wie  sie  die  Blatt¬ 
schneider  herstellen  und  vermutete,  daß  da  die  Biene  ihr  Baumaterial  hole. 
Und  richtig  sah  ich  sie  in  der  Richtung  nach  dem  Feldrain  ab-  und  zufliegen. 
Dort  traf  ich  sie  auch  an  und  konnte  genau  beobachten,  wie  sie  die  Blatt¬ 
stücke  ausschnitt.  Als  Werkzeug  gebrauchte  sie  die  Beine  und  die  Freß- 
werkzeuge.  Am  Rande  des  Blattes  auffliegend,  drehte  sie  sich  geschickt  im 
Kreise,  wie  mir  es  schien  um  den  Fuß  des  zweiten  rechten  oder  linken  Beines, 
und  schnitt  dabei  mit  den  Zangen  in  kaum  einer  Minute  ein  zierliches  Blatt¬ 
scheibchen  aus,  das  als  Deckel  verwendet  werden  konnte.  Solcher  Deckel 
wurden  sechs  über  einander  als  Verschluß  in  die  obere  leere  Öffnung  des  Nestes 
eingefügt.  Da  der  fingerhutartige  Brutraum  nach  oben  etwas  weiter  wurde, 


253 


so  mußten  die  nach  und  nach  zugetragenen  Deckel  immer  größer  werden, 
was  der  kleine  Künstler  bei  seiner  Arbeit  wohl  berücksichtigt  hatte. 

Ich  nahm  den  kleinen  künstlichen  Bau,  an  dem  die  Biene  nicht  weiter 
zu  bauen  schien,  nach  acht  Tagen  in  Verwahrung;  nach  weiteren  drei  Wochen 
entschlüpfte  demselben  eine  junge  Biene,  welche  beim  Verlassen  ihrer  Wiege 
die  oberen  Deckel  an  einer  Seite  in  die  Höhe  gedrückt  hatte.  Das  Innere  der 
Zelle  war  leer  und  nur  mit  einer  Larvenhaut  ausgekleidet.  Später  im  Jahre 
erzeugte  Generationen  haben  größere  Wiegen  und  verbringen  den  Winter  in 
ihrem  warmen  Stübchen,  das  sie  dann  sehr  zeitig  im  Frühjahre  verlassen. 
Im  vorigen  und  in  diesem  Jahre  habe  ich  Dutzende  von  solchen  Immen-Nestern 
gefunden,  niemals  aber  für  mehr  als  eine  Biene  eingerichtet  und  nie  in 
Hohlräumen  angelegt. 

Bei  der  Bauarbeit  des  Blattschneiders,  wobei  der  kleine  Künstler  so  viel 
Ordnungs-  und  Schönheitssinn  bekundet,  haben  wir  es  nicht  mit  einem  bloßen 
blinden  Bautrieb  zu  thun,  den  man  mit  dem  Namen  »Instinkt«  zu  bezeichnen 
gewohnt  ist;  das  ist  ein  mit  Überlegung  ausgeführter  Hausbau,  der  sich 
wesentlich  von  den  Wohnungen  derjenigen  Tiere  unterscheidet,  welche  man 
als  geborene  Hausbesitzer  bezeichnen  könnte.  Während  bei  diesen  das  Haus 
in  seiner  Anlage  vorhanden  ist  und  zusehends  mit  den  Insassen  wächst,  ent¬ 
steht  jener  wie  das  Nest  des  Vogels  nach  einem  bestimmten  Bauplane,  dessen 
Ausführung  unsere  Bewunderung  für  den  »kleinen  Baukünstler«  erregen  muß. 

Gebrüder  Buxbaum. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Gewohnheiten  junger  Hirsche.  Prof.  Dr.  H.  Landois  berichtet 
hierüber  nach  Erfahrungen  im  Zoologischen  Garten  zu  Münster  folgendes: 
»Wir  konnten  im  Monat  Juli  das  eigentümliche  Benehmen  junger  Edelhirsche 
sowohl  wie  jungen  Damwildes  in  unserem  zoologischen  Garten  gut  beob¬ 
achten.  Die  eben  geborenen  Jungen  sind  schon  am  ersten  Tage  imstande, 
auf  ihren  hohen  Beinen  zu  laufen.  Sind  sie  durch  Muttermilch  gesättigt,  so 
suchen  sie  ein  Versteck  auf.  Sie  zwängen  sich  durch  das  Drahtgehege  und 
legen  sich  dann  gern  an  einen  schattigen  Ort.  Man  sei  nur  nicht  ängstlich, 
wenn  die  jungen  Hirsche  aus  dem  Parke  verschwunden  sind,  der  Hunger 
treibt  sie  wieder  zur  Mutter.  Abends  und  nachts  verweilen  sie  meist  unun¬ 
terbrochen  bei  den  Alten;  tagsüber  liegen  sie  in  schattigem  Versteck.  Der 
Grund  für  dieses  Benehmen  liegt  wohl  darin,  daß  sie  einerseits  so  mehr  gegen 
fremde  Angriffe  geschützt  sind,  als  sie  auch  andererseits  weniger  von  den 
Fliegen  und  Mücken  zu  leiden  haben«. 

Jahresbericht  d.  zoolog.  Sektion  des  Westfälischen 
Provinzial-Vereins.  1890. 

Täuschung  bei  Tieren.  Herr  Zumbusch  in  Dortmund  schreibt 
über  eine  von  ihm  gemachte  Beobachtung,  wie  wenig  ein  Iltis  oder  Stein¬ 
marder  (es  ist  nicht  entschieden,  welcher  von  beiden  es  war)  ein  künstliches 
Hühnerei  von  einem  wirklichen  unterscheiden  könne:  »Im  Anschluß  an  meinen 
Hühnerstall  zu  Brünninghausen  lag  ein  kleiner  Wald  und  hinter  diesem  eine 


254 


alte  große,  mit  Stroh  und  Heu  vollgepfropfte  Scheune.  Meine  Hühner  legten 
nun  vielfach  im  Gestrüppe  dieses  Wäldchens  ihre  Eier.  Um  diese  vor  Raub¬ 
zeug  zu  retten,  die  Nester  aber  zu  erhalten,  nahm  ich  die  Eier  heraus  und 
schob  ein  Porzellanei  dafür  ein.  Nach  und  nach  aber  verschwanden  die  Por¬ 
zellaneier  sämtlich,  selbst  aus  den  verstecktesten  Nestern.  Bei  Entleerung  der 
Scheune  aber  wurden  später  nicht  nur  Marder  und  Iltisse  aufgescheucht, 
sondern  auch  unter  Planken  und  Brettern  versteckt  meine  Porzellaneier  unver¬ 
sehrt  wiedergefunden«. 

Jahresbericht  d.  zoolog.  Sektion  des  Westfälischen 
Provinzial-  Vereins.  1890. 


Litte  r  atu  r. 


Faune  des  Vertebres  de  la  Suisse  par  Victor  Fatio,  Dr.  phil.  Vol.  V. 
Poissons.  Ilme  Partie.  Avec  4  planches.  Geneve  et  Bäle.  H.  Georg  1890. 

»  Das  vortreffliche  Werk,  dessen  Voranschreiten  wir  mit  großer  Teilnahme 
in  unserer  Zeitschrift  verfolgen,  liegt  jetzt  in  vier  stattlichen  Bänden  (Band  II, 
die  Vögel,  ist  noch  nicht  erschienen)  vor  uns,  und  wir  müssen  die  Thatkraft 
eines  einzelnen  Mannes  bewundern,  der  so  Umfangreiches  in  vorzüglicher 
Weise  geleistet  hat. 

Der  vorliegende  Band  bildet  den  zweiten  Teil  der  Naturgeschichte  der 
Schweizer  Fische  und  behandelt  neben  einigen  anderen  Familien  besonders  die 
Edelfische,  die  Arten  der  Gattungen  Coregonus ,  Thymallus,  Salmo  und  Salvelinus. 
Die  Unterscheidung  der  hierher  gehörigen  Tiere  ist  bekanntlich  oft  recht  schwierig, 
und  so  dürfen  die  Fisch-  und  Fischereifreunde  sich  nur  freuen,  die  12  hierher 
gehörigen  Arten  nach  sorgfältigen  Studien  genau  behandelt  zu  sehen,  um  so 
mehr,  da  auch  die  durch  die  künstliche  Fischzucht  aus  dem  Ausland  gekom¬ 
menen  Arten  mit  beschrieben  werden.  Drei  von  den  beigegebenen  Tafeln  sind 
ausschließlich  den  Edelfischen  gewidmet. 

Eine  Einleitung  über  die  geographische  Verteilung,  die  Klassifikation, 
die  Bibliographie  und  den  Körperbau  der  Fische  geben  dem  88  Bogen  starken 
Bande  erhöhten  Wert.  Zwei  Supplemente  enthalten  ferner  Nachträge  über 
Säugetiere,  Reptilien  und  Amphibien.  Dem  schönen  Werke  wünschen  wir  recht 
baldige  Vollendung.  N. 

Der  Urbüffel  von  Celebes,  Anoa  depressicornis,  von  Dr.  K.  M.  Heller. 
Mit  3  Tafeln.  Inaugural-Dissertation.  Aus  »Abhandlungen  und  Berichten  des 
K.  Zoologischen  Anthropologisch- Ethnographischen  Museums  in  Dresden«. 
Dresden  1889. 

Eine  interessante  Tierform  ist  die  in  unserer  Zeitschrift  mehrfach  be¬ 
sprochene  und  eben  in  einem  Exemplare  im  hiesigen  Garten  lebende  Anoa, 
von  der  man  nicht  wußte,  solle  man  sie  den  Antilopen  oder  den  Büffeln  zu¬ 
zählen,  bis  Rütimeyer  nach  Schädeluntersuchungen  sie  als  letzterer  Gattung 
zugehörig  erklärte.  Das  scheue  Tier  lebt  paarweise  in  waldigen  Gebirgen  der 
Insel  Celebes,  ist  nirgends  wo  sonst  gefunden  und  stellt  mit  dem  Tamarao, 
Bubalus  mindorensis ,  von  den  Philippinen  die  Zwergform  unter  den  Büffeln  dar. 
Eine  recht  verdienstliche  und  vortrefflich  gelungene  Arbeit  ist  die  vorliegende 


255 


Monographie,  in  welcher  die  Ansicht  bestätigt  wird,  daß  Anoa  den  Büffeln 
zuzuzählen  ist,  wenn  sie  auch  in  manchen  Stücken  an  die  Antilopen  erinnert. 
Die  in  unseren  Museen  vorhandenen  Schädel,  Häute  und  sonstigen  Körperteile 
sind  genau  beschrieben,  über  Vorkommen,  Lebensweise  und  Eigentümlichkeiten 
ist  berichtet,  was  bis  jetzt  bekannt  geworden  ist,  auch  sind  auf  drei  Tafeln 
Photographien  des  Skeletts,  mehrerer  Schädel  und  anderer  Teile  des  Tieres 
gegeben,  so  daß  die  Arbeit  ihre  Aufgabe  nach  allen  Seiten  gründlich  erschöpft. 

N. 


Gerardus  Frederik  Westermann. 


Am  9.  Mai  1890  starb  zu  Amsterdam  G.  F.  Westermann,  ein  Mann, 
der  nicht  nur  für  seine  Vaterstadt  sondern  für  die  Sache  der  zoologischen 
Gärten  überhaupt  von  großer  Bedeutung  war,  denn  der  von  ihm  gegründete 
und  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  von  ihm  geleitete  Garten,  nächst  dem 
Pariser  der  älteste  auf  dem  Kontinent,  konnte  allen  jüngeren  derartigen  Instituten 
als  vorzügliches  Muster  gelten. 

G.  F.  Westermann  war  am  8.  Dezember  1807  zu  Amsterdam  geboren 
und  zeigte  schon  in  früher  Jugend  eine  ausgesprochene  Neigung  zur  Tier¬ 
haltung;  anfänglich  waren  es  Tauben  und  später  ausländische  Vögel,  die  er 
außer  seinen  Arbeitsstunden  gewissenhaft  pflegte.  Schon  1866  legte  er  dem 
Könige  den  Plan  zur  Gründung  eines  zoologischen  Gartens  vor,  wurde  aber 
auf  das  ungünstige  Gutachten  des  Bürgermeisters  von  Amsterdam  hin  abge¬ 
wiesen.  Nachdem  er  dann  noch  zwei  gleichgesinnte  Freunde,  die  Herren 
J.  W.  H.  Werl  emann  und  J.  J.  Wijsmuller,  gefunden,  pachteten  sie  zu¬ 
sammen  den  Garten  Middenhof,  an  der  Plantage  Middenlaan,  in  der  Größe 
von  4675  Q-Meter  und  eröffneten  hier  einen  kleinen  zoologischen  Garten,  den 
ersten  in  den  Niederlanden.  125  Mitglieder  waren  nach  dem  Aufrufe  zur 
Gründung  einer  Gesellschaft  »Natura  artis  magistra«,  die  den  Zweck 
haben  sollte,  die  Kenntnis  der  Naturgeschichte  auf  eine  angenehme  Weise  durch 
Anschauung  zu  fördern,  nämlich  durch  Schaffung  einer  Sammlung  lebender 
Tiere  wie  auch  durch  Anlegung  eines  zoologischen  Kabinets,  beigetreten. 

Als  später  mit  dem  Rotterdamer  Tierhändler  Cornelis  van  Aken 
wegen  Überlassung  seiner  Menagerie  an  die  junge  Gesellschaft  erfolgreich 
unterhandelt  war,  da  gab  der  Magistrat  der  Stadt  zum  Neubau  von  Tier¬ 
häusern  auf  neuerworbenem  Grunde  nur  unter  der  Bedingung  Erlaubnis,  daß 
die  zu  bauenden  steinernen  Tierhäuser  weder  Thüre  noch  Fenster,  aber  eiserne 
Dächer  haben  müßten.  Westermann  brachte  es  aber  fertig,  daß  ihm  die 
leeren  Räume  der  Oranje-Nassau-Kaserne  zur  Unterbringung  der  großen  Tiere 
überlassen  wurden.  Seiner  Geschicklichkeit  und  seinem  eisernen  Willen  war 
es  zu  danken,  daß  der  Garten  immer  wieder  vergrößert  werden  konnte  und 
daß  er  es  so  von  dem  anfänglichen  Raume  auf  einen  Umfang  von  101,365  D-M. 
im  Werte  von  fl.  1,037,000  im  Jahre  1882  brachte.  Prächtige  Tierhäuser  sind 
auf  der  Fläche  entstanden,  kostbare  seltene  Tiere  wurden  in  ihnen  unterge¬ 
bracht  und  gediehen  vortrefflich,  und  außerdem  wurde  der  Garten  zum  Sammel¬ 
platz  der  Amsterdamer  Welt  nicht  nur  durch  die  Anlage  eines  guten  Restau¬ 
rants,  sondern  vielmehr  noch  durch  die  Errichtung  eines  zoologischen  Museums, 


—  25G  — 


einer  ethnographischen  Sammlung,  einer  Bibliothek,  eines  Aquariums,  lauter 
Anstalten,  die  sich  zu  den  besten  ihresgleichen  rechnen  dürfen.  So  wurde 
Artis,  wie  der  Amsterdamer  in  gerechtem  Stolze  den  Garten  nennt,  ein 
Lieblingsaufenthalt  und  eine  Bildungsstätte  der  Amsterdamer  in  einer  Viel¬ 
seitigkeit,  wie  eine  zweite  nicht  besteht,  und  zahllose  Schenkungen  und  Ver¬ 
mächtnisse  geben  vou  der  Anhänglichkeit  der  Bewohner  der  Hauptstadt  Zeugnis. 

Aber  die  Ergebnisse  der  Tierzucht  mußten  auch  der  Wissenschaft  zugut 
kommen.  Das  Jaarboekje  van  het  Koniuklijk  Zoologisch  Genootschap  Natura 
artis  magistra,*)  dieBijdragen  tot  de  Dierkunde,  die  1848  gegründete  erste 
zoologische  Zeitschrift  Hollands,  und  die  Tijd schrift  vor  de  Dierkunde  (1868) 
enthalten  schätzenswerte  Arbeiten,  und  ebenso  gab  Westermann,  der  frühere 
Buchhändler,  selbst  in  Gemeinschaft  mit  Schlegel  eine  Monographie  der  Turako 
heraus.  Daß  Westermanns  Thätigkeit  auch  im  Auslande  Anerkennung  fand, 
zeigte  seine  1851  erfolgte  Ernennung  zum  Doctor  honoris  causa  durch  die 
Giessener  Universität  in  einem  von  Justus  von  Li e big  Unterzeichneten  Diplome. 

Die  ihn  näher  kannten,  rühmen  seine  Liebe  zur  Natur,  seinen  scharfen, 
praktischen  Blick,  seine  Fähigkeit,  den  rechten  Augenblick  abzuwarten,  seine 
geistvolle  Beredsamkeit,  die  am  richtigen  Orte  das  rechte  Wort  fand  und 
niemals  die  Antwort  schuldig  blieb,  vor  allem  aber  seine  unermüdliche  That- 
kraft  und  jenes  eiserne  Ausdauern,  vor  dem  schließlich  alle  Hindernisse  weichen. 

Es  war  ihm  vergönnt,  sein  Werk  wachsen  und  blühen  zu  sehen  und 
dessen  Leitung  mehr  als  ein  Menschenalter  hindurch  in  der  Hand  zu  haben, 
er  hat  sich  nicht  nur  die  unbegrenzte  Liebe  seiner  Mitbürger  sondern  auch 
die  Verehrung  seines  ganzen  Vaterlandes,  sowie  den  Dank  der  wissenschaft¬ 
lichen  Welt  erworben ,  und  so  wird  sein  Name  als  leuchtender  Stern  noch  in 
fernen  Zeiten  glänzen.  N. 

*)  (bis  1885). 

Personalveränderung. 

Die  Direktion  des  Amsterdamer  Zoologischen  Gartens  »Natura  artis 
magistra«  ist  Herrn  Dr.  C.  Kerbe rt,  seither  Hauptkonservator  des  Aquariums 
und  Lektor  der  Zoologie  an  der  Universität  zu  Amsterdam,  übertragen  worden. 

Eingegangene  Beiträge. 

L.  B.  in  R.  —  K.  K.  in  Schl.:  Besten  Dank  für  die  interessanten  Fisehchen,  die  gut 
ankamen.  Es  wird  soviel  als  möglich  benutzt  werden.  Auch  für  Übermittlung  der  Korrespon¬ 
denz  meinen  Dank.  —  L.  B.  in  R.  —  W.  St.  in  F.  —  R.  v.  L.  in  I.  —  J.  v.  F.  in  M.:  Ant¬ 
wort  auf  Ihr  freundliches  Schreiben  ist  abgegangen.  —  H.  S.  in  F.  —  Ref.  G.  in  F.  —  J.  B. 
in  F.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Bronns  Klassffn  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  2.  Band,  3.  Abteilg.  Echino- 
dermen  (Stachelhäuter)  von  Prof.  Dr.  H.  Ludwig.  7—9  Lieferg.  Leipzig  u.  Heidelberg. 
C.  F.  Winter  1890. 

Dr.  H.  Baumgartner.  Tausend  Höhenangaben.  2.  Auflage.  Wiener-Neustadt.  Selbst¬ 
verlag  des  Verfassers.  1890.  50  Pf. 

Prof.  Dr.  K.  Möbius.  Über  die  Bildung  und  Bedeutung  der  Gruppenbegriffe  unserer  Tier¬ 
systeme.  Sitzungsberichte  der  Königl.  Preußischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu 
Berlin.  1890. 

Direktor  Dr.  L.  Wunderlich.  Führer  durch  den  Zoologischen  Garten  zu  Köln.  Mit 
1  Plane  und  8  Ansichten. 

Dr.  August  Otto.  Zur  Geschichte  der  ältesten  Haustiere.  Breslau.  Preuß  und  Jünger. 
1890.  gr.  8°.  78  Seiten.  1,50  M. 

Adolf  und  Karl  Müller.  Tiere  der  Heimat.  Mit  zahlreichen  Farbentafeln  von  C.  F. 
Deiker  und  A.  Müller.  Cassel.  The  odor  Fischer.  1888.  Lieferg.  4— 10.  ä  80  Pf. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a..  M. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahl  au  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 


N°-  9.  XXXI.  Jahrgang.  September  1890. 


i  n  k  a  1  i. 

Beobachtungen  am  Brillen-Pinguin;  von  Dr.  P.  Gaebler  in  Frankfurt  a.  M.  -  Das 
Vorkommen  der  Aspia-Viper,  Vipera  aspis  L.,  im  südlichen  Schwarzwalde;  von  J.  Blum.  — 
Über  zwei  seltene  und  eine  neue  Art  Affen  des  zoologischen  Gartens  im  Haag,  Holland; 
von  Direktor  Dr.  A.  C.  Oudemans.  —  Sprachwissenschaft  und  Naturwissenschaft;  von 
Dr.  med.  Wilhelm  Stricker.  (Forts,  v.  Jahrg.  31,  S.  200.)  —  Der  St.  Petersburger  zoo¬ 
logische  Garten;  von  dem  Herausgeber.  —  Zoo  -  Biologisches  aus  Paris;  von  Ernst 
Friedei  in  Berlin.  (Schluß).  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur. 


Beobachtungen  am  Brillen-Pinguin. 

Von  B.  Gaebler  in  Frankfurt  a.  M. 

(Mit  Abbildung.) 

Die  Pinguine  sind  durch  Gestalt  und  Lebensweise  eine  so  eigen¬ 
artige  Erscheinung  innerhalb  der  Vogehvelt,  daß  die  folgenden,  an 
lebenden  Exemplaren  im  Frankfurter  zoologischen  Garten  gemachten 
Beobachtungen  nicht  ganz  ohne  Interesse  sein  dürften. 

Im  Frühjahr  vorigen  Jahres  langten  die  ersten  Pinguine  da¬ 
selbst  an.  Sie  gehörten,  wie  auch  alle  später  erworbenen  Stücke, 
der  an  den  südafrikanischen  Küsten  heimischen  Art  Brillen  - 
t  au  eher,  Spheniscus  demersus ,  an  und  befanden  sich  noch  im 
Jugeudkleide,  hatten  aber  bereits  Größe  uud  Gestalt  erwachsener 
Vögel.  Sie  wurden  zunächst  in  das  Aquarium  verbracht,  wo  ihnen 
ein  Becken  eingeräumt  wurde,  um  dem  Publikum  die  Beobachtung 
des  Tauchens  zu  ermöglichen ;  die  Tiere  tauchten  aber  nicht,  ließen 
die  im  Wasser  herumschwimmenden  Futterfische  unbeachtet  und 
mußten,  da  sie  überhaupt  nicht  selbständig  fraßen,  gestopft  werden. 
Nach  einigen  Tagen  wurden  die  Pinguine,  da  sie  im  Aquarium  auf 
diese  Weise  nicht  zur  Geltung  gelangten,  einstweilen  in  eine  Voliere 
Zoolog.  Gart.  Jälirg.  XXXI.  1890.  17 


258 


des  Vogelhauses  verbracht,  wo  sie  allerdings  nur  ein  flaches  Wasser¬ 
bassin  zur  Verfügung  hatten,  das  ihnen  nicht  zu  schwimmen  ge¬ 
stattete.  Hier  gewöhnten  die  Tiere  sich  allmählich  daran,  selbständig 
Fische  zu  nehmen  und  zu  verzehren.  Erst  als  ihnen  nach  Eintritt 
wärmerer  Witterung  ein  geräumiges  Bassin  im  Freien  überlassen 
werden  konnte,  zeigten  die  Tiere  sich  in  ihrem  wahren  Wesen,  sie 
lernten  bald  trefflich  zu  tauchen  und  lebende  Fische  zu  fangen, 
und  bald  war  das  Pinguinbassin  einer  der  besuchtesten  Punkte  des 
Gartens.  Leider  erlagen  die  Vögel  schließlich  der  Hitze  des  Sommers; 
im  Herbste  jedoch  traf  als  Ersatz  ein  schönes,  ausgefärbtes  Exemplar 
aus  dem  Leipziger  Garten  ein,  zu  welchem  im  Winter  und  Frühling 
dieses  Jahres  noch  einige  weitere,  noch  im  Jugendkleide  befindliche 
Tiere  hinzuerworben  wurden. 

Den  Pinguinen  dient  ein  sehr  geräumiges,  umgittertes  Spring- 
brunneubassin  zum  Aufenthalte;  die  Höhe  des  Wasserstandes  beträgt 
etwa  IP/2  Faß,  und  da  das  Wasser  stets  klar  gehalten  wird  und  der 
Beschauer  dicht  an  dasselbe  herantreten  kann,  so  lassen  sich  die 
Bewegungen  der  Tiere  unter  Wasser  vorzüglich  beobachten.  An 
einer  Seite  des  Bassins  befindet  sich  eine  kleine  hölzerne  Plattform, 
zu  welcher  vom  Wasser  aus  schräglaufende  Bretter  mit  aufgenagelten 
Querhölzern  hinauffuhren,  so  daß  die  Tiere  je  nach  Belieben  sich 
im  Wasser  oder  auf  dem  Trocknen  aufhalten  können. 

Die  äußere  Gestalt  des  Pinguins  ist  bekaunt.  Eigentümlich 
für  die  Gattung  Spheniscus  ist  der  nicht  ganz  kopflange,  zusammen¬ 
gedrückte  Schnabel,  der  eine  außerordentlich  scharfe  Spitze  besitzt; 
der  Vogel  hat  in  dem  Schnabel  eine  verhältnismäßig  bedeutende 
Kraft  und  vermag  mit  ihm  empfindliche  Stöße  zu  versetzen.  Die 
aus  dem  Jahrgang  XXV,  Seite  106  fg.  enthaltene  Beschreibung  von 
Spheniscus  demersus  aus  der  Feder  des  Herrn  Professor  Dr.  Noack 
betrifft  übrigens  nur  das  Jugendgefieder,  auch  zeigt  dieses  die  hier 
wiedergegebeue  Zeichnung;  der  ausgefärbte  Vogel  ist  auf  dem  Rücken, 
den  Flossen,  an  Oberkopf,  Kopfseiten  und  Kehle  schwarz  mit  bräun¬ 
lichem  Scheine,  die  ganze  Unterseite  und  ein  Streifen,  der  hinter 
den  Augen  beginnt,  die  Halsseite  hinabzieht  und  sich  unterhalb 
der  Kehle  mit  der  weißen  Brustfärbung  vereinigt,  sind  scharf  abge¬ 
grenzt  rein  weiß,  erstere  mit  einzelnen  kleinen  schwarzen  Fleckeu ; 
von  der  Unterseite  hebt  sich  außerdem  ein  schwarzes  Band  scharf 
ab,  welches  in  Gestalt  eines  nach  unten  offenen  Hufeisens  über  die 
Brust  geht  und  sich  beiderseits  als  Streifen  bis  zu  den  Schenkeln 
verlängert,  so  daß  zwischen  diesem  Streifen  und  der  schwarzen  Ober- 


259 


Seite  nur  ein  schmaler  weißer  Zwischenraum  bleibt;  die  nackte 
Augengegend  ist  blaßroth  gefärbt.  Die  allgemeine  Körpergestalt 
erscheint  im  Sitzen  bei  wohlgenährten  Vögeln  von  der  Seite  und 
von  vorn  betrachtet  kegelförmig,  von  hinten  gesehen  aber  und  beim 
Schwimmen  bildet  die  Brustgegend  den  breitesten  Teil  des  Tieres. 


i» 


»ViV. 7  -*M:¥ 


Der  Brillentaucher  im  Jugendkleide. 


Eigentümlich  sind  die  Bewegungen  des  Pinguins  auf  dem  Lande 
sowohl  wie  im  Wasser.  Das  wackelnde  Einherschreiten  in  durchaus 
aufrechter  Stellung  wirkt  übrigens  nicht  nur  auf  den  menschlichen 
Beschauer  befremdend»  Als  die  Tiere  in  die  große  Mittelvoliere  des 
Vogelhauses  gebracht  wurden,  entstand  unter  den  Bewohnern  der¬ 
selben  —  Lötfelreihern,  Kampfschnepfen ,  Austerfischern,  kleinen 
Möven  und  dergl.  —  allgemeine  Aufregung;  weun  einer  der  Pinguine 
den  Außeuraum  betrat,  drängte  sich  alles  auf  die  entgegengesetzte 
Seite  desselben,  um  bei  weiterer  Annäherung  des  harmlosen  Tieres 
mit  Geflatter  wieder  auf  die  andere  Seite  zu  flüchten.  Mau  konnte 


260 


hier,  wo  die  Pinguine  gezwungen  waren,  sich  fast  ausschließlich  auf 

dem  Trocknen  aufzuhalten,  ihre  Bewegungen  auf  dem  Lande  gut 
•  •  •  • 

beobachten.  Überraschend  ist  die  Ähnlichkeit,  welche  die  Tiere  beim 
ruhigen  Liegen  mit  Seehunden  haben.  Wenn  sie  sich  voller  Be¬ 
quemlichkeit  hingaben,  legten  sie  sich  halb  auf  die  Seite,  streckten 
den  Kopf  vor  und  reckten  sich  uud  spreizten  die  Flügel  gauz  in 
derselben  Weise,  wie  mau  dies  bei  Seehunden  sieht.  Ihre  Füße 

halten  sie  hierbei  meist  wagerecht  nach  hinten  gestreckt,  wodurch 
•  •  •  • 

die  Ähnlichkeit  noch  größer  wird.  Öfters  sieht  man  hierbei  auch 
ein  behagliches  Gähnen.  In  ihrem  gegenwärtigen  Aufenthaltsort, 
wo  sie  weniger  ungestört  sind,  pflegen  sie  in  der  Ruhe  einfach  auf 
dem  Bauche  zu  liegen,  vielfach  aber  auch  in  aufrechter  Stellung  mit 
halbgeschlossenen  Augen  auszurulieu.  Die  dem  Seehunde  entsprechende 
rutschende  Fortbewegung  auf  dem  Bauche,  mit  welcher  sie  sich  in  der 
Freiheit  bei  Gefahr  zu  retten  suchen,  ist  hier  niemals  bei  ihnen  ge¬ 
sehen  worden.  Dagegen  vermögen  die  Tiere  ganz  gut  eine  etwa 
fußhohe  Stufe  zu  erspringen,  indem  sie  sich  hierbei  mit  den  Flügeln 
aufstützen.  Auch  wenn  sie  das  Wasser  verlassen,  pflegen  sie  öfters 
mit  Hülfe  der  letzteren  aufzusteigen ;  an  besonders  glatten  Stellen 
helfen  sie  sich  auch  wohl  vorübergehend  mit  dem  Schnabel.  — 
Große  Gelenkigkeit  entwickeln  sie  beim  Ordnen  des  Gefieders ;  sie 
vermögen  mit  ihren  kurzen,  am  äußersten  Körperende  sitzenden 
Füßen  bis  zum  Halse  zu  reichen,  wobei  ihnen  die  Beweglichkeit  ihrer 
Wirbelsäule  sehr  zu  statten  kommt.  Oft  ordnen  und  reinigen  die 
Tiere  ihr  Gefieder  übrigens  auch  im  Wasser,  wobei  sie  sich  auf 
die  Seite  legen,  so  daß  die  eine  Seite  des  Körpers  sich  außerhalb  des 
Wassers  befindet,  die  sie  dann  mit  ihrem  Flügel  reiben  und  glätten. 

Das  eigentliche  Element  des  Pinguins  ist  natürlich  das  Wasser 
und  hier  zeigt  sich  das  anscheinend  so  unbeholfene  Geschöpf  als 
Meister  im  Schwimmen  und  Tauchen.  So  lange  der  Pinguin  nicht 
taucht,  schwimmt  er,  von  fern  gesehen,  etwa  in  der  Art  einer  Ente, 
nur  liegt  er  —  wie  viele  Tauch vögel  —  weit  tiefer  im  Wasser.  Er 
rudert  jedoch  ausschließlich  mit  den  Flügeln  und  streckt  die  Beine 
beim  Schwimmen  nach  hinten  aus,  mit  ihnen  und  mit  dem  kurzen 
Schwänzchen  lediglich  steuernd.  So  lauge  der  Vogel  auf  dem  Wasser 
schwimmt,  fördert  das  Rudern  mit  den  Flügeln  nicht  sehr,  sobald 
er  aber  taucht,  gleitet  er  mit  ganz  überraschender  Schnelligkeit 
durch  das  Wasser.  Auch  hierbei  werden  die  Füße  ausschließlich 
als  Steuer  benutzt,  während  die  Flossen  (Flügel)  das  Tier  mit 
kräftigen  Stößen  vorwärts  treiben.  Die  entgegengesetzte  Beobachtung 


261 


des  Herrn  Professor  Noack  (a.  a.  0.),  daß  der  Pinguin  auch  mit 
den  Füßen  rudere,  trifft  wenigstens  auf  die  hier  gehaltenen  Exemplare 
in  keiner  Weise  zu.  —  Das  schnelle  Dahinschießen  unter  Wasser 
wird  durch  den  Bau  des  Tieres  sehr  erleichtert.  Der  spitze  Schnabel, 
der  nach  vorn  zugespitzte  Kopf,  der  stets  gerade  uach  vorn  gestreckt 
wird,  zerteilen  mit  Leichtigkeit  das  Wasser.  Wenn  man  die  dunklen 
Tiere  auf  der  Jagd  nach  Fischen  mit  der  dann  von  ihnen  entwickelten 
erstaunlichen  Geschwindigkeit  durch  das  Wasser  dahingleiten  sieht, 
die  Flügel  seitwärts  ausgebreitet,  so  wird  mau  unwillkürlich  an  den 
Flug  niedrigfliegender  Schwalben  erinnert.  Groß  ist  auch  die  Ge¬ 
schicklichkeit,  mit  welcher  die  Pinguine  plötzlich  ihre  Richtung  zu 
ändern  vermögen;  ich  beobachtete,  wie  einer,  der  schnell  uuter  Wasser 
dahinschwamm,  durch  eine  unvermittelte  Wendung,  bei  der  er  den 
Körper  etwa  in  einem  Viertelbogen  krümmte,  einen  Fisch,  den  er 
plötzlich  neben  sich  bemerkte,  ergriff.  Es  kommt  den  Tieren  hierbei 
die  Fähigkeit  zu  statten,  auch  im  schnellen  Schwimmen  dadurch 
alsbald  anzuhalten,  daß  sie  die  bis  dahin  wagerecht  gehaltenen 
Flossen  senkrecht  stellen. —  Das  obenerwähnte  ausgewachsene  Exemplar 
schwamm  übrigens  im  Winter  auch  uuter  dem  sein  Bassin  be¬ 
deckenden  Eise  in  gleich  gewandter  Weise  herum.  —  Wenn  die 
Pinguine  beim  Ruhen  auf  dem  Lande  an  Seehunde  erinnern,  so 
drängt  sich,  wenn  man  sie  tauchen  und  jagen  sieht,  ein  anderer 
Vergleich  auf;  Bewegungen  und  Gestalt  erinnern  dann  in  hohem 
Maße  an  den  Delphiu.  Der  mit  spitzer  Schnauze  versehene  Kopf 
des  eigentlichen  Delphins  (. Delphinus  delphis)  gemahnt  in  seinen  Ver¬ 
hältnissen  an  Schnabel  und  Kopf  von  Spheniscus,  und  ähnliches 
gilt  von  der  Körpergestalt;  der  Hals  geht  in  allmählicher  Verbrei¬ 
terung  in  den  Körper  über,  der  in  der  Brustgegend  seine  größte 
Breite  erreicht  und  sich  nach  hinten  allmählich  verjüngt.  Ebenso  ent¬ 
sprechen  die  kräftigen  Flossen  denen  des  Delphins.  Ein  derartiger 
Bau  ist  ganz  besonders  zum  schnellen  Schwimmen  unter  Wasser  und 
zum  Ergreifen  von  Fischen  mit  dem  weit  vorgestreckten  Schnabel 
bezw.  Schnauze  geeignet.  Die  Analogie  läßt  sich  übrigens  noch  auf 
die  Färbung  ausdehnen  ;  wie  viele  durch  anhaltendes  Tauchen  nach 
Fischen  auf  der  See  sich  ernährende  Tiere  zeigen  Pinguine  sowohl 
wie  Delphin  schwärzliche  Oberseite  und  weiße  Unterseite,  —  ob 
durch  natürliche  Zuchtwahl  oder  aus  anderen  Ursachen  erworben, 
mag  dahin  gestellt  bleiben.  Jedenfalls  ist  es  nicht  ohne  Interesse, 

daß  Gleichheit  des  Nahrungserwerbes  hier  bei  Tieren  ganz  ver- 

•  • 

schiedener  Klassen  zu  so  überraschenden  Ähnlichkeiten  geführt  hat. 


4 


262 


Daß  die  Pinguine  auch  schwimmend  schliefen,  wie  Brehm  an¬ 
gibt,  habe  ich  nie  bemerkt,  sie  ruhen  vielmehr  stets  auf  dem  Trocknen, 
wo  sie  sich  überhaupt  verhältnismäßig  viel  aufhalten. 

Eine  Stimme  lassen  die  Pinguine  in  der  Gefangenschaft  nur 
sehr  selten  hören.  Sie  ist  ein  rauher,  etwa  wie  ein  dumpfes  »ah« 
klingender  Ton. 

Die  Nahrung  besteht  in  der  Freiheit,  wie  bekannt,  fast  aus¬ 
schließlich  aus  Fischen.  Hier  werden  die  Tiere  nur  mit  solchen  ge¬ 
füttert,  und  zwar  mit  kleinen  Plötzen,  Weißfischen,  Gründlingen  und 
dergl.,  die  ihnen  lebend  gereicht  werden.  Neu  angekommene  Pinguine 
müssen  entweder  gestopft  werden  oder  sie  sind  bereits  so  weit,  daß 
sie  dem  Wärter  die  Fische  aus  der  Hand  nehmen.  Bald  gewöhnen 
sie  sich  daran,  die  Fische  auch  selbst  aufzunehmen,  wenn  sie  auf 
dem  trocknen  Boden  herumzappeln,  —  vermöge  ihrer  Gelenkigkeit 
können  sie  stehend  mit  dem  Schuabel  den  Boden  erreichen,  und  sind 
sie  erst  einmal  so  weit,  so  ist  es  nicht  schwer,  sie  dahin  zu  bringen, 
lebende  Fische,  die  man  neben  ihnen  in  das  Wasser  hält,  zu  fassen. 
Sehr  bald  faugen  sie  sie  dann  selbst  und  bringen  es  in  kürzester 
Frist  hierin  zu  großer  Gewandtheit.  Bei  der  Schnelligkeit,  mit  der 
die  Pinguine  schwimmen,  entgeht  ihnen  dann  kein  Fisch,  der  in  ihr 
Bassin  gesetzt  wird,  so  lange  sie  Hunger  haben;  sie  fassen  den  Fisch 
in  der  Mitte  des  Leibes  und  schlucken  ihn,  den  Kopf  voran,  hinunter. 
Wie  sie  mit  größeren  Fischen  verfahren,  weiß  ich  nicht,  da  ihnen 
hier  niemals  solche  gereicht  wurden;  offenbar  ist  ihr  weiter  Schlund 
imstande,  verhältnismäßig  große  Fische  unzerteilt  zu  verschlingen; 
noch  größere  werden  sie  verschmähen,  wenigstens  würde  es  ihnen 
sehr  schwer  werden,  einen  solchen  mit  dem  Schnabel  allein  zu  zer¬ 
teilen,  und  die  Füße  sind  zur  Mithülfe  durchaus  ungeeignet.  — 
Frösche,  die  einmal  in  ihr  Bassin  gesetzt  wurden,  übersahen  sie  voll¬ 
ständig.  —  Tote  Fische  lassen  sie,  wenn  sie  einmal  an  lebende  ge¬ 
wöhnt  sind,  lange  unbeachtet  und  gehen  sie  meist  nur  bei  starkem 
Hunger  an. 

Die  Mauser  ging  bei  dem  hiesigen  ausgefärbten  Exemplar 
Eude  Dezember  und  Anfangs  Januar  vor  sich.  Das  Tier  gewährte 
plötzlich  einen  ganz  überraschenden  Anblick,  indem  sich  die  sonst 
glatt  dem  Körper  anliegenden  Federn  stellenweise  zu  einem  langen 
krausen  Gefieder  verändert  hatten.  Die  Federn  des  Pinguins  besitzen 
nämlich  Kiele  von  ganz  außerordentlicher  Länge,  die  nun  im  Ver¬ 
laufe  der  Mauser  in  naturgemäßer  Weise  durch  die  nachdrängenden 
neuen  Federn  zunächst  gehoben  werden  und  dadurch  den  Anschein 


263 


erwecken,  als  habe  sich  das  Gefieder  an  den  betreffenden  Stellen 
verlängert.  Da  die  gehobenen  Federn  nicht  mehr  so  geschlossen 
aufeinanderliegen,  wie  die  noch  mit  der  ganzen  Länge  der  Kiele  in 
der  Haut  festsitzenden,  und  zudem  auch  die  au  jeder  Feder  be¬ 
findliche  Dune  mitgehoben  und  dadurch  sichtbar  wird,  so  erscheint 
das  Gefieder  infolgedessen  rauh  und  fast  wollig.  Daß  diese  abnorm 
langen  Federkiele  sich  nicht  erst  während  der  Mauser  • —  wie  zuerst 
vermutet  wurde  —  neu  bilden,  ergab  die  Untersuchung  eines  mitt¬ 
lerweile  eingegangenen  Exemplars.  Bemerkenswert  ist  noch ,  daß 
den  auf  den  Flossen  (Flügeln)  wachsenden  Federn  die  Dunen  fehlen. 

Die  Mauser  war  im  wesentlichen  bereits  vierzehn  Tage  nach 
ihrem  Beginn  beendet.  Während  derselben  ging  das  Tier  nicht  ins 
Wasser  und  fraß  fast  gar  nichts,  befand  sich  aber  im  übrigen  wohl 
und  erhielt  ein  tadelloses  neues  Gefieder.  Da  der  Pinguin  durch  die 
bei  der  Mauser  an  den  verschiedenen  Körperteilen  nach  und  nach 
eintretende  bedeutende  Verlängerung  des  Gefieders  jedenfalls  in  er¬ 
heblichem  Maße  in  der  Schnelligkeit  und  Sicherheit  des  Schwimmens 
und  somit  in  seiner  Jagd  gehindert  wird,  so  erscheint  es  mir  wahr¬ 
scheinlich,  daß  er  auch  in  der  Freiheit  die  Zeit  der  Mauser  auf  dem 
Lande  verbringt  und  während  dessen  dann  natürlich  keine  Nahrung 
zu  sich  nimmt,  was  ihm  um  so  leichter  möglich  sein  wird,  als  er 
einerseits  mehr  als  jeder  andere  Vogel  jederzeit  in  der  Lage  ist, 
von  seinem  angesammelten  Fette  zu  zehren,  andererseits  die  ganze 
Mauser,  wie  oben  erwähnt,  nur  etwa  zwei  Wochen  dauert.  — 

Die  Intelligenz  des  Pinguius  scheint  gering  zu  sein.  Gegen 
andere  ihrer  Art  sind  die  Tiere  verträglich  ;  nur  neu  angekommene 
Stücke  pflegen  in  der  ersten  Zeit,  wenn  sie  in  die  Nähe  der  älteren 
kommen,  hin  und  wieder  mit  Schnabelhieben  bedroht  zu  werden, 
doch  hört  das  bald  auf.  Ebenso  verhielten  sich  die  Pinguine  zu 
Tord-Alken  ( Alca  torda ),  die  zu  ihnen  gesetzt  wurden ;  einer  der¬ 
selben,  der  sich  mehrere  Wochen  lang  hielt,  lebte  bald  im  besten 
Einvernehmen  mit  ihnen.  — 

Aus  obigem  ergibt  sich  bereits,  wie  Pinguine  am  besten  zu  halten 
sind.  Gegen  Kälte  sind  sie  durchaus  nicht  empfindlich;  das  mehr¬ 
erwähnte  alte  Exemplar  hat  den  ganzen  vergangenen  Winter  im 
Freien  verbracht,  obwohl  die  Kälte  namentlich  des  Nachts  zuweilen 
recht  streng  war.  Während  der  kalten  Zeit  wurde  dem  Tiere  eine 
kleine  Holzhütte  gegeben,  die  nur  auf  einer  Seite  einen  schmalen 
offenen  Eingang  hatte  und  deren  Boden  hoch  mit  Stroh  bedeckt  war. 
In  ihr  hielt  sich  der  Pinguin  mit  Vorliebe  auf,  und  er  kam  an  sehr 


264 


kalten  Tagen  nur  zur  Fütterung  hervor,  wobei  er  dann  ohne  Zögern 
im  eiskalten  Wasser  herumschwamm  und  sich  seine  Fische  auch  unter 
der  sein  Bassin  größtenteils  bedeckenden  Eisschicht  zu  suchen  wußte. 

An  milderen  Tagen  erhielt  er  seine  Hütte  nur  des  Nachts.  In 

•  • 

sehr  strengen  Wintern  würde  sich  allerdings  doch  wohl  eine  Über¬ 
winterung  in  geschütztem  Raume  empfehlen.  Weit  weniger  gut  als 
Kälte  scheinen  die  Pinguine  die  Hitze  des  Sommers  zu  vertragen,  und 
es  dürfte  ratsam  sein,  ihnen  womöglich  aus  Stein  eiuen  kühlen  Schlupf¬ 
winkel  herzustellen.  — 

Spezifische  Krankheiten  sind  an  den  hiesigen  Exemplaren  nicht 
zur  Beobachtung  gelangt.  Bei  der  Ankunft  leiden  die  Pinguine 
vielfach  an  den  Füßen,  die  —  wohl  infolge  unsauberer  Haltung  auf 
dem  Seetransport  —  oft  angeschwollen  sind,  zuweilen  sogar  bereits 
die  Krallen  verloren  haben  und  den  Tieren  offenbar  Schmerzen  be¬ 
reiten.  Zuweilen  tritt  bei  guter  Pflege  Heilung  ein ;  andere  Stücke 
sind  erlegen,  nachdem  die  Anschwellungen  Zunahmen  —  ob  infolge 
der  letzteren,  bleibe  dahingestellt.  —  In  diesem  Sommer  hatten  die 
Tiere  eine  Zeit  lang  viel  von  einer  kleinen  Fliegenart  zu  leiden,  die 
sich  in  großer  Menge  im  Garten  zeigte  und  gerade  den  Pinguinen 
viel  zu  schaffen  machte.  Die  Fliegen  setzten  sich  in  großer  Zahl 
auf  die  nackten  Stellen  um  die  Augen,  so  daß  die  Haut  bald  mit 
blutigen  Stichen  bedeckt  war  und  die  Augen  fast  zuschwollen.  Be- 

pinselung  mit  Höllenstein  und  der  Eintritt  kühler  und  feuchter 

•  • 

Witterung  beseitigten  schließlich  das  Übel. 

Ich  schließe  mit  dem  Bemerken,  daß,  wie  wohl  schon  aus  den 
obigen  Zeilen  hervorgeht,  die  Pinguine  sehr  anziehende  und  interes¬ 
sante  Bewohner  eines  zoologischen  Gartens  sind.  Die  hiesigen  fesseln 
namentlich  zur  Fütterungzeit  stets  einen  großen  Kreis  von  Besuchern 
um  sich.  Wenn  die  Tiere  zur  Geltung  gelangen  sollen,  bedürfen 
sie  allerdings  eines  sehr  geräumigen  Bassins,  das  gleichzeitig  mög¬ 
lichst  flach  sein  muß,  um  die  Bewegungen  der  Tiere  unter  Wasser 
erkennen  zu  lassen  ;  ihre  volle  Gewandtheit  und  Schnelligkeit  zeigen 
sie  überdies  nur  bei  Fütterung  mit  lebenden  Fischen.  Unter  diesen 
Voraussetzungen  aber  dürfte  jedem  Garten  die  Erwerbung  von  Pin¬ 
guinen  zu  empfehlen  sein. 


265 


Das  Vorkommen  der  Aspis-Yiper,  Vipera  aspis  L.,  im 

südlichen  Schwarzwalde. 

Von  Oberlehrer  J.  Blum. 

In  einem  Artikel  dieser  Zeitschrift  über  das  Vorkommen  der 
Vipera  aspis  in  Deutschland  —  No  I  dieses  Jahrgangs  S.  12  —  habe  ich 
das  jetzige  Vorhandensein  dieser  Schlange  im  Schwarzwalde  verneint 
und  auch  das  frühere  Vorkommen  daselbst  in  Zweifel  gezogen.  Herr 
Dr.  med.  E.  Mayer  in  Thiengen  hat  mir  alsbald  nach  Veröffent¬ 
lichung  des  erwähnten  Artikels  brieflich  seine  gegenteilige  Ansicht 
mitgeteilt,  und  ein  mir  diese  Woche  von  demselben  überschicktes  präch¬ 
tiges  Belegstück  bestätigt  die  Richtigkeit  derselben  unwiderleglich. 
Das  heutige  Vorkommen  der  Viper  in  Deutschland  beschränkt  sich 
demnach  nicht  auf  Lothringen,  sondern  erstreckt  sich  auch  auf  den 
südlichen  Schwarzwald  und  zwar  auf  das  Schlüchtthal  und  seine 
Nebenthäler.  Es  unterliegt  jetzt  ferner  keinem  Zweifel,  daß  die 
vor  mehr  als  zwanzig  Jahren  von  dem  verstorbenen  Apotheker  Saul  in 
Thiengen  nach  Mannheim,  Meersburg  und  wohl  auch  nach  Konstanz 
geschenkten  Exemplare  der  genannten  Gegend  des  Schwarzwaldes 
entstammen.  (S.  Beitrag  zur  Schlangenfauna  des  Großherzogtums 
Baden  von  Dr.  E.  Weber  in  Jahresber.  d.  Mannheimer  Vereins  f. 
Naturk.  1871). 

Indem  ich  meine  irrige  Folgerung  gerne  eingestehe,  will  ich 
gleichzeitig  meiner  Freude  Ausdruck  geben,  daß  durch  die  Ver¬ 
öffentlichung  derselben  der  Eifer  zur  Herbeischaffung  eines  Belegstückes 
in  erhöhtem  Maße  geweckt  und  die  streitige  Angelegenheit  rasch 
zur  Erledigung  gebracht  wurde. 

Das  mir  vorliegende  Exemplar,  ein  Weibchen,  wurde  von  der 
beherzten  Frau  des  Straßenwärters  Beck  von  Berau  im  Schwarzatha, 
an  der  neuen  Brücke  (Weg  nach  Nöggenschwiel)  in  der  Mitte  etwa 
zwischen  Wiznauermiihle  und  Leiuegg  lebend  gefangen.  Die  Frau 
war  mit  ihren  Iviudern  zum  Beerensuchen  gegangen,  und  als  sie  die 
Schlange  gewahrte,  betäubte  sie  dieselbe  durch  einen  Schlag  mit 
einer  Gerte.  Sie  leerte  hierauf  schnell  die  in  einem  irdenen  Kaffee¬ 
topfe  gesammelten  Beeren  in  einen  Korb  um  und  hielt  den  Topf  der 
Schlange  vor.  Nach  einigen  Entweichungsversuchen  gelangte  diese 
hinein,  worauf  die  Frau  mit  einem  Deckel  den  Topf  verschloß. 
Letztere  will  die  Viper  häufig  beobachtet  haben.  Herr  Dr.  Mayer, 
welcher  das  gefangene  Exemplar  lebend  erhielt,  setzte  dasselbe  in 
ein  Glas  mit  Spiritus  und  schickte  es,  wie  schon  bemerkt,  mir  zu. 


266 


Da  es  die  erste  Aspis  ist,  welche  mit  Sicherheit  seit  vielen  Jahren 
im  Schwarzwalde  wieder  gefangen  wurde,  so  lasse  ich  eine  genauere 
Beschreibung  derselben  hier  folgen  : 

Die  Schnauzenkaute  ist  stark  aufgeworfen.  Von  dem  einen 
Auge  über  die  Schnauzenkaute  bis  zum  Auge  der  andern  Seite  stehen 
8  Schuppen.  Zwischen  den  Supraocularen  befinden  sich  nur  3 
Schuppen  (d.  h.  es  liegt  auf  dem  Scheitel  ein  großes  unregelmäßiges 
Frontale  als  einziges  größeres  Kopfschild).  Zwischen  Auge  und 
Supralabiale  sind  2  Scliuppenreiheu.  Supralabialeu :  10 — 10.  Infra¬ 
labialen:  12-11.  Squ.  21;  G.  6/5,  V.  151,  A.  1,  Sc.  39/39  +  1. 

Kopfrumpflänge  (mit  dem  Fadeu  gemessen):  491  mm. 


Schwanzlänge .  62  » 

Totallänge .  553  »  mm. 

Größter  Körperumfaug .  54  » 


Die  Färbung  der  Oberseite  ist  hellnußbraun  mit  zahlreichen 
schmalen,  dunkelbraunen,  wenig  alternierenden  Querbinden  und  einem 
sehr  matten  dunkleren,  in  schwachem  Zickzack  verlaufenden  Rücken¬ 
streif,  der  diese  Querbindeu  zusammenhält.  Auf  dem  Hinterkopfe 
befinden  sich  ein  paar  symmetrische,  wenig  deutliche,  dunklere  Flecken, 
Eine  dunklere  Temporalbinde  setzt  sich  scharf  ab  gegen  die  hellröt¬ 
lich  weißen  Supralabialeu.  Die  Iris  ist  zur  oberen  Hälfte  rot,  zur 
untern  Hälfte  sch wärzlich- braun.  Die  Unterseite  der  Schlange  zeigt 
ein  Grauschwarz  mit  zahlreichen  undeutlichen,  sehr  kleinen  rötlichen 
und  weißlichen  Fleckchen.  Das  Schwauzende  ist  tieforangerot  gefärbt. 

Über  zwei  seltene  und  eine  neue  Art  Affen  des  zoologischen 

Gartens  im  Haag,  Holland. 

Von  Direktor  Dr.  A.  C.  Oudemans. 

Der  Haager  zoologische  Garteu  erfreut  sich  des  Besitzes  einer 
seltenen  Varietät  des  Sch  we  i n  s  a  f f  en  ,  Macacus  nemestrinus  Linn. 
var.  leoninus  Sclater,  einer  rotrückigen  Meerkatze,  Cercopithecus 
erythrarchus  Peters,  und  einer  neuen  Art. 

Der  Macacus  nemestrinus  Linn.  var .  leoninus  Sclater  ist  ein 
kleines,  aber  prachtvolles  mänuliches  Exemplar  von  sehr  heller  Farbe. 
Statt  der  schwarzen  Kopfbedeckung  sieht  man  bei  ihm  eine  hufeisen¬ 
förmige  Figur  von  etwas  gebräunten  Haaren  auf  dem  Kopfe,  welche 
den  beiden  Ohren  entlang  über  die  Augenbrauen  läuft,  so  daß  die 


267 


offene  Seite  des  Hufeisens  nach  hinten  gekehrt  ist.  Die  Behaarung 
besonders  am  ganzen  Vorderteil  des  Leibes,  ist  länger  als  bei 
M.  nemestrinus  L.  Den  Schwanz  sah  ich  noch  nicht  gekrümmt  getragen, 
wie  dies  sehr  oft  der  Fall  ist  bei  M.  nemestrinus  L.  Das  Gesicht 
und  die  Hände  sind  fleischfarben  oder,  wenn  mau  will,  etwas  braun 
angehaucht.  Nur  die  Knöchel  der  Finger  sind  dunkelbraun. 

Es  ist  bekannt,  daßSclater  (Proc.  Zool.  Soc.  Loud.  1870, 
p.  663,  pl.  35)  einem  solchen  Affen  aus  Burmah  den  Namen  leoniuus 
gab,  der  jedoch  dunkle  Hände  hatte  und  auf  den  Schultern  dunkler 
gefärbt  war.  Im  Leidener  Museum  findet  sich  ein  Exemplar  der 
Varietät  leoninus  aus  Padang  auf  Sumatra.  Auch  ich  kaufte  mein 
Exemplar  als  einen  Lapunder,  herrührend  von  Sumatra. 

Was  das  Naturell  unseres  Affen  betrifft,  so  kann  ich  mitteilen, 
daß  er  den  ganzeu  Tag  fast  unaufhörlich  und  ohne  Ermüdung  zu 
zeigen  spielt,  klettert  und  possierlich  springt,  wobei  er  selbst  rück¬ 
wärts  die  kühnsten  Sprünge  macht,  und  dies  alles,  ohne  einen  Laut 
von  sich  zu  geben,  und  mit  einem  Ernste,  daß  mau  darüber  zu  lachen 
nicht  ermangeln  kann. 

Die  rotrück  ige  Meerkatze,  CercopitJiecus  erythrarchus  Peters, 
deren  Beschreibung  ich  unterlasse  (man  findet  sie  z.  B.  in  Peters’  Reise 
nach  Mozambique,  Zool.  Tome  I,  p.  1,  mit  Figur:  pl.  I,  in  Schlegels 
Museum  d’Histoire  Naturelle  des  Pays-Bas,  12e  livre.  Simiae,  p.  77, 
und  Zool.  Garten  XXX  1889,  p.  207)  ist  ein  ausgewachsenes  pracht¬ 
volles  Männchen.  Sowohl  in  Größe  als  in  Habitus  und  in  Naturell 
stelle  ich  diese  Art  dem  CercopitJiecus  leucampyx  Fischer  an  die 
Seite,  und  man  darf  wohl  in  einer  systematischen  Liste  des  Genus 
CercopitJiecus  diese  zwei  Arten  gleich  hinter  oder  nebeneinander 
stellen.  Mit  geschlossenem  Maule  läßt  sie  bisweilen  ein  starkes,  weit 
ertönendes  »kuhuh«  hören,  wobei  die  ganze  Kehle  zuvor  aufge¬ 
blasen  wird. 

Die  neue  Art  nenne  ich  schwarze  Meerkatze,  CercopitJiecus 
aterrimus.  Herr  A.  Gresshoff  kaufte  sie  mit  einem  CercopitJiecus 
albigena  Gray  von  einem  Araber  bei  den  Stanley-Fällen  (25°  10’ 
0.  L.  Greenw.  0°  Br.)  und  bedachte  im  Juni  d.  J.  mit  diesem  wert¬ 
vollen  Geschenke  den  hiesigen  Garten.  Die  Tiere  waren  offenbar 
seit  verschiedenen  Monaten  zusammen  in  einer  engen  Kiste  einge¬ 
schlossen  gewesen  und  sehr  vernachlässigt.  Mit  offenen  Wruuden  an 
den  Ellenbogen  und  mit  Krusten  über  den  Rücken  und  an  den 
Gliedmaßen  erreichten  die  Affen  aus  der  Mitte  Afrikas  endlich  ’s 
Gravenhage.  Anfänglich  meinte  ich,  es  wären  zwei  SenmopitJieci, 


268 


die  von  den  Arabern  auf  ihren  Zügen  mitgenommen  worden 
wären  bis  nach  der  Mitte  Afrikas.  Bald  zeigte  jedoch  der  eine 
Affe  Backentascheu,  und  ich  konnte  ihn  als  eine  weibliche  grau- 
wangige  Meerkatze,  Cercopithecus  albigena  Gray,  bestimmen.  Erst 
uach  vielen  Wochen  sorgfältiger  Verpflegung  war  eine  Wunde 
am  Ellenbogen  des  zweiten  Tieres  geheilt.  Inzwischen  hatte 
ich  Gelegenheit,  die  gut  entwickelten  Daumen  zu  beobachten 
und  endlich  auch,  als  das  Tier  besser  zu  fressen  begann,  die  Backen¬ 
tascheu.  (Merkwürdig  ist,  daß  auch  Gray  den  C.  albigena  für  einen 
Semnopithecus  ansah.)  Mit  Schlegels  obenerwähntem  Kataloge  der 
Affen  des  Leidener  Museums  kam  ich  nicht  weiter  und  richtete  mich 
deshalb  an  Herrn  Direktor  A.  A.  van  Bern  m  eleu  des  zoologischen 
Gartens  in  Rotterdam  und  an  Herrn  Direktor  Dr.  F.  A.  Jentiuk 
vom  Leidener  Museum  mit  der  Frage,  ob  ihnen  diese  Affen,  von 
denen  ich  eine  genaue  Beschreibung  gab,  bekannt  seien.  Herr  A.  A. 
van  Bemmelen  meinte,  der  Affe  sei  eine  neue  Art,  eng  verwandt 
mit  Cercopithecus  albigena ,  und  er  hatte  die  Güte  mir  zu  berichten,  der¬ 
selbe  sei  nicht  in  den  Proceedings  of  the  Zoological  Society  of  London 
beschrieben.  Herr  Dr.  F.  A,  Jentink  meinte  keinen  sicheren  Be¬ 
scheid  geben  zu  können,  ohne  den  Affen  gesehen  zu  haben,  weshalb 
ich  mich  mit  den  Tieren  nach  Leiden  begab,  wo,  mittels  der  reichen 
Sammlung  ausgestopfter  eigentlicher  Affen  (das  Leidener  Museum 
zählt  deren  mehr  als  800,  wovon  mehr  als  100  Cercopitheci)  ausge¬ 
macht  wurde,  der  Affe  sei  wirklich  eine  neue  Art.  Herr  Dr.  F.  A. 
Jentink  und  Herr  Dr.  C.  L.  Reuvens  waren  mir  mit  großer 
Bereitwilligkeit  bei  der  Bestimmung  behülflich. 

Das  Exemplar  ist  ein  Weibchen.  Es  ist  sowohl  in  Größe  als 
im  allgemeinen  Habitus,  in  Naturell,  Geberden  und  Bewegungen  dem 
G.  albigena  völlig  gleich.  Das  Gesicht  zeigt  vollkommen  dieselben 
Linien  und  trägt  denselben  Ausdruck  wie  die  des  G.  albigena.  Auch 
die  Iris  und  die  Stimme  sind  von  denen  des  C.  albigena  nicht  ver¬ 
schieden.  Der  Unterschied  zwischen  G.  aterrimus  und  G.  albigena 
ist  nun  folgender  : 

G.  albigena  ist  pechschwarz,  mit  Ausnahme  der  Behaarung  am 
Schulterteile  des  Rückens  und  an  dem  Nacken,  welche  schwarzbraun 
oder  braungrau  ist,  und  an  den  Wangen,  wo  das  Tier  sehr  kleine, 
sammetartige,  weißliche  Haare  zeigt,  so  daß  von  einiger  Entfernung 
die  Wangen  unbehaart  erscheinen.  G.  aterrimus  dagegen  ist  am 
ganzen  Körper  pechschwarz,  nur  mit  Ausnahme  der  sehr  reichen 
Behaarung  der  Wangen,  welche  graubraun  ist. 


269 


C.  albigena  hat  sowohl  au  dem  Nacken  als  am  Schulterteile 
des  Rückens  eine  längere  Behaarung  als  am  übrigen  Körper.  Hiervon 
zeigt  C.  aterrimus  nicht  die  geringste  Spur.  G.  albigena  hat,  wie 
oben  erwähnt,  fast  kahle  Wangen,  C.  aterrimus  besitzt  stark  ent¬ 
wickelte  graubraune  Backenbärte.  Unter  dem  Kinne  zeigt  C.  aterrimus 
dieselbe  spärliche  weißliche  Behaarung  wie  C.  albigena. 

C.  albigena  ist  von  allen  andern  Cercopitheci  unterschieden  durch 
die  sehr  verlängerten  Augenbrauen,  welche  zwei  hervorragende  Pinsel 
bilden.  Die  Augenbrauen  des  G.  aterrimus  sind  normal. 

Die  Behaarung  der  Stirne  und  des  Vorderkopfes  des  C.  albigena 
zeigt  nichts  Abnormes  und  geht  sowohl,  was  ihre  Verlängerung  als 
ihre  Farbe  betrifft,  allmählich  über  in  die  abnormale  Behaarung  des 
Nackens  und  des  Vorderrückens.  Bei  G.  aterrimus ,  bei  dem  die 
längere  Behaarung  völlig  fehlt,  sieht  mau  die  Haare  der  Stirne  und 
des  Vorderkopfes  zu  einer  prachtvollen  und  aufrechtsteheuden  Haube 
ausgewachsen.  Diese  sonderbare  pechschwarze  Haube  erinnert  un¬ 
willkürlich  an  verschiedene  Semnopitheci  und  an  Colobus  satanas 
Waterb.  Herr  A.  G  ress  ho  ff  teilte  mir  mit,  daß  auch  dieser  Affe 
( G .  aterrimus)  bei  den  Stanley-Fällen  »Satanas«  genannt  werde. 

Sprachwissenschaft  und  Naturwissenschaft. 

Von  Dr.  med.  Wilh.  Stricker. 

(Fortsetzung  vom  Jahrgang  31,  S.  200). 

XXII.  Gouch,  Kuckuc  k.  *) 

1.  Der  Vogel.  Der  Kuckuck  ist  durch  zwei  Eigenschaften  merk¬ 
würdig  :  einmal  durch  seineu  für  prophetisch  geltenden  R  u  f,  dann 
durch  sein  eigenes  Eheverhältnis.  Wir  haben  für  den  Vogel 
zwei  Namen:  einen,  der  jetzt  teils  überhaupt,  teils  in  der  eigent¬ 
lichen  Bedeutung  ausgelebt  hat  und  uns  fast  nur  auf  gelehrtem 
Wege  bekannt  wird,  gauch,  mittelhochdeutsch  gouch,  und  einen, 
der  frisch  bleibt,  in  jedem  neuen  Frühjahr  sich  auffrischt,  weil  er 
an  den  Ruf  des  Vogels  sich  anschließt,  Kuckuck. 

Auch  gouch  muß  ja  von  diesem  Rufe  entsprungen  sein,  ist  aber, 
losgelöst  von  seinem  Ursprung,  schou  vorgeschichtlich  in  die  Be- 

*)  Deutsches  Wörterbuch  von  Jacob  Grimm  und  Wilhelm  Grimm.  Fünfter 
Band,  bearbeitet  von  Dr.  Rudolf  Hildebrand.  Leipzig,  Hirzel  1873.  Spalte 
2520-2529.  1878  IV,  1,1.  Spalte  1524-1538. 


270 


wegung  der  Sprachentwickelnng  hineingezogen  worden,  so  daß  es 
zwar  den  Lautstoff  des  Vogelrufs  noch  enthält,  aber  eingekleidet  nach 
unseren  Sprachgesetzen :  althochdeutsch  couh ,  gouh ,  gauh ,  mittel¬ 
hochdeutsch  goach,  niederdeutsch  gök ,  angelsächsisch  geak,  alt¬ 
nordisch  gaukr ,  altenglisch  gelte,  noch  nordenglisch  gaivk ,  schwedisch 
gök,  dänisch  gjög ,  norwegisch  gauk ,  neuhochdeutsch  goch ,  gaucli,  ganche , 
gauge ,  güch. 

Kuckuck  ist  starr,  leblos,  wie  ein  Kinderwort,  ohne  die  Laut¬ 
verschiebung,  wie  q  u  a  c  k  q  u  a  c  k  für  Ente,  muh  für  Kuh,  wau¬ 
wau  für  Hund,  miau  für  Katze,  kra  für  Krähe. 

Von  Gauch  wird  im  15.  Jahrhundert  gebildet  gutzgauch, 
d.  h.  der  gutzende,  rufende  gauch,  auch  guchzen,  gucken,  gekugtzen, 
daher  Vogel  gucker,  guggauch,  gukgouch,  guckauch.  Im  16.  und  17. 
Jahrhundert  verschwindet  das  Wort  gauch  in  der  Bedeutung  für  den 
Vogel  oder  wird  durch  Kuckuck  erklärt. 

Gauch  ist  als  erwünschtes  Reimwort  (auch,  Hauch,  Strauch  etc.) 
bei  neueren  Dichtern,  besonders  Rücker  t,  wieder  in  Aufuahme 
gekommen. 

Die  außergermauischen  Formen  von  Kuckuck:  sanskrit  kökila , 
altgriechisch  zozxrL  mittelgriechisch  xovxo  ,  neugriechisch  xoüko, 
lateinisch  cuculus ,  französisch  coucou ,  italienisch  cucco,  cocolo ,  cucuglio , 
cuculo ,  spanisch  cuco ,  cuclillo ,  portugiesisch  cwco,  keltisch  cög ,  cucich, 
slawisch  kukawka,  kulcava ,  kukavica,  lettisch,  estnisch,  littauisch  geguze , 
dseguze,  käkko. 

Der  Vogel  gilt  mit  seinem  Rufe  von  jeher  als  Frühlingsbote, 
also  Sprichwort :  den  Kuckuck  nimmer  rufen  hören  =  den  Sommer 
nicht  erleben.  (Grimm  Mythologie  640.  723). 

Der  Kuckuck  mit  seim  Schreien 

Macht  fröhlich  jedermann  (Mailied,  Uhlauds  Volkslieder  114). 

Sein  Ruf  hat  wahrsagende  Kraft;  mau  läßt  sich  daher  in  seinem 
Thun  durch  den  Ruf  bestimmen,  auch  in  Heiratsfragen;  die  Zahl 
seiner  Rufe  gibt  die  Jahre  an,  die  mau  noch  zu  leben  hat. 

Aber  sein  einförmiger  Gesang  wird  verspottet;  er  gilt  eines¬ 
teils  als  Zeichen  der  Beschränktheit,  andererseits  der  Selbstgefälligkeit. 
»Wenn  der  Guckug  tausend  Jahr  alt  würde,  so  lernt  er  doch  nichts 
anders  denn  Guckug«  Sprichwort  bei  Lehmann,  1.  14.  Kuckuck 
ruft  seinen  eigenen  Namen  aus  =  von  Egoisten  und  Leuten,  die 
immer  von  sich  selber  reden,  Sprichwort  in  Bremen. 

Namentlich  aber  sein  eheliches  Leben  gab  schweren  Anstoß. 
Viel  ist  davon  die  Rede,  daß  er  seine  Eier  nicht  selbst  ausbrütet, 


271 


sondern  anderen  Vögeln  in  die  Nester  legt,  besonders  der  kleinen 
Grasmücke  (welche  deshalb  »Kuckucks- Amme«  heißt),  und  daß  die 
jungen  Kuckucke  gleich  wieder  mit  anmaßlicher  Selbstüberhebung  ins 
Leben  treten,  ja  mit  schwerstem  Undauk  gegen  ihre  Pflegemutter. 

Luther  (Tischreden  3,  202)  sagt,  daß  der  Kuckuck  hat  die 
Natur  und  Art,  daß  er  der  Grasmücke  ihre  Eier  aussäuft  und  legt 
seine  Eier  dagegen  ins  Nest,  daß  sie  die  Grasmücke  muß  ausbrüten. 
Darnach,  wenn  die  jungen  Kuckuck  aus  der  Schale  gekrochen  und 
groß  sind,  so  vermag  die  Grasmücke  nicht  sie  zu  bedecken.  Davon 
werden  die  Kuckuck  aufsätzig  und  zuletzt  fressen  die  jungen  Kuckuck 
ihre  Mutter,  die  Grasmücke.  Darnach  auch  kann  der  Kuckuck  die 
Nachtigall  nicht  leideu. 

Voß  (Gedichte  1802,  I.  173.  1825,  III.  47)  singt: 

Ein  Frühlingsvogel,  der  die  Amme 

Würgt  und  den  eigenen  Namen  ausruft, 
daher  gouch  als  Bastard  (Nibel.  810,  I). 

Wie  anspruchsvoll  er  bei  solchen  Eigenschaften  und  Leistungen 
ist,  zeigt,  daß  er  sogar  zu  faul  ist,  selber  zu  fliegen  beim  Wegzug 
der  Vogel. 

Albertiuus  (Schauplatz  1612,  S.  510)  sagt  nach  Megenberg 
(179,  3),  er  setzt  sich  auf  die  Schultern  des  Weihes. 

Er  hat  auch  einen  Knecht:  Kuckucksknecht,  —  Lakai, 
Kuckucksküster  =  der  Wiedehopf.  Der  Kuckuck  ist,  so  Zusagen, 
der  Pfarrer  des  Waldes,  der  Wiedehopf,  der  sein  Geschrei  nach- 
alimt,  ist  sein  Küster.  K.=  küster  in  niederdeutschen  Gegenden, 
bekannt  aus  M.  Claudius  Rheinweinlied. 

2.  Vom  Menschen:  a.  von  einem,  der  sich  selber  lobt  oder 
verrät:  Hab1  dank,  du  lieber  Kuckuck,  daß  du  so  frisch  deinen 
eigenen  Namen  ausschreist  und  rühmst,  daß  du  wollst  der  Wider¬ 
christ  sein,  Luth  er  6.  320  ;  müssen  sie  (die  Papisten)  wie  der  Kuckuck 
ihren  eigenen  Namen  ausrufeu.  Luther  5,  303. 

b.  besonders  von  undankbaren  Leuten,  namentlich  jungen,  deu 
Erziehern  gegenüber  : 

O  O 

Denn  wo  du  wirst  im  Herzen  dein  — 

Ein  ehrvergeßner  Kuckuck  sein, 

Der,  wenn  er  auferzogen  ist, 

Sein’  herzgetreue  Mutter  frißt. 

Ringwald,  lautere  Wahrheit  1597,  S.  80. 

Math  es  ins  (Luther  Vorrede  1590)  sagt  »undankbarer  Kuckuck«» 
ebenso  Simplicissimus  1,  197. 


—  272  — 

c)  als  Hahnrei,  infolge  einer  im  16.  Jahrhundert  vorge¬ 
gangenen  Verwechslung,  denn  eigentlich  ist,  nach  den  oben  ange¬ 
gebenen  Eheverhältnissen,  das  Männchen  der  Grasmücke  der  Hahnrei, 
dem  sein  Weib  fremde  Kinder  ausbrütet,  während  der  Kuckuck 
vielmehr  als  Wollüstling  gilt,  im  Volkslied  mit  7  bis  12  Weibern 
auftritt.  In  der  That  wird  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  im  Voca- 
bularius  opt.  Lips.  1501  und  in  der  Gemma  Straßb.  1518  :  curruca, 
ein  Grasmuck,  folgendermaßen  weiter  erklärt :  et  capitur  pro  viro 
alienas  proles  nutrieute,  quas  credit  esse  suas,  dazu:  currucare, 
aliquem  currucain  facere,  quod  fit  corrumpendo  ejus  uxorem,  dagegen 
in  Golius  onomasticon  (Straßburg  1588)  cuculus  vel  curruca, 
der  leiden  mag,  daß  sein  Weib  mit  anderen  zu  thun  hat,  Gauch.  *) 

Ebenso  Kirchhof  (im  Wendunmuth  zuerst  1581,  in  der 
Ausgabe  von  Oesterley  I,  366)  :  »diesem  richteten  die  Pfaffen  und 
andere  zu  Hildesheim  das  Wasser  in  die  Schuh,  d.  i.:  machten  ihn 
zum  Guckguck.«  Bei  Ayrer  (244  d)  heißt  es: 

So  wird  sie  mich  doch  nur  auslachen 
Und  aus  mir  einen  Guckguck  machen. 

Ebenso  englisch  cuckold,  schwedisch  hukkuvall,  französisch  cocii. 
Der  Kuckuck  wird  ja  eigentlich  von  seinem  Weibe  auch  betrogen, 
indem  sie  seinen  Kindern  einen  andern  Vater  gibt. 

3.  der  Kuckuck  für  den  Teufel.  Schon  im  16.  Jahrhundert 
kommt  dieser  Gebrauch  vor;  er  ist  seitdem  in  der  Litteratur  so 
häufig,  daß  Beispiele  anzuführen  nicht  nötig  ist.  Kuckuck  folgt 
Teufel  auch  in  der  abgeschwächten  Bedeutung,  wo  es  heißt:  Er 
versteht  den  Kuckuck  (oder  Teufel)  davon,  d.  h.  nichts. 

Es  ergibt  sich  daraus,  daß  dem  Vogel  einst  eine  göttliche  Be¬ 
deutung  beiwohnte,  die  durch  den  Einfluß  des  Christentums  in  eine 
teuflische  verkehrt  wurde,  wie  beim  Kibitz,  mit  .dem  der  Kuckuck 
verwechselt  oder  verbunden  erscheint.  Mannhardt  glaubt  eine 
Beziehung  zum  Donar  zu  finden. 

4.  Zahlreiche  Pflanzen  sind  nach  dem  Kuckuck  genannt: 
cuculus  =  ajuga  pyramidalis,  Berggünsel  ;  gesprenkelter  Kuckuck  = 
orchis  maculata;  K.  —  Blume,  =  Nelke,  —  Salat,  =  Speichel, 
Gauchblume,  cuckooflower  —  cardamine  pratensis,  orchis  militaris, 
lychnis  flos  cuculi,  nasturtium  pratense,  ajuga  reptaus ;  anemone. 

*)  Die  mangelhafte  Naturbeobachtung  des  Mittelalters  zeigt  sich  darin,  daf3 
die  Grasmücke  allein  als  Opfer  des  Kuckucks  angeführt  wird.  Man  kennt 
jetzt  mindestens  30  Vogelalten,  in  deren  Nester  der  Kuckuck  seine  Eier  legt. 
Vergl.  diese  Zeitschrift  an  vielen  Stellen,  besonders  Jahrgang  8  und  13.  Str. 


273 


Kackucksbrot,  =  Klee,  =  Kohl,  Gauch  am  pfer,  =  Klee,  = 
oxalis  acetosella,  oxytriphyllon,  pauis  cuculi. 

Weniger  von  Tieren:  K.  =  Speichel,  cuckoospit,  heißt  auch 
der  Schaum  der  cicada  spumaria,  den  sie  im  Frühjahr  auf  Weiden¬ 
blättern  entwickelt.  Kuckucksringlein  siud  die  kleinen  Eier  der 
Ringel  raupe,  die  man  um  die  Aste  gelegt  findet. 


Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten. 

Von  dem  Herausgeber.*) 

Von  einer  einsichtsvollen  energischen  Frau,  Sophie  Gebhardt,  wurde 
am  1.  August  1865  zu  St.  Petersburg  in  dem  Alexanderpark  ein  zoologischer 
Garten  eröffnet.  Sein  Flächenraum  beträgt  3  Dessj.,  44  □Faden  und  wurde 
anfangs  der  Gründerin  von  Kaiser  Alexander  II.  auf  20  Jahre  pachtfrei  über¬ 
lassen.  Jetzt  wird  vom  Besitzer,  Herrn  Ernst  Rost,  der  sich  1873  mit  Frau 
Gebhardt  verheiratete  (letztere  ist  1887  gestorben),  eine  von  der  Stadtver¬ 
waltung  festgesetzte  Pachtsumme  bezahlt.  Der  Garten  genießt  also  keinerlei 
Unterstützung  und  wird  vollständig  aus  Privatmitteln  erhalten. 

Groß  waren  die  Schwierigkeiten  aller  Art,  die  sich  der  Gründerin  anfangs 
in  den  Weg  stellten,  und  selbst  Schlittschuhbahnen  und  Eisberge  übten  keine 
große  Anziehungskraft  auf  das  Publikum.  Nur  die  Geburt  einer  virginischen 
Beutelratte  ( Didelphis  virginiana )  im  Winter  1865  lenkte  die  Aufmerksamkeit 
der  Tierliebhaber  auf  die  junge  Anstalt,  und  noch  mehr  geschah  dies  durch 
die  Aufstellung  eines  90  Fuß  langen  Walfischgerippes  ( Balaena  mysticetus),  im 
Januar  1867.  Aber  trotz  fortgesetzter  Vermehrung  des  Tierbestandes  hatte 
der  Garten  hart  ums  Dasein  zu  kämpfen  und  mehr  als  einmal  schien  es,  als 
ob  er  in  diesem  Kampfe  der  Ungunst  der  Verhältnisse  erliegen  sollte.  Als 
1873  Herr  Rost  in  die  Leitung  mit  eintrat,  da  zeigten  sich  die  günstigen 
Erfolge  der  neuen  Führung  so  überraschend  schnell,  daß  bereits  im  Spät¬ 
sommer  desselben  Jahres  die  angesehensten  Petersburger  Blätter  auf  das  neue 
Leben,  welches  im  Zoologischen  Garten  erwacht  war,  aufmerksam  machten. 

Der  Sommer  in  St.  Petersburg  dauert  nur  4  Monate,  eine  kurze  Zeit  der 
Ernte  für  einen  Tiergarten,  weshalb  für  Unterhaltungen  durch  Konzerte,  Vor¬ 
stellungen  durch  Künstler  ersten  Ranges  auf  der  offenen  Gartenbühne  und  im 
Saaltheater  u.  s.  w.  auch  im  Winter  gesorgt  wurde.  Für  den  Tierbestand, 
welcher  Jahr  für  Jahr  durch  das  ungünstige  Klima  große  Verluste  hatte,  wurde 
durch  bessere  Wiuterhäuser  gesorgt,  aber  trotzdem  fordert  die  Tierhaltung 
immerfort  bedeutende  Opfer,  wie  daraus  hervorgeht,  daß  innerhalb  17  Jahren, 
von  1873  bis  1889  einschließlich,  der  Gesamtverlust  die  Summe  von  Rubel  104,000 
übersteigt.  Besonders  unglücklich  war  das  Jahr  1880.  Der  damals  herrschenden 
Rinderpest  fiel  die  ganze  Sammlung  von  Wiederkäuern  zum  Opfer,  was  einem 

*)  Nach  der  Festschrift:  „Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten  18(15—1890.  Bei¬ 
träge  zur  Geschichte  desselben  von  Alfred  Seefeld,  Inspektor  des  Gartens.  St.  Peters¬ 
burg.  Buchdruckerei  von  Eduard  Hoppe.  1890. 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXI.  1890. 


18 


274 


Verluste  von  mehr  als  77  °/o  des  Kapital  wertes  des  damaligen  Tierbestandes 
entsprach.  Zwei  Jahre  darauf  büßte  der  Garten  seinen  ganzen  Bestand  an 
schönen  Löwen,  Tigern  und  übrigen  Insassen  des  Raubtierhauses  ein,  die  mit 
Fleisch  gefüttert  worden  waren,  das  ein  gewissenloser  Fleischhändler  von 
Tieren  geliefert  hatte,  welche  einer  Seuche  erlegen  waren. 

So  mußten  für  Neuanschaffungen  seit  1873  über  Rubel  170,000  oder  jähr¬ 
lich  durchschnittlich  Rubel  10,000  verausgabt  werden.  Dazu  kommen  im 
Durchschnitt  jährlich  Rubel  48,000  für  Fütterung,  Heizung  und  Besoldung  der 
Wärter.  Der  Wert  des  Tierbestandes  ist  von  Rubel  4062  im  Jahre  1873  ge¬ 
wachsen  auf  Rubel  82,947  im  Jahre  1890.  Zahlreiche  Neubauten  wurden  im 
Laufe  der  Jahre  ausgeführt,  so  auch  eine  große  gedeckte  Konzert-  und  Restau¬ 
rationshalle,  Gebäude,  die,  wie  deren  Abbildungen  zeigen,  dem  Garten  zur 
Verschönerung  dienen,  der  im  Sommer  durch  elektrische  Lampen  glänzend  be¬ 
leuchtet  ist. 

Der  gewöhnliche  Eintrittspreis  beträgt  nur  30  Kopeken,  während  er  für 
alle  Sommersonntage  auf  20  Kopeken  für  Erwachsene  und  10  Kopeken  für 
Kinder  festgesetzt  ist.  8000  bis  10,000  Zöglinge  verschiedener  Anstalten  be¬ 
suchen  dabei  unter  Führung  ihrer  Lehrer  den  Garten  ohne  Bezahlung. 

Der  St.  Petersburger  zoologische  Garten  ist  der  in  ganz  Europa  am  nörd¬ 
lichsten  gelegene  und  kann  daher  mit  Recht,  was  Zucht-  und  Acclimatisations- 
versuche  anbelangt,  eine  Versuchsstation  in  des  Wortes  verwegenster  Bedeu¬ 
tung  genannt  werden. 

»Schnell  ist  unser  Sommer  vorbei  und  ihm  folgt  der  acht  Monat  lange 
Winter  mit  seinen  Schneestürmen  und  seinen,  selbst  die  dicksten  Pelze  durch¬ 
dringenden  Luftströmungen.  Die  Veränderung  des  Wetters  ist  eine  beständige. 
Frosttage  und  dichter  Nebel,  regenbringende  Westwinde  und  kalte  Nordstürme 
wechseln  fortwährend.  Wohl  kommt  es  im  Sommer  vor,  daß  wir  30°  R.  Hitze 
haben,  diese  Zahl  wird  jedoch  im  Winter  vom  Frost  häufig  übertroffen.  Die 
Temperaturschwankungen  eines  Tages  betragen  oft  10  —  16°.  Es  passiert  hier 
häufig,  daß  man  anfangs  Mai  bei  herrlichem  Wetter  eine  Spazierfahrt  unter¬ 
nimmt,  wo  dann  bei  Sonnenschein  und  14°  Wärme  selbst  der  leichte  Sommer¬ 
überzieher  zu  warm  wird,  abends  8  Uhr  aber  kehrt  man  bei  leichtem  Schnee¬ 
gestöber  heim,  um  am  nächsten  Morgen  Wald  und  Feld  mit  einer  Schneedecke 
überzogen  zu  finden. 

Daher  kommt  es,  daß  wir  Tiere,  welche  in  anderen  zoologischen  Gärten 
den  ganzen  Winter  über  im  Freien  gelassen  werden  und  sich  daselbst  bei 
14 — 16°  unter  Null  ganz  wohl  befinden,  schon  im  Herbst  in  ihre  Winterwoh¬ 
nungen  bringen  müssen.  Die  Zahl  der  Tiere,  welche  in  unserem  Garten  das 
ganze  Jahr  über  im  Freien  gelassen  werden,  ohne  durch  die  Kälte  beziehent¬ 
lich  den  schnellen  Temperaturwechsel  ersichtlichen  Schaden  zu  nehmen,  ist 
denn  auch  eine  sehr  geringe  und  beschränkt  sich  auf  Elchwild,  Damwild, 
Wapiti,  Bären,  Wölfe,  Füchse,  Luchse,  Dachse,  Steinadler,  Seeadler,  Raben, 
Möven,  Enten,  seihst  Braut-  und  Mandarineuten  haben  Kälte  bis  zu  28°  R.,  ohne 
Schaden  zu  nehmen,  ertragen,  wurden  aber  allerdings  bei  so  starker  Kälte  in 
ihre  uu gewärmten  hölzernen  Däuser  getrieben.  Ferner  ist  zu  nennen  eine 
Finken,  Goldammern,  Sckneeammern,  Meisen,  Dompfaffen,  Hakengimpel,  Kreuz¬ 
schnäbel,  Zeisige,  Hänflinge  und  andere  kleine  Vögel  enthaltende  Voliere,  deren 


275 


Insassen  dauernd  allen  Witterungseinflüssen  ausgesetzt  werden.  Das  hierbei 
erzielte  Resultat  ist  ein  befriedigendes,  die  Verluste  unbedeutend. 

Wiewohl  nun  bei  der  Acclimatisierung  und  Eingewöhnung  der  ver¬ 
schiedenen,  vielfach  den  Tropenländern  angehörenden  Tiergattungen  in  dem 
kalten  Petersburger  Klima  weit  größere  Schwierigkeiten  zu  überwinden  sind 
als  in  den  mehr  gemäßigten  Klimaten  der  westlichen  Staaten,  ist  uns  diese 
Acclimatisierung  im  allgemeinen,  dank  der  sorgsamen  Pflege  und  naturge¬ 
mäßen  Haltung  der  Tiere,  vielfach  in  so  überraschender  Weise  gelungen,  daß 
viele  dieser,  ihrer  Freiheit  beraubten  Fremdlinge  es  selbst  in  unserem  hohen 
Norden  zu  einer  lebenskräftigen  Nachkommenschaft  gebracht  haben.  Durch 
derartige  Erfahrungen  hat  unser  zoologischer  Garten  den  russischen  Landwirten 
Fingerzeige  von  großer  praktischer  Bedeutung  geboten.  Gelingt  es  schon, 
wilde,  ihrer  Freiheit  beraubte  und  südlichen  Regionen  angehörende  Tiere  der¬ 
art  einzugewöhnen,  wie  es  in  unserem  Garten  wiederholt  der  Fall  gewesen, 
so  ist  es  doch  ungleich  leichter,  dies  auch  mit  Nutztiergattungen  zu  thun, 
welchen  man  viel  eher  Bedingungen  schaffen  kann,  die  denen  entsprechen, 
an  welche  diese  Tiere  von  Haus  aus  gewöhnt  sind.  Wie  oft  schrecken  noch 
unsere  Landwirte  davor  zurück,  eine  nutzbare  Rinder-  oder  Schafrasse  bei  uns 
einzuführen,  weil  sie  fürchten,  daß  ihnen  unser  Klima  und  andere  Lebensbe¬ 
dingungen  nicht  Zusagen.  Man  sorge  in  solchen  Fällen,  wie  es  in  unserem 
zoologischen  Garten  geschieht,  nur  für  gute,  unserem  Klima  angepaßte  Stal¬ 
lungen  und  für  eine  naturgemäße  Ernährung  und  man  wird  nicht  zu  fürchten 
haben,  daß  eine  holländische  Kuh  oder  ein  englisches  Schaf  oder  Schwein  bei 
uns  degenerieren  oder  gar  zu  Grunde  gehen  werde.« 

Welche  Schwierigkeiten  in  der  Wasserbeschaffung  lagen,  erhellt  aus  nach¬ 
stehendem  Berichte. 

Trotzdem  der  Petersburger  zoologische  Garten  nur  einige  hundert  Schritte 
von  der  Newa  entfernt  liegt,  so  erhalten  doch  seine  Teiche  ihr  Wasser  von 
der  städtischen  Wasserleitung,  was  nebenbei  gesagt  eine  etwas  kostspielige 
Sache  ist. 

Zu  diesen  bedeutenden  Kosten  kommen  im  Winter  noch  andere  Übel¬ 
stände,  die  Teiche  frieren  bis  auf  den  Grund  aus,  Cement  und  Röhren  platzen 
u.  s.  w.  Sämtliche  Schwimmvögel  müssen  daher  im  Winter  in  Häusern  unter¬ 
gebracht  werden,  wo  das  Wasser  erwärmt  wird;  diese  Wärme  teilt  sich  natür¬ 
lich  den  ganzen  Räumlichkeiten  mit  und  wirkt  auf  die  Gesundheit  der  nörd¬ 
lichen  Schwimmvögel  geradezu  verderblich.  Die  Dunen  entwickeln  sich  in 
der  Wärme  nur  äußerst  spärlich,  die  Vögel  können  sich  auf  den  kleinen  in 
den  Häusern  befindlichen  Becken  nicht  ordentlich  tummeln  und  selbst  bei 
sorgsamster  Pflege  und  bester  Fütterung  gingen  in  unserem  Garten  im  Winter 
fast  sämtliche  Schwimmvögel  zu  Grunde,  deren  Neuerwerb  im  Frühjahr  jedes¬ 
mal  bedeutende  Summen  erforderte.  Zur  Erwärmung  des  Wassers  im  Nilpferd-, 
Seelöwen-  und  den  anderen  Bassins  mußten  die  Heizapparate  Tag  und  Nacht 
im  Gange  gehalten  werden. 

Zu  all  dem  gesellte  sich  aber  noch  der  Hauptübelstand  hinzu,  daß  das 
Newawasser  selbst  auf  den  animalischen  Organismus  schädlich  wirkt.  Das 
Newawasser  enthält  so  wenig  Kalk  und  Phosphorteile,  daß  der  häufige  Genuß 
desselben  die  Knochenentwicklung  bei  den  Tieren  vollständig  stört.  Es  treten 
Knochenerweichungen  ein,  welche  nach  längerem  Siechtum  stets  den  Tod  der 


276 


Tiere  zur  Folge  haben,  die  Skelette  der  Tiere  waren  zu  anatomischen  Zwecken 
unbrauchbar  und  vielfache  Versuche  ergaben,  daß  die  Knochen,  hauptsächlich 
Schädel-  und  Schenkelknochen,  vollständig  porös,  fast  schwammig  waren.  Seit 
Jahren  war  es  daher  Herrn  Rosts  eifrigstes  Bestreben  gewesen,  diesen  Übel¬ 
ständen  abzuhelfen.  Den  Tieren  wurden  Salz,  Phosphate  etc.  zum  Futter 
gegeben,  aber  alles  dies  that  der  Sterblichkeit  nur  wenig  Einhalt. 

Da  kam  Herr  Rost  auf  den  Gedanken,  nach  gelungenen  Versuchen  in  der 
Umgebung  auch  in  unserem  zoologischen  Garten  einen  artesischen  Brunnen  zu 
bohren;  erst  mußten  wir  uns  jedoch  vergewissern,  ob  das  Wasser  auch  zur 
Tränkung  der  Tiere  gebraucht  werden  könne  und  nicht  etwa  schädlich  sei. 
Zu  diesem  Zwecke  wurden  einige  Fässer  voll  von  dem  artesischen  Wasser 
eines  Nachbarbrunnens  geholt  und  damit  folgende  Versuche  gemacht: 

Erstens  wurden  6  Goldfische  besorgt,  von  denen  3  in  Newawasser  und 
8  in  das  dem  artesischen  Brunnen  entnommene  Wasser  gesetzt  wurden.  Nach 
4  Wochen  waren  2  Fische  in  dem  Newawasser  gestorben,  jene  3  in  dem  Brun¬ 
nenwasser  dagegen  gesund  und  munter. 

Zweitens  wurden  2  gewöhnliche  Enten,  2  Wildenten  und  2  Gänse  ab¬ 
gesperrt  und  nur  mit  dem  Brunnenwasser  getränkt  und  ihnen  dasselbe  auch 
zum  Baden  gegeben. 

Drittens  wurde  ein  Puma  nur  mit  dem  Brunnenwasser  getränkt.  Am 
ersten  Tage  wollte  er  es  nicht  nehmen,  es  wurde  ihm  wiederholt  vorgesetzt, 
er  leckte  wohl  einige  Male  daran,  zog  sich  aber  gleich  darauf  scheu  zurück. 
Am  nächsten  Tage  erhielt  er  das  Wasser  gemischt,  und  zwar  2/3  Newa-  und 
ü 3  Brunnenwasser  und  jetzt  trank  er  davon.  Der  Prozentsatz  des  Brunnen¬ 
wassers  wurde  täglich  etwas  vergrößert,  und  bereits  nach  8  Tagen  trank  er 
das  reine  Brunnenwasser.  Am  zwölften  Tage  setzten  wir  ihm  versuchweise 
zwei  Schüsseln  vor;  die  eine  enthielt  Newa-,  die  andere  Brunnenwasser.  Der 
Puma  beroch  die  Schüssel  mit  dem  Newawasser  und  wandte  sich  sofort  der 
Schüssel  mit  dem  salzhaltigen  Wasser  zu,  welche  er  gierig  leerte. 

Nach  den  ersten  vier  Wochen  konnten  wir  sämtliche  Versuche  als  geglückt 
ansehen,  da  alle  nur  mit  dem  Wasser  aus  dem  artesischen  Brunnen  getränkten 
Tiere  sich  äußerst  wohl  befanden,  und  dies  war  genügend,  Herrn  Rost  zu 
veranlassen,  die  Bohrungen  sofort  in  Angriff  zu  nehmen. 

Am  21.  Januar  (2.  Februar)  1887  wurde  das  Bohrloch  hinter  den  Raub¬ 
vogelvolieren  dicht  bei  den  Teichen  angelegt.  Das  Erdreich  bestellt  in  unserem 
Garten  in  seiner  oberen  Schicht  aus  Schwimmsand  und  haben  wir  bei  3  Fuß 
Tiefe  bereits  Grundwasser;  es  mußten  daher  erst  starke  (vierzöllige)  Röhren 
bis  auf  die  festen  Schichten  in  die  Erde  getrieben  werden,  um  das  Zufallen  des 
Bohrloches  zu  verhindern.  Diese  Röhren  wurden  86  Fuß  tief  in  die  Erde  hin¬ 
eingeschraubt,  wo  sie  festen  Grund  faßten  und  nicht  weiter  zu  bringen  waren. 

Nun  ging  die  eigentliche  Bohrung  mit  Meißel  und  Wasserspülung  los. 
Am  26.  kam  das  Wasser  bereits  so  stark  gelaufen,  daß  es  überflüssig  wurde, 
Wasser  zur  Spülung  in  das  Rohr  zu  pumpen,  und  am  nächsten  Morgen  3  Uhr 
bei  einer  Kälte  von  14°  R.  floß  das  Wasser  voll  aus  dem  vierzölligen  Rohr. 
Das  Bohrloch  war  fertig;  es  ist  565  Fuß  tief  und  wurde  trotz  dreimaliger 
Störung  (einmal  brach  das  Gestänge  und  zweimal  mußten  starke  Sandsteine 
durchbohrt  werden)  in  der  kurzen  Zeit  von  38  Tagen  fertiggestellt. 


277 


Das  Wasser  war  9°  R.  warm  und  hatte  denselben  salzigen  Geschmack 
wie  das  des  artesischen  Brunnen  auf  der  12  Werst  entfernten  Fabrik  des  Herrn 
Yogelgesang.  Das  Brunnenrohr  wurde  in  ein  großes,  auf  einem  18  Fuß  hohen 
Unterbau  befindlichen  Reservoir  geleitet  und  nun  hatten  wir  Wasser  im  Über¬ 
fluß,  denn  der  Brunnen  gab  in  der  Minute  458  Liter.  Durch  Röhrenleitungen 
wurde  das  Wasser  vom  Reservoir  aus  in  die  Häuser  geführt  und  sämtliche 
Tiere  erhielten  von  jetzt  ab  nur  dieses  Wasser. 

Es  sind  nun  über  drei  Jahre  her,  daß  unser  Brunnen  fertig  ist  und  ich 
kann  wohl  sagen,  daß  er  unsere  kühnsten  Erwartungen  übertroffen  hat.  Die 
Wasserheizung  für  das  Nilpferd-  sowie  die  anderen  Bassins  ist  überflüssig  ge¬ 
worden.  Die  Tiere  erhalten  das  Wasser  direkt  aus  dem  artesischen  Brunnen, 
welcher  vom  Nilpferdhaus  300  Schritt  entfernt  ist,  und  trotzdem  behält  das 
Wasser  seine  Wärme  von  9°  R.  und  die  Tiere  fühlen  sich  äußerst  wohl  dabei. 

Die  Teiche  der  Schwimmvögel  bleiben  den  ganzen  Winter  offen.  Zur 
Nacht  werden  die  Schwimmvögel  in  am  Teiche  befindliche  Häuser  unterge¬ 
bracht  und  wenn  man  sieht,  wie  sich  die  Vögel  des  Morgens,  wenn  die  Häuser 
geöffnet  werden,  mit  lautem  freudigen  Geschrei  und  Geschnatter  in  das  Wasser 
stürzen,  um  sich  lustig  in  dem  klaren  Wasser  herumzutummeln,  dann  begreift  man 
leicht,  daß  eine  derartige  Einrichtung  zu  ihrer  Erhaltung  unbedingt  notwendig  ist. 

Wie  also  aus  dieser  Skizze  zu  sehen  ist,  haben  wir  durch  die  Anlage  des 
artesischen  Brunnen  wesentlich  für  die  Erhaltung  unseres  Tierbestandes  ge¬ 
sorgt,  welche  uns  von  jeher  die  größten  Schwierigkeiten  machte  und  allerdings 
teilweise  auch  heute  noch  macht.« 

Eine  Liste  der  in  dem  St.  Petersburger  zoologischen  Garten  geborenen 
Tiere  werden  wir  besonders  bringen.  Über  die  Fortpflanzung  des  Nilpferdes 
hat  uns  Herr  Inspektor  Alfred  Seefeld  schon  genau  im  Jahrgang  XXX> 
1889,  S.  161  u.  flg.  berichtet. 

Achtung  muß  man  aber  vor  solcher  Thatkraft  haben,  die  vor  keinen  Hinder¬ 
nissen  zurückschreckt  und  unentwegt  immer  von  neuem  auf  ihr  Ziel  losgeht; 
sie  hat  den  Erfolg  für  sich,  und  so  wünschen  wir,  daß  der  Petersburger  zoolo¬ 
gische  Garten  sich  weiterhin  gut  entwickeln  möge  und  daß  besonders  der 
Wunsch  des  Besitzers  in  Erfüllung  gehe,  das  gar  zu  kleine  Gebiet  seines  Gartens 
bald  vergrößern  zu  können. 


Zo o-B iologisclies  aus  Paris. 

Von  Ernst  Friedei  in  Berlin. 

(Schluß.) 

III.  Der  A  cclimatations- Garten. 

Was  der  Menagerie  des  Jardin  des  Plantes  an  Raum  fehlt,  das  hat  der 
»Eingewöhnungs-Garten«  im  Überfluß;  gemeinsam  ist  diesem  mit  jenem,  daß 
er  dem  Pflanzen-  wie  Tierreich  gleichmäßig  dient.  Dieser  Umstand  hat  daher 
auch  in  und  bei  Paris  das  Entstehen  einer  »Flora«  wie  in  Frankfurt  (Palmen¬ 
garten),  Köln,  Charlottenburg  verhindert.*) 


*)  Der  Jardin  d’Acclimatation  ist  den  ganzen  Tag  geöffnet;  Eintritt  1  fr.,  Sonn-  und  Feier¬ 
tags  50  cent.  Eine  einfahrende  Droschke  bezahlt,  einschließlich  des  Kutschers,  3  frs.,  dazu  das 


278 


In  den  seit  der  vorletzten  Weltausstellung  verflossenen  11  Jahren  ist  zur 
Verbesserung  des  Gartens  in  verschiedenen  Rücksichten  viel  geschehen.  Das 
Prinzip,  nur  nützliche  Geschöpfe  zu  pflegen,  hat  in  mehrfacher  Beziehung  ver¬ 
lassen  werden  müssen.  Nicht  daß  man  Raubtiere  und  andere  unnütze  Bestien 
angekauft  hat,  wohl  aber  meinte  die  Verwaltung,  doch  in  einzelnen  Fällen, 
wenn  dgl.  zum  Geschenk  angeboten  wurden,  annehmen  zu  sollen,  um  das 
Publikum  nicht  vom  »Stiften«  zurückzuschrecken. 

Wir  betreten  das  weitläufige  Gelände  von  der  Porte  des  Sablons  aus,  im 
wesentlichen  uns  rechts  haltend.  Es  fällt  uns  zunächst  ein  A'erkaufslokal 
für  Zimmerpflanzen  ins  Auge,  aus  dem  Eingewöhnungs-Garten  von  Hy  eres  (Var) 
stammend,  darin  Becken  mit  verkäuflichen  Goldfischen.  Es  folgt  eine  Aus¬ 
stellung  von  verkäuflichen  Tierkäfigen,  Tiergehegen,  Gitterproben  etc.,  in  der 
Nähe  die  Endstation  der  schmalspurigen ,  den  Garten  durchschneidenden 
Eisenbahn,  welche  mit  Mauleseln  befahren  wird. 

Die  eigentliche  Tierwelt  beginnt  rechts  mit  dem  Affenhaus,  das  nicht 
viele  Species  und  Exemplare  enthält,  soweit  ich  übersah,  nur  der  alten  Welt, 
Tiere,  die  etwa  noch  in  Zimmerkäfigen  ohne  Belästigung  gehalten  werden 
können,  einschließlich  der  kleinsten  Paviane.  Gegenüber  ein  Wasserbecken 
für  den  australischen  Ibis  strictipennis,  den  Löffelreiher  (Platalea  leucorodia), 
den  Sichler  ( Plegadis  falcinellus ),  den  heimischen  und  den  Guia  na¬ 
iv  iebitz  ( Vcmellus  cristatus  und  V.  cayennensis),  den  Schwarzibis  ( Ibis 
melanopsis),  den  Seidenreiher  (Herodias  jubata)  und  noch  mehrere  Reiher- 
und  Storch-Arten.  —  Besonders  untergebracht  ist  der  Ivagu  ( Rhinochetus 
jubatus)  von  Neu-Kaledonien. 

Rechts  weiter  Pfauen,  Hühner,  Fasanen,  Puten  (darunter  eine 
französische  schwarze  Spielart  des  zahmen  Puters).  Links  gegenüber  mehrere 
Arten  Kraniche,  egyptische  Störche.  Rechts  wilde  Truthähne 
und  Bauer  mit  der  Schneeeule  ( Nictea  nivea )  bezeichnet  »vom  Nordpol«. 

Käfige  mit  zum  Teil  seltensten  Tauben,  Hühnern  und  Fasanen, 
Satyrhühner  ( Geriornis  Cdboti,  C.  Temminckii  [China],  C.  Hastingii 
[Indien],  0.  satyrd).  —  Die  Schneetaube  ( Columba  nivea  von  Chile) ;  Phasianus 
Waltichii  von  Nord-Indien.  —  Noch  weitere  lange  Fasanen-Geliege  mit  Ph. 
Eeevesii  u.  dgl.;  Flugkäfige  mit  kleinen  Papageien,  Sittich  e  n,  exotischen 
Singvögeln  als  Kardinäle  etc. 

Bauer  mit  der  Alpendohle  ( Phyrrhocorax  alpinus).  Große  dreiteilige 
Voliere  mit  Ibis  ruber ,  I.  religiosa ,  I.  falcinellus ,  I.  Macei,  I.  strictipennis  und 
dem  Nachtraben  ( Nycticorax  griseus ),  dem  Reiher,  der  durchseinen  unheim¬ 
lichen  nächtlichen  Ruf  zu  den  Vögeln  gehört,  die  im  Volksbewußtsein 
die  Überlieferung  vom  »nächtlichen  Heer«  aufrecht  erhalten. *  *)  Im  Mittel¬ 
teil  Sultans  h  üb  ner  ( Porphyr  io  Hyacinthus)-,  Aranides  cayennensis ;  der 
Spiegel  pfau  ( Polyplectron  Chinquis ;  Euploc&mus  Swinhoei  von  For- 

Eintrittsgeld  der  Fahrgäste.  Im  Sommer  Sonntags  und  Donnerstags  Konzert  ohne  Preis¬ 
erhöhung- ;  an  diesen  Tagen  findet  ein  direkter  Omnibusdienst  zwischen  dem  Boulevard  des 
Italiens  und  dem  Garten  (1  fr.  hin  und  zurück)  statt.  Zum  Garten  und  in  ihm  eine  schmal¬ 
spurige,  mit  Ponnies  und  Mauleseln  betriebene  Eisenbahn.  Vgl.  eine  Beschreibung  des 
Gartens  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll  im  Jahrg.  1S73,  S.  387—393. 

*)  Im  Berliner  Stadtbuch  heißt  es  im  Buch  der  Übertretungen:  „Anno  domini  1123 
feria  quarta  ante  Johannis  baptistae  quaedam  mulier  est  combusta,  quod  fecit  pulveres  et 
toferyg-e,  et  quia  pulveres  do  noctieorate  (Nachtrabe)  fecerat.“ 


279 


rnosa,  Columba  leuconota;  der  Inambu  ( Rhynchotus  rufescens ),  einer  riesen¬ 
haften  Wachtel  gleichend,  von  Brasilien;  ebendaher  Schakus  ( Venelope  pl¬ 
icata)  nnd  von  Mittelamerika  P.  purpurascens)’,  der  Hokko  ( Crax  Salvini )  von 
Brasilien;  Mitua  tuberosa  von  Guyana;  Scyphaps  Lophotes  von  Australien; 
ebendaher  Phaps  chalcopterus);  Columba  Guineae  vom  Senegal;  Crax  carun- 
culata.  Brasilien;  Columba  tigrina,  Java;  Dolchstichtauben,  deren  Auf 
treten  auf  dem  Vogelmarkt  vor  etwa  15  Jahren  so  viel  Aufsehen  machte  und 
deren  Züchtung  sich  die  Prinzessin  Carl  von  Preußen,  Schwägerin  Kaiser 
Wilhelms  I.,  als  Patronin  des  Berliner  Vogelzuchtvereins  »Cypria«  angelegen 
sein  ließ.  —  Crax  dlector  von  Guyana;  Goura  coronatcv,  Neuguinea.  —  Im 
liuken  Flügel  u.  a.  kleine  Pracht-Enten,  darunter  Dendrocygna  fulea  von 
Brasilien,  D.  viduata  und  D.  auctumnalis,  die  nordamerikauische  Prachtente 
{Aix  sponsa  und  A  galericulata),  das  Teichhuhn  ( Gallinula  Chloropus ). 

Es  folgt  ein  kleineres  Bauer  mit  einer  albinen  Dohle,  Corvus  moncdula, 
und  dem  australischen  Flöten vogel,  Gymnorhina  leuconota.  Dahinter  eine 
lange  Flucht  von  Fasanengehegen.  Darin  das  chinesische  Hornhuhn,  Tragopan 
Temminckii,  mit  griechischen  Landschildkröten,  Testudo  graeca,  zusammen; 
der  Elliots-Fasan;  der  japanische  Phasianus  versicolor;  der  Ohrenpfau 
Crossoptilon  auritum;  das  hochgebirgische  Mon al,  Lophophorus  refulgens ;  die 
Himalaya-Taube,  Columba  leuconota.  In  der  Nähe  Käfige  mit  Raben. 

Vor  allen  diesen  Gebauern,  denen  sich  noch  ein  Gehege  mit  Säbel- 
antilopen  {Antilope  leucoryx)  anschließt,  liegt  ein  geräumiger  viereckiger 
Plan  mit  schön  blühenden  Teppichbeeten;  in  der  Mitte  die  Marmorstatue 
Daubentons  mit  einem  Merinoschaf.  Gegenüber  dieser  Bildsäule  ein 
hufeisenförmiges  Haus,  niedrig,  doch  zweistöckig,  mit  Tragopan  Temminckii, 
Tauben  und  Wachteln  etc.  Ortyx  pectoralis  von  Mexiko. 

Dahinter  ein  Einzelkäfig  mit  dem  gewaltigsten  der  europäischen  Vögel, 
dem  Mönchsgeier  (Vultur  monachus).  Es  schließen  sich  Pfauen  an,  weiße, 
daneben  eine  mir  bisher  entgangene,  schwärzlich  oder  bräunlich  abschattierende 
Spielart,  paon  panache,  mehr  merkwürdig  als  schön;  rechts  dahinter  noch 
mancherlei  Tauben  und  Hühner,  links  zweihöckerige  Kamele  und 
schlanke  chinesische,  ramsnäsige  Schafe,  Pos  indicus  und  schlanke  Ziegen. 
Jene  Schafe  heißen  Ong-ti  und  werden  im  Reich  der  Mitte  auf  Fleisch  ge¬ 
züchtet,  ihr  Wuchs  ähnelt  unsern  friesischen  Rassen.  Sodann  sudanische  Fett¬ 
steißschafe. 

Rechts  ein  Gewässer  mit  »canards  de  Y  e  d  d  o  «  ,  mit  schwarzen 
Schwänen  u.  drgl.  Links  Lama,  Nylgau-Antilopen  ( Portax  pictus) 
und  kleinere  Känguru- Arten.  Weiter  rechts  ein  Hügel  mit  einem  statt¬ 
lichen  Trupp  von  Riesen  -  Känguru  ( Macropus  giganteus) ,  ferner  M.  eru- 
bescens,  M.  rufus,  M.  labiatas  und  M.  Bennettii. 

Es  folgt  die  Reitschule  (ecole  d’equitation),  Pferdeställe  mit  vielen 
Pferderassen,  ähnlich  wie  in  dem  landwirtschaftlichen  Institut  unter  Pro¬ 
fessor  Julius  Kühn  in  Halle  a./S.,  und  mit  aller  Ausrüstung  für  den  Reitsport. 

Dann  Ställe  mit  der  zierlichen  spanischen  Ziege  ( Capra  agrimia ). 

Die  in  der  Nähe  befindlichen  Kaninchengelasse  sind,  wie  man  sich 
bei  dem  Ansehen  der  Kaninchenzucht  in  Frankreich  leicht  vorstellen  kann, 
vorzüglich  und  mit  edelsten  Rassen  besetzt:  »beliers  gris«  mit  enormen 
Ohren;  »geants  de  Flandres«,  größte  Fleischrasse;  Hasenkani nchen , 


280 


»ldporides  ä  poil  gras«  etc.  Daneben  Känguru-Ratten  und  Chin¬ 
chilla  laniger  von  Chile. 

Dahinter  Sau  buchten,  darin  u.  a.  Phacochoerus  africanns  und  Pli. 
aethiopicus ,  daueben  langolirige  ägyptische  Ziegen  mit  Ramsnasen. 

Beim  Weitergehen  begegnete  mir  eiu  Kinderwagen,  von  einem  Lama- 
Dreigespann  gezogen. 

Das  nächste  Wasserbecken  enthält  den  seltenen  hinterindischen  Fisch¬ 
otter  ( Lutra  Nair).  Nachdem  man  eine  Gesellschaft  von  Aguti  passiert, 
wird  die  Stallung  für  3  große  Giraffen  betreten,  dabei  sind  Paka  ( Coelo - 
genys  Paca )  aus  Südamerika  und  Tapirus  americanus  mit  niedlichen  weißge¬ 
streiften  Jungen  untergebracht.  Die  Giraffen  kamen  1874  aus  Abyssinien. 
Ferner  darin  Strauße  und  kleine  Ziegenböcke  vom  Senegal,  an  die 
erwähnten  kleinen  spanischen  »bouquetins«  erinnernd. 

In  der  Nähe  wird  uns  die  Geschichte  der  Erde,  »le  monde  antedi- 
luvien«,  nach  ihren  Hauptepochen,  in  einem  Panorama  gezeigt. 

Folgt  ein  zum  Beiten  benutzter  afrik  ani  scher  Elefant,  ferner  Equus 
haemionus ,  E.  Zebra  und  E.  Burchellii. 

Außerdem  erstreckt  sich  hier  in  der  Nähe  eine  große  begraste  Fläche 
mit  Straußen  und  Zebra.  Daneben  Käfige  für  »Alpalamas«,  im  Garten 
geboren,  für  Cervus  Peevesn  aus  Ningpo,  männlich  und  weiblich,  geboren  bei 
Herrn  Cornely  im  Schloß  Beaujardin  zu  Tours,  ferner  im  Garten  geworfene 
Alpacas.  Gegenüber  Rentiere  und  Auclienia  Lama  zusammen. 

Man  kommt  jetzt  zu  der  vielbesprochenen  »Y acherie«  und  »Laiterie«, 
wo  kleine,  reichmelkende  bretonische  Kühe,  eine  auffallend  winzige,  vor¬ 
geschichtliche  Rasse,  fette  und  gute  Milch  spenden. 

Gegenüber  waren  in  einem  großen  Becken  vier  Seelöwen  ( Otaria 
Stellen )  untergebracht,  von  denen  einer  »more  solito«  ohrzerreißend  blökte. 
Mit  ihnen  vertrugen  sich  Kormorane,  darunter  der  zum  Fischfang  abge¬ 
richtete  chinesische.  Rechts  die  » Cicogne  blanche «,  Löffel  reih  er  und 
ähnliche  Gesippen. 

Das  nahbelegene,  ganz  schlicht  eingerichtete  Aquarium  enthält  zu¬ 
nächst  14  gleichartige  Behälter:  4  für  Süßwasserfische,  3  mit  See¬ 
rosen,  1  mit  Pfeilschwanz-Krebsen  ( Limulus  Polyphemus),  1  mit 
Hummern,  1  mit  Petermännchen,  Crenilabrus  und  Seekrebsen 
1  mit  Seeaalen  ( Conger )  und  Einsiedler- Krebsen,  1  mit  Krabben, 
Garneelen  und  Seestichlinge  ( Gasterosteus  spinachia ),  1  mit  See- 
an  gen  und  1  mit  Seepferdchen.  Am  andern  Ausgange  3  kleine  frei¬ 
stehende  Kasten  mit  dem  gemeinen  Stichling,  Bars  und  Goldfisch. 

Künstliche  Fischzucht  in  ihrem  Entwickelungsverlauf.  Dabei  Behälter 
mit  dem  neuerdings  viel  empfohlenen  »Blackbass«  ( Micropterus  pallidus ) 
und  »Cat fish«  ( Silurus  [ Pimelotus ]  catus)\  Orfen  (Idus  melanotus );  Regen¬ 
bogen  forellen  (Salmo  irideus) ;  »S  il  ver- Bas  s«  oder  »Per  ch  e  du  Canada«, 
kalifornischer  Salmo  Quinat  und  Blendlinge  des  mexikanischen  Axolotl. 
Alle  diese  Tiere  aus  der  Sammlung  des  Herrn  Loewy,  der  für  FisclnEin- 
gewöhnung  viel  gethan  hat. 

Bei  der  „ piscicnltureu  waren  als  augenblicklich  seltenste  Tiere  des  Gartens 
Schwarzfuß-Pinguine  ( Pinguins  aux  pieds  noirs ),  Spheniscus  demersus 
vom  Kap  der  Guten  Hoffnung  untergebracht,  plumpe,  glänzend  gefiederte  Ge- 


281 


seilen,  welche  die  eigentlichen  Pinguine  womöglich  noch  an  Seltsamkeit  des 
Gebahrens  übertreffen. 

Hinter  dem  Aquarium  Käfige  mit  Myopus  Coypu,  Codogenys  Paca  und 
Procyon  lotor.  In  den  sehr  geräumigen  Mittelgehegen  des  Parks  Nylgau- 
Antilopen,  Riesenantilopen  (Boselaphus  Oreas)  und  G  n  u.  Fast  in  der 
Mitte  ein  Felsen  für  Gemsen,  Mähnen  schafe  (Om  tragelaphus),  einen  schönen 
Steinbock  der  Pyrenäen  (lbex  hispanica).  Daneben  Buchten’ für  ungarische 
Zackeischafe  und  Yak  (Bos  grunniens).  Dahinter  ein  lang  gestreckter  Geflügel¬ 
teich  mit  Unmengen  von  Enten,  Gänsen  und  Schwänen.  Besonders  ver¬ 
wahrt  zierliche  Mandarinentchen.  In  der  Nähe  des  großen  Teichs  ein 
sehr  stattlicher  Taubenturm.  In  der  Nähe  ein  einsames  Bauer  mit  der 
Königsweihe  ( Milvus  regalis). 

Längs  der  Mauleselbahn,  deren  Waggons  8  Personen  fassen,  zum  Aus¬ 
gang  steuernd  passieren  wir  noch  den  Hirschpark  mit  zur  Zeit  geweihlosen 
Wapitis,  Molukkenhirschen,  Damwild,  v  i  r  g  i  n  i  s  c  h  e  n  Hirschen 
und  Schwein  s  h  i  r  s  c  h  e  n. 

Nahe  dem  Ausgange  ist  der  berühmte  Hundezwinger  mit  den 
schönen  schweren  französischen  Bracken,  die  mir  hier  schon  1878  auffielen, 
australischen  Dingo-Hunden,  asiatischen  Windhunden  und  einer 
Menge  meist  verkäuflicher  edler  Rassehunde. 

Den  Schluß  macht  in  Verbindung  mit  einem  vornehmen  Warmhause 
eine  stattliche  Sammlung  von  Aras,  Papageien,  Kakadus,  Sittichen, 
Blut  finken,  Webervögeln  u.  dgl. 

Im  Anschluß  an  den  Eingewöhnungsgarten  will  ich  noch  schließlich 
anführen,  wie  auch  die  nahe  belegenen  zwei  großen  Seen  des  Boulogner 
Gehölzes  eine  Menge  von  Wasser  vögeln,  namentlich  Enten  beherbergen. 
Unter  den  Gänsen  fielen  mir  dort  einige  der  seltsamen  Lockengänse 
(Anser  danubialis )  auf,  dieselbe  Spielart,  welche  ich  als  eine  Besonderheit  des 
Kölner  zoologischen  Gartens  (Jahrgang  1888  d.  Z.  S.  87)  beschrieben  habe. 


Korrespondenzen. 


Lenkoran,  18/30.  Juli  1890. 

Vielleicht  haben  Sie  Gelegenheit,  einem  sehr  gewandten  Ausstopfer  und 
Präparator,  der  hier,  wo  ein  Dorado  der  Wasservogelwelt  zu  sein  scheint, 
ein  Atelier  aufgeschlagen  hat,  an  Museen  und  ähnlichen  Anstalten  zu  Kund¬ 
schaft  zu  verhelfen.  Er  arbeitet  recht  billig.  Seine  Adresse  ist:  Rußland, 
Kaukasus,  Gouvernement  Baku,  Kreisstadt  Lenkoran,  Herr  L.  S er ed o witsch. 
Er  versteht  deutsch.  C.  Greve. 


Düsseldorf,  den  20.  August  1890. 

Über  das  Vorkommen  der  Hausratte,  Mus  rattus ,  kann  ich  die  Mit- 
eilung  machen,  daß  dieselbe  vereinzelt  im  hiesigen  zoologischen  Garten 
gefangen  worden  ist.  Im  vorigen  Sommer  wurde  ein  Exemplar,  in  diesem 
Sommer  bereits  zwei  Stück  gefangen.  Vielleicht  hat  das  in  unmittelbarer 


282 


Nähe  gelegene  ehemalige  Kloster  Düsseithal,  jetzt  eine  Erziehungsanstalt,  in 
seiner  Mühle  und  seinen  weitläufigen  Ökonomiegebäuden  der  Hausratte  den 
nötigen  Schutz  gewährt.  Goffart,  Inspektor. 


Marburg  i.  Hessen,  im  August  1890. 

Uber  einige  abweichende  Nist  plätze  von  heimischen 
Vögeln.  —  Parus  palustris  L.  Die  Sumpfmeise  fand  ich  bei  Breslau  in 
dem  durchbrochenen  Boden  eines  Singdrosselnestes,  in  den  sie  eine  Menge  von 
Niststoffen  getragen  hatte,  brütend. 

Certhia  familiaris  brachyclactyla  (C.  L.  Brehm),  der  kurzzehige  Baum¬ 
läufer  —  nur  diese  Subspecies  in  ausgeprägtester  Form  bewohnt  die  Gegend 
des  Niederrheins  ■ —  brütet  fast  immer  hinter  losgesprungener  Baumrinde  oder 
in  ähnlichen  spaltenartigen  Öffnungen.  Bei  Wesel  fand  ich  1883,  wie  bereits 
im  Journ.  f.  Ornith.  1887  S.  256  mitgeteilt,  ein  Nest  in  hohem  Grase  an  einer 
Hecke,  hart  über  dem  Boden.  Es  war  leichter  und  unordentlicher,  aber  nicht 
ganz  unähnlich  dem  Neste  eines  Pliylloscopus  .fitis,  mit  seitlicher  Öffnung 
gebaut.  Nur  einige  hundert  Schritte  von  jener  Niststelle  brütete  1889  ein 
Baumläufer  in  einem  gemauerten  Brückenpfeiler  in  einem  Loche,  durch 
welches  die  Kette  der  Zugbrücke  lief.  Der  Gedanke  liegt  nahe,  daß  es  das¬ 
selbe  Paar  von  1883  ist. 

Pica  pica  (L.),  die  gewöhnlich  in  hohen  Bäumen  brütende  Elster 
brütet  nicht  selten  auch  in  niedrigen  Chausseebäumen,  Hecken  und  Büschen 
zuweilen  so  niedrig,  daß  man  hineinsehen  kann.  Ein  solches  Nest  fand  ich 
bei  Glatz  einmal  mit  der  ungewöhnlichen  Zahl  von  neun  Eiern  belegt.  Im 
Frühjahr  1889  brütete  eine  Elster  unter  dem  Dache  einer  Baracke  im  Lager 
Friedrichsfeld  bei  Wesel. 

Cotyle  riparia  (L.),  die  Uferschwalbe  nistet  bekanntlich  in  selbst¬ 
gegrabenen  tiefen  Löchern.  Nach  Überschwemmung  einer  Brutkolonie  am 
Rheinufer  bei  Wesel  brütete  ein  Paar  in  einem  Steigerloche  eines  großen 
Ökonomiegebäudes. 

Muscicapa  grisola  L,  der  graue  Fliegenfänger  brütete  1890  in 
Friedrichsfeld  in  einem  verlassenen  Mehlschwalbenneste. 

Acanthis  cannabina  (L.),  der  Hänfling  brütet  für  gewöhnlich  frei  in 
Büschen  oder  Hecken.  In  der  Mark  fand  ihn  Herr  Oberst  Nernst  wiederholt 
in  Torfhaufen  nistend,  bei  Wesel  fanden  wir  seine  Nester  öfter  in  dem  nach 
dem  Hochwasser  in  den  Büschen  hängengebliebenen  Genist. 

Es  ist  ersichtlich,  daß  die  meisten  dieser  abweichenden  Nistplätze  nicht 
aus  Laune,  sondern  infolge  von  Mangel  an  geeigneteren  Nistplätzen  aufge¬ 
sucht  worden  sind.  Ernst  Hart  er  t. 


Raun  heim,  im  August  1890. 

Aus  den  Wäldern  der  unteren  Mainebene.  —  Seit  drei  Jahren 
sind  die  ausgedehnten  Nadelwälder  der  unteren  Mainebene  durch  den  grossen 
Kiefernspinner,  Gastropacha  pini ,  heimgesucht.  Dieses  gefräßige  Insekt 
tritt  in  solcher  Menge  auf,  daß  in  diesem  Frühjahre  an  manchen  Stellen 
über  2000  Stück  Raupen  unter  einer  Kiefer  gefunden  wurden.  Da  die  Raupen 
auf  der  Erde  unter  dem  Moos  überwintern,  so  kann  der  Zerstörungswut  der- 


283  — 


selben  dadurch  einigermaßen  Einhalt  geboten  werden,  daß  die  Bäume  im 
Frühjahre,  aber  nicht  zu  spät,  in  einer  Höhe  von  ungefähr  1,5  m  mit  Leim¬ 
ringen  versehen  werden,  woran  die  Raupen  hängen  bleiben.  Allerdings  ist 
diese  Sache  ziemlich  kostspielig,  und  so  hat  die  Gemeinde  Raunheim  in  diesem 
Jahre  für  einige  hundert  Morgen  Nadelwald  über  4000  Mark  für  diese  Vor¬ 
sichtsmaßregel  ausgeben  müssen.  Man  hat  bis  jetzt  beobachtet,  daß  ein 
solcher  Raupenfraß  gewöhnlich  drei  Jahre  gewährt  hat,  und  unterscheidet 
einen  Vorfraß,  einen  Hauptfraß  und  eiuen  Nachfraß.  Gewöhnlich  stellen  sich 
im  dritten  Jahre  die  Feinde  dieser  Raupen,  die  Ichneumoniden,  in  solcher 
Menge  ein,  daß  die  Raupen  größtenteils  bei  lebendigem  Leibe  von  deren 
Maden  verzehrt  werden.  Jetzt  überläßt  man  die  Vertilgung  aber  nicht  den 
Ichneumoniden,  sondern  schützt  die  Bäume  durch  die  Leimringe,  die  sich 
trefflich  bewährt  haben.  Alle  Distrikte,  die  zur  rechten  Zeit  und  vorsichtig 
geleimt  wurden,  sind  gerettet.  Die  Menge  der  Raupen  hat  aber  auch  manche 
Vögel  angezogen,  die  dieselben  verzehren.  Vorzüglich  war  es  der  Kuckuck, 
der  sich  zahlreicher  eingefunden  hatte,  als  es  in  früheren  Jahren  geschah. 
Ich  habe  noch  in  keinem  Jahre  so  viele  beisammen  gesehen,  als  heuer. 
Außerdem  haben  sich  als  treffliche  Raupenvertilger  erwiesen  der  Eichel¬ 
häher,  der  Pirol  und  die  Meisen,  die  sich  alle  in  größerer  Zahl  einge¬ 
funden  hatten;  besonders  auffallend  war  mir  die  große  Auzahl  der  Pirole 
u nd  der  Eichelhäher. 

Kaum  ist  nun  diese  Gefahr  soweit  beseitigt,  so  ist  ein  zweiter  Feind 
der  Waldbäume,  die  Nonne,  Liparis  Monacha ,  im  Anzug,  der  ebenfalls  in 
großer  Menge  auftritt.  Diese  ist  dadurch  noch  gefährlicher  als  der  vorge¬ 
nannte,  weil  sie  die  Nadeln  nicht  ganz  ab-  sondern  nur  so  weit  anfrißt,  daß 
sie  abfallen,  wodurch  sie  also  viel  mehr  Nadeln  zu  Grunde  richtet  als  der 
Kiefernspinner;  auch  verheeren  sie  nicht  bloß  die  Nadelbäume,  soudern  auch 
die  Laubbäume.  Da  die  Nonne  als  Ei  überwintert  und  die  Raupen  nicht 
unter  das  Moos  gehen,  so  ist  auch  mit  Leimringen  nicht  viel  gegen  sie 
auszurichten,  man  könnte  nur  durch  das  Einfangen  der  Schmetterlinge  zur 
Verminderung  beitragen;  auch  wird  empfohlen,  abends  Feuer  im  Walde  an¬ 
zuzünden,  in  dem  sich  die  Schmetterlinge  die  Flügel  verbrennen.  Der  Mangel 
an  Insektenfressern  macht  sich  jetzt  besonders  fühlbar,  und  man  sollte  das 
Augenmerk  darauf  richten,  Nistplätze  für  derartige  Vögel  herzurichten. 

Eine  weitere  Kalamität  in  unseren  Waldungen  ist  eine  ausgebrochene 
Krankheit  unter  dem  Rehwild.  Der  größte  Teil  des  Rehstandes  ist  in 
diesem  Frühjahre  und  Sommer  an  einer  Seuche,  die  an  aufgebrochenen  Kadavern 
als  Lungenseuche  erkannt  wurde,  umgekommen.  Wo  man  im  vorigen 
Jahre  zehn  Stück  liehe  zählen  konnte,  sieht  man  jetzt  höchstens  noch  ein  bis 
zwei  Stück.  Die  Seuche  hat  sich  bis  nach  Darmstadt  hin  erstreckt,  und  wenn 
sie  nicht  bald  erlischt,  so  ist  der  ganze  Rehstand  verloren.  Wie  die  Seuche 
entstand  und  an  welchem  Orte  sie  zuerst  auftrat,  kann  nicht  genau  bestimmt 
werden.  Auffallend  ist  es,  daß  sie  sich  nur  auf  das  Rehwild  ausdehnt  und 
auf  das  Damwild  bis  jetzt  noch  nicht  übergegangen  ist,  denn  man  hat  noch 
kein  verendetes  Damwild  gefunden  und  trifft  zahlreiche  Rudel  dieser  präch¬ 
tigen  Tiere  an. 

« 

In  den  letzten  Jahren  kommt  auch  der  Dachs  wieder  häufiger  vor. 
Im  vorigen  Jahre  habe  ich  von  zwei  erlegten  Exemplaren  die  Gebisse  aus- 


284 


gekocht,  welche  ganz  abgenutzte  Eckzähne  und  viele  hohle  Backenzähne 
zeigen.  Demnach  ist  auch  Meister  Grimbart  nicht  vom  Zahnweh  verschont. 

Auch  die  Wildkatze  ist  nicht  selten,  und  es  werden  öfter  recht 
starke  Kater  erlegt.  Ganz  besonders  haben  sich  die  Raubvögel  und 
Rabenkrähen  sehr  vermehrt,  und  das  Großli.  Ministerium  hat  verfügt,  daß 
dieselben  etwas  vermindert  werden  sollen.  In  den  letzten  Jahren  haben  auch 
die  Stare  wieder  die  Höhlen  an  den  noch  übrigen  alten  Eichen  und  Buchen 
als  Nistplätze  aufgesucht.  In  früheren  Jahren  waren  sie  dadurch  herbeige¬ 
zogen  worden,  daß  Nistkästen  im  Walde  aufgehängt  wurden,  die  sie  auch 
bald  in  Besitz  nahmen.  Durch  das  Verschwinden  hohler  Bäume  und  das 
Eingehen  dieser  Nistkästen  hatten  sie  sich  fast  ganz  verzogen.  Seit  zwei 
Jahren  habe  ich  nun  wieder  einige  Paare  beobachtet,  und  es  würde  sich  die 
Anbringung  von  Nistkästen  jedenfalls  reichlich  lohnen. 

L.  Buxbaum. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Das  Eichhörnchen,  Pilze  fressend.  Am  26.  Juli  d.  J.,  abends 
6  Uhr,  ging  ich  mit  meinem  jüngsten  Sohne  bei  dem  Städtchen  St.  Goar  auf 
dem  Rande  des  »Urbarer  Berges«,  der  der  Lurley  gegenüber  aufsteigenden 
Höhe,  in  einem  lichten  Bestand  älterer  Eichen  dahin,  als  wir  unter  einer 
einzeln  stehenden  Steineiche  von  einem  Stammesdurchmesser  von  etwa  70  cm 
ein  Eichhörnchen  am  Boden  beschäftigt  sahen,  an  einem  ziemlich  großen  Hut¬ 
pilze  zu  fressen.  Als  es  uns  bemerkte  und  wir  stille  standen,  faßte  es  den  Pilz  mit 
den  Zähnen  fest  zwischen  Hut  und  Stiel  und  nahm  ihn,  nachdem  wir  uns  wieder 
bewegt  hatten,  in  eiligem  Lauf  mit  auf  den  Baum,  von  dem  es  nicht  auf 
benachbarte  Bäume  fliehen  konnte.  Da  ich  gern  gewußt  hätte,  welche  Pilzart 
ihm  zur  Nahrung  diene,  trat  ich  zweimal  rasch  hinter  einander  gegen  den 
Stamm,  um  das  Tierchen  durch  den  den  Baum  durchzitternden  Stoß  zu  erschrecken. 
Meine  Erwartung  giug  in  Erfüllung,  denn  gleich  fiel  auch  der  Pilz  in  Stücken 
durch  die  Äste  vor  unsere  Füße.  Es  war  der  Speise-Täubling,  Hussula  vesca 
Fries,  ein  bekannter  eßbarer  Pilz  mit  bräunlichgrauer  Oberhaut,  schön  weißer 
Unterseite  und  mit  nußartig  riechendem  und  schmeckendem,  festem  Fleische. 
Bei  dem  Weitergehen  fanden  wir  noch  unter  vier  anderen  Eichen  zerbrochene 
und  zerfressene  Exemplare  der  Hussula  vesca ,  stets  mit  deutlichen  Spuren  der 
Nagezähne,  die  sowohl  das  Fleisch  des  Hutes,  wie  auch  die  schwerer  verdau¬ 
lichen  Lamellen  mit  den  Sporen  und  den  Strunk  zerstört  hatten.  Stets  war  es 
aber  nur  die  Hussula  vesca,  die  den  Eichhörnchen  zur  Nahrung  gedient  hatte, 
während  zahlreiche  andere  Pilze,  wie  z.  B.  auch  der  Steinpilz,  unversehrt 
geblieben  waren.  N. 

Vogelschutz  im  Mittelalter.  Unsere  Zeit  rühmt  sich,  durch  Grün¬ 
dung  von  Tierschutz  vereinen  die  Barmherzigkeit  gegen  die  Tierwelt  verall¬ 
gemeinert  zu  haben,  viele  Grausamkeit  durch  gesetzliche  Verordnungen,  un¬ 
nötige  Quälerei  durch  Belehrung  und  erweckte  Teilnahme  gegen  das  fühlende 
Geschöpf  zu  verhüten  und  zu  mildern.  Das  muß  gewiß  anerkannt  werden, 
aber  man  nenne  nur  nicht  die  vergangenen  Jahrhunderte  kurzweg  barbarische, 


285 


denn,  wenn  auch  nicht  überall,  so  hat  man  doch  an  vielen  Orten  vorsorglich 
auch  an  die  Tiere  gedacht. 

Ein  schönes  Beispiel  hierfür  bietet  der  bekannte  »Eschenheimer  Turm« 
zu  Frankfurt  a.  M.,  ein  Wahrzeichen  dieser  Stadt,  das  als  Festungsturm  im 
Anfänge  des  löten  Jahrhunderts  erbaut  wurde  und  durch  seine  schönen  Ver¬ 
hältnisse  und  seine  Eigenartigkeit  den  verstorbenen  Kaiser  Wilhelm  I,  als  er 
als  Prinz  von  Preußen  Frankfurt  besuchte,  so  erfreute,  daß  derselbe  sich  ge¬ 
nau  danach,  nur  etwas  kleiner,  in  dem  Park  von  Babelsberg  einen  Turm  er¬ 
bauen  ließ.  Als  im  Jahre  1885  Ausbesserungsarbeiten  an  dem  Eschenheimer 
Turm  vorgenommen  wurden,  da  fand  man  in  10  Gerüsthöhen  von  je  1,75  m 
die  Rüstlöcher,  durch  welche  an  einem  Hebelwerk  ein  mit  Dielen  belegtes 
Gerüst  getragen  wurde.  Zwischen  ihnen  aber  sind  in  wagerechter  Lage  Thon- 
gefässe  eingemauert,  um  verschiedenen  Vögeln  Zufluchts-  und  Niststätten  zu 
gewähren.  Nach  einer  Mitteilung  in  den  »Frankfurter  Nachrichten«  finden 
sich  in  denselben  Schwalben-  uud  andere  Nester  vor.  Die  Thongefäße  sind 
nicht  von  Steingut,  sondern  aus  Töpferthon,  auf  der  Töpferscheibe  gefertigt, 
aber  nur  notdürftig  glasiert.  Bei  dem  Einmauern  wurden  Henkel  und  Boden 
entfernt  und  die  Töpfe  alsdann  mit  der  nun  erhaltenen,  etwa  8  cm  weiten 
Öffnung  nach  vorn  eingelegt.  Die  Töpfe  sind  ausgebaucht  und  20 — 25  cm 
laug.  Viele  waren  bei  ihrer  Auffindung  verwittert,  doch  sind  immer  noch  über 
80  Stück  vorhanden,  welche  heute  noch  von  Vögeln  bewohnt  werden.  N. 

Eine  Katzenausstellung  fand  in  Zürich  vom  10. — 14.  August  statt. 
Es  waren  43  Nummern  ausgestellt,  21  Nummern  langhaarige  Angorakatzen, 

4  Nummern  dreifarbige,  4  Nummern  Wildkatzen  und  1  dressierte  Katze  für 
das  Vogelzimmer,  welche  Mäuse  fängt  ohne  den  Vögeln  etwas  zu  leide  zu 
thun.  Auch  die  »Katastrophe-Katze«  war  mit  Jungen  ausgestellt,  die  Katze, 
die  bei  dem  bekannten  Unglück  der  Stadt  Zug  drei  Tage  ohne  Futter  mit 
ihren  Jungen  auf  den  Trümmern  der  versunkenen  Häuser  lebte.  Ein  großer 
Angorakater  war  zu  500  frs.  ausgeboten,  die  übrigen  Preise  schwankten  zwischen 

5  und  100  frs.  Von  dreifarbigen  Katzen  (Bvocat)  gibt  es  merkwürdiger  Weise 
nur  Weibchen,  für  Auffindung  einer  männlichen  dreifarbigen  Katze  sollen  schon 
Preise  von  1000  frs.  vergeblich  ausgesetzt  worden  sein. 

Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie,  No.  33,  1890. 

Ein  Preisfliegen  von  Brieftauben,  veranlaßt  von  dem  Brieftauben¬ 
verein  in  Basel,  fand  dieses  Jahr  von  dem  Rigi  aus  statt.  Dieselben  wurden 
morgens  um  53/4  Uhr  aufgelassen,  und  schon  um  7  Uhr  kam  die  erste  in 
Basel  an,  die  folgenden  um  702,  706,  710,  713,  719,  737,  745,  748.  Die  ersten 
Tauben  hatten  demnach  die  Luftlinie  von  130  Kilometer  in  80  Minuten  zu¬ 
rückgelegt,  d.  h.  1,62  Kilometer  in  1  Minute  oder  die  Wegstunde  in  3  Minuten. 

Schweizerische  Blätter  f.  Ornithologie,  No.  39,  1890. 

Wilde  Rinder.  Zum  ersten  Male  seit  dem  Bestehen  des  Zoologischen 
Gartens  zu  London  ist  derselbe  in  Besitz  eines  Stieres  gekommen,  welcher 
dem  alten,  in  England  noch  wild  lebenden  Stamme  Rinder  angehörte.  Earl 
Ferrers  hat  nämlich  der  Zoologischen  Gesellschaft  einen  schönen  jungen 
Bullen  verehrt,  den  er  in  Chartley  Park,  Staffordshire,  hatte  einfangen  lassen. 
Nach  Garn  er  s  »Natural  History  of  Staffordshire«  war  der  wilde  Ochse 
früher  über  den  Needwood  Wald  ausgebreitet,  und  als  im  dreizehnten  Jahr- 


286 


hundert  William  de  Farrarus  den  Park  von  Chartley  vom  Walde  ab¬ 
trennen  ließ,  wurde  der  Boden  dieses  ausgedehnten  Geheges  fast  im  ursprüng¬ 
lichen  Zustande  belassen..  Hier  nun  hat  sich  eine  Herde  wilder  Rinder  bis 
auf  den  heutigen  Tag  erhalten  und  ihre  ursprünglichen  Eigentümlichkeiten 
bewahrt  wie  die  zu  Chillingham.  Nature.  10.  Juli  1890. 

Affe  und  Spiegel.  In  dem  Zoologischen  Garten  zu  Münster  hat  Prof. 
H.  Landois  häufig  Versuche  angestellt,  wie  sich  die  Affen  zu  einem  Spiegel 
verhalten  und  darüber  folgendes  berichtet: 

»Es  is  zunächst  schwierig,  für  Affen  dauerhafte  Spiegel  anzufertigen. 
Metallspiegel  sind  in  einem  Affenhause  nicht  zweckmäßig,  weil  sie,  sehr  bald 
beschmutzt,  kein  Spiegelbild  mehr  wiedergeben  würden.  Kleinere  käufliche 
Spiegel  in  Rahmen  halten  auch  nur  sehr  kurze  Zeit  vor,  weil  die  Affen  gleich 
die  Rahmen  zerbeißen  und  darauf  das  Spiegelglas  zertrümmern.  Ich  kam 
daher  auf  den  Gedanken,  eine  sehr  dicke  Spiegelscheibe  von  1  cm  und  darüber 
in  einem  festen  eichenen  Rahmen  mit  Cementhinterlage  zu  verkitten  und  an 
der  Wand  zu  verankern.  Aber  auch  derart  raffiniert  angebrachte  Spiegel 
hielten  nicht  lange  vor.  Den  Händen  und  Zähnen  der  .  Affen  widerstanden  sie 
allerdings ;  kam  aber  ein  Affe  in  den  Besitz  eines  Steins  oder  einer  Kugel? 
dann  schlug  er  auch  mit  aller  Kraft  gegen  die  Scheibe,  daß  die  Scherben  und 
Splitter  weit  umherflogen. 

Reicht  man  dem  Affen  einen  Spiegel,  so  ist  seine  Freude  nicht  gering. 
Er  hüpft  mit  ihm  hin  und  her,  auf  dem  Boden  oder  hoch  in  dem  Geäst  seines 
Kletterbaumes.  Er  ergötzt  sich  an  dem  Blitzen  der  blanken  Fläche,  sieht  aber 
auch  bald  sein  Bild.  Sich  selbst  erkennt  er  darin  nicht.  Er  sieht  auch  das 
Affenbild  in  derselben  Weise  wie  wir,  ebenso  weit  hinter  der  spiegelnden 
Fläche  wie  er  selbst  vor  derselben  von  ihr  entfernt  ist.  Niemals  sah  ich  einen 
Affen  in  den  Spiegel  greifen,  sondern  er  fährt  mit  den  Händen  hinter  denselben 
um  seinen  vermeintlichen  Genossen  zu  fassen.  Dann  nähert  er  sich  mit  dem 
Gesichte  dem  Spiegel,  springt  aber  erschreckt  zurück,  wenn  das  Spiegelbild 
dieselbe  annähernde  Bewegung  macht.  Er  nähert  sich  wiederholt  dem  Spiegel, 
grinst  und  fährt  ebenso  oft  erschreckt  zurück.  Nach  wiederholtem  Bemühen  geht 
der  Affe  abseits,  um  noch  einige  Zeit  dasselbe  Spiel  zu  wiederholen.  Auch 
bei  ganz  kleinen  Spiegelscheiben  verfährt  der  Affe  in  ähnlicher  Weise. 

Das  Seelenleben  der  Affen  ist  gewiß  ein  ziemlich  beschränktes.  Der  Affe 
kommt  nie  zu  der  Einsicht,  daß  er  es  selbst  ist,  den  er  im  Spiegel  sieht.  Und 
daher  denn  auch  die  Wut,  die  sich  seiner  bemächtigt,  um  den  Gegner  im 
Spiegel  mit  einem  Stein  oder  Hammer  zu  zerschmettern.« 

Jahresbericht  der  zoolog.  Sektion  des  Westfäl.  Provinzial  Vereins  etc.  1890. 

Eine  Schlange  frißt  eine  andre  ihrer  Art.  In  dem  Zoologischen 
Garten  zu  Melbourne  kam  nach  einem  Berichte  des  Mr.  D.  Le  Souef,  Subdirektor, 
der  Fall  vor,  daß  zwei  Tigerschlangen,  eine  größere  und  eine  kleinere,  gleich¬ 
zeitig  eine  Maus  erhaschten  und  zwar  jede  das  entgegengesetzte  Ende  derselben. 
Keine  ließ  los,  und  so  verschluckte  die  große  Schlange  nicht  nur  die  Maus 
sondern  auch  die  kleinere  Schlange.  Von  dieser  war  nach  etwa  zehn  Minuten 
nichts  mehr  zu  sehen  als  ein  Stück  des  Schwanzes  von  ungefähr  zwei  Zoll 
Länge,  und  auch  dieses  verschwand  am  nächsten  Tage. 

Nature,  24.  Juli  1890. 


287 


Der  Breslauer  zoologische  Garten  hatte  im  Jahr  1889  eine  Ein¬ 
nahme  von  M.  101,901.10.  Dabei  waren  für  verkaufte  Tiere  M.  12,477.  80, 
wogegen  für  Tierankäufe  nur  M.  10,379  87  verausgabt  wurden.  Der  Tierbe¬ 
stand  betrug  am  Ende  des  Jahres: 

442  Säugetiere 
893  Vögel 

82  Reptilien  und  Amphibien 
1417  Tiere  im  Werte  von  M.  94,528. 

Geboren  wurden:  6  Löwen,  1  Bennetts-Känguru,  1  Wapiti,  2  Edelhirsche, 
5  Damhirsche,  2  Schweinsbirsche,  1  Axishirsch,  1  Steinbock,  1  Bison,  2  Zebu, 
Angorakatzen,  Rassenhunde,  Angora-,  Zwerg-  und  vierhörnige  Ziegen,  Hühner, 
Gänse,  Enten,  Sittiche,  Prachtfinken  u.  a.  m.  Die  Tierverluste  belaufen  sich 
auf  14,1  °/o  des  Taxwertes,  davon  fallen  auf  ein  1888  angekauftes  Nilpferd, 
welches  an  Darmblutungen  starb,  6,3  °/o.  —  2  Saiga-Antilopen  und  1  Orang- 
Utan  starben  an  Tuberkulose,  1  Elchkalb  an  Zerschmetterung  des  Rückgrates 
durch  einen  vom  Sturme  gebrochenen  Baumast,  1  Känguru  an  Lähmung.  — 
Der  Erlös  für  im  Garten  geborene  Tiere  betrug  M.  10,356. 

Geschäftsbericht  für  1889. 

Durch  Fliegen  vergiftete  Katzen.  W.  B.  Tegetmeyer  teilt  in 
»the  Field«  vom  30.  August  1890  eine  Beobachtung  mit,  daß  Katzen  krank 
werden,  wenn  sie  Fliegen  fressen,  welche  durch  arseniklialtiges  Fliegenpapier 
vergiftet  worden  sind.  Derartige  Fliegen  werden  träge  und  schlaff  und  fallen 
dann  leicht  den  Katzen  in  solcher  Zahl  zur  Beute,  daß  an  diesen  deutlich  die 
Zeichen  der  Arsenikvergiftung  auftreten;  sie  verlieren  die  Lust  zu  fressen,  be¬ 
sonders  für  feste  Speisen,  sind  traurig,  haben  entzündete  Augen  und  einen 
rauhen  Pelz,  dessen  Haare  gesträubt  sind,  anstatt  glatt  auf  der  Haut  zu  liegen. 
Wenn  man  bedenkt,  daß  Personen,  welche  sich  im  Zimmer  mit  arsenikhaltigen 
Tapeten  aufhalten,  schon  die  Wirkung  der  geringen  Menge  des  Gifts  spüren, 
welche  sich  der  Luft  mitteilt,  so  wird  man  wohl  einsehen,  daß  durch  eine 
Anzahl  vergifteter  Fliegen  auch  Krankheitserscheiuungen  bei  der  empfindlichen 
Katze  hervorgerufen  werden  können.  N. 

Ein  Anstrich  für  Eisenstäbe  und  Eisenwände.  Um  Eisenteile 
vor  dem  Rosten  zu  schützen  und  ihnen  eine  schöne  schwarze  Farbe  zu  geben, 
ohne  daß  man  sie  mit  Ölfarbe  oder  einem  Firnisse  überzieht,  löse  man  in 
Weingeist  Schellack  auf,  je  nach  der  Stärke  des  Glanzes,  den  man  dem  Eisen 
zu  geben  gedenkt,  und  setze  dieser  Lösung  etwas  Pyrogal lussäure  zu.  Letztere 
verbindet  sich  nach  dem  Anstreichen  mit  dem  Eisen  und  gibt  ihm  nach  dem 
Trocknen  und  nach  einiger  Einwirkung  des  Tageslichts  eine  schöne  schwarze 
Farbe,  welche  von  dem  Schellack  gegen  das  Abwaschen  durch  den  Regen 
völlig  geschützt  ist  und  wegen  ihrer  geringen  Dicke  nicht  auffällt.  Je  mehr 
Pyrogallussäure  der  Lösung  zugesetzt  wird,  um  so  rascher  und  kräftiger  wirkt 
der  Anstrich,  den  man  bei  schwacher  Lösung  ein-  oder  zweimal  wiederholen 
muß.  Auch  gegen  das  Ableckeu  durch  Tiere  wird  er  durch  den  Schellack¬ 
zusatz  geschützt.  Vielleicht  ist  dieser  Anstrich,  der  sich  im  Hause  gut  be¬ 
währt  hat,  auch  für  zoologische  Gärten  geeignet.  N. 


288 


Litte  r  atu  r. 


Brehms  Tierleben.  Dritte  neubearbeitete  Auflage  von  Prof.  Pechuel- 
Loesche,  Dr.  W.  Haacke,  Joh.  v.  Fischer,  Prof.  E.  L.  Taschen¬ 
berg,  Prof.  W.  Mars  hall.  Zehn  Bände  mit  über  1800  Abbildungen 
im  Text,  9  Karten,  80  Tafeln  in  Holzschnitt  und  100  Tafeln  in  Farben¬ 
druck.  Leipzig  und  Wien.  Bibliographisches  Institut.  1890. 

Brehms  Tie  rieben  ist  ein  Werk  von  hoher  Bedeutung.  Allein  in 
100,000  deutschen  Exemplaren  verbreitet  und  außerdem  in  sieben  fremde 
Sprachen  übersetzt,  hat  es  die  Freude  an  der  Tierwelt,  die  Kenntnis  derselben 
tief  in  das  Volk  getragen  und  damit  nicht  nur  auf  dessen  Anschauungen  und 
geistiges  Leben  großen  Einfluß  ausgeübt,  sondern  es  hat  auch  die  wissen¬ 
schaftliche  Tierkunde  hinsichtlich  der  Biologie,  der  Systematik,  der  Ver¬ 
breitung  u.  s.  w.  wesentlich  gefördert,  denn  in  zahllosen  zoologischen  Arbeiten 
wird  Brehms  Name  genannt.,  seine  Meinung  angeführt,  sein  Urteil  zu  Grunde 
gelegt.  Unsere  Litteratur  besitzt  kein  zweites  Werk,  das  sich  dem  genannten 
an  die  Seite  stellen  könnte,  das  neben  solcher  Vollständigkeit  des  Stoffs  eine 
gleiche  glänzende  und  zugleich  anziehende  Darstellungsweise,  wie  auch  eine 
ungemeine  Reichhaltigkeit  gediegenster  Abbildungen  zu  bieten  vermöchte; 
solche  Abbildungen  prägen  die  richtige  Tierform  dem  Gedächtnisse  ein  und 
werden  zur  unentbehrlichen  Ergänzung  der  Schilderungen  durch  das  Wort. 

Bereits  zum  dritten  Male  hat  das  schöne  Unternehmen  seinen  Weg  in 
die  Familien  angetreten,  ganz  im  Geiste  und  zum  Teil  mit  den  Worten  seines 
Schöpfers,  aber,  wie  es  der  Fortschritt  der  Wissenschaft  erheischt,  mit  den 
notwendigen  Änderungen  und  Verbesserungen.  Zum  Leiter  der  neuen  Aus¬ 
gabe  ist  Prof.  Dr.  Pechuel-  Loesche  berufen,  ein  Mann,  der  auf  lang¬ 
jährigen  Reisen  in  polaren  und  tropischen  Gegenden  durch  eigene  Anschauung 
reiche  Erfahrungen  gesammelt  hat,  dem  außerdem  die  Gabe  fesselnder  Schil¬ 
derung  zu  Gebote  steht.  Die  oben  genannten  Männer,  alle  ebenfalls  durch 
gediegene  Arbeiten  bestens  bekannt,  sind  seine  Mitarbeiter. 

Der  erste  soeben  erschienene  Band  der  neuen  Ausgabe,  die  Affen,  Halb¬ 
affen,  Flattertiere  und  Raubtiere  behandelnd  und  von  dem  Direktor  des 
Frankfurter  zoologischen  Gartens,  Dr.  Willi.  Haacke,  bearbeitet,  gibt 
Zeugnis  von  den  Fortschritten,  die  Brehms  Tierleben  in  jeder  Hinsicht  gemacht 
hat,  und  man  lese,  um  dies  zu  erkennen,  nur  zum  Beispiel  die  Naturgeschichte 
der  anthropomorphen  Affen,  die  gegen  früher,  und  zwar  mit  durch  die  Erfah¬ 
rungen  P  ech  uel-L  oesclies,  wesentlich  bereichert  und  berichtigt  worden  ist. 
Von  den  Abbildungen  der  früheren  Auflage  ist  ein  großer  Teil  weniger 
befriedigender  ausgeschieden  und  durch  neue  von  den  besten  unserer  Tier¬ 
zeichner,  Gustav  Mützel,  Friedrich  Specht  und  Wilhelm  Kuhnert, 
ersetzt  worden.  Der  vorliegende  Band,  auch  durch  Farbendrucktafeln  geziert, 
ist  dadurch  zu  einem  Prachtbuche  geworden,  das  unerreicht  dasteht.  Daß 
dem  Werke  eine  Lebensbeschreibung  mit  dem  Bildnisse  seines  Begründers 
Dr.  A.  E.  Brehm,  geschrieben  von  Dr.  E.  Krause  vorangestellt  ist,  ist  eine 
dem  verstorbenen  genialen  Manne  schuldige  Huldigung  und  wird  mit  Freude 
begrüßt  werden.  Der  Name  der  Mitarbeiter  bürgt  uns  dafür,  daß  auch  die 
folgenden  Bände  dazu  beitragen  werden,  die  neue  Ausgabe  zu  einem  wert¬ 
vollen  Volksbache  zu  gestalten.  N. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  M  a h  1  au  &  W  a  1  d  s  c li  m  i  d  t  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  10.  XXXI.  Jahrgang,  Oktober  1890* 


I  11  Sa  a  1  I. 

Über  Tiger,  Bären  und  Wildschweine  des  Ussuri-Gebietes;  von  Ad.  Dattan  in  Wladi¬ 
wostok  (Ost-Sibirien),  mitgeteilt  von  Prof.  Dr.  A.  N  eh  ring,  in  Berlin.  —  Aus  der  Vogel¬ 
welt;  von  Dr.  Karl  Eckstein,  Eberswalde.  —  Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger 
Waldes;  von  Heinrich  Schacht.  —  Die  Heuschreckennot  in  Algerien;  von  Damian 
Gron  en.  —  Brütet  der  Kuckuck?  von  Ad.  Walter.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere 
Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


•  • 

Uber  Tiger,  Bären  lind  Wildschweine  des  Ussuri-Gebietes. 

Von  Ad.  Dattan  in  Wladiwostock  (Ost-Sibirien),  mitgeteilt  von 
Prof.  Dr.  A.  Nehring,  in  Berlin.  *) 

In  der  zoologischen  Litteratur  existieren  bereits  so  viele  Scliil- 
deruugen  des  Lebens  der  Tiger,  Bären  und  Wildschweine,  daß  es 
unnötig  erscheint,  darauf  ausführlich  einzugeben.  Die  nachfolgenden 
Mitteilungen  bezwecken  nur,  dasjenige,  was  wir  über  das  Leben 
der  genannten  Tier-Arten  im  Ussuri-Gebiet  Bemerkenswertes 
beobachtet  oder  aus  sicheren  Quellen  erfahren  haben,  den  Lesern 
dieser  Zeitschrift  zu  übermitteln. 

Der  Tiger. 

Der  Autor  des  »Illustrierten  Tierlebens«,  A.  Brehm,  der 
in  so  treffenden  und  überaus  sympathischen  Farben  das  Leben 

*)  Herr  Ad.  Dattan,  kais.  deutscher  Handelsagent  in  Wladiwostock, 
hat  die  nachfolgenden  zoologischen  Beobachtungen  (zugleich  mit  einer  höchst 
interessanten  Kollektion  von  Säugetieren-Schädeln  und  -Häuten)  an  mich  ge¬ 
langen  lassen.  Ich  habe  das  Manuscript  für  den  Druck  etwas  überarbeitet  und 
mit  einigen  Anmerkungen  versehen.  Über  eine  vorjährige  Sendung  des  Herrn 
Dattan  vergleiche  man  meine  Angaben  in  dem  Sitzgsb.  d.  Ges.  naturf. 
Freunde  zu  Berlin,  1889,  S.  141 — 144.  Nehring. 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890. 


19 


290 


der  Tiere,  soweit  er  es  selbst  kennen  lernen  konnte,  schildert,  hat  in 
Bezug  auf  den  Tiger  manche  unrichtige  Angaben  gemacht,  viel¬ 
leicht  darum,  weil  er  von  dem  Ussuri-Tiger  keine  genügenden  Nach¬ 
richten  erhalten  konnte.  Wie  es  scheint,  hat  Brehm,  da  er  nicht 
in  der  Lage  war,  persönlich  den  Tiger  in  dessen  Heimat  zu  beob¬ 
achten,  den  übertriebenen  und  der  Wahrheit  wenig  entsprechenden 
Erzählungen  verschiedener  Beisenden  zu  viel  Glauben  geschenkt. 

Wie  phantastisch  die  von  Breh  m  citierten  Mitteilungen  einiger 
englischer  und  anderer  Jäger  sind,  ergibt  sich  aus  verschiedenen 
Angaben  desl  auf  den  Tiger  bezüglichen  Abschnittes  in  dem  »Illu¬ 
strierten  Tierleben«.  So  z.  B.  heißt  es  S.  392*):  »Der  Tiger  klettert 
trotz  seiner  Größe  rasch  und  geschickt  an  Bäumen  empor«  oder  »alle 
Säugetiere,  mit  Ausnahme  der  Raubtiere  und  der  übrigen  Katzen¬ 
arten,  dienen  ihm  zur  Nahrung«**)  oder  S.  393  :  »Selbst  wenn  die 
Verwundung  eine  verbältnißmäßig  leichte  ist,  geht  das  Opfer  ge¬ 
wöhnlich  zu  Grunde.«  Ferner  wird  hinzugefügt,  daß  auch  »die 
leichtesten  Verwundungen,  welche  bereits  geheilt  sind,  bei  der  ge¬ 
ringsten  Veranlassung  wieder  aufspringen.«  Weiter  sagt  Brehm: 
»Pferde,  Rinder  und  Hirsche  wagen  gar  keinen  Widerstand,  sondern 
ergeben  sich,  wie  der  Mensch,  schreckerfüllt  in  das  Unvermeidliche.« 
Außerdem  führt  er  noch  viele  andere  Behauptungen  an,  welche 
wenigstens  auf  den  Ussuri-Tiger  nicht  passen. 

Ich  erlaube  mir,  nachfolgend  einige  Angaben  über  den  Ussuri- 
Tiger  mitzuteilen,  welche  auf  zuverlässigen  Beobachtungen  hiesiger 
Jäger  beruhen. 

Was  zunächst  die  Größe  anbetrifft,  so  variiert  die  Durchschnitts¬ 
länge  eines  ausgewachsenen  Weibchens  zwischen  7  */2  und  8^2  Fuß 
und  diejenige  eines  Männchens  zwischeu  9  und  10  Fuß  (incl. 
Schwanz);  oft  beträgt  sie  noch  mehr.  So  hatte  z.  B.  ein  ziemlich 
großer  Tiger,  der  im  Jahre  1882  ,am  Sidemi-Flusse  erlegt  wurde, 
eine  Länge  vou  10  Fuß  8  Zoll;  seine  Höhe  im  Nacken  betrug 

3  Fuß  2  l'i2  Zoll  und  sein  Gewicht  10  Pud  6  Pfund  =  325  Pfund 

deutsch.  Dieser  Tiger  war  sehr  fett;  er  besaß  herrliche,  ungewöhn¬ 
lich  lange  Fangzähne,  wie  solche  nur  bei  alten  Exemplaren  Vor¬ 

kommen. 

Wenn  auch  der  Tiger  große  Gewandtheit  und  Kraft  besitzt 

und  über  bedeutende,  selbst  10  Fuß  hohe  Hindernisse  hinweg- 

*)  2.  Ausgabe,  Leipzig  1876. 

**)  Letzteren  Satz  finde  icli  nicht  in  meiner  Ausgabe  von  Breh  ms 
T  i  er  1  e  b  e  n.  N  0 h  r i  n  g. 


291 


springen  kann,  so  ist  er  doch  nicht  imstande,  Bäume  zu  erklettern ; 
dieses  ist  eine  Thatsache,  welche  allen  hiesigen  Einwohnern 
bekannt  zu  sein  scheint.  Die  von  Brehm  mitgeteilte  Angabe,  daß 
Raubtiere  nicht  zur  Beute  des  Tigers  gehören,  ist  ebenfalls  nicht  zu¬ 
treffend.  Abgesehen  von  Haushunden,  die  für  ihn  einen  Leckerbissen 
bilden,  hat  man  beim  Aufspüren  von  Tigern  mehrfach  Gelegenheit 
gehabt,  im  Schnee  Reste  der  verzehrten  Beute  zu  finden ;  dieselbe  be¬ 
schränkte  sich  keineswegs  immer  auf  Rehe,  Hirsche,  Wildschweine, 
Hasen  und  andere  mehr  oder  weniger  harmlose  Pflanzenfresser,  sondern 
man  hat  auch  die  häufig  in  unserer  Gegend  vorkommenden  Viverren- 
Hunde  (Ccinis  procyonoides ),  ja  sogar  einmal  in  einem  engen  Tliale  die 
Reste  eines  verzehrten  Wolfes  vorgefunden  und  sich  damals  allgemein 
gewundert,  daß  es  dem  Tiger  gelungen  war,  ein  so  schlaues  Raubtier 
zu  erbeuten.  Dieser  Tiger  ist  ohne  Zweifel  sehr  hungrig  gewesen, 
denn  er  hatte  den  Wolf  samt  dem  Felle  und  den  Pfoten  aufge¬ 
fressen,  indem  er  nur  die  Rute  und  die  Kinnbacken  mit  den  Zähnen 
übrig  ließ. 

Daß  dem  Tiger  alle  Säugetiere  und  Vögel,  die  er  überwältigen 
und  in  seine  Krallen  bekommen  kann,  ebenso  Vogeleier,  zur  Nahrung 
dienen,  steht  fest;  auch  verschmäht  er  nicht  nur  nicht  die  Leichen 
von  Tieren  und  Menschen,  sondern  macht  sich,  wenn  er  sehr  hung¬ 
rig  ist,  sogar  an  solche,  die  bereits  stark  in  Verwesung  übergegangen 
sind.  Seine  Stammverwandten,  die  übrigen  Katzenarten,  bilden  in 
dieser  Beziehung  keine  Ausnahme. 

Im  Dezember  1874,  in  der  Nähe  der  Meeresbucht  »Abreck« 
hatte  ein  gewisser  Godle  ws  ky,  der  Mitarbeiter  des  Dr.  Dubows  kW 
nachdem  er  einem  durch  eine  aufgestellte  Flinte  erlegten  Tiger  das 
Fell  abgezogen,  deu  Körper  desselben  an  einem  Baume  nahe  beim 
Hause  und  unweit  der  Stelle,  wo  der  Tiger  erschossen  war,  aufgehängt. 
Einige  Tage  darauf  fing  ein  anderer  Tiger  an,  das  umzäunte  Haus^ 
in  welchem  die  Reisenden  wohnten,  nachts  zu  umschleichen,  und 
fraß,  als  er  den  von  der  Haut  entblößten  Körper  seines  Gefährten 
fand,  aus  demselben  ein  ansehnliches  Stück  Fleisch  heraus. 

Dieser  letzterwähnte  Tiger,  der  auch  bald  darauf  erschossen 
wurde ,  fraß  sogar  eine  auf  den  Hof  geworfene  krepierte  Haus¬ 
katze  auf.  In  gleicher  Weise  ist  man  Zeuge  einer  ähnlichen  Ge¬ 
schmacksverirrung  des  Panthers  ( Felis  Irbis)  gewesen.  Dieser  ge¬ 
hört  ebenfalls  zu  deu  großen  Ussuri-Katzen ;  er  erreicht  eine  Länge 
bis  7  Fuß  und  hat  eine  dem  Leoparden  ähnliche  Färbung.  Ein  im 
Jahre  1881  getöteter,  erwachsener  männlicher  Irbis  zeigte  von  der 


202 


Schnauze  bis  zum  Ende  der  Rute  eine  Länge  von  6  Fuß  10  Zoll 
und  eine  Höhe  (im  Nacken)  von  2 1/2  Fuß.  Ein  Pärchen  dieses 
Panthers,  Männchen  und  Weibcheu,  stieß  im  Februar  1881  auf  ein 
vergiftetes  Stück  Rehfleisch,  welches  für  Wölfe  ausgelegt  war.  Das 
Männchen  fraß  vom  Köder  und  krepierte  auf  der  Stelle;  das 
Weibcheu  aber  fraß,  ohne  sich  viel  zu  besinnen,  die  Hälfte  des  ge¬ 
fallenen  Mäuneheus  auf  und  verzog  sich  ins  nahe  Gebirge.  Wie 
ihr  diese  Mahlzeit  bekommen  ist,  hat  man  nicht  in  Erfahrung 
bringen  können,  da  der  Schnee  an  den  südlichen  Abhängen  der 
Berge  schon  fast  aufgetaut  war  und  man  die  Spuren  nicht  weiter 
verfolgen  konnte. 

Die  Behauptung,  daß  die  Tiere,  wie  z.  B.  Pferde,  Rinder, 
Hirsche,  aus  Furcht  dem  Tiger  keinen  Widerstand  leisten,  ist  keines¬ 
wegs  immer  zutreffend.  Auf  der  einige  Meilen  von  Wladi wostock 
gelegenen  Farm  des  Herrn  Jankofsky  sind  seit  Bestehen  derselben, 
d.  h.  ‘seit  1880,  durch  Tiger  26  Pferde,  3  Kühe,  viele  Hunde  und 
Schweine  ums  Leben  gekommen.  Wenn  der  Tiger  die  Auswahl  hat, 
so  zieht  er  unbedingt  Pferde  dem  Hornvieh  vor  und  junge 
Füllen  den  erwachsenen  Pferden.  Verwundet  worden  ist  noch  eine  viel 
größere  Zahl  von  Haustieren;  man  darf  behaupten,  daß  ein  vom 
Tiger  überfallenes  Tier  sich  meistens  durch  Flucht  oder  Widerstand 
so  lauge  zu  retten  sucht,  bis  es  die  Kräfte  verlassen. 

Man  hat  mehrfach  Gelegenheit  gehabt,  das  Manöver  des  Tigers 
beim  Überfall  von  Pferden  zu  beobachten  und  im  Schuee  oder 
Morgentau  die  Spuren  zu  beobachten,  wobei  man  sich  überzeugen 
konnte,  daß  der  Erfolg  des  Tigers  hauptsächlich  von  seinem  er¬ 
sten  Sprunge  abhängt.  Wenn  es  ihm  der  Platz  gestattet  sich  gut 
zu  verstecken  und  der  Wind  ihm  günstig  ist,  so  daß  er  sich  seinem 
ausersehenen  Opfer  bis  auf  einen  oder  zwei  Schritte  resp.  Sätze  un¬ 
bemerkt  nähern  kann,  so  springt  er  mit  guter  Berechnung  auf  das 
nichts  ahnende  Pferd  und  tötet  es  fast  augenblicklich.  Die  Schläge 
seiner  Tatze  verursachen  ganz  fürchterliche  Beschädigungen  im  Kör¬ 
per  des  angegriffenen  Tieres,  und  die  unglaubliche  Kraft  der  Kinn¬ 
backen  zerstört  beim  ersten  Bisse  den  Nackenwirbel.  In  weniger 
erfolgreichen  Fällen  aber,  und  zwar,  wenn  es  dem  Pferde  o-elin«!. 
sich  dem  Tiger  zu  entwinden,  läuft  dasselbe  mit  Aufbietung  aller 
Kräfte,  und  der  Tiger  sucht  es  im  Laufe  einzuholen.  Jetzt  hän^t 
alles  von  den  Umständen  ab;  ist  die  Gegend  eben  und  ohne  Hinder¬ 
nisse,  das  Pferd  kräftig  und  ein  guter  Renner,  so  kann  der  Tiger 
es  nicht  einholen;  ist  das  Gegenteil  der  Fall,  so  springt  er  von 


293 


hinten  auf  das  Pferd  und  bringt  ihm  mit  seinen  Krallen  und  Zähnen 
tätliche  Wunden  bei. 

Im  April  1884  hat  man  Gelegenheit  gehabt,  folgendes  zu  be¬ 
obachten:  Ein  Tiger  schlich  auf  einem  steilen  und  steinigen  Berg¬ 
rücken  an  eine  Herde  Pferde  heran.  Der  Boden  war  infolge  der 
Frühlingswärme  aufgetaut,  so  daß  es  an  den  Abhängen  äußerst 
glatt  war;  die  Pferde  mußten  deshalb  glitschend  und  fallend  weiter¬ 
laufen,  um  nicht  in  die  Schlucht  zu  stürzen.  Während  sie,  mit 
solchen  Hindernissen  kämpfend,  ungefähr  250  Schritt  bis  zu  einer 
Ebene  liefen,  war  es  dem  Tiger  gelungen,  bereits  4  Pferde  zu  er¬ 
würgen.  Alle  hatten  dieselben  Wunden,  indem  ihnen  der  Nacken¬ 
wirbel  dicht  hinter  den  Ohren  zermalmt  war,  so  daß  man  den  Kopf 
mit  Leichtigkeit  herumdrehen  konnte. 

In  Bezug  auf  die  Heilung  von  Bißwunden,  welche  der  Tiger 
verursacht  hat,  ist  zu  bemerken,  daß,  mit  Ausnahme  einiger  Fälle, 
wo  wichtige  Organe  verletzt  und  Knochenbrüche  verursacht  waren, 
alle  übrigen  in  hiesiger  Gegend  verwundeten  Pferde  und  Kühe  mit 
den  gewöhnlichsten  Binden  geheilt  wurden;  dann  und  wann  sind 
allerdings  Nähte,  sowie  auch  Einspritzungen  mit  einer  Karbol- 
Auflösung  erforderlich  gewesen.  Die  große  Sterblichkeit  selbst  au 
leichten,  durch  den  Tiger  verursachten  Wunden,  von  welcher 
Brehm  spricht,  ist  ohne  Zweifel  übertrieben  oder  durch  tropische 
Hitze  und  schlechte  Pflege  hervorgerufen.  Der  Sommer  im  Süd- 
Ussuri-Gebiet  ist  übrigens  auch  sengend  heiß,  und  obgleich  unter 
dem  Vieh  des  oben  genannten  Herrn  Jankofsky  im  verflossenen 
Juli  und  August  mehrere  junge  Pferde  von  Tigern  und  Wölfen  ver¬ 
letzt  waren,  (ein  Pferd  hatte  allein  13  Wunden),  so  sind  doch  alle 
glücklich  geheilt  worden. 

Schließlich  können  noch  viele  allgemein  bekannte  Erlebnisse 
verschiedene  Jäger  des  Ussuri-Gebiets ,  welche  im  Kampfe  mit 
Tigern  Wunden  davongetragen  haben,  angeführt  werden  und  als 
Beweis  dienen,  daß  die  erhaltenen  Wunden  thatsächlich  geheilt 
worden  sind  und  sich  nicht  wieder  öffneten. 

Man  hat  die  Frage  aufgeworfen,  ob  der  Tiger  in  das  Ussuri- 
Gebiet  aus  China  bezw.  Korea  gelegentlich  einwandert,  oder  ob  er 
in  unserer  Gegend  einheimisch  ist;  nach  meiner  Ansicht  muß  man 
letzteres  annehmen.  Schon  der  Umstand,  daß  der  Ussuri-Tiger  ein 
bedeutend  längeres  Fell  hat  als  die  südlichen  Repräsentanten  der¬ 
selben  Art,  lässt  erkennen,  daß  er  nicht  für  ein  südliches  Klima 
bestimmt  ist;  das  häufige  Vorkommen  von  jungen  Säuglingen  in  den 


294 


hiesigen  Wäldern  beweist  aber  mit  Sicherheit,  daß  der  Tiger  bei 
uns  wirklich  einheimisch  ist. 

Hinsichtlich  der  Gefahr,  welche  der  Tiger  dem  Menschen  be¬ 
reitet,  kann  man  sagen,  daß  sich  dieselbe  im  Ussuri-Gebiet  mit 
jedem  Jahre  verringert.  Im  Zusammenhänge  mit  der  allmählich 
sich  vergrößernden  Bevölkerung  werden  die  Tiger  immer  mehr  ver¬ 
folgt,  und  infolge  der  Verbreitung  des  Repetiergewehres  zeigen  sie 
sich  dem  Menschen  gegenüber  immer  furchtsamer.  Ungefähr 
30  Jahre  früher,  als  die  Bewohner  des  Ussuri-Gebiets,  die  Mansen, 
Golden  und  Tasen,  es  nicht  wagten,  mit  ihren  Luntengewehren  auf 
den  Tiger  Jagd  zu  machen,  fiel  er  frech  die  Menschen  an  und 
beachtete  wenig  das  Tamburin,  das  Horn  und  die  Rakete,  womit 
man  ihn  zu  schrecken  suchte.  Aus  diesem  Grunde  ist  es  auch  ver¬ 
ständlich,  daß  in  den  Gegenden,  wohin  zum  ersten  Male  russische 
und  ausländische  Jäger  vordrangen,  und  der  Tiger  bis  dahin  noch 
keinen  ernsten  Widerstand  erfahren  hatte,  er  sich  selbstbewußt  auf 
die  Jäger  stürzte,  ohne  im  geringsten  ihre  Waffen  zu  achten. 
Nachdem  er  jedoch  sich  allmählich  von  der  Übermacht  des  Kultur- 
Menschen  überzeugt  hatte,  fing  er  an,  sich  vor  ihm  zurückzuziehen 
und  eine  jede  überflüssige  Begegnung  zu  vermeiden.  Selbst  die 
Erzählungen  von  Przewalsky,  wonach  der  Tiger  durch  die 
Papierfenster  der  Mausen  in  ihre  Wohnungen  nachts  eindrang  und 
die  im  Schlafe  liegenden  Bewohner  herausschleppte,  gehen  schon 
jetzt  zu  den  Traditionen  über. 

Der  Bär. 

Im  Ussuri-Gebiet  gibt  es  zwei  Bären-Arten,  den  großen  braunen 
Bären  ( TJrsus  arctos)  und  den  schwarzen,  weißbrüstigen  Bären,  der 
an  Wuchs  etwas  kleiner  ist  ( Ursus  thibetanus).  Der  erstere  ist  der¬ 
selbe,  welcher  in  Europa,  ganz  Sibirien  und  Kamtschatka  vorkommt; 
der  letztere  dagegen  wird  außerhalb  der  Grenzen  des  Ussuri-Gebiets 
und  eines  kleinen  Teiles  des  Mittel  -  Amur  -  Bassins  in  Sibirien 
nicht  beobachtet.  Dieser  richtet  sein  Winterlager  in  Höhlungen 
gigantischer  Bäume  ein;  namentlich  wählt  er  dazu  Ulmen  aus, 
welche  in  den  hiesigen  Wäldern  gewaltige  Dimensionen  erreichen. 
Der  braune  Bär  verkriecht  sich  im  Winter  unter  Baumwurzeln,  in 
Felsenhöhlen,  oder  er  baut  sich  ein  Nest  aus  dürren  Zweigen,  Moos 
Gras  und  ähnlichem  Material. 

Der  Thibet-Bär  ist  von  Natur  bösartiger  und  gilt  unter  den 
Jägern  für  gefährlicher.  Sein  Pell  hat  wenig  Wert  und  kostet 


295 


5 — 12  Rubel  pro  Stück.  Der  Charakter  d  es  braunen  Bären  ist 
nicht  in  allen  Gegenden  Sibiriens  der  gleiche;  am  bösartigsten  zeigt 
er  sich  in  den  nördlichsten  Teilen,  besonders  an  der  Lena  und  dem 
Jenisey.  Dort  überfallen  die  Bären  häufig  die  Haustiere,  selbst 
mitten  im  Dorfe,  halten  ganze  Karawanen  auf,  welche  mit  Proviant 
zu  den  Gold  Wäschereien  ziehen,  und  fallen,  wenn  sie  hungrig  sind, 
sogar  Menschen  und  Pferde  an.  In  solchen  Jahren,  welche  nur 
eine  geringe  Ernte  an  Beeren  und  Zirbelnüssen  liefern,  so  daß  die 
Bären  d  as  für  den  Winterschlaf  erforderliche  Fett  nicht  ansetzen 
können,  legen  sich  viele  derselben  garnickt  in  ihre  Winterquartiere, 
sondern  streichen  den  ganzen,  langen  Winter  herum;  hiernach  haben 
sie  in  ganz  Sibirien  die  treffende  Benennung  »Schatun«  (Herum¬ 
streicher)  erhalten.  Diese  Herumstreicher  sind  äußerst  gefährlich 
und  dreist;  sie  nähern  sich  nicht  nur  nachts  den  menschlichen 
W  ohn ungeu  und  überfallen  trotz  des  Feuers  die  Lagerstätten  der 
Holzfäller,  sondern  es  kommt  auch  vor,  daß  ein  solcher  Bär  dem 
Jäger  im  Walde  auflauert  und  ihn  von  hinten  angreift.  Im  Gegen¬ 
satz  zu  den  mittelsibirischen  Individuen  zeichnen  sich  die  Kamtschatka- 
Bären,  deren  es  dort  sehr  viele  gibt,  durch  große  Feigheit  aus,  *) 
ein  Umstand,  der  dem  übermäßigen  Verfetten,  infolge  des  großen 
Reichtums  an  Nahrung  zugeschrieben  wird,  welche  letztere  sie  in 
den  verschiedenartigsten,  ziemlich  großen  Fischen  finden,  mit 
welchen  die  Flüsse  überfüllt  sind.  Dieserhalb  halten  sich  die 
Bären  wohl  auch  fast  nur  in  den  durch  Flüsse  bewässerten  Thälern 
auf.  Während  des  dreijährigen  Aufenthalts  des  Dr.  Dubowsky 
in  Kamtschatka,  im  Anfänge  des  verflossenen  Jahrzehnts,  erlegte 
der  ihn  begleitende  Ornitholog  und  leidenschaftliche  Jäger  J.  Kali¬ 
no  wsky  gegen  100  Bären.  Er  hatte  dabei  nur  einige  Fälle  zu 
verzeichnen,  in  welchen  die  Bären  sich  nach  dem  Schüsse  auf  ihn 
warfen  ;  meistenteils  zogen  sie  sich  furchtsam  zurück. 

Im  allgemeinen  sind  die  beiden  Arten  der  Ussuri-Bären  ziemlich 
friedlicher  Natur  und  suchen  dem  Menschen  möglichst  aus  dem 
Wege  zu  gehen ;  wenn  sie  jedoch  von  Jägern  verfolgt  oder  gar 
verwundet  werden,  so  können  sie  sehr  gefährlich  sein,  und  es  sind 
Fälle  vorgekommen,  daß  sie  den  Jäger  buchstäblich  zerfleischten. 

Den  größten  Wert  repräsentieren  die  Bärenfelle  aus  Mittel- 
Sibirien.  Dort  kommen  Exemplare  mit  herrlichem,  wolligem  Fell 
und  langen  silberweißen  Haaren  vor;  der  Preis  derselben  beträgt 

*)  Vergl.  A.  v.  Middendorf f,  Sibirische  Reise,  IV,  S.  996  f.  Nehring. 


296 


25  bis  30  Rubel  per  Stück.  Die  Ussuri-Bärenfelle  zeichnen  sieb 
durch  keine  besondere  Güte  aus  und  haben  daher  einen  geringen  Wert. 

Als  etwas  Bemerkenswertes  aus  dem  Leben  der  Ussuri-Bären 
kann  man  ihre  Wanderungen  bezeichnen.  Im  Herbst  1873 
erschienen  am  Ussuri  und  namentlich  im  Süd-Ussuri-Gebiet  so 
ungewöhnlich  viele  Bären,  daß  man  ihnen  überall  in  Massen  be¬ 
gegnete.  Sie  durchschwammen  den  Ussuri-Fluß  vom  chinesischen 
nach  dem  russischen  Ufer,  drangen  in  die  Straßen  und  Gemüse¬ 
gärten  der  Ivosaken-Stationen  vor,  um  von  da  in  die  am  nächsten 
gelegenen  Wälder  zu  gelangen.  Auch  an  den  Ufern  des  Seitun- 
Flusses  wurden  sie  in  großen  Mengen  angetrotfen ;  einige  davon 
durchschwammen  sogar  die  Amur-Bay,  in  welche  der  Seifun  sich 
ergießt,  wobei  manche  ertranken,  deren  Leichen  dann  von  den 
Wellen  ans  Ufer  geschwemmt  wurden.  Nach  diesem  Überflüsse  an 
Bären  waren  in  den  darauf  folgenden  Jahren  hier  fast  nirgends 
solche  au  zu  treffen,  und  erst  später  begegnete  man  ihnen  wieder  in 
größerer  Zahl. 

Das  Wildschwein. 

Dasselbe  unterscheidet  sich  von  dem  europäischen  Wildschweine 
weder  durch  sein  Äußeres*)  noch  durch  seine  Gewohnheiten. 

Die  Ussuri-Kosakeu  erzählen  übrigens,  daß  alte  Eber,  wenn  sie 
mit  dem  Rudel  laufen  und  die  Nähe  des  ihnen  auflauernden  Jägers 
wittern,  sich  oft  mit  großer  Wut  auf  denselben  werfen,  noch  ehe 
ein  Schuß  gefallen  war,  was  vom  europäischen  und  sibirischen  Wild¬ 
schwein  nicht  bekannt  ist.  Die  Ussuri- Wildschweine  wandern  (wie 
die  Bären)  von  Zeit  zu  Zeit  aus  einer  Gegend  in  die  andere,  je 
nachdem  sie  dort  mehr  Eicheln  und  Nüsse  finden  können:  auch  in 
sclmeereicheu  Wintern  ziehen  sie  in  größeren  Massen  als  gewöhnlich 
durch  das  Ussuri- Bassin,  da  die  Schneeansammlungen  im  Süd-Ussuri- 
Gebiet  sehr  gering  sind.  Es  wird  behauptet,  daß  die  Wildeber  im 
Ussuri-Gebiet  oft  enorme  Dimensionen  erreichen  und  18  bis  20  Pud 
wiegeu. 

*)  Wie  ich  in  dem  Sitzgsb.  d.  Ges.  naturf.  Freunde  v.  16.  Juli  1889 
nachgewiesen  zu  haben  glaube,  sind  gewisse  Schädel-  und  Gebifä-Unterschiede 
zwischen  dem  europäischen  und  dem  Ussuri-Wildschwein  vorhanden;  ich  habe 
letzteres  als  Sus  leucomystax  contincntalis  bezeichnet,  weil  es  die  kontinentale 
Form  des  japanischen  Wildschweins  ist.  Yergl.  Zoolog.  Garten,  1885,  Seite  325  ff- 

Nehring. 


297 


Aus  der  Yogelwelt. 

Von  Dr.  Karl  Eckstein,  Eberswakle. 


I. 

Die  M aßr  e  g  e  1  n  gegen  die  über  handnehmen  den,  der 
Landwirtschaft  schädlichen  Vögel,  Sperlinge,  Raben 
(d.  i.  Raben-  und  Saatkrähe,  sowie  Dohle)  und  Häher, 
sowie  gegen  die  Eichhörnchen. 

Wäh  reud  in  manchen  Gegenden,  ganz  abgesehen  von  den  Be¬ 
stimmungen  unseres  neuen  Vogelschutzgesetzes,  niemals  von  einer 
Vertilgung  der  eben  genannten,  Schaden  bringenden  Vögel  die  Rede 
ist,  wurde  im  Kreise  Gießen  schon  seit  1837  gauz  energisch  mit  dem 
Abschuß  derselben  vorgegangen  ;  wurde  doch  bis  zum  Jahre  1852 
nur  zweimal  ihre  Verfolgung  (1840  und  1842)  unterlassen. 

Die  Vorschriften,  wie  in  dieser  Zeitperiode  die  Vertilgung  zu 
handhaben  sei,  sind  in  den  einzelnen  Gemeinden  ziemlich  dieselben: 

So  wurde  im  Jahre  1851  (29.  Oktober)  jedem  Eigner  oder 
nutznießeuden  Besitzer  eines  bewohnten  Hauses  in  Gießen  aufgegeben, 
vor  Ablauf  des  Monats  März  1852  sechs  Sperlinge  einzulieferu, 
widrigenfalls  er  für  jeden  nicht  gelieferten  Sperling  eine  »Reluition« 
von  6  Kreuzern  in  die  Gemeindekasse  zu  zahlen  hatte.  Fast  alle 
Gemeinden  des  Kreises  trafen  dieselbe  oder  eine  ähnliche  Bestimmung, 
doch  schwankte  die  Zahl  der  zu  liefernden  Spatzen  zwischen  2  und 
6,  während  nur  wenige  Ortschaften  eiu  Schießen  der  Sperlinge  nicht 
für  nötig  hielten,  und  schon  1853  wurde  aus  vielen  Orten  auf  ein 
Ausschreiben  des  Kreisamts  berichtet,  daß  »die  Lieferung  von  Sper¬ 
lingen  in  diesen  Jahren  nicht  nötig  erscheine«,  welche  Antwort  in 
Alteubuseck  mit  den  Worten  begründet  wurde  :  »da  dieselben  sich 
so  vermindert  haben,  daß  kaum  noch  einer  zu  sehen  ist«  ;  ebenso 
war  es  1855  in  Stauüenberg.  Wie  sehr  man  überhaupt  hinter  den 
Spatzen  hergewesen,  geht  daraus  hervor,  daß  bis  1858  nirgends  mehr 
die  Jagd  wieder  aufgenommeu  wurde.  Inzwischen  hatten  sich  die 
fruchtbaren  Vögel  doch  stärker  vermehrt,  denn  von  da  ab  liefen 
wieder  Klagen  über  den  von  ihnen  angerichteten  Schaden  ein,  zuerst 
aus  Leihgestern  und  dem  benachbarten  Großen-Linden. 

Während  dieses  über  20jährigen  Vernichtungskrieges  wurden 
auch  einzelne  Stimmen  laut,  welche  auf  den  Nutzen  der  Sperlinge 
hin  wiesen  und  deren  Schonung  forderten  : 


298 


Am  17.  April  1846  wendet  sieb  der  Großherzogi.  Hess.  Forst¬ 
inspektor  des  Forstes  Gießen  in  einem  langen  Schreiben  an  den 
Kreisrat  und  setzt  auseinander,  »daß  es  gerade  der  Haussperliug  ist, 
dem  der  Mensch  zu  großem  Danke  verpflichtet  sein  muß,  da  er 
immer  in  seiner  nächsten  Umgebung,  in  den  Hausgärten,  fast  das 
ganze  Jahr  hindurch  von  Insekten  lebt,  für  Rechnung  seines  am 

Weizen  frevelnden  Bruders,  des  Feldsperlings . Hiernach 

beehre  ich  mich,  Sie  zu  benachrichtigen,  daß  die  zum  Tode  Ver¬ 
urteilten,  bis  jetzt  aber  zur  Hälfte  noch  Raupen  vertilgenden  Sper- 
liuge  in  Großen-Linden  noch  am  Leben  sind.«  Auch  die  Bürger¬ 
meisterei  Gießen  will  im  Jahre  1859  »ihres  Nutzens  wegen  von  der 
Vertilgung  absehen.«  — 

Da  das  Sperlingsschießen  bald  auch  als  Sport  betrieben  wurde 
und  mau  auch  Unglücksfälle  bei  ungeschickter  Handhabung  der 
Feuerwaffe  befürchtete,  so  sollten  die  Spatzen  zuerst  1884  in  Eberstadt, 
»da  sie  sich  nicht  einfangen  lassen,  durch  hiesige  Einwohner,  die 
beim  Militär  gedieut  haben,  geschossen  werden.« 

War  es  bis  dahin  möglich,  jedem  Hausbesitzer  die  Lieferung 
von  Sperlingen  als  persönliche  Leistung  aufzugeben,  so-  hörte  dies 
durch  die  inzwischen  veränderte  Gesetzesfassung  auf.  Es  übernahmen 
daher  1884  in  Gießen  die  Jagdpächter  das  Schießen  der  Sperlinge, 
während  in  den  außerhalb  des  Jagdbezirks  gelegenen  Hofraitheu, 
Gärten  u.  s.  w.  ein  Forstschütz  damit  beauftragt  wurde.  In  der 
folgenden  Zeit  unterziehen  sich  auch  die  Flurschützen  dieser  Be¬ 
schäftigung,  sie  erhielten  anfangs  3  Pfennige  pro  Stück  gelieferter 
Spatzen  und  freie  Munition,  während  jetzt  allein  5  Pfennige  gezahlt 
werden.  Auf  diese  Weise  wurden  1884  im  Kreise  Gießen  14,532 
Spatzen  vertilgt,  wobei  unter  80  Ortschaften  34  überhaupt  keine 
Sperlinge  schießen  ließen,  während  im  Minimum  45,  im  Maximum 
1200  Stück  erlegt  wurden. 

Im  Jahre  1885  ward  in  der  Gemarkung  Gießen  am  1.  Mai, 
nachdem  946  Sperlinge  aufgebracht  waren,  das  Schießen  eingestellt, 
um  erstlich  die  Singvögel  beim  Brutgeschäft  nicht  zu  stören,  daun 
aber  auch,  um  die  noch  ihre  Jungen  mit  Insekten  fütternden  Sperlinge 
auszunutzen.  Wieder  aufgenommen  wurde  die  Jagd  zur  Erntezeit.  — 
Zu  dem  die  Spatzenlieferung  überwachenden  Bürgermeister  des  Dörf¬ 
chens  L.  kommt  ein  Bäuerlein  :  »Gu’n  Dach,  Herr  Borgermaster, 
liäi  hun  aich  mei  Spatze.«  »»Gieli  ’naus  ean  werf  se  uff  de 
Meast.««  Nach  einiger  Zeit  kommt  wieder  ein  Bauer  zu  dem  am 
Schreibtisch  arbeitenden  Dorfoberhaupt,  das  nicht  gestört  sein  will, 


299 


und  bringt  auch  seine  schuldigen  Spatzen.  »»Werf  se  uff  de  Meast«« 
war  der  Bescheid,  und  so  gab  ein  Bauer  dem  andern  die  Thür  in  die 
Hand,  sich  mit  dem  schuldigeu  Tribut  zu  melden.  —  Wie  enttäuscht 
war  der  Bürgermeister,  als  er  trotz  der  vielen  richtig  empfangenen 
Vögel  deren  nur  vier  auf  der  Miststätte  finden  konnte. 

Solches  zu  vermeiden,  überhaupt  zur  besseren  Kontrolle  wurden 
in  Gießen  den  gelieferten  Spatzen  die  Köpfe  abgeschlagen,  worauf 
die  Flurschützen  sich  die  schönsten  Körper  zur  köstlichen  Spatzensuppe 
mitnahmen,  während  die  übrigen  mir  überlassen  wurden.  Auf  diese 
Weise  war  es  mir  möglich,  788  Stück  zu  untersuchen. 

Unter  diesen  waren  596  Haus-  und  192  Feldsperlinge.  Das 
Resultat  meiner  Arbeit,  wie  ich  es  in  Cabanis’  Journal  für  Ornitho¬ 
logie  XXXV.  No.  179  Juli  1887  p  288/9  mitgeteilt  habe,  darf  ich 
der  Vollständigkeit  hier  wiederholen: 

Fässer  domesticus,  Haussperling, 

16.  März  cf:  Mücken,- Eierschalen  und  Steinchen ;  17.  März  cf* 
Grüne  Pflanzeuteile ,  Eierschalen  und  Steinchen ;  4  Exemplare : 
Haferkörner  und  Steinchen  ;  die  Steinchen  aus  einem  Magen  wiegen 
zwischen  0,2  und  0,4  gr.  1.  Juli:  frißt  ein  rotes  Ordensband, 
Catocala  sponsa  (?)  und  läßt  nur  die  Flügel  übrig;  6.  April: 
Holunderbeeren ;  4.  bis  31.  April  :  82  Exemplare  wurden  unter¬ 

sucht,  es  fanden  sich  Chitinteile  bei  6,  Pfianzenreste  bei  13, 
Gorydalis  solida- Samen  bei  10,  Getreidekörner  bei  46,  und  Steinchen 
bei  allen;  30.  Juli  bis  22.  August:  Unter  75  Exemplaren  hatten  9 
Chrysomelidae ,  3  Corydalis- Samen,  73  Getreidekörner,  21  Pflanzenteile 
gefressen.  Eierschalen  fanden  sich  bei  einem.  Sand  konnte  mit 
Sicherheit  nachgewiesen  werden  bei  33;  vom  1.  Februar  bis  29.  April 
wurden  431  Stück  untersucht,  242  waren  cf,  189  9*  Gorydalis - 
und  Folygonum  hydropiper- Samen  wurde  bei  16,  Getreidekörner  bei 
428,  Eierschalen  bei  9  uud  Saud  bei  383  Individuen  gefunden.  * 

Fässer  montanus  L.  Feldsperling. 

1.  Februar  bis  29.  April:  Es  wurden  99  Feldsperlinge  ein¬ 
geliefert,  4  derselben  hatten  Insekten,  90  Samen  von  Corydalis  solida, 
Flantago  media  und  Spergida  arvensis ,  17  hatten  Getreidekörner  ver-: 
zehrt,  Sand  wurde  bei  10  Exemplaren  gefunden;  4. — 30.  April 
4  Exemplare  mit  Insekten resten,  Blattknospen  bei  24,  Corydalis  etc. 
Samen  bei  28,  Getreidekörner  bei  36  und  Steinchen  bei  allen  unter¬ 
suchten  Tieren,  93  an  der  Zahl. 


300 


Im  Jahre  1886  wurden  iu  Gießen  von  Juli  bis  Dezember  1769 
Stück  geschossen. 

Schließlich  kann  ich  bezüglich  der  Größe  des  von  den  Sperlingen 
angerichteten  Schadens  noch  die  Mitteilung  machen,  daß  nach  den 
im  Jahre  1883  von  der  landwirtschaftlichen  Kommission  angestellten 
Erhebungen  derselbe  in  der  Gemarkung  Gießen  sich  schätzungsweise 
auf  4000  Mark  belaufen  hat. 

Noch  einige  Worte  über  die  anderen  auf  der  Proskriptionsliste 
stehendeu  Tiere: 

In  den  vierziger  Jahren  wurden  für  den  Abschuß  der  Raben 
(Rabenkrähen),  Saatkrähen  und  Dohlen  vier  Kreuzer  pro  Stück  be¬ 
zahlt.  1889  waren  die  Raben  »fast  überall  nur  in  geringem  Maß 
vorhanden«  und  doch  wurden  im  Kreise  470  alte  und  212  junge 
erlegt  und  1764  Eier  gesammelt.  In  Burkhardsfelden  wurden  vom 
10.  März  bis  8.  April  4  Raben  geschossen  und  64  Eier  ausgehoben, 
so  daß  »junge  Raben  in  unserer  Gemarkung,  so  viel  wir  wissen  und 
was  wir  mit  Bestimmtheit  glauben  angeben  zu  dürfen,  nicht  zum 
Leben  und  zum  Zwecke  gekommen  sind.  Was  das  Schießen  von 
alten  Raben  und  Krähen  anlangt,  so  klagt  der  Forstschütz  Weiß 
sehr  darüber,  daß  dieselben  ungeheuer  scheu  und  nicht  gut  schießen 
und  zu  erreichen  seien.« 

Im  Kreise  Gießen  sind  1889  alte  Raben:  470;  junge  Raben: 
212;  Eier:  1764  Stück  geschossen  resp.  ausgehoben  worden,  wofür 
die  Kosten  von  den  Gemeindekassen  übernommen  und,  soweit  es  im 
Walde  geschehen,  auch  auf  den  für  Waldkulturarbeiten  vorgesehenen 
Betrag  angewiesen  wurden. 

Im  Jahre  1890  wurde  die  Jagd  auch  auf  Häher  und  Eichhörn¬ 
chen  ausgedehnt  und  1659  alte,  332  junge  Krähen  geschossen  und 
1951  Eier  derselben  ausgenommen,  —  nur  eine  Gemeinde  weigerte 
sich,  Krähen  zu  schießen,  »weil  die  sich  hier  herumtreibenden  Raben 
keine  Gemeinderaben  sondern  Kreisraben  sind«  —  außerdem  wurden 
293  alte,  69  junge  Häher,  sowie  445  Eichhörnchen  vertilgt. 

II. 

Vom  großen  Buntspecht,  Picus  major. 

Anfang  April  dieses  Jahres  bemerkte  ich  auf  einer  etwa  120jähr. 
Kiefer  des  hiesigen  forstbotauischen  Gartens  einen  eifrig  hämmernden 
Buntspecht.  Ihn  zu  belauschen  schlich  ich  mich  näher.  Doch  der 
emsig  arbeitende  Vogel  hatte  mich,  als  ich  schon  ziemlich  nahe  unter 
den  Baum  gekommen  war,  bemerkt.  Er  unterbrach  sofort  seine 


801 


Arbeit,  hüpfte  auf  die  andere  Seite  des  Astes  und  blieb  daselbst  so 
sitzen,  daß  nur  der  Kopf  des  nach  mir  ausspähenden  Vogels  sichtbar 
war.  Dann  flog  er  weg  nach  den  höheren  Asten  der  nächsten  Kiefer 
und  wenige  Augenblicke  darauf  fiel  etwas,  an  den  Ästen  und  Zweigen 
des  Baumwipfels  mehrmals  anschlagend,  herab  und  nur  3  oder  4 
Schritte  vor  mir  zu  Boden.  Ich  nahm  es  auf  und  hatte  einen  nicht 
etwa  frisch,  sondern,  wie  deutlich  zu  erkennen  war,  schon  längst 
ausgefressenen  Kiefernzapfen  in  Händen.  Nach  dem  Specht  auf¬ 
schauend,  sah  ich  ihn  an  der  alten  Stelle  wieder  bei  der  Arbeit,  d. 
h.  so  emsig  hämmernd,  als  ob  gar  nichts  vorgefallen  sei.  —  Offenbar 
hatte  der  Vogel,  als  er  sich  beobachtet  sah,  meine  Aufmerksamkeit 
von  sich  ablenken,  vielleicht  mich  gar  erschrecken  wollen  und  zu 
dem  Zwecke  den  längst  ausgefressenen  Zapfen,  dessen  Vorhandensein 
in  irgend  einer  Ritze  (wo  er  ihn  vor  Zeiten  eingeklemmt)  ihm  sofort 
in  den  Sinn  kam,  vor  mir  herabge worfeu. 

Ebenso  erstaunt  über  das  Thun  des  Vogels  wie  ich  war  auch 
Herr  Forst-Assessor  Dr.  May,  der  den  ganzen  Vorgang  mit  an¬ 
gesehen  hatte. 

III. 

Etwas  vom  Mauersegler,  Cypsclus  apus  111. 

Es  war  in  Rodheim  bei  Hungen  am  11.  Septbr.  1890,  nach¬ 
mittags  vier  Uhr,  als  das  Dienstmädchen  aus  dem  Keller  kam,  wo 
es  hinter  dem  kleinen  eisernen  Thürchen  eines  von  dort  aus  auf¬ 
geführten  Kamines  stark  geraschelt  hatte.  Entschlossen  hatte  sie 
die  Thüre  geöffnet  und  statt  der  erwarteten  Maus  zwei  Vögelchen 
gefunden,  die  sie  herauf  brachte.  In  dem  Zimmer,  dessen  Fenster- 
vorhänge  geschlossen  wurden,  damit  die  beiden  jungen  Segler,  denn 
solche  waren  es,  an  den  Scheiben  nicht  widerfliegen,  und  sich  ver¬ 
letzen  sollten,  wurden  sie  losgelassen  und  flogen  alsbald  recht  munter 
lebhaft  und  geschickt  umher,  meist  dicht  an  der  Zimmerdecke  hin¬ 
streichend.  Dann  ließen  sie  sich  auf  den  Kloben,  welche  die  Fenster- 
Vorhangstangen  tragen,  nieder  —  eine  Stelle,  welche  auch  Meisen, 
die  ich  seinerzeit  im  Zimmer  hielt,  mit  Vorliebe  als  Rast-  und  auch 
als  Nachtruheplätzchen  wählten  —  oder  sie  klammerten  sich  in  dem 
lichten  Gewebe  der  Gardinen  selbst  fest. 

Zum  Zweck  einer  genaueren  Untersuchung  wurden  sie  alsdanu 
wieder  eingefangen  : 

Beide  Vögel  waren  auf  dem  ganzen  Körper  schwarzbraun  von 
Farbe  oder  rauchbraun -schwarz,  auf  dem  Rücken  aber  batte  das 


302 


Gefieder  eine  mehr  blauschwarze  Färbung,  wohl  etwas  stärker  aus¬ 
geprägt  als  die  Autoren  meinen,  wenn  sie  es  als  »rußschwarz  mit 
einem  schwach  metallischen  Schimmer«  bezeichnen.  Auf  dem  Ober¬ 
kopf  des  eiuen  Vogels  fanden  sich  unter  den  grauschwarzen  nur 
wenige  tiefschwarze  Federn,  während  solche  auf  dem  des  anderen 
recht  zahlreich  auftraten.  Die  grauweiße  Kehle  war  infolge  des 
Aufenthaltes  im  Kamin  recht  getrübt,  wie  überhaupt  die  Tierchen 
so  schmutzig  waren,  daß  die  Hand,  die  sie  hielt,  stark  geschwärzt 
wurde.  Das  Kinn  war  schwach  bräunlich,  die  Augen  schwarz  mit 
brauner  Iris.  Einen  bräunlichen,  die  Spitze  nicht  erreichenden 
breiten  Mittelfleck  besaßen  die  Uuterschwanzdeckfedern,  während 
die  oberen  des  einen  Exemplars  sich  durch  einen  schwarzen  Schaft¬ 
strich  am  Vordereude  anszeichneten,  am  Grunde  aber  auf  jeder 
Fahnenhälfte  einen  dunklen  Fleck  besaßen;  die  des  anderen  hin¬ 
gegen,  das  etwas  stärker,  wohl  auch  etwas  älter  war,  zeigten  nicht 
mehr  diesen  Schaftstrich,  als  dessen  Ersatz  die  dunkle  Färbung 
weiter  ausgebreitet  war.  Die  Länge  betrug  13,  die  Flügellänge 
10,5  cm  bei  beiden  Exemplaren.  Eine  weiße  Spitze  besaßen  die 
drei  ersten  Oberarmschwingen  (III.  Ordnung)  des  jüngeren,  welche 
an  denen  des  älteren  Vogels  nur  noch  durch  einen  schmalen  weißen 
Saum  angedeutet  war.  Drei  Zehen  standen  nach  vorn,  eine  nach 
hinten  gerichtet.  Auch  beim  Sitzen  auf  einer  dünnen  Stange  blieb 
die  Stellung  dieselbe,  ebenso  war  beim  Anklammern  an  die  Gardine 
die  innere  Zehe  den  übrigen  entgegengesetzt.  Oberseits  und  au  den 
Seiten  waren  sie  mit  feinen  Federchen  besetzt,  deren  Länge  etwa 
der  Zehen  breite  gleichkam. 

Bekanntlich  ist  bei  alten  Exemplaren  die  Hinterzehe  nach  vorn 
gewendet  (Klammerfuß)  und  ebenso  wie  die  anderen  Zehen  nicht 
befiedert. 

Freigelassen  erhoben  sich  die  Segler  etwa  turmhoch  in  die  Luft 
und  entschwanden  bald  meinen  Blicken. 

Durch  folgende  Bruchzahlen  gebe  ich  die  Abzugszeiten  des 
Seglers,  wie  sie  mir  von  Herrn  Prof.  Dr.  Ho  ff  mann  in  Gießen 
freundlichst  mitgeteilt  wurden,  von  1860 — 1878;  nur  ans  den  Jahren 
1871  und  1876  fehlen  die  Daten:  31/V1I,  1/VIII,  29/VII,  3/VIII 
einzeln  noch  7/VIII,  4/VIII,  28/V1I,  6/VIII,  30/IX,  28/VII  einzeln 
4/ VIII,  29/VII,  3/VIII,  — ,  28/VII,  29/VII  die  letzte  31/VII,  21/VII 
die  letzte  1/VIII,  30/VII,  — ,  19/VII,  30/ VII. 

Nehmen  wir  für  Rodheim  dieselben  Abzugszeiten  au,  so  würde 
der  Wegzug  im  Mittel  auf  die  ersten  Tage  des  August  fallen,  und 


303 


wenn  bekanntlich  auch  die  Jungen  später  ziehen  als  die  Alten, 
dann  werden  diese  beiden  Geschöpfe  bis  zu  ihrer  Befreiung 
am  11.  September  schon  manchen  Tag  in  ihrem  Gefängnis  ge¬ 
schmachtet  haben. 

IV. 

Eine  Vogel  in  sei. 

Wieder  einmal,  wenn  auch  nur  fiir  kurze  Zeit,  war  ich  in  die 
alte  Heimat  zurückgekehrt  und  besuchte  in  früher  Morgenstunde 
den  Gießener  botanischen  Garten,  alten  Erinnerungen  nachhängend 
und  die  inzwischen  vorgenommenen  Neuerungen  betrachtend. 

Da  traf  ich  glücklicher  Weise  den  Leiter  und  Direktor  des 

■ 

Gartens,  Herrn  Geh.  Rat  Prof.  Dr.  Hoffman  n,  den  berühmten 
Phaeuologen,  der  mir  in  freundlichster  Weise  seine  »Vogelinsel«  zeigte. 

Am  östlichen  Ende  des  Gartens  liegt  der  nicht  sehr  große  Teich, 
welcher  seither  durch  einen  etwa  2  m  breiten  seitlich  mit  Büschen 
besetzten  Weg  von  einem  schmalen  langgezogenen  Wassertümpel 
getrennt  war,  in  dem  die  einheimischen  Sumpfpflanzen  üppig 
wucherten. 

Zweimal  nun  war  dieser  beide  Gewässer  trennende  Dammweg 
durchstochen  und  so  eine  Insel  geschaffen  worden  von  etwa  36 
Schritt  Länge.  Dieselbe  bietet,  da  sie  durch  einen  auch  au  seiner 
engsten  Stelle  reichlich  2  m  breiten  und  etwa  metertiefen  Wasser¬ 
arm  von  dem  Lande  getrennt  ist,  ein  vor  Katzen  und  anderem 
Raubzeug  völlig  sicheres  Plätzchen,  auf  dem  sich  die  einheimischen 
Vögel  ansiedeln  sollten.  Um  ihnen  den  Aufenthalt  daselbst  recht 
angenehm  zu  machen,  ist  die  Insel,  die  schon  früher  mit  Vogelbeer¬ 
bäumen,  Erlen  und  Weiden  bestanden  war,  noch  mit  Rheum,  Buchs, 
Taxus,  Wachholder  und  jungen  Fichten  bepflanzt  worden,  welche 
mit  Basaltsteingruppen  abwechselnd,  dem  Eiland  ein  freundliches 
Aussehen  verleihen.  Üppig  wucherten  auch  die  einheimischen  Kraut¬ 
pflanzen  empor,  vor  allen  Clematis. 

Und  wie  belebt  war  gleich  im  jetzigen  ersten  Sommer  diese 
Niststätte.  Nicht  im  mindesten  stören  ließen  sich  die  Vögel,  obgleich 
wir  dicht  an  das  Wasser  herangetreten  waren. 

Durch  das  Gesträuch  schlüpft  die  junge  Schwarzamsel,  vor 
seinem  Kasten  sitzt  der  Star  und  schmettert  sein  Herbstlied, 
Phyllopneuste  rufa  läßt  unermüdlich  ihr  zipp  zepp  zipp  zepp  er¬ 
tönen,  Haussperling  und  Rotkehlchen  treiben  sich  umher,  beide 
Rotschwänzchen  sitzen,  nach  Beute  spähend,  auf  freien  Ausblick 


304 


gewährenden  Zweigen,  das  junge  Buchfink-Männchen  beginnt  zu 
schlagen,  so  leise,  schwach  und  unvollkommen,  wie  es  auch  bei 
erwachendem  Frühling  die  Alten  thun,  bis  sie  nach  einigen  Proben 
ihre  durchdringende  Melodie  schmettern  können;  da  rüttelt  ein 
grauer  Fliegenschnepper,  die  langgeschwänzte  gelbe  Bachstelze  streicht 
rufend  von  der  Insel  ab.  In  einem  der  Meisenkasten  hat  Farns 
major  genistet,  in  einem  anderen  Farns  coerulens ,  Farns  ater  hat 
sich  soeben  eingestellt;  der  Zaunkönig  läßt  seinen  schnarrenden 
Ton  hören  und  schließlich  kommt  ein  Grünspecht  herbeigeflogen,  au 
dem  abgebrochenen  Ast  jener  alten  Weide  zu  hämmern.  Von  keines 
Menschen  Fuß  soll  vorerst  die  Insel  betreten  werden ;  ihrem 
Schicksal  überlassen  sollen  die  angepflanzten  Bäume  und  Sträucher 
den  Kampf  ums  Dasein  mit  dem  üppigen  Unkrautwuch.se  aufnehmen 
—  nur  um  den  Vögeln  einen  Nist-  und-  Brutplatz  zu  geben,  der 
frei  ist  von  jeder  ihnen  unliebsamen  Störung.  Um  nur  eine  unge¬ 
fähre  Ahnung  zu  haben,  wie  viel  Vögel  sich  etwa  hier  angesiedelt 
haben  könnten,  wurden  die  Nester  gezählt,  welche  sich  indem  zum 
botanischen  Garten  gehörenden  kleinen  belebten  Wirtschaftshof  auf 
wenig  dort  stehenden  Bäumen  und  Sträuchern  fanden.  Dies  waren 
die  Nester  von  einem  Blaumeisen-,  zwei  Fliegenschnepper-,  drei 
Distelfink-,  drei  Amsel-,  fünf  Grasmücken-  und  sechs  Buchfinken¬ 
pärchen  -v-  also  20  Nester  — ,  während  auffallender  Weise  die  seit 
langer  Zeit  dort  nistenden  Rotschwänzchen  in  diesem  Jahre  weg¬ 
geblieben  waren. 

Die  Raubsiiugetiere  des  Teutoburger  Waldes. 

Von  Heinrich  Schacht. 

V.  Der  Iltis  ( Mn  st  ela  pntorins). 

Ein  viel  verlästertes  und  verleumdetes  Tier  aus  der  Marder¬ 
familie  ist  uuser  Iltis,  bei  uns  unter  dem  Namen  der  Elk  oder 
das  Elken  allgemein  bekannt.  Da  er  mit  dem  Marder  oft  die¬ 
selben  Räume,  wie  Stallungen,  Scheunen,  Speicher  u.  s.  w.  zur  Be¬ 
hausung  erwählt,  schreibt  man  gewöhnlich  alle  Schandthaten,  die 
dieser  verübt,  auf  das  Konto  des  Iltisses  und  daher  wird  er  überall 
unnachsichtig  verfolgt  und  oft  auf  die  grausamste  Weise  zu  Tode 
gequält  und  gemartert.  Hat  man  auf  dem  Hofe  des  Landmanns 
unter  alten  Holzhaufen,  in  Kellern,  Stallungen,  Kanälen,  unter 
Brücken  und  Stegen  sein  Standquartier  ausfindig  gemacht,  daun 


bleibt  kein  Mittel  unversucht,  um  des  armen  Ratzes  habhaft  zu  werden. 
Beschüsse  werden  aufgerissen,  Kanäle  aufgedeckt,  Holz-  und  Stein¬ 
haufen  fortgeräumt,  die  bissigsten  Hunde  herbeigeschafft,  Mist-  und 
Heugabeln,  Schießprügel  und  mächtige  Knüppel  zur  Haud  genommen 
und  nun  geht  die  Hatz  los.  Der  Iltis  hält  in  seinem  Versteck  lange 
aus,  und  erst  wenn  das  letzte  Holzscheit,  der  letzte  Stein  oder  Balken 

weggeräumt  ist,  will  er  die  Flucht  ergreifen.  Da  stürzt  alles  mit 

•• 

Horido  und  Hussassa  über  den  Ärmsten  her,  die  Hunde  thun  das 
Ihrige  und  bald  liegt  der  gewaltige  Räuber,  der  Hühner-  und  Eier¬ 
dieb,  zuckend  am  Boden. 

Da  ist  auf  dem  Felde  eine  mächtige  Korndieme  aufgespeichert, 
wo  sich  bald  alle  Mäuse  der  Nachbarschaft  zum  herrlichen  Schmause 
zusammenfiuden.  Ein  Iltis  hat  den  Tummelplatz  der  Mäuse  ausge¬ 
kundschaftet,  spieleud  erbeutet  er  die  schönsten  Braten,  was  Wunder, 
wenn  er  nun  auch  in  dem  Schutz  bietenden  Kornhaufen  sein  Lager 
aufschlägt?  Nach  einiger  Zeit  wird  die  Dieme  abgefahren;  man  ist 
erstaunt,  so  wenig  Spuren  von  den  gefräßigen  Nagern  zu  finden, 
aber  Phylax,  des  Hauses  redlicher  Hüter,  umkreist  mit  schnüffelnder 
Nase  fortwährend  das  Rund  der  Dieme.  Das  ist  verdächtig!  Was 
sollte  noch  drunter  stecken?  Aufgepaßt!  Jetzt  wird  der  letzte  Bund 
aufgehoben;  der  Mausejäger,  welcher  für  Säuberung  der  Dieme  von 
den  verderblichen  Plagegeistern  redlich  Sorge  getragen  hat,  will  ent¬ 
springen,  da  ergreifen  ihn  die  Zähne  des  Hundes,  zermalmen  seinen 
Rückgrat  und  um  das  Leben  des  Iltisses  ist  es  geschehen.  Schnöder 
Undank  ist  der  Welt  Lohn! 

Als  ich  einst  zur  Erntezeit  über  die  Felder  schritt,  vernahm 
ich  aus  kurzer  Entfernung  ein  mächtiges  Hallo  und  sah,  wie  eine 
Anzahl  von  Feldarbeitern  einem  Garbeuhaufen  zueilte.  Als  ich 
hinzuging,  präsentierte  mir  der  Besitzer  des  Feldes  einen  Iltis,  den 
man  soeben  unter  den  Garben  erschlagen  habe.  0  heilige  Einfalt! 
Der  Iltis,  welcher  hier  auf  der  Flur  der  Mausejagd  oblag  und  das 
Eigentum  des  Kornbauern  vor  den  Angriffen  der  Mäuse  schützen 
wollte,  mußte  sein  löbliches  Thun  mit  dem  Leben  bezahlen. 

Mein  Freund  und  Nachbar,  der  ein  größeres  isoliert  liegendes 
Gut  mit  vielen  alten  Wirtschaftsgebäuden  bewohnt,  hält  den  ganzen 
Wiuter  hindurch  seine  Marder-  und  Iltisfallen  in  Thätigkeit  und  es 
ist  ihm  auch  gelungen,  eine  ziemliche  Anzahl  von  Mardern,  aber 
eine  weit  größere  von  Iltissen  einzufaugen.  Daß  er  den  Mardern 
auf  Böden  Pallen  stellt,  kann  ihm  kein  Mensch  verargen,  da  er  aber 
auch  die  unten  in  Ställen  und  Scheunen  hausenden  Iltisse  wegfing, 

Zoolog.  Gart.  Jalirg.  XXXI.  1890.  20 


30  G 


stellten  sich  bald  andere  widerliche  Gäste,  nämlich  Ratten  in  so  un¬ 
geheurer  Anzahl  ein,  daß  sie  sogar  den  Beschuß  der  Wohnstube 
durchnagten,  kühn  in  Keller,  Küche  und  Speisekammer  drangen, 
auf  die  Kornböden  stiegen  und  überhaupt  mehr  Schaden  anrichteten, 
als  ihm  die  Iltisse  je  zugefügt  hatten.  Das  Wegfangen  der  Iltisse 

rächt  sich  immer  bitter,  denn  der  Iltis  ist  der  geschworene  Feind 

•  • 

aller  Nagetiere,  die  gerade  der  menschlichen  Ökonomie  den  größten 
Schaden  bringen.  Wenn  Not  und  Mangel  an  seine  Thüre  klopfen? 
wenn  er  Junge  zu  versorgen  hat,  vergreift  er  sich  auch  wohl  au 
einem  Huhne,  raubt  Eier  und  junge  Küchlein,  die  schlecht  ver¬ 
wahrt  siud,  aber  er  ist  bescheiden  in  seinen  Ansprüchen  und  würgt 
und  mordet  nie  im  grossen,  wie  seine  Vettern,  die  Marder.  Auf 
Böden  steigt  er  selten,  weil  er  im  Klettern  kein  großer  Meister  ist, 
dagegen  folgt  er  gern  dem  Laufe  der  Bäche  und  Gräben,  um  sein 
Lieblingswild,  Frösche,  zu  jagen.  Auf  diese  kaltblütigen  Hüpfer  ist 
er  förmlich  erpicht  und  schleppt  dieselben  oft  haufenweise  in  sein 
Versteck.  Nebenbei  begnügt  er  sich  auch  mit  Eidechsen,  Salaman¬ 
dern  und  Blindschleichen,  während  Kröten  nicht  einmal  berührt 
werden. 

Unter  dem  Hühuerstalle  meines  Schwiegervaters  hatte  sich  ein 
Iltis  zwischen  altem  Bauholze  ein  behagliches  Heim  errichtet,  das  er 
monatelang  bewohnte,  sogar  ein  Geheck  seiner  Jungen  darin  gro߬ 
zog,  aber  nie  hat  er  sich  an  einem  Huhne  vergriffen  oder  ein  Ei 
geraubt.  Die  in  der  Nähe  lebenden  Frösche,  Ratten  und  Mäuse 
genügten  ihm  auf  seinen  nächtlichen  Streifzügeu  vollständig,  wes¬ 
halb  ihm  auch  mein  Schwiegervater  den  weitgehendsten  Schutz  an¬ 
gedeihen  ließ. 

Am  äußersten  Ende  unseres  Dorfs  stand  einst  ein  verfallenes 
Bauernhaus,  dessen  Strohdach  nach  einer  Seite  hin  fast  den  Boden 
berührte.  In  diesem  Hause,  das  unbewohnt  war,  schliefen  die  Hühner 
frei  auf  dem  Treppengeländer  und  mehrere  Gänse  marschierten  alle 
Abend  in  bekannter  Reihenfolge  darin  ihrem  Stalle  zu.  In  dem 
wüsten  Gelasse  hatte  sich  zur  Winterzeit  ein  Iltis  ein  quartiert, 
dessen  Fährte  jeden  Morgen  deutlich  im  Schuee  zu  spüren  war,  aber 
alles  Geflügel  blieb  verschont. 

Ein  anderer  Iltis  hatte  sein  Quartier  in  einem  frei  auf  dem 
Hofe  stehenden  Enten  stalle  aufgeschlagen  ,  ließ  aber  sowohl  die 
jungen  wie  alten  Enten  gänzlich  in  Ruhe.  Der  Iltis  ist  weit  besser 
als  sein  Ruf,  und  ich  bin  fest  überzeugt,  dass  die  meisten  Mord- 
thateu,  die  man  ihm  aufbürdet,  von  unsern  Mardern  oder  auch  vom 


—  307  — ■ 

großen  Wiesel  verübt  sind,  weil  gerade  auch  das  letztere  zu  gern 
in  Häuser  und  Scheunen  dringt. 

Eiust  hatte  ein  Iltis  sein  Wochenbett  in  dem  Keller  meines 
Nachbarhauses  aufgeschlagen.  In  der  Dämmerung  sah  mau  häufig 
die  Iltismutter  mit  Fröschen  und  Mäusen  beladen  durch  den  Garten 
spazieren  und  im  Kellerloche  verschwinden.  Als  ich  Kenntnis  von 
der  Sache  erhielt,  begab  ich  mich  mit  einer  Laterne  versehen  in  den 
dunklen  Raum  und  vernahm  bald  heisere  kläffende  Töne,  die  aus 
einem  alten  Kartoffellager  drangen.  Ich  räumte  nun  die  morschen, 
mulsterigen  Bretter  zur  Seite  und  siehe,  unter  denselben  lagen  in 
zusammengeschlepptem  Stroh  4  Stück  junge  Iltisse*,  von  denen  einer 
schon  die  Flucht  ergriff.  Die  Tiere,  halb  erwachsen,  von  gleicher 
dunkler  Färbung  mit  unten  gelblichem  Wollpelze  und  mit  weißen 
Lippen  und  Ohrrande  versehen,  ließen  sich  leicht  gefangen  nehmen, 
wehrten  sich  durchaus  nicht,  kläfften  aber  manchmal  laut  und  ver¬ 
nehmlich.  Ich  wies  ihnen  zur  Wohnung  eine  geräumige,  vorn  mit 
einem  Drahtgitter  versehene  Kiste  an,  in  der  oben  ein  mit  Heu  und 
Stroh  ausgefütterter  Nestraum  angebracht  war,  den  sie  sofort  zur 
Lagerstätte  erwählten.  Anfangs  erhielten  sie  Milch  und  Weißbrot 
und  einige  Hühnereier,  bei  welcher  Kost  sie  trefflich  gediehen,  später 
aber  tote  Spatzen,  Hühner,  Tauben,  Mäuse  und  Ratten,  Frösche  und 
Blindschleichen.  Warf  ich  ihnen  einen  fetten  Frosch  vor,  dann 
sprangen  alle  zugleich  aus  ihrem  Versteck,  jeder  ergriff  ein  Bein 
und  dann  ging  ein  gieriges  Zerren  und  Reißen  los,  bis  der  Frosch 
im  buchstäblichen  Sinne  des  Wortes  gevierteilt  war  und  jeder  seinen 
Teil  in  Ruhe  verzehrte.  Ich  hatte  genug  zu  thun,  um  täglich 
frisches  Futter  herbeizuschaffen,  wenn  auch  die  Hauptnahrung  aus 
Weißbrot  und  Milch  bestand.  Als  die  Tiere  fast  herangewachsen 
waren,  gelang  es  dem  ältesten  derselben,  sich  durch  eine  schadhafte 
Stelle  des  Gitters  zu  zwängen  und  zu  entkommen.  Natürlich  fielen 
die  Mahlzeiten  für  die  anderen  etwas  reichlicher  aus.  Eine  schöne 
Zeit  begann  für  meine  Gefangenen,  als  im  Spätherbst  ein  Bewohner 
des  Dorfes  seinen  etwa  1  m  tiefen  Brunnen  reinigen  ließ,  aus  dem 
ich  ein  ganzes  Ankerfaß  voll  lebender  Frösche  erhielt,  die  beinahe 
2  Monate  lang  zur  Fütterung  aushielten.  Die  Iltisse  lebten  unter 
sich  stets  verträglich,  lagen  aber  fast  deu  ganzen  Tag  dicht  anein¬ 
ander  gedrängt  in  ihrem  Neste.  Muntere  Spiele  trieben  sie  nie  mit¬ 
einander,  ihre  einzigen  Begierden  schienen  nur  auf  Speise  und  Trank 
gerichtet  zu  sein.  Gegen  Ende  des  Monats  Dezember,  als  der  kost¬ 
bare  Balg  der  drei  Ratze  reif  war,  suchte  ich  dieselben  vom  Leben 


—  308  — 

zum  Tode  zu  briugen.  Das  geeignetste  Mittel  schien  mir  Strychnin 
zu  sein,  um  so  mehr,  als  in  einem  Artikel  liher  den  Iltis  aus  der 
Feder  des  Herrn  v.  Krieger  (Zool.  Gart.,  Jahrgang  1876,  pag:  9) 
geschrieben  stand:  »Ein  mit  Strychnin  vergiftetes  Ei  schlürft  er 
ohne  Mißtrauen  hinunter  und  findet  auf  diese  Weise  schnell  seinen 
Tod«.  Gut,  dachte  ich,  der  Einfachheit  halber  ist  diese  Todesart 
auch  für  meine  Iltisse  die  beste.  Nachdem  ich  den  Tieren  eine 
Nacht  alle  Nahrung  vorenthalten,  wurden  drei  Höllenbrocken  prä¬ 
pariert,  deren  jeder  eine  Federmesserspitze  voll  Strychnin  enthielt. 
Gierig  wurden  die  Brocken  verzehrt  uud  nun  wartete  ich,  mit  der 
Uhr  in  der  Hand  dabeisteheud,  den  Zeitpunkt  ab,  wann  die  Wirkung 
eintreten  würde.  Ich  stand  5 — 10  Minuten,  ich  wartete  20  Minuten: 
die  Ratze  blieben  munter  wie  zuvor.  Eine  Stunde  darauf  wurden 
drei  neue  Brocken  zubereitet  und  den  Tieren  gereicht.  Der  Erfolg 
war  derselbe  —  die  Ratze  verlangten  immer  noch  mehr. 

Die  Behauptung:  »Der  giftige  Biß  der  Kreuzotter  schadet  dem 
Iltisse  nicht,  wie  ich  vielfach  erprobt  habe,  er  frißt  sie  samt  den 
Giftdrüsen  uud  Giftzähnen!«  wie  sie  Vater  Lenz  in  seiner  Natur¬ 
geschichte  aufstellt,  war  mir  zwar  bekannt,  ich  kannte  aber  auch 
die  Behauptung  von  Krieger:  »Daß  der  Iltis  den  Biß  einer  gif¬ 
tigen  Schlange  ohne  Nachteil  für  seine  Gesundheit  vertragen,  daher 
giftfest,  wie  der  Salamander  nach  Aussage  früherer  Naturforscher 
feuerfest  sein  soll,  gehört  nach  meiner  Ansicht,  eins  wie  das  andere, 
in  den  Bereich  der  Fabel.  Auch  wenn  Lenz  in  seiner  vortrefflichen 
Naturgschichte  derartige  Versuche,  welche  er  mit  Iltis  und  mit 
Giftschlangen  gemacht  hat,  nach  dieser  Richtung  hin  in  sehr  aus¬ 
führlicher  Weise  schildert,  so  können  diese  wenigen  Beobachtungen 
dennoch  auf  Irrtum  beruhen,  wenigstens  grenzen  dieselben  an  Un¬ 
wahrscheinlichkeit.«  Nun  könnte  man  vielleicht  ein  wenden:  Das 
den  Iltissen  gereichte  Gift  hat  nicht’s  getaugt!  0  ja,  einige  Tage 
vorher  hatte  ein  Fuchs  von  demselben  gezehrt  und  war  dabei  ver¬ 
endet.  Dieser  Einwand  wäre  also  nicht  stichhaltig.  Als  ich  einige  Zeit 
nachher  unserm  leider  zu  früh  entschlafenen  A.  Brehm  diese 
wunderbare  Beobachtung  mitteilte,  war  er  sehr  erfreut,  die  Behaup¬ 
tungen  von  Vater  Lenz  bestätigt  zu  finden.  Zugleich  aber  erbot 
sich  Herr  Kommerzienrat  Klingenberg  in  Detmold,  uns  ein  neues 
Versuchsobjekt,  das  er  gerade  in  Gefangenschaft  hielt,  zur  Verfügung 
zu  stellen.  Am  folgenden  Morgen  begab  ich  mich  in  Begleitung 
Brehms  zu  Klingenberg,  und  es  wurde  dem  Iltis  ein  vorsichtig 
präparierter  Strychninbrocken  gereicht,  den  er  auch  sofort  verschlang, 


309 


aber  danach  munter  blieb  wie  zuvor.  Bald  nachher  erhielt  der 
Iltis  einen  zweiten  Brocken,  er  schien  aber  an  dem  schauerlich 
bitteren  Gesclmiacke  des  ersten  Brockens  genug  zu  haben  und  ließ 
den  zweiten  unberührt.  Nach  diesen  meinen  Versuchen  ist  also  der 
Iltis  im  wahren  Sinne  des  Wortes  giftfest. 

Zu  fangen  ist  der  Iltis  in  einer  Kastenfalle  oder  in  einem 
Tellereisen  sehr  leicht.  Einmal  habe  ich  sogar  erfahren,  daß  er  sich 
zufällig  in  einer  Hasenschliuge  gefangen  hatte.  Ein  alter  Schlingen¬ 
steller  unseres  Dorfes  hatte  nämlich  eine  Hasenschlinge  in  der  Hecke 
einer  mit  einem  Wassergraben  versehenen  Wiese  angebracht.  Nach 
einigen  Tagen  hing  statt  des  erwarteten  Häsleius  ein  Iltis  darin. 
Dem  Tiere  war  die  Schlinge,  durch  welche  es  springend  hindurch¬ 
zukommen  gesucht,  um  den  Leib  geraten.  Iu  der  Todesangst  hatte 
es  fingerdicke  Zweige  des  Gebüsches  durchnagt. 

Vor  einigen  Wochen  hatte  ich  in  meinem  Keller  vor  einem 
Rattenloche  ein  Tellereisen  frei  aufgestellt.  Am  andern  Morgen 
war  die  Falle  samt  der  daransitzenden  Kette  verschwunden.  Bald 
sah  ich,  daß  ein  Iltis  hineiugeraten  war,  der  sich  mit  der  Falle  in 
einen  Abzugskanal  geflüchtet  hatte  und  in  dem  dort  lagernden 
Schmutze  am  Erstickungstode  zu  Grunde  gegangen  war.  Jetzt  hat 
sich  wieder  ein  Iltis  im  Keller  angesiedelt,  den  ich  frei  schalten  und 
walten  lasse.  Von  Ratten  und  Mäusen  ist  natürlich  im  Keller  keine 
Spur  mehr  zu  finden. 


Die  Heuschreckennot  in  Algerien. 

Von  Damian  Gronen. 

Es  ist  nun  schon  das  fünfte  Jahr,  daß  Algerien  und  zwar  vor¬ 
nehmlich  die  Provinz  Constantine  unter  den  Verheerungen  der  Heu¬ 
schrecken  leidet,  und  es  zeugt  wahrlich  von  keiner  guten  Verwaltung 
des  Landes,  daß  die  Behörden  fünf  Jahre  lang  hintereinander  das 
Übel  haben  groß  werden  lassen,  ohne  ihrerseits  auch  nur  das 
Geringste  zur  Bekämpfung  desselben  zu  thun.  Im  laufenden  Jahre 
hat  sich  die  Plage  wieder  so  weit  ausgedehnt,  daß  Hunderttausende 
von  Hektaren  fruchtbarsten  Landes  verwüstet  worden  sind,  die 
Herdenbesitzer  sich  gezwungen  sahen,  ihr  Vieh  um  jeden  Preis 
loszuschlagen,  der  Schaden  wieder  nach  Millionen  gezählt  werden 
muß  und  Tausende  von  Eingeborenen  dem  Huugertode  preisgegeben 
waren,  wenn  nicht  schleunige  Hülfe  gebracht  wurde. 


310 


Die  riesigen  Heuschreckenschwärme,  welche  nun  seit  1885  regel¬ 
mäßig  das  Land  verheeren,  werden  gebildet  von  zwei  bisher  wenig 
beachteten  Arten  von  Heuschrecken ,  dem  Stauronotus  maroccanus 
und  dem  Caloplenus  italicus.  Der  erstere  ist  nur  von  geringer 
Größe.  Die  Männchen  werden  17 — 28  Millimeter  lang,  die  Weib¬ 
chen  20 — 23  Millimeter;  sein  ziemlich  harter  Panzer  hat  eine  rot¬ 
gelbe  Farbe  und  ist  mit  fahlen  Flecken  besäet.  Der  Gciloptenus 
italicus  ist  noch  etwas  kleiner,  15 — 22  Millimeter  beim  männlichen 
und  23 — 24  Millimeter  beim  weiblichen  Geschlecht.  Von  Farbe 
graubraun  zeigt  er  durchsichtige  Flügeldecken,  die  mit  dunklen 
Flecken  besät  sind.  Beide  Arten  kommen  hauptsächlich  in  den 
Monaten  Juni  und  Juli  zum  Vorscheine.  Die  Weibchen  graben  mit 
ihrem  Unterleibe  ein  4 — 5  Centimeter  tiefes  Loch  in  die  Erde  und 
legen  in  dieses  ihre  Eier  ;  daun  sterben  sie.  Die  Jungen  verbleiben 
nun  9 — 10  Monate  lang  im  Boden  und  kommen  erst  mit  Anfang 
des  nächsten  Sommers  zum  Vorschein.  Die  Eiersäcke  haben  eine 
Länge  von  1  */ 2 — 2  Centimeter  und  enthalten  je  30 — 40  Eier.  Jedes 
Weibchen  legt  30 — 100  solcher  Säcke,  die  unter  sich  durch  eine  Art 
von  Schaum  verbunden  sind;  an  diesen  heften  sich  ringsum  Sandkörner 
an,  so  daß  die  Eier  dadurch  dem  Auge  ihrer  Feinde  hübsch  ver¬ 
steckt  werdeu.  —  Wenn  die  Jungen  aus  dem  Ei  schlüpfen,  sind  sie 
noch  sehr  zaghafte  Läufer;  sie  legen  kaum  150  Meter  im  Tage 
zurück,  und  auch  im  Alter  von  14  Tagen  machen  sie  nicht  mehr 
als  1  Kilometer. 

Aber  schon  mit  20  Tagen  werden  sie  tüchtige  Springer  und 
rücken  wohl  10  Kilometer  per  Tag  vor,  die  Sprungweite  beträgt 
60  Centimeter  bei  einer  Höhe  von  30  Centimeter.  Inzwischen 
sind  auch  ihre  Flügel  kräftig  geworden  und  bilden  ein  Paar  Kuder, 
das  wunderbar  geeignet  ist,  die  Luft  zu  durchfahreu.  Sie  bildeu 
nun  wahre  Armeen,  die  sich  nicht  bloß  nach  Milliarden  sondern 
nach  Billionen  beziffern  und  sich  bis  auf  50  Kilometer  Breite  aus- 
dehuen.  Sie  verlassen  ihren  Rastort  mit  Eintritt  der  warmen 
Tagesstunden  und  fliegen  den  Tag  über,  die  kühlen  Nachtstunden 
aber  verbringen  sie  am  Boden.  Tausende  von  Hektaren  guten 
Getreidelandes  kann  solch  eine  Armee  iu  wenigen  Tagen  in  reine 
Wüste  verwandeln.  Keine  vegetabilische  Substanz  widersteht  ihren 
soliden  Kauwerkzeugen.  Sie  nähren  sich  nicht  allein  von  den 
Gräsern,  welche  sie  bis  auf  die  Wurzel  abuagen,  sondern  fressen 
auch  die  Blätter  der  Bäume,  Kleefelder,  Gemüse-  und  Obstgärten, 
Weinberge,  Feigen-,  Oliven-  und  Citrouenpflanzungen,  alles  3er- 


311 


stören  sie  binnen  kürzester  Zeit.  Sie  lassen  nicht  einmal  die  dürren 
Getreidekörner  unangegriffen,  dringen  in  die  unterirdischen  Getreide¬ 
gruben  ein,  verzehren  sogar  die  Säcke  sammt  dem  Korn,  und 
zernagen  auch  die  Kleider,  welche  sie  im  Innern  der  Woh¬ 
nungen  antreffen. 

»Bei  einem  Besuche,«  so  schreibt  unser  Gewährsmann,  »den 
ich  diesen  Sommer  in  der  Umgebung  von  Setif  machte,  woselbst 
eine  Genfer  Kolonisationsgesellschaft  große  Ländereien  besitzt,  bin 
ich  vier  Stunden  lang  in  einem  fort  durch  dicke  Haufen  von  Heu¬ 
schrecken  geritten.  Soweit  der  Blick  reichte,  sah  man  nichts  als 
hüpfende  Tierchen  und  dazwischen  den  kahlen  Boden.  Der  Schaden 
ist  enorm,  da  nicht  einmal  das  zur  Aussaat  nötige  Korn  übrig 
geblieben  ist.  Wohl  hatte  man  das  Übel  vorausgesehen  und  wesentlich 
nach  dem  Vorbilde  der  Genfer  Gesellschaft  Abwehrmaßregeln  ge¬ 
troffen,  aber  jedenfalls  in  zu  geringem  Maßstabe.  Mau  hat  über 
den  Boden  hin  quer  zur  Richtung,  in  welcher  die  Tiere  heranrücken, 
Leinwandstreifen  gezogen,  die  an  Pfählen  befestigt,  einen  stumnfen 
Winkel  zum  Boden  bilden.  Das  untere  Ende  der  Leinwand  muß 
in  die  Erde  vergraben  werden,  damit  die  Heuschrecken  nicht  unten 
durchschlüpfen.  Die  obere  Seite  der  Leinwand  ist  mit  Wachstuch 
überzogen,  das  zudem  noch  leicht  geölt  wird.  In  einem  Abstaud 
von  30  zu  30  Meter  sind  rechtwinklig  zur  Leinwand  1  Meter 
breite  und  2  Meter  tiefe  Gräben  gezogen,  deren  Wände  mit  Blech 
überkleidet  sind,  das  noch  einen  Dezimeter  über  den  Rand  empor¬ 
ragt.  Wenn  nun  die  Heuschrecken  herangehüpft  kommen,  springen 
sie  auf  die  Leinwand  hinauf,  fallen  aber  vom  Wachstuche  wieder 
herunter.  So  springen  sie  den  ganzen  Apparat  entlang,  bis  sie  in 
die  Grube  fallen,  aus  der  kein  Entrinnen  mehr  möglich  ist.  Dort 
werden  sie  daun  mittelst  einer  Handramme  zerquetscht.  Zur  Be¬ 
dienung  eines  solchen  Apparates  von  500  Meter  Länge  braucht  es 
10  Mann.  Leider  besaß  man  solcher  Fangbänder  nur  auf  eine 
Strecke  von  60  Kilometer  und  zwar  gehören  diese  hauptsächlich  der 
Genfer  Gesellschaft,  während  zur  energischen  Bekämpfung  der  Plage 
mindestens  600  Kilometer  Apparate  nötig  gewesen  wären.  So  ist 
denn  die  Arbeit  ganz  umsonst  gewesen.  Kolonnen  von  50  Kilometer 
Tiefe  mit  einer  Stirnbreite  von  8 — 10  Kilometer  rückten  mit  einer 
Geschwindigkeit  von  10  Kilometer  per  Tag  vor:  als  sie  auf  die 
Apparate  stießen,  schwenkten  sie  um  dieselben  herum,  schlossen 
jenseits  ihre  Reihen  wieder  und  ergossen  sich  in  verheerendem  Strome 
in  die  reichen |nörd liehen  Thäler,  Hätten.  Regierung  und  Private 


312 


so  ihre  Pflicht  gethan  wie  die  Genfer  Gesellschaft,  so  hätte  das 
Übel  können  aufgehalten  werden.  Jetzt  ist  es  zu  spät  und  die 
Plage  hat  sich  bereits  auch  in  das  Departement  Algier  hinüber 
fortgepflanzt.  Tausende  von  arabischen  Familien,  gewöhnt  von  der 
Hand  in  den  Mund  zu  leben,  gehen  dem  sicheren  Tode  entgegen, 
wenn  ihnen  keine  Hülfe  gebracht  wird  *).  Zwei,  drei  Monate  noch, 
und  diese  Unglücklichen  werden  in  ihren  Zelten,  auf  dem  Felde, 
auf  den  Wegen  Hungers  sterben,  oder  sie  kommen  in  die  Städte, 
um  da,  von  den  Qualen  der  Entbehrung  erschöpft,  auf  Straßen  und 
Plätzen  ihren  letzten  Seufzer  auszuhauchen«. 

Läßt  sich  nun  gar  nichts  gegen  diese  Plage  thun?  Freilich, 

•• 

aber  man  kann  bei  der  Größe  des  Übels  die  Sache  nicht  der  Privat- 
thätigkeit  überlassen,  sondern  einzig  der  Staat  besitzt  die  nötigen 
Mittel  hierzu,  ob  er  aber  auch  den  Willen  oder  die  Fähigkeit  hat, 
ist  eine  andere  Frage.  Die  algerischen  Behörden  flößen  einem  in 
der  That  nicht  das  nötige  Zutrauen  ein,  wenigstens  was  die  Sorg¬ 
falt  der  Ausführung  anbetrifft.  Das  einzig  wirksame  Mittel,  die 
Plage  zu  unterdrücken,  besteht  in  der  Vernichtung  der  Eier,  und 
es  ist  auch  in  dieser  Hinsicht  bereits  vieles  geschehen.  Im  Jahre 
1886  wurden  vom  25.  März  bis  11.  April  auf  einem  Flächenraume 
von  25,000  Hektaren  bei  6840  Doppeldekaliter  Eier  zerstört,  was 
einen  Aufwand  von  156,380  Arbeitstagen  erforderte;  allein  das  genügt 
nicht,  man  muß  die  Sache  noch  energischer  betreiben.  Als  Beispiel 
mögen  hier  die  Engländer  dienen,  welche  die  Heuschreckenplage, 
die  vorher  jedes  Jahr  Cypern  heimsuchte,  im  Laufe  von  fünf  Jahren 
gänzlich  ausgerottet  haben.  Ein  militärisch  organisirtes  Heuschrecken¬ 
töterkorps  gab  sich  mit  der  Verfolgung  der  Tiere  ab,  um  genau 
zu  beobachten,  an  welchen  Orten  die  Eier  gelegt  wurden  ;  sie  be- 
zeichneten  alle  diese  infizierten  Gegenden  genau  und  machten  sich  daun, 
wenn  die  Campagne  vorüber  war,  an  die  systematische  Vernichtung 
der  Eier.  Außerdem  wurden  an  11,000  der  oben  beschriebenen 
bangapperate  mit  einer  Ausdehnung  von  100  Kilometern  zur  Auf¬ 
stellung  gebracht.  Im  Jahre  1883  wurden  ca.  195  Millionen  Heu¬ 
schrecken  vernichtet,  1884  bei  56  Millionen  und  seitdem  ist  die 
Plage  gänzlich  verschwunden.  Die  Kosten  hierfür  betrugen  1882 
bis  1887  ca.  1 */2  Million  Franken,  was  als  gering  erscheinen  muß 
angesichts  der  Thatsache,  daß  Cypern  seitdem  jährlich  für  2  Millionen 
Weizen,  Gerste  und  Baumwolle  mehr  ausführt.  Um  eine  Wieder¬ 
kehr  des  Übels  zu  verhüten,  amtet  übrigens  das  Heuschreckentöter» 


*)  Her  hier  mitgeteilte  Brief  datiert  sich  von  Ende  Juli  ds.  J, 


313 


korps  auch  jetzt  noch  weiter,  eine  Präventivmaßregel,  die  jährlich 
80,000  Franken  kostet. 

Falls  die  Regierung  von  Algerien  nicht  findet,  das  einzige  Mittel 
sei,  die  Plage  an  sich  selbst  aussterben  zu  lassen,  d.  h.  so  lange 
zuzuwarten,  bis  Algerien  rattenkahl  abgefressen  ist,  so  daß  die 
Tiere  durch  sich  selbst  zu  Grunde  gehen,  so  wird  ihr  nichts  anderes 
übrig  bleiben,  als  nach  Art  der  Engländer  auf  Cypern  einen  förm¬ 
lichen  Heuschreckendienst  zu  organisieren,  der  einerseits  die  Bewegung 
der  Schwärme  sorgfältig  kontrolliert,  um  die  Orte,  wo  Eier  gelegt 
worden  sind,  behufs  deren  späterer  Vernichtung  genau  zu  verzeichnen, 
und  andererseits  mit  genügenden  Fangapparaten  ausgerüstet  ist,  um 
das  Vorrücken  der  jungen,  noch  nicht  flugfähigen  Schwärme  in 
wirksamer  Weise  zu  verhindern.  Aufgabe  der  Winterkampagne 
würde  sodann  sein,  die  als  Eierstätten  verzeiclmeten  Felder  aufs 
Genaueste  zu  durchgraben  und  alle  Vorgefundenen  Eier  zu  ver¬ 
nichten.  Nur  so  wird  es  möglich  sein,  das  Übel  auszurotten  und 
seine  Wiederkehr  zu  verhüten.  Ob  aber  die  algerischen  Behörden 
die  nötige  Energie  hierfür  besitzen,  das  steht  noch  sehr  in  Frage. 


Brütet  der  Kuckuck? 

Beantwortung1  der  „Entgegnung“  der  Herren  K.  und  Ad.  Müller 
in  Nr.  6  des  „Zoologischen  Garten“ 

von  Ad.  Walter. 

Auf  meinen  Artikel  »Brütet  der  Kuckuck?«  im  Journal  für  Ornithologie 
Jahrgang  1889,  Heft  1  ist  von  den  Herren  Gebrüder  Müller  im  »Zoologischen 
Garten«  1890  Nr.  6  eine  »Entgegnung«  erfolgt.  Dieselbe,  mitunterschrieben 
vom  Pfarrer  Herrn  K.  Müller,  verfaßt  aber  vom  Oberförster  Herrn  Ad.  Müller 
in  Krofdorf  bei  Gießen,  wie  schon  die  bekannte  Sprache  verrät,  enthält 
keine  Widerlegung  meiner  Beweisgründe,  sondern  nur  Angriffe  auf  meine 
Person.  Auf  solche  zu  antworten,  wird  man  mir  nicht  zumuten,  wohl  aber 
wird  der  geehrte  Leser  dieser  Zeitschrift  Rechenschaft  von  mir  fordern, 
und  deshalb  wende  ich  mich  nur  an  ihn,  zugleich  bemerkend,  daß  ich  auf 
weitere  Angriffe  des  Herrn  Müller  kein  Wort  weiter  in  dieser  Angelegenheit 
erwidern  werde.  *) 

Zuerst  muß  ich  bemerken,  daß  der  von  mir  verfaßte  Artikel  im  Journal 
für  Ornithologie  »Brütet  der  Kuckuck«  nur  auf  Drängen  der  vielen  Ornitho¬ 
logen,  die  alle  von  dem  Irren  des  Herrn  Oberförsters  überzeugt  waren,  her¬ 
vorgegangen  ist  und  von  mir,  bevor  ich  ihn  dem  Redakteur,  Herrn  Professor 
Cabanis,  übergab,  einem  befreundeten  allgemeiu  bekannten  Fach-Ornithologen 
zugesandt  wurde  mit  der  Bitte,  mir  aufrichtig  mitzuteilen,  ob  er  ihn  zur 


V  Auch  wir  halten  die  Sache  hiermit  für  erledigt, 


Die  Redaktion. 


314 


Publikation  für  geeignet  halte.  Ich  sagte  in  dem  Schreiben  an  diesei)  Herrn 
»eine  Entgegnung,  mag  sie  auch  noch  so  zutreffend  sein,  wird  mitunter  vom 
Gegner  übel  aufgenommen,  wenn  Sie  also  vermuten,  daß  ich  durch  die  Ver¬ 
öffentlichung  Unannehmlichkeiten  haben  könnte,  behalte  ich  den  Aufsatz  zurück.« 

Darauf  erhielt  ich  eine  Antwort,  in  der  es  am  Schlüsse  wörtlich  heißt: 
»Ich  teile  nicht  die  Befürchtung,  daß  Ihnen  Arger  aus  der  Sache  entstehen 
könnte;  will  Müller  dann  antworten,  so  kann  er  sich  nur  gegen  Ihre  klaren 
und  scharfen  Beweismittel  wenden  und  ich  wüßte  nicht,  was  er  dagegen 
Vorbringen  wollte,  um  dieselben  zu  entkräften.«  (Dies  Schreiben  ist  noch 
vorhanden.)  Infolge  dieser  Antwort  übergab  ich  meine  »Erwiderung«  dem 
Redakteur  Herrn  Professor  Cabanis. 

Zur  richtigen  Beurteilung  der  heftigen  Angriffe  des  Herrn  Oberförsters 
ist  es  notwendig,  Kenntnis  zu  nehmen  von  meinem  Artikel  im  Journal  für 
Ornithologie,  weil  die  Schmähungen  des  Herrn  Müller  gerade  da  am  stärksten 
hervortreten,  wo  demselben  eine  Widerlegung  nicht  möglich  war. 

So  habe  ich  z.  B.  auf  Seite  44  unten  »nur  von  einem  soeben  aus  dem 
Ei  geschlüpften  Kuckucke  gesprochen.  Solche  Kuckucke  sind  kaum  größer 
als  eine  gewöhnliche  Bohne  und  können  sich  nicht  von  der  Stelle  bewegen; 
die  einzige  ihnen  mögliche  Bewegung  besteht  in  einem  Zucken  mit  den 
Flügeln  und  einer  schwachen  Kopferhebung.  Das  sollte  doch  Herr  Müller 
wissen;  trotzdem  aber  beschuldigt  er  mich  in  starker  Ausdrucksweise  der 
Unkenntnis  von  dem  Überbordwerfen  der  Nestjungen  und  Eier  durch  den 
jungen  Kuckuck. 

Nun  ich  habe  oft  genug  das  Hinauswerfen  von  jungen  Nestvögeln  durch 
den  jungen  Kuckuck  beobachtet  und  beschrieben,  z.  B.  schon  vor  13  Jahren 
im  »Ornitholog.  Centralblatt«,  Jahrgang  1877  Seite  134,  aber  der  junge 
Kuckuck  kann  erst  3  Tage  nach  dem  Ausschlüpfen  aus  dem  Ei  sich  so  be¬ 
wegen,  daß  er  imstande  ist,  einen  kleinen  Nestvogel  auf  den  Rücken  zu 
nehmen  und  über  Bord  zu  werfen;  hier  aber  handelt  es  sich  um  einen  eben 
aus  dem  Ei  geschlüpften  Kuckuck. 

Und  sollte  Herr  Müller  diese  Htilfslosigkeit  des  eben  dem  Ei  entschlüpften 
Kuckucks  nicht  kennen?  Fast  scheint  es  so,  da  er  auch  nicht  weiß,  daß  der 
junge  mehrere  Tage  alte  Kuckuck  niemals  Eier  aus  dem  Neste  wirft,  sondern 
nur  lebende  kleine  Vögel.  Er  muß  aber  doch  schon  bei  anderen  kleinen  eben 
aus  dem  Ei  geschlüpften  Vögeln  bemerkt  haben,  daß  sie  sich  nicht  von  der 
Stelle  bewegen  können.  Wozu  also  der  ungerechte  und  ganz  unpassende  Vorwurf? 

In  der  »Ornithologischen  Monatsschrift  des  deutschen  Vereins  zum  Schutze 
der  Vogelwelt«  habe  ich  in  Nr.  8  des  Jahrgangs  1888  über,  das  Seelenleben 
und  die  Seelenkräfte  der  Vögel,  über  Anpassungsgabe  und  Vererbung  bei  den 
Vögeln  gesprochen,  auch  im  »Ornithologischen  Centralblatt«  auf  die  Klugheit 
der  Vögel  aufmerksam  gemacht  und  im  Jahrgang  1877  Seite  50  gesagt: 
»Wer  möchte  bei  solchem  Treiben  dem  Vogel  Verstand  absprechen  oder  nur 
Instinkt  erkennen?« 

Herr  Müller  ist  im  Besitz  beider  Zeitschriften,  er  führt  sogar  auf  Seite 
183  seiner  Entgegnung  eine  Notiz  von  mir  aus  dem  »Ornitholog.  Centralblatt« 
an  und  nennt  sie  »ein  wahrer  Geburtshelfer- und  Wenn- und  Aber-Commentar!« 

Trotzdem  also  Herr  M.  weiß,  wie  ich  über  Instinkt  denke,  sucht  er  mich 
mit  dem  mir  angedichteten  »göttlichen  Instinkt«  vor  dem  Leser  lächerlich 


315 


zu  machen.  Wird  nicht  bei  solchem  Abweichen  von  der  Wahrheit  mancher 
Leser  Schlüsse  ziehen  auf  die  Mitteilungen  des  Herrn  Müller  über  seiuen  brü¬ 
tenden  Kuckuck? 

Auf  Seite  186  beschuldigt  mich  Herr  Müller,  daß  ich  ihn  hätte  belehren 
und  regulieren  wollen,  was  mir  gar  nicht  eingefallen  ist.  Ich  habe  nur 
berichtet,  auf  welche  Weise  ich  in  dem  einen  besonderen  Falle  zuwege  ging, 
um  den  alten  Kuckuck  zu  belauschen.  In  anderen  Fällen  habe  ich  es  anders 
gemacht.  Wie  aber  Herr  Müller  bisher  alles,  was  ich  ausgesprochen  habe,  in 
das  Gegenteil  verwandelt  hat,  so  macht  er  es  auch  hier  wieder.  Und  was 
das  Merkwürdigste  ist,  nicht  ich  habe  etwas  von  belehren  geäußert  —  nein, 
er  spricht  es  geradezu  aus,  daß  ich  einen  Lehrkursus  durchmachen  müsse. 

Zuerst  gibt  er  an,  wie  man  sich  nötigenfalls  auf  Händen  und  Füßen 
kriechend,  auch  auf  Umwegen  nach  der  Niststelle  begeben  muß,  daß  man 
aber  nicht  wie  ich  in  einiger  Entfernung  (40  Schritt)  von  der  Niststelle,  unter 
dichtem  Gebüsch  versteckt,  stundenlang  beobachtend,  verweilen  dürfe,  dann 
fährt  er  fort:  »Herrn  Walter  empfehlen  wir  einen  praktischen 
Lehrkursus  bei  einem  gewiegten  »weidwerkenden«  Forstmann  zu  bestehen, 
ehe  er  einen  alten  erfahrenen  Mann  des  Waldes  und  Jäger  regulieren 
will  über  Praktiken,  die  dieser  als  »naturwüchsiger  Knabe«  schon  weit 
besser  verstand.« 

Nun  für  die  Empfehlung  des  Lehrkursus  bin  ich  zwar  Herrn  Müller 
sehr  dankbar,  kann  jedoch  wegen  vorgerückten  Alters  mich  nicht  mehr  zu 
einem  praktischen  Lehrkursus  entschließen.  Dem  geehrten  Leser  aber  glaube 
ich  mitteilen  zu  sollen,  daß  ich  schon  als  vierzehnjähriger  Knabe  mit  allem, 
was  mir  der  Herr  Oberförster  empfiehlt,  vertraut  war,  daß  ich,  14  Jahre  alt 
täglich  15  Schock  Dohnen  zu  begehen  und  in  Stand  zu  halten  hatte,  daß  ioh 
in  späteren  Jahren  von  1871  bis  1884,  also  13  Sommer  während  des  Juli  bei 
meinem  Bruder,  dem  Königl.  Oberförster  Walter  in  Reiersdorf  zubrachte,  wo 
ich  oft  genug  zum  Pürschen  Gelegenheit  fand,  wo  ich  an  Jagden  auf  Rehe, 
auf  Schwarz-,  Rot-  und  Damwild  teilnahm,  auch  zu  anderer  Jahreszeit  in 
den  Wald  zog,  z.  B.  im  Spätherbst  zum  Dachsgraben;  und  glaube  noch  weiter 
mitteilen  zu  müssen,  daß  man  in  enem  Reviere  an  einem  Tage  mehr 
Edel-  und  Damwild  'sehen  kann  als  beim  Herrn  Oberförster  Müller  im 
ganzen  Jahre. 

Im  vergangenen  Jahre  jagten  die  russischen,  im  Gefolge  des  russischen 
Kaisers  sich  befindenden  Fürsten  in  diesem  Revier,  während  unser  und  der 
russische  Kaiser  in  den  angrenzenden  Gr.  Schönebeker  und  Grimnitzer  Revieren 
die  Jagd  auf  Rot-  und  Damwild  abhielten. 

Wenn  man  den  Kuckuck  wie  das  Wild  durch  Pürschen  belauschen  will, 
kommt  man  nicht  zum  Ziele.  Das  wußte  ich  nicht  nur  schon  vor  mehr  als 
50  Jahren,  wie  Herr  Oberförster  von  sich  schreibt,  —  o  schon  vor  mehr  als 
60  Jahren  wußte  ich  als  »naturwüchsiger  Knabe«,  daß  alle  Vögel,  die 
Schnepfe  ausgenommen  —  im  Walde  aufgescheucht,  nicht  vom  Erdboden  aus 
wie  das  Wild,  sondern  von  oben  herab  aus  den  hohen  Baumzweigen  den 
Menschen  beobachten  und  daß  dies  namentlich  auch  dem  »scheuen  und  vor¬ 
sichtigen«  Kuckuck  eigen  ist,  der  also  jedes  Heranschleichen  bemerkt.  Ich 
kann  alsp  in  keinem  Falle  den  Rat  des  Herrn  Oberförsters  befolgen. 


31G 


Aber  aueh  hier  sehen  wir  wieder  den  grellsten  Widerspurch:  Einmal 
bemerkt  Herr  Müller,  wie  unvorsichtig  ich  beim  Beobachten  des  Nestes  aus 
dichtem  Gebüsch  verfahren  wäre,  mau  müsse  auf  Händen  und  Füßen  kriechend 
sich  dem  Nistorte  nähern,  dann  aber  zeigt  er  wieder,  daß  er  solche  Vorsicht 
für  ganz  unnütz  hält,  denn  in  dem  Werke  »Tiere  der  Heimat«  und  dann  noch 
einmal  in  der  »Ornitholog.  Monatsschrift  des  deutschen  Vereins«,  Jahrgang 
1887  Seite  76  berichtet  er,  wie  er  beim  Entdecken  eines  Nestes  des  Weiden¬ 
zeisigs,  in  welchem  zwei  junge  Weidenzeisige,  vier  Eier  desselben  Vogels  und 
ein  junger  Kuckuck  sich  befanden,  verfahren  wäre.  »Während  des  Verweilens 
am  Neste,«  berichtet  Herr  Müller,  »fällt  uns  das  wiederholte  Erscheinen  zweier 
Kuckucke  in  der  Nähe  auf,  infolge  dessen  wir  uns  rasch  zurückziehen.  Gleich 
darauf  kommen  die  Kuckucke  durchs  Gebüsch  tief  an  der  Erde  hergeflogen, 
fußen  in  der  Nähe  des  Nestes,  und  wir  sehen,  wie  der  eine  derselben  zwei 
Eier  aus  dem  Neste  holt  und  heißhungrig  verschluckt,  die  übrigen  sodann 
aus  der  Nestmulde  samt  einem  jungen  Weidenzeisig  wirft.  Der  andere 
Kuckuck  kommt  nun  herzu  und  würgt  rasch  hintereinander  die  eben  her¬ 
ausgeworfenen  Nestvögel,  sowie  eins  der  noch  übrigen  Eier,  wie  vorher 
sein  Begleiter.« 

Also  »gleich  darauf«  unmittelbar  nach  dem  Zurückziehen  und  aus  nächster 
Nähe  beobachtet  Herr  Müller  die  Kuckucke  am  Nest,  denn  Eier  des  Weiden¬ 
zeisigs  sind  kaum  größer  als  eine  Erbse  und  also  doch  höchstens  auf 
10  Schritt  Entfernung  erkennbar.  Ein  Fernrohr  kann  dabei  keine  großen 
Dienste  leisten. 

Nun  das  sind  allerdings  nicht  »scheue«  Kuckucke,  wie  sie  hier  Herr 
Müller  vorführt  und  ich  nenne  sie  mit  Kecht  »zahme«  Kuckucke,  »wie  sie  mir 
nie  und  nimmer  Vorkommen  in  den  Gebieten,  die  ich  durchforsche.«  — 
Herr  Müller  schreibt  in  Klammern  dabei  »Mustergebiete,«  aber  nicht  in 
wohlwollendem  Sinne  —  trifft  aber  den  Nagel  auf  den  Kopf.  Ganz  richtig! 
Mustergebiete  sind  es,  die  ich  alle  Jahre  besucht  habe,  obgleich  sie  60  und 
mehr  Meilen  von  meinem  Wohnort  entfernt  liegen;  denn  in  so  großer  Anzahl, 
wie  dort  der  Kuckuck  vorkommt,  habe  ich  ihn  noch  nie  anderswo  getroffen. 
Hier  ist  er  ungestört,  niemand  darf  ohne  Erlaubnis  den  Wald  betreten;  hier 
wird  kein  Kuckuck  verfolgt.  Deshalb  kehren  die  dort  das  Fortpflanzungs¬ 
geschäft  betreibenden  Weibchen  und  auch  die  Männchen  jedes  Jahr  in  ihr 
altes  Heim  zurück,  gerade  so  wie  es  beim  Altmeister  Naumann  war,  der  17 
Sommer  ein  und  denselben  Kuckuck,  den  er  an  der  ganz  abnormen  Stimme 
wieder  erkannte,  in  seiner  Besitzung  sah.  Und  solcher  Mustergebiete  waren 
es  drei,  die  ich  alle  Jahre  besucht  habe,  das  eine  in  Pommern,  die  anderen 
in  Brandenburg  gelegen. 

In  solchen  Gebieten  kann  man  leicht  und  schnell  die  Kenntnis  erlangen, 
daß  das  Kuckucksweibchen  stets  die  Nester  ein  und  derselben  Vogelart  auf¬ 
sucht  und  daß  die  Nachkommen  ebenso  verfahren. 

Wenn  mich  nun  auch  die  vielen  gehässigen  Ausdrücke  des  Herrn  Müller 
sehr  kalt  gelassen  hab’en,  so  bedaure  ich  doch  sehr,  daß  Herr  Müller  die  mir 
und  allen  praktischen  Forschern  längst  bekannte  Thatsache,  daß  ein  und 
dasselbe  Kuckucksweibcben  stets  gleichgefärbte  und  geformte  Eier  legt,  um¬ 
zustoßen  versucht.  Ich  bedaure  das  besonders  deshalb,  weil  mancher  der 
geehrten  Leser,  der  nicht  Gelegenheit  hat,  den  Kuckuck  in  seinem  Fort- 


pflanzungsgeschäft  zu  beobachten  und  doch  genaue  Kenntnis  über  dasselbe  zu 
erlangen  wünscht,  durch  die  Behauptung  des  Herrn  Müller  irre  geleitet 
werden  kann. 

Daß  Herr  Müller  noch  nicht  wissen  sollte,  daß  ein  und  dasselbe  Kuckucks¬ 
weibchen  stets  gleichgefärbte  und  geformte  Eier  legt,  ist  undenkbar.  Zu 
solcher  Erkenntnis  braucht  man  nicht  Jahrzehnte,  sondern  erfährt  das  in 
passenden  Gegenden  in  einem  Jahr  und  wenn  Herr  Müller  nur  einige 
Kuckuckseier  selbst  gefunden  hat,  weiß  er  das  so  gut,  wie  alle  praktischen 
im  Freien  beobachtende  Ornithologen.  Es  würde  das  aber  gegen  seine  drei 
verschiedenen,  in  einem  Neste  gefundenen  sogenannten  Kuckuckseier  sprechen. 

Wenn  Herr  Müller  sagt:  »Er  (Walter)  wird  wohl  auf  immer  den  unmit¬ 
telbaren  Beweis  auf  Thatsachen  aus  direkten  Beobachtungen  heraus  schuldig 
bleiben,  daß  erstlich  ein  und  dasselbe  Kuckucksweibchen  stets  gleichgefärbte 
Eier  lege,  und  zweitens  diese  der  Regel  nach  einer  Art  zuschiebe,«  so  spricht 
Herr  Müller  gegen  seine  Überzeugung  und  rechnet  darauf,  daß  die  Leser 
seiner  »Entgegnung«  meinen  Artikel  »Brütet  der  Kuckuck?«  im  Journal  für 
Ornithologie  nicht  gelesen  haben,  denn  dort  ist  gerade  der  Beweis  nur  auf 
»Thatsachen  aus  direkten  Beobachtungen  heraus«  gegründet,  genau  so,  wie 
ihn  Herr  Müller  verlangt. 

Und  ebenso  sind  alle  meine  seit  14  Jahren  im  »Journal  für  Ornithologie« 
im  »Ornithologischen  Centralblatt«,  in  der  »Monatsschrift  des  deutschen  Ver¬ 
eins  zum  Schutze  der  Vogelwelt«,  in  der  »Zeitschrift  für  die  gesamte  Ornitho¬ 
logie«  etc.  veröffentlichten  Berichte  nur  auf  »Thatsachen  aus  direkter  Beob¬ 
achtung  heraus«  gegründet. 

Ich  kann  hier  nicht  die  vielen  Beweise,  wie  ich  sie  dort  gegeben,  auf¬ 
führen  und  will  nur  noch  besonders  auf  das  eine  Vorkommnis,  bei  dem  ich 
das  Kuckucksweibchen  selbst  beobachten  konnte,  aufmerksam  machen.  (Siehe 
Seite  41  meines  Artikels  im  Journal  für  Ornithologie«  und  Oktoberheft  1876 
des  »Journals  für  Ornithologie«.) 

Wie  oft  habe  ich  den  Wunsch  gehegt,  einen  Ornithologen  als  Begleiter 
zu  haben,  wenn  ich  auf  derselben  Stelle,  ja  sogar  in  demselben  Busch,  wo  ich 
im  vergangenen  Jahre  ein  auffallend  gefärbtes  Kuckucksei  fand,  wieder  ein, 
zwei,  auch  drei  der  im  vergangenen  Jahre  gefundenen  ganz  gleiche  Kuckucks¬ 
eier  in  geringer  Entfernung  voneinander  entdeckte,  die  in  der  Regel  in 
Zwischenpausen  von  7  Tagen  gelegt  wurden,  wie  ich  mehrmals  bei  längerer 
Anwesenheit  in  Reiersdorf  erfahren  konnte.  Auch  noch  in  diesem  Jahre  machte 
ich  solche  Beobachtung,  über  die  ich  später  berichten  werde. 

Es  steht  also  fest,  wie  jeder  Forscher  weiß,  der  sich  mit  dem  Fort¬ 
pflanzungsgeschäft  des  Kuckucks  vertraut  gemacht,  d.  h.  nicht  seine  Kenntnis 
aus  Büchern  allein,  sondern  auch  aus  aufmerksamem  Beobachten  in  der 
Natur  geschöpft  hat,  daß  das  Kuckucksweibchen  stets  wieder  den  früheren 
Brutort  aufsucht  und  stets  das  gleiche  Ei  legt. 

Zu  solchen  gründlichen  und  gewissenhaften  Beobachtern  gehört  unstreitig 
auch  der  hier  ansässige  Herr  Ochs,  der  —  was  ihm  sehr  zu  statten  kommt 
—  am  Beobachtungsorte  selbst,  im  Habichtswalde  bei  Wilhelmshöhe  Grund¬ 
besitz  hat.  Er  kennt  die  hiesigen  Vögel  wie  kein  anderer,  hat  das  Thun  und 
Treiben  des  Kuckucks  genau  beobachtet  und  weiß  bestimmt,  ob  seine  alten 
Freunde  wiedergekehrt  sind  oder  nicht  und  ob  ein  neues  Weibchen  sich  an- 


gesiedelt  hat.  Er  erkennt  das  mitunter  an  der  Färbung  des  Kuckucks,  viel 
sicherer  aber  an  der  Farbe  der  Eier. 

Die  verschiedenen  Kuckucksweibchen  legen  auch  gerade  hier  sehr  ver¬ 
schiedene  Eier,  aber  ein  und  dasselbe  Kuckucksweibchen  bringt  stets  die 
gleichen  Eier  jedes  Jahr,  mag  auch  die  Nahrung  des  Kuckucks  noch  so  ver¬ 
schieden  sein.  Im  vorigen  Jahre  hauste  z.  B.  in  Beiersdorf  die  Nonnenraupe, 
die  dem  Kuckuck  reichliche  Nahrung  bot,  dieses  Jahr  fehlt  sie;  die  Kuckucks¬ 
eier  waren  aber  bei  ein  und  demselben  Weibchen  von  derselben  Farbe  und 
Form  in  diesem  wie  im  vergangeneu  Jahr. 

Doch  wozu  noch  weitere  Auseinandersetzung?  Das  Gesagte  ist  jedem 
wirklichen  Kuckuckskenner  bekannt  und  jeder  Kenner  weiß  auch,  daß  ebenso 
wie  verschiedene  Kuckucksweibchen  verschiedene  gefärbte  Eier  legen,  solche 
verschiedene  Eier  auch  beim  Würger,  beim  Baumpieper  u.  s.  w.  Vorkommen, 
aber  in  ein  und  demselben  Würgernest  liegen  nicht  rot-  und  grüngrundige 
Eier  zugleich.  Dasjenige  Weibchen,  welches  rote  Eier  legt,  legt  nicht  auch 
grüne.  Es  paßt  also  hier  wieder  die  Bemerkung  des  Herrn  Müller,  »ob  ich 
mir  denn  noch  nie  die  verschiedenen  Eier  des  Würgers  etc.  angesehen  hätte,« 
gar  nicht. 

Daß  ich  hinsichtlich  der  erwähnten  Gleichheit  der  Kuckuckseier  bei  ein 
und  demselben  Weibchen  einige  Erfahrungen  gesammelt  haben  muß,  wird  der 
geehrte  Leser  als  sicher  annehmen,  sobald  er  erfährt,  daß  ich  nach  kürzlich 
angestellter  genauer  Durchsicht  meiner  diesbezüglichen  Notizen  in  den  letzten 
beiden  Jahrzehnten  284  Kuckuckseier  und  einige  50  junge  Kuckucke  in  Nestern 
entdeckt  habe. 

Jeder  Unbefangene  wird  nun  wohl  eingesehen  haben,  daß  alles  von  Herrn 
Ad.  Müller  gegen  mich  Vorgebrachte  ungerechtfertigt  war,  was  auch  jeder 
Nichtkenner  des  Kuckucks  von  Anfang  an  beim  Lesen  der  »Entgegnung« 
des  Herrn  Müller  vermutet  haben  wird,  sobald  ihm  die  Schmähungen  zu  Ge¬ 
sicht  kamen,  die  ja  stets  ein  Beweis  der  Schwäche  sind. 


Korrespondenzen. 


Darm  stad  t,  im  September  1890. 

Zur  Überwinterung  insektenfressender  Vögel.  —  Mitte  Oktober 
vor.  Jrs.  erhielt  ich  gleichzeitig  und  unerwartet  einen  Schwarzkopf  ( Sylvia 
atricapilla ),  ein  Rotkehlchen  ( Dandalus  rubecula)  und  eine  weiße  Bachstelze 
(Motacilla  alba )  —  bekanntlich  ein  wenig  verträgliches  Kleeblatt.  Trotzdem 
nahm  ein  Käfig  sie  auf.  Derselbe  hat  nur  eine  Länge  von  65  cm  bei  einer 
Höhe  von  40  cm  und  einer  Tiefe  von  30  cm,  ist  also  kaum  zum  etwaigen 
Ausweichen  geschaffen  und  stammt  noch  aus  der  guten  Großvaterzeit,  welche 
oft  mehr  praktisch  als  solid  arbeitete.  Eine  Leinendecke  fehlt  nicht,  auf  einer 
Seite  ist  ein  geräumiger,  drehbarer  Erker  für  den  Wassernapf  und  auf  der 
anderen  schiebt  sich  ein  viergeteiltes  Tröglein  ein.  Die  Lade  ist  ganz  aus 
Holz  mit  entsprechender  Leisteneinfassung  und  die  ganze  innere  Ausstattung 
besteht  aus  4  Sprunghölzern  und  einem  rauhen  Kieselsteine.  Für  hohe  Be- 


819 


sandung  wird  gelegentlich  der  alltäglichen  Säuberung  gesorgt.  Immergrüne 
Topfstauden  rahmen  den  genau  in  Augenhöhe  hängenden  Käfig  ein  und  seine 
Insassen  befinden  sich  ständig  in  der  allzu  lebhaften  Gesellschaft  eines  großen 
Fluggebauers  auf  kaum  einige  Schritte  gegenüber,  haben  also  Anregung  und 
Unterhaltung  aus  erster  Hand.  Das  Zimmer  ist  nicht  heizbar. 

Nur  wenige  Tage  waren  die  Vögel  in  meiner  Pflege,  als  ich  bei  der 
Mittagsfütterung  das  Rotkehlchen  bereits  als  teilnahmlosen  Federball  in  der 
Ecke  fand.  Trauer  um  die  verlorene  Freiheit  und  Unbehagen  über  die  Mit¬ 
gefangenen  hatten  ihm  wohl  gleichmässig  zugesetzt.  Der  Todeskandidat  erhielt 
sofort  als  letzten  Rettungsversuch  die  Zimmerfreiheit  mit  den  vielen  lauschigen 
Verstecken  eines  Wintergärtchens. 

Am  ersten  Tage  kam  kein  Rotkehlchen  in  Sicht,  am  zweiten  und  dann 
eine  Woche  hindurch  erschien  es,  aber  immer  noch  mit  sehr  struppigem  Ge¬ 
fieder,  hielt  sich  ausnahmslos  am  Boden  auf,  nahm  aber  in  jeder  Menge  die 
letzten,  am  warmen  Küchenherde  regelmäßig  gefangenen  Fliegen  und  auch 
Mehlwürmer  an  und  nicht  lange  währte  es,  so  war  das  Vögelchen  kerngesund 
und  nebenbei  so  zahm,  daß  der  Ruf  Buß  es  aus  jedem  Winkel  sofort  hervor¬ 
brachte  und  es  mir  durch  die  Zimmer  folgte.  Aber  die  Freude  konnte  nur 
kurz  sein,  denn  alle  die  vielen  offenliegenden  Sachen,  denen  kein  anderer  Platz 
gegeben  werden  konnte,  wurden  neugierig  besucht  und  mit  einem  unliebsamen 
Denkzeichen  versehen.  Also  wurde  es  den  früheren  Genossen  wieder  beigesellt. 
Es  kam  zu  einem  ganz  leidlichen  Verhältnisse.  Immer  waren  die  drei  wohlauf. 
Ein  vorbehaltenes  Plätzchen  für  jeden  Kopf  war  Gegenstand  freier  Überein¬ 
kunft  und  bei  den  kritischen  Mahlzeiten  ist  vorbeugende  Ablösung  zur  Stunde 
noch  stillschweigende  Regel.  Als  die  Zeit  der  frischen  Fliegen  gänzlich  vor¬ 
über,  kamen  getrocknete  zur  Verwendung.  Beeren,  dieser  magere,  viel  zur 
Unterhaltung  dienende  Notbehelf,  waren  immer  ausgeschlossen.  Regelmäßige 
Tagesgabe,  unvermischt  verteilt  in  die  4  Fächer  des  Trögelchens,  bestand  aus 
alltäglich  frisch  eingeweichtem,  stark  ausgepreßtem,  altbackenem  Milchweck, 
stets  frisch  geriebener  Möhre,  nicht  aufgequellten  Ameisenpuppen  und  karger 
Eikonserve.  Mehlwürmer  gab  es  nur  selten. 

Ungemein  unterhaltend  war  es,  wenn  die  3  Vögelchen  gleichzeitig  mit 
der  Beharrlichkeit  von  Kindern,  die  um  ein  Äpfelchen  betteln,  den  vorgehaltenen 
Wurm  durch  das  Drahtgitter  zu  erreichen  strebten  und  mit  welchem  Wohl¬ 
behagen  ihn  dann  schließlich  der  gerade  glückliche  kleine  Schelm  hinunter¬ 
schlürfte.  —  Eduard  Rüdiger. 


Kleinere  Mitteilungen. 

Die  Hunde  in  Berlin.  In  Berlin  werden  nach  Berichten  dortiger 
Blätter  39,901  Hunde  gehalten;  davon  zahlen  Steuer  36,677,  die  anderen  2924 
sind  steuerfrei.  Unter  letzteren  sind  1612  Kettenhunde,  1134  Zughunde,  36 
Hunde  in  Besitz  des  Personals  auswärtiger  Gesandtschaften,  58  Hunde  von 
armen,  taubstummen  oder  schwerhörigen  Personen  etc. 


3  2Ö 


Litte  r  atu  r. 


Über  Tundren  und  Steppen  der  Jetzt-  und  Vorzeit,  mit  besonderer 
Berücksichtigung  ihrer  Fauna.  Von  Dr.  Alfred  Ne  bring,  Professor 
der  Zoologie  und  Vorsteher  der  zoologischen  Sammlung  an  der  Kgl.  land¬ 
wirtschaftlichen  Hochschule  in  Berlin.  Mit  einer  Abbildung  im  Text  und 
einer  Karte.  Berlin  1890.  Dümmler. 

Der  durch  seine  Arbeiten  über  diluviale  und  recente  Säugetiere  wohl- 
bekannte  Verfasser,  welcher  sich  seit  Jahren  mit  Vorliebe  dem  Studium  der 
Tundren  und  Steppen  mit  ihrer  eigenartigen,  charakteristischen  Fauna  widmete, 
liefert  uns  in  dem  vorliegenden  Werk  eine  zusammenfassende  Arbeit  über 
jene  so  oft  falsch  aufgefaßten  Bildungen  der  Erdoberfläche  samt  ihren  Be¬ 
wohnern  aus  dem  Tier-  und  Pflanzenreiche,  wie  wir  sie  jetzt  finden  und  wie 
sie  vor  Jahrtausenden  in  unserm  Vaterlande  sich  ausdehnten.  Gestützt  auf 
die  in  Bezug  auf  die  genannten  Gebiete  maßgebenden  Autoren  schildert  uns 
der  Verfasser  die  Tundren  oder  arktischen  Steppen,  sowie  die  subarktischen 
Steppen  Rußlands  und  Westsibiriens  und  geht  dann  nach  allgemeineren  Be¬ 
trachtungen  über  Klima  und  Fauna  der  Glacial-  und  Postglacialzeit  zu  den 
ehemaligen  Tundren  und  Steppen  Mittel-  resp.  Westeuropas  über.  In  geist¬ 
reicher  Weise  wird  aus  der  an  zahlreichen  Fundorten  im  mitteleuropäischen 
Diluvium  nachgewiesenen  Fauna  insbesondere  der  Lemminge,  Springmäuse, 
Ziesel  und  anderer  ausgesprochener  Steppentiere  mit  überzeugender  Schärfe 
unwiderleglich  nachgewiesen,  daß  »während  der  Glacialperiode  bezw.  im 
unmittelbaren  Anschluß  an  dieselbe  einerseits  arktische  Steppen  oder  Tundren, 
andererseits  subarktische  Steppen  oder  doch  steppenähnliche  Distrikte  mit 
subarktischem  Klima  in  Mitteleuropa«  vorhanden  waren  —  eine  Anschauung, 
welche  der  Verfasser  bereits  früher  vertreten  hatte,  die  aber  von  verschiedenen 
Seiten  angefochten  wurde.  Das  zusammenfassende  vorliegende  Werk  wird  die 
schon  jetzt  von  zahlreichen  Forschern,  z.  T.  auch  früheren  Gegnern,  geteilte 
»Steppentheorie«  Nehrings  zu  allgemeiner  Gültigkeit  bringen.  Durch  das 
Eingehen  nicht  nur  auf  das  zoologische,  sondern  auch  auf  das  botanische, 
geographische,  paläoritologische  und  geologische  Gebiet  ist  die  Arbeit  gleich 
wertvoll  für  die  Forscher  aller  genannten  Disziplinen,  wie  es  auch  anderer¬ 
seits  durch  die  ansprechende,  allgemein  verständliche  Form  für  weitere  Kreise 
der  gebildeten  Welt  geeignet  und  empfehlenswert  ist. 

Dr.  Er  nst  Sch  äff. 


Eingegangene  Beiträge. 

T.  B.  in  R.  —  F.  W.  in  W.  —  A,  S.  in  W.  —  E.  R.  in  D.  —  H.  S.  in  B.:  Indem  ich 
Ihnen  zu  der  neuen  Stellung  Glück  wünsche,  sage  ich  Ihnen  zugleich  für  die  ausgesprochene 
freundliche  Gesinnung  Dank.  —  R.  v.  L.  in  J.  —  Dr.  H.  in  St.  P.  — 


Bücher  und  Zeitschriften. 

O  r  n  i  s.  Zeitschrift  für  die  gesamte  Ornithologie.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  R.  Blasi  u  s 
u.  Prof.  Dr.  G.  v.  Hayek.  VI.  Jahrg.  Heft  II  u.  III.  1890.  Wien.  Carl  Gerolds  Sohn. 
Bronns  Klassen  u.  Ordnungen  des  Tierreichs.  6.  Band,  III.  Abteilung.  Reptilien 
von  Prof.  Dr.  C.  K.  Ho  ff  mann.  09  Lieferg.  Leipzig  u.  Heidelberg.  C.  F.  Winter. 
Dr.  Karl  Eckstein.  Zur  Biologie  der  Gattung  Lyda.  Mit  l  Taf.  1890.  Zologische 
Jahrbücher.  5.  Band.  Jena.  Gust.  Fischer  1890. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahluu  (Fa.  Mahlau  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

N°-  11.  XXXI.  Jahrgang.  November  1890. 


Inhalt. 

Wie  entstehen  neue  Arten  von  Tieren  und  Pflanzen?  von  R.  von  Lenden  fei  d.  — 
Zwei  gefangene  Könige:  von  Ed uard  Rüdiger.  —  Lebensweise  einiger  nordafrikanischer 
Reptilien  in  Gefangenschaft;  nebst  Bemerkungen  über  andere  südliche  Arten  von  Dr.  phil. 
Franz  Werner  in  Wien. —  Zufällige  Verschleppung  eines  Landeinsiedlerkrebses  nach 
St.  Petersburg;  von  S.  Herzenstein.  —  Im  zoologischen  Garten  zu  Basel;  von  Ernst 
Fried  e  1.  —  Korrespondenzen.  —  Kleinere  Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  An  unsere  Leser 
und  Mitarbeiter.  —  Eingegangene  Beiträge.  —  Bücher  und  Zeitschriften. 


Wie  entstehen  neue  Arten  von  Tieren  und  Pflanzen? 

Von  R.  von  Lendenfeld. 

« 

Obwohl  diese  Frage  durch  die  allgemein  anerkannte  Zuchtwahl¬ 
theorie  Darwins  längst  beantwortet  ist,  so  herrschen  doch  unter  den 
Biologen  große  Meinungsverschiedenheiten  über  die  Art  und  Weise, 
in  welcher  die  Zuchtwahl  zur  Entstehung  neuer  Tier-  und  Pflanzen¬ 
arten  führt.  Diese  haben  zu  einem  Federkriege  Anlaß  gegeben,  der 
schon  seit  Jahren,  besonders  in  England,  mit  Heftigkeit  geführt 
wird.  Der  Streit  selbst,  sowie  die  wissenschaftlichen  Resultate, 
die  er  zu  Tage  gefördert  hat,  sind,  wie  ich  glaube,  interessant  genug, 
um  eine  kurze  Skizze  einiger  der  verschiedenen,  gegenwärtig  über  den 
Modus  der  Zuchtwahl  vertretenen  Anschauungen  an  dieser  Stelle  zu 
rechtfertigen. 

Wir  wollen  uns  zunächst  jenen  zuwenden ,  die  die  Ideen 
Lamarck’s  mit  unseren  gegenwärtigen  Kenntnissen  in  Einklang 
zu  bringen  suchen  und  als  causa  efficiens  der  Entstehung  neuer 
Tier-  und  Pflanzenarten  hiustellen.  Sie  nennen  ihre  Theorie 
Neolamarckismus  und  gehen  von  der  Idee  aus,  daß  die  Eigen¬ 
schaften,  welche  ein  Individuum  erwirbt,  aufseine  Nachkommen 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  21 


—  822 


übertragen  werden.  Diese  Erblichkeit  erworbener,  nicht  er¬ 
erbter  Eigenschaften  ist  die  Grundlage  des  Neolamarckismus. 

Wenn  ein  Organ,  wie  z.  B.  ein  Muskel,  häufig  und  stark 
gebraucht  wird,  so  nehmen  Kraft  und  Größe  desselben  zu.  Anderer¬ 
seits  verkümmern  Organe  infolge  von  Nichtgebrauch :  unbeniitzte 
Muskeln  werden  schwach  und  klein.  Nun  behaupten  die  Neola- 
marckier,  daß  solche  individuelle,  durch  Gebrauch  und  Nichtge¬ 
brauch  von  Organen  erworbene  Eigentümlichkeiten  auf  die  Nachkom¬ 
men  vererbt  würden.  Besonders  deutlich  solider  Effekt  dieser  Ver¬ 
erbung  dann  hervortreten,  wenn  viele  Generationen  hindurch  die 
gleichen  Organe  stark  gebraucht,  und  die  gleichen  nicht  gebraucht 
werden.  Der  intensive,  durch  viele  Generationen  hindurch  fortgesetzte 
Gebrauch  eines  Organs  führe  zu  einer  Kräftigung  und  höheren  Ent¬ 
wicklung  desselben  in  aufeinanderfolgenden  Generationen,  während 
das  Endresultat  des  Nichtgebrauchs  einer  Organgruppe  Rudimentär¬ 
werden  und  schließlich  Schwund  derselben  sein  sollte.  So  verlören 
die,  unter  der  Erde  in  finsteren  Höhlen  und  in  den  abyssalen  Tiefen 
des  Meeres  lebenden  Tiere  ihre  Augen  infolge  des  Nichtgebrauchs, 
so  erlangte  der  viel  fliegende  Albatros  seine  mächtigen  Schwingen 
und  so  die  wehrlose,  nur  durch  die  Schnelligkeit  ihrer  Flucht  vor 
ihren  zahlreichen  Feinden  geschützte  Antilope  ihre  außerordentliche 
Behendigkeit. 

Beim  ersten  Anblick  hat  diese  Anschauung  viel  für  sich,  aber 
ein  tieferes  Studium  zeigt,  1.  daß  alle  Erscheinungen  der  Lebewelt, 
welche  durch  diese  Theorie  erklärt  werden,  ebensogut  auch  in  ganz 
anderer  Weise  zu  stände  kommen  können;  und  2.  daß  gewisse 
Beobachtungen  die  Unrichtigkeit  dieser  Theorie  von  der  Vererbung 
erworbener  Eigenschaften  direkt  beweisen. 

Das  Rudimentär  werden  und  der  Schwund  der  Augen  bei  Tieren, 
welche  sich  gewöhnt  haben  in  der  Finsternis  zu  leben,  sowie  alle 
anderen  Fälle  rückschreitender  Metamorphose  in  aufeinander  folgen¬ 
den  Generationen  werden  keineswegs  durch  den  Nichtgebrauch, 
sondern  in  ganz  anderer  Weise  veranlaßt.  Verläßt  ein  Tier  das 
Licht  und  gewöhnt  es  sich  in  der  Dunkelheit  zu  leben,  so  sind 
seine  Augen  nutzlos  geworden.  Sie  erfordern  aber  zu  ihrer  Er¬ 
haltung  Nahrung  und  zwar  umso  weniger,  je  kleiner  und  rudimen¬ 
tärer  sie  sind.  Im  Kampfe  ums  Dasein  zwischen  den  Brüdern  — 
das  ist  ein  Kampf  um  die  Nahrung  —  werden  die,  mit  den 
schlechtesten,  am  wenigsten  Nahrung  erfordernden  Augen  ausge¬ 
statteten  Individuen  am  besten  daran  sein,  denn  sie  bedürfen  zu 


323  — 


ihrer  Erhaltung  weniger  als  die  anderen,  und  sehen  kann  ohnedies 
keiner  was.  So  züchtet  sich  eine  Rasse  mit  kleineren  Augen  und 
immer  kleinereu,  bis  die  Augen  verschwunden  sind.  Alle  über¬ 
flüssig  gewordenen  Organe  müssen  in  dieser  Weise  aus  ökonomischen 
Rücksichten  zu  Grunde  gehen. 

Die  angeblichen  positiven  Wirkungen  des  Gebrauches  von 
Organen  sind  leicht  als  Ergebnisse  der  einfachen  Auslese  des 
Passendsten  erklärlich.  Für  die  Ernährung  des  Albatros  ist  es 
notwendig,  daß  er  viel  fliegt.  Der  mit  den  besten  Flügeln  ausge¬ 
stattete  Albatros  wird  im  Kampfe  mit  den  Brüdern  den  Sieg  davon 
tragen.  Eine  großflüglige  Rasse  wird  sich  züchten.  Und  diese 
Rasse  wird  die  erlangte  Großflügeligkeit  behalten,  weil  die  Auslese 
immer  noch  andauert  uud  ein  Kleinerwerden  der  Flügel  von  üblen 
Folgen  und  dem  Unterliegen  im  Kampfe  ums  Dasein  begleitet  wäre. 
Gauz  so  erlangen  die  Antilopen  ihre  Behendigkeit.  Eine  behende 
Rasse  züchtet  sich  uud  erhält  sich,  weil  die  Ursachen,  welche 
anfänglich  zur  Züchtung  der  Rasse  führten,  fortfahren  auf  die 
fertige  Rasse  einzuwirken. 

Die  Thatsache,  daß  die,  seit  mehr  denn  hundert  Generationen 
übliche  Beschneidung  der  Juden  heute  noch  gar  keine  anatomische 
Wirkung  hervorgebracht  hat,  reicht  hin,  um  die  Unrichtigkeit  der 
gauzen  Theorie  zu  zeigen. 

Darwin  selbst  hat  auf  die  Vererbung  erworbener  Eigenschaften 
wenig  Gewicht  gelegt  und  ist  von  dem  Grundsatz  ausgegaugen,  daß 
die  thatsächlichen  Unterschiede  zwischen  Eltern  und  Kindern  einer¬ 
seits  und  den  Geschwistern  untereinander  andererseits,  durch  Zufall 
zu  stände  kämen,  daß  die  Variiruug  gewissermaßen  eine  blinde  sei 
und  nicht  von  Gebrauch  oder  Nichtgebrauch  der  Organe  der  Eltern 
abgeleitet  werden  könnte. 

An  diesen  zufällig  entstandenen  Verschiedenheiten  der  Ge¬ 
schwister  findet  die  Zuchtwahl  dann  ihre  Handhabe. 

Gegen  die  Zufälligkeit  der  Variation  muß  natürlich  pro¬ 
testiert  werden,  denn  es  gibt  ja,  wie  ein  jeder  weiß,  keinen  Zufall. 
Darwin  selbst  hat  das  wohl  auch  erkannt.  Er  will,  wenn  er  von 
Zufall  spricht,  nur  sagen,  daß  sich  die  Variations  -  Ursachen  der 
Beobachtung  entziehen.  Jedenfalls  läugnete  er  die  Existenz  irgend 
einer  Tendenz  des  Organismus,  sich  im  Laufe  aufeinander  folgender 
Generationen  in  vorherbestimmter  Weise  abzuändern. 

Nun  gibt  es  einige  Biologen,  welche  behaupten,  daß  eine  solche 
Tendenz  besteht,  daß  Organe  sich  anlegen  und  im  Laufe  aufeinander- 


—  324 


folgender  Generationen  sich  weiter  entwickeln  lange  bevor  sie 
noch  dem  Organismus,  dem  sie  angehören,  irgend  welchen  Nutzen 
bringen  können.  Besonders  ist  es  der  Herzog  von  Argyll,  der 
diese  Anschauung  mit  großem  Eifer  vertritt,  obwohl  die  Biologen 
von  Fach  schon  zu  wiederholten  Malen  seine  Theorie  geköpft, 
gevierteilt  und  ihr  auf  jede  mögliche  Weise  den  Garaus  gemacht  haben. 

Die  Entwicklung  eines  nutzlosen  Organs  ist  ganz  undenkbar. 
Der  Herzog  hat  noch  nie  auf  eine  Bildung  hinweisen  können,  welche 
als  ein  solches,  bis  nun  noch  nutzloses,  im  status  nascendi  befind¬ 
liches  Organ  zu  deuten  wäre. 

Andererseits  muß  aber  zugestanden  werden,  daß  es  nicht  leicht 
scheint  zu  verstehen,  wie  Organe  überhaupt  —  ohne  solche  Tendenz 
—  zustande  kommen  können,  da  sie  allmählich  sich  bilden  und  daher 
anfänglich  noch  nicht  ihre  Funktion  ausüben  können.  Man  kann 
jedoch  diese  Schwierigkeit  überwinden,  wenn  man  in  Erwägung 
zieht,  daß  das  lebendige  Protoplasma  des  einfachsten  Urwesens 
schon  alle  jene  Leistungen  verrichtet,  welche  von  den  specialisierten 
Organen  höherer  Tiere  ausgeübt  werdeu.  Dieses  Plasma  war 
empfindlich  für  Licht.  Die  Lichtempfindlichkeit  konzentrierte  sich 
auf  einen  Teil  desselben  und  aus  diesem  Teil  wurde  das  Auge. 
Ebenso  verhielt  es  sich  mit  allen  anderen  Organen. 

Da  jede  Ursache  eine  bestimmte  Wirkung  haben  muß,  so  ist 
ja  im  wahren  Sinne  des  Wortes  alles  schon  vorherbestimmt  und 
der  Herzog  hat  daher  nicht  unrecht,  wenn  er  von  prophetischen 
Keimen,  in  späteren  Generationen  zur  Entwicklung  zu  gelangender 
Organe  spricht. 

Von  vielen  der  hervorragendsten  Biologen  wird  in  neuerer 

Zeit  eine  ganz  andere  Tendenz  in  der  Entwicklung  der  Organe 

angenommen,  die  Tendenz  nämlich,  sich  rückzubilden.  Eine 

solche  Tendenz  besteht  in  der  That  und  ihre  Ursache  ist  die 

Schwierigkeit  der  Ernährung  der  Organe.  Jeder  Organismus  wird 

•• 

durch  den  Kampf  ums  Dasein  zu  möglichster  Ökonomie  gezwungen 
und  die  Zuchtwahl  bewirkt  es,  daß  jedes  einzelne  Organ  nicht  mehr 
Nährmaterial  und  gespeicherte  Kraft  verbraucht ,  als  unbedingt 
nötig  ist.  Jedes  Organ,  welches  größer  und  besser  als  notwendig 
ist,  muß  sich  infolge  der  ökonomischen  Zuchtwahl  rückbilden 
und  kleiner  werden;  ist  es  einmal  ganz  nutzlos  geworden,  so  muß 
es  schließlich  ganz  schwinden.  Die  Ökonomie  ist  die  Ursache  der 
Tendenz  der  Organe  kleiner  zu  werden. 


325 


Dieser  Tendenz  entgegen  arbeitet  stetig  die  direkte  Zuchtwahl, 
welche  eine  Vergrößerung  und  Verbesserung  aller  nützlichen,  fort¬ 
während  gebrauchten  Organe  bewirkt.  Die  Folge  dieser  entgegen¬ 
gesetzten  Einwirkungen  auf  die  Organismen  ist  ihre  Anpassung, 
zu  welcher  die  rückschreitende  Veränderuug  der  Organe  ebenso 
beiträgt  wie  die  vorschreitende. 

Erst  in  neuester  Zeit  hat  man  begonnen,  den  Keimzellen : 
Eiern  und  Sperma  jene  Bedeutung  für  die  Entstehung  neuer  Arten 
zuzuerkennen,  welche  ihnen  gebührt.  Darauf  hingewiesen  zu  haben, 
daß  die  Mischung  der  Keimzellen,  die  Befruchtung  oder  Konjugation 
den  allergrößten  Einfluß  auf  die  Entstehung  neuer  Tierarten  aus¬ 
übt,  ist  das  Verdienst  Weismanns. 

Überall  in  der  Natur  finden  wir  Einrichtungen,  deren  Zweck 
es  ist,  Sebstbefruchtuug  und  Inzucht  zu  verhindern ;  Einrichtungen, 
welche  zwar  großartige  Verschwendung  von  assimiliertem  Material 
(z.  B.  Pollen  der  Föhren)  zur  Folge  haben,  aber  häufige  Kreuzung 
bewirken.  Die  »Ausgaben«  (Verschwendung  von  Sperma  und 
Pollen),  welche  die  Tiere  und  Pflanzen  zum  Zwecke  der  Ermög¬ 
lichung  von  Kreuzung  machen,  sind  ein  Maßstab  für  den  Wert, 
den  die  häufige  Kreuzung  für  die  Organismen  hat. 

.  Die  Verschiedenheiten  unter  den  Geschwistern  sind  sicher  schon 
in  den  befruchteten  Eiern,  aus  denen  sie  hervorgegangen  sind,  vorhanden. 
Es  liegt  wohl  die  Annahme  nahe,  daß  die  Keimzellen,  die  aus  einem 
Individuum  hervorgehen,  nur  wenig  voneinander  abweicheu.  Wenn 
also  Kinder  derselben  Eltern  doch  voneinander  verschieden  sind, 
so  hat  das  wohl  darin  seine  Ursache,  daß  sich  bei  den  Befruchtungen, 
welche  zur  Entstehung  der  verschiedenen  Kinder  geführt  haben,  Ei 
und  Sperma-Kernsubstanz  in  verschiedener  Weise  gemischt  haben. 
Nun  werden  aber  solche  Mischungsdifferenzen  zu  um  so  bedeuten¬ 
deren  Abweichungen  Anlaß  geben,  je  größer  die  Verschiedenheit 
zwischen  Spermakern  und  Eikern  ist.  Je  geringer  die  Verwandt¬ 
schaft  der  Eltern,  um  so  größer  die  Verschiedenheit  der  Substanz 
der  Kerne  ihrer  Keimzellen  und  um  so  weiter  der  Spielraum,  iu  welchem 
Mischungsverschiedenheiten  der  beiden  Unterschiede  zwischen  den 
Geschwistern  erzeugen  können. 

Der  Zweck  der  Kreuzung  ist  also  die  Erzielung  möglichster  Ver¬ 
änderlichkeit.  Die  Unterschiede  zwischen  den  Geschwistern  ermög¬ 
lichen  es  der  Zuchtwahl,  verändernd  auf  die  aufeinanderfolgenden 
Generationen  der  Tiere  und  Pflanzen  einzuwirken.  Je  größer  also 
die  Unterschiede  zwischen  den  Geschwistern  einer  Familie  sind, 


326 


um  so  rascher  und  besser  wird  sich  diese  Familie  an  veränderte 
Existenzbedingungen  anpassen  können  und  es  wird,  wenn  bedeutende 
Änderungen  der  Existenzbedingungen  eiutreten,  die  durch  Kreu¬ 
zung  veränderlich  gemachte  —  möchte  sagen  »liberale«  —  Familie 
eine  viel  bessere  Aussicht  haben  sich  auzupassen  und  zu  erhalten 
als  weniger  veränderliche,  »konservative«  Familien.  Sei  es  durch 
Änderungen  des  Klimas,  sei  es  durch  das  Auftreten  neuer  Feinde, 
welche  Auswanderung  oder  Abwehr  notwendig  machen:  jedenfalls 

werden  häufig  beträchtliche  Änderungen  der  Existenzbedingungen 

•  • 

eintreten.  Die  »liberalen«  Familien  überdauern  solche  Änderungen, 
indem  sie  sich  denselben  anpassen.  Die  Konservativen  gehen  dabei 
zu  Grunde.  Es  ist  demnach  die  Kreuzung  von  der  allergrößten 
Wichtigkeit  für  die  Organismen,  ja  ein  sine  qua  non  ihres  Fort¬ 
bestandes.  Inzucht  führt  Degeneration  nicht  direkt  herbei,  wie 
vielfach  angenommen  worden  ist,  sondern  verringert  nur  die  Varia¬ 
bilität  und  damit  die  Anpassungsfähigkeit,  ohne  welche  sich  kein 
Organismus,  weder  Pflanze,  Tier  noch  Mensch,  auf  die  Dauer 
erhalten  kann. 

Wegen  ihrer  großen  Nützlichkeit  wurde  die  Vermehrung  durch 
Kreuzung  durch  die  Zuchtwahl  ausgebildet. 

Wir  haben  gesehen,  daß  die  Art  der  Mischung  der  Keimzelleli- 
kerne  von  größter  Bedeutung  für  die  Entstehung  von  Unterschieden 
zwischen  den  Geschwistern,  das  heißt,  also  von  individuellen 
Eigentümlichkeiten  ist.  Solche  Eigentümlichkeiten  sind  nicht 
erworbene,  sondern  angeborene,  und  zeichnen  sich  vor  den  erwor¬ 
benen  durch  ihre  Erblichkeit  aus.  In  der  That  sind  sie  es,  welche 
durch  Steigerung  zur  Ausbildung  neuer  Charaktere,  zur  Entstehung 
neuer  Arten  führen. 

Die  Annahme  scheint  wohl  gerechtfertigt,  daß  äußere  Umstände 
auf  die  Mischungsart  der  Keimzellenkerne  ein  wirken.  Die  letzteren 
also  sind  Ursache  der  Entstehung  jener  individuellen  erblichen  Eigen¬ 
tümlichkeiten.  Gewiß  wirken  äußere  Umstände  den  Gesetzen  der 
Logik  und  Mathematik  gemäß  stets  in  gleicher  Weise  auf  die  Keim¬ 
mischung  ein.  Auch  hierauf  könnte  die  Zuchtwahl  ein  wirken  und 
zwar  so,  daß  die  Keimmischung  zweckmäßig  durch  äußere  Um¬ 
stände  beeinflußt  werde. 

Es  ist  dieses  eine  besonders  interessante,  aber  freilich  etwas 
schwierig  zu  verfolgende  Sache.  Da,  wie  ich  glaube,  noch  niemand 
hierauf  hingewiesen  hat,  will  ich  mich  genauer  darüber  aussprechen. 

\ 


327 


Die  Puppen  gewisser  Schmetterlinge  (Vanessa)  passen  ihre 
Farbe  der  Umgebung  an,  und  zwar  so,  daß  wenn  man  Sch  wester¬ 
raupen  in  verschiedenfarbigen  Schachteln  sich  einpuppen  läßt,  die 
Puppen  stets  eine  ähnliche  Farbe  erlangen  wie  die  Schachtel.  Diese 
farbliche  Anpassungsfähigkeit  ist  sehr  nützlich  und  jedenfalls  durch 
Zuchtwahl  erworben.  Geradeso  nun  wie  hier  eine  Anpassungs¬ 
fähigkeit  erworben  wurde,  könnten  auch  andre  Anpassungs¬ 
fähigkeiten  —  außer  den  direkten  Anpassungen  —  durch  Zuchtwahl 
erworben  werden.  Von  solchen  Fähigkeiten  wäre  aber  diejenige  die 
allerwertvollste,  welche  zu  einer  zweckmäßigen  Einwirkung  äußerer 
Umstände  auf  die  Keimmischung  führte.  Eine  solche  Wirkung 
könnte  Gebrauch-  und  Nichtgebrauch  von  Organen,  Nahrungsmaugel 
Temperatur  und  dergleichen  ausüben. 

Die  ganze  Zuchtwahltheorie  ruht  auf  der  Thatsache,  daß  man 
durch  eine,  viele  Generationen  hindurch  wiederholte  Auslese  extremer 
Formen  künstlich  neue  Rassen  züchten  kann.  Dieses  Experiment 
stellen  die  Landwirte  stets  mit  Erfolg  an,  und  Darwin  selbst  hat 
es  an  der  Taube  mit  großer  Sorgfalt  durchgeführt. 

Nun  entstehen  durch  diese  künstliche  Zuchtwahl  allerdings  neue 
Rassen,  aber  die  Beobachtung  lehrt,  daß  dieselben  keine  Beständigkeit 
haben  und  zur  Ahnenform  zurückkehren,  sobald  die  künstliche 
Auslese  aufhört. 

Gleichwohl  hat  Darwin  angenommen,  daß  neue  Arten  wilder 
Tiere  genau  so  entstehen,  wie  künstliche  Rassen.  Diese  Annahme 
ist  allgemein  anerkannt  worden,  uud  man  hat  das  Aufhören  von 
künstlichen  Rassenmerkmalen  nach  dem  Verwildern  damit  erklärt, 
daß  die  Rassenmerkmale  aus  dem  Grunde  leicht  abgelegt  werden  können, 
weil  die  Rasse  nur  wenige  Generationen  hindurch  bestanden  hat 
und  daher  nicht  Zeit  hatte,  ihre  Eigentümlichkeiten  zu  »fixiren.« 

Wodurch  aber  eine  solche  Fixierung  von  Merkmalen  bei  langem 
Bestände  einer  Rasse  zu  stände  kommen  soll,  ist  nicht  recht  klar, 
und  in  der  Tbat  müssen  wir  eine  ganz  andre  Erklärung  für  die 
Erklärung  des  Rückschlages,  der  bei  Verwilderung  domestizierter 
Tiere  beobachtet  wird,  suchen. 

Es  zeigt  sich,  daß  eine  Fixierung  von  Eigentümlichkeiten  durch 
lange  fortgesetzte  Uriveränderlichkeit  der  Art  überhaupt  nicht  statt¬ 
findet,  und  daß  eine  jede  Art  ebenso  wie  jede  künstliche  Varietät 
sich  sogleich  abändern  wird,  wenn  die  Umstände,  in  denen  sie  lebt, 
sich  ändern.  Ebenso  wie  der  kontrollierende  Einfluß  des  Menschen 
irgend  eine  künstliche  Rasse  unverändert  erhält,  ebenso  verursacht 


328 


der  kontrollierende  Einfluß  der  Existenzbedingungen  in  der  freien 
Natur,  so  lange  diese  sich  gleich  bleiben,  die  unveränderte  Erhaltung 
der  Merkmale  der  Art.  In  beiden  Fällen  treten  Veränderungen  ein, 
wenn  der  kontrollierende  Einfluß  sich  ändert.  Die  künstliche  Rasse 
nimmt,  wenn  sie  verwildert,  deshalb  die  Ahnenform  wieder  an,  weil 
diese  die  passendste  ist. 

Man  darf  aber  nicht  etwa  glauben,  daß  Veränderungen  in  auf¬ 
einanderfolgenden  Generationen  bei  allen  Tieren  mit  der  gleichen 
Raschheit  erfolgen  können. 

Oben  ist  angeführt  worden,  daß  die  Kreuzung  hierbei  von 
größter  Bedeutung  ist. 

Wenn  wir  nun  die  Resultate  dieser  Kritiken  des  Darwinismus 
zusammenstellen,  so  erlangen  wir  etwa  folgendes  Bild  von  der  Ent¬ 
stehung  neuer  Arten: 

Keine  Tier-  oder  Pflanzenspecies  ist  fix.  Alle  sind  mehr  oder 
weniger  veränderlich.  Da  die  Veränderlichkeit  auf  die  Eigentüm¬ 
lichkeiten  der  Keimzellen  und  vor  allem  auf  die  Art  der  Mischung 
des  männlichen  und  weiblichen  Kernes  beruht,  so  muß  die  Kreuzung 
einen  großen  Einfluß  auf  dieselbe  ausüben. 

Je  verschiedener  die  mütterliche  und  väterliche  Keimzelle,  aus 
deren  Vereinigung  (Mischung)  ein  neues  Individuum  hervorgeht,  ist, 
um  so  größer  muß,  wie  oben  gezeigt  wurde,  der  Spielraum  der 
Veränderlichkeit  desselben  sein.  Je  weniger  verwandt  die  Eltern 
sind,  um  so  größer  ist  aber  die  Differenz  der  Keimzellen  und 
umgekehrt. 

Die  Kreuzung  bewirkt  Vereinigung  von  einander  fernstehenden 
Individuen,  ist  also  Ursache  einer  großen  Veränderlichkeit  und  damit 
Anpassungsfähigkeit. 

•• 

Die  Inzucht  dagegen  bringt  —  wegen  der  Ähnlichkeit  der 
elterlichen  Keimzellen  —  Individuen  zu  stände,  welche  viel  weniger 

verschieden  sind  und  solche  sind  daher  viel  weniger  anpassungsfähig. 

•• 

Andern  sich  nun  die  Umstände,  in  welchen  die  Art  lebt,  so 

wirkt  diese  Änderung  zunächst  direkt  auf  die  lebenden  Individuen 

ein  und  verändert  dieselben  in  leicht  erkennbarer  Weise.  Diese 
•  • 

Änderungen  mögen  auf  die  Keimzellen,  welche  in  diesen  Individuen 
reifen,  verändernd  rückwirken  oder  nicht. 

Jedenfalls  finden  sich  Variationen  unter  den  Kindern.  Die  für 
die  eingetretenen  neuen  Umstände  am  passendsten  Organisierten  tragen 
im  Kampfe  mit  den  Brüdern  den  Sieg  davon.  Die  Merkmale,  durch 
welche  sie  selber  bevorzugt  waren,  werden  auf  die  Nachkommen 


329 


übertragen  und  diese  Merkmale  entwickeln  sich  progressiv  —  uni 
so  rascher,  je  veränderlicher  die  Art,  je  ausgedehnter  also  die 
Kreuzung  ist.  Nehmen  wir  nun  an,  die  neueingetretenen  Umstände 
blieben  konstant. 

Die  in  aufeinanderfolgenden  Generationen  progressiv  fort¬ 
schreitende  Anpassung  wirkt  so  lauge  verändernd,  bis  die  Art  den 
neuen  Umständen  —  soweit  es  ihre  eigene  Organisation  erlaubt  — 
vollkommen  angepasst  ist.  Von  jetzt  an  ändert  sich  die  Art  nicht 
weiter.  Sie  bleibt  konstant,  da  die  fortwährend  entstehenden 
Varietäten,  weil  weniger  passend  als  die  Stammform,  stets  im 
Kampfe  gegen  diese  relativ  vollkommen  angepaßte  Form  unterliegen. 

Gleiche  Umstände  können  lange  Zeit  audauern  und  ebenso 
lange  dauert  die,  diesen  Umständen  relativ  vollkommen  angepaßte 
Species. 

Andern  sich  die  Umstände,  dann  ändert  sich  die  Art,  oder  sie 

geht  zu  Grunde.  Nur  in  jenen  wenig  zahlreichen  Fällen,  wo  strenge 

Inzucht  eingehalten  wird,  kann  sich  die  Art  unverändert  erhalten 

•• 

trotz  sehr  bedeutender  Änderung  der  umgebenden  Umstände. 

Bei  den  europäischen  Tieren,  welche  von  dem  Menschen  nach 
fremden  Ländern  gebracht  werden,  tritt  eine  großartige  Änderung 
aller  umgebenden  Umstände  plötzlich  ein.  Von  gradueller  An¬ 
passung  ist  keine  Rede.  Siegen  oder  Sterben,  das  ist  für  sie  die 
einzige  Frage. 

Ratten,  Kaninchen,  Sperlinge  und  Fliegen  haben  —  in  Australien 
z.  B.  —  gesiegt.  Sie  haben  keine  Konkurrenten  und  das  ihnen  neu 
erschlossene  Land  ist  so  groß,  daß  vorläufig  noch  Platz  genug  für 
alle  vorhanden  ist,  und  daher  noch  kein  rechter  Kampf  ums  Dasein 
unter  den  Brüdern  begonnen  hat,  der  zu  einer  Abänderung  der  Art 
hätte  führen  können.  Dazu  kommt  noch,  daß  alle  diese  Tiere  von 
einem  oder  von  wenigen  Paaren,  die  importiert  wurden,  abstammen, 
so  daß  sie  alle  nahe  verwandt  sind:  Unter  ihnen  herrscht  strenge 
Inzucht  und  diese  setzt  die  Variabilität  sehr  wesentlich  herab. 

Auch  niedere  europäische  Tiere,  wie  der  Süßwasser-Polyp  und 
die  Süßwasserschwämme  haben  sich  unter  ähnlichen  Umständen  in 
den  australischen  Gewässern  eingebürgert  und  sich  dort  ziemlich 
unverändert  erhalten.  Diese  australischen  Süßwassertiere  sind  den 
europäischen  sehr  ähnlich,  trotz  der  außerordentlichen  Verschiedenheit 
der  physikalischen  Verhältnisse  der  australischen  und  europäischen 
Gewässer.  Bei  ihnen  ist  es  jedenfalls  die  strenge  Iuzucht,  welche  die 
Stabilität  erhält.  Die  verwandten  Tiere  im  Meer  haben  —  im 


330 


Gegensatz  za  diesen  in  den  kleinen  Lachen  und  Seen  —  unbegrenzte 
Gelegenheit  zur  Kreuzung.  Bei  ihnen  erneuert  die  Kreuzung  immer 
wieder  die  Variabilität,  deshalb  können  diese  sich  besser  anpassen 
und  sind  in  verschiedenen  Meeresteilen  auch  größtenteils  verschieden. 

Konstante  Umstände,  wurde  gesagt,  bedingen  ein  Konstant¬ 
bleiben  der  Species.  Die  konstantesten  Umstände  herrschen  jedenfalls 
in  den  kalten  und  ewig  finsteren,  abyssalen  Tiefen  des  Meeres.  Die  erst 
in  neuester  Zeit  bekaunt  gewordene  Fauna  jener  Tiefen  erscheint 
auch  in  der  That  weit  konservativer  als  die  Fauna  des  seichten 
Wassers  und  es  ist  aus  großen  Meerestiefen  eine  ganze  Anzahl 
von  Repräsentanten  von  Tiergruppen  gefischt  worden,  welche  bis 
dahin  für  ausgestorben  gehalten  wurden  und  in  der  That  nirgends 
sonst  mehr  Vorkommen  als  im  unveränderlichen  tiefen  Meere. 

Die  Keimzellen  sind  es,  auf  deren  Mischung  die  Variabilität  der 
Tiere  beruht;  und  es  muß  somit  die  Kreuzung  als  die  Ursache  der 
Veränderlichkeit  angesehen  werden,  welche  es  dann  der  allmählichen 
Änderung  äußerer  Umstände  ermöglicht,  neue  Arten  durch  Zuchtwahl 
zu  erzeugen. 


Zwei  gefangene  Könige. 

Von  Eduard  Rüdiger. 

Ein  sehr  seltener  Gast  in  unseren  Käfigen  ist  der  Zaunkönig 
( Troglodytes  parvulus  Koch),  obgleich  sich  kaum  ein  liebenswürdigeres 
unterhaltenderes  Vögelchen  denken  läßt.  Mitten  im  Winter,  wenn 
alle  Sänger  uns  verließen,  erfreut  im  Freien  sein  helles  Liedchen, 
mutet  uns  seine  dreiste  Emsigkeit  au,  mit  der  er  Hecken  und  Ställe 
nahruugsuchend  durchschlüpft.  Wohl  mag  bittere  Not  in  Schnee 
und  Kälte  ihm  arg  zusetzeu,  aber  das  Darben  in  der  Freiheit  zieht 
er  dem  engbegreuzten  Spielraum  unter  unserer  Obhut  vor  und 
voller  Leben,  wie  er  ist,  erträgt  er  den  Verlust  seiner  Freiheit  und 
gewiß  auch  den  Mangel  an  Vielseitigkeit  in  der  ihm  von  uns  ge¬ 
botenen  Nahrung  erfahrungsmäßig  nur  schwierig.  Man  sollte  eigentlich 
gar  keinen  Zaunkönig  gefangen  halten,  denn  auch  die  kürzeste  Zeit 
muß  genügen,  das  flinke  Tierchen  recht  lieb  zu  gewinnen  und  daun 
ist  die  Trauer  doppelt,  wenn  wir  dasselbe  verlieren. 

Kalt  war’s  und  hoher  Schnee  lag,  als  mir  mein  Nachbar  durchs 
Fenster  einen  soeben  auf  den  Leim  gegangenen  Zaunkönig  reichte; 
ich  hatte  noch  nie  einen  solchen  besessen  und  hoffte,  ihn  erhalten 


zu  können.  Ein  Versuch  der  Eingewöhnung  im  kleinen  Käfig  mi߬ 
lang  vollständig.  Todesangst  verzehrte  das  Vögelchen  im  Suchen 
nach  einem  Rettungswege  und  es  war  vorauszusehen,  daß  ich  auf 
diese  Weise  binnen  wenigen  Stunden  eine  kleine  Leiche  haben 
würde. 

Da  entschloß  ich  mich,  eine  Ausnahme  zu  machen  und  gab 
dem  Zaunkönig  die  Freiheit  —  ins  Zi mm m  er.  Um  das  zu  ver¬ 
stehen,  muß  ich  einige  Worte  über  mein  Vogelzimmer  einfügen. 
Wer  nur  einen  oder  wenige  Vögel  hat,  wird  gewiß  immer  irgend 
ein  passendes  Plätzchen  für  dieselben  im  Wohnzimmer  oder  in  ähn¬ 
lichen  Räumen  finden,  wer  aber  als  Forscher  und  Liebhaber  eine 
größere  Gesellschaft  hält,  muß  dieser  aus  den  triftigsten  Gründen 
wohl  oder  übel  ein  eigenes  Zimmer  einräumen.  Über  die  Einrichtung 
eines  solchen  gehen  die  Meinungen  auseinander.  Mögen  andere 
es  dabei  bewenden  lassen,  daß  sie  einen  sogenannten  Zimmerflug 
sich  einrichten  —  ein  solcher  gibt  zwar  weniger  Arbeit,  aber  auch 
weniger  Freude  —  ich  ziehe  es  vor,  mein  Zimmer  mit  den  nötigen 
Käfigen  besetzt  zu  halten.  Diese  allein  bevölkere  ich  nach  Bedarf 
und  Belieben  —  und  Ordnung  und  Ruhe,  auch  Sicherheit  eines  be¬ 
absichtigten  Erfolges  sind  mir  so  gut  als  gewiß.  Ruhig  sehen  mich 
meine  Vögel  kommen  und  gehen,  uuverriickt  bleibt  ihr  Gesichtskreis, 
ordnend  und  helfend  vermag  ich  eiuzugreifen  und  eine  fruchtbrin¬ 
gende  Beaufsichtigung  des  einzelnen  ist  ermöglicht.  Ich  rede  mit 
meinen  Vögeln,  sie  verstehen  mich,  ich  gebe  diesem  dies  und  jenem 
das,  wie  es  am  zuträglichsten  ist.  Das  hört  jedoch  alles  auf,  sobald 
mir  die  ganze  Gesellschaft  um  den  Kopf  schwirrt.  Die  eine  Längs¬ 
seite  meines  Zimmers  gibt  den  Raum  für  die  Käfige,  welche  eben¬ 
mäßig  aufgestellt  sind.  —  Die  Morgensoune  sendet  hierhin  täglich 
mindestens  l1/*  Stunde  ihre  belebenden  Strahlen.  Die  Wand  gegen¬ 
über  gehört  den  immergrünen  Pflanzen,  deren  Sauerstoff  den  Zimmer¬ 
bewohnern  zu  Gute  kommt.  Im  Winter  wie  im  Sommer  haben 
meine  sämtlichen  Vögel  den  Blick  ins  Grüne,  denn  auf  terrassenartigen 
Gestellen  sind  groß-  und  kleinblätterige  Veronika,  bunte  Evouymus, 
Myrthen,  Lorbeer,  Orangen,  Kirschlorbeer,  Kamelieu,  Oleander  (giftig 
für  Vögel),  Fikus  und  vor  allen  20jähriger  Epheu  aufgebaut.  Drei 
von  mir  selbst  solange  gepflegte  Stöcke  des  letzteren  umziehen  mit 
fingerdicken  Ranken  von  beiden  Seiten  wie  ein  dichtschließender 
Kranz  die  Wände,  bilden  Festons  an  den  Decken,  schlingen  sich 
zwischen  den  Käfigen  so  hindurch,  daß  kein  Vogel  je  ein  Blättchen 
davon  erreichen  kann,  und  buchenblattähnliches  Gewächs  mit  hellerem 


332 


Ton  schattiert  das  Grün.  Die  Käfige  und  den  immergrünen  Zimmer- 
garten  trennt  der  etwa  kaum  einen  Meter  breite  Gang  zum  Fenster. 

Kaum  aus  der  Hand  war  mein  Zaunkönig  als  echter  Schlüpfer 
auch  mit  Gedankenschnelle  schon  hoch  oben  und  knixte  von  einer 
Epheuranke  herunter.  Eben  noch  so  traurig  und  unglücklich,  be¬ 
gann  er  sofort  sein  emsiges  Absuchen  von  Kerbtieren,  deren  Larven 
und  Eiern,  Blattläusen  und  Spinnen,  wobei  kein  Zweig  unbeachtet 
blieb.  Mit  zauberhafter  Geschwindigkeit  gings  von  einem  Orte  zum 
anderen  und  ersichtlich  fühlte  sich  (las  Vögelchen  bald  so  wohl  und 
heimisch,  wie  es  kurz  zuvor  getobt  und  gezittert  hatte.  Zahm  und 
zahmer  wurde  es  auch.  Anfangs  mußte  ich  abseits  treten,  wenn 
ich  eine  gefangene  Fliege,  kleine  Mehlwürmer,  Ameisenpuppen  oder 
gehacktes  Ei  zum  Schmause  auflegte,  und  während  es  zuerst  aus 
seinem  Versteck  gar  nicht  herbei  kam,  so  kannten  wir  uns  jedoch 
bald  und  ich  mußte  dann  sehr  behutsam  sein,  denn  das  Vögelchen 
befand  sich  mir  immer  vor  den  Füßen  und  nahm  mir  gern  die 
Leckerbissen  aus  der  Hand,  sobald  ich  mich  auf  den  Fußboden 
kauerte.  Possierlich  war  es,  wenn  eine  Zimmerecke  abgesucht  wurde 
und  er  riesenhafte  Sprünge  in  die  Höhe  machte.  Ob  der  Zaunkönig 
allnächtlich  seinen  regelmäßigen  Schlafplatz  hatte,  konnte  ich  trotz 
allen  Nachforschens  nicht  bestimmt  ermitteln. 

Einmal  komme  ich  auch  ins  Zimmer,  und  da  ich  gewohnt  bin, 
sofort  von  meinem  Schlüpfer  begrüßt  zu  werden,  dies  jetzt  aber 
nicht  geschah,  schaue  ich  nach  unten,  ob  er  wie  eine  Maus  heran¬ 
kugelt  —  aber  vergebens.  Auf  einmal  springt  er  lustig  zwischen 
einer  großen  Käfiggesellschaft  herum.  Wie  war  er  zu  ihnen  ge¬ 
kommen?  Der  nie  rastende  Schelm  —  ich  habe  ihn  nicht  einen 
Augenblick  still  sitzen  sehen,  so  lange  ich  ihn  besaß  —  hatte  er¬ 
mittelt,  daß  ein  Drähtchen  sich  ein  wenig  verschieben  ließ,  was  mir 
entgangen  war.  Diesen  Schlupf  konnte  ich  nicht  billigen.  Sofort 
wurde  der  Draht  befestigt  und  mein  Königlein  war  doppelt  gefangen 
—  so  dachte  ich.  Aber  bewahre!  Kaum  noch  springt  er  zwischen 
der  Gesellschaft  herum,  kaum  überlege  ich  noch,  wie  ich  ihn  aus 
dem  Käfig  wieder  entfernen  will  —  sitzt  er  von  selber  wieder  oben 
im  grünen  Gezweig.  Den  Käfig  untersuche  ich  von  allen  Seiten, 
finde  aber  nirgends  auch  nur  die  Möglichkeit  eines  Ein-  oder  Aus¬ 
gangs  meines  Vögelchens,  was  beweist,  daß  der  Zaunkönig  in  der 
That  noch  weit  winziger  ist,  als  es  scheint,  weil  er  ein  dichtes  Ge¬ 
fieder  besitzt  uud  sich  gar  schlank  machen  kann.  Nichtallein  in 
dem  einen,  vielmehr  in  allen  anderen  Käfigen  war  er  zu  Hause, 


—  333 


spazierte  einfach  durch  alle  Gitter,  als  wenn  es  so  sein  müßte 
badete  sich,  wo  er  wollte,  und  lud  sich  überall  zu  Gaste,  wo  er  et¬ 
wa  ein  ihm  zusagendes  Gericht  aufgetischt  fand. 

•  • 

Viele  frohe  Augenblicke  und  Überraschungen  danke  ich  diesem 
Vögelchen,  und  ich  glaube,  es  würde  in  Räumlichkeiten,  wie  ich  sie 
ihm  glücklicherweise  bieten  konnte,  noch  lange  sein  Wesen  getrieben 
haben  —  es  hatte  sich  vollständig  eingewöhnt  und  über  ein  Jahr 
bei  mir  gehaust  —  wenn  ihm  nicht  meine  Unachtsamkeit  einen 
frühen  Tod  gebracht  hätte.  Eine  tiefe,  mit  Wasser  gefüllte,  bauchige 
Porzellanschüssel,  welche  ich  beim  Wechseln  der  Trinknäpfe  benutzte, 
blieb  so  lange  im  Vogelzimmer  offen  stehen,  als  ich  nötig  hatte, 
am  warmen  Küchenherde  ein  Dutzend  Fliegen  für  meinen  Liebliug 
zu  erhaschen,  und  als  ich  glücklich  damit  ankam,  lag  er  tot  in  der 
Schüssel. 

Wenn  der  Wachtelkönig  ( GalUnula  crex )  hier  und  da  als 
Beute  des  Weidmanns  auf  dem  Markte  erscheint,  pflegt  er  sehr  fett 
zu  sein  und  seines  wohlschmeckenden  Wildbrets  wegen  in  hohem 
Preise  zu  stehen,  er  kommt  aber  verhältnismäßig  so  selten  vor  das 
Rohr,  daß  wohl  jeden  Leser  einiges  über  sein  Frei-  und  Gefangen¬ 
leben  interessieren  dürfte. 

Als  Zugvogel  nur  in  einer  einzigen  Art  in  Deutschland  gekaunt, 
hat  er  seinen  Namen  dem  Umstande  zu  danken,  daß  er  gemeinig¬ 
lich  auf  feuchten  Wieseustrecken  als  Gesellschafter  der  Wachtel  an¬ 
getroffen  wird,  jedoch  hält  er  sich  sehr  versteckt  und  wird  eher 
einmal  gehört  als  gesehen.  Sein  Nest  ist  ein  völlig  kunstloser  Bau, 
aus  Moos  und  Gras  in  einer  Vertiefung  angelegt,  seine  Eier  aber 
zählen  zu  den  am  prächtigsten  gezeichneten.  Er  lebt  sowohl  in 
Freiheit  als  auch  in  der  Gefangenschaft  mit  allen  anderen  Vögeln, 
die  Wachtel  eben  ausgenommen,  sehr  unverträglich. 

Der  Wachtelkönig  ist  im  Verhältnis  zu  seiner  Stärke  ein  Viel¬ 
fresser  und  kann  nur  bei  regelmäßigem  umfassendem  Wechsel  der 
Nahrungsstoffe  längere  Zeit  in  der  Gefangenschaft  gehalten  werden. 
Seine  Fütterung  besteht  vorzugsweise  aus  frischem  Quark,  Eierbrod, 
Ameisenpuppen,  Regen  würmern,  Mehlwürmern,  Fliegen,  hartge¬ 
kochtem  Ei,  geschrotenem  Fleisch,  gekochten  Kartoffeln,  gemahlenem 
Hanf,  Semmel  in  Milch  und  Holunderbeeren. 

Regenwürmer  scheinen  eine  besondere  Leckerei  für  ihn  zu  sein, 
aber  auch  bei  sonst  reichlich  gedecktem  Tische  bleibt  er  so  wäh¬ 
lerisch,  daß  er  heute  dies,  morgen  jenes  als  nicht  passend  mit  seinem 


834 


starken  Schnabel  über  Bord  wirft,  also  Käfig  wie  Zimmer  gleich 
sehr  verunreinigt.  Um  solchem  Treiben  einigermaßen  vorzubeugen, 
empfiehlt  es  sich,  das  Mischfutter  ständig  in  einer  Blumentopfscherbe 
zu  reichen  und  diese  dabei  immer  nur  bis  zur  Hälfte  zu  füllen,  auch 
das  Wasser,  täglich  wenigstens  zweimal  frisch,  möglichst  von  außen 
zu  bieten,  da  der  Vogel  sonst  nicht  aus  dem  Baden  herauskommt 
und  seine  Behausung  unvermeidlich  bald  so  vollständig  einnäßt,  daß 
der  Sand  eiue  harte,  ungesunde  Kruste  bildet.  Von  Zeit  zu  Zeit 
muß  dem  Gaste  freilich,  seiner  Natur  entsprechend,  Gelegenheit  zu 
einem  vollen  Bade  gewährt  werden.  In  Summa  sind  die  Gesamteigeu- 
schaften  des  Wachtelkönigs  im  Käfige  keineswegs  derartig,  um  ihm 
allenthalben  einen  Platz  zu  sichern  und  ohne  weiteres  geeignet,  einen 
Vogelfreund,  der  sich  keine  Beobachtungszwecke  gesetzt,  zu  fesselu. 

Wirklich  längere  Zeit  in  der  Gefangenschaft  aushaltende  Exem¬ 
plare  zeigen  fast  immer  einen  kahlen  Scheitel,  welchen  sie  sich  trotz  des 
am  zweckmäßigsten  eingerichteten  Käfigs  bei  ihrer  nächtlichen  Tob¬ 
sucht,  nicht  nur  während  der  Frist  des  Zuges,  sondern  zu  jeder  Zeit 
holen.  Diese  allnächtliche  Unruhe  stört  die  übrigen  Zimmerbewohner 
empfindlich,  namentlich  die  zur  Unruhe  selbst  geneigten  Weichfresser 
wie  Schwarzkopf  u.  s.  w.,  und  es  hat  deshalb  schon  seine  gewich¬ 
tigen  Gründe,  wenn  mancher  sonst  geduldige  Vogelliebhaber  gerade 
eines  Wachtelkönigs  zeitig  müde  wird. 

Bei  Beängstigungen,  z.  B.  wenn  die  Hand  gelegentlich  der 
Reinigung  mit  dem  Besen  in  die  Nähe  des  Eckchens  kommt,  in 
welches  sich  der  Vogel  zurückgezogen,  läßt  er  einen  kurz  abge¬ 
stoßenen,  leisen  Klageton  börem  Interessant  sind  die  verschiedenen 
Stellungen,  in  denen  er  sich  abwechselnd  zeigt.  Er  überrascht  durch 
gewaltige  Sprünge,  liegt  still  im  Sande  wie  die  eigentliche  Wachtel, 
steht  lauge  Zeit  mit  eingezogenem  Halse  unbeweglich  auf  einem 
seiner  kräftigen  Beine  und  bietet  ein  eigenartiges  Bild,  wenn  er  bei 
einem  zu  ihm  dringenden  verdächtigen  Geräusche  urplötzlich  hoch 
in  die  Höhe  schnellt,  mit  dem  langen  Halse,  den  langen  Beineu  und 
dem  schmalen  Leibe  fast  eiue  gerade  Linie  darstellend. 

In  glattem  Gefieder  und  recht  sauber  gehalten  ist  unser  Wachtel¬ 
könig  eine  anmutige,  schmucke  Erscheinung,  unbestreitbar  auch  eine 
Käfigzierde,  und  daß  ihm  Verstand  wie  Schlauheit  nicht  abgehen, 
beweist  er  durch  sein  Verhalten  während  der  allgemeinen  Fütterung; 
er  folgt  mit  klugem  begehrlichem  Auge  jeder  Bewegung  seines  Herrn 
von  einem  Käfig  zum  andern,  er  trippelt  mit,  so  weit  ihm  dies  sein 
eigener  langer  Käfig  gestattet,  und  weiß  anscheinend  genau,  wann 


335 


die  Reibe  des  Versorgtwerdens  an  ihn  kommt.  Er  wird  auch  leicht 
so  zahm,  daß  er  Würmer  aus  der  Hand  nimmt  und  seinem  Pfleger 
durch  die  Zimmer  folgt.  Von  5  aufgezogenen,  mir  einmal  mit  der 
Post  von  Inowraclaw  zugeschickten  traf  ein  einziger  noch  lebend  ein. 


Lebensweise  einiger  nordafrikanischer  Reptilien  in 

Gefangenschaft. 

Nebst  Bemerkungen  über  andere  südliche  Arten  von  Dr.  phil.  Franz  Werner 

in  Wien. 

t 

Wenn  ich  nachstehend  das  Betragen  einiger,  von  mir  längere 
Zeit  gefangen  gehaltener  nordafrikanischer  Reptilien  zu  schildern 
versuche,  so  geschieht  dies  teils  aus  dem  Grunde,  weil  mir  diesbe¬ 
zügliche  Beobachtungen  von  anderen  nicht  vorliegen  und  ich  daher 
hoffen  darf,  daß  diese  Zeilen  einiges  Interesse  erwecken  werden,  und 
ich  andererseits  der  Überzeugung  bin,  daß  sich  diese  Tiere  in  Frei¬ 
heit  kaum  anders  verhalten. 

Es  handelt  sich  hier  um  eine  Schlange,  die  Sandschlange, 
Eryx  jaculus,  und  zwei  Eidechsen,  den  Skink,  Scincus  officinalis ,  und 
Splienops  capistratus;  drei  Wüstentiere  von  reinstem  Wasser,  wenn 
dieser  Ausdruck  hier  am  Platze  ist. 

Die  beiden  Eidechsen,  die  ich  zuerst  erhielt,  konnte  ich  in 
wirklichem  Wüstensand  halten,  während  die  Eryx  sich,  da  ich  sie 
nicht  wohl  zu  den  Eidechsen  geben  konnte,  und  der  Wüstensand 
für  zwei  Käfige  nicht  ausreichte,,  mit  feinem  Meersande  begnügen 
mußte.  Beide  Käfige,  sowohl  der  der  Eidechsen  als  der  für  die 
Schlange,  waren  etwa  6  Centimeter  hoch  mit  Sand  gefüllt;  die 
letztere  hatte  übrigens  auch  noch  zwei  oder  drei,  auf  dem  Boden 
des  Käfigs  befestigte,  scharfkantige  Steine  im  Käfig,  um  die  unend¬ 
lich  langwierige  Häutung  zu  erleichtern. 

Was  die  Sandschlange,  Eryx ,  an  belangt,  so  fühlt  sie  sich  an¬ 
scheinend  bei  25  — 30 °C.  am  wohlsten,  doch  bleibt  sie  auch  noch  bei 
einer  Temperatur  ziemlich  munter,  bei  welcher  Coelopeltis  lacertinci  aus 
derselben  Heimat  ganz  steif  gefroren  war.  Selbstverständlich  führt 
längere  Einwirkung  niedriger  Temperatur  (etwa  von  20°  C.  abwärts) 
auch  bei  ihr  endlich  den  Tod  herbei ;  immerhin  aber  ist  sie  gegen 
Kälte  weniger  empfindlich  als  manche  südeuropäische  Arten. 

Gewöhnlich  kommt  sie,  sobald  die  ersten  Strahlen  der  Morgen¬ 
sonne  auf  ihren  Käfig  fallen,  langsam  aus  dem  Sande,  in  dem  sie 


336 


die  Nacht  über,  mit  Ausnahme  des  Kopfes*,  vollständig  eingewühlt 
ist,  langsam  hervor  und  sucht  sich  ein  Plätzchen  aus,  wo  sie  den 
Sonnenstrahlen  am  meisteu  ausgesetzt  ist;  dort  bleibt  sie  S-förmig 
zusammengerollt  und  kräftig  atmend  stundenlang  liegen,  bis  ihr 
die  Hitze  zu  arg  wird,  was  im  Sommer  um  12  Uhr  längstens 
der  Fall  ist;  dann  beginnt  sie  ihre  Wanderung  durch  den  Sand, 
die  sie  unter  lebhaftem  Züngeln  oft  bis  gegen  die  Zeit  der  Däm¬ 
merung  fast  ununterbrochen  fortsetzt.  Sie  wühlt  sich  an  einem 
Ende  des  Käfigs  in  den  Sand ,  streckt  in  der  kürzesten  Zeit 
wieder  am  anderen  Ende  die  Schnauze  herauf,  um  sofort  wieder 
unterzutauchen  und  ihre  unterirdische  Wanderung  wieder  aufzu¬ 
nehmen.  Ihre  Bewegungen  im  Sand  kann  man  als  Schwimmen  und 
Tauchen  darin  auffassen,  und  obwohl  sie  sich  mit  dem  Skink  nicht 
messen  kann,  so  ist  sie  doch  als  ein  flinkes,  lebhaftes  und  beweg¬ 
liches  Tier  aufzufassen;  sie  gleitet,  wenn  man  die  Verschiedenheit 
des  Mediums  berücksichtigt,  ungefähr  ebenso  leicht  und  schnell  durch 
den  Sand  wie  die  Ringelnatter  durch  das  Wasser. 

Bewunderuugswürdig  ist  die  Geschicklichkeit,  mit  der  sie  auch 
die  geringsten  Mengen  von  Sand  benützt,  um  sich  damit  zu  be¬ 
decken  und  absolut  unkenntlich  zu  machen. 

Diese  Schlange  gehört  bekanntlich  zur  Gruppe  der  Riesen¬ 
schlangen  und  obwohl  kaum  die  Länge  eines  Meters  erreichend, 
kommt  sie  an  Stärke  verhältnismäßig  den  großen  Boas  und  Python- 
Arten  der  Tropen  ziemlich  gleich.  Ihre  Beute,  die  bei  mir  aus 
kleinen  Eidechsen,  besonders  aus  Mauerechsen,  Lacerta  murcilis,  be¬ 
stand,  tötete  sie  schneller  als  jede  andere  eidechsenfressende  Schlange, 
die  ich  bis  jetzt  gesehen  habe ;  doch  fraß  sie  die  meisten  lebend 
auf,  wenn  sie  nicht  sehr  groß  und  lebhaft  waren. 

Wird  sie  gereizt  oder  geängstigt,  ohne  entfliehen  zu  können, 

so  rollt  sie  sich  spiralig  ein,  verbirgt  den  Kopf  so  gut  es  geht  unter 

dem  Körper,  und  auf  der  Bauchseite  zeigt  sich  dann  eine  tiefe, 

breite  Längsfurche,  die  erst  daun  verschwindet,  wenn  sich  das  Tier 

beruhigt  hat  und  wieder  ausstreckt.  Dieses  Verhalten  habe  ich  an 

allen  bis  jetzt  gepflegten  Exemplaren  wahrgenommen.  Zu  beißen 

•  • 

hat  keines  von  ihnen  versucht.  Äußeren  Verletzungen,  die  bis  an 
die  Wirbelsäule  gehen,  und  dem  Hunger  leistet  sie  länger  Wider¬ 
stand  als  alle  anderen  mir  bekannten  Schlangen ;  die  Mundfäule,  die 
manchen  Schlangen,  wie  Elaphis  cervone ,  Gallopeltis  quadrilineatus  u.  a. 
so  schnell  tötlicli  ist,  wird  monatelang  ausgehalten.  Ich  habe  die 
Eryx  niemals  trinken  sehen;  doch  zweifle  ich  nicht,  daß  sie  doch 


337 


trinkt,  da  alle  meine  anderen  Wüstentiere  tranken  und  ich  auch 
bei  anderen  Schlangen,  von  denen  ich  anfangs  glaubte,  daß  sie  nie¬ 
mals  Wasser  trinken,  das  Gegenteil  erfuhr.  Merkwürdigerweise  habe 
ich  auch  Bhinechis  scalaris  niemals  beim  Trinken  erwischen  können. 

Leider  ist  die  Eryx  schwer  zu  erlangen,  wenigstens  habe  ich 
gesunde,  unverletzte  Exemplare  nur  einmal  und  zwar  in  größerer 
Anzahl,  zufällig  erhalten.  Vielleicht  wäre  durch  das  »Laboratoire 
d’Erpetologie«  in  Montpellier  (Herault,  S.  —  Frankreich)  diese  Art 
noch  am  ehesten  zu  erlangen. 

Die  beiden  Eidechsen,  die  ich  anfangs  erwähnte  und  die  sich 
durch  ihre  breite,  keilförmige  Schnauze  (wie  sie  auch  die  Eryx 
in  ähnlicher  Form  besitzt)  schon  als  wühlende  und  grabende  Tiere 
kennzeichnen,  sind  etwas  empfindlicher  gegen  Kälte  als  die  Eryx , 
lieben  dieselben  Temperaturgrade  und  vertragen  ganz  bedeutende 
Hitze  ohne  Schaden.  Ich  bemerke  dies  ausdrücklich,  da  die  meisten 
Reptilien  Europas  (vielleicht  nur  mit  Ausnahme  der  Land-Schild¬ 
kröten),  wenn  sie  den  Strahlen  der  Sommersonne  ausgesetzt  werden, 
ohne  daß  sie  in  ein  Versteck  oder  wenigstens  an  eine  schattige 
Stelle  zeitweilig  entrinnen  können,  sicher  zu  Grunde  gehen.  Die 
beiden  Eidechsen  aber  ließen  nichts  von  Unbehagen  erkennen,  wenn 
die  Wände  ihres  Käfigs  brennend  heiß  waren  und  der  Sand  eine 
wahre  Glühhitze  ausstrahlte.  Im  Gegenteile,  sie  waren  äußerst 
munter,  liefen  blitzschnell  und  mit  eigentümlich  zuckenden  Be¬ 
wegungen  über  den  Sand  hin,  verkrochen  sich  fortwährend  darin 
und  an  der  Bewegung  des  Sandes  konnte  man  ersehen,  daß  die 
Schnelligkeit  der  Tiere  in  ihm  sogroß  war  wie  auf  ihm.  Während 
aber  der  Skink  vom  Morgen  bis  zum  Nachmittag  mit  geringen 
Unterbrechungen  sichtbar  war  und  seine  Streifzüge  durch  den  Sand 
machte,  mit  den  Vorderbeinen  Gruben  in  den  Sand  wühlte  und  den 
aus  den  Gruben  herausgeschaufelten  Sand  mit  den  Hinterbeinen 
weiter  beförderte  und  zu  einem  kleinen  Berge  anhäufte  —  wobei 
er  nur  innehielt,  um  einen  zufällig  ausgegrabenen  Mehlwurm  zu 
verzehren  oder  den  ebenfalls  in  der  Tiefe  der  Grube  entdeckten 
Sphenops  zu  betrachten  und  solange  zu  bezüngeln  und  zu  beschnüffeln, 
bis  sich  dieser  in  eine  andere  Region  des  Käfigs  zurückzog  —  so 
war  der  Sphenops  hinwdeder  außer  um  die  Mittagszeit  auch  am 
Abend,  wenn  der  Skink  bereits  am  Grunde  seines  Sandsees  schlief, 
zu  sehen.  Nur  war  der  Sphenops  außerordentlich  scheu  und  wühlte 
sich  bei  der  geringsten  Störung  (wenn  diese  Störung  nicht  durch 
etwas  Freßbares  hervorgernfen  wurde)  sofort  in  den  Sand  ein.  Bei 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  22 


338 


trübem  Wetter  blieben  beide  Eidechsen  oft  mehrere  Tage  lang  voll¬ 
ständig  unsichtbar  und  verschliefen  die  Zeit  im  Sande. 

Beide  Eidechsenarten  fraßen  Mehlwürmer  mit  großem  Appetit 
und  besonders  der  kleine,  zarte  Sphenops  war  komisch  anzusehen, 
wenn  er  sich  auf  seinen  winzigen  Vorderbeinen  aufrichtete  und  dann 
wütend  auf  den  vorgeworfenen  Mehlwurm  losfuhr.  Der  Skink  fraß 
auch  Heuschrecken.  Beide  Arteu  tranken  begierig  Wasser,  welches 
man  ihnen  lauwarm  und  in  möglichst  geringer  Menge  reichen  muß. 
Kaltes  Wasser  ruft  den  Tod,  allzuvieles  Trinken  häufig  heftiges  Er¬ 
brechen  hervor  (auch  bei  Gongylus  ocellatus  und  anderen  Scincoiden 
habe  ich  dies  beobachtet!). 

Von  anderen  nordafrikanischen  Reptilien,  die  ich  ebenfalls  ge¬ 
pflegt  habe,  sind  mir  noch  zwei  große  Exemplare  der  Lacerta  pater 
(eines  mit  47,5  und  eines  mit  34,5  cm  Länge)  besonders  im  Ge¬ 
dächtnis,  weil  sie  durch  ihre  Lebensgewohnheiten  sehr  an  die  ver¬ 
wandte  Lacerta  ocellata  erinnerten,  jedoch  merkwürdigerweise  absolut 
keine  Nahrung  annehmen  wollten,  trotzdem  aber  vom  Oktober  bis 
April  munter  blieben,  was  bei  Lacertiden  immerhin  ein  Zeichen  von 
großer  Lebenszähigkeit  ist.  Die  beiden  Exemplare  stammten  aus 
Tunis,  woher  ich  auch  zwei  ganz  gewaltige  Exemplare  des  Gongylus 
ocellatus  erhielt,  die  in  ihrem  ganzen  Betragen  lebhaft  an  Scincus 
officinalis  erinnerten,  aber  langsamer  und  bedächtiger  waren,  was 
jedenfalls  mit  der  Größe  und  Plumpheit  des  Körpers  und  der  relativen 
Kleinheit  der  Extremitäten  zusammenhing;  denn  kleinere  Exemplare 
derselben  Art  (etwa  von  der  Größe  einer  mittleren  Zauneidechse, 
Lacerta  agilis ),  kamen  an  Lebhaftigkeit  und  Schnelligkeit  der  Be¬ 
wegungen,  an  Geschicklichkeit  im  Wühlen  dem  Skink  mindestens 
gleich.  Auch  der  Gongylus  frißt  Mehlwürmer,  doch  ist  es  selten 

möglich,  seinen  Mahlzeiten  zuzusehen. 

•  • 

Uber  Zamcnis  versicolor  ( Feriops  Cliffordi-parallelus ),  Tarentola 
mauritanica ,  Stellio  vulgaris ,  Uromastix  spinipes  und  andere  Nord- 
Afrikaner,  die  ich  lebend  besessen  habe,  kann  ich  entweder  wegen 
der  kurzen  Beobachtungszeit  keine  Mitteilung  von  Belang  machen 
oder  es  sind  schon  bessere  Beobachtungen  darüber  veröffentlicht  worden. 

Schließlich  möchte  ich  über  die  nordamerikanische 
Kettennatter,  Ophibolus-Coronella  getulus  var.  Sayi,  ein  sehr  hübsch 
gezeichnetes  und  ziemlich  auspruchloses  Tier,  noch  ein  paar  Worte 
sagen.  Diese  Schlange,  die  eine  ganz  gewaltige  Länge  und  Dicke 
erreichen  kann  —  ich  habe  Exemplare  gesehen,  welche  die  da  1  m a- 
tinische  Streifennatter  ( Elaphis  cervone )  wenigstens  in  der 


339 


Dicke  übertrafen  — ,  hat  die  einzige  unangenehme  Eigenschaft,  während 
der  Verdauung  einen  ganz  penetranten  Geruch  zu  verbreiten,  was 
bei  einem  großen  Exemplare,  welches  einen  bedeutenden  Appetit 
besaß,  daher  auch  alle  acht  Tage  etwas  Neues  zu  verdauen  hatte, 
besonders  merklich  war.  Doch  will  ich  der  Schlange  nicht  Unrecht 
thun  und  ist  es  immerhin  möglich,  daß  nur  meine  Gefangenen  diese 
unangenehme  Eigenschaft  besaßen. 

Die  Kettennatter,  die  auch  im  Winter  bei  gewöhnlicher  —  aber 
nicht  stark  wechselnder  —  Zimmertemperatur  ganz  gut  aushält, 
nährt  sich  von  Mäusen,  welche  sie  durch  Umschlingungen  tötet,  und 
von  Eidechsen,  welche  sie  lebend  verschlingt.  Dabei  nimmt  sie  nicht, 
wie  die  bei  uns  heimische  Schlingnatter,  Coronella  austriaca ,  auf  die 
Lage  der  Eidechse  Rücksicht,  sondern  fängt  häufig  vom  Schwanz 
,  aus  zu  fressen  an  oder  packt  die  Eidechse  in  der  Mitte,  knickt  sie 
U-  förmig  zusammen  und  verschlingt  sie  in  dieser  Lage,  während 
unsere  Schlingnatter  stets  beim  Kopf  zu  fressen  beginnt.  Übrigeus 
nimmt  diese  Schlange  bei  einer  Mahlzeit  selten  mehr  als  zwei 
Mäuse  oder  Eidechsen  zu  sich,  bekommt  aber  bald  wieder  Hunger. 
Besondere  Pflege  braucht  die  Kettennatter  nicht;  sie  verträgt  sich 
mit  allen  anderen  Schlangen,  beißt  viel  seltener  als  ihre  europä¬ 
ischen  Verwandten  (von  denen  übrigens  durchaus  nicht  alle  .Exem¬ 
plare  bissig  sind) ;  sie  ist  nicht  sehr  lebhaft,  aber  doch  den 
ganzen  Tag  in  Bewegung;  ist  sie  hungrig,  so  erregt  die  ihr  vorge¬ 
worfene  Beute  sofort  ihre  Aufmerksamkeit  und  sie  schnappt  wütend 
nach  allen  Richtungen,  ja  sie  schließt  oft  nicht  einmal  den  Rachen, 
bevor  sie  ihren  Fang  zwischen  den  Zähnen  hat.  Dabei  wird  sie  so 
gierig,  daß  sie,  während  sie  eine  Maus  noch  umschlungen  hält,  schon 
auf  die  zweite  Jagd  macht  oder  ihr,  wenn  die  erste  noch  zu  sehr 
zappelt,  doch  wenigstens  unverwandt  mit  den  Augen  folgt. 

Sie  bat  in  ihrem  Benehmen  vielmehr  Ähnlichkeit  mit  der  Aesculap- 
uatter  als  mit  den  Coronellen,  trinkt  ziemlich  oft  und  viel  und  hält 
Jahre  lang  in  Gefangenschaft  aus. 

Endlich  möchte  ich  noch  den  Discoglossus  pictus  besprechen, 
einen  Frosch,  der  an  Gefräßigkeit  alle  mir  bekannten  Froschlurche 
übertrifft.  Nicht  nur,  daß  das  größte  Exemplar  meiner  Sammlung, 
welches  ich  schon  sehr  lange  besitze,  während  des  Sommers  drei  er¬ 
wachsene  Exemplare  des  Pelodytes  punctatus ,  einen  gleichfalls  erwachse¬ 
nen  Laubfrosch  und  eine  Unzahl  von  Wassermolchen  ( Triton  taeniatus- 
Molge  vulgaris)  verschlang,  ersaß  auch  bei  der  Fütterung  seiner  Käfig¬ 
genossen,  wenn  er  auch  schon  ganz  mit  Mehlwürmern  vollgepfropft  war» 


340 


stets  auf  der  Lauer,  riß  ihnen  die  Mehlwürmer  bei  dem  herausstehenden 
Ende  aus  dem  Rachen,  versuchte  auch  gelegentlich  einen  Laubfrosch 
oder  eine  Unke  zu  verschlingen  und  ließ  sie  oft  eine  Viertelstunde 
nicht  los.  Regenwürmer  jeder  beliebigen  Länge  verschluckte  er  so 
schnell,  daß  es  aussah,  als  wenn  sie  ihm  freiwillig  in  den  Rachen 
liefen  ;  in  die  Pinzette  oder  Nadel,  auf  der.  ich  ihm  die  Mehlwürmer, 
jetzt  seine  Hauptnahrung,  Vorhalte,  verbeißt  er  sich  regelmäßig  mit 
solcher  Wut,  daß  mau  ihn  kaum  davon  wegbringt.  Den  Tag  über 
sitzt  er  im  Wasser,  bei  der  Nacht  meistens  außerhalb  desselben ;  erschreckt 
man  ihn  oder  sucht  man  ihn  zu  fangen,  so  springt  er  wie  toll  herum; 
solche  Anfälle  hat  er  auch  öfters  ohne  wahrnehmbaren  Grund.  Seit 
dem  vorigen  Jahre  ist  er  bedeutend  gewachsen ;  er  ist  männlichen 
Geschlechtes,  fortwährend  paarungslustig  und  hängt,  da  der  einzige 
seiner  Art,  der  mit  ihm  den  Käfig  teilt,  ein  halbwüchsiges  Männchen 
ist,  meistens  auf  weiblichen  Exemplaren  des  .Springfrosches  ( Rana 
agilis). 

Merkwürdig  ist  übrigens  zu  sehen,  wie  schnell  Amphibien  in  der 
Gefangenschaft  wachsen.  Während  Reptilien  bekanntlich  Jahrelang 
brauchen,  um  ein  merkliches  Stück  größer  zu  werden,  sind  zwei 
erwachsene  Exemplare  von  Bombinator  igneus  seit  vorigem  Dezember 
um  mehr  als  die  Hälfte  ihrer  früheren  Länge  gewachsen;  ein  halb¬ 
jähriges  Exemplar  des  Bombinator  pachypus  hat  seit  Frühling  dieses 
Jahres  die  Größe  eines  ziemlich  erwachsenen  Exemplares  erreicht; 
halbjährige  Laubfrösche  können  im  Laufe  eines  Jahres  zur  Größe 
erwachsener  Exemplare  herangefüttert  werden.  Bei  Rana ,  Pelobates 
und  Bufo  habe  ich  kein  auffallend  starkes  Wachstum  bemerken 
können ;  umsomehr  aber  bei  dem  Kamm-Molche,  Triton  cristatus , 
von  welchem  ich  durch  kräftige  Fütterung  (im  Frühling  mit  Triton 
taeniatus  und  Regen würmern,  im  Sommer  mit  Kaulquappen  und 
Regenwürmern,  im  Herbst  mit  jungen  Laubfröschen  und  abermals 
Regen  würmern,  im  Winter  mit  rohem  Fleisch,  kleinen  Fischen  und 
Mehlwürmern)  nach  drei  Jahren  Exemplare  erzielte,  welche  die  bis 
jetzt  in  der  Umgebung  von  Wien  von  mir  beobachtete  Maximallänge 
(etwa  14  cm)  noch  um  4  cm  überschritten.  Es  waren  übrigens 
durchgebends  Weibchen,  die  ich  zu  dieser  Länge  brachte;  die  Mäun- 
chen  kamen  trotz  aller  Fütterung  über  12 — 13  cm  Länge  nicht  hinaus. 

Da  ich  keine  systematische  Ordnung  in  meinen  Mitteilungen 
gehalten  habe,  so  glaube  ich  auch  noch  die  Vi  p  er  n  u  atte  r  ( Tropi - 
donotus  viperinus)  hier  besprechen  zu  dürfen.  Diese  hübsche  und  lebhafte 
Schlange,  die  bei  winterlicher  Heizung  ausgezeichnet  Jahrelang  aushält, 


341 


ist  bekanntlich  eine  Verwandte  der  Ringelnatter  und  lebt  wie  sie  von 
Amphibien  und  Fischen.  Von  Amphibien  liebt  sie  Laubfrösche  und 
Kröten  (Bufo  viridis-variabilis)  am  meisten,  auch  Wassermolche  ( Triton 
taeniatus )  frißt  sie  mit  großem  Appetit;  von  Fischen  vermag  sie 
ganz  gewaltige  Exemplare  zu  verschlingen.  Dabei  kehrt  sie  sich 
wenig  daran,  ob  die  Fische  lebend  oder  todt  siud;  ich  habe  mein 
größtes  Exemplar  einen  ganzen  Winter  hindurch  fast  ausschließlich 
mit  zu  Grunde  gegangenen  Goldfischen,  Schleihen,  Hundsfischen  etc. 
meines  Aquariums  gefüttert,  die  ich  ihr  bloß  in  den  Käfig  warf  und 
die  in  der  Regel  gegen  Abend  aufgefressen  waren. 

Der  Appetit  dieser  Schlange  ist  außerordentlich ;  ebenso  viel 
trinkt  sie  auch.  Sie  häutet  sich  im  Jahr  mindestens  viermal. 

Die  Vipernuatter  kann  anscheinend  gezähmt  werden;  wenigstens 
gibt  der  Umstand,  daß  sie  herbeikommt,  wenn  au  die  Glas-Scheiben 
ihres  Käfigs  geklopft  wird,  den  Anschein.  Klopft  man  aber,  wenn 
sie  gerade  nicht  hungrig  ist,  so  kann  man  lange  auf  ihr  Kommen 
warten.  Doch  nimmt  sie  das  Futter  aus  der  Haud  und  gewöhnt 
sich,  wie  viele  andere  Schlangen,  an  ganz  bestimmte  Schlaf-  und 
Ruhestellen. 

Die  Vipernnatter  ist  für  mich  besonders  darum  interessant,  weil 
beide  Exemplare,  die  ich  jetzt  besitze,  zweimal  an  Mundfäule  er¬ 
krankten  und  das  Fressen  ganz  einstellten ;  beide  Male  wurden  sie 
vollständig  geheilt  durch  Anwendung  folgenden  Mittels.  Den  Tieren 
wurde  der  Rachen  geöffnet,  der  weiße  Beleg  mit  dem  Messer,  der 
Schleim  mit  einem  groben  Pinsel  abgeputzt,  bis  der  Rachen  ganz 
rein  war.  Dann  wurden  die  Exemplare,  nachdem  ihnen  der  Rachen 
mit  starkem  Alkohol  ausgewaschen  war,  in  ein  Glas  gegeben, 
welches  Wasser  enthielt,  welchem  soviel  Alkohol  beigemischt  w7ar, 
daß  das  Wasser  eben  danach  roch.  In  diesem  Glase  verblieben  die  Tiere 
über  acht  Tage,  waren  hierauf  vollkommen  gesund  und  begannen 
wieder  zu  fressen.  Das  zweitemal  war  die  Krankheit  viel  weniger 
entwickelt  und  heilte  nach  Gebrauch  der  erwähnten  Kur  nach  wenigen 
Tagen.  Seitdem  sind  beide  Exemplare  ganz  gesund  und  können 
jederzeit  bei  mir  besichtigt  werden.  Jedoch  bin  ich  der  Überzeugung, 
daß  eine  Heilung  nur  dann  möglich  ist,  wenn  die  Krankheit  nicht 
weit  fortgeschritten  ist;  ich  pflege  daher  allen  meinen  Schlangen  in 
gewissen  Zeiträumen  (etwa  alle  8  Tage)  in  den  Rachen  zu  sehen 
uud  kranke  Exemplare  sofort  zu  entfernen,  um  sie  entweder  der 
Heilung  oder,  wenn  diese  unmöglich,  dem  Tode  zuzuführen, 


342 


Zufällige  Verschleppung  eines  Landeinsiedlerkrebses 

nach  St.  Petersburg. 

Von  S.  Herzenstein, 

Konservator  am  Zoolog.  Museum  der  Akademie  der  Wissenschaften.  St.  Petersburg. 


Der  vorliegende  Fall  von  zufälliger  Verschleppung  eines  exoti¬ 
schen  Land-Einsiedlerkrebses  scheint  mir  interessant  genug,  um  über 
denselben  zu  berichten,  wobei  ich  aber  die  Bedeutung  einer  solchen 
Transportweise  keineswegs  überschätze. 

Das  in  Rede  stehende  Exemplar  von  Coenobita  Diogenes  L.  traf 
in  einer  Ladung  Saudeiholz  am  25.  August  1889  in  Petersburg  ein 
und  zwar  auf  einem  norwegischen  Schiffe  (»Flora«,  Capt.  Axelson), 
welches  aus  dem  Hafen  Moute-Christi  (Haiti)  ausgelaufen  war  und 
seine  Reise  hierher  in  80 — 90  Tagen  zurückgelegt  hatte.  Der  Krebs, 
der  bei  der  Ausladung  zufällig  entdeckt  wurde,  ging  in  den  Besitz 
eines  hiesigen  Marine-Offiziers,  Herrn  Dementjeff,  über,  der  ihn 
ca.  5  Wochen  bei  sich  hielt  und  darauf  dem  Zoologischen  Museum 
der  Akademie  der  Wissenschaften  übergab.  Da  im  Museum  aber 
keine  Vorrichtungen  zum  Halten  lebender  Tiere  vorhanden  sind, 
so  setzte  ich  den  Krebs  in  ein  dem  Physiologischen  Laboratorium 
der  Akademie  gehöriges  Terrarium,  wo  er  am  15.  Oktober  desselben 
Jahres  zu  Grunde  ging. 

Als  Herr  Dementjeff  während  meiner  Abwesenheit  das 
Exemplar  ins  Museum  brachte,  wurde  es  in  ein  Gefäß  mit  süßem 
Wasser  gesetzt,  wo  es  etwa  3/4  Stunde  verblieb,  ohne  allem  Anschein 
nach  den  geringsten  Schaden  genommen  zu  haben.  Wahrscheinlich 
hätte  es  noch  bedeutend  länger  im  Wasser  ausgehalten,  da  seine 
Kiemen  die  Fähigkeit  im  Wasser  zu  atmen  möglicherweise  noch 
nicht  ganz  eingebüßt  hatten,  obwohl  ich  kaum  glaube,  daß  sie 
für  gleichzeitige  Luft-  und  Wasser-  Atmung  in  solchem  Grade 
befähigt  sein  dürften,  wie  es  H  u  e  t  *)  für  die  Onisciden-Gattung  Ligia 
konstatiert  hat.  Möglicherweise  befeuchtet  Coenobita  ihre  Kiemen 
von  Zeit  zu  Zeit  im  Wasser,  wie  es  von  ihrem  Familien-Genossen 
Birgus  behauptet  wird  **).  Das  Tier,  das  die  Annahme  jeglicher 
Nahrung  (Fleisch,  Gemüse,  Mehlwürmer)  verweigerte,  wurde,  wie 

Herr  Dementjeff  mitteilt,  zur  Nacht  munter  und  lief  umher; 
bei  uns  im  Terrarium  verblieb  es  Tage  lang  regungslos  in  einer 

*)  Vgl.  Journ.  d’Anat.  et  de  Physiol.  XIX.  p.  261  und  folgende. 

**)  Proeeed.  Linn.  Soc.  of  New  South  Wales,  VII.,  p.  664, 


343 


seichten,  von  ihm  selbst  in  die  Erde  gegrabenen  Grube,  in  welche 
die  untere  Seite  und  die  Mündung  des  von  ihm  bewohnten  Schnecken¬ 
gehäuses  ( Trochus  pica  L.)  paßte.  Beiläufig  möchte  ich  bemerken, 
daß  die  in  Rede  stehende  Art,  wie  es  scheint,  in  der  Wahl  des 
Gehäuses  viel  mehr  als  ihr  Gattungsgenosse  C.  rugosa  beschränkt  ist.*) 


Im  zoologischen  Garten  zu  Basel. 

Von  Ernst  Friedei. 

Den  vor  dem  Steinenthor  belegenen  zoologischen  Garten  der  guten  alten 
Stadt  Basel  hatte  ich  seit  dem  24.  Mai  1875  nicht  wieder  besucht.  **)  Damals 
hatte  ich  mir  im  Tagebuch  vermerkt,  daß  er  auf  einem  Hügelabhang  läge  und 
für  viele  Tiere  noch  zu  soDnig  sei,  was  sich  aber  mit  der  Ausbreitung  der 
Bepflanzung  wohl  vermindern  werde.  Als  ich  ihn  am  Sonntag  den  21.  Juli  1889 
nach  über  14  Jahren  zum  ersten  Male  wieder  betrat,  glaubte  ich  nicht  an  der¬ 
selben  Stelle  zu  sein,  so  ist  im  Lauf  von  fast  einem  halben  Menschenalter  der 
Strauch-  und  Baumwuchs  gediehen.  Jetzt  mußte  ich  notieren,  daß  der  sonst 
so  kahle  Garten  mächtig  bewaldet  und  für  manche  seiner  Insassen  zu  schattig 
und  feucht  geworden  ist. 

Im  Jahre  1875  machte  ich  folgende  kurze  Angaben  :  »Die  Häuschen  sind 
im  Schweizerstil  gehalten.  Das  ganze  Etablissement  scheint  etwas  enge,  dem 
geringen  Anlagekapital  entsprechend  eingerichtet.  Ein  kleines  Orchesterhaus 
ist  vorhanden;  bei  der  Musik  ist  das  donnernde  Knallen  der  Büchsen  vom 
nahen  Schießhause  her  keine  gerade  erfreuliche  Zugabe.  Auf  dem  Wirtshaus 
waren  eidgenössische  und  schwarz-weiße  (Basler)  Fahnen  aufgezogen. 

Ein  Berg  für  Gemsen,  Muff  Ion  und  Murmeltiere.  Dann  mancherlei 
Vögel,  als  Fasanen,  Steinhühner  ( Caccabis  saxatilis)  aus  der  Schweiz; 
ebendaher  das  Birkhuhn  ( Tetrao  Tetrix ) ;  Alpenkrähen,  Brachvögel, 
Austernfischer. 

Raubvögelhaus,  wie  in  Hamburg,  Berlin,  London,  ein  großer  Central¬ 
käfig  mit  Kuppel,  rechts  und  links  Seitenflügel.  Inhalt:  Seeadler  (Haliaetus 
albiciUa),  der  Milan  ( Hydroictinia  atra),  Falken,  Sperber,  Wanderfalk,  Aquila 
fulva,  A.  chrysaetos,  Milvus  regalis,  Astur  palumbarius,  Buteo  vulgaris,  Corvus 

*)  Nach  Ramon  de  la  Sagra  (hist.  phys.  polit.  et  natur.  d.  Cuba 
Animaux  articules,  Crustaces,  p.  XXXVII)  bewohnen  die  kleineren  Individuen 
C.  Diogenes  L.  Landschnecken-Gehäuse,  während  die  größeren  die  Schale 
eines  Meeres-Molluskes,  in  Havanna  »Cigua«  benannt,  dazu  wählen;  leider 
kann  ich  nicht  in  dem  konchologischen  Teile  desselben  Werkes  den  zoologischen 
Namen  der  »Cigua«  finden.  Anderseits  bewohnt  C.  rugosa  nach  De  Man 
(Notes  from  the  Zoolog.  Mus.  at  Leiden,  II.  185)  Gehäuse  von  11  Mollusken- 
Gattungen. 

**)  Der  Garten  ist  am  3.  Juli  1874  eröffnet.  Berichte  über  ihn  in  dieser  Zeitschrift  1875 
S.  183;  1876  S.  329;  1877  S.  324;  1878  S.  121;  1881  S.  212;  1883  S.  342;  1885  S.  85;  1886  S.  62, 
126  und  1661;  1887  S.  214;  1888  S.  12;  1889  S.  95, 


344 


Corone ,  Corvus  Corax,  Steinkauz,  Waldkauz,  Schl  eiereule,  Zwergohr¬ 
eule,  Schneeeule  und  Uhu. 

Die  Wiederkäuer  waren  in  Häusern,  deren  Grundriß  einen  Stern 
bildet,  untergebracht.  Ferner  vorhanden  ein  schöner  Wolf,  mehrere  Fuchs- 
arten,  Genetkatze,  Lynx  rufa,  L.  canadensis,  Martes  foina,  M.  dbietum, 
Mustela  putorius,  Waschbären,  zwei  junge  Wisente,  Fischottern  aus 
der  Schweiz.  Ein  Bärenzwinger.  Zwei  Geflügelteiche,  Reiher, 
Wildsauen  aus  der  Schweiz.  Eine  Meerkatze,  als  einziger  Affen¬ 
bestand.«  — 

Über  ein  anderes  Basler  Tier,  den  Salm,  machte  mir  der  wohl  unter¬ 
richtete  Fischhändler  Friedrich  Glaser  jun.  damals  folgende  Mitteilungen.  Er 
verkaufte  täglich  60  bis  70  Stück  Lachs,  keineswegs  aber  nur  Rhein-Salm, 
vielmehr  bezog  er,  wie  von  Berlin  die  leckeren  Oder-Krebse,  so  von  Hamburg 
Elblachs.  Der  Elblachs  ist  heller  und  fetter,  der  Kopf  kleiner  und  spitzer, 
das  Fleisch  des  Rheinlachses  rötlicher  und  saftiger.  Die  Basler  Lachse  leiden 
sehr  an  Fischegeln.  Die  Egel  sitzen  an  den  Steinen  im  Rhein,  auf  welche 
sich  die  Lachse  bei  niedrigem  Wasser  fest  andrüchen,  so  den  Schmarotzern 
das  Hinaufkriechen  erleichternd.  Im  Gaumen,  aber  auch  massenhaft  außeu  am 
Schwanz  und  an  den  Ansatzstellen  der  Flossen  bemerkte  ich  die  ekelhaften 
Peiniger,  welche  mitunter  den  edlen  Fisch  so  abmatten,  daß  er  ans  Land 
treibt.  Bei  höherem  Wasserstande  braucht  der  Lachs  nicht  so  tief  zu  stehen. 
Trübes  Wasser  sagt  den  Egeln  nicht  zu  und  sie  fallen  dann  vom  Lachs  mit¬ 
unter  ab.  Die  Stellen,  wo  sie  gesessen  haben,  gerötet  und  blutunterlaufen, 
sind  leicht  kenntlich. 

Bei  meinem  letzten  Besuch  hielt  ich  mich  rechts  und  stieß  zunächst  auf 
das  Affenhaus  von  mäßiger  Größe,  besetzt,  soweit  zu  übersehen,  nur  mit 
den  gemeineren  Species.  Dann  bemerkten  wir  einen  indischen  ziemlich  rauh¬ 
haarigen  Elefanten  zusammen  mit  einem  schwarzen  Tapir.  Der  Elefant 
ist  von  zwei  Basler  Naturforschern  als  etwa  einjähriges  Tier  auf  der  Jagd  in 
Ceylon  1885  erbeutet  worden  und  hört  auf  den  singhalesischen  Namen  »Kumbuk.« 
Auf  dem  terrassierten  höheren  Teile  des  Gartens  befanden  sich  r.  Aguti ,  dann 
ein  Papageienhaus  und  ein  Bauer  für  graue  Eichhörnchen. 

Es  folgt  das  R  estaurant- Gebäude  von  wenig  umfangreichen  Ver¬ 
hältnissen.  aber  mit  Orchester.  Auffallend  ist,  daß  am  Garten  angeschlagen 
ist,  er  sei  nur  von  7  Uhr  vormittags  bis  8  Uhr  abends  geöffnet.  Es  klingt 
dies  hinsichtlich  des  Schlußtermins  etwas  philiströs  und  ist  auch  unpraktisch, 
denn  an  schönen  Sommerabenden  wird  man  gern  hier  im  Kühlen  sitzen  und 
sich  der  Musik  erfreuen  wollen. 

Links  erscheinen  Gehege  für  Ziegen,  Mähnen  sch  afe,  Hirsche  und 
Antilopen.  Rechts  an  der  Grenze  ziehen  sich  ausgedehnte  Volieren  hin, 
enthaltend  u.  a.  Stelzvögel  (Schnepfen,  Regenpfeifer,  Ibis,  Reiher), 
ferner  Fasanen  und  Hokkohühner. 

Dann  stießen  wir  auf  ein  zweihöckeriges  Kapiel  und  mehrere  mittel¬ 
große,  braungefärbte  Buckel  ochsen.  Zum  Reiten  auf  einem  geräumigen 
Tummelplatz  dienten,  neben  dem  Kamel,  Shetl and-Pon ies. 

Die  mittelgroße  Raubvogel-Voliere  war  gut  besetzt :  Läm  mergeier, 
Wanderfalk,  Habicht,  Bussarde,  Rüttel-Falk,  der  südawerikanische 


345 


Carancho  ( Polyborus  Tliarus),  der  westafrikanische  Kappengeier  ( Neopliron 
pileatus),  Schreiadler,  Seeadler,  Milane,  Gabelweihen. 

Ein  geräumiges  Gehege  war  eingeteilt  für  Damwild,  Wapiti- 
Hirsche  und  Yaks.  Das  Raubtierhaus  bekundet  deutlich,  daß  man  es 
nicht  mit  einem  zoologischen  Garten  ersten  Ranges  zu  thun  hat,  doch  waren 
die  vorhandenen  Tiere  meist  recht  gut  im  Stande,  so  ein  schöner  ostindischer 
Panther,  zwei  stattliche  afrikanische  Leoparden,  Wolf,  Fuchs,  Schakal, 
Rüsselbären,  Waschbären.  Warum  verschafft  der  Garten  sich  keine 
Löwen,  wo  der  Garten  in  Leipzig  deren  20,  der  in  Breslau  gar  einige  20 
zählt?  Wenn  die  Ernährungskosten  auch  bedeutende  sind,  so  ist  der  König 
der  Tiere  doch  auch  der  beste  Anziehungspunkt  eines  zoologischen  Gartens. 

In  dem  Bärenzwinger,  von  gewöhnlicher  Bauart,  bemerkte  ich  zwei 
voneinander  getrennte  braune  Bären,  darin  einer  von  bedeutender  Größe. 
Außer  einem  Steinhaus  für  Eulen  fand  ich  noch  ein  Gehege  für  Büffel  und 
Bison.  Der  mir  zuletzt  in  die  Augen  fallende  Geflügelteich  war  mit 
Schwimmvögeln  reich  besetzt.  Die  Namen  der  Tiere  fehlten  mitunter 
gänzlich,  die  wissenschaftlichen  Namen  fast  überall. 

So  gut  auch  die  Verwaltung  des  Gartens  unter  dem  vortrefflichen  Direktor 
Hagmann  an  sich  erscheint,  so  macht  es  doch  fast  den  Eindruck,  als  könnten 
die  Behörden  und  vielen  reichen  Patrizierfamilien  Basels  noch  mehr  für  das 
gemeinnützige  Institut  thun,  zumal  es  der  gut  dotierten,  weit  verzweigten 
Basler  Mission  nicht  schwer  werden  kann,  auch  in  entlegenen  Teilen  des 
Erdballs  neue  Bezugsquellen  zur  Vermehrung  und  Verbesserung  des  Tierbe¬ 
standes  im  Basler  zoologischen  Garten  aufzuspüren. 


Korrespondenzen. 

Raun  heim  a.  M.,  im  September  1890. 

Vom  unteren  Main.  —  Seitdem  der  Main  von  Mainz  bis  Frankfurt 
kanalisiert  und  mit  Fischpässen  versehen  ist,  kann  der  Fischbestand  auch 
einigermaßen  kontrolliert  werden.  Von  dem  stärkeren  oder  schwächeren  Zug 
der  Fische  durch  die  Pässe  hängt  auch  das  Ergebnis  der  Fischerei  ab.  Im 
Frühjahre  1890  begann  der  Zug  der  Fische  mainaufwärts  am  5.  April  und 
endigte  am  18.  Mai.  Er  war  diesmal  18  Tage  kürzer  als  im  vorigen  Jahre, 
und  es  kamen  die  Fische  auch  nicht  so  zahlreich  hier  vorbei  wie  in  den  Vor¬ 
jahren.  Die  Folge  davon  war  nun  auch  der  geringe  Ertrag  der  Fischerei  das 
Frühjahr  und  den  Sommer  hindurch.  Nur  im  Januar,  als  die  Nadelwehre  um¬ 
gelegt  wurden  und  der  Stau  ablief,  blieben  in  den  entstandenen  Tümpeln  viele 
Hechte  zurück  und  gaben  gute  Beute;  es  wurden  damals  einige  Zentner  da¬ 
von  gefangen.  Lachse  kamen  in  diesem  Frühjahre  nicht  vor  und  die  Mai¬ 
fische  waren  sehr  selten.  Die  in  den  Main  gesetzten  Zander  scheinen  sich 
zu  verzieheu,  denn  sie  werden  immer  seltener.  Das  unreine  Mainwasser  wird 
ihnen  wohl  nicht  behagen.  Auch  das  letzte  Jahr  hat  wieder  den  schlagenden 
Beweis  geliefert,  daß  alle  Bestrebungen,  den  Main  fischreicher  zu  machen,  so 
lange  fruchtlos  sind,  bis  dafür  gesorgt  wird,  daß  das  Wasser  wieder  so  rein 
wird,  daß  Fische  auch  darin  leben  können.  Die  Ansammlung  von  Fischen  an 
den  Wehren  scheint  auch  den  Fischotter  anzuziehen,  denn  man  findet  häufig 


346 


seine  Losung  auf  den  Dämmen.  Auch  die  Krebse  sipd  bis  jetzt  noch  nicht 
wieder  eingewandert,  und  wir  müssen  wohl  noch  lange  auf  die  kräftigen 
Krebssuppen  verzichten.  Anodonten  und  Unionen  sind  in  ein-  und  zwei¬ 
jährigen  Exemplaren  wieder  häufiger  anzutreffen  und  scheinen  sich  mehr  an 
das  Wasser  gewöhnt  zu  haben.  Bei  dem  Stauablaß  werden  die  trocken  gelegten 
Muscheln  eine  Beute  der  Rabenkrähen,  die  sie  dann  so  lange  aus  der  Höhe 
auf  die  Erde  fallen  lassen,  bis  sich  die  Schloßbänder  gelockert  haben.  Die 
Ohr-Schlammschnecke,  Limnaea  auricularia,  kommt  auch  wieder  vor.  Wie 
dieselbe  rasch  fortwandern  kann,  habe  ich  neulich  beobachtet.  Es  kamen 
nämlich  einige  große  Korkstopfen  angeschwommen,  an  denen  sich  Limnaeen 
festgesetzt  hatten.  Auf  solchen  Korkschiffchen  können  in  fließenden  Gewässern 
Muscheln  und  Schnecken  in  kurzer  Zeit  große  Strecken  zurücklegen.  Die 
Schwimmschnecke,  Neritina  fluviatilis ,  habe  ich  bis  jetzt  noch  nicht  wieder 
aufgefunden,  obgleich  dieselbe  vor  einigen  Jahren  noch  sehr  zahlreich  vertreten 
war.  In  dem  großen  Schilfrohre  auf  der  rechten  Mainseite  haben  in  diesem 
Jahre  einige  Paare  Stockenten,  Anas  boschas,  genistet  und  haben  ihre  Bruten 
glücklich  aufgebracht.  Auch  die  kleine  Rohrdommel,  Ardea  minuta,  hat  bei 
Raunheim  gebrütet,  und  manchmal  sah  ich  sie  im  Grase  stehen,  den  spitzen 
Schnabel  senkrecht  in  die  Höhe  gehalten,  wie  die  Spitze  eines  Blitzableiters. 
Am  1.  und  5.  Januar  zogen  Hunderte  von  Möven,  meistens  Silbermöven  und 
Lachmöven,  mainaufwärts,  am  16.  Januar  gingen  sie  wieder  zurück  nach  dem 
Rhein.  Den  ganzen  Sommer  hindurch  war  der  Main  von  Möven  ziemlich  be¬ 
lebt.  Da  zwischen  Mainz  und  Frankfurt  die  Leinreiterei  aufgehört  hat,  weil 
die  Schiffe  durch  Dampfer  gezogen  werden,  so  werden  die  Weidenanlagen  durch 
die  Schiffseile  auch  nicht  mehr  abgestreift  und  dienen  den  kleinen  Vögeln 
wieder  mehr  als  Nistplätze.  So  war  der  Sumpfschilfsänger,  Calamodyta 
palustris,  ziemlich  häufig  und  erfreute  uns  noch  am  späten  Abend  durch  seinen 
Gesang.  Im  August  kamen  große  Schwärme  von  Staren,  die  in  dem  Rohr 
und  den  Weidenanlagen  nächtigten  und  am  Tage  die  Baumstücke  nach  reifem 
Obst  absuchten.  Es  sind  meistens  junge  Vögel,  die  hauptsächlich  aus  dem 
Odenwald  kommen,  woselbst  sie  sehr  gehegt  werden.  Die  Weinbergbesitzer 
sehen  sie  im  Herbste  nicht  gern.  Im  Frühjahre  wurde  auch  ein  Lappen¬ 
steißfuß,  Podiceps  minor,  hier  geschossen  und  kam  in  meine  Hände.  Die  Fisch¬ 
pässe  ziehen  auch  die  Eisvögel,  Alcedo  ispida ,  an,  besonders  in  den  Winter¬ 
monaten,  und  mau  sieht  da  manchmal  mehrere  beisammen.  Im  Laufe  des 
Sommers  habe  ich  noch  besonders  beobachtet  den  Halsband- Regenpfeifer 
Charadrius  hiaticula,  den  kleinen  Regenpfeifer,  Ch.  minor,  und  den  punktierten 
Strandläufer,  Tringa  ochropus.  Sehr  häufig  sieht  man  die  Uferschwalbe, 
Hirundo  riparia,  in  großer  Gesellschaft  über  den,  Wasserspiegel  streichen.  In 
den  Wintermonaten  trifft  man  besonders  zwischen  Raunheim  und  Kelsterbach 
an  Entenai'ten  hauptsächlich  noch  die  Kriekente,  Anas  crecca,  die  Schellente, 
A.  clangula,  die  Knäkente,  A.  querquedula,  die  Spießente,  A.  acuta,  und  die 
Pfeifente,  A.  Penelope.  Vom  Maine  aus  gehen  Wildenten  vielfach  in  die  Sümpfe 
unserer  Wälder  und  werden  da  oft  erlegt. 

Durch  die  Kanalisierung  des  unteren  Maines  hat  sich  manches  geändert, 
und  es  sind  mitunter  ganz  andere  Verhältnisse  eingetreten,  die.  durch  das  hohe 
und  gestaute  Wasser  bedingt  werden.  Die  neuen  Anlagen  haben  auch  in 
botanischer  Hinsicht  manches  Neue,  gebracht.  L.  Buxbaum.. 


Schlaupitz,  am  19.  Oktober  1890. 

So  viel  mir  bekannt,  ist  die  Darmatmung  bei  unseren  Schmerlen  ( Cobi - 
tidinae)  im  Fr  ei  leben  noch  nicht  beobachtet  worden  (vgl.  v.  Siebold 
p.  341,  Brehm  p.  300,  Be  necke  p.  145,  Blanok  32,  Günther  »Handbuch 
der  Ichthyologie«  p.  433  etc.  *),  es  dürften  daher  wohl  für  den  geneigten  Leser 
des  »Zoologischen  Garten«  folgende  Notizen  nicht  eben  uninteressant  sein: 

Am  31.  Mai  d.  J.  früh  8  Uhr  pilgerte  ich  den  Ufern  eines  auf  Serpen¬ 
tinuntergrunde  reißend  dahinfließenden  Bächleins  entlang  dem  Geiers¬ 
berge  zu.  Als  ich  an  einem  ca.  ^LD-m  großen,  aber  seichten  Tümpel  im 
Oberlaufe  des  Grabens  anlangte,  da  sah  ich  am  Grunde  desselben  einen  großen 
Ntmachilus  barbatulus  Günth.  Catal.  ofFishes  VII  p.  354  unbeweglich  daliegen, 
den  Kopf  nach  der  Strömung  gerichtet.  Plötzlich  kam  der  Fisch  unter  den 
bekannten  schlängelnden  Bewegungen  nach  oben,  reckte  die  Schnauze  aus 
dem  Wasser  hervor,  verschluckte  eine  Menge  Luft  und  preßte  gleichzeitig 
aus  dem  After  eine  Unmasse  Luftperlen  heraus.  Dieses  Schau¬ 
spiel  wiederholte  sich  bei  ihm  öfters  und  wurde  von  mir  am  näm¬ 
lichen  Tage  bei  sechs  weiteren  »Gründeln«  wahrgenommen  in  den  Rinnsalen 
der  bekannten  Silsterwitzer  Wiesen. 

Alle  diese  Bäche  kommen  direkt  von  den  Bergen,  fließen  auf 
Serpentin  schnell  dahin,  s  ind  sauerstoffreicli,  eisenhaltig  und  werden 
durch  keinerlei  Substanzen  verunreinigt.  Temperatur  des 
Wassers  am  31.  Mai:  +  7°  C;  der  Luft  (im  Schatten)  4-  11°  C;  Wind  steif 
und  kühl  aus  W.  (es  war  in  der  Nacht  gereift). 

Stand  des  Barometers  normal,  Magnetnadel  ruhig;  nachmittags  kein 
Gewitter  (vgl.  über  diesen  Punkt  meine  Notizen  im  27. — 31.  Jahresbericht 
der  Gesellschaft  von  Freunden  der  Naturwissenschaften.  Gera  p.  227,  sowie 
Dr.  Karl  Ruß  »Isis«  1888). 

Am  31.  Juli  a.  er.  sah  ich  abermals  verschiedene  Stücke  von  Nemachilus 
barbatulus  Günth.  in  einem  Gebirgsbache  des  Zobten  von  derselben  Beschaf¬ 
fenheit  wie  die  im  Voraufstehenden  beschriebenen  Gräben  durch  den  Darm 
atmen.  Lufttemperatur  im  Schatten  4-  21°  C,  in  der  Sonne  4-  24x/2°  C, 
Wärme  des  Wassers  19°  C.  Luft  flau  aus  Osten,  kein  Gewitter,  überhaupt 
keine  Wolken  am  Himmel.  An  diesem  Tage  war  das  Aussehen  sämt¬ 
licher  Schmerlen  ungemein  hell,  nicht  so  am  31.  Mai. 

Karl  Knauthe. 


Berlin,  25.  Oktober  1890. 

Das  Eichhörnchen,  Pilze  fressend.  Soeben  lese  ich  im  »Zool. 
Gart.«,  Heft  9,  p.  284,  Ihre  Notiz  über  ein  Eichhörnchen.  Dazu  erlaube  ich 
mir  folgende  eigene  Beobachtung  mitzuteilen.  Am  13.  Juli  d.  J.  stand  ich 
unter  einer  Eiche  an  der  Berlin-Charlottenburger  Chaussee,  um  den  Regen 
abzuwarten.  Da  bemerkte  ich,  wie  ein  Eichhorn  unter  einer  nahen  Nachbar- 
eicbe  von  der  Erde  etwas  (mehrmals)  aufnahm  und  verzehrte;  dicht  daneben 
standen  große  Exemplare  von  Bussula  vesca  Fr.  Ich  ließ  nicht  eher  nach, 
bis  ich  dahinter  gekommen  war,  was  das  Tierchen  fraß;  es  waren  eben  aus 
der  Erde  hervorkommende  Hüte  von  Bussula  vesca.  Die  alten  Stücke 


*)  Vergl.  Jahrgang  XI.  1870.  S.  162. 


N. 


348 


daneben  waren  kaum  oder  gar  nicht  benagt.  Diese  Notiz  schrieb  ich 
damals  nieder,  um  darauf  zu  achteu,  ob  solches  öfter  vorkäme,  vergaß  es 
aber.  Als  ich  nun  Ihre  Mitteilung  las,  wurde  mir  meine  Beobachtung  wieder 
ins  Gedächtnis  gerufen.  Es  wuchs  an  der  Stelle  nur  Russula,  und  nur  junge 
Stücke  davon  sah  ich  fressen.*)  W.  Hartwig. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Zur  Seelenkunde  unserer  Hausente.  —  Je  weiter  das  vollkommenste 
Geschöpf,  der  Mensch,  in  Kultur  und  Bildung  fortschreitet,  destomehr  wird  er 
in  allen  Tieren,  gleichviel  welcher  Art,  seine  vielleicht  gleichberechtigten  treuen 
Mitarbeiter  und  Teilhaber  an  den  vorbestimmten  Freuden  wie  Leiden  des  Da¬ 
seins  anerkennen.-  Das  ist  heute  schon  völlig  zweifellos.  Keineswegs  liegt 
aber  das  Seelenleben  derselben  für  uns  schon  allüberall  als  offenes  Buch  da 
und  es  ist  ein  schöner  Zug  unserer  Zeit,  daß  sie  ein  inneres  Band  nicht  bloß 
bewußt,  aber  stillschweigend  voraussetzt,  sondern  auch  allen  Gelegenheiten 
nachgeht,  endlich  doch  einmal  bis  zum  allein  wahren  Erkennen  vor-  und 
durchzudringen. 

Mein  alltäglicher  Weg  zur  Stadt  führt  quer  über  eine  Wiese,  welche  im 
rechten  Winkel  durch  die  Chaussee  begrenzt  wird.  Gerade  im  Winkel  liegt 
die  Wiese  am  tiefsten  und  demzufolge  hatte  sich  dort  nach  anhaltendem  Regen 
im  Frühlinge  des  Vorjahres  ein  ansehnlicher  Teich  gebildet,  der  sich  durch 
ober-  und  unterirdische  Zuflüsse  auch  bis  in  den  Spätherbst  erhielt.  Dieser 
Teich  und  seine  Grenzen  waren  der  Schauplatz  einer  ausgesprochenen  sommer¬ 
langen  Entenfreundschaft.  Eines  Morgens  finde  ich  nämlich  den  Teich  durch 
eine  aus  Mutter  und  drei  im  ersten  Flaumenkleide  befindlichen  Jungen  bestehende 
Entenfamilie  in  Besitz  genommen,  eine  allerliebste,  fesselnde  Gruppe.  Über¬ 
rascht  blieb  ich  stehen  und  that,  was  ich  bei  anmutenden  Begegnungen  mit 
Tierweltsangehörigen  immer  zu  thun  pflege:  ich  biete  Freundschaft  an,  indem 
ich  Futter  aus  der  Tasche  hervorhole  und  austeile.  Ob  dieses  unerwarteten 
Morgenimbisses  schlug  die  junge  Brut  auch  kunstvolle  Purzelbäume  im  Wasser. 
Regelmäßig  erschien  ich  für  die  Folge  morgens,  mittags  und  abends  fast  genau 
auf  die  Minute  bei  meinen  Freunden.  Das  dauerte  Wochen  und  Monate. 

Die  Entenmutter  wußte  augenscheinlich  sehr  gut  zu  berechnen  und  zu 
unterscheiden.  Alle  sonst  Vorüberwandelnden  —  und  deren  gab  es  zu  jeglicher 
Tageszeit  —  wurden  vollständig  unberücksichtigt  gelassen,  kam  ich  aber  in 
Sicht,  dann  richtete  sich  allemal  die  alte  Ente  im  Wasser  hoch  auf,  stieß  einen 
Ton  aus,  dessen  etwa  mögliche  Übersetzung  ich  unterlasse,  und  sofort  verließ 
die  ganze  Familie  ihr  nasses  Element,  um  mir  mit  ausgebreiteten  Flügeln 
entgegen  zu  stürmen  und  meine  Gaben  in  Empfang  zu  nehmen.  Um  fest¬ 
zustellen,  wie  weit  das  Begriffsvermögen  der  Enten  sich  bethätige,  habe  ich 
folgende  Versuche  angestellt:  Ab  und  zu  ließ  ich  einen  Freund  vorausgehen 
und  diesen  die  Fütterung  vornehmen.  Die  Enten  nahmen  allerdings  ruhig 
seine  Gaben  an,  aber  ersichtlich  nur  so  nebenbei,  als  bewußte  außergewöhn- 

N,  '  , 


*)  Vergl.  auch  Jahrgang  XXIX,  1888,  S.  89. 


349 


liehe  Zwischenmahlzeit,  sie  rechneten  auf  etwas  Anderes  und  holten  sich  oft 
nicht  einmal  jenen  Brocken,  der  zufällig  aufs  Trockene  gefallen.  Ich  selbst 
kam  von  einer  anderen  als  der  gewöhnlichen  Seite  an  den  Teich  heran,  wechselte 
die  Kleider,  ging  mitten  in  Gesellschaft:  immer  wurde  ich  erkannt  und  von 
der  Gesamtheit  mit  entgegenkommendem  Geschnatter  zu  Lande  begrüßt.  Öfters 
gaben  mir  die  Enten  das  Geleite  eine  Strecke  und  als  ich  veranlaßt  war,  vor¬ 
übergehend  einen  anderen  Weg  in  die  Stadt  zu  wählen,  fanden  sie  sich  einmal 
an  meiner  vom  Teiche  über  1000  Schritte  entfernten  Wohnung  zur  üblichen 
Morgenstunde  ein.  Erwähnenswert  bleibt  noch,  daß  die  Entenfamilie  zum 
Verdruß  ihres  Besitzers,  eines  alten  Gärtners,  abends  nicht  eher  vom  Teiche 
zu  bringen  war,  als  bis  ich  vorüber  war.  Verschiedene  Tage  kam  ich  gar 
nicht,  und  dann  hat  es  immer  eine  lange  Jagd  über  die  Wiese  gegeben,  war 
ich  aber  vorüber,  so  gingen  die  Tiere  ganz  von  selbst  in  den  Stall.  Als  der¬ 
selbe  einigemale  morgens  nicht  zeitig  geöffnet  wurde,  sollen  sie  merklich  getobt 
haben  und  freigelassen  im  Geschwindwatschel  ihrem  Teiche  zugesteuert  sein. 
So  war’s,  bis  der  Herbst  kam,  welcher  diese  Freunde  leider  auf  den  Markt 
brachte.  — 

Ist  das  nicht  eine  ganze  Reihe  vorbedachter  Handlungen,  welche  unsere 
sprichwörtlich  dumme  Ente  in  einem  ganz  anderen  Lichte  erscheinen  lassen? 

Eduard  Rüdiger. 

Geburten  in  der  Menagerie  des  »Museum  d’Histoire  natu¬ 
relle«  (Jardin  des  plantes).  Nach  einer  Mitteilung  des  Herrn  M.  P.  Huet 
wurden  innerhalb  der  letzten  Jahre  in  der  Menagerie  geboren:  2  Makake, 
Macacus  cynomolgus,  von  denen  der  eine  17  Tage,  der  andere  2  Jahre  lebte; 

1  Bastard  von  Pavianen,  Cynocephalus  Papio,  <$,  und  Cyn.  babuin  Q,  der  nur 
87  Tage  lebte;  5  schwarzstirnige  und  4  schwarze  Maki,  Lemur  nigrifrons  und 
L.  niger ;  4  Schakale,  Canis  aureus ;  4  Löwen,  Felis  leo ;  8  Tiger,  Felis  tigris 
die  alle  sieben  nicht  aufkamen;  2  Paka,  Coelogenys  paca,  in  einer  Zwischen¬ 
zeit  von  einem  Jahre  geboren,  jedes  wurde  7  Jahre  alt;  3  Wildesel,  Equus 
Hemionus  (19.  Juni  1885,  23.  Juni  1886,  19.  Juni  1888) ;  4  Zebra,  Equus 
Burchellii  (20.  Juni  1880,  29.  März  1884,  15.  September  1886,  15.  Juni  1889) 

2  Lama,  Auchenia  lama ,  deren  eines  13,  das  andere  17  Monate  alt  wurde 

3  Kapbüffel,  Bubalus  caffer\  4  Bison,  Bos  americanus]  10  Zebu  von  Mada¬ 
gaskar,  Bos  madagascariensis  (meistens  im  März  und  April);  14  Zwergziegen 
vom  Senegal;  38  Manchetten-Muflon,  Ovis  tragelaphus  (April  17,  März  9, 
Mai  7,  Juni  2,  Juli  1,  Dezember  1,  Februar  1);  1  Tora-Antilope,  Alcelaphus 
tora  (am  10.  Dezember  1883,  gestorben  am  29.  September  1885);  3  Bleßböcke, 
Ale.  albifrons,  von  denen  einer  am  4.  Juli  1878  geboren  ist  und  jetzt  noch  lebt; 
2  Gnu,  Catoblepas  Gnu,  davon  eines  im  August  1882  geboren  und  die  Mutter 
des  zweiten  (Dezember  1887)  geworden  ist;  4  Nylgau,  Portax  picta\  14  Schirr¬ 
antilopen,  Tragelaphus  scriptus\  8  Säbelantilopen,  Hippotragus  leucoryx\  7  Ga¬ 
zellen,  Gazella  rufifrons ;  1  Elen-Antilope,  Oreas  canna\  2  Euryceros-Antilopen, 
Tragelaphus  euryceros ;  11  rote  Antilopen,  Eleotragus  reduncus',  16  indische 
Antilopen,  Antilope  cervicapra;  11  Kobu,  Antilope  unctuosus ;  1  Beisa-Antilope ; 
Oryx  beisa ;  5  Renntiere,  Cervus  tarandus;  3  Edelhirsche,  Cervus  Elaphus ; 
10  Aristoteleshirsche,  Cervus  Aristotelis ;  11  Schweinshirsche,  C.  porcinus,  und 
24  Sikahirsche,  C.  Sika.  Hiermit  ist  das  Verzeichnis  der  für  eine  Tiersamm- 


—  350 


lung,  »die  nicht  viel  mehr  als  eine  Menagerie  ist«  (s.  S.  245  dieses  Jahrgangs) 
ungewöhnlich  reichen  Geburten  keineswegs  geschlossen.  Wir  werden,  sobald 
die  Fortsetzung  erschienen  ist,  einen  weiteren  Auszug  aus  derselben  bringen. 

Nach  Revue  des  Sciences  Applique'es  No.  18.  1890.  N. 

Die  Prairiehunde  ( Cynomys  ludovicianus )  scheinen  nach  den  Beob¬ 
achtungen  von  Dr.  Wilder  den  Begriff  der  Entfernung  nicht  zu  besitzen. 
In  der  Cornell-Universität  stiegen  mehrere  Individuen  ohne  Zaudern  auf 
Stühle,  Tische  und  Fensterbänke.  Es  hängt  dies  wahrscheinlich  mit  der 
Art  ihres  Wohnortes  zusammen,  der  Ebene,  die  keine  größeren  Unebenheiten 
hat  als  Höhlen  und  Hügel.  Ein  altes  Weibchen  schien  eine  wunderbare  Un¬ 
empfindlichkeit  gegen  die  Wirkung  des  Falles  zu  haben,  denn  es  fiel  einmal 
21  Fuß  hoch  von  der  Spitze  eines  Elevators  und  ein  andermal  ebenso 
hoch  von  einer  Fensterbank  herab  auf  ein  Granitpflaster,  erhob  sich  aber 
sogleich  wieder.  Diese  Tiere  richten  bei  einem  plötzlichen  Schall  den  Körper 
in  die  Höhe  und  bellen  und  scheinen  die  auf  schnelle  Erregungen  des  Nerven 
Systems  folgenden  Reflexe  wenig  oder  gar  nicht  beherrschen  zu  können,  denn 
eins  der  Tiere,  das  bei  dem  Schlage  einer  großen  Glocke  erschrak,  fuhr  so 
rasch  in  die  Höhe,  daß  es  von  seinem  Sitze  herabstürzte. 

Nature.  11.  September  1890. 

Über  Dressur  von  Tieren.  Anläßlich  der  Basler  Messe  produzierte 
sich  ein  Elefant,  der  nicht  mit  Unrecht  als  »musikalischer«  Elefant  angepriesen 
war,  nebenbei  aber  auch  mit  allem  Anstand  aß  und  trank  —  welches  letztere 
eine  Condition  sine  qua  non  jedes  Musikanten  ist.  Doch  zur  Sache.  Fürs  erste 
mußte  sich  der  »musikalische«  Elefant,  der  von  einer  wahren  Minerva 
kommandiert  wurde,  auf  einem  Brettchen,  das  kaum  Raum  genug  für  seine  plumpen 
Beine  hatte,  herumdrehen;  alsdann  wurde  ihm  serviert :  2  Platten,  und  ein 
Becher  Wein.  Als  er  das  mit  Grazie  zu  sich  genommen,  verlangte  die  Minerva  — 
nennen  wir  sie  Elefantine  —  Bezahlung,  welche  Mister  Elefant  auch  leistete, 
indem  er  eine  Schublade  seines  Eßtisches  herauszog  und  der  Wirtin  ein 
blankes  Silberstück  überreichte.  Nachzutragen  ist  noch,  daß  an  dem  Tische 
sich  ein  Glockenzug  befand,  den  der  Elefant  in  Bewegung  setzte,  als  er  zu 
essen  verlangte.  Nun  kam  die  Musik.  Der  Elefant  bekam  eine  Mundharmonika 
in  den  Rüssel,  welche  er  hin  und  her  schob  und  ganz  leidlich  spielte;  nachher, 
ieine  Trompete,  welcher  er  (mit  dem  Munde)  die  schönsten  Töne  entlockte 
Schließlich  setzte  er  mit  dem  Rüssel  eine  Drehorgel  (eine  Brille  auf  den 
Augen)  in  Bewegung  und  zwar  im  strengsten  Takt.  Man  sage,  was  man  wolle^ 
aber  ein  bißchen  Verstand  ist  doch  dabei,  auf  Seite  der  Tiere  nämlich! 

Th.  A.  Bruhi  n. 

Wand ernde  Krokodile.  Auf  den  Cocos-Inseln  wurde  nach  H.  N.  Ridley 
von  einem  Mr.  Roß  ein  Krokodil  geschossen,  nachdem  es  eine  Anzahl  Enten 
vertilgt  hatte.  Es  war  schon  vorher  von  einem  Eingeborenen  in  der  See  be¬ 
merkt  und  als  ein  Mittelding  zwischen  Eidechse  und  Baumstamm  beschrieben 
worden.  Da  das  nächste  Land,  von  welchem  das  Tier  gekommen  sein  konnte, 
Java,  volle  700  engl.  Meilen  entfernt  ist,  so  muß  man  seine  Leistung  im 
Schwimmen  eine  erstaunliche  nennen.  Ansammlungen  von  Bambus  treiben 
manchmal  nach  den  Cocos-Inseln  und  vielleicht  hat  das  Tier  an  einer  solchen 


351 


Halt  gefunden.  —  Auf  der  Insel  Barbados  wurde  nach  A.  L.  Caldwell  1885 
ein  über  15  Fuß  langer  Alligator  an  das  Land  getrieben;  gerade  wollte  er  an 
dem  Ufer  eroporkriechen,  als  er  von  einem  Ingenieur-Sergeant  und  einigen 
Sappeuren  bemerkt,  erschossen  und  dann  in  der  Stadt  ausgestellt  wurde.  Die 
nächste  Stelle  des  Festlandes,  von  der  er  gekommen  sein  konnte,  ist  der 
Orinoco,  eine  Entfernung  von  300  Meilen.  Da  aber  die  Strömung  das  Tier 
jedenfalls  vom  Orinoco  westlich  an  Barbados  vorbeigeführt  haben  würde,  ist  es 
wahrscheinlich,  daß  es  von  der  Mündung  des  Amazonenstromes  oder  desEssequibo 
gekommen  war.  Ein  Dr.  Mitchell  auf  Trinidad  hat  beobachtet,  wie  ein  Alli¬ 
gator  auf  einem  kleinen  Stamme  in  dem  Golf  von  Paria  von  Haifischen  ange¬ 
griffen  wurde.  Nature,  Septbr.  1890. 

Von  der  Wiener  Jag  dau  s  stell  u  n  g.  Nach  der  »Land-  und  Forst- 
wirtschaftl.  Ausstellungszeitung«  von  Hugo  Hil  sen  man  n  war  unter  anderem 
sehenswert  der  Kopf  eines  Hirsches  mit  prächtigem  Geweih,  in  freier  Wildbahn 
von  Graf  Rud.  Czermin  am  29.  Sept.  1887  im  Revier  Riesenhain,  Domäne 
Marschendorf,  erlegt.  Das  Gewicht  des  Hirsches  betrug  196  kg,  ohne  Aufbruch 
162  kg,  die  Länge  2  m,  die  Höhe  1,80  m.  —  Ferner  waren  Geweihe  von  Hirsch 
und  Reh  da,  welche  nach  der  Methode  des  Fürstl.  Claryschen  Oberforstrueist.ers 
K.  Holfeld  mit  Kalkphosphaten  gefüttert  worden  und  deren  Geweihstücke  in¬ 
folgedessen  reich  beperlt  waren.  —  Seltene  Hirschgeweihe  trugen  auf  einer 
Seite  fünf  gleichmäßig  übereinander  stehende  Sprossen,  ehe  die  Krone  sich  ver¬ 
zweigte.  —  Die  linke  Stange  eines  ungeraden  Zwölfenders  war  von  einer  Kugel 
so  schön  durchlöchert,  als  wenn  das  Loch  auf  einer  Drechslerbank  ausgedreht 
worden  wäre.  Der  Hirsch  war  von  Fabrikbesitzer  Salzer  in  St.  Pölten  im  Buchen, 
stubener  Reviere  mit  dem  ersten  Schüsse  getroffen  und  dabei  zusammenge¬ 
brochen.  Als  er  sich  aber  rasch  wieder  erhob,  wurde  er  mit  einem  zweiten 
Schüsse  zur  Strecke  gebracht  und  da  zeigte  es  sich  denn,  daß  die  erste  Kugel 
die  linke  Stange  durchbohrt  hatte.  A.  Sr. 

Litte  r  atu  r. 

\ 

Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel,  einschließlich  der  sämtlichen 
Vogelarten  Mitteleuropas.  Von  C.  G.  Friderich.  Vierte  Auflage.  24  Liefe¬ 
rungen  a  1  Mark.  Stuttgart,  Julius  Hoffman  n.  1890—91. 

Friderichs  Naturgeschichte  der  Zimmer-  und  Hausvögel  hat  in  drei  Auf¬ 
lagen  eine  weite  Verbreitung  gefuuden.*)  Sie  erscheint  jetzt  in  neuer  Ausgabe 
und  mit  etwas  veränderter  Richtung;  hatte  sie  früher  größeres  Gewicht  auf 
die  Haus-  und  Zimmervögel,  Hühner,  Tauben,  Ausländer  u.  s.  w.  gelegt  und 
deren  Rassen  genau  beschrieben,  so  ist  davon  manches  weggefallen  und  das 
Buch  dafür  erweitert  worden  zu  einer  Naturgeschichte  der  Vögel  Mitteleuropas 
besonders  aber  Deutschlands.  Keineswegs  aber  ist  die  praktische  Vogelkunde 
vernachlässigt  worden,  und  den  Singvögeln  sowie  den  Raubvögeln,  Hühnern, 
Schnepfen  und  Enten  ist  größere  Sorgfalt  gewidmet,  sowie  auch  der  Pflege 
des  gesunden  und  kranken  Vogels,  der  Aufzucht  und  Haltung,  den  Käfigen  u.  s.  w. 
eine  eingehende  Behandlung  zu  teil  geworden  ist.  Mit  großem  Vergnügen  haben 
wir  einzelne  Kapitel  durchgesehen  und  bemerkt,  wie  besonders  die  Lebens¬ 
eigentümlichkeiten  des  Vogels,  seine  Rolle  in  dem  Haushalte  der  Natur  und 
seine  Stellung  zum  Menschen  betont  sind. 


352 


Die  Zahl  der  Farbentafeln  ist  in  der  neuen  Auflage  ebenfalls  vermehrt 
worden,  viele  neue  Vogelbilder  sind  zugefügt  und  diese  sind  in  weit  voll- 
kommnerer  Weise  ausgeführt  als  früher,  so  daß  auch  in  dieser  Beziehung  dem 
Freunde  der  Vogelwelt  Vortreffliches  geboten  ist.  Einem  jeden,  den  irgend 
ein  Grund  auf  die  Kenntnis  des  Vogels  und  seines  Lebens  hinweist,  können 
wir  das  schöne  Werk  darum  bestens  empfehlen.  N. 


uauna  piscium  germaniae,  Verzeichnis  der  Fische  der  Stromgebiete  der 
Donau,  des  Rheins,  der  Ems,  Weser,  Elbe,  Oder,  Weichsel,  Memel  und  des 
Pregels.  Von  Dr.  Erwin  Schulze.  Potsdam,  Eduard  Döring.  1890.  8° 
77  Seiten.  1  Mk.  50  Pfg. 

Der  Verfasser  gibt  eine  Übersicht  sämtlicher,  in  den  genannten  Gebieten 
vorkommender  Fische.  Den  Ordnungen  sowohl  wie  den  Familien,  Gattungen 
Fnd  Arten  ist  eine  lateinische  und  deutsche  Beschreibung  beigegeben,  die 
Lebensweise  ist  erwähnt,  auch  die  Nahrung  und  die  bei  den  betreffenden 
Fischen  vorkommenden  Schmarotzer  sind  angeführt,  wie  auch  schließlich  die 
Art  der  Verbreitung.  So  kann  das  Werkchen  ganz  wohl  ein  Führer  sein  in 
die  Kunde  der  einheimischen  Fischwelt.  So  viel  uns  bekannt,  sind  aber  männ¬ 
liche  Flußaale  auch  in  Flüssen  gefunden  **)>  sind  also  nicht  »immer  im  Meere 
verbleibende  Männer;«  bei  der  Aufzählung  der  die  Gebiete  behandelnden  Litteratur 
hätten  vielleicht  auch  Aufsätze  aus  unserer  Zeitschrift,  wie  z.  B.  die  über  die 
Fortpflanzung  des  Bitterlings  n.  a.  m.  Aufnahme  finden  dürfen.  N. 

*)  Vgl.  die  Jahrgänge  3,  4,  14,  16  unserer  Zeitschrift. 

**)  Z  B.  hei  Wittenberg;  vgl.  Jahrg.  XXI,  1880.  S.  296. 

An  unsere  Leser  und  Mitarbeiter. 

Da  in  der  Beförderung  der  an  mich  adressierten  Briefe  öfters  Verspätungen 
wegen  mangelhafter  Adresse  oder  auch  Verwechselungen  eintreten,  indem  ein 
Herr  gleichen  Namens  mit  mir  Lehret  an  dem  hiesigen  Kaiser-Friedrich- 
Gymnasium  ist,  so  bitte  auf  Sendungen  für  mich  meine  vollständige  Adresse 
oder  meine  Wohnung  angeben  zu  wollen :  Prof.  Dr.  F.  C.  Noll,  Öderweg  96. 

Eingegangene  Beiträge. 

Dr.  F.  D.  in  K.  Meine  Karte  zur  Beantwortung  Ihrer  Anfrage  ist  Ihnen  wohl  zuge- 
dommen?  —  H.  S.  in  B.  hei  D.  —  Tierarzt  N.  in  St.  —  Dr.  L.  W.  in  K.  Besten  Dank  für 
kie  Zusendung  der  Protokolle  vom  September  1890.  —  K.  K.  in  Sch.  Besten  Dank.  Die 
Briefe  von  Ihnen  werden  öfters  in  meinem  Amtslokal  abgegeben,  wo  sie  mitunter  mehrere 
Tage  liegen  können.  Bitte  darum  in  meine  Wohnung,  Oederweg  96,  adressieren  zu 
wollen. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

A.  6  au  dry.  Die  Vorfahren  der  Säugetiere  in  Europa.  Übersetzt  von  Will.  Marshall. 

Webers  Naturwissenschaft!.  Bibliothek  No.  1.  Leipzig.  J.  J.  Weber  1890.  3  Mark. 

Dr.  C.  L.  Reuvens.  Die  Myoxidae  oder  Schläfer.  Inauguraldissertation.  Leiden.  P.  W. 
M.  Trap  1890. 

Ernst  Beck-Corrodi.  Der  Harzer  Sänger.  Zürich,  Ulrich  &  Co.  1890.  1  M.  35  Pfg. 

C.  G.  Friderich.  Naturgeschichte  der  deutschen  Vögel,  einschließlich  der  Vogelarten 
Mittel-Europas.  4.  Auflage,  Lieferung  1—14.  Stuttgart,  Jul.  Hoffmann  1890—91. 
ä  Lieferung  i  Mark. 

The  Journal  of  Comparative  Medicine  and  Veterinary  Archives.  Edited  by  W.  A.  Conklin 
&  R.  Sh.  Huidekoper.  Vol.  XI,  No.  10  und  11.  Philadelphia,  A.  L.  Hummel.  1890. 
C.  G  r  e  v  6.  Die  geographische  Verbreitung  der  Hyäniden  und  Caniden.  Mit  4  lithogr. 
Tafeln.  Zoologische  Jahrbücher.  5  Band. 

Nachdruck  verboten. 


Pruck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlan  &  Waldschmidt).  Frankfurt  a.  M. 


Der  Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 
Organ  (1er  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

,  Redigiert  von  Professor  Dr.  F.  C.  Noll. 

Verlag  von  Mahlau  &  Wald  Schmidt  iu  Frankfurt  a.  M. 

N°-  12.  XXXI,  Jahrgang,  Dezember  1890. 

Inhalt. 

Skorbut  hei  Schimpansen;  von  Tierarzt  A.  Nill  in  Stuttgart.  —  Die  Raubsäugetiere 
des  Teutoburger  Waldes;  von  Heinrich  Schacht. —.Das  gemauerte  Beckenaquarium 
und  seine  BeAvohner;  von  Dr.  Emil  Buck.  (Schluß.)  —  Über  die  Paarung  der  Krontaube, 
Goura  Steursi  Temm.  (=  Gaura  Yicioriae  Fraser);  von  Dr.  A.  <ü.  Oudemans  im  Haag.  —  Der 
zoologische  Garten  in  Düsseldorf;  von  Ernst  Friedei.  • —  Korrespondenzen.  —  Kleinere 
Mitteilungen.  —  Litteratur.  —  Bücher  und  Zeitschriften.  —  Register. 


Skorbut  bei  Schimpansen. 

Von  Tierarzt  A.  Nill  in  Stuttgart. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  daß  die  höchstorganisierten 
Tiere,  die  anthropomorphen  AtFen,  wenn  sie  aus  ihrer  tropischen 
Heimat  in  unsere  Gärten  gebracht  werden,  selbst  bei  der  allersorg¬ 
fältigsten  Pflege  meist  nur  kurze  Zeit  am  Leben  erhalten  werden 
können.  Die  Krankheiten,  welche  solche  Tiere  befallen  und  welchen 
sie  in  der  Regel  auch  erliegen,  sind  zwar  sehr  verschiedener  Art, 
doch  begegnen  wir  neben  den  bekannten  tuberkulösen  Luugenaffek- 
tionen  am  häufigsten  allgemeinen  konstitutionellen  Erkrankungen. 

Schon  der  Transport  aus  den  Tropenländeru  bringt  so  viele  Ge¬ 
fahren  mit  sich,  daß  es  kaum  zu  verwundern  ist,  wenn  nur  eine 
sehr  geringe  Zahl  solcher  Tiere  in  verhältnismäßig  gutem  Zustande 
in  unsere  Hände  kommt.  Es  sind  vor  allem  die  kleinen  dumpfen, 
sehlechtventilierten  und  mit  den  verschiedenartigsten  Kontagien  an¬ 
gefüllten  Schiffsräume,  in  welche  man  unsere  Pfleglinge  sperrt  und 
in  welchen  der  durch  schroffen  Klima-  und  Temperaturwechsel,  sowüe 
durch  einseitige  und  mangelhafte  Ernährung  heruutergestimmte 
Organismus  mit  Leichtigkeit  solche  Krankheitserreger  aufzunehmen 
Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1800.  23 

1  .  • 


354 


imstande  ist.  Der  Keim  zu  der  so  verheerenden  Tuberkulose,  welche 
uns  die  Affen  in  der  ersten  Zeit  wegrafft,  wird  hier  gelegt. 

Haben  wir  aber  das  Glück,  gesunde,  lebensfrische  Tiere  zu  er¬ 
halten  uud  sind  dieselben  au  die  neue  Behausung  und  Fütterungs¬ 
weise  gewöhnt,  sind  auch  etwaige  leichte  Übergangskrankheiten,  wie 
Katarrh,  Diarrhöe  etc.  überstanden,  mit  einem  Wort  scheinen  sie 
akklimatisiert  zu  sein,  so  werden  doch  früher  oder  später  Krankheits¬ 
symptome  an  uusern  Pfleglingen  auftreteu,  die  häufig  auf  Ernährungs¬ 
störungen  zurückzuführen  sind  und  die  dann  langsam  aber  beinahe 
sicher  den  Tod  herbeiführen.  Wohl  eine  der  häufigsten  solcher 
Krankheiten  ist  der  »Skorbut«,  uud  es  dürfte  vou  Interesse  sein,  die 
Erfahrungen  zu  verfolgen,  welche  ich  in  meinem  Tiergarten  bei  der 
Behandluug  von  vier  sehr  heftig  an  Skorbut  erkrankten  Schimpansen 
gemacht  habe. 

Das  erste  Tier,  männl.,  etwa  2  jährig,  wurde  im  Jahre  1883  in 
Marseille  erworben  und  lebte  in  seinem  durch  Wasserheizung  erwärmten 
Zimmer  2 1/2  Jahre.  In  der  letzten  Zeit  seines  Lebens  stellte  sich  Skorbut 
ein,  der  nach  2  monatlicher,  durch  die  Widerspenstigkeit  des  Patienten 
sehr  erschwerten  ärztlichen  Behandlung  den  Tod  durch  Blutvergiftung 
herbeiführte.  Die  Sektion  ergab,  neben  den  lokalen  unten  näher 
beschriebenen  skorbutartigen  Veränderungen  in  der  Maulhöhle,  einzelne 
frische  metastatische  Entzündungsherde  in  der  Lunge  und  im  Gehirn, 
sowie  leichte  Brust-  und  Bauchwassersucht,  wohl  als  Folge  der 
übrigen  Krankheitserscheinungen ;  alle  übrigen  Organe  waren  voll¬ 
ständig  gesund. 

Der  hohe  Preis  solcher  Affen  und  ihre  groiäe  Sterblichkeit  verhin¬ 
derten  mich  nicht,  im  März  1888  wieder  2  weibl.  Schimpansen,  ungefähr 
2  und  3  Jahre  alt,  ebenfalls  aus  Marseille  stammend,  zu  erwerben. 
Sie  kamen  aber  in  einem  wenig  erfreulichen  Zustande  an,  denn  das 
ältere  Tier,  sehr  abgemagert,  mit  glanzloser  rauher  Behaarung  und 
nekrotischem  Unterkiefer,  brachte  schon  hochgradigen  Skorbut  mit  und 
verstarb  nach  kurzer  Zeit. 

Das  andere  ziemlich  kleinere  Weibchen  war  besser  genährt  und 
hatte  glänzend  schwarze  Haare.  Ein  auf  der  Reise  erworbener  heftiger 
Nasen-  und  Rachenkatarrh,  verbunden  mit  starker  Schwellung  der 
Kehlgangsdrüsen,  verging  bald,  das  Allgemeinbefinden  besserte  sich, 
nur  die  lästige  Schlingbeschwerden  veranlassenden  Drüseuschwel¬ 
lungen  blieben  bestehen,  auch  das  Benehmen  des  Tieres  war  ruhig, 
teilnahmlos,  fast  furchtsam.  Bald  nach  dem  Tode  des  einen  Weibchens 
traten  jedoch  auch  hier  die  gefürchteten  Symptome  des  Skorbut  zu 


355 


Tage,  übler  Geruch  aus  dem  Munde,  mißfarbig  violett  aussehendes 
Zahnfleisch,  das  bei  jeder  Erregung  stark  blutete.  —  Futterwechsel, 
Entziehung  aller  Süßigkeiteu,  Arzneimittel  alles  umsonst;  die  Krankheit 
schritt  rasch  vorwärts;  nach  kurzer  Zeit  zeigten  sich  graue  fressende 
Geschwüre  am  Zahnfleisch,  letzteres  schwand  allmählich,  die  Zähne 
lockerten  sich  und  wurden  kariös,  vermutlich  unter  heftigen  Schmerzen? 
die  sich  durch  Aufeinanderpressen  der  Lippen,  Vorhalten  der  Hand 
und  Klagetöne  äußerten ;  auch  ließ  krampfhafter  Husten  auf  eine 
gleichzeitige  Affektion  der  Bronchien  schließen.  —  Der  Tod  war  in 
wenigen  Tagen  zu  erwarten. 

Der  Hausarzt,  welcher  in  dieser  Not  um  den  Liebling  des  Pub¬ 
likums  zu  Rate  gezogen  wurde,  schlug  eine  örtliche  Behandlung 

•  • 

durch  energische  Atzung  mit  Liqu.  ferr.  sesquichl.  vor.  Chloroform- 

•  • 

Narkose,  deren  Überwachung  durch  den  kaum  fühlbaren  Pnls  sehr 
erschwert  uud  ohne  welche  natürlich  jeder  Eingriff  unmöglich  war, 
trat  verhältnismäßig  sehr  rasch  ein  und  war  auch  nach  beendigter 
Operation  ebenso  schnell  wieder  verflogen,  ohne  Erbrechen  u.  a.  zu 
erzeugen. 

Nachdem  die  Kiefer  mit  Baumwolle  von  den  mit  Blut  unter¬ 
mischten  nekrotischen  Gewebsfetzen  gereinigt  waren,  konnten  wir  uns 
erst  von  dem  Umfang  der  Zerstörungen  überzeugen.  Zwei  lockere 
Backenzähne  samt  einem  anhängenden  nekrotischen  Kieferstück 
wurden  entfernt  und  zuletzt  alle  kranken  Stellen  mit  unverdünntem 
Liqu.  ferri  geätzt.  Die  nächste  Folge  dieser  Behandlungsweise  war, 
daß  das  Tier  nach  etwa  3  Stunden  wieder  ein,  in  letzter  Zeit  immer 
verschmähtes  Glas  Milch  begierig  austrank ;  die  Wunden  reinigten 
sich  einigermaßen,  auch  der  üble  Geruch  verminderte  sich  vorüber¬ 
gehend  ;  im  allgemeinen  blieben  aber  die  lokalen  Veränderungen 
bestehen,  die  sich  nach  einer  zweiten  ähnlichen  Behandlung  drei 
Wochen  später  wiederum  nur  vorübergehend  besserten.  Das  Tier 
wurde  aber  allmählich  lebhafter,  auch  sein  Benehmen  mir  gegenüber 
änderte  sich  merkwürdigerweise,  es  zeigte  mehr  Anhänglichkeit, 
streckte  nach  vollzogener  Operation  jedesmal  seine  Arme  hülfesuehend 
nach  mir  aus  und  umschlang  vergnügt  meinen  Hals,  trotzdem  es 
jedesmal  zur  Narkose  mit  Gewalt  von  mir  festgehalten  werden  mußte, 
überhaupt  mir  vordem  immer  scheu  auswich.  —  Bald  aber  war  der 

alte  Zustand  wieder  da,  so  daß  bei  der  nach  2  weiteren  Wochen 

•  • 

notwendig  gewordenen  dritten  Atzung  13  kariöse  Zähne,  teilweise  sehr 
locker  sitzend,  ausgerissen  werden  mußten  und  nur  uoch  3  Eckzähne 
und  1  Backenzahn  zurückblieben.  Jetzt  erst  schien  der  Krankheit 


356 


Einhalt  getlian.  Sechs  Stunden  nach  diesem  letzten  Eingriff  aß  der 
Affe  seinen  Brei  wieder  mit  dem  Löffel,  nur  führte  er  diesen  sehr 
vorsichtig  ein  und  möglichst  weit  nach  hinten,  um  den  mißhandelten 
Kieferrändern  nicht  wehe  zu  thun.  Bald  reinigte  sich  das  Zahn¬ 
fleisch,  indem  die  Geschwüre  heilten  und  der  üble  Geruch  vollständig 
verschwand,  ohne  daß  weitere  Ausspülungen  der  Mundhöhle  gelungen 
wären,  und  nach  Yerfluß  von  einem  Monat  ist  aus  dem  stillen  phleg¬ 
matischen  Geschöpf  ein  übermütiges  lustiges  Tier  geworden.  Wäh¬ 
rend  seiner  Krankheit  trank  es  sehr  viel  Wasser,  dem  einige  Tropfen 
Liqu.  ferr.  und  Citronensaft  zugesetzt  wurden.  Dieses  Getränk  sowie 
Zitroneuschnitze,  die  es  mit  Yorliebe  aussaugte,  wurde  nach  der 
Wiederherstellung  verschmäht. 

Ein  weiteres  ganz  gesundes  munteres  Männchen,  ebenfalls  2  jährig, 
erwarb  ich  in  Hamburg  und  brachte  es  zu  dem  nun  gesunden  Weib¬ 
chen.  Aber  bald  war  auch  dieses  Tier  von  Skorbut  unter  ganz  den¬ 
selben  Anzeichen  befallen.  Natürlich  suchte  ich  sofort  der  im  Anzug 
begriffenen  Krankheit  mit  Eisen  und  Zitronen  entgegenzuwirken, 
aber  ohne  Erfolg;  der  Zustand  verschlimmerte  sich  zusehends.  Au 
der  Hand  der  gemachten  Erfahrungen  und  mit  etwas  weniger  Furcht 
vor  zu  energischem  Eingreifen  wurde  auch  dieses  Tier,  ehe  die 

Krankheit  ihren  Höhepunkt  erreicht  hatte,  derselben  Behänd lungs- 

•  • 

weise  unterworfen.  Nach  2maliger  Atzung  und  mit  Verlust  von  nur 
zwei  Drittel  der  Zähne  trat  ebenfalls  vollständige  Heilung  ein. 

Beide  Tiere  sind  nun  heute  noch  am  Leben  und  entwickeln  sich 
prächtig,  auch  sind  inzwischen  wüeder  neue  Zähne  nachgewachsen, 
von  der  gefürchteten  Krankheit  zeigte  sich  aber  bis  jetzt  keine 
Spur  mehr. 

Dieser  Heilerfolg  dürfte  zur  Hauptsache  der  Darreichung  von 
Eisen  und  Citronen  zuzuschreiben  sein,  und  wenn  eine  Skorbuter¬ 
krankung  frühzeitig  genug  als  solche  erkannt  worden  ist,  so  werden 
in  den  meisten  Fällen  diese  Mittel,  verbunden  mit  geeigneter  Diät, 
genügen,  eine  Heilung  herbeizuführen.  Es  wird  sich  überhaupt  em¬ 
pfehlen,  als  Präservativinittel  gegen  diese  häufige  Krankheit  den  Affen 
von  Zeit  zu  Zeit  Citronenschnitze  zu  geben,  deren  heilsamer  Saft 
durch  Zerkauen  der  Schnitze  in  innige  Berührung  mit  dem  Zahnfleisch 
kommt. 


357 


Die  Raubsäugetiere  des  Teutoburger  Waldes. 

Von  Heinrich  Schacht. 

VI.  Das  große  Wiesel  oder  Hermelin  ( Muslela  erminea). 

An  einem  schönen  Sommernachmittag  ging  ich  hinaus  aufs  Feld. 

Eine  drückende  Schwüle  lagerte  auf  den  Fluren,  von  keinem  Luftzuge 

unterbrochen.  Unter  einer  dichten  Hainbuchenhecke  am  Saume  eines 
•  • 

wogenden  Ahrenfeldes  fand  ich  ein  schattiges  Plätzchen  zum  Aus¬ 
ruhen  und  zur  Beobachtung.  Rings  umher  herrschte  eine  wahre 
Sabbathstille,  nur  unterbrochen  vou  dem  eintönigen  Zirpen  der  Grillen 
und  dem  Gesänge  eines  Goldammers.  Auf  einmal  horch!  welch  ein 
fürchterlicher  Lärm  entsteht  hinter  mir  im  Getreide,  laut  klagende, 
quitschende  Töne  durchdringen  die  Luft.  Schnell  raffe  ich  mich  auf 
und  gehe  den  Lauten  nach,  deren  Ursache  mir  nur  zu  bald  klar 
wurde.  Ungefähr  30  Schritte  von  meinem  Sitze  entfernt  lag  im 
Getreide  am  blumigen  Feldraine  ein  halberwachsenes  Häsleiu,  um 
das  sich  in  schnellen  Windungen  ein  schlankes  rotfelliges  Tier,  ein 
Hermelin,  hier  Steinhündchen  genannt,  schlang,  eifrig  bemüht, 
dem  armen  Langohr  das  Lebenslicht  auszublasen.  Laut  rufend  fuhr 
ich  auf  den  Mörder  los,  der  aber  bei  meinem  Erscheinen  hurtig  im 
Getreide  verschwand  und  das  zappelnde  und  röchelnde  Häschen,  das 
bereits  mit  dem  Tode  raug,  zurpckließ. 

Einst  ging  ich  in  der  Morgenfrühe  durch  den  Wald.  An  einer 
etwas  abschüssigen  Stelle  am  Fuße  einer  dicken  Buche  wand  sich 
ein  halbwüchsiges  Häschen  in  den  letzten  Todeszuckungen.  Schnell 
griff  ich  dasselbe  auf  und  fand,  daß  ihm  die  Schlagader  am  Halse 
aufgerissen  war,  aus  welcher  noch  das  rote  warme  Blut  tropfte. 
Wer  war  der  Mörder?  Ich  sah  hin  und  her,  bemerkte  aber  nichts 
Auffälliges.  Nachdem  ich  mich  ungefähr  in  100  Schritt  Entfernung 
hinter  einen  Baum  gestellt,  von  wo  aus  ich  das  Schlachtfeld 
genau  übersehen  konnte,  sprang  plötzlich  aus  der  hohlen  Buche,  au 
welcher  das  Häsleiu  lag,  ein  Hermelin,  ließ  aber  das  Opfer  unberührt 
und  verschwand  eiligst  im  Gebüsch. 

An  einem  heiteren  Juni  nach  mittage  giug  ich  mit  einem  Freunde 
behufs  Erlegung  eines  Fasans,  der  sich  in  sein  Jagdgebiet  verirrt 
hatte,  einem  alten  Steiubruche  zu,  als  in  einem  dicht  daneben  liegen¬ 
den  Kleestücke  ein  Hermelin  auftauchte  und  zwischen  den  Steinen 
des  Steinbruchs  verschwand.  Wir  verhielten  uns  ganz  ruhig  und 
richteten  unsere  Augen  beständig  auf  das  Versteck,  welches  das 


358 


Hermelin  eben  aufgesucht.  Bald  kam  es  wieder  zum  Vorschein, 
fing  aber,  sowie  es  unser  ansichtig  wurde,  gewaltig  an  zu  käckern! 
Das  war  verdächtig  und  ein  sicheres  Zeichen,  daß  Junge  in  der  Nähe 
sein  mußten.  Als  es  laut  käckernd  zum  zweitenmal  erschien,  ward 
es  durch  einen  wohlgezielten  Schuß  erlegt.  Es  war  ein  auffallend 
starkes  Tier  männlichen  Geschlechts.  Nun  fing  ich  an,  das  Versteck 
zu  erweitern,  indem  ich  die  Steine,  soweit  es  möglich  war,  weg¬ 
räumte.  Bald  kam  ein  frischer,  unversehrter  Hasenkopf  zum  Vor¬ 
schein.  Leider  war  es  mir  nicht  möglich,  da  ich  keine  Brechwerkzeuge 
zur  Hand  hatte,  tiefer  in  das  Versteck  einzudringen,  aus  dem  zeit- 
weilig  laut  käekernde  Töne  drangen,  ein  Zeichen,  daß  entweder  noch 
die  Wieselmutter  oder  vielleicht  Junge  im  Felsenbaue  verborgen 
waren.  Als  ich  am  anderen  Tage  wieder  an  den  Ort  ging,  war  das 
Nest  leer. 

Das  Hermelin  auf  seinen  Streifzügen  zu  beobachten,  gewährt 
dem  Naturbeobachter  immer  viele  Freude,  besonders  wenn  das  Tier 
auf  der  Mausejagd  begriffen  ist.  Hierzu  bietet  sich  die  beste  Ge¬ 
legenheit  dar,  wenn  die  Felder  abgeerntet  sind.  Mit  gewandten 
Sprüngen  und  großer  Eilfertigkeit  geht  es  von  einem  Mauseloch  zum 
andern,  hier  schlüpft  es  herein,  dort  heraus;  bald  richtet  es  sich  auf 
die  Hinterbeine,  schaut  mit  den  ungemein  listig  glühenden  Augen 
sichernd  und  lüstern  umher  und  verschwindet,  sowie  es  etwas  Ver¬ 
dächtiges  sieht,  sofort  im  Innern  dev  Erde.  Dabei  ist  das  Tier  außer¬ 
ordentlich  neugierig,  alles  muß  es  begucken  und  beschnobern.  Seine 
Gewandtheit  und  Beweglichkeit  tritt  uns  deutlich  entgegen,  wenn 
wir  gewahren,  wie  es  sich  sogar  in  einer  Drainröhre,  die  nur  wenige 
Centimeter  im  Durchmesser  hat,  umzudrehen  vermag. 

Auf  dem  Boden  meines  Hauses,  auf  welchem  Stroh  und  Heu 
aufgestapelt  lag,  hatte  einst  ein  Hermelin  sein  Standquartier  ge¬ 
nommen.  Um  uach  oben  zu  gelangen,  kletterte  es  mit  großer  Ge¬ 
schicklichkeit  an  einer  Ecke  des  Hauses  empor  und  verschwand  dann 
unter  dem  Dache.  Wenn  es  sich  einmal  im  Hofe  blicken  ließ  und 
von  den  Hühnern  bemerkt  wurde,  dann  rannte  das  ganze  Volk,  Herr 
Gockel  kampfesmutig  an  der  Spitze,  auf  den  Mörder  los,  der  aber 
von  der  gackernden  Schar  keine  Notiz  nahm  und  rasch  am  -Hause 
emporstieg.  Oft  begab  es  sich  auch  bei  Nacht  vom  Boden  herab 
und  trieb  sich  unten  im  Hause  umher.  Als  ich  eines  Morgens  früh 
die  Stubenthiir  öffnete,  saß  es  mir  zu  Füßen,  sprang  dann  aber  so¬ 
fort  eilig  die  Treppe  hinauf.  Als  meine  Frau  einst  auf  die  unter  dem 
Dache  liegeude  Rauchkammer  trat,  saß  das  Wiesel  gerade  auf  dem 


359 


Salztroge,  vielleicht  um  Salz  zu  lecken,  da  es  das  Fleisch  nie  berührte. 
Einst  war  durch  Zufall  eine  Thür  zu  •  einer  Dachkammer  offen  ge¬ 
blieben,  wo  in  einem  großen  Käfige  4  schöne  rote  Gimpelmännchen 
untergebracht  waren.  Das  Hermelin  hatte  sich  die  Gelegenheit  zu 
nutze  gemacht  und  sämtliche  Vögel  gewürgt  und  ausgeführt.  Einst 
legte  ich  auf  meinen  Boden  19  Stück  tote  Mäuse;  die  waren  aber 
am  nächsten  Morgen  alle  vom  Hermelin  weggeschleppt,  ein  Zeichen, 
daß  ihm  nicht  nur  lebendige,  sondern  auch  tote  Mäuse  genehm  sind. 
Da  das  Hermelin  nur  zur  Winterzeit  meinen  Hausboden  besuchte, 
sobald  aber  draußen  der  Lenz  einzog,  wieder  im  Freien  sein  Quartier 
aufschlug,  hatte  ich  nicht  zu  befürchten,  daß  es  sich  an  meinen 
Staren,  die  frei  auf  dem  Boden  nisteten,  vergreifen  könne.  Als  ich 
aber  einst  nach  einer  kalten  regnerischen  und  stürmischen  Maiuacht 
auf  den  Boden  trat,  bot  sich  mir  ein  höchst  trauriger  Anblick  dar, 
denn  15  junge  vollständig  befiederte  Stare  lagen  auf  einem  Häufchen 
tot  beieinander,  allen  war  die  .  Schlagader  am  Halse  zerbissen.  In 
einem  Neste  dagegen  lagen  5  Stück  vor  Frost  erstarrte,  erst  wenige 
Tage  alte  Junge,  die  vom  Wiesel  verschont  geblieben  waren.  Wie 
anzunehmen  ist,  hatte  die  alte  Starenmutter,  als  in  ihrer  Nähe  das 
Morden  seiuen  Anfang  nahm,  frühzeitig  die  Flucht  ergriffen ;  aber 
seit  der  Zeit  wagte  kein  Star  mehr  frei  auf  dem  Boden  zu  nisten. 
Sonderbar  erscheint  es  freilich,  daß  das  Hermelin  die  nackten  Jungen 
unberührt  ließ  und  nur  die  erwachsenen  abschlachtete.  Von  anderer 
Seite  habe  ich  zwar  schon  die  Behauptung  gehört,  das  Hermelin 
warte  mit  dem  Abwürgen  junger  Vögel  so  lange,  bis  diese  erwachsen 
seien,  damit  es  ein  desto  größeres  Fleischquantum  einheimsen  könne. 
Aber  auch  diese  Behauptung  ist  nicht  stichhaltig,  denn  ich  habe  schon 
erfahren,  daß  es  die  erst  wenige  Stunden  alten  Jungen  eines 
Finkenpärchens  erwürgte.  Daß  es  häufiger  die  schon  erwach¬ 
senen  Jungen  würgt,  hat  darin  seiuen  Grund,  weil  sich  diese 
am  meisten  bemerklich  machen.  So  nistete  in  einem  Brutkasten 
meines  Baumhofs  ein  Kohlmeisenpärchen.  Erst  als  die  Jungen 
so  weit  gediehen  waren,  daß  sie  das  Nest  verlassen  konnten,  hatte 
das  Hermelin  die  Brutstätte  ausfindig  gemacht  und  alle  Junge,  12 
an  der  Zahl,  in  der  Morgenfrühe  hingemordet.  Von  einigen  Natur¬ 
forschern  wird  die  Behauptung  aufgestellt,  das  Hermelin  raube  nur 
bei  Nacht.  Nach  meinen  Beobachtungen  beruht  diese  Behauptung 
auf  Irrtum,  denn  ich  kann  eine  ganze  Reihe  von  Fällen  anführen, 
die  beweisen,  daß  das  Hermelin  am  Tage  ebenso  eifrig  aufs  Rauben 
und  Morden  ausgeht  wie  bei  Nacht. 


360 


So  kam  ich  einst  gegen  9  Uhr  morgens  an  einer  einsam  liegenden 
Scheune  vorbei,  an  der  ein  Starenkasten  hing.  An  dem  lauten  Zeter¬ 
geschrei  der  alten  Vögel  merkte  ich  bald,  daß  ihre  Brut  bedroht 
war.  In  demselben  Augenblicke  erschien  am  offnen  Fenster  ein 
Hermelin,  sprang  auf  den  Brutkasten,  schlüpfte  eilfertig  hinein  und 
zerrte  einen  jungen  Star  aus  dem  Flugloche,  um  mit  demselben  im 
Bodenfenster  zu  verschwinden.  Da  die  Scheune  verschlossen  war, 
konnte  ich  leider  den  jammernden  und  zeternden  Alten  keine  Hülfe 
leisten.  Einst  hatte  sich  eins  meiner  Haushühner  im  Sommer  draußen 
ein  Brutplätzchen  unter  einer  dichten  Hainbuchenhecke  erwählt;  es 
war  mir  aber  nicht  möglich,  das  Versteck  ausfindig  zu  machen, 
wenn  auch  das  Huhn  zeitweilig  beim  Hause  erschien,  um  sein  Futter 
'einzuheimsen.  Da  stand  ich  eines  Mittags  vor  der  Thür,  als  das 
Huhn  plötzlich  mit  lautem  Geschrei  und  lebhaftem  Gegacker  aus  der 
Hecke  flog.  Schnell  eilte  ich  hinzu  und  sah  eben,  daß  ein  Hermelin 
ein  Hühnerei  hin  wegschleppte.  Nun  entdeckte  ich  auch  das  Nest, 
in  dem  noch  5  stark  angebrütete  Eier  lagen.  Rasch  eilte  ich  ins 
Haus,  ergriff  das  Gewehr,  um  dem  Räuber  bei  seinem  Wieder¬ 
erscheinen  aufs  Fell  zu  brennen.  Obgleich  das  Hühnernest  kaum 
50  Schritt  vom  Hause  entfernt  stand,  waren  doch  schou,  als  ich 
wieder  bei  demselben  erschien,  nicht  nur  sämtliche  Eier,  sondern 
auch  der  Eierdieb  spurlos  verschwunden  und  ich  konnte  meine  Flinte 
wieder  unverrichteter  Sache  nach  Haus  tragen.  Man  sieht  hieraus, 
mit  welcher  Schuelligkeit  das  Hermelin  bei  seinen  Raubzügen  zu 
Werke  geht. 

Einmal  hatte  ich  auf  meiner  Fensterbank  im  zweiten  Stockwerke 
mehrere  Vögel  in  Käfigen  stehen,  als  plötzlich  unten  im  Garten  ein 
Hermelin  auftauchte,  das  seiue  Augen  stracks  auf  die  Vögel  richtete. 
Schnell  rannte  es  dem  Hause  zu,  um  in  dem  am  Hause  stehenden 
Weinstocke  emporzuklimmen.  Eben  machte  es  Miene,  nach  einem 
Käfige  zu  springen,  als  ich  ihm  aus  dem  Fenster  eine  Schale  voll 
kalten  Wassers  über  den  Leib  goß,  daß  es  Hals  über  Kopf  im  Wein¬ 
stocke  herunterpurzelte  und  im  ersten  besten  Mauseloche  verschwand. 

Gewöhnlich  schlägt  das  Hermelin  seine  Raubburg  unter  Hecken 
und  Gebüsch,  in  Felsen,  Stein-  oder  Holzhaufen  auf,  doch  habe  ich 
schon  erfahren,  daß  es  einen  ganzen  Winter  hindurch  sein  Quartier 
auf  freiem  Felde  hatte  und  zwar  in  einem  Mauseloche.  Beim  Schnee 
waren  seine  Fährten  nach  dem  Baue  hin  oft  tief  ausgetreten,  ja  oftmals 
sah  ich,  daß  es  am  hellen  Tage  entweder  in  seinem  Gelasse  ver¬ 
schwand  oder  daraus  hervortauchte,  um  nach  Beute  sich  umzuschaueu. 


361 


Das  Hermelin  hat  draußen  viele  Feinde.  Füchse,  Marder,  Hunde 
und  Katzen  fallen  wütend  drüber  her;  selbst  Bussarde  und  Weihen 
vergreifen  sich  häufig  an  dem  kleinen  aber  mutigen  Räuber,  müssen 
aber  ihre  Kühnheit  oft  schwer  büßen,  denn  man  hat  schon  Beispiele 
genug,  daß  sich  das  Hermelin  noch  hoch  in  der  Luft  an  seinem 
Verfolger  vergriff  und  diesen  so  stark  verwundete,  daß  beide  nach 
kurzer  Luftfahrt  wieder  zur  Erde  stürzten.  *)  In  die  Enge  getrieben 
setzt  sich  das  Wiesel  gegen  Hunde  und  Katzen  wütend  zur  Wehr. 
So  sah  ich  einst  auf  der  Landstraße,  daß  ein  Zigeuner  seinen  Hund, 
der  ihm  beiin  Fange  der  Igel  gute  Dienste  leisten  mochte,  auf  ein 
im  Felde  mausendes  Hermelin  hetzte.  Das  Hermelin  flüchtete  sich 
in  einen  Garbeuhaufen,  der  Hund  hinter  drein.  Plötzlich  fing  der 
Hund  an,  ganz  erbärmlich  zu  klagen  und  zu  heulen.  Das  Hermelin 
hatte  sich  in  seinem  Halse  fest  verbissen  und  der  fahrende  braune 
Sohn  der  Pußta  hatte  vollauf  zu  thun,  seinen  Lieblingshund  von  dem 
wütenden  Hermelin  zu  befreien. 

Zu  fangen  ist  das  Hermelin  sehr  leicht,  denn  bei  seiner  über¬ 
großen  Neugier  geht  es  leicht  in  allerlei  Fallen.  So  fing  ich  schon 
ein  Hermelin  in  einem  fängisch  gestellten  Meisen  kästen,  den  ich  im 
Baumhofe  aufgestellt  hatte.  Auch  in  Kastenfalleu,  wie  sie  für 
Marder  und  Iltis  benutzt  werden,  läßt  es  sich  leicht  berücken. 
Zufällig  gerät  es  auch  in  Maulwurfs-  oder  Hamstermausfallen,  die  in 
den  Erdröhren  aufgestellt  werden. 

Ungemein  groß  ist  die  Liebe,  welche  das  Hermelin  für  seine 
Jungen  hegt.  So  traf  ich  einst  in  einem  Garten  der  Landstraße 
eine  Hermeliumutter  mit  zwei  Jungen  an.  Bei  meinem  Erscheinen 
suchte  die  Alte  in  einem  Busche  Deckung;  als  ich  aber  ein  Junges 
ergriff  und  dieses  laute  Angsttöne  ausstieß,  kam  sie  sofort  in  weiten 
Sprüngen  kühn  auf  mich  losgestürmt,  so  daß  ich  schon  zur  Ver¬ 
teidigung  meinen  Stock  erhob.  Plötzlich  ergriff  sie  das  andere 
Junge  oben  am  Rücken  und  trug  es  in  eiliger  Flucht  ins  nächste 
Gebüsch.  Ich  nahm  das  eine  Junge  als  gute  Beute  mit  heim  und 
wies  ihm  einen  großen  Kistenkäfig  zur  Wohnung  an.  Zunächst 
brachte  ich  ihm  als  Leckerbissen  ein  Hühnerei,  welches  ihm  durchaus 
nicht  unbekannt  zu  sein  schien.  Mit  wahrer  Gier  und  förmlicher 
Wut  fiel  es  über  das  Ei  her,  umschlang  es  mit  den  Vorderpfoten 
und  suchte  die  spitzen  aber  noch  kurzen  Zähne  an  einem  Ende  ein¬ 
zuschlagen,  aber  vergeblich.  Jetzt  nahm  es  alle  vier  Pfoten,  um¬ 
klammerte  das  Ei  und  wälzte  sich  damit  in  rasender  Eile  Hals  über 


*)  Yergl.  Jahrgang  VII,  1866.  S.  79.  N. 


362 


Kopf  am  Boden  umher,  preßte  es  in  die  eine  Ecke  des  Kastens, 
vermochte  aber  nicht  die  harte  Kalkschale  zu  zertrümmern.  Jetzt 
nahm  ich  das  Ei  wieder  heraus  und  stach  an  eiuem  Ende  ein  kleines 
Loch  hinein,  so  daß  etwas  von  der  iunern  Flüssigkeit  herauslief.  Das 
war  getroffen.  Mit  scheinbarer  Wollust  leckte  es  den  nährenden 
Stoff“,  vermochte  aber  trotz  aller  Anstrengungen  nicht,  die  kleine 
Öffnung  zu  erweitern,  so  daß  ich  mich  veranlaßt  sah,  eine  nochmalige 
Erweiterung  vorzuuehmen,  worauf  es  sieb  unbehindert  sättigen 
konnte.  Eine  lebende  Maus,  die  ich  in  den  Käfig  brachte,  wurde 
zwar  sehr  neugierig  betrachtet  und  beschnüffelt,  aber  nicht  weiter 
belästigt,  da  das  noch  nicht  völlig  ausgewachsene  Hermelin  im  Töten 
lebender  Geschöpfe  bislang  noch  keine  Übung  gehabt  hatte.  Süße 
Milch  schlürfte  es  mit  sichtbarem  Behagen.  Mit  alt  eingefangenen 
Hermelinen  habe  ich  in  der  Gefangenschaft  nie  Glück  gehabt,  sie 
blieben  immer  scheu  und  unbändig  und  gingen  bald  ein,  wenn  ich 
ihnen  auch  die  verschiedensten  und  kräftigsten  Nahrungsmittel  darreichte. 

Sonderbar  erscheint  es,  daß  das  Hermelin  oft  beim  Rauben  der 
Hühnereier  die  künstlichen  Porzellaneier  von  den  natürlichen  nicht 
zu  unterscheiden  versteht.  *)  So  fand  man  einst  auf  dem  Gute 
Rothensiek  beim  Abholzen  eines  dichten  Buschwerks  ein  künstliches 
Ei,  das  nur  durch  ein  Hermeliu  verschleppt  sein  konnte.  Doch  kann 
dies  auch  bei  Vernunft  begabten  Wesen  Vorkommen,  denn  ich  habe 
schon  erfahren,  daß  ein  junger  Mann,  der  in  einem  fremden  Hiihuer- 
stalle  ein  Ei  in  seiner  Rocktasche  verschwinden  ließ,  nachher  fand, 
daß  er  eiu  Porzellanei  erbeutet  hatte. 

Bekanntlich  wechselt  das  Hermeliu  im  Jahre  zweimal  seine 
Farbe,  indem  einmal  beim  Eintritt  der  kalten  Jahreszeit  das  dunkle 
Sommerkleid  in  ein  weißes  Winterkleid  übergeht,  dagegen  etwa  im 
Anfänge  des  Aprilmonds  das  weiße  Winterkleid  sich  allmählich  wieder 
in  das  dunkle  Sommerkleid  verwandelt.  Ob  diese  Umfärbung  jedesmal 
durch  einen  Haarwechsel  hervorgebracht  wird,  ist  noch  nicht  endgültig 
festgestellt.  Wenn  man  im  Sommer  einmal  ein  weißes  Hermelin  zu 
sehen  bekommt,  so  kann  mau  sicher  annehmen,  daß  man  einen 
Albino  vor  sich  hat.  Ich  habe  ein  solches  Tier  nur  ein  einziges  Mal 
gesehen. 

Der  weiße  Winterpelz  wird  bekanntlich  zur  Verbrämung  der 
Königsmäntel  benutzt,  bei  uns  zu  Lande  dient  er  zu  eiuem  andern, 
weit  profaneren  Zwecke.  Die  Landleute  legen  ihm  nämlich  Wuuder- 


*)  Vergl.  S.  253  dieses  Jahrgangs.  N. 


303 


kräfte  bei.  Ein  Stückchen  Hermelinpelz  auf  das  geschwollene  Euter 
einer  Kuh  gelegt,  soll  die  Geschwulst  bald  hebeu  ;  eiu  Stückchen  dem 
Vieh  bei  Verstopfung  eingegeben,  soll  sofort  Linderung  verschaffen. 
Vor  einigen  Jahren  waren  solche  Wunderstückcheu  noch  in  vielen 
Apotheken  unseres  Landes  käuflich  zu  haben,  ob  heute  noch  — 
kann  ich  nicht  sagen. 


Das  gemauerte  Beckenaquarium  und  seine  Bewohner. 

Von  Dr.  Emil  Buck. 

(Schluss.  *) 


Zahlreich  sind  die  Beobachtungen,  die  ich  an  anderen  kleinen 
Krustaceen  gemacht  und  unter  denen  ich  auch  eine  unbeschriebene 
Art  gefunden  habe.  Doch  wenden  wir  uns  der  Klasse  der  Weich¬ 
tiere  zu . 

In  meinem  Beckenaquarium  habe  ich  mehrere  Arten  von 
Schnecken  eingebürgert. 

Von  den  das  Wasser  bewohnenden  Lungenschnecken  besitze  ich 
die  Schlammschnecken,  Limnaea  ovata  Drap,  und  L.  palustris 
Drap.  Letztere  verläßt  im  Herbst  das  Wasser  und  kriecht  unter  das 
feuchte  Moos  oder  in  nasse  Erdlöcher,  woselbst  sie  überwintert.  Da 
sie  im  gewöhnlichen  Aquarium  kein  geeignetes  Versteck  finden  kann, 
so  kriecht  sie  aus  dem  Behälter  und  vertrocknet. 

Von  Blasenschnecken,  Physa ,  besitze  ich  die  beiden  in 
Deutschland  bekannten  Arten,  Ph.  fontinalis  L.  und  Ph.  hypnorum  L. ; 
unter  allen  Schnecken  sind  sie  am  lebhaftesten,  und  da  sie 
ziemlich  rasch  kriechen  und  schwimmen,  so  tragen  sie  zur  Belebung 
des  Aquariums  wesentlich  bei.  Ihr  wurmförmiger  oder  rundliche 
Klumpen  bildender  Laich,  welcher  15 — 30  durchsichtige  Eier  enthält, 
wird  an  Steinen  und  Pflanzen  abgesetzt. 

Meine  Quellblasenschnecken  ,  Pliysa  fontinalis ,  stammen 
von  einigen  wenigen  Individuen  her,  welche  vor  fünf  Jahren  mit  einer 
Sendung  Wasserpflanzen  von  Haage  und  Schmidt  in  Erfurt  in 
meinen  Besitz  gelangten.  Diese  Schnecken  halten  sich  im  Aquarium 
vortrefflich,  wenn  man  für  faulende  Pflanzenteile  und  Algen  sorgt. 
Faulender  Salat  ist  ein  gutes  Futter.  Die  Schnecke  errreicht  ein 
Alter  von  1  —  2  Jahren;  nachdem  sie  im  Schlamm  oder  auf  dem 


*)  Vergl.  S.  143  dieses  Jahrgangs. 


—  364  — 

Ufer  überwintert  bat,  legt  sie  mehrere  Male  im  Frühjahre  ihren 
Laich  ab  und  stirbt  bald  darauf.  Nach  drei  Wochen  kommen  aus 
den  Eiern  die  kleinen  Schneckchen  hervorgekrochen  und  sind  bereits 
nach  drei  Monaten  fast  ausgewachsen.  Die  ein  Jahr  alten  Schnecken, 
welche  im  Frühjahr  gelaicht  haben,  gehen  erst  im  nächsten  Frühjahr 
zu  Grunde. 

Diese  Schnecke  hat  die  Gewohnheit,  vom  Grunde  des  Wassers 
direkt  zum  Wasserspiegel  hinauf  zu  steigen  und  ebenso  zu  tauchen, 
doch  tbut  sie  dies  seltener  als  die  weit  zierlichere  und  raschere 
Moosblasenschnecke,  Physa  hypnorum,  deren  Gehäuse  gar  keine 
Ähnlichkeit  mit  dem  der  vorigen  Art  hat.  Das  Tier  fand  ich  sowohl 
bei  Zürich  als  auch  ganz  nahe  bei  Konstanz  in  einem  schlammigen, 
stark  mit  Algen  bewachsenen  Wiesengraben  auf  der  schweizer 
Seite.  Hier  kommt  es  massenhaft  vor,  um  so  erstaunlicher,  als 
derselbe  den  größten  Teil  des  Jahres  völlig  trocken  ist,  denn 
nur  drei  Monate  hindurch,  wenn  der  See  hohen  Wasserstand  hat, 
ist  der  Graben  mit  Wasser  gefüllt.  Allerdings  steht  er  weiter  oben 
mit  einem  ihn  kreuzenden  Bächlein  in  Verbindung,  durch  welches 
die  Schnecken  in  den  Graben  eingewandert  sind. 

Das  durchscheinende  Gehäuse  wird  durch  die  dunkle  Schnecke 
braun-schwarz  glänzend,  wodurch  das  Tier  von  anderen  Wasser- 
schuecken  leicht  zu  unterscheiden  ist.  Seit  zwölf  Jahren  habe  ich 
mich  vergebens  abgemüht,  das  schöne  und  interessante  Tierchen  im 
Aquarium  am  Leben  zu  erhalten.  Erst  seit  diesem  Sommer  ist  es 
mir,  glaube  ich,  geglückt,  dasselbe  im  Bassin  heimisch  zu  machen. 
Früher  ging  die  Schnecke  im  Aquarium  bereits  nach  8  Tagen  zu 
Grunde,  nun  aber  lebt  sie  schon  seit  zwei  Monaten  im  Bassin  und  steckt 
hier  meistens  in  den  Algeubüscheln,  so  daß  sie  nur  selten  zu  sehen  ist. 

Von  den  Tellerschnecken,  Planorbis ,  besitze  ich  nur  die 
gemeine  PI.  marginatus  Drap.,  die  große,  iu  der  Maingegend  so  häufige 
Planorbis  corneus  kommt  hier  nicht  vor.  Von  Kiemenschnecken  ist  am 
Bodensee  die  kleine  Sumpfschnecke,  Pithynia  tentaculata ,  in 
Wiesengräben  häufig  zu  finden,  während  die  Paludinen  fehlen.  Die 
Bithynien  halten  in  jedem  Aquarium  mit  klarem  Wasser  vortrefflich 
aus,  wenn  sie  genug  Algen  zur  Verfügung  haben.  Interessant  ist, 
daß  sie,  nach  Kobelt,  im  Taunus  nicht  Vorkommen,  sondern  nur 
in  den  angrenzenden  Ebenen,  während  der  Bodensee  doch  397,2  m 
über  dem  Meere  liegt. 

Alle  Versuche,  die  amphibisch  lebenden  Bernsteinschnecken, 
Succinea ,  für  die  Dauer  an  das  Bassin  zu  gewöhnen,  schlugen  fehl. 


365 


Dagegen  lebt  auf  dem  Ufer  des  letzteren  bereits  seit  drei  Jahren 
das  sehr  niedlich  e  Zwerg  liorn  sc  h  neck  eben,  Carychium  minimum 
Müller,  welches  mit  den  Bernsteinschnecken  den  gleichen  Wohnsitz 
teilt.  Die  leeren  Gehäuse  werden  oft  gefunden,  aber  sehr  selten  das 
lebende  Tier,  indem  dasselbe  sich  unter  Laub  und  Lebermoosen  an 
nassen  Stellen  verkriecht.  Im  Sommer  sehe  ich  die  Schnecke  oft  wochen¬ 
lang  nicht,  öfters  aber  im  Herbst,  wenn  die  Lebermoose  absterben. 

Eine  kleine  Helix ,  welche  ich  noch  nicht  bestimmen  konnte, 
lebt  seit  mehreren  Jahren  auf  dem  Bassinufer.  Das  Tier  ist  schwarz¬ 
grau  mit  ziemlich  dicken  oberen  Fühlern.  Das  Gehäuse  ist  oben  ein 
wenig  gewölbt  und  hat  fünf  Umgänge,  dieselben  sind  fein  gestreift 
und  ohne  Behaarung.  Die  Farbe  des  Gehäuses  ist  braun  und  glänzend, 
unten  ist  dasselbe  flach  und  tief  genabelt.  Höhe  der  Schale  1  —  2  mm, 
Größe  im  Durchmesser  5—6  mm.  Die  Jungen  sind  etwas  heller  als 
die  Alten.  Gegen  Abend,  wenn  ich  das  Aquarium  mit  Wasser  be¬ 
stäubt  habe,  kommen  die  Schneckchen  unter  den  Lebermoosen  und 
aus  den  Felsspalten,  worunter  sie  den  Tag  über  geruht,  zum  Vorschein. 
Ich  füttere  sie  mit  faulendem  Salat,  doch  habe  ich  auch  beobachtet, 
daß  sie  die  Algen  von  den  feuchten  Bimssteinen  abnagen.  Noch 
Ende  August  bemerkte  ich  ganz  junge  Tiere.  Von  Muscheln  besitze 
ich  nur  die  stumpfe  Erbsenmuschel,  Pisidium  obtusale  c.  Pfr., 
welche  in  dem  schon  erwähnten  Wiesengraben  zusammen  mit  Physa 
hypnorum  vorkommt.  Au  den  Algenmatten  kriechen  die  alten  und 
jungen  Muscheln  aus  dem  Schlamm  in  die  Höhe. 

Im  Bassin  leben  ferner  Regen-  und  Schlammwürmer,  gemeine 
Sumpfegel  und  verschiedene  Arten  Strudelwürmer. 

Die  fortpflanzungsfähigen  Regenwürmer  haben  nur  eine 
Länge  von  3 — 4  cm.  Diese  geringe  Größe  findet  ihre  Ursache  wohl 
in  dem  Umstande,  daß  den  Tieren  nur  wenig  Erde  zur  Verfügung 
steht,  nichtsdestoweniger  pflanzen  sie  sich  fort.  Ehe  die  Würmer 
auf  dem  Ufer  waren,  hatten  die  Pflanzen  nur  ein  kümmerliches 
Dasein  geführt,  denn  das  Wasser,  womit  sie  begossen  wurden,  drang 
nicht  in  die  harte  Erde  ein,  sondern  lief  ab.  Ich  setzte  nun  junge 
Regenwürmer  auf  den  Mergelboden  und  bohrte  einige  Löcher  hinein. 
Das  half.  Jetzt  ist  das  gesamte  Erdreich  gleich  einem  Schwamm 
von  einer  Menge  Gänge  durchbohrt,  die  Wurzeln  der  Pflanzen  können 
sich  jetzt  ausbreiten,  und  die  Erde  bleibt  feucht,  selbst  auf  den 
höchst  gelegenen  Stellen,  bis  zu  welchen  von  unten  her  die  Feuchtigkeit 
hinaufdringt.  Freiwillig  nehmen  manche  Regen würmer  mit  ganz 
wenig  Erde  vorlieb,  die  zwischen  Gestein  eingeklemmt  ist.  Sie  sind 


366 


zufrieden,  wenn  nur  ihr  Körper  gedeckt  ist.  Ihre  Nahrung  müssen 
sie  aber  außerhalb  ihres  Wohnsitzes  suchen.  Zu  diesem  Zweck 
kriechen  sie  gegen  Abend  bis  an  den  Wasserspiegel  herunter  und 
tasteu  mit  dem  Maule  auf  den  nassen  Steinen  herum.  Finden  sie 
zarte  Algenfäden,  so  öffnen  sie  den  Mund,  holen  die  grünen  Fäden 
und  zerren  so  lange  an  ihnen,  bis  sie  abgelöst  sind.  Von  anderen 
kleinen  Tieren  lassen  sie  sich  in  ihrer  Arbeit  nicht  stören.  Wenn 
sie  sich  gesättigt  haben,  kriechen  sie  wieder  in  gerader  Linie  zu 
ihrem  Verstecke  zurück  und  bohren  sich  wieder  in  die  Erde  ein. 
Die  unterminierende  Thätigkeit  der  Regeuwüriner  hat  kleine  Erd¬ 
einsenkungen  zur  Folge  gehabt,  aber  auch  kleine  Abstürze  von 
Mergelerde  in  das  Wasser. 

Im  Lehmschlamme  des  Aquariums  hat  eine  Unmenge  kleiner  Bach¬ 
würmer,  Tubifex  rivulorum,  in  kleinen  Schlammröhren  sich  häus¬ 
lich  niedergelassen.  Das  Hiuterende  der  Tierchen  steckt  zum  Teil 
noch  in  einer  über  die  Schlammschicht  sich  erhebenden  Röhre  und 
macht  fortwährend  pendelartige  Schwingungen  teils  zur  Atmung,  teils 
zur  Beförderung  des  Nahrungsdurchgangs.  An  manchen  Stellen  sind 
die  Würmer  so  zahlreich  beisammen,  daß  der  Schlamm  blutrot  aus¬ 
sieht.  Außer  den  genannten  Würmern  lebt  minder  zahlreich  im 
Schlamm  ein  anderer  Verwandter  des  Regen- Wurms,  ungefähr  5  cm 
lang,  fadendüuu,  und  von  schön  roter  Färbung.  Das  aus  dem  Schlamm¬ 
loch  schauende  Hintereude  des  Tieres  verhält  sich  ganz  ruhig  im 
Gegensatz  zu  den  Schlammwürmern.  Auch  fehlt  hier  die  über  den 
Schlamm  ragende  Hülse  oder  Röhre. 

Zuweilen  verläßt  der  Wurm  sein  Loch  und  kriecht  oder 
schwimmt  umher,  wobei  er  durch  spiralige  Wendungen  seines  Körpers 
ziemlich  rasch  vorwärts  kommt.  Ich  fand  voriges  Jahr  diese  Würmer 
zum  ersten  Male  in  einem  schnell  fließenden  Bache  mit  Lehmgrund. 

Darin  kam  auch  die  gezüngelte  Naide  ( Nais  proboscidea)  vor, 
welche  sich  im  Bassin  außerordentlich  rasch  vermehrte. 

Der  gemeine  Sumpfegel,  Nephelis  vulgaris,  ist  als  sehr 
harmloser  Geselle  für  jedes  Aquarium  besteus  zu  empfehlen.  Am 
Bodensee  existieren  verschiedene  Spielarten.  In  der  Regel  ist  der 
Egel  auf  dem  Rücken  dunkelbraun,  untermischt  mit  gelben  Pünktchen, 
während  der  Bauch  ockergelb  erscheint.  Es  gibt  aber  auch  gauz 
schwarzgraue,  den  Bauch  mit  einbegriffen,  nur  der  Rücken  ist  mit 
zwei  nebeneinander  verlaufenden  schwarzen  Streifen  geziert,  die  nur 
wenig  hervortreten.  Andere  Individuen  sind  ganz  fleischfarbig.  Junge 
aus  dem  Cocon  kriechende  Egel  sind  weiß. 


367 


Jahrelang  fütterte  ich  meine  Egel  ausschließlich  mit  Weißbrot, 
die  aufgenommene  Nahrung  sah  man  ganz  deutlich  durchleuchten. 
Zu  dieser  Zeit  war  die  Wohlfahrt  und  die  Vermehrung  der  Tiere 
eine  ebenso  günstige  wie  später  bei  Fleischfütterung.  Die  Schlamm¬ 
würmer,  Schnecken  und  andere  Tiere  lassen  sie  völlig  unbehelligt, 
denn  sie  verhalten  sich  wie  die  Geier  unter  den  Raubvögeln,  indem 
sie  auf  tote  Tiere  angewiesen  sind.  Nur  im  Notfall  werden  die 
Sumpfegel,  denen  die  zahnbewehrten  Kiefer  fehlen,  kleine  Schlamm- 
würmchen  verschlingen  oder  zarte  Schnecken  aussaugen.  Das  ge¬ 
trocknete  rohe  Fleisch  schneide  ich  in  ganz  dünne  Stückchen,  welche 
ich  ins  Wasser  werfe.  Kaum  liegen  sie  darin,  als  auch  von  allen 
Seiten  die  Egel  herbei  kommen ;  mit  hochgehaltenem  Kopfe  wittern 
sie  nach  dem  Fräße  und  sehr  bald  sind  die  Bissen  gefunden,  welche 
langsam  verschlungen  werden.  Das  Brot  wittern  sie  ebenso  rasch. 
Keines  meiner  Wassertiere  hat  ein  so  feines  Geruchsvermögen  wie  die 
Egel,  erst  in  zweiter  Linie  kommen  die  Strudelwürmer.  Diese 
riechen  ihr  Futter  in  größerer  Entfernung  als  die  kleineren  Wasser¬ 
käfer,  davon  habe  ich  mich  oft  genug  überzeugt.  Der  gemeine  Sumpf¬ 
egel  geht  nie  ans  Land,  zuweilen  liegen  diese  Tiere  am  Ufer  derart, 
daß  nur  der  Vorderkörper  über  das  Wasser  ragt.  Während  des  ganzen 
Sommers  bis  Ende  September  legen  die  erwachsenen,  6  cm  langen 
Egel  ihre  Eier  und  Cocon  ab,  welche  sie  an  schattigen  Stellen  auf 
oder  unter  Steinen,  an  Algen,  Moosen  u.  s.  w.  in  großen  Mengen 
anheften.  Diese  Cocon  sind  braun,  eiförmig,  oben  gewölbt,  unten 
flach.  Eigentümlich  ist,  daß  die  Cocon  meiner  Tiere  nie  mehr  als 
drei  Eier  resp.  Junge  enthalten,  gegen  den  Herbst  sogar  bloß  ein  Ei. 
—  In  der  Freiheit  dagegen  enthalten  ihre  Cocon  16 — 18  Keime 
von  Jungen.  Dann  sind  aber  die  Cocon  auch  5 — 6  mal  so  groß, 
denn  die  im  Bassin  verfertigten  haben  nur  die  Größe  und  Form  des 
Kanariensamens,  und  was  an  der  Größe  abgeht,  wird  durch  die  ver¬ 
mehrte  Zahl  der  Cocon  ersetzt.  Die  ausgebildeten  jungen,  völlig 
weißen  Egel  winden  und  drehen  sich  im  engen  Behälter  des  Cocons 
umher,  bevor  sie  denselben  durchbrechen,  wohl  mit  Hilfe  einer 
ätzenden  Flüssigkeit,  denn  die  Coconhaut  ist  äußerst  hart  und  wider¬ 
standsfähig.  Ich  habe  zugesehen,  wie  die  Cocon  verfertigt  werden 
und  habe  meine  Beobachtungen  in  der  Isis  veröffentlicht.  Die 
jungen  Egel  färben  sich  unter  der  Einwirkung  des  Lichtes  sehr  bald 
grau  und  wachsen  sehr  rasch,  denn  die  Lebensdauer  der  Nephelis 
währt  höchstens  anderthalb  Jahre,  während  der  Blutegel  über  zwanzig 
Jahre  leben  soll  und  erst  im  fünften  Jahre  ausgewachsen  ist. 


368 


Während  des  Winters  halten  sich  die  Snmpfegel  auch  im  geheizten 
Zimmer  im  Schlamme  verborgen,  den  sie  nur  bei  Sonnenschein  verlassen. 

Die  Strudelwürmer  ( Turbellaria ,  Phabdocoela )  unserer  süßen 
Gewässer  verdienen  in  hohem  Grade  auf  ihre  Lebensweise,  Paarung 
und  Vermehrung  beobachtet  zu  werden.  —  Schuurwürmer,  Nemertincn, 
mit  ausgebildetem  Gefätisystem  und  rötlicher  Blutflüssigkeit  fand  ich 
hier  noch  nicht,  wohl  aber  über  zolllange  dünne  Exemplare  im 
Schlamme  des  Eukheimer  Sumpfes  bei  Frankfurt  a.  M.,  welche  den 
im  Meer  lebenden  Arten  sehr  ähnlich  waren. 

Von  den  ziemlich  breiten  und  blattartig  dünnen  Planarien  besitze 
ich  die  milchweiße  Planaria  lactea ,  die  braune  Planar ia  torva  und 
die  schwarze  Planaria  nigra.  Die  weiße  ist  etwas  seltener  aber  auch 
weit  größer  als  die  anderen  genannten  Arten,  sie  kann  eine  Länge 
von  4  cm  erreichen.  Die  großen  Individuen  ernähren  sich  von 
Wasserasselu  und  weichen  Insektenlarven,  welche  sie  mittelst  eines 
fadenziehenden ,  von  Stäbchen  durchsetzten  Hautsekretes  plötzlich 
umspinnen  und  aussaugen ;  dieser  Masse  bedienen  sie  sich  auch, 
wenn  es  gilt,  sich  vor  den  Angriffen  kleiner  Raubinsekten  zu  schützen, 
die  sie  bewegungslos  machen.  Junge  Tiere  und  kleinere  Formen 
ernähren  sich  von  Musclielkrebschen,  welche  sie  dadurch  fangen,  daß 
sie  ihre  Bauchseite  rasch  zusammenklappen.  In  der  Jugend  sind 
alle  Plauarien  sehr  lebhaft,  werden  aber  später  sehr  träge,  besonders 
die  weiße  Art.  Ihr  Geruchsinn  ist,  wie  ich  schon  bemerkte,  sehr  aus¬ 
gebildet ;  von  weitem  riechen  sie  das  auf  dem  Wasserspiegel  des 
Aquariums  treibende  Futter.  Dasselbe  kann  aus  Fleisch,  gemahlenen 
Ameiseneiern,  Motten  oder  auch  aus  Weißbrot  bestehen.  Mittelst 
des  aus  der  Unterseite  des  Bauches  hervorgestreckten  Schlundrüssels 
wird  die  Nahrung  aufgenommen  und  in  den  mit  zahlreichen  Bliud- 
säcken  versehenen  Magendarm  übergeführt.  —  Die  Planarieu  sind 
Zwitter  und  vermehren  sich  sowohl  durch  Querteilung  als  auch  auf  ge¬ 
schlechtlichem  Wege,  worauf  sie  hirsenkerngroße,  braune,  kurzgestielte 
Cocon  au  Wasserpflanzen  und  Steinen  absetzen,  die  5 — 10  Eier 
enthalten.  Die  ausschlüpfenden  Jungen  sind  etwa  1  mm  lang.  Bei 
reichem  Futter  vermehren  sich  die  Planarien  ins  Ungeheure. 

In  vorstehenden  unvollständigen  Skizzen  glaube  ich  gezeigt  zu 
haben,  daß  die  Beobachtung  lebender  Wesen  im  gemauerten  Becken¬ 
aquarium  mindestens  ebensogut  möglich  ist  wie  in  einem  Glas¬ 
aquarium,  und  ich  wünsche,  daß  dieselben  dazu  beitragen  möchten, 
diesem  herrlichen  Zimmerschmuck  eine  größere  Verbreitung  zu  geben. 


Uber  die  Paarung  der  Krontaube,  Goura  Stenrsi  Temm. 

(=  Goura  Victor iae  Fraser). 

Von  Dr.  A.  C.  Oudemans,  im  Haag. 


Der  zoologische  Garten  im  Haag  besitzt  ein  Pärchen  dieser 
schönen  Erdtaube.  Drei  Exemplare  wurden  im  Monat  Mai,  1887, 
dem  Garten  geschenkt  von  Herrn  J.  A.  Schröder  in  Batavia.  Seitdem 
ist  eines  verstorben.  Die  beiden  anderen  Tiere  leben,  offenbar 
gesund,  im  Sommer  in  einer  geräumigen  Abteilung  einer  Fasanerie, 
im  Winter  im  erwärmten  Vogelbause. 

Obgleich  es  schon  selten  ist,  diese  Art  in  zoologischen  Gärten 
anzutreffen,  so  kommt  eine  Paarung  in  der  Gefangenschaft  gewiß 
noch  seltener  vor. 

Während  der  Mittagszeit,  wo  der  Garten  wenig  besucht  ist, 
pflege  ich  oft  die  verschiedenen  Tiere  in  ihrer  Ruhe  zu  belauschen, 
und  so  hatte  ich  heute  die  Gelegenheit,  eine  solche  Paarung  zu 
beobachten. 

Einige  Minuten  lang  drehten  sich  die  beiden  Tiere  fortwährend 
umeinander  (wie  ich  dies  so  oft  stundenlang  von  der  Löffelente, 
Spatula  clypeata ,  L.  im  Wasser  beobachtete),  dabei  immer  plaudernd 
»rep-  rep-  rep-  rep«,  und  kopfschüttelnd.  Allmählich  begann  das 
größere  Weibchen  weniger  zu  drehen,  und  endlich  lud  es  offenbar 
das  Männchen  ein,  auf  seinen  Rücken  zu  kommen,  es  stand  stille 
und  senkte  sich  ein  wenig  auf  den  Beinen.  Nach  einigen  Augen¬ 
blicken,  in  welchen  das  Mäunchen  bald  links  bald  rechts  hinter  dem 
Weibchen  herumging,  um  seinen  Sprung  zu  berechnen,  stand  dieses 
plötzlich  mit  nur  einem  Sprunge,  wobei  die  Flügel  nur  wenig  Dienst 
leisteten,  gerade  mit  den  Füßen  auf  den  Schultern  des  Weibchens. 
Das  Plaudern  hatte  indessen  aufgehört.  Das  Weibchen  senkte  sich 
noch  ein  wenig,  breitete  nun  allmählich  die  Flügel  etwas  mehr  als 
halb  aus  und  richtete  den  Schwanz  langsam  nach  rechts  und  nach 
oben.  Die  Frage  kam  bald  bei  mir  auf:  Wie  wird  das  mit  der 
prächtigen  Haube  werden?  Aber  keine  Not!  Nicht  einen  Augenblick 
hatte  das  Mäunchen  versucht,  den  Kopf  des  Weibchens  mit  dem 
Schnabel  zu  ergreifen  oder  auch  nur  zu  krabbeln.  Es  senkte  sich 
langsam  nach  hinten  und  schob  dabei  den  Schwanz  vollkommen 
nach  unten.  Dies  alles  geschah,  ohne  daß  eins  der  Tiere  einen  Fuß 
versetzte:  sie  standen  beide  fest.  In  dem  Augenblicke  der  Begattung 
richteten  die  Flügel  des  Männchens  sich  plötzlich  prachtvoll  senkrecht 

Zoolog.  Gart.  Jahrg.  XXXI.  1890.  24 


370 


und  ganz  ausgebreitet  Dach  oben,  wie  ein  Fischadler  oder  eine  Möwe 
thut,  wenn  sie  eben  die  Oberfläche  des  Wassers  berühren.  Diese 
Stellung  dauerte  etwa  zwei  oder  drei  Sekunden,  worauf  das  Männchen 
absprang.  Nun  fingen  die  beiden  Vögel  wie  in  einem  Scheingefechte 
au,  während  einer  vollen  Minute  einander  auf  die  Schnäbel  zu 
hacken,  wobei  sie  beide  ihren  bekannten  Laut  »rüg-  rüg-  rüg-  rüg« 
hören  ließeu. 

Die  Abteilung  der  Fasanerie  ist  vorn  ganz  offen  und  die  Tiere 
hatten  mich  ankommen  und  voll  Bewunderung  vor  ihnen  stehen 
gesehen,  aber  obwohl  sie  sonst  etwas  scheu  sind,  hatten  sie  für  mich 
gar  keine  Beachtung  und  ließen  sich  nicht  stören. 

Haag,  24.  September  1890. 


Der  zoologische  Garten  in  Düsseldorf. 

Von  Ernst  Friedei. 

Die  mächtig  aufblühende  Beherrscherin  des  unteren  rechten  Rheinufers 
besitzt  einen  sehenswerten  zoologischen  Garten  *),  der  in  der  Stufenleiter  der¬ 
selben  von  oben  nach  unten  —  Berlin,  Hamburg,  Frankfurt,  Köln,  Dresden, 
Düsseldorf  —  ungefähr  der  sechste  ist,  seinen  vier  Vormännern  sogar  den  Rang 
streitig  machen  würde,  wenn  seine  Gartenanlagen  vollkommener,  seine  Gebäude 
ansehnlicher  wären.  Hierin  wird  eine  Verbesserung  eintreten,  sobald  die 
gärtnerische  Ausstattung  älter  geworden  ist  und  die  Finanzlage  dem  Garten 
größere,  mehr  monumentale  Bauten  gestattet.  Immerhin  ist  das  Restaurant- 
Haus  ansehnlich  und  geschmackvoll  zu  nennen. 

Räumlich  zählt  der  Garten  zu  den  größten  Deutschlands,  auch  sein  Tier¬ 
bestand,  den  wir  rechts  vom  Eingang  gehend  mustern  wollen,  ist  ein  recht 
bedeutender.  Im  Nordosten  der  »Düsseistadt«  belegen,  welche  den  Namen 
»Dorf«  sicherlich  nicht  verdient,  ist  er,  trotz  der  Pferdebahn- Verbindung,  noch 
weit  von  der  älteren  Stadt  belegen,  indessen  sieht  man  überall  neu  abgesteckte 
und  kürzlich  gepflasterte  Straßen,  an  denen  bereits  zahlreiche  Neubauten  aus 
der  Erde  wachsen  und  die  vorhandene  Lücke  immer  mehr  ausfüllen. 

Der  Garten  war  an  dem  Spätsommer-Sonntag  d.  J.  1889,  wo  ich  ihn  be¬ 
suchte,  ein  erfreuliches  Zeichen,  überfüllt,  namentlich  wimmelte  es  von 
Kindern. 

Die  Tierjreihe  beginnt  er  sehr  bescheiden  mit  weißen  Mäusen  und  der 
europäischen  Sumpfschildkröte.  In  dem  zunächst  belegenen  Damwild- 
Park  zeichnen  sich  fast  schwarze  Schaufler  aus,  Geschenk  des  Fürsten 
Solms-Braunfels.  Hinter  einigen  leeren  Gebauern  stoßen  wir  auf  den  Zentral¬ 
bau  des  Affenhauses,  welches  gut  besetzt  ist,  u.  a.  mehrere  Man  gab  es  als 
Cercocebus  Aethiops  und  C.  Lalandi  von  Guinea,  von  eigentlichen  Meerkatzen 
Cercopitliecus  Cephus  von  West-Afrika,  ferner  den  Teufelsaffen  ( Colobus  Satanas)i 


*)  Eintritt  50  Pf.,  kein  gedruckter  Führer. 


371 


den  Mandrill  ( Mormon  Maimon),  von  Makak en  Cynomolgus  Cynocephalus, 
den  Malbruk  ( Cynomolgus  sinicus )  und  von  Ceylon  den  Macacus  püeatus 
enthält. 

Folgen  afrikanische  Zwerg antilopen  {Antilope' pygmaea). 

Wir  passieren  ein  Terrarium,  das  ich,  zum  Unterschiede  von  dem  durch 
mich  im  Humboldthain  zu  Berlin  angelegten,  als  »halbes  Freiland-Terrarium« 
bezeichnen  möchte;  es  ist  frei,  insofern  es  oben  nur  durch  ein  Drahtdach  ge¬ 
schlossen  ist.  Unten  ist  es  aus  Stein  erbaut,  worauf  Glaswände  stehen.  Es 
ist  zuviel  Epheu  gepflanzt,  derVmmäßig  wuchert  und  das  Terrarium  für  Rep¬ 
tilien  viel  zu  kalt  macht.  Herr  Franke  jun.,  der  Sohn  des  Erfinders 
der  Freiland-Terrarien,  hat,  nachdem  ich  sein  Terrarium  in  Stötteritz  bei  Leipzig 
am  18.  Mai  1890  eingehend  untersucht,  aus  demselben  Grunde  beschlossen,  den 
Epheu  ganz  auszurotten.  Der  Steinbau  über  der  Erde  und  die  Glaswände  ver¬ 
hindern  nach  starkem  Regen  und  im  Winter  nach  Thauwetter  die  Verdunstung 
des  Wassers,  wodurch  das  Terrarium  zu  feucht  wird.  Ich  kann,  nach  allem, 
was  ich  erprobt,  für  ein  Freiland-Terrarium  nur  mein  System  empfehlen:  das 
Terrarium  muß  vertieft  sein  und  von  oben  eingesehen  und  übersehen  werden  ; 
zwischen  der  Umfassungswand  und  dem  Felsen  muß  überall  ein  der  Sonne  zu¬ 
gänglicher  freier  Raum  liegen,  derselbe  mag  zum  Teil  mit  einem  Wässerchen 
ausgefüllt  werden.  Der  Felsen  muß  ohne  vom  Sturmwind  zu  sehr  bestrichen 
werden  zu  können,  doch  dem  Luftzuge  frei  liegen. 

Es  folgt  ein  Rondel  für  Ziegen  und  Hirsche,  darunter  Axis, 
Schweinshirsch  und  Cervus  mantschuricus.  Gegenüber  2  pudelartig  behaarte 
drollig  aussehende  Alpacas. 

Im  E lef an te n h au s e  sah  ich  einen  kleinen  indischen  Elefanten, 
ein  einhöckeriges  und  ein  zweihöckeriges  Kamel.  Rechts  Emu  -  Vög  el  , 
gegenüber  Capra  thebaica ,  in  der  Nähe  eine  Grotte  für  Waschbären. 

In  dem  anschließenden  halbrunden  Vogelhaus  außen  Conurus  carolinensis , 
Krontauben  ( Goura  coronata )  und  Si  tticha'rten,  innen  Sperlingspapa- 
geien,  Webervögel,  Blut-  und  Prachtfinken  u.  dgl. 

Eine  Bucht  enthält  mehrere  niedliche  scheckige  She tl an  d  P  o  n  ie s.  Da¬ 
hinter  ein  Haus  mit  Opossum,  Iltis  und  Frettchen.  Links  ein  Kanin¬ 
chenhäuschen,  weiter  links  ein  Trupp  weißer,  schwarzköpfiger  Fett¬ 
steiß-Schafe  {Ovis  steatopygos)  aus  Persien  und  afrikanische  Zwerg- 
Ziegen  {Capra  rebersa),  Lieblinge  der  Kinderwelt. 

Rechts  recht  bösartige  Yak  (Bos  grunniens).  Links  der  Geflügel  hof  in 
Verbindung  mit  einem  kleinen  kreisrunden  Teich.  Rechts  ostindische  Buc kel- 
och  s  e  n  ( Zebu  indicus ),  2  Aquila  Aguia  aus  Süd-Amerika  und  ein  Bison,  geboren 
am  21.  November  1888  im  Garten.  Links  eine  Herde  weißer  Ziegen.  Danu 
der  Bärenzwinger  mit  einem  Baribal,  zwei  braunen  und  zwei  Eis- 
Bären. 

Jenseits  der  den  Garten  durchfließenden  Düssei  in  einem  zu  arg  verwil¬ 
derten  Teile  der  Anlagen  ein  Rudel  Wildschweine,  zwei  riesenhafte  weiße 
Ziegenböcke  und  sehr  geräumige  Biber-Teiche. 

Zurückwandernd  stoßen  wir  auf  Ozelot,  Rüsselbären  und  zwei  Wölfe  , 
ferner  zwei  Malayen-Bären  {Helarctos  Malayanus),  sowie  einen  am  17.  Januar  1889 
im  Garten  geborenen  braunen  Bären,  der  das  Betteln  fast  schon  so  schön  versteht 
wie  sein  älterer,  wegen  dieser  Kunst  weit  und  breit  berühmt  gewordener  Kollege 


372 


im  Berliner  zoologischen  Garten.  Links  ist  ein  geräumiger  Käfigbau  mit  hohem 
Kletterbaum  für  unsere  heimische  Wildkatze;  im  höchsten  Gezweige  lagein 
schönes  W il dkatz  e n p  aa r  sich  behaglich  sonnend,  ohne  den  Platz  aufzugeben, 
wenn  auch  der  Baum  von  unnützen  Knaben  heftig  hin-  und  hergeschüttelt  wurde. 
Ein  so  passendes  Unterkommen  für  diese  seltenen  Gäste  in  zoologischen  Gärten 
habe  ich  zuvor  niemals  bemerkt.  *) 

Wir  gehen  etwas  zurück  mehr  zur  Mitte  des  Gartens  und  treffen  links  auf 
ein  zweites  Gehege  für  Dam  -  und  Rotwild;  je  zwei  schöne  große  indische 
Cervus  Aristotelis  und  C.  Hippdaphus.  Ein  kleines  Bauerwerk  enthält  A gut is, 
Murmeltiere,  den  Prairiehund  (Arctomys  Ludovicianus)  und  die  Känguruhratte 
(Hypsiprymnus  murinus )  von  Australien. 

An  einem  großen  Geflügelteich  vorbei  wenden  wir  uns  zu  einem 
ansehnlichen  künstlichen,  von  einer  Burgruine  gekrönten  Hügel,  darin  ein  Wolfs¬ 
bau.  Der  Insasse  ein  zahmer  Wolf,  Geschenk  des  Fürsten  Otto  v.  Bismarck, 
war  so  genügsam,  Brot  aus  der  Hand  zu  fressen. 

Weiter  rechts  das  Raubtier  haus.  Die  Bewohner  folgen  hier  also:  rechts 
innen  eine  Grotte  mit  zwei  Ti  g er pärchen,  ein  männlicher  Löwe,  eine  Löwin, 
eine  kleinere,  geboren  im  Garten  am  30.  Juni  18G7;  zusammen  in  einem 
Käfig  ein  junger  bengalischer  Tiger  (geh.  17.  Juli  1888)  und  2  junge  Löwen 
(geboren  15.  August  1888),  dann  2  Leoparden  (geboren  26.  Februar  1886),  end¬ 
lich  zwei  schwarze,  wie  gewöhnlich  zähnefletschende  und  boshafte  Sund  a- 
P  a  n  t  h  e  r. 

Eine  romantisch  angelegte  Felsenpartie  war  besetzt  mit  Heid¬ 
schnucken,  Mähnenschafen,  sardinischen  Mufflon  und  Assuan- 
Schafen  ( Ovis  syeniticus). 

Weiterhin  gewahrt  man  einen  dritten  Geflügelteich  mit  Störchen, 
Reihern  und  Kranichen ,  darunter  die  stattliche  Balearica  Begulorum.  — 
In  der  Nähe  Meleagris  Gallopavo.  Rechts  ein  Trampeltier,  weiße  Strupp- 
Kaninchen. 

In  der  Nähe  eines  im  großen  Maßstabe  trefflich  angelegten  Spielplatzes 
die  Unterkunft  der  Raubvögel,  von  denen  ich  Aquila  albicilla ,  den  Kaiser- 
Adler,  den  Steinadler,  den  Mönchsgeier,  den  amerikanischen  Trut¬ 
hahn-Geier  ( Cathartes  Aura )  notierte. 

Hieran  schließt  das  Restaurant. 

In  der  Nähe  das  Eichhornhäuschen.  Folgt  der  Blumengarten  mit 
einer  Bauer-Reihe  für  Hühner,  Tauben  und  Pfauen.  Die  Mittelallee  zum 
Eingang  ist  mit  einer  stattlichen  Folge  von  kreischenden  Kakadu,  Ara  und 
Papageien  behängen. 

Hiernächst  stoßen  wir  auf  Fasanen-Gehege  und  ein  Elstern-Haus 
unfern  sind  Häuschen  für  Kampfhähne,  Kiebitze  und  Möven. 

In  der  Mitte  des  Gartens  ist  noch  eine  ansehnliche  Lama-Herde  und 
hinter  derselben  ein  Gebauer  für  Stachelschweine  angebracht. 

Möge  dem  in  bester  Entwickelung  begriffenen  Unternehmen  sich  immer 
mehr  die  Gunst  der  Städtischen  Behörden  von  Düsseldorf  und  des  gesamten 
Publikums  zuwenden. 

N. 


*)  Vergl.  S.  193  dieses  Jahrgangs. 


373 


Korrespondenzen. 


Schlaupitz,  im  Oktober  1890. 

Der  Schmerle  ( Nemachüus  barbatulus  Günth.)  wird  von  fast  allen 
Ichthyologen  eine  größere  Lebenszähigkeit  abgesprochen  und  immer  behauptet, 
daß  sie  sofort  abstürbe,  wenn  sie  aus  dem  Wasser  herauskäme.  (Vgl.  Oken, 
Bd.  VI,  p.  286,  Günther  »Fische  des  Neckar«  p.  830,  Heckei  und  Kner  p.  302 

Jäckel  »Fische  von  Bayern«  p.  89,  Brehm  p.  302,  Benecke,  p.  147  u.  a.) 

Bloß  L.  Geisenheyner  »Wirbeltierfauna  von  Kreuznach«  sagt,  daß  dieser  Fisch 
ein  zähes  Leben  besitze,  p.  18. 

Am  23.  huj.  wurde  hier  ein  Karpfenteich  abgelassen.  Im  Abflußgraben 
des  Zapfens  blieben  hierbei,  nachdem  sich  alles  Wasser  verlaufen  hatte,  in 
einem  dicken  Schlammbrei  2  Gründlinge  (Gobio  fluviatilis  Cuv.),  1  kleiner 
Barsch  ( Perca  fluviatilis  C.)  und  eine  Schmerle  zurück.  Diese  letztere 
lebte  bis  zum  Mittwoch,  29.  huj.,  während  von  den  »zähen«  Gründ¬ 
lingen  der  eine  am  24.  früh,  der  andere  am  24.  mittags  abstarb. 

Vom  23.  bis  26.  hatten  wir  in  jedweder  Nacht  sehr  starken  P’rost, 
immer  erstarrte  die  Schmerle  zugleich  mit  dem  Schlamme  und  erwachte  erst 

um  den  Mittag,  wenn  die  Sonne  in  den  Graben  schien.  Die  übrige  Zeit  war 

frei  von  Frost  und  Niederschlägen. 

Das  Tier  lag  auf  dem  Rücken  im  Schlamme,  so  daß  Mund  und  After 
Luft  atmen  konnten  und  die  Kiemendeckel  immer  feucht  blieben.  (Vgl. 
hierzu  auch  Pagenstecher  »Allgemeine  Zoologie«,  III.  Bd.  p.  273.) 

Wie  ich  Ihnen  bereits  in  einem  früheren  Artikel  mitgeteilt  habe,  be¬ 
obachtete  ich  unter  einer  Lupe  von  100  facher  Vergrößerung  Nr.  124  des 
Kataloges  Nr.  27  von  Karl  Zeiß,  Jena,  daß  die  auf  den  Lippen  der  Elritze, 
Phoxinus  laevis  Ag.  dicht  gedrängt  stehenden  wundervoll  purpurroten  Chromato¬ 
phoren  im  ausgedehnten  Zustande  zwar  nicht  so  zierliche  Figuren  bilden 
können,  wie  die  schwarzen,  immerhin  aber  ziemlich  weit  moosartig  verzweigt 
zu  sein  pflegen.  Nun  brachten  mir  einige  Knaben  zwei  männliche  Elritzen 
mit  ganz  augenfällig  karmoisinroten  paarigen  Flossen ;  es  erschien  mir  dieses 
Kolorit  bei  flüchtiger  Betrachtung  mittelst  einer  Handlupe  von  18  facher  Ver¬ 
größerung  von  einer  ölartigen  Durchtränkung  der  Gewebe  der  Haut  herzurühren, 
wie  sie  ja  Siebold  p.  18  bei  der  Goldorfe  angibt  und  wie  ich  sie  schon  ab 
und  zu  bei  unserer  Pfrille  auf  dem  Bauche  gefunden.  Während  ich  den  einen 
Fisch  in  dem  Wasser,  in  welchem  er  mir  überbracht  wurde,  beließ,  setzte  ich 
den  anderen  in  ein  kleines  Becken,  dessen  Inhalt  durch  4°/o  Mistjauche  und 
l°/o  menschlichen  Urin  verunreinigt  war;  sofort  verblaßten  alle  die  Flossen 
äußerst  schnell  mit  den  anderen  Körperteilen ;  ein  untrügliches  Anzeichen 
dafür,  daß  von  einer  ölartigen  Durchtränkung  der  Haut  absolut  nicht  die 
Rede  sein  konnte,  denn  diese  Flecken  sind  natürlich  jeder  Ausdehnungsfähigkeit 
bar.  (Vergl.  Siebold  p.  14  Fußnote  3.)  Schnell  nahm  ich  nun  die  für  den 
Patienten  zwar  schmerzhafte  aber  ungefährliche  Operation  einer  eingreifenden 
Auslösung  der  Pectorale  und  Ventrale  vor  (vergl.  Prof.  C.  Bruch  „Über  die 
Bedeutung  der  Fischflossen“  p.  48)  und  betrachtete  mir  das  Präparat  unter 
200  facher  Vergrößerung.  Da  sah  ich  nun  mit  Verwunderung,  daß  die  roten 


374 


Chromatophoren,  beiläufig  teils  ebenso  groß  teils  noch  größer  als  die 
sich  neben  ihnen  befindenden  schwarzen  (vergl.  dagegen  v.  Siebold  p.  14) 
ungemein  weit  verästelt  waren  und  daß  diese  kleinen,  zierlichen  Aste,  sich 
abermals  und  zum  dritten  Male  teilend,  vollständig  mit  denen  von 
anderen  Farbzellen  zusammenfließend  und  sich  vereinigend 
ein  Maschwerk  bildeten.  (Genau  so,  wie  das  Franz  Leydig  von  den 
schwarzen  Farbzellen  des  Leuciscus  dobula  Val.  in  seiner  Arbeit1  „Über  die 
verästigten  Zellen  im  Epithel  und  der  Lederhaut,“  Archiv  für  Naturgeschichte 
1876  beschreibt.)  Diese  wundervolle  Verästelung  der  roten  Pigmentzellen 
zeigte  sich  vornehmlich  deutlich  auf  demjenigen  Teile  der  den  Flossen  eigen¬ 
tümlichen  Haut  (membrana  radiis  proprio),  welche  die  Flossenstrahlen  überzieht, 
weniger  auf  der  zwischen  den  letzteren  spannenden  Haut.  (Wir  erfahren  ja 
schon  durch  Dr.  Rudolf  Kner,  „Über  den  Flossenbau  der  Fische,“  Sonderabdruck 
aus  den  Sitzungsberichten  der  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften,  Wien  II. 
p.  12),  daß  die  Flossen  der  Cyprinoidti  Cuv.  nie  von  der  Körperhaut  über¬ 
zogen  sind). 

Schließlich  sei  es  mir  gestattet,  hier  vorläufig  noch  die  Notiz  bringen  zu 
dürfen,  daß  die  Elritze  des  Zobten  auch  auf  der  Ventrale  und  Anale, 
vereinzelt  sogar  auf  der  Dorsale  und  Caudale  die  Papillen  der 
Laichzeit  trägt;  es  sind  bei  ihr  auf  den  oben  genannten  Flossen  die 
ersten  weichen,  geteilten  Flossenstrahlen  oberhalb  der  Gabelung  bis 
an  den  Saum  mit  einer  einfachen  Reihe  solcher  Höckerchen  besetzt 
(dürfte  nicht  der  Ausdruck  „zugespitzter  Kegel“  passender  sein?),  dagegen 
finden  wir  auf  den  Bauchflossen  unterhalb  der  Trennung,  also  auf  den. 
ungeteilten  Strahlen  zwei  bis  drei  Reihen  von  jenen  vor,  aber  selbst  hier 
sind  es  imme  r  wieder  bloß  die  ersten  weichen,  verzweigten  Strahlen, 
welche  diesen  Schmuck  2  mm  oberhalb  der  Basis  tragen,  nie  die  letzten 
oder  die  zarten  ungeteilten.  Anders  beim  Gründling,  Gobio  fluviatilis  Cuv., 
dessen  Ventrale  und  unpaarige  Flossen  können  ebenfalls 
bedorntsein,  bei  diesem  Cyprinoiden  trägt  jedoch  selbst  der  lange  harte,  un¬ 
geteilte  Knoch  enstr  ahl  in  der  Peetorale,  Ventrale  und  Anale  di  e  Papil  len. 

Karl  Knauthe. 


Kleinere  Mitteilungen. 


Von  einer  Muschel  gefangen.  Ein  Herr  D.  Mc.  Nabb  auf  H.  M.  S. 
Dart  schreibt,  daß  er  im  September  1889  an  der  Küste  von  Queensland  an 
dem  sandigen  Strande  jagend  einen  Strandläufer  ( sand  piper )  beobachtete,  der 
vergebens  bemüht  war,  sich  vom  Boden  zu  erheben.  Als  der  Jäger  herbeikam, 
sah  er,  daß  der  Vogel  an  einer  Zehe  von  einer  großen  Muschel  (Herzmuschel, 
coclde,  welche  etwa  1  x/2  Zoll  engl,  auf  2  Zoll  maß,  festgehalten  wurde.  Der 
Strandläufer  war  offenbar  in  die  geöffnete  Muschel  getreten,  die  sich  schloß 
und  die  eine  Zehe  einklemmte,  wie  ähnliches  von  Fröschen  und  Molchen  in 
unserer  Zeitschrift  mitgeteilt  ist.  (Jahrg.  VIII,  1867,  S.  236,  und  Jahrg,  X, 

1869,  S.  90.)  Nach  der  Zeitschrift  Nature,  28.  August  1890. 


375 


Der  Wapitikirsch,  Ccrvus  canadensis ,  wurde  auf  der  Herrschaft  Pleß 
in  Schlesien  im  Jahre  1861  in  14  Stück  reinen  Blutes,  die  von  dem  Grafen 
Arko  in  Berchtesgaden  erworben  waren,  ausgesetzt.  Das  Wild  hielt  sich  aber 
nicht  länger  als  4—5  Jahre,  indem  es  an  Entzündungen  der  Unterleibsorgane, 
deren  Ursache  nicht  ergründet  wurde,  einging.  Ebenso  ging  es  mit  drei  Stücken, 
die  1864  von  dem  Tierhändler  Reiche  in  Ahlfeld  erworben  waren.  Dagegen 
fielen  die  Kreuzungsversuche  mit  Edelhirschen  nach  jeder  Richtung  hin  über¬ 
raschend  gut  aus,  wie  ein  von  Kaiser  Wilhelm  I.  1876  erlegter  Kreuzungs¬ 
hirsch  bewies,  der  22  Enden  hatte  und  unaufgebrochen  499  Pfund  wog.  Das 
Kreuzungs  wild  erwies  sich  als  f  ortp  flan  zun  gs  fäh  ig  und  hat  sich 
gut  weiter  entwickelt,  ohne  daß  sich  die  genannten  Entzünd ungserscheinungen 
bei  ihm  gezeigt  hätten.  Der  zur  Kreuzung  benutzte  Wapiti  darf  aber  nicht  älter 
als  2  —  3  Jahre  sein,  weil  er  sonst  unseren  Hirschen  gegenüber  zu  hoch  steht. 

Versuche  mit  dem  Schweinshirsche  (Cervus  porcinus)  haben  zu  keinem 
guten  Ergebnisse  geführt,  obgleich  er  das  Klima  gut  erträgt,  da  er  hauptsäch¬ 
lich  im  Februar  und  März  briinftig  wird  und  nach  etwa  34  Wochen  im  November 
und  Dezember  setzt.  Die  Kälber  aber  ertragen  die  Winterkälte  nicht  und  gehen 
kümmerlich  zugrunde.  Man  hat  deshalb  auch  an  anderen  Orten,  wie  in 
Fürstenstein,  auf  der  Gräfl.  Solms-Baruthscben  Herrschaft  Klitschdorf  etc.  die 
Züchtungsversuche  mit  diesem  Hirsch  aufgegeben. 

Nach  Oberförster  Wild  im  Jahrb.  des  Schlesischen  Forstvereins  1889. 

Zur  Fütterung  der  Raubtiere.  In  den  deutschen  zoologischen 
Gärten  erhalten  die  Eisbären  auch  allgemein  Fische,  in  Hamburg  und  Köln 
auch  der  Jaguar  und  verschiedene  kleine  Raubtiere  ( Galictis ).  In  Dresden 
tränkt  man  den  Eisbären  das  Brot,  in  Köln  das  Fleisch  mit  Leberthran.  — 
Die  Preise  des  Fleisches  stellen  sich  in  den  verschiedenen  Gärten  wie  folgt: 
Köln  das  Pfund  17  Pfg,  ohne  Knochen,  welche  besonders,  das  Pfund  zu  10  Pfg. 
geliefert  werden;  Kalbfleisch  55  Pfg.  Hamburg  schlachtet  selbst,  Hannover 
läßt  sich  ein  ganzes  geschlachtetes  Pferd  liefern.  Frankfurt  bezahlt  das  Pfund 
Fleisch  mit  Knochen  mit  18  Pfg.,  Breslau  mit  14,  Dresden  mit  15;  Berlin 

mit  11  Pfg.  Protokoll  der  vierten  Konferenz  der  Direktoren  deutscher 

zoologischer  Gärten. 

Phosphorsaurer  Kalk  als  Futterzusatz.  Holfeld  in  Teplitz 
empfiehlt  in  einer  in  seinem  Selbstverläge  erschienenen  Broschüre  »Die  Be¬ 
deutung  des  phosphorsauren  Kalks«  etc.  dieses  Mittel  als  Zusatz  für  das 
Futter  gefangener  Tiere,  um  deren  Knochenbildung  zu  fördern.  Direktor 
Schöpf f  in  Dresden  versichert  dagegen,  daß  die  nach  dieser  Methode  ge¬ 
fütterten  Hirsche  nicht  stärker  werden  als  andere ;  dagegen  glaubt  er,  daß  eine 
Aufbesserung  durch  ungarisches  Wild  möglich  ist,  und  hat  die  Absicht,  solches 
kommen  zu  lassen.  Nach  seiner  Erfahrung  wirken  am  besten  Kastanien  und 
Eicheln,  die,  wenn  auch  schimmelig,  in  der  Kartoffelmühle  gemahlen,  gern 
gefressen  werden.  Protokoll  der  4.  Konferenz  der  Direktoren  deutscher 

zoologischer  Gärten. 

Eigentümliches  von  gefangenen  Tieren.  Bei  Vögeln  in  zoolo¬ 
gischen  Gärten  tritt  öfters  eine  Verkrüppelung  der  Federn  auf,  so 
z.  B.  bei  einem  Nashornvogel  im  Kölner  Garten;  bei  einem  Riesentukan  da- 


376 


selbst  half  das  Ausziehen  der  verkrüppelten  Federn,  worauf  die  Neubildung 
guter  Federn  eintrat.  Gegen  diese  Erscheinung,  deren  Ursache  noch  nicht 
erkannt  ist,  wurde  Kalkzufuhr  durch  Überreiben  des  Futters  mit  Sepiaschale 
empfohlen,  wie  auch  Sandbäder  für  den  Fall,  daß  Schmarotzer  die  Ursache 
sein  sollten.  —  Gegen  die  Unart  des  Federfressens  mancher  Vögel  ist  ein 
durchgreifendes  Mittel  ebenfalls  nicht  bekannt.  —  Im  Hamburger  Garten  kam 
ein  Fall  von  Kahllecken  und  -beißen  großer  Hautstrecken  bei  einem 
Panther  vor,  der  mit  der  Tötung  des  Tieres  enden  mußte.  —  Im  Berliner 
Garten  fraß  ein  junges  Kamel  schon  während  der  Säugezeit  der  härenden  Mutter 
die  Wolle  ab  und  füllte  sich  den  Pansen  damit  so  vollständig  an,  daß  es  zu 
Grunde  ging,  als  es  allein  fressen  sollte.  —  Im  Breslauer  Garten  stopfte  sich 
eine  Nilgau- Antilope  den  Magen  ganz  mit  Sand  voll,  und  im  Kölner  Garten 
darf  ein  Paar  Nilgau-Antilopen  nur  zum  Sprunge  zusammengebracht  werden, 
da  sic  sonst  einander  völlig  kahl  fressen. 

Protokoll  der  vierten  Konferenz  der  Direktoren  deutscher 
zoologischer  Gärten. 

Kamm  förmige  Bildung  an  Vogelkrallen.  An  der  dritten  Zehe 
einiger  Vögel  aus  verschiedenen  Ordnungen,  wie  bei  Eulen,  Reiher,  Nachtreiher, 
Rotgans  u.  a.  zeigt  die  Kralle  eine  kammförmige  Bildung.  Um  die  Bedeutung 
derselben  festzustelleu,  hat  E.  B.  Titchener  einen  jungen  Reiher  in  Gefangen¬ 
schaft  beobachtet.  Niemals  hat  derselbe  sein  Futter  mit  dem  Fuße  berührt 
und  der  einzige  Gebrauch,  den  der  Vogel  von  der  sägezähnigen  Kralle  machte, 
war  der,  sich  die  Wange  und  Kehle  damit  zu  kratzen.  Bei  dieser  Handlung, 
die  oft  nach  einer  Mahlzeit  ausgeführt  wurde,  bogen  sich  die  beiden  anderen 
Vorderzehen  jedesmal  zurück,  so  daß  die  dritte  frei  hinaus  stand.  Andere  Vögel, 
denen  die  Kammkrälle  fehlt,  benutzen  zum  Kratzen  die  Mittelzehe  allein,  auch 
scheint  der  Besitz  einer  solchen  Kralle  ihrem  Besitzer,  wegen  ihrer  seitlichen 
Stellung,  gerade  keinen  großen  Vorteil  zu  bieten. 

Nature,  4.  Dezember  1890. 

Das  Mähnenschaf  ( Ovis  tragelaphus )  aus  Nordafrika  ist  von  dem  Fürsten 
Waldemar  zur  Lippe  im  Teutoburger  Walde  in  verlassenen  Steinbrüchen, 
die  reichlich  mit  Wasser  verseheu  sind,  zur  Züchtung  ausgesetzt  worden. 
Die  Versuche  scheinen  nach  vielen  Verlusten  nun  doch  von  Erfolg  zu  sein. 
Die  Tiere  stammen  aus  zoologischen  Gärten  und  pflanzen  sich  jetzt  leidlich  fort, 
so  daß  man  daran  denkt,  sie  demnächst  ganz  in  das  Freie  zu  bringen.  Ein 
Bock,  1888  geschossen,  wog  uuaufgebrochen  288  Pfund.  Die  Brunftzeit  ist  in 
der  Regel  im  Oktober,  worauf  die  Geiß  nach  160  Tagen  ein  oder  zwei  Kitzchen 
setzt.  Die  Tiere  werden  mit  Mais,  Brot  und  Heu  gefüttert,  welch  letzteres  man 
ihuen  in  Raufen  legt. 

Nach  Oberförster  Wild  im  Jahrb.  des  schlesischen  Forstvereins  1889. 

Abhärtungsmethode  für  Tiere  zoologischer  Gärten.  Auf  der 
vierten  Konferenz  der  Direktoren  deutscher  zoologischer  Gärten  in  Köln  (Sep¬ 
tember  1890)  wurden  die  Erfahrungen  ausgetauscht,  die  betreffs  der  Über¬ 
winterung  auch  tropischer  Tiere  an  verschiedenen  Orten  gemacht  worden  siud. 
In  Frankfurt  a.  M.  kommen  sämtliche  Raubtiere  jeden  Tag  ins  Freie,  die 
gewöhnlichen  Affenarten  im  großen  Sprungkäfige  ebenfalls.  Die  Temperatur 
sinkt  im  Affenhause  nachts  bis  auf  4-  5°  R.,  und  trotzdem  hat  sich  die  Sterb- 


377 


lichkeit  in  der  letzten  Zeit  verringert.  Die  Antilopen  kommen  auch  alle  her¬ 
aus,  außer  bei  naßkalter  Witterung,  ebenso  die  Strauße,  Flamingo  und  der 
Sekretär.  Im  Vogelhaus  können  sämtliche  Vögel  stets  aus-  und  einfliegen,  und 
die  Zebrafinkeu  haben  während  des  Winters  im  Freien  Junge  großgezogen. 
Die  Känguruh  haben  nur  einen  offenen  Stall.  Auch  die  Raubvögel  sind  das 
ganze  Jahr  im  Freien,  sogar  die  als  zärter  betrachteten,  wie  Königsgeier  und 
Gaukler.  —  In  Köln  hält  man  eine  ganze  Anzahl  Antilopen  während  des 
Winters  im  Freien  wie  Hirsche,  und  man  denkt  diese  Zahl  noch  zu  vergrößern. 
Strauß  und  Emu  kommen  immer  heraus,  die  afrikanischen  Strauße,  sobald  der 
Boden  trocken  ist.  Die  Mehrzahl  der  Affen  kann  auch  während  des  Winters 
nach  Belieben  in  die  Außenkäfige.  —  In  Dresden  verbietet  das  feuchte  Klima 
solches  Verfahren,  weshalb  zum  Winter  fast  alle  Tiere  in  die  Häuser  kommen. 
Die  Raubtiere  werden  von  Mitte  Oktober  an  nicht  mehr  herausgelassen,  um 
dieselbe  Zeit  werden  Stelzvögel,  Schwimmvögel  und  auch  die  feineren  Fasanen 
ins  Haus  gebracht,  und  sogar  der  Eisbär  erhält  eine  Schutzwand  gegen  Zug. 

Nach  dem  Protokoll  der  vierten  Direktoren -Konferenz. 

Dresdener  Zoologischer  Garten.  Im  Jahre  1889/90  wurden  fol¬ 
gende  Tiere  geboren:  April  1889.  8  Heidschnucken,  Ovis  brachyceros  erice- 
torum.  2  westafrikanische  Schafe,  Ovis  aries  L.  africana.  1  Schweinshirsch, 
Cervus  porcinus.  5  Daliuatinerhunde,  Canis  dom.  var.  2  Bastardziegen  X  von 
Steinbock  und  Hausziege,  Capra  Ibex  X  Hircus  dom.  —  Mai.  1  Edelhirsch, 
Cervus  elaphus,  1  Schweinshirsch,  Cervus  porcinus.  1  Renntier,  Cervus  tarandus. 
8  Rehe,  Cervus  capreolus.  1  Goldbantam-Huhn,  2  Cou-Cou-Hühner,  3  silber- 
halsige  Dorkinghühner,  4  Creve-Coeurhühuer,  3  hellfarbeue  Brahmahühner, 
3_dunkelfarbene  Brahmahühner.  —  Juni.  1  Dromedar,  Camelus  Dromedarius. 
1  Guanaco,  Auclienia  huanaco.  2  Wapitihirsche,  Cervus  canadensis.  1  schwarzes 
Zwergzebu,  Bos  iaurus  ind.  var.  1  Damhirsch,  Cervus  Dama.  16  Braut¬ 
enten,  Aix  sponsa.  15  Landhühner,  6  silberhalsige  Dorkinghühner,  4  Sultans¬ 
hühner,  4  Houdanhühner,  2  La  Fleche-Hühner.  —  Juli.  1  Edelhirsch,  Cervus 
elaphus.  1  Bison,  Bos  americanus.  4  Coorialtauben,  2  Verkehrtflügeltauben, 
6  Lockentauben,  6  schwarze  Zitterhalstauben,  1  Lowtanstaube,  1  gelbe  Trom¬ 
meltaube,  2  Rothschnippentauben.  1  Jagd-  oder  Edelfasan,  Phasianus  colchi- 
cus.  5  blaue  Langshan -Hühner,  2  weiße  Langshan- Hühner,  4  schwarze 
Langshan-Hühner,  6  Kaul-  oder  Raulhühner,  5  Cochinbastardhühner,  8  dunkel- 
farbene  Brahmahühner,  2  hellfarbene  Brahmahühner,  1  braunes  Sumatrahuhn, 
15  Cou-Cou-Hühner,  4  Seidenhühner,  6  Plymouthrockhühner,  6  Thüringer 
Barthühner.,  —  August.  2  Puma,  Felis  concolor.  5  Dalmatinerhunde.  — 
September.  2  Meerschweinchen,  Cavia  Cobaya.  —  November.  56  weiße 
Mäuse,  Mus  dom.  var.  alba  —  Januar  1890.  17  weiße  Mäuse.  —  Februar. 
43  gewöhnliche  und  Angora- Meerschweinchen ,  Cavia  Cobaya.  40  weiße 
Mäuse.  1  Schweinshirsch,  Cervus  porcinus.  —  März.  5  Wildschweine,  Sus 
scrofa.  4  Dalmatinerhunde,  Canis  dom.  var. 

Daß  die  Räude  der  Hunde,  eine  Hautkrankheit,  welche  ähnlich  wie 
die  Krätze  bei  dem  Menschen  von  einer  Milbe  ( Sarcoptes  squamiferus )  herrührt, 
auch  auf  den  Menschen  übertragen  werden  kann  und  bei  diesem  Räude 
verursacht,  ist  wohl  längst  bekannt.  Prof.  Dr.  Fröhner  in  Berlin  hat 
darüber  in  einem  Vortrage  mitgeteilt,  daß  nach  seiner  Erfahrung  in  Berlin 


378 


jährlich  mehrere  hundert  Menschen  von  räudekranken  Hunden  angesteckt 

•  • 

werden.  In  einem  einzigen  Monate  hat  er  beispielsweise  21  Fälle  von  Über¬ 
tragung  der  Sarcoptesräude  auf  den  Menschen  festgestellt.  Diese  Übertragungen 
auf  Kinder,  Frauen  und  auch  Männer  lassen  sich  in  der  Poliklinik  der  tier¬ 
ärztlichen  Hochschule  zuweilen  täglich  nachweisen.  Manchmal  sind  ganze 
Familien  von  einem  räudekranken  Hunde  angesteckt.  Die  Übertragung  geschieht 
durch  das  Berühren  und  Liebkosen  der  Hunde;  besonders  gefährlich  hat  sich  das 
Herumtragen  sowie  das  Mit-  ins-  Bettnehmen  derselben  erwiesen.  Die  Krankheits¬ 
erscheinungen  bei  den  Menschen  bestehen  in  einem  äußerst  juckenden  Knötchen- 
ausschlage  an  den  Händen,  Armen,  dem  Halse,  an  der  Brust,  am  Oberleib 
und  zuweilen  am  ganzen  Körper.  Die  Krankheitsdauer  kann  mehrere  Wochen 
betragen,  auch  ist  die  Krankheit  von  Mensch  zu  Mensch  übertragbar.  Das 
dürfte  neben  vielem  Anderen  Grund  genug  sein,  vor  einem  vertrauten  Umgänge 
mit  dem  Hunde  zu  warnen,  der  häufig  schon  an  der  Räude  erkrankt  ist,  bevor 
sein  Herr  noch  eine  Ahnung  davon  hat. 

Nach  dem  „Weidmann“,  5.  Dezember  1890. 

Zoologischer  Garten  zu  Basel.  Am  31.  Dezember  1889  hatte  der 
Garten  einen  Bestand  von  92  Säugetieren  in  35  Arten,  von  378  Vögeln  in 
116  Arten  und  von  1  Reptil,  im  ganzen  von  471  Tieren  in  152  Arten  im 
Werte  von  Frcs.  14,110.  Geboren  wurden  1889  im  Garten  45  Säugetiere, 
worunter  2  totgeborne  Leoparden  und  59  Vögel.  Mit  Tod  gingen  ab  33 
Säugetiere  und  138  Vögel.  Es  wurden  ausgegeben  100,180  Eintrittskarten 
für  Frcs  40,496.05.  Der  stärkste  Besuchstag  war  der  30.  Juni  (letzter  Tag 
der  Somali-Ausstellung)  mit  8024  Personen  ä  50  Cts.  Das  Jahr  1889  brachte 
einen  Betriebsausfall  von  Frcs.  2179.61,  der  aber  durch  freiwillige  Beiträge 
und  Geschenke  mehr  als  gedeckt  werden  konnte.  Die  Einnahmen  betrugen 
Frcs.  41,082.10,  die  Ausgaben  Frcs.  43,261.71. 

(Nach  dem  Jahresbericht  1889.) 

Das  Auerochsenwild  in  den  Waldungen  des  Fürsten  von 
Pleß  in  Schlesien  wurde  1855  aus  Bialovisz  bei  Bialistok  in  einem  dreijährigen 
Stiere  und  drei  ebenso  alten  Kühen  eingeführt,  nachdem  der  letzte  Auer 
Deutschlands  1775  in  Preußen  von  zwei  Wilddieben  geschossen  worden  war, 
welche  dafür  mit  je  zehnjähriger  Festungshaft  bestraft  wurden.  In  dem  Tier¬ 
garten  des  Revieres  Mezensitz,  Oberförsterei  Pleß,  wurden  innerhalb  34  Jahren 
von  oben  genanntem  Bestände  geboren  16  Stiere  und  17  Kühe.  Durch  Tod  an 
Krankheit  (12),  im  gegenseitigen  Kampfe  (2)  oder  durch  Abschießen  (11)  gingen 
25  Tiere  ein,  so  daß  der  gegenwärtige  Bestand  nur  noch  4  Auer  und  4  Tiere 
(Kühe)  ausmacht.  Es  hat  sich  ergeben,  daß  die  Tiere  in  der  Brunft  an  keine 
bestimmte  Jahreszeit  gebunden  sind  und  daß  infolge  dessen  zu  ungünstiger 
Zeit  geborene  Kälber  leicht  zugrunde  gehen;  daß  männliche  und  weibliche 
Tiere  fast  immer  in  gleicher  Zahl  vorhanden  sind,  und  daß  die  Kühe  häufig 
so- milcharm  sind,  daß  in  der  Zeit  von  sieben  Jahren  fünf  Kälber  deshalb 
starben;  letztere  sowohl  wie  auch  die  Kühe  nehmen  das  Eintreten  anderer 
Milchkühe  als  Ersatz  nicht  an.  Im  Sommer  sind  die  Tiere  sehr  scheu,  im 
Winter  aber  kommen  sie  zu  den  Raufen,  um  das  aufgelegte  Heu  zu  nehmen. 
Gegen  zahme  Rinder  und  Hunde,  besonders  dunkel  gefärbte,  zeigen  sie  große 
Abneigung.  Zur  Blutauffrischung  wurde  1883  ein  Stier  gegen  einen  solchen  aus  dem 


379 


Berliner  zoologischen  Garten  ausgetauscht.  Dieser  gewöhnte  sich  bald  an  das 
Rudel  und  hat  nun  nach  Abschuß  des  ältesten  Stieres  die  Führerschaft  über¬ 
nommen,  bis  jetzt  aber  noch  keine  Nachkommen  erzielt. 

Nach  Oberförster  Wild  im  Jahrbuche  des  Schlesischen  Forstvereins.  1889. 


Litte  r  atu  r. 


Die  Myoxidae  oder  Schläfer.  Ein  Beitrag  zur  Osteologie  und  Systematik 
der  Nagetiere.  Von  Dr.  C.  L.  Reuvens.  Mit  4  Tafeln.  Leiden.  P.  W. 
M.  Trap,  1890.  gr.  4°. 

Die  vorliegende  Monographie  der  Myoxiden  ist  sowohl  als  Inaugural- 
Dissertation  wie  auch  in  dem  Buchhandel  erschienen;  sie  behandelt  in  ein¬ 
gehender  Weise  die  Familie  der  Schläfer,  indem  sie  zum  Eingang  nicht  nur  ein 
Litteraturverzeichnis,  sondern  auch  noch  eine  Besprechung  der  Vorarbeiten 
über  ihr  Gebiet  gibt,  soweit  diese  die  Einteilung  des  Materials  und  ebenso  die 
osteologiscken  Verhältnisse  der  behandelten  Tiere  betreffen.  Nachdem  alsdann 
Vergleiche  gezogen  sind  zwischen  den  Myoxiden  und  ihren  Verwandten,  den 
Eichhörnchen  und  Mäusen,  werden  5  Subgenera  mit  14  Arten  genau  nach 
osteologischen  und  äußeren  Kennzeichen,  nach  Vorkommen  und  allem  be¬ 
handelt,  wes  die  Systematik  der  Schläfer  angeht.  In  ausgedehnter  Weise  hat 
Verfasser  das  in  den  Museen  aufgespeicherte  Material  für  seine  Arbeit  benutzt, 
und  so  ist  seine  Arbeit  eine  erschöpfende  und  zugleich  gute  geworden. 
4  Tafeln  enthalten  Abbildungen  der  Myoxidenschädel  und  Gebisse. 

N. 


Die  Tagfalter  (j Rhopalocera)  Europas  und  des  Kaukasus,  analytisch 
bearbeitet  von  K.  L.  Bramson.  Mit  1  Tafel.  Kiew.  Verlag  des  Ver¬ 
fassers.  1890. 

Den  Schmetterlingssammlern  wird  hier  eine  analytische  Bearbeitung 
sämtlicher  Tagfalter  Europas  geboten,  und  sie  werden  eine  derartige  über¬ 
sichtliche  Darstellung  günstig  aufnehmen,  wenn  sie  sich  überzeugt  haben,  wie 
klar  und  bezeichnend  die  Familien,  die  Gattungen  und  dann  die  Arten  ge¬ 
kennzeichnet  sind.  Da  Unterzeichneter  selbst  zu  wenig  Fachmann  auf  diesem 
Gebiete  ist,  hat  er  das  vorliegende  Buch  dem  kürzlich  verstorbenen  Lepidop- 
terologen  Saalmüller,  dem  Herausgeber  des  vorzüglichen  Werkes  über  die 
Schmetterlinge  Madagaskars,  zur  Begutachtung  übergeben,  und  dieser  hat 
ihm  sein  volles  Lob  darüber  ausgesprochen.  Für  eine  folgende  Auflage  würde 
es  sich  vielleicht  empfehlen,  die  Auffindung  der  Arten  durch  Hinzufügen  ana¬ 
lytischer  Tabellen  zu  erleichtern.  N. 


Die  geographische  Verbreitung  der  Cochenillezucht  mit  einer 
Übersichtskarte.  Tnaugural  -  Dissertation  von  Dr.  Eduard  Wiepen.  Köln 
1890.  Druck  von  J.  B.  Heimann. 

Ehe  die  billigen  und  ausgiebigen  Anilin-  und  besonders  Azo-Farben 
gefunden  waren,  hatte  die  Zucht  der  Cochenille  eine  große  Bedeutung  für  die 


380 


Länder  in  welchen  sie  betrieben  werden  konnte.  Als  die  Spanier  nach  Mexiko 
kamen,  fanden  sie  bei  den  Eingeborenen  den  Gebrauch  vor,  ihre  Wollstoffe 
mit  dieser  Schildlaus  rot  zu  färben,  und  da  die  Farbe  diejenige,  die  man 
seither  von  der  Kermesschildlaus  in  Europa  gewonnen,  an  Schönheit  und  Glanz 
bei  weitem  übertraf,  so  wurde  sie  in  das  Mutterland  eingeführt.  Lange  Zeit 
war  Mexiko  der  Lieferant  der  Cochenille,  bis  sie  1811  auch  in  Guatemala 
gezogen  wurde,  wo  sie  vorzüglich  gedieh.  Honduras,  San  Salvador  und  Nica¬ 
ragua  kultivierten  dieselbe  nur  zeitweise.  Als  der  Abfall  Mexikos  von  Spanien 
drohte,  brachte  ein  patriotischer  Spanier  den  Nopal  ( Opuntia  coccinellifera ) 
mit  dem  darauf  lebenden  Insekte  nach  Cadix,  worauf  an  manchen  Orten  des 
südlichen  Spaniens  die  Cochenillezucht  versucht  wurde;  aber  ohne  großen 
Erfolg.  Anders  lag  die  Sache,  als  1826  die  Cochenille  von  Cadix  nach  den 
Canarischen  Inseln  verpflanzt  wurde.  Auf  dem  vulkanischen  Boden,  der  mit 
Guano  fleißig  gedüngt  wurde,  und  in  dem  milden  gleichmäßigen  Klima  nahm 
die  neue  Kultur  bald  einen  derartigen  Aufschwung,  daß  die  Produktion  der 
Inseln  bald  die  Mexikos  bedeutend  übertraf*)  und  der  Wohlstand  der  Inseln 
sich  dadurch  außerordentlich  hob.  Gewiß  ist  es  von  Interesse,  einen  einst  so 
wichtigen  und  interessanten  Kulturzweig  in  seiner  Geschichte,  in  seinem 
Wesen  und  in  seiner  Bedeutung  für  Handel  und  Technik  genau  kennen  zu 
lernen,  und  dazu  hat  die  vorliegende  fleißige  Monographie  das  Material  in 
gewissenhaftester  Weise  geliefert.  Hoffentlich  wird  die  Dissertation  auch  durch 
den  Buchhandel  weiteren  Kreisen  zugänglich  gemacht  werden.  N. 

*)  Vergl.  hierüber  den  Aufsatz  von  H.  Honegger  in  unserer  Zeitschrift  „Einführung 
und  Kultur  der  Cochenille  auf  den  Canarischen  Inseln.  XX.  Jalirg.  1879,  S.  10.  N. 


Bücher  und  Zeitschriften. 

Prof.  Dr.  F.  Leydig.  Intra-  und  interzelluläre  Gänge.  Aus  dem  „Biologischen  Centralblatt. 
Bd.  X.“  Erlangen.  Eduard  Behohl.  1890. 

Jahresbericht  der  Naturhistorischen  Gesellschaft  zu  Nürnberg.  1889.  Nürnberg. 
Hermann  Ballhorn.  1890. 

Katalog  der  Ausstellung  des  Vereins  der  Aquarien-  und  Terrarienliebhaber  zu  Berlin. 
Berlin.  C.  Behrens.  1890.  40  Pf. 

Dr.  Aug.  Otto.  Zur  Geschichte  der  ältesten  Haustiere.  Breslau  Preuß  und  Jünger. 
1890.  8°.  78  Seiten.  1  M.  50  Pf. 

Prof.  Dr.  Altum.  Ergebnisse  der  Untersuchung  von  Kiefernspinnercocons  zur  Winterzeit. 

Zeitschr.  f.  Forst- u.  Jagdwesen,  von  Dr.  Danckelmann.  1890.  Berlin.  Jul.  Springer. 
Brehms  T  i  e  r  1  e  b  e  n.  3te  Auflage  ,  bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Pechue  1-Loesche. 

2.  Band.  Säugetiere.  Leipzig  und  Wien.  Bibliographisches  Institut.  1890. 

Dr.  Ernst  Schaff.  Ornitliologisches  Taschenbuch  für  Jäger  und  Jagdfreunde:  Tabellen 
zur  Bestimmung  sowie  Beschreibungen  aller  in  Deutschland  vorkommenden  jagbaren 
Vögel.  Mit  18  Abbild.  Neudamm.  J.  Neu  mann.  1891.  8°.  193  Seiten.  Geb.  3  M. 
Bruno  Dürigen.  Deutschlands  Amphibien  und  Reptilien.  Erste  Lieferg.  Magdeburg. 

Creutzsclie  Verlagsbuchhandlung.  1  M.  25.  Pf. 

Bronns  Klassen  und  Ordnungen  des  Tierreichs.  6.  Band.  5  Abteil.  Säuge¬ 
tiere,  von  Prof.  Dr.  W.  Leche.  35  und  36  Lieferg.  Leipzig  u.  Heidelberg.  C.  F. 
Winter.  1890. 

Bulletin  de  la  Societe  Imperiale  des  Naturalistes  de  Moscou.  Annee  1890.  No.  2. 
Moscou  1890. 

Prof.  Dr.  Emil  Selen  k  a.  Zur  Entwickelung  der  Affen.  Sitzungsberichte  der  Königl. 

Preuß.  Akademie  der  Wissenschafien  zu  Berlin.  XLV11I.  1890. 

Heinr.  Freiherr  Schilling  v.  Ca  n  statt.  Durch  des  Gartens  kleine  Wunderwelt. 
Frankfurt  a.  O.  Trawitzsch  &  Sohn.  1890.  Erste  Lieferung. 

Dr.  F.  A.  Jentink.  On  Strepsiceros  Kudu  and  Str.  imberbis.  —  On  Rhinoceros  simus  in 
the  Leyden  Museum.  —  Notes  from  the  Leyden  Museum.  Vol.  XII.  1890. 

Nachdruck  verboten. 


Druck  von  A.  Mahlau  (Fa.  Mahlau  &  Waldsclimidt).  Frankfurt  a.  M. 


Register 


Aberglauben,  zoologischer,  in 
Russland  20. 

Abbildungen :  Andenhirsch 

231,  Becken  für  Seelöwen  3, 
Brillenpinguin  259. 

Abhärtung  der  Tiere  376. 

Abnahme  des  Tierreichtums 
nach  Norden  40. 

Acanthis  cannabina  282. 

Acclimatisationsversuche  am 
JDnjepr  62,  in  Deutschland 
375,  376,  378. 

Actinia  equina  9. 

Actinien  d.  schwarz.  Meeres  6. 

Adresse  des  Herausgebers  352. 

Affe,  grüner  159,  Schweins-  266. 

Affe  und  Spiegel  286. 

Alfen  auf  Barbados  159. 

Afrika,  Reptilien  335. 

Agrion  virgo  222. 

Agrotis  spina  240. 

Ailurophis  vivax  142. 

Albatros  23,  323. 

Alca  torda  263. 

Alcedo  ispida  346. 

Aleuten,  Pelztiere  95. 

Algier,  Heuschreckennot  309. 

Alligator  351. 

Alpaka  24. 

Alter  eines  Pferdes  61. 

Amblyrhynchus  cristatus  134. 

Ameisen,  die,  von  Marshall 
224,  Menge  42. 

Amphibien,  Wachstum  340. 

Amsel,  Schwanz-  157,  171. 

Anas  acuta  346,  boschas  346, 
clangula  346 ,  clypeatn  369, 
crecca  346,  Penelope  346,  quer- 
quedula  346. 

Anoa  depressicornis  254. 

Anodonta  cellensis  17 ,piscinalis  17. 

Anodonten,  Wachstum  16. 

Anpassungsfarben  165, -fähig- 
keit  327. 

Anstrich  für  Eisenteile  287. 

Antilope  bezoartica  113,  neue  53, 
tibetische  112. 

Antilopen  des  Himalaya  104. 

Aquarium,  Becken-,  ge¬ 
mauertes  46,  83,  143,  363. 

Aquarium  Frankfurt  a.  M. 
204,  Köln  217,  Paris  211,  280. 

Aquarium  mit  Tieren  aus  dem 
schwarzen  Meere  6. 

Ardea  minuia  346. 

von  Argyll  324. 

Argyroneta  aquutica  143. 

Artbegriff  161. 

Arten,  ihre  Entstehung  321. 

Arvicola  nivalis  158. 

Ascidien  des  schwarzen 
Meeres  6. 

Asinus  taeniopus  209. 

Asellus  aquaticus  148. 

Aspisviper  12. 

Assel,  Wasser-  148,  Land-  148. 

Atmung,  Darm-  347. 

Auerhahn,  Dreistigkeit  21. 

Auerochsjagden27,  Einbürge¬ 
rung  378. 

Ausfuhr,  Austern-  158. 

Ausstellung,  Fischerei-  215, 
Jagd-  215,  351,  Katzen-  285, 
Paris  211. 

Austernausfuhr  a.  Holland  1 58. 

Ausstopfer  in  Lenkoran  281. 

Australien,  Büffel  28. 


Bachstelze,  Gebirgs- 18,  weiße 
318. 

Baianus  improvisus  9. 

Bänke,  Schwamm-,  bei  Sizi¬ 
lien  28. 

Badeschwamm,  Leben  97. 

Barbados,  Affen  159. 

Bär,  brauner  158,  Eis-  24,  124, 
Ussuri-  289. 

Bastard  von  Auerhulin  und 
Birkhuhn  208,  v.  Birkhuhn 
u.  Haselhuhn  208,  v.  Edel- 
u.  Steinmarder  61,  v.  Esel 
u.  Hemionus  158,  v.  Hund  u. 
Wolf  211,  v.  Hofhund  und 
Samojedenhund  92,  v.  Pferd 
u.  wildem  Esel  250,  v.  Schaf 
und  Ziege  123,  v.  Wapiti- 
und  Edelhirsch  375. 

Baukünstler,  kleiner  252. 

Baumläufer  282. 

Becken  für  Seelöwen  3. 

Beckenaquarium,  von  Buck  46, 
83,  143,  363. 

Befruchtung,  ihre  Bedeutung 
325. 

Begriff  d.  Entfernung  fehlt  350. 

Beiträge,  eingegangene  32,  64, 
96,  128,  192,  256,  320,  352. 

Beize,  Falken-  2i5. 

Beobachtungen,  zoogeogra¬ 
phische  39,  65. 

Berlin,  Hunde  319. 

Beschneidung  323. 

Biber  158. 

Bithynia  364. 

Black  buck  113. 

Blattschneider,  gemeiner  252. 

Bogong  241. 

Bombin ator  igneus  340,  pachypus 
340. 

Borkenratte  195. 

Borstenbinse  48. 

Bramson,  Tagfalter-  379. 

Brelnns  Tierleben  288. 

Brieftauben,  Hin-  und  Rück¬ 
flug  96. 

Bronn,  Klassen  und  Ord¬ 
nungen  32. 

Brutmaschinen  124. 

Bubalus  mindorensis  254. 

Büffel,  in  Australien  28,  Ur-  254. 

Bufo  variabilis  16  t,  vulgaris  136. 

Bukri  109. 

Burrell  104. 

Bussard,  Mäuse-  157. 

Bütschli,  Protozoa  32. 

Bythotrephes  lonyimanus  152. 

Cacatua  roseicapillus  121. 

Callopeltis  Aesculapii  141,  quadri- 
lineatus  141,  336. 

Calamodyta  palustris  346. 

Galoptenus  italicus  310. 

Cants  procyonides  291. 

Capra  megaceros  109,  Sibirien  107. 

Capreolus  leucotis  232. 

Capschaf  123. 

Carcinus  maenas  6. 

Cardamine  pratensis  49. 

Carychium  365. 

C’avia  apareu  247,  Cutleri  247. 

Ceder,  Libanon-  251. 

Cercopithecus  callitrichus  159, 
erythrarchus  266,  leucampyx 
267,  albigena  267,  ater rimus 261 . 

Cerniodaphnia  quadrangula  149. 


Certhia  famil.  brachydactyla  282. 
Cervus  antisiensis  228,  canadensis 
375,  chilemis  228,  Maral  247, 
paludosus  233,  porcinus  375. 
Cetonia  aurata  224. 

Chamäleon  163. 

Chinkara  113. 

Chiton  variegatüs  9'. 
Chromatophoren  d.  Fische  373. 
Cigua  343. 

Citronfalter  45. 

Cladophora  linoides  46. 
Cochenillezucht  v.  Wiepen  379. 
Coelopeltis  lacertina  142,  335,  Neu- 
mayeri  76. 

Coronella  austriaca  140,  339,  ge- 
tulus  Sayi  74,  338. 

Corvus  frugilegus  207,  pica  173. 
Cottonworni  44. 

Cotyle  riparia  282. 

Crax  carunculata  120. 

Creagoceros  antisiensis  233. 

Crex  pratensis  333. 

Cricetus  frumentarius  208,  210. 
Cynomys  ludovicianus  350. 
Cyprinus  carpio  57. 

Cypselus  apus  301. 

Dachs  283,  Fortpflanzung  209. 
Ducelo  gigas  120. 

Damalis  hunteriifö,  senegalensis53. 
Dandalus  rubecula  318. 

Daphnia  hyalina  148. 
Darmatmung  347. 
Darwinismus  321. 

Delphinus  delphis  261. 

Diogenes  varians  6. 

Diomedea  exulans  23,  123. 
Discoglossus  pictus  339. 

Dohle,  Schaden  297. 

Dohlen  und  Hühnereier  21. 
Dressur  von  Tieren  350. 
Drossel,  Ring-  94,  Schwarz- 
171,  Sing-  251. 

Dryocoetes  autographus  25. 
Dryocopus  martius  25. 

Egel,  Fisch-  auf  Salinen  344, 
Sumpf-  366. 

Egypten,  Wachtelausfuhr  127. 
Eichhörnchen,  Pilze  fressend 
284,  347,  Schaden  300. 

Eier,  Winter-  151. 
Eigenheiten  gefang.  Tiere  376. 
Einbürgerung  s.  Acclimati- 
sation. 

Eintagsfliegen  86. 
Eisenanstrich  287. 

Eisbär,  Fortpflanzung  124,  Ge¬ 
burt  24. 

Eisvogel  346. 

Eiszeit  320. 

Blaphis  cervone  141,  336,  338, 
quaterradiatus  7 6. 

Elefant  344,  Brunft 209, Dressur 
350,  Empörung  58. 

Elk  304,  Elken  304. 

E  odea  canadensis  17. 

Elritze  56,  373. 

Elster  173,  282. 

Emys  lutaria  209. 

Ente,  Benehmen  348,  Haus- 
318,  Löffel-  369. 

Enten  auf  dem  Main  346. 
Entstehung  der  Arten  321,  der 
Schutzfarben  161. 

Epeira  diadema  163. 

Equus  bisulcus  227. 


382 


Erblichkeit  161,  322. 
Erklärung-  251. 

Eryx  jaculus  143,  365. 

Esel,'  Wild-  209. 

Eule,  Dorn-  240. 

Euspongia  officinalis  98. 

Falco  bubylonicus  216. 

Falk,  Baum-  27. 

Falkenbeize  215. 

Falter,  Citron-  208,  Tag-,  v. 

Bramson  379. 

Fang  der  Wale  216. 

Farben;  Schutz-  161. 
Farbenänderung  bei  Puppen 
327. 

Färbung  der  Arten  162. 
Fasan,  Glanz-  159,  Impeyan- 

m. 

Fatio,  Faune  des  Vertebres  de  la 
Suisse  254. 

Fauna  pisciutn  Germamae  352, 
Säugetier- in  Frankreichl58. 
Faune  des  Yertrebes  de  la  Suisse 
par  Fatio  254. 

Federn,  Fressen  der,  376,  Ver¬ 
krüppelung  375. 

Felis  Irbis  291,  lynx  223. 
Fichten,  verwachsene  22. 
Fisch,  Mai-  345. 

Fische,  Edel-  der  Schweiz  254. 

Hochzeitskleid  56,  Platt-163. 
Fisclier-Sigwart,  Tierleben  im 
Terrarium  127. 

Fischerei,  Flußperlen-  126. 
Fischfang  in  Russland  210. 
Fixierung  erworbener  Eigen¬ 
schaften  327. 

Fleisch,  Pferde-  126. 

Fliege,  Köcher-  86,  Flor-  88, 
Fliegenfänger  grauer  282. 
Flora,  Aquarium  217. 
Flugpfeifen  215. 
Flußperlentischerei  126. 

Fraß,  Raupen-  43. 

Fregatte  95. 

Friderich,  deutsche  Vögel  351. 
Fringilla  cannäbina  282. 

Frosch ,  Land-  114 ,  Laub- 
164,  Farbe,  gefräßiger  339 
Wasser-  Färbung  163. 
Froschjagd,  westfälische  114. 
Fruchtbarkeit d.  Bastardei  24. 
Fulicu  atra  238.  chloropus  251. 
Furcifer  antisiensis  228. 
chilensis  228. 

Fußrudimente ,  sogen.,  der 
Schlangen  154. 

Fütterung  der  Raubtiere  375. 

Galium  palustre  49. 

Gallinula  crex  833. 

Gammarus  locusta  8,  pulex  147. 
Garrulus  cristatus  120. 
Gastropacha  pini  282. 

Gauch  270. 

Gazella  Bennettii  113. 

Gazelle,  tibetische  114. 
Geburten  in  zoolog.  Gärten 
24,  63,  124,  129,  159, 190,  193, 
209,  319,  377. 

Gecinus  viridis  26,  91. 
Gefiederte  Welt  von  Ruß  128. 
Gemse  158,  Himalaya-  111. 
Genuß  des  Pferdefieisclis  126. 
Gepard  182. 

Gewohnheiten  junger  Hirsche 
253. 

Gift,  Fliegen-  287. 

Glacialzeit  320. 


Goa  113. 

Gobio  fluviatilis  373. 

Gongylus  ocellalus  338. 

Goral  111. 

Goucli  269. 

Goura  Steursi ,  Paarung  369. 
Gulo  boreulis  208 
Gutzgauch  270. 

Gynmorhina  tibicen  120. 

Haarfressen  der  Tiere  376. 
Haarwechsel  bei  Seelöwe  36. 
Hamster  208,  210. 

Häntling  282. 

Hartebeest,  Senegal.  53. 
Hartert  contra  Müller  251. 
Hase,  Feld-,  schwarzer  93. 
Häufigkeit  der  Tierarten  und 
Individuen  40. 

Hecht  345. 

Heher,  Blau-  120, 

Helgoland,  Lumme  234. 
Heller,  Urbüffel  v.  Celebes  254. 
Remionus ,  Bastard  158. 
Hemitragus  jemlaicus  110. 
Hermelin  357. 

Herumstreicher  295. 
Heuschreckennot309,  -plage66. 
Himalaya,  Horntiere  des  104. 
Hippocamelus  dubius  228. 
Hippospongia  equina  98. 

Hirsch,  Anden-  227,  Dam-  158, 
Edel-  158,  Gabel-  229,  Ge¬ 
wohnheit-  253,  persischer247, 
Riesen-  214,  Schweins-  375, 
Wapiti-  375. 

Htrunao  riparia  346. 

Huamela  leucotis  232. 

Huhn,  Hasel-  157,  Steppen-  25. 
Hühnerrasse,  neue  31,  Hokko- 
120. 

Hund,  Aberglaube  21,  Be¬ 
nehmen  bei  Verlust  seines 
Genossen  23,  der  Steinzeit 
213,  Hyänen-  24,  Prairie-  350, 
Viverren-  291,  Räude  377. 
Hunde  in  Berlin  319. 

Hyla  arborea  165. 

Hylobales  leuciscus  215. 

Rypnum  nitens  51. 

Hypotriorchis  subbutco  27. 
Bystrix  cristata  247,  longicauda 
247. 

Idmais  pleione  45. 

Iharrel  112. 

Iltis  304,  -Täuschung  253. 
Institute,  zoologische  246. 
Inzucht  325. 

Insel,  Vogel-  303. 

Irbis  182. 
lsolepis  gracilis  48. 

Jabeau  248. 

Jagd,  Affen-  250,  Auerochs- 
27,  in  Norwegen  27,  Frosch-, 
westfälische  114,  Pelztier-, 
auf  den  Aleuten  95. 
Jagdausstellung  351. 

Jaguar  182. 

Jahrbuch,  ornithologisches, 
v.  Tschusi  32. 

Jardin  d'Acclimatation  277. 
Jardin  des  Planles  245. 

Käfer,  Borken-  25,  Rosen-  224, 
Käfige,  Flug-,  in  zoologischen 
Gärten  122. 

Kakadu,  Rosen-  121. 

Kalk,  phosphorsaurer  zum 
Futter  375. 

Kammbildung  an  Krallen  376. 


Kampf  von  Schwarzdrossel 
mit  Reptilien  171. 

—  zwischen  Vogel  u.  Fisch  95. 
Kanarienvogel  von  Russ  64. 
Kaninchen  279. 

Katze,  malayische  94,  Wild- 
158,  193,  284. 
Katzenausstellung  285. 

Katzen  d.  Berliner  Gartens  179, 
durch  Fliegen  vergiftet  237. 
Keimzellen, ihre  Bedeutng  325. 
Kenias  Hodusmii  112. 

Iverbert,  Dr.  Direktor  256. 
Kiefernspinner  282. 

König,  W  achtel-333,  Zaun-330. 
Könige,  zwei  gefangene  330. 
Kormoran  71. 

Korrigum  53. 

Kranichzug  208. 

Krankheiten  bei  Tieren  283, 
341,  353. 

Kras  110. 

Krähe,  Raben-  284,  297,  Saat- 
157,  207,  297. 

Krallen,  Kammbildung  376. 
Krebs,  Einsiedler-  7,  10  (Ver¬ 
schleppung)  342,  Floh-  147, 
-Fluss-  346. 

Krebse  des  schwarzen  Meeres 
6,  Mengen-  41. 

Kreuzotter  308. 
Kreuzschnabel,  Fichten-  28. 
Kreuzung  325. 

Kröte,  Sprachliches  200, 
Wechsel-  164. 

Kröten,  Wachstum  340. 
Krokodil,  wandernd  350. 
Kuckuck,  brütet  er?  182,  283, 
313,  Sprachliches  269. 
Kuckuck,  Direktor  64. 

Kulan,  Bastard  250. 

Kumbuk  344. 

Labkraut,  Sumpf-  49. 
l.acerta  agilis  172,  134,  occellata 
134,  338,  pater  338,  viridis  134. 
Lamarckismus  321. 
Landeinsiedlerkrebs,  Ver¬ 
schleppung  342. 

Lapunder  267. 

Leben  des  Badeschwammes97. 
Leierschwanz  248. 

Lemming  68. 

Lemna  trisulca  48. 

Leopard  181. 

Leptodora  hyalina  150. 
Leucaspius  delineatus  56. 

Lepvis  aquilonius  93,  Lehmatmi 
93,  medius  93,  timidus  93, 
variabilis  93. 

Libellula  depressa  222. 

Limnaea ,  Arten-  17,  346,  363. 
Limnobates  stagnorum  85. 
Liparis  Monaclia  283. 

Litteratur  32,  64,  96,  127,  160, 
192, 223, 254,  288,320,  351,  379. 
Lophophorus  impeyanus  159. 
Löwe  24,  Rassen  179. 

Löwe,  See-,  s.  Seelöwe. 

Loxia  curvirostra  28. 

Luchs,  europäischer  158. 

—  im  Harz  223. 

Lumme  auf  Helgoland  234. 
Lungenseuche  bei  Reh  283. 
Lunuluria  vulgaris  53. 

Lycaon  pictus  24. 

Lycosa  saccata  146. 

Ma  cucus  cynomolgus  250,  nemes- 
trinus  leoninus  266. 
Macroscincus  Coctei  134. 


x 


383 


Mähnenschaf  376. 

Main,  unterer  345. 

Mammut  191. 

Marchantia  polymorpha  52. 

Marder.  Bastard-  61,  Baum- 
166,  Edel-  166,  Haus-  242, 
Stein-  242,  2o3. 

Marshall,  die  Ameisen  224. 

Maulwurf,  sechsfarbiger  154. 
Maus,  Wald-  222. 

Mauser  hei  Pinguin  36. 

Meerkatze,  rotrückige  266, 
schwarze  267. 

Meerschweinchen,  einfarb.247. 

Megachile  centuncularis  252. 

Meise,  Sumpf-  262. 

Merura  superba  248. 

Metzelei,  Robben-  26. 

v.  Meyer,  Ortsbewegung  der 
Tiere  160. 

Milan  208. 

Milben,  Land-143, Wasser- 143. 

Mxlvus  ater  1 08,  regalis  208. 

Moderlieschen  56. 

Molche,  Arten  339. 

Molge  vulgaris  399. 

Monatsschrift  zumSchutze  der 
Vogelwelt  127. 

Moose,  Laub-  50,  Leber-  50. 

Moskau, Zoologisch.9i  ,157, 207 . 

Mosquito-Plage  65. 

Motacilla  alba  318,  sulphurea  18- 

Möwen  auf  dem  Main  346. 

Mücke,  Büschel-  88,  Stech-  88. 

Mücken  der  Moore  41. 

Mückenplage  65. 

Mufflon  in  Ungarn  190. 

Munal  lll.  •. 

Mundfäule  bei  Schlangen  341. 

Mus  rattus  155,  156,  281,  silva- 
ticus  222. 

Muscicapa  grisola  282. 

Museum  d'histaire  naturelle  246. 

Müller,  Gebr.,  contra  A. Walter 
182. 

Murmeltier  159. 

Muschel,  Erbsen-  365,  Herz- 
u.  Strandläufer  374. 

Muscheln,  Main-  346,  des 
schwarzen  Meeres  6,  Teich-, 
Wachstum  16. 

Mustela  erminea  357,  foina  191, 
242,/ oma-martes  61,' martes  166, 
putonus  304. 

Mygale  verschleppt  21. 

Myoxidae  v.  Reuvens  379. 

Mgtilus  edulis  9. 

Nachtigall  251. 

N  ahrung  der  giftlosen  Schlan¬ 
gen  134. 

yassa  reticulala  9. 

Natter,  Eidechsen-  142,  glatte 
139,  Hufeisen-  142,  Ketten- 
74,  338,  Leoparden-  141, 
Ringel-  137,  Schling-  140, 
Sprenkel-  74,  Streifen-  338, 
Treppen-  141,  Viper-  139, 
340,  Würfel-  3  38,  Zorn-  142. 

Natura  artis  magistra  255. 

Naturgeschichte  der  deutsch. 
Vögel  von  Eridrich  351. 

Nehring,  Tundren  und  Step¬ 
pen  320. 

Nehrling,  nordamerikanische 
Vogelwelt  192. 

Kemachilus  harbatulus  347,  373. 

Nemorhotdusbubal.  111,  gor  al  111. 

Neolamarckismus  321. 

Nephelis  vulgaris  365. 


Neritina  fluviatilis  346. 

Nestor  der  Pferde  62. 
Neufundländer  u.  Spitz  23. 
Nian  107. 

Nistplätze,  abweichende  282. 
Nonne  283. 

Norwegen,  wilde  Tiere  27, 
Raubtiere  189,  Walfang  216. 

Ochs,  Auer-  27,  378. 
Ohrspalten,  Aberglaube  21. 

0 phibolus  getulus  Sagt  338. 
Orang-Utan  215. 
Ortsbewegung  der  Tiere  von 
H.  v.  Meyer  160. 

Otaria  Gdlespii  34,  Stellen  34. 
Otter,  Fisch-  345. 

Ovis  ammon  105,  cycloceros  107, 
Foli  106,  tragelaphus 376,  Vignei 
107. 

Paarung,  Goura  369. 

Pafaenion  squilla  7. 
Paläolithische  Tiere  212. 
Panther  in  Sibirien  291. 

—  Spielarten  181. 

Paris  Zoobiologisches  211,  245. 
Parus  palustris  282. 

Passer  dcmestic.  299,  montan. 299. 
Pastor  roseus  63. 

Pecteu  sulcatus  7. 

Pell  tu  cälycina  51,  epiphylla  51. 
Pelodytes  punctaius  339. 

Penelope  cristata  120. 

Perlen,  Fluss-,  Fischerei  126. 
Periops  Clij/ordi  338,  hippocrepis 
142. 

Pfefferfresser  120. 

Pfeifen,  Flug-  215. 

Pflanzen  des  Beckenaqua¬ 
riums  46. 

Pferd,  altes  61,  kluges  223, 
der  Steinzeit  212. 
Pferdefleisch,  Verbrauch  126. 
Pferderassen  279. 

Philippinen,  Borkenratte  195. 
PMoeomis  Cumvng  tl$b,pallid.  199. 
Phoxinus  laevis  56,  373. 

Physa  fontinalis  363,  kypnorum 
17,  363. 

Pica  caudata  173,  282,  pica  282. 
Picus  major  300,  martius  25, 
viridis  26,  91. 

Pilze,  Nahrung  des  Eichhorns 
284. 

Pinguin,  Brillen-  36,  257. 
Pisces  Germaniae  von  E. 

Schulze  352. 

Pisidium  365. 

Plage,  Heuschrecken-  66. 
Planaria ,  Arten  368. 

Planorbis,  Arten  17,  364. 
Plattbauch,  Zug  222. 

Plestiodon  Ahlrovandi  134 
Podiceps  minor  346. 

Podura  plumbea  89. 
Postglacialzeit  320. 
Prairiehund  350. 

Preise  der  Tiere  59. 

Procapra  picticauda  114. 
Protozoa  von  Bütschli  32. 
Prozess,  Amsel-  173. 
Psarnmodromus  hispanicus  135. 
Pseudois  nahoor  104. 

Puma,  Spielarten  180. 
Puppen,  Farbenanpassung  327. 
Pyrogallussäure  287. 

llana  f  vis  ca  114. 

Rasse,  Hühner-,  neue  31. 
Rassenbildung  327. 


Ratte,  Borken-  195,  Haus- 
155,  156,  281,  Wander-  155. 

Raubsäugetiere  des  Teutob. 
Waldes  242,  304,  357. 

Raubtiere- Fütterung  375,  Nor¬ 
wegens  189. 

Räude  der  Hunde  377. 

Raupen,  essbare  240. 

liaupenfrass  43. 

Jiavine  deer  113 

Reh,  Krankheit  283. 

Reichenow,  Vögel  Deutsch¬ 
lands  223. 

Reiher,  Fisch-  376. 

Ren  212- 

Reptilien  Nordafrikas  in  Ge¬ 
fangenschaft  335. 

Reuvens,  Myoxidae  379. 

llhamphastos  approximans  120, 
discolorusl20 ,  toco  120,  tucanus 
120,  vitellinus  120. 

Bhinechis  scalaris  77,  141,  337. 

Rhopalocera  von  Bramson  379. 

Rind,  bretonisches  280,  wildes, 
in  London  285. 

Robben,  Menge  der  68. 

Robbenmetzelei  26. 

Rohrdommel  346. 

Rohrhuhn,  grünfüssiges  251. 

Rotkehlchen  318. 

Rückbildung,  Tendenz  zur  324. 

Rudimentäre  Bildungen  322. 

Russ,  Gefiederte  Welt  128, 
Kanarienvogel  64,  spre¬ 
chende  Vögel  64. 

Russula  vesca  284,  347. 

Sahara,  Leben  45. 

Salamander,  Riesen-  210. 

Salm  344. 

Salvinia  natans  48. 

Sandtiere  337. 

Sänger,  Schilf-  346. 

Sarcoptes  squamiferus  377. 

Säugetiere,  Raub-,  des  Teuto- 
burgerWaldes  166,  d.  Rhone¬ 
gebiets  158,  in  Taurien  63. 

Schaben  in  den  Tropen  67. 

Schädliche  Vögel  297. 

Schaf,  Mähnen-  376. 

Schafe  des  Himalaya  104. 

Schatun  295. 

Schaumkraut,  Wiesen-  49. 

Schildkröte,  Sumpf-  209. 

Schimpanse  215,  Skorbut  353. 

Schläfer  von  Reuvens  379. 

Schlange  ,  Aeskulap  -  141  , 
Katzen-  142,  Sand-  142,  335. 

Schlange  frisst  eine  andre  286 

Schlangen,  Fussrudimente, 
sogen.  154,  Nahrung  der  134. 

Schmerle  56,  Atmung  347, 
Zähigkeit  373. 

Schmetterling,  essbarer  240. 

Schmetterlinge  auf  See  191, 
Häufigkeit  41,  44. 

Schmetterlingspuppen,  Fär¬ 
bung  327. 

Schnecke ,  Schlamm-  346, 
Schwimm-  346. 

Schnecken  des  schwarzen 
Meeres  6,  des  Beckenaqua¬ 
riums  363. 

Schnelligkeit  d.  Brieftaube285. 

Schnepfe,  Wald- ,  und  Licht-  26. 

Schulze,  Pisces  Germaniae  352. 

Schutz,  Vogel-,  i.Mittelalter284. 

Schutzfarben.  Entstehung, 161. 

Schwalbe,  Ufer-  282,  346. 

Schwamm,  Bade-  97. 


384 


Schwammbänke  bei  Sicilien  28. 
Schwarzes  Meer,  Tiere  im 
Aquarium  6. 

Schwarzkopf  318. 

Schwein,  Ussuri-  289, Wild- 158. 
Scincus  officinalis  335. 

Scotch  Grey  Fowl  31. 

Segler,  Mauer-  301. 

Seehund,  grönländischer  27. 
Seelenkunde,  Hausente  348. 
Seelöwe  1,  33,  129. 
Seredowitsch,  L.  281. 

Sieboldia  maxima  210. 

Sicilien,  Schwammbänke  28. 
Skink  335. 

Skorbut,  Schimpanse  353. 
Skorpione,  verschleppt  21. 
Sorex  alpinus  158. 

Spatula  clypeata  369. 

Spatz,  Haus-,  Benehmen  125. 
Specht,  Bunt-  300,  Grün-  26, 
91,  Schwarz-  25. 

Sperling,  Feld-  299,  Haus-  29.9, 
Benehmen  125,  Schaden  297. 
Spermophilus  Bellingi  176, 
Richardsoni  176,  Toicnsendillß. 
Sphaeroma  serrata  9. 

Spheniscus  demersus  36,  257. 
Sphenops  capistratus  335. 
Spinne,  Kreuz-,  Färbung  163, 
Luchs-  146,  Vogel-,  ver¬ 
schleppt  2i,  Wasser-  143. 
Spinner,  Kiefern-  282. 

Spitz,  Benehmen  23. 

Spongia  s.  Euspongia. 
Sprachwissenschaft  und  Na¬ 
turwissenschaft  200,  269. 
Springschwanz  88. 

Star  284,  Rosen-  63. 
Staumnotus  maroccanus  310. 
Steinhock  des  Himalaya  107, 
der  Nilgherries  109. 
Steinhündchen  357. 

Steinzeit,  Tiere  212,  Zeich¬ 
nungen  213. 

Steissfuss,  Lappen-  346. 

Stellio  vulgär ts  i34,  338. 
Steppen  und  Tundren  von 
Nehring  320. 

Steppenhuhn  25,  v.  Tschusi  127. 
Strandläufer  346,  374. 
Sumpfschnecke  364. 

Surron  112. 

Sylvia  airiccipüla318 ,  rubecula 318. 
Syrrhaptes  paradoxe  127,  s.  a. 
Steppenhuhn. 

Tahr  HO. 

Talpa  europaea  154. 

Tamarao  254. 

Tarentola  mauritanica  338. 
Taube,  Brief-,  Hin-  u.  Rückflug 
96,  285,  Erd-  369,  Krön-  369. 
Tauben,  Pfeifen  für  215. 
Taucher,  Brillen-  257. 
Taurien,  zoolog.  Garten  in  62. 
Täuschung  bei  Tieren  253,  357. 
Tehrny  HO. 

Teichläufer  85. 
Teichmusclieln,  Wachstum  16, 
Tellerschnecken'  364. 
Terrarium ,  Tierleben ,  von 
Fischer-Sigwart  127. 

Tetrao  bonasa  157,  208,  medius 
208,  tetrix  208,  vrogallus  208. 
Teutohurger  Wald,  Raub¬ 
säugetiere  242,  304  357. 
Thar  112. 

Thylacinus  cynocephalus  249. 
Tiere,  ausgestorbene  212,  Aus¬ 


traliens  329,  des  Becken¬ 
aquariums  84,  des  Berliner 
Gartens  28,  Ortsbewegung 
160,  Norwegens,  Raub-  189, 
Reichtum  anlO,  d. Schwarzen 
Meeres  6,  wilde  in  Nor¬ 
wegen  27,  Abhärtung  376. 

Tierleben,  Brehms  288,  im 
Terrarium  von  Fischer-Sig¬ 
wart  127. 

Tierpreise  59. 

Tiger, Spielart. 181,  Ussuri-  289. 

Todesfälle  in  zool.  Gärten  133. 

Tragen  der  Jungen  auf  dem 
Rücken  238. 

Trepanation  beiMenschen2l5. 

Tringa  ochropu-s  346. 

Triton  cristatusßiO,  taewatus  33°. 

Trochus  pica  343. 

Troglodytes  pirvulus  330. 

Tropen,  Tierreichtum  65. 

Tropidonotus  natrix  137,  tessel- 
lat"s  138,  viperinus  139,  340. 

v.  Tschusi,  Ornithologisches 
Jahrbuch  32,  das  Steppen¬ 
huhn  127. 

Tsos  113. 

Tubifex  rivulorum  366. 

Tundren  und  Steppen  von 
Nehring  320. 

Turbellarien  368. 

Turdus  meruta  94,  171,  musicus 
251,  torquatus  94,  viscivorus  210. 

Turm,  Eschenheimer,  und 
Vögel  284. 

Typhlops  lumbricalis  136. 

Überwinterung  von  Säugern 
und  Vögeln  318,  376. 

Uferläufer  85. 

Unarten  gefangener  Tiere  375. 

Ungarn,  Mufflon  in  190. 

Urbüffel  von  Celebes  von 
Heller  254. 

Uria  s.  Lumme. 

Urial  107. 

Uro  mast  ix  Hardwicki  134,  spinipes 
134,  338. 

Ursu.s  arctos  294,  thibetanus  294. 

Ussuri-Gebiet,  Tiere  289. 

Vallisneria  spiralis  48. 

Vanessa,  Puppenfärbung  327. 

Vererbung  erworbener  Eigen¬ 
schaften  321. 

Verfärbung  der  Tiere  162. 

Verluste  an  Tieren  206. 

Verschlag.  Schmetterlingel91. 

Verschleppung  von  Tieren  21, 
Einsiedlerkrebs  342,  Por¬ 
zellaneier  254,  357. 

Vespert ilio  Bechsteini  158. 

Yesperugo  borealis  158. 

Verwachsung  von  Fichten.  22. 

Vielfrass  208. 

Viper,  Aspis-  12,  265. 

Viper a  aspis  12,  265,  berus  14, 
ammodytes  14,  La  tust  ei  14, 
Seoani  14. 

Vogel,  Eis-  120,  Flöten-  120, 
Kanarien-  64,  Lach-  120. 

Vögel,  Ankunft  251,  Deutsche, 
von  Friedrich  351,  Deutsch¬ 
lands  von  Reichenow  223, 
JVlassregeln  gegen  schäd¬ 
liche  297,  sprechende  von 
Russ  64,  in  Taurien  63. 

Vögel  tragen  Junge  auf  dem 
Rücken  238. 

Vogelkrallen,  Ivammbildnng 
376. 


Vogelmengen  70. 

Vogelschutz  im  Mittelalter  284. 
Vogelwelt,  nordamerikanische 
von  Nehrling  192,  Monats¬ 
schrift  zum  Schutze  der  127. 
Vogelzug  208. 

Wachsen  der  Anodonten  16. 
Wachstum  bei  Kröten  340. 
Wachtelausfuhr  Egyptens  127. 
Wachtelkönig  333. 
Waldhühnerbastarde  208. 
Waldschnepfe  und  Licht  26. 
Wale,  Fang  216. 

Walross,  Süd-  217. 

Walter  contra  Müller  313. 
Wanderheuschrecke  u.  Rosen¬ 
star  63. 

Wapiti  375. 

Wasserleitung  im  St.  Peters¬ 
burger  Garten  276. 
Wasserpest  17. 

Weismann’s  Theorie  325. 
Welt,  gefiederte,  von  Russ  128. 
Wespe,  Häufigkeit  42. 
Westermann,  G.  F.  f  255. 
Wiedehopf  auf  See  251. 
Wiepen,  Cochenillezucht  379. 
Wiesel,  grosses,  Kraft  191, 357. 
Wildkatze,  Fortpflanzung  193. 
Wintereier  der  Daphnien  15 1. 
Wolf  92,  158,  Beutel-  249. 
Würmer  des  schwarzen 
Meeres  6,  des  Beckenaqua¬ 
riums  365. 

Xenelaphus  anomalocera  228, 
leucotis  232. 


Zalophus  californianus  34. 
Zamenis  carbonarms  7,  6,  cas- 
pius  142,  Bahlii  142,  liippo- 
crepis  142,  viridißavus  76,  135, 
142,  versicolor  338. 

Zander  345. 

Zaunkönig  330. 

Zeichnungen  der  Steinzeit  214. 
Zeisig  218. 

Ziegen  des  Himalaya  104. 
Ziesel,  Beidings-  176. 
Zimmeraquarium, Seewassr-, 6 
Zoobiologisches  aus  Paris  211, 
245,  277. 

Zoogeographische  Beobach¬ 
tungen  65. 

Zoologische  Gärten:  Amster¬ 
dam  255,  Antwerpen  59, 118, 
Basel  343,  378,  Berlin  28, 
179,  226,  Breslau  225,  287, 
Dresden  195,  377,  Düsseldorf 
63,  370,  Frankfurt  a.  M.  203, 
257.  Haag  266,  Hannover  118, 

225,  Jardin  des  Plantes  349, 
Köln  1,  33.  124,  129,  190, 
Leipzig  63,  Lissabon  119, 
London  285,  Moskau  91, 123, 
209,  New-York  190,  Paris 
245,  277,  St.  Petersburg  225, 
273,  Strassburg  54,  Stutt¬ 
gart  353,  in  Taurien  62. 

Zoologische  Gärten,  drei  Ge¬ 
denktage  225,  Führer  durch 

226,  Ueber  117. 

Zoologisches  aus  Moskau  20, 

91,  123,  209. 

Zucht,  Cochenille-  379,  Wild¬ 
katzen-  193. 

Zuchtwahl  326. 

Zufälligkeit  der  Variation  323. 
Zug,Libellen-222.derVögel208. 
Züge  von  Tieren  69. 


i 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands, 


Herausgegeben 

' 

von  dev  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 

von 

Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


. 


•  .  . 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  1. 


G 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlan  &  Waldschmidt. 

1890. 


Schweizeralpentiere, 

namentlich  Vögel  der  seltensten  Arten, 
liefert  auf  Bestellung  sowohl  lebend,  wie 
frisch  im  Fleisch,  als  Balg  oder  (vorzüg¬ 
lich)  gestopft 

E.  H,  Zollikofer,  Präparator, 

St.  Gallen. 

Gegenwärtig  abzugeben : 

1)  Lebend:  Alpenbase (L.  variabilis), Murmel¬ 

tier;  ferner  Zwergeule  (St.  pygmaea 
Bechst.),  Zwergohreule,  Uhu,  Wander¬ 
falk,  Alpenmauerläufer. 

2)  Bälge,  resp.  Häute  vom  Alpensteinbock 

(Capra  ibex ),  sowie  einzelne  Gehörne 
desselben;  etc. 

3)  Gestopft:  Diverse  Species,laut  speciellem 

Verzeichnis.  B.  0. 


Tuffstein  -  Grottenstein  -  Bauten  in 
zoologische,  botanische  Gärten,  Park, 
Garten,  Anlagen  etc.,  geschmackvolle 
Arbeit,  feinste  Referenzen.  Illustrierter  Preia- 
courant  gratis. 

Tuffstein-Gruben  von 
C.  A,  Dietrich,  Clingen-Greussen. 

Herr  Suchetet,  Eigentümer  zu  Rouen 
Seine  -Interieure,  Frankreich,  der  sich  für 
Kreuzungen  bei  den  Tieren  interessiert, 
ersucht  unter  Versicherung  seines  Dankes 
um  Angabe  über  lebende  Bastarde  oder  um 
gemachte  Beobachtungen  über  solche. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 
in  Frankfurt  a.  M. 

Die  Spechte 

und  ihr  Wert  in  forstlicher  Beziehung. 

Von  E.  F.  v.  Homeyer. 

Zweite  Auflage.  Preis  M.  1.  — 


Frost  oder  Tauwetter? 

Schnee  oder  Regen?  Heiteres  oder  trübes  Wetter? 

Gresunde  Luft! 

Ob  sie  gesund  ist  im  Zimmer  und  wie  man  sie  event.  verbessern  kann? 
Ob  sie  gestattet  ohne  Gefahr  für  die  Gesundheit  ins  Freie  zu  gehen?  Diese 
Fragen  beantwortet  einzig  und  allein,  prompt  und  zuverlässig,  für  jeden 
verständlich:  Lambrechts  Patent-Ziuimer- Hygrometer  zu  15  u.  20  M.,  sowie 
Lambrechts  Patent  -  Polymeter  zu  20  bis  40  M.  je  nach  Größe  und  Aus¬ 
stattung.  Garantie  für  gediegene  Arbeit  und  gute  Überkunft!  Anerk.- 
Schreiben  höchster  Autoritäten  und  Beschreibungen  zu  Diensten. 

(Über  noch  andere  Neuheiten:  Normal -Thermometer  aus 
Jenaer  Glas  mit  Prüfschein  vom  Kaiserlichen  Aichamt,  Zimmer- 
und  Fenster-Thermometer  in  den  verschiedensten  Ausstattungen, 
Normal-Quecksilber-Barometer,  Wettertelegraph  etc.  verlange 

man  Illustr.  Preis-Courant.) 

Dem  Kaiser!.  Hanse,  sowie  dem  Fürsten  Bismarck  geliefert! 

Will®.  Lambrecht,  Göttingen. 

Fabrik  meteorologischer  Instrumente. 


Die  Baubtierfallenhandlung  von  ANTONIE  WEBER,  Haynau  in  Schlesien,  empfiehlt 
echt  Webersche  Originalfangapparate,  Glaskugel wurfmaschinen  u.  bestgestimmte 
Wildlocker. 

Antonie  Webers  1 

Haubtierfallenh  and  lung',  Haynau  in  Schlesien, 

Inhaberin  der  Firma:  Selbstgeschossfabrik  von  Rudolf  Weber,  Haynau 

in  Schlesien,  empfiehlt  hiermit  Rudolf  Webers  verbesserte  • , 

„Neue  Patent -Selbstgeschosse“  fl 

komplett  gangbarste  Sorte  a  franco  22  Mk.  Verwendbar  zur  Vertilgung  sämt¬ 
licher  Land-  und  Wasserungeheuer  und  Ausrottung  aller  kleineren  Raubtiere. 

Die  sehr  ausführliche  Beschreibung  und  Gebrauchs-Anweisung  der  Rudolf  Weber 
sehen  Selbstgeschosse  versende  franco  gegen  vorherige  Einsendung  von  60  Pf.  in  Briefmarken. 

Illustr.  Preiscourant  von  Raubtierfallen  gratis. 


Versende  ferner  beste  Gewehre  (System  Tanner). 

Adr.  Antonie  Weber,  Haynau,  Schlesien. 


1 


AN  1  1801 


98898888888888888898888888t 


/4  #'y. 


Der 


H'V- 
'•A\  >!? 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


N* 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


« 


■  '  ■  ■ 

Herausgegeben 


von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigieit 


von 


Prof.  Dr.  P.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  2. 


t'  , 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


V«H* 


6\gö/c 


f 


y 

4 


Hierzu  eine  Beilage  von  Emil  Soediug,  Antiquariat  in  Wien  I: 

Catalog  32:  Ornithologie. 


Nistkasten 

für  inländische,  sowie  für  ausländische  Vögel,  nach  specieller 
Anweisung  der  Herren  Dr.  K.  Russ?  Prof.  Pli.  Liebe  und 
Dr.  Grloger  empfehle  billigst. 

Man  verlange  Preisliste. 

Carl  Früliauf  in  Schleusingen  i.  Th. 


Verlag  von  R.  Friedländer  &  Sohn,  Berlin  IM.  W.  6,  Carlstrasse  11. 

In  unserem  Verlage  erschien: 

Über 

Sus  Celebensis 

und  Verwandte. 

Von  Dr.  Alfred  Nehring, 

Professor  d.  Zoologie  und  Vorsteher  d.  Zoologischen  Sammlung-  an  d.  Kgl.  Landwirtschaftl.  Hochschule 

in  Berlin. 

84  Seiten  in  Imp.  4°.  mit  15  Holzschnitten  und  2  lithogr.  Tafeln. 

Preis  6  Marlr. 


Professor  C.  B.  Brühl. 

Zur  Kenntnis  des  Orangkopfes. 

— ;  t 

Neue,  unveränderte  Ausgabe.  1887.  29  Quart-Seiten  mit  2  Tafeln,  vom  Verfasser  nach 

der  Natur  auf  Stein  gezeichnet  und  radiert. 

Preis  2  Mark. 


Hofrat  Dr.  A.  B.  Meyer. 

Die  Hirschgeweihsammlung 

im  königlichen  Schlosse  zu  Moritzburg  bei  Dresden. 

2  Bände  in  2  eleganten  Mappen,  enthaltend  62  photographische  Tafeln,  mit  Text.  1883-1888. 

Band  I.  Kabinett-Photographien.  M.  10. 

Band  II.  Folio-Photographien.  M.  80. 

Der  »Zoologische  Garten«:  Es  muß  dem  Zoologen,  Jagdfreunde  und  Liebhaber 
angenehm  sein ,  die  Perlen  dieser  einzigen  Sammlung  nicht  nur  in  der  Beschreibung, 
sondern  auch  im  Bilde  kennen  zu  lernen.  .  .  .  Die  Photographien  sind  so  scharf,  daß 
die  Endenbildungen  mit  sonstigen  etwa  vorhandenen  Eigentümlichkeiten  deutlich  erkannt 
werden  können.  .  .  . 

Unsere  Kataloge:  Säugetiere  (46  Seiten),  Vögel  (50  Seiten),  Reptilien  und  Amphibien 
(34  Seiten),  Fische  (36  Seiten)  —  auf  Wunsch  gratis  und  franco. 


>iAN  1  1891 

. 

-  - - <S> - 


Ao^g)-^$> 


Oe>  s  • 


I 

& 

ä 

% 

& 


z 


s 


a 


3 


5 

1 


C<j  y  4 


/4  t//J. 


<y 


Der 


Zoologische  Garten. 


:•  .  ufcl 

1 


Zeitschrift 

l  i 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


>oO^Cxx>- 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


... 


Herausgegeben 


\  ■•  1  \  "• 


von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


vou 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  3. 


Frankfurt  a.  M. 

* 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


'ää*sä*äSMääs 


^T^nrfTTfTTTFTf^TTTTFfTTfTTfTTTTTfTTfTTTTTtTFTTTfTTfTTfTTTJTfTTfli^ 


&»eH» 


Für  Y ogelliebhaber. 

Am  18.  April  trifft  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  iu  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Ka.rpatische  »  »  »  5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. 

Polnische  .  »  »  »  10. 

Russische  .  »  »  »  12. 

Romanische  »  »  »  13. 


Georg  Hahn  m  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  223. 


Soeben  erschien  in  unserem  Verlag  und  ist  in  allen  Buchhandlungen 
vorrätig : 


Der  Kanarienvogel. 

Kleines  Handbuch  für  Liebhaber  und  angehende  Züchter. 

Herausgegeben  von 

Johannes  Hermann. 

Preis  1  Mark. 

G.  Braun’ sehe  Hofbuchhandlung  in  Karlsruhe. 

- ; - ■# - 

ln  jedem  Haus  und  in  jeder  Familie  sollte  das 

hochinteressante  Blatt:  Die 

MT  Tierbörse 

welche  in  Berlin  erscheint,  zu  finden  sein.  Das  sehr  beliebte  Blatt  wird  immer  mannig¬ 
faltiger  und  ist  jetzt  das  verbreitetste  Fach-  und  Familienblatt 
in  Deutschland.  —  Vom  1.  Juli  ah  wird  jeder  Nummer  noch  ein  „Illustriertes 
Unterhaltungsblatt“  gratis  beigegeben.  Somit  erhält  jeder  Abonnent  jede  Woche: 

1.  Die  „Tierbörse“  (3 — 4  Bogen  stark)  mit  ihren  hübschen  Artikeln  über  Tierzucht 
und  aus  dem  Tierleben,  dem  reichhaltigen  Briefkasten,  in  dem  sich  jeder  Abonnent 
über  alles  gratis  Rats  erholen  kann  und  einer  Menge  Annoncen  über  Angebot  und 
Nachfrage  aus  dem  gesamten  großen  Gebiet  der  Tierwelt  und  dem  geschäftlichen 
Leben. 

2.  Die  „Naturalien-,  Lehrmittel-  und  Pflanzenbörse“  mit  sehr  lehrreichen  und 
interessanten  Artikeln,  für  alle  Natur-  und  Pflanzenfreunde  und  Sammler  unent¬ 
behrlich. 

3.  Das  „Illustrierte  Unterhaltungsblatt“  mit  spannenden  Romanen  und  Erzählungen. 

Sowohl  die  „Tierbörse“  wie  das  „Unterhaltungsblatt“  enthalten  jede  Woche 
prachtvoll  ausgeführte  Bilder. 

Man  bestellt  die  „Tierbörse“  mit  ihren  Gratisbeiblättern  ispr  nur  bei  der 
nächsten  Postanstalt,  wo  man  wohnt  für  75  Pfg.  das  ganze  Vierteljahr. 

Alle  P ostanstalten  Deutschlands  und  des  Auslandes  nehmen  jederzeit 
Bestellungen  an.  —  Abonnements  für  die  Monate  Juli,  August  und  September,  wolle 
man  baldigst  bei  seiner  nächsten  Postanstalt  aufgehen,  um  rechtzeitig  in  den  Besitz  der 
ersten  Nummer  im  Juli  zu  gelangen. 


l  im 


u.'  t  • 


■ 

'JAM 


Der 


.-• 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands, 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 

von 

Prof.  Br.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  4. 


c 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


£ 


m-rrrrrrrrrfTrrr7fr7TrrrrTrfr7r^rrrrf^TFTTrrrrm>r7TFTTTFT^ 


Beilage:  Ausstellungsprospekte  des  „Vereins  der  Aquarien-  und  Terrarien-Liebh aber 

zu  Berlin“. 


Für  Y ogelliebhaber. 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 

Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 
Polnische  .  »  »  »  10. — 
Russische  .  »  »  »  12. — • 
Romanische  »  >  »  13. — 

Georg  Hahn  m  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  223. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »  5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. 
Ungarische  »  »  »  5. 
Siebenbürger »  »  »6. 


In  jedem  Haus  und  in  jeder  Familie 

hochinteressante  Blatt:  Die 


Tierbörse 


sollte  das 


welche  in  Berlin  erscheint,  zu  finden  sein.  Das  sehr  beliebte  Blatt  wird  immer  mannig¬ 
faltiger  und  ist  jetzt  das  verbreitetste  Fach-  und  Familienblatt 
in  Deutschland.  —  Vom  1.  Juli  ab  wird  jeder  Nummer  noch  ein  „Illustriertes 
Unter  h  altungsblatt“  gratis  beigegeben.  Somit  erhält  jeder  Abonnent  jede  Woche: 

1.  Die  „Tierbörse“  (3—4  Bogen  stark)  mit  ihren  hübschen  Artikeln  über  Tierzucht 
und  aus  dem  Tierleben,  dem  reichhaltigen  Briefkasten,  in  dem  sich  jeder  Abonnent 
über  alles  gratis  Rats  erholen  kann  und  einer  Menge  Annoncen  über  Angebot  und 
Nachfrage  aus  dem  gesamten  großen  Gebiet  der  Tierwelt  und  dem  geschäftlichen 
Lehen. 

2.  Die  „Naturalien-,  Lehrmittel-  und  Pflanzenbörse“  mit  sehr  lehrreichen  und 
interessanten  Artikeln,  für  alle  Natur-  und  Pflanzenfreunde  und  Sammler  unent¬ 
behrlich. 

3.  Das  „Illustrierte  Unterhaltungsblatt“  mit  spannenden  Romanen  und  Erzählungen. 

Sowohl  die  „Tierbörse“  wie  das  „Unterhaltungsblatt“  enthalten  jede  Woche 
prachtvoll  ausgeführte  Bilder. 

Man  bestellt  die  „Tierbörse“  mit  ihren  Gratisbeiblättern  nur  bei  der 

nächsten  Postanstalt,  wo  man  wohnt  für  75  Pfg.  das  ganze  Vierteljahr. 

Alle  Postanstalten  Deutschlands  und  des  Auslandes  nehmen  jederzeit 
Bestellungen  an.  —  Abonnements  für  die  Monate  Juli,  August  und  September,  wolle 
man  baldigst  bei  seiner  nächsten  Postanstalt  aufgehen,  um  rechtzeitig  in  den  Besitz  der 
ersten  Nummer  im  Juli  zu  gelangen. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 


Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860^  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  —  ; 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  nnd  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XXY  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


'7Z77TZZZZZZZZ7J^ZZZ^/^ZZX/^ZZZZZZZZZ^ 


$ 


vx5/^ 


M 


Der 


' ' :- 


NW  . 

»  \  I*  I  ,  ^ 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


% 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 

von 

Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  5. 


/ 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


CH 


V© 

*  *  <») 


9 


'e> 


r 

4 


i 


Für  Yogelliebhaber. 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 
Polnische  .  »  »  »  10. — 

Russische  .  »  »  »  12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  in  Wien, 

Nasch  markt,  Stand  22  3. 


In  jedem  Haus  und  in  jeder  Familie  sollte  das 

hochinteressante  Blatt:  Die 

Tierbörse  I 

•  « 

welche  in  Berlin  erscheint,  zu  finden  sein.  Das  sehr  beliebte  Blatt  wird  immer  mannig¬ 
faltiger  und  ist  jetzt  das  verbreitetste  Fach-  und  Familienblatt 
in  Deutschland.  —  Vom  1.  Juli  ab  wird  jeder  Nummer  noch  ein  „Illustriertes 
Unterhaltungsblatt44  gratis  beigegeben.  Somit  erhält  jeder  Abonnent  jede  Woche:  | 

1.  Die  „Tierbörse44  (3—4  Bogen  stark)  mit  ihren  hübschen  Artikeln  über  Tierzucht 
und  aus  dem  Tierlehen,  dem  reichhaltigen  Briefkasten,  in  dem  sich  jeder  Abonnent 
über  alles  gratis  Rats  erholen  kann  und  einer  Menge  Annoncen  über  Angebot  und  , 
Nachfrage  aus  dem  gesamten  großen  Gebiet  der  Tierwelt  und  dem  geschäftlichen 
Leben. 

2.  Die  „Naturalien-,  Lehrmittel-  und  Pflanzenbörse44  mit  sehr  lehrreichen  und 
*  interessanten  Artikeln,  für  alle  Natur-  und  Pflanzenfreunde  und  Sammler  unent¬ 
behrlich. 


3.  Das  „Illustrierte  Unterhaltungsblatt44  mit  spannenden  Romanen  und  Erzählungen. 
Sowohl  die  „Tierbörse“  wie  das  „Unterhaltungsblatt“  enthalten  jede  Woche 

prachtvoll  ausgeführte  Bilder.  .  _ 

Man  bestellt  die  „Tierbörse“  mit  ihren  Gratisbeiblättern  nur  bei  der 

nächsten  Postanstalt,  wo  man  wohnt  für  75  Pfg.  das  ganze  Vierteljahr. 

Alle  Postanstalten  Deutschlands  und  des  Auslandes  nehmen  jederzeit 
Bestellungen  an.  —  Abonnements  für  die  Monate  Juli,  August  und  September,  wolle 
man  baldigst  bei  seiner  nächsten  Postanstalt  aufgeben,  um  rechtzeitig  in  den  Besitz  der 
ersten  Nummer  im  Juli  zu  gelangen. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — ; 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  I.  5,  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  nnd  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


JÄH  I  1891 

oKa)-^> 


4 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 


für 


_ 1  , / 

Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  6. 


(j 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


m. 


'SSSääss'üSaä, 


1 


ti 


ß 

ß 


ß 


I 


f 

sÖ 


rr-i 

ß 


vS 

■  •  (jj) 


-'j 

i 


f 

1 


%> 


Für  Y ogelliebhaber. 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 

Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 

Bosnische  .  »  »  »  4.50 

Karpatische  »  »  »5. — 

Georg  Hahn  in  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  22  3. 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. 
Polnische  .  »  »  »  10. 

Russische  .  »  »  »12. 

Romanische  »  »  »  13. 


In  jedem  Haus  und  in  jeder  Familie  sollte  das 

hochinteressante  Blatt:  Die 

iÄF’  Tierbörse 

welche  in  Berlin  erscheint,  zu  finden  sein.  Das  sehr  beliebte  Blatt  wird  immer  mannig¬ 
faltiger  und  ist  jetzt  das  verbreitetste  Fach-  und  Familienblatt 
ill  Deutschland.  —  Vom  1.  Juli  ab  wird  jeder  Nummer  noch  ein  „Illustriertes 
Unter ll altungsblatt“  gratis  beigegeben.  Somit  erhält  jeder  Abonnent  jede  Woche: 

1.  Die  „Tierbörse“  (3 — 4  Bogen  stark)  mit  ihren  hübschen  Artikeln  über  Tierzucht 
und  aus  dem  Tierleben,  dem  reichhaltigen  Briefkasten,  in  dem  sich  jeder  Abonnent 
über  alles  gratis  Rats  erholen  kann  und  einer  Menge  Annoncen  über  Angebot  und 
Nachfrage  aus  dem  gesamten  großen  Gebiet  der  Tierwelt  und  dem  geschäftlichen 
Leben. 

2.  Die  „Maturalien-,  Lehrmittel-  und  Pflanzenbörse“  mit  sehr  lehrreichen  und 
interessanten  Artikeln,  für  alle  Natur-  und  Pflanzenfreunde  und  Sammler  unent¬ 
behrlich. 

3.  Das  „Illustrierte  Unterhaltungsblatt“  mit  spannenden  Romanen  und  Erzählungen. 

Sowohl  die  „Tierbörse“  wie  das  „Unterhaltungsblatt“  enthalten  jede  Woche 
prachtvoll  ausgeführte  Bilder. 

Man  bestellt  die  „Tierbörse“  mit  ihren  Gratisbeiblättern  UpfigjSU'  nur  bei  der 
nächsten  Postanstalt,  wo  man  wohnt  für  75  Pfg.  das  ganze  Vierteljahr. 

Alle  Postanstalten  Deutschlands  und  des  Auslandes  nehmen  jederzeit 
Bestellungen  an.  —  Abonnements  für  die  Monate  Juli,  August  und  September,  wolle 
man  baldigst  hei  seiner  nächsten  Postanstalt  aufgehen,  um  rechtzeitig  in  den  Besitz  der 
ersten  Nummer  im  Juli  zu  gelangen. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

— 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — ; 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  (1er  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  (1er  Jahrgänge  I — XXV  uud  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


MB 


t 

0 

Ji 

>3 

I 

1? 


‘^'■f.  c-^ 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


£’ 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands. 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 


Redigiert 


von 


Prof.  Dr.  P.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  7. 


Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


:mm . 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn 


Für  Yogelliebhaber. 


und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 


unter  Garantie  lebender  Ankunft 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6.— 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9.-*- 
Polnische  .  »  »  »10. — 

Russische  .  »  »  »  12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  in  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  22  3. 


Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M.: 

i  *  '  ' 

Das  Frettchen.  i 

Eine  Anleitung  zu  dessen  Zlicllt,  Pflege  und  Ahriclltung  nebst  i 
einer  historischen  und  kritisch-zoologischen  Betrachtung  über  dessen 
specifische  Verschiedenheit  vom  Iltis,  auf  Kreuzungsresultaten  basiert. 

Von  Johann  von  Fischer. 

6^/2  Bogen  in  Umschlag  mit  einer  Tafel  und  Abbildungen.  M.  4.  — 


Erinn  erun  gsschrift  . 

an  die 

Versammlung  der  deutschen  Ornithologen 

in  Görlitz  im  IVtai  1870. 

Von 

E.  F.  von  Homeyer. 

Vieler  gelehrten  Gesellschaften  wirkliches,  korrespondierendes  und  Ehrenmitglied. 

Nebst  4  Anlagen: 

A.  Das  Hochgebirge  Skandinaviens  und  seine  Vögel,  von  Dr.  Brehm. 

B.  Sibirische  Vögel,  von  Dr.  Cabanis. 

C.  Portugiesische  Vögel,  von  E.  F.  v.  Homeyer. 

D.  Der  Tannenhäher,  Corvus  caryocatactes ,  von  Dr.  Wiedemann  in  Triest. 

55  Seiten  8°.  Broschiert  M.  1.30. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens.  1 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen  j 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870—1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister  j 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XX  nnd  Sach¬ 
register  zusammen  liir  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XXV  und  Sach* 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M.  ] 


JAN  1  1S91 


/ 


Zoologische  Garten. 


Zeitschrift 

für 

Beobachtung1,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


-»00^0 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands, 

Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 


VOM 


Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  8. 


cf 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt. 

1890. 


B 


I 


E 


V  i v 


f 

sÖ 


!N 


S 


ft 


•sj/4 


«< 


■%  £>  \  ®fö/  o 


TTTnrnTTTfTrFTTfTTrrrfM 


i  Für  Yogelliebhaber. 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »  5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 

Polnische  .  »  »  »  10. — 

Russische  .  »  »  »  12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  in  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  223. 


Die  63.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  wird  in  den  Tagen 
vom  15. — 20.  September  dieses  Jahres  zu  Bremen  stattfinden.  Jeder  Teilnehmer  an 
der  Versammlung  entrichtet  einen  Beitrag  von  12  Mark,  die  stimmberechtigten  Mitglieder 
dieser  Gesellschaft  bezahlen  außerdem  noch  einen  Jahresbeitrag  von  5  Mark.  Eine  Aus¬ 
stellung  wissenschaftlicher  Apparate,  Instrumente  und  Präparate  ist  diesmal  mit  der 
Versammlung  nicht  verbunden;  dagegen  werden  einzelne  interessante  Apparate  durch 
Abteilung  32  vorgeführt  werden.  Das  Empfangs-  und  Wohuungsbureau  befindet  sich  im 
Künstlerverein.  Geschäftsführer  sind  die  Herren  Dr.  H.  Pletzer  und  Prof.  Dr.  Fr. 
Buchenau. 


Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in  Frankfurt  a.  M. : 

Erinnerungsschrift 

an  die 

Versammlung  der  deutschen  Ornithologen 

in  Grörlitz  im  ]\£ai  1870. 

Von 

E.  F.  von  Homeyer. 

Vieler  gelehrten  Gesellschaften  wirkliches,  korrespondierendes  und  Ehrenmitglied. 

Nehst  4  Anlagen: 

A.  Das  Hochgebirge  Skandinaviens  und  seine  Vögel,  von  Dr.  Brehm. 

B.  Sibirische  Vögel,  von  Dr.  Cabanis. 

C.  Portugiesische  Vögel,  von  E.  F.  v.  Homeyer. 

D.  Der  Tannenhäher,  Corvus  caryocatactes ,  von  Dr.  Wiedemann  in  Triest. 

55  Seiten  8°.  Broschiert  M.  1.30. 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens.  \ 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — ; 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XXV  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M.  || 


JAN  1  1Ü91 


«SU/t  / 

/ 


^1  y?zzznzz&:zzz7?v7: 


*$> — o  c,  ^Tp) — v$> 


— Kg)>^ 


99*99999*9 


'S 


1 

EJ 


i 

i 


t 


KJ 


H 


l&.tf/J. 


Der 


■*^3  £ 

■K 

.« 


■> 


Zoologische  Garten. 


fS? 


_ 

1 


Zeitschrift 


für 


Beobachtung,  Pflege  und  Zucht  der  Tiere. 


Organ&der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 

IfifcM.  ■?'  ’>  .  .  .  »  • 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M. 

Redigiert 

von 

Prof.  Dr.  F.  C.  Noll, 

Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium. 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  9 


0 

Frankfurt  a.  M. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 

1890. 


^TTTTTTTTJ’TTTT'fTfTTTT 


JKS,* 


*•  *■*■*■**  *  -.  •*■*■  *  -*  V-7 J  1  V 


'  H  .  • 

x  ;  •  •  - 


Für  Vogel  liebhaber. 


Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4.- 
Ungarische  »  »  »  5.- 
Siebenbürger »  »  »  6.- 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 
Polnische  .  »  »  »  10. — 

Russische  .  »  »  »12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  in  Wien, 

Nasch  markt,  Stand  22  3. 


Wilhelm  Schlüter  in  Halle  a.  S. 

Naturalien-  und  Lehrmittel-Handlung. 

Reichhaltiges  Lager  aller  naturhisto rischen  Gegenstände,  sowie  sämtlicher  Fang- 
und  Präparierwerkzeuge ,  künstlicher  Tier-  und  Yogelaugen,  Insektennadeln  und 

Torfplatten.  Preislisten  kostenlos  und  postfrei. 


Im  Verlage  von  Malllau  &  Waldsckmidt  in  Frankfurt  a.  M. 

erschienen: 

Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

Ein  Handbuch  für  Terrarienbesitzer  uftd  Tierhändler,  eine  umfassende  Anleitung  zur 
Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend, 
nebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden,  bisher  im  Handel 

angetroffenen  Reptilien-  und  Amphibienarten 

von  Johann  von  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 

Broschiert  in  Umschlag  M.  10.  —  Elegant  gebunden  M.  12.  — 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXY  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M 


Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  10 


Frankfurt  a.M. 

Mahlau  &  Waldschmidt 


F ttr  T ogelliebhaber. 


Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatl 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 

.  .  V FWlimw 


Nachtigallen, 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Karpatische  »  »  »  5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebeubürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 

Polnische  .  »  »  »  10. — 

Russische  .  »  »  »  12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  m  Wien, 

Naschmarkt,  Stand  223. 


Wilhelm  Schlüter  in  Halle  a.  S. 

Naturalien-  und  Lehrmittel-Handlung. 

Reichhaltiges  Lager  aller  naturhistorischen  Gegenstände,  sowie  sämtlicher  Fang- 
nnd  Präparierwerkzeuge ,  künstlicher  Tier-  und  Yogelaugen,  Insektennadeln  und 

Torfplatten.  Preislisten  kostenlos  und  postfrei. 


Im  Verlage  von  Malllau  &  Waldsclimidt  in  Frankfurt  a.  M. 
erschienen: 


Das  Terrarium, 

seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung. 

Ein  Handbuch  für  Terrarienbesitzer  und  Tierhändler,  eine  umfassende  Anleitung  zur 
Herstellung,  Einrichtung,  Bepflanzung  und  Bevölkerung  der  Terrarien  enthaltend, 
nebst  einer  scharfen  Diagnose  sämtlicher  in  denselben  zu  haltenden,  bisher  im  Handel 

angetroffenen  Reptilien-  und  Amphibienarten 

von  Johann  von  Fischer. 

Mit  40  Holzschnitten,  25  Bogen  gr.  8°. 

Broschiert  in  Umschlag  M.  10.  —  Elegant  gebunden  M.  12.  — 


Bedeutende  Freisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 


von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M 


Redigiert 


Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  11 


Frankfurt  a.  M. 

Mahlau  &  Waldschmidt 


<$— 


I 


Für  Yogelliebhaber. 


Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblatt 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  ä  Stück  M.  4. — 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
Kanpatische  »  »  »  5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. — 
Polnische  .  »  »  »  10. — 

Russische  .  »  »  »12. — 

Romanische  »  »  »  13. — 


Georg  Hahn  in  Wien, 


Nasch  markt,  Stand  22  3. 


Wilhelm  Schlüter  in  Halle  a.  S. 

Naturalien-  und  Lehrmittel-Handlung. 

Reichhaltiges  Lager  aller  naturhistorischen  Gegenstände,  sowie  sämtlicher  Fang- 
u nd  Präparierwerkzeuge,  künstlicher  Tier-  und  Vogelaugen,  Insektennadeln  und 

Torfplatten.  Preislisten  kostenlos  und  postfrei. 


Billigste  Pr“e  50°/« 

Rabatt  über  frische,  tadellose 

Schmetterlinge  u.  Käfer 

aller  Weltteile  versendet  gegen  Einsen¬ 
dung  von  80  Pf.  (die  bei  Bestellung  ver¬ 
gütet  werden) 

A.  BAU,  Berlin,  S.  59, 

Hermann -Platz  4. 


Verlag  von  Richard  Freese  in  Leipzig. 

Zoologische  Vorträge 

herausgegeben  von 

Prof.  Dr.  William  Marshall. 

1.  Heft:  Die  Papageien  mit  Karte  1  M. 

50  Pf. 

2.  Heft :  Die  Spechte  mit  Karte  1  M.  50  Pf. 

3.  u. 4. Heft:  Leben  u.  Treiben  der  Ameisen 

(in  4  Vorträgen)  3  M. 

5.  Heft:  Die  großen  Säugetiere  der 

Diluvialzeit  1  M.  50  Pf. 

6.  Heft:  Unsere  Schnecken  1  M.  50  Pf. 


Verlag  von  Malilau  &  Waldschmidt  in 

Frankfurt  a.  M. 

Die 

Behandln  des  Wildes  u.  der  Fische, 

von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche, 

mit  einem  Aufsatz e  über  den  Krebs 

und  deutlicher  Abbildung  eines  Krebs  •  Männchens 
und  Weibchens. 

Ratgeber  für  Jäger,  Jagdliebhaber,  Köche  und 
Hausfrauen. 

Von  August  Pfaff. 

Preis  M.  1.  — 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 
in  Frankfu  rt  a.  M. 

Die  Spechte 

und  ihr  Wert  in  forstlicher  Beziehung. 

Von  E-  F.  v.  Homeyer. 

Zweite  Auflage.  Preis  M.  1.  — 


Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens. 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1860)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  5.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach¬ 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I — XXV  und  Sach¬ 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Organ  der  Zoologischen  Gärten  Deutschlands 


Herausgegeben 

von  der  »Neuen  Zoologischen  Gesellschaft«  in  Frankfurt  a.  M 


Redigiert 


Oberlehrer  am  Städtischen  Gymnasium 


XXXI.  Jahrgang.  —  No.  12 


Frankfurt  a.  M. 

Mahlau  &  W  a  1  d  s  c  h  ra  i  d  t 


Für  Yogelliebhaber.  1 

Am  18.  April  traf  mein  Sohn  mit  einer  großen  Sendung  Nachtigallen,  Schwarzblat/ 
und  Sprosser  in  Wien  ein,  ich  versende  dieselben  unter  Garantie  lebender  Ankunft 
und  sicher  Männchen  unter  Post-Nachnahme. 


Nachtigallen. 

Ungarische  a  Stück  M.  4.— 
Bosnische  .  »  »  »  4.50 
-Karpatische  »  »  »5. — 


Schwarzblatl. 

Steirische  .  ä  Stück  M.  4. — 
Ungarische  »  »  »  5. — 
Siebenbürger »  »  »  6. — 


Sprosser. 

Ungarische  ä  Stück  M.  9. 
Polnische  .  »  »  »10. 

Russische  .  »  »  »  12. 

Romanische  »  »  »  13. 


Georg  Hahn  in  Wien, 


Nasch  markt,  Stand  22  3. 


Wilhelm  Schlüter  in  Halle  a.  S. 

Naturalien-  und  Lehrmittel-Handlung. 

Reichhaltiges  Lager  aller  naturhistorischen  Gegenstände,  sowie  sämtlicher  Fang¬ 
end  Präparierwerkzeuge ,  künstlicher  Tier-  und  Yogelaugen,  Insektennadeln  und 

Torfplatten.  Preislisten  kostenlos  und  postfrei. 

Billigste  Pr“e  50> 

Rabatt  über  frische,  tadellose 

Schmetterlinge  u.  Käfer 

.aller  Weltteile  versendet  gegen  Einsen¬ 
dung  von  30  Pf.  (die  bei  Bestellung  ver¬ 
gütet  werden) 

A.  BAU,  Berlin,  S.  59, 

Hermann- Platz  4. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt  in 
Frankfurt  a.  M. 

Die 

BeMliE  des  Wildes«.  der  Fische, 

von  ihrem  Tode  bis  zur  Verwendung  in  der  Küche, 

mit  einem  Aufsatze  über  den  Krebs 

und  deutlicher  Abbildung  eines  Krebs  -  Männchens 
und  Weibchens. 

Ratgeber  für  Jäger,  Jagdliebhaber,  Köche  und 
Hausfrauen. 

Von  August  Pfaff. 

Preis  M.  1.  — 

Bedeutende  Preisermässigung! 

Frühere  Jahrgänge  des  Zoologischen  Gartens.  ^ 

Um  die  Anschaffung  der  noch  vorhandenen  früheren  Jahrgänge  des  »Zoologischen 
Gartens«  möglichst  zu  erleichtern,  haben  wir  die  Preise  wie  folgt  ermäßigt: 

Jahrgang  I  (1860)  (Neudruck)  M.  5.  — ;  II— X  (1861—1869)  ä  M.  2.  — 
XI-XX  (1870-1879)  ä  M.  3.  — ;  XXI— XXV  (1880-1884)  ä  M.  5.  -  Sachregister 
der  ersten  20  Jahrgänge  M.  6.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XX  und  Sach*|j 
register  zusammen  für  nur  M.  55.  —  Bei  Abnahme  der  Jahrgänge  I— XXV  und  Sa  Al 
register  für  I— XX  zusammen  für  nur  M.  75.  — 

MAHLAU  &  WALDSCHMIDT,  Verlagshandlung,  FRANKFURT  a.  M. 


Posten  für  Naturhistoriker. 

Für  eine  Naturalien-Handlung  in  Wien  wird  j 
ein  wissenschaftlich  gebildeter  Mitarbeiter  ge-  ] 
sucht.  Naturgeschichtliche  Kenntnisse  im  j 
allgemeinen,  besonders  aber  Kenntnis  de-  | 
Mineralogie  und  Entomologie  siÖd  für  dt  .  j 
Posten  erforderlich,  geschäftliche  Erfahrung 
ist  erwünscht,  doch  nicht  unbedingt  nötig  ^ 
Herren,  welche  befähigt  sind,  den  betreffen- j 
den  Posten  zu  übernehmen,  wollen  ihre  A 
Antrag  unter  Nachweis  ihrer  Wissenschaft- f 
lieben  Fachbildung  und  bisherigen  Thätig- 
keit,  sowie  unter  Angabe  ihrer  Gehaltsan¬ 
sprüche  unter  der  Chiffre  „B.  P.  2094“  an 
Haasenstein  &  Vogler,  Wien ,  sendeD. 

Verlag  von  Mahlau  &  Waldschmidt 
in  Frankfurt  a.  M. 

Die  Spechte 

und  ihr  Wert  in  forstlicher  Beziehung. 

Von  E.  F.  v.  Homeyer. 

Zweite  Auflage.  Preis  NI.  1.  — 


4 


s 


r 


Date  Due