ZOO
JfS'Z.
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Der
Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
i 9
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschraidt.
1890.
. \
Inhalt des eimmddreissigsten Jahrgangs.
I. Aufsätze.
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln. Von Direktor Dr. L.
Wunderlich. Mit 4 Abbildungen . 1. 33.
Ein Zimmer-Aquarium mit Tieren aus dem schwarzen Meere. Von Dr. G.
Kosch e wnikoff, Assistent am zoologischen Museum der Universität
Moskau .
Das Vorkommen der Aspis- Viper, Vipera aspis. in Deutschland und ihre
verwandtschaftliche Stellung zur Kreuzotter. Von Oberlehrer J. Bl um
Das Wachsen der Anodonten (Teichmuscheln). Von Gebrüder Buxbaum
Die Gebirgsbachstelze, Motacilla sulfurea, in der Gefangenschaft. Von
Dr. K. Eckstein . . . .
Zoologische Nachrichten aus Moskau. Von C. Greve .
Zoogeographische Beobachtungen Von Dr. A. Seitz . 39.
Das gemauerte Becken-Aquarium und seine Bewohner. II. Die Pflanzen,
III. Die Tiere desselben. Von Dr. Emil Buck . . . 46. 83. 143.
Beschreibung einer neuen Antilope, Damalis hunteri Sclat. Von Dr.
Ern st Schaff .
Der zoologische Garten zu Straßburg. Reisebericht von Ernst Friedei
Die gesprenkelte Kettennatter oder Sprenkelnatter, Coronella Sayi. Von
Herrn. Lach mann .
Die Lebenserscheinungen des Badeschwammes. Von R. v. Lendenfeld
Wildschafe, Wildziegen, Antilopen des Himalaya. Von Dr. B. Langkavel
Eine westfälische Froschjagd. Von Prof. Dr. H. Landois .
Einiges über zoologische Gärten. Von Dr. A. Seitz .
Die Nahrung der giftlosen europäischen Schlangen. Von Cand. phil.
Franz Werner in Wien .
Zur Entstehung der Schutzfarben. Von Hofrat K. Th. Liebe .
Die Raubsäugetiere des Teutoburger Waldes. Von Heinrich Schacht
III. Der Edelmarder .
IV. Der Steinmarder .
V. Der Iltis .
VI. Das Hermelin .
Kampf von Schwarzdrosseln mit Reptilien. Von Paul Leverkühn . .
Die Elster, Corvus pica , in der Gefangenschaft. Von Josef v. Pleyel.
Beidings Ziesel, Spermopliilus Beldingi, in Kalifornien. Von Dr. B. Lang-
kavel .
Der Berliner zoologische Garten. Von Direktor Dr. L. Heck .
Brütet der Kuckuck? Entgegnung an Herrn A. Walter. Von Gebrüder
A. und K. M üll er .
Zucht von Wildkatzen in der Gefangenschaft. Von Goffart, Inspektor
des zoologischen Gartens in Düsseldorf .
Die Borkenratte der Philippinen, Phloeomys Cumingi, lebend im Dresdener
zoologischen Garten. Von Hofrat A. B. Meyer .
Sprachwissenschaft und Naturwissenschaft. Von Dr. med. Willi. Stricker
XXI. Kröte .
XXII. Gouch, Kuckuck . .
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu
Frankfurt a. M. 1890 .
Frühjahrsbericht aus Moskau. Von C. Greve .
Zoobiologisches aus Paris. Von Ernst Friedei . 211. 245.
Das Aquarium der Flora zu Kölu. Von Ernst Friedei .
Der Zeisig. Von Eduard Rüdiger .
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207
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IV
Seite
Drei Gedenktage zoologischer Gärten. Von dem Herausgeber . . - . 225
Über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens. Von Dr.
Ernst Schaff. Mit 1 Abbildung . 226
Die Lummen auf Helgoland. Von dem Herausgeber . 284
Bemerkungen über die Lebensweise der Dorneule, Agrotis spina. Von
R. von Lendenfeld . 240
Erklärung. Von Ernst Hartert . 251
Beobachtungen am Brillen-Pinguin. Von B. Gäbler . 257
Das Vorkommen der Aspis-Viper, Vipera cispis, im südlichen Schwarzwalde.
Von Oberlehrer J. Blum . 265
Über zwei seltene und eine neue Art Affen des zoologischen Gartens im
Haag. Von Direktor Dr. A. C. Oudemans . 266
Der St. Petersburger zoologische Garten. Von dem Herausgeber. . . 278
Über Tiger, Bären und Wildschweine des Ussuri -Gebietes. Von Ad.
Dattan. Mitgeteilt von Prof. Dr. A. Nehring . 289
Aus der Vogelwelt. Von Dr. Karl Eckstein . 297
Die Heuschreckennot in Algerien. Von Dam.Gronen . 309
Brütet der Kuckuck? Antwort an die Gebr. Müller. Von Ad. Walter 313
Wie entstehen neue Arten von Pflanzen und Tieren? Von Dr. R. von
Lendenfeld . 321
Zwei gefangene Könige. Von Eduard Rüdiger . 330
Lebensweise einiger nordafrikanischer Reptilien in Gefangenschaft. Von
Dr. phil. Franz Werner . 335
Zufällige Verschleppung eines Landeinsiedlerkrebses nach St. Petersburg.
Von S. Herzenstein . 342
Im Zoologischen Garten zu Basel. Von ErnstFriedel . 343
Skorbut bei Schimpansen. Von Tierarzt A. Ni 11 . 353
Über die Paarung der Krontaube, Goura Steursi. Von Dir. Dr. A. C.
Oudemans . 369
Der zoologische Garten in Düsseldorf. Von Ernst Friedei . 370
II. Mitteilungen.
a. Aus zoologischen Gärten.
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln. Von Direktor Dr. L.
Wunderlich. Mit 4 Abbildungen . . . 1
Tiere des zoologischen Gartens in Cincinnati. Von Dr. A. Zipp er len . 24
Verzeichnis der im zoologischen Garten zu Berlin erworbenen Tiere. Von
Dr. ErnstSchäff . 28
Der zoologische Garten zu Straßburg. Reisebericht von Ernst Friedei 54
Tierpreise auf der Versteigerung zu Antwerpen. Von Direktor Dr. L.
Wunderlich . 59
Geburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1889. Von Georg
W e s t e r m a n n . 63
Zoologischer Garten zu Düsseldorf. Nach dessen Jahresbericht . 63
Direktor Kuckuck. Ehrende Auszeichnung . 64
Über den Moskauer zoologischen Garten. Von C. Greve . . 91. P23. 209
Einiges über zoologische Gärten. Von Dr. A. Seitz . 117
Fortpflanzung der Eisbären in der Gefangenschaft (Köln). Von Direktor
Dr. L. Wunderlich . 124
Der Berliner zoologische Garten. Von Direktor Dr. L. H e c k . 179
Geburten im zoologischen Garten zu Köln. Von Dir. Dr. L. Wunderlich 190
Geburten in der Centralpark-Menagerie zu New-York. Aus dem Report etc. 190
Zucht von Wildkatzen in der Gefangenschaft. Von Goffart, Inspektor
des zoologischen Gartens zu Düsseldorf . 193
Die Borkenratte der Philippinen, Phloeomys Cumingi, lebend im Dresdener
zoologischen Garten. Von Hofrat A. B. Meyer . 195
Bericht des Verwaltungsrates der Neuen Zoologischen Gesellschaft zu
Frankfurt a. M. 1890 . 203
- v —
* i
Seite
Zoobiologisches aus Paris. Von Ernst Friedei . 211. 245. 277
Drei Gedenktage zoologischer Gärteu. Von dem Herausgeber . . . . 225
Über einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens.
II. Der Andenhirsch. Mit Abbildung. Von Dr. Ernst Schaff . . 226
Gewohnheiten junger Hirsche (Münster i. W.) Jahresbericht der zoolog.
Sektion des Westfäl. Prov. -Vereins . 253
Gerardus Frederik Westermann f . 255
Dr. C. Kerhert, Direktor des Amsterdamer zoologischen Gartens .... 256
Beobachtungen am Brillen-Pinguin. Mit Abbildung. Von B. Gabler,
Frankfurt a. M . 257
Über zwei seltene und eine neue Art Affen des zoologischen Gartens im
Haag. Von Direktor Dr. A. C. Oudemans . 266
Der St. Petersburger zoologische Garten. Von dem Herausgeber. . . 273
Vorkommen der Hausratte, Mus rattus, im Düsseldorfer zoolog. Garten.
Von' dem Inspektor Goffart, . 281
Wilde Rinder im Londoner zoologischen Garten. Nature . 285
Affe und Spiegel (Münster i. W.), Jahresbericht des Westfäl. Provinz.-
Vereins . 286
Eine Schlange frißt eine andere ihrer Art (Melbourne). Nature .... 286
Der Breslauer zoologische Garten. Geschäftsbericht . 287
Im Zoologischen Garten zu Basel. VonErnstFriedel . 343
Geburten in der Menagerie des Museum d’Histoire naturelle (Jardin des
Plantes) zu Paris . 349
Skorbut bei Schimpansen. Von Tierarzt A. Ni 11 . 353
Über die Paarung der Krontaube, Goura Steursi. Von Dir. Dr. A. C.
Oudemans . 369
Der zoologische Garten in Düsseldorf. Von Ernst Friedei . 370
Zur Fütterung der Raubtiere. — Phosphorsaurer Kalk als Futterzusatz. —
Eigentümliches von gefangenen Tieren. Protokolle der 4ten Direktoren-
Konferenz . 375
Abhärtungsmethode für Tiere zoologischer Gärten. Dieselben . 376
Dresdener Zoologischer Garten, Geburten . 377
Zoologischer Garten zu Basel . 378
b. Aus Aquarien.
Ein Zimmer-Aquarium mit Tieren aus dem Schwarzen Meere. Von Dr.
G. Koschewnikoff, Assistent am zoologischen Museum der
Universität Moskau . 6
Das gemauerte Becken-Aquarium und seine Bewohner. Von Dr. E. Buck.
II. Die Pflanzen desselben . . 46
III. Die Tiere desselben . 83. 143. 363
Das Aquarium des zoologischen Gartens zu Frankfurt’ a. M . 204
Das Aquarium der Flora zu Köln. Von Ernst Friedei . 217
III. Korrespondenzen.
Benehmen eines Hundes nach dem Tode seines Genossen. Von Cand.
med. Carl R. Hennicke in Belgershain i. S . 23
Der Flug des Albatros, Diomedea exulans. Von Karl Knauthe in
Schlaupitz . 23
Tiere des zoologischen Gartens in Cincinnati. Von Dr. A. Zipperlen. 24
Über Steppenhühner. Von 0. Edm. Eiffe in Hamburg . 25
Etwas vom Schwarzspecht, Dryocopus martius. Von C. Cöster in
Hannöv. Münden . 25
Notizen über Flußfische. Von Karl Knauthe in Schlaupitz 56
Zur Nahrung des Grünspechtes, Gecinus viridis. Von Baron A. von
Krüdener in Wohlf'ahrtslinde . 91
Zoologisches aus Moskau und Umgebung. Von C. Greve in Moskau. . 91
Aus dem Moskauer zoologischen Garten. Von C. Greve in Moskau . . 123
VI
Seite
Fortpflanzung der Eisbären in der Gefangenschaft. Von Direktor Dr.
L. Wunderlich in Köln . 124
Ein sechsfarbiger Maulwurf. Von Ernst Harte rt in Frankfurt a. M. . 154
Fußrudimente einheimischer Schlangen. Von Professor F. Leydig in
Notiz über das Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von Cand. theol.
Fr. Lindner in Zeitz . r, . 155
Zu dem Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von Hofrat K. Th. Liebe
in Gera . 156
Große Insektenzüge. Von K. Knauthe in Schlaupitz . 222
Ein Wiedehopf auf dem Meere. Von C. Greve in Suchumkale .... 251
Beobachtungen an Vögeln. Von Georg, Prinz zu Carolath-Schoenaich 251
Ein kleiner Baukünstler. Von Gebrüder Buxbaum in Raunheim . . . 252
Seredowitsch, Ausstopfer. Von C. Greve in Lenkoran . 281
Vorkommen der Hausratte, Mus rattus. Von Inspektor Goffart in
Abweichende Nistplätze von heimischen Vögeln. Von Ernst Harter t
in Marburg . 282
Aus den Wäldern der unteren Mainebene. Von L. Buxbaum in
Raunheim . 282
Zur Überwinterung insektenfressender Vögel. Von Eduard Rüdiger in
Darmstadt . 818
Vom unteren Main. Von L. Buxbaum in Raunheim a. M . . 345
Darmatmung der Schmerlen. Von Karl Knauthe in Schaupitz . . . 347
Das Eichhörnchen Pilze fressend. Von W. Hartwig in Berlin .... 347
Ueber Schmerle und Elritze. Von Karl Knauthe in Schlaupitz . , . 373
IV. Kleinere Mitteilungen.
Die Waldschnepfe und das Licht. Von Dr. W. Wurm . 26
Eine Robbenmetzelei in großartigem Stil. Von Sch . 26
Jagden auf Auerochsen. Berliner Tageblatt . 27
Wilde Tiere in Norwegen. The Field . 27
Der Baumfalk, Hypotriorchis sübbuteo. Von C. C . 27
Der Fichtenkreuzschnabel, Loxia curvirostra. Von C. C . 28
Der Büffel in Australien. Nature . 28
Neu entdeckte Schwammbänke iu Sizilien. Von D. Gronen . 28
Verzeichnis der im zoologischen Garten zu Berlin erworbenen Tiere. Von
Dr. ErnstSchäff . 28
Eine neue Hühnerrasse. Von E. Sch . 31
Eine Elefanten-Empörung. Berliner Tageblatt . 58
Tierpreise in Antwerpen. Von Direktor Dr. L. Wunderlich . . . . 59
Marder-Bastard. Von C. C . 61
Der Nestor der Pferde. Berliner Tageblatt . 61
Acclimatisationsversuche in den Steppen am Dnjepr. Von Dr. Ernst Schäff 62
Geburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1889. Von Georg
Westermann . . - . 63
Wanderheuschrecke und Rosenstar . 63
Zoologischer Garten in Düsseldorf. Aus dessen Jahresberichte ..*... 63
Frisch gefangene Ringdrosseln. Von Ed. Rüdiger . 94
Die Pelztiere auf den Aleuten. Von D. Gronen . 95
Kampf zwischen Seefliegern und Fischen. Von Karl Knauthe . . . 95
Spatzenfrechheit und Klugheit. Von Eduard Rüdiger . 125
Nordrußlands Flußperlenfischerei. Von D. Gronen . 126
Über den Genuß des Pferdefleisches. Von Dr. Er n st S chäf f . . . . 126
Wachtelausfuhr Egyptens. Von D. Gronen . 127
Allerlei Zoologisches aus Moskaus Umgebung. Von C. Greve. . . . . 157
Austernausfuhr aus Seeland (Holland). Statistiek van »De Oestercuituur-
Maatschappij De Schelde« 1890 . 158
Die Säugetierfauna am Zusammenfluß von Rhone u. Saöne. Von Dr. W.Kobe 1 1 158
VII
Seite
Affen auf Barbados. Nature 1890 . 159
Über die Zucht von Glanzfasanen, Lophophorus impeyanus. Von Dr.
Ernst Schaff . 159
Die 1888 in Norwegen erlegten Raubsäugetiere und -Vögel. Von C. Cöster 189
Zoologischer Garten zu Köln. Von Direktor Dr. L. Wunderlich . . . 190
Geburten in der Centralpark-Menagerie zu New-York. Aus dem Report 190
Mufflon in Ungarn. Revue des Sciences naturelles . 190
Das Skelett eines Mammut. Nature . 191
Kraft der Kiefermuskeln bei dem großen Wiesel, Mustela ermineci . Von
C. Cöster . 191
Schmetterlinge auf hoher See, in weiter Entfernung vom Lande. Von
Prof. Dr. Baumgartner . 191
Übergriffe der Waldmaus. Von C. Cöster . 222
Der letzte Luchs, Felis lynx, im Harz. Von dem Herausgeber . . . 228
Ein kluges Pferd. Von C. Greve . 223
Gewohnheiten junger Hirsche. Jahresbericht der zoolog. Sektion des
Westfäl. Provinz. -Vereins . 253
Täuschung bei Tieren. Aus demselben . 253
Das Eichhörnchen, Pilze fressend. Von dem Herausgeber . 284
Vogelschutz im Mittelalter. Von dem Herausgeber . 284
Katzenausstellung in Zürich. Schweizer. Blätter für Ornithologie. . . . 285
Preisfliegen von Brieftauben. Aus denselben . 285
Wilde Rinder im Londoner Garten. Nature . 285
Affe und Spiegel. Jahresber. des Westfäl. Proviuz. -Vereins . 286
Eine Schlange frißt eine andere ihrer Art. Nature . 286
Der Breslauer zoologische Garten. Geschäftsbericht . 287
Durch Fliegen vergiftete Katzen. Von dem Herausgeber . 287
Ein Anstrich für Eisenstäbe und Eisen wände. Von dem Herausgeber 287
Die Hunde in Berlin . . 319
Zur Seelenkunde unserer Hausente. Von Eduard Rüdiger . 348
Geburten in der Menagerie des Jardin des Plantes zu Paris . 349
Die Prairiehunde ( Cynomys luclovicianus ) ohne Begriff der Entfernung.
Nature 1890 . 350
Über Dressur von Tieren. Von Th. A. Bruhin . 350
Wandernde Krokodile. Nature 1890 . 350
Von der Wiener Jagdausstellung. Von Dr. A. Senoner . 351
Von einer Muschel gefangen. Nature . 374
Wapitihirsch und Schweinshirsch, Einführungsversuche. Nach Oberförster
Wild . 375
Zur Fütterung der Raubtiere. Direktoren-Konferenz . 375
Phosphorsaurer Zalk als Futterzusatz. Direktoren-Konferenz . 375
Eigentümliches von gefangenen Tieren. Direktoren-Konferenz . 375
Kammförmige Bildung an Vogelkrallen. Nature . 376
Das Mähnenschaf, Einführungsversuch. Nach Oberförster Wild . . . . 376
Abhärtungsmethode für Tiere zoologischer Gärten. Direktoren-Konferenz 376
Dresdener Zoologischer Garten. Geburten . 377
Die Räude der Hunde. Nach dem Weidmann . 377
Zoologischer Garten zu Basel. Jahresbericht . 378
Das Auerochsenwild in den Waldungen des Fürsten von Pless. Nach
Oberförster Wild . 378
V. Litteratur,
Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. 1. Band. Protozoa von
Prof. Dr. O. Bütschli. 2. Abteilung. Infusorien und System der
Radiolarien. Von dem Herausgeber . 32
Ornithologisches Jahrbuch von Viktor Ritter von Tschusi zu Schmidhofen.
Von dem Herausgeber . 32
Der Kanarienvogel von Dr. Karl Ruß und sprechende Vögel. 2. Band
von Dr. Karl Ruß. Von dem Herausgeber . 64
— VIII —
Experimente über Hin- und Rückflug der Militär-Brieftauben von Malagoli,
übersetzt von Lieutenant Fellner. Von dem Herausgeber. . . .
Das Steppenhuhn in Österreich-Ungarn von Viktor Ritter von Tschusi zu
Schmidhofen. Von dem Herausgeber .
Das Tierleben im Terrarium von H. Fischer-Sigwart. Von dem Her aus -
g e b er .
Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. Von
dem Herausgeber .
Die gefiederte Welt von Dr. K. Ruß. Von dem Herausgeber . . . .
Die Ortsbewegung der Tiere von Prof. Hermann v. Meyer. Von dem
Herausgeber .
Die nordamerikanische Vogelwelt von H. Nehrling. Von dem Heraus¬
geber .
Systematisches Verzeichnis der Vögel Deutschlands von Dr. Anton
Reicheno w. Von dem Herausgeber .
Leben und Treiben der Ameisen von Prof. William Marshall. Von dem
Herausgeber . .
Faune des Vertebres de la Suisse par Victor Fatio. Vol. V, Time Partie.
Von dem Herausgeber .
Der Urbüffel von Celebes, Anoa depressicornis, von Dr. K. M. Heller.
Von dem Herausgeber .
Brehms Tierleben. Dritte Auflage. Von dem Herausgeber .
Uber Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit von Prof. Alfr. Nehrins.
V on Dr. ErnstSchäff .
Naturgeschichte der deutschen Vögel von C. G. Friderich. Von dem
Herausgeber .
Fauna piscium germaniae von Dr. Erwin Schulze. Von dem Herausgeber
Die Myoxidae oder Schläfer von Dr. C. L. Reuvens. Von dem Heraus¬
geber .
Die Tagfalter Europas und des Kaukasus von K. L. Bramson. Von dem
Herausgeber . ■
Die geographische Verbreitung der Cochenillezucht von Dr. Ed. Wiep'en.
Von dem Herausgeber .
Seite
96
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352
379
379
379
VI.
Eingegangeue Beiträge . . 32. 64. 96. 128. 192. 256. 320. 352 380
Bacher und Zeitschriften . 32. 64. 96. 128. 192. 256. 320. 352
Persönliches:
Direktor Kuckuck, ehrende Auszeichnung . 64
Gerardus Frederik Westermann f . ' ’ * * ’ * ’ * 255
Dr. C. Kerbert, Direktor des Amsterdamer zoologischen Gartens. . . 256
An unsere Leser und Mitarbeiter ....
'\
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von M ah lau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 1. XXXI. Jahrgang. Januar 1890.
I n h a I I.
Die Seelöwen im zoologischon Garten zu Köln; von Direktor Dr. L. Wunderlich.
(Mit 4 Abbildungen.) — Ein Zimmer - Aquarium mit Tieren aus dem Schwarzen Meere ; von
Dr. G. Koschewnikoff, Assistenten am zoologischen Museum der Universität zu Moskau.
— Das Vorkommen der Aspis-Viper; Vipera aspis L., in Deutschland und ihre verwandschaft-
liche Stellung zur Kreuzotter; von J. Blum. — Das Wachsen der Anodonten (Teichmuscheln) ;
von Gebrüder Buxbaum. — Die Gebirgsbachstelze, Motacilla suiphurea Bechst. , in der Ge¬
fangenschaft; von Dr. K. Eckstein. — Zoologische Nachrichten aus Moskau; von C. Gre vö. —
Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. —
Bücher und Zeitschriften. —
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln.
Von Direktor Dr. L. Wunderlich.
(Mit 4 Abbildungen.)
Seelöweu sind schon seit Jahrzehnten in fast allen zoologischen
Gärten einmal gehalten worden, aber immer in so engen Behältern,
daß es unmöglich war, diese sonderbaren Tiergestalten in der vollen
Entfaltung ihres Lebens zu beobachten. Die ausländischen Gärten
erkannten dies bald und schufen größere Anlagen, und als man die
Vorteile derselben, sowohl für die Tiere als auch für die finanzielle
Lage der Gärten, deren Besuch durch die in naturgemäßeren Ver¬
hältnissen zur Schau gestellten Seelöwen sich bedeutend hob, ken¬
nen lernte, folgten auch die deutschen Gärten. Zunächst der unsrige,
der jetzt ein Seelöwenbecken besitzt, welches wohl seinesgleichen
sucht. Da unsrer Ansicht nach ihm ein Hauptauteil an dem guten
Erfolg der Seelöwenhaitu ng und an deren Zucht zuzuschreibeu ist,
so dürfte es sich empfehlen, dasselbe zunächst au der Hand der bei¬
gedruckten Figuren einmal näher zu betrachten und uns dann erst
mit den Tieren selbst zu beschäftigen.
Unser Seelöwenbecken befindet sich im sogenannten neuen Teil,
in der abgelegensten Ecke des Gartens, so daß die Unannehmlich-
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 1
keit, welche das andauernde Gebrüll der Tiere für die Besucher des
Gartens und namentlich der Konzerte mit sich bringt, auf das mög¬
lichst geringste Maß beschränkt ist. Außerhalb der Gartenmauer,
gleich hinter dem Seelöwenbecken, ist jetzt allerdings eine Schule
gebaut, doch scheinen Lehrer und Schüler sich bereits an die Nach¬
barschaft gewöhnt zu haben, denn bislang ist uns keine Beschwerde
zu Ohren gekommen.
Das Becken selbst ist, wie Figur III zeigt, langgestreckt; seine
größte Länge beträgt 27 m, seine größte Breite 15 m. Die Wasser¬
oberfläche mißt ca. 250 □ m, und da das Becken 2 m tief ist, so
hält es ca. 450 cbm Wasser, gewiß eine genügende Menge, um sei¬
nen Bewohnern reichliche Bewegung zu gestatten. Rings um das
Becken — ausgenommen die Ecke H, Fig. III, wo der Felsen dicht
an das Wasser herantritt — läuft ein 1 m breites Ufer, dessen
Gleichförmigkeit nur an wenigen Stellen durch aufgelagerte Felsen
unterbrochen ist. Dasselbe soll den Tieren Ruheplätze bieten und
ferner die Zuschauer vor den Wasserstrahlen schützen, die durch
heftige Bewegungen der Seelöwen oder durch die diesen zugewor¬
fenen Fische hervorgerufen werden. Von den auf den beiden Schnitt¬
figuren deutlich sichtbaren Ufern fällt die Beckenwand steil ab, um
dann mit einem flachen Bogen in den Boden überzugehen (I u. II).
Au dem Rande des Ufers, welches dem Publikum zugewandt
ist, erhebt sich eine 0,45 m hohe, oben mit Hausteinen abgedeckte
Mauer, auf die ein 1,50 m hohes Gitter aufgesetzt ist. Die Stäbe
desselben stehen 11 cm voneinander entfernt und sind aus 9 mm starken
Rundeisen angefertigt. Dort wo das Gitter sich an den Felsen H,
Fig. III, anschließt, wird es allmählich bis zu 1 m höher und ver¬
hindert, daß die Seelöwen hier überklettern. Der Wärter kann
durch 2 Thüren von je 0,75 m Breite zu dem Becken gelangen. Die
eine neben dem Raum III des Felsens (Fig. IV) benutzt er, wenn
er die Tiere einsperren, die andere neben dem Raum I (Fig. IV),
wenn er den Felsen hinauf und die Tiere füttern will.
Die Herstellung des Beckeus geschah in der Weise, daß in das
aufgefüllte Terraiu ein Loch in den geforderten Dimensionen ge¬
graben und dies dann mit einer ca. 20 cm dicken Lehmschicht aus¬
gekleidet wurde. Dieselbe ist auf den Schnittfiguren weiß gehalten.
Darauf kam dann eine ebenso dicke Betonschicht — in den Schuitt-
figuren gekörnelt — , welche mit Cement glatt verputzt wurde. Ab¬
gesehen von geringen, beim Frost auftretenden und sich meist von
selbst wieder schließenden Sprüngen, namentlich in den aufsteigeu-
3
den Wändeo, hat sich die Konstruktion bewährt. Nach der An¬
sicht des Erbauers unseres Beckens hätte man diese Mängel ver¬
meiden können, wenn man unter dem Lehm eine durchlässige Schicht
geschaffen hätte: Jetzt wird das Wasser, welches rings um das
Becken in den Erdboden eindringt, nicht gehörig abgeführt; es ge¬
friert und sprengt dabei notgedrungen die Wäude.
n
iv
Wie aus Figur III ersichtlich, ist das Becken von allen Seiten
zugänglich, und da das schmale Ufer und die Wasserfläche tiefer
liegen als der Weg, so hat der Beschauer einen vorzüglichen Über¬
blick über das ganze Becken ; er kann allen Bewegungen seiner Be-
4
wohn er genau folgen. Bei den älteren Anlagen in Amsterdam und
Antwerpen ist dies nicht der Fall, weil die Beckenwand bedeutend
höher als der Weg liegt, während bei dem später eingelegten Seelöwen¬
becken in Hamburg die hier gemachte Erfahrung mit der tiefen Lage
vorteilhaft verwertet ist. Eine Barriere, die das Publikum etwa 1 m vom
Gitter entfernt halten sollte, fand nicht dessen Beifall. Sie wurde
schon in den ersten Tagen nach der Besetzung des Beckens niedergetreten
und bald wieder entfernt, ohne daß sich aus der zu großen Annäherung
der Menschen an die Tiere bis jetzt eine Unzuträglichkeit ergeben hätte.
Dort, wo das Becken am stärksten eingebuchtet ist, Fig III H,
steigt gleichsam als Fortsetzung der auf dem Ufer zerstreuten Felsen
und der mitten aus dem Wasser hervorragenden drei Felseninseln
eine große Felspartie aus dem Dolomitgestein steil bis zu einer
Höhe von 9 m empor. Abgesehen von der malerischen Wirkung
erfüllt dieselbe einen doppelten Zweck. Einmal enthält sie in
ihrem Inneren Räume für die Tiere und den Fischvorrat und zwei¬
tens soll sie den Seelöwen Gelegenheit bieten, ihre Kletterkünste
und ihre geschickten Sprünge in das Wasser hinab zu zeigen.
Auf Figur IV ist die Zahl und Anordnung der im Felsen unter¬
gebrachten Räume ersichtlich. Der mit I bezeichnete dient zur Auf¬
bewahrung und Zubereitung der Fische und hat eine Höhe von
2,30 m. In ihm kommen die den Wasserfall speisenden Rohre aus
der Erde, hier befindet sich ein starker Tisch, auf dem die Fische
zerkleinert und ausgenommen werden, und sonstiges zum Reinigen
des Beckens u. s. w. nötiges Gerät. Der an I stoßende kleine
Raum ist unbenutzt und sein Eingang zugemauert. Die Räume II
und III sind für die Seelöwen bestimmt. Sie haben eine unregel¬
mäßige Grundform von 2 m Breite und 1,50 m Tiefe bei einer Höhe
von 2 m. Der Fußboden besteht aus Tannenholz, die Wände und
Decken aus unverputztem Ziegelmauerwerk. Jeder Raum hat 2 Ein¬
gänge von 1,10 m Höhe und 0,60 m Breite, die durch Gitter und nur
bei sehr strenger Winterkälte durch Holzthiiren geschlossen werden.
Bei dem in der Regel durch eine Bretterwand geteilten Raume III
werden beide Eingänge benutzt, bei II hingegen ist nur die auf das
Ufer hinausführende Thür in Benutzung, während die direkt nach
dem Wasser führende Öffnung durch die Gitterthür und eine da¬
hinter befestigte feste Holzwand dicht geschlossen ist. Auf diese
Weise wurde ein Platz geschaffen, wohin sich die Tiere ungestört
vor den Blicken der Beschauer zurückziehen können, wie dies z. B.
bei der Aufzucht der Jungen durchaus erforderlich ist.
Uber diesen vier Räumen erhebt sich der steile Fels, dessen
Einförmigkeit durch kleine Fichten und andere anspruchslose Pflan¬
zen angenehm unterbrochen wird, in Gestalt eines Doppelkegels.
Nur an der Wasserseite ist seine Besteigung bis zu einer gewissen
Höhe möglich. Von dem Ufer aus führt, in einem Winkel von 30°
ansteigend, ein Pfad aufwärts, auf dem Schnitt E-F deutlich sicht¬
bar. Durch geschickte Anordnung der Gesteinsinassen ist er so
verdeckt, daß er dem Beschauer kaum auffallt. Sein höchster Punkt
•
liegt etwa 2,50 m über dem Wasserspiegel und ragt frei über den¬
selben hinaus (Schnitt A-B). Von hier aus wirft der Wärter den
Seelöwen die Fische zu und von hier aus springen jene denselben
ins Wasser nach, worauf wir später noch zurückkommen. Von
hinten ist der Fels von Gebüsch umgeben, das wieder durch ein
1,30 m hohes Gitter eingefaßt wird. Durch dieses wird das Pu¬
blikum von dem Futterraum und den Tierbehausungen fern gehalten
und ihm gleichzeitig der Zugang zu den in das Becken führenden
Thüren versperrt.
Wir haben jetzt noch über die Füllung und Entleerung des
Beckens einige Worte zu sagen. Zu ersterer glaubte man anfangs
die Wasserleitung benutzen zu können, welche in fast allen Wegen
des Gartens liegt, um den Tierhäusern oder den Anpflanzungen
Wasser zuzuführen. Doch erwies sich dieselbe bald als völlig un¬
zureichend, da sie mehrere Tage brauchte, um das Seelöwen becken
zu füllen. Es wurde nun ein besonderer Rohrstrang von 13 cm
lichter Weite gelegt, der das frische Brunnenwasser direkt von der
großen dreifach wirkenden Dampfpumpe des Gartens zu dem Becken
führt. Wie das alte Rohr, so steigt auch das neue in dem Raum I,
Figur IV, der Felspartie empor und läßt sein Wasser von 6 in Höhe
in der Nische, die in Figur TV dort, wo die Linien A-B und E-F
sich schneiden, liegt, über die Felsen hinabstürzen. Es ist jetzt
möglich, das völlig leere Becken in etwa 4 Stunden zu füllen.
Die Entleerung erfolgt nach dem Weiher J, Figur III, hin.
Auf dem Boden des Beckens befindet sich die Ausflußöffnung mit
der anschließenden 21 cm starken Thonrohrleitung, die das Wasser
nach Öffnung des Absperrschiebers zunächst in die Vorsenke K
führt, wo sich der im Becken angesammelte Schmutz absetzt. Aus
dieser, etwa 1 m über der Eintrittsöff'nung, führt ein gleich weites
Thonrohr das Wasser dem Weiher J zu. Die Entleerung nimmt
3x/2 Stunden in Anspruch. Sie erfolgt im Sommer jede Woche ein¬
mal, so daß, abgesehen von dem ständigen Zufluß aus der alten
6
Gartenleitung, das Wasser alle 8 Tage völlig erneuert wird. Im
Winter ist dies nur in größeren Pausen erforderlich. Mit jeder Ent¬
leerung des Beckens ist eine gründliche Reinigung desselben ver¬
bunden, wozu etwa zehn Mann eine Stunde nötig haben. Sie wird
immer in der frühesten Morgenstunde vorgenommen, so daß gegen
Mittag das Becken wieder gefüllt ist.
Unsere Anlage wurde im Jahre 1886 und 1887 von Herrn
Baumeister Müller, in Firma Müller Groh, entworfen und unter
dessen Leitung mit einem Kostenaufwand von M. 16,800 hergestellt.
(Fortsetzung folgt.)
Ein Zimmer-Aquarium mit Tieren aus dem Schwarzen Meere.
Von Dr. G. Kosehe wnikoff, Assistenten am zoologischen Museum der
Universität zu Moskau.
Allen Liebhabern von Aquarien wird es, wie ich glaube, nicht
uninteressant sein, zu erfahren, wie ich einige Arten von Tieren,
die im Schwarzen Meere leben, aus Sebastopol nach Moskau trans¬
portiert habe, was eine Strecke von ungefähr 215 Meilen ist, und
wie ich diese Tiere in Zimmer-Aquarien der allereinfacksten Ein¬
richtung halte.
Auf den Gedanken, einige der lebensfähigsten Seetiere lebendig
nach Moskau zu schaffen, wo bei der ungeheuren Entfernung vom
Meere jedes lebendige Tier des Meeres ein besonderes Interesse bietet,
kam ich zu Anfang des Jahres 1889, als ich mich in Sebastopol
aufhielt.
Ausflüge zur Gewinnung von Tieren machte ich in den ersten
Tagen des Februar, und ich fing wie mit dem Schleppnetze so
auch am Ufer ziemlich viele Arten, welche ich dann im Laufe
einiger Tage vorläufig der Untersuchung bezüglich ihrer Lebens¬
fähigkeit unterwarf. Dazu legte sich im Lokal der Biologischen
Station in Sebastopol in einige Gefäße Exemplare folgender Species:
Actinia equina L., welche an den Ufern lebt, Actinia sp ., welche
sich auf dem Grunde des Meeres aufhält, Carcinus mcienas L., Dio¬
genes varians Nell., Palaemon squillci L., Gammarus locusta L.,
Sphaeroma serrata Leach. , Idotea tricuspidata Desm., J. capito M.
Edw., Baianus improvisus Darw., Chiton variegatus Phil., Bissoa
sp., Cerithium ferrugineum Brug., Trochus sp., Calyptraea chinensis
L., Nassa reticulata Link., Beeten sulcatus Link., Mytilus edulis L.,
— 7
Cardium edide L., Venus aurea Mat. et Rask., Phallusia intestinalis
L. und Cynthia microcosmus Sav.
Von den Vertretern dieser Arten nahm ich nur Pecten sulcatus
Sink, und Palaemon squilla nicht zum Transport; denn sie kamen
bei der Untersuchung um; es erwies sich nämlich Pecten als
ungewöhnlich empfindlich und starb sehr schnell, sogar bei häufigem
Wechsel des Wassers. Bei den übrigen Arten war die Sterblich¬
keit während der Untersuchung sehr verschieden. So z. B. kam
von den Actinien und von Nassa nicht ein einziges Exemplar um,
von Palanus , Chiton und Sphaeroma starben sehr wenige, aber von
den Einsiedlerkrebsen, welche ich sehr schätzte, kamen viele um;
dagegen aber erwiesen sich die am Leben bleibenden sechs Exem¬
plare, welche glücklich die ganze Schwere »der Auswahl« aushielten,
als sehr lebensfähig und langlebig.
Mitgenommen habe ich meine Tiere in fünf Glasbüchsen in
Größe von je 6 — 8 Liter, welche mit Wachsleinwand umbuuden und
in zwei Kasten gestellt waren. Beim Transport fürchtete ich am
meisten die zu warme und stark verdorbene Luft, wie sie im Winter
in den Waggons der Eisenbahnen ist, und daher trug ich während
der laugen Fahrt meine Glasbüchseu mehrere Mal an die frische
Luft und erfrischte das Wasser, indem ich mit einer Spritze aus
Gutta-Percha Ströme kalter Luft in dasselbe einführte.
Schon zu Anfang der Reise kamen beide Schwimmkrabben,
Cärcinus , um und wurden weggeworfen, und bei der Ankunft in
Moskau erwiesen sich als tot Idotea , Cardium und einige von den
Cynthien.
Indem ich anfangs nicht hoffen konnte, daß sich die Tiere, die
ich herbeigeführt hatte, als langlebig erweisen würden, hatte ich für
ihre Unterbringung keine umständlichen Vorrichtungen getroffen.
Ich nahm nun zwei cylinderförmige Vasen aus Glas, die eine von
28 cm und die andere von 21 cm im Durchmesser, und ein vier¬
eckiges Gefäß von 24 X 12 cm, streute auf den Boden Steinchen
aus dem Meere von verschiedener Größe und grobkörnigen Sand,
den ich gleichfalls vom Ufer des Meeres mitgebracht hatte, goß in
die zwei Gefäße Wasser auf eine Höhe von 7 cm und in das dritte
auf eine Höhe von 5 cm, und — meine Aquarien waren fertig. Auf
den Rat einiger Sachkundigen beklebte ich später einen Teil der
Wände in zwei von den Gefäßen mit schwarzem Papier; aber ich
muß bemerken, daß bei voller Beleuchtung von allen Seiten, wie sie
im dritten Aquarium war, die Tiere sich gleich gut befänden.
8
Zur Erfrischung des Wassers führte ich einen medizinischen
Pulverisator ein ; derselbe besteht aus zwei Kugeln aus Gutta-Percha
und einem Schlauche mit einem Kran; an das Ende des Schlauches
wird poröse Kohle befestigt, und durch diese geht die Luft, welche
eingeblaseu wird, in kleinen Bläschen hinein.
Kurze Zeit nach meiner Ankunft in Moskau starben in dem
Aquarium die Tunicata. Diese Tiere in Aquarien zu haben ist nach
meiner Meinung gar nicht wünschenswert; denn erstens sind siebei
ihrer Unbeweglichkeit wenig interessant, und zweitens behalten sie,
wenn sie sterben, die äußere Form ihres Körpers, so daß es nicht
möglich ist, das tote Tier vou dem lebenden zu unterscheiden, bis
endlich das Wasser einen schrecklichen Geruch von Fäulnis ver¬
breitet und darauf hinweist, daß das Tier tot ist. Ein solcher un-
bemerklicher Tod der Cyntliien hat mir mehrmals das Wasser voll¬
ständig verdorben.
Nach den Manteltieren begannen die Muscheln ( Lamellibranchiata )
umzukommen. Der Grund, daß sie sterben, liegt nach meiner Mei¬
nung darin, daß der steinichte Boden des Aquariums für sie ganz
ungeeignet ist, denn sie sind gewöhnt, sich in weichen Schlamm ein¬
zugraben. Meine Venus verendeteu im Laufe einiger Wochen alle
bis auf eine; die letzte starb zwei Monate nach meiner Ankunft.
Auf diese Weise vollzog sich die Auswahl der Arten, die sich für die
gegebenen Verhältnisse nicht eigneten, und stellte sich fest derjenige
Bestand der Fauna, für welchen unter den gegebenen Bedingungen
ein längeres Leben möglich gewesen wäre.
Fast gleich nach der Ankunft paarten sich das Männchen und das
Weibchen des Flohkrebses, Gammarus locusta L., wobei das Männchen
mehr als eine Woche auf dem Rücken des Weibchens saß. Die Brut der
kleinen Gammarus war nicht sehr bemerklich; erst nach zwei
Wochen fand ich einen jungen Gammarus tot, und bald zeigte sich
noch ein anderer, der lebendig war. Die alten Gammarus starben
bald, aber am 15. April, d. b. ungefähr 35 Tage, nachdem das alte
Weibchen Eier gelegt hatte, legte auch das junge Weibchen Eier
Dieses junge Weibchen, welches, im Aquarium ausgebrütet, der ein¬
zige Repräsentant seiner Art geblieben war, war in der Zeit, als
es Eier legte, um 4^2 mal kleiner als der Vater und um dreimal
kleiner als die Mutter. Die Eier blieben unbefruchtet und kamen
um, und bald darauf verendete auch das Tier selbst.
Im Laufe der ersten Wochen zeigte sich, wie ich schon er¬
wähnt habe, die größte Sterblichkeit unter den Tieren, aber dafür
9
kamen einige früher nicht bemerkte Formen zum Vorschein. So
fand ich vier Exemplare Pontolimax sp., welche, in ein kleines Ge¬
fäß abgestellt, einige Häufchen Eier gelegt hatten, aber die Em¬
bryonen, welche aus diesen Eiern entstanden, gingen alle zu Grunde,
und zwar nach aller Wahrscheinlichkeit infolge der Beschränktheit
des Raumes. Außerdem fand ich im Aquarium eine große Turbel-
larie , welche ich nicht bestimmen konnte, da dieses das einzige
Exemplar war, einige kleine freie Borstenwürmer und eine ziemlich
große Serpulide, deren Röhre ich lange für leer gehalten hatte.
Im Laufe des März und des April starben Trochus, Pissoa,
Pontolimax, Calyptraea, Cardium , die Actinien, welche auf dem
Grunde des Meeres leben, und einige von den Baianus , welche ich
in sehr großer Menge hatte.
In der zweiten Hälfte des Mai hatten meine Aquarien zwei
Umzüge durchzumachen, wobei sie zweimal gleichsam von neuem
eingerichtet wurden. Nach dem zweiten Transport, Ende Mai, er¬
wies sich der Bestand meiner Fauna als folgender: Actinia equina
L. 25 Exemplare , Nassa reticülata Link. 13, Diogenes varians
Nell. 6 , Chiton variegatus Phil. 2 , Serpula 1 , Sphaeroma
serrata Leach. 4, Baianus improvisus Darw. einige Dutzend
und Mytilus cdidis L. 1. Aber bei dieser Berechnung sind unstreitig
einige kleinere Exemplare meiner Aufmerksamkeit entgangen, denn
im Laufe des Sommers zeigten sich gegen zehn kleine Mytilus ,
welche ziemlich schnell wuchsen. In welcher Gestalt sie in mein
Aquarium geraten sind, in der Gestalt von Eiern oder in Gestalt
äußerst kleiner Exemplare, welche sich der Aufmerksamkeit entzogen
hatten, das läßt sich nicht bestimmen.
Mitte Juni zeigte sich iu einem der Aquarien eine Menge von
Copepoden, welche früher nicht da waren, und da das Wasser wieder¬
holt filtriert wurde, so ist es augenscheinlich, daß sie aus Eiern ge¬
kommen waren, welche sich auf dem Boden des Aquariums, inmitten
des Sandes, der Steine und der Muscheln erhalten hatten. Anfang
Juli kamen in eben demselben Aquarium, in welchem die Copepoda
ausgekrochen waren, viele junge Sphaeroma von verschiedener Größe
zum Vorschein, so daß es wahrscheinlich war, daß mehrere Ausbrü¬
tungen stattgefundeu hatten. Diese kleinen Krebse wachsen schnell
und befinden sich sehr wohl ; die alten leben auch noch.
Aber gewiß die interessanteste Entdeckung in meinen Aquarien
war diejenige der Hydroiden aus der Familie der Corynidae; ich
entdeckte sie auf den Schalen der Nassa und zwar auch im
10
Juli. Ich hatte auf diesen Schnecken schon längst . gewisse kleine
Auswüchse bemerkt, aber erst Ende Juli überzeugte ich mich, daß
das Hydroiden waren ; denn erst in dieser Zeit hatten sie eine ver¬
hältnismäßig bedeutende Größe erlaugt. Vom Juli an machten sich
und zwar bis jetzt (Ende November) auf einigen Exemplaren Knospen
bemerklicb, aber es gelang mir nicht( die freischwimmenden Quallen
zu beobachten. Und so erfolgte im Laufe des Sommers so zu sagen
eine Bereicherung meiner Aquarien ; dagegen machte sich ein starkes
Anssterben der Balanns bemerklich ; dieselben waren zum Ende des
September fast alle ausgestorben.
Als eine traurige Erscheinung in dem Sommerleben meiner Tiere
muß ich den Tod zweier von den sechs Einsiedlerkrebsen ver¬
zeichnen, welche infolge meiner Unvorsichtigkeit starben. Indem
ich nämlich auf die Möglichkeit einer Vermehrung dieser Krebse
rechnete, dachte ich, ich würde dazu beitragen, wenn ich sie stark
fütterte, aber da kamen die zwei von ihnen um, indem sie bei der
gegebenen Menge von Sauerstoff und bei der geringen Bewegung
nicht imstande waren, die große Menge des Futters zu verdauen.
Ich wurde dafür bestraft, daß ich nicht die allgemeine Regel be¬
folgte, die nämlich, daß man die in der Gefangenschaft lebenden
Tiere nicht viel füttern darf; denn bei ihnen ist der Stoffwechsel
um ein Bedeutendes geringer als bei den Tieren, welche in Frei¬
heit leben. Anfangs September bemerkte ich eine höchst interes¬
sante Erscheinung, nämlich ein Dutzend von neugeborenen Actinien ,
die durch geschlechtliche Vermehrung erschienen waren; leider ist
es mir nicht gelungen, den Vermehrungsprozeß selbst zu beobachten.
Im allgemeinen muß man meinen Versuch der Einrichtung eines
Zimmer-Aquariums mit Seetieren als gelungen bezeichnen, wenn man
nämlich die Einfachheit der Vorrichtungen bei dem Unterhalt der¬
selben und ebenso auch die Schwierigkeiten des Transportes dieser
Tiere auf eine Strecke von ungefähr 215 Meilen in Betracht zieht.
Im ersten Monat machten mir die Aquarien nicht wenig zu schaffen,
weil ich den Actinien in unverhältnismäßig großer Menge und allzu
oft Futter gab, so daß die Menge der Absonderungen zu groß war,
und dazu saß ein großer Teil der Actinien in einem Gefäße, in
welchem keine Nassa und keine anderen Tiere waren, welche die
• • *
Überbleibsel des Futters hätten auflesen können. Solange diese
Schwierigkeiten nicht beseitigt waren, mußte ich bei den Actinien
das Wasser ziemlich oft wechseln, aber da mein Vorrat an Wasser
ziemlich klein war, und ich es nicht wagte, die Tiere in künstliches
11
Wasser zu setzen, so mußte ich das verdorbeue Wasser verbesseru.
Weun es uun uicht gelang, es mit einem Mal durch Filtrieren zu
reinigen, so ließ ich es stehen, bis sich die kleinsten organischen
Teilchen, welche es trübe machten, zersetzten, und dann wurde
dieses Wasser, nach dem Filtrieren und nach dem verstärkten Ein¬
lassen vou Luft, vollständig geeignet für den Gebrauch. Auf diese
Weise verbesserte ich mehrere Mal das verdorbene Wasser, und ich
habe auch nicht einen Cubikcentimeter von dem mitgebrachten
Wasservorrat weggegossen.
Diese Umständlichkeit mit dem Wasser hatte ich nur im ersten
Mouat; denn später, als ich die Tiere auf eine mehr rationelle Weise
untergebracht und aufgehört hatte, ihnen zu viel Nahrung zu geben,
und als ich die Exkremente ziemlich schnell entfernte, habe ich,
nachdem ich das Wasser Mitte März gewechselt hatte, es bis jetzt
nicht mehr gewechselt (Ende November), und ich habe es nur ein¬
mal und zwar Mitte Mai filtriert, da sich im Sande eiue Masse or¬
ganischer Reste erwies. Beim zweiten Umzug aber habe ich das
Wasser unfiltriert gelassen ; denn in dieser Zeit waren die Copepocla
schon ausgekrochen, und sie würden bei der Filtration sicherlich
umgekommen seiu.
Zur Erfrischung des Wassers gebrauchte ich, wie ich schon
erwähnt habe, einen Pulverisator aus Gutta-Percha mit poröser
Kohle. Luft in die Aquarien führt meine Frau gewöhnlich am
Morgen ein, und diese Operation nimmt für jedes Aquarium nur
etwa drei, höchstens fünf Minuten in Anspruch. Tn den letzten
zwei Monaten haben wir die Tiere gewöhnt, sich mit einer einma¬
ligen Erfrischung des Wassers in 48 Stunden zu begnügen, und die
Tiere leiden dadurch gar keinen Schaden.
Das Füttern meiner Tiere besorge ich etwa einmal in der
Woche, aber zuweilen mußten sie auch zwei Wochen lang hungern
Futter gebe ich nur den Actinien , den Einsiedlerkrebsen und den
Nassa; alle übrigen Tiere aber nähren sich von den Überresten,
welche jene lassen, wobei ich bemerken muß, daß zu den sitzenden
Arten, wie Mytilus , nur jene Teilchen gelangen können, welche beim
Einlassen der Luft aufgerührt werden, so daß dieses Einführen der
Luft, abgesehen von der Erfrischung des Wassers durch dasselbe,
auch noch eine indirekte Bedeutung hat.
Die Nahrung meiner Tiere ist die verschiedenartigste : ich habe
ihnen rohes, gekochtes und gebratenes Rindfleisch, Schinken, Wurst,
Hühnerfleisch, gekochten Fisch, Lachs, Stör und dergleichen ge-
12
geben. Im Sommer gab ich den großen Actinien kleine Frösche,
welche sie lebendig verschluckten. Aus dem Gesagten ist zu ersehen,
daß für die Tiere, welche sich nicht von vegetabilischer Kost und
nicht von Schlamm nähren, keine Verlegenheiten bezüglich des Futters
entstehen können.
Überhaupt muß ich auf Grund meiner Erfahrung sagen, daß
das Halten wirbelloser Seetiere im Aquarium vollständig erfolgreich
sein kann, auch wenn die Vorrichtungen noch so einfach sind.
Das allergrößte Interesse bietet natürlich die Vermehrung der
Tiere in den Aquarien. Ich habe bereits der Vermehrung der Co -
pepoden, Hydroiden , Sphaeromen und Actinien Erwähnung gethau ;
aber als mein Artikel schon geschrieben war, bemerkte ich in einem
von meinen Aquarien einige Ballen mit Eiern von Nassa reticulata.
Wenn es mir in der Folgezeit gelingt, noch andere Vertreter
der Fauna des Schwarzen Meeres für mein Aquarium zu erwerben^
oder wenn ich an den Tieren, welche ich gegenwärtig habe, irgend
welche interessanten Beobachtungen mache, so werde ich mir eine
Ehre und ein Vergnügen daraus machen, diese Thatsachen den Lesern
des »Zoologischen Garten« mitzuteilen.
Das Vorkommen der Aspis- Viper, Viper a aspis L., in Deutsch¬
land und ihre verwandtschaftliche Stellung* zur Kreuzotter.
Von J. Blum.
In meiner Arbeit »Die Kreuzotter und ihre Verbreitung; in
Deutschland«*) habe ich gesagt: »Von Vipera aspis wissen wir be¬
stimmt, daß sie in Deutsch-Lothringen vorkommt; ihr Vorkommen
im südlichen Schwarzwalde bei dem Städtchen Thiengen, im Schlücht-
thale und in seinen Nebenthälern, ist noch nicht mit genügender
Sicherheit festgestellt.« Nun gibt es allerdings einige Exemplare,
welche aus der Gegend von Thiengen stammen sollen. Im Jahre
186/ wurde Herrn .Rektor Müller in Meersburg eine Aspis-Viper
von dem inzwischen verstorbenen Apotheker Saul in Thiengen für
die naturhistorische Sammlung des Meersburger Seminars geschenkt.
In seinem Begleitschreiben bemerkte er, daß diese Viper, die bei der
Witznauer Mühle im Schlüchtthale durch einen Arbeiter gefangen
worden sei, in früherer Zeit auf dem Schwarz walde nicht getroffen
*) Vgl. Jahrg. XXIX, 1888, S. 300.
13
wurde; es liege demnach die Vermutung nahe, daß sich die Species
vom Schweizer Jura herüber auf den Schwarzwald augesiedelt habe.
Herr Rektor Müller fügt in einem Briefe an mich hinzu: »Da Saul
als Sammler bekannt war und die Finder ordentlich honorierte, wäre
es ja immerhin denkbar, wrenn auch nicht wahrscheinlich, daß frag¬
liche Viper wo anders aufgefunden wurde.« — Ein zweites Exem¬
plar mit der Fundortsangabe Thiengen befindet sich im Gymnasium
zu Konstanz und zwei weitere Exemplare in der naturhistorischen
Sammlung des Mannheimer Vereins für Naturkunde (siehe dessen
Jahresbericht 1871). Die beiden letzteren Exemplare wurden von
Saul ebenfalls selbst überschickt und eines derselben stammt nach
dessen Angabe von der Föhrenbacher Mühle bei Nöggenschwiel.
Ich habe mir seit zwei Jahren viel Mühe gegeben, um in den
Besitz eines Belegstückes aus neuerer Zeit zu gelangen, ich habe
mich sogar während meiner letzten Sommerferien an Ort und Stelle
begeben und bei denjenigen Leuten, die in erster Linie darum wissen
mußten, Nachforschung angestellt und erneuten Auftrag erteilt;
allein meine Bemühungen sind bis jetzt erfolglos geblieben und ich
*
beginne, nicht nur das jetzige Vorkommen der Viper a aspis im
Schwarzwalde zu verneinen, sondern auch das angeblich frühere
Vorkommen stark in Zweifel zu ziehen. Saul hat, allem Anscheine
nach, seine Schlangen nicht selbst gefangen, und wrer weiß, wie leicht
der Arbeiter es mit einer falschen Fundortsangabe nimmt, wie un¬
zuverlässig überhaupt der Laie in dieser Beziehung ist, der wird
über meinen Skeptizismus nicht erstaunt sein. Ich glaube, daß
Apotheker Saul, durch den das Vorkommen der Aspis im Schwarz¬
walde in die Litteratur verbreitet wurde, getäuscht worden ist. An
eine Wanderung der Aspis aus dem Jura nach dem Schwarzwald
kann schwerlich gedacht werden; allenfalls könnte man von einer
Verschleppung reden. Es ist wahr, daß in den letzten Jahren in
dem hochromantischen Schlüchttale gewaltige Felssprengungen be¬
hufs Anlage herrlicher Kunststraßen ausgeführt worden sind ; immer¬
hin müßte sich, wenn die Schlange hier heimisch gewesen wäre,
da oder dort, wie z. B. im Schwarzathale, welches bei der Witz-
nauer Mühle mündet, ein Exemplar vorgefundeu haben oder noch
vorfinden. — Ein negatives Resultat, wie das in Rede stehende, wird
sich nur schwierig Anerkennung erringen, nachdem das Vorhanden¬
sein der Aspis im Schwarzwalde während 22 Jahre durch vermeint¬
liche Belegstücke als erwiesen gegolten hatte ; wir müssen aber den
Schwarzwald nach dem Gesagten als Aufenthaltsstätte der Aspisschlange
14
streichen, und es bleibt somit für dieselbe in Deutschland nur Elsass-
Lothriugen besteheu.
Bei dieser Gelegenheit will ich auf eine interessante Arbeit des
Dottore Lorenzo Camerano »Monografia degli Ofidi italiani. Parte
prima. Viperidi. Memorie deila Reale Accademia delle Scienze di
Torino. Serie II, Tomo XXXIX. 1888« aufmerksam machen.
Camerano hat ein reiches italienisches Material sowohl von
Berus wie von Aspis eingehend untersucht. Dabei fand er, daß
Vipera berus und Vipera aspis in Färbung, Zeichnung, Beschilde¬
rung, in der Form der Schnauze und der Struktur der Schuppen
vielfach ineinander übergehen und einander vertreten. Er gelangt
daher infolge seiner Untersuchungen, entsprechend der systematischen
Einteilung älterer Forscher, zu dem Schlüsse:
1. Die europäischen Vipern gehören zu einer einzigen Gattung,
zu dem Genus Vipera Laurenti.
2. Die Gattung Vipera begreift in Europa zwei Arten iu sich :
Vipera ammodytes (Linne).
Vipera berus (Linne).
3. Die Species Vipera berus (Linne) hat eine Unterart aspis ,
welche in den südlichen Gegenden vorherrschend ist.
4. Vipera Latastei Boscä ist auf Vipera berus subspec. aspis zu
beziehen und nicht auf Vipera ammodytes.
5. Vipera Latastei Boscä und Vipera Seoanei Lataste sind weder
als Art noch als Unterart zu betrachten, sondern nur als Varie¬
täten von Vipera berus oder Vipera berus subspec. aspis. Sie
sind nicht beständig genug, um mit einem bestimmten Namen
bezeichnet werden zu können.
Die Diaguose, welche Camerano gibt, ist wie folgt:
Farn. Viper idae.
Genus Vipera Laurenti.
Die Subkaudalschilder sind in zwei Reihen angeordnet : die
Gularschuppen sind glatt.
Die italienischen Species und Subspecies, welche zu diesem
Genus gehören, lassen sich in folgender Weise unterscheiden :
A. Die Schnauze endigt in ein selbständiges nach oben gerich¬
tetes Hörnchen, an dessen Bildung das Rüsselschild keinen
Anteil nimmt. Vipera ammodytes (Linne).
B. Die Schnauze endigt nicht in ein selbständiges Hörnchen ;
der vordere Schuauzenrand ist abgerundet, mehr oder weniger
erhöbt, so daß er eine hornähnliche Hervorstülpung bildet,
dereu vorderer Teil von dem mehr oder weniger hohen Rüssel¬
schild gebildet wird.
a. Der vordere Schnauzenrand ist rund oder wenig in die
Höhe gestreckt. Auf dem Kopfe zwischen den Augen und
dem Nacken befinden sich 3 große Schilder. Zwischen
Auge und Oberlippenschildern liegt gewöhnlich nur eine
Schuppenreihe. Die Rückenflecken sind meistens in einer
ununterbrochenen Zickzacklinie angeordnet.
Viper a berus (Lin ne).
b. Der vordere Schnauzenraud ist mehr oder weniger horn¬
artig, zuweilen etwa 3 Millimeter hoch, aufgestülpt. Auf
dem Kopfe befinden sich gar keine großem Schilder, oder
nur ein größeres Schild , oder zwei oder drei größere.
Zwischen Auge und Oberlippenschildern liegen meistens 2
Schuppenreihen. Die Rückenflecken sind in der Regel
unter sich getrennt oder in einer schwarzen unterbrochenen
Zickzacklinie angeordnet.
Viper a berus (Linue) subspec. aspis.
Camerano hält eine Einteilung in Farbenvarietäten, auf die
Verschiedenheit der Grundfarbe basiert, nicht für empfehlenswert,
da die Grundfarbe au demselben Individuum nach Jahreszeit und
je nachdem es näher oder entfernter der Häutung ist, wechselt. Er
hält es für richtiger, statt der Grundfarbe, welche weiß, grauweiß,
graubraun , hellrostfärben , rötlich , kastanienbraun , dunkelbraun,
schwärzlich oder sammtsch warz sein kann, die schwarze Zeichnung
in Betracht zu ziehen und teilt demnach die Farbenvarietäten in
mehrere Gruppen, ohne diese jedoch mit einem Namen zu belegen.
Von den melanotischen Varietäten nimmt er ebenfalls zwei Gruppen
an und zwar eine Gruppe, bei welcher der Melauismus durch die
Ausbreitung der schwarzen Rückenflecken entstand, so daß sie deii
Rücken mehr oder weniger ganz bedeckten und nur da und dort
einen hellen Fleck ließen, und die zweite Gruppe, bei welcher der
Melanismus dadurch entstand, daß sich die Grundfarbe stark ver¬
dunkelte. Die Exemplare, welche diese Art von Melanismus zeigen,
lassen nach einiger Zeit der Aufbewahrung in Alkohol die schwarzen
Flecken erkennen.
In Bezug auf die Struktur der Schuppen, in welcher Levdig
••
(Uber die einheimischen Schlangen, zoologische und anatomische Be¬
merkungen. In den Abhandlungen der Senckenbergischen Natur-
16
forschenden Gesellschaft XIII. 1884) eine spezifische Unterscheidung
zwischen Berus, Aspis und Ammodytes findet, sagt Camerano:
»Ich habe die Struktur der Schuppen an vielen italienischen Exem¬
plaren von Aspis sowohl wie von Berus und auch an italienischen
und griechischen Exemplaren von Vipera ammodytes geprüft und
gefunden, daß dieselbe sehr veränderlich ist und für spezifische
Diagnosen nicht in Betracht gezogen werden kann.«
Schließlich will ich hier noch auf die Thatsache hinweisen, daß
in gewissen Partien der Schweizer Hochalpen die Aspis in einem
Kreuzottergewand (in der Bergform, wie sie F. Müller zum Unter¬
schiede von der Thalform bezeichnet) an die Stelle der Kreuzotter
tritt (siehe 4. Nachtrag zum Katalog der herpetologischen Samm¬
lung des Baseler Museums. Von F. Müller in Verhandlung der
Naturforschendeu Gesellschaft in Basel. VII).
Las Wachsen der Anodonten (Teichmuscheln).
Von Gebrüder Bnxbaum.
Über das Wachsen der Anodonten und Unionen sind die An¬
sichten der Konchyliologen immer noch geteilt. Einige behaupten,
daß das W7achsen derselben nur sehr langsam vor sich gehe und
die Muscheln erst nach mehreren Jahren ausgewachsen seien, wäh¬
rend andere sagen, daß dieser Vorgang rascher stattfinde und die
Tiere nicht so viele Jahre zu ihrer Entwicklung nötig hätten. Volle
Klarheit über diese Frage kann man durch das Beobachten der
Muscheln in fließendem Wasser nicht erhalten, weil man die einzel¬
nen Exemplare nicht immer an denselben Stellen finden wird.
Die Ergebnisse aus Aquarien sind auch nicht maßgebend, da
den Tieren hier nicht alle Bedingungen zur raschen Entwicklung
geboten sind. Man muß sich in diesem Falle also nach einem geeig¬
neteren Beobachtungsgebiet umsehen, welches alle erforderlichen Be¬
dingungen darbietet. Ein solches Gebiet hat mein Bruder, Seminar¬
lehrer Ph. Buxbaum in Bensheim an der Bergstraße, aufgefunden.
Es sind dies die bei den dortigen Backsteinfabriken ausgeworfenen
Lehmgruben. Diese werden, des hochliegenden Grundwassers wegen,
kastenartig ausgegraben, so daß eine große Grube aus vielen klei¬
neren Gruben besteht, die durch stehengelassene Lehm wände von
0,5 m Breite voneinander getrennt sind , aber durch das spätere
teilweise Abtragen dieser Wände doch miteinander in Verbindung
17
stehen und 3 bis 4 m Tiefe haben. Solche Gruben bei Bensheim,
Auerbach und Zwingeuberg haben wir Brüder vorigen Herbst unter¬
sucht und zwar solche, die ein, zwei, drei und mehr Jahre alt
sind. Obgleich die Gruben bei Bensheim seit vorigem Frühjahre von
der Wasserpest, Elodea canadensis, ganz durchwuchert siud, so ist
das Wasser doch hell uud klar, und wir fanden Muscheln und Schnecken
in großer Zahl.
Einer dreijährigen Grube entnahmen wir unter anderen eine
Anodonta cellensis , die 135 mm lang, 75 mm breit und 45 mm dick
ist. Eine Anodonta piscinalis var. ponderosa ist 105 mm lang, 60 mm
breit und 35 mm dick und eine jüngere Anodonta piscinalis hat eine
Länge von 80 mm, eine Breite von 50 mm und eine Dicke von 25 mm.
Die älteren Grnbeu bei Auerbach uud Zwingen berg enthalten
cj o
Muscheln von allen Größen, außerdem leben darin verschiedene Arten
von Fischen.
Wir fandeu in den Lehmgruben noch Limnaea stagnalis in sehr
großen Exemplaren, Limnaea auricularia, Limnaea palustris, Limnaea
ovata, Limnaea vulgaris, Physa hypnorum , Planorbis corneus , Pla¬
norbis leucostoma und Planorbis marginatus. Jedenfalls siud die
Gruben auch noch von andereu Arten bewohnt , was bald fest¬
gestellt werden soll. Die Grnbeu sind keinerlei Überschwemmung
ausgesetzt, und die Muscheln können demnach von anderwärts
als erwachsene Exemplare nicht beigeschwemmt worden sein; das
Wasser ist Grundwasser und ziemlich hell. Eine Grube wird mit
den Abfällen aus der Chininfabrik zu Auerbach ausgefüllt und ist
deshalb unrein. Die Gruben werden von Wildenten besucht, auch
nistet dort das grünfüßige Wasserhuhn, von dessen Mahlzeiten ich
einige frische Anod outen schalen fand.
Vielleicht sind durch diese Vögel die Embryonen der Muscheln
dahin verpflanzt worden. Doch davon ganz abgesehen, so ist damit
sicher erwiesen, daß die Anodonta cellensis von 135 mm Länge nicht
älter als 3 Jahre sein kanu, und daß sie in dieser verhältnismäßig
kurzen Zeit eine so ansehnliche Größe erreicht hat. Diese Muschel
hat zwei stärker ausgeprägte Ringe und besteht also aus 3 Absätzen,
die man souach als Jahresringe betrachten kann. Kleinere Muscheln
haben nur 2 Jahresringe. Man kann somit das Alter einer solchen
Muschel danach ziemlich genau bestimmen.
Die jährliche Vergrößerung zeigt viele schwache Ringe uud
scheint in verhältnismäßig kurzer Zeit stattzufinden, und nicht den
Zoolog. Gart. XXXI. Jahrg. 1890. 2
18
ganzen Sommer in Anspruch zu nehmen, Einige Muscheln habe
ich Herrn Dr. Kob eit in Schwanheim eingehändigt, der dieselben
einer genauen Untersuchung unterwerfen wird. Die Form der Ano-
donten aus diesen Lehmgruben weicht von der der Mainmuscheln
etwas ab, indem letztere mehr abgerundet sind.
Die Gruben sollen nun fortgesetzt beobachtet und untersucht
werden, und werden hoffentlich noch manches Interessante darbieten.
Die Gebirg’sbaclistelze, Motacilla sulphurea Bechst., in der
Gefangenschaft.
Von Dr. K. Eckstein.
Rasch lief sie dahin, die niedliche Bachstelze, über den tiefsandigen
Waldweg, so daß ich mich schon im voraus darauf freute zu sehen, wie sie
sich im nächsten Augenblick unter kurzem lautem Ruf und mit dem Schwänze
schlagend emporheben würde, aber statt dessen eilte sie, als ich näher kam,
ängstlich ins Gebüsch, dort Schutz und Deckung suchend.
Bald hatte ich das furchtsame, am rechten Flügel gelähmte Tierchen
erfaßt; es war ein Weibchen mit ganz schwach oder fast gar nicht gefleckter
Kehle, die bei den Jungen weißlich und beim Männchen im Frühjahr weiß
gefleckt ist, um sich darauf tief schwarz zu verfärben.
Ich brachte es nach Hause. Anfangs saß das Vögelchen ruhig und still
in einer dunklen Ecke versteckt, bis es sich von dem gehabten Schrecken
erholt hatte, dann aber lief das Stelzchen eilig umher, die wenigen am Boden
sitzenden Fliegen zu 'fangen; es zeigte wohl immer noch einige Scheu, kam
aber, wenn man sich ruhig verhielt, gauz nahe heran.
Eingedenk der Thatsache , daß insektenfressende Vögel sehr großer
Nahrungsmengen bedürfen, weshalb sie ja auch den ganzen Tag über auf Jagd
sind, überlegte ich, wie wohl am besten für unseren Pflegling zu sorgen wäre,
denn für ihn die Fliegen zu fangen und ihm zuzutragen, dazu verspürte ich
wenig Lust. Kleine Räupchen werden wohl auch ein schmackhafter Bissen
für ihn sein, und bald waren von der nächsten Weißdornhecke einige Ge-
spinnstmottennester ( Hyponomeutes ) herbeigeholt, deren Insassen, aus ihrer
Ruhe aufgestört, sich an Fäden auf den Boden herabließen, wo sie alsbald von
der Bachstelze bemerkt wurden. Sie eilte herbei, kehrte dem Ungeziefer aber
sofort den Rücken, ohne es weiter zu beachten. Nur dann ließ sie sich ver¬
leiten ein solches Räupchen anzunehmen, wenn man dasselbe ihr einzeln
vorwarf, indem sie durch die rasche Bewegung des niederfallenden Körpers
aufmerksam geworden war; aber auch dann schien sie ihm wenig Geschmack
abzugewinnen.
Wie ganz anders war jedoch ihr Benehmen, wenn man ihr eine Fliege
vorwarf, die, bevor sie sich erheben konnte, erhascht und verzehrt war.
19
Saß cler Vogel mit eingezogenem Hals und etwas hängendem Schwanz
ruhend da, so war er plötzlich wie umgewaudelt, sobald er diesen Lecker¬
bissen bemerkte. Dann hob er den Kopf, reckte, streckte und drehte den
Hals, dabei immerfort mit dem Schwänze auf- und abschlagend, wodurch er
dem ganzen Körper eine eigentümliche Elasticität, ja gewissermaßen Schnell¬
kraft mitteilte, die ihm, wenn er dann plötzlich auf seine Beute losstürzte,
trefflich zu statten kam.
Aber trotz des heißen Wetters fanden sich nur wenige Fliegen in greif¬
barer Nähe ein. Um andere auzulocken würde ein Stückchen Fleisch an den
Boden gelegt; aber wie erstaunten wir, als sich dasselbe nach einiger Zeit an
anderer Stelle vorfand. Nur die Bachstelze konnte es verschleppt haben.
Um den Thatbestand festzustellen, warf ich ihr ein kleines Fleisch- (Schinken-)
Stückchen vor, sie stürzte darauf los und verschlang es, ebenso fraß sie ein¬
geweichtes Weißbrot und gekochte Kartoffeln, mochten diese nun in kleinen
Teilchen vorgeworfen oder in großen Stücken hingelegt sein. Das in einem
flachen Teller gebotene Wasser nahm sie ohne Scheu vor dem ihr doch sicher¬
lich neuen und ungewohnten Badebassin, anfangs freilich nie in meiner
Gegenwart, doch zeigte schon am ersten Tage das weit umhergespritzte Wasser,
mit welchem Behagen sie darin geplätschert haben mußte.
Mit jedem Tage zeigte das Vögelchen weniger Scheu, ab und zu ließ
es auch seine Stimme hören, blieb sogar ruhig sitzen, wenn man sich in
seiner Nähe zu schaffen machte. Durch allzu rasche oder plötzliche Bewe¬
gungen wurde es jedoch immer erschreckt und eilte dann, unter Tisch und
Stuhl Deckung suchend, raschtrippelnden Ganges nach dem anderen Ende des
Zimmers. In einer Ecke desselben standen einige Kästchen und Schachteln.
Das versteckteste derselben wählte die Bachstelze allabendlich zu ihrem Schlaf¬
plätzchen, an dem sie sich, den Kopf nach der Ecke kehrend, bei einbrechender
Dunkelheit niederließ.
Der kranke rechte Flügel war nicht gebrochen, das zeigten die schwachen
Bewegungen, die er beim raschen Laufen ebenso wie der andere Flügel
ausführte. Nach denselben lag er jedoch stets weiter auf den Rücken ge¬
schoben als jener, so daß dadurch der Vogel ein ganz unsymmetrisches Aus¬
sehen erhielt.
Wie erfreut war ich, als ich zuerst auf dem Tische die Spuren seiner
Anwesenheit bemerkte, denn ich mußte daraus schließen ^ daß das Flug¬
vermögen nun wieder groß genug war, ein Aufschwingen vom Boden auf den
Stuhl und von hier auf den Tisch zu gestatten. Und schon am nächsten Tage
lief sie eifrig auf der Fensterbank hinter den geschlossenen Scheiben auf und
ab, um die zahlreichen Fliegen zu fangen, die zum oberen geöffneten Flügel
hereingekommen und hier angeflogen waren. Wie geschickt zeigte sie sich
hierbei, wie aufmerksam lauschte sie auf den durch das Zimmer hinschwär¬
menden Brummer, der, sobald er in greifbare Nähe kam, mit wunderbarer
Sicherheit erfaßt wurde. Griff die Bachstelze wirklich einmal fehl, dann hörte
man den Schnabel deutlich und laut zuknappen. Kleinere Fliegen verschlang
sie, wie sie dieselben gerade erfaßt hatte; die größeren wurden dagegen im
Schnabel immer so gedreht, daß sie Kopf voran verschlungen wurden. Nie¬
mals fiel es ihr ein, nach einer zu hoch sitzenden Fliege zu springen, oder
nach einer ankommenden zu schnappen, ehe sie in wirklich greifbarer Nähe
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war, so sehr war sie sich ihres lahmen Flügels und der damit verbundenen
Behinderung bewußt.
Um den Geschmack des Vogels genauer kennen zuHernen, warf ich ihm
mehrere Insekten, die mir gerade zur Hand waren, vor: zunächst verschiedene
grüne Blattwespenlarven, welche alle gerne genommen und, da sie sich ring¬
förmig zusammengerollt hatten, durch mehrmaliges Aufschlagen auf den Bo¬
den betäubt wurden, sodaß sie schlaff werdend sich streckten und so verzehrt
werden konnten; ferner wurden Eristalisarten nicht verschmäht, ebenso einige
Tachinen. Auch ein Kiefernspinnerweibchen wurde vorgeworfen. Schwer fiel
der plumpe Schmetterling mit den großen Flügeln schlagend zu Boden.
Gleich stürzte die Bachstelze auf ihn los und versetzte ihm kräftige Schnabel¬
hiebe, wich aber den schlagenden Flügeln vorsichtig aus, wobei sie den auf
dem Rücken liegenden sich langsam drehenden Falter umtanzte. Rasch jedoch
war derselbe betäubt und nach einiger Zeit lagen die Flügel getrennt von
dem nun ganz wehrlosen Rumpf, der bald bis auf den letzten Rest verspeist
war. Und nicht nur diesen einen, sondern vier Kiefernspinner erreichte bin¬
nen zwei Tagen dasselbe Geschick. Dabei war an Fliegen durchaus kein
Mangel, so daß nicht angenommen werden darf, sie seien nur in der größten
Hungersnot verzehrt worden.
Auch die grelle schwarz- weiß -rote Zeichnung der Callimorpha dominulct
und ihr lebhaftes Flügelschlagen schützte diesen Falter nicht, denn auch er
wurde mit sichtbarem Eifer angegriffen und war bald verschlungen.
Trat ich heran, ihr irgend einen schmackhaften Bissen zu reichen, so sah
sie aufmerksam und begierig nach der Hand, in welcher sie wohl sofort die zap¬
pelnde Mücke bemerkt haben mochte. Hatte sie vorher ruhig gesessen, so be¬
gann nun das wippende Schlagen des Schwanzes, oft auch eilte sie durch die
Bewegung des Hinwerfens irre geleitet dahin, wo etwa die Beute hätte zu
Boden fallen müssen.
Nach und nach erstarkte und gesundete auch der kranke Flügel. War
anfangs der durchhüpfte Raum ein bis zwei Spannen weit, so hatte sie bald
gelernt, den 1 m weiten Weg vom Tisch zum Fenster zu durchmessen und wie¬
der nach einigen Tagen flog sie vom Fenster etwa 5 m weit nach dem anderen
Ende des Zimmers, bis sie eines Tages, als die gründliche Reinigung ihres
Wohnraums nicht mehr aufzuschieben war, ein größeres Wagnis unternahm.
Von der Fensterbank schwang sie sich auf die geöffnete Thüre, um von hier
durch den offenstehenden kleinen oberen Fensterflügel das Weite zu suchen.
In großem Bogen flog sie froh der erlangten Freiheit davon und ließ sich auf
einer nahen Weide nieder.
Zoologische Nachrichten aus Moskau.
Von C. Greve.
Im Jahrgang 1888, S. 273 des »Zoologischen Garten« hatte ich eine
kleine Lese zoologischen Aberglaubens in Rußland veröffentlicht. Heute
möchte ich einige mir späterhin bekannt gewordene Fälle nachtragen und
auch manches Interessante außerdem zur Kenntnis der Leser bringen.
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Wird jemand von einem Hunde gebissen und man will den schlimmen
Folgen Vorbeugen (denn fast jeder Hund, der da beißt, gilt hier sofort für
toll — ), so muß man schleunigst ein Büschel Haare aus seinem Schwänze
nehmen, diese verbrennen und die Asche auf die Bißwunde legen.
Kranken Pferden, Rindern und Schafen spaltet man ein Ohr, was als
unfehlbares Mittel gegen jegliche Krankheit gilt.
Legt man Hühnereier Dohlen zum Ausbrüten unter, so erhält man Hüh¬
ner, welche das ganze Jahr, ohne auszusetzen, brüten. Ein Fünkchen Wahr¬
heit steckt hinter diesem Aberglauben insofern, als die Dohlen sehr frühe zu
brüten beginnen und man auf diese Art zu Hühnern kommt, welche im ersten
Sommer vollkommen erwachsen und im nächsten Jahre also zeitig mit dem
Legen beginnen. Merkwürdig ist nur, daß trotz der allgemeinen Verbreitung
dieses Aberglaubens kein russischer Bauer es versucht, die Sache in praxi zu
erproben, obgleich um den Rauchfang einer jeden Bauernhütte im Dachstroh
zahlreiche Dohlen nisten.
Einen interessanten Fall von Dreistigkeit bei einem Auerhahne berich¬
tete mir ein russischer Theehändler, den, seine Geschäfte fast alljährlich zu
Reisen durch das asiatische Rußland nach Chinas Grenzen zwingen. Vor zwei
Jahren (also 1887), befand er sich mit seinem erwachsenen Sohne in einem
Postschlitteu auf der Fahrt nach Tomsk. Beim Passieren eines Tannenwaldes,
auf dessen vom Frühjahrswetter stellenweise schon schneefreien Wegen der
Schlitten nur langsam vom Platze kam, machte der kutschierende Tatar die
Reisenden auf einen Auerhahn aufmerksam, der vor dem Gefährt auf dem
Wege balzte. Man machte Halt und verließ den Schlitten, unwillkürlich die
Flinte ergreifend, um den sich so schön darbietenden Braten zu erlangen. Es
erwies sich aber, daß das Gewehr ungeladen und der Ladestock unterwegs
verloren worden war. Während der Sohn sich an das Absctmeiden einer pas¬
senden jungen Tanne machte, unterhielt sich der alte Vater, den eine gewisse
mitleidige Stimmung ergriffen, damit, den Vogel vor sich herzutreiben, in der
Hoffnung, ihn so zum Abstreichen zu bewegen. Dieser aber raunte immerfort
um die Pferde herum, zwischen diesen durch, hüpfte auf den Schlitten u. s. w.
immer ruhig weiter balzend. Natürlich konnte so schließlich der Sohn mit
seiner Ladestockschnitzerei zu Ende kommen, die Flinte laden und den Vogel
schießen. Wäre mein Gewährsmann nicht ein sehr ehrwürdiger alter Herr,
dabei durchaus kein Jäger — so wäre man versucht an eine Müuchhausiade zu
denken. Mir fiel bei dieser Erzählung das Kapitel über »blödsinnige und ver¬
rückte Tiere« ein, welches sich in der Ausgabe der gesammelten Schriften
Wildungens befindet und in welchem dieser humorvolle Jünger Dianens
von Rehböcken und Füchsen berichtet, die geradezu dem Jäger sich vor’s Rohr
setzten, obwohl sie mehrfach augeschossen oder auch absichtlich vom Schützen
angerufen worden waren, um sie zu verscheuchen.
Im Frühjahre traf hier in Moskau auf einer Fabrik eine Partie Blau¬
holz ein. Als einer der Blöcke, welcher für die färbebereitenden Maschinen
zu umfangreich war, zerspalten werden sollte, kamen aus einem Astloche
nach und nach hervor: eine mittelgroße Schlange, etwa 8 Skorpione und große
Skolopender und fünf Mygale-Spinnen (Vogelspinnen)! Bedenkt man, daß di e
Reise über 6 Monate gedauert hatte, ehe die Laduug in Moskau ihr Endziel
erreichte, so haben die Tiere trotz einem Dr. Tanner gehungert. Leider er-
22
fuhr ich hiervon erst im September, so daß ich die Schlange sowie die Skolo¬
pender, Skorpione und 4 der Spinnen nicht mehr zu sehen bekam, sie waren
in den Besitz eines hiesigen Naturforschers und Freundes gewandert — eine
der Spinnen aber erhielt ich und besitze das Tier noch jetzt. Anfangs (vom
Mai bis August inklusive) wurde sie von einem mir befreundeten Chemiker in
einem engen Glasbehälter gehalten und mit Fliegen und Schaben gefüttert, die
sie gierig annahm. Als die Spinne in meine Hände kam, richtete ich ihr eine
Wohnung her, wie sie dieselbe sich in ihrer Heimat sucht, wobei ich mich an
die sehr spärlichen Berichte über diesen Gegenstand in einigen Büchern hielt.
Ein flaches Cigarrenkistchen, mit einem Ausschnitt, groß genug, um ihr freien
Durchgang zu gestatten, wurde mit einem größeren Glaskasten überbaut. Nach
einigen Tagen hatte die Spinne das Innere des Kistchens ziemlich überspon-
nen und hielt sich am Tage in dieser Höhle auf. Abends kommt sie hervor
und spaziert umher. Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, sie beim Er¬
greifen der Beute zu beobachten, obwohl die ihr beigesellten Schaben ( Blatta
orientalis ) und großen Schmeißfliegen nach und nach tot und ausgesogen vor
ihrer künstlichen Höhle vorgefunden wurden. Beim Fangen meiner Spinne
ist ihr seitens der Fabrikarbeiter der rechte zweite Fuß ausgerissen worden,,
doch scheint das weiter keine schädlichen Folgen für ihr Wohlbefinden ge¬
habt zu haben. Vom vordersten Kopfende bis an die beiden gegliederten,
fast J/s Zoll langen, in der Ruhe nach oben- aufgebogenen Spinndrüsen am
Leibesende, mißt das Tier fast zwei Zoll, die Augen sind ziemlich deutlich
hervortretend auf dem Kopfe bemerkbar. Das Abdomen ist rotbraun, Kopf
und Bruststück sammetschwarz lang behaart. Die langen kräftigen Beine tragen
silbergraue Haare und am Ende zwei hufenartige Lappen, zwischen denen die
starken Klauen sitzen. Höchst lächerlich, wie eine große Glatze, nimmt sich
der kahle, ledergelbe Hinterleib auf der Rückenseite aus, da besonders die
roten Haare ringsum struppig, wie bei manchem »Mondschein« in die Höhe
starren. Sechs Monate schon lebt die Spiune in der alten Zarenstadt, und ich
hoffe sie noch länger erhalten und beobachten zu können.
Zum Schlüsse mag hier eine von mir beobachtete Zusammen wach -
sung zweier Fichten Platz finden, welche mit der Zoologie freilich nichts
zu thun hat, immerhin aber interessant genug ist. Zu leichterem Verständ¬
nis will ich die Stämme mit A und B bezeichnen. An dem Beiflusse der Mos¬
kwa, der Kljäsma, steht am steilen Ufer, ganz allein auf freiem Felde, beim
Dorfe Tarassowka die Fichte A, deren Alter man vielleicht auf 50 Jahre schätzen
kann. Auf der Südseite ist in einer Höhe von etwa 4 Fuß ein jüngerer
Baum derselben Species, B, mit ihr verwachsen. Die Verwachsungsstelle ist
durch reichlichen, schon verhärteten und verwitterten Harzausfluß gekenn¬
zeichnet. Von dem Stamme B fehlt unter der Verwachsungsstelle über der
Wurzel ein Stück von etwa 2 Fuß, so daß derselbe keine Verbindung mehr
mit dem Boden hat und seine Nahrung nur aus dem Stamme A erhält. An
seinem unteren freien Ende bemerkt man Brandspuren, während dieselben
bei dem Wurzelstumpfe vielleicht mit der Zeit verwischt, vom Moose über¬
wuchert wurden. Die Bauern meinen, »früher waren es zwei, jetzt aber ist
es nur ein Baum« ' — mehr konnte ich aus ihnen nicht herausbringen, da sie
in jedem Fragesteller sofort einen Abgesandten der Krone sehen, der nach
Material zu neuen Steuern sucht. Die einzig mögliche Annahme ist wohl die,
daß der jüngere Baum B sich anfaugs am älteren A rieb, bis beiderseits die
Rinde abgescheuert war und dann mit dem zunehmenden Drucke, da B schräg
gegen den Nachbarn wuchs, eine Zusammenwachsung erfolgte. Die Trennung
vom Wurzelende mögen Hirten durch ihr Feuer bewirkt haben. Beide Kro¬
nen aber wachsen munter fort. *)
Korrespondenz« n.
Belgershain i. S., im November 1889.
Wir besaßen mehrere Monate lang zwei Hunde, einen Neufundlän¬
der und einen Spitz, die außerordentlich aneinander hingen. Der kleine
konnte den großen beißen, am Schwanz ziehen, kurz alles Mögliche mit ihm
vornehmen, ohne daß es dieser übel genommen hätte. Nun hatte vor ca. einer
Woche ein gemeiner Mensch in der Nacht den großen Hund vermittelst eines
scharfen Instrumentes so zugerichtet, daß dieser erschossen werden mußte. Den
Kopf wollte ich mir skelettieren und legte ihn, damit mir die Hühner etwas
Vorarbeiten sollten, weil ich nicht gleich Zeit hatte, des Felles entblößt, auf
den Hof. Der kleine Spitz hatte seinen Gefährten bereits mehrere Tage ge¬
sucht. Da fand er eines Tages den Kopf seines Freundes auf dem Hofe liegen.
Zunächst ging er im Kreise um denselben herum, argwöhnisch das merkwürdige
Ding betrachtend. — Nach und nach ging er näher, beroch und beleckte den
Kopf, und nun schien er plötzlich zu wissen, was es war. Zu unserer größten
Verwunderung wühlte er nun den Schmutz mit Pfoten und Schnauze auf, schob
denselben mit der Nase nach dem Kopfe zu und drückte ihn um diesen her¬
um fest. Dies wiederholte er, bis er dicht um den Kopf herum einen rich¬
tigen Wall gebildet hatte, den Anfang eines Grabhügels, den er in den nächsten
Tagen vollendete. So oft er nämlich wieder zu dem Kopfe kam, wiederholte
er das Manöver, brachte Erde, Ziegelsteinstückchen und kleine Sternchen mit
der Nase herbei und hat es heute, nach 3 Tagen, trotz des gepflasterten Bo¬
dens, schon so weit gebracht, daß nur noch eine Fläche von ca. 5 □ cm auf
dem Scheitel des Kopfes sichtbar ist. Wie ich mich eben überzeugte, setzt er
seine Totengräberarbeit noch heute fort.
Wie ist das zu erklären? Weiß der Hund, was er begräbt? Weiß er,
daß es der Kopf seines Kameraden ist, oder nur, daß es der Kopf eines Gattungs¬
verwandten ist? Oder endlich, sucht er den Kopf nur einzugraben, wie der Hund
in Gellerts Fabel den Schinkenknochen? Carl R. Hennicke, Cand. med.
Schlaupitz, 19. Dezember 1889.
G. Gould sagt vom Albatros, Diomedea exulans (nach Br eh in, »Thier¬
leben« Vögel Band 3) : »Obgleich er während des stillen Wetters manchmal
*) Dr. Julius Ziegler beschreibt einen ganz ähnlichen Fall und bildet ihn ab von
einer R o t b u cli e , Fugus sibvatica, aus dem Taunus in dem „Jahresberichte der Seneken-
bergischen Naturforschenden Gesellschaft zu Frankfurt a. M. 1886. S. 59. Der abgeschnit¬
tene schwebende Stamm trägt sogar bis etwa 2 Meter unterhalb der Verwaclisungsstelle noch
belaubte Zweige. N.
24
auf dem Wasser ruht, so ist er doch fast beständig im Fluge begriffen
und streicht scheinbar ebenso selbstbewußt über die glatte Fläche während
der größten Seeruhe dahin, als er während des gewaltigsten Sturmes umher¬
schwebt.« Dieser Angabe des berühmten Forschers vermag ich nicht ganz bei¬
zustimmen. denn nach meinen Erfahrungen ruht der Albatros während der
Windstille häufig auf dem Wasser lan ge Zeit hindurch, selten allein,
oft in Gesellschaft eines oder mehrerer Genossen, sie sitzen fried¬
lich beieinander, ordnen sich das eigne Gefieder etc. (Vergleiche dagegen die
Notiz bei Brehm S. 562: »Mit anderen seiner Art scheint der Albatros bloß
während der Brutzeit gesellig zu leben. Auf dem Meere sieht man zwar oft
viele unweit voneinander fliegen; jeder einzelne etc.«) Mitunter, nach Auf¬
zeichnungen in meinem Tagebuch zweimal in der Südsee und einmal bei Val-
paraiso, habe ich ihn sogar friedlich unter einer Gesellschaft von Riesen¬
sturmvögeln sitzen sehen. Der Flug von Diomedea exulans während flauer
Briese oder gar bei Stille ist entschieden schwerfälliger, der Vogel
muß größere Anstrengungen machen, um durch die Luft zu segeln als bei
Sturm, dann »steuert er vor dem Winde« und saust, von diesem getrieben,
pfeilschnell am Schiffe vorüber, fliegt »bei dem Winde segelnd« eine Strecke
weit hinter das Fahrzeug zurück und wiederholt das vorher geschilderte Schau¬
spiel. Anders bei Windstille, dann fliegt er wohl eine Strecke weit übers
Meer, schlägt aber bei weitem häufiger als im Sturme mit den Flügeln, setzt
sich oft nieder und ruht lange aus (vgl. meine Notizen über die Kaptaube in
Hofrat Prof. Dr. Liebes »Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze der
Vogelwelt«). Brelims Bemerkung »an Deck eines Schiffes soll er sich
nur mit größter Anstrengung bewegen können« ist völlig zutreffend. Man
kann sich kaum eine Vorstellung von der Unbehülflichkcit des an
Bord eines Schiffes gezogenen Albatros machen; ein schwerfällig auf dem
Lande dahinwatschelnder Schwan gibt noch eine entschieden weit bessere
Figur ab als unser armer Freund. Die Jammergestalt verkriecht sich sobald
als möglich unter eine, au Deck befestigte Spier oder die »Boeck«, klappert,
sobald sie menschliche Tritte vernimmt, heftig mit dem Schnabel und beißt
wütend um sich, und dies thut er »immer«, nicht bloß »zuweilen«, wie
Brehm angibt. Karl Knauthe.
Cincinnati, den 20. December 1889.
Am 13. Dezember wurden in dem hiesigen Garten zwei Eisbären ge-
geboren, leider aber schon zwei Tage nachher tot aufgefunden. Wahrscheinlich
waren sie von der Mutter erdrückt worden. Die Jungen waren ein Pärchen ;
jedes von ihnen wog P/2 Pfund und mafä von der Nase bis zur Schwanzspitze
11 Zoll, um den Leib 9 Zoll, um den Oberarm 3 Zoll. Der Schwanz war
1 Zoll lang. Es waren die ersten Jungen der beiden Eisbären, die nun schon
seit 14 Jahren in dem hiesigen Garten sind. ■ — Kürzlich trafen im Garten ein
Paar Hy änen - Hunde, Lycaon pictus. und ein Alpaka ein. Der junge Löwe,
mit dem die Mutter nichts zu thun haben wollte, wird nun mit der Saugflasche
aufgezogen und läuft ganz munter im Raubtierhause unter den Besuchern
herum. Dr. A. Zipp er len.
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Hamburg, 24. Dezember 1889.
Uber Stepp e n h ü h n e r erlaube ich mir, Ihnen folgende Mitteilungen zu
machen: 1) Schub y, den 9. Dezember 1889. Auf einem Spaziergange am
Sonnabend Nachmittag traf ich auf dem westlichen Teile der hiesigen Feld¬
mark zu meiner größten Verwunderung einen kleinen Trupp von asiatischen
S teppen hiih n ern , neun Köpfe stark, an. Schon im Spätherbste wurde mir
von einigen Leuten versichert, daß das Steppenhuhn sich hier in einigen
Exemplaren wieder eingefunden hätte. Doch hatte ich nie das Glück, dieselben
anzutreffen. Gleichzeitig mit dieser Versicherung ging durch die Presse die
Nachricht, daß bei Aal borg in Jütland sich Steppenhühner nicht bloß ge¬
zeigt, sondern auch einige erlegte Exemplare zum Verkauf feil geboten seien.
(»Schleswig. Na ehr.“)
2) Vor etwa 8 Wochen sah einer meiner Verwandten in der Gegend von
Ahrensburg — eine halbstündige Bahnfahrt von Hamburg — ebenfalls einen
fliegenden Trupp von sechs Hühnern. 0. Edm. Eiffe.
Hannö verisch-Münden, im Dezember 1889.
Etwas vom Schvvarzs pecht ( Dryocopus martius). Über das Vorkom¬
men des Schwarzspechtes in der Umgebung von Hamiöverisch-Münden hatte
ich seither nur sehr wenig in Erfahrung bringen können. Trotz der ausge¬
dehnten und auf viele Stunden Inn ununterbrochen zusammenhängenden Wal¬
dungen des Reinhardtswaldes gehört er in demselben hier zu den größten
Seltenheiten, und auch in den am rechten Fuldaufer beginnenden, später in
den ebenso weitgedehnten Kaufunger Wald sich fortsetzenden Wäldern scheint
dasselbe der Fall zu sein. — Schon in einem mir vorliegenden »Verzeichnis
der in der Provinz Niederhessen vorkommenden Vögel«, das im Jahre 1864
von dem damaligen Geheimen Regierungsrat Sezekorn in Kassel zusammen¬
gestellt und in dem »XIV. Bericht des Vereins für Naturkunde zu Kassel«
veröffentlicht ward, findet sich beim Schwarzspecht die Angabe: »Sehr selten
und nur an wenigen Orten, z. B. in dem Söhrewald im Kreise Kassel, sowie
bei Eschwege beobachtet.« — Die Zeit hat hierin wahrscheinlich wenig geän¬
dert. — Die erste und bestimmtere Nachricht, die ich über das Vorkommen
unseres Spechtes hier erhielt, stammte von einem Forstbeamteu und ward
mir im Jahre 1886 zu teil. Aber erst im Januar des Jahres 1889 gelang es
mir, den Vogel einmal zu Gesichte zu bekommen, wie er eifrig an einem im
Boden stehenden Lärchenpfahl beschäftigt war, an dem ich denn eine große
Anzahl des zottigen Fichtenborkenkäfers, Dryococtes autographus , dicht am
Boden unter der Rinde geborgen im Winterquartier vorfand.
Sehr interessant vrar es mir nun, am 13. September 1889 in den Besitz
eines hier im Reiuhardtswald geschossenen jungen Schwarzspecht-Männchens
zu kommen, und ich zögere nicht anzunehmen, daß die mehrfach mir gegen¬
über von jenem Forstbeamten ausgesprochene Behauptung, daß der Schwarz¬
specht hier Stand- und Brutvogel sei, wenigstens für dieses Jahr zutreffend
war. — Die Totallänge des mir überbrachten Vogels betrug 44 cm, die Flug¬
weite 71 cm. Für Bedeutung in Bezug auf besondere Nützlichkeit sprach
der diesmalige Mageninhalt nicht. Ich fand, soweit es sich noch feststellen
ließ: 38 ganze Larven, meist Rhagium, und 35 Köpfe mit den hornigen Rücken-
platten des ersten Thoraxringes ebenfalls fast durchweg von Rhagium- Arten.
Zieht man in Betracht, daß die Rhagium-Arten sozusagen bedeutungslos in
Bezug auf Schädlichkeit sind, so wird man meine oben angeführten Worte er¬
klärlich finden.
Etwas mehr Aufmerksamkeit verdiente schon der Mageninhalt eines an¬
deren am 23. April 1889 bei Jaevenitz, Regierungs-Bezirk Magdeburg, geschos¬
senen und durch die Liebenswürdigkeit eines Bekannten mir übermachten
Schwarzspecht- Weibchens. Der Magen war vollständig angefüllt mit Resten
der Formica rufa, unserer nützlichsten Waldameise, die ja leider so sehr oft
den Spechten, insbesondere dem Grünspecht, Gecinus viridis, zur Nahrung
dient! Als Kuriosum erwähne ich gleichzeitig, daß derselbe Spechtmagen auch
noch 2 Stückchen Porzellan, deren eines 2 cm lang und 1 cm breit war, ent¬
hielt. — Ebenso interessant wie auch bedauerlich war es mir, als ich im Eileiter
ein fast völlig ausgebildetes und legreifes Ei vorfand. Cöster.
Kleinere Mitteilungen.
Die Waldschnepfe und das Licht. Bekanntlich wird eine Menge
höherer wie niederer Tiere durch künstliches Licht förmlich magnetisch an¬
gezogen; andere wieder fliehen dasselbe auf das Ängstlichste. Beide Eigen¬
schaften hat Menschen witz benützt: die erstere zu Fackeljagden auf Alligatoren,
Schnepfen, Waldhühner, Hochwild etc., die zweite zur Abhaltung reißender
Tiere und des Wildes von Haus, Lager und Feld. Daß sich die Waldschnepfe
sehr für den Feuerschein interessiert, indem z. B. eine zweimal über ein am
Waldrande abgebranntes Feuerwerk hinwegstrich, während andere in Menge
durch Anfliegen an Leuchttürme zu Grunde gehen, wußte ich aus der klassi¬
schen Monographie Dr. Hoffmanns, aus Berichten nordischer Jäger vom nächt¬
lichen Lagerfeuer im Walde und selbst deutscher Holzmacher, welche sie zu¬
weilen über ihre Kochfeuer streichen sehen.
Am 6. Oktober 1889 sollte ich selbst eine desfallsige überraschende Beob¬
achtung machen. Am Abende dieses Tages befand ich mich in dem bereits
beleuchteten Eisenbahnzuge auf der Reise von Wildbad nach Pforzheim, als
zwischen den Stationen Neuenbürg und Birkenfeld mein erstauntes Auge plötz¬
lich eine Waldschnepfe erblickte, welche auf kaum 10 Schritt Entfernung nur
etwas über Wagenhöhe meine Wagenabteilung begleitete. Über einer Kiefern¬
kultur frei am helleren westlichen Himmel streichend, war sie nach Größe,
Bau und Flugweise um so weniger zu verkennen, als ich ganz deutlich den
langen Stecher wahrnahm. Es war genau1 6 Uhr und nach einer Beobachtung
von mindestens J/2 Minute Dauer verschwand sie mir, da nun dunkler Hoch¬
wald sie deckte. Vielleicht hat sie aber sowohl schon vor meiner zufälligen
Entdeckung als noch nachdem sie für mich verschwunden war, den hier lang¬
sam fahrenden Zug begleitet. Dr. Wurm.
Eine Robben -Metzei ei in großartigem Stil fand nach einer Mit¬
teilung der Revue des Sc. Nat. Appl. Nr. 19, 1889, am und im unteren Teil
des St. Lorenzstromes statt. Am 9. April dieses Jahres brachte ein heftiger
mehrtägiger Schneesturm ungeheure Eismassen den genannten Strom und einen
Nebenfluß hinab, so daß am folgenden Tage der Strom bis zu seiner Mün¬
dung mit Eismassen vollgepackt war. Auf diesen Eisbergen und Blöcken
befanden sich gewaltige Scharen grönländischer Seehunde, welche, nachdem
der Sturm sich gelegt hatte, von den Anwohnern als willkommene Beute be¬
trachtet wurden. Männer, Weiber, Kinder, Greise aus meileu weitem Umkreis
drangen mit Hacken, Knütteln etc. auf die wehrlosen Tiere ein, welche auf
dem zu einer festen Masse zusammengepreßten Eise keinen Fluchtversuch
machten. Stellenweise wurde nicht einmal während der Nacht das Gemetzel
unterbrochen und dasselbe noch tagelang fortgesetzt. Die Gesamtmenge der
getöteten Seehunde soll sich auf 150,000 Stück belaufen haben! Der Wert eines
Felles beläuft sich auf etwa 12 M. unseres Geldes, hierzu kommt eine beträcht¬
liche Menge Thran im Preise von etwa 45 M. für 100 Kilogramm. Außerdem
lieferten für die Bewohner einiger Ortschaften die Robben in wenigen Tagen
Fleischnahrung für das ganze Jahr. Zum Glück für die Seehunde wiederholen
sich derartige Massenschlächtereien nicht oft, sonst würden erstere in kurzem
%
ausgerottet sein. Sch.
Die Jagden in den großen Waldungen des Fürsten von Pleß, welche zu
Ehren des Kaisers stattfinden, sollen sich auch auf Auerochsen erstrecken,
und es dürfte daher von Interesse für unsere Leser sein, einige Daten über die
Ansiedelung dieser selten gewordenen Tiere in jenen Jagdrevieren zu hören :
Am 11. November 1865 wurden ein männlicher Auerochs und drei weibliche
Tiere aus Litauen in die Emanuelssegener Forsten überführt, wo sie 13
Jahre blieben. Nach dieser Zeit erfolgte die Überführung der sich vermeh¬
renden Auerochsen nach den Forsten von Meserzitz, wo sich gegenwärtig elf
Stück befinden. Bekanntlich hat auch Kaiser Wilhelm I. bei seinen Jagden
in den Plesser Forsten Auerochsen geschossen. Berl. Tag. Bl. 28. XI. 1889.
Wilde Tiere in Norwegen. Nach amtlichen Angaben wurden für
folgende erlegte Raubtiere Prämien bezahlt:
1887 1888
Bären . 97 76
Wölfe . 15 35
Luchse . 94 77
Vielfraße . 51 54
Füchse . 6512 9582
Adler . 989 1042
Falken und Bussarde . 4748 4669
The Field, 16. November 1889.
Der Baumfalk ( Hypotriorchis subbuteo) ist bekanntlich ein gegen rauhe
Witterung außerordentlich empfindlicher Raubvogel, der schon früh im Jahre,
meist schon Anfang September, uns verläßt, um erst April oder anfangs Mai
zu uns zurückzukehren. Um so mehr überraschte es mich, in dem so außer¬
ordentlich schneereichen und kalten Spätwinter 1888 schon am 21. März ein
altes, starkes Baumfalken- Weibchen in nächster Nähe vorüberstreichen zu
sehen, leider so schnell, daß ich nicht zu Schuß kommen konnte. — Es be¬
wahrheitete sich mir hiermit die Behauptung eines Försters, der anfangs März
28
desselben Jahres einen Baumfalken, der in seinem Garten unmittelbar beim
-x.
Haus nach einer hinstreichenden Schwarzdrossel stieß, gesehen haben wollte,
eine Behauptung, die mir trotz der Sicherheit, mit der der Betreffende bei
mir einen ausgestopften Baumfalken als das Ebenbild des von ihm gesehenen
Baubvogels bestimmte, nie recht glaublich scheinen wollte. C.
Der Fichtenkreuzschnabel (Loxia curvirostra), der, wie ich aus einer
Notiz in meinem Tagebuch sehe , schon im August 1888 in den um
Münden liegenden Waldungen z. t. in großen Scharen auftrat , hat sich
während des ganzen Winters 1888 — 1889 hier aufgehalten und, wie ich an¬
nahm und später durch einen ganz jung hier eingefangenen Kreuzschnabel
bewiesen fand, auch hier gebrütet. — Derselbe ist hier sonst kein ständiger
Brutvogel, wenigstens entsinne ich mich noch lebhaft meiner vergeblichen
Mühen, im Winter 1884 und Frühjahr 1885 einen der fahrenden Gesellen hier
zu entdecken. — Im Herbst 1889 bemerkte ich nur wenige, bald wieder ver
schwindende Züge. C.
Der Büffel in Australien. Eine Zeitung in Perth in Westaustralien
sagt, daß es in manchen Gegenden Nord-Australiens große Herden wilder
Büffel ( Bos bubalus ) gibt, die über die Ebenen schwärmen und sich iu schat¬
tigen Sümpfen wälzen. Die »Sydney Mail« erwähnt, daß die Tiere groß und
mächtig mit langen Hörnern und Gegenstand einer recht gefährlichen Jagd sind,
da eiu verwundeter Büffel eines der gefährlichsten Tiere ist und durch seine
Schwere, die großen Hörner und den wilden Mut die größte Vorsicht erheischt.
Die ersten Büffel für Australien wurden 1829 zu Port Essington in Nord
Australien gelandet. Nature, 7. November 1889.
Neu entdeckte Schwammbänke in Sizilien. Über die bei der
Insel Lampedusa an der Südküste Siziliens neu entdeckten, angeblich ziem¬
lich ergiebigen Schwammbänke teilt die mailänder »Perseveranza« die folgenden
Einzelheiten mit. Der Umfang der gedachten Schwammbänke, welche 18 — 20
Seemeilen südöstlich von der Insel entfernt liegen, wird auf 15 — 18 Seemeilen
geschätzt. Die geringste Tiefe der Bänke unter dem Wasserspiegel beträgt 24;
die bedeutendste Tiefe 30 bis 31 Ellen. In geringeren Tiefen stößt man auf
Felsgrund, welcher die Schwämme trägt; in größeren Tiefen findet sich san¬
diger Grund. Die Ausbeute ist ziemlich reichlich und die verschiedensten Schwamm¬
sorten, auch sehr feine, sind vertreten. Zur Zeit beteiligen sich italienische und
griechische Barken am Fangen. Gro.
Verzeichnis
der vom 1. Januar 1889 bis zum 1. Juli 1889 im zoologischen
Garten zu Berlin erworbenen Tiere. Von D r. Ernst Schaff. Berlin.
I. Säugetiere.
Über den Zuwachs des Berliner zoologischen Gartens in der Zeit vom
1. Januar 1889 bis zum 1. Juli desselben Jahres gibt folgendes Verzeichnis
Auskunft, welches ein beredtes Zeugnis für das Wachsen und Gedeihen des
Gartens ablegt. Die Zugänge beschränken sich, wie man sieht, auf Säugetiere
und Vögel, denn seit einiger Zeit ist die Haltung niederer Wirbeltiere (Repti¬
lien, Amphibien, Fische) aufgegeben worden, da das hiesige Aquarium in der
angedeuteten Richtung den zoologischen Garten ergänzt.
29
Affen. 8 weißbärtige Schlankaffen ( Semnopithecus leucoprymnus ), 2 Hu¬
sarenaffen ( Cercopithecus ruber), 1 P. Weißnasen-Meerkatzen (C. petaurista), 1
Mohrenraakak ( Macacus maurus ), 1 Javaneraffe (M. cynomolgus ), 7 Kronenaffen
(31. radiatus ), 1 Anubispavian ( Cynocephalus anubis ), 1 Bärenpavian (C. porca-
rius ), 1 P. Hamadryas ( C . hamadryas), 1 gelber Pavian (C. babuin), 1 Spinnen¬
affe ( Ateles araehnoides), 1 schwarzer Klammeraffe (A. ater), 4 Kapuzineraffen
( Cebus fatuellus , capucinus und hypoleucus).
Halbaffen. 1 Weißstirn-Maki (Lemur albifrons), 1 Katzenmaki (L. catta).
Handflügle r. 2 fliegende Hunde (Cynonycteris cöllaris).
Raubtiere. 1 Puma männl. (Felis concolor ), 1 Tigerkatze (F. tigrina),
1 Karakal (F. caracal), 1 Wildkatze (F. catus ), 1 kanadischer Luchs (Lynx
canadensis), 1 Schabrackenscliakal (Canis mesomelas), 1 Polarfuchs (C. lagopus),
2 mexikanische Füchse (C. cinereo argenteus), 1 Paar ostafrikanische Schakale (C.
variegatus Cretsch.), 1 Zibethkatze (Viverra civetta), 1 Genettkatze (V. genetta),
1 Ichneumon (Herpestes griseus), 1 Kusimanse (Crossarchus obscurus ), 1 Muvang
(Paradoxurus sp.), 2 kleine Grisons (Galictis vittata), 2 Waschbären (Procyon lotor),
Floßenfü ßler. 2 gemeine Seehunde (Phoca vitulina), 2 Kegelrobben
(Halichoerus gryphus ).
Nager. 2 Bindeneichhörnchen (Sciurus vittatus), 1 Erdeichhörnchen (Geo-
sciurus capensis), 12 gemeine Ziesel (SpermopTiilus citillus), 3 gefleckte Ziesel
(Sp. guttatus), 5 Präriehunde (Cynomys ludovicianus ), 1 Quebeck-Murmeltier
(Arctomys monax), 1 Paar canadische Biber (Castor canadensis), 1 javanisches
Stachelschwein (Hystrix javanica), 1 Greifstachler (Cercolabes prehensilis), 1 Paar
Maras (Dolichotis patagonica), 1 Paca (Coelogenys paca), 1 Feldhase (Lepus timidus).
Paarhufer. 1 Halsbandpeccari (Dicotyles torquatus ), 1 Weißbartpeccari
{D. labiatus).
Kerabau (Bubalus kerabau), 1 junger Nahoorbock (Ovis nahoor ), 1 Jura¬
ziegenbock (Capra dorcas), 1 Paar vierhörnige Antilopen ( Tetraceros quadricor-
nis), 1 Säbelantilope (Onyx Jeucoryx), 2 Wasserböcke männl. und weilbl. (Kobus
unctuosus ), 1 Elennantilope (Oreas canna), 1 Paar Zwergantilopen (Cephalophus
mergens), 1 Schweinshirsch [Cervus porcinus), 1 Paar Pampashirsche (C. campestris),
1 Andenhirsch (C. antisiensis), 2 Rehböcke (C. capreolus), 1 Paar Reeveshirsche
(Cervulus Beevesi), 1 Zwerghirsch (C. albipes ), 1 Moschustier (3foschus moschi-
ferus), 3 Zwergmoschustiere (Tragulus pygmaeus), 1 Guanako (Auchenia huanaco).
Zahnarme. 1 langschwänziges Gürteltier (Tatusia longicaudata), 1 zot¬
tiges G. (T. setosa ), unbest. Gürteltier (Tatusia sp.), 1 dreizehiges Faultier (Bra-
dypus tridactylus).
Beuteltiere. 1 Rothalskänguruh (3Tacropus rußcollis), 1 31. melanops ,
1 M. sp.} 1 Känguruhratte (Hypsiprymnus murinus), 8 Beutelratten (Didelpliis
virginiana), 1 Beuteleichhorn (Petaurus sciureus), 2 Bärenbeutler (Dasyurus
ursinus).
Vögel.
Taucher. 2 Nordseetaucher (Colymbus septentrionalis), Möven, 1 Silber-
möve (Larus argentatus).
Zahnschnäbler. 1 Paar weißkehlige Enten (Anas gibberifrons), 1 Sichel¬
ente (A. falcata), 3 Paar Mandarinenten (Aix galericulata), 1 Paar Baumenten (Den-
drocygna viduata), 1 australische Brandgans (Vulpanser tadornoides) , 1 Paar
30
Magelhansgänse ( Anser magellanicus ), 1 Paar Schneegänse (A. hyperboreus ),
3 Graugänse (A. cinereus ), 6 schwarze Schwäne ( Cygnus atratus), 1 Paar Höcker¬
schwäne ( C . olor.)
Laufvögel. 25 Kampfhähne {Machetes pugnax), 2 Trappen männl.
und weibl. (Otis tarda), 1 Paar Pfauenkraniche ( Grus pavonina), 2 Paradies¬
kraniche (6 }. paradisea), 1 Fleckenralle ( Rallus maculatus), 1 indisches Teichhuhn
( Gallinula phoenicura).
Schreit vögel. 1 Paar rote Flamingos {Phoenicopterus ruber), 1 Purpur¬
reiher ( Ardea purpurea ), 1 grauer Reiher (A. cinerea).
Tauben. 1 Paar Tigerhalstauben (Turtur tigrinus), 2 Meenatauben (T. ru-
picolus). Dazu etwa 80 verschiedene Rassentauben.
Scharr vögel. 1 Paar Hokkos ( C-rax rubrirostris), 1 Daubentons Hokko
C. Daubentoni), 1 Mitu ( Urax tomentosa ), 1 Paar mexikanische Guanhühner
(Penelope vetula), 1 Paar Penelopehühner (Penefope rnarail), 1 Paar schwarzflügelige
Pfauen ( Pavo nigripennis), 1 männl. Akrenträger (P. spicifer ), 1 Pfauenfasan
(Polyplectron chinqiäs ), 1 Temininck- Tragopan ( Ceratornis Temmincki), 1 Bunt¬
fasan ( Phasianus versicolor), 4 Königsfasanen männl. {Ph. Reevesi ), 1 Paar Strichel¬
fasanen ( Euplocomus lineatus ), 1 Rotaugenfasan ( E.erythrophthalmus ), 1 Paar Geier¬
perlhühner ( Numida vulturina ), 1 Paar Pinselperlhühner {Numida ptilorhyncha)
3 Frankoline {Francolinus vulgaris), 3 Steinhühner {Perdix saxatilis), 1 Paar
virginische Wachteln {Ortyx virginianus ), 1 Paar Zwergwachteln {Coturnix chi-
nensis). Dazu etwa 60 Rassenhühner, weiße Pfauen, weiße Perlhühner etc.
Raubvögel. 1 Truthahngeier (Cathartes aura), 1 Angolageier {Gypo-
hierax angolensis ), 1 Sekretär {Gypogeranus serpentarius), 3 junge Hühnerha¬
bichte {Astur palumbarius ), 1 Harpyia {Harpyia clestructor), 1 Brahminenweih
{Haliastur indicus), 1 Gaukler {Helot arsus ecaudatus ), 1 Steppenbussard {Buteo
desertorum ), 1 Steinadler {Aquila chrysaetus), 3 Jagdfalken {Falco candicans), 1 vir-
ginischer Uhu {Bubo virginianus), 1 Steinkauz {Athene noctua).
Papageien. 10 Paar Wellensittiche {Melopsittacus undulatus), 2 Paar Viel¬
farbensittiche (Platycercus multicolor), 1 Pennantssittich (P. Pennanti), 2 Paar
Barrabandsittiche (P. Barrabandi), 1 Blauwangenlori {Trichoglossus haemcitodes),
1 Paar Loris sp. ? , 1 Langschwanzsittich {Palacornis longicauda), 1 Paar Schwarz¬
schulterpapageien {Tanygnathus megalorhynchus), 1 Paar Kardinaledelpapageien
{Eclectus cardinalis), 1 Paar großer Edelpapageien (E. roratus), 1 Paar rotköpfige
Inseparables {Agapornis roseicollis), 1 großer Vasapapagei {Coracopsis obscura ),
1 Arasittich {Conurus paehyrhynchus)' , 1 Blauwangensittich {C. acuticaudatus),
1 Goldstirnsittich ( Conurus aureus), 1 Braunohrsittich {Pyrrhura vittata), 1 Wei߬
ohrsittich (P. leucotis), 1 Glatzenkopf 'iPionias senilis ), 1 Müller- Amazone {An-
droglossa farinosa ), 2 gemeine Amazonen {A. amazonica), 1 Prachtamazone
(A. Pretrii), 1 Blaubartamazone {A. festiva), 1 kleiner Gelbkopf {A. ocliroptera),
1 Senegalpapagei {Poeocephalus senegalus).
Kl e tter vöge 1. 1 Bartvogel {Megalaema virens), 2 Goldflügelspechte
{Colaptes auratus).
Sitzftißler. Elsternashornvogel {Buceros atratus).
Singvögel. 1 Seidenschwanz {Bombycilla garrula), 1 grauer Würger
{Lanius minor), 3 brasilianische Blauraben {Cyanocorax cyanopogon), 1 Tannen-
heher {Caryocatactes nucifraga ), 1 Hügelatzel, kleiner Beo {Eulabes religiosa), 1
31
Malayenatzel, großer Beo (E. javancnsis), 1 Paar Graukopfmeinas ( Acridotheres
malabaricus), 1 Paar schwarze Haubenmeinas (A. cristateUus), 1 Graumeina (A.
javanicus), 1 Gelbsteißkassike ( Cassicus ccteronotus), 1 kleiner Soldatenstärling
(Agelaius militaris), 1 Paperling (A. oryzivorus ), 8 Jamaikatrupiale ( Icterus ja-
maicensis), 1 Paar gemeine Trupiale ( I . vulgaris ), 3 Paar Madagaskar weber (Galy-
phantria madagascariensis), 8 Paar Napoleon weber (E. melanogaster), 1 PaarOryx-
weber (E. oryx ), 4 gelbgrüne Astrilds (Habropyga prasina), 3 Paar Ringelastrilds
( H . annulosa ), 3 Paar Dornastrilds (H. temporalis), 1 PaarCeresastrilds (H.modesta),
16 Paar Tigerfinken (H. amandava), 7 Paar Schmetterlingsfinken (H. phoenicotis),
1 Paar Papagei-Ainandinen (II. psittacea), 2 Paar Bartfinken ( H . cincta), 3 Paar
Ringelastrilds (H. Biehenovii), 3 Paar Bronzemännchen ( Spermestes striata ), 3
Paar Muskatfinken (Sp. punctularia ), 7 Paar weißköpfige Nonnen (Sp. maja), 5
Paar schwarzköpfige Nonnen (Sp. atricapilla), 8 Paar Silberfasänchen (Sp. can-
tans), 3 Paar Schilfainandinen (Sp . castancotlwrax ), 1 Paar blauköpfige Ainan-
dinen (Sp. tricolor ), 1 Frau Goulds Amandine männl. (Sp. Gouldiae), 3 afrika-
ß
nische Sperlinge (sp.?), 1 Paar Bergfinken (Fnugilla montifringilla), 1 Schnee¬
fink (F. nivalis), 4 Dominikaner (Paroaria dominicana), 3 Paar Indigofinken (F.
cyanea) 1 Paar Jacarinfinken (F. splendeus), 1 Paar Sperlingsammerfinken
(Zonotrichia passerina), 1 Trauerzeisig (Chrysomitris tristis), 1 schwarzer Dompfaff
(Pyrrhiäa europaea var. nigra), 8 Fichtenkreuzschnäbel (Loxia curvirostra), 2
Paar Rosenbrustkerubeißer (Coccoborus ludovicianus), 1 Paar Pfäffchen (Spor-
phila sp.), 1 Paar Kubafinken (Sp. canora), 2 Schneeammern (l lectrophanes niva¬
lis), 1 Feuer -Angara (Thraupis aestiva), o Purpurtangaren (Bharnphocelus pompa-
dora), 1 Mohrenlerche (Alauda tartarica ), 1 Feldlerche (A. arvensis), 2 Paar
Bulbuls (Pycnonotus jocosus und liaemorrhous), 1 Kleiber (Sitta caesia ), 1 Blau¬
meise (Parus coeruleus) 1 Spottdrossel (Mimus polyglottus), 1 Flüevogel (Accen-
tor alpinus), 1 Braunelle (A. modidaris), 1 Drosselrohrsänger (Acrocepludus tur-
doides s), 1 Schilfrohrsänger (A. phragmitis), 1 Falklandsdrossel (Turdus falklan-
dicus ), 2 Weindrosseln (T. iliacus), 1 Steinrötel (Monticola saxatilis), 2 P. Hütten¬
sänger (Sialia sialis).
Fine neue Hühner-Rasse »Scotch Grey Fowl«, schottisches Grauhuhn,
soll in Schottland herangezüchtet worden sein. Die Hühner nähern sich im
Körperbau den Dorkings, haben jedoch nicht die fünfte Zehe derselben. Das
Gefieder ist bläulich grau mit schwarzen Flecken, bei beiden Geschlechtern
gleich. Einjährige Hähne wiegen 3,5 bis 4,5 Kilogr., Hennen 3 bis 4 Kilogr.
Die Hennen legen jährlich 100 sehr große Eier, welche angeblich so viel
wiegen sollen wie 150 gewöhnliche Hühnereier; außerdem brüten und. fuhren
die ersteren gut. Als Tafelgeflügel stehen die schottischen 'Grauhühner den
Dorkings nach. Im übrigen sind sie widerstandsfähig , halten selbst auf
feuchtem Boden gut aus, wo andere Rassen von Krankheiten befallen werden,
und machen geringe Ansprüche an das Futter, dem jedoch Grünzeug nie fehlen
darf, da sie sonst nach einer englischen Mitteilung zum Federfressen neigen.
Wenn sich die aufgezählten Vorzüge bewähren, so dürfte die neue Rasse
eine Zukunft haben. Sch.
32
Litte r atu r.
Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. 1. Band. Protozoa.
von Prof. Dr. 0. Bütschli. B. Abteilung. Infusoria und System der Radi o-
laria. Leipzig. C. F. Winter. 1887 — 1889.
Die Bronn’schen Klassen und Ordnungen haben sich allgemeine Anerken¬
nung erworben, denn alle die Teile, die bis jetzt vollständig erschienen sind,
liefern ein Gesamtbild der behandelten Tierklassen nach allen Richtungen und
bis zu den neusten Forschungen, so daß wer wissenschaftlich auf einem Ge¬
biete der Zoologie thätig ist, gern und mit Vorteil das bequeme Hülfsmittel
zu seiner Zurechtfindung benutzt. Wie der erste Band zu einer in drei Ab-
teilungen erschienenen Riesenarbeit angewachsen ist , haben wir bereits
(Jahrg. XXIX, 1888. S. 378) erwähnt. Am umfangreichsten ist die dritte Ab¬
teilung geworden, welche die Infusorien behandelt, die interessanteste Klasse
der Protozoen, weil bei ihnen die einfache Zelle ihre mannigfaltigste und
höchste Entwicklung erreicht. Ihr Körper ist mit einer Anzahl Cilien (Wim¬
pern) bedeckt, welche gewöhnlich nicht nur die Ortsbewegung bewirken, son¬
dern auch die Nahrungsaufnahme unterstützen. Bei vielen treten zwei Sorten
von Kernen ( nuclei ) auf, die bei der Konjugation, einem vorübergehenden Ver¬
schmelzungsprozesse zweier Individuen, eine Rolle zu spielen scheinen.
Nach einer Geschichte der Infusorienkunde von Leeuwenhoek an und
einem umfangreichen Verzeichnis der Litteratur über diese Tiere werden die
beiden Unterklassen der Ciliata und der Suctoria auf das sorgfältigste nach
allen Seiten hin beschrieben; es werden auch ihre Lebensverhältnisse so ein¬
gehend, als dies nach jetzigem Stande möglich ist, erläutert und so dürfen
wir den Schluß der Naturgeschichte der Urtiere, der 59 Bogen Text und 24
schön gezeichnete Tafeln umfaßt, auf das beste begrüßen. N.
Mit dem Beginne dieses Jahres erscheint eine neue Zeitschrift zur För¬
derung der Vogelkunde :
Ornith o logisch es Jahrbuch mit besonderer Berücksichtigung
des paläarktischen Faunengebietes. Herausgegeben von Viktor Ritter
von Tschusi zu Schmidhoffen, Präsident des Komites für ornitho-
logische Beobachtungs - Stationen in Österreich - Ungarn. Hallein. A.
Halauskas Buch- und Kunstdruckerei. Verlag des Herausgebers.
N.
Eingegangene Beiträge.
O. E. E. in H. — J. B. in F. - E. S. in B. — G. K. in M. : Ihr Versuch ist ein sehr
interessanter und verdient weitere Verfolgung'. — K. K. in S.: Es freut mich, daß Sie von
Ihrer Weltumsegelung glücklich zurückgekehrt sind und nun wieder unseres Zoolog. Garten
gedenken. — C. C. in H. M. — K. Th. L. : Besten Dank! — Die von vielen unserer
Korrespondenten an mich eingegangenen freundlichen Wünsche zum
Neuen Jahr erwiedere ich hiermit auf das herzlichste. Noll.
Bücher und Zeitschriften.
The Journal of Comparative Medicine and Veterinary Archives, edited by W. A. Conklin;
Director of Zoological Gardens, New York City. Jannary 1890. Philadelphia, A. L .
Hummel. 1890.
Dr. K. Lampert. Die während der Expedition S. M. S. „Gazelle“ 1S74-76 von Prof.
Dr. Studer gesammelten Holothurien. Zoologische Jahrbücher. 4. Bd. Jena. Gust.
Fischer.
H. Fischer-Sigwart. Das Tierleben im Terrarium. Mitteilungen der Naturforschenden
Gesellschaft in Aarau 1889.
K. Frank. Ornithologische Beobachtungen vom neuvorpommerischen Ostseestrande. Röhl,
Zeitschr. f. Ornithologie, 13. Bd. 1889.
Dr. Ant. Reicheno w. Systematisches Verzeichnis der Vögel Deutschlands und des an¬
grenzenden Mittel-Europa. Berlin. Verlag der Linnäa. 1889. Preis 1 M.
Druck von A. Mahlnu (Pa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mab lau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 2. XXXI. Jahrgang. Februar 1890.
I n h a 1 l.
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln: von Direktor Dr. L. Wunderlich
(Fortsetzung.) — Zoogeographische Beobachtungen; von Dr. A. Seitz. Das gemauerte
Beckenaquarium und seine Bewohner; von Dr. Emil Buck. (Fortsetzung.) - Beschrei¬
bung einer neuen Antilope, Damalis huvteri Sclat. ; von Dr. Ernst Schaff. — Der zoolog¬
ische Garten zu Straßburg; Reisebericht von Ernst Friedei in Berlin. — Korrespon¬
denzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Persönliches. — Eingegangene Beiträge. —
, Bücher und Zeitschriften. —
Oie Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln.
Von Direktor Dr. L. Wunderlich.
(Fortsetzung.)
Anfang Juni 1887 war unser Seelöwenbecken zur Aufnahme
von Tieren fertig und am 21. desselben Monats wurde es besetzt.
Die drei Seelöwen lieferte der Tierbäudler Herr C. Reiche in Al¬
feld a. d. Leine, der so freundlich war, mir über Fang, Transport
und Eingewöhnung nachstehende Mitteilung zu machen. Herr
Reiche schreibt mir: »Die Seelöwen wurden im Februar 1887 in
der Nähe von San Franzisco gefangen. Dies geschieht in folgender
Weise : Eine kleine Segelschiffflotte wird in Bewegung gesetzt und
mit dieser so lange manövriert, bis die Seelöwen vom Wasser ab¬
geschnitten sind. Dann werden dieselben weiter landeinwärts ge¬
trieben und fallen dort den Fängern leicht in die Hände, da sie ja
auf dem Lande ziemlich unbeholfen sind. Nur die großen Männchen
setzen sich oft heftig zur Wehr, allerdings vergeblich. Von San
Francisco geht es dann mit der Bahn nach New-York. Während
der achttägigen Bahnreise werden die Tiere täglich einmal begossen
und es werden ihnen Fische angeboten. ln den meisten Fällen neh¬
men aber die Seelöwen in den ersten vierzehn Tagen gar keine Nah-
Zoolog. Gart. Jahrg1. XXXT. i89o. 3
34
ruug zu sich, uncl es macht in New- York recht viel Schwierigkeiten,
dieselben überhaupt zum Fressen zu veranlassen, zunächst mit leben¬
den und dann allmählich mit toten Fischen. Ist das gelungen, so
werden die Tiere mittels Lloyddampfer nach Bremen befördert, von
wo sie direkt nach einem zoologischen Garten oder nach meinem
Lager in Alfeld gesandt werden.«
Im Mai 1887, wenige Tage, nachdem die Seelöwen — 2 Männchen
und 2 Weibchen — in Alfeld eingetroffen waren, kam ich zufällig
dorthiu und sah die stattlichen Tiere. Dieselben gefielen mir so,
daß ich sie meinem Vorgänger in der hiesigen Stellung, Herrn Dr.
Heck, angelegentlichst zur Besetzung des neuen Beckens empfehlen
konnte, umsomehr als das eine Weibchen während der Seereise
geworfen und somit seine Fortpflanzungsfähigkeit bewiesen hatte. Es
wurden denn auch bald danach 1 Männchen und zwei Weibchen
gekauft, die in großen Kasten verpackt wohlbehalten hier ankamen
und sich schnell in die neuen Verhältnisse schickten. Die Befürch¬
tung, daß der frische Cementverputz den Tieren schaden würde, er¬
wies sich als grundlos.
Herr Dr. Heck bestimmte die Seelövveu als Otaria Stelleri und
auch ich rechnete sie zu dieser Art, bis Herr Dr. Sei ater aus
London mich eines Besseren belehrte und mich mit der Arbeit von
W. A. Forbes »Notes on the external characters and anatomy of the
californiau Sea Lion« (Transact. of the Zoolog. Society of London,
Vol. XI.) bekannt machte. Danach ist kein Zweifel, daß die Seelö-
weu der Art Otaria Gillespii Mac Bain oder nach J. A. Allen (»Eared
Seals« in Bull. Mus. Comp. Zool. II, pag. (39 — 73. 1870 — 71 und
»History of North American Pinnipeds«. Washington 1880) der Art
Zaloplius californianus angehörten, derselben Art, die im zoologischen
Garten zu Hamburg durch drei weibliche Exemplare vertreten ist
(s. Friedei, Aus Hamburg, Jahrg. XXX dieser Zeitschrift, pag. 313).
Die völlig ausgewachsenen Tiere zeigen, sowohl in ihrer Größe
als auch in ihrem Körperbau außerordentliche Geschlechtsverschieden¬
heiten. Das Männchen ist gut 2 m lang — das Exemplar, welches
Forbes untersuchte, maß von der Nase bis zur Schwanzspitze 2,07 m,
wovon auf den Schwanz 11 cm kommen — , die Weibchen kaum
1,5 m. Eine genaue Messung war mir nicht möglich, doch ist der
Größenunterschied so bedeutend, daß er niemandem entgehen kann.
Der Größe entsprechend ist das Männchen viel robuster gebaut
als die Weibchen. Der dicke Kopf mit der auffallend stark gewölbten
Stirn, der mächtige Hals, die breite Brust, die großen Vorderflossen
35
und die langen, fast bis zur Bauchmitte reichenden Hinterbeiue
zeichnen es vor dem zarten Weibchen mit kegelförmigem Kopf und
schlanken Formen aus.
Auch in der Färbung besteht ein Unterschied zwischen den Ge¬
schlechtern. Der Pelz des Mäunchens im trockenen Zustande ist im
allgemeinen dunkelbraun, welche Färbung auf dem Rücken und noch
mehr auf der Unterseite lichter wird. In den Einzelheiten der Fär¬
bung ist Forbes Beschreibung zutreffend und ich lege dieselbe nachstehen¬
den Angaben zu Grunde, da es mir nicht möglich ist, das lebende und
sich bewegende oder doch in gewisser Entfernung liegende Tier so
genau zu beschreiben.
Die Kopfhaare sind schwarzbraun mit hellbraunen Spitzen; da¬
zwischen zahlreiche weiße Haare, namentlich an den Seiten und auf
der Stirn. Die Augenlider sind rötlich, über den Augen sieht man
einen halbmondförmigen blassen Fleck. Von den 2 oder 3 Augen¬
brauenhaaren ist das mittlere das längste. Das Maul ist hellbraun,
die Haare um die Nase sind braun und schmutzig weiß. Aus den
dunkelbraun gefärbten Wangen entspringen jederseits 35 Schnurr¬
haare, die ziemlich regelmäßig in 6 horizontalen Reihen stehen. Die
oberste derselben enthält nur 3 kurze Schuurrhaare, die längste gegen 7.
Die Mehrzahl dieser Haare ist weiß gefärbt, nur 3 — 4 an jeder
Seite sind schwärzlich.
Die Brustflossen sind oberseits mit kurzen, dicht anliegenden
schwarzen Haaren bedeckt. Die Ränder und die Gegend um die 5
verkümmerten Nägel bis zu der Spitze sind nackt. Ebenso die quer¬
gefurchte Unterseite der Flossen.
CJ
Die Hinterflossen sind oberseits bis fast an die Nägel, von
denen die 3 mittleren deutlich hervortreten, die beiden äußeren da¬
gegen nur wenig entwickelt sind, behaart. Die 5 den Zehen ent¬
sprechenden Spitzen und die Partien, welche gleichsam eine Schwimm¬
haut zwischen den Fußzehen darstellen, sind nackt. Ebenso ist die
Unterseite, soweit sie zum Stützen dient, nackt.
Der nasse Pelz des Männchens ist glänzend schwarzbraun, die
Färbungsunterschiede zwischen Kopf, Hals und Hinterleib verschwin¬
den, und auch die Zeichnung des Gesichtes wird weniger sichtbar.
Die Weibchen siud im trockenen Zustande dunkelgrau, während
der nasse Pelz oberseits hellbraun, auf der Unterseite rötlichbraun
ist. Letztere Färbung wird im Monat August besonders deutlich,
nimmt aber nie einen so ausgesprochenen Charakter an wie auf der
Abbildung, welche den Aufsatz von Forbes erläutert. Die Ober-
36
lippen sind dort, wo die weißen Schnurrhaare steheu, weißlich, die
Gegend um die Augen rötlichbraun. Weiter sind keine irgendwie
auffallenden Zeichnungen zu bemerken. Auf die Färbung der jungen
Tiere komme ich weiter unten zu sprechen.
In der zweiten Hälfte des Dezember wechseln alle Seelöwen,
alt und jung, die Haare, die in oft großen Mengen den Platz ihres
Nachtlagers bedecken. Ein zweiter Haarwechsel scheint nicht statt-
zufinden. Auffallend ist, daß zu derselben Zeit auch der Brillen¬
pinguin, Spheniscus demersus , der mit den Seelöwen das gleiche
Becken bewohnt, mausert. Doch blieb dieser während dieser Zeit
stets auf dem Trockenen, während die Seelöwen, wie täglich, ins
Wasser gingen.
Das Leben der Seelöwen ist recht eintönig und bietet nicht
viel Erwähnenswertes. Die meisten Stunden des Tages halten sie
sich im Wasser auf, und nur selten legen sie sich aufs trockene
Land. Im Sommer verbringen sie die Nacht zuweilen in den unter
den Felsen gelegenen kühlen Hütten, deren Thiiren stets offen stehen.
Häufiger noch liegen die Tiere aber auf dem Wege, der den Felsen
hinanführt, so namentlich in den Mittagsstunden, wenn die Sonue
recht grell scheint. Das Männchen behauptet stets den höchstge¬
legenen und bequemsten Platz, und wenn eine seiner Genossinnen es
gewagt hat, denselben zu besetzen, so ruht es nicht, bis es dieselbe
bei Seite geschoben oder ins Wasser gestoßen hat. Hat jedes Tier
seinen richtigen Platz inne, so tritt Ruhe ein, die Augen werden
geschlossen und nur selten geöffnet, um zu sehen, was vorgeht, ob
etwa jemand sie stören will. Auch die Stimme ruht und es bedarf
schon der Ankunft ihres Wärters, um dieselben zu erwecken, wäh¬
rend das Männchen sonst jeden Ankommenden begrüßt.
Im Winter bleiben die Seelöwen fast den ganzen Tag im Wasser,
da dies gewöhnlich wärmer ist als die äußere Luft. Durch ihre
stete Bewegung wird es am Zufrieren verhindert, und ist dies wirk¬
lich einmal über Nacht erfolgt, so bedarf es nur einer halbstündigen
Wasserzufuhr aus dem Brunnen, um das Eis zu schmelzen. Die
Seelöwen tragen auch ihr Teil dazu bei, indem sie unter der Eisdecke
umherschwimmen und bald hier, bald dort durch dieselbe hervor¬
brechen. So sah ich, wTie das Männchen ohne große Mühe eine
solche von 3 cm Dicke sprengte. Nachts gehen die Tiere während
der kalten Jahreszeit in ihre Hütten, deren Thiiren aber nur ge_
schlossen oder vielmehr angelehnt werden, wenn das Thermometer
unter 10° R. sinkt.
37
Die Hütten dienen ferner den Tieren während des Reinigens
des Beckens zum Aufenthalt. Meist lassen sie sich durch ein paar
Fische leicht hineinlockeu, oft aber will dies erst nach stundenlangem
Bemühen gelingen, und es kommt nicht selten vor, daß das Männchen
gar nicht hinein will, auf dem Boden des trockenen Beckens verbleibt,
oder, sich rechtzeitig eines Besseren besinnend, aus dem abströmen-
den Wasser auf das Ufer sich emporschwingt und vom Felsen aus
den Arbeitenden zuschaut.
Die Bewegungen der Tiere auf dem Lande erscheinen unbe¬
holfen, sind aber in Wahrheit geschickter, als mau glaubt. Die
Wirbelsäule ist so beweglich, daß ein Berühren der Schwanzspitze
mit dem Munde mühelos erfolgt, ebenso wie der Kopf leicht von
den Hinterbeinen erreicht wird. Die Fortbewegung geschieht ent-
weder stoßweise, indem die Hinterbeine durch Krümmung des Rück¬
grats unter den Körper gezogen und durch sie der Körper vorge¬
stoßen wird, wobei dann die Vorderbeine gleichzeitig wdeder den
Boden berühren, oder es ist ein Vorwärts watscheln: zuerst rechte
Vorder- und linke Hinterflosse und dann linke Vorder- und rechte
Hinterflosse oder umgekehrt. Groß sind die Tiere in ihren Kletter¬
künsten. Schon das Besteigen des Felsens auf dem sanft ansteigen¬
den Pfade erscheint manchem Beschauer als eine Unmöglichkeit und
doch geschieht dies alltäglich mit großer Leichtigkeit und Schnellig¬
keit. Aber die Weibchen haben schon mehr geleistet. Sie sind den
Felsenpfad hinauf in der Nische, wo der Wasserfall herabströmt,
weiter nach oben über den Felsen hinweg und au der Rückseite des¬
selben hinabgeklettert, sie haben das Gitter, welches das Becken um¬
gibt, dort, wo es sich an den Felsen setzt, überstiegen, bis dieser
Weg durch entsprechende Erhöhungen verlegt wurde. Als ich nach
der Geburt des zweiten Seelöwen einen 1 1ji m hoheu Kasten auf
das Ufer stellen ließ, wurde dessen Dach als bevorzugter Ruheplatz
vom Männchen aufgesucht, es wurde gar nicht schwer, denselben zu
ersteigen, und die Weibchen benutzten diesen Punkt, um aufs neue
aus dem engen Becken in den offenen Garten und den zunächst
gelegenen Weiher zu gelangen. Mit einigen Fischen waren sie dann
schnell wieder in ihr Gehege zurückgelockt.
Größer natürlich ist die Beweglichkeit der Seelöweu im Wasser,
auf das sie ja ihr ganzer Bau hin weist. Eine einzige kräftige Bewe¬
gung ihrer Hinterflossen treibt sie mit ungeheurer Geschwindigkeit
mehrere Meter voran. Dann werden jene möglichst zusammengefaltet
wieder unter den Bauch gebracht, um in der Sagittalebene des Kör-
38
pers ausgebreitet uach hinten schlagend diesen weiterzubewegen.
Die Vorderflossen haben die Aufgabe zu steuern; je nachdem die
rechte oder die linke ausgelegt wird, bewegt sich das Tier uach
rechts oder nach links. Ferner dienen die Vorderbeine als Hemm¬
vorrichtung ; ein plötzliches Ausbreiten derselben, und das Tier steht
in demselben Augenblick still. Ganz besonders auffallend ist diese
Wirkung, wenn das eine Weibchen vom Felsen herab einem Fisch
nachspringt. Dort, wo es untergetaucht ist, kommt es wieder em¬
por. der Sprung hat es keinen Schritt im Wasser vorwärts getrieben.
Wollen die Tiere schnell spriugen, so schleudern sie sich bogenför¬
mig über die Wasserfläche und schießen dann dicht unter derselben
auf ihr Ziel zu. Um aufs Ufer zu gelangen, pflegen sie zunächst
zu tauchen und dann senkrecht in die Höhe zu stoßen. Dabei kommt
es gar nicht darauf an, ob das Becken bis an den Rand gefüllt ist,
vielmehr ist es ihnen eine Kleinigkeit aus dem bis auf etwa 0,50 m
entleerten Becken an den 1,50 m hohen steilen Wandungen empor
auf d as Ufer zu gelangen.
So interessant auch die Schwimmkünste der Seelöweu sind, ein
längeres Beschauen derselben wird einem von den Tieren selbst durch
ihr andauerndes Gebrüll verleidet, und ist noch dazu der Wärter in
der Nähe, so ist es gar nicht auszuhalten. Der Zweck des Gebrülles
scheint ein Verlangen zu sein, sei es nun nach Nahrung, wie es
wohl in der Gefangenschaft meist der Fall ist, sei es nach dem
weiblichen Geschlecht. So wenigstens beim Männchen, das der lau¬
teste Schreier ist; kein Wunder, hat es doch in der Freiheit die
gewaltige Brandung zu übertönen. Das Organ ist zu diesem Zweck
besonders umfangreich ausgestattet ; so mißt die Luftröhre nach Forbes
63 mm im Durchmesser und an der Teilung iu die Bronchien sogar
76 mm. Die Stimme des Männchens läßt sich am besten durch ein
bei geöffnetem Munde aus dem Gaumen hervorgestoßenes kurzes »ö«
nachahmen, während die Stimme der Weibchen, die anfänglich stumm
waren, bald aber auch nach Futter schreien lernten, sich durch ein
gedehntes »ü« wiedergeben läßt.
Als Nahrung bekommen die Seelöwen ausschließlich Seefische.
Flußfische wollten sie nicht nehmen, während die in Amsterdam ge¬
haltenen sie fressen, allerdings immer erst nach langem Fasten. Daß
sie dieselben schließlich auch fresseu, konnte ich beobachten, als wir
den Pinguin zu den Seelöwen setzten und diesem Flußfische vor¬
warfen. Schnell waren jene bei der Hand und nahmen die früher
von ihnen verschmähte Nahrung, wie es schien nur, um sie dem
39
Pinguin nicht zu lassen. In gleicher Weise handelu sie auch unter¬
einander, keiner gönnt dem anderen einen Fisch, selbst nicht die
Mutter ihrem Jungen. Da das Recht des Stärkeren schnell zur An¬
erkennung gelangt, so hat die Mißgunst noch zu keinen ernstlicheren
Kämpfen geführt. Von Seefischen werden am liebsten frische Hä¬
ringe und Stinte genommen, die es allerdings nur im Winter gibt.
Das ist die Zeit, wo die Tiere rund und fett werden, während sie
in den übrigen Jahreszeiten, wo sie Schollen, Goldbutte oder Schell¬
fische bekommen, stets stark abmagern, auch wenn die Menge der¬
selben vermehrt wird. Kleine Haifische und Rochen werden nicht
gefressen sondern nur augebissen und schnell wieder fortgeschleudert.
Schollen, Butte und Schellfische müssen ausgenommen und auf etwa
vorhandene Angelhaken untersucht, große Fische außerdem in zwei
oder mehrere Stücke geteilt werden. Häringe und Stinte hingegen werden
so gefüttert, wie sie von unserem Hamburger Lieferanten kommen.
Die Fütterung erfolgt aus der Hand vom Wärter, der sich auf dem
höchsten Punkt des an dem Felsen hinaufführenden Pfades aufstellt.
Die Seelöwen folgen ihm und springen den vorgeworfenen Fischen
nach. Stinte werden gewöhnlich eimerweise ins Wasser geschüttet
und die Seelöwen ruhen nicht eher, als bis das letzte Fischchen ver¬
schwunden ist. Was die Futtermenge anbetrifft, so rechne ich auf
das Männchen 15 kg, auf jedes Weibchen 10 kg und ich habe ge¬
funden, daß sie sich dabei wohl fühlen und stets bei Appetit sind,
während eine reichlichere Fütterung sie bald träge und wenig ge¬
neigt macht, den Felsen hinaufzukommen. (Schluss folgt.)
Zoogeographische Beobachtungen.
Von Dr. A. Seitz.
Es ist erstaunlich, wie sich mitunter Irrtümer in der Wissen¬
schaft, die durch einen Zufall oder vielleicht infolge einer mangel¬
haften Beobachtung entstanden sind, lauge erhalten können; wie
sie sich gewissermaßen von Generation zu Generation forterben, ohne
daß trotz ihrer auf der Hand liegenden Unrichtigkeit Versuche
gemacht werden, dem wahren Sachverhalt in der betreffenden Ange¬
legenheit auf den Grund zu kommen.
Gewiß trägt nicht wenig zum Zustandekommen solcher
überlieferten Fehler das Ansehen desjenigen bei, der die erste Beob¬
achtung über den Gegenstand veröffentlicht hat. Einem Darwin
40
*oder ' W a L Wee z. B. nimmt niemand Anstand naubzuschreibeu,
auch ohne das Bedürfnis zu fiihJen, die angenommenen Sätze näher
zu prüfen. Sicherlich wird man auch meist wohl fahren, wenn inan
sich auf gut klingende Namen berufen kann;; dafür sind’ aber die
wenigen Irrtümer, welche ihre Entstehung — vielleicht durch einen
Zufall, durch ein Mißverständnis — großen Männern verdanken,
um so gefährlicherer Art, als sie wie Dogmen eines Evangeliums
aufgenommen, vielfach wiederholt und breitgetreten und allenthalben
zu Belegen und Begründungen neu aufgestellter Lehren verwendet
werden.
Seit mehr als 30 Jahren geht z. B. durch alle tiergeo¬
graphischen Schriften der Satz, daß die Artenzahl der Tiere nach
Süden resp. nach den Tropen im allgemeinen zunähme, daß dafür
aber nach Norden oder überhaupt nach den, kalten Regionen
hin die Zahl der Individuen, die zu einer Art gehören,
sich vermehre.
Den Gründen nachzuforschen, welche seiner Zeit diese Ansicht
ins Leben gerufen , hat heute wenig Interesse ; wahrscheinlich
erstaunten die Nordfahrer sehr, auf vermeintlich toten Feldern
noch Tummelplätze verhältnismäßig zahlreicher Lebewesen! zu finden,
und gaben ihrer Verwunderung darüber in Worten Ausdruck, die bei
den Lesern der Berichte Vorstellungen erzeugten, als entfaltete sich
iu jenen Gegenden eine übergroße Menge von Einzelwesen.
Da man es nun nicht allein beim einfachen Referat bewenden
ließ, sondern den Befund noch als Gegenbeweis gegen die Lehren
der Descedenz- und Selektionstheorie ins Feld führte, so scheint es
in der That die höchste Zeit, den wahren Sachverhalt festzustelleu.
Der schlagendste Beweis für oder gegen eine Thatsache ist
jedenfalls die direkte Beobachtung. Reisen in fünf Weltteilen setzen
mich in den Stand, ein Urteil von einigermaßen allgemeiner Gültig¬
keit abzugeben. Was zunächst die nordische Fauna betrifft, so hatte
ich selbst verschiedene Male Gelegenheit, Beobachtungen zu macheu,,
die allerdings geeignet waren, mir einigen Respekt vor der Pro¬
duktionsfähigkeit der nordischen Natur einzuflößen. Oft fuhr unser
Schiff meilenweit dureh Wasser, das von Milliarden winziger Mol¬
lusken verfärbt war; von deu einsamen Felsinseln erhoben sich
Schwärme zahlloser Vögel, und wer je Gelegenheit hatte, dem
Häringsfang beizuwohnen, der wird nicht mehr behaupten wollen,
daß in den nordischen Meeren das Leben erstorben wäre. Wie
41
schon Schilde*) erwähnt, bergen sich in den Mooren der arktischen
Regionen zahllose Mücken, die Schwärme von vielen Meilen Länge
bilden; ohne Unterbrechung erhebt sich Wolke auf Wolke, und
ganze Heere gefräßiger Libellen stürmen über die Ebene, sich au
dem so reichlich dargeboteuen Futter zu nähren. Gehen die Hoch¬
wasser nach einer stattgefundenen Überschwemmung zurück, so
hinterläßt der sinkende Wasserspiegel unter dem Genist Legionen
kleiner Käferchen aus allen Gruppen, dem Insektensammler eine
hochwillkommene Beute.
••
Ganz Ähnliches vermag ich aus den antarktischen Gegenden
zu berichten. Nicht alleiu, daß dort kleine Tiere, wie z. B. Schmet¬
terlinge**) in solcher Zahl unser Schiff überfielen, daß die zertretenen
öligen Körper das Gehen auf Deck erschwerten, daß die Segel wie
mit schwarzen Flocken übersät aussahen: sogar große Tiere, wie
Wale und Albatrosse, die Rieseuvögel der südlichen Meere, hielten
sich in Gesellschaften von einer bei so stattlichen Tieren unge¬
wohnten Anzahl. Der Quallenheere im Siid-Atlanticus, der Vogel¬
legionen an der Magelhaensstraße brauche ich nur noch zu erwähnen,
um begreiflich zu machen, daß ich die Individuenzahl, die das
polare Gebiet zu erzeugen imstande ist, keineswegs unterschätze.
Wie verhält sich nun aber dieser Reichtum gegenüber dem
der tropischen Gegenden und was veranlaßt alle Reisenden, uns die
Üppigkeit und erdrückende Fülle äquatorialer Breiten stets wieder
in schwärmerischen Schilderungen vor Augen zu führen?
Wer die Tropen genau kennt, d. h. wer zu verschiedenen Zeiten
und an verschiedenen Orten die heißen Gegenden besucht hat, der
wird nimmermehr zugeben können, daß der Individuenreichtum
kalter Zonen trotz seiner Mückenschwärme und Vogelscharen über
die Gegenden zwischen den Wendekreisen gestellt, ja nur mit ihnen
in Vergleich gezogen würde.
Ich hatte noch nicht den ersehnten Boden des tropischen
Brasilien betreten, — wir fuhren noch im kleinen Boote längs der
Quai-Mauer — da gewahrte ich diese wie übersät mit zolllangen,
asselartigen Krustern ; während der halben Stunde, die wir längs
den Wasserbauten im Hafen von Bahia ruderten, traf ich keinen
Quadratmeter Raum au der niedrigen Hafenmauer, der nicht besät
gewesen wäre mit den flinken Wassertierchen. An Land begrüßte
*) Gegen die Manchestertheorie in der Schöpfung ein Lepidopterolog in:
Zeitschr. f. gesammt. Naturwiss. 1877, II, p. 1 ff.
**) Nycthemera sp.
42
mich sofort die dickköpfige rote Ameise,, die ich während meines
späteren Aufenthaltes in Brasilien noch von recht unangenehmer
Seite kennen lernen sollte; die Ameisen, über deren Zahl ich mich
schon in den Straßen der Stadt wunderte — denn sie wird im
Norden nie und von keinem Tier erreicht — waren iudes
hier noch verhältnismäßig selten. Das Großartigste in dieser Be¬
ziehung erlebte ich im brasilianischen Niggerdorfe Villa Mathias*).
Dort liefen auf einem durch Buschwald führenden Wege die Arbeiter
einer kleinen schwarzen Ameise so zahlreich, daß man glaubte, sich
mitten in einem dichten Zuge zu befinden. Es war aber kein Zugj
denn zwei englische Meilen weit ritt ich durch das nämliche unab¬
sehbare Gewimmel, das nicht etwa wie auf einem Wanderzuge
sondern wie in einem Ameisenhügel , den man aufgescharrt, nach
allen Richtungen hin wirr durcheinander lief. Damals überraschte
mich die Erscheinung, später that sie das nicht mehr; nachdem ich
nämlich die unglaubliche Individuenmenge aus andern , sonst mehr
vereinzelt auftretenden Insektenorduungen kennen gelernt, welche
die Tropensonne auszubrüten imstande ist, gab es für mich in
diesem Sinne kein »zu viel« mehr. Skertchly, ein vorzüglicher
Tierbeobachter, der schon seit Jahren auf der malayischen Insel
Borneo weilt, sagt in einem jüngst erschienenen**) Aufsatze über die
Feinde der Schmetterlinge, daß die dortigen Ameisen, nach England
versetzt, innerhalb eines Jahres die brittische Insektenfauna ver¬
nichtet haben würden!
Gehen wir zu anderu Familien dieser Ordnung über. Au den
mächtigen überhängenden Felsen der Serra do Mar entsinne ich
mich, keine Vertiefung gesehen zu haben, in der nicht einige
Wespen ihre künstlichen Nester angelegt hatten. Auf dem Raum,
welcher der Decke eines mäßig großen Zimmers entspricht, ver¬
mochte ich siebzehn Wespennester zu zählen, die verschiedenen
Arten der Gattungen Eumenes und Pollistes augehörteu. Selbst die
riesigen blauen »Maribondos« der Brasilianer (Priocnemiden von
über Hornissengröße) sind dort nicht seltener als hier die kleinen
Wegwespen, etwa Cerceris oder Ammophila; sie jagen über zoll¬
lange Spinnen, die sie beim Passieren lichter Stellen überfallen,
durch einen Stich lähmeu und zur Nahrung für ihre Brut ver¬
scharren. Ja, die großen Euineuiden verschonen selbst die Woh¬
nungen der Menschen nicht, und in den niederen Hütten der
*) Prov. Säo Paulo.
**) Armais and Magazine of Natur. Hist. 6. Ser. 1889 No. 18 p. 483.
43
»glücklichen, freien« Brasilneger sieht man allenthalben ihre gestielten,
birnengleiehen Häuschen hängen.
O c
Was die zweite Ordnung der Insekten, die Schmetterlinge,
betrifft , so glaube ich nicht , daß jemand die Individuenzahl der
arktischen Regionen mit tropischen Gebieten vergleichen wollte.
Es ist richtig, daß gewisse Argynnis- und Erebia - Arten, da sie im
Norden des kurzen Sommers wegen sich alle gleichzeitig entwickeln,
ferner alle zu gleicher Tageszeit fliegen müssen und überdies bei
der dürftigen Vegetation nordischer Gefilde für den Besucher
c3 O
beständig sichtbar sind, in größerer Anzahl auftreten als etwa bei
uns in Süddeutschland, wo sich die Flugzeit der einzelnen Arten
oft über Monate hinausdehnt und unsere Schmetterlings weit den
ganzen Sommer hindurch mehr ein buntes Durcheinander von ver¬
schiedenfarbigen Arten darstellt.
Ein Punkt verdient allerdings hier erwähnt zu werden. Es ist
dies die vorübergehende übermäßige Vermehrung gewisser Schmetter¬
lingsarten , welche unsern Wäldern in gewissen Jahren gewaltig
Eintrag thun. Aus Preußen wurden gewaltige Schäden durch
Tannenglucken*) und Nonnen**) berichtet. Die verwesenden Leichen
der ersteren lagen zuweilen so hoch, daß die verpestete Luft Seuchen
erzeugte. Werneburg***) meint sogar, daß die faulenden Raupen¬
kadaver bei eiuem Fräße eine ganz vorzügliche Bodendüngung aus¬
machten, wie sie auf eine andere Weise nicht zu bewerkstelligen
wäre. Dies deutet allerdings auf eine ungeheure Entwickelung von
Individuen. Dabei darf aber nicht vergessen werden, daß solche
Fraßschäden Kunstprodukte des Menschen sind, die in
erster Instanz ihre Wurzel in den Regeln der rationellen Auf¬
forstung nutzbringender Bestände haben. Das Entfernen des Unter¬
holzes, die übersichtliche Reihenstellung der Waldbäume macht es
den raupenfressenden Vögeln ungemütlich im Walde; die Hecken,
die ihnen früher Schlupfwinkel vor Raubvögeln und gesicherte
Plätzchen für den Nestbau boten f), verschwinden mehr und mehr.
Das Fehlen der weniger leicht kontrollierbaren Mischbestände
begünstigt das Massenauftreten vieler Schmetterlingsarten ganz
außerordentlich und so werden mehr und mehr Verhältnisse geschaffen
durch den Menschengeist, derentwegen die Natur augeklagt wird.
*) Lasiocampa pini.
**) Psilura monacha.
***) Der Schmetterling und sein Leben. Berlin, 1874 p. 7. ff.
t) Vgl. Rössler, die Schuppenflügler der Umgegend vom Wiesbaden.
Jahrb. d. Nassau. Ver. f. Naturk. 83 und 34.
44
Es ist nacbgewiesen , daß eine kleine Motte in manchen Gegenden
den Weinbergen empfindlichen Schaden zugefügt hat, nur darum,
weil man ihre ursprüngliche Futterpflanze ( Clematis vitalba ) aus¬
gerottet hatte. — Solche Fraßsehäden sind also in erster Linie eine
Folge der Kultur, nicht aber ein Ergebnis einer größeren Produktions¬
fähigkeit des Nordens. Überdies ist die Entwickelung einer so großen
Individuen masse nicht etwa eine Eigentümlichkeit des gemäßigten
Klima’s; mau braucht nur an die Verwüstungen zu denken, welche schon
im heißen Amerika der »Cotton -Worm«*) in den Baumwollenpflan¬
zungen, der » Army-Worm**)« am Getreide etc. angerichtet haben.
Vor allem darf man nicht vergessen, daß die Entwickelung
einer Art bis zu verheerender Menge im Norden nicht etwa jedes
Jahr vorkommt, sondern ein glücklicherweise im ganzen seltenes und
außerdem gewöhnlich auf umschriebene Bezirke beschränktes Ereignis ist.
Wie stehen nun einem solchen Reichtum an Exemplaren die
Tropeo gegenüber?
Da wo die Vegetation zwischen den Wendekreisen die Erde
mit ihrem dichten, von Lianen durchzogenen Filz überzieht, ist
keine Möglichkeit, direkte Beobachtungen anzustellen. Ein »Spazieren¬
gehen« ist im Urwald undenkbar. Der Naturforscher ist somit
gezwungen, von den Punkten, wo ein durch den Wald gebahnter
Weg, eine durch einen gestürzten Baumriesen enstandene Lücke den
Zugaug ermöglicht, auf die Fülle des in jenen undurchdringlichen
Wäldern keimenden Lebens zu schließen. An solchen Plätzen sah
ich oft niedere Büsche, welche in Blüte standen, derart mit Schmetter¬
lingen — ich rede hier zunächst nur von bunten und in die Augen
fallenden Tagfaltern — übersät, dass ich zuweilen auf einem Blüten¬
strauß bis zu einem halben Dutzend , und bis über 100 zählen
konnte, welche sich um einen blühenden Baum scharten. Ich
schätze allein die Hesperiden in Brasilien ihrer Individuenzahl nach
höher, als alle anderen Tagschmetterlinge der beiden gemäßigten
und polaren Zonen zusammengenommeu , und ich bin überzeugt,
daß mir jeder Naturforscher, der dort und auch an andern Punkten
unserer Erde gesammelt hat, beistimmen wird. Was die Zahl der
Arten betrifft, so sei hier uur beiläufig erwähnt, daß die neo¬
tropische Fauna***) mehr Schmetterlingsformen aufzuweisen hat als
*) Aletia argillaeea.
**) Leucania unipuncta. Vgl. Fourth Report of the United States Ento-
mological Commission, Chap. VII, p. 81, p. 350 etc.
***) Im Wallace’schen Sinne: also Süd-, Central - America und Mexico
umfassend.
die ganze übrige Erde. Bemerken will ich hierbei, daß es Schmetter¬
linge, die so häufig sind, wie z. B. die südamerikanischen laug¬
geschwänzten Dickköpfe*) anderwärts — natürlich abgesehen von
den obenerwähnten Fraßjahren — gar nicht gibt. In Säo Paulo
vermochte ich bei schönem Wetter zuweilen mit einem Blick fünfzig
und mehr Stücke davon zu überzählen (also unser Kohlweißling ist
dagegen selten). Weiter nach Süden hin werden sie immer seltner;
in Rio Grande sieht man sie nur noch vereinzelt, und in Buenos
Aires fing ich einmal in 8 Tagen nur zwei Stück.
Alan möchte vielleicht glauben, daß Brasilien — als das geseg¬
netste Scbmetterlingsland — allein imstande sei, solche Milliarden
fliegender Blüten zu produzieren. Dies wäre ein durchaus irriger
Schluß. Es war im August oder September des Jahres 1887, als
ich auf der Insel Ceylon im indischen Ozean Gelegenheit hatte, die
vielfach erwähnten Schinetterlingsschwärme wahrzunehmen, die nach
der Versicherung der Bewohner jener Insel sich alljährlich wieder¬
holen sollen. Tausende und aber Tauseude von Schmetterlingen
bewegten sich in Gruppen oder einzeln, zuweilen gleich Bändern
hintereinander fliegend längs der Küste. Sie gehörten uicht einer
Species allein au ; auch schlossen sich ihnen einige buntgefärbte
Libellen au. Alle flogen sie nach der nämlichen Richtung.
Es sind aber nicht allein die mit einer üppigen Vegetation
versehenen Länder, in denen wir solche Fülle von Leben antreffen,
sondern sogar durchaus wasserarme Gegeuden der Tropen vermögen
eine staunenswerte Zahl beschwiugter Kinder zu ernähren. An
anderer Stelle**) habe ich dargethan, daß die Sahara keineswegs so
tot ist, als man sich dies in der Regel denkt; ich fing dort oft
Schmetterlinge, in denen ich sogar vielfach liebe Bekannte aus der
Heimat begrüßte***). Im südlichen Arabien sah ich an Stellen, wo
nur eine trockene Pflanzenart in niederen Büschen ihr kümmerliches
Dasein fristete, ein niedliches Citronenvögelchen ( Idmais pleione) in
zahlloser Menge diese dürftigen Sträucher umflattern und die Räder,
welche eine darin wohnende Spinne aufgespaunt hatte, enthielten
Dutzende von Leichen jener kleinen Näscher, auf deren Blut die
Spinne wahrscheinlich allein angewiesen ist. (Schluß' folgt-.)
*) Arten der Gattung Goniuris (Thymele).
**) Thierleben in der Wüste. Gäa, 1888 p. 516.
***) Pyr. cardui, Col. edusa, Däop. pulchella, Sphinx convolvuli, celerio,
stellatarum etc. etc.
46
Das gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner.
Von Dr. Emil Buck.
(Fortsetzung.)
II. Die Pflanzen des Beckenaquariums.
1. Die Wasserpflanzen.
Eine nähere Beschreibung meiner sämtlichen Aquarienpflauzen
hier zu geben, sei mir erlassen, da in zahlreichen Schriften darüber
Genaueres zu lesen ist.
Wegen ihrer Wichtigkeit für das Aquarium stelle ich die
Algen obenan. Steht das Becken nicht unmittelbar am Fenster, so
können sich die Algen niemals entwickeln, denn sie brauchen das
direkte Sonnenlicht für ihr freudiges Gedeihen. Ehe man viele
Wasserschnecken in das neu angefertigte und zuvor gehörig ausge¬
laugte Becken einsetzt, sorge man für die Algen. Erst wenn diese
sich zu vermehren beginnen und die unter das Wasser getauchten
Felspavtien mit ihrem leuchtenden Grün zu verzieren anfangen,
kann man eine kleine Anzahl obiger Weichtiere eiubürgern. Die
Algen vermehren sich außer durch Teilung auch durch unzählige
Sporen, deren Entstehung und Formen ungemein mannigfaltig sind.
Es ist daher hochinteressant, diese niederen Gewächse mit einem
guten Mikroskope zu studieren. Teils sind die Algensporen durch
Flimmerhaare in Stand gesetzt, kurze Zeit im Wasser zu schwimmen,
teils sind sie ganz ohne Bewegung. Es gibt aber auch Algen,
welche während ihrer gauzen Lebensdauer laugsam fortgleiten oder
wenigstens pendelartige Schwingungen vollführen. Um die Algen
und Moose bestimmen zu können, ist es empfehlenswert, sich das
Werk von Dr. L. Rabenhorst »Kryptogameuflora«, Leipzig, Ver¬
lag von Ed. Kummer, anzuschaffen.
Aus der großen Zahl der Fadenalgen habe ich nur eine Clado-
phora eingebürgert und zwar die schöne Cl. linoides. Die Glieder¬
fäden der Cladophoren sind durch Sprossung ästig; die Aste stehen
entweder paarweise sich gegenüber oder treten zerstreut aus dem
Stammfaden hervor. Die Fortpflanzung geschieht durch Schwärm-
sporen, welche sich in der Endzeile oder zugleich auch in der
vorletzten massenhaft erzeugen, die Zelle am oberen Ende seitlich
durchbrechen und mit 2 oder 4 Flimmerfäden versehen sind. (Siehe
Rabenhorst).
47
Die Gl. linoides wird 2 — 3 Fuß, im Aquarium meist nur 1 Fuß
lang, ihre Färbuug ist ein prächtiges Dunkelgrün. Die Zweige sind
nur sparsam vorhanden und meist ganz kurz. Sie wachsen, dichte
Büschel bildend, au den Bimsstein- oder Kalksinter - Vorsprüngen
des Bassins uächst der Oberfläche des Wassers. Da aber die sehr
widerstandsfähigen und zähen E^äden sich miteinander verfilzen und
deshalb nur 4 — 6 cm weit in das Wasser ragen, so bilden sie, wie
schon gesagt wurde, ausgezeichnete Verstecke für die kleineren
W^assertiere. Vor einem Jahre legte ich auf den Schlamm des
Aquariums einen derartigen Algenbüschel, der sich seitdem zu einer
niedrigen tief dunkelgrünen Matte entwickelt hat, deren größere
Ausbreitung ich von Zeit zu Zeit einschränke.
Die Algenfäden sind praktisch zu verwenden, wenn die Borsten¬
binsen mehr als nötig Überhängen. Wenn man einen Algenfaden um
o ci o
die Binsen büschel und andere Pflänzchen wiudet, so bleiben sie gerade,
als ob sie mit Spinuenfäden umwunden wären. Nur an den stark
beschatteten inneren Wandungen des Beckens haben sich auch die
kieselgepanzerten Diatomeen angesiedelt.
Regelmäßig zur Winterszeit treten auf den feuchtesten Ufer¬
stellen blaugrüne Oscillarien auf, nachdem die Kalklebermoose ihre
Früchte gebildet haben und absterben. Die Oscillarien sind niedere
Algen, welche in ihrer Fortpflanzung manches Gemeinsame mit den
Bakterien haben. Sie ernähren sich von organischen Resten, können
vor- und rückwärts kriechen und peudelförmige Bewegungen aus¬
führen, ferner riechen sie stark nach Moder und sind unliebsame
Gäste im Aquarium. Ein Nichtkenner würde die Pflänzchen unter
dem Mikroskope für Würmer halten. — Wenn im Februar die
Moossporen sich rasch zu Lebermoosen entwickeln und das Ufer
überziehen, dann verschwinden wieder spurlos die Oscillarien. Eine
große Auzahl von Tieren ernährt sich manchmal ausschließlich
von Algen. —
Im Wasser werden sie von allen Wassersch necken verzehrt, aber
auch die Larven der Eintags- und Köcherfliegen, sowie die Asseln,
Flohkrebse, Cypriden, Daphniden, Cyclopeu, kleine Wasserkäfer,
Muscheln, Schlamm würmer, Rädertiere, Wurzelfüßler und Infusorien
leben vou den Algen oder deren Sporen. Auf dem Ufer werden
die Algen von Wasser- und Erdflöhen (Springschwänzen), Schnecken,
Regenwürmern, kleinen schwarzen Mooskäferchen und Landasseln
ab^eweidet. Nur au die Oscillarien gehen keine anderen Tiere als
die Cypridenkrebschen.
48
Mehr zur Zierde als wegen ihrer Nützlichkeit halte ich im
Aquarium in geringer Zahl Hornkraut und Tausendblatt, die leuch¬
tend grüne lange Ranken getrieben haben; ferner den Frosch¬
biß und die untergetauchte Wasserlinse, Lemna trisulca. Man
muß im Aquarium einen großen freien Raum zur ungehinderten
Bewegung der Wassertiere lassen. Wenn zu viele Pflanzen darin
sind, kann der Luftstrom nicht das Wasser in Strömung bringen.
Die auf dem Wasser schwimmenden Wasserlinsen müssen sorgsam
gemieden werden, weil sie bei ihrem raschen Wachstum bald das
Wasser vollständig bedecken würden. Einmal in das Beckeuaquarium
gebracht, hält es schwer, sie wieder daraus zu entfernen, indem ihre
Wurzeln sich mit den Algen und Ufermoosen verflechten. Mittels
eines gewöhnlichen Kammes vermag man noch am leichtesten die
Wasserlinsen zu erfassen. Die Lemna trisulca bietet fast ebenso
wie die Algen den kleinen Wassertieren gute Schlupfwinkel, aber
eine Futterpflanze ist sie nicht. Neuerdings bin ich durch die Güte
des Herrn Hofapothekers Jack in den Besitz der interessanten
Salvinia natans — eines Wasserfarn, gekommen.
Die Vallisneria spiralis und die Wasserpest sind früher im
Aquarium zu stark gewachsen, weshalb ich sie daraus entfernte.
Dagegen wollten die Arnileuchtergewächse seither nicht gedeihen.
Verschiedene schön geformte wasserbewohnende Astmoose eignen
sich in Ermangelung der Algen als sicherer Unterschlupf für kleine
Tiere, so z. B. das flutende Astmoos, Hypnum fluitans Ls.
2. Die Uferpflanzen.
Als Hauptzierde des Ufers dient die hängende Borsten¬
binse, Isolepis gracilis (Saviana), welche bei jedem Handelsgärtner
zu haben ist. Da sie aber das Verpflanzen auf das Becken nur
selten verträgt, so bezieht man am besten nur die Samen, welche
man auf die feuchten Uferstellen aussät. Wenn im Herbst viele
andere Pflanzen ihre Blätter verlieren, prangt sie den Winter über
in herrlich glänzendem Dunkelgrün. Dabei zeichnet sie sich durch
den graziösen Schwung ihrer nach allen Seiten sich umbiegenden
dünnen Halme aus, welche einen dichten Busch bilden. Auf dem
Aquarium wird diese Pflanze weit kräftiger als in den Warmhäusern,
denn hier läßt sie die meist überlangen Halme kraftlos hängen,
wodurch sie auch den Namen Frauenhaar erhalten hat. Die Binse
im Becken aber hat bedeutend kürzere und nicht matt abwärts
49
hängende Halme. Auf kalkhaltigem Boden scheint sie am besten
zu gedeihen.
Mit der genannten Binse um den Preis der Schönheit wett¬
eifernd ist das Sumpflabkraut, Galium palustre , welches an
Wiesengräben so häufig vorkommt, wenn in der Nähe befindliche
Bäume ihm genügend Schatten spenden. Der kriechende Stengel
treibt zahllose nach aufwärts strebende Zweige, welche wie der erstere
mit hellgrünen quirlständigen vier, seltner sechs Blättchen besetzt
sind, die zugleich als Haftorgaue dienen, wenn sich das Labkraut
an andere Pflanzen oder au Steine anlehnt. Das Labkraut und die
Binsen liegen seit Jahren miteinander im Kampfe.
• •
Uber dem Rande des Bassins hängen dichte Ranken, welche
sich an den Binsenhalmen und hängenden Gräsern festhalten. Nach
der Innenseite des Beckens, also dem Wasser zu, dehnen sie sich
nicht so stark aus und nur einzelne kurze Zweige ragen in das
Wasser hinein. Im Schutze des Labkrautes gedeihen um so üppiger
die Lebermoose, von welchen ich später erzählen werde.
Gibt man dem Labkraut nur wenig Erde, so erreicht es nur
die halbe Größe wie draußen in der Natur, es ist aber dann auch
um so zierlicher. Als schattenliebendes Gewächs muß es vor den
Sonnenstrahlen geschützt werden. Im Winter geht es nur um ein
weniges zurück und im Februar bilden sich neue Astknospen, wäh¬
rend der alte Stengel zu Grunde geht.
Eine sehr nützliche und daukbare Pflanze ist das Wiesen¬
schaumkraut (Wiesenkresse), Cardamine pratensis. Junge
Exemplare setzt man in Wiesenerde 2 — 3 cm über dem Wasser¬
spiegel ein. In ununterbrochener Folge, mit Ausnahme der Blütezeit,
entstehen neue kräftige gefiederte Blätter, während die alten ab¬
sterben. — Die abgestorbenen Blätter schneide ich ab und werfe sie,
als vorzügliches Futter für die von verweseuden Stoffen lebenden
Tiere, entweder in das Wasser oder auf die feuchte Erde des Ufers.
Im Winter, während dem man keinen faulenden Salat zur Verfügung
hat, ist das Wiesenschaumkraut ein wertvoller Ersatz für denselben.
Jeden Herbst sorge ich mir für einen Vorrat getrockneten Kopf¬
salates, der, im Wasser aufgeweicht, sehr gerne gefressen wird.
Bereits gegen Ende Februar beginnt die Pflanze sehr kräftige
Blütenstiele zu treiben, aus welchen die blaßrosa gefärbten Blüten
massenhaft hervorbrechen. Dessenungeachtet wachsen die Blüten-
••
stiele immer weiter, mehrere Fuß hoch aufwärts und bilden Aste,
an welchen wiederum eine Menge der zierlichsten Blüten zu Tage
Zoolog1. Gart. XXXI. Jalirg1. 1890. 4
50
treten. So geht es ununterbrochen fort bis gegen Mitte Juli. Aber
schon Ende Juni können wieder die gefiederten Wurzelblätter, deren
Entwicklung unterdessen nur sehr kümmerlich war, sich kräftig
entfalten. Inzwischen haben sich durch Sprossung au den Blüten¬
stielen junge Pflänzchen mit Wurzeln gebildet. Samen habe ich
keinen erhalten. Nächst dem Fenster hat die Wieseukresse ihren
besten Stand.
Aus der großen Familie der Gräser können mehrere, die Feuch¬
tigkeit liebende Vertreter für das Aquariumufer verwertet werden.
Ihre Ausläufer hängen sich bald über die äußere Beckenwand bis
zum Fußboden hinab, verwelken aber leider im Herbste, um erst
wieder im folgenden Frühjahre zu erscheinen, insofern die Gräser
ausdauernd sind. *)
Ohne mein Zuthun hat sich auch eine niedliche Vogelwicke
üppig entfaltet.
Schade, daß das so reizende Mauer-Löwenmaul, Linaria Cym-
balaria , wegen seiner übergroßen Wucherung nicht verwendet werden
kann, wenn nebenbei die bereits erwähnten zarten Gewächse ge¬
deihen sollen. Ungeachtet aller Pflege sind mir immer die schönen
Mauerfarne wie z. B. Asplenium Trichomanes Ls. und die Mauer¬
raute, Aspl. Buta muraria, eingegangen, wohl nur infolge der allzu¬
großen Feuchtigkeit des Kalksinters auf dem Ufer.
Die zierlichsten aller für das unbewaffnete Auge sichtbaren
grünen Gewächse sind unstreitig die Laub- und Lebermoose.
Sie bilden den schönsten Schmuck murmelnder Quellen, sie beleben
das melancholische Torfmoor durch ihr freundliches Grün, hüllen
den dunklen Waldboden durch ihre schwellenden Polster ein und
schmiegen sich den härtesten Gesteinen an, indem sie hier nur vom
nächtlichen Tau ihr Leben dürftig fristen. Ihre Formen sind durch¬
weg edel und erinnern oft an die der Nadelhölzer, Palmen und
Farnkräuter. Gerade die schönsten Arten der Laubmoose sind
wir nicht so glücklich im Zimmer kultivieren zu können, wir ver¬
mögen nicht, ihnen den Grad der Feuchtigkeit, welchen sie verlangen,
zu geben trotz unserer besten Vorrichtungen, denn entweder werden
sie durch Schimmelpilze oder durch zu große Trockenheit ver¬
nichtet, und man kann froh sein, sie nur wenige Monate am Leben
zu erhalten. Infolge meiner vieljährigen mißglückten Versuche
habe ich mich nur auf solche Laubmoose beschränkt, welche auf
*) .Diesen Winter sind sämtliche Gräser grün gebieben.
51
feuchten Wiesen wachsen. Mauer- oder dächerbewohnende Arten
halten sich kümmerlich Jahre laug auf den trockenen Stellen des
Beckens, entarten aber gern.
Tn meinem Aquarium wachsen seit drei Jahren spitzästige Ast¬
moose, au den feuchtesten Stellen dicht über dem Wasserspiegel
auf Bimsstein und Kalksinter. Ich besitze nur eine Art, nämlich
das glänzende Astmoos, Hypnum nitens (Schreb). Die Blättchen
laufen in eine Spitze aus. Der Stengel ist starr aufrecht, fast
••
stachelspitzig, ebenso erscheinen die Aste, welche vom Stengel ab¬
stehen und gekrümmt sind.
So gestaltet sind diese Moose aber nur auf den sumpfigen,
schwammigen Wiesen. Dagegen erhalten sie im Aquarium bald
ein anderes Aussehen, denn der Stengel ist dann nicht mehr auf¬
recht stehend sondern liegend , er verliert seine scharfe Spitze, des¬
gleichen die Äste die ihrige. Nur die Blätter behalten ihre Form
bei, was auch für die glänzend grüne Färbung zutrifft. Von den
auf dem Bimsstein wachsenden Moosen haben sich mit der Zeit Aus¬
läufer des Stengels auf den Wasserspiegel innerhalb einer kleinen
Ausbuchtung flach ausgebreitet und bilden hier eine prachtvolle
Moosdecke, zwischen welcher sich zahllose kleine Tiere umhertummeln.
Mit Torfmoosen habe ich noch keine Versuche angestellt.
Ein überaus zierliches, hellgrünes Lebermoos ist Pellia calycina
(Tagl.), welches alle, von sonstigen Pflanzen freie Stellen des Aqua¬
rium-Ufers seit drei Jahren überzieht. In veränderter Form lebt
es auch im Wasser, und aus dem letzteren auf das Land versetzt
gewinnt es wieder die gewöhnliche Gestalt. Dieser Formen-Reichtum
gab früher die Veranlassung, mehrere Arten davon aufzustellen, welche
aber meist Varietäten des genannten Lebermooses sind. Außer diesem
Pflänzchen gibt es in Baden nach J. B. Jack*) nur noch die
Pellia epiphylla Dillen.
Mein sehr verehrter Freund , Herr Hofapotheker Jack in
Konstanz, hatte die Güte, mein Moos zu bestimmen. Für die weitere
Umgebung von Frankfurt a. M. dürften die folgenden Fundorte ge¬
nügen : Im Neckarauerwald bei Mannheim und am Heidelberger
Schloß. Im Molassegebiet des Bodensees ist das Moos überall ver¬
breitet. Pellia epiphylla findet sich beim Wolfsbrunneu nächst
Heidelberg und nach Senn holz im Taunus. — Meine Moose stammeu
von den feuchten Molassesandfelsen in den Stadtgräben von Ueber-
*) Die Lebermoose Badens. — Berichte der naturforschenden Gesellschaft
zu Freiburg i. Br. 1870.
52
fingen am Bodensee, welche von kalkhaltigem Wasser überrieselt
werden. Ich habe noch kein anderes Lebermoos finden können,
welches sich so gut für jedes Aquarium eignet wie dieses. Außer
an Felsen wächst das Pflänzchen auch an schattigen Wiesen- und
Waldgräben und den nassen Erdabhängen. Es ändert nach dem
Standorte die Farbe, welche im Schatten grün, an sonnigen Stellen
♦
braun bis dunkelbraun erscheint. Häufig ist es selbst rot gefärbt.
Am Ufer meines Zimmertümpels oder draußen am Ufer von Wald¬
gräben u. s. w. entstehen im Herbst in das Wasser ragende gablig
sprossende Fortsätze, weiche sich später vom Moospolster ablösen
und auf den Grund des Wassers sinken. Hier wird der Laubkörper
gekräuselt und er nimmt oft recht sonderbare Gestaltungen an, teils
röhrig, teils kurz zylindrisch mit gabligen Wucherungen, die wieder
zu Laubkörpern auswachsen, so daß schließlich größere zusammen¬
hängende Moos-Kolonien entstehen. Die rundlichen, welligen und
am Rande oft ausgebuchteten blattartigen Laubkörper der Landform
höhlen sich gegen den Herbst hin mehr und mehr aus, während
am Rande sich ein oder zwei Archegonien (weibliche Organe) inner¬
halb einer becherförmigen gezähnelten Hülle bilden. Die männlichen
Organe (Antheridien) sind auf der Oberfläche des Laubkörpers zerstreut.
Das Moos ist monözisch. Gegen den Spätherbst hin nehmen
die Moose eine braune Farbe an, insofern sie sich auf dem Ufer
befinden, und sterben allmählich ab. Nur die Wasserform bleibt
schön hellgrün während des Winters und gibt reichlich Sauerstoff
an das Wasser ab.
Es ist anzuraten, die Landform vor den direkten Sonnenstrahlen
zu schützen, da sie sonst braun und unscheinbar wird.
Bei weitem nicht so zierlich und genügsam wie Pellia ist die
bedeutend größere Marchantia polymorpha. Dieselbe ist in ver¬
schiedenen Abarten vorkommend leicht an ihrem derben leder¬
artigen, dem Boden aufliegenden Laubkörper zu erkennen, welcher
sich gabelig teilt und auf seiner Unterseite feine Wurzelhärchen,
lediglich Haftorgane, trägt. Die Fortpflanzung findet sowohl auf
ungeschlechtlichem als auch auf geschlechtlichem Wege statt, ver¬
mittels fortsatzartiger Wucherungen und Brutknospen, sowie durch
Sporen, welche Produkte geschlechtlicher Zeugung sind. Im Früh¬
jahr sieht man auf diesem Lebermoose eigentümlich runde, becher¬
förmige und am Rande gezähnelte Brutbecher hervortreten, in¬
mitten der Mooslappen. Solche Brutbecher enthalten die sog. Brut¬
knospen.
53
Andere Individuen lassen aber gestielte, strablenartig augeordnete
männliche und weibliche Organe erkennen. Die Färbung des Laub¬
körpers ist hell- bis dunkelgrün. Das Lebermoos lebt nur an feuchten
Orten, z. B. au nassen, schattigen Mauern, an Bachufern, wo es
noch vom Wasser benetzt wird, aber auch auf sumpfigen, beschatteten
Stellen. — Auf meinem Aquariumufer wächst das Moos nur im
Schutze des Labkrautes und überhängender Gräser nahe dem Wasser¬
spiegel, ist aber sehr kräftig entwickelt.
In fast allen Treibhäusern kommt eine verwandte, aus Ober¬
italien eiugeschleppte Form, die Lunularia vulgaris , auf Blumen¬
töpfen vor, zuweilen auch in feuchten schattigen Gärten; sie ver¬
mehrt sich bei uns in Deutschland nur durch gablige Wucherungen
und Brutknospen. — Die Brutbecher sind halbmondförmig, daher
der Name Lunularia. Man thut gut, jeden Herbst die Erde mit
Vogel- oder Taubenmist zu düngen. Man darf aber davon nur
ganz wenig verwenden und zwar muß der Mist in Wasser aufge¬
löst Sein. (Fortsetzung- folgt.)
Beschreibung einer neuen Antilope, Damalis hunteri Sclat.
Nach den Proc. Z . S. 1889 Part. III.
Von Dr. Ernst SchäfF.
Eine neue, sehr auffallende Antilopen-Art wurde von Mr. Hunter im
östlichen Afrika in der Gegend des Tanaflusses gefunden und von Mr. Sei ater
in den Proc. Zool. Soc. beschrieben und abgebildet. Das Tier schließt sich
äußerlich dem Genus Damalis an, speciell der Art Damalis senegalensis, dem
Korrigum oder Senegal-Hartebeest. Die Schädel- und Kopfbildung dagegen
erinnert in hohem Grade an die Kuh-Antilopen ( Alcelaphus ). Der Schädel ist
sehr lang gestreckt und schmal, mit hoch hinaufragendem Stirnteil, der zum
Hinterhaupt steil abfällt. Mr. Sclater gibt folgende Diagnose der neuen Art:
»Einfarbig matt kastanienbraun, auf dem Rücken von etwas gesättigterem
Ton; eine zwischen den Augen in nach unten offenem Bogen verlaufende Linie
weiß; die Umrandung der Augen und die Innenseite der Ohren, ebenso der
Schwanz und die Bauchmitte weiß; die Innenseite der Beine heller als die
Gesamtfarbe; die Hörner schwarz, rund, stark geringelt, nach außen und hinten
gebogen, dann in fast paralleler Richtung aufsteigend, die verjüngten Spitzen
schwach konvergierend. Schulterhöhe etwa 48 englische Zoll, Körperlänge eben¬
soviel, Schwanzlänge 15, Ohrlänge 6, Profillinie des Kopfes etwa 13,5, Hörner
in gerader Linie von der Stirn gemessen 21 englische Zoll. Das Weibchen
dem Männchen ähnlich, aber ein wenig kleiner und mit dünneren Hörnern.«
Die Hörner sind in den unteren zwei Dritteln mit starken Ringen
versehen, welche besonders stark vorn und an den Seiten sind, an der
54
Hinterseite des Hornes aber schwächer • werden. Gegen das Ende des
zweiten Drittels der Hornlänge entfernen sich die Ringe weiter voneinander
und beschränken sich auf die Vorderfläche des Hornes, sind also hier mehr
Querwülste als Ringe. Das letzte Drittel des Hornes ist glatt und verjüngt
sich allmählich. Übrigens konvergieren die Spitzen nicht immer, bisweilen
zeigen sie schwache Divergenz; es ist also auf den Verlauf der Hornspitzen
nicht viel zu geben.
Mr. Hunter traf die Antilope zuerst 150 englische Meilen den Tanafluß
aufwärts, besonders an dem nördlichen Ufer, wo sie in Rudeln von 15 — 25
Stück auf den grasigen Ebenen weidete, doch auch in dornigem Gebüsch sich
aufhielt. Im Oktober uud November wurden Junge bei den Rudeln bemerkt.
Die Tiere bewegen sich auf der Flucht in einem schweren, dem des Hartebeests
ähnlichen Galopp. Ihre Lebenszähigkeit soll größer als die anderer Antilopen
sein. Die Eingeborenen (Gallas) nennen Hunters Antilope »Herola« (nicht
wie Sei ater in einer früheren Bemerkung [P. Z. S. 1889 Part. I. p. 59] an¬
gab »Haranta«).
Da diese neue Antilopenart aus einem mit Europa uud speciell auch mit
Deutschland in enger Beziehung stehenden Gebiet stammt, so dürfte die Mög¬
lichkeit vorhanden sein, daß gelegentlich Hunters Antilope auf den Tiermarkt
kommt, und es dürfte daher die hier gegebene Beschreibung gerechtfertigt
erscheinen.
Der zoologische Garten zu Strassburg.
Reisebericht von Ernst Friedei in Berlin.
Unter allen Städten des Elsaß hat seit der Wiedergewinnung desselben
keine andere einen so außerordentlichen Aufschwung genommen als die
Hauptstadt, das uraltehrwürdige Straßburg. Äußerlich hat hierzu am meisten
die Aufgebung der inneren Festungswerke und die Einbeziehung des hier¬
durch gewonnenen Grund und Bodens in den weiteren städtischen Bebau¬
ungsplan beigetragen. So recht springt das unter anderem im Norden ins
Auge, wo die Ländereien vor dem Fischerthor bis an das vom Illkanal nörd¬
lich abgegrenzte und die Orangerie genannte Lustwäldchen sich mit Straßen¬
zügen bedecken.
In dieser waldigen und buschigen Gegend, welche von der Belagerung im
Jahre 1870 fast verschont geblieben ist, hat sich, dank den Bemühungen des
umsichtigen Herrn H. Bi 1 harz, der neue zoologische Garten von Straßburg
als ein Privat-Institut aufgethan. Von der nach der Ruprechtsau führenden
Dampfstraßenbahn ist der Garten noch immer 10 Minuten Gehens entfernt;
hoffentlich wird durch die breite von hohen Bäumen beschattete Querallee
dereinst eine Zweigbahn bis zum Eingangsgitter des Gartens gelegt werden.
Dank dem Verständnis, welches der Bürgermeister Back dem verdienstlichen
Unternehmen entgegenbringt, hat der Gemeinderat dem letzteren vorläufig
eine Jahresbeihiilfe von 1200 Mark bis 1891 bewilligt. *) Der Statthalter Fürst
*) Eintritt 50 Pfg. Einzel-Abonnement für 1 Jabr 10 M.; ein Familien-Abonnement für
2 Personen bezw. für die Kinder unter 14 Jahren und die Dienstboten 20 M. ; eine Beikarte für
55
Hoben lohe und Gemahlin, sowie andere Gönner haben dem Garten bereits
Spenden an Tieren, Fütterungsstoffen, Pflanzen und Geld zugewendet.
Die Ausdehnung des Gartens am südöstlichen Ende der Orangerie ist
eine recht bedeutende und gestattet noch eine erhebliche Vergrößerung des
Tierbestandes, die alten prächtigen auserlesenen Bäume, darunter mancherlei
fremdländische, sind eine vortreffliche Mitgift für den ersteren. Große Rasen¬
flächen, bowling-greens, sorgen dafür, daß dem für das Wohlergehen der Tiere
in erster Linie notwendigen Sonuenschein nicht zu viel Abbruch geschieht und
ermöglichen gleichzeitig das Umliertuinmeln großer Kinderscharen, die wir
denn erfreulicher Weise auch im Garten antrafen. Der Garten kann elek¬
trisch beleuchtet w'erden ; in der guten Jahreszeit findet zweimal täglich Kon¬
zert statt. Auch Sonder- Ausstellungen lassen sich gelegentlich hier sehen, so
im Juni 1889 die bekannte wandernde Ausstellung großer Lurche und Kriechtiere.
Die Gebäude, Gehege und sonstigen Ausstattungsgegenstände sind, wie
man sich bei einem jungen privaten Unternehmen leicht denken kann, einfach,
vielfach mit Latten und verzinktem Eisendraht , jedoch ganz zweckmäßig
eingerichtet und reinlich gehalten. In der Mitte des Gartens dient ein älteres
Landhaus aus französischer Zeit als Wirtshaus, davor ist eine geräumige Ve¬
randa angebaut. Außerdem ist ein sehr großes, dichtes Zelt in der Nähe auf¬
geschlagen, worunter eine größere Anzahl Besucher Schutz finden kann. Am
Eingang begrüßen uns lärmende Papageien, Kakadu und Arra, rechts
präsentieren sich zunächst zwei junge braune Bären , Geschenke der Gemahlin
des Statthalters Hoh enlohe-Sch illing°sfürst. Weiterhin begrüßt uns ein
für seine Jugend schon recht gelehrter indischer Elefant, für den außer¬
dem noch, nach der Gartenmitte zu, eine Arena eingerichtet ist, wo er sich
unter anderem auch von Kindern reiten läßt.
Es folgt ein geräumiges Bauerwerk, welches zwei amerikanische
Strauße ( Rhea americana ) und einen Emu ( Dromaeus Novae Hollandiae )
beherbergt.
In einem Wasserbecken haust ein fast schwarzer, mutmaßlich männlicher
Seelöwe, der, wie das leider bei dieser Art sehr üblich ist, unaufhörlich ohren -
zerreißend blökte. In dem benachbarten Weiher Gänse und Enten, unter
denen ich besondere Seltenheiten nicht aufzufinden vermochte.
In einem kleinen Raubtierhaus war nach der Sonnenseite ein schönes
junges Löwen paar und daran anschließend ein Paar junger brauner Bären
(aber älter als die erwähnten fürstlichen Geschenke) untergebracht. In der
Nähe zwei junge Puma. In einem zu engen Käfig hauste ein, anscheinend
lahmer, sibirischer Steppenwolf mit einem auffällig breiten Kopfe.
Es folgen zwei gewöhnliche Füchse und, als Geschenk der Statthalterei,
ein ägyptischer Schakalhund. Der Dachs hatte ein zu knappes Gelaß.
Unweit davon sind noch drei gemeine Füchse.
Ein älteres Gartenhaus ist zu einer Affen wohn ung umgebaut, in der
ich etwa ein Dutzend Vierhänder gewöhnlicherer Art, türkische und Java-
Affen, Meerkatzen, sowie einen kleinen Pavian bemerkte.
Erwachsene und Familien- Angehörige desselben Haushalts 3 M. ; ein Monats- Abonnement, die
Person 3 M. — Kein gedruckter Führer. — Kurze Notiz über den Garten im Jahrgang
1888 Seite 280.
56
In einem unbedeutenden Kastenaquarium befand sieb ein ungewöhnlich
großer Bullfrosch.
Die Saubucht enthielt einen Frischling vom Wildschwein, an welchem
die Streifung des Fells noch deutlich wahrnehmbar war. Auch ein Pekari-
Schwein war vorhanden. In Einzel-Käfigen zeigten sich Murmeltier, Ich¬
neumon, ägyptische (?) Frettchen, Aguti und Steinmarder. Stattliche
Puten liefen in einem Gehege herum. Auch war hier ein Vogelhaus mit
Klein-Papageien, Lori und Sittichen, Sperbereule, Kauz, Ohreule,
Mäusebussard, Ibis, Tauben und Fasanen. Zwei Pfauen saßen zu¬
sammen mit Seidenhasen und bunten Me er sch wei nch e n ; auch an einem
stattlichen und mannigfaltigen Hühnervolk gebrach es nicht.
Die Insel Ceylon hatte zwei Zeburinder, die Schweiz einen Dam-
Schaufler geliefert. Ein Reh aus dem Elsaß, ein Mähnenschaf und eine
arabische Gazelle ( Gazella dorcas ) waren noch weiter sichtbar. Von zwei
großen Guanakos ( Auchenia Huanaco) war das eine schwarz und weiß ge¬
zeichnet.
Beim Verlassen des Gartens können wir nicht umhin, dem strebsamen
Besitzer und dem ganzen verdienstlichen Unternehmen den besten Erfolg zu
wünschen.
Korrespondenzen.
Schlaupitz, den 15. Januar 1890.
Seit dem 5. huj. kann ich fast tagtäglich in einigen dem Vater Zobten
entströmenden und unmittelbar bei Schlaupitz vorbeifließenden Gebirgsbächen
einen Aufstieg von Elritzen, Plioxinus laevis Ag., Schmerlen, Cobitis barbatula L.
und. Moderlieschen1, Leucaspius delineatus Sieb., bald in großartigem, bald in
geringem Maßstabe wahrnehmen. (Die Züge der Pfrille sind oft 60 bis 70?
mitunter sogar 100, die der beiden anderen Fische dagegen durchweg nur
10 bis 20 Stück stark.) — - Von der Schmerle und dem Moderlieschen wan¬
dern beinahe ausschließlich mittelgroße und ausgewachsene Exemplare —
von ihnen sind mir wenigstens bisher nur sehr spärliche kleine Fische in
die Netze gekommen — , dagegen bestehen die Gesellschaften von Plioxinus
laevis, der »Bitterfische« unserer Bauern, vorwiegend aus ein- und zwei-
sömmrigen Stücken, »Sonnenstriche«, »Sonnenstreicher«, »Sonnenbrüter« oder
»Sonnenfische« beliebt diese der Zobtenbewohuer zu benamen, denen sich
nur ab und zu einige laichfähige Vettern und Basen beigesellen. Das In¬
teressanteste hierbei ist, und eben deswegen berichte ich die Begebenheit,
daß die ausgewachsenen Elritzen sämtlich schon jetzt die für die
laichenden Cyprinoiden und Salmoniden charakteristischen Hautkörnchen
an Kopf und Oberlippe tragen (zwei führten ähnlich wie der Leucaspius
delineatus der hiesigen Gewässer sogar vereinzelte auf der Unterlippe);
die »Bitterfische« schillerten ferner bereits im prachtvollsten hochzeit¬
lichen Gewände, selbstverständlich aber nur die größeren Stücke, denn
das Kleid der kleineren ist selbst im Mai und Juni, der eigentlichen Laich¬
zeit dieser interessanten Cyprinoiden , recht unscheinbar gefärbt; [doch davon
57
später in einem Specialartikel mehr! Sie hatten ferner von Samen strot¬
zende Milcher und in großer Menge völlig laichreife Eier. — Nun be¬
trug aber einmal die Temperatur des Wassers in dieseu oben erwähnten Rinnen
nach genauen Messungen in der Zeit vom 5. bis 14. Januar 1890: + 1 - f-l1/2°C.
am 5., am 6. früh 4 1°C, nachm. 4- 2l/2°C., am 7. mitt. -+- IV20 C., d. h.
4- 11/2°C. in dem einen, im anderen Graben -f- 11/4°C., am 8. mitt. 4 2° C.,
v. 9. früh -f 11/2°C., mitt. -f 25/4°C., am 10. (starker Frost in der Nacht, sonst
gar keine aufsteigenden Fische wahrgenommen) 4 '/PC., den 11. früh 4 2°
C., mitt. 4 2V20 C., 12 und 13. dto., 14. früh -f l3/t°C., mitt. 4 21/2°C., also
die Temperatur stieg in dieser Zeit nie über 4 3° C. hinaus.
Ferner fällt die Laichzeit von Phoxinus laevis Ag. nach Angaben von
H]eckel, Kner, Günther, v. Sieb old, Brelim, M. v. d. Borne und anderen
in die Monate Mai-Juni, und doch stoßen uns unter diesen Tieren schon an¬
fangs Januar, in eisig kalten Fluten, völlig fürs Laichgeschäft ausgebildete,
hochzeitlich geschmückte Pfrillen auf!
Gar mancher unserer Leser wird bisher, genau ebenso wie ich früher
selbst, angenommen haben, daß Leucaspius delineatus v. Siebold, wenn die
Temperatur seines Wohugewässers unter 4 4° C. sinkt, nach Art anderer
Karpfenfische (vergleiche M. v. d. Borne, Fischzucht bei Cyprinus carpio ,
ferner Brehms Tierleben etc.) lethargisch wird , sich in den Schlamm ver¬
gräbt, um daselbst Winterschlaf zu halten. Und nun zerstöre ich diese An¬
sichten durch den Bericht, daß der kleine Gesell hier beim Beginne des neuen
Jahres gegen Fluten von weniger als 3° Wärme munter auscliwamm, tage-, ja
wochenlang lustig in ihnen herumplätscherte.
Bei der Frage: »Welches ist der Grund für diese so ungemein frühzeitige
Wanderung?« wollen wir zunächst von den älteren, laichfähigen Elritzen ab-
sehen, sie mag eben der Fortpflanzungstrieb dazu bewogen haben. Für alle
die anderen gibt mir der Umstand die Erklärung in die Hand, daß allenthalben
im Unterlaufe der Bäche mächtige Quantitäten Mistjauche sich mit ihren
Wassern mengen und denselben, namentlich beim jetzigen anhaltenden Tau¬
wetter , ein kaffebraunes Aussehen und einen geradezu unerträglichen Geruch
verleihen. Genau dasselbe läßt sich leider auch von den Tümpeln, in welche
die Rinnsale einmünden, berichten. Den Tieren mag es also in ihrem so un-
gemein verunreinigten, ungesunden Element recht unbehaglich geworden sein
und sie haben sich gleich jenen Saiblingen in Schottland (vgl. Brehm »Tier,
leben« 1878 S. 231) zur Reise stromaufwärts, nach der Quelle hin, entschlossen.
Zum Schlüsse sei noch bemerkt, daß die Wanderungen an schönen, sonuen-
reichen Tagen in bedeutend stärkerem Maße stattfanden als an trüben, dann
verkrochen sich, selbst wenn an letzteren die Lufttemperatur eine ziemlich
hohe war, viele Fische in das in den Gräben oder an den Ufern wachsende
Gras, unter Baumwurzeln oder unter große Steine.
Sicherlich dürfte der Bericht überraschend sein, daß ich bei Gelegenheit
meiner neuesten Untersuchungen über die Flossenstrahlen unserer Süßwasser¬
fische am Dorsalstrahl eines Cyprinus carpio Lin. die groben Sägungen aber¬
mals an der Unterseite bald fein, bald stark gezähnelt fand. So viel mir
bekannt, ist bisher noch nicht auf diese Erscheinung aufmerksam gemacht
worden. K. Kn aut he.
58
Kleinere Mitteilungen.
Eine Elefanten- Empörung. Wer entsinnt sich nicht noch des
schweren Unglücks, welches im Sommer 1888 durch die plötzlich scheu gewor¬
denen Elefanten im Münchener Festzuge angerichtet wurde V Einem
ähnlichen Ereignisse war jüngst in Riga das zahlreich im Cirkus Salo-
monski versammelte Publikum ausgesetzt, kam aber glücklich noch mit dem
bloßen Schrecken davon. Die »Rigaer Zeitung« berichtet darüber :
»Die dressierten acht Elefanten des Mr. Arstingstall sollten sich
am Sonntag vom hiesigen Publikum verabschieden, um dann die Rückreise
nach Hamburg anzutreten. Die Artigkeit, mit der sich diese ausgezeichnet
dressierten Vierfüßler bisher aufgeführt, artete jedoch in der Nach mittags- Vor¬
stellung in wilde Unart aus. Was den Tieren in den Dickhäuterschädel ge¬
fahren, ist nicht ermittelt, kurz, beim feierlichen Umgänge in der Arena hob
der letzte der acht Elefanten plötzlich den Rüssel und stieß trompetenähnliche
Angstlaute von sich. Das war das Signal zu allgemeiner Auflehnung. Statt
in der Arena ihren Rundgang fortzusetzen, wandten sich die Dickhäuter sofort
zum Ausgange für das Publikum zur Paulucci-Straße hin. Der Thürhüter be¬
merkte rechtzeitig die nicht planmäßige Überraschung, schlug die beiden höl¬
zernen Eingangsthore zu und stemmte' sich gegen dieselben. Der erste der
Elefanten trat an das Thor heran, durch welches soeben eine Dame gleichfalls
in das Freie zu gelangen sich bemühte, faßte das weibliche Wesen mit dem
Rüssel um die Taille und setzte sie nicht eben sanft energisch beiSeite; dann
gab er mit seinem Eisenschädel den Thorflügeln einen gelinden Wink und —
die Thüren flogen auf, den dahintersteheuden Thür wärter bei Seite schiebend.
Nun traten die Gewaltigen ungehindert in den Korridor, der an dieser Seite
um den inneren Cirkusraum sich hinzieht. Vorher hatte einer der Elefanten,
aller Disciplin spottend, noch den bewährten Leiter der Karawane, Mr. Arsting¬
stall, der den Ausbruch seiner Pfleglinge verhindern wollte, so rücksichtslos
an die Wand gedrückt, daß derselbe eine nicht unbedeutende Verletzung am
Bein davontrug. Beim Austritt in den schmalen Korridor entdeckte einer der
vordersten Elefanten hinter dem zurück geschlagenen Thürflügel den Thür¬
hüter. Im Moment war derselbe auch bereits aus seiner Ecke hervorgeholt,
triumphierend einmal herumgedreht und dann wie ein lästiger Spielball weit
hinweggesetzt worden. Mit wenigen Schritten hatten die Bestien den Korridor
durchmessen, nicht ohne hier und da ein Fenster einzudrücken oder ander¬
weitigen Unfug anzurichten, dann standen sie für einen Augenblick vor dem
erleuchteten Billetschalter still, lugten hinein, und da nichts von Interesse
daselbst zu entdecken, ging es links zum Ausgangsthor in den Hofraum, welches
übrigens verriegelt war. Die einfache Mechanik des Verschlusses war im Hand¬
umdrehen entdeckt, die Thore wurden umgestoßen, und nun stürmte die führer¬
lose Schar in den Hof, woselbst in unbändiger Freude ein regelrechter Kriegs¬
tanz unter Begleitung trompetenähnlicher unartikulierter Laute ausgeführt
wurde. Daß hierbei einige Zäune niedergetreten wurden, war den gewaltigen
Vierfüßlern offenbar höchst gleichgültig. Der enge Raum bot keinen Ausweg
und hier gelang es den schleunigst herbeieilenden Wärtern, die wilderregten
Tiere zu beruhigen und zu fesseln. Aber die allzukurz genossene Freiheit
59
hatte den Elefanten gar zu sehr gefallen. Den ganzen Tag über suchten die¬
selben in verschiedenartiger Weise ihrer Freude über den gelungenen Streich
Ausdruck zu geben, und als in der Nacht der Transport der Tiere zur Eisen¬
bahn stattfand, da gelang es zwei von ihnen, sich gewaltsam zu befreien, und
in kurzem Trabe ging es zurück zu der Stätte ihres künstlerischen Wirkens,
dem Cirkus. Der Ortssinn schien aber die Tiere im Stich gelassen zu haben,
denn an der Paulucci-Straße beim Hause Nr. 3 hielten die Flüchtlinge inne
und spazierten wohlgemut in den Hofraum. Erst nach längerem Bemühen
gelang es, die Elefanten von dort abzubringen. Endlich machten einige Ele¬
fanten noch auf dem Bahnhof einen mißlungenen Fluchtversuch, indem sie vom
Perron herabsprangen. — Wir können von Glück sagen, daß der Freiheitstraum
der Elefanten, von den erwähnten Verletzungen abgesehen, ohne schwerere
Schäden abgelaufen ist. Denn wären die scheugewordenen Tiere, statt sofort
dem Ausgange sich zuzuwenden, über die sehr niedrige Barriere in den Zu¬
schauerraum eingebrochen, so wäre eine Panik mit furchtbaren Folgen unver¬
meidlich gewesen. So geschah es, daß, ehe das Publikum eigentlich zum Be¬
wußtsein der drohenden Gefahr kam, die Ausreißer bereits aus der Arena ver¬
schwunden waren. • (Berl. Tageblatt.)
Tierpreise. — Auf der Tierversteigerung im zoologischen Garten zu
Antwerpen am 10. und 11. September vor. J. notierte ich mir nachstehende
Preise, wozu noch 10°/o Versteigerungsgebühr hinzuzurechnen sind.
Frcs.
Afrikanischer Strauß, Struthio camelus L., männl . (700)
Nandu, Bhea americana Vieill . Paar 350 u. 300
Helmkasuar, Hippalectryo galeatus Vieill . Stück 675 u. 700
Brillenpinguin, Spheniscus demersus L . » 65
Stockente, Anas boschas L . Paar (10)
Smaragdente » rar . » 12
Zwergente . » (15)
Aylesburyente . » 30
Gelbschnabelente, A. xanthorhyncha Borst . » 45
Buntschnabelente, A. poecilorliyncha Penn . » 35
Rotschnabelente, A. metopias Poeppig . » 60
Lötfelente, A. clypeata L . » (15)
Chilenische Pfeifente, A. sibilatrix Poepp . . > 75
Spießente, A. acuta L . » (15)
Spitzschwanzente, A. spinicauda Vieill. . » (35)
Japanische Krickente, A. formosa Gm . » 150
Krickente, A. crecca L . » (10)
Knäckente, A. circia L . » (12)
Brutente, Lampronessa sponsa L . » 55
Mandarinente, L. galericulata L . » 45
Nonnenente, Dendrocygna viduata L . » 65 u. 55
Herbstente, Z>. autumnalis L . » 85
Gelbe Baumente, D. fulva Gm . » 85 u. 75
Brandente, Vulpanser tadorna L . » 22
Spiegelgans, Anscr jubatas Lath. . . » 180
Canadische Gans, A. canadcnsis L . » (35)
60
Frcs.
Nonnengans, A. leucopsis Bchst . » (25)
Indische Gans, A. indicus Gm . » (75)
Koskoroba- Schwan, Pseudolor chionis 111 . » (250)
Schwarzer Schwan, Cygnus atratus Lath . » 140
Höckerschwan, C. olor Gm . ' . » 80
Tschaja, Channa chavaria L . » 200
Austernfischer, Haematopus ostralegus L, . 2 Stück 20 u. 15
Kibitz, Vanellus cristatus Meyer . » 8
Trompetervogel, Psophia crepitans L . » 400
desgleichen . 1 einzelner 170
Purpurhuhn, Porphyrio hyacinthinus Temm . Paar 55 u. 40
Roter Sichler, Plegadis rubra L . » 150
Australischer Ibis, Ibis strictipennis Gould . » 150
Heiliger Ibis, J. aethiopica Lath . » 210
Krontaube, Megapelia coronata L . » 190 u. 180
Dolchstichtaube, Geotrygon cruentata Loth . » 120
Indische Glanztaube, Phaps indica L . » 28 u. 30
Nonnentaube, Columba leuconota Vig . » 55
Marell, Penelope marail Gm . » 90
desgleichen . 1 einzelner 28
Glattschnabelhokko, Crax alector L . Männch. 55 u. 80
Gelbschnabelhokko, C. globicera L., . Weibch.100
Urumutum, Nothocrax urumutum Spix . Stück 190
Mitu, Ourax tuberosa Spix . » 100
lvönigs-Glanzfasan, Lophophorus impeyanus Lothr . Paar 360
Schwarzflügel-Pfau, Pavo nigripennis Sclat . » 170
Ostl. Spiegelpfau, Polyplectron Germaini Elliot . Männch. 75
Hornhuhn, Ceratornis Temmincki Gray. (Weibchen mit krum¬
mer Mittelzehe) . Paar 160
Satyrhuhn, C. satyra L . Männch. 170
Argusfasan, Argus giganteus Tom . Paar 800
Königsfasan, Phasianus Peevesi Gray . » 120
Buntfasan, P. versicolor Yieill . » 200
Riugfasan, P. torquatus Gm . » 50
Prachtfasan, P. Ellioti , Swinh . » 160
Goldfasan, P. pictus L . » 34
Lady-Amherst-Fasan, P. Amhcrsliac Leadb . » 170 u. 150
Mandschur. Ohrfasan, Crossoptilon mantschuricus Swinh. . » 200 u. 180
Silberfasan, Euplocomus nycthemerus L . » 32
Strichelfasan, E. lineatus Vig . » 50 u. 70
Formosa-Fasan, E. Swinhoei Gould . » 75
Gelbschwänziges Fasanhuhn, E. erythro pthalmus Rafft. . . » 160
Rotrückenfasan, E. Vieilloti Gray . Männch. 150
Prälat, E. praelatus Bp . Weibch. 130
Gemeines Perlhuhn, Numida meleagris L . Stück (60)
Pinselperlhuhn, N. philorhyncha Lcht . Paar 80 u. 70
Ilelmperlhuhn, N. mitrata Pall . » 170
61
Frcs.
Geierperlbuhn, N. vulturina Hardw. . . . . .
Schreiseeadler, Haliaetus vocifer Dand .
Blaßkopfsittich, Platycercus pallidiceps Cuv. . . .
Rosella, P. eximius Shaw .
Pennant-Sittich, P. elegans Gm .
Ararauna, Sittace coerulea Gm .
Grünfliigelara, S. chloroptera Gray .
Blauara, S. glauca Vieill .
Kleiner Hyacinthara, S. Leari Bp .
Mönchsittich, Bolborhynchus monaclws Bodd. . . .
Orangetukan, Mhamphastus Temmincki Wagl. . .
Kleiner Kronvogel, Buceros convexus Tem. . . .
Alpendohle, Fregilus pyrrhocorax L .
Riesenkänguruh, Halmaturus giganteus Shaw. . .
Pinselschwanz-Känguruh, Petrogale penicillata Gray
Kuhantilope, Alcelaphus bubalis Pall .
Säbelantilope, Oryx leucoryx Pall .
Anoa, Anoa depressicornis Smith .
Yak, Poephagus gr unniens L .
Brauner Bär, Ursus arctos L .
Binturong, Arctitis binturong Raffl .
Jaguar, Felis onca L .
Leopard, F. pardus L .
Löwe, F. leo L .
desgl. . Weibch.,
desgl. . . Paar
Tiefschwarzer Maki, Lemur nigerrimus Sei. . . .
Vari, L. varius Geoffr .
Löwenäffchen, Midas rosalia L .
Paar
870
Stück
180 u. 125
Paar
36
»
32
38
Stück
90
(70)
250
»
300
Paar
12
Stück
34
150
»
16
. . .Männch.250 u. 220
...» (60)
...» 600
. Stück 650
. Mannch. 510
. Paar (700)
. . Stück 125
. . . Weibch. 210
Junges Männch. 675
. . . Weibch. 425
Altes Weibch. (1000)
14 Monate alt (700)
degl. (2000)
. Männch. 75
... » 130
. . . 4 Stück 500
NB. Auf die Tiere, deren Preise eingeklammert sind, erfolgte kein Gebot.
Dr. L. Wunderlich.
Marder-Bastard. Im Februar 1889 ward in der Nähe von Münden
ein dem äußeren Ansehen nach Bastard von Must da foina und M. martes, ein
altes schwaches Weibchen, aus einem Eichhornnest herabgeschossen. Leider
erhielt ich die Nachricht zu spät, um mehr als den glücklicherweise unver¬
letzten Schädel zu erhalten; doch sprechen auch schon dessen zwar geringe,
aber doch scharfe Abweichungen im Knochen- und besonders Zahnbau im
Vergleich zu einer Anzahl von Schädeln des M. martes und M. foina für eine
Vermischung beider Arten. — Vielleicht finde ich in einer der späteren Nummern
der Zeitschrift Gelegenheit, zugleich neben anderen größeren oder geringeren
Abnormitäten in der Schädelbildung von Mustela erminea , M, foina , M. putorius
und einem mir im August 1889 aus Norwegen zugegangenen bei Gulbrandsdalen
geschossenen Luchs etwas eingehender auch diesen Bastard zu besprechen.
Hannoverisch -Münden, den 3. Januar 1890. C.
Der Nestor der Pferde nicht nur Berlins, sondern ganz Deutschlands,
ja wahrscheinlich ganz Europas, ist nicht mehr. In dem ehrwürdigen Greisen
Ö2
alter von nahezu vierzig Jahren hat er seine Laufbahn beschlossen, nach¬
dem er noch am Tage vorher rüstig und guter Dinge in den Straßen Berlins
den Möbelwagen gezogen hatte. Reich an Ehren und Verdiensten war dieses
nun vollendete Pferdeleben. Nicht den bewehrten Leib des Kriegers hatte es
getragen, nicht im Pulverdampf des Schlachtfeldes sich den Lorbeer geholt, —
nein, den Werken des Friedens und des »Fortschritts« hatte es sich stets ge¬
weiht. Fernab von den Ställen und Rennplätzen Deustchlands, im grünen Erin,
hat die »Wiege« der trefflichen Stute gestanden, eines Schweißfuchses von
englischer Rasse, sechs Fuß fünf Zoll hoch, von überaus stattlicher und zugleich
zierlicher Erscheinung, feurig und anmutig. Vor nun dreißig Jahren wurde das
Tier von dem inzwischen verstorbenen Herrn Bamberger, der einen Reit¬
stall in Berlin an der Ecke der Charlotten- und Dorotheenstraße besaß, aus
Irland hier eingeführt. Um das Jahr 1860 wurde die Stute au einen jungen
Offizier, den damaligen Lieutnant im zweiten Ulanen-Regiment, Herrn v. Schack,
gegenwärtig Oberst im zweiten Mecklenburgischen Dragoner-Regiment Nr. 17,
für den Preis von 100 Friedrichsdor verkauft. Da das Tier aber wegen seines
allzu feurigen Temperaments sich für den Dienst in der Schwadron nicht eig¬
nete, so verkaufte es Herr v. Schack nach Jahresfrist an den nun ebenfalls
verstorbenen Restaurateur Berg auf Tivoli, der es als Wagenpferd ver¬
wendete, als welches es Herr v. Schack eingefahren hatte. Restaurateur Berg
hatte die Stute zehn Jahre, also bis 1871. Nach seinem Tode ging sie an
seinen Schwiegersohn, den Glasermeister Herrn Wurzler über, der sie im
Jahre 1877 für 800 M. an ihren letzten Besitzer, den Inhaber einer Dekora¬
tionsfirma, Herrn Bernau in der Wilhelmstraße, verkaufte, in dessen Besitze
sie sich also wiederum über zehn Jahre befand. Die Veteranin mußte stramm
arbeiten, zuweilen über fünfzig Centner ziehen ; sie erfreute sich aber auch sei¬
tens des greisen Kutschers, dessen Befehlen sie unterstand, der besten Pflege.
Sie hatte auch ihre Eigenheiten. So bezeigte sie eine ganz ungemessene Ver¬
achtung für alles, was Pferdebahn heißt; sie mißachtete dieselbe bis zu dem
Grade, daß sie zuweilen geradeswegs in die Pferdebahnwagen hineinlief, als
wären sie nicht vorhanden, was denn freilich hin und wieder zu Unannehm¬
lichkeiten Veranlassung gab. Noch bis in ihre letzte Lebenszeit war sie bei
guter Laune und kerngesund, und mit berechtigter Zuversicht mochte ihr
Kutscher hoffen, demnächst ihren vierzigsten Geburtstag begehen zu können.
Es sollte anders kommen ; eine plötzlich eingetretene Kreuzlähmung machte
die Tötung der wackeren Stute zur Notwendigkeit. In Summa, man kann
von ihr sagen: Hatte sie auch ihre Schwächen, so verschwanden diese doch vor
der Fülle ihrer Vorzüge und guten Eigenschaften und ein ehrenvolles Gedenken
bleibt ihr gesichert. Berl. Tageblatt.
Sehr interessante Acclimatisationsversuche macht Herr Falz-
Fein auf seinen Besitzungen in den Steppengegenden am Dnjepr im Gouver¬
nement Taurien. Herr Falz hat dort einen vollständigen zoologischen Garten
eingerichtet, und zwar in eigener Art. Er wählt Tiere, welche ihrer Natur
nach geeignet sind, frei gehalten zu werden, und läßt dieselben in einem der
kahlen Steppe abgerungenen, mühsam erzogenen Park frei umherlaufen. Die
Vögel freilich werden größtenteils in Volieren gehalten, doch sind auch diese
liere, wie die Säuger, fast nur in solchen Arten vertreten, welche zur Accli-
matisation passend sein dürften. Die Winter sind in der genannten Gegend
63
kurz; das Thermometer sinkt kaum unter — 10° R, Schnee fällt selten in einiger¬
maßen beträchtlicher Menge. Ausnahmen von diesem verhältnismäßig milden
Klima kommen jedoch auch vor, so daß unter Umständen eine Kälte von —
19° R eintrat. Von Vögeln sind besonders die Stelzvögel reich vertreten,
darunter sehr interessante Arten wie Otis tetrax, Charadrius pluvialis und Ch.
morinellus, Glareola pratincola, Plialaropus liyperboreus, Himantopus candidus ,
etc. Syrrhaptes paradoxus fehlt selbstverständlich nicht. Von den zahlreichen
Enten brüteten bereits Anas tadorna , boschas, strepera , querquedula , nyroca ,
ferner vermehrten sich Fulica atra , Grus virgo etc. Von Säugetieren sind vor¬
handen Cervus dama, C. capreolus , Antilope cervicapra, sa'iga, subgutturosa ,
Macropus Bennetti. Weitere Erwerbungen sind nur eine Frage der Zeit und
so werden wir demnächst unter höchst eigenartigen Verhältnissen einen in
hohem Grade interessanten Zoologischen- und Acclimatisatiousgarten sehen, dem
es vielleicht Vorbehalten ist, wichtige Ergebnisse zu liefern und in wissen¬
schaftlicher Beziehung mancherlei Aufschlüsse zu geben. (Aus der Revue des
Sciences Appliquees). Dr. Ernst Schaff.
Geburtsliste des Leipziger zoologischen Gartens für 1889
Januar : 2 Zwergziegen.
Februar: 1 Axishirsch, 2 Mähnenschafe, 1 bactr. Kamel, 1 Samburhirsch,
1 Hamadryas (totgeboren).
März: 2 arabische Ziegen, 1 Nylgau - Antilope , 2 arabische Ziegen,
1 Mähnenschaf, 1 Mufflon, 3 schwarze Sundapanther, 1 Mufflon.
April : 1 Lama, 3 Königstiger, 1 Riesenkänguru, 1 Säbelantilope.
Mai: 1 Königstiger, 2 Löwen, 1 Edelhirsch.
Juni: 1 Yak, 1 Wapiti, 1 Damhirsch, 1 Edelhirsch, 1 Axishirsch,
1 Säbelantilope, 1 Riesenkänguru.
Juli: 1 Yak, 1 Stummelschwanzschaf, 1 Damhirsch, 4 Löwen.
August: 3 arabische Ziegen, 1 Zwergziege, 2 Sundapanther, 4 Löwen,
2 Mähnenschafe, 1 Axishirsch, 1 Mähnenschaf.
September: 1 Lama, 5 Angorakatzen, 1 Guanaco, 2 Zwergziegen, 4 Löwen.
Oktober: 1 Damhirsch, 1 Axishirsch.
November: —
Dezember : 1 arabische Ziege.
Georg Westermann.
Wanderheuschrecke und Rosenstar. Die Wanderheuschrecke
war vorigen Sommer wieder in großer Anzahl in Schlesien, Sachsen, Branden¬
burg, Ungarn u. s. w. erschienen und richtete großen Schaden an. Ihr ist
der Rosenstar, Pastor roseus, gefolgt, den man in Bulgarien in größerer
Menge, vereinzelt aber auch in Böhmen und an anderen Orten der öster¬
reichischen Monarchie angetroffen hat. In Bulgarien waren Rosenstare seit
1876 nicht gesehen worden.*)
Zoologischer Garten in Düsseldorf. Ende 1888 besaß der Garten
248 Säugetiere in 66 Arten
1169 Vögel in 161 »
77 Reptilien in 8 »
1494 Tiere in 235 Arten im Werte von 52,530 M. 80 Pfg. In dem Garten
*) Über die Wanderungen dieses Vogels vgl. die Jahrgänge 6, 7, 16 und 17 unserer
Zeitschrift. N.
64
wurden geboren 33 Säugetiere und 1 10 y Vögel im Werte von 2905 M. Der
Abgang an Tiereu betrug nur 71/,2 % des Inventurwertes, ' ein sehr günstiges
Ergebnis. Ein Schimpanse hatte fast 5 Jahre in dem Garten gelebt.
Bericht über 1888 — 1889.
Litte r atu r.
Der Kanarienvogel, seine Naturgeschichte, Pflege und Zucht. Von Dr. Karl
Ruß. 6. Auflage. Mit 7 Vollbildern und 20 Holzschnitten. Magdeburg.
Creutz’sche Verlagsbuchhandlung. 1889.
Spr eche n de Vögel. 2. Band. A 1 1 erl ei sp rec h en d es ge fied ertes Volk.
Von Dr. Karl Ruß. Mit 5 Vollbildern. (Gleicher Verlag.) 1889.
Der bekannte Herausgeber der »Gefiederten Welt«, dem das Verdienst
zukommt, die Freude an der Vogelzucht in hohem Maße volkstümlich gemacht
zu haben, tritt wieder mit zwei neuen Büchern vor uns. Das über den Kanarien¬
vogel hat bereits eine weite Verbreitung gefunden, wie die vorliegende sechste
Auflage beweist. Dieselbe hat, den Fortschritten in der gegenwärtig sehr ver¬
breiteten Kanarienvogelzucht entsprechend, die neusten Erfahrungen berück¬
sichtigt und kann wohl als der beste Führer auf diesem Gebiete empfohlen
werden.
Das zweite Buch bildet einen Anhangsband zu dem bereits in 2. Auf¬
lage erschienenen Werke »Die sprechenden Papageien« und behandelt die
rabenartigen Vögel, die Laubvögel, die Kragenvögel, die Stare, Trupiale etc.
und endlich sogar als mitunter sprachbegabt den Kanarienvogel und den Blut-
fink(?). Auch über die Pflege und Abrichtung solcher Vögel ist in dem Buche
Anweisung gegeben. Das Werkchen ist schon vom allgemein zoologischen
Standpunkte aus sehr anziehend und wird besonders, da es in gewohnter Weise
gut geschrieben ist, die Freunde und Züchter der Vogelwelt anregen und be¬
friedigen. N.
Persönliches.
Der Direktor des Zoologischen Gartens zu Hannover, Herr Kreistierarzt
a. D. Kuckuck, ist gelegentlich der 75jährigen Jubelfeier der Naturforscheuden
Gesellschaft in Emden zu deren »Korrespondierendem Ehrenmitgliede« ernannt
worden. Hannoversches Tageblatt. 18. Januar 1890.
Eingegangene Beiträge.
B. L. in H. — E. K. in D.: Ihre Karte habe ich befördert. Manuskript erhalten. —
H. L. in M.: Besten Dank dafür, dafs Sie auf meinen Wunsch eingegangen sind. — A. v. K.
in W. K. Th. L. in G. : Besten Dank für die Zusendung-. — C. G. in M.: Der Bericht über
das Buch erfolgt zurück, für das andre besten Dank. — K. K. in B.: Die angezeigte Be¬
sprechung ist bis jetzt nicht eingegangen.
Bücher und Zeitschriften.
Bronn, Klassen und Ordnungen des Tierreichs. 2. Band, 3. Abteilung. Echi-
nodermen von Prof. Dr. H. Ludwig. 5. und 8. Lieferung. Leipzig und Heidelberg.
C. E. Winter. 1889.
Prof. Dr. K. Möbius. Batiste. s aculeutus, ein trommelnder Fisch. Sitzgsber. d. königl.
preuß. Akademie der Wissenschaften. Berlin 1889. XLVL
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlnu (Fa. Mahlati & Waldsehmidt). Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Wald Schmidt in Frankfurt a. M.
N°- 3. XXXI. Jahrgang. März 1890.
Inhalt.
Zoogeographische Beobachtungen; von Dr. A. Seitz. (Schluf3.) — Die gesprenkelte
Kettennatter oder Sprenkelnatter (Corondla Sayi, Deck.); von Herrn. Lachmann. — Das
gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner; von Dr. Emil Buck. (Fortsetzung.) —
Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. —
Bücher und Zeitschriften. —
Zoogeograpbisclie Beobachtungen.
Von Dr. A. Seitz.
(Schluß.)
Ich verlasse die Schmetterlinge und gehe zu den Zweiflüglern
über, zu jener quälerischen Sippe, von der die Beobachter des
Nordens ganz besonders behaupteten , daß ihre wolkenartigen
Schwärme in den Mooren arktischer Gegenden ohne Gleichen
dastehen.
Hätten doch diejenigen recht, welche dem Norden eine den
Artenreichtum der Tropen ersetzende Überzahl an Individuen *)
beimessen! Aber leider kann weder ich, noch irgend einer meiner
Unglücksgenossen, der wie ich verurteilt ist, zeitweise die tropische
Mosquito-Plage auszuhalten, diese Ansicht bestätigen. Werden uns
hier zu Lande die Mücken manchmal lästig, so bringen sie das
arme Opfer, Mensch genannt, in den Tropen geradezu zur Ver¬
zweiflung. Wer das nicht glaubt, dem rate ich an, einmal in einem
Kanon, das jede unvorsichtige Bewegung des Insassen zum Um¬
schlagen bringen kann, einen der vielen brasilianischen Waldströme
hinaufzufahren — dann sind alle weiteren Worte unnötig. Wenn
heute die Bewohner Indiens oder Brasiliens überzeugt werden könnten,
*) Zeitschr. f. die gesummten Natunvissensch. 1877, II, p. 9 f.
Zoolog1. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 5
66
daß liier die Zahl der Mücken größer sei als dort zu Lande: keine
Macht der Erde vermöchte sie zu der sonst so beliebten Erholungs¬
reise nach Norden zu bewegen.
Übrigens ist der Reichtum der Tropen an Zweiflüglern dem
Norden gegenüber eine zu weltbekannte Thatsache, als daß ich noch
weitere Ausführungen über meine diesbezüglichen Beobachtungen
für nötig halten könnte; ich wende mich daher zur Ordnung der
Geradeflügler.
Die Orthopteren bilden vielleicht diejenige von allen Insekten¬
gruppen, deren Arten von den Tropen nach den Polen hin am
raschesten an Individuenzahl abnehmen. Im hohen Norden fehlen
sie fast gänzlich, wenigstens die meisten Familien dieser Ordnung
haben dort wenige oder gar keine Vertreter. Libellen zeigen sich
weit spärlicher im Norden als z. B. in Deutschland, wo sie sich
oft zu ansehnlichen Schwärmen vereinigen; doch vermögen die
Schwärme, wie man sie im Osten von Norddeutschland oder in
Rußland beobachtet hat, einen Vergleich mit den unzählbaren
Massen, wie ich sie in den Tropen beobachtete, nicht auszuhalten.
In Indien mischten sie sich unter die Schmetterlingsschwärme; in
Brasilien beobachtete ich sie in nie gesehener Menge im sumpfigen
Küstengebiet von Säo Paulo. Auch in Uruguay traf ich sie, als
dem regnerischen Sommer 1888/89 ein schöner heißer Februar
folgte, äußerst zahlreich an. Es ist schwer zu begreifen, woher die
Hunderttausende gefräßiger Odonaten ihre Nahrung beziehen, ohne
daß sich die Zahl der Plagegeister merklich verringerte. Von Zeit
zu Zeit fegt ein Pampero über die Ebenen des gemäßigten Süd-
Amerika, der Wolken kleiner Insekten vor sich hertreibt; danach
ist auf Stunden die Luft über dem La Plata klar, aber wenige
Augenblicke Sonnenschein, und über dem Wasserspiegel erglitzern
wieder die Flügel der umherirrenden Libellen in unverminderter Zahl.
Die Heuschreckenschwärme haben in der Regel ihren Ausgangs¬
punkt in heißen Gegenden. Oft wenden sie sich nach Norden und
erreichen, da sie sehr große Strecken zurücklegen können , oft
beträchtliche Breiten, wie z. B. im Osten Rußlands. Sicherlich
wäre es aber verkehrt, in solchen Fällen, wo zugezogene Heere den
Norden überschwemmen, von einem Individuenreichtum desselben,
dem Süden gegenüber, zu sprechen.
Es ist schwer, sich von der unglaublichen Zahl von Heu¬
schrecken einen Begriff zu machen, welche dem Beobachter in den
Tropen aufstoßen.
67
An den Stellen des nördlichen Brasilien, wo ein mehr felsiger
Untergrund die Üppigkeit der Vegetation dämpft und der hochragende
Urwald Palmen bestandenen Hainen, wechselnd mit Llanos, Kaum
gibt, da huscht und flattert es unaufhörlich in die Höhe vor den
Hufen des Pferdes, da erheben sich Scharen auf Scharen mit
knatterndem Fluge. Auf dem Wege von der Stadt San Salvador
nach der »Barra« findet mau zahlreiche Büsche so vollständig be¬
setzt mit den zolllangen Larven eiues prachtvoll grün und rot
gefärbten Acridiers , dass die Zweige wie bei einem Brombeerbusch
mit reifen Beeren zum Boden herabhängen. Aus Australien be¬
richtete ich schon früher*) über die ungeheure Zahl von Heu¬
schrecken, die man durch den Wurf mit einem Steine aus dem
Grase aufscheuchen kann.
Von den Schaben will ich gerne zugebeu, daß die wenigen
Arten , welche sich bis zum hohen Norden ausgebreitet haben
(lapponiea, germanica und einige a.) dort in übergroßer Anzahl Vor¬
kommen ; doch ist der Kampf, den die Bewohner der heißen Zone
mit jenen (dort mehrere Centimeter langen) unheimlichen Gesellen zu
bestehen haben, auch kein leichter. Außer durch ihre Anzahl
machen sich noch einige tropische Blattiden dadurch sehr unan¬
genehm bemerkbar, daß sie während der Nacht an den Fingern der
Schläfer die Epidermis der Fingerspitzen ihrer obersten Schicht be¬
rauben, was zwar nach dem Erwachen nicht direkt schmerzt, aber
doch die Haut beim Anfassen rauher Gegenstände sehr empfindlich
macht.
Andere Familien der Orthopteren, wie Stab- und Gespenst-
sch recken, kommen auch in den Tropen nur in beschränkter Indi¬
viduenzahl vor, und sie können daher wohl ebensogut wie die
Neuropteren, die nie in Scharen auftreten, aus unsrer Betrachtung
weggelassen werden; weniger kann dies bei den Termiten geschehen,
deren Individuenzahl ganz allein schon die aller Insekten im Norden
zusammengenommen zu decken imstande wäre; diese Gruppe ist
fast ganz auf die Tropen beschränkt. Die englische Zeitung
»Graphic« brachte neulich eine Illustration, die uns ein Theater in
Indien vorführt, das während der Vorstellung von einem solchen
Termitenschwarm überfallen wurde , der natürlich Darsteller wie
Publikum in wilder Flucht aus dem Hause trieb. Selbst in volk¬
reichen Tropenstädten war ich oft genötigt, stets ein Kartenblatt
*) Gäa, 1888, p. 517.
68
s
über das vor mir stehende Bierglas zu decken, da das Zimmer alle¬
zeit mit den umherschwärmenden Termiten angefüllt war; von der
Zahl dieser Tiere aber im Freien kann sich nur derjenige einen
Begriff machen, der selbst die Schwärme mit angesehen.
Obwohl die Insekten als überall vorkommende und meist leicht
zu beobachtende Tiere vor allen geeignet erscheinen, um an ihnen
das Irrige der eingangs dieser Arbeit erwähnten Lehre zu er¬
läutern, so muß ich der Vollständigkeit halber auch auf andere
Tiergruppen zurückkommen.
Zunächst sind es die Säugetiere, welche in polaren Regionen
zuweilen in großen Herden angetroffen werden. Die Züge der
Lemminge sind vielfach erwähnt; auch Wanderungen von Mäuse¬
arten treten im Norden häufiger auf als im Süden. Ferner sind fast
sämtliche Robbenarten auf die arktischen — oder mehr noch antark¬
tischen — Regionen beschränkt, und von den Walen weiß man
gleichfalls, daß sie die Eismeere zu ihrem Lieblingsaufenthalt
wählen.
• •
Fassen wir diese scheinbare Überzahl an Individuen indessen
näher in’s Auge, so zeigt sich, daß sie vielfach nur auf einem mehr
Sichtbarwerden als auf einer wirklichen Vermehrung, auf einer
reichlicheren Produktion, beruht.
Ganz besonders muß erwähnt werden, daß man die Zahl der
in den polaren Gegenden lebenden Wassersäugetiere ganz beträcht¬
lich überschätzt. Allerdings zeigen sich an den verschiedenen Inseln
— - vorzüglich im Süden — Herden von ungeheuren Mengen Robben
verschiedener Art. Es hat sich aber auch herausgestellt, daß eine
solche Herde zu verschiednen Zeiten andere Inseln besucht, und
so wird wohl dieselbe Schar, öfters an verschiedenen Punkten unsrer
Erde beobachtet, den Eindruck hinterlassen , als bewegten sich in
jenen Zonen zahllose, individuenreiche Herden. Wie sehr man
sich in dem Präsenzbestand solcher Seesäugetiere täuschen kann,
geht aus den Berichten eines älteren Naturforschers hervor, welcher
das herden weise Vorkommen eines mächtigen Seesäugetieres*)
meldete, das fast unmittelbar danach ausstarb. Trotzdem will ich
ein massenhaftes Vorkommen von Robben in den Eismeeren keines¬
wegs leugnen, gebe aber dem gegenüber zu bedenken, wieviel dazu
gehört, um solche Herden an Affen, Gazellen, Giraffen, Hartebeest,
Gnu, Zebra etc. an Individuenzahl zu übertreffen, wie sie z. B.
*) Rhytine Stellen.
69
das östliche Central- Afrika bevölkern. Ob es Rentierherden von
solcher Zahl gegeben hat, wie die Antilopenscharen in Süd -Afrika,
müßte erst noch bewiesen werden; das heutige Vorkommen der
Rene läßt nicht darauf schließen.
Ich erinnere an den Bericht eines Missionärs *), der die Zahl,
die er an Wildtieren gleichzeitig von einer Anhöhe in Afrika über¬
sehen konnte, auf über 100 angibt.
Die Züge von wandernden Mäusen und Ratten , die man im
Norden so häufig beobachtet, haben gewiß oftmals in einer ungewöhn¬
lichen Vermehrung der betreffenden Tiere ihren Grund, sehr oft
aber verdanken sie auch eingetretenem Nahrungsmangel ihre Ent¬
stehung. Ereignet sich nämlich dieser, so erscheinen ganz plötzlich
Legionen von Mäusen wie aus dem Boden hervorgezaubert, an
Stellen, wo man vorher eine geringe Zunahme der Feldmäuse —
vielleicht auch nicht einmal dies — bemerkt hatte. Es liefert dies
den Beweis, daß, wenn nicht irgend welche Verhältnisse sie zur
Wanderung bringen, außerordentlich zahlreiche Nagetiere in einer
Gegend bestehen können, ohne daß der Besucher derselben von ihrer
Anzahl einen richtigen Begriff erhält. Ich zweifle nicht, daß, wenn
innerhalb der Wendekreise einmal die Nager sich zu Zügen ver¬
einigen müßten, noch ganz andere Heere zu Tage treten würden,
als wir sie von den nordischen Wühlern gesehen haben.
Ein anderer Puukt darf auch nicht außer Betracht gelassen
• •
werden. Der Norden ist allenthalben bewohnt. Überall sind ge¬
bildete Leute, welche von allen Naturereignissen, worunter auch die
Wanderungen von Tieren zu verstehen sind, Nachricht geben; selbst
der Norden von Amerika ist heutzutage in einer Weise kultiviert,
die nicht erwarten läßt, daß viele solcher Erscheinungen verborgen
bleiben. Wie stehen dem die Verhältnisse der Topen gegenüber?
was wissen wir über den säugetierreichsten Weltteil unserer Erde,
Afrika? Wieviel zahllose Herden von Springmäusen mögen täglich
die Wüste durchjagen? Darüber gehen uns allerdings keine statisti¬
schen Notizen zu; aber meinen Erfahrungen in der egyptisclieu
Sahara nach muß die Zahl dieser Nager eine außerordentlich große
sein **).
*) Vgl. die lesenswerthe Brochüre; »Über den wirthschaftlichen Werth
von Ost-Afrika.«
**) Die Cetaceen lasse ich aus dieser Arbeit weg, da ihre Individuenzahl
eine verhältnismäßig geringe, also hier, wo die Einzelexistenzen ohne Ansehen
ihrer Größe betrachtet werden, ohne Bedeutung ist. Der Vollständigkeit hal-
70
Gehen wir im Typus der Wirbeltiere weiter, so tritt uns zu¬
nächst in den Vögeln eine Klasse entgegen, welche sowohl durch
das Flugvermögen als auch durch eine besonders hohe Eigentem¬
peratur vor allen anderen Tieren geeignet erscheint, ihren Verbrei¬
tungsbezirk bis gegen die Pole hin auszudehnen. In der That be¬
richten auch alle Reisenden, welche die höchsten Breiten besucht,
einstimmig, daß die Individuenzahl hochnordischer Vögel, wie sie
uns besonders im Norden der norwegischen Küste, an dem Nord¬
saum von Island, überhaupt auf vielen arktischen Inseln entgegen¬
tritt, eine ganz ungeheuer große sei.
Auch in Hinsicht auf die geographische Verbreitung dieser Tier¬
klasse muß nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Über¬
zahl an Einzelwesen im Polargebiet nur eine scheinbare ist.
Zunächst ist das Polargebiet räumlich sehr beschränkt, und
unsere Vorstellung wird wider besseres Wissen durch den steten
Gebrauch von Merkator-Karten, die dasselbe auseiuanderzerren, beein¬
flußt. Auf diesem an sich kleinen Gebiet sind es nun noch sehr
beschränkte Örtlichkeiten, oft Inselküsten von sehr geringer Aus¬
dehnung — manchmal wohl auch längere Strecken — wo sich die
Heere der Seevögel (der Ordnung der Schwimmvögel augehörig) zu
jenen vielaugestaunten Scharen zusammenfinden. Hier sind aller¬
dings die Brüteplätze der Möven, Enten, Gänse, Sturmvögel, Eis¬
taucher und Alken dicht übersät mit Vögeln. Dies sind aber erstens
beschränkte Örtlichkeiten ; zweitens ist dies nicht zu jeder Zeit in
gleicher Weise der Fall, sondern bisweilen zerstreuen sich die Vögel
nach Süden hin und über die Meere, und es ist dann leicht wahr¬
zunehmen, daß sie keineswegs so zahllos, sondern einfach dichter
zusammengedrängt, mehr konzentriert sind als in anderen Zonen.
Sie halten sich eben alle an der Küste auf, was in anderen Breiten
keineswegs der Fall ist. Würde es denkbar sein, z. B. die Küste
des Nordpolarkontinentes mit allen Einbuchtungen und Inseln ab¬
zufahren, so würde der Umsegler ungefähr alle Vögel sehen, welche
das arktische Gebiet bewohnen, bis auf einzelne Schwärme oder In¬
dividuen, welche gerade auf weiteren Flügen abwesend sind ; um¬
fährt man aber z. B. Australien, so bemerkt man von den unge¬
heuren Vogelscharen, die es bewohnen, so gut wie nichts. Hierin
ber erwähne ich indes, daß ich Delphine ebensoviel in den Tropen traf wie
in kalten Gegenden; eine Herde von 19 Pottwalen sah ich innerhalb der
Wendekreise; der australische Walfisch geht bis dicht an den Äquator, und
Balaena inysticetus überschreitet ihn sogar nach Süden hin.
71
liegt der Unterschied der Verhältnisse, nicht in einer größeren Pro¬
duktionsfähigkeit der kalten Zonen.
• •
Überall da, wo die Beschaffenheit unserer Erdoberfläche eine
solche Konzentration des Tierlebens bedingt, lassen sich ähnliche
Beobachtungen machen wie diejenigen, welche die Polarfahrer so
sehr staunen machten ; man könnte sogar sagen, nirgends mehr als
in den heißen Gegenden. Die Scharen von Stelzvögeln und Schwimm¬
vögeln, welche die Zuflüsse des Nil bewohnen, sind von vieleu Rei¬
senden erwähnt ; ich sah in der Gegend des Suezkanals ungeheure
Scharen von Pelikanen, Ibissen und Flamingos; die Leimruthen,
welche die gewissenlosen italienischen Vogeljäger längs des Suez¬
kanals aufstellen, sind jederzeit gespickt mit Vögeln aller Familien;
nud am Bab-el-Mandeb sah ich so ungeheure Scharen von Kormo-
ranen, wie sie mir nirgends — selbst nicht südlich von Australien —
vorgekommen waren. Die Guano - Inseln, von deren Vorkommen
man auch auf die Anwesenheit besonders vieler Vögel geschlossen
hat, liegen großenteils noch in subtropischem Klima; auch verdankt
der Guano nicht so sehr sein Dasein einem ungeheuren Besuch von
Vögeln auf jenen Inseln, als vielmehr dem Fehlen des Regens, der
die Exkremente nicht wegspült und diesen die Möglichkeit bietet,
sich im Lauf der Jahrhunderte anzusammeln.
Zum Schluß sei noch der Thatsache erwähnt, daß z. B. im
arktischen Gebiet von circa 150 Vogelfamilien nur etliche 20 Ver¬
treter haben, und diese letzteren bestehen meist aus recht ansehn¬
lich großen Arten. Denke ich mir nur die Stare, welche in ganzen
Wolken die hiesige Gegend durchziehen, oder die Wellenpapageien,
wie man sie tausendweise in Neusüdwales sieht, als Individuen von
der Größe z. B. einer Eidergans, so glaube ich, würde man mit ver¬
hältnismäßig wenigen Flügen die ganze Küste von Grönland in eben¬
so freigebiger Weise mit Vögeln ausstaffieren können, als sie in
Wirklichkeit damit versehen ist.
Somit kommen wir zu dem Resultat, daß der Individuenreich¬
tum arktischer Arten nicht derart ist, daß er von tropischen
oder gemäßigten Species nicht erreicht würde. Dabei bleibt aber
zu bedenken, daß auf jede stückreiche Art der Polargegend 50
ebensoreiche Arten der Tropen kommen. Allein die Kolibri durch¬
eilen in fast 400 zum Teil sehr zahlreich vertretenen Arten die
Tropenlandschaften, und die Zahl der allerwärts durch die Blätter
summenden Miniaturvögelchen entzieht sich ebenso jeder Schätzung,
72
wie die unglaubliche Individuenzahl' in einem Zuge der Wandertaube
oder in einem Papageiheere Australiens.
Während die Fische sich durch ihren Aufenthalt einer für
unsere Betrachtung wertvollen Prüfung entziehen (ohne daß sich
aber irgend ein vernünftiger Grund für die Annahme eines vorzugs¬
weisen .Reichtums der Polarregionen finden ließe), so zeigen die
noch übrigen Wirbeltiergruppen eine ganz rasche Abnahme, ja
ein fast völliges Verschwinden in arktischen Gebieten. Von weit
über tausend Schlangenarten, welche die Gründe der tropischen Gegen¬
den in oft unheimlicher Häufigkeit bevölkern, finden sich bei uns
nur noch vier *), und diese nur äußerst spärlich, so daß sie, wie
überhaupt die poecilothermen Landtiere, in kalten Gegenden gar
keine Rolle mehr spielen. Frösche sind in den nordischen Mooren
noch verhältnismäßig häufig, erreichen aber niemals die Individuen¬
zahl z. B. der Sümpfe von Florida oder wie im argentinischen Campo :
im hohen Norden verschwinden sie ganz.
Was endlich die niederen Tiere betrifft, so wird kein Mensch
daran zweifeln, daß die in den Tropen äußerst häufigen Cölente-
raten, Korallen, Quallen, Seeigel, Seesterne etc. eine Zahl von Ein¬
zeltieren aufweisen, die in höheren Breiten nie erreicht werden kann;
ich übergehe daher die Beobachtungen, die ich beim Durchfahren
der Ozeane gemacht, als überflüssig mit Stillschweigen ; erwähnen
muß ich nur, daß die nicht hier extra aufgeführten Tiergruppen
(wie Kruster, Spinnen, Mollusken etc.), zwar im Norden Vorkommen
und eine (Mollusken) oft allerdings stattliche Stückzahl entwickeln,
in den Tropen aber ebensowenig fehlen oder spärlicher auftreten ;
es könnte bei manchen Familien dann höchstens von einem Fehlen
des Minus, nie aber von einem Plus geredet werden.
Wenn ich davon absehe, die Zahl der Beobachtungen, die ich
über beregten Punkt gesammelt, durch Zufügung einzelner auf be¬
stimmte Tierarten bezügliche Erfahrungen zu verdreifachen, so ge¬
schieht dies, weil ich es für zweckmäßiger halte, einige theoretische
Gründe zur Stütze meiner Behauptung hier Platz finden zu lassen.
Beobachtungen bleiben eben nur für den beweisend, der sie glauben
will, da wo eine Selbstprüfung sich nicht so leichter Hand vor¬
nehmen läßt, wie bei einer Vergleichung des Äquators mit den
Polen ; und es ist nicht schwerer hundert Berichte zu negieren,
als zehn.
*) Richtiger 6. N.
73
Es widerstrebt direkt unseren Vorstellungen, daß das Plus au
Wärmestrahlen, in denen wir (gewissermaßen als Feuer- oder Sou-
nenanbeter, wie Hackel sagt) die Erwecker und Mehrer alles irdischen
Lebens erblicken, nicht auch eine Überzahl an Individuen erzeugen
sollte. Orte mit ungünstigen Verhältnissen gibt es hier wie dort,
und die trostloseste Wüste hält immer noch einen Vergleich mit
den Schneefeldern Grönlands oder Nord-Sibiriens aus.
Es ist eine vielfach erwiesene Thatsache, daß die meisten nor-
i
dischen Insekten nur eine Generation im Jahre haben, während die¬
selben Arten oder korrespondierende Species in heißen Ländern zwei,
ja eine ganze Reihe von Generationen zur Entwickelung bringen.
Welche ungeheure Menge von Individuen müßte daher der kurze
nordische Sommer hervorbringen, wenn er die Gesamtziffer der so
und soviel im Süden gereiften Bruten erreichen wollte!
Es ist eine Beobachtung, die jeder, der überhaupt gereist ist,
gemacht haben muß, daß die Vegetation nach Norden dünner und
dürftiger wird. Vom verfilzten Urwaldgeflecht Brasiliens bis zur
Flechtenflora von Jan Meyen kann man alle Abstufungen verfolgen.
Da sich nun ein großer Teil der Tiere von Pflanzen nährt, so
ist die Annahme eines Eiuflusses in dem Sinne einer Verminderung
der Tierzahl nach Norden nichts weiter als ein logischer Schluß.
Diejenigen Tiere, welche sich nicht von Pflanzen nähren, son¬
dern von anderen Tieren, werden also gleichfalls ihrer wichtigsten
Existenzbedingung beraubt, und die Notwendigkeit ihrer Abnahme
nach Norden hin folgt logisch aus dem vorigen Satz.
Die geringe Vermehrungsfähigkeit vieler Polarbewohner (viele
Vögel legen nur ein Ei) weist darauf hin, daß die Produktionsfähig¬
keit des Nordens eine geringe und es nur der Unzugäuglichkeit der
Brutstätten zuzuschreiben ist, wenn überhaupt noch Vogelscharen
dort Vorkommen, die uns durch Iudividuenzahl imponieren können.
Wäre der Gesamteinfluß der im Norden wirkenden Verhält¬
nisse derart, daß er die Individuenzahl der ihm ausgesetzten Arten
steigerte, so müßte man dies au den kosmopolitischen Tierarten be¬
merken können ; Pandion haliaetus müßte in Norwegen gemeiner
sein als hier in Deutschland ; Pirameis cardui wäre hier mehr zu
treffen als in Afrika, auf Irland mehr als auf den Kap Verdischen
Inseln; aber allenthalben zeigt sich das Gegenteil; nur diejenigen
wenigen Tiere, welche oberhalb des nördlichen Wendekreises ihre
Südgrenze haben und vice-versa, zeigen nach den Polen hin eine
Zunahme.
74
Somit beschränkt sich alles, was den Schwärmern fiir die Üppig¬
keit der nordischen Fauna zugegeben werden kann, auf die That-
sachen: daß die Vegetation im Meere eine weniger rasche Abnahme
nach Norden zeigt und dadurch einer Anzahl von Herdentieren ein
Vordringen iu Breiten gestattet, in denen auf dem Lande Pflanzen¬
fresser sich bereits nicht mehr halten können ; daß diese vordringen¬
den Seetiere einer Anzahl von Fischen und fischfressenden Vögeln
und Robben volksreiche Gemeinden zu bilden erlauben ; daß ferner
die räumlich und zeitlich in ihrem Auftreten beschränkten Arten
durch die Gleichzeitigkeit ihres Erscheinens bei genügsamen Reisen¬
den die Idee einer verhältnismäßigen Reichhaltigkeit erwecken kön-
nen. Werden aber Sätze wie der, »daß, sobald Nahrung vorhauden
(sic!), die Quantität der Belebung überall ziemlich gleich sei« *),
gebildet und zum Sturm gegen die Darwinschen Lehren verwendet,
so beweist dies eben nur, auf wie hohlen Stützen jener Bau ruht,
den man an Stelle jenes großartigen Denkmals unseres Jahrhuuderts
errichten will. Mögen die Theorien, welche Darwin aufgestellt oder
zu denen er Anregung gegeben, in ihren Einzelheiten auch noch
vielfacher Berichtigungen bedürfen, es bleibt dennoch wahr, was
Brauer sagt:**) »Die Lehre Darwins ist der Schlüssel zum Ver¬
ständnis der lebenden Hieroglyphen zur Sprache der Natur, die uns
in der Entwickelung der jetzt lebenden Wesen ihre ganze Geschichte
in Bildern vorführt.« — Durch sie erblicken wir die Schönheiten
unserer Umgebung wie regelmäßige, geometrisch verständliche Fi¬
guren, nicht wie die zufällig durcheinander geschobenen Sterne eines
Kaleidoskops.
Die gesprenkelte Kettennatter oder Sprenkelnatter {Coronella
Sayi, Deck.).
Von Herrn. Lachmann.
Von den in neuerer Zeit eingeführten überseeischen Schlangen
gehört die Sprenkelnatter ( Coronella Sayiy Deck.) mit zu den schönsten
und haltbarsten. Der Körper ist gestreckt, walzig, der Kopf klein,
wenig abgesetzt. Sie dürfte wohl durchschnittlich über IA/2 m lang
werden (meine hat jetzt eine Länge von 1,60 m), ist daher eine
Schlange, welche jedem zoologischen Garten zur Zierde gereichen
*) Zeitschrift für die gesamten Naturwissenschaften, 1877, II. p. 15.
**) Verhandlungen der zoolog. -botan. Gesellschaft zu Wien. NIX. p. 299.
75
würde. Die Grundfarbe ist kohlschwarz, von der Seite gegen das
Licht betrachtet bläulich schimmernd; fast auf jeder Schuppe findet
sich ein ovaler Fleck, nach dem Bauch zu gehen die Flecken in eine
blaßgelbe Färbung über. In gleichmäßigen Abständen von 2,5 cm
setzen die Flecken aus, drängen sich hier zu strichartigen Querbinden
zusammen und lassen dahinter einen etwa 2 bis 4 mm breiten
Streifen frei, so daß die Grundfarbe als schwarze ungefleckte Querbinde
hervortritt. Die Farbe der Unterseite ist weißlich mit größeren oder
kleineren dunklen Flecken, schwärzlich oder grau-schwarz, marmoriert
oder gewölkt, welche sich meist derartig nach den Körperseiten hin¬
aufziehen, daß sie dort, wo die dunkle Querbinde hervortritt, mit
dieser Zusammengehen.
Diese hübsche Schlange wird sehr schnell und außerordentlich
zahm ; sie hat es entschieden gern, daß man sich mit ihr abgibt.
Trete ich an das von ihr bewohnte Terrarium, so kommt auch die
Sprenkelnatter alsbald von der Grotte herab zu der Thür, an welcher
ich stehe, sich hin und her schmiegend und deutlich zu erkennen
gebend, daß sie gern heraus möchte. Öffne ich dann die Thür, so
kommt sie sofort heraus, halte ich ihr den Arm hin, so schlingt
sie sich alsbald um denselben, klettert daran in die Höhe, legt sich
auf meine Schultern, um den Hals, klettert mir am Rücken wieder
herab, schlingt sich um meinen Leib, klettert wieder hoch, oder mir
zum Rockärmel hinein, innerhalb des Rockes unten wieder heraus,
au den Füßen hinab auf den Boden des Zimmers. Hier hält sie
sich aber nicht lange auf; siekriecht wohl einigemal, die verschiedenen
Ecken untersuchend, herum, bezüngelt die im Zimmer frei herum¬
kriechenden Schildkröten, kommt dann aber bald wieder herbei ; sich
an meinen Füßen wieder emporschlingend, beginnt sie ihre Wanderungen
auf meinem Körper herum wieder von neuem. Dies kann stunden¬
lang so fortgehen, sie wird dessen nicht überdrüssig, selten liegt sie ruhig.
Jeder Körperteil, welchen sie berühren will, wird erst ordentlich be¬
züngelt, was jedoch so sanft geschieht, daß die Berührung ihrer
Zunge an den Augen, Ohren u. a. mit dem Kitzeln eines Haares zu
vergleichen ist, öfters berührt sie die betreffenden Stellen gar nicht
direkt, sondern züngelt nur darnach ; ihr Tastgefühl ist so fein,
daß es einer direkten Berührung oft nicht bedarf.
Öffne ich die Thür ihres geheizten Terrariums und trete dann
zurück, so kommt sie auch heraus, vermeidet es aber sichtlich, mit der
Außenwand des heißen Regulators oder des darunter befindlichen
Heizraums in Berührung zu kommen. Sie schlingt sich gewöhnlich
76
um die an den Eckeu des Terrariums angebrachten eisernen Hand¬
haben, sich von hier aus auf den Boden des Zimmers herablassend,
was ihr ihrer Länge wegen leicht wird, deun sie besitzt selbst noch
im Schwänze solche Kraft, daß man Gewalt anwenden muß, um sie
von Gegenständen, welche sie mit diesem umschlungen hat, loszu-
machen. Auch ihre sonstige Muskelkraft ist dementsprechend, und
sie hat schon oft erstaunliche Proben davon abgelegt. Schlingt sie
sich um meinen Arm, so hält sie sich mitunter so fest, daß der
eingeschnürte Arm in kurzer Zeit blau wird ; bisweilen legte sie sich
um meinen Hals und zog dann plötzlich ihre Körperschlinge fester; da
mußte ich dann flink sein, um sie loszumachen. Ich glaube ganz
bestimmt, daß es ihr leicht wird einen Menschen , wenn sie sieb
um dessen Hals schlingt, zu erdrosseln. Um Gegenstände schlingt
sie sich so fest, daß ich sie mit ziemlicher Gewalt ab wickeln muß,
um sie loszubekommen. Infolge dieser Muskelkraft überwältigt sie
auch leicht größere Tiere. Einen großen kräftigen Maulwurf zu
erwürgen, kostet ihr wenig Anstrengung. Einst hätte sie einen 1 m
langen, 4m im Durchmesser dicken Scheltopusik beinahe erstickt; alle
Anstrengungen, die Schlange von ihrem Opfer zu lösen, waren ohne Er¬
folg, sie zog die Schlingen nur noch fester, und so blieb schließlich
nichts übrig, als beide Tiere in einen Eimer kalten Wassers zu werfen,
dann erst ließ sie ihr Opfer los. Ob dieser Behandlung war sie aber
nicht ärgerlich geworden, sie ließ sich ruhig aufnehmen uud in ihr
Terrarium bringen. Der Scheltopusik war völlig matt und schlaff,
erholte sich aber nach einigen Stunden wieder völlig und ist heute
nach U/2 Jahren noch wohl und munter. Selbstredend habe ich ihn
von da ab in ein anderes Terrarium untergebracht. Auch eine ganz
große, bissige Perleidechse (60 cm lang) wurde nur durch das zu¬
fällige Dazwiscbentreten meiner Frau gerettet; eine wenig kleinere
hatte sie schon vorher verschlungen.
Iufolge dieser Erfahrungen gab ich ihr nur noch ihr weit über¬
legene Tiere zur Gesellschaft, aber auch zwischen diesen und ihr gab
und gibt es fast täglich Streit. So teilten ihr Terrarium längere
Zeit zwei sehr bissige über 2 m lange Zamenis viridiflavus var.
caspicus , ein über 1 */2 m langer Zamenis carbonarias, zwei etwa
2 m lange Elaphis quaterradiatus , eine jetzt 1,7 7 m lauge
Coelopeltis Neumayeri und mein jetzt etwa 60 cm langer Kaimau.
Unter dieser Gesellschaft spielte die Sprenkelnatter die Herrscherin,
mit allen fing sie Händel an, alle gingen ihr aus dem Wege, nur
die beiden großen Zamenis viridiflavus nicht, mit welchen sich aber
77
die Sprenkelnatter nicht einließ, obschon sie wohl mit ihnen fertig
geworden wäre. Die beiden großen Zornnattern waren sehr bissig;
haben mich wiederholt gebissen, weshalb ich sie abgegeben habe.
Nachdem diese beiden Schlangen fort waren, wurde die Sprenkel-
natter nur noch dreister, sie fiel bald über diese, bald über jene her,
biß sich fest und wickelte sie ein; Versuche die umwundene Schlange
zu verschlingen, hat sie nie gemacht, diese Angriffe scheinen nur
Spielerei zu sein, sie thut dies gewissermaßen zum Zeitvertreib ;
nichts destoweniger muß ich stets aufpassen, damit sie doch nicht
einmal Unheil anrichtet oder selbst zu Schaden kommt. Am häu¬
figsten händelt sie sich mit der G. Neumayeri und dem Kaiman.
Letzterer fertigt sie jedoch immer sehr bald ab, er beißt sehr scharf,
weshalb sie diesen immer schnell wieder losläßt. Am schlechtesten
geht es noch immer der C. Neumayeri , trotzdem diese größer und
dicker ist als die Sprenkelnatter. Seltsamerweise wehrt sich
erstere kaum ihrer Haut, bisweilen versucht sie zwar auch die
Sprenkelnatter zu umschlingen, gewöhnlich ist sie aber von letzterer
bereits so fest eingepresst, daß sie nicht mehr viel machen kann.
Mitunter erfaßt die Sprenkelnatter auch den Kopf der Eidechsen¬
natter, niemals aber macht sie den geringsten Versuch, denselben
zu verschlingen. Vor einigen Wochen hätte beinahe das Gegenteil
stattgefunden, da beide Schlangen sich zugleich über eine Maus
hergemacht hatten ; als sie nun mit den Schnauzen zusammenstießen,
nahm die Eidechsennatter den Kopf der Sprenkelnatter in den
Rachen und wollte weiter schlingen, woran ich sie jedoch hinderte,
indem ich die Maus, nachdem ich beide wieder etwas auseinander¬
gezogen, einfach mit der Scheere durchschnitt, was ich gar häufig
auch bei anderen Schlangen machen muß. Der C. Neumayeri ist
in dieser Beziehung nicht zu trauen, da sie mir schon eine pracht¬
volle, weit über 1 m lauge jRhinechis scalaris verschlungen hat; ich
kam gerade noch dazu, um die Schwanzspitze der schönen Treppen-
_ _ »
natter im Rachen der Eidechsennatter verschwinden zu sehen. Die
Treppennatter war sehr bissig und jähzornig, ließ sich nicht au-
fassen, mußte aber trotzdem den Giftzähuen der C. Neumayeri q rliegen.
Meine Beobachtungen betreffs der Bissigkeit der Treppennattern
stimmen mit denen des Herrn J. v. Fischer völlig überein, noch
nie ist eine so zahm geworden, daß sie sich ungestraft angreifen ließ.
Es wäre doch der Eidechsennatter leicht, auch gegenüber der
Sprenkelnatter von ihren, wenn auch hinten im Rachen stehenden
Giftzähnen Gebrauch zu machen; bisher hat sie dies aber niemals
78
versucht; ich bin auch wegen der Sprenkelnatter gar nicht besorgt,
denn die Eidechsennatter wird von der Sprenkelnatter meist so dicht
hinter dem Kopf umschlungen, daß sie schlechterdings von ihren
Giftzähnen keinen Gebrauch machen kann.
Abgesehen von diesen Zänkereien (oder Spielereien ?) mit ihren
Mitgefangenen ist . die Sprenkelnatter dem Menschen gegenüber über¬
aus gelassen, harmlos und spielerisch. Sie ist so außerordentlich
zahm und zutraulich geworden, daß ich sie jederzeit ohne weiteres
aus dem Terrarium herausnehmen und unbedenklich jedem Fremden
in die Haud geben kann, sie wird niemals beißen. Trotz dieser
Harmlosigkeit kann man sie doch auch erzürnen; ihre Erregung oder
ihren Zorn gibt sie dann aber rechtzeitig zu erkennen, so daß mau
sich sichern kann. Wird sie böse oder erregt, so gerät ihr Schwanz
in schwingende, zitternde Bewegung, und sie verursacht dabei ein
schnelles rasselndes Geräusch, ähnlich dem, wenn man ein starkes
Briefcouvert schnell hin und her schwenkt, oder mit den Fingern
über die Zähne eines Kammes fährt. Dies geschieht z. B. dann,
wenn sie sich im Boden oder unter einen Stein einwühleu will
und ich sie dann dabei störe, resp. hervorzuziehen versuche, oder
auch wenn ich eine Thür des Terrariums öffue, wo sie dann natürlich
heraus will, und ich ihr dann eine Maus lebend oder tot Vorhalte; sie
weicht erst mehrmals aus; halte ich ihr aber die Maus immer wieder
vor, so wird sie schließlich darüber ärgerlich und ihr Schwanz gerät
in die erwähnte lebhafte Bewegung. Sehr zänkisch und erregt
zeigt sie sich auch, wenn sie gefressen hat und womöglich noch nicht
völlig gesättigt ist, dann fällt sie über jeden ihr in den Weg
kommenden Mitbewohner ihres Terrariums her. Deshalb muß ich
auch stets Obacht auf sie geben, um eine von ihr umschlungene
Schlange sofort befreien zu können. Gewöhnlich nehme ich sie dann
für kurze Zeit aus dem Terrarium heraus.
Im allgemeinen ist sie sehr lebhaft, viel in Bewegung; mit Aus¬
nahme der Zeit vor der Häutung klettert sie fast beständig im Terrarium
umher. Es macht dies einen ganz andern Eindruck, als wenn man
eine ihr gegenüber doch nur kleine Schlingnatter oder Äskulapnatter
klettern sieht. Hinter genannten Schlangen steht sie an Kletter¬
gewandtheit keineswegs zurück. Sie kann sich, wenn sie ihren
Schwanz irgendwo umgeschiungen hat, leicht bis über die halbe
Körperläuge gerade emporrichten, auch ihren Körper fast ebenso lang
wagrecht vorstrecken. Trotz der ziemlichen Dicke ihres Körpers,
etwa 5 cm im Durchmesser, führt sie die schwierigsten Verschlingungen
aus, mindestens ebenso leicht wie die Schlingnatter.
79
Sie ist ein echtes Tagtier; während des Tages fast in steter
Bewegung, sucht sie mit Einbruch der Dämmerung ihren Ruheplatz
auf, gewöhnlich auf oder in der Grotte. Die Sonnenstrahlen sucht
sie zeitweise auf, doch hält sie sich, um sich zu sonnen, meist auf
der Grotte, seltener am Boden auf. Die Mittagssonne ist ihr jedoch
zu heiß, sie sucht sich daun ein schattiges Plätzchen hinter der
Grotte oder lungert an den Thüren herum, damit zu erkennen
gebend, daß sie herausgelassen werden möchte. Sehr häufig fängt
sie auch an, sich in den mitunter heißen Sand eiuzuwühlen. Hierbei
bohrt sie sich förmlich mit dem Kopf in den Sand hinein, dann
hebt sie den eingebohrten Körperteil empor und wirft den auf ihr
liegenden Sand seitwärts, bohrt wieder und wirft den Sand wieder
fort; auf diese Weise bringt sie in kurzer Zeit eine ziemlich tiefe
geräumige Grube fertig, in welche sie sich daun mitunter für kurze
Zeit hineinlegt. Gewöhnlich legt sie solche Gruben in einer schattigen
Ecke an. Bisweilen bohrt sie sich auch Röhren in den Boden.
Sie ist sehr aufmerksam, ihrem scharfen Auge entgeht so leicht
nichts, dabei ist sie neugierig und sehr flink. Lege ich dem Kaiman
Fleisch auf den Rand des großen Wasserbeckens, so ist die Sprenkel¬
natter gewöhnlich eher dabei und bezüngelt es als der Kaiman.
Da die Schlangen aus dem Becken, in welchem sich der Kaiman auf¬
hält, nicht trinken können, weil dieser dann sofort nach den Schlangen
beißt, so habe ich in einer vorderen Ecke ein kleineres Becken für
die Schlangen aufgestellt. Hat sich nun z. B. die Spreukelnatter
in die Grotte oder unter das Becken des Kaimans verkrochen, so daß
sie gar nicht sichtbar ist, so kommt sie doch sofort hervor, wenn ich
frisches Wasser in das kleine Becken gieße, und wenn ich dies
noch so leise mache, die Sprenkelnatter merkt es doch ; ebenfalls ist
sie sofort da, wenn ich ganz leise eiue tote Maus in das Terrarium
lege. Eine tote Maus weiß sie sofort von einer lebenden zu unter¬
scheiden. Während sie letztere sofort mehrmals umschlingt, unter¬
läßt sie dies bei einer toten. Sie verschlingt diese vielmehr, nachdem sie
ein Weilchen mit derselben gespielt hat, bald von vorn, bald von
hinten anfangend. Einer toten Maus nähert sie sich langsam, be¬
züngelt dieselbe und spielt mit ihr, auf eine lebende fährt sie jedoch
hastig los und umschlingt dieselbe blitzschnell, so daß der ganze
Körper der Maus eingeschlossen wird. Während sie so die Maus
umschlungen hält, zittert und zuckt sie am ganzen Körper, der
Schwanz ist in lebhafter Bewegung. Sie weiß auch ganz genau,
wie lange sie ihre Ringe um das Opfer geschlossen halten muß,
80
und bevor dieses nicht völlig tot ist, löst sie dieselben nie. Dann
spielt sie erst mit dem erwürgten Opfer, bevor sie es verschlingt. Bei
diesen Spielereien kommt es bisweilen vor, daß sie ihre Beute verliert;
oder mit ihrem eigenen Körper bedeckt; man kann dann deutlich
beobachten, wie sie nach derselben sucht und wie ihre Erregung
steigt, wenn sie das Opfer nicht bald findet ; es dauert jedoch selten
lauge, bis sie es wieder hat. Während sie so nach der von ihr erwürgten
Maus suchte, habe ich diese schon manchmal in der Grotte etc. ver¬
steckt, aber auch dort fand die Schiauge ihr Opfer wieder. Dann legte
ich ihr, während sie nach ihrer Beute suchte, eine zweite tote Maus
hin, welche sie jedoch meist nicht beachtete, sondern nach der von
ihr erwürgten suchte. Erst daun, wenn sie diese nun mit sicht¬
licher Eile verschlungen, machte sie sich über die andere Maus her,
wenn diese noch vorhanden war.
Ihre Fütterung ist sehr leicht, da sie ihr Futter sofort von der
Zange abnimmt. Mit der bloßen Hand halte ich ihr nichts mehr
hin, da sie mich zweimal, jedoch aus Versehen, tüchtig gebissen hat.
Ich hielt ihr eine lebende Maus am Schwanz gefaßt hin, die Schlange
fuhr zu, die Maus flog durch den heftigen Anprall zur Seite und
die Schlange hatte im selben Augenblick statt der Maus meine
Hand im Rachen, ließ aber sofort los und fing nun die ängstlich
herum rennende Maus ab. Ein anderes Mal hatte sie eben einen
toten Sperling verschlungen, als ich ein Stückchen vertrocknetes
Brot, welches die Mäuse liegen gelassen, aus dem Terrarium nehmen
wollte; plötzlich fuhr die dicht dabei liegende Schlange nach meiner
Hand, ließ jedoch, ebenfalls sofort ihren Irrtum gewahrend, wieder
schnell los. Ihre Nahrung nimmt sie tot wie lebend an, in letzter
Zeit tote jedoch lieber, überhaupt nehmen meine sämtlichen mäuse¬
fressenden Schlangen, auch sogar die Äskulapnattern, tote Nahrung
(Mäuse, Sperlinge) an. Die Sprenkelnatter, wie auch die Eidechsen¬
nattern, nehmen am liebsten recht große Feldmäuse, von welchen ich
bisweilen Stücke bekomme, die man für Ratten halten könnte. Sper¬
linge nimmt sie lieber lebend, tote läßt sie oft längere Zeit liegen.
Ratten, Maulwürfe, selbst ganz große, hat sie bereits gefressen, sie
nimmt diese am liebsten tot an und einen Maulwurf hat sie sogar
trotz vieler Mühe von hinten anfangend verschlungen, jedenfalls weil
ihr, vom Kopfe anfangend, die Vorderfüße des Maulwurfs zu viel
Widerstand leisten. Sie sowohl als auch die C. Neumayeri lassen
nichts umkommen. Beißen andere Schlangen oder der Kaiman,
welcher übrigens auch tüchtig Mäuse frißt, bisweilen eine Maus oder
81
einen Sperling tot, ohne diese alsbald zu verschlingen, so sind diese
noch immer willkommenes Futter für die beiden Schlangen, welche
im Fressen wirklich Erstaunliches leisten.
Einen lebenden Sperling oder eine lebende Maus ergreift die
Sprenkelnatter, wie sie es eben trifft, und dreht sich, die Beute zwischen
ihre Körperringe einpresseud, einem lebendigen Knäuel gleich, schnell am
Boden herum. Um ihr Opfer zu verschlingen, klemmt sie dieses
zwischen eine Biegung ihres Körpers, ergreift bei Mäusen u. dergl.
meist, bei Vögeln stets den Kopf; das Verschlingen geht sehr
schnell. Ist sie einmal bei dieser Schlingarbeit, so kann ich ihr eine
tote Maus nach der andern reichen, alle werden sofort hinabgewürgt,
sie scheint dann nicht satt zu werden. Einmal hat sie hintereinander
verschlungen : fünf große Feldmäuse ganz, eine, von welcher der
Kopf fehlte, einen toten Sperling und eine tote, etwa 30 cm lange
Smaragdeidechse. • Bei dieser Schlingarbeit läßt sie sich auch geduldig
den Kopf halten und eine Maus nach der andern in den Rachen
hineinstopfen. So hatte sie ein andermal zwei ganz große Feldmäuse
verschlungen ; nun hatte ich noch zwei Hausmäuse und eine tote
Feldeidechse, welche keine der andern Schlangen mehr fressen wollte oder
konnte. Da nahm ich nun diese drei Tiere, legte sie nebeneinander
und dann dieses Bündel, als noch zum Rachen der Schlange der
Schwanz und die Hinterfüße der letzt verschlungenen Feldmaus
heraussahen, zwischen die Hinterfüße der Feldmaus; auch diese
Kleinigkeit wurde, ohne sich stören zu lassen, von der Schlange
hinabgewürgt. Manchmal frißt sie sich so voll, daß sie fast den
doppelten Körperumfaug erhält. Nach ein bis höchstens drei
Tagen ist ihr jedoch nichts mehr anzusehen, da sie sehr schnell
verdaut. Lauge nötigen läßt sie sich selten zum Fressen, sie frißt
fast alle Tage, wenn ich ihr etwas gebe, jedoch dann nicht immer
gleich viel, im Durchschnitt etwa 1 — 2 Feldmäuse täglich.
Hat sie sich aber so voll gefressen, daß sie wirklich nichts mehr
unterbringen kann, so gönnt sie das etwa übrig gelassene Futter doch
keiner ihrer Mitgefangenen. Wird sie gewahr, daß eine andere
Schlange sich über das übrig gelassene Futter hermachen will, so
wehrt sie diese durch Zischen und Bisse ab; hilft dies nicht, so
wickelt sie sich über dem noch vorhandenen Futtertier zusammen
und deckt dieses mit ihrem Körper ; andern Tags ist dies dann auch
verschwunden. Zieht sie sich nämlich am Abend nach ihrem Ruheplatz
für die Nacht zurück, so schleppt sie das Futter mit sich dorthin
und verschlingt dieses jedenfalls während der Nacht. Es kann aber
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXI. 1890. 6
82
auch möglich sein, daß eine andere' Schlange oder der Kaiman der
Spreukelnatter während der Nacht das Futter fortnimmt, denn letzterer
untersucht des Nachts alle Winkel des Terrariums nach Nahrung und
frißt sowohl lebeude als tote Mäuse etc. Ich habe schon viele große
und sehr große und lebhafte Schlangen besessen, darunter war aber
noch keine, welche eine stets so rege Freßlust wie meine Sprenkel¬
natter und C. Neumayeri zeigten. Obwohl manche größer waren
und demnach auch mehr fraßen, so geschah dies doch nur meist
zeitweise; die beiden letztgenannten Schlangen zeigen aber fast stets
sehr rege Freßlust.
Nach einer jeden Mahlzeit zeigt die Schlange großen Durst und
trinkt tüchtig, wobei sie die Schnauze bis zu den Nasenlöchern oder
Augen ins Wasser taucht, mit deutlich sichtbarer kauender Bewegung.
Sie ist überhaupt dem Wasser nicht so abhold, als dies die Coronellen
im allgemeinen sind, sie trinkt sehr oft und badet gern, manchmal
liegt sie ziemlich lange in dem warmen Wasser des Beckens, teils
mit dem ganzen Körper, und den Kopf über Wasser haltend, oder
auch nur mit einem Teil ihres Körpers.
Um einem etwaigen Verlust vorzubengen, habe ich seit kurzem
die C. Neumayeri von der Sprenkelnatter entfernt und allein in
einem kleinen Terrarium untergebracht, da ich C. Neumayeri mit
kleineren Schlangen nicht zusammenbringen darf. An Stelle der
G. Neumayeri setzte ich nun 2 schwarze Äskulapnattern 1,40 und
1,65 m lang, in das von der Sprenkelnatter u. a. bewohute Terrarium;
mit diesen beiden Schlangen hat sich die Sprenkeluatter bis heute
gut vertragen, bisher habe ich noch keine Zänkereien, wie solche
zwischen ihr und C. Neumayeri täglich vorkamen, bemerkt.
Alles in allem kann ich die hübsche, lebhafte Sprenkelnatter für die
Gefangenschaft nur empfehlen, und sie wäre es wohl wert, daß auch
ihr ein Plätzchen in unsern zoologischen Gärten angewiesen würde.
Manchen Besucher würde sie durch ihre anmutigen Bewegungen,
ihre Lebhaftigkeit und Schönheit wohl mehr fesseln als die mehr
trägen Riesen ihres Geschlechts. Mit großen Schlangen verträgt sie
sich auch ganz gut und ihre etwaigen Neckereien sind solchen gegen¬
über ja nicht von Bedeutung. Obwohl nicht häufig, so kommt sie doch
in neuerer Zeit hin und wieder im Tierhandel vor und ist, wenn
auch nicht gerade billig doch auch verhältnismäßig nicht teuer
(15 Mark) ; sie würde auch bald billiger werden, wenn sie nur
häufiger eingeführt würde, denn in ihrer Heimat, Mittelamerika, ist
sie ziemlich häufig. Sie ist nicht besonders empfindlich, bei 18 bis
— 83 —
20° R ist sie noch sehr lebhaft, erst bei 15° R und weniger wird
sie träger, ihre Haltung bereitet daher keine Schwierigkeiten.
Es gibt außer dieser noch so manche hübsche Schlangen,
von welchen ich noch hier berichten werde, die nicht zu den
Riesenschlangen, sondern zu den mittelgroßen zählen, die wohl
wert wären in unsern zoologischen Gärten gehalten zu
werden. Es müssen ja nicht immer die teuren Riesenschlangen sein,
die in zoologischen Gärten zur Schau gestellt werden, auch die
kleineren Schlangen sind interessant, und das Publikum würde eine
Vorführung solcher gewiß gleichfalls mit Dank aufnehmen, und
manches können wir an diesen lernen.
Das gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner.
Von Dr. Emil Buck.
(Fortsetzung.)
III. Die Tiere des Beckenaquariums.
Die so außerordentlich formenreiche niedere Tierwelt des Wassers
oder seiner Ufer gibt unerschöpflichen Stoff zu biologischen Studien,
wenn sich die Tiere in einer ihren Lebensbedürfnissen Rechnung
tragenden Gefangenschaft befinden, welche sie daher auch nicht im
geringsten fühlen. Daß selbst die kleinsten geflügelten und flügel¬
losen Insekten sehr gut einen Unterschied in Bezug auf ihren ge¬
zwungenen Aufenthaltsort, also in unserem Falle das Aquarium, zu
machen verstehen, erhellt doch daraus, daß sie bei der ersten besten
Gelegenheit die Flucht aus dem unpraktisch angelegten Behälter
ergreifen, wenn sie nicht ein Verschluß daran hindert. Mein Becken
aber ruht offen auf einem Tische und doch denkt kein Insekt, mit
Ausnahme von Mücken und Köcherfliegen, hin und wieder auch
Wassertreter, daran, mit Absicht das Weite zu suchen. Im Gegen¬
teil pflanzen sie sich im Bassin zum größten Teile fort. Juni und
Juli vorigen Jahres beobachtete ich eine Anzahl Larven kleiner
Wasserkäfer, welche im September bereits als Käfer sich herum-
tummelten. Es fehlt ihnen nicht an allerlei Verstecken und ander¬
weitigen Lebensbedingungen, die ihnen auch in der freien Natur zu
Gebote stehen. — Würde ich diese Tiere in ein offenes Glasaquarium
mit wenigen Pflanzen oder in ein Einmachglas gesetzt haben, so
84
hätte das Vergnügen, sie zu beobachten, nur wenige Tage gedauert,
ungeachtet des ihnen gereichten besten Futters. Für gewisse In¬
sektenlarven brauche ich nicht einmal zu sorgen, da vom nahen
See in die Stadt verschlagene Insekten, wie z. B. Stechmücken,
verschiedene Fliegenarte u und leider auch Schmetterlinge das
Aquarium als passenden Ort für ihre Nachkommenschaft ansehen
und ihre Eier hier ablegen. — Eine dickleibige, kleine Fliegeuart
verläßt das Aquarium gar nicht, sondern fliegt seit Jahren, auch
den Winter über, nur von einem Ufer zum anderen. Ihre Larven
habe ich noch gar nicht finden können. — Die Fliege sucht faulende
Pflanzenteile auf.
Aus den Wiesengräben habe ich verschiedene, ganz kleine
Wasserkäfer von 0,50 — 1 cm Länge im Aquarium eingebürgert, welche
in der Frühe und gegen Abend den Algenwald verlassen, um das
Wasser in gefälligen Wendungen nach Beute zu durchsuchen. Die
sehr rasch schwimmenden scliönfarbigeu, oft mit goldgläuzenden
Flecken gezierten Käfer sind winzige Vettern des Gelbsaums und
gleich diesem auf die Erlangung lebender Tiere erpicht, welche ihnen
an Größe oft überlegen sind. Ihre Lebensdauer als Imago ist eine
geringe, sie treten in Masse gleichzeitig auf, paaren sich, legen ihre
Eier und sterben nach wenigen Tagen. Die Larven sind sehr räuberisch
und verpuppen sich zwischen den Algen unterhalb des Wasser¬
spiegels. Die Puppen sind braun und 5 mm lang. Die langsam
durch das Wasser rudernden Arten, welche entweder schwarze, grau¬
braune oder bronzefarbige Flügeldecken besitzen, sind dem großen
schwarzen Tauchkäfer nahestehend und wie dieser ziemlich unschul¬
diger Natur, indem sie sich mehr von Tierleichen, Infusorien und
Algen ernähren.
Die letzteren Arten, welche ich mit Fleisch und Brot füttere,
pflanzen sich auch seit Jahren im Becken fort. Die so interessanten
Wirbelkäfer ( Gyrinus ) verlangen einen von Pflanzen freien, größeren
Wasserspiegel, sonst entweichen sie nach wenigen Tagen.
Auf meinen nassen Ufermoosen und Felsen kriechen äußerst
langsam schwarzglänzende und ganz kurzbeinige Käferchen umher;
sie leben von Algen.
Aus der Reihe der wanzenartigen Insekten sind nur die auf
dem Wasser laufenden Arten zu empfehlen, denn die im Wasser
befindlichen sind ihren Mitbewohnern viel gefährlicher als die
Wasserkäfer, welch1 letztere doch alle Weichteile ihres erfaßten
Opfers genießen und auch mit Fleisch vorlieb nehmen, während
85
hingegen die Wasserwanzen nur das Blut ihrer Beute aussangen und
daher weit mehr Tiere zu ihrer Sättigung bedürfen. Nur die 2 mm
langen, schwarzen und rotäugigen Wasserwanzen, die sich in geringer
Anzahl im Aquarium befinden, lasse ich ungestört, sie sehen ohne
Lupe betrachtet Wasserkäfern täuschend ähnlich.
Jedes Jahr hole ich mir anfangs Juni aus einem nahen Sumpfe
ganz junge Teich läuf er, Limnobates stagnorum , und setze sie in
mein Aquarium. Hier werden sie mit Motten und fein geschnittenem
getrocknetem rohen Rindfleische gefüttert. Der das Wasser durch¬
ziehende Luftstrom bewegt die Fleischstückchen, welche nunmehr
die Aufmerksamkeit der kleinen Wanzen erregen. Bei diesem Futter
gedeihen sie prächtig. Einer meiner Teichläufer war innerhalb vier
Wochen von der Größe eines kleinen Punktes zu der Länge eines cm
ausgewachsen. Gewöhnlich gehen bis zum völligen Ausgewachsensein
6 — 8 Wochen hin, wobei eine Reihe von Häutungen vollzogen wird.
Ich beobachtete nur 5 Häutungen, es müssen aber doch wohl mehr
stattfinden. Wenn die Wanzen ausgewachsen sind, können sie sehr
große Sätze auf dem Wasser machen, aber auch in die Luft, um
kleine Fliegen zu erhaschen. Jetzt aber wird ihnen bald das
Aquarium zu klein und bei einem gewaltigen Luftsprunge kann es
geschehen, daß sie über das Ufer weg auf den Fußboden hinab
fahren. Dann ist es Zeit, ihnen die Freiheit zu geben. Anfang
August haben meine Wanzen Flügel bekommen. Eine derselben ist
3 Monate im Aquarium gewesen.
Für das Bassin ganz besonders geeignet sind die 1 — 2 mm
großen und sehr zierlichen Ufer läuf er, welche ihrem Körperbau
nach den Übergang zu den Landwanzen bilden. In der Jugend
sind meine Tiere braun, im Alter braun oder matt schwarz. Viele
bleiben zeitlebens ohne Flügel, bekommen sie aber solche, so ge¬
schieht dies erst Ende Juli. Nach Taschenbergs Beschreibung in
Brehms Tierleben sind die Wänzchen der Species Saida elegantula ,
die ich auch besaß, oberhalb mit gelblichen angedrückten Haaren
bekleidet, die Beine und Ringe am zweiten und vierten Fühlergliede
sind gelb und auf den Flügeldecken bemerkt man neben dem gelben
Rand zwei weiße Punkte. Es gibt unter den Uferläufern eine Menge
zierlicher, oft merkwürdig gestalteter Formen.
Mit Hülfe ihrer langen bestachelten Hinterbeine können sie
springen und zwar nicht allein auf dem Lande, sondern auch auf
dem Wasser, um einen darüber ragenden Stein zu erreichen. Sie
machen auf dem Ufer Jagd nach Erd- und Wasserspringschwänzen,
86
kleinen Milben u. s. w. Auf dem Wasser laufen sie sehr geschickt
mit zierlichen Schrittchen und bleiben hin und wieder lauernd stehen.
Hier machen sie vorzugsweise Jagd auf die bereits genannten Wasser¬
springschwänze, aber auch auf Blattläuse, welche auf deu Blättern
des Froschbisses leben und ferner auf winzige geflügelte Insekten,
die in das Wasser geraten sind. Diesen gegenüber gebrauchen sie
große Vorsicht, weil sie für ihr Leben sehr besorgt sind. Auch
suchen sie kleine Cypriskrebschen, die sich am Ufer auf nassen
Algen tummeln, zu erbeuten. Die kleinen Wanzen pflanzen sich im
Becken seit drei Jahren fort. Ich habe sie auch an Fleischnahrung
gewöhnt. Im Winter bleiben sie meist auf dem Ufer versteckt.
Während der warmen Jahreszeit halten sie sich in den stillen Buchten
des Aquariums auf, weil sie die schwache Strömung im Wasser
nicht lieben.
So klein die Tierchen auch sind, so geben sie doch ebenso
große Beweise ihrer Verschlagenheit wie die ihnen verwandten klugen
und sehr komischen Wassertreter. Auf einem Sumpfe bei Konstanz
sind die Uferläufer in vielen Arten massenhaft vorhanden. Alle
auf dem Wasser lebenden Wanzenarten lieben schattige Verstecke
am Ufer.
Die überall häufigen Eintagsfliegenlarven leben im
Wasser über zwei Jahre und ernähren sich vorzugsweise von kei¬
menden Algensporen, verwesenden Pflanzenteilchen und vielleicht
auch nebenher von kleinen Tieren. Es sieht sehr nett aus, wenn
die Larven auf den grünen Felsen umherkletternd ganz junge Algen¬
fäden abweiden. Nach Prof. Dr. W. Heß (das Süßwasseraquarium
1886) verfertigt sich die Larve ein U-förmiges Röhrchen an der
Seite oder im Schlamm des von ihr bewohnten Gewässers.
Die Kö eher fliegen, Phrygcineen, sind kleinen Nachtschmet¬
terlingen sehr ähnlich. Ihre fein behaarten, wenig durchsichtigen
Flügel liegen in der Ruhe dachförmig. Vorzüglich abends und
während der Nacht schwärmen sie über dem Wasser. Ihre zahl¬
reichen gründotterigen und deshalb gewissen Algen täuschend ähn¬
lichen Eier, welche in einer flachen, unverhältnismäßig großen Spirale
angeordnet liegen und von einer runden, sich erhärtenden Schleim¬
hülle umgeben sind, bilden eine flache runde Scheibe von etwa
0,5 cm Durchmesser. Der Laich wird vom Weibchen auf der Unter¬
seite schwimmender Blätter von Wasserpflanzen angeklebt, z. B. an
Potamogetoyi natans , und es ist also die Köcherfliege imstande, so
lange im Wasser untergetaucht zu bleiben, bis die Eier gelegt sind.
87
Im Katzeusee bei Zürich habe ich im Jahre 1876 mehrmals solchen
Laich gefunden.*) Die winzigen hellgrünen Eier haben eine so
glänzende Oberfläche, daß sich, unter dem Mikroskope bei 75facher
Vergrößerung gesehen, das Fenster meines Arbeitszimmers deutlich
darauf abspiegelt. Ich beobachtete ihre Entwicklung zu zarten
Larven, welche nach einigen Wochen endlich auskrochen und ver¬
mittels ihrer auf der Unterlippe befindlichen Spinndrüsen eine feine
Seidenhülle verfertigten. Mit zunehmender Größe verwandten sie
auch härtere Pflanzenstoffe, welche sie mit ihren Kiefern zuvor zer¬
teilten und mit der Seidenhülle vereinigten. Jede Köcherfliegenart
verwendet ein besonderes Baumaterial, entweder bloß abgenagte
Gräser, Blätter, Schilfstengel oder aber nur Wasserschnecken und
Muscheln oder nur Sandkörnchen. Ich habe mich seit zwei Jahren
in meinem Aquarium auf das bestimmteste davon überzeugt, daß
diejenigen Larven, welche feine Sandkörnchen zum Bau ihrer köcher¬
förmigen Häuschen verwenden, keine Schnecken, aber auch keine
Pflanzenteile als Ersatz annehmen. Gibt man ihnen zu wenig Sand,
so verzögert sich auch ihr Wachstum. So zwang ich meine Larven,
zwei Jahre in diesem Zustande zu verharren, während der Larven¬
zustand bei reichem Baumaterial nur 8 — 10 Monate dauert. Sowohl
der Sand als die kleinen Tellerschnecken werden durch eine, aus
der im Munde befindlichen Speicheldrüse geschiedenen Flüssigkeit,
welche zu Cement erhärtet, miteinander fest vermauert. Denjenigen
Larven, welche ihre Hülse nur aus Pflanzenstoffen herstellen, fehlt
vielleicht die Fähigkeit, Cement auszuscheiden. Sie ersetzen den¬
selben durch Gespinnst. Es gibt aber auch Larven, welche die ver¬
schiedensten Gegenstände zum Bau ihrer Hülse benützen. Ob
wohl dieselben einer besonderen Art angehören? Mit der fort¬
schreitenden Größenzunahme der Larve muß die Verlängerung ihres
Häuschens gleichen Schritt halten.
0. Lenz sagt in seiner gemeinnützigen Naturgeschichte 1852
folgendes: Freiwillig trennen sich die Larven nicht von ihrem
Häuschen, hält man sie aber nahe beim Wasser fest, so kriechen
sie heraus und gehen in das Wasser; legt man dort ihre Häuschen
*) Nach W. Hess (Bilder aus dem Aquarium II. Bd. wirbellose Tiere
des Süßwassers), Hannover 1878 — pag. 92, legt die Köcherfliege aber auf
Blätter, welche über dem Wasser hängen, ihre Eier ab. Die auskriechenden
Jungen lassen sich darauf ins Wasser fallen. Werden etwa zuvor die Blätter
von Potamogeton natans aus dem Wasser geragt haben ? An seichten Stellen
geschieht dies oft, aber doch wohl nicht in tiefen Seen.
88
vor sie hin, so gehen sie wieder hinein. — Prof. Oswald Heer
fütterte seine Larven mit Salat, sie ziehen aber Algen vor und
sollen nach Lenz auch kleine Tiere fressen. Wollen sie sich ver¬
puppen , so befestigen sie ihre Hülle mit einem Faden im Wasser
an irgend einen Gegenstand nahe dem Wasserspiegel und ver¬
schließen beide Öffuungen. Nach einiger Zeit durchbohren die
Tierclieu den oberen Verschluß und kriechen mit ihren sechs Beinen
zur Wasserfläche empor, wo sich, am Ufer angelangt, die Puppen in
geflügelte Insekten verwandeln. Nur die leere Puppenhülle bleibt zurück.
Eiu anderer Vertreter der Netzflügler, nämlich eiue reizende
Florfliege ( Chrysopa ?) lebt das ganze Jahr über auf meinem Bassin.
Die steil dachartig den zarten und schlanken grünen Leib bedeckeuden
schillernden Flügel sind am Rande, da wo die beiden Flügel die
Kante des Daches bilden, fein und lang bewimpert. Die Fühler
sind fein behaart, die Augen schwarz. Die Länge der Tierchen be¬
trägt nur 8 mm. Die kleine Florfliege fliegt nie weiter als von
einem Ufer zum anderen und hält sich an den Binsen und Gras¬
halmen auf. Die Larven habe ich bis jetzt noch nicht zu Gesicht
bekommen; falls sie auf dem Ufer leben, so ernähren sie sich zweifels¬
ohne von Springschwänzen.
Sehr interessant sind die Larven der Büsch elmücke, Gorethra
plumicornis F., deren Leib vollständig durchsichtig ist, so daß man
die gesamten Vorgänge im Körper wahrnehmen kann. Ebenso
schöne Geschöpfe sind die Larven verschiedener Stechmücken¬
arten, welche fast durchsichtig glashell oder herrlich meergrün
gefärbt sind. Die mit Haarbüscheln besetzten Kiefer der am Wasser¬
spiegel hängenden Larven verursachen einen kleinen Wirbel im
W asser , wodurch allerhand kleine genießbare Teilchen ringsum
herangeschwemmt und in die Mundöffnung getrieben werden. Schon
oft habe ich bemerkt, daß Stechmücken sich auf die Froschbi߬
blätter meines Aquariums niederließen, um vou dort ihre zahl¬
reichen perlschnurartig miteinander verbundenen Eier ins Wasser
abzusetzen. Nach Heß sind die Eier ziemlich groß, länglich oder
flaschenförmig, in der Zahl von ungefähr 300. — Die Stechmücke
drückt die Eier mit den langen Hinterbeinen derartig aneinander,
daß sie zusammenklebend eiu kleines Boot bilden, welches frei auf
dem Wasser schwimmt. Nach wenigen Tagen entstehen daraus die
jungen Larven.
Ich habe schon die Erdflöhe oder Springschwänze, Poduridae,
welche auf dem Ufer des Beckens leben, erwähnt. Diese kleinen
89
Insekten werden 1 — 2 mm laug. Auf dem Schlachthausweiher bei
Konstanz lebt eine schwarze, sehr stark behaarte und nur 1 mm
große Art, welche dem berühmten Gletscherfloh, Desoria glacialis ,
vollständig ähnlich ist. Das Tierchen bewegt sich laufend oder
springend auf dem Wasser fort, hüpft nahe dem Ufer ans Land
und setzt sich in Scharen an schattigen algenbedeckten Steinen,
aber nicht höher als 1 cm über das Wasser, um hier äußerst langsam
seiner Nahrung nachzugehen.
Eine ebensogroße aber weiße Art lebt bei mir seit drei Jahren
in Regenwurmlöchern. Sehr nett sieht es aus, wenn die Tiere, am Ein¬
gang ihrer Wohnung sitzend, ihre weißen schlanken Fühler bewegen.
Zu gewissen Zeiten, besonders im Winter, lassen sie sich in kleinen
Gesellschaften auf dem Wasser blicken. Zur Sommerszeit würden
sie dies ohne Zweifel auch thun, wenn nicht die kleinen Wasser¬
wanzen ihnen eifrig nachstellten. Letztere halten sich aber während
des Winters gänzlich verborgen. Das Haarkleid der weißen Spring¬
schwänze zeigt unter dem Mikroskop alle Farben des Prismas und
man kann sich nichts Schöneres als diesen Anblick denken.
Riesenhafte Erscheinungen im Hinblick auf diese kleinen Arten
sind die zwei Millimeter langen, sehr schlanken blei - oder bronze-
farbigen Springseil wäuze, Podura plumbea, welche nur zufälliger¬
weise auf das Wasser geraten und mit Hülfe ihres merkwürdigen
gabligen Springschwauzes in weiten und hohen Sätzen das rettende
Ufer wieder aufsuchen. Ihr erzfarbiger Körper ist walzenförmig und
nur wenig behaart, mit Ausnahme einzelner Körperteile, wüe z. B. der
langen dünnen viergliedrigen Fühler, Beine, Prothorax, Hinterende
und Springgabel. Das mittlere Glied der Antennen ist so lang wie
die drei anderen zusammengenommen. Eine sehr feine Behaarung
bedeckt diese Organe. Fast gleich lang wie die Fühler sind die
Beine. Wegen deren starker Behaarung sind die einzelnen Tarsal-
glieder nicht zu sehen. Das letzte Tarsusglied endigt mit zwei
scharfen Krallen. Der Kopf ist groß, rund und schwach behaart,
wahrscheinlich mit Sinnesborsten, er trägt nahe dem Grunde der Fühler
eine Anzahl Punktaugen. Die Mundteile sind nur sehr schwer zu
erkennen. Auf den Kopf folgen bis zum hinteren Körperende, aus¬
genommen den Springschwanz, acht sehr ungleich breite Glieder.
Das erste, dem Prothorax entsprechende Glied bildet am Halse, also
da, wo der Kopf eingelenkt ist, durch die starke und lauge Behaa¬
rung eine Art Kragen. Die folgenden drei Körperringe sind weit
schmäler, darauf schließt sich ein mehr als doppelt so breiter Ring
90
an, dem drei immer schmäler werdende Ringe folgen. Auf allen
diesen Gliedern des Rumpfes stehen vereinzelte, sehr lange und dünne
Borsten, welche vom Tiere bewegt werden können. Sie sind Sinnes¬
organe. Außer diesen Haaren ist der Körper mit reizenden, perl¬
mutterartig glänzenden, sehr verschieden geformten und licht¬
brechenden Schüppchen bedeckt, welche dem Tierchen die Erzfärbe
geben. Sie haben große Ähnlichkeit mit denen der Schmetterlings¬
flügel; sie sind meist bimförmig oder blattartig, an der Spitze be¬
merkt man die dunkle Anhaftstelle und von ihr aus erstrecken sich
fächerartig gestellte Strahlen durch die ganze Schuppe.
Am zweitletzten Körperringe breit eingelenkt und nach dem
Bauche des Tieres umgebogen befindet sich der sehr lange, fast die
halbe Körperlänge erreichende Gabelschwanz, der auf seiner Rücken¬
seite eine dichte Behaarung trägt. Seine Bauchseite ist dagegen
kahl. Die Gabelung des Springschwanzes reicht aber nur bis zum
letzten Drittel nächst dem Grunde dieses Organs. Am besten ist
dasselbe mit einer Piucette zu vergleichen.
Die beiden Gabelzinken endigen vorn je in eine deutlich ab¬
gegrenzte scharfe Spitze mit rauher Oberfläche. Das Organ ist
gelbbraun. Auf der Innenseite des letzten Drittels der pincetten-
artigen Gabelung steht je eine Reihe kurzer, scharf-dreizackiger
schwarzer Borsten, welche schräge nach der Gabelöffnung oder der
Spitze zu emporragen. Welchen Zweck mag diese drohende Be¬
waffnung des Spring-Organs wohl haben?
Wenn das Tier einen Satz machen will, so stößt es mit Wucht
die Gabel auf den Boden oder die Wasserfläche auf und es wird
hierauf hoch und weit weggeschleudert. Dabei kann es möglich sein,
daß die dreizackigen Haare beim Öffnen der Gabel sich aufrecht
stellen, dann ineinander greifen und das vorzeitige Zusammenklappen
der beiden Gabelzinken verhindern, was um so leichter wird, da sie
sich ja im Hintergründe der Gabel befinden. Es würde also diese
Vorrichtung der Feder einer Beißzange gleichwertig sein. Die letzt¬
genannten Springschwänze können nur kurze Zeit auf dem Wasser
laufen, dann sinken sie mehr und mehr darin ein und ertrinken
schließlich. Auf dem Lande sind sie aber um so gewandter, blitz¬
schnell huschen sie über die Steine und unter dem Pflanzendickicht hin,
woselbst sie faulenden Blättern, z. B. Salat, nachgehen. Jeder Gegen¬
stand wird mit den Fühlern vorsichtig betastet. Sie lieben den
Schatten und die feuchte Luft der nassen Uferpartien, klettern bis
nahe ans Wasser herunter und weiden die Algen ab, welche auf
91
deu feuchten Bimssteinen wachsen. Da ihr mit langen, weit ausge-
streckten Fühlhörnern bewehrter großer Kopf dabei sehr beweglicli
ist, so wird man unwillkürlich an weidende Säugetiere erinnert.
Der Gefühls- und Geruchssinn sind ganz gewiß gut ausgebildet.
Kurze Zeit trockuer Luft ausgesetzt, sterben die Tierchen bald, und
ihr weicher Körper schrumpft eiu. Mau muß sie daher im hängenden
Tropfen studieren.
Korrespondenzen.
Wohlfahrtslinde (Livland), 6. Januar 1890.
Zur Nahrung des Grünspechtes ( Gecinus viridis Boie). Auf
pag. 347 (1889) unserer Zeitschrift finde ich eine Mitteilung, der zufolge der
Grünspecht die Beeren der Eberesche, hierzulande »Pielbeeren« genannt, als
Nahrung nicht verschmäht. Ich ersehe zu meiner Verwunderung aus jener
Notiz, daß diese Thatsache noch nicht allgemein bekannt ist und beeile mich
daher, auch meinerseits zu melden, daß ich während der »Jagd« auf Kram-
metsvögel im Spätherbst den Gecinus viridis mehreremal auf Pielbeerbäumen
habe sitzen gesehen resp. den Näscher statt einer Drossel im Versehen herunter¬
geschossen habe. Ob die Fruchtsäure mit der Ameisensäure verwandt ist,
das zu untersuchen überlasse ich den Herren Chemikern, betone aber, daß
die Ameisenhaufen vorzugsweise im Winter von diesem befiederten »Rot¬
käppchen« heimgesucht werden. Im Sommer ist der Grünspecht ein regel¬
mäßiger Besucher der Bie n en gärten, ein nicht zu unterschätzender Feind
der Honigträger. Somit ist seine Nahrung eine höchst vielseitige und es
läßt sich schwer entscheiden, welches Futter er bevorzugt.
Baron A. von Krüdener.
Moskau im Februar 1890.
Zoologisches aus Moskau und Umgebung. Wie sich die geehrten
Leser vielleicht erinnern werden, hatte ich im Oktoberheft 1888 dieser Zeit¬
schrift einen eingehenden Bericht über den Moskauer zoologischen Garten
veröffentlicht, der ziemlich ungünstig ausfallen mußte. Mein Urteil konnte
kein anderes sein, weil ich einfach als Privatmann hinging, das Vorhandene
ansah und der Wahrheit gemäß beschrieb und zwar, wie mir jedermann zu¬
geben muß, sine ira et studio. Daß ich mich damals nicht an die Verwaltung
des Gartens um Auskünfte wandte, ja daß ich bis vor kurzem gar keinen
Anknüpfungspunkt mit den Männern der zoologischen Wissenschaft hier am
Orte gesucht hatte, erklärt sich einfach dadurch, daß ich in früheren Jahren,
als ich nach Moskau kam, bei derartigen Versuchen schlecht wegkam; viel¬
leicht war ich damals auch nicht vor die rechte Schmiede gegangen. Im
letzten Monat des vergangenen Jahres 1889 brachte mich ein freundlicher
Hinweis eines Vorgesetzten auf den Gedanken, dem bekannten und nicht nur
in Rußland hochgeachteten Professor Bogdanow meinen Aufsatz über »die
geographische Verbreitung jetzt lebender Cerviden« (Deutsche Rundschau für
Geographie und Statistik XII. Heft 2 und 3) vorzulegen. Der Genannte em¬
pfing mich mit der größten Liebenswürdigkeit, und bei dieser Gelegenheit er¬
fuhr ich auch von den Plänen, welche Prof. Bogdanow für die Zukunft unseres
zoologischen Gartens hegte. Aber schon vorher, als ich die Mitteilung des
Herrn Kulaginn (Zool. Garten 1889. No. 10) las, stand es bei mir fest, daß nun¬
mehr neues Leben in die Sache kommen und man das Beste für die Zukunft
hoffen dürfe. Da ich bei Abfassung meines ersten Berichtes also nicht wußte,
wer an die Spitze des Gartens berufen sei, so konnte natürlich von einer
Animosität gegen irgend jemand, der mit der Verwaltung des Gartens zu
thun hatte, nicht die Rede sein. Daher bin ich denn auch den Herren Bog¬
danow und Kulaginn sehr dankbar, daß sie die Sache nahmen, wie sie wirklich
gemeint war und bin ihnen doppelt dankbar, daß sie mich ihrer Bekanntschaft
gewürdigt haben, wodurch ich in den Stand gesetzt bin, von nun an ganz
authentische Nachrichten in Angelegenheiten des zoologischen Gartens zu bringen.
ln einem früheren Bericht erzählte ich von Sam oj ed en hun den, welche
viel Fuchsartiges zeigten, und Bastarden von denselben mit Hofhunden.
Neulich teilte mir Herr Kulaginn mit, daß jetzt reine Sprößlinge von diesen
Tieren (4 Welpen) vorhanden sind. Der russische Name für diese Hunde ist
»laiki«, soviel wie »Beller«. Diese Bezeichnung fand ich nicht am Schildchen
am Gehege der Tiere im zoologischen Garten, sonst hätte ich gleich gewußt,
worum es sich handelte. Vor Jahren hatte ich nämlich gelegentlich einer
Hundeausstellung seitens der kaiserlichen Jagdgesellschaft hier zwei Hunde
unter diesem Namen ausgestellt gesehen. Die Tiere glichen den Hunden,
welche in Brehms Tierleben (illustr. Ausgabe) als Eskimohunde (auf farbigem
Bilde) dargestellt sind, auf ein Haar, vielleicht waren nur die braunroten (wie
beim Dachshund) Stellen am Maul, Pfoten und auf der Brust lebhafter ge¬
zeichnet. Da nun diese »Laiki« in allen Farben Vorkommen sollen, wie mir
ein Jäger versicherte, so kann es auch weiße geben — immerhin müssen die
beiden Hunde im zoologischen Garten eine besondere Rasse darstellen, da sie
entschieden hochbeiniger und fuchsähnlicher sind. Was die Art und Weise
anbelangt, wie diese »Laiki« zur Jagd gebraucht werden, so berichtete mir
derselbe erfahrene Jäger Folgendes : Man kann mit den »Laiki« jegliches
Wild jagen, Haarwild ebenso wie Federwild, nur steht der Hund vor letzterem
nicht vor, sondern jagt es auch mit Stimme. Fliegt z. B. ein Birkhahn auf,
so folgt ihm der Hund bellend, bis der Vogel irgendwo aufgebaumt ist, worauf
er durch stetes Bellen dem Jäger die Stelle angibt, wo er sein Wild zu suchen
hat. Daß diese Tiere halbwilde Bestien sind, beweisen auch die Exemplare
des Moskauer Gartens, indem sie es fertig gebracht haben, ihr Gehege so zu
untergraben, daß ein Ausweg geschaffen war, auf dem sie zu den Fettschwanz¬
schafen gelangen und diese armen Kreaturen so zurichten konnten, daß eine
ärztliche Kur erforderlich war. Natürlich hatten sie ihre scharfen Zähne haupt¬
sächlich an den dicken Fettschwänzen erprobt.
Im Dezembermonat erlegte ein Sonntagsjäger bei der Kreisstadt Podolsk
(circa 45 Werst oder 6 Meilen südlich von Moskau) einen Wolf. Er war auf
einem Bauernschlitten seinen vorausgegangenen Jagdfreunden nachgefahren
und bemerkte zu seinem nicht geringen Schrecken, als er nicht allzuweit von
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der Stadt über das Feld fuhr, daß aus einem Graben zwei große Wölfe auf¬
tauchten, die auch sofort die Verfolgung des Fuhrwerks aufnahmen. Im ersten
Schrecken brannte er beide mit Hasenschrot geladene Läufe ab und — brachte
den einen Wolf zur Strecke, während der andere stark schweißend davonging.
Der Mann war, im Bewußtsein seines Sonntagsjägertums fast starr vor Ver¬
wunderung und schien an ein Wunder zu glauben, als man den Isegrim
wog und konstatierte, daß derselbe 3 Pud 25 Pfund (soviel wie 1 Centner
9,45 kg) wog, ein Gewicht, welches nur höchst selten erreicht wird, da es
schon sehr große Exemplare sind, wenn ein Gewicht von 21/a Pud (41 kg) ge¬
funden wird. Im Moskauer Gouvernement sind die Wölfe in den meisten
Gegenden nur durchwandernde Gäste, da die große Anzahl Fabriken mit ihrer
dichteren Bevölkerung und der Mangel an Moorbrüchen und wirklich dichten
Wäldern oder dichtbelaubten Schluchten, wie in den Steppen, unserem grauen
Strauchdieb die Gründung einer Familie sehr erschweren. Die harten Fröste
freilich machen die Wölfe frech und treiben sie bis vor die ersten Häuser
Moskaus. Da nun in diesem Jahr der Dezember sehr milde war und großer
Schneefall bisher ausgeblieben ist, muß das Erscheinen der Raubgesellen
umso mehr auffallen. Bei einer vergangenes Jahr nach Podolsk (der Russe
spricht: Pädolsk) von mir unternommenen Fußtur konnte ich mich über¬
zeugen, daß in der Nähe dieser kleinen Stadt nur sehr dünne Waldreste
stehen. Die Jäger, welche die Gegend gern aufsuchen, da sie sehr reich an
Hasen ist, haben bisher auch nie was von Wölfen daselbst gehört.
Diesen Winter wurde in Moskaus Nähe ein kohlschwarzer Feldhase,
Lepus timidus, geschossen. Im Museum der Universität, die überhaupt eine
reiche Sammlung zoologischer Objekte enthält, befinden sich 2 Exemplare des
Schneehasen, Lepus variabilis Pall., welche schwarz sind (das eine aus der
Kirgisensteppe) und ein schwarzes Exemplar von Lep. timidus L. Ein fast
ganz weißes Exemplar eines Hasen, bei dem nur der Rücken und die Seiten
zum Teil sehr blasse Spuren von braungrauer Färbung zeigen, ist im Verzeich¬
nis des zoologischen Museums als Lepus timidus , var. tumak (Tichomiroff und
Kortschagin) aufgeführt. Die beiden Verfasser des Katalogs bemerken in Bezug
auf diese Varietät folgendes: »Wir nennen diese Varietät L. timidus var.
tumak, in der Überzeugung, daß der Tumak nur eine Varietät des »Russak«
(russische Bezeichnung für Lep. timidus) darstellt. Wenn man annimmt, daß
der in Nord- und Mittelrußland vorkommende, relativ kurzohrige Hase (der
von Nilson seiner Zeit L. medius, von Blasius aber L. aquilonius genaunt
wurde) selbst eine Varietät des L. timidus ist, die sich herausgebildet hat, so
wird der Tumak eine Subvarietas davon sein. Daß man in der That keinen
Grund hat, den Tumak für eine Bastardform zwischen L. timidus und Lepus
variabilis zu nehmen, wie es noch bis jetzt etliche Jäger behaupten wollen,
darauf hat schon Ehrenberg in seiner »Naturgeschichte des Orenburger Gebiets«
hingewiesen, wo er sagt (Seite 204): »Andere, besonders Jäger, versichern,
daß der Tumak nichts anderes ist, als ein Bastard von L. timidus (Feldhasen)
und Schueehasen (X. variabilis)', das ist aber ebenfalls unwahrscheinlich, da
er oft in Gegenden vorkoiumt, wo es gar keine weißen Hasen {L. variabilis)
gibt, dabei ist der Habitus des Tumak genau der eines Feldhasen.«
Ebenso weist ein Exemplar von Lepus lehmanni Sev. aus Turkestan
starke Spuren von Melanismus auf. Die Stirne ist stark dunkel, ebenso die
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Schläfen und der vordere Rand des Ohres. Auf dem Rücken erscheint das
Fell fast gänzlich bräunlich-aschgrau.
Vor zwei Jahren hatte ein Mann hier auf der Hundeausstellung drei
Katzen ausgestellt, welche gleichmäßig mopsgrau gefärbt, nur am Schwanz,
den Ohren und dem Kopfe dunkelmarderbraun gezeichnet waren. Er gab sie
für Bastarde von Katze und Marder aus. Ein Exemplar, das bald darauf
ein ging, wurde vom zoologischen Museum der hiesigen Universität erworben
und genau anatomisch untersucht, wobei es sich natürlich herausstellte, daß
nichts auf eine derartige Bastardierung hinwies. Eine ganz ähnliche Katzen¬
form hat aber, wie mir Herr Kulaginn mitteilt, ein hiesiger Gelehrter irgendwo
im Auslande als malayische Katze bezeichnen hören. Mir war damals das
Auge der Tiere, welches von hellbräunlicher Farbe war, aufgefallen — es hatte
gar nichts Katzenartiges. Carl Grevö.
Kleinere Mitteilungen.
Frisch gefangene Ringdrosseln. — In verschiedenen Jagdzeitungen
berichteten die Forstleute, daß im vorigen Herbste die Ringdrosseln ( Turdus
torquat-us ) an den Dohnen um einige Wochen früher erschienen seien, und
prophezeiten daraufhin einen baldigen strengen Winter.
Thatsache ist, daß mir selber Mitte September bereits die Art angeboten
und anfangs Oktober zur Verfügung gestellt wurde, aber nicht aus ihrem
allbekannten Wohngebiete (außer Alpen, Riesengebirge, Sudeten, Böhmerwald,
Frankenwald, Harz und Thüringerwald), sondern aus dem Teutoburgerwalde.
Sie ist etwas größer, aber viel ruhiger, einsamer und stiller als unsere Amsel
(T. merula), am ganzen Körper mattschwarz mit weißgrauen Federrändern
und trägt auf der Oberbrust einen großen, halbmondförmigen Fleck, beim alten
Männchen rein weiß.
Meine Vögel sind in der That in jeder Hinsicht prächtig, tadellos im
Gefieder, kräftig und schlank und haben nur den einen Fehler, daß es leider
kein richtiges Paar ist, sondern ein altes und ein junges Männchen. Der
Irrtum sei dem erfahrenen Freunde gern verziehen, weil er leicht begangen
werden kann, falls man die Geschlechter nicht in einem einzigen wenn auch
noch so großen Käfige längere Zeit beobachtet. Das junge Männchen hat
nämlich wie jedes Weibchen ein graugemischtes Schild. Auch dürfte die
Kehle zu gewissen Zeiten ein Unterscheidungszeichen abgeben, beim alten
Männchen ist sie immer schwarz, beim jungen schwarz und weiß gleichmäßig
wie gestrichelt. Ganz auffällig bleibt indessen das Gebalrren beider Männchen
unter sich; das alte ist stets und ständig auf der Flucht vor dem jungen,
vielleicht sogar einem eigenen Sprößling. Der Nichtkenner würde allerdings
eine greifbare Berechtigung darin finden, daß der junge Vogel ja fast um die
Hälfte größer und demnach in allen Bewegungen energischer erscheint, aber
für den Beobachter ist es doch unbehaglich, zu sehen, wie der alte Bursche
alles still und heimlich vornimmt, das verzehrt, was der andere übrig läßt.
Ganz verstohlen besucht er das Wasser, nur im Vorbeischlüpfen nimmt er
eine einzelne Beere auf und an die hingehängten Büschel derselben .wagt er
95
sich von keiner Seite. Bis jetzt wollte es mir noch nicht gelingen, einen der
Vögel an mein Mischfutter zu gewöhnen, das ihnen täglich frisch und ver¬
führerisch in allerlei Art und Weise vorgelegt wird, das sie rings neben sich
von Lerchen und 3 Singdrosseln behaglich schnabulieren sehen, und heute
mußte ich einsehen, daß sie beide wenigstens gleich dumm sind. Als letzten
Versuch habe ich das Mischfutter in ihr gewohntes Porzellannäpfchen für
Wasser gethan. Wie quälten sie sich da beharrlich ab, weiter ihren Durst
zu löschen ! Schließlich wurde eine beigegebene aufgezogene, hungrige Sing¬
drossel ihre Lehrerin bei Wasser und Futter, und nun endlich waren sie un¬
ersättlich, sie forderten nach, was die Tage vorher gespart worden.
Eduard Rüdiger.
Die Pelztierjagd auf den Aleuten. Zur Zeit schweben Unterhand¬
lungen zwischen der russischen Regierung und jener großen nordamerikanischen
Gesellschaft, welche durch einen im Jahre 1842 auf fünfzig Jahre abgeschlos¬
senen Vertrag die Jagd auf Pelztiere auf den Aleuten und den benachbarten
Inseln monopolisiert hat. Die Gesellschaft zahlte bisher für diese Jagdgerech¬
tigkeit eine jährliche Entschädigung von 300,000 Rubel. Die russische Regie¬
rung ist zwar geneigt, das Monopol auf weitere 50 Jahre auszudehnen, ver¬
langt jedoch eine ziemlich beträchtliche Erhöhung der Entschädigungssumme.
Die Gesellschaft weigert sich, auf diese Forderungen einzugehen, und droht der
Regierung mit der gänzlichen Auflösung des Vertrages. Es läßt sich nicht
leugnen, daß die Nordamerikaner während der bisher verstrichenen 48 Jahre
die Jagd auf Pelztiere in sehr rationeller Weise betrieben haben, so zwar, daß
der Wildstand, statt abzunehmen, in stetiger Zunahme begriffen ist, während
überall dort, wo die Russen die Jagd ausübten, wie in Sibirien und den Paci-
ficinseln, die Pelztiere fast gänzlich ausgestorben sind. Gro.
Kampf zwischen Seefliegern und Fischen. Reiseerinnerungen.
Im Daheim-Kalender von 1889 finde ich in der netten, durchaus wahrheits¬
getreuen Erzählung von Reinhold Werner »Aus meiner Jugendzeit,
und wie es auf See war« folgende Stelle: . . . »Der Fregattvogel, welcher
vorher wie ein schwarzer Punkt im Äther schwamm, schießt wie ein
Pfeil aus der schwindelnden Höhe herab, um mit unfehlbarem Griff seine
adlerartigen Klauen in die Beute einzuschlagen, sie mit sich in die Lüfte zu
führen und sie in den Fängen haltend zu zerfleischen, wobei es jedoch Vor¬
kommen kann, dass auch der Vogel seinen Tod findet. Einen solchen Ver-
zweifluugskampf beobachteten wir eines Tages in unmittelbarer Nähe. Der
Fregattvogel hatte einen Albekore, der eine Länge von 4 Fuß und mehr er¬
reicht, gepackt, aber sich in der Schwere und Stärke desselben arg verrechnet.
Er vermochte sich nicht zu heben, und nun begann ein Kampf auf Tod und
Leben. Der Fisch strebte zur Tiefe, und vergebens stemmte der Vogel seine
mächtigen Flügel gegen das Wasser. Er vermochte seine Krallen nicht zu
lösen, der Fisch war stärker als er, und nach einigen Minuten sahen wir jenen
unter der Wasserfläche verschwinden.« Diesen Passus des scharfen Beobachters
unterschreibe ich sofort, denn ich hatte melireremals in der Siidsee und einmal
auf der Reise von San Diego, Californien, bis Corinto, Nicaragua — unser Segel¬
schiff steuerte damals, dem Rate des Yankee Lootseu folgend, dicht unter der
Küste von Centro Amerika hin — sowie ein anderes Mal im Golfe von lonzecca
96
Gelegenheit, derartige Kampfe mit anzüsehen. In den von mir beobachteten
Fällen gelang es dem Fregattvogel jedoch stetig, seine Fänge noch rechtzeitig
zu lösen und zu entkommen, aber einer unserer Matrosen, ein durchaus glaub¬
würdiger Mensch, der sich lange Jahre auf kleinen Schonern zwischen den
einzelnen Inselgruppen Polynesiens herumgetrieben hatte, wollte öfters genau
dasselbe wie Contreadmiral Werner wahrgenommen haben. — Bemerken
möchte ich hierzu noch, daß der Fregattvogel mitunter auch auf kleinere
Schildkröten, natürlich aber erfolglos, stößt; ich selbst habe das beobachtet
und die Berichte unserer Matrosen, welche ich ursprünglich für stark irrig und
unwahr hielt, durchaus bestätigt gefunden. — Zum Schlüsse sei noch bemerkt,
daß auch Phaeton aethereus, dieser unermüdliche Stoßtaucher, sich häufig genug
in der Größe und Stärke seiner Beute arg täuscht, ja nicht selten stürzt er
auf riesige Albekore oder Beuiten herab, denen er doch selbstverständlich nichts
anhaben kann. Karl Knauthe.
L i 1 1 e r a t u r.
••
Experimente über Hin- und Rückflug der Militär-Brieftauben. Übersetzt von
Lieutenant Fellmer. Berlin. Friedrich Luckhardt. 1889.
Ein kleines aber wichtiges Buch. Dem Hauptmann Malagoli, dem
Leiter des italienischen Militärbrieftaubenwesens ist es gelungen, dieselbe
Taube zum Hin- und Hertragen von Briefen zwischen zwei Orten abzurichten
und zwar dadurch, daß er die ganz jungen Tauben erst einige Zeit in Civi-
tavechia einsperrte und sie dann, als der Fortpflanzungstrieb in ihnen rege
werden wollte, in Rom eingewöhnte. Als sie dort zum zweitenmal Eier gelegt,
ließ er sie, nachdem sie ihren Weg sowohl hin als zurück vorher kennen ge¬
lernt hatten, fliegen, ohne sie im Schlage zu füttern. Der Hunger führte sie
dann täglich in ihren Schlag nach Civitavechia, die Liebe zum Neste und zu
den Jungen wieder nach Rom, so daß es in der That gelang, Briefe und Ant¬
wort in der Zeit von wenigen Stunden auf eine Entfernung (Luftlinie) von
65 km zu befördern. Das Militärbrieftaubenwesen wird dadurch wesentlich
vereinfacht, billiger und gleichwohl um vieles sicherer. Die Thatsache ist
sowohl ein hübscher Beweis für die Anhänglichkeit und den Verstand der
Tauben als auch ein großer Erfolg menschlichen Scharfsinns. N.
Eingegangene Beiträge.
A. S. in G.: Die Fortsetzung der Beiträge ist sehr erwünscht. Viel Glück auf der
Reise! — R. v. L. in J. : Angenommen. Fortsetzung erwünscht. Das Präparat ist abgesandt.
— K. K. in S. — A. M. in K. und K. M. in A.: Brieflich Näheres. - L. W. in K.: Besten
Dank für Zusendung der Liste. Schlußsendung bald erwünscht. Notiz angenommen. —
N. K. in M. —
Bücher und Zeitschriften.
H. Nehrling. Die nordamerikanische Vogelwelt. Mit Farbentafeln nach Zeichnungen von
Prof. R. Ridgway, Prof. A. Goering und G. Mützel. Lieferung 1— ß, mit je 3 Tafeln.
Milwaukee, Wis. G. B minder und Leipzig. F. A. Brockhaus, ä lieft 4 M.
The Journal of Couiparative Medicine and Veterinary Archives. Edited by W. A. Conklin
and R. Sh. Huidekoper. Philadelphia. Vol. XI. 1890. No.: 1-3.
Der Naturhistoriker. Organ des Wiener Vivariums. JHerausgegeben von Dr. Friedrich
K. Knauer. 9. Jahrgang. No.: 1—7. Wien 1890.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a,. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 4. XXXI, Jahrgang. April 1890.
I n lt a 1 i.
Die Lehenserscheinungen des Badeschwammes; von R. v. Lendenfeld. — Wildschafe,
Wildziegen, Antilopen des Himalaya; von Dr. Langka vel-Hamburg. — Eine westfälische
Froschjagd; von Professor Dr. H. Landois. — Einiges über zoologische Gärten; von
Dr. A. Seitz. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — Einge¬
gangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Die Lebensersclieinungen des Badeschwammes.
Von R. v. Lendenfeld.
Schon die homerischen Helden benützten den Badeschwamm,
und er ist bei den europäischen Völkern seit Jahrtausenden im Ge¬
brauch. Gleichwohl besaß man keine Kenntnis von seinem Bau bis
in die neueste Zeit, und erst F. E. Schulz es bahnbrechende Ar¬
beiten haben uns mit denselben vertraut gemacht. Trotzdem wußte
man aber nichts über die Lebenserscheinungen dieses Organismus;
über die Nahrung, die Verdauung und Atmung des Schwammes.
Um hierüber Aufschlüsse zu erlangen, stellte ich eine Reibe von
physiologischen Experimenten an Badeschwämmen und einer Anzahl
anderer Spongienarten an, und wir können jetzt mit Hülfe der von
mir erlangten Resultate ein Bild der Lebensweise dieses so nütz-
liehen Seetieres entwerfen.
Ein Blick auf die Spongienskelette, welche unter dem Namen
»Badeschwämme« in den Handel kommen und in vielen Schaufenstern
zu sehen sind, lehrt, daß man zwei verschiedene Sorten unter¬
scheiden muß ; die kompakteren und meist kleineren »feinen Bade¬
schwämme« , und die größeren von einem System fingerbreiter,
anastomosierender Lakuuen durchzogenen »Pferdeschwämme«. Die
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXI. 1890. 7
98
ersteren sind die Skelette von Spongien, welche zur Gattung Euspon-
gia gehören (meist Euspongia officinalis mit zahlreichen Varietäten) ;
die letzteren gehören zur Gattung Hippospongia (Hippospon gia ecjuina
mit zahlreichen Varietäten).
Schon Aristoteles kannte den Unterschied zwischen diesen
Badeschwammsorten. Im feineren Bau, in der Lebensweise und auch
in der Verwendbarkeit ihrer Skelette weichen sie nicht erheblich von¬
einander ab.
Bei beiden besteht das Skelett aus Hornfasern, welche von einer
feinen basalen Hornplatte aufsteigen. Die Hornplatte schmiegt sich
fest an Steine und dergleichen an und heftet den Schwamm an den
Meeresgrund. Die aufsteigenden Fasern enthalten kleine Sandkörn¬
chen und andere Fremdkörper, welche der Schwamm von außen
her aufnimmt und gleich den Steinen einer gemauerten Säule anein¬
ander heftet zu einem widerstandsfähigen, außerordentlich zähen und
elastischen Strang. Die dem Mörtel vergleichbare Kittsubstanz ist
hornartiger Natur : sogenanntes Spongin.
Diese Fasern erstrecken sich der Länge nach von der Grundplatte
bis an die Oberfläche des Schwammes. Sie verzweigen sich. Die
Zweige verlaufen ebenfalls der Länge nach. Die Oberfläche des leben¬
den Badeschwammes ist bedeckt mit ziemlich dicht stehenden, kleinen,
schlank kegelförmigen Vorragungen. In den Spitzen dieser Vorragungen
enden die aufsteigenden Skelettfasern. Zwischen denselben breitet
sich ein dichtes Netz von viel zarteren Fasern aus, welche ganz aus
horniger Sponginsubstanz bestehen und keine Fremdkörper enthalten.
Die Verwendbarkeit des Badeschwammes beruht einerseits auf
der Kleinheit der Maschen seines Skelettnetzes und andrerseits auf
der außerordentlichen Weichheit und Elastizität desselben. Die
Kleinheit der Netzmaschen bewirkt jene kräftige Kapillarwirkung,
welche in der raschen Aufsaugung von Flüssigkeiten ihren Ausdruck
findet. Die Weichheit ermöglicht es, aufgesaugte Flüssigkeiterßdurch
Drücken schnell wieder zu entfernen, während die Elastizität zur
Folge hat, daß der Schwamm, sobald der Druck nachläßt, zu seiner
früheren Form und Größe zurückkehrt und dabei noch kräftiger
saugt als durch die, für sich allein wirkende Kapillarität.
Im Leben ist der Badeschwamm an der Oberfläche schwarz und
• •
im Innern gelblich* Meist finden sich eine oder mehrere Öffnungen
• •
in der Oberfläche, Öffnungen von 5 bis 10 und mehr Millimeter
Weite, welche in Röhren hineinführen, die in das Innere des
Schwammes eindringen. Die weiten Kanäle, welche von diesen
99
Löchern herabziehen, sind reich verästelt. Die Eudzweige sind eng
und entziehen sich wegen ihrer Kleinheit der Beobachtung.
Untersucht man den Schwamm mit dem Mikroskop, so erkennt
man, daß die konkaven Felder zwischen den kegelförmigen Vor-
ragungen an der äußeren Oberfläche von zahllosen, sehr kleinen
Poren durchbrochen werden und daher siebförmig erscheinen.
Diese Poren sind umgeben von kontraktilen Ringmembranen,
durch welche sie verkleinert und auch ganz geschlossen werden
können. Sie führen in Kanäle von beträchtlicher Größe hinein, die
sich unter der siebartigen Haut ausbreiten. Von diesen »Subdermal¬
räumen« gehen Kanäle gegen die Mitte des Schwammes ab. Die
letzteren sind reich verästelt und ihre Endzweige so klein, daß man
sie auch mit dem Mikroskop nicht immer leicht nachweiseu kanu>
Diese überaus feinen Endkauäle münden in kuglige oder bimförmige
Hohlräume von 0 ' 03 bis 0*04 mm Durchmesser. Mehrere solcher
Endkanälchen münden in je einen Hohlraum. Von jedem Hohlraum
entspringt je ein Kanal, welcher um ein vielfaches geräumiger ist
als die Endkanälchen, die in den Hohlraum hineinführen. Die
von benachbarten Hohlräumen entspringenden Kanäle vereinigen sich
zu immer größeren Kanälen, welche in jenes weite Rohr münden,
das, wie wir gesehen haben, mit weiter Öffnung au der Oberfläche
des Schwammes ausmündet.
Die äußere Oberfläche des Schwammes, sowie die Kanäle, sind
ausgekleidet mit einer einfachen Lage von sehr niedrigen, platten
Zellen, welche je eine Geißel tragen. Nur die Auskleidung jener oben
erwähnten- kugeligen Hohlräume ist andrer Natur; sie besteht aus
cylindrischen, hohen Zellen, von deren freien, dem Innern des
Hohlraumes zugewendeten Enden je ein kurzes häutiges, kegel- oder
cylinderförmiges Rohr abgeht, das aussieht wie ein dem Ende der
Zelle aufgesetzter Kragen. Dieser Eigentümlichkeit wegen heißen
die Zellen Kragenzellen. Von der Mitte des vom Kragen umgebenen
freien Endes der Zelle erhebt sich eine starke Geißel. Sie sind so
lang, daß die gegenüberliegenden Kragenzellen zugehörigen Geißeln
im Mittelpunkte des Hohlraumes sich kreuzen. Es erscheint derselbe
ganz durchsetzt von den Geißeln der Kragenzellen und heißt deshalb
Geißelkammer. Bei vielen andern Spongien sind die Geißelkam¬
mern größer und die Kragenzellen - Geißeln füllen sie daher nicht
ganz aus.
Wir sehen also, daß der Schwamm von sehr vielen Kanälen
durchsetzt wird, welche zur Bildung zweier Systeme zusammentreten.
100
Von außen führt ein System einführender Kanäle in den Schwamm
hinein. Dieses entspringt in dem Boden der subdermalen
Tangentialkanäle, welche sich unter der Oberfläche ausbreiten und
in welche von außen die kleinen Hautporen hineinführen. Das ein¬
führende System besteht aus zahlreichen getrennten, baumförmig
verzweigten Kanälen. An den Endzweigen dieser Kanalbäume sitzen
gleich Früchten die Geißelkammern. Das andere, ausführende System
besteht aus einem Kanalbaum, dessen mächtiger, mehrere Millimeter
weiter Stamm, das Oscularrohr, an der Oberfläche ausmündet. Jeder
Endzweig dieses Kanalbaumes führt in eine Geißelkammer hinein.
Der Raum zwischen diesen ineinandergreifenden verzweigten
Kanälen wird eingenommen von einer strukturlosen Füllmasse von
leimartiger Beschaffenheit, welcher zahlreiche Zellen eingelagert
sind. Hier finden sich die muskulösen und nervösen (?) Elemente,
die Geschlechtszellen und das Skelett, dessen Fasern durch eigens
differenzierte Elemente aufgebaut werden. Die skelettbildenden Zellen
— Spongoblaste genannt — bilden einen Mantel an der Oberfläche
feiner, körniger Fäden, die an solchen Stellen gebildet werden, wo
eine Faser entstehen soll. Sie erzeugen ein Sekret, welches in kon¬
zentrischen Schichten um den körnigen Axenfaden ausgegossen wird
und zu Spongin erstarrt. Rasch wächst in dieser Weise die junge
Faser in die Dicke. Sobald sie den richtigen Durchmesser erlangt
hat, sterben die Spongoblaste ab und verschwinden. Ein nachträg¬
liches Dicken Wachstum dieser Verbindungsfasern des Skeletts findet
nicht statt. Die viel dickeren longitudinalen Hauptfasern wachsen
— in ähnlicher Weise — nicht nur nachträglich rasch in die Dicke
sondern auch stetig in die Länge, indem eine Kappe von Spongo-
blasten auf ihre Vegetationsspitze immer neue Sponginlagen nieder¬
schlägt und die von außen her aufgenommenen Fremdkörper mitein¬
ander verkittet.
Eigentümlich und charakteristisch für die Spongien sind die
Kragenzellen, welche die Geißelkammern auskleiden. Bei keinem
anderen vielzelligen Tier sind solche Elemente beobachtet worden
Nur einige Flagellaten haben eine ähnliche Gestalt.
Die Geißeln an den Zellen, welche die Kanäle auskleiden, sind in
steter Bewegung, und zwar schwingen sie pendelartig in der Längs¬
richtung des Kanals hin und her. Sie sind derart gebaut, daß sie
nach einer Seite und zwar nach innen — gegen die Mitte des
Schwammes zu — biegsam, nach der entgegengesetzten — zentri¬
fugalen — Richtung aber unbiegsam sind. Die Folge davon ist, dass
101
sie bei ihrer peiidelartigen Bewegung gestreckt und starr sind, wenn
sie centripetal — nach innen zu — schwingen ; daß sie sich aber,
infolge des Widerstandes des Wassers, welches den Kanal erfüllt,
bei der Rückschwingung in centrifugaler Richtung — nach außen —
biegen. Es ist klar, daß diese eigenartige Bewegung der Cilien
einen Wasserstrom in dem Kanäle erzeugen wird, einen Strom, der
von außen nach innen in centripetaler Richtung sich bewegt.
Schon Grant und Lieberkühn haben vor vielen Jahren
diesen Wasserstrom beobachtet. Er tritt durch die kleinen Haut¬
poren ein und durch die große Öffnung am Ende des Oscularrohrs
— das Osculum — aus.
Meine Vergiftungsversuche haben ergeben, daß schwächere Gifte
(Strychnin, Veratrin etc. 1 : 1000) die Zellen in den Kanalwänden,
welche durch die Schwingung ihrer Cilien den Wasserstrom erzeugen,
nicht paralysieren und daß diese Cilienschwingung so lange andauert,
als noch irgend Leben im Schwamme ist. Erst mit dem Tode hört
sie auf und mit ihr der Wasserstrom.
Es durchzieht also ein ununterbrochener Wasserstrom den ganzen
Schwamm. Durch die kleinen Hautporen tritt er in den Schwamm
ein, durchzieht die einführenden Kanalstämme und verteilt sich in
den Verzweigungen derselben. Er gelangt durch die Endzweige des
einführenden | Systems in die Kammern, durchkreuzt sie und setzt
dann seinen Weg durch die Kanäle des ausführenden Systems fort,
um sich schließlich durch das Osculum nach außen zu ergießen.
Daß der Wasserstrom für das Leben des Schwammes von der
größten Bedeutung sein muß, leuchtet a priori ein. Daß er die
Atmung an den Kanaloberflächen ermöglicht, kann nicht zweifel¬
haft sein. Daß aber auch die Nahrungsaufnahme auf dem Wasser¬
strom beruht, haben erst meine Fütterungsversuche dargethan.
Ich experimentierte mit Karmin, Stärke und Milch. Die Ver¬
suchsschwämme wurden in Aquarien gesetzt, deren Wasser durch
einen Luftstrom in steter Bewegung erhalten wurde. In das Wasser
wurden die zu verfütternden Substanzen eingetragen. Die Spongien
wurden l1^ bis 36 Stunden in diesen Mischungen von Meerwasser
mit Stärke, Milch oder Karmin belassen und dann entweder gleich
getötet, oder hernach noch 21/* bis 72 Stunden in reinem Meer¬
wasser gehalten und erst daun getötet. Sämtliche Exemplare
wurden dann in Schnittserien zerlegt, durch deren Vergleichung
ich eine Vorstellung über die Art der Nahrungsaufnahme der
Spongien erlangte. Es zeigte sich, daß Stärkekörner, sowie Karmin-
102
körnchen und Milchkügelchen mit dem Wasserstrom in das Innere des
Schwammes gelangen und zwar Milchkügelchen sogleich — Karmin
und Stärke erst nach Ablauf einiger Stunden.
Die 5 Stunden und länger gefütterten Exemplare enthalten
zahlreiche Karminkörner und Milchkügelchen in den Kragenzellen
der Geißelkammern, jedoch keine Stärkekörner, welche zu groß sind,
um aufgenommen werden zu können.
An der äußeren Oberfläche und in den Kanalwänden kleben
nur sehr wenige Karminkörnchen, und ein Blick auf die Präparate
zeigt, daß jedenfalls die Kragenzellen der Geißelkammern allein es
sind, welche solche, im Wasser schwimmende Körper in sich anf-
nehmen.
Die Untersuchung jener Exemplare, welche nach der Fütterung
noch längere Zeit in reinem Meerwasser gehalten wurden , ergibt,
daß die Karminkörner von den Kragenzellen später wieder ausge-
stoßeu werden, während die Milchkügelchen in den Krageuzellen
teilweise zerfallen. Die Bruchstücke der letzteren werden von den
Kragenzellen auf bewegliche Elemente übertragen, die in der leim¬
artigen Füllmasse des Schwammes — der Grundsubstanz — umher¬
kriechen. Die letzteren ambulanten Zellen, welche »amöboide
Wanderzellen« genannt werden, besorgen den Nahrungstransport,
indem sie die von den Kragenzellen aufgenommenen Nährstoffe dort
hin bringen, wo Nahrung gebraucht wird.
Meine Vergiftungsversuche haben gezeigt, daß sowohl die kleinen
Hautporen als auch die Mündungen der Endzweige des einführen¬
den Systems in die Kammern sich stark zusanunenziehen, wenn
Gifte im Meerwasser in Lösung sind. Strychnin von nur 1 : 15000
Stärke bewirkt schon eine kräftige Kontraktion der Riugmuskeln in
der Umgebung der Hautporen, häufig sogar den Verschluß derselben.
Es ist also auzuuehmen, daß der den Schwamm durchziehende
Wasserstrom unterbrochen wird, wenn schädliche Substanzen in dem
Wasser gelöst sind, welches den Schwamm umgibt; und zwar
wird die Hemmung des Wasserstroms durch Verschluß der Haut¬
poren und nicht etwa durch einen Stillstand in der Bewegung der
Cilien veranlaßt. Die letzteren fahren fort zu schlagen und es dauert
in solchen Teilen des Schwammes, wo die Haut verletzt ist, trotz
der Anwesenheit von Gift die Strömung des Wassers an. Wenn
man nämlich einen Schwamm etwa drei Stunden in vergiftetem
Karminwasser hält, so wird man finden, daß die Hautporen ge¬
schlossen und die Kammern unter unverletzten Hautpartien karmin-
103
frei sind, daß aber unter verletzten Hautstellen Karmin in den
Kammern abgelagert wurde.
Aus dem Ei des Badeschwammes entwickelt sich ein frei¬
schwimmender, cilienbekleideter Embryo, welcher einige Zeit im
Wasser herumschwärmt, sich dann festsetzt, die regelmäßige Gestalt
eiubiißt und zu einem Fladen auswächst, in welchem Hohlräume ent¬
stehen, die später an Durchbruchstellen der Hautschicht mit der
Außenwelt in Verbindung treten. Die Höhlen werden zu Kanälen
und Geißelkammern, und es beginnt ein Wasserstrom dieselben zu
durchziehen.
Wenn innere schädliche Einflüsse den jungen Schwamm be¬
drohen, werden die Hautporen geschlossen und so der Wasserstrom
abgestellt. Abgesehen hiervon durchströmt ohne Unterbrechung das
Wasser die Kanäle und Geißelkannnern des Schwammes. Dieses
Wasser bringt Sauerstoff und Salze in Lösung mit, welche dem
Schwamme zur Atmung und zur Ernährung dienen. Der Gasaus-
ausch dürfte wohl auch von den Plattenzellen der Kanalwände ver¬
mittelt werden. Die Aufnahme der gelösten Salze findet durch die
Kragenzellen statt. Außer den gelösten Stoffen führt das Wasser
aber auch feste, darin schwimmende Körper von geringen Dimensionen
mit. Solche gelangen mit dem Wasserstrom ins Innere des Schwam¬
mes. Größere feste Körper können nicht hinein wegen der Kleinheit
der Hautporen. Kleine Protozoen und Algen, sowie durch Fäulnis
organischer Körper im Wasser abgelöste, halbmacerierte Gewebefetzen
werden hineingelangen in die Kanäle und aufgenommen von den
Krageuzellen. Wie viel Nahrung in solcher und wie viel iu gelöster
Form dem Schwamm zugeführt wird, läßt sich nicht gut bestimmen,
aber sicher dürfte es wohl sein, daß ein Teil des notwendigen Nähr¬
materials durch Aufnahme gelöster Stoffe aus dem Meer wasser ge¬
wonnen wird. So besonders der Kalk und der Kiesel , die zum
Aufbau der Skelette verwendet werden. Alle Einrichtungen des
Kanalsystems weisen darauf hin, daß der Schwamm bestrebt ist?
feste Körper überhaupt von sich fern zu halten, und es ist daher
anzunehmen, daß seine Nahrung nur aus gelösten Stoffen und sehr
kleinen zarten und weichen suspeudierten Körpern besteht.
Der Schwamm wächst sehr langsam. Es ist bekannt, daß
kleine Teilstücke sieben Jahre brauchen, um zu Badeschwämmen von
einigem Handels wert heranzuwachseu. Dieses langsame Wachstum
weist darauf hiu, daß Nahrungsaufnahme und Stoffumsatz bei den
Spougieu recht langsame sind.
104
Einige Spongien werden anderthalb Meter lang und auch unter
den Badeschwämmen (Hippospongia) von den Bahamas findet man
kuchenförmige Stücke von nahezu einem Meter Durchmesser. Solche
Biesen dürften wohl mehr als ein halbes Jahrhundert alt sein.
Wildscliafe, Wildziegen, Antilopen des Himalaya.
Von Dr. Langkavel- Hamburg.
In einem kleinen Aufsatze im vorigen Jahrgange dieser Zeit¬
schrift hatte ich auf S. 299 den Wunsch ausgesprochen, daß, wie
von Norden her besonders durch General v. Prschewalski über
die Wildschafe des centralen Asiens den Zoologen viel wertvolles
Material zugegangen, so auch von Süden her durch die Engländer
uns solches zu Teil werden möchte; und eher, als ich es dachte, ist
dieser Wunsch in Erfüllung gegangen durch das kürzlich erschienene
Werk D. Macintyres: »Hindu-Koh. Wanderings and wild sport
on and beyond the Himalayas, mit Abbildungen, London, 1889.« Der
Verfasser war 30 Jahre lang Offizier in einem Gorkharegimente und
hatte häufig Gelegenheit dem Waid werk im Hochgebirge obzuliegen.
Das höchst anziehende Buch macht uns mit den zahlreichen Zwei¬
hufern des Gebirges, den Raubtieren, dem geflügelten Wilde u. s. w.
eingehend bekannt. Nur ein Inhaltsverzeichnis derart, daß man
leicht die zerstreuten Notizen für jedes einzelne Tier finden könnte,
fehlt. Dies hat sich also der Leser selbst anzufertigen, und darnach
möchte ich im folgenden seine Erfahrungen und Beobachtungen
über Wildschafe, Wildziegen und Antilopen wiedergeben.
Macin tyre beobachtete
Psendois nahoor
auf den grasreichen Abhängen unterhalb der Schneegrenze des
Kallee-Thales, in Tibet südlich von Chuschul, auf den Bergen am
See bei Karsok, bei Milum, am Niti-Passe, bei Goting uud gewann
für seine reichhaltige Sammlung mehrere sehr schöne Exemplare:
»Revenons ä nos moutons«, schreibt er nach Schilderung verschie¬
dener Hirscharten. In den verschiedenen Gegenden des Himalaya
wechselt die Größe des Burreil oft bedeutend, doch glaubt er die
Schulterhöhe erwachsener Widder durchschnittlich auf 33 Zoll an¬
geben zu können. Seite 292 enthält eine Photographie des Kopfes.
Die dicken Hörner, welche seitlich sich abwärts krümmen, haben
eine Länge von 30 Zoll, an der Basis einen Umfang von fast einem
105
Fuß. Das schöne Fell mit dickem, elastischem Haar ist bläulich¬
grau, besetzt mit schwarzen und rein weißen Flecken. Im Winter
sehen sie am besten aus, weil dann die Farbe entschiedener schiefer¬
blau ist. Die Schafe sind kleiner als die Böcke, ihre Hörner viel
dünner und kürzer, die Farbe verblaßter, das Schwarz und Weiß
weniger genau begrenzt. Sie werfen im Frühling gewöhnlich zwei
Lämmer und gehen während dieser Jahreszeit nur in kleinen Trupps,
bisweilen nur zwei oder drei beisammen, die Böcke bleiben allein;
nur im Herbst scharen sich alle zu großen Herden zusammen.
Bevorzugte Weideplätze liegen stets offen und haben an den Gehängen
unterhalb der Schneegrenze nur kurzes Gras. Das Fleisch der jungen
Widder und der Schafe ist im Herbst ebenso zart, fett, duftend wie
ein englischer Hammel. Ihr Geruchsorgan ist sehr scharf; werden
sie beunruhigt, erschallt als Warnung ein schriller Doppelpfiff.
Ovis Ammon des Himalava.
•*
Auf seinen verschiedenen Jagdausflügen fand Macintyre dies
Wildschaf besonders häufig in Hunges z. B. an den Läl Däkä (roten
Bergen) bei Dongpu, sodann südlich vom Jndus in den weiten, fast
unbewohnten Distrikten von Hanle und Rukschu (ungefähr 77° östl.
Länge v. Gr. und 33° nördl. Breite und im Paugong Countrv ;
Liebliugsplatz alter Widder ist auch die chinesische Grenze östlich
von Chuschul.
Diese Wildschafe fanden sich einzeln und in Herden. Einst
ließ ein großer schöner Bock, der sich gelagert hatte, den Reisenden
auf 900 Fuß herankommen, bevor er aufstand und langsam sich
entfernte. Zwei Herden bestanden aus sieben Böcken, eine aus fünf;
eine andere hatte neun Mutterschafe, wieder eine andere sechs solche
und fünf Lämmer, eine sogar zwanzig Schafe und Lämmer. Öfter
traf er die Tiere in Höhen von 19,000 Fuß, und sie nahmen ihn
wahr schon auf 600 Fuß.
Es ist nichts Ungewöhnliches, daß ein erfahrener Jäger Tage
lang wandern muß, um sie anzutreffen; denn ein alter Bock ist
das ruheloseste Wild, das existiert; selbst der kräftige Hochland¬
hirsch ist hierin nichts gegen ihn. Die von ihm erwählten Weide¬
plätze liegen stets so offen, daß es unmöglich ist, ihm zu nahen;
der in diesen Höhen stetige Luftstrom bringt ihm alsbald die Witte¬
rung. Uber ein Chaos von zerschlagenen scharfen Steinen und
Felsstücken geht dies Wildschaf nicht gern. Wegen seiner großen
Vorsicht und Schlauheit haben das deutsche Sprichwort: »Der Mensch
denkt, Gott lenkt« englische Sportsmen im Himalaya abgeändert
106
X
in: »Man proposes, and the Ovis Ammon very often disposes«. Bei
Hanle waren stets viele; als aber zwei Jäger dort längere Zeit ge¬
jagt hatten, ohne eins zu erlegen, waren auf längere Zeit alle aus
jener Gegend verschwunden.
Ein ausgewachsener Bock ist gegen zwölf Hand hoch ; sein
Haar kurz, weich, dicht anliegend; die Farbe hellbräunlichgrau,
dunkler gegen den Widerrist, den oberen Teil der Vorderbeine und
die Mitte des Rückens. Im Herbst wird er an allen Teilen dunkler
und glatter, aber unter der Brust und am Bauch bleibt er viel
heller, fast weiß. Die eher schmächtigen und für ein Schaf ver¬
hältnismäßig dünnen Beine sind auch fast weiß, haben aber vorn
unten einige braune Flecken. Bei alten Böcken ist das Haar vorn
an der Schulter sehr lang, ungefähr wie eine große grauweiße
Krause, die Schnauze weiß, vom Schwanz kaum eine Spur. Ein
von Macin tyre erlegter wog 360 Pfund. Wahrscheinlich den größten
Widder schoß einst Colonel Smyth ; es war ein sehr altes, zahnloses,
übergroßes Tier mit immensen Hörnern, aber nur Haut und Knochen
und so mager, daß selbst die Hoonyas, die sonst Wildpferde, Hunde,
Füchse, überhaupt kein größeres Tier verschmähen, sich nicht über¬
winden konnten, dessen Fleisch zu genießeu.
Die mächtigen, tief geringelten, an der Stirn fast zusammen¬
stoßenden Hörner sind schön anfwärts und dann rückwärts gebogen,
die Spitzen winden sich nach vorn gegen die Wangen und zuletzt
etwas nach außen. Im Gewicht werden sie von denen keiner andern
Wildschafart übertroffen außer von Ovis Poli , dem Bewohner der
Pamirsteppen und anderer nördlicher Teile Turkestans. Obgleich
die Hörner dieser letzten Art viel länger sind, einen bedeutend
großem Umfang haben in der Krümmung, sind sie doch nicht so
dick wie die von Ovis Ammon. Gegen 40 Zoll Länge und 17 bis
18 Zoll Umfang an der Basis mag die durchschnittliche Größe eines
guten Ammonshornes sein, obgleich viele oft bedeutend dicker sind;
aber bei allen sehr großen Exemplaren ist meist die Spitze stark
beschädigt, und dadurch wird sie mindestens einige Zoll kürzer.
Ein Kopf wiegt ungefähr 40 Pfund; er erscheint nicht zu groß
und unangemessen dem Leib des Tieres gegenüber. Die Schafe sind
bedeutend kleiuer und heller, haben kurze, gekrümmte Hörner aber
keine Krause. Seltsam ist, daß sie viel weniger schlau und vor¬
sichtig als die alten Böcke sind. In jedem Frühling werfen sie ein
Lamm. Wenngleich diese Wildschafe oft bis auf die höchsten Berge
wandern, so klettern sie doch nicht und unterscheiden sich dadurch
107
besonders von dem nahen Verwandten der Rocky Mountains, Ovis
montana, einem ausgezeichneten Kletterer. Während der Brunftzeit
kämpfen die Widder viel miteinander, und das Zusamraenschlagen
der Hörner bei Windstille auf den tibetischen Hochebenen kann
man oft in weiter Ferne vernehmen. Weil die Jagd auf alte Böcke
meist eine vergebliche ist, ist der Ammonkopf die erste Trophäe
alles Wildes aus dem Himalaya, und wem es geglückt ist, solch Tier
zu erlegen, der hat so zu sagen verdient das »blaue Band« des
Himalaya Sportes. Colonel Smyth hatte einst das überaus seltene
Glück, in einer Höhe von 20,000 Fuß am Yurla Mandrata mit
einem einzigen Schüsse zwei Widder zu erlegen. Im Himalaya wird
Ovis Ammon genannt: Nian.
Ovis cy clocer os Hutton
findet sich in einigen Teilen des Pandschab, z. B. bei dem süd¬
östlich von Peschawur gelegenen Rawul Pindi, wo es auch Macintyre
jagte, und in den niederen Gebirgszügen Afghanistans. Mit diesem
IJrial haben einige für identisch gehalten
Ovis Vignei Blyth,
und doch ist ein nicht kleiner Unterschied zwischen den beiden.
Die Hörner dieser letztem sind etwas dicker und weniger kreis¬
förmig, das Haar im Gesicht und au der Kehle viel dunkler, und
dann erscheint es dem Reisenden auch sonderbar, daß zwei Tiere
so sehr ähnlich sein sollten, die in so verschiedenen Höhen und
Klimaten leben ; Ovis cycloceros geht gewöhnlich nicht über 2 bis
3000 Fuß hinaus, das zweite aber findet sich selten unter 10,000 Fuß.
Capra sibirica.
Der Steinbock des Himalaya hat durchschnittlich eine
Schulterhöhe von 3 x/2 Fuß, ist sehr kräftig gebaut und gleicht im
• •
Äußern, Aufenthalt und Gewohnheiten dem Alpensteinbock, nur ist er
viel größer an Leib und Hörnern. Die Farbe dieser Tiere ist schwer zu
beschreiben, weil sie wie bei dem meisten Wild dieser Gegenden
nach den Jahreszeiten sich erheblich ändert und manche Böcke viel
dunkler als andre werden. Im Frühjahre sind sie schmutzigweiß,
an Schultern und Flanken in braungrau, an den Beineu in braun
übergehend. Eine braune Linie läuft über den Rücken und endet
in den sehr dunkelbraunen kurzen Schwanz. Kopf und Nacken
sind rötlichbrauu, ein fast schwarzer und beinahe sechs Zoll langer
Bart hängt vom Kinn herab. In der späteren Jahreszeit wird das
Schmutzigweiß entschieden braun. Wie bei den zahmen Ziegen des
Himalaya findet sich auch hier im Winter unter dem Oberhaar ein
108
, _ \
weiches Wollhaar, Puschum. Der Verfasser gibt auf S. 192 eine
Abbildung des Schädels mit den Hörnern und bemerkt an einer
anderen Stelle, daß viele Abbildungen oft ganz verkehrte Vorstel¬
lungen erwecken, denn die Hörner gehen nicht weit über den Rücken
hinweg, sondern krümmen sich nur über der Schulter. Das Weibchen
ist kleiner als der ausgewachsene Bock, hellrötlichbraun, besitzt
dünne Hörner, die selten länger als einen Fuß sind, während die
des Bockes 50 Zoll und mehr erreichen mit einem Basisumfange von
10 Zoll. Eine rings um das Horn gehende Falte bezeichnet das
jährliche Wachstum, nicht aber, wie öfter angenommen wird, die
Knoten an der Vorderseite.
Nach Macintyres Beobachtungen ist deren Gesicht schärfer als
der Geruch. Da sie nun Gefahren, die von oben her drohen, schwerer
erkennen, so muß der Jäger versuchen, sich von dort her ihnen zu
nähern. Im Frühling und Frühsommer weiden sie zu jeder Tages¬
zeit und halten Siesta nur während weniger Stunden. Im Winter
ziehen sie weiter au den Abhängen hinab. Sobald ein Tier etwas
Ungewöhnliches wahrnimmt, läßt es einen warnenden Pfiff ertönen,
in den bald alle andern einstimmen, denn bisweilen gehen sie in
großen Herden, gewöhnlich aber nur in Zahl von 6 — 20, die alten
Böcke meist allein, nur nicht zur Brunftzeit. Trotz der von Jägern
erlegten, durch Lawinen getöteten, von wilden Hunden niedergeris¬
senen Tiere bemerkt man doch auf den besuchteren Jagdgründen
nur eine geringe Abnahme, weil jede Steingeis jährlich gewöhnlich
zwei Zicklein setzt. Der Reisende befragte in Kaschmir einen alten
Jäger in Betreff der Ibex-Legende vom Herabstürzen aus großer
Höhe auf die Hörner und erhielt die Antwort, daß, wenn sie arg
bedrängt werden, sie aus unglaublichen Höhen hinunterspringen.
Wegen des großen Gewichtes der Hörner legen sich diese während
des Luftsprunges nach vorwärts, und so gewinnt es den Anschein,
als ob die Tiere, während die Vorderfüße den Boden berühren, die
Hörner absichtlich so gehalten hätten. Eine Varietät, welche der
Reisende aber nicht selber beobachtet hat, bewohnt einige Gebirge
des westlichen Indiens, in Scind, und soll dem Ibex des westlichen
Asiens sehr ähnlich sein ; deren Hörner sind aber leichter und
weniger gewulstet als die der Himalaya-Art. Der Himalaya-Stein-
bock ist ziemlich häufig in gewissen Teilen östlich bis an die Provinz
Spiti, doch nicht östlich vom Sutlej-Flusse. Der Jäger kann wochen¬
lang vergeblich nach alten Böcken suchen ; wenn ihn aber das Glück
sehr begünstigt, dann erlegt er 4 — 5 in eben so vielen Tagen.
109
Der sogenannte Stein bock der Nilgkerries von Madras,
Hemitragus liylocrius , scheint ganz verschieden von Capra caucasica und
C. sibirica zu sein ; die kurzen Hörner gleichen mehr denen des Tahr.
Capra megaceros Cunn.
Vom Markkor finden sich mehrere Abbildungen im Buche; auf
Seite 223 drei unter sich sehr verschiedene Hörnerpaare aus drei
verschiedenen Lokalitäten, S. 225 eine Abbildung des ganzen Tieres
(vom Pir Punchal) und S. 242 eine photographische Abbildung des
Kopfes nebst Hörnern (von eben daher). Eine Vergleichung der
zweiten mit jener in Brehms Tierleben ergibt bedeutende Unter¬
schiede. Bei Macintyre ist die Nase mehr ramsartig, der Hals
länger und an den Seiten und hinten mit etwas gekräuselten Haaren
besetzt, vorn dagegen von der Kehle an über die Brust bis zu den
Vorderbeinen hängen die Haare, welche ungefähr Kopflänge haben,
straff herab, und schließlich finden sich längere Haare in einem nicht
breiten Streifen auf der Rückenlinie, aber nicht, wie bei Brehm, breit
über den ganzen Rücken.
Im nördlichen Himalaya und in den Gebirgen an seiner nord¬
westlichen Grenze sind besonders drei Stellen bekannt, an welchen
Markhore Vorkommen, und in allen dreien ist die Gestalt der Hörner
eine völlig andere. Die Hörner jener Varietät, welche im Pir
Punchal und Kajnag-Gebirgszuge westlich vom Kaschmirthal ge¬
funden werden, besitzen drei oder vier Spiralen (so wie bei Brehm)
und erreichen manchmal eine bedeutende Länge. Hingegen tragen
die Tiere in den Gebirgen nördlich vom Kaschmirgebiete Hörner,
die zwar von gleicher Länge sind, aber nur mit zwei Windungen,
und die Spitzen stehen fast noch einmal so weit voneinander ent¬
fernt wie bei der vorigen Varietät. Die dritte Varietät findet sich
im Dehrajet-Gebiete, westlich vom Indus, im Suliemani-Gebirgszuge,
hat Hörner von ungefähr halber Länge der vorigen mit 7 — 8 scharfen
Windungen und zwar völlig gerade. Die Ziege, Bukri genannt, hat
kaum mehr als die halbe Größe des Bockes, ist gleichmäßig hell¬
bräunlich und trägt kleine Spiralhörner, die selten länger als 15 Zoll
sind. Die Jungen heißen »Rind« und sind in der Herde aus der
Ferne kaum von den Ziegen zu unterscheiden. Der Reisende sah
stets nur ein Junges bei der Ziege. Nur die alten Böcke werden
dort Markhor genannt, und sie leben wie jene von Ibex und Tahr
im Sommer getrennt von den Ziegen. Die Tiere lieben steinige
Klippen, steile Grasabhänge, Felspartien bestanden mit Pinus und
Birken, nahe den Schneefeldern und Gletschern, und selbst im
110
Winter bleiben die Böcke so wohlgenährt wie im Sommer, weil sie
dann besonders von Pinus-Schößlingen sich nähren sollen. Unter
den Geschenken der Häuptlinge zwischen Gilgit und Kafiristan, so
berichtete einst Montgomerie in einem Memorandum, befand sich
für das Museum der Asiatic Society ein lebender, prachtvoller Bock,
den vier Männer geleiteten. Er war hellgelblich, trug zwei kapitale
Hörner, einen schönen langen Bart, und seine Stirn war Fuß
vom Erdboden entfernt. Ich möchte diesem noch hinzufügen, daß
auch die Abbildung auf Tafel VII in Cunuingham’s Ladak nicht viel
Ähnlichkeit mit der bei Brehm besitzt.
Hemitragus jemlaicus.
Die ziemlich kurzen Mitteilungen Markhams und Adams bei
Brehm erfahren durch die vielen Beobachtungen Macintyres eine
erfreuliche Bereicherung. Zu Anfang eines April wanderte er nach
dem Chipla-Berge , einem Lieblingsaufenthalte des Tahr auf den
felsigen Abhängen dicht unter der Schneegrenze. Hier, in solchen
Höhen, entwickelt er sich zu einer bedeutenden Größe, während die
in den obern Teilen von Mittelgebirgen gefundenen Tahre bedeutend
kleiner bleiben. Nie sah der Reisende im Himalaya ein wilder
blickendes Tier als einen alten Tahrbock, dessen Hörner die Länge
von 12 — 14 Zoll erreichen und an der Basis einen Umfang von
9 Zoll besitzen. Die Ziege, Tehrny genannt, ist kleiner, heller,
weniger zottig, mit ebenso gestalteten, aber viel kleineren Hörnern.
Während des Sommers bis in den Oktober hinein bleiben die Böcke
allein und zwar an den wildesten und unzugänglichsten Abhängen.
Ihre Farbe ist dann oft so dunkel, daß sie aus einiger Entfernung
fast wie schwarz aussehen. Macintyre schoß einen solchen, den einer
seiner Begleiter auch Kr äs nannte, an einer Stelle, wo sie seit
30 Jahren nicht beobachtet worden waren; er war also vielleicht
ein durch wilde Hunde versprengtes Stück. Im Sommer ziehen die
Ziegen mit den Jungen in Herden bis 25 au Zahl, doch ist nicht
diese Jahreszeit oder der Frühling am passendsten für ihre Jagd,
sondern der Oktober und November, wenn die Böcke aus der Höhe
herabsteigen und durch das Winterkleid leichter zu erkennen sind.
Die Weidezeit ist, wie bei allem Wild in den hohen Regionen des
Himalaya so auch beim Tahr, sehr unregelmäßig; zu allen Stunden
des Tages kann man sie weiden sehen und besonders bei feuchtem
und wolkigem Wetter, weil sie dann nicht gezwungen werden, wegen
der Hitze der Vormittagsstunden den Schatten der Felsen aufzu¬
suchen. Tahrfleisch wird von den Eingebornen häufig als eine Art
D O
111
Medizin genossen gegen Fieber und Rheumatismus und wird deshalb
auch getrocknet verkauft; die Kuochen, welche dieselben Dienste
leisten sollen, verschickt man dahin, wo Tahre fehlen. Macin ty re
beobachtete wiederholt, daß regelmäßig da, wo Tahre weiden, die
Munals oder Im peyan-Fasaue zahlreich Vorkommen. Sobald ein
solcher, der gleichfalls scharfe Augen besitzt, einen Menschen in
der Ferne erblickt, schlägt er laut Alarm, warnt die Tahre, die
nun auch aufmerksam und unruhig werden und — vorbei ist es
mit jedem Jagderfolge.
Nemorhoedus goral.
Von der »Himalaya Gemse« gibt Macintyre zwei Abbil¬
dungen, des Kopfes auf S. 43, des Schädels auf S. 292. Sie kommt
überall im Himalaya auf steilen Abhängen, die mit etwas Wald bestan¬
den sind, vor, aber selten unter 3000 Fuß. Ein ausgewachsener Bock
hat 28 Zoll Schulterhöhe, ist einfarbig graubraun mit weißem Fleck
an der Kehle; die Beine sind derb, ziegenähnlich und dunkler als
der Körper. Beide Geschlechter besitzen kurze schwarze Hörner,
beim Bock bisweilen 7 Zoll lang, die von der Basis bis gegen die
halbe Länge geringelt, daun etwas rückwärts gekrümmt sind; beim
Weibchen sind sie kürzer und dünner. Der Reisende sah das Fell
eines Albino, der in den Kumaon-Hügeln erlegt war. Bei den Ein-
gebornen herrscht der Glaube, daß, wer solch Tier erlegt, an dem¬
selben Tage irgendwie Unglück hat. Ist diese Gemse über irgend
eine Gefahr noch im Unklaren, so besteigt sie eine Felsspitze und
hält Umschau ziemlich lange; findet sie Gefahrdrohendes, so ertönt
ein Laut, der ungefähr wie »tschick« klingt, und sie verschwindet
spurlos. Der Reisende erlegte 60 Stück. Wenn wir mit Obigem
Wagners ausführliche Beschreibung in v. Hügels Kaschmir IV, 578
vergleichen, so zeigt sich recht deutlich, wie der Goral im Haar-
• •
kleide nach Jahreszeit und Örtlichkeit wechselt.
Nemorhoedus hubalina.
Auf den äußeren Gebirgsketten des Himalaya, die sich von
Dehra Doon unvermittelt erheben, findet sich dies Tier, das sonst
nirgendwo in größerer Anzahl auftritt, ziemlich häufig. Wie der
Goral des Himalaya und die Ziege in Europa, so ist dies Tier eins
der Bindeglieder zwischen Antilope und Wildziege; in der Kopfbil-
düng und den langen Ohren hat es Ähnlichkeit mit dem Esel. Die
Schulterhöhe ist durchschnittlich 3 Fuß, der hintere Teil des Rückens
aber 2 — 3 Zoll niedriger. Auf dem dicken, kurzen, schwarzen Nacken
steht eine struppige Mähne von kurzen schwarzen Haaren bis zum
112
Widerrist, und dies in Verbindung' mit dem fast schwarzen Kopfe,
den langen Ohren, der grauen Schnauze, den kurzen schwarzen
Hörnern und den dunkeln funkelnden Augen gibt dem Tiere ein
wildes Aussehen, und sein Charakter bewahrheitet das. Die Farbe
des Körpers ist ein Rötlichgrau mit Schwarz untermischt, der Rücken¬
streif schwarz, der Schwanz sehr kurz. Seiten und Vorderbeine sind
rötlichbraun, von oberhalb der Kniee an nach unten rahmweiß; die
gewöhnlich 9 — 10 Zoll laugen, runden, nach hinten gekrümmten,
schwarzen Hörner sind in 2/ 3 ihrer Länge geringelt, die Spitzen
scharf. Die Ohrläuge beträgt 8 Zoll. Lieblingsplätze des Tieres
sind die dichten Bambusjunglen, die es nur früh morgens und spät
abends verläßt; denn, obgleich es stets zu heftigem Kampfe mit
seinesgleichen aufgelegt ist, ist es doch überaus scheu. Das Weibchen
ist dem Männchen sehr ähnlich in Größe und Aussehen, und auch
die Hörner sind fast vou derselben Länge und Dicke. Der Warnruf
besteht in einem kurzen schrillen Pfeifen mit gleichen Intervallen.
Wie das Moschustier, legt auch dies seinen Kot an bestimmten
Stellen zu großen Haufen ab. Die Eingebornen nennen es Surron,
in Kumaon und Nepal dagegen Thär oder Tähr, während der eigent¬
liche Tahr dort Iharrel genannt wird. Im westlichen Himalaya soll,
aber ziemlich selten, eine rote Varietät des Surron Vorkommen.
Kenias Hodgsonii.
Da wir über die tibetische Antilope schon durch andere
Reisende, allen voran durch General v. Prschewalski, in manchem
ziemlich genau unterrichtet sind, so bringen die vielen eingestreuten
Bemerkungen Macin tyres, natürlich abgesehen vou den trefflichen
Jagdschilderungen, nur wenig neues zur Hornfrage der W'eibchen. Die
Schulterhöhe schwankt zwischen 32 — 44 Zoll. Das dichte weiche
Haar ist fast wollig und am Körper sehr hellgelblichgrau, das an
der Brust und der Innenseite der Beine in Weiß übergeht. Dunkel¬
braune Flecken zeigen sich an der Vorderseite der Vorderbeine bis
zur Schulter, ein schwarzer im Gesicht zwischen den Augen. Die
Schnauze ist seltsam aufgetrieben und dient vielleicht zur Erleich¬
terung der Respiration in so bedeutenden Höhen. Der 4 Zoll lange
Schwanz endet mit weißer Spitze. Die schwarzen, 2 Fuß langen
Hörner, von der Stirn aus bis zu 2/ 3 der Länge gewulstet, sind zuerst
gerade und fast parallel, biegen sich aber zuletzt schwach lyraförmig.
Das Weibchen, oder das, was Macin ty re dafür hielt, weil er keins
geschossen, scheint in der Farbe dem Bock sehr ähnlich zu sein,
aber hornlos und ohne den schwarzen Fleck zwischen den Augen.
113 —
Er sah verschiedene Herden dieser hornlosen Tiere und bedauerte
später aufrichtig keins erlegt zu haben, weil es ja noch ein streitiger
Punkt sei, ob sie ganz hornlos oder nur dünne, ganz kurze Hörner
besäßen. Man trifft diese Antilope häufig auf wellenförmigem Terrain,
aber nie unter 15,000 Fuß. Wie alles tibetische Wild, hat auch
sie scharfes Gesicht und Geruch. Die Tibeter nennen sie Tsos,
die tibetische Gazelle dagegen Goa. Beide leben auch im Huudes,
aber wohl nur nördlich vom Sutlej oder weiter östlich jenseits des
Mansorawar Sees.
Nördlich von Leh soll in den wüsten Steppen das Einhorn
gefunden werden. Unser Sportman versteht darunter eine, vielleicht
diese Antilopenart, und ich möchte bei dieser Gelegenheit an die
• •
gleiche Äußerung Prof. Robert Hartmanns erinnern in der Zeitschrift
der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin, III, 1868, S. 262.
Gazella JBennettii.
Die Eingebornen nennen dies Tier Chinkärä, die Engländer
ravinedeer. Es lebt in einigen Teilen des Pandschab, aber nur auf
steinigem Grunde und bildet eine ausgezeichnete Jagd, obgleich es
eigentlich schade ist, solch anmutiges kleines Geschöpf niederzu-
kuallen. Die Tierchen sind so zart von Gestalt, ihr braunlohfarbenes
Kleid gleicht so sehr dem Boden, auf welchem sie sich aufhalten,
daß sie mehr kleinen Phantomen als wirklichen Wesen gleichen,
da sie plötzlich erscheinen und verschwinden, wie wenn sie in die
Tiefe versunken wären. Ein guter Bockskopf ist stets eine schöne
Trophäe, wenngleich die Hörner selten länger als 14 Zoll sind.
Antilope lezoartica.
Der »Black buck« ist in vielen Gegenden des englischen Indiens
das allergewöhnlichste Tier und bleibt doch für viele das schönste
aller indischen. Zeitweise begegnet man ihnen in großen Herden,
öfter zu Tausenden, gewöhnlich aber nur kleinen, und die Böcke
gehen wie die der andern Arten oft allein. Die eingebornen Fürsten
jagen sie bisweilen noch mit dem Jagdleoparden, und eine überaus
fesselnde Schilderung solcher Jagd finden wir bei Macin ty re. Das
Weibchen besitzt hellbräunliches Kleid und keine Hörner, der Bock
dagegen ein tief dunkelbraunes glänzendes, das scharf begrenzt vom
Weiß des Bauches sich abhebt. Die in drei oder vier Spiralen
korkzieherartig verlaufenden Hörner erreichen oft eine Länge von
30 Zoll. Auf S. 292 befindet sich eine Photographie des Kopfes.
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXI. 1890. 8
114
Procapra picticauda Hodgs.
Die durch ihre zierlich geformten Beine 22 — 24 Zoll hohe
»tibetische Gazelle« ist vielleicht die anmutigste kleine Kreatur,
welche überhaupt existiert. Ihre Farbe ist blaßbräunlichgelblich, bei alten
Männchen am Vorderkopf und um die Hornbasis weiß. Der Schwanz
ist dunkelbraun und sehr kurz. Bei ausgewachsenen Männchen ist
das Horn 11 — 12 Zoll lang, mehr gekrümmt als bei der indischen
Gazelle und enggeringelt bis ungefähr 2 Zoll von der Spitze, die
sich aufwärts und bisweilen etwas einwärts richtet. Da die Basis
ziemlich weit nach vorn liegt, von hier die Hörner aufwärts sich
krümmen, so geben sie dem schön geformten Kopfe (vergl. die beiden
Photographien auf S. 454) ein äußerst gefälliges Aussehen. Das
Weibchen ist dem Bocke sehr ähnlich, nur fehlen die Hörner, und
hierin unterscheidet es sich von dem der indischen Gazelle mit
kleinen Hörnern. Der Geruch dieser Procapra scheint nicht so fein
zu sein wie der der andern tibetischen Tiere, aber das Gesicht ist
desto vortrefflicher, denn, als bei einer Jagd auf sie die kleine
Herde nur die Köpfe der Jäger in sehr bedeutender Entfernung
wahrgenommen hatte, verschwand sie sofort. Die »Goa« hält sich
gewöhnlich in Höhen von 15 — 17,000 Fuß, so z. B. südlich vom
Jndus beim Dorf und Kloster Hanle (ca. 79° 0. v. Gr. 33° N. Br.)
und südöstlich von dort 25 englische Meilen nahe der chinesischen
Grenze, wo weitausgedehnte Hochländer von gewaltigen Abgründen
durchzogen sind.
Eine westfälische Froschjagd.
Von Professor Dr. H. Landois.
In Westfalen sind Jagden auf Frösche im allgemeinen nicht
üblich, weil Froschschenkel und andere zweifelhafte Leckerbissen wie
Schnecken, Pilze u. s. w. dem westfälischen Gaumen überhaupt nicht Zu¬
sagen, Pumpernickel und Schinken, die ihm besser munden, auch noch
billig genug zu haben sind. Nur die in Münster ansässigen Mitglieder
der zoologischen Sektion für Westfalen und Lippe machen insofern
eine Ausnahme davon, als sie einmal jährlich eine große gemein¬
schaftliche Froschjagd mit darauf folgendem Festessen veranstalten.
Wir jagen hier den braunen Landfrosch, Rana fusca Roes., und
die Eröffnung dieser Jagd fällt mit der auf Rebhühner und Hasen
zusammen. Man kann damit anfangs September beginnen, sobald
115
der letzte Schnitt von den Wiesen entfernt und so das Betreten der
letzteren gestattet ist ; sobald aber Frostwetter eintritt, ist es mit
der Froschjagd vorbei, denn die Frösche haben das trockene Land
allüberall verlassen und sich in Wasser und Schlamm zum Winter¬
schlaf zurückgezogen. Vordem aber sind sie am besten im Fleisch ;
denn nachdem sie sich nach vollendetem Laichgeschäft auf das Land,
in Wiesen und Felder begeben und den ganzen Sommer an Insekten,
Spinnen, Schnecken und dergleichen Nahrung in Hülle und Fülle
gefunden haben, sind sie im Herbste fett und feist, insofern wir
darunter die kräftige Muskulatur ihrer Hinterschenkel verstehen
wollen. Im Frühjahre dagegen ist die Froschjagd aus zweifachem
Grunde nicht rätlich, weil die Tiere einmal nach überstandener
Winterruhe erheblich abgemagert sind, und zum anderen Male und
hauptsächlich, weil dadurch das Laichgeschäft und iufolgedessen
die Vermehrung der Frösche allzusehr beeinträchtigt werden würde.
An einem schönen Herbstnachmittage, wenn alle nötigen Ver¬
abredungen uud Vorbereitungen getroffen sind, versammeln sich dann
die Jäger, je zahlreicher desto besser, an zwei Ausgangspunkten der
Stadt, um nach einem gemeinsamen Punkte hin von zwei Seiten
her das ganze Gelände abzustreifeu. Jeder Jäger muß mit einer
schwanken aber starken Gerte, am besten einem frischen Hasel¬
zweige versehen sein und einen Beutel zum Unterbringen der Beute
umhängen haben. Es ist wichtig, die Jagdgrüude zu kennen, wo
Tümpel, Teiche und Wassergräben den Fröschen Gelegenheit geben,
sich zu vermehren — denn nur da sind sie zahlreich — und wo in
unmittelbarer Nähe dieser Wasser Wiesen, Kartoffel-, Rüben- und
Kappesfelder den Fröschen selbst günstige Jagdgründe bieteu.
Diese Wiesen und Felder werden nun in der Weise abgestreift, daß
die Jäger in Abständen von vier bis fünf Schritt in Reihen darüber
hinschreiten und dabei mit den Stecken in dem Gekräut herumstöbern
oder darauf losschlagen, um die Frösche aufzuscheuchen. Denn diese
sitzen oft hartnäckig fest, und wo man schon einmal hinüber ge¬
schritten ist, ohne einen der Batrachier zu bemerken, können in der
nächsten Minute wohl zehn Stück aufspringen, wenn erst einer ein¬
mal aufgescheucht und nun mit Geschrei und Schlagen verfolgt wird.
Sonst leistet bedächtige Ruhe auch hierbei mehr als übereiltes
Poltern, und aufgeregte Naturen zerschlagen mehr Rüben und Kappes¬
köpfe als Frösche. Man lasse den aufhüpfenden erschreckten Frosch
erst einen oder zwei Sprünge machen, um ihn dann, wenn er
einen Augenblick still sitzt, desto sicherer zu treffen und niederzu-
116
strecken. Das getroffene Tier ist sofort betäubt und wird so in den
Beutel gesteckt. Trifft der Schlag gar zu hart oder ist der Stock
zu hart, so werden oft die Knochen zerschlagen und wird dadurch
die nachherige Zubereitung sehr erschwert.
Die Frösche halten sich am liebsten an feuchten Stellen auf,
namentlich in den stark mit Unkraut bewachsenen Kartoffelfeldern,
in Rüben- und Kappesfeldern, sowie auf Wiesen in der Nähe von
nassen Gräben, nicht aber auf dem Wiesenplane selbst. Die Furchen
in Stoppelfeldern und die Hafergarben darauf bergen oft auch gute
Beute. Auf solchem Terrain haben denn die geübteren Jäger unter
uns in etwa zwei Stunden 150 große Frösche und noch mehr er¬
schlagen und eingeheimst.
Nach der Vereinigung beider Parteien begaben wir uns nach
der nächst gelegenen ländlichen Wirtschaft, wo wir dicht bei einem
mit Enten besetzten Teiche ungestört unser nicht konzessioniertes
Schlachthaus errichten konnten. Denn sofort nach eben eingenom¬
mener Erfrischung mußte das Schlachten beginnen, denn das Her¬
richten von etwa tausend Paar Froschschenkeln erfordert längere
Zeit als der Fang selbst. Zu diesem Zwecke müssen sich zwei und
zwei Jäger zusammenthun, der eine mit scharfem Messer, der andere
mit einer Schere bewaffnet, und einige Geschicklichkeit ist erforder¬
lich, um einerseits rasch vorwärts zu kommen und andererseits die
armen Tiere, welche inzwischen meist aus ihrer Betäubung erwacht
sind, möglichst wenig zu quälen.
Wir verfahren nun folgendermaßen. Der eine mit dem Messer
faßt einen Frosch bei den Hinterbeinen aus dem Sack heraus, schlägt
ihn, wenn nötig, mit dem Kopf auf den Tischrand, um das Tier zu
töten und läßt dann den anderen den Kopf oder die Vorderbeine
festfassen. Der erste schneidet nun rings um die Lenden des Frosches
mit festen Schnitten die Haut durch und zieht sie mit dem
Daumen und Zeigenfinger bis zu den Zehen herunter ; worauf
der Zweite mit der Schere zunächst die Beine an der Zehenwurzel
durchschneidet und dann die Schenkel vom Rumpf trennt. Als¬
dann wirft der zweite der Operateure den abgeschnittenen Vor¬
derteil sofort in den danebenliegenden Teich. Die ersten Dutzende
werden von den Enten begierig erhascht und verschlungen ; bald
aber wird es auch den gefräßigsten zu viel, sie schauen höchstens
noch lüstern nach den ununterbrochen einfallenden Froschleibern
hin und machen sich endlich mit ausgebauchtem Kropf und Magen
von dannen. Die Frösche sinken dann unter; die Jäger aber be-
117
dürfen nach dem ’ Abschlachten einer gründlichen Reinigung der
Hände und Instrumente.
Einigemal haben wir auch aus den weiblichen Fröschen die
Eierstöcke ausgeschnitten ; die Dotter sind um diese Zeit bereits
entwickelt, das Eiweiß aber noch nicht gallertartig aufgequolleu.
Mit Salz verrieben und auf geröstetes Weißbrot gestrichen gleichen
sie in Form, Farbe und Geschmack dem Störkaviar und sehen dabei
so appetitlich aus, daß auch die empfindlichsten unserer Mitglieder
keinen Anstand nahmen, ein solches »Kaviarschnittchen« zu verzehren.
Da aber die Eierstöcke eines erwachsenen Frosches höchstens die
Größe einer Haselnuß erreichen, so erfordert der nötige Kaviar für
eine Tafelrunde gleich der uusrigen eine ganz bedeutende Menge
Frösche und Arbeit.
Die Froschschenkel haben wir dann am schmackhaftesten ge¬
funden, wenn sie in folgender Weise zubereitet werden. Nachdem
sie abgewaschen worden, überstreut man sie mit etwas Salz und
läßt sie so kurze Zeit liegen; dann werden sie in Eigelb und darauf
in zerstoßenem Zwieback gewälzt. Auf mäßigem Feuer in der Pfanne
mit Butter gebraten sind sie sehr bald gar. Einige lieben es, die
zarten, knusperig gebratenen Knöchelchen wie bei den Krammets-
vögeln mitzuverzehren. Bei Tische wird Citronensaft oder saurer
Rahm als eine vorzügliche Würze auf die Speise geträufelt; wir
wählten als Beispeise abgekochte Kartoffeln und Salat.
Auf unserer letzten Jagd im September 1889 erlegten wir zu
11 Personen 750 Frösche, deren abgehäutete Schenkel fast 5 kg
wogen. Zu dem Essen fanden sich 18 Teilnehmer, darunter mehrere
recht tüchtige Esser ein, sodaß also auf jeden durchschnittlich
gegen 40 Paar Froschschenkel kamen, welche zur völligen Sättigung
ausreichten.
An einem schönen Herbstnachmittage ist eine solche Froschjagd
ein wirkliches Sportvergnügen, und wir lassen kaum eine Jagdzeit
verstreichen, ohne demselben in voller Lust uns einmal hinzugeben.
Einiges über zoologische Gärten.
Von Dr. A. Seitz.
Es ist nicht ganz leicht, ohne eine eingehende Beschreibung einen Garten so
zu schildern, daß dem Leser es ermöglicht wird, sich ein richtiges Urteil
darüber zu bilden. Noch schwerer ist es aber, eine Kritik über ein In¬
stitut abzugeben, ohne demselben Unrecht zu thun; denn bei allem, was
118
daran ausgesetzt wird, müssen die speciellen Verhältnisse des Gartens in
Betracht gezogen werden: wie er subventioniert wird, wie die Stadt gelegen
ist, ob dort der Sitz einer einflußreichen naturwissenschaftlichen Gesellschaft
ist, welchem Stand vornehmlich die Einwohnerschaft der Stadt angehört
u. dergl. m.
Trotzdem halte ich es nicht für richtig, alle Mängel und Unvollkommen¬
heiten eines Gartens darum mit Stillschweigen zu übergehen, weil die Ungunst
der Verhältnisse ihre Abhülfe an diesem oder jenem Orte unmöglich erscheinen
läßt; es ist sogar von ganz besonderer Wichtigkeit, die Schattenseiten der
jetzt bestehenden Gärten ebenso wie ihre Vorzüge hervorzuheben, damit bei
der Einrichtung neuer Gärten auf die beregten Punkte Rücksicht genommen
werden kann. Alles muß erst erprobt werden, doch genügt die Erfahrung,
die ein Garten mit einer Einführung macht, wenn das Resultat allgemein
bekannt wird.
Ich hoffe, daß es mir nach dem Gesagten nicht als eine müßige Krittelei
ausgelegt werde, wenn ich mich bei der Besprechung zoologischer Gärten
über den einen oder anderen Punkt abfällig äußere ; ich beabsichtige im
Gegenteil nur mit dem Überblick, den der wiederholte Besuch sehr vieler
zoologischer Gärten in allen Weltteilen gewährt, auf das aufmerksam zu machen,
was bei Neueinrichtungen von Gärten — und bei dem raschen Wachsen der
Städte möchte manche bevorstehen — Nachahmung verdient und was sich
zu vermeiden empfiehlt.
Der Besuch des zoologischen Gartens in Hannover, eines seit fast 25
Jahren bestehenden Institutes*), bietet eine ganze Menge hochinteressanter
Eigentümlichkeiten, aus denen sich viel lernen läßt. Es ist z. B. stets eine
schwierige Frage, welche Lage für einen Garten die passendste sei. So groß
der Vorteil für einen Garten ist, der innerhalb der Stadt gelegen, also sehr
leicht erreichbar ist, so macht diese centrale Lage meist jede spätere Er¬
weiterung unmöglich, da dann der Platz gewöhnlich umbaut ist. Umgekehrt
setzt die Lage außerhalh der Stadt einer Vergrößerung keine Grenzen, doch
leidet der Besuch besonders von seiten der Fremden — unter der Abge¬
legenheit. Wohl selten kann beiden Anforderungen, der leichten Erreich¬
barkeit und der Erweiterungsfähigkeit zugleich, in so vollkommener Weise
Rechnung getragen sein wie in Hannover, wo in wenigen Minuten die Pferde¬
bahn für die bescheidene Taxe von 10 Pfennigen den Fremden vom Bahnhofe
aus an Ort und Stelle bringt, und wo sich trotzdem freies Land an allen
Seiten an den Garten anschließt.
Wie schwer haben oft andere Gärten unter den Lageverhältnissen zu
leiden. In Antwerpen z. B. liegt der Garten im Centrum der Stadt dicht
an der Bahnstation, am denkbar günstigsten Orte; aber er ist von allen
Seiten eingeengt und absolut unfähig sich auszudehnen. Auf der einen Seite
fährt die Bahn so hart an den Tierzwingern vorüber, daß deren Insassen
unzweifelhaft nervös werden müßten, hätte man nicht die Kameele an der
beunruhigten Stelle untergebracht, welche sich in ihrer natürlichen Indolenz die
Bahnzüge zwei Schritte weit an der Nase vorüberfahren lassen, ohne sich
*) Der zoologische Garten zu Hannover feierte am 4. Mai d. J. das Fest seines 25jährigen
Bestehens. N.
119
danach umzusehen. Auf der anderen Seite führt eine Hauptstraße Antwerpens
vorüber; eine Erweiterung- ist also nach keiner Seite möglich.
Incidit in Scyllam etc. — Der Garten von Lissabon liegt vor der Stadt,
im Campo grande, einem parkartigen Gehölze, von dem jeden Augenblick
ein beliebiger Teil zum Tiergarten geschlagen werden kann ; aber es gehört
ein sehr fest gefaßter Vorsatz dazu, die Fahrt durch die hügelige Stadt,
Straße auf, Straße ab, auszuhalten, und sich jedesmal bei der Rückkehr aus dem
Garten mit den Zollwächtern um einige Cigarren herumzubeißen; und wer den
Lissaboner Garten mehr als einmal besucht, hat entschieden eine zähe Natur.
In anderer Hinsicht dagegen ist die Lage des h an no versehen Gartens nicht
sonderlich günstig, da der Wind von einer offenen Seite her oft recht kalt
hereinfährt. Trotzdem ist der Boden nach dem Regen lange feucht, was
besonders bei den Sommer-Konzerten vor dem Restaurationsgebäude fühlbar
wird, auch jedenfalls auf die Tiere nachteilig wirkt.
Gleich im hübschen, freundlichen Eingang in den Garten gewahrt man
einen Glaskasten, in welchem mehrere für Laien interessante zoologische Gegen¬
stände aufgestellt sind, wie Löwenklauen, Straußeneier, Muscheln etc. Diese
Idee, den Besucher sofort bei seinem Eintritt durch Schaustücke zu fesseln,
ist an sich als eine sehr gute zu bezeichnen ; nur dürfte die Ausführung in
etwas größerem Stile betrieben sein. Ich stimme keineswegs mit Antwerpen
völlig überein, das am Eingänge seines zoologischen Gartens ein Wallfisch¬
skelett postiert hat, denn die Gärten sollen den Museen nicht allzusehr ins
Handwerk pfuschen oder mit ihnen vereinigt sein. Ein schönes zoologisches
Museum würde der Stadt Antwerpen entschieden besser stehen, als jener
Salon mit ausgestopften Pfleglingen des Gartens, von denen der alte Schließer
jedem Besucher Wunderdinge erzählt, und deren ganze Lebensgeschichte man
mit anhören muß. In Hannover aber machen die wenigen nicht immer muster¬
haft ausgestopften Vögel an den Fenstern des Eingangsgebäudes eigentlich,
einen komischen Eindruck.
Man sollte glauben, daß es heute keine größeren Gärten mehr gäbe, bei
denen nicht sofort beim Eintritt ein Plan des Gartens mitbeigegeben würde;
trotzdem fehlt die heilsame Einrichtung eines klar gehaltenen Führers durch
den Garten noch vielfach, so z. B. an manchen Orten in England. Der Plan
des hannoverschen Gartens ist ganz ausgezeichnet praktisch abgefaßt, sowohl
was Kürze als auch was Verständlichkeit anbelangt. Überall aber wäre es
anzurathen, daß ein Exemplar eines solchen Planes gratis und nicht erst
auf besonderes Verlangen, zugleich mit dem Billet verabfolgt würde, da viele
Besucher in falschem Vertrauen auf ihre Findigkeit «eines solchen Führers
entraten zu können glauben und dann dennoch manche Sehenswürdigkeit
versäumen. Eine Numerierung der einzelnen Gebäude und Parks ist ganz
außerordentlich wichtig, und zwar um so mehr, je größer und reichhaltiger
der Garten ist. Aber während gerade bei kleinen zoologischen Gärten diese
Numerierung in übersichtlicher Weise durchgeführt ist, fehlt sie oft den
größten vollständig. In Hannover ist außer der Bezifferung noch durch eine
ausgehängte Tafel der Weg nach der nächsten Nummer angedeutet; eine sehr
praktische Einrichtung, deren ich mich aber nur aus deutschen Gärten erinnere.
In dem nicht eben großen Vogelhaus prangt neben verschiedenartigen
Papageien ein Tukan. Die Pfefferfresser sind nicht nur farbenprächtige und
120
durchaus imposante Vögel, sondern sie sind auch ausdauernd, und, wenn sie
in hinreichend großen Behältern untergebracht sind, auch possierlich. Schon
die Tiere fressen zu sehen, fesselt die Besucher, und trotzdem kenne ich
keinen Garten, der diese Vögel kultivierte. Wenn nur diejenigen Species,
welche leicht erhältlich sind, vertreten wären, so würden sie dem reichhal¬
tigsten Garten einen Schmuck verleihen. Auf den Märkten Brasiliens sah ich
ganze Reihen von Tukankäfigen stehen, jeder mit einem halben Dutzend
Insassen. P'ür ein englisches Pfund gibt der Händler gern einen ganzen
Käfig der buntfarbigen Tiere, wie man dann für wenige 100 Mark oft den
ganzen Tiermarkt aufkaufen könnte, der reichhaltig genug wäre, einen kleinen
zoologischen Garten zu füllen.
Die gewöhnlichen Pfeiferfresser des südlichen Brasilien sind Rhamphastus
discolorus und R. toco ; R. tucanus , vitellinus und approximans leben mehr im
Norden; außer diesen ist die Gattung Pteroglossus ziemlich reich vertreten.
Artunterschiede machen die brasilianischen Händler nicht; ein einzelnes Stück
kostet, je nach der Unversehrtheit seines Gefieders 4 bis 6 Mark.
Die nächsten Behälter des Vogelhauses im hannoverschen Garten sind
bewohnt von einem Blauhäher ( Garrulus cristatus) und einem Flötenvogel
mit prächtig schwarzweißem Gefieder. Der letztere, Gymnorhina tibicen,
gehört zu denjenigen Tieren, welchen in den Gärten nur selten die Aufmerk¬
samkeit des Publikums gezollt wird, welche sie verdienen. Die Gymnorhina
ist der possierlichste Vogel, den ich jemals gesehen habe. Jung eingefangen
gewöhnt er sich so sehr an den Menschen, daß er stets dessen Gesellschaft
sucht. Will er spielen, so legt er sich auf den Rücken und zappelt mit den
Beinen; er läßt sich streicheln und liebkosen und läuft den Kindern nach,
gleich einem Hunde. Die schwersten Strophen lernt er leicht nachpfeifen,
und die tiefe Stimmlage sowie der melancholische Klang seines Gesanges
erregt die gerechte Bewunderung des Publikums.
Freilich kommen diese unterhaltenden Talente der Gymnorhina in zoolo¬
gischen Gärten nur wenig zur Geltung; aber doch schaut sich der unkundige
Besucher überrascht um, wenn der Vogel unerwartet seinen melodischen Ruf
erschallen läßt. Es empfiehlt sich stets, den Vogel mit einem oder mehreren
seines Gleichen zusammen zu halten, da er in der Einsamkeit oder mit
anderen Vögeln zusammen (in Hannover hat er eine Amazone zur Gesellschaf¬
terin) sehr an Munterkeit einbüßt. Der Preis einer Gymnorhina auf dem
Vogelmarkt in Sydney beträgt 1—2 Mark; meine Tiere fütterte ich in
Australien nur mit rohem Fleisch, wobei sie trefflich gediehen und alle Kli¬
mata gut ertrugen.
Von den über 50 Arten von Hokkohühnern sind im hannoverschen Vogel¬
haus nur zwei vertreten, die Gattung Crax durch carunculata und Penelope
durch cristata. Sie sitzen im Winter in relativ kleinen Behältern; in anderen
zoologischen Gärten leben sie frei.
Gemeinsam mit der Penelope bewohnen denselben Käfig zwei australische
Lachvögel, Dacelo gigas. Es sind langweilige Gesellen, die nur beim Fressen
leidenschaftlich werden. Trotz ihrer stets ernsten Miene verdienen sie voll
ihren Namen durch ihre Stimme. Ich hatte oftmals Gelegenheit, diese Tiere
im Freien zu beobachten. Über den Eukalyptus-Wäldern von Neu-Süd-Wales
gchwebt ein mächtiger Raubvogel, dessen gedehnter Schrei dem eines unge-
121
zogenen Kindes gleicht, und jedesmal beantwortet denselben ein tolles Ge¬
lächter, das von den verschiedensten Enden des Waldes hertönt: es ist die
Stimme des »laughing-bird«, wie ihn die Kolonisten nennen *). Den gefange¬
nen Vögeln gibt man in Australien oft Ratten, denen man die Vorderzähne
ausgezogen hat; wiewohl das Schaustück etwas barbarischer Natur ist, so ist
es doch interessant zu sehen, wie die Vögel die lebenden Ratten überwältigen.
Von den beiden noch zu erwähnenden Behältern des Vogelhauses im hanno¬
verschen zoologischen Garten wird der eine von einer Schar Finken bewohnt
(Paroaria, Spermestes , Padda etc.), der andere enthält Kanarienvögel und
Europäer; vor dem ersteren hängt eine Tafel, auf der sich jedoch nur fünf
Abbildungen von Insassen des Käfigs mit beigefügten Namen zeigen; die vor
dem letzten Bauer hängende Skizze europäischer Vögel ist zwar vollstän¬
diger, aber in ihrer Ausführung, besonders hinsichtlich der Illumination,
mehr als primitiv zu nennen.
Auch auf der anderen Seite des Vogelhauses treffen wir eine Kollektion
australischer Vögel. Der weiße, gelb geschöpfte Kakadu bleibt stets eine
Zierde der Gärten, wenn auch bei vielen Exemplaren die geistigen Anlagen
nicht weit her sind; nach letzteren schwankt der Preis des Tieres in Sydney
zwischen 3 und 10 Mark. Die im Nachbarkäfig befindlichen Rosenkakadu
{Cacatua roseicapillus ) sind widerwärtige Schreier, welche auch nur selten
vollständig zahm werden; sie kommen zu vielen Hunderten auf den Markt,
und zu Zeiten ist das Stück schon um einen Schilling zu haben. In den
andern Behältern finden sich die zierlichen — wenn auch eben nicht sehr
unterhaltenden Wellen- und Nymphenpapageien, Schopfwachteln und Lach¬
tauben; der Mittelraum gibt den Winteraufenthalt für die sonst am Garten¬
eingang aufgestellten Aras, Kakadus etc. und beherbergt einige Perlhühner.
Der Raum des Vogelhauses ist, wie erwähnt, nicht eben groß, aber gut
geheizt und bequem zum Reinhalten; auch ist de Anzeige von Wohnung
und Name des Wärters eine nachahmenswerte Einrichtung.
Ein zweites Vogelhaus tritt uns in einem gestreckten, mit mehreren
Türmchen gezierten Bau entgegen, welcher größere Vögel beherbergt. Im
vorderen Außenkäfig finden sich nur drei gemeine europäische Vogelarten:
zwei Möven und der Austernfischer ( Haematopus ostrecilegus ) und im nächsten
ca. ein halbes Hundert Enten, während oben die Taubenschläge angebracht
sind. Im Innern des Hauses sind meist europäische Stelz vögel untergebracht:
verschiedene Kraniche ( Grus cinerea , virgo, pavonina, Flamingos, Ibis-Arten);
in einem geräumigen Käfig befinden sich etliche 10 Paare Kampfschnepfen,
deren Männchen deutlich die außerordentliche Variabilität in Färbung und
Zeichnung der Schmuckfedern erkennen lassen.
So natürlich es ist, daß kleine Gärten sich mit engen geschlossenen
Käfigen für die Stelzvögel bescheiden müssen, denen günstigen Falles noch
ein mehr oder weniger geräumiger offener Park angrenzt, so wünschenswert
bleibt es, den Tieren Bedingungen zu schaffen, ihren Flug zu zeigen. Der
Ibis im engen Raum ist ein langweiliger Vogel, der kaum durch seinen
historischen Heiligenschein hier und da einem Besucher Interesse einzuflößen
vermag, während der eigentümliche Flug mit den merkwürdig zugerundeten
Flügeln etwas außerordentlich Anziehendes hat. Auch die Reiher sehen
*) Jahrg. XXX, 1889, S. 83.
122
eigentlich nur dann imposant aus, wenn sie mit zurückgebogenem Kopfe ein¬
herschweben, und die Möven und Sturmvögel — denen außerdem das Fliegen
Bedürfnis ist — verlieren in der Ruhestellung vollständig den Reiz, den der
fliegende Vogel für jeden Binnenländer hat.
Solche Behälter, die den Vögeln den Flug gestatten, sind heutzutage nicht
mehr schwer zu beschaffen, noch auch übermäßig kostspielig: zwei nicht
besonders große Pavillons, mit der offenen Seite einander zugekehrt, werden
durch einen 40 — 60 Fuß langen, drahtübersponnenen Gang miteinander ver¬
bunden; das ist alles. Bringt man in der Mitte eine weiherartige Vertiefung
und zur Seite noch einige Felsen an, so gewährt dieser Käfig Hunderten von
Vögeln Raum und behaglichen Aufenthalt; die Möven fliegen unaufhörlich
den Gang auf und nieder, die Reiher schweben durch die Luft, die Ibisse
stolzieren über den Kies und Rallen und Wasserhühner tummeln sich im Teich.
Durch diese sehr einfache Vorrichtung gelingt es einigermaßen, etwas
von dem zauberisch schönen Anblick zu erhalten, den die reichen Stelzvogel-
Kolonien des Mittelmeerbeckens gewähren und der bei der Isolierung der ein¬
zelnen Tiere in engen Käfigen so vollständig verloren geht. Das Wort »zau¬
berisch« dürfte hier wahrlich nicht zu überschwänglich sein ; denn der Eindruck
ist in der That märchenhaft, den z. B. ein vorüberfliegender Trupp Flamingo
auf den Beschauer macht. Gleich geflügelten Stäben bewegen sie sich am
Firmamente hin, indem der kleine, runde Körper vollständig zwischen den
Flügeln verschwindet, und dabei ertönt unaufhörlich ihr klangvolles Gurren
am ewig blauen Himmel. Sausenden Fluges stürmen die Pelikane heran und
ihre Trompetentöne ausstoßend, fuchteln sie mit den langen Schnäbeln umher
und schlagen mit den Flügeln das Wasser; Ibisse erscheinen in langen Bändern,
und, sich niederlassend, stolzieren sie gravitätisch durch den Sand, von Zeit
zu Zeit ärgerlich grunzend. Hoch über der ganzen Scenerie schweben einzelne
Aasgeier, deren helles Gefieder silbern in der Sonne erglänzt, oder sie schwingen
sich, anscheinend unbeholfen und schwerfällig, von Sandhügel zu Sandhügel.
Zahllos sind die Scharen kleinerer Vögel; Schnepfen, Bekassinen, Triel,
auch Wiedehopfe und Lerchen tummeln sich auf den Sandflächen. Sicherlich
ist eine Exkursion längs der nordafrikanischen Wasser eine der lohnendsten
für den Naturbeobachter und ich kann dreist behaupten, daß mich Ausflüge
nach den Sümpfen der Wüste zuweilen mehr ergötzten als Streifzüge im
australischen Busch, in den indischen Dschängeln und selbst im brasilianischen
Urwald, wie sehr dieser auch von kleinen Tieren wimmelt.
Zwischen dem Affenhaus, einer Ziegen beherbergenden Ruine und dem
Papagei-Haus des hannoverschen Tiergartens befinden sich zwei größere
Bassins für Schwimmvögel, mit den heute fast in keinem größeren Garten
fehlenden Schwänen, Gänsen, Enten etc.; ein kleineres Bassin zur Aufzucht
junger Schwimmvögel ist nahe dem Stelzvogelhaus gelegen. Die Raubvögel
sind in einem mächtigen Felsen mit eingelassenen Behältern untergebracht,
nur ein Königsgeier, Sarcorhamphns papa, ein prächtiges, fast ganz dunkles
Exemplar befindet sich im Stelzvogelhaus.
An Raubvögeln ist der Garten sehr arm, denn er besitzt von exotischen
Accipitres nur noch einen einäugigen Adler, den Mönchsgeier und den in
Süd- Amerika überaus häufigen Polyborus-Falken ; außerdem noch Gabelweihen,
Bussarde und Wanderfalken. Auch der Kolkrabe hat hier sein Heim und
123
ein europäischer Nachtreiher. — Ziemlich weit von den beschriebenen Ge¬
bäulichkeiten abgelegen findet sich der Sommerstall für die Hokko und das
Straußenhaus.
Der Rest der Vögel befindet sich in zwei Fasanenparks und besteht aus
einer größeren Anzahl Hühnerarten, Perlhühnern, Pfauen und wenigeu Fasanen.
Die Fasanenzucht gewinnt mit Recht heute beträchtlich an Ausdehnung.
Viele Arten, wie Thaumalea amherstiae, Euplocomus swinhoei und horsfieldii
sind prachtvolle Schaustücke und interessieren den Naturfreund in gleicher
Weise wie den Geflügelzüchter; eine Thatsache, die man von der Kultivierung
der Hühnerrassen, wie sie augenblicklich in vielen zoologischen Gärten um
sich greift, nicht behaupten kann.
Wie die Hühner in einer besonderen Weise sich der Aufmerksamkeit der
zoologischen Gärten erfreuen, so erfahren andere Vogelgruppen eine unver¬
diente Vernachlässigung. Unter den Seevögeln z. B. gibt es verschiedene
recht interessante Gestalten, die aber aus unbekannten Gründen fast in allen
Gärten fehlen. Ich sage aus unbekannten Gründen, wenigstens vermag ich
nicht zu verstehen, warum z. B. das Capschaf, Diomedea exulans, und die kleineren
Albatros-Arten fast nirgends zu finden sind. Daß sie sich auf den Schiffen
erhalten lassen, so lange man sie duldet und füttert, daß sie alle Klimate
mit Leichtigkeit ertragen, daß sie sich in der Gefangenschaft ruhig und ver¬
ständig benehmen, ist jedem, der größere Reisen im antarktischen Meere
unternommen hat, hinlänglich bekannt; und es ist nicht einzusehen, warum
sie sich nicht in zoologischen Gärten halten sollten; die fehlende Flugge¬
legenheit tötet sie au und für sich nicht, ebensowenig wie die Möwen. Ich
glaube daher, daß — wenigstens in Europa — noch niemals ernstlich der
Versuch gemacht worden ist, diese Tiere für die zoologischen Gärten zu
gewinnen, wiewohl ein Vogel von ca. 4 Metern Spannweite zweifellos in hohem
Grade die Bewunderung des Publikums erregen würde. Hoffen wir das Beste
für die Zukunft.
Genua, 16. März 1890.
Korrespondenzen.
Moskau, im März 1890.
Aus dem Moskauer zoologischen Garten. Die Gesellschaft der
Acclimatisation der Tiere und Pflanzen in Moskau gibt vom 1. Mai 1889 ein
Journal heraus, von dem zum 1. Januar 1890 zehn Lieferungen erschienen
sind. In dieser Zeitschrift werden Aufsätze über Zoologie und Botanik, das
Tagebuch des Moskauer Zoologischen Gartens, u. s. w. gedruckt. Aus dem
Tagebuch erfahren wir, daß im Jahre 1889 der Moskauer Zoologische Garten
93,574 Besucher hatte. Als Eintrittsgeld wurden 8810 Rbl. eingenommen.
Einer der interessantesten Aufsätze in diesem Jahrgang ist die Ab¬
handlung des Prof. P. Kauleschoff: «Die Bastarde von Schaf und
Ziege*. Im Jahre 1887 wurden in der Ökonomie des Großfürsten Michael
Nicolaewitsch 8 Bastarde*) durch absichtliche Paarung eines angorischen
*) Vgl. jalirg. XXIX, 1889, S. 314. (277).
124
Ziegenbocks mit Merinoschafen geboren. Vier von ihnen wurden der Petrovsky-
Akademie übergeben, wo sie vom Prof. Kaulescho ff untersucht wurden. Dabei
stellte sich folgendes heraus: Alle Bastarde haben Hörner. Einer der Schädel
entspricht durch die stark ausgeprägten Thränen-Grübchen, die bedeutende
Länge und Biegung der Nasenknochen und den breiten Zwischenraum zwischen
den Hörnern am meisten dem Schädel des Schafes, der andere ist in diesen
Merkmalen mehr der Ziege ähnlich. Alle Bastarde haben die Klauen-Drüsen,
aber die Leistendrüsen fehlen bei einem Exemplar. Der Schwanz hat 16 — 18
Wirbel. Die Ohren sind bei einem Bastarde lang und halbhängend, bei den
übrigen stehen sie aufrecht. Das Vließ besteht aus Wolle und Grannenhaar,
doch ist deren gegenseitige Beziehung so verschieden, daß bei einigen Exem¬
plaren das Vließ der Bastarde dem der Merinoschafe nahe steht, bei anderen
aber dem Vließ der augorischen Ziege gleich ist. Die Bastarde sind frucht¬
bar. Gegenwärtig befinden sich zwei Bastarde im Moskauer Zoolog. Garten,
und es werden Versuche angestellt, sie mit Schafen und Ziegen zu paaren.
In der Zeitschrift sind auch die Resultate der Proben der Incn-
batoren von Chirson und Kwassük mitgeteilt. Die Brutmaschine Chir-
s'ons ist ein sich selbst regulierender Apparat, welcher, außer dem wöchent¬
lich einmal vorzunehmenden Zuguß von Wasser, keiner weiteren Bedienung
bedarf. Der Apparat von Kwassük ist ein Rahmensystem, bei welchem die
Eier in besonderen Kasten übereinander gesetzt werden. Dieser Apparat hat
keinen Regulator und erfordert deshalb Verkleinerung und Vergrößerung der
Lampenflamme bei Veränderung der äußeren Temperatur. Außerdem muß die
Luft jeden Tag mit Hülfe besonderer Leinwandrahmen feucht erhalten werden.
In Chirsons Apparat kamen von den eingelegten Eiern 46 °/o aus, in dem
Apparat von Kwassük nur 8,62 °/o.
In diesem Jahre fanden in dem zoologischen Garten die Versammlungen
der Moskauer Ornithologen statt, in denen die Fragen der Hühnerzucht be¬
sprochen wurden. In der zweiten Sitzung wurde anerkannt, daß die dunklen
Brahma für Mittelrußland die vorteilhafteste Rasse sind.
Es ist auch am zoologischen Garten ein Bureau errichtet worden, bei
welchem jeder Belehrung über die Geflügelzucht bekommen und durch welches
man die notwendigen Rassen- und Ziervögel verschreiben kann. Man kann dort
auch die Adressen der russischen Wirtschafts- und Rassegeflügelzüchter kennen
lernen.
Als Neuheit hönnen wir noch von zwei Dachsen (Meies taxus) be¬
richten, die in den letzten Tagen im zoologischen Garten geboren wurden.
Nikolaus Kulaginn.
Köln, Zoologischer Garten, März 1890.
Fortpflanzung der Eisbären in der Gefangenschaft. An¬
knüpfend an den Bericht des Herrn Dr. A. Zippe rlen (Nr. 1 d. Jahrg.,
Seite 24) kann ich auch aus unserem Garten die Geburt zweier Eisbären melden.
Die alten Bären sind seit März 1878 hier und haben sich seit einigen Jahren,
aber stets erfolglos, gepaart. Im vorigen Jahre geschah dies vom 28. April bis
14. Mai täglich. Der Wurf erfolgte am 21. Dezember, so dass, von dem letzten
Tage an gerechnet, die Tragzeit 241 Tage dauerte. G iebel (Säugetiere, Seite 743)
125
und Brehm (2. Aufl. Bd. II, Seite 189) nehmen als Tragzeit 6 — 7 Monate an,
während sie nach obiger Beobachtung von derselben Dauer ist wie beim
braunen Bären. Die Aufzucht der Jungen gelang leider nicht, da die Mutter, noch
unbekannt mit ihren Pflichten, die Tierchen fortwährend im Zwinger umher*
trug, anstatt ihnen Nahrung zukommen zu lassen. Der Umstand jedoch, daß
sie die schreienden Jungen nicht sofort verzehrte, läßt für das nächste Jahr
ein günstigeres Resultat erhoffen.
Dr. C. Wunderlich.
Kleinere Mitteilungen.
Spatzenfrechheit und Klugheit. In der Yogelstube ist vom Morgen
bis zum Abend ein Fenster weit offen, weil mein ganzer gefiederter Besitz aus
allen Welten immer in großen und kleinen Käfigen untergebracht ist. Die freche
Spatzennachbarschaft hat bald regelmäßige Züge in meine weitmaschigen Pa-
pagaienkäfige, tief im Zimmer, eingehalten und läßt mich sehr nahe heran¬
kommen, ehe sie, gewiß noch mit einem Hanfkorn im Schnabel, zögernd Rei߬
aus nimmt. Am 22/10. 1889, einem ungewöhnlich trüben Tage, ist mir aber
das Treiben zu toll, ich schließe hurtig das Fenster und greife mir ein präch¬
tiges junges Männchen heraus, dem Gesundheit und Lebenslust aus allen Be¬
wegungen strahlt. In einen Käfig kommt es, die andere Gesellschaft treibe ich
hinaus in die Freiheit, was soll ich sonst damit machen. Der neue Gast unter¬
sucht blitzschnell alle Seiten seines Gefängnisses, dann schreit er, als wenn er
am Spieße steckte, und ich bin versucht ihn wieder zu entlassen; indessen eine
einzige Nacht soll er doch bleiben, dann mag er draußen in seiner Sprache
berichten, was er erlebt hat, und kommt hoffentlich nicht wieder. Nach etwa
zweistündigem unbändigem Toben völlig erschöpft kommt er trotz aller Wild¬
heit sofort auf das in den Käfig erst jetzt gestellte Wassernäpfchen gehüpft
und trinkt. Den ganzen Nachmittag hört und sieht er vor dem nun wieder offenen
Fenster seine Kameraden suchen und locken, ihm sicher verständlich. Alle
Leckereien für einen Sperlingsschnabel sind auf dem Käfigboden verlockend
ausgestreut, er rührt nichts an, und am 23. Oktober, morgens gegen 7 Uhr, als
ich ihn fliegen lassen will, liegt er tot in der dem Fenster nächsten Käfigecke.
Die Aufregung hatte ihn offenbar getötet. —
Ein nahe wohnender Freund besitzt in seinem Garten ein stets bis hoch
zum Rande mit Wasser gefülltes Steinbassin von über 2 Meter Durchmesser.
Ringsum hängen Zweige und Blätter so über den Wasserspiegel, daß es an
versteckten Trink- und Badeplätzchen nicht fehlt. Inmitten des Beckens ist ein
eiserner Schwan als Wasserspeier eingerichtet und neben seinem Schnabel steigt
ständig ein fingerdicker kräftiger Wasserstrahl hoch in die Luft. Statt nun
unten ungesehen den Durst zu stillen, kommen alle Spatzen, fußen frei und
offen auf dem Schwanenschnabelende, recken sich außerdem hoch auf, trinken
aus dem Strahl und schlagen nachher mit Schnabel und Flügeln so hinein,
daß sie über und über bespritzt werden. Immer nur einer kommt, aber einer
machts genau wie der andere und stundenlang habe ich an einem Julimorgen
126
aus einer ganz nahen Laube diesem Spiel 'zugesehen, wartend, daß auch ein
einziger Buchfink erscheine, der nach Versicherung der glaubwürdigen Haus¬
frau gar oft auf die nämliche Weise hier seinen Durst stille und sich zu einem
Bade verhelfe. Eduard Rüdiger.
Nord-Rußlands Flußperlen-Fischerei. Vor etwa 20 Jahren noch
wurden Perlen in großer Zahl in den in die Ostsee und in das Eismeer mün¬
denden Flüssen gefunden. Gegenwärtig aber liegt diese Industrie darnieder
und die Perlengewinnung beschränkt sich auf die Flüsse Kema, Niwa, Kola
und Tuloma, woselbst höchst primitive Methoden angewendet und nur geringe
Erträge erzielt werden. Große, sogenannte Burmitsky-Perlen werden jetzt
selten gefunden. Bedeutendere Funde wurden zuletzt vor 20 Jahren gemacht.
Man hat übrigens beobachet, daß Perlen häufiger in jenen Flüssen Vorkommen,
in welchen Forellen sich aufhalten.
Es wird berichtet, daß sich eine Gesellschaft gebildet hat, welche die
Perlenfischerei in den forellenreichen Flüssen der Provinz Pskov betreiben will.
Es sollen die besten Perlenfischerei-Apparate angewendet werden, und säch¬
sische Perlenfischer sind bereits engagiert worden. Sollte das Unternehmen ge¬
lingen, so will die Gesellschaft ihr Operationsfeld nach dem äußersten Norden
Rußlands ausdehnen. Einige kleine Flüsse in der Nähe Petersburgs liefern
übrigens auch Perlen, die im Maximum den Wert von etwa 50 M. per Stein
erreichen. Gro.
Über den Genuß des Pferdefleisches machte vor einiger Zeit
Herr E. Decroix in Paris interessante Mitteilungen. Seit 1866 besteht dort
eine Gesellschaft zur Verbreitung des Pferdefleisch-Essens, das »Comite de la
viande de Cheval.« Die Erfolge, welche die Thätigkeit der Gesellschaft auf¬
wies, werden am besten ersichtlich aus den Zahlen der früher und jetzt nach¬
weislich in Paris gegessenen Pferde (nebst Eseln und Maultieren). 1866 betrug
diese Zahl 922 mit einem veranschlagten. Quantum von 171,380 Pfd. Fleisch;
1888 dagegen 17,545 mit 3,940,000 Pfd. Fleisch! (Während der Belagerung
von Paris wurde die erstaunliche Menge von 65,000 Pferden, Eseln und MauD
tieren = 12,261,100 Pfd. Fleisch verzehrt.)
Das Fleisch eines in gutem Zustande befindlichen Pferdes ist nach
Decroix nahrhafter als Rindfleisch, dabei höchstens halb so teuer, freilich nicht
für jeden so schmackhaft wie das letztere. Aber die Zubereitung thut sehr
viel; das sieht man daran, daß viele Personen, welchen absichtlich ohne ihr
Wissen Pferdefleisch vorgesetzt wurde, durchaus nichts Unangenehmes merkten.
Decroix selbst ißt Pferdefleisch, um mit gutem Beispiel voran zu gehen und
um die ärmeren Klassen aufzumuntern, sich das billige und vorteilhafte Nah¬
rungsmittel zu nutze zu machen. Auch auf den Zustand der Pariser Pferde
übt der gesteigerte Verbrauch des Pferdefleisches einen sehr günstigen Einfluß
Man sieht jetzt viel weniger abgetriebene, elende Tiere, da die Pferdeschläch¬
tereien , deren es 132 in Paris gibt, gut genährte Pferde viel teurer bezahlen
als abgemagerte. Während früher der Schinder 10 — 20 Francs für ein dienst¬
untaugliches Pferd gab, zahlt der Schlachter jetzt 60—100 Francs, je nach dem
Zustand der Pferde. Die Folge ist, daß die Pferdebesitzer die Pferde nicht
so herunterkommen lassen, sondern sie besser füttern und verhältnismäßig
früher verkaufen, sobald sie anfangen, die Erhaltungskosten nicht mehr ein¬
zubringen. Sch.
127
Wachtelausfuhr Egyptens. Ein neuer Ausfuhrartikel Egyptens sind
Wachteln, welche seit einigen Jahren in zunehmender Zahl nach Frankreich
und England ausgeführt werden. Die Menge dieses seltsamen Ausfuhrerzeug¬
nisses belief sich im Jahre 1886 auf */* Million im Werte von 80,000 Mark
im Jahre 1888 dagegen bereits auf l1/« Million im Werte von 260,000 Mark.
_ Gro.
Litte r atu r.
Das Steppen huhu (Syrrhaptes paradoxus) in Österreich-Ungarn. Von Victor
Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen. Mit 1 Karte. Graz. Verlag
des Naturwissenschaft!. Vereins für Steiermark 1890.
Das letzte Erscheinen des Steppenhuhns in Europa (vgl. Jahrgang 1888
und 1889 unserer Zeitschrift) hat eine umfangreiche Litteratur hervorgerufen,
ein erfreuliches Zeichen, wie man die Wanderungen in der Vogelwelt jetzt
sorgsam beachtet. Nur durch Mitteilung genauer Beobachtungen und Auf¬
zeichnungen wird es möglich, nach längerer Zeit eine solche Erscheinung ver¬
stehen und erklären zu können. Für die österreich-ungarische Monarchie hat
der Verfasser die seit dem Jahre 1863 bekannt gewordenen Thatsachen sorg¬
fältig zusammengestellt und in Tabellen geordnet. Er zeigt daraus, wie der
von Osten kommende Zug von den Karpathen aufgehalten sich teilt und in
einem Hauptarme nach Deutschland, in einem schwächeren Aste durch die
walachische Tiefebene in das Donaugebiet und längs der Südseite der Alpen
zieht. Strahlenförmig breiten sich die Züge aus, um sich mehr und mehr zu
schwächen und allmählich zu verlieren. Diese Andeutungen mögen genügen,
um die Aufmerksamkeit auf die fleißige Arbeit zu lenken, der eine gute Karte
beigegeben ist. N.
✓ -
Das Tierleben im Terrarium von H. Fischer-Sig wart. Aarau.
H. R. Sauerländer 1890. 8°. 176 Seiten.
Verfasser hat in Aarau in mehreren öffentlichen Vorträgen das Tierleben
in den Terrarien, also vorzugsweise das der Reptilien und Amphibien behan¬
delt und diese Vorträge in dem V. Heft der Aargauischen Naturforschenden
Gesellschaft niedergelegt; doch sind auch Separatabdrücke davon zu haben.
Das mit viel Liebe abgefaßte Schriftchen zeigt, wie es mit Ausdauer und
Geschick gelingen kann, sich auch in der Stadt ein großes Terrarium zu be¬
schaffen. Verfasser hat nämlich auf dem zweiten Boden (Dachraum) seines
Hauses eine 45[[]m große Fläche in einen kleinen Garten mit Wasserbecken
umgewandelt und gibt seinen Gefangenen hier die bestmöglichen Bedingungen
zu ihrem Gedeihen, was sie denn auch reichlich lohnen. Wir empfehlen unsern
Lesern die hübsche Schrift, sie werden sie mit Freude durchgehen und sicher
mancherlei Neues daraus lernen. N.
Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt.
Redigiert von Hofrat Prof. Dr. Liebe, Dr. Frenzei, Dr. Rey und Thiele.
XIV. Jahrg. 1889.
Der vorjährige Band der von uns wiederholt empfohlenen Zeitschrift
bringt wieder reiches Material zur Kunde von unseren einheimischen und von
128
einigen ausländischen Vögeln. Das Leben des Vogels, seine Gewohnheiten und
Eigentümlichkeiten, sein Verhältnis zum Natur- und Menschenleben sind es,
die zur Darstellung kommen nach eigenen Beobachtungen der Mitglieder des
Vereins, und so findet jeder Belehrung und Anregung, wird die Liehe zur
Vogelwelt genährt und deren praktische und ästhetische Bedeutung erkannt.
Der vortrefflich redigierten Monatsschrift sind auch in dem XIV. Jahrgange
wieder mehrere Farbendruckbilder beigegeben. N.
Die gefiederte Welt, Zeitschrift für Vogelliebhaber, -Züchter und -Händler.
Herausgegeben von Dr. Karl Ruß. 18. Jahrg. 1889.
Eine andere Aufgabe als die vorige hat sich die genannte Zeitschrift
gestellt; sie dient dem Vogelzüchter und -Liebhaber und berichtet darum in
erster Linie über die auf deren Gebiete gemachten Beobachtungen und Er¬
fahrungen, so daß der Vogelfreund hört, wie er seine Lieblinge zu pflegen
hat, und ihm manche bittere Lehre erspart bleibt. Die auf den Vogel¬
markt gebrachten neuen Arten werden bekannt gemacht, Berichte über Aus¬
stellungen werden geliefert, an den Herausgeber gerichtete Fragen öffentlich
beantwortet, so daß ein Jeder daraus Nutzen ziehen kann; aber auch Schil¬
derungen aus dem Leben des Vogels, Besprechungen über die einschlägige
Litteratur werden gegeben, so daß die »Gefiederte Welt« wohl die erste Zeit¬
schrift für den Vogelliebhaber geworden ist, wie sie sich denn auch bereits
einen sehr ausgedehnten Leserkreis erobert hat. N.
Eingegangene Beiträge.
J. W. in W.: Antwort ist brieflich erfolgt. — J. v. P. in W. — P. L. in M. — K. K.
in Sch. —
Bücher und Zeitschriften.
W. B. B a r r o w s. The English Sparrow (Passer domesticus). U. S. Department of Agriculture.
Washington. Government Printing Office. 1889.
North American Fauna. No.: 1. Revision of the North American Pocket Mice. No.: 2.
Description of 14 new species and one new genus of North American Mammals. By
Dr. C. H. Merriam. Daselbst 1889.
7th Annual Report of the United States Geological Survey 1885—1886. By J. W. Po well,
Director. Daselbst 1888.
Ornis, Internationale Zeitschrift für die gesamte Ornithologie. Herausgegeben von Dr. R.
Blasius und Dr. G. von Hayek. Jahrgang 1—5. Wien. Karl Gerolds Sohn.
1885—1890.
Dr. F. Westhoff. Jahresbericht der zoologischen Sektion des Westfälischen Prov.-Ver. für
Wissenschaft und Kunst. 1888—1889. Münster. 1889.
Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. 6. Band. Abteil. III. Die Reptilien von
Prof. Dr. C. K. Hoff mann. Lieferg. 67 u. 68. Leipzig u. Heidelberg. C. F. Winter. 1890.
Verhandlungen des deutschen wissenschaftlichen Vereins zu Santiago. II. Band. l. Heft.
Mit 2 Tafeln. Santiago. 1889. (Kommission bei R. F riedländer u. Sohn. Berlin.)
Dr. K. M. Heller. Der UrbüfFel von Celebes, Anoa depressicornis. Mit 3 Tafeln. Dresden.
H. Grünberg. 1890.
The Journal of Comparative Medicine and Veterinary Archives by W. A. Conklin and
R. Sh. Huidekoper. April 1890. Philadelphia. 1890.
Dr. Ed. Wiepen. Die geographische Verbreitung der Cochenillezucht. Mit 1 Karte. Köln.
J. B. Heimann. 1890.
Report of the Central Park Menagerie of New York for the year 1889.
Victor Ritter von Tschusi zu Sehmidhofen, das Steppenhuhn in Österreich-Ungarn.
Mit 1 Karte. Graz. Verlag des Naturwiss. Vereins für Steiermark. 1890.
Dr. Otto vom Rath. Über die Fortpflanzung der Diplopoden (Chilognathen). Mit 1 Tafel.
Freiburg i. Br. J. C. B. Mohr. 1890.
Prof. Herrn, von Meyer. Die Ortsbewegung der Tiere. Sammlung gemein, verständl.
wissenschaftl. Vorträge. Heft 95. Hamburg. Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. 1890.
Mitteilungen des ornithologischen Vereins in Wien „die Schwalbe.“ Redigiert von A. von
Pelz ein und C. Pallisch. XIV. Jahrg. No. 5. Wien 1890.
Ornithologisclies Jahrbuch, Organ für das paläarktische Gebiet. Band I. Heft 4. Herausgeg.
von Victor Ritter von Tschusi zu Sehmidhofen. Hallein. 1890.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a. M,
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 5. XXXI. Jahrgang. Mai 1890.
I 11 li a 1 t.
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln; von Direktor Dr. L. Wu n d e r 1 i c h.
(Schluß.) — Die Nahrung der giftlosen europäischen Schlangen; von Uand. phil. Franz
W erner in Wien. — Das gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner; von Dr. Emil
Buck. (Fortsetzung.) — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. —
Die Seelöwen im zoologischen Garten zu Köln.
Von Direktor Dr. L. Wunderlich.
(Schluß.)
Wenige Wochen nach der Ankunft der Seelöweu, am 26. Juli
1887, wurde von den mit der Fertigstellung des Beckens betrauten
Arbeitern gesehen, daß das größere Weibchen sich mit dem Männchen
paarte, und am 18. Juli 1888 hatte ich Gelegenheit, bei dem kleineren
Weibchen, das vor 24 Tagen geboren hatte, dasselbe zu beobachteu.
Die Brunft dauerte in diesem Falle nur zwei Tage, war aber un¬
verkennbar. Das Tier zeigte eine außergewöhnliche Unruhe, scheuerte
sich an den Felsen und bestieg dieselben ganz wider seine sonstige
Gewohnheit. Die Paarung erfolgte im Wasser, indem das Manuellen
über das in gewöhnlicher Lage ruhende Weibchen hinwegschwamm,
dieses mit den Vorderflossen umfaßte und seinen hinteren Körperteil
zwischen den Hinterflossen desselben hindurch nach unten bog.
Innerhalb 5 Minuten wurden 3 Begattungen beobachtet und nament¬
lich bei der letzten deutliche Bewegungen des Männchens wahr¬
genommen.
Das größere Weibchen gebar in der Nacht vom 2. zum 3. Juli
1888, also nach 342 Tagen, 8 Tage später als das kleinere, dessen
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXT. 1890. 9
. )
Begattung 1887 nicht beobachtet war. Dieses paarte sich am
18. Juli 1888 von neuem und kam am 30. Juni 1889 nieder. Die
Dauer der Trächtigkeit umfaßt demnach die Monate Juli bis Juni
und beträgt 342 — 347 Tage, während Brehm sie auf 8 — 10 Monate
schätzt (Tierleben, 2. Aufl. Bd. 3, 8. 594) und andere für
Otaria Stellen 10 — 11 Monate (Giebel, Säugetiere S. 145), für
Otaria jubata deren 10 (Brehms Tierleben Bd. III, S. 613) oder
gar nur 9 (Schrebers Säugetiere, Bd. III. S. 301), für Otaria ursina 9
(ebend. S. 292) oder 12 (ebend. Bd. VII, S. 72 und 74 unseres
Zoologischen Gartens, Jahrg. XXIII, S. 198) annehmen. Dahingegen
erfolgt die Geburt auch bei diesen Otarien meinen Beobachtungen
entsprechend im Juni oder Juli, mit Ausnahme des im Brehm
(Bd. III, S. 613) erwähn en Falles von Otaria jubata , wo als Trag¬
zeit die Monate März bis Dezember genannt werden.
Wenn auch im Laufe der Trächtigkeit eine Körperzunahme
der weiblichen Tiere zu erkennen war, so war diese doch kein
sicheres Zeichen, da jene auch ohnedies im Winter, so lange es
Heringe gab, sich stark mästeten. Erst Mitte April, also im neunten
Monat der Trächtigkeit, war es möglich, ein sicheres Urteil ab¬
zugeben. Die Weibchen lagen dann zuweilen stundenlang ruhig im
Wasser, die Bauchseite nach oben gekehrt und die Hinterextremi¬
täten über die Oberfläche erhebend : wahrscheinlich, daß der Embryo
in diesen Tagen seine ersten Bewegungen macht. Beim Füttern
jedoch bewahrten die Tiere ihre alte Behendigkeit, die sie bis zum
Tage ihrer Niederkunft nicht verließ.
Zum Werfen benutzte das kleinere Weibchen stets eine der
unter dem Felsen gelegenen Höhlen (s. Fig. IV, S. 3 des Jahrg.),
während das größere in Ermanglung eines solchen Raumes — der
Felsen mit der Höhle III wurde erst später angebaut — einen gewiß
naturgemäßeren Platz, nämlich den zur Höhe führenden Pfad sich
aus wählte. Die Geburt kündete sich durch helle Klagelaute an,
die weithin vernehmbar waren. Dabei drehte sich das Tier, von
Schmerz getrieben, fortwährend im Kreise und blieb nur beim Ein¬
tritt stärkerer Wehen ruhig liegen. Nach einer Viertel- bis einer
halben Stunde war das Junge da und zwar kam es einmal mit den
nach hinten ausgestreckten Hinterflossen voran, die Vorderextremi-
fäten dicht an den Körper gelegt, das andere Mal mit dem Kopfe
voran zur Welt, nachdem die Harnblase sich schon vorher entleert
hatte. Die Placenta, welche alsbald folgte, war ringförmig und
in ihrem ganzen Umfange von gleicher Breite.
131
Sofort nach erfolgter Geburt wandte sich die Mutter nach dem
Jungen um, das sich inzwischen durch heftige Bewegungen von den
embryonalen Hüllen befreit hatte. Es wurde berochen oder, wenn
man so will, geküßt, aber nicht trocken geleckt, wie dies bei Land¬
säugetieren der Fall ist.
Die Augen des jungen Tieres — die unsrigen drei waren männ¬
lichen Geschlechts — öffneten sich sofort nach der Geburt und der
Mund wies schon zahlreiche Zähne auf. Kräftig schreiend beginnt
es bald nach den Zitzen zu suchen und eine Stunde nach der Ge¬
burt sieht man es die erste Nahrung zu sich nehmen. Die Mutter
legt sich dabei etwas auf die Seite, so daß der Unterkörper frei liegt,
läßt das Junge aber allein suchen und hilft ihm dabei nicht mit
den Vorderflossen, wie es die Seehundmütter thun sollen. Die Länge
des jungen Seelöwen von der Nase bis zur Schwanzwurzel beträgt
am vierten Lebenstage etwa 60 cm.
Die Mutter geht am Tage nach der Geburt bereits wieder ins
Wasser, hält sich aber stets in der Nähe des Jungen auf, das sie
nicht aus den Augen läßt und auf dessen klägliches Rufen sie so¬
fort herbeieilt. Auch duldet sie nicht, daß ein anderer Seelöwe
sich dem Platze nähert, wo ihr Sprößling ruht.
Die Jungen gehen freiwillig schon am dritten Tage ins Wasser,
doch thut es ihnen nichts, wenn sie schon früher Bekanntschaft mit
dem nassen Element machen, was ich an dem Jungen beobachten
konnte, welches auf dem Felsen zur Welt gekommen war. Um
dieses vor dem damals Tag und Nacht herabströmenden Regen zu
schützen und um es ferner nicht der Gefahr auszusetzen, von dem
großen Männchen, dessen Platz die Wöchnerin eingenommen hatte,
verdrängt und ins Wasser hinabgestoßen zu werden, ließ ich am
Fuße des Felsens einen geräumigen Kasten aufstellen und das Junge
hinein bringen. Das Wegnehmen desselben gelang unter Zuhülfe-
nahme einiger Fische und eines Reiserbesens sehr schnell. Die
Mutter wollte jedoch nicht in den Kasten uud verließ ihren Platz
erst, als das Junge zu schreien begann. Jetzt eilte sie, das Junge
lockend, hinab, dieses ihr entgegen. Schnell wurde es im Nacken
gefaßt und ins Wasser gezogen, wo es geschickt hinter der Mutter
herschwamm und nicht nur unordentlich das Wasser schlug, wie
Steller augibt. Nach wenigen Sekunden kam jene vor dem Kasten
wieder aufs Land, ihr Junges aus dem Wasser und wieder bergan
nach dem Wurfplatze ziehend. Zwei Tage alt sprang dies Junge
schon hinter der Mutter her von dem 2 m hoch gelegenen Platze
T
— 132 ' —
ins Wasser hinab, und fünf Tage alt mußte es denselben Sprung
wiederholen, da der alte Bulle sein Recht geltend machte. Wenige
Tage später endlich bequemte sich das Weibchen, die ihm zuge¬
dachte Hütte zu beziehen, nachdem sein Junges schon vorher deren
Vorzüge kennen und durch längeren Aufenthalt in derselben schätzen
gelernt hatte.
Die Wasserpromenaden, anfangs nur kurz, nahmen bald eine
immer größere Dauer an, den ganzen Tag tummelten sich schlie߬
lich die Jungen, sei es allein oder mit den Alten, im Wasser, und
schließlich gingen jene nur noch ans Land, um von der Mutter
Nahrung zu fordern. Um sicher zu sein, daß sie dabei nicht zu
kurz kamen, ließ ich Mutter und Kind das erste Halbjahr stets
Nachts einsperren, und 1888, als wir zwei junge Seelöwen hatten,
mußten dieselben häufig durch den Wärter getrennt und zu ihren
Müttern zurückgebracht werden. Es war dies um so mehr nötig,
als die Weibchen nicht gerade gutartig gegen das ihnen nicht ge¬
hörige Junge waren. Scammons Beobachtung (Brehms Tierleben
2. Aufl. Bd. III, S. 600), wonach andere weibliche Seelöweu sich
um die Gunst streiten, das Junge zu säugen, wenn die Mutter sich
weigert, dies zu thun, kaun ich nicht bestätigen. Als das größere
Weibchen sechs Tage nach dem Werfen schwer erkrankte und das
Junge nicht tränken wollte, ließ ich dieses dem anderen Weibchen
geben, obgleich dasselbe schon sein eigenes Kind zu besorgen hatte.
Doch mußte es schnell wieder entfernt werden, da jenes wütend auf
das ihm aufgedrängte Tierchen losstürzte.
Das Männchen benahm sich seinen Sprößlingen gegenüber sehr
gleichgültig. Nur einmal sah ich, wie dasselbe sich zu einem der¬
selben über eine Stunde in die Hütte legte und es leckte oder
besser gesagt, beschnupperte. Doch zeigte es sich anderseits auch
nie bösartig, ließ es sich vielmehr ruhig gefallen, wenn die Jungen,
seinen breiten Rücken dem der Mutter vorziehend, es sich auf letz¬
terem bequem machten und sich im Wasser umhertragen ließeu.
Das Jugendkleid des jungen Seelöweu gleicht dem der Mutter.
Es ist naß glänzend braun, trocken silbergrau und hat außer einem
lichteren Fleck unterhalb der Unterlippe keine besondere Zeichnuug
aufzuweisen. Mit den Alten wechseln auch die Jungen in der zweiten
Hälfte des Dezembers ihr Haarkleid, und die jungen Männchen
gleichen von jetzt ab dem Vater ; sie sind trocken, ebenso dunkel¬
braun wie dieser, und auch der nasse Pelz hat eine dunklere Färbung
-angenommen.
133
Die Ernährung des jungen Seelöwen fällt 7 — 8 Monate laug
ausschließlich der Mutter zu. Gegen Ende dieser Zeit sieht man ihn
mit Fischresten und sonstigen Gegenständen, die er vom Boden
heraufholt, spielen, und es wird wohl zuweilen auch ein Stückchen
Fisch übergeschluckt. Wenigstens beweist dies der Mist, der früher
weich und gelb war und nun fest und schwarz geworden ist. Da
um diese Zeit von Hamburg reichlich Stinte geliefert wurden, so
ließ ich diese täglich in größeren Mengen ins Wasser schütten und
Mitte Februar konnte ich deutlich sehen, wie dieselben von dem
Jungen gefressen wurden. Bald wagte es sich auch an größere
Heringe und nach Ablauf des achten Monats nahm es alles,
was auch die alten Tiere bekamen. Daneben trank es noch an der
Mutter, die es eine Stunde, bevor sie wieder gebar, noch an
den Zitzen duldete. Sobald sie aber für ein zweites Junges zu
sorgen bekam, wollte sie von dem älteren nichts mehr wissen,
und dieses war nach Ablauf eines Jahres ganz auf den Fischfang
angewiesen.
Die Mütter nahmen auch in der Zeit, wo sie allein für die
Nahrung ihrer Sprößlinge aufzukommen hatten, täglich die ge¬
wohnte Futtermenge, so daß von einer Körperabnahme nicht die
Rede sein konnte. Doch ist anzunehmen, daß dies in der Freiheit,
wo sie nicht jagen können, ohne die Jungen stundenlang allein
zu lassen, auders ist, daß hier eine längere Nabrungsenthaltung
eintritt, die die Seelöwen, wie namentlich im zoologischen Garten
zu Amsterdam beobachtet wurde, ohne große Beschwerde ertragen.
Uber den Tod des jungen Seelöwen habe ich bereits in dieser
Zeitschrift berichtet (Jahrg. XXX, S. 24), und ich will an dieser
Stelle nur noch einige Mitteilungen über anderes machen. Das fünf
Monate alte Männchen war im besten Ernährungszustände, es war
von 60 cm auf 108 cm herangewachsen und wog 16 kg. Der Kopf
glich dem der alten Weibchen und zeigte noch keine Spur der dem
erwachsenen Mäunchen eigentümlichen Stirnauftreibung. Er war
18 cm laug und trug 3 cm lauge Ohren. Die Schnurrhaare standen
in 6 Reihen und waren bis zu 9 cm lang. Augenlider und Nase
waren unbehaart. Der Umfang des Tieres vor den Schultern be¬
trug 57 cm, die Länge der Vorderflossen 27 cm, die der Hiuterflossen
22 cm und die des Schwanzes 5 cm. Die ersteren trugen keine
Nägel, sondern zeigten an deren Stelle 5 runde Vertiefungen. Die
Hinterflossen hingegen waren mit Nägeln versehen, von denen die
drei mittleren durch ihre bedeutende Länge von den beiden äußeren
-
y . / 1 ■ ’ y
1
134
abstachen. Die Unterseite und die Spitzen aller vier Extremitäten
waren haarlos.
Der Kadaver ist dem zoologischen Institut in Bonn übergeben
und es ist zu hoffen, daß er in anatomischer Hinsicht noch seinen
Bearbeiter findet.
Die Nahrung der giftlosen europäischen Schlangen.
Von Cand. phil. Franz Werner in Wien.
Ein merkwürdiger Unterschied scheint zwischen den Eidechsen
und Schlangen bezüglich der Nahrung zu obwalten. Während die
Eidechsen von den eßbaren und bezwingbaren Tieren alle annehmen,
die nicht durch übelriechende Säfte, durch Stacheln oder lange,
abfallende Haare geschützt sind, halten sich die Schlangen mit sehr
geringen Ausnahmen bei der Auswahl ihrer Nahrung an ganz be¬
stimmte Tiergruppen und verhungern lieber, ehe sie ein anderes
Tier fressen.
Unter den Eidechsen gibt es nicht wenige Pflanzenfresser :
Uromastix spinipes frißt — wie ich selbst gesehen habe — Salat*)
und U. Hardwiclci ist sogar nach Fischer (Zool. Anzeiger 1888
p. 115) eine körnerfressende Eidechse; andere Eidechsen sind nur
nebenbei pflanzlicher Nahrung zugethau, wie Lacerta ocellaici , Stellio
vulgaris (siehe ebenda), Plestioclon Äldrovandi (Fischer: Humboldt
VI. Bd. p. 24); Macroscincus Coctei (Milue Edwards, Bull. hebd.
Assoc. scientif. France 1883) sowie die beiden Rieseneidechsen der
Galapagos-lnseln, Conolophus subcristatus und Amblyrhynchus cristatus
(Steindachner, die Schlangen und Eidechsen der Galapagos-lnseln,
Festschrift der k. k. zool. bot. Gesellscb. Wien 1875) sind wahr¬
scheinlich ausschließlich herbivor.
Je größer eine Eidechse ist, desto größer ist auch die Anzahl
der Tierspecies, die zur Nahrung für sie geeignet ist; harte Bock¬
käfer, die der Lacerta agilis unbezwinglich sind, werden von L. viridis
und ocellata mit Leichtigkeit zermalmt ; was L . agilis in Anbetracht
ihrer Schwäche nicht vermag, das Verschlingen von Mäusen, wird
von L. viridis bereits versucht und L. ocellata tötet und verschlingt
Mäuse bereits ohne Schwierigkeit; es ist also bei der Beurteilung
*) Auch TJ. acanthinurus ist pflanzenfressend: Fischer (diese Zeitschrift
16. Jahrg. p. 269.)
der Nahrung einer Eidechse nur die Größe des betreffenden Beute¬
tiers von Wichtigkeit ; während sich kleine Eidechsenarten — und
eine unserer kleinsten ist vielleicht der süd westeuropäische Psam -
modromus liispanicus — mit kleinen Insekten verschiedener
Art, Spinnen, Würmern u. dgl. begnügen müssen, verzehrt die
Lacerta agilis schon außer größeren Exemplaren der vorerwähnten
Tiere auch junge Eidechsen, Lacerta viridis , Eier von Eidechsen
und junge Schlangen und Blindschleichen, sowie ganz erwachsene
Exemplare der Berg- und Mauereidechse, während die große Perl¬
eidechse {L. ocellata) bereits Schlangeneier und Mäuse zu sich
nimmt; die großen Monitoriden und Tejiden können mit Mäusen
kaum sattgefüttert werden und wagen sich außer an größere
Amphibien und Reptilien auch an Vögel und Säugetiere von ver¬
hältnismäßig bedeutender Größe. Vor den landlebenden großen
Eidechsen sind höchstens Schildkröten und Fische, vor den wasser¬
bewohnenden vielleicht nur hartschalige Schildkröten und stachlige
oder gepanzerte Fische sicher. Auch solche Eidechsen, die anschei¬
nend eine ganz bestimmte Nahrung haben, lieben hie und da einmal
eine Abwechslung ; ich habe mehr als einmal die im allgemeinen strenge
regenwurmfressende Blindschleiche große grüne Laubheuschrecken
mit gewaltiger Anstrengung zerquetschen und verschlingen sehen:
und es gibt wohl keine größere, überhaupt von animalischer Nah¬
rung lebende Eidechse, die nicht ab und zu einen kleineren Ver¬
wandten, auch der eigenen Art, auffressen würde; so z. B. ist der
sonst sehr sanfte Plestiodon Äldrovandi häufig beim Verzehren
ziemlich großer Zauneidechsen zu ertappen — falls man eben solche
mit ihm zusammensperrt.
Anders verhalten sich die Schlangen; abgesehen davon, daß;
wahrscheinlich überhaupt kein Pflanzenfresser unter ihnen ist, halten
sich die meisten Arten an bestimmte Tiere und können absolut
nicht dazu gebracht werden, eine andere Nahrung anzunehmen.
Schlangen, die wie größere Eidechsen es thun, mit gleichem Appetit
Insekten, Würmer, Spinnen, Frösche, Eidechsen, Schlangen, Mäuse,
Vögel, Eier verschiedener Wirbeltiere verschlingen, gibt es wohl
kaum, und Arten wie Zamenis viridiflavus , die sowohl Heuschrecken
als Frösche, Eidechsen und Mäuse annehmen, sind wohl schon als
die am wenigsten wählerischen anzusehen ; bei den meisten ist eine
entschiedene Abneigung gegen die Insektennahrung zu bemerken,,
nur wenige (solche, die im Alter Eidechsen und Mäuse fressen) sind
mitunter in der Jugend Insektenfresser und merkwürdigerweise*
I
— 136 —
bevorzugen alle derartigen, von mir beobachteten Arten die Orthopteren
(Grillen und Heuschrecken), während Käfer erst in zweiter Linie,
alle anderen Insekten gar 'keine Beachtung finden. Trotz dieser
wenigen Abweichungen kann man aber konstatieren, daß die euro¬
päischen Schlangen von dreierlei Nahrungstieren leben; erstens
von Würmern und Myriopoden ( Typhlops lumbricalis), zweitens von
Fischen und Amphibien (die Tropidouotus-Arten) , drittens von
Eidechsen und Mäusen — alle übrigen.
• •
Uber Typhlops kann ich nichts Genaueres bezüglich der Nah¬
rung mitteilen.
Sehr viel hingegen läßt sich über die drei amphibien- und
fischfressenden Tropidonotus-Arten sagen, und es sei mir gestattet,
aus meinen Beobachtungen über diese Tiere einiges mitzuteileu.
Vor allem ist die große Sicherheit zu erwähnen, mit der diese
Schlangen die verschiedenen Frosch- und Krötenarten unterscheiden,
so daß sie sich fast niemals irren ; man kann dieses ausgebildete
Unterscheidungsvermögen wohl kaum dem Geschmackssinn zuschreiben,
da ja diese Schlangen die ihnen nicht zusagenden Frösche nicht ein¬
mal berühren ; auch der Gesichtssinn dürfte hierbei von keinem
leitenden Einfluß sein, da die Tropidonotus-Arten viel schlechter
sehen als die anderen Schlangen*), oft bei der Jagd auf ihre Beute
dieselbe fehlen und dann nicht mehr finden, wenn sie nicht gerade
mit der Schauze darauf stoßen. Vielmehr dürfte der Geruch hier
in erster Linie ausschlaggebend sein, da die Amphibien bekanntlich
eine stark und dabei specifisck ziemlich verschieden riechende Aus¬
dünstung besitzen. Diejenigen Ringelnattern, welche Wasserfrösche
verschmähen, unterscheiden mit größter Sicherheit braune Wasser¬
frösche von den ebenfalls braunen Landfröschen (Rana temporaria
und agilis ), und gibt man ihnen unter einer größeren Anzahl
brauner Wasserfrösche nur einen einzigen dieser erwähnten Land¬
frösche, so kann man sicher sein, daß nur dieser allein gefressen
wird, die Wasserfrösche aber verschont bleiben. — Ringelnattern,
welche in krötenreichen aber froscharmen Gegenden lebten und daher
Erdkröten (Bufo vulgaris) allen anderen Tieren als Nahrung vor¬
ziehen, finden dieselben aus einer großen Zahl verschiedener Frösche
und Kröten heraus und fressen sie früher, oder ganz allein.
*) Dieses »schlechter Sehen« bezieht sich nicht auf die Sehweite, sondern
nur auf die genaue Unterscheidung der gesehenen Dinge bezüglich räumlicher
Ausdehnung und Entfernung.
137
Die Ringelnatter, Tropidonotus natrix, nimmt nach meinen Be¬
obachtungen alle in Niederösterreich vorkommenden Frösche und Kröten
an; doch sind verschiedene Arten in verschiedenem Grade beliebt; fast
alle von den mehreren hundert Exemplaren, die ich bisher in Gefangen¬
schaft hielt, nahmen Laubfrösche sehr gern an; es wird dieser Frosch
von der Ringelnatter wegen seiner verhältnismäßigen Kleinheit und
Schwäche, sowie der geringereu und wenig scharfen Saftabsonderung
ebenso am liebsten gefressen, wie die Feuerkröten oder Unken
(. Bombinator igneus und pachypus ) am allgemeinsten verschmäht
werden. Ringelnattern, die hartnäckig Nahrungsannahme verweigern,
sind oft durch Laubfrösche dazu zu bewegen und Exemplare der
verschiedensten Heimat — Italien, Dalmatien, Ungarn u. s. w. —
verzehren diese Frösche am liebsten.
Wieviel Laubfrösche eine erwachsene hungrige Ringelnatter im
Verlaufe einer Stunde verschlingen kann, darüber kann ich nichts
Genaueres mitteilen, da mir die Laubfrösche stets schon ausgegangen
waren, als die Schlange noch ziemlich hungrig war; sicher ist nur,
daß eine Schlange dieser Art von 1.15 m Länge nach Genuß von
15 großen, resp. 120 jungen Exemplaren noch gar nicht satt ist.
Sehr gern werden auch Landfrösche (ßana temporaria und
R. agilis) angenommen, dagegen der Wasserfrosch von vielen hart¬
näckig verschmäht; doch gewöhnen sich manche Ringelnattern nach
längerem Hungern schließlich auch an diese Nahrung, wenn sie
nichts Anderes bekommen, während andere lieber verhungern, als
daß sie einen Wasserfrosch aurühren. Alte Wasserfrösche machen
hierbei bald die Bemerkung, daß heftiges Herumspringeu für sie
verderblich sei, und bleiben daher beim Herannahen der Schlange
regungslos sitzen, was sie auch in den meisten Fällen vor dem
Tode rettet. Bufo vulgaris wird von landbewohnenden Ringelnattern
ebenso gern gefressen wie der Wasserfrosch von den aquatischen;
und ebenso wird sie auch von manchen nicht gefressen ; hingegen
ist Bufo variabilis eines der beliebtesten Beutetiere der Ringelnatter ;
weniger gern wird Pelobatus f'uscus angenommen, vollkommen ver¬
schmäht aber die beiden Bombinator-Arten ; ich habe nur zwei
Ringelnattern besessen, welche diese Tiere wirklich verzehrten, alle
anderen kümmerten sich entweder gar nicht darum oder verfolgten
sie und bissen hinein, um sofort unter den Zeichen des heftigsten
Widerwillens wieder loszulassen. Auch die Juugen und vierbeinigen
Kaulquappen dieser beiden Arten werden von der Ringelnatter in
der Regel verschmäht und diese unterscheidet sie von den Kaul-
138
quappen anderer Batrachier sehr genau; ich sperrte einmal eine
jüngere Ringelnatter in eine teilweise mit Wasser gefüllte Blech¬
büchse, in der sich ein halbes Hundert Laryen von Hyla arborea,
Bufo variabilis und Bombinator pachypus befanden. Nach zwei
Stunden waren sämtliche Bufo- und Hyla-Larven verschlungen,
die Bombinator-Larven aber unversehrt und vollzählig, trotzdem die
Schlange im Dunklen gefressen hatte.
Jüugere Ringelnattern fressen Molche, Triton alpestris und
taeniatus , sehr gern, T. cristatus aber wird wegen seiner großen
Lebenzähigkeit gewöhnlich unbeachtet gelassen. Der Feuersalamander,
Salamandra maculosa , wird trotz der großen Menge ätzenden Saftes,
den er ausstößt, wenn er von der Schlange ergriffen wird, allgemein
gern verschlungen.
Fische werden von vielen Ringelnattern infolge ihres, dem Ver¬
schlingen keinen Widerstand entgegensetzenden , weil stark ent¬
wickelter Extremitäten entbehrenden Körpers mit Begierde gefressen;
wenn man zusieht, welch schweren Stand eine Ringelnatter mit den
Hinter-, ja oft genug auch noch mit den Vorderbeinen der Frösche
hat, bekommt man erst einen Begriff von der relativ großen Schnellig¬
keit, mit der selbst große Fische verschluckt werden. Obwohl die Lage
des Fisches der Schlange in der Regel gleichgültig ist, so werden
Stachelfloßer sofort erkannt und nur mit dem Kopf voran ver¬
schlungen; eine große Ringelnatter, die einen Flußbarsch am Schwanz
ergriffen hatte und ihn so verschlingen wollte, brachte dies auch
zuwege, erlag aber nach einigen Tagen den innerlichen Verletzungen,
welche ihr die aufgestellten Rückenstacheln des Fisches zuge¬
fügt hatten.
Die Färbung der Fische beirrt die Ringelnatter ebensowenig
wie die anderen fischfressenden Tiere; Goldfische werden gerade so
gern gefressen wie die andern heimischen Vertreter der Cyprinoiden-
familie, welche das Hauptkontingent der Fischnahrung der Tropido-
notiden bildet. Die Größe der Fische, welche eine solche Schlange
verschlingen kann, ist mitunter sehr bedeutend; ein sehr großes
— über 1 J/4 m langes — Exemplar verschlang innerhalb zweier
Tage G Fische von je 10 und einen von 15 cm Länge ( Sqiialius
cephalus).
Die zweite europäische Art, die Würfelnatter, Tropidonotus
tessellatus , ist womöglich noch gefräßiger als die Ringelnatter, ver¬
schmäht aber in der Regel Kröten und geschwänzte Amphibien;
Fische kann sie in sehr großen Quantitäten verzehren, dabei frißt
139
sie alle Arten von Fröschen, die bei uns Vorkommen. Als Cnriosum
mag hier erwähnt werden, daß eine Würfelnatter einmal einen
Grottenolm ( Proteus anguineus) verzehrte, was beweist, daß die
Anziehungskraft der Amphibiennatur des Grottenolms größer war
als der sonst große Respekt vor ungewohnten Tierformen.
Nicht weniger gefräßig als diese ist auch die dritte Art, die
Vipernatter, Tropidonotus vipermus, welche trotz ihrer verhältnis¬
mäßigen Kleinheit ganz außerordentliche Mengen von Fischen ver¬
schlingen kann; dabei vermag sie Laubfrösche, Kröten ( Bufo variabilis)
von relativ bedeutender Größe zu bezwingen, verschmäht auch andere
kleine Frösche und Tritonen ( Triton taeniatus ) nicht.
Diese Schlange ist ein einziges Mal auch beim Verschlingen
eines Käfers betroffen worden*); die verschiedenen Angaben aber,
daß eine Schlange einer der drei vorher besprochenen Arten ( Tropi¬
donotus natrix , tessellatus, viperinus) Mäuse, Vögel oder Eidechsen
gefressen habe, sind entweder als Erfindungen oder als auf Ver¬
wechslungen mit anderen Schlangen beruhend, jedenfalls aber als
unwahr zu bezeichnen ; wenn man bedenkt, wie viele sonst natur¬
wissenschaftlich gebildete Menschen unsere wenigen heimischen
Schlangen absolut nicht zu unterscheiden vermögen und je nach
Belieben entweder als Ringelnattern oder Kreuzottern ansehen , so
ist das oben Gesagte erklärlich. Schlangen, welche, wie die
Tropidonotus-Arten, ihre Beute lebend verschlingen, greifen niemals
höhere Wirbeltiere an.
Die Ringelnatter und ihre Verwandten trinken außer Wasser
und Suppe auch Milch — selbstverständlich nicht vom Euter einer
Kuh oder Ziege weg, sondern aus einem Trinkgefäß — doch wird
die Milch sofort erbrochen, wenn man der Schlange darauf Wasser
zu trinken gibt.
Wir kommen nun zu den Oorouella-Arten, den ersten Schlangen,
welche höhere Wirbeltiere fressen und vorher mit Umschlingungen
des Körpers erwürgen.
Die Coronellen-Arten sind Eidechsenfresser, doch töten große
Exemplare auch Mäuse und ähnliche kleine Säugetiere, ohne sie
jedoch auch immer verschlingen zu können. Eidechsen bis zur
Größe einer starken Lacertci agilis sind die Lieblingsnahrung aller
drei europäischen Arten; die glatte Natter, Coronella austriaca,
habe ich auch Eier anderer Nattern und große Blindschleichen ver¬
zehren sehen.
*) Dieck, Berl. entomolog. Zeitschr. XIV. p. 172 (1870).
140
Was die Tötung der erfaßten Tiere anbelangt, so wird sie
zwar häufig durch Umschlingung des Körpers in zwei- bis drei¬
facher Windung vollzogen, wonach Coronella austriaca auch den
Namen »Schlingnatter« erhalten hat, obwohl nahezu alle giftlosen
Schlangen Europas ihre Beute auf diese Art töten ; nicht seltener
aber dürften die Fälle sein (was namentlich hei Exemplaren von
kräftigem Körperbau vorkommt), daß die ergriffene Eidechse nur
durch den Druck des Körpers oder durch eine einfache Schlinge
festgehalten und, ohne vorher getötet zu werden, verschlungen
wird ; ebenso hören viele Schlangen dieser Art, sobald sie den
Kopf der Eidechse sicher im Rachen haben, mit der Umschlingung
auf, unbekümmert darum, ob die Eidechse noch lebt oder nicht,
kleine Eidechsen werden überhaupt ohne weiteres lebend gefressen.
Manche Coronellen haben die Gewohnheit, die Eidechsen am Schwanz
zu ergreifen, welcher ihnen von dieser im Rachen gelassen und,
während die Eidechse entflieht, von der Schlange verzehrt wird.
Bemerkenswert ist die Tollkühnheit, mit der junge Exemplare
von Coronella austriaca große Eidechsen anfallen und hart be¬
drängen ; ist die Eidechse auch fast von 2/ß der Länge der Schlange,
so wird sie häufig doch nach verzweifelter Gegenwehr von dieser
verschlungen. Ich habe einjährige Coronellen gesehen, welche nahezu
erwachsene Exemplare von Lacerta muralis und vivipara hinab¬
würgten, freilich in der Regel halbverdaut nach einigen Tagen
wieder auswarfen.
Mäuse und Blindschleichen werden immer durch Umschlingung
getötet, letztere zur Abkürzung des Verfahrens oft des Schwanzes
beraubt oder dieser umgebogen, so daß die Schwanzspitze und die
Schwanz Wurzel zugleich in den Rachen gelangen. Mehlwürmer
wurden ein einziges Mal von einer jungen Coronella austriaca
augenommen.
Da auch die kleinste Coronella eine junge Lacerta agilis oder
zwei Lacerta muralis (oder vivipara) verschlingen kann, so kann
ich die mehr oder minder verunglückten Versuche, die Ernährungs¬
weise der jungen Coronellen zu erklären, absolut nicht begreifen;
denn ebenso wie jede andere junge Schlange ist auch die junge
Coronelle imstande, sich sofort nach der Gehurt (resp. der ersten
Häutung) ihre Nahrung selbst zu erjagen , und es ist mir ins¬
besondere die Settari’sche Atzungsgeschichte, wonach die Jungen
von der Mutter gefüttert würden, immer sehr komisch vorgekommen ;
wenn irgend ein Tier der mütterlichen Fürsorge nicht bedarf, so ist
141
es die junge Corouelle, und eine Atzung der Jungen kommt bei gar
keiner Schlange vor.
Die Askulapschlau ge, Callopeltis Aesculapii , und die Leo¬
pardennatter, C. quadrilineatus , stimmen in ihrer Nahrung voll¬
ständig überein. Beide Arten leben, wenn sie erwachsen sind,
fast ausschließlich von Mäusen , welche durch äußerst kräftige
Umschlingungen getötet werden; die Kraft der kleineren C. quadri-
• •
lineatus ist verhältnißmäßig größer als die der Askulapschlange,
ebenso ihr Appetit; die Schnelligkeit, mit der sich beide Schlangen
auf ihre Beute stürzen, die Geschicklichkeit, mit der sie die Mäuse
beschleichen, die Erbitterung, mit der zwei Schlangen dieser Gattung
um eine Maus kämpfen, ist außerordentlich. Eidechsen werden
selten, meist nur von kleineren Exemplaren gefressen, kleine Säuger
von der Größe einer Maus (Spitzmäuse, kleine Maulwürfe, Fleder¬
mäuse) und Vögel von Sperlingsgröße aber ziemlich gern; alles
• •
andere wird verschmäht. Kleinere Exemplare der Askulapschlange
verweigern iu der Regel, große (von l1/*— l3/4 m) fast niemals
die Nahrungsannahme.
Von den Elaph is- Arten habe ich nur die Elaphis cervone lebend
gehalten ; diese gewaltige Schlange, von der ich Exemplare von
l3/4 m Länge besessen habe, kann sogar mit Meerschweinchen (3 — 4
Wochen alt) und Vögeln von der Größe einer Amsel gefüttert
werden, frißt aber Mause und Ratten, Eidechsen aller Art, sogar
grosse Exemplare der Lacerta viridis (bis 40 cm Länge), sowie
Tauben- und Hühnereier; auch tote Mäuse und Ratten werden
verzehrt (ebenso wie von laug iu Gefangenschaft lebenden Äsku¬
lapnattern); in diesem Falle erspart sich die Schlange, sobald sie
erkennt, daß die ihr vorgelegten Tiere tot sind, die Umschlingung
und beginnt sofort mit dem Verzehren. Gemeinsam ist dieser und
••
der Askulapschlange die Eigenschaft, die getöteten Tiere voll¬
ständig loszulassen, während die Coronella austriaca ihre Beute nicht
losläßt, bis sie den Kopf derselben im Rachen hat.
Die Treppennatter, Bhinechis scalaris , frißt iu der Jugend
Heuschrecken und Eidechsen; alte Exemplare Eidechsen und Mäuse;
übrigens dürften ganz alte Tiere, welche iu der Dicke und Stärke
der vorigen Art wenig nachgebeu, mit ihr in der Nahrung ganz
übereinstimmen.*)
*) Bemerkenswert ist die Schnelligkeit, womit sich diese Schlange bewegt
und auf ihre Beute stürzt; ganz im Gegensatz zu der etwas schwerfälligen
Elapliis cervone.
142
Uber die Hufeisen liatter, Periops ( Zamenis ) hippocrepis ,
kann ick keinerlei genauere Mitteilungen machen, da ick mir bis
jetzt noch kein lebendes Exemplar verschaffen konnte, dock stimmt
sie ohne Zweifel mit den nachfolgend besprochenen Gattungsver¬
wandten in der Nahrung überein.
Von diesen, den Zornnattern, Zamenis viridiflavus und Daldii,
ist übereinstimmend zu berichten, daß sie sich bis zu einer gewissen
Größe von Heuschrecken ( Acridium ), Grillen und Eidechsen nähren, die
größeren, über 1 Meter langen Exemplare der Zamenis viridiflavus
fressen auch Mäuse, die riesigen Exemplare von Zamenis caspius var.
auch Ratten, Tauben und Hühner, resp. Säugethiere und Vögel von
ähnlicher Größe.*) Zamenis Daldii frißt Grillen und kleine schlanke
Eidechsen ( Lacerta muralis und deren nächste Verwandte); über
Z. viridiflavus hat mir Herr Dr. Egyd Schreiber in Görz mitge¬
teilt, daß sie auch Grasfrösche und große Heuschrecken frißt.
Die Katzenschiauge, Ailurophis vivax , nimmt in Gefangen¬
schaft Lacertiden bis zur Größe der Lacerta agilis zu sich; in Dal¬
matien aber scheint sie sich vorwiegend von den gleich ihr nächtlich
lebenden Geckonen ( Hemidactylus verruculatus , Platydactylus facetanus)
zu ernähren.
Die Eidecksenuatter, Coelopeltis lacertina , habe ich mit
Eidechsen ernährt, die sie lebend verzehrte. Größere Exemplare
fressen Mäuse und Vögel sowie Eidechsen von der Größe einer er¬
wachsenen Lacerta viridis. Da diese Schlange eine außerordent“
liehe Größe erreicht (ich habe Exemplare aus Syrien und Nizza
gesehen, die nahezu 2 Meter lang waren), so ist es wahrscheinlich,
daß sie auch Ratten und ähnliche größere Säuger, sowie Tauben
und sehr große Eidechsen verschlingen kann. Merkwürdig ist der
Umstand, daß diese Schlange oft sehr große Schlangen frißt; so
hat bei Herrn Dr. E. Schreiber ein solches Riesenexemplar
dieser Art einen großen Zamenis viridiflavus nebst einer er¬
wachsenen Coronella austriaca verschlungen, Herr Dr. I. v. Bedriaga
eine 80 cm lange Ringelnatter (nebst zwei Smaragdeidechsen)
im Magen eines andern, fast 2 Meter langen Exemplares gefunden;
es ist übrigens dieser Fall, daß Schlangen andere fressen, nicht
vereinzelt, denn auch Zamenis viridiflavus und Callopeltis quadrili -
neatus sollen junge Schlangen verzehren, doch habe ich dies niemals
selbst gesehen.
*) Erhard, Fauna der Cycladen 1858.
143
Die Sand schlänge, Eryx jaculus , lebt wahrscheinlich größten¬
teils von Eidechsen; Dr. E. Schreiber fütterte sie mit dem Accintho-
dactylus Bedriagae , den sie gerne annahm, und es ist vorauszusetzen,
daß sie alle gleich ihr den Wüstensand bewohnenden kleineren
Eidechsen der Lacertiden- und Scincoidenfamilie frißt; sehr große
Exemplare dürften sich wahrscheinlich auch an Mäuse wagen.
Das gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner.
Von Dr. Emil Buck.
("Fortsetzung.)
III. Die Tiere des Beckenaquariums.
Die Wasserspin ne, Argyroneta aquatica, war auch in einem
Stück in meinem Becken über ein Jahr vertreten und als ganz
kleines Tierchen mit Pflanzen zufällig in meinen Besitz gekommen.
Zwischen einem Moos baute sie ihre kleine Glocke, verlegte aber
schon nach einigen Wochen ihren Wohnsitz in eine Felsenhöhle
und blieb für mich gegen drei Monate völlig unsichtbar. Als ich
sie dann wieder sah, war sie bereits ein ausgewachsenes stattliches
Tier. Meist in der Nacht machte sie ihren Rundgang längs der
Aquariumwände. Der Hinterleib war nur mit einer sehr dünnen
Luftschicht überzogen. Schwimmen habe ich sie nie gesehen, auch
nur einmal beobachtet, daß sie eine Assel fing und fortschleppte.
Nach Verlauf eines Jahres lief sie liebesbedürftig auch den Tag über
umher und da sie dabei die Tiere sehr ängstigte, so gab ich ihr
die Freiheit. Nach den Beobachtungen vieler Aquarienbesitzer soll
die Spinne bezüglich des Fressens sehr genügsam sein, ich glaube
das auch.
Außer einigen Arten hübsch gezeichneter Wassermilben,
welche sich seit Jahren bei mir fortpflanzen, habe ich äußerst in¬
teressante amphibisch lebende Landmilben, die am Ufer ein
Strandräuberleben führen.
Die Milben sind, wenn ausgewachsen, etwa 1 mm groß. Ihr
Körper ist länglich eiförmig, unbehaart, hinten rund, vorn sich ver¬
jüngend. Die Glieder der Beine sind au den Gelenken dickrundlich.
Die Farbe der Tiere ist die des rohen Rindfleisches. Auf der Stirne
tragen sie zwei schwarze Augen, auf eine Entfernung von 1 cm
scheinen sie damit gut zu sehen. Die accessorischen vorderen Beine
sind nicht als solche zu betrachten, denn sie werden nicht wie bei
144
\
den Spinnen und anderen Milben zum Laufen benutzt. Es können
dieselben nur als Pseudobeine oder als fühlerartig verlängerte Pedi-
palpen bezeichnet werden. Das Basalglied solcher Beine wird da,
wo sie bei einem Spinnentiere Vorkommen, als Unterlippe gebraucht.
Diese Pseudobeine sind weit länger und schlanker als die Gehorgane
und ihre Glieder sind gleichmäßiger breit. Sie stehen nicht seit¬
wärts, sondern sind uach vorn gerichtet, auch tragen sie nicht wie
die 6 Beine eine lange spitze Kralle, sondern sie endigeu in einen
Büschel steifer Härchen (Tasthaare, die höchst wahrscheinlich mit
Sinnesnerven, Geruchs- und Gefühlsnerven in Verbindung stehen.
Die merkwürdigen Milben laufen wie die Insekten auf ihren ziemlich
kurzen sechs Beinchen sehr geschwind umher, wobei die Pseudobeine
vorsichtig in die Höhe gehalten werden und nur von Zeit zu Zeit
den Gegenstand, auf weichem sie sich befinden, tastend berühren,
sie vertreten auf vortreffliche Weise die Fühler der Insekten, welche
ja gleichfalls die Träger des Geruchs und Gefühls sind, wie schon
Reaumur vermutete. *)
Die ganz farblosen Jungen unserer Milbe sind bereits mit obigem
Orgau ausgerüstet, weil sie desselben von Geburt an benötigen, hin¬
gegen würden die Pedipalpen, wenn sie echte Beine wären, in der
Jugendzeit fehlen, da alle echten Milben den sechsbeinigen Larven¬
zustand durchmachen. Die Mund Werkzeuge sind in Form eines
Stech- und Säugrüssels und können ein- und ausgezogen werden.
Sie bestehen, so weit ich sehen konnte, aus stilettartigen Kieferfühlern.
Schon in Frankfurt a. M. habe ich diese Milbe vor 13 Jahren
auf meinem Aquarium in wenigen Exemplaren besessen und dazumal
erregteu sie in hohem Grade meine Aufmerksamkeit. Hier in
Konstanz beobachte ich sie auf meinem Aquarium bereits nahezu
drei Jahre. Sie müssen mit Moosen darauf verpflanzt worden sein.
In den ersten Jahren war die Vermehrung nur eine sehr geringe,
da es an geeigneten Stellen fehlte, um sich in den Besitz kleiner
Krebschen zu setzen. Erst seit dem vergangenen Frühjahre, wo die
Algen am Ufer sich eutwickelteu, haben sich die Tierchen stark
vermehrt. Ich konnte aber zu dieser günstigen Zeit wegen eines
Augenleidens keine mikroskopischen Untersuchungen anstellen. Die
kleinen Uferläuferwanzen haben seither maucher Milbe deu Garaus
gemacht, wenn sie sich auf das Wasser wagte. Nun habe ich einen
*) Siehe Sir John Lubboek Bast. — Die Sinne und das geistige
Leben der Tiere. Übersetzt von Prof. William Marshall. — Leipzig, F. A. Brock¬
haus, 1889.
145
Teil der kleinen Räuber weggefangen und hoffe eine reiche Nach¬
zucht zu erzielen. Die starke Vermehrung der Milben hatte ihren
Grund in dem Umstande, daß innerhalb des Algensaums längs des
Ufers sich vorzugsweise Cypriskrebschen und Daphniden aufhalten.
Die Milbe klettert nicht allein auf den Algen herum, sondern dringt
auch zwischen die halb- oder ganz untergetauchten Algenfäden
hinein, um derartige Krebschen mit ihrem spitzen Rüssel anzu¬
spießen. Ist dies geschehen, so kommt sie wieder ans Land, hebt
die Pedipalpen hoch über den Boden und saugt mit erhobenem
Vorderkörper die Beute aus. Aber nur selten vermag sie dies un¬
gestört zu thun, denn gar bald kommen von allen Seiten, ja selbst
aus einer Entfernung von über zwei Centimeter bisher verborgen ge¬
wesene Kameraden zum Vorschein und suchen ihr die Beute streitig zu
machen. Sie wendet sich bald links bald rechts und läuft dann
spornstreichs in ein sicheres Versteck, um hier in Ruhe die Speise-
zu sich zu nehmen. Danach löst sich die Versammlung der anderen
Milben wieder auf. Wenn eine auf dem Bauche gelegene alte
Wasserassel am Ufer stirbt, so kommen bald von allen Richtungen
die Milben herbei, laufen auf dem Rücken der Assel tastend hin
und her und suchen mit ihrem Rüssel zwischen die Lücken der
Panzerung einzudringeu, um an die Weichteile zu gelangen. Sind
sie gesättigt, so entfernen sie sich, um neuen Ankömmlingen Platz
zu machen. Die Tierchen betasten sich gegenseitig, wenn sie sich
begegnen, mit ihren Pedipalpen. Die Weibchen sind um vieles
größer als die Männchen. Voriges Jahr bemerkte ich, wie ein kleines
Männchen mit einem großen Sprung auf den Rücken eines nach
Nahrung suchenden Weibchens setzte. Dieses machte aber mit dem
ungebetenen Liebhaber kurzen Prozeß, hob die mittleren Beinchen
in die Höhe und strich damit das Männchen vom Rücken ab.
Glücklicher war am 30. Juni v. J. ein Männchen. Dasselbe sprang
auch sehr gewandt auf das Weibchen, dies blieb aber ruhig und
suchte trotz seiner Last nach Beute. Nach etwa 2 — 3 Minuten
sprang das Männchen wieder hinunter. Eine Ablage von Eiern
konnte ich bisher noch nicht beobachten.
Von der Klugheit und dem Sehvermögen der winzigen
Tierchen habe ich mich oft genug überzeugt. Hier einige Beispiele.
Viele kleine Insekten, welche ins Wasser fallen, geraten immer weiter
hinein, anstatt das nahe rettende Ufer zu gewinnen. So z. B. die
Erdspringschwänze, kleine fliegen, Blattläuse u. s. w. Hat sich
die Milbe aber auf das offene Wasser gewagt, auf welchem sie sich
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1S90. 10
146
nur einige Zeit langsam fortbewegt; ehe sie mehr und mehr darin
einsinkt, so macht sie in einer Entfernung von 3 — 4 cm vom Ufer
kehrt und kriecht wieder aus Land zurück. — Sie muß aber alle
Kraft aufwenden, um den am Ufer etwa 1mm ansteigenden Wasser¬
saum zu überwinden. Wenn wirklich die Milbe im Wasser ver¬
sinken sollte, so ertrinkt sie deshalb doch nicht, da sie stundenlang
im Wasser aushält und Zeit findet, wieder aufs Trockene zu kommen.
• Hebe ich aber die Milben mittels eines kleinen elastischen, an einem
langen Stiele befestigten Stahlplättchens aus dem Wasser und halte
die Stahlplatte an eine Pflanze oder au einen Stein des Ufers, so
läuft sie nicht wie die oben genannten kleinen Insekten mehrere
Minuten lang ratlos auf der Platte umher, ohne den Übergang zu
finden, sondern marschiert gerade auf die Pflanze oder den Stein
los und verläßt die Stahlplatte. Will ich sie aber mit einem feinen
Haarpinsel auf dem Ufer fassen, so weicht sie bereits in einer Ent¬
fernung von einem Centimeter behende aus und läuft auf die entgegenge¬
setzte Seite oder sucht sich zu verbergen. Es kostet wahrlich Ge¬
duld., das kluge Ding zu erhaschen, ohne es zu verletzen. Die Ge¬
ruchswahrnehmung erstreckt sich bei der Milbe sicher auf eine Ent¬
fernung von 2 cm und darüber, was ich bereits schilderte.
Nach Plateaus Versuchen (siehe Lubbock loc. cit. pag 182)
sind die Spinnen, welche ja auch nur einfache Augen besitzen, sehr
kurzsichtig. Am weitesten sieht die Jagdspinne, welche nach An¬
gabe von Plateau bis 10 cm weit einen Gegenstand erkennen kann.
Die Skorpione scheinen kaum weiter zu sehen als ihre Scheeren
reichen. Lubbock selbst machte Versuche mit einer weiblichen
Gartenluchsspinne, Lycosa (Pcirdosa) saccata , welche ihren Eiersack
mit sich herumträgt. Er trennte den letzteren von der Spinne ab
und setzte dieselbe nebst dem Eiersack auf einen Tisch. Aber erst
in unmittelbarer Nähe an das Tier geschoben, wurde er bemerkt
und gierig ergriffen. Hinwiederum habe ich mich an einer Arts¬
genossin, welche ihren Eiersack verloren hatte, überzeugt, daß sie
den Verlust bemerkend mehrere Zoll zurücklief und ihn sofort auf¬
fand. Nach Plateau sehen die Raupen, welche ja nur einfache
Punktaugen haben, nur 1 — 2 cm weit. Ganz sicher scheint mir
doch zu sein, daß die Tigerspinnen ihre Beutetiere von größerer Ent¬
fernung als 10 cm gewahren, da sie außer den vielen gewöhnlichen
Augen noch vier sehr große, in einer vorderen Reihe stehende besitzen.
Einer merkwürdigen Milbe muß ich hier gedenken, welche ich
im Jahre 1877 nur in wenigen Individuen in einem Aquarium zu
147
Zürich beobachtete. Dieselbe war einer Obstmilbe ähnlich, nur
ohne Behaarung. Sie war über und über inkrustiert, vielleicht mit
Kalk, hatte keine Augen und kroch sehr langsam an den Blättern
der Vallisneria spiralis umher. Einmal brachte ich ein Stück eines
solchen Blattes mit einer Milbe auf einen Objektträger unter mein
Mikroskop und bemerkte nun mit Erstaunen, daß die Milbe mit
ihrem spitzen Rüsseldolche das Blatt anbohrte. Hierdurch öffnete
sich der Rüssel innerhalb der angebohrten Zelle und es kam ein
Büschel von vier steifen Borsten zum Vorschein, womit die Milbe
einen Strudel in der Zellflüssigkeit erregte, der die Chlorophyllkör¬
perchen in die Mundöffnung der Milbe hineintrieb. Als die Zelle
leer war, zog das Tier den Rüssel wieder heraus.
Aus der Klasse der Krebse kann eine große Anzahl verschie¬
dener Formen für das Becken Verwendung finden, welche, obwohl
meist klein, fast bis zur Grenze der Sichtbarkeit, unser volles In¬
teresse verdienen und vermittels ihrer oft prachtvollen Färbung
unser Auge entzücken. Jedes stehende Wasser, Tümpel, Sumpf,
Teich oder See liefert uns das gewünschte Material in Menge, aber
nur in gewissen Arten. Einige Krebstiere verlangen schattengebende
Wasserpflanzen, andere hingegen weites freies Wasser zum ungehin¬
derten Schwimmen und Schweben; manche verlangen Torfboden,
andere bloß Schlamm oder Lehm ; man kann also es nicht leicht
allen Krebsen recht machen.
Bei Konstanz fand ich bis jetzt nur den gemeinen Bach floh¬
krebs, Gammarus pulex F. Derselbe bleibt im durchlüfteten Becken-
Aquarium wohl leben, vermehrt sich aber nicht.
In Frankfurt a. M., besaß ich eine Art Flohkrebs, welche, aus
einem kleinen hellen Teiche stammend, in einem Glasaquarium
ohne Durchlüftung sich so stark vermehrte, daß ich von Zeit zu
Zeit eine Menge herausfangen mußte, da sie, den Schlamm zu sehr
aufwühlend, das Wasser trübten. Es wird wohl dieselbe Species
gewesen sein, wie am Ufer des Laachersees a. Rhein. Alle Floh¬
krebse halten sich gern im Schlamm oder in Löchern am Ufer auf,
woselbst sie gleich den Wasserasseln mit ihren vier laugen Fühlern
(Antennen) die vorüberschwimmenden genießbaren Gegenstände er¬
greifen und zum Munde hinziehen. Daß die Flohkrebse bei un¬
gewohntem Geräusche erschrecken, davon habe ich mich einmal
überzeugt. Als ich nämlich einen Bachflohkrebs, der in einer seichten
Ausbuchtung des Bassins lag, mit der Lupe betrachtete, während
er seine Beine putzte, fiel der Löffel einer neben mir stehenden Kaffee-
148
lasse, welchen ich quer darauf gelegt hatte, mit hellem Klang in
die Tasse hinein , infolge dessen der Krebs erschreckt heftig zu¬
sammenzuckte und mit dem Putzen innehielt.
Die Nahrung der Flohkrebse besteht in denselben Dingen wie
bei der Assel, nämlich keimenden Algensporen, Fleisch, Semmel und
verwesenden Pflanzenstoifen, Blättern u. s. w. Die Tiere lieben
dunkle Verstecke, sind aber durchaus nicht lichtscheu, sondern
schießen auch am Tage, wenn die Sonne das Wasser nicht zu grell
bescheint, auf unbeschreiblich gewandte Weise pfeilschnell wie Fische
durch das Aquarium. Unbedingt sind die Flohkrebse eine Haupt¬
zierde des nur von niederen Tieren bewohnten Beckens. Die Bach¬
flohkrebse, welche früher so häufig in den kleinen Wiesenbächen
bei Konstanz waren, sind seit einem Jahre leider ganz verschwunden.
Sollten sie auch durch die Krebspest vernichtet worden sein ?
Die Wasserassel, Asellus aquaticus , hat sich bei mir sehr
stark vermehrt, seitdem die Algen im Wasser wuchern, zwischen welchen
sie sich in zahlloser Menge verkriechen. An den Algeufäden klet¬
tern sie sehr geschickt auf und ab und machen weite Sätze.
Die auf die Algenmatten geworfenen Fleischstückchen werden
sofort von den Asseln gewittert. Die Vermehrung findet während
der ganzen warmen Jahreszeit statt, am stärksten aber im Mai und
Juni. Im Winter tragen sie im Verein mit den Flohkrebsen sehr
zur Belebung des Aquariums bei, während die meisten anderen
Wasser-Tiere, die nicht zur Klasse der Krebse gehören, sich ver¬
borgen halten. Seit drei Jahren lebt auf dem feuchten Beckenufer
eine kleiue Landassel, welche ich noch nicht zu bestimmen ver¬
mochte. Erwachsene Asseln haben eine Länge von 0,5 cm, sie sind
dunkelbraun und ähnlich gewöhnlichen Landasseln gestaltet. Die
Weibchen tragen ihre 5 — 8 Jungen auf der Brust mit sich umher;
wenn diese selbständig werden, sind sie 0,1 cm laug, noch ganz
weiß und sehr zart. Die Vermehrung ist eine geringe. Sie leben
/
in den Regenwurmlöchern, halten sich aber auch unter Steinen
verborgen, die noch feucht sind. Ihre Nahrung besteht aus über
dem Wasser wachsenden Algen und verwesenden Blättern und Blüten¬
blättern. — Interessant ist, daß die Kellerasseln, welche ich auf
das Bassin setzte, sehr bald dasselbe wieder verlassen. Es können
demnach die kleinen braunen Asseln keine verkümmerten Nachkom¬
men derselben sein.
Von den so schönen Daphniden besitze ich seit mehreren Jahren
zwei Arten, nämlich die Daphnia hyalina Leydig und die Cerniodaphnia
149
quadrangula 0. F. Müller. Die Daphnia liyalina kommt im Boden¬
see, sowie in anderen Seen der Schweiz, Süddeutschlands, Böhmens
und des übrigen Österreichs vor *).
Bei Konstanz findet sie sich auch in einem klaren Teiche nächst
dem Rhein am Schlachthause, welcher dem aus dem See strömenden
Flusse sein Wasser verdankt. Das Wasser des Teiches wird durch
hohes Schilf und Seerosen beschattet, was diese lichtempfindlichen
durchsichtigen Schalenkrebschen besonders lieben. Auf dem Wallen-,
Zürcher- und Bodensee habe ich in dunklen Nächten, vom schwan¬
kenden Kahne getragen, die Tierchen nebst anderen pelagischen
Seebewohnern mit dem Schmetterlingsnetz zu Tausenden gefangen.
Wenn man zu solcher nächtlichen Zeit sich ganz allein auf dem
wTeiten finsteren Wasser, fern von menschlichen Wohnungen be¬
findet und nur das Plätschern der Wellen an der Boots wand zu
hören hat, so überkommt den einsamen Zoologen ein recht unheim¬
liches Gefühl des Yerlassenseins, und er ist froh, wenn er nach
beendigter Arbeit wieder die Heimfahrt antreten kann. Einmal
war die gesamte Ausbeute an Daphniden des Zürchersees von
einem bösartigen Pilze ( Saprolegnia ) befallen, woran die Tiere bin¬
nen wenigen Stunden zum größten Teile zu Grunde gingen. Das
Mycel der Saprolegnia war im Inneren der Tiere als verworrenes
Fadengeflecht deutlich zu erkennen.
Im Jahre 1877 fischten Prof. Dr. Asper und ich bei unserem
Standquartier Murg am Wallensee während vier mondhellen Nächten
eine Menge pelagischer Krebse. Herr Prof. Asper kehrte bereits
vor mir wieder nach Zürich zurück. Unser freundlicher Wirt hatte
uns mit Gießkannen und allerhand Schüsseln aus der Küche aus¬
geholfen, in welchen meine gesammelten Tiere munter im Wasser
sich bewegten. Den Tag vor meiner Abreise wollte ich die Aus¬
beute in klare Gläser unterbringen, ging zuvor zum Frühstück und
als ich wieder vor meinem Zimmer anlange, bemerke ich, daß der mir
geliehene Eimer mit Seifenbrühe gefüllt vor der Thiire steht. Im
Zimmer war keine Spur der Schüsseln mehr zu entdecken. Das
Stubenmädchen hatte also gründlich aufgeräumt und den Inhalt der
Schüsseln, vermischt mit schmutzigem Seifenwasser, in den Eimer
gegossen. Die Frau Wirtin mußte mir rasch ihren feinen seidenen
Schleier leihen, mit dessen Hilfe es mir gelang, noch lebende Daph-
*) Siehe Dr. Erhard Eylmann — Beitrag zur Systematik der europäi¬
schen Daphniden Taf. III — V im Berichte der naturforscheuden Gesellschaft
zu Freiburg i. Br. II. Bd. 1887 pag. 81.
150
nien uncl Leptodora hyalina zu retten. Ein Beweis, daß diese zar¬
ten Wesen doch ein recht zähes Leben haben.
Die D. liyalina ist vollständig durchsichtig, man sieht auf das
genaueste unter dem Mikroskop alle inneren Körperteile.
Die Krebschen besitzen zwei Formen von Augen wie bei vielen
Insekten. Das eine Auge zeigt sich als schwarzer Punkt unterhalb
des großen zusammengesetzten Auges, nächst der Tastantenne. Das
große Auge bildet einen großen schwarzen rundlichen Pigmentkörper,
an dessen Rande die zahlreichen Krystallkegel hervortreten, einer
dicht neben dem anderen.
Zwei Paar Muskelbänder können das Auge hin- und herschieben.
Die Krebschen bewegen sich nicht mit den Beinen fort sondern
durch ein Paar der sogenannten Ruderantennen, welche nahe dem
Grunde des Kopfes entspringen. Sie bestehen aus einem cy lin¬
drischen nach oben sich in zwei Äste teilenden Stamm. Der obere
Ast ist kürzer als der untere und aus vier Gliedern zusammen-
,
gesetzt, deren jedes eine lange und fein gefiederte Ruderborste trägt.
Der untere Ast hat bloß drei Glieder, aber fünf Ruderborsten. Auch
die letzteren sind gegliedert.
Der Bau der Ruderantennen ist bei allen zu der Gruppe der
Daphniden gehörenden Krebsen in Zahl der Äste, Glieder und Schwimm¬
borsten gleich, der einzige Unterschied besteht in der Länge und
Dicke dieser Organe. Je kürzer und massiver die Ruderantennen
bei gewissen Daphniden sind, je weniger sind die Tiere geeignet, an¬
haltend damit zu schwimmen. In diesem Falle ist z. B. meine
Ceriodaphnia quadrangula. Dagegen hat Daphnia hyalina , weil sie
ihr ganzes Leben hindurch ununterbrochen im Wasser hüpfend
schwimmt, sehr schön ausgebildete große Ruderorgane.
Der Hinterleib aller Daphniden ist ungegliedert, nach unten sich
umbiegend, so "daß die Spitze des Hinterleibes nach vorn gerichtet
ist. Derselbe endet in zwei gekrümmten spitzen Krallen, nächst
welchen eine kurze Reihe kleiner ebenfalls gekrümmter Dornen sich
anschließt.
Im Frühjahr und' Sommer trifft man nur selten männliche In¬
dividuen an, welche sich von den weiblichen durch Abwesenheit des
Brutraumes, durch größere Augen, längere • Tastantennen und ge¬
ringeren Körperurnfang unterscheiden. Am vorderen Beinpaar be¬
sitzen sie noch einen Greifhaken mit einer laugen Geißel *) zum
*) Siehe Erhard Eylmann loc. cit. pag. 6.
151
Festhalten der Weibchen. Erst im Herbst treten die Männchen in
größerer Anzahl auf.
Nach A. Weis mann und C. Tschikawa*) werden trotz
der Anwesenheit von Männchen, während der warmen Jahreszeit die
Sommereier der Weibchen nicht befruchtet. Im Sommer von Geburt
an isolierte Weibchen bringen ohne Befruchtung aus Sommereiern
Nachkommen hervor. Diese parthenogenetische Entwicklung wurde
vom Regensburger Prediger T. C. Schäffer bereits im Jahre 1755
festgestellt**). Die sich entwickelnden Jungen haben mit Ausnahme
der oft eckigeren Schalenform ganz das Aussehen der alten. Ja es
wurde sogar von Claus***) die noch in dem Brutraum befindlichen
Jungen zuweilen schon vor der Geburt trächtig gefunden. Nur die
Leptodora hyalina , welche mit den Daphnoiden verwandt ist, macht
in der Jugendzeit den naupliusartigen Larvenzustand durch. Erst
nachdem im Herbst die lebhaften Männchen die in den Ovarien der
Weibchen enthaltenen Wintereier befruchtet, können sich im fol¬
genden Frühjahre junge Weibchen entwickeln f).
Nach Claus (loc. cit) und Weismann werden unter dem Einfluß
ungünstiger Ernährung im Herbst von den Weibchen zur Zeit des
Auftretens der Männchen unabhängig von der Begattung Wintereier
entwickelt, welche von den Männchen befruchtet werden müssen.
Sie haben eine härtere Schale und einen dunkelkörnigen Inhalt,
ferner einen größeren Umfang und reicheren Nahrungsdotter als die
Sommereier, und zwar, wie Weismann nachgewiesen hat, auf
Kosten einer großen Anzahl von Eiweißzellen, die sich auflösend in
das Winterei übergehen. Die Wintereier erhalten schließlich eine
schützende Umkleidung in Gestalt der vom Muttertiere abgestreiften
Rückenhaut der Schale, welche vor dem Übertritt des Wintereies in
den Brutraum sich sattelartig verdickt hat (Ephippium) und sich
*) A. Weismaun und C. Tschikawa. — Über die Bildung der Richtungs¬
körper bei tierischen Eiern, Taf. I — IV, Berichte der Naturforschenden Gesell¬
schaft zu Freiburg i. B. III. Band 1888 pag. 5.
**) F. C. Noll. — Über die verschiedenen Arten der Fortpflanzung im
Tierreiche. — Zeitschrift: Der zoologische Garten 1875. Heft 6 pag. 209.
***) C. Claus. — Grundzüge der Zoologie, Bd. I, 3. Lieferung 1880, pag. 532.
f) Siehe Weismann: Zur Naturgeschichte der Daphniden.
Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 27 (1876) pag. 51 Taf. V — VII.
» » » » » 28 (1877) » 93 » VII — XI.
» » » » » 33 (1880) » 55 »VIII — XIII.
Weismann — über die Schmuckfarben der Daphniden. — Zeitschrift für
wissenschaftliche Zoologie, Bd. 30 Supplement (1878) pag. 123, Taf. VII.
152
ablösend das Ei umschließt. Je zwei Eier unserer echten Daph-
niden ruhen in einer solchen Hülle. Dieselbe sinkt auf den Schlamm,
nachdem zuvor das Muttertier gestorben ist. — Im warmen Zimmer
entwickeln sich bereits Ende November aus den Eiern zahlreiche
Junge, welche mir früher, bevor ich genügend Algen hatte, wieder
bald zu Grunde gingen. Die den echten Daphniden nächst ver¬
wandten Polyphemiden, wozu die Leptoclora hyalina und JBytho-
trephes longimanus gehören, finden sich aber auch während des Win¬
ters in verschiedenen Schweizer Seen vor. So beobachtete Imhof,
welcher über hundert Seebecken auf ihre niedere Tierwelt erforscht
hat, Leptodora und Dythotrephes im November im Egeri-, Zürich- und
Pfäffiker-See *), im September aber noch zahlreich im Zuger- und
Zürchersee, Ende December 1885 im Vierwaldstättersee bei Vitznau
6 Uhr abends an der Oberfläche, wobei die gefangenen Dythotrephes
bereits Sommereier und verschiedene Entwicklungsstadien im Brut¬
raum zeigten. Am 2. Januar 1883 beobachtete Imhof dasselbe
Tier im Zugersee. — Die in unseren Alpenseen wie auch in den
nordischen Seen Skandinaviens und Schottlands vorkommenden zahn¬
losen Lachse, welche in ihrer Lebensweise mit den Heringen iiber-
einstimmeu, sind ganz auf die kleinen Ivrebschen angewiesen.
Außer in meinem Bassin züchte ich Daphnia hyalina in einer
großen Käsglocke, welche ich als Aquariumbehälter sehr praktisch
befunden habe. Unten muß feiner lehmiger Schlamm oder in Er¬
mangelung desselben Torf eine 2 cm dicke Schicht bilden, in welcher
die Wasserpest wurzelt. Au der dem Fenster entgegengesetzten Seite
werden im Schatten der bald dichte Ranken bildenden Pflanzen die
Tierchen sich munter tummeln, natürlich vermehren sie sich im
Glase nicht so stark wie im Aquarium, woselbst ihnen ein weitaus
größerer Spielraum für ihr andauerndes Schwimmen zu Gebote steht.
Besonders angenehm scheint ihnen die sanfte Strömung des Wassers
durch die Durchlüftung zu sein. Im stehenden Wasser ist die Stel¬
lung des Körpers eine senkrechte, im strömenden Wasser hingegen
eine wagrechte. Im letzteren Falle hüpfen sie nicht mehr, son¬
dern sie machen weite Sätze gegen die Strömung. Wenn die
Sonne in das Wasser scheint, so ziehen sie sich in den Schatten der
Felsen und der nächst dem Fenster wachsenden Pflanzen zurück. In
• ’
den Seen halten sich die Krebschen daher den Tag über in einer Tiefe
von 200 — 300 Fuß auf, um erst gegen Abend wieder empor zu steigen.
*) 0. E. Imliof. — Uber das Calanidengenus Heterocope . Zoologischer
Anzeiger von J. Vict. Carus XI. Jahrgang Nr. 286, August pag. 447. (1888).
153
Lubbock (loc. cit. pag. 235) hat durch seine Versuche clar-
gethan, daß die Daphniden zwischen Strahlen von verschiedener
Wellenlänge unterscheiden, und daß sie diejenigen vorziehen, welche
unseren Augen als gelb und grün erscheinen.
Von D. liyalina gibt es noch zwei Varietäten, welche als selbstän¬
dige Arten beschrieben worden sind. Sie kommen aber bei uns
nicht vor.
Ceriodaphnia quadrangula (0. F. Müller) hat noch verschiedene
andere Namen und auch bei ihr kommen Varietäten vor. Das Tier
ist ebenfalls sehr durchsichtig, obwohl es eine schwach horngelbe
Färbung hat. Die meinigen besitzen eine ganz schwache rötliche,
kaum wahrnehmbare Färbung der innerhalb der Schale befindlichen
Körperteile. Die Ruderantennen sind weit plumper und kürzer als
bei der vorigen Art, sie sind demnach auch nicht imstande, längere
Zeit zu schwimmen. Dagegen sind ihre Ruderautennen eine sehr
praktische Einrichtung, um sich an allerhand Gegenständen zu ver¬
ankern. Die Schalenklappen siud fast viereckig, besonders bei den
Jungen, polygonal gefeldert und laufen nach hinten in einen ganz
unbedeutenden Stachel aus.
*
In einem Punkte stimmen sie aber nicht mit der gewöhnlichen
C. quadrangula überein, indem sie wie C. pidchella an den Schalen¬
rändern lange zart bewimperte Borsten tragen. Das Auge ist groß
und hat viele Krystallkegel. Länge des Tieres im Mittel 0,6 mm.
Ich fand diese Krebschen vor zwei Jahren in dem schon er¬
wähnten Sumpfe mit klarem Wasser am Rhein in Gesellschaft der
Daphnia liyalina. Sie sind viel ausdauernder und kräftiger als die
letztere Art. Das ganze Jahr über sitzen junge und alte Tiere mit
Sommereiern in den Algenmatten und am Tausendblatt oder Horn¬
kraut nebeneinander und schwimmen nur dann davon, wenn sie von
einem anderen Tiere gestört werden. Auf dem Kopfe der Weibchen
siedeln sich gern Glockentierchen au.
Im Schlamme der Seen mögen noch manche Krebsformen existieren,
von welchen wir bis jetzt keine Kenntnis haben. Kurz vor meinem
Wegzuge ans Zürich im Herbst des Jabres 1877, zu welcher Zeit
die neue Brücke über die Limmat und die neuen Kai-Anlagen
nicht bestanden, fischte ich mit dem Schleppnetz an einer sehr seichten
Stelle des Sees ganz nahe der Stadt eine riesige Cypris, welche die
Länge eiues Centimeters besaß, sie war krystallhell durchsichtig und
hatte einen bohnenförmigen Körper. Zu meinem Leidwesen hatte
ich nicht die Zeit, mich mit dem interessanten Funde zu beschäf-
154
tiefen. Fast ebenso große Muschelkrebse bewunderte ich vor vielen
Jahren in einem Graben bei Frankfurt a. M. Dieselben waren dunkel¬
grün gefärbt und ebenfalls bohnenförmig. — Aus dem schon oft
genannten Sumpfteiche am Rhein gelang es mir im Laufe dieses
Sommers einige merkwürdige Muschelkrebs e ( Cypridina ) zu er¬
langen, welche ich noch nie zuvor gesehen hatte; kürzlich fand man
sie auch in einem Torfgraben. Die Tierchen werden 1 mm lang und
hängen an der Oberfläche des Wassers. (Schluß folgt.)
Korrespondenzen.
Frankfurt a. M., im März 1890.
— Ein sechs farbiger Maulwurf. Im »Zoologischen Garten« 1887,
Jahrgang 28, S. 258, beschrieb Herr Professor Landois einen bei Beckum ge¬
fangenen »siebenfarbigen Maulwurf«. Ebenfalls aus der rheinisch-westfälischen
Tiefebene, aus Wesel am Rhein, wurde mir Ende Januar ein ebenso bunt¬
scheckiger und wohl noch schönerer, anscheinend sehr ähnlich gefärbter Maul¬
wurf, der auf einer Rheininsel gefangen war, vom Premierlieutenant Paysen
übersandt. Ich kann das Tier ganz bescheiden als »sechsfarbig« bezeichnen.
Die Weseler Gegend scheint für Maulwurfs Varietäten überhaupt günstig zu
sein, denn ich habe aus derselben schon einen Albino gesehen und einen
beinahe wüstenfarbigen, schmutzig-semmelgelben Maulwurf selbst besessen.
Der mir vorliegende bunte Maulwurf ist folgendermaßen gezeichnet:
Die für gewöhnlich der Tdlpa europaea L. eigentümlich schwärzliche
Färbung ist auf der Oberseite im allgemeinen etwas heller, von unregelmäßiger,
in den Seiten und im Nacken dichterer, hellsilbergrauer Fleckenzeichnung
unterbrochen, welche im Nacken einen bräunlichen Schimmer hat. Über der
Schnauze steht ein schmutzig brauner Fleck. Die Unterseite ist silbergrau und
gelblich meliert, vom Kinn zieht sich ein prachtvoll dunkel orangefarbener
Streif über die Brust, die er beinahe ganz einnimmt, erstreckt sich kreuzartig
nach den Vorderfüßen hin, wird nach der Mitte des Unterkörpers zu schmal
und verwaschen, nimmt dann aber wieder einen großen Teil des Bauches ganz
ein, ist hier aber nicht völlig so lebhaft wie auf der Brust. Das letzte Viertel
der Unterseite hat, wie das der Oberseite, die gewöhnliche Maulwurfsfarbe, nur
in der Mitte mit etwas fuchsigem Schimmer. Der Schwanz ist normal, Schnauze
und Füße rötlich fleischfarben. Ernst Harte rt.
Würzburg, im März 1890.
— »Fußrudimente« einheimischer Schlangen. Das Maiheft des
Zoologischen Gartens, Jahrgang 1889, enthält »Mitteilungen über die Kreuzotter
von 0. von Loewis,« welche Dankenswertes zur Kenntnis vom Leben und
Vorkommen des Tieres bringen, zugleich aber auch verraten, wie schwer die
Ergebnisse morphologischer Untersuchungen sich Eingang verschaffen in die
Kreise der Naturfreunde.
155
Aus dem Aufsatz erfährt man nämlich, daß dessen Autor ein mir un¬
bekannt gebliebenes »Büchlein über die einheimischen Schlangen« veröffentlicht
hat, in welchem von Fußrudimenten unserer Ophidier die Rede sein muß,
da ein andrer Beobachter sich dadurch veranlaßt sah, ebenfalls an der Kreuz¬
otter nach solchen Fußstummeln am After zu forschen, aber »doch bei vielen
Schlangen, die er im Laufe der letzten Jahre getötet , nur bei zweien solche
Gebilde, die wie Warzen auf jeder Seite des Afters aussahen, angetroffen habe.«
Es kann dem gegenüber nun wohl kein Zweifel bestehen, daß hier wieder
einmal die Begattungsorgane der Schlangen im hervorgetriebenen Zustande für
Gliedmaßen oder Gehwerkzeuge genommen worden sind, und ich gestatte mir
deshalb auf meine vor längerem erschienene Besprechung des Gegenstandes
hinzuweisen. Ich habe dazumal mich über diesen Irrtum nicht bloß in historischem
Sinne ergangen, sondern auch grade von Vipera eine Abbildung beigefügt,
genommen nach einem Exemplar, dessen Einsender bei mir über die »fremd¬
artigen Bildungen« Aufschluß begehrt hatte.*)
Die zwei Ruten der Schlangen entstehen, wie anzunehmen ist, in gleicher
Weise, wie ich den Vorgang bei Eidechsen und der Blindschleiche verfolgt
habe. **) Es stellen die Kopulationsorgane anfangs zwei papillenartige Wuche¬
rungen oder Warzen der Hautdecke vor, welche zur Seite des Afters stehen
und erst nachträglich eingestülpt werden. Mit dem Herkommen vom Integument
läßt sich auch in Verbindung bringen, daß sich in der Haut der Ruten
stachelähnliche Knochenstücke entwickeln.
Auf einem andern Feld würde freilich liegen, wenn es entgegen Rathke,
welcher im Embryo der Ringelnatter nichts von Gliedmaßenspuren bemerken
konnte, doch gelingen sollte, bei einheimischen Schlangen dasselbe aufzufinden,
was am Embryo unseres schlangenähnlichen Sauriers, der Blindschleiche, ent¬
deckt wurde. Dort hat bekanntlich Born eine äußerlich sichtbare kleine Anlage
der Vorderextremitäten kennen gelehrt, was durch Strahl-Martin bestätigt
wurde. Und es mag schließlich daran erinnert sein, daß die Anwesenheit eines
Plexus lumbosacralis auch bei Coronella und Tropidonotus nachgewiesen worden
ist, zuerst durch Ihering, später von Albertina Carlsson.
F. Leydig.
Zeitz, Domäne, März 1890.
Notiz über das Vorkommen der Hausratte (Mus rattus.) Schon
seit etwa einem Jahrzehnt galt die schwarze Hausratte, die überall ihrer
stärkeren Artgenossin, der grauen Wanderratte, wenn auch erst nach erbitterten
Kämpfen, das Feld räumen mußte, für so gut wie ausgerottet in Deutschland.
So teilte mir schon 1883 Dr. E. Rey in Leipzig mit, daß seine Bemühungen,
Exemplare der Hausratte von den Orten, wo sie noch Vorkommen sollte, zu
erhalten, immer nur negative Resultate gehabt hätten. Auch meine Nachfragen
an den verschiedensten Stellen waren lange vergeblich.
1884 erhielt ich den ersten Beweis, daß damals noch in der Gegend
von Zeitz (Südliche Prov. Sachsen) die Hausratte vorkam ; zwar unter den
Hunderten von Ratten, die in den alten Stallungen der Domäne Moritzburg
*) Über die einheimischen Schlangen. Zoologische und anatomische Bemerkungen.
Abhandlungen d. Senckenbergischen natur. Ges. 1884, p. 49, ff., Taf. II, Fig. 31.
**) Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. 1872, Taf. IX, Fig. 119.
156
hausten und von denen ich eine sehr große Zahl (als Futter für meine Eulen)
erbeutete, habe ich nie auch nur ein einziges Exemplar der Hausratte be¬
obachtet. Wohl aber fand ich in diesem Jahre (1884) gelegentlich eines größeren
ornithologischen Ausfluges nach dem »Zeitzer Forst« bei dem Dorfe Raaba,
etwa eine Meile von Zeitz entfernt, ein altes Exemplar von Mus rattus tot am
Wege liegen. Erfreut über den Fund, nahm ich ihn auf und versteckte ihn
unter dichtem Buschwerk; bei der Rückkehr war er leider verschwunden.
Seitdem habe ich die Hausratte in hiesiger Gegend nicht wieder nach weisen
können. Erst jetzt im Februar 1890 habe ich ein zweites Belegstück in einem
jungen männlichen Exemplare der Hausratte erhalten. Dasselbe stammt aus
Wernsdorf bei Tharau, Kreis Königsberg i. Pr., und wurde mir von dem als
Koleopterologen rühmlich bekannten Herrn Rittergutsbesitzer A. Ku n er t daselbst
gütigst übersandt. Sein Dachshund hatte die Ratte gefangen und totgebissen.
Zum Ausstopfen eignete sich dieselbe, als ich sie erhielt, nicht mehr, da sich
bei dem Versuche des Fellabziehens sogleich herausstellte, daß die Cutis und
Epidermis schon in Auflösung begriffen waren, weshalb das Abziehen unter¬
bleiben mußte. Ich bewahre das Exemplar in Spiritus auf.
Vor etwa 6 — 7 Jahren sind die Hausratten in Wernsdorf noch häufig
gewesen. Seit jener Zeit schienen sie ausgerottet zu sein durch das Gift, welches
ein jüdischer »Kammerjäger« gesetzt hatte; erst mein Exemplar lieferte zum
erstenmale wieder den Beleg, daß Mus rattus thatsächlich noch vorkommt.
Rittergut Wernsdorf ist isoliert gelegen, und es ist wohl möglich, daß dieses
Rittergut einer der letzten Aufenthaltsorte der schwarzen Hausratte ist, die
durch Mus decumanus dem völligen Untergange geweiht zu sein scheint.
Erfreulich wäre es, wenn diese Zeilen zu weiteren Mitteilungen über
das Vorkommen der Hausratte noch an anderen Orten Veranlassung gäben.
Grade die seltener werdenden oder ganz aussterbenden Tierarten verdienen
ja unsere besondere Aufmerksamkeit. *) Fr. Lindner, cand. theol.
Gera, im März 1890.
Zu dem Vorkommen der Hausratte (Mus rattus). Nachdem in
Ostthüringen die Hausratte schon in den dreißiger Jahren aus allen größeren
Ortschaften verdrängt worden war, zählten wir einige Jahre hindurch noch
einige ganz einsam gelegene Mühlen und Gehöfte, in welchen diese Art, die
»schwarze« Ratte oder die »Dachratte«, wie sie im Gegensatz zu ihrer Ver¬
drängerin, der »Wasserratte«, vom Volk genannt wurde, noch in winzigen
Beständen anhielt. Die Nachfrage nach Exemplaren dieser Ratte war dringlich .
und stark; eifrige Sammler lieferten so manches Exemplar nach auswärts.
Bald genug aber versiegten diese Quellen und war die Wanderratte überall
— so mußten wir bei unserem eifrigen Suchen und Nachfragen annehmen —
im alleinigen Besitz des Terrains.
Das war in den Sechsziger und Siebziger Jahren. — Da hörte ich ganz
zufällig von einer Bauersfrau, welche Fleisch zum Verkauf in das Haus brachte
und gerade dazukam, wie ein kleiner Nager ausgebalgt wurde, daß in einem
großen Walddorf des herzoglich altenburgischen Westkreises, in St. Gangloff
so viele Ratten wären, schwarze und weiße. Bei näherer Nachfrage bestätigte
sich diese Nachricht und hatten sich in diesem Dorfe beide Rattenarten in
*) Vergl. hierzu deu vorigen Jahrgang S. 26, 92, 192.
N.
die Herrschaft geteilt, so daß Mus rattus mehr die Dachböden und oberen Etagen
der Häuser, die Scheuern und Gerätschaftshäuser in den höher gelegenen
Teilen des Ortes, die Wanderratte hingegen mehr die Keller und Ställe und
mehr die tiefer dem Bach zu gelegenen Gehöfte bewohnte. In den Jahren 1880
bis 1882 habe ich in St. Gangloff öfter Exemplare von M. rattus fangen lassen
und teils selbst präpariert, teils in Tausch abgegeben. — Wie es jetzt mit der
Häufigkeit dieser bei uns doch am Ende noch aussterbenden Species in St. Gangloff
steht, weiß ich nicht, da mich seit jener Zeit meine geologischen Arbeiten zu
weit abführten. K. Th. Liebe.
Kleinere Mitteilungen.
Allerlei Zoologisches aus Moskaus Umgebung. Am 3./15. Juli
1889 fand ich mit dem Hunde ein Volk Haselhühner ( Tetrao bonasia). Die
Alte flog schnalzend zu Baum, etwa fünf oder sechs drosselgroße Junge
schwirrten nach allen Seiten auseinander. Interessant war es anzusehen, wie
die besorgte Mutter von einem Baum zum andern flog und sich, absichtlich
wie es schien, auf hinausragenden Asten hin- und herlaufend, dem Hunde be¬
merkbar zu machen suchte.
Eine sehr interessante Entdeckung machte ich am 11./23. Juli. Ich be¬
finde mich nunmehr seit 8 Jahren in Moskau und habe noch nirgends andere
Drosseln in der Umgebung gefunden als die große Misteldrossel und die klei¬
nere Singdrossel; an dem genannten Tage aber sah ich in Kaiki, einem Gute
30 Werst (4 Meilen) nördlich von Moskau, mehrere Amseln mit flüggen
Jungen. Auf dem von mir früher einmal beschriebenen Vogelmarkt in Moskau
kommen Amseln hin und wieder zum Verkauf unter der Bezeichnung schwarze
Drossel, womit der einfache Russe aber auch den Star bezeichnet. Der gelbe
Schnabel (im Frühling) bei dem letzteren schien einem meiner Bekannten hier
genügender Beweis, daß es ein und derselbe Vogel sei.
Den 25. Juli (6. August) konnte ich meine vorigjährige Beobachtung
hinsichtlich des Getreidefressens durch Saatkrähen bestätigt sehen. Bei einer
Streife durch den privaten Hochwald an der Eisenbahnstation Tarassowka
(Jaroslawer Bahn) fand ich zwei Horste des Mäusebussards, der eine war
nur 2 m über dem Boden in einer starken Astgabel. Die Vögel, ein alter
und ein vollkommen flügger junger, flogen bei meiner Annäherung unter
wimmerndem Geschrei auf. Bei Erklettern des Astes fand ich im Horst die
Flügel und andere Federn einer Saatkrähe, die eben erst verzehrt worden zu
sein schien. Offenbar benutzen also auch die ausgewachsenen Tiere den Horst
als Ruheplatz und kehren, wie ich öfter beobachtete, regelmäßig bis in den
Spätsommer zu ihm zurück.
Schließlich seien einige weitere Beispiele von zoologischem Aberglauben
als Fortsetzung zu meinen Mitteilungen vom Sommer 1888 gegeben.
Wenn Hunde sich wälzen, gibt es Regen. Gräbt ein Hund au der
Schwelle, so wird es brennen. Triumphierend erinnerte mich unsere Köchin
daran, daß unsere jungen Dachshunde den Abend eine Grube ausgegraben
hätten und daß in der Nacht darauf eine Fabrik in der Nachbarschaft nieder¬
gebrannt sei. C. Greve.
Auste mau sfuhr aus Seeland (Holland). Im Jahre 1888 wurden
mit der Staatsbahn aus Seeland an Austern verschickt:
nach den holländischen Märkten . . 282,368 kg
» Deutschland . 665,286 »
» Belgien uud Frankreich . . . 730,317 »
» England . 953,923 »
Im ganzen 2,581,844 kg
Berechnet man das Gewicht von 1200 Austern im Durchschnitt auf
85 kg, so sind dies ungefähr 36,145,816 Stück Austern, und nimmt man einen
mittleren Preis von 40 Gulden holl, für das Tausend an, dann stellt die Aus¬
fuhr aus Seeland einen Wert von etwa 1,500,000 Gulden holl, dar, also von
etwa 2,542,370 Mark. Da aber nicht alle Austern mit der Staatsbahn ver¬
sandt wurden, so kann die Zahl der im ganzen ausgeführten Austern auf
rund 40,000,000 Stück veranschlagt werden.
Statistiek van »De Oestercultuur-Maatschappij
De Schelde.« 1890.
»Locard Arnould, Catalogue descriptif des Mammiferes qui vivent dans
le Departement du Rhone et dans les regions avoisiuantes. In Annales Soc.
Linneenne Lyon. 1888.
/
Eine dankenswerte Zusammenstellung der Säugetierfauna des
interessanten Gebietes am Zusammenfluß von Rhone und Saöne. Die
Einwirkung des nach Süden hin geöffneten Rhonethaies tritt indes ganz zu¬
rück und ist selbst bei den Fledermäusen nicht zu bemerken, unter denen
wir keine südliche Form finden, wohl aber gelegentlich Vesperugo borealis
und Vespertilio Bechsteini. Von besonderem Interesse, weil in den Lokalfaunen
meist nicht anzutreffen, sind die Bemerkungen über die Haustierrassen, welche
gegenwärtig im Departement gehalten werden oder auf dem Lyoner Markt
von Wichtigkeit sind. Der kWolf findet sich im Gebiet immer noch hier
und da, besonders im eigentlichen Lyonnais und im Beaujolais, aus den offe¬
neren Gebieten ist er verdrängt und kommt nur noch in strengen Wintern
vor ; der Bär und der Luchs sind lang verschwunden, die Wildkatze
ist äußerst selten geworden. Auch der Biber ist aus der unmittelbaren Um¬
gebung von Lyon verschwunden, kommt aber weiter südlich an der Rhone
immer noch in einzelnen Exemplaren vor. Von echten Alpentieren sind nur
in den Bergen der Grande Chartreuse einzelne Exemplare von Arvicola nivalis
und Sorex alpinus anzutreflfen, die Gemse ist lang ausgerottet und ebenso
auch das früher häufige Murmeltier völlig. Dagegen ist das Wi ldsc h we i n,
das verschwunden war, im Kriegsjahr 1870/71 in größerer Anzahl von Norden
her wieder eingewandert und hat sich bis jetzt erhalten. Hirsch und Dam¬
hirsch fehlen ganz, das Reh wird immer seltener. Die Tierarzneischule in
Lyon hat vor einigen Jahren einen Hengst von Hemionus erhalten und
Kreuznngs versuche mit Eselinnen angestellt; die erhaltenen Fohlen,
zwei männliche und zwei weibliche, waren starke, kräftige Tiere, aber ihrer
Bösartigkeit wegen nur mit Vorsicht zum Arbeiten zu gebrauchen ; sie er¬
wiesen sich unfruchtbar und man hat die Versuche nicht weiter fortgesetzt.
Ko.
159
Affen auf Barbados. Auf der den kleinen Antillen zugehörigen
Insel Barbados findet man noch jetzt wilde Affen, die früher iu größerer Zahl
dort vorhanden gewesen sein sollen. Man hielt diese seither für amerikanische
Kapuzineraffen, Cebus capucinus Geoffr., bis kürzlich ein Herr Feilden fest¬
gestellt hat, daß es der in Westafrika heimische grüne Affe, Cercopithems
callitrichus Is. Geoffr., ist, der also unzweifelhaft mit Handelsschiffen aus Guinea
hierherkam und verwilderte. Barbados hat seit der Einbürgerung seiner
jetzigen Flora und Fauna niemals Verbindung mit dem Festlande Amerikas
gehabt und hat seine Landpflanzen und Tiere durch Strömungen des Meeres,
durch Winde, durch andere Zufälligkeiten und durch den Einfluß des Menschen
erhalten. Nature, 13. Februar 1890.
Über die Zucht von Glanzfasanen ( Lophopfoorus , wahrscheinlich
impeyanus Lath..) berichtet Dr. Lafon in der »Revue des Sciences Nat. Appli-
quees« , Nr. 28 des vorigen Jahrganges. Verfasser bemerkt im allgemeinen,
daß die Glanzfasanen stupide, geistig entschieden niedrig stehende Vögel sind,
die allerdings der außergewöhnlichen Pracht ihres Gefieders wegen zur Hal¬
tung und Zucht auffordern, doch bei weitem weniger Vergnügen bereiten als
z. B. Lady Amherst-Fasanen und viele andere. In Bezug auf' ihre Nahrung
sind die Glanzfasanen nach Dr. Lafon nicht nur wählerisch sondern geradezu
launisch; denn sie verschmähen oft ohne ersichtlichen Grund irgend einen
Bestandteil ihres Futters, den sie bis dahin oft gerade bevorzugten. Wenn
es ihr Gehege gestattet, halten sie sich den größten Teil des Tages ziemlich
versteckt auf Sitzstangen oder Baumästen und kommen nur morgens und abends
auf den Boden. Der Einrichtung des Geheges, welches den Vögeln ziemliche
Freiheit bot und sie die Gefangenschaft wohl fast ganz vergessen ließ, ver¬
dankt Dr. Lafon offenbar die erzielten Zuchterfolge. Das Weibchen seines
Paares legte am 7., 11., 15., 19. und 22. April je ein Ei, welche am 26. April,
da das Legen beendet war, einer Bruthenne untergelegt wurden. Nach 27
resp. 28 Tagen schlüpften alle fünf Junge aus. Vom 16. bis zum 22. Mai
legte das Weibchen abermals, diesmal 3 Eier, von denen eins durch das
Männchen zerstört wurde. Die beiden unversehrten Eier lieferten ebenfalls
nach 28 Tagen Küchlein.
Die fünf Jungen der ersten Brut litten anfangs unter dem damals herr¬
schenden nassen und kalten Wetter, vor dessen übler Wirkung sie nur die
vortreffliche Bruthenne bewahrte. Das Schlimmste war aber, daß die Küch¬
lein und ihre Pflegemutter sich nicht verstanden. Die Tierchen wären vor
Hunger gestorben , wenn ihnen nicht schließlich einzeln lebende Nahrung
(Mehlwürmer und andere kleine Insekten) mittelst einer Nadel vor den Schnabel
gehalten worden wäre, wodurch sie sich bewegen ließen zu fressen — eine mühsame
Arbeit für den Pfleger. Trotz aller Sorgsamkeit starb das erste Junge nach
4 Tagen am 27. Mai, ein zweites am 15., und ein drittes am 27. Juni. Die
beiden ersten waren von Anfang an schwächlich. Auch von den beiden Jungen
des zweiten Geleges ging eins ein. Von den sieben überhaupt erzielten Jungen
blieben also drei am Leben, welche verhältnismäßig rasch heranwuchsen und
im Oktober zwei Drittel der Größe der Erwachsenen erreichten. Sie fressen
verschiedenes Körnerfutter, Brot, Grünzeug und dreimal wöchentlich frisches
rohes Fleisch, welches zwei von ihnen sehr begierig verschlingen, während das
160
dritte weniger Geschmack daran findet.' Sie sind gegen Feuchtigkeit sehr
empfindlich und dürfen daher bei Regenwetter nicht ins Freie gelassen werden.
Dr. Lafon ist der Ansicht , daß die Glanzfasanen weniger für Volieren
geeignet sind als für Parke oder Geflügelhöfe und fordert zu einem Versuch auf,
ein Paar der Vögel in einem Park mit trockner Lage, wo Schutz vor Raub¬
tieren zu ermöglichen wäre, auszusetzen (natürlich mit gefesseltem Flügel, so
daß das Wegfliegen verhindert würde). So interessant ein solcher Versuch
wäre, so muß man doch eingestehen, daß er etwas kostspielig und gewagt ist
und daß er wohl kaum angestellt werden wird. Dr. Ernst Schäff.
Litte r atu r.
Die Ortsbewegung der Tiere. Von Prof. Herrn, von Meyer. Samm¬
lung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von
Rud. Virchow und Willi. Wattenbach: Heft 95. Hamburg. Verlags¬
anstalt A. G. 1890.
Mannigfach sind die Ortsbewegungen der Tiere von dem Kriechen des
Wurms bis zum himmelstürmenden Fluge des Adlers und ebenso verschieden
sind die Hülfsmittel, die dem Tiere zu diesem Zwecke zur Verfügung stehen.
Wurm, Schnecke, Blutegel schieben ihren schlauchförmigen Körper bloß durch
ihre kräftigen Muskeln fort und doch ist das Kriechen des einen weit ver-
schieden von dem des andern. Und wie vielfältig sind die Bewegungen der
Geschöpfe erst da, wo äußere Extremitäten ausgebildet sind, deren freies Ende
an einem absolut festen oder an einem nur relativ festen, ausweichenden
Widerstande festgestellt wird und den Leib durch eine einzige Thätigkeit eine
Strecke weit vorwärts bewegt. Die vorderen Glieder haben dabei eine mehr
ziehende, die hinteren eine mehr stoßende Wirkung. Die Ortsbewegung kann
nun zustande kommen durch Thätigkeit 1) nur der vorderen Extremität, 2) nur
der hinteren Extremität, 8) durch gleichzeitige Thätigkeit beider Extremitäten,
4) durch abwechselnde Thätigkeit beider Extremitäten. Doch ist es allerdings
kaum möglich, in der Wirklichkeit ganz reine Vertreter dieser vier Kategorien
in der Tierwelt zu finden. Beispiele für dieselben werden nun von dem Fische
an bis zu dem Menschen erklärend vorgeführt. Im Vergleich mit den zum
Teil sehr ausgebildeten Hilfsmitteln der Tiere könnte der Mensch mangelhaft
organisiert erscheinen, aber die so ausgezeichneten Ortsbewegungsarten der
Tiere sind einseitig auf Kosten anderer Bewegungsarten erworben, während
der Mensch den Mangel im Einzelnen durch Vielseitigkeit ersetzt. Nur den
Vogelflug kann er nicht nachahmen und wird ihn auch nie nachahmen können.
Aber seine geistige Thätigkeit schafft ihm sinnreiche Apparate, welche ihn
in solche Höhen der Luft emportragen, wie sie ein Vogel kaum erreichen kann.
— Das wenige Gesagte wird genügen zu zeigen, in welch’ anziehender und
erschöpfender Weise das interessante Thema behandelt ist. N.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldschmidt).* Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldsclimidt in Frankfurt a. M.
N°- 6. XXXI. Jahrgang. Juni 1890.
I n li a 1 t.
Zur Entstellung der Schutzfarben; von K. Th. Liebe. — Die Raubsäugetiere des Teuto¬
burger Waldes; von Heinrich Schacht. — Kampf von Schwarzdrosseln mit Reptilien;
mitgeteilt von Paul Leverkühn. — Die Elster (Corvus pica) in der Gefangenschaft; von
.Tosef von Pleyel. Beidings Ziesel, Spermophilus Beldingi Merriam, sp. nov. Kalifornien;
von Dr. B. Langkavel. — Der Berliner zoologische Garten; von Dr. L. Heck. (Fortsetzung.)
— „Brütet der Kuckuck?“; von Gehr. Adolf und Karl Müller. — Kleinere Mitteilungen. —
Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften. —
Zur Entstehung der Schutzfarben.
Von K. Th) Liebe.
\
Bei der Fixierung der Familien- und Genusbegriffe wird in unserer
Zeit auf die Außenfärbung der Individuen weniger Gewicht gelegt
als früher, und zwar deshalb, weil die Außeufärbung, hei welcher
die Anpassung an die Umgebung eine so wichtige Rolle spielt, zu
sehr den verschiedenartigsten Wandelungen unterliegt. Um so mehr
gibt sie aberden Ausschlag hei der Bestimmung der Art- und Abarthegriffe,
obwohl man auch hierbei jetzt mit mehr Vorsicht vorzugelien pflegt
als früher, wo so manche sehr beschräukt auftretende Abänderung
Anlaß zur Begründung einer neuen Art wurde. Die Fähigkeit, in
der Färbung individuell abzuäudern, ist ja, wenn auch bei verschiedenen
Familien und Sippen verschieden stark, doch im allgemeinen für
ein scharfes Auge recht groß. Ich erinnere mich noch mit Ver¬
gnügen au unsern alten Meister Chr. L. Brehm, wie er uns jungen
Leuten an seiner reichen Sammlung die Farbenunterscliiede seiner
zahlreichen Species erklärte.
Wenn auch die Erblichkeit in gewissem Umfang die besondere
Färbung der verschiedenen Arten der Lebewesen bedingt, so spielt
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 1 1
162
eine gewisse Veränderlichkeit der Individuen doch dabei eine wichtige
Nebenrolle. Die geschickte Anpassung der Färbung an die Um¬
gebung, die Schutzfärbung einer Art, die in ihrer Entstehung be¬
griffen ist, bildet sich nach den herrschenden Anschauungen dadurch
aus, daß von den — sagen wir bei einem Wurf, einem Geheck —
ins Leben eingetretenen Einzelwesen diejenigen Individuen die meiste
Aussicht auf Erhaltung haben, deren zufällige Färbungsnuance am
meisten mit der unmittelbaren Umgebung harmoniert, so daß sie
dem Raubzeug am wenigsten leicht in die Augen fallen. Bei den
Nachkommen dieser besser geschützten Individuen macht sich einmal
die Erblichkeit geltend, indem sie in der Färbung mehr Vater und
Mutter nach schlagen, also schon dadurch ebenfalls etwas gesicherter
sind, und anderseits wirkt auch wieder die Eigenschaft der individu¬
ellen Abändernngsmöglichkeit : diejenigen Nachkommen, welche bei
den kleinen Farbenunterschieden unter den Geschwistern wieder am
meisten mit der Umgebung harmonieren, sind wiederum im Kampf
um das Dasein die mehr gesicherten. Und so stellt sich von Gene¬
ration zu Generation fortschreitend immer mehr die Artfärbung
heraus, wie sie sich uns gegenwärtig zeigt.
Daß bei diesem Prozeß der Artfärbung auch noch andere Be¬
dingungen von sehr wesentlicher Einwirkung gewesen sind, ist selbst¬
verständlich, und namentlich haben dabei die Hauptnahruugsmittel und
Umänderungen derselben, sowie Änderungen der klimatischen Verhält¬
nisse eine bedeutende Rolle gespielt. Immerhin aber istdie oben bezeichnete
Erklärung, nach welcher die der Umgebung angepaßte Schutzfarbe
der Arten in der Variabilität der Individuen, in der größten Sicher¬
heit der günstiger gefärbten Individuen und der Vererbung dieser
günstigen Eigenschaften ihre Ursache hat, die gegenwärtig bevor¬
zugte. Diese Erklärung hat sicher etwas sehr gefälliges. Bei näherer
Betrachtung aber wird uns das Spiel und Gegenspiel zwischen Ver-
äuderlichkeitund Erblichkeitinnerhalb derGenerationen doch mindestens
bedenklich, zumal wir nebenbei auch noch mit Rückschlägen im Sinn
des Atavismus zu rechnen haben. Auch eine gewisse Zufälligkeit,
welche neben der Veränderlichkeit einhergeht, trägt nicht dazu bei,
unser Behagen an der Theorie zu vermehren. Es muß vielmehr
nach unserer Ansicht noch ein anderer Faktor vorhanden sein, welcher
die Veränderlichkeit nach bestimmten Richtungen hin modifiziert,
die Werdeprozesse der Individuen im Verlauf der Entwickelung von
Generation zu Generation so dirigiert, daß sich zuletzt die vollkom¬
mene Anpassung des Kleides an die Umgebung ergibt.
163
Dieser Faktor ist die Färbung der Umgebung, welche durch
ihre Reflexe unmittelbar auf die Chromatophoren, auf die färbenden
Körperchen und Substanzen einwirkt. Fern sei es mir, alle die
Tiere aufzuführen, bei denen man schon einen schnell eintretenden,
der Umgebung sich anpassenden Farbenwechsel beobachtet hat, wie
z. B. bei den Flachfischen (Pleuronektiden) und beim Chamäleon,
wo man die Erscheinung schon lauge kennt. Nur einige Experimente
will ich erwähnen, welche ich einst zu meiner Orientierung in den
Erscheinungen des Farbenwechsels gemacht habe.
Im Jahre 1850 fand ich auf einer großen Wiesenfläche, auf
welcher das Grummet kräftig anstand, eine große Anzahl von großen
Spinnen , welche eine rötlichgelbe Färbung des Leibes mit der
Zeichnung und den übrigen Merkmalen der Kreuzspinne ( Epeira
diadema ) vereinigten. Sie hatten ihre Netze zwischen den hohen
Stengeln des Heracleum , der Wildmöhre, der Zichorie etc. aufge-
häugt, befanden sich sichtlich wohl und waren faul wie alle fetten
Kreuzspinnen. Ich dachte damals au eine Abart und verfolgte die
nächsten Jahre die Sache weiter. Da fand ich, daß von einem
kleinen Busch holz aus, wie solche durch Urbarmachung und Lese¬
steine veranlaßt werden, die Kreuzspinnen durch Abfuhr von dürrem
alten Reisig und Abhauen von Gebüsch in die riugsherumliegende
Wiese vertrieben wurden. In dem dürren Buschwerk hatten die
jungen Spinnen noch die dunkel schwärzlich braune Farbe, und in dem
üppig stehenden Heu der Wiese änderte die Farbe alsbald in eine gelbe
um. Dadurch veranlaßt habe ich vielfach mit dieser Spinne sowohl
wie auch mit andern Spinnen Versuche augestellt, obgleich die andern
Arten sich nicht so leicht in ein anderes Heim einquartieren ließen
wie die Kreuzspinnen, auch sich nicht so leicht und so vollständig
umfärbten. Im Grünen, und namentlich wenn der außerhalb des
Radnetzes befindliche Schlupfwinkel der Spinne aus grünen Blättern
besteht, wird die Färbung rötlichgelb oder gelblich; innerhalb
griiuloser Lattenverschläge und wenn die Spinne ihren Schlupfwinkel
hinter dürrem Laub hat, wird sie dunkelbraun oder schwärzlich. So
lange sich die Spinne häutet, geht die Farbenänderung rasch vor
sich und wird namentlich bei der Häutung deutlich. Mit demselben
Exemplar kann man den Versuch mehrmals machen. Auch ausge¬
wachsene Individuen zeigen den Farbenwechsel, wenn auch nicht so
stark und schnell wie die jüngeren.
Demnächst stellte ich Versuche mit dem gewöhnlichen Wasser¬
frosch ( JRana esculenta) an, indem ich junge, eben dem Larvenzustand
164
entwachsene Tiere bei guter Nahrung und Pflege in einen grünlosen
Raum brachte. Sicher färbten sich die Tiere sehr dunkelgriiu und
schien das Braun in der Färbung mehr und mehr zu tiberwiegen.
Da aber das Tier von Haus aus sehr bunt ist und in einem und
demselben Teich die Färbung der Tiere zwischen hellgelblichgrün
und dunkelgrün schwankt, gab ich diese Versuche als wenig geeignet
auf. — Die nächsten Versuche machte ich mit Wechselkröten ( Bufo
variabilis ), deren es damals in einigen Teichen meines Heimatdorfes bei
Neustadt a. d. 0. eine große Anzahl gab. Ich fing diese Tiere gleich
nach dem Laichen aus dem Wasser heraus, setzte sie mittels eines
kleinen niedrigen Bretterverschlags, wie er dort zur Bewahrung der
jungen Gänse dient, im Grasgarten im Schatten eines dicht belaubten
Obstbaumes aus und begoß den Raßen fleißig, in welchem sie sich
verbargen. Unter seinem üppigen Grün wurden diese Tiere so lebhaft
lichtgrün, daß sogar Frauen sie schön fanden, während gleichzeitig
ihre Genossen draußen im Freien, welche nur des Nachts streiften
und bei Tag unter großen Steiuen und in Wegübergängen lebteu,
nur trüb dunkelgrüne Flecken zeigten.
Als ein trefflicher Gegenstand zu Versuchen erwies sich der
Laubfrosch, welcher bei gleich guter Verpflegung in einem mit vielem
Grün ausgestatteten Glas eine außerordentlich schöne helle, fast
feurig grüne Farbe erhält, während er in grünlosem Glas dieselbe
schnell in ein mißtöniges dunkles Grün umwandelt. Mehrfach
wiederholte Versuche belehrten mich, daß um die Froschgläser herum¬
geordnete lebhaftgrün bemalte Papierstreifen ähnlich, wenn auch
nieht ganz so schnell und stark wirkten wie die frischgriiuen
Blätter.
Schon hatte ich angefangen, für die Umwandlungsstadien die
Zeitdauer aufzuzeichnen, da ward ich durch Verhältnisse und ander¬
weitige Arbeiten genötigt, die Versuchsreihen abzubrechen. Erst in
neuester Zeit bin ich wieder dazu gekommen, einige Experimente
weiter zu führen. Im Herbst 1889 nahm ich ein halbjähriges Laub-
fröschcbeu mit nach Hause. Während des Winters erhielt es ein großes
Glas zum Aufenthalt, worin bei einer Temperatur in der Nähe des
Gefrierpunktes Brunnenkresse ein schön grünes Gezweig bildete.
Während sonst die Laubfrösche im Freien im Winter eine dunkel¬
grüngraue Farbe anuehmen und so angefärbt im Frühjahr wieder
aus Tageslicht kommen, um sich in kurzer Frist umzufärben, blieb
mein Fröschchen schön lichtgelbgrün, so daß man seine Färbung von
der der Kressenblätter kaum unterscheiden konnte. Halb im Wasser
165
hockend, bisweilen wenn das Wasser gewechselt worden, auch ein
wenig über dem Wasser festsitzend versank es in den Winterschlaf,
wenigstens in den Zustand, wo der Kehlsack Viertelstunden hindurch
keine Spur von Atmungsbewegung zeigt.
Wenn man nun bei diesem Zustande das Grün vorsichtig heraus-
sch neidet und entfernt, ändert sich die leuchtend grüne Farbe als¬
bald um, wird dunkler, dann graulich und zuletzt ganz mißfarbig.
Legt man dann frische grünende Brunnenkresse wieder ein, so wird
das Tier, welches selbstverständlich während der ganzen Zeit ohne
Nahrung in seiner Lethargie verharrte, wieder so schön lichtgelbgrüu
wie zuvor. Es bleibt dann innerhalb seines Brunnenkressenpalastes
leuchtend grüu, bis die Aprilsoune Wärme und damit neues Leben bringt.
Fern liegt es mir, auf diese meine Versuche viel Gewicht legen zu
wollen : dazu sind ihrer viel zu wenig und sind sie nicht planvoll
genug durchgeführt. Sie stimmen aber zu den zahlreichen Beob¬
achtungen von Farbenwechseln, welche andre an sehr verschiedenen
Tieren gemacht haben. Aus ihnen geht zunächst hervor, daß die
Farbenreflexe aus der nächsten Umgebung auf die Färbung der Tiere
bestimmend resp. umstimmend einwirken, und zwar ohne daß das
Tier vermöge eines besondern Willeureizes etwas dazu thut; es
geschieht, wenn ich mich so ausdrücken darf, ganz von selbst. Ein
Einfluß aber, welcher sich innerhalb der kurzen Lebenszeit eines In¬
dividuums so kräftig geltend macht, muß notwendig auch bezüglich
der Entwickelung einer Art, (eines Geschlechtes) wirksam sein, und
zwar so, daß die Folgen der Einwirkung mehr und mehr erblich
werden. Nach Analogien zu schließen sind die Vorfahren der Species
Laubfrosch ( Hyla arborea ), resp. des Geschlechtes Hyla, nicht grün
gewesen ; bei deren allmählich sich vollziehendem ständigen Aufent¬
halt im grünen Gelaube wirken aber die Blätter hindurchgehender
und dabei grün werdender Lichtstrahlen so auf die Färbung ein,
daß die gelbgriineu und blaugrünen Farben entstehen, welche die
Oberseite der Lurche aus dem Geschlecht derer von Hyla zieren.
Während der Entwickelung einer Art oder eines Geschlechtes sum¬
mieren sich die färbenden Beeinflussungen ; auch wenn sie au sich
schwach sind, weit schwächer wie eben zum Beispiel beim Laub¬
frosch, werden sie durch die Summierung und die Zeitdauer doch über¬
wältigend und bestimmend stark. Wir meinen daher, es müßte eigentlich
heißen: Die Umgebung paßt sich die Tierarten in der
Färbung an, nicht umgekehrt: Die Tierart paßt sich in der
Färbung der Umgebung au.
166
Die augepaßten Färbungen, die Schutzfarben, entstehen aller¬
dings, indem einerseits die Variabilität und anderseits die Erblich¬
keit wirkt, aber bei der Variabilität wirkt wiederum die Umgebung —
wenigstens in sehr vielen Fällen — physikalisch-optisch, durch die
von ihr ausgehenden farbigen Lichtstrahlen, direkt auf die sich ent¬
wickelnden färbenden Substanzen in der Haut, — ich möchte sagen
assimilierend, wenn das Wort nicht anderweitig vergeben wäre — ein,
und so entstehen die im Kampf ums Dasein bevorzugten Farben-
nuaucen in weit größerer Meuge und intensiver als andere Farben¬
abweichungen.
/
Die Raubsiiugetiere des Teutoburger Waldes.*)
Von Heinrich Schacht.
III. Der Edel marder (Mustela martes).
Unter den marderartigen Raubtieren, die sich durch ihren
schlanken, gestreckten walzenförmigen Körperbau, die niedrigen
Beine, den kleinen Kopf mit den lüstern glühenden Augen aus¬
zeichnen, nimmt der Edel- oder Baummarder die vornehmste
Stelle ein. Seine charakteristischen Merkmale, die ihn von dem
Haus- oder Steinmarder unterscheiden, sind der kastanienbraune,
gelblich durchscheinende Pelz und die dottergelbe Kehle. Hin und
wieder trifft man auch Exemplare an, die einen hellem graugelben
Pelz und eine mehr weißliche Kehle haben und die vou einigen
Jägern und Forschern deshalb als Bastarde angesprochen werden.
Ob sie wirkliche Bastarde sind oder nur als Farbenvarietät dastehen,
läßt sich bei der nahen Verwandtschaft beider Marderarten schwer
nach weisen. Da beide oft einen gemeinsamen Aufenthaltsort er¬
wählen und selbst Hausmarder, wie ich aus Erfahrung weiß, mitten
im Walde angetroffen und gefangen werden, so liegen solche Ver¬
bindungen durchaus nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit, denn
das brlinftige Baummarderweibchen wird gewiß dem Stein marder-
männchen gegenüber selten die Spröde spielen, wie es auch umge-
gekehrt nicht der Fall sein wird. Von einigen Seiten wird die
Existenz von Marder-Blendliugen aber geradezu iu Abrede gestellt und
die lichtere Färbung des Pelzes und der Kehle für ein Zeichen eines
krankhaften Zustandes, schlechter Ernährung u. s. w. angesehen.
*) Vgl. Jahrg. XXVIII, 1887, S. 242.
167
Der Aufenthalt des Baummarders ist iu erster Li nie der Wald
und zwar sowohl der Laub- als auch der Nadelwald. In ausge¬
dehnten Laubholzbestäuden, die viele alte und hohle Rieseubäume
aufzeigen, läßt er sich besonders gern nieder, doch behagen ihm
auch dichte Fichtenbestände, in welchen er sichere Schlupfwinkel
uud geschützte Ruheplätze findet. Iu den Höhlungen der Bäume,
in alten Krähen- und Eichhörnchenuestern , in Felsspalten- uud
Steinklüften weiß er sich wohnlich einzurichten , ja er verfehlt
auch nicht in rauher Jahreszeit sein Quartier durch Moos und Gras
behaglicher zu gestalten. Als ich einst ein in einem dichten Dorn¬
büsche am Waldessaume stehendes Elsternest untersuchen wollte,
sprang zu meinem nicht geringen Erstaunen ein Baummarder
heraus und verschwand eiligst im nahen Walde.
Wenn er auch seinem Raubgeschäfte gewöhnlich in der Stille
der Nacht nachgeht, so trifft man ihn in stillen einsamen Waldungen
oftmals auch am hellen Tage raubend an. Einst ging ich an eiuem
schönen Julitage in Begleitung eines Forstmannes auf die Jagd, um
einen Rehbock zu erlegen. Als wir einen alten Sandsteinbruch
passierten, wo zwischen wüstem Steingeröll Sahlweideu, Ilimbeer-
und Brombeergesträuch üppig emporgewuchert war, vernahm ich eigen¬
tümlich klingende Töne, ähnlich dem Warnungslaute unserer Mönchs¬
grasmücke. Mein Begleiter erklärte die Töne auch für Vogelstimmen,
ich aber konnte darin keine Vogelstimme erkennen. In demselben
Augeublicke sah ich, daß am nahen Fichtenbestande ein altes Reh
stand und gleichzeitig in einer Entfernung von 40 Schritten ein
starker Baummarder am Fuße einer einzeln stehenden Buche
munter umhersprang. Kaum wurde der Marder unser ansichtig,
als er blitzschnell unter dem Saudsteingeröll verschwand, iudess das
alte Reh dem Waldesinnern zustrebte. Ich hätte den Marder gern
ins Jenseits befördert, wenn nicht mein Freund sein Veto eingelegt
hätte , weil ja , wie er meinte, der Balg des Missethäters im
Sommer doch keinen Wert habe. Jetzt entfernte sich mein Freund,
ich aber blieb wie angewurzelt stehen uud wartete sehnsüchtig der
Dinge, die da kommen sollten. Nachdem ich etwa eine halbe
Stunde auf meinem Platze verharrt, wurde mir die Sache schließlich
langweilig , ich ergriff einen mächtigen Sandstein und warf ihn
krachend zwischen die Felsblöcke, um den Marder aufzuscheuchen.
Statt des Marders erhob sich au derselben Stelle, wo der Räuber
meinen Blicken entschwunden war, eine Rehkitze und lief, so rasch es
das Steingeröll erlaubte, in derselben Richtung in den Wald, die
168
auch das alte Reh genommen hatte. Jetzt war die Sache klar.
Das Kitzchen hatte, als es den Todfeind in seiner Nähe erblickte, Angst-
und Schreckenslaute ausgestoßen, die mein Freund aber für Laute
eines Vogels gehalten hatte. In der Abenddämmerung sahen wir
später den Marder, nicht weit von der ersten Stelle entfernt, eiligst
über eine schmale Schneise springen.
Ein andermal sah ich, wie am hellen Tage am Saum eines mit
Unterholz dichtbestaudenen Eichenwaldes ein gewöhnlicher Bauernhund
einen Baummarder aus dem Gebüsche trieb und daß dieser nur mit
knapper Not einen Baum erreichte, dann aber in eiliger Flucht von
einer Baumkrone zur andern flüchtete und bald im Walde verschwand.
Einst spürte in meiner Nachbarschaft der Hund eines im Walde
hütenden Hirten einen Edelmarder in einem einzeln stehenden
Dornbüsche auf, zerrte ihn heraus und biß sich tapfer mit dem
Tiere herum. Wie der Hirt den Kampf sieht, rennt er schnell her¬
bei und will mit hocherhobenem Stocke deu Marder über den Kopf
schlagen, trifft aber unglücklicher Weise in der Gefechtshitze den
Hund auf die Nase, daß der arme Phylax gleich betäubt zu Boden
sinkt. Der Marder hat indes nichts Eiligeres zu thun, als so
rasch wie möglich im Walde zu verschwinden.
Ein Gebiet, in welchem sich ein Edelmarder angesiedeldt hat,
ist zur schönen Sommerzeit auffallend still und öde. Hier flötet
keine Amsel, hier singt keine Grasmücke, hier trillert kein Baum¬
pieper, denn das glühende Auge des gewandten Räubers weiß alle
Nester auszukundschaften. Auch die in den Höhlungen der Bäume
stehenden Nester werden arg durch ihn heimgesucht und sind es
hauptsächlich Spechte und Stare, deren Junge sich nur zu leicht
bemerklich machen, die er zum Opfer erwählt. Mein alter Freund,
der Förster Fricke vom Externstein, steckte einst seine Hand in
ein etwa in Mannshöhe stehendes Spechtnest, um ein Junges heraus¬
zuheben. In demselben Augenblicke hatte sich aber ein Baummarder
so fest in seiner Hand verbissen , daß er denselben zum Loche
hinauszerrte, daun mit der andern Hand ergriff und dingfest machte.
Als ich einst im Walde an einen Baum schlug, in dessen Höhlung
sich ein Starenuest befand, glotzten mir aus dem Nesteingauge die
grellen Augen eines Marders entgegen. Natürlich war vom Star
und seiner Brut jede Spur verloren. — Vor einigeu Jahren
siedelte sich am Externstein an eiuem isoliert stehenden Felsen ein
Wanderfalke ( Falco peregrinus ) an. Im ersten Sommer wurden die
Jungen von einem Baummarder im Horste erwürgt , im zweiten
169
Sommer vernichtete der Räuber das ans 4 Stück Eiern bestehende Ge¬
lege. Natürlich ließ das Falkeupärehen im dritten Sommer den
verdächtigen Felsen verächtlich beiseits liegen. — Wenn dem Baum¬
marder auch das zarte Fleisch des Geflügels als Leckerbissen gilt,
so verschmäht er auch das Fleisch der kleineren Säugetiere nicht,
und Hasen, Kaninchen, selbst Rehkitze, Siebenschläfer, Mäuse und
Eichhörnchen fallen ihm zum Opfer. Auf das Fleisch der Eich¬
hörnchen scheint er sehr erpicht zu seiu, und wenn er einmal auf
seinen verborgenen Streifzügen ein solches Tierchen zu Gesicht be¬
kommt, so entsteht eine wilde Jagd von Ast zu Ast, von Baum zu
Baum, bis sich endlich der arme Rotmantel in sein Schicksal er-
• •
geben muß. Hat der Baummarder Nahrung im Überflüsse, so
vertilgt er von seiner Beute nur einzelne leckere Stücke wie das
Gehirn, aber er säuft immer gierig das rauchende Blut. Im Sommer
behagen ihm auch die Früchte der saftigen Waldbeereu, und im
Herbst plündert er gern Vogelbeerbäume, geht mit Vorliebe in die
Dohnenstiege und bringt nicht nur den Vogelsteller um einen Teil
der gefiederten Beute, sondern reißt ihm auch die als Köder dienenden
leuchtendroten Beeren aus den dreieckigen Vogelgalgen. Um diese
Zeit findet man an schmalen Waldwegen und Steigen, die der Marder
gern einzuschlagen pflegt, seine stark duftenden Exkremente, die
fast nur aus den Resten von Vogelbeeren bestehen. Wenn in kalter
Winterzeit manchmal Hunger und Not bei ihm Einkehr halteu, so
begnügt er sich auch au Aas, habe ich doch schon erfahren, daß er
um diese Zeit von einem am Waldrande liegenden toten Hunde
sich ein Stück abgeschnitten hatte.
Im Monat April bereitet sich das Baummarderweibchen ein
weiches Lager zum Wochenbette und wählt sich dazu vorzugsweise
solche Höhlungen in Bäumen aus, die wenigstens 5 — 10 m vom Erd¬
boden entfernt sind , doch fand ich schon Gehecke in Felsklüften
und in Eichhöruchennestern. Vor einigen Jahren hatte hier ein Baum¬
marder sein Nest in unmittelbarer Nähe einer Schmiede inmitten eines
Sandsteinbruches in einem etwa 4 m hohen Felsen angelegt. Einst
fand ich ein Nest mit 4 Juugen in einem tiefen Waldthale
und zwar in einem verlassenen Eichhörnchenneste , welches auf
einer schwachen Fichte nur 5 m vom Boden entfernt stand.
— Sobald die jungen Baummarder herangewachsen sind, machen
sie sich auch an ihrer Behausuug bemerklich , indem sie mit
laut schäckernden Tönen die Ankunft der Mutter begrüßen,
welche ihnen selbst am Tage Beute zuträgt. In der Nähe des
170
Nestes findet man auf Felsblöcken oder Baumästen die förmlich
glatt getretenen Spielplätze, auf denen sich die mutwillige Marder¬
jugend im Schein der Frühlingssonne munter zu tummeln pflegt.
Naht ihnen Gefahr oder bemerken die Jungen etwas Verdächtiges,
so schlüpfen sie rasch wieder in ihr Versteck oder sie ducken sich
• •
schweigend auf den Asten nieder. Haben sie sich einmal auf einem
Aste festgesetzt, so erfordert es gewaltige Anstrengung, um sie
herunter zu schütteln. Ein Freund von mir erbeutete einmal
3 junge Baummarder, indem er über den Ast, auf welchem sie sich
festgesetzt hatten , eine starke hänfene Schnur warf und dann so
lauge zog, bis durch die schaukelnde Bewegung betäubt alle drei
nacheinander herniederstürzten.
Die jungen Baummarder sind allerliebste rührige und schmucke
Gesellen und werden bei verständiger Pflege so zahm, daß
sie ihrem Herrn wie ein Hund folgen. Wenn sie sich auch
an Milch und Weißbrot gewöhnen, so muß man ihnen doch Hühner¬
eier und Fleischspeisen reichen, weil sie sonst ihr glattes Aussehen
verlieren und auch nie einen dichten Haarpelz bekommen. Natürlich
darf man lebendes Geflügel nicht in ihre Nähe bringen, denn sie
können ihre unverwüstliche Raub- uud Mordlust niemals verleugnen
und würgen alles, was ihnen in den Weg kommt.
Der Fang des Baummarders ist eben nicht schwierig, wenn man
ihn an einer Stelle des Waldes erst fest eingekirrt hat. So ist er
z. B. im Dohnenstiege mit einem Tellereisen, das wohlversteckt durch
Laub und Moos am Boden angebracht mit einem frei darüber
schwebenden toten Vogel beködert ist, bald zu berücken. Nur em¬
pfiehlt es sich, ein nicht zu schwaches Eisen zu wähleu oder zwei
kleine Eisen dicht nebeneinander zu legen. Auch in Prügelfallen,
die schon frühzeitig; im Herbst eingerichtet werden und häufig mit
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Haseugescheiden, Mäusen, toten Vögeln, Vogelbeeren u. s. w. zu
versehen sind, bis sie bei Schnee endlich fangisch gestellt werden
können, bekommt man den Marder in seine Gewalt. Der Jäger
verfolgt bei frischem Schneefalle die Fährte im Walde, kann aber
dabei oft stundenlang wandern, bis er ihn endlich in einem hohlen
Baume, in einer Felskluft oder in einem alten Krähen- oder Eich¬
hörnchenneste antrifft. Aus hohlen Bäumen wird er mit Schwefel¬
dampf oder durch Klopfen aufgescheucht, aus den Nestern schießt
man ihn einfach herab. Hat er aber in dichten Fichtenbeständen
seinen Aufenthalt genommen, so ist es meist geradezu ein Ding der
Unmöglichkeit, seinen Ruheplatz ausfindig zu machen. Im Sommer
171
gelingt es manchmal zufällig, einen Baummarder auf dem Ansitze
zu erlegen, wenn er seinen Jungen Nahrung zuträgt. So schoß vor
einiger Zeit hier ein benachbarter Forstmann einen Baummarder,
der gerade ein Finkennest ausgehoben hatte und nun die Vögel
seinen Jungen zutragen wollte.
Der Baummarder ist in unserem Walde noch häufig anzutreffen,
weil seiner Vermehrung zu wenig Schranken gesetzt werden. Mau
fängt ihn wohl einmal im Dohnenstiege, wenn sein Treiben darin gar zu
arg wird; schießt ihn, wenn inan ihn zufällig im Winter festge- .
macht hat; dagegen läßt mau ihn im Sommer mit seinen Jungen
meist unbehelligt, weil der Balg dann wertlos ist und nur sehr
wenige E'orstverwaltungen ein angemessenes Schußgeld, andere sogar
nichts zahlen.
Kampf von Schwarzdrosseln mit Reptilien.
Mitgeteilt von Paul Leverkühn.
Mein lieber Freund August Crey dt, jetzt K. K. Lieutenant
im 8. Huzaren-Regiment Frb. von Koller, in Diakovär in Slavonieu,
teilte mir, als er mich das letzte Mal in Norddeutschland besuchte,
folgendes mit: Im Juli 1889 nahm er in dem ausgedehnten Parke
der K. u. K. Militär- Akademie zu Wiener-Neustadt wahr, wie ein
Amselmänucheu ( Turdtis merula), welches in der unmittelbaren Nähe
in einem Taxusbaum ( Taxus haccata) sein Nest mit Jungen hatte,
wiederholt ins Gras flog, woselbst es auf einen Gegenstand zu hacken
schien, ihn auch aufzuheben versuchte, jedoch immer wieder fallen
ließ. Das Ab- und Zufliegen wiederholte sich wol zwanzigmal. Als
Creydt hinzuging, fand er eine Ringelnatter ( Tropidonotus natrix )
im Grase, welche gerollt, wie eine Kreuzotter, die Angriffe abpaßte.
— Beim Amselnest lag eine tote Blindschleiche ( Anguis fragilis).
Einen ähnlichen Fall veröffentlichte Herr A. Faleschini
in Graz in den Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereins
für Steiermark*,), welchen ich hier vollständig wiedergebe, da jenes,
übrigens an zoologischen und speciell ornithologischen Aufsätzen aus¬
gezeichneter Forscher, wie Blasius, Hanf und A. Mojs.var von
Mojsisovics, sehr reiche Vereinsorgan den wenigsten Lesern des
»Zoologischen Garten« zugäuglich sein dürfte.
»An einem der ersten Junitage a. c. (1885) bemerkte ich ,
(Faleschini) gegen die Mittagsstunde im hiesigen (Grazer) Stadtparke
*) Jahrgang 1885. Graz 1886. XX. S. CV1II.
172
am Anfänge einer »Geh-Allee« ein Schwarzamselmäuncben, im Kampfe
mit einer etwa 13 cm langen gemeinen Eidechse (Lacerta agilis L.).
Die Amsel wollte die Eidechse im Fluge erhaschen, flog daher stets
knapp an sie heran, um sie im geeigneten Momente am Halse zu
fassen ; die Eidechse verteidigte jedoch mutig ihr Leben ; mit hoch-
aufgerichtetem Kopfe und weit geöffnetem Rachen folgte sie allen
Bewegungen der Amsel, drehte sich lebhaft im Kreise herum und
machte sogar kleine Sprünge gegen ihren Angreifer. Das interessante
Manövrieren mochte etwa zwei Minuten lang gedauert haben, als
durch einen Zufall die angreifende Amsel der erzürnten Eidechse im
Fluge etwas allzu nahe herankam, — die Eidechse sprang nochmals
nach der Amsel, erfaßte sie diesmal am Bein, biß sich fest und
wurde von der Amsel, die ein schmerzhaftes Geschrei vernehmen
ließ, durch ein nahestehendes Gebüsch auf den nächsten Baum ge¬
tragen. — Leider entzog mir das dichte Laub eine weitere Be¬
obachtung; ich konnte den Ausgang des Kampfes nicht mehr wahr¬
nehmen, wahrscheinlich wurde die Eidechse bald darauf mit einigen
kräftigen Schnabelhieben kampfunfähig gemacht.«
Dieser Beobachtung reiht der damalige Redakteur der Mittei¬
lungen, Herr Professor Dr. Edler Mojsvar von Mojsisovics eine
andere an, welche er vom K. u. K. Notar Dr. Franz P r echel macher
in Obdach erfuhr, »als einen Beleg für die Harmlosigkeit« unseres
ängstlich gehegten »Stadtpark- Ziervogels«. Im Sommer v. J. (1884)
sah Prechelmacher zufällig auf einer Wiese, vor dem sog. Portierhause
im »Rosenhaine« bei einem Gutshofe am Rosenberge bei Graz, eine
Glucke fMutterhenne) mit ausgebreiteten Flügeln und unter leb¬
haftem Geschrei umherrennend und mit den Schwingen uach dem
im Grase Befindlichen schlagend. Als er näher trat, gewahrte Herr
P., daß im ungefähr handhohen Grase eine Schar Küchlein laut
piepend hin- und herlief, augenscheinlich geäugstigt durch eine
Amsel, die wiederholt emporhüpfte und sich wieder auf den Boden
stürzte, in Sprüngen, wie mau sie eher bei jungen kämpfenden
Hähnen sieht. Da die Henne immer mit den Flügeln nach der Amsel
schlug, so zweifelte P. nicht, daß letztere die Jungen mit ihren
Sprüngen* augriff, während erstere sie zu vertreiben suchte. Das
Ganze währte einige Sekunden ; die Amsel störte die Anwesenheit
des Herrn P. in 6 — 8 Schritt Entfernung wenig; erst beim Näher¬
treten des Beobachters flog sie mit den bekannten quackeuden Lauten
auf einen nahen Baum. Ob sie mit dem Schnabel nach einem Jungen
gehackt hatte, konnte P. wegen des herrschenden Durcheinander
173
und wegen der Höhe des Grases nicht sehen. Die Portierfrau er¬
zählte nachträglich, ihre Hennen seien öfters in großer Aufregung
gewesen, wie wenn sich ein Raubvogel zeige, und meinte, dies sei
vielleicht auf Angriffe der Amseln zurückzuführen. Bestimmtes wußte
sie aber nicht.
Wem fiele dabei nicht die gelegentlich des Semper’ sehen
»Amselprozesses« in Würzburg zur Presse geförderten wirklichen und
angeblichen Schandthaten der Amsel ein? Während jenen, zum Teil
auch in der Ornith. Monatsschrift (1880 Januar u. s. w.) ver¬
öffentlichten Mitteilungen, zuweilen eine gewisse Voreingenommen¬
heit anzuhaften schien, haben wir es in den oben angeführten drei
Beobachtungen mit offenbaren Belegen für das cholerische Tempe¬
rament vieler Stadtamseln zu thun.
München, Anfang April 1890.
Die Elster ( Corvus pica) in der Gefangenschaft.
Von Josef von Pleyel.
Einer der bekanntesten und verrufensten aus der Familie der
Rabenvögel ist unsere Elster ; bezieht sich doch auf sie die ver¬
breitete Redensart: »Diebisch wie eine Elster«, welche auch in des
Wortes vollster Bedeutung ganz auf die Elster paßt.
Was das Gefangenleben der Elster anbelaugt, so kann ich hier¬
über ausführlich berichten und zwar auf Grund langjähriger Beobach¬
tung, die ich an gefangenen Elstern machte. Unter diesen ist be¬
sonders eine, sich, noch in meinem Besitze befindliche, die sich durch
staunenswerte Intelligenz vor allen andern von mir gefangen gehal¬
tenen Rabenvögeln auszeichnet; wenn die Nebelkrähe in der Gefangen¬
schaft drollig, die Rabenkrähe listig, die Dohle keck und schlau ist,
so vereinigt die Elster alle diese Tugenden oder Untugenden in sich,
sie ist drollig, listig, keck und schlau und bekundet einen hohen
Grad von Nachahmungstalent, wie ich es bei keinem anderen Vogel
noch zu beobachten Gelegenheit hatte.
Ich bekam meine Elster als jungen Vogel von einem Freunde,
der ihr das Wort »Jakob«, ihren Namen glücklich, doch ohne
Zungeulösen, gelehrt hatte. Als Wohnung wies ich ihr einen großen
Käfig au, der ihr sehr zu behagen schien, denn schon nach kurzer
Zeit ließ sie ihr singendes Schwatzen und den ihr gelehrten Namen
hören. Um sie nicht gänzlich ohne Erziehung aufwachsen zu lassen,
174
lehrte ich sie den Flötenruf des Pirols, und nach drei Tagen konnte sie ihn
täuschend nachahmen, so zwar, daß ich einmal glaubte ein von mir
gefangen gehaltener Pirol sei es, der sich auch einmal herbeilasse, den
zu stolz zum Singen (zum Esseu nicht) geschlossenen Mund zu öffnen.
Öfters ließ ich sie Anfangs in meinem Studierzimmer frei um¬
herfliegen; das erste Mal verhielt sie sich ganz nach Wunsch,
das zweite Mal aber begann sie schon allerlei Unfug zu stiften, -riß
Briefe vom Schreibtische weg, ebenso Streichhölzer und Federn und
verbarg sie hinter den Büchern, unter dem Teppich und an andern
Schlupfwinkeln; Papier zerriß sie regelmäßig. Eine besondere Vorliebe
zeigte sie für Cigarren und Cigaretten, welche sie ganz auseinander
riß, so daß nur Tabak und Cigarrenstücke so umherflogen. Einmal
aber kam sie gründlich an; ich ließ nämlich, den auf der Gardiueu-
stange sitzenden und sich putzenden Vogel ganz vergessend, eine an¬
gebrannte Cigarre liegen, um mich auf kurze Zeit zu entfernen.
Als ich zurück kam, sah ich, wie »Jakob« angelegentlich den Schnabel
putzte, am Boden lag die Cigarre, aber nur unvollständig zertrümmert,
denn höchst wahrscheinlich hatte sich der vorwitzige Bursche an
der Glut verbrannt und sein Zerstöruugswerk darum nicht vollendet.
Weun sie es mir öfters gar zu arg trieb, rief oder vielmehr
schrie ich ihr ein gerechtfertigtes »Wart Lump« zu, welcher Kose¬
namen ihr so zu gefallen schien , daß sie ihn in kürzester Zeit als
ihr eigen gegen jedermann , speziell aber gegen mich ertönen ließ. ,
Wenn ich sie nach einem dummen Streich ausschelte, fliegt sie
nicht fort, sondern sie bleibt ruhig sitzen, senkt nachdenklich den
Kopf und läßt Flügel und Schwanz hängen.
Den höchsten Grad von Nachahmuugstalent zeigte sie jedoch
in folgendem. Ihr Käfig stand längere Zeit in der Küche, wo sie
auch zeitweilig frei gelassen wurde. Nun beobachtete die Elster,
wie sich die Dienstmagd die Häude mit der Seife in der dazu be¬
stimmten Schüssel reinigte. Was that nun unser kluger Vogel?
Als sie wieder freigelasseu wurde, war das erste ein Stückchen
Seife zu packen und mit dieser in die Schüssel zu springen, dort
lüftete sie die Flügel und fuhr an denselben mit der Seife umher,
als ob sie sie waschen wollte. Lange wollte ich diese, von der
Dienstmagd, welche die ganze Begebenheit mit Staunen sah, mir
erzählte Geschichte nicht glauben, bis ich selbst zufällig die »Wasch¬
bestrebungen« der Elster sah. Fürwahr, ein erstaunlicher Grad von
Nachahmungstrieb, wie ich ihn noch an keinem anderen Vogel zu
beobachten Gelegenheit hatte.
175
Eine besondere Vorliebe bekundet diese Elster für Bier und
Milch, während sie Kaffee nicht mag. Wo immer sie ein Glas Bier
oder einen Topf Milch findet, dort trinkt sie mit wahrem Wohlbehagen,
in tiefen Zügen.
Gegen Fremde ist sie nicht besonders freundlich, sondern schleudert
ihnen, wenn sie zu ihrem Käfig treten , die unglaublichsten Worte
in deutscher und Elsternsprache au deu Kopf. Eine große Augst
zeigt sie vor Regenschirmen; sobald ein solcher aufgespannt wird oder
zugemacht in der Nähe ihres Käfigs lehnt, erhebt sie ein entrüstetes
und Furcht zeigendes Keckem, womit sie erst dann innehält, wenn
man das Instrument aus ihrer Nähe entfernt.
Als wir aufs Land zogen , kam die Elster selbstredend mit.
Ungefähr 14 Tage stand sie mit ihrem Käfig auf der nach dem
Garten gerichteten Terrasse, als es ihr eines Tages auf unaufgeklärte
Weise gelang zu entkommen. Vier Tage flog sie in den benachbarten
Gärten umher, strich sogar auf kurze Zeit in den nahen Wald, kam
aber endlich doch ganz müde am Vormittag des fünften Tages in
ihren Käfig zurück; das erste war hier, auf die oberste Sprung¬
stange zu fliegen, die .Federn aufzustellen und zu schlafen.
Ich ließ sie nun öfters frei umherfliegen, wobei sie zu meiner
und zur Unterhaltung der Hausgenossen die dümmsten Streiche
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machte.
Ein besonderes Vergnügen schien es ihr zu gewähren, einen
kleinen Huna, der einer Partie gehörte, zu quälen. Wenn derselbe
im Sonnenschein weich gebettet am Rasen lag und schlief, da erschien
ganz sachte hinter einem Gebüsch die Elster, trippelte leise bis ganz
nahe zu ihm heran, betrachtete ihn eine Weile, stellte sich in Posi¬
tion und hackte mit Aufbietung aller Kräfte einigernale blitzschnell
in das Schwanzende. Wenn der auf so schnelle Weise aus Morpheus
Armen gerissene Hund laut heulend von seinem weichen Lager auf¬
sprang, war die Elster schon längst auf einem hohen Aste und
betrachtete mit satanischem Grinsen den so schnell aus allen Träumen
gerissenen Hund; dieser wußte nichts Besseres zu thun, als nach solch
einem Überfall sich rückwärts zu konzentrieren, wohl das weiseste,
was er thun konnte, aber auch hier hatte er keine Ruhe, denn sobald
die Elster sah, daß er ging, flog sie sofort vom Baume herunter,
dem Hunde nach und versetzte ihm noch einige derbe Hiebe, daß er
heulend mit eingezogenem Schwanz mit thunliclister Beschleunigung
das Weite suchte.
176
Auch die Füße barfüßig gehender Leute hatten keine Ruhe vor
diesem Vogel, immer wieder suchte er hineinzuhacken und alles
Stoßen konnte ihn nicht abbringen. Einmal fand der Gärtner beim
Rechen der Gänge des Gartens unter dürrem Laub einen Silber-
löffel, den die »liebe« Elster, wie sie allgemein genannt wurde, ge¬
stohlen und dort versteckt hatte. Kurz darauf flog sie durch das
Fenster eines ein Stockwerk höher wohnenden Herrn, auf dessen
Schreibtisch sie eine solche Verwüstung anrichtete, daß der Herr,
der sie gerade bei der »Arbeit« überraschte, in Ermangelung eines
andern Gegenstandes ihr den mit anerkennenswerter Geschwindigkeit
ausgezogenen Pantoffel nachwarf, vor welchem sie mit lautem Ge¬
schrei flüchtete. Nun war’s aus mit der Freiheit, und die Elster
konnte im Käfig nachdenken über die dummen Streiche, wegen welcher
sie eingesperrt wurde.
Beidings Ziesel, SpermophUu s Beldingi Merriam, sp. nov.
Kalifornien.
Von Dr. B. Langkavel.
Im vierten Bande der Annals of the New York Academy of
Sciences, 1889, No. 10 und 11 veröffentlichte Mr. C. Hart Merriam
eine Beschreibung dieser neuen Species, welche er von Mr. Beiding
aus beträchtlichen Höhen der Sierra Nevada in Placer Co., Kali-
ornien, erhalten hatte. Nach genauerer Untersuchung der über¬
schickten Exemplare erkannte Mr. Merriam in ihnen eine neue
Art, welche sich an Spermophilus Bichardsoni Townsendi enger als
an irgend eine andere Art anschließt. Der Spermophilus Townsendi
findet sich öfter in zoologischen Museen, und schon vor mehr als
dreißig Jahren gab Spencer F. Baird im achten Quartbande der
Reports of Explorations and Surveys etc. for a railroad from the
Mississippi to the Pacific auf Seite 325 und 326 eine Beschreibung
dieser Art, während vor und nach dieser eine ganze Reihe anderer
Arten behandelt werden.
An den Exemplaren dieser neuen Art war besonders auffallend
ein breites dorsales Band von rötlicher Farbe, das sich von dem
Gelb der Seiten durch eine scharf begreuzte Linie abhob; die für
Spermophilus Townsendi so charakteristischen undeutlichen Flecken
fehlen vollständig. Da nun aber diese Exemplare zur Aufstellung
177
einer neuen Art nicht ausreichend erschienen, so wurde von Merriam
Mr. Charles A. Allen ans Nicasio ersucht, jene Lokalität, wo
Behling die Tiere fing, zu besuchen und ihm noch größeres Material
zu senden. Es wurde Mr. Allen durchaus nicht schwer, an jener
Stelle eine weitere Reihe von Exemplaren zu erhalten und zu weiterer
Bearbeitung zu übersenden. In den nachstehenden Zeilen wird
der Unterzeichnete die Beschreibung Mr. Merriams in freier Über¬
setzung geben.
Spermophilus Beldingi ist ungefähr ebenso groß oder unbe¬
deutend größer als Sp. Townsendi. Die Totalläuge beträgt (im
Fleisch gemessen) 292 mm; der subcylindrische, nicht buschige
Schwanz hat 89, der Hinterfuß 45 mm. Dieser letztere und das
hintere Drittel der Sohle sind stark behaart, die Pfoten lang, kräftig,
fast gerade.
Die Behaarung des Körpers ist ziemlich kurz. Das oben er¬
wähnte Band reicht vom Nacken allmählich spitz verlaufend bis an
die Schwanzwurzel und geht hier in einen breiten, mit Gelb ein¬
gefaßten Streifen auf der Oberseite des Schwanzes über. Der Kopf
besitzt von der Nase bis zum Occiput dieselbe Farbe wie das dorsale
Band. LTber jedem Augenlide liegt ein weißer Strich. Backen und
Ohren sind dunkelgrau, Kinn und Kehle weißlich, die Oberseiten
der Vorder- und Hinterfüße hellgelblichgrau. Am Rücken und an
den Seiten bemerkt man nur vereinzelt schwarze Haare, sie finden
sich aber in Menge oben und an den Seiten des Schwanzes.
Die Serie von Spermophilus Beldingi bestand aus 20 Bälgen
und 26 Schädeln aus der Nähe von Donner, Placer Co., Kalifornien
und aus einem jungen Exemplare vom Bear Valley, Mariposa Co.
Viele waren säugende Weibchen und die Normalzahl ihrer Zitzen -V
Im Fleisch gemessen schwankte die Totallänge zwischen 275 — 300 mm,
die Schwanzlänge von 76 — 89 mm. Die ausgewachsenen Tiere zeigten
sehr wenige Abänderungen in der Farbe.
Der Verfasser gibt sodann mit Bezugnahme auf 2 Abbildungen,
des Schädels, von oben gesehen, und des Unterkiefers, beide in
natürlicher Größe, eine ausführliche Beschreibung der Schädelknochen,
und in welcher Art sie sich von denen des Sp. Townsendi unter¬
scheiden. Ich übergehe diese, denn die den Schluß des Aufsatzes
bildende Tabelle der wichtigsten Maße verdeutlicht am besten das
Charakteristische dieser Art und die unterscheidenden Merkmale von
Sp. Townsendi.
Zoolog-, Gart. Jahrg. XXXI. 1890.
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179
Der Berliner zoologische Garten.
Von Dr. L. Heek.
(Fortsetzung).
Bei den großen Katzen, mit deren Schilderung ich beginne, gestattet
es mir die Geräumigkeit des hiesigen Raubtierhauses, einen Gesichtspunkt zu
verfolgen, der mir geeignet erscheint, diesen allgemein bekannten Tieren
wieder ein besonderes Interesse zu verleihen, das ist die Nebeneinanderstellung
der verschiedenen geographischen Varietäten, die ja entsprechend der weiten
Verbreitung der Arten sehr deutlich ausgeprägt sind. Freilich, das höchste
Ziel auf diesem Gebiete zu erreichen, die verschiedenen Naturrassen des
Löwen in ausgewachsenen typischen Exemplaren mit vollständig ausgebildeter
Mähne nebeneinander vorführen zu köunen, das mutet einen unter den jetzigen
Import- und Zuchtverhältnissen fast wie ein frommer Wunsch an ! Um dieses
Ideal zu verwirklichen, insbesondere um wieder einmal einen echten, bauch -
mähnigen Berberlöwen leibhaftig vor sich zu sehen, dazu müßte man schon
die alten Skizzen unseres trefflichen Leutemann lebendig werden lassen,
jenes ewig jugendfrischen Nestors der deutschen Tierzeichner, der schon als
verständnisvoll der Natur nachschaffender Künstler die Zeiten mitdurchlebt
hat, wo die meisten Löwen Import und der Berber der gewöhnliche Schlag
war, den man in jeder Menagerie sehen konnte. Wo sind diese schönen Zeiten
hin? Vorüber, und für den Berberlöwen auch gewiß ganz unwiederbringlich!
Ob wir überhaupt noch einmal einen, unzweifelhaft importiert und ganz echt,
angethan mit allen Zeichen seiner Majestät, vor allein- auch mit der fast
fabelhaft gewordenen Bauchmähne, im Handel zu sehen bekommen werden ?
Wir wollen uns nicht selber die Hoffnung nehmen, wenn sie auch auf schwachen
Füßen steht. Mit dem Import der übrigen Rassen scheint es sich ja wieder
etwas bessern zu wollen. Reiche und Menges haben doch aus Süd- und
Westafrika einiges gebracht, und von Reiche habe ich selber, zu großem
Preis natürlich, jetzt ein paar jährige, importierte Kaplöwen übernommen, die
sehr schön und stark zu werden versprechen, wenn sich auch über die Mähne
des Männchens leider noch gar nichts sagen läßt. Bis jetzt sind die Anfänge
noch weniger stark hervorgetreten als bei den beiden um ein viertel Jahr
jüngeren, hier gezogenen Löwen, die von einer nubischen Löwin Hagen-
beckschen Imports und unserem großen Abdallah stammen. Diese Löwin
zeichnet sich dadurch aus, daß sie vorn sehr hoch gestellt ist; aber gerade
das gibt ohne Zweifel ihren Konturen etwas Lebendig-Reizvolles, der ganzen
Erscheinung und Bewegung eine besondere Eleganz, so daß ich nicht anstehe,
sie als eine der schönsten Löwinnen zu bezeichnen, die ich je gesehen habe.
Dem entsprechend ist sie auch ein beliebtes Modell unserer Tiermaler und die
hoch aufgerichtete Gestalt einer schlanken Wüstenkönigin, die auf unseren
neuesten Löwenbildern mehrfach auftritt, ist eine beliebte Stellung von ihr,
wenn sie in der Ferne etwas erblickt, was ihre Aufmerksamkeit erregt. Ihr
zeitweiliger Gatte und Partner auf diesen Bildern, unser Abdallah, figuriert
jetzt bei uns als »der eigentliche, richtige Löwe«, wie ich das Publikum, das
ihn unermüdlich bestaunt, oft genug habe sagen hören, und in der That im¬
poniert er durch seine Höhe und Länge (darin wird ihm augenblicklich wohl
180
nicht leicht ein Löwe eines anderen Gartens gleichkommen), durch den riesen¬
haften Kopf mit der lang und schlicht herabwallenden, dunklen Mähne, die
allerdings die Schulter nicht bedeckt und noch weniger sich in eine Bauch-
mähne fortsetzt. Das ist außer einer gewissen Schlottrigkeit und Schläfrigkeit,
die mir persönlich besonders mißfällt, sein Fehler : er stellt aber keinen reinen Na¬
turtypus dar, sondern gehört jenem etwas wechselnden Mischschlag an, der in
Fachkreisen unter dem Namen der »Dubliner Zucht« bekannt ist und dem
unseres Wissens und Ermessens ein großer Kaplöwe sein hauptsächlichstes
Gepräge gegeben hat. Trotzdem muß ich in Ermanglung eines bessern froh
sein, daß ich ihn noch habe, zumal mich unsere Künstler einstimmig versichern,
daß er zur Zeit das einzig brauchbare Modell hier ist. Das wollte ich anfangs
gar nicht glauben ; später habe ich mich aber in mehreren Ateliers, iu denen
ich ihn in unendlicher Variation immer wieder sah, überzeugen können, daß
er sich, geschickt »geschmissen«, auf der Leinwand wirklich recht gut macht.
Dagegen schlagen sämtliche Maler und Bildhauer ebenso einstimmig drei Kreuze
vor unserm zweiten männlichen Löwen »Prinz«, während gewiß mancher
Tierkenner und Züchter diesem vor Abdallah den Vorzug geben würde. Er
ist zwar nicht besonders hoch und laug, dabei kleinköpfig und hat eine
ziemlich kurze, starre Mähne, von Schulter und Bauchmähne natürlich auch
keine Rede ; aber was mir sehr an ihm gefällt, ist seine stramme sehnige
Gestalt und sein lebhaftes, schneidiges Wesen, dem entsprechend er auch ein
sehr guter Zuchtlöwe ist. Seiner Abstammung nach ist Prinz importierter Ost-
Afrikaner ; er soll zugleich mit der oben genannten Löwin seinerzeit als ganz
junges Tier von Hagenbeck aus Nubien eingeführt worden seiu und bereits
eine Künstlercarriere in einem südamerikanischen Cirkus hinter sich haben.
Wenn er nun auch nicht gerade ein malerisches Ideal eines Königs der Tiere
sein mag, so ist er doch wenigstens ein reiner Vertreter eines Naturtypus und
als solcher hier so lange an seinem Platze, bis er einem in jeder Beziehung
besseren weichen kann. Endlich besitzt der Garten noch eine junge Löwin,
die ich selbst in Cöln gezüchtet habe und alsbald nach meiner Wahl hierher
mir wieder zu sichern mich beeilte, weil sie nämlich zur letzten Generation
gehört, die noch direkt von dem alten Cölner Löwen »Nero« abstammt. Ob¬
wohl ich diesen nun als einen der größten und schönst bemähnten Löwen
unserer Tage kannte, so war mir doch die Abkunft der betreffenden Mutter¬
löwin unbekannt und auch der Ankauf der Tochter daher schließlich nur ein
Nothbehelf. Wer weiß was sie mir mit unserem Abdallah, mit dem ich sie Zu¬
sammenhalte, bringen wird ! Aber wie soll man sich unter den heutigen
Verhältnissen schließlich anders eine einigermaßen begründete Aussicht eröffnen,
einmal wieder einen recht großen und schön bemähnten Löwen heranzuziehen.
Ebenso spärlich wie der Import gegenwärtig an Löwen ist, ist er be¬
kanntlich reichlich an Pumas. Aber trotzdem hat er mir noch nicht das
gebracht, was ich suche. Ich möchte nämlich beim Puma die beiden Extreme
nebeneinander stellen, die große silbergraue Form neben der kleinen roten
halten, um dem Publikum recht augenfällig zu zeigen, wie sehr diese ameri¬
kanische Großkatze variiert. Diesen Zweck erfüllen die beiden Exemplare, die
augenblicklich hier vorhanden sind, nur sehr unvollständig ; ich habe aber
glücklicherweise Aussicht mit Prnnas bald nach Wunsch versorgt zu werden.
Bei den Tigern bin ich in der angenehmen Lage sagen zu können, daß dies
181
bereits der Fall ist. Nachdem ich ein greisenhaftes Paar, welches ich vorfand,
zugleich mit zwei Löwinnen zweifelhafter Güte beseitigt hatte, war ich so
glücklich, bald Ersatz schaffen zu können durch ein Paar Sundatiger und einen
jungen bengalischen Königstiger, so daß also ganz nach meinen Absichten die
beiden Hauptformen des Tigers, die große, helle, massiv gebaute Festlandrasse
und die kleine, dunkle langbärtige Inselrasse, in typischen, ich darf wohl
sagen: ausgezeichneten Exemplaren vertreten sind. Die interessanteste klimatische
Varietät, der langhaarige sibirische Tiger fehlt freilich ; aber welcher Garten
kann sich wohl rühmen, ihu zu besitzen ! — Noch mehr unterstützte mich glück¬
liche Kaufgelegenheit und das nie ermüdende, freigebige Interesse unseres be¬
kannten Gönners Schön lank in der Zusammenstellung einer Serie von Leo-
pardeu und Panthern. Der genannte Handelsherr, der, ein echter Wisseu-
schaftsmäcen, schon seit Jahrzehnten die Verbindungen seines Welthauses in
allen Erdteilen zu Gunsten des hiesigen Gartens ausnutzt und diesem schon
ein ganzes Vermögen an Geschenken zugewendet hat, importierte für uns ein
prächtiges Paar vorderiudischer Leoparden oder Panther, dessen Männchen
insbesondere ein vorzüglicher Vertreter der großen schweren Festlandrasse
ist. Ferner kaufte ich noch vor meinem Amtsantritt ein indisches Weibchen,
das, wie mir vom Händler versichert wurde, soeben aus Sumatra angekommen
war und das ich daher, durch seine Körper- und Schwanzproportionen bestärkt,
als Sundapauther ansprechen zu müssen glaubte, obwohl es nicht die helle
Grundfarbe und die kleinen Rosetten hat, die der hinterindischen Inselvarietät
nach den Beschreibungen zukommen. Im Gegenteil, es zeichnet sich durch
besonders dunkle Grundfarbe und auffallend große Hofflecken aus, und was
mich am meisten an dem Tier frappierte, die größten Rosetten haben ganz
deutliche schwarze Mittelpunkte, eine Art der Fleckenzeichnung, die offiziell
nur dem Jaguar zugeschrieben wird.*) Sollte das Tier vielleicht aus Hinterindien
stammen und eine an den schwarzen Panther sich annähernde Form darstellen V
Ich konnte leider über die specielle Herkunft nichts Authentisches erfahren und
auch ein in dieser Richtung zielender Zuchtversuch scheiterte an der hart¬
näckigen Weigerung unseres allerdings etwas griesgrämigen und stumpfsinnigen
Sehwarzpauthermännchens, sich der ihm zugeführten bunten Genossin zu nähern.
So bleibt es ein interessantes, allerdings leider auch ebenso rätselhaftes Stück.
Aber wann wird in der vielerörterten Pardelfrage einschließlich des schwarzen
Panthers endlich einmal von berufener Seite wirklich das letzte Wort ge¬
sprochen werden ? Vertreter der afrikanischen Formen sind ein Paar Somali-
leoparden, die ich durch Kauf und Tausch zusammengebracht habe. Sie
führen in eklatanter Weise vor Augen, wie eine und dieselbe geographische
Varietät wenigstens in der Gestalt noch ändern kann : denn obwohl beide
nachweislich aus Nordostafrika importiert sind und auch in der Färbung und
Zeichnung, der hellen, unterseits weißen Grundfarbe und den kleinen dichten
Flecken, genau übereinstimmen, so sind sie doch in der Gestalt so geradezu
entgegengesetzt (das Männchen sehr stark und gedrungen, das Weibchen
äußerst leicht und zierlich), daß man dies meiner Ansicht nach unmöglich
allein auf Rechnung der Geschlechtsverschiedenheit setzen kann. Schließlich
*) Bei den von Herrn J. Meng1 es aus dem Somalilande mitgebrachten und hier aus¬
gestellten Leopardenfellen sah ich ebenfalls zwei mit deutlich ausgeprägten Mitteltlecken
innerhalb der Ringzeichnung, wie dies bei dem Jaguar Regel ist. K.
i
182
besitzt der Garten von früher noch den bereits erwähnten schwarzen
Panther, sowie ein Paar Jaguare, und ich kaufte ein Paar afrikanische
Geparden hinzu, um die Reihe der großen Katzen vollständig zu machen,
die überhaupt auf dem Tiermarkt zu haben sind* Ein Irbis wurde mir mit
dankenswertem Interesse von einem jener Glücklichen in Aussicht gestellt, die
zu ihrem Vergnügen und Zeitvertreib Weltreisen machen. Möge ein gütiges
Schicksal ihm gestatten, seine löbliche Absicht zur That werden zu lassen,
wenn er demnächst den asiatischen Kontinent durchquert !
„Brütet der Kuckuck
Entgegnung auf die Angriffe des Herrn Ad. Walter im Januarhefte des
»Journals für Ornithologie« von 1889 auf unsere Mitteilung über diesen
Gegenstand.*)
Von Gebr. Adolf und Karl Müller.
In genanntem Blatte hat Herr Walter die Richtigkeit unserer Beob¬
achtungen angezweifelt, und schon das Motto, das er seiner kritischen Be¬
sprechung vorausetzt »Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“,
ist höchst anstößig, ja herausfordernd und veranlaßt uns, ein Gegenmotto
anzubringen: »Wie’s in den Wald ruft, so schallt’ s heraus.«
Der wegwerfende Ton, den Herr Walter in Bezug auf „Die Gartenlaube«
anschlägt, könnte eigentlich ignoriert werden; aber daß er darüber uns zu
hofmeistern sich erdreistet, daß der Artikel in diesem »Unterhaltungsblatt«
statt in einer rein wissenschaftlichen Zeitschrift erschienen sei, ist höchst über¬
flüssig, wenn nicht lächerlich; — er weist sich auch von selbst zurück durch
die Thatsache, daß wir die anfangs in jenem Blatte nur teilweise gegebene
Entdeckung darauf in gegenwärtiger Fachschrift in ihrem ganzen Verlaufe
mit Hervorhebung der Kieße l’schen vor 20 Jahren gemachten veröffentlichten.
Wir Brüder, die wir die Wissenschaft als ein Gemeingut für die Mensch¬
heit ansehen und der berechtigten Zeitströmung folgend, gleichsam zwischen
Katheder und Volk treten, rechnen es uns, wie weiland uuser Freund A. Brehm
und gegenwärtig noch neben Professor Karl Vogt u. a. zur Ehre, erkennen es
als eine große Förderung, in einem Weltblatte wie die Gartenlaube uns hören
lassen zu können; wie ja auch unser verstorbener Freund Dr. F. Schlegel
(Breslau) und der von Herrn Walter gerühmte Dr. Baldamus die Zeitschrift
»Daheim« zu ihren zoologischen bez. ornithologischen Veröffentlichungen be¬
nutzt haben. Ja, was Herrn Walter als besonders gewichtig in die Wagschale
für die Würdigung des Weltblattes dienen müßte, Herr Baldamus sogar hat
es nicht verschmäht, s. Z. — wenn wir nicht irren in den sechziger Jahren —
für die »Gartenlaube« einmal einen Artikel über die Nachtigall zu schreiben,
in welchem er am Schlüsse der Hoffnung Ausdruck gab, für das Blatt weiter
schreiben zu können. Demnach dürfte Herr Walter nicht so geringschätzig von
der Gartenlaube urteilen, an welcher doch unter andern guten Früchten auch
*) Vergl. Zool. («arten XXIX. Jahrg. 1888 S. 193. — Eingegangen im März 1890. N.
183
Trauben wachsen, die aber für manche heimlich danach Verlangenden zu hoch
häugen und die sie dann als sauer verschreien.
Herr Walter nimmt Anstoß an den drei verschieden gefärbten Eiern.
Natürlich, denn er vertritt die Ansicht, daß ein und dasselbe Kuckucksweibchen
nur- gleich große und gleich gefärbte Eier lege, muß aber selbst eingestehen,
daß der Beweis dafür apodiktisch nicht erbracht werden könne. Und wenn
Herr Walter Anstaud nimmt an unserer Bemerkung, daß das dritte kleine Ei
ein noch nicht ausgebildetes etc. ausweislich seines geringen Umfangs, seiner
äußerst zerbrechlichen dünnen Schale und seiner Färbung gewesen sei: — so
bescheidet sich (Adolf Müller) hier gerne dahin, daß er sich geirrt habe könne,
fragt aber zugleich: warum greift Herr Walter hier nicht zu seiner sonst so
beliebten Manier der Vermutungen und Erklärungen ? Wenn er so zuverlässig
sagen kann: »das kleine Ei wär kein Kuckucksei« — nun dann kann ja eine
seiner üblichen Annahmen der Wahrscheinlichkeit Platz greifen, daß das
Kuckucksweibchen beim Ablegen eines seiner Eier in ein von uns unentdeckt
gebliebenes Buchfinknest in der Nähe austauschend ein Buchfinkei an diesen
seinen nachher oder vorher erwählten Brutplatz im Schnabel getragen habe,
wie ja erfahrungsmäßig der Kuckuck es vielfach zu thun pflegt.
Wie Herr Walter als ein wahrhafter Kuckucks- Anwalt schon aufgetreten
ist, davon zur obligaten Illustration des eben Gesagten nur eine recht bezeich¬
nende Probe. In dem Magen eines Kuckucks wurden Schalenreste von ver¬
schiedenen Vögeln gefunden und darauf der Verdacht gegründet, der Kuckuck
könne ein Eiräuber sein. Gleich ist der Sachwalter zur Hand mit Vermutungen
und Erklärungen: »Kann denn aber nicht auch der Kuckuck, als er sein Ei in
ein Rohrsängernest legen wollte und schon ein Nestei herausgenommen und
zerbissen hatte (!) , von einem herannahenden Menschen verscheucht worden
sein, der das Nest mitnahm oder zerstörte? Kann nicht eine Elster, die den
Kuckuck beim Neste traf, ihn verjagt und sich an dem delikaten Mahle er¬
quickt haben? Dem Kuckuck blieb aber weiter nichts übrig, als sich ein
anderes Nest zu suchen, um sein Ei abzusetzen, und da dies ihn drängte, so
konnte er nicht lange wählen, er nahm das ihm zuerst vorkommende Hyppo-
lais hortensis- Nest gern für die Ablegung seines Eies an, machte es so mit
dem Hyppolais-, wie dort mit dem Calamoherpe palustris- Ei und hatte nun
die Fragmente beider Eier im Magen.«
Ein wahrer Geburtshelfer- und Wenn- und Aber - Kommentar ! — Wir
wiederholen auf die desfallsige Behauptung des Herrn Walter ihm ferner ganz
dasselbe, was wir 1867 schon Herrn Baldamus auf seine Theorie entgegnet
haben. »Er wird wohl auf immer den unmittelbaren Beweis auf Thatsacheu,
aus direkten Beobachtungen heraus schuldig bleiben, daß erstlich ein und das¬
selbe Kuckucksweibchen stets gleich gefärbte Eier lege und zweitens diese der
Regel nach einer Art zuschiebe. Er hat wenigstens das eigentlichste Material
— die sprechenden Thatsachen, das lebendig Greifbare zu dieser direkteu Be¬
weisführung nicht beigebracht.«
Und nun drehen wir die Sache um. Wir geben zu, daß es von uns ein
irrtümlicher Schluß gewesen, das Kuckucksweibchen habe die drei verschieden
gefärbten Eier gelegt; — ebensosehr ist aber auch die eben berührte An¬
nahme als sehr zweifelhaft oder unbewiesen auf sich beruhen zu lassen.
184
Nur eine Bemerkung des Herrn Walter nach dieser Richtung sei noch
erörtert. Er behauptet: ». . . . denn immer legt ein und dasselbe (Kuckucks-)
Weibchen, wie es bei den anderen Vögeln auch der Fall ist, gleiche
Eier.«
So! Hat denn Herr Walter sich die auffallend veränderlichen Eier in
Größe und Färbung, sowohl der Zeichnung als dem Grundtone nach
niemals angesehen bei unserer Schwarzamsel, der Singdrossel, dem rotrückigen
Würger, dem Haussperling, der Heidelerche und besonders dem Baumpieper,
vieler anderen Arten noch zugeschweigen? ! Und das Kuckucksweibchen, das
so verschiedenen Verhältnissen entstammt und sich zeitweise (gerade im Früh¬
jahr) so außerordentlich abwechselnd ernährt, sollte allein wieder mit einer so
ausnehmenden Eigenschaft begabt sein?! Warum aber finden andere so auf¬
fallend variable Eier des Kuckucks in den Nestern der verschiedensten Arten
von Kleinvögeln?
Die Teleologeu finden und sehen stets das ihrer Theorie Anzupassende, und
nun produziert Herr Walter — Gleiches? Nein, noch nicht ganz, denn er
scheint sich zu hüten von »typischen« Eiern zu reden, er hat noch kein »den
Nesteiern zum Verwechseln ähnliches Ei« vom Kuckuck bei einem Gelege ge¬
funden ; — aber er streift hart an die Grenze der Zweckmäßigkeits- Weisheit,
er zählt unter 1, 2 und 3 Seite 41 die Sätze seiner Dogmen vom Kuckucks¬
weibchen und seinen Eiern auf, und es hat allen Anschein, daß die teleologische
Gnade bald bei ihm ganz »zum Durchbruch kommt«, also zum Vermögen seines
Kuckucksweibchens auch noch der »göttliche Instinkt« tritt, wonach es — wie
es bereits »stets die Nester derselben Vogelart und immer dieselbe Örtlichkeit
aufsucht« — auch noch die Größe seiner Eier formt und färbt je nach dem
Gelege der beliebten Vogelart. Wir sehen dann Herrn Walter inmittten der
Auserwählten der Teleologie, statt wie jetzt noch an deren Schleppe oder
besser im Atrium des Tempels.
Die Hauptsache ist und bleibt das wirklich von uns beob¬
achtete Brüten des Kuckucks, das Ausbrüten des einen der Eier
und das Großatzen des jungen Kuckucks seitens des weiblichen
Kuckucks. Und diese Thatsache hält Adolf Müller hoch, als seine eigene un¬
antastbare Beobachtung! Und wenn Herr Walter auf Seite 39 sagte: »denn wenn
Herr Müller behauptet, bestimmt gesehen zu haben, daß der Kuckuck 1 1/-2
Stunde auf der Niststelle brütend verharrte und daß später der alte Kuckuck den
jungen mit Raupen fütterte, so hieße ein Dagegensprechen Herrn A.
Müller der Unwahrheit beschuldigen«, so gab ihm dies ein guter
Genius ein. Aber dennoch, wir wissen wirklich nicht, ob wir es der Gnade
des als Hohenpriester der Ornithologie sich brüstenden Herrn Walter zu ver¬
danken haben, daß er uns nicht ohne weiteres der Unwahrheit zeiht. Daß er
es nicht thut, das lohne ihm — der Kuckuck« !
Herr Walter stellt auch noch der dritten Schlußfolgerung, wonach
A. Müller von sechswöchentlicher Frist spricht, die der junge Kuckuck in
Nestern der Sänger bis zu feiner Flugbarkeit brauche, im Widerspruch damit
eine Angabe von A. Müller in der »Ornithol. Monatsschrift« von 1887 entgegen,
wonach am 17. Tage ein von Rotkehlchen ausgebrüteter Kuckuck ziemlich
flügge war. Darauf muß erwidert werden, daß der Ausspruch über die sechs¬
wöchentliche Frist sich beziehen soll auf die Resultate der Veröffentlichungen,
185
die in dem Werke der Gebrüder »Charakterzeichnungen unserer Singvögel«
von 1865, S. 64 und im »Zoologischen Garten« von 1865, November -Heft, S. 426,
woselbst A. Müller die Lebensgeschichte eines jungen Kuckucks in ihrem ganzen
Verlaufe gegeben hat, der am 8. bis 30. Juni 1864 (anfänglich etwa 8 bis 12 Tage
alt) in ein Nest des Hausrotschwanzes zu vier etwas jüngeren Nestlingen als der
Kuckuck gesetzt wurde. Dieses Referat wird begleitet mit folgender Schlu߬
bemerkung: »Da dem Kuckucke nach meinen Beobachtungen von den beiden
alten Rotschwänzen hinlänglich Nahrung zugetragen wurde, derselbe auch
nach meinen öfteren Untersuchungen an Gewicht und Größe zunahm, so ist
nach dieser kurzen Lebensgeschichte des Vogels anzunehmen, daß junge Tiere der
Art zum vollständigen Flüggewerden längere Zeit brauchen als unsere kleineren
Insektenfresser, welche von dem Kuckucksweibchen gewöhnlich mit dem Ei
bedacht zu werden pflegen. Denn die um einige Tage jüngeren Rotschwänz¬
chen hatten einen Tag vor dem Kuckuck schon vollständig flügge das
Nest verlassen und waren in kurzer Zeit selbständig geworden. Meine Er¬
fahrungen, welche ich an zwei Nestkuckucken im Walde machte, stimmen da¬
mit überein. Nach diesen verläßt der junge Kuckuck gewöhnlich erst nach
dreiwöchentlichem Nesthocken durch seine mit dem Größerwerden immer
zunehmende Freßbegierde das Nest, bleibt aber als stabiler, unbeholfener Fett¬
wanst immer noch einige Tage in der unmittelbaren Nähe des Brutortes sitzen
und erlangt erst eine gewisse, gewöhnlichen Gefahren ihn enthebende Flug¬
fertigkeit nach- einem Monate.
Es erweist sich die. Angabe von »sechs Wochen« als irrtümlich, was
sich begründet aus dem Umstande, daß wir den Passus über die Zeitdauer des
Flüggewerdens aus dem Gedächtnisse niederschrieben, ein wohl verzeih¬
liches Versehen, das aber als solches mit Leichtigkeit von Herrn Walter durch
Vergleich der ihm wol nicht fremd gebliebenen angeführten Stelle hätte erkannt
werden können, statt mit dem demonstrativen »man höre!« ausgerufen zu werden.
Es decken sich also unsere Erfahrungen über das Flüggewerden des
Kuckucks in ge wö hn lieh en Verb äl tnissen im wesentlichen mit denen des
21 Tage + 19 Tage + 20 Tage + 17 Tage
Herrn Walter: denn
19,25 Tage,
innerhalb welcher der junge Kuckuck angehend flugbar zu werden pflegt.
Q. e. d. —
Ist es nicht anmaßend, wenn Herr Walter uns belehren will, daß der
Kuckuck ein scheuer Vogel sei?! Einen Forstmann (A. Müller), dem der Wald
seit mehr als 50 Jahren zweite Heimstätte geworden, der gerade unserem Vogel
nun schon Jahrzehnte lang — jedem einigermaßen Belesenen unserer Wissen¬
schaft hinlänglich bekannt — die entschiedenste Aufmerksamkeit gewidmet?!
Und welcher Art sind diese Belehrungen?! Da höre man!
»Niemals bin ich« — ruft Herr Walter aus — »vom Glück so begünstigt
worden, wie Herr A. Müller beim Beobachten der alten Kuckucke. Ich kenne
den Vogel nur als einen sehr scheuen, vorsichtigen, der sich bei der Brutstelle, der
er sein Ei übergeben hat, niemals zeigt, sobald er einen Menschen in der Nähe
vermutet. H. Müller dag egen darf sich nur zurück ziehen, so erscheint
der Kuckuck wieder beim Nest« . . . Nun erwähnt Herr Walter unsere
Beobachtung aus unserem Werke »Tiere der Heimat« (I. Aufl.) über das Ver¬
halten zweier alten Kuckucke an dem Neste eines kleinen Weidenzeisigs, aus
186
dem dieselben die Eier, ein junges Nestvögelchen samt einem jungen Kuckucke
nach und nach zerrten und würgten, und knüpft daran seine weiteren Mit¬
teilungen, nach welchen er, stundenlang unter Gesträuch versteckt, gelegen,
um zu beobachten, ob das Kuckucksweibchen die Eier, die von Herr Walter wieder
in das Zaunköuiguest gelegt worden, herauswerfe. Aber es ließ sich bei noch
so langem Liegen im Gebüsch kein Kuckuck sehen. Jedesmal jedoch, wenn
das Nest von Herr Walter nach seiner Entfernung wieder besichtigt wurde, lagen
die Eier vor dem Neste u. s. w. — Dieselben Erscheinungen, so wird uns
weiter mitgeteilt, zeigten sich bei wiederholten Beobachtungen. Herr Walter
gibt die Entfernung, von welcher aus er seine Ausschau nach den Brüteorten
gehalten, auf 40 Schritte an! und schließt mit der seltsamen, skoptisch sein
sollenden Bemerkung: »So zahme Kuckucke, wie Herr A. Müller vorfand,
kommen in den von mir durchforschten (Muster)- Gebieten nie und
nimmer vor.«
Ja, Herr Walter, so wie Sie, haben wir unsere Gebiete freilich nicht durch¬
forscht. Wie man sich stellt, so geht’s einem! Wenn man es mit dem »sehr
scheuen und vorsichtigen Kuckucke« zu thun hat, dann ist man auch
vorsichtig und legt sich nicht auf 40 Schritte vom Beobachtungsplatze hin ;
sondern man entfernt sich recht auffällig sichtbar und pürscht dann — ein¬
gedenk des Erfahrungssatzes, daß das Vogelauge ein kleiner Tubus — nach
einer entsprechenden Weile, das Terrain und die sonstigen Verhältnisse prüfend,
behutsam und verdeckt, nötigenfalls auf Händen und Füßen kriechend, auch
auf Umwegen nach der Niststelle und beobachtet mit dem Fernrohre aus ge¬
höriger Entfernung. So haben wir’s stets und ständig gemacht, und so
ähnlich steht es auch in unserem Referate: »Ich schlich mich nämlich bei
meiner Annäherung an den Ort gedeckt auf meinen Beobachtungsplatz und
sah durch mein Fernrohr den alten Vogel auf der Niststelle sitzen,« und eben¬
daselbst: »Ich entfernte mich nach einer guten Viertelstunde gedeckt ohne
Störung des alten Vogels.«
Welch ungleich größere Vorsicht, Umsicht und Gewandtheit als bei dem
Kuckuck ist gegenüber dem äußerst mißtrauischen, wachsamen und scharfsinnigen
Wilde im Pürschen zu beobachten, das wir als Waidmänner nun schon unser
halbes Leben ausüben. Herrn Walter empfehlen wir einen praktischen Lehrkursus
bei einem gewiegten »waidwerkenden« Forstmanne zu bestehen, ehe er einen
alten erfahrenen Mann des Waldes und Jäger regulieren will über Praktiken,
die dieser als naturwüchsiger Knabe schon weit besser verstand.
Und wie sollten die Forscher v. Wodzicki,Paessler, Iiowley und selbst
der Glaubensgenosse des Herrn Walter, Baldamus, anders zu ihren veröffent¬
lichten Beobachtungen gekommen sein, nach welchen sie gesehen haben, wie der
alte Kuckuck Eier und junge Nestlinge aus der Brutstätte gezerrt oder geworfen?!
Sind das auch »zahme Kuckucke« gewesen? Gewiß ebensowenig, wie die
von uns beobachteten. Aber der geehrte Leser ersieht deutlich, wie der Blick
des Herrn Walter sogleich — wer weiß von was? — getrübt ist, sobald er die
Brille seiner Kritik auf der Nase hat zur Beäugung unserer von den seinigen ver¬
schiedenen Beobachtungen. Auch das scheint Herrn Walter bei seinem Liegen im
Hinterhalte gar nicht in den Sinn gekommen zu sein: die Thatsache nämlich,
daß der junge Kuckuck selbst (so lange seine Rückengrube noch offen ist) nach
jener und unseren Erfahrungen Eier und Stiefgeschwister über Bord wirft.
187
Entweder die alten Kuckucke waren also vorsichtiger und gescheiter wie Herr
Walter, den sie hänselten — oder die jungen Kuckucke haben hin und wieder
ihre Befähigung des Hinausfuhrwerkens des Nestinhaltes in der Abwesenheit
des Herrn Walter ausgeübt.
Ad vocem: auf Zeugen sich berufen ! Kießel stellte s. Z. diese Zeugenschaft
selbst, A. Müller hat diese nur über Einzelheiten gehört. Wirklich kleinlich ist
die Betonung über 3 resp. (von K. Müller) über 4 Zeugen. Letzterer zählte Kießel
mit, das gibt nach Adam Riese 4 Zeugen; A. Müller behielt den Entdecker im
Sinne und sprach von 3 Zeugen. Das ist die einfache Auflösung des Falles, aus
dem Herrn Walter in seinem pessimistischen Hange ein Arg machen will !
Wir werden zukünftig wohl bei wichtigen Fällen Herrn Walter telegraphisch
herbeirufen sollen, damit er uns die Hand führe zu den Notizen und — wir
müssen gerecht sein ! — uns in Bezug auf Oologie belehrt, wie er es hinsichtlich
der harten Schale des Kuckuckseies gethan hat, indem wir ihm dankend gerne
zugeben, hierin nicht die eingehende oologische Erfahrung besessen zu haben.
Aber dennoch unmaßgeblich bemerkt, — Opel, ein tüchtiger seeierender
Untersucher, bezeichnet die Schale des Kuckuckseies in seiner bekannten Mono¬
graphie über den Kuckuck als sehr dünn und zerbrechlich und schließt daraus,
daß er sein Ei weite Strecken im Schnabel nicht zu tragen vermöge, und wir
selbst haben gesehen, daß einem Kuckucksweibchen das Ei bei seinem Aufstehen
vor uns aus dem Schnabel fiel und zerbrach.
Die übrigen Beobachtungen des Herrn Walter bekunden sich aber entweder
als längst bekannte Thatsachen, oder wir haben bessere, richtigere Erkenntnis
von so manchem, worüber er uns aufzuklären den Glauben hegt.
Dann wollen wir noch einen Punkt streifen, dem wir bei der Beobachtung
des brütenden weiblichen Kuckucks unsere Aufmerksamkeit nicht speziell zu¬
wenden konnten, weil wir den Vogel in seinem Brutgeschäft nicht allzuoft
stören wollten oder vielmehr befürchteten zu stören. Es ist die Frage, ob der
männliche Kuckuck nicht zeitweilig den weiblichen während des Brütens atzte und
ob er sich etwa später nicht auch bei der Pflege des jungen Kuckucks beteiligte.
Derselbe kam uns bei unseren Beobachtungen der Niststelle nicht zu Gesicht ;
obgleich wir ganz in der Nähe derselben erwähntermaßen eine ungewöhnliche
Anzahl männlicher Kuckucke sich herumtreiben sahen. Hier eröffnet sich ein
Feld für Vermutungen und Gedankenschlüsse a priori — aber wir betreten
es grundsätzlich nicht, überlassen es vielmehr Herrn Walter, der darin, wie
gezeigt wurde, eine ganz absonderliche Fertigkeit entwickelt.
Wir wiederholen es : wir halten unsere Beobachtung, daß der Kuckuck
zuweilen brütet und den ausgebrüteten jungen Kuckuck aufzieht, aufrecht, wir
erachten aber auch die zwanzig Jahre vor unserer Beobachtung gemachte
Kießelsche Entdeckung als ein von einem erfahrenen Vogelkenner ausge¬
gangenes und mehr als hinlänglich bewiesenes und bezeugtes thatsäcliliches
Vorkommnis.
Wenn Ren nie in den ganz gleichen Erscheinungen, die er schon in
seinem Werke »Die Baukunst der Vögel«, Leipzig 1833, II. Bd. S. 403, als
zweimal in England beobachtet, erwähnt, wovon den zweiten Fall der Großvater
des berühmten Darwin unter der Betonung mitteilt, daß die drei Eier, aus
denen zwei Junge erzogen wurden, in einer bloß »in der Kohlenschlacke aus¬
gescharrten Höhlung« lagen, Vorkommnisse vermuthet, denen eine Verwechslung
188
\
mit der Nachtschwalbe zu Grunde lag, und sodann A. Brehm die Kießel’sche
Entdeckung als aus derselben Verwechslung mit der Nachtschwalbe hervorgegangen
darstellt : dann kann solches doch nur von jedem Vorurteilslosen und unpartei¬
isch Urteilenden als eine sehr vage, nichtige oder wegwerfende Bemerkung
gelten, welch letzterer Manier unser verewigter Freund A. Brehm von den
ihm im Leben nahe Gestandenen als sehr oft und leicht zugeneigt erkannt
worden ist.
Neben Herrn Walter hat Herr Hartert aus Berlin unsere Entdeckung
des brütenden Kuckucks besprochen. Aber wie und auf welche Weise ist von
diesem Herrn gegen einen unbescholtenen Kollegen verfahren worden? In
der Neuen deutschen Jäger- oder Jagdzeitung, wie sie sich taufen mag, ist
unsere Beobachtung als »klassisches Jägerlatein«, bezeichnet und dabei be¬
hauptet worden, daß die schon erwähnte Ornithologen- Versammlung in Münster
dieses Epitheton »einstimmig« ausgesprochen habe. Wir überlassen eben¬
sowohl jedem Unparteiischen die Beurteilung eines solchen Verfahrens wie wir
auch der damaligen Versammlung anheimgeben, die Schuld der ihr zuge¬
schriebenen Erklärung um so mehr von sich abzuwälzen, als der Bericht über
die qu. Jahresversammlung im .Juli-Heft des »Journal für Ornithologie« von
1889 kein Wort von solch schimpflicher Benennung erwähnt.
Wir nun resümieren : die Thatsache, daß der Kuckuck zuweilen selbst
brüte, in die zweite Auflage unseres W'erkes »Tiere der Heimat«, unbekümmert
um die vorstehend berührten Bekrittelungen und trotz der »Stellungnahme«
der Ornithologen- Versammlung in Münster vorigen Jahres, aufzunehmen, auch
den vor unserer Beobachtung bestandenen Entdeckungen die gebührende Wür¬
digung angedeihen zu lassen. Mag dasjenige, worin wir menschlich geirrt
haben (»es irrt der Mensch, so lang er strebt«), als nebensächlich von unserer
Wahrnehmung getrennt sein und werden; — das wesentliche derselben
soll uns niemand an tasten!
Schon ist uns von Herrn Dr. Eckstein, Assistent der zoologischen Ab¬
teilung an der höheren Forstanstalt zu Neustadt-Eberswalde, mitgeteilt worden,
daß vorigen Jahres von Herrn Präparator Zins er am zoologischen Kabinet
in Gießen ein Kuckucksweibchen ausgestopft worden sei, das einen Brutfleck
von kleiner Thalergröße gehabt habe, den Dr. Eckstein sowie Professor
Dr. Spengel in Gießen gesehen zu haben bestätigen.*) Ferner ist der Re¬
daktion der »Gartenlaube« von einem glaubwürdigen Naturkundigen die brief¬
liche Nachricht zugegangen, daß vorigen Jahres mehrmals alte Kuckucke am
Taunus beobachtet worden seien, welche junge Kuckucke gefüttert haben. —
Es wird eine Zeit kommen, in der sich vor den Augen eines Berufenen
unleugbar unsere Wahrnehmung als wahrhaftig offenbart, wenn auch längst
schon über unseren Gebeinen der Kuckuck seinen Frühlungsruf erschallen
läßt: denn die Wissenschaft steht nicht still!
*) Vergl. Jalirg. XXIX. 1888. S. 373.
N.
180
Kleinere Mitteilungen.
Die Zahl der im Jahre 1888 gegenüber 1887 in Norwegen erlegten nnd
bei den Behörden angemeldeten größeren Ranbsäugetiere und -Vögel verteilt
sich nach den Zusammenstellungen, die »Det statistiske Centralbureau« gibt
und die durch die Liebenswürdigkeit eines Bekannten mir von dort zugingen,
folgendermaßen :
Ämter
Bären
Wölfe
Luchse
Viel¬
fraße
Füchse
Adler
Hühner¬
habichte
Smaalenene .
—
—
1
_
237
2
607
Akershus .
—
—
1
—
466
2
202
Hedemarken .
8
—
1
—
921
10
410
Kristians .
o
O
1
1
—
700
103
236
Bushernd .
6
—
8
— :
461
27
201
Jarlsberg og Laurvik . . .
—
—
6
—
129
—
194
Bratsberg .
18
—
11
—
299
49
264
Nedernaes .
12
—
12
—
197
13
186
Lister og Mandal .
—
—
—
—
105
8
98
Ptavanger .
—
—
—
—
190
36
216
Söndre Bergenhus .
—
—
—
—
653
34
510
Nordre Bergenhus ....
4
—
8
—
790
68
244
Romsdal .
7
—
12
—
405
36
158
Söndre Trondlijem ....
1
3
23
—
655
53
264
Nordre Trondlijem ....
10
3
9
6
349
125
286
Nordland .
11
—
—
14
1026
279
217
Tromsö .
1
—
—
14
511
72
128
Finnmarken .
—
28
—
20
1022
128
46
Im Ganzen 1888 . .
76
35
93
54
9116
1040
4467
» » 1887 . .
97
15
77
51
6512
989
4748
i
Außerdem sind auf Grund der von den betreffenden Amtsbehörden (Amts-
formandskab) gefaßten Beschlüsse noch Prämien bezahlt für folgende schäd¬
liche Vögel:
• •
Amte l*
Uhu
Rahen
Krähen und
Elstern
Smaalenene .
6
—
—
Akershus . . .
6
—
—
Lister og Mandal . . .
34
—
—
Stavanger .
41
—
—
Söndre Bergenhus .
67
71
—
Nordre Bergenhus .
12
6
128
Tromsö . r .
—
87
—
Im Ganzen 1888 . . .
166
164
128
» » 1887 . . .
112
143
89
190
\
Im Vergleich mit Zahlen aus früheren Jahren sind besonders Bar und
Wolf bedeutend zusammengeschmolzen. So sind (nach Altum) in 17 norwegischen
Ämtern vom Jahr 1846 — 60 erlegt: Bären in Sa. 3456 — jährlich fast 247.
» » 1846 — 60 » Luchse » » 1803 = » » 129.
» » 1846 — 66 » Wölfe » » 3321 == » » 166.
Auffallend in obiger Zusammenstellung und kaum glaublich erscheint die
Zahl der erlegten Hühnerhabichte, auch die der Adler (jedenfalls See- und Stein¬
adler) ist groß. — Wollte man einen Schluß aus der angeführten Tabelle auf
die Verteilung der einzelnen Raubtierarten ziehen, so würde das südliche
Norwegen die meisten Bären, des mittlere z. B. Namdalen (Nordre Trondhjem)
alle Raubtiere, besonders zahlreich Luchs, der nördlichste Teil (Finnmarken)
die meisten Wölfe und Vielfraße aufweisen. C. C oester.
Zoologischer Garten zu Köln. Im Jahre 1889 sind folgende
Tiergeburten zu verzeichnen : A. Vögel : 8 Brautenten, 3 kanadische Gänse,
12 schwarze Schwäne, 4 Schwarzhals-Schwäne, 5 Höckerschwäne, 1 Hausstorch,
3 Nachtreiher, 3 Bronzeflügeltauben, 6 Schopftauben, 1 Königsfasan. 2 Schiller¬
fasanen, 1 Goldfasan, 1 Lady Amherstfasan.
B. Säugetiere : 1 Rieseukänguruh, 1 Lama, 2 virginische Hirsche,
1 schwarzer und 1 weißer Damhirsch, 3 Axishirsche, 1 Schweinshirsch, 1 Säumer
2 Sikahirsclie, 1 Wapiti, 2 Edelhirsche, 1 Mähnenschaf, 1 Mufflon, 1 Kuhantilope?
2 Zwergautilopen, 1 Wasserbock, 7 Hirschziegen-Antilopen, 1 Beisa, 1 Säbel¬
antilope, 1 Kapbüffel, 1 indischer Büffel, 1 Biberratte, 1 Seelöwe, 2 Grizzly¬
bären, 2 Eisbären, 5 Wölfe, 1 schwarzer Panther, 3 Tiger, 6 Löwen.
Dr. L. Wunderlich.
In der Central Park Menagerie zu Newyork wurden im
Jahre 1888 geboren: 2 Löwen, 4 Tiger; 1 Puma; 1 Aguti; 1 Kerry-Kalb, Bos
taurus, Zebu ; 4 Bison, Bos americanus ; 1 Kap-Büffel, Bubalus caffer; 2 An¬
gora-Ziegen; 1 persisches Schaf, Ovis aries ; 4 Damhirsche, Dama vulgaris;
1 virginischer Hirsch, Cariacus virginianus. — 4 schwarze Schwäne, Oygnus
atratus ; 1 Kanada- Gans, Bernicla canadensis\ 2 Pfauen. — Im Jahre 1889
wurden geboren: 1 Löwe; 1 Seelöwe, Zallophus Gellespii; 2 Zebu; 1 Kap
Büffel; 2 Nylgau, Boselaphus tragocamelus ; 1 Hirschziegenatilope, Antilope
cervicapra ; 4 Angoraziegen; 2 Mähnenschafe, Ovis tragelaphus ; 1 Axishirsch;
1 Schweinshirsch; 5 Damhirsche; 1 Lama; 1 Nilpferd; 1 Kanadagans; 3 weiße
Schwäne; 3 schwarze Schwäne. Daß so wenige Wasservögel erbrütet werden
rührt von der Gepflogenheit der Besucher her, die Eier von den Nestern zu
stehlen. Auf diese Weise werden jährlich 4 oder 5 Schwanennester zerstört;
1889 wurden sogar 3 junge Schwänchen gestohlen.
Report of the Central Bark Menagerie.
Mufflon in Ungarn. Graf Forgach hat in seinen Besitzungen zu
Ghymes in Ungarn eine Anzahl Mufflon ausgesetzt. Die Tiere haben sich jetzt
bis auf mehr als 400 Stück vermehrt und zum Teil in die benachbarten
Wälder verlaufen. Um sie zu erhalten, ist die Jagd auf die Widder vom
15. November bis 15. Mai, auf die weiblichen Schafe vom 1. Februar bis
15. September verboten.
Revue des Sciences naturelles appliquees , 5. April 1890,
191
Das Skelett eines Mammut wurde in der russischen Provinz
Tula entdeckt, und die Moskauer naturforschende Gesellschaft hat einige Leute
beauftragt, dasselbe auszugraben.
Nature, 13. März 1890.
Einen Beweis von der staunenswerten Kraft, die das große
Wiesel ( Mustela erminea) in den Kiefermuskeln besitzt, erhielt ich am
14. Januar d. J. — Zu einem gefangenen, schwachen und offenbar noch jungen
große Wiesel-Weibchen, das ich zwecks Beobachtung der Umhaarung am Leben
zu erhalten beschloß, setzte ich ein zweites, frisch gefangenes, altes starkes
(43 cm großes) Wiesel-Männchen, das alsbald wie unsinnig im Käfig umherzutoben
begann und hiermit auch den schon innesitzenden Bewohner in Aufregung
versetzte. Bei der unter lautem Geschrei sich entwickelnden Rauferei brachte
das schlangenartig schnell vorschießende Weibchen dem neuen Ankömmling
einen so energischen Biß bei, daß die nadelspitzen Fangzähne beide Stirnbein¬
knochen durchdrangen, die unter dem Drucke der Zusammenpressung beide
zermalmt wurden. C. C oester.
Schmetterlinge auf hoher See, in weiter Entfernung vom
Lande. In den Annalen der Hydrographie (Berlin 1886 pag. 71) lesen wir:
» . . . . Zugleich mit den Staubwolken werden nicht selten Schmetterlinge,
Fliegen und sonstige Insekten oder auch kleine Vögel, mitunter bis in sehr
weite Entfernungen vom Lande, den Schiffen zugeführt. Der Kapitän der
»Germania« berichtet: »Schmetterlinge und viele Hausschwalben beim Schiffe
unter 26,5° N.B. und 36, i° Wr.L.: nächstes Land 830 bezw. 1070 Seemeilen
entfernt!« — Der Kapitän der »Urania« sah viele Schmetterlinge und Fliegen
in den Äquator-Calmen bei 4,8° N.B. und 25,2° W.L. in etwa 700 Seemeilen
Abstand vom nächsten Lande. »Ohne den etwaigen Zusammenhang dieser
Erscheinungen des weiteren zu erörtern,« machen die »Annalen der Hydrographie«
auf eine größere Anzahl von Schiffsjournalen in dieser interessanten Beziehung
aufmerksam. Der betreffenden Arbeit liegt auch eine graphische Darstellung
der Staubfälle auf Tafel 2 bei. Im neuesten Heft, 12. Jahrgang, 1889, der
verdienstvoll redigierten Annalen lesen wir pag. 489 ff: »Sehr häufig ist die
Erscheinung der mit Staubfällen zugleich beobachteten Vögel und Insekten in
den Küstengewässern Süd-Brasiliens und der La Plata-Staaten. Sie tritt hier
in Begleitung der Pamperos auf, und zwar kommen die Vögel und Insekten,
welche oft in großen Schwärmen das Schiff bedecken, nicht erst mit dem aus
West bis Süd west hereinbrechenden Sturm, sondern schon mit der vorher¬
gehenden Windstille, wenn das vorher fallende Barometer seinen niedrigsten
Stand erreicht hat. Die Insekten- und Landvögelschwärme sind die Begleiter
vom Lande herkommender Luftdruck-Depressionen. Daß sie zur Zeit der Wind¬
stille erscheinen, mag sich vielleicht daraus erklären, daß nur diejenigen,
welche vom Winde — infolge dessen Inklination zum Minimum hin — in das
windstille Centrum der Depression geführt werden und hier die Möglichkeit
finden, sich auf dem Schiffe niederzulassen, am Leben erhalten bleiben, während
die — längere Zeit dem vollen Sturm ausgesetzten Tiere zu Grunde gehen.
Möglicherweise trägt auch noch der in der Umgebung des Minimums vor¬
handene aufsteigende Luftstrom dazu bei, daß die Flugtiere hier länger in der
Luft schwebend erhalten werden und nicht sobald im Wasser umkommen.«
192
Aus den interessanten zahlreichen Beispielen mit genauer Positions-Bestimmung
greife ich einen einzelnen Fall heraus, wo unter anderen ein prächtiger
Schmetterling mit 19 cm Flügelspannung aufgelesen wurde — von Kap Sankt
Thome, Brasilien 1260 Seemeilen (!) entfernt. (S. Annalen der Hydrographie
u. s. w., Berlin 1889. pag. 490.) Prof. Dr. Baumgartner.
Litte v atu r.
Die nordamerikanische Vogelwelt von H. Nehrling. Unter künst¬
lerischer Mitwirkung von Prof. R. Ridgway, Prof. A. Go e ring und
G. Mütze 1. Milwaukee, G. Brun der und Leipzig, F. A. Brockhaus.
12- Lieferungen a 4 Mk.
Unsere Leser kennen aus den früheren Jahrgängen dieser Zeitschrift die
reizenden Schilderungen aus dem nordamerikanischen Vogelleben aus der
Feder Neh rlings, der damit hinreichend seinen Beruf bekundete, ein genauer
und zuverlässiger Beobachter der Vogel weit und zugleich ein vorzüglicher,
warm von seinem Studium durchdrungener Darsteller zu sein. Er hat sein
Werk in deutscher Sprache geschrieben und damit auch uns in der alten Welt
Gelegenheit gegeben, uns über das Vorkommen, die Eigenschaften und Sitten
der in Nordamerika lebenden Vögel zu unterrichten und an der lebendigen
und sinnigen Schreibweise zu erfreuen. Der Wert des Werks wird wesentlich
erhöht durch die beigegebenen 86 Farbendrucktafeln, die (gr 4°) in ausge¬
zeichneter Darstellung die interessantesten der behandelten Tiere vorführen
und zwar häufig mit dem Neste. Wir können das vortreffliche Buch allen
Freunden der Vogelwelt auf das beste empfehlen. N.
Eingegangene Beiträge.
K. E. in E. — E. F. in B. : Besten Dank für die wiederholten Sendungen. — A. S. in G. :
Besten Glückwunsch zur glücklichen Rückkehr. — P. L. in M. — A. B. M in Dr.: Korrektur
wird gesandt. — C. G. in M.: Zu Ihrer Reise wünsche Ihnen den besten Erfolg. Berichte sind
willkommen. — H. L. in B.: Brieflich Näheres. — E. R. in D. — K. K. in S. (Schl.): Besten
Dank für das Fischchen, das gut angekommen ist. Näheres demnächst. —
Bücher und Zeitschriften.
Dr. C. Danielssen. Actinida. In: Den Norske Nordhavs-Expedition. 187(1—1878. XIX.
Zoologie Christiania. Gröndahl & Sons. 1890.
A. B. Meyer. Der Knoclien-Entfettungsapparat des Ivönigl. Zoologischen Museums zu
Dresden. Dresden. Stengel und M a r k e r t. 1890.
Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. 1889. No.: 3. Moscou 1890.
Omis, Internationale Zeitschrift für die gesamte Ornithologie. Herausgegeben von Prof.
Dr. R. Blasius und Prof. Dr. G. v. Hayek. VI. Jahrgang. Heft 1. 1890. Wien.
Carl Gerolds Sohn.
Dr. Victor Fatio. Faune des Vertßbres de la Suisse. Vol. V. Poissons. llme Partie.
4 Planches. Geneve et Bäle. H. Georg. 1890.
Herrn. Lach mann. Die Reptilien und Amphibien Deutschlands in Wort und Bild. Mit
G Tafeln. Berlin. Paul Hüttig. 1890.
Gustav Prütz. Die Arten der Haustaube. 4. Auflage. Leipzig. C. A. Koch. 1890
2 Mk. 25 Pf.
llud. Buchholz Verzeichnis der im Märkischen Provinzial-Museum zu Berlin befindlichen
Berlinischen Altertümer. Mit 248 Abbildungen. Berlin. Adolf Danziger. 1890.
Der Naturhistoriker. Illustrierte naturgeschichtliche Wochenschrift. Herausgegeben von
Dr. Friedr. Knauer. 9. Jahrgang. No. 12—14. Wien. 1890.
Prof. Dr. II. Baumgartner. Taschenbuch der Naturkunde. Ein Nachschlage-Biichlein.
3. Auflage. Wien. Alfred Höldör. 1890. 2 Mk. 50 Pf.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mulilau & Waldschmidt). Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 7. XXXI. Jahrgang. Juli 1890.
I n li a I l.
Zucht von Wildkatzen in der Gefangenschaft; von Goffart, Inspektor des zoologischen
Gartens in Düsseldorf. — Die Borkenratte der Philippinen, Phloemys Qwmingi Waterh., lebend
im Dresdner zoologischen Garten; von A. B. Meyer; — Sprachwissenschaft und Natur¬
wissenschaft; von Dr. med. Wilhelm Stricker. — Bericht des Verwaltungsrats der
Neuen Zoolog. Gesellschaft zu Frankfurt a. M. vom 26. Juni 1890. — Frühjahrsbericht aus
Moskau; von C. Greve. — Zoo-Biologisches aus Paris; von Ernst Friedei in Berlin. —
Das Aquarium der Flora zu Köln; von Ernst Friedei. — Der Zeisig; von Eduard
Rüdiger. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur.
Zucht von Wildkatzen in der Gefangenschaft.
Von Goffart, Inspektor des zoologischen Gartens in Düsseldorf.
Br eh m sagt: Man kann eher zehn Leoparden oder Löwen er¬
werben als eine Wildkatze. Wenn auch die Wildkatze keineswegs
so selten vorkommt, so begegnet man ihr in zoologischen Gärten
doch nicht allzuhäufig. Hieran ist offenbar die Schwierigkeit der
Pflege Schuld. Alljährig werden junge Wildkatzen zum Kaufe an-
geboten, doch selten gelingt es, dieselben groß zu ziehen. Nach
2 — 3 Monaten, manchmal auch erst im Winter, gehen diese Tiere
ein. — Woher kommt dies? Die jung eingefangenen Tiere ver¬
missen die verlorene Freiheit durchaus nicht, und das Futter ist fast
dasselbe wie im Freien: Mäuse, Spatzen u. s. w. Ich glaube, die
Todesursache in Erkältung oder in der Staune suchen zu müssen.
Wie für so manche Tiere hat man in zoologischen Gärten auch
für Wildkatzen selten einen passenden und naturgemäß eingerich¬
teten Raum ; man begnügt sich, das Tier in ein festes Gelaß zu
sperren, höchstens geeignet für einen Fuchs oder Raben. Da die
WTldkatze hei uns heimisch ist, wird man versucht, derselben eine
Widerstandsfähigkeit gegen Erkältung zuzutrauen wie einem Wolfe,
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 13
i
194
und doch sucht die Wildkatze ihre Schlafstätte in einem hohlen
Baume oder in einer Felsspalte. Die Federn von erbeutetem Ge¬
flügel dürften wohl eine wärmende Unterlage bilden.
Unser Wildkatzengehege ist eine architektonisch hübsch verzierte
Ziegelstein wand mit vorspringenden Seiteu; vor derselben ist aus Draht¬
gewebe ein geräumiges Gehege geschaffen worden. Der ganze Käfig
ist 4 Meter hoch, so daß ein astreicher Baum Platz darin findet.
Um den Katzen einen gegen Wind und Zugluft durchaus ge¬
schützten Raum zu schaffen, wurde in einem etwa 1 m hohen,
60 cm breiten und ebenso tiefen Kasten am oberen Teile der Vorder¬
wand ein kreisrundes Loch gesägt, so daß die Tiere gleichsam in
einem tiefausgehöhlten Baumstämme ihre Lagerstätte fanden. Eine
am Boden befindliche Klappe ermöglicht eine Reinigung und Er¬
neuerung des aus Heu, Kameel- und Bisamhaaren u. s. w. be¬
stehenden Lagers. Der Kasten wurde von außen mit Baumrinde
bekleidet, der Boden des Käfigs dick mit Sand bedeckt.
Im Frühjahr 1889 erhielten wir zwei Wildkatzen, welche im
Kottenforst bei Bonn gefangen waren. Da dieselben bereits ziem¬
lich kräftig wareu, wurden sie sofort in den beschriebenen Käfig
gebracht. Die Kleinen bezogen bei nasser oder kalter Witterung
den Kasten, bei Sonnenschein dagegen benutzten sie mit Vorliebe
Vorsprünge an der Ziegelsteinwand und genossen so in doppeltem
Maße die Wohlthat der Sonnenstrahlen, später wählten sie meist
den Baumstamm als Ruhepunkt. Ihre Nahrung bestand aus Spatzen,
Mäusen oder in Ermangelung dieser aus Pferdefleisch nebst Milch.
Unsere Wildkatzen hielten sich ausgezeichnet und erzeugten in
diesem Frühjahre 3 Juuge, welche Ende Mai zum erstenmale aus
ihrem Kasten kletterten und bei kaltem Wetter von der Mutter
teils bedeckt teils ins Innere des Kastens getragen wurden. Der
Herr Papa ist stets bei der Familie geblieben und hat sich bis jetzt
anständig benommen d. h. er hat seine Sprößlinge noch nicht auf¬
gefressen; er thront meist auf der höchsten Spitze des Baumes.
Allzu neugieriges Betrachten der Jungen seitens der Besucher be¬
antwortet die Mutter mit grimmigem Fauchen und Spucken, wobei
mau die Beobachtung machen kann, daß der Atem der Wildkatze
stark nach Moschus riecht.
Da bei der Schwierigkeit der Haltung der Wildkatze obige
Schilderung wohl Zweifel an der Echtheit unserer Wildkatzen er¬
regen möchte, so will ich noch bemerken, daß dieselben nicht nur
alle Kennzeichen der wilden Katze an sich tragen, sondern auch
195
von hiesigen bedeutenden Tiermalern und tüchtigen Jägern als
zweifellos echte angesprochen worden sind.
Herr Prof. Dr. H. Landois in Münster i. W. schreibt mir
unterm 17. Juni 1890 auf eine bezügliche Anfrage folgendes mit
der Ermächtigung der Veröffentlichung:*)
»Seit drei Jahren haben wir in unserem westfälischen zoologi¬
schen Garten ein Wildkatzenpaar. Das Mänuchen stammt aus den
Vogesen und wurde als Nestjunges von Prof. Dr. B. Altum gro߬
gezogen und uns zum Geschenk übermittelt, das Weibchen erhielten
wir von Freiherrn Clemens von Fürstenberg, der es in seinen
Waldungen bei Eresburg, unweit Stadtberge im südlichen West¬
falen, eingefangen hatte. Das wild eingefangene Tier zeigte sich
von Anfang an außerordentlich unbändig. Tag und Nacht hing es
oben auf dem Kletterbaum seines Käfigs und kam nur kurze Zeit,
um Futter zu schnappen, auf den Boden des Gelasses. In diesem
Frühjahr änderte es plötzlich seine Gewohnheit, indem es einen auf
dem Boden befindlichen Schlafkasten aufzusuchen pflegte. Wir
hielten es für trächtig und entfernten den Kater aus dem Käfige.
Anfangs Mai warf es ein einziges Junges, welches gut gedieh,
aber erst vier Wochen nachher zum Vorschein kam. Der Kater
ertrug die Einzelhaft nicht gut, indem er stark abmagerte. Ich
ließ ihn deshalb kürzlich wieder zu seiner Gattin setzen; er ver¬
trug sich mit Mutter und Kind recht gut ; auch haben wir schon
wieder Paaruugsversuche gesehen und hoffentlich wird das Pärchen
uns bald wieder mit Nachkommenschaft erfreuen.«
Die Borkenratte der Philippinen, J Phloeomys Cumingi
Waterli., lebend im Dresdner Zoologischen Garten.
Von A. B. Meyer.
Dieses auch in Museen noch sehr seltene Tier wurde vor kurzem
zum erstenmale lebend nach Europa gebracht, und zwar war es der
durch seine Forschungen auf den Philippinen rühmlichst bekannte
Dr. Alexander Schaden berg, welcher sich der großen Mühe
unterzog, vier Exemplare, zwei Männchen und zwei Weibchen, auf seiner
Heimreise vom Norden der Insel Luzon mitzunehmen, und welchem es
auch gelang, sie via Hongkong und Genua gesund bis Dresden zu
bringen, wo sie im Zoologischen Garten deponiert wurden.
*) Meinem verehrten Lehrer sage ich hier nochmals für seine freundlichen
Mitteilungen meinen herzlichsten Dank. G.
196
Die Borkenratten erhielten ihren Namen von ihrem ersten Be¬
schreiber, Waterho ns e (Proc. Zool. Soc. 1839, 107), weil sie sich
hauptsächlich von Rinden nähren sollen. Da sie aber in der Ge¬
fangenschaft Früchte, Gras, Salat, Wurzeln, Mais, Reis u. dergh,
selbst Fische gern fressen, so dürften sie auch im Freileben Ähn¬
liches zu sich nehmen, wenn auch die Leidenschaft, mit welcher sie
in der Gefaugeuschaft Holz benagen, darauf weist, daß sie Rinde
lieben. Sie fressen wie die Eichhörnchen, Ziesel und einige andere
Nager, indem sie sich meist aufsetzen und die Nahrung in den Vorder¬
pfoten halten; nach Giebel (Säugetiere 1885 p. 579) vertreten sie
zusammen mit den Küllenmäuseu von Australien ( Hapalotis ) den
Eichhorntypus in der Familie der Murinen, aber es sind nächtliche
Tiere und ihre Lebensgewohuheiten sollen erst jetzt im Dresdner
Garten näher beobachtet werden. Äußerlich ähneln sie Capromys
von Cuba. Die Gattung Phloeomys ist als eine Untergattung von
Mus anzusehen und wird mit Spalacomys und Platacanthomys in eine
Gruppe vereinigt. Dr. Schaden b erg hat eines der mitgebrachten
Exemplare, ein Männchen, bereits fast 3 Jahre in der Gefangenschaft
gehalten, die anderen 3 noch nicht so lange; er sagt, sie seien stark
und bissig und man müsse vorsichtig mit ihnen umgehen, was in
Dresden auch schon zu erfahren Gelegenheit gewesen ist. Da sie aber
tagsüber in einer Ecke ihres Käfigs zusammenkauern und erst mit
Dunkelwerden lebendig werden, so kann der Besucher kaum mit ihnen
in Berührung kommen. Sie geben, gereizt, ein quäkendes Grunzen
von sich uud schnurren ähnlich wie Murmeltiere. Eines der Männchen
mißt von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzende 78 cm, wovon
39 cm auf den Schwanz kommen; eines der Weibchen 56 cm, davon
28 auf den Schwanz (nach von Dr. Schadenberg genommenen
Maßen). Das Haar ist dicht, laug und glänzend, von grauweißer
und bräunlicher Farbe mit einem dreieckig geformten länglichen,
scharf gezeichneten, braunschwarzen Sattel auf dem Rücken, brauner
oder schwarzer Zeichnung im Gesicht, braunem und schwarzem Schwänze
uud dunklen Ohren. Die Behaarung ist dachsartig zu nennen und
das dreifarbige : braun, schwarz und braungescheckte Aussehen er¬
innert an Meerschweinchen. Im Einzelnen ist die Färbung die folgende,
soweit es sich an den lebenden Tieren, die in steter Bewegung sind
oder alle zusammengekauert sitzen, bis jetzt ausmachen ließ.
1) Männchen. Schnauze, Augenumgebung, Kinn und ein
die Wangen unten umsäumender Streif zusammenhängend dunkel
braunschwarz. Ohren schwarz, iunen unbehaart; Haare hinter den
197
Ohren braun. Hinterkopf, Nacken, Halsseiten und oberer Teil der
Oberarme, Schultern und Oberrücken zusammenhängend braunschwarz,
einen scharfgezeichneten, nach hinten spitz auslaufenden Sattelfleck
bildend, der vom Hinterkopfe bis zur Spitze ca. 20 cm lang ist.
Die nicht genannten Teile des Kopfes grauweiß, einen rhomben¬
förmigen Fleck bildend. Der übrige Körper und die Extremitäten
grauweiß, über den Hüften eine bräunliche, nach vorn scharf abge¬
zeichnete Mondbinde. Basaldrittel des Schwanzes weißgrau, sonst
schwarz. Grannenhaare hell oder dunkel, je nach der Stelle, wie
beschrieben, und glänzend; Wollhaare dunkel, mehr oder weniger
durch jene hervortretend. Umgebung der Nasenlöcher, Füße und
Krallen fleischfarben. Vorderzehen schwach hell behaart, Hinterzehen
stärker grau behaart. Augen dunkelbraun, kugelig hervortretend.
Bartborsten schwarz, bis ca. 9 cm lang. Schneidezähne bräunlich-gelb.
2) Männchen. Ebenso, aber Hals, Oberarm vorn, Wangen und
Kopfseiten rötlichbraun , auch der Sattelfleck braun überlaufen, ganzer
Unterrücken und Basaldrittel des Schwanzes oben auch bräunlich.
3) Weibchen. (Das größte Exemplar von allen 4.) W7ie
No. 1 , aber Halsseiten und Hinterhals braun mit weißen Spitzen.
Sattelfleck kürzer. Oberseite sonst einfarbig grauweiß außen, Woll¬
haare dunkel durchscheinend. Hinterläufe und Schwanzbasis oben
bräunlich. Ein Paar Zitzen.
4) Weibchen. Wie No. 1, aber Hinterkopf und Nacken
braun, Sattelfleck auch braun überlaufen, am Hinterrücken die Woll¬
haare lebhaft braun durchscheinend. Schwanz schwarz. 2 Zitzen.
Trotz der Abweichungen unter sich in Einzelheiten, sind die
4 Exemplare doch im Großen und Ganzen und Wesentlichen unter¬
einander gleich und ist als charakteristisch für sie zu neunen: der
rhombenförmige weiße Fleck des Kopfes, der dunkle Sattelfleck des
oberen Rückens und das Dreifarbige (Weiß, Braun, Schwarz) in mehr
oder minder abweichender Verteilung.
Wie die in den Museen vorhandenen Exemplare beweisen, variiert
die Zeichnung bei anderen aber noch viel mehr. Man kennt sie fast
ganz hell (Albinos), nur mit brauner Schnauze, braunem Schwanz
und ebensolchen Ohren, oder oben braun und unten heller, auch ganz
braun mit Schwarz, endlich noch unregelmäßiger gescheckt, wie die
oben beschriebenen 4 Exemplare und mit weuiger scharf gezeichnetem
dunklen Sattel. Nächtlich lebende Cuscus- und jLewmr-Arten z. B.
ändern auch bekanntlich sehr in der Färbung ab, und so liegt in dieser
verschiedenen Farbenzeichnung der Borkenratten von Luzon auch
198
\
Nichts weiter als ein Variieren derselben Art vor; Männchen und
Weibchen scheinen in der Färbung sich nicht zu unterscheiden. Das
eine Weibchen (No. 3) machte zuerst den Eindruck, als sei es trächtig;
dieser Eindruck verschwand jedoch wieder. Herr Direktor Schoepf
meint, es sei sehr wohl möglich, daß das Tier in einer Nacht geworfen
habe, daß aber die anderen 3 den ganzen Wurf verzehrt hätten, es
käme dieses bei Nagern manchmal vor. Falls nun Begattung be¬
obachtet werden sollte, wird das betr. Weibchen baldigst isoliert werden.
Außer den genannten Autoren (Waterhouse und Giebel) findet
man kurze Beschreibungen bei Gervais (Mammiferes 1854 p. 399
mit ungenügender Abb.), Schreber-Wagner (Säugetiere 1843
Suppl. III, 455) und Eydoux und Soleyet (Voyage de la Bouite.
1841. Zool. I 43 — 50. PI. 7 Fig. 3 — 8, PI. 8); in letzterem Werk
ist von Gervais am Ausführlichsten über den seltenen Nager ge¬
handelt worden. Der durch seine romantischen Schilderungen der
Philippinen bekannte Franzose de ia Gironniere, der als Pflanzer
lange in der Nähe von Mauila lebte, hatte den Zoologen der »Bouite«
zwei Exemplare gegeben, eines in Spiritus und eines im Felle (das
eine hatte er im Leben gezähmt), und wenn auch die von dem ge¬
schickten englischen Sammler Cuming nach London gesandten
Exemplare früher beschrieben wurden, so ist doch der genannte
Franzose als der eigentliche Entdecker der Art auzusehen. Gervais
behandelte sowohl die Osteologie als auch die Systematik eingehend
und gab vortreffliche Abbildungen des ganzen Tieres, sowie der
Pfoten und des Schädels (die Originale sind im Pariser Museum),
während London vier Exemplare und 1 Skelet besitzt und Cuming
auch je ein Exemplar nach Leiden (ganz dunkel rotbraun) und Wien gab.
Das Pariser Museum erhielt später durch Verreaux und Marche
noch einige Exemplare, von denen Prof. A. Milne-Ed war ds die Güte
hatte, mir kolorierte Abbildungen zu senden, und ein Skelett eines
Exemplares von der Insel Marinduque soll durch Prof. S teere in
den Besitz des Dresdner Museums gelangen. Ander weite Exemplare
sind mir nicht bekannt. Auch in ihrer Heimat sind sie nach den
Aussagen von Dr. Schadenberg uud de la Gironniere selten,
wie ferner der Umstand beweist, daß von den vielen wissenschaftlichen
Reisenden auf den Philippinen nur die Genannten wenige Exemplare
erhielten. Auch Jordana (Bosquejo geogr. e hist. nat. del Arch.
fil. 1885, 167) nennt sie selten. Von den Igorroten, uuter denen
Dr. Schadenberg fünf Jahre lang lebte, werden sie Alimaöng
oder auch Jäüla genannt und man findet sie in Erdhöhlen am
199
Tirac-Gebirge, Distrikt Tiagan und am Monte Malaya in Lepanto,
Nord Luzon. De la Gironuiere (Aveutures d’un gentilhomme
breton 1855, 386) sammelte sie in der Provinz Nueva Ecija und nennt
sie »parret«, während Ger v ais (1. c.) »parout« schreibt. Alle bis jetzt
bekannten Exemplare stammen, mit Ausnahme des Skelettes von
Marinduque, von Luzon; unsere Kenntnis der Säugetiere der anderen
philippinischen Inseln ist jedoch noch eine sehr mangelhafte. —
Diese Angaben haben hauptsächlich den Zweck, darauf aufmerksam
zu machen, daß die philippinische Borkenratte jetzt lebend in Dresden
ist, und hoffe ich später eingehender auf ihre Lebensweise und
sonstiges Mitteilenswerte zurückkommen zu können.
Dresden, 18. Juni 1890.
N achschrift.
Prof. N eh ring trennte ganz neuerdings (Sitzungsber. Ges. natf.
Fr. Berlin 1890 No. 6, 105. Stzg. v. 17. Juni) die hellgefärbte, von
Gervais (1. c.) abgebildete und beschriebene, albinotische*) Borken¬
ratte als Phloeomys pallidus , resp. als Phi. Cumingi var. pallida
ab, weil dieselbe im Schädelbau und im Haarkleide (wie das von
Schreber, dem kein Schädel vorlag, 1. c. beschriebene in letzterem**)
von der von Waterho use (1. c.) beschriebenen, mit der ein kürz¬
lich nach Berlin gelangtes Exemplar übereinstimmt, abweicht; allein
eine solche Abtrennung ist nicht durchführbar, da, wie wir sahen,
die philippinische Borkenratte in ihrer Färbung außerordentlich
variiert und unmöglich für jede solche Variation ein neuer Name
in die Wissenschaft eingeführt werden kann, in vorliegendem
Falle aber um so weniger als das Berliner Exemplar und das betr.
Pariser aus nicht weit voneinander entfernten Gegenden Luzons
stammen. ***) So wenig diese Färbungsdifferenzen also durch¬
greifende, d. h. an die Lokalität gebundene, sind, so wenig dürften
die namhaft gemachten Schädeldifferenzen konstante, sondern viel¬
mehr entweder individuelle, wie die Färbungsdifferenzen, oder ge¬
schlechtliche sein. Das Geschlecht des betr. Pariser Exemplars ist
ebensowenig angegeben wie dasjenige des Berliner, vielleicht weil am
*) Wie auch die Farbe der Iris beweist: »bleu clair« siehe Voy. de la
Bonite 1. c. p. 50.
**) Dieses Wiener Exemplar ist jedoch gar nicht hell gefärbt, wie das
betr. Pariser; es gleicht vielmehr dem von Waterhouse beschriebenen.
***) Die einheimischen Namen »bohot« und »parout« resp. »parret« sind
auch als identisch anzusehen.
200
Balge nicht erkenntlich. Eher würde man noch daran denken
können, die vier lebenden Dresdner Exemplare, mehr aus dem Norden
Luzons, einer konstanten Varietät oder einer andern Art zuteilen zu
dürfen, da ihr Fundort von demjenigen der anderen (soweit derselbe
überhaupt speziell bekannt ist) etwas entfernter liegt und da sie
unter sich in der Färbung und Zeichnung im Wesentlichen überein¬
stimmen, besonders bezüglich des hellen rhombenförmigen Fleckes
am Kopfe und des dunklen Sattels, allein, wie mir Oldfield Thomas
mitzuteilen die Freundlichkeit hatte, ist eine der Co -Typen von
Cuming (»Manila«) so gezeichnet wie die Dresdner Exemplare (die
3 anderen fast einfarbig dunkelbraun) und auch im Pariser Museum
befindet sich ein fast ebenso gezeichnetes von Jala Jala, nicht weit
von Manila und dem Mahaihai; es kommen also überall, wie es
scheint, verschiedenartige Färbungen und Zeichnungen vor, die Art
neigt sehr zum Albinismus, und es kann eine Art- oder Varietäten-
Abtrennung oder auch nur Benennung demnach nicht durch solche
Färbuugsdifferenzen gestützt werden.
13. Juli 1890.
Sprachwissenschaft und Naturwissenschaft.
Von Dr. med. Wilhelm Stricker.
XXI. Kröte*)
(Fortsetzung vom Jahrgang 30, S. 267.
I. Schon bei Frosch (N. XX, a. a. 0.) ist angeführt, daß er
häufig mit Kröte verwechselt wird. Das althochdeutsche chrota u.
chreta wird mit rubeta, bufo, rana übersetzt ; mittelhochdeutsch
krate, noch jetzt rheinisch krat , niederrheinisch er ade. Die gewöhn¬
liche mittelhochdeutsche Form ist krote , noch jetzt hochdeutsch in
Schildkrot, in mittel- und süddeutschen Dialekten : wetterauisch,
nassauisch, elsässisch, schweizerisch, schwäbisch, bairisch, österreichisch.
Krott , kärntnisch kroute , in den sieben Gemeinden krota , daher auch
in der angrenzenden vicentinischen und friaulischen Mundart crote ,
crott , welches auch Frosch bedeutet ; rheinisch krutt (Krutweiler), an
der Mosel deminutiv krutcli , fränkisch krüt. Bloß kröte setzen zu¬
erst die obersächsischen Wörterbücher an, was auch die ostmittel-
*) Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Fünfter
Band, bearbeitet von Dr. Rudolf Hildebrand. Leipzig, Hirzel, 1873. Spalte
2414—24.
201
deutsche Form ist; von da wird Jeröte die herrschende hochdeutsche
Form (Luther, Haus Sachs etc.) Niederdeutsch und nieder¬
ländisch ist neben Kröte auch die Form utze , iitze, pedde , pctdde,
padde. Schwedisch groda = Frosch (s. 30, 267). Als Maskulinum
findet sich elsässisch der Jerotten, siebenbürgisch der Jerade, Jeradele,
Jerader , französisch crapaud , englisch toad, ital. botta. Der Ursprung
des Wortes ist dunkel.
II. In manchem Aberglauben verbirgt sich eine uralte religiöse
Bedeutung der Kröten:
a. Sie erscheinen als Teufel: Luther 5,62b, 6,316b, dahei
Jerodenteufel, bei Luther und im Froschmeusler ; auch der Sachsen¬
götze krodo wurde mit einem Krötenkopf abgebildet.
b. Sie haben eine nahe Beziehung zu den Hexen. Neidhart
103,4 : darauf hab’ ich den Besenstiel wieder recht gestellt, daß die
Krot hat wieder reuten können. Schwabe Tintenfäßl B 7b. Kröten-
fu ß ( spina celtica) ist ein Mittel gegen die Hexen. Die Kröten
spielen bei den Hexenprozessen und allem Zauber eine große Rolle.
Bei den nächtlichen Festen muß eine junge unerfahrene Hexe mit
einem weißen Stabe Kröten hüten.
Sie zeigen Schätze an und sind selbst Schatzhüter. Kröten,
die an Walpurgis zum Vorschein kommen, sind selbst Hexen. In
Märchen erscheinen verwunschene Fräulein als Kröten. In Sagen
und im Volksglauben katholischer Lande, z. B. Tirols, gelten gewisse
Kröten als arme Seelen, die Erlösung suchen.
• •
(Uber all dieses ist zu vergleichen : J. Grimm, Deutsche Mytho¬
logie 1025. Zingerle in J. W. Wolfs Zeitschrift für Mythologie I.
Rochholz, Schweizersagen 1,341.)
c. Ihr Saft gilt für giftig. Albertinus (um die Scheide des
16. und 17. Jahrhunderts) schreibt: Obwohl die Kroth vergift (d. h.
giftig) ist, jedoch, wann sie zu Aschen verbrent ist worden, ver¬
lieret sie die Kraft des Gifts und wird arzneiisch. Paullini (Dreck. -
Apotheke. Frankf. 1734. S. 317. 328) führt Fälle au von Heilung
von Personen, welche von Kröten verunreinigt und dadurch vergiftet
waren. Auch Macbeth IV, 2. Lear V, 3. Daher homöopathisch
und nach der Signatura naturae der Krötenstein, ein im Kopfe
der Kröte oder auf ihr wachsender kostbarer Stein (Grimm, Mytho¬
logie 1169), den man nur erhält, wenn man die Kröte in einem
Ameisenhaufen zerfressen läßt. Er heilt die Wunden, welche man
damit bestreicht, und kommt Gift in seine Nähe, so schwitzt er.
202
(Wuttke, Volks- Aberglaube § 155. Stricker, kl. Gedichte 11,117.)
Er heilt auch die Geschwulst des Viehes, welche selbst Kröte heißt
und von giftigen Tieren, besonders Kröten, herkommt. (Unter Frosch
[30,269] haben wir dieselbe Geschwulst als Froschgeschwulst gefunden.)
Der Name Krötenstein wird dann auf andere seltsame Steine,
zumal Versteinerungen : Belemniten, Echiniten etc. übertragen.
d. Die Giftigkeit der Kröte wird bildlich auf Menschen über¬
tragen : Als wenn alles Gift nur aus einer und derselben Kröte
spritzte (Schiller, Fiesco I. 10) zur Bezeichnung von Bosheit, Durch¬
triebenheit, und immer abgeschwächt bis zu einer Art von Bewun¬
derung für jemand , der Ungewöhnliches leistet wie Wetterkröte,
Donuerkröte, Blitzkröte, schweizerisch chröttli.
e. Von der Gestalt der Kröte hergenommen wird diese Be¬
nennung besonders auf kleine Menschen und Kinder übertragen. So
bairisch Krott nicht nur als zärtliche Benennung eines Mädchens von
kleinem Wuchs, sondern auch von jedem unter seinesgleichen be¬
sonders klein gebliebenen Geschöpfe, Menschen oder Tiere, dazu ver-
krottet gleich verhüttet, im Wachstum zurückgeblieben, luxem¬
burgisch : krotteger Kierl = Knirps, französisch crapoussin von crap au d,
uordenglisch crut , schottisch croot , cradclen , schwedisch kratta.
III. Die Zusammensetzungen mit Kröte beziehen sich teils
1. auf die zauberischen Eigenschaften, teils 2. auf Wasser¬
pflanzen, teils auf 3. Ähnlichkeiten, wobei oft die Ver¬
wechslung mit Frosch vorkommt. Am auffallendsten ist diese Ver¬
wechslung bei Heinrich von Mügeln (Bartsch, Liederdichter des
12. bis 14. Jahrhunderts, S. 282): ez säzen frösche zinses fri und
vorchte ler, di bäten lange umb einen konig ern Jupiter . . der
k roten schare rif und schrei daz ander mal.
1. a. Kröten fuß — drudenfuß, als Schutzzeichen wider das
Schrättele in Schwaben au die Stallthür gemalt, auch soviel als
Drudenkraut, Bärlapp, lycopodium clavatum ; diese Moosart dieute zu
mancherlei Zauberwerk; ihr Samenstaub heißt: Hexen pulver,
Hexen meh 1, Drud enmehl.
• •
b. Uber den schon oben besprochenen Krötenstein finde ich
in Cynosura materiae medicae ed. Joh. Boeder, Editio II., Ar-
• •
gentorati 1747,4°., S. 867 folgendes, was ich in deutscher Über¬
setzung mitteile: Bufonites ist ein nicht durchsichtiger Stein, welcher
selten größer ist als ein Fingernagel, meistens von runder, zuweilen
aber von länglicher Form, grau ins Rötliche spielend, auf der einen
Seite konvex, auf der andern konkav, und auf der konvexen Seite
203
glatt und mit schwarzen Flecken bezeichnet. Synonyme: Bufonia
gemrna, Bufonius lapis, Myoxus, Batrachites, Crapaudina, Borrax,
Chelonites, Kröttenstein, Crapaudine. Ursprung: Über den Ursprung
dieses Steines sind die Gelehrten nicht einig ; manche glauben mit
dem Volk, die Steine entstehen im Kopf der Kröte und werden von
ihr ausgebrochen, wenn die Kröte auf ein rotes Tuch gesetzt und
gepeitscht wird. Wirkung: Nach der Signatura naturae ist der
Krötenstein ein Heilmittel gegen Steinkraukheit und als von einem
giftigen Tiere stammend, heilt er den Biß giftiger Tiere.
c. Kröten blut (Opitz 2,280) und
d. Krötenzunge (Goethe Faust, II. Teil, 1. Act), gehören
zu den Zaubermitteln, das letztere mit Froschlaich gegen Sommer¬
sprossen,
2. Eine Anzahl Pflanzen, besonders Wasserpflanzen, wird in Be¬
ziehung zur Kröte gebracht. Kröten-äugel = Vergißmeinnicht;
K.-balsam, -minze = mentha aqnatica ; K.-binse, -gras = juncus
bufonius, triglocbin, euphorbia cyparissias, holostium, gramen bufonum;
K.-biß, Froschbiß — lemna palustris; K.-blatt = rumex crispus
und aquaticus; K.-blume, -kraut == leontodon taraxacum, chrysosple-
nium alternifolium, stachys silvatica, senecio vulgaris und jacobaea,
chenopodium botrys, ranunculus ficaria; K.-dill— anthemis cotula;
K.-distel = Thalictrum minus; K.- flachs = antirrhinum linaria;
K.-fuß = panicum sanguinale, spica celtica auch dasselbe wie K.-
gras und K.-binse. K. - n e ss el = stachys silvatica; K. -laich =
lemna palustris; K. -melde — datura Stramonium; K. -peterlein
aethusa cynapium ; K. - p i 1 z , -schwamm, -stuhl = Name ver¬
schiedener Giftpilze; K.-wurz = spica.
3. a. Kröten köpfe, bufocephali , eine Art versteinerter Mu¬
scheln; b. Krötenschnecke, eine Stachelschnecke, murex rana ;
c. Krötenstein, bufonites, für Belemniten, Echiniten, Ammo¬
niten etc.
Bericht des Verwaltungsrats der Neuen Zoolog. Gesellschaft
zu Frankfurt a. M. vom 26. Juni 1890.
Wir können vom Jahr 1889, über dessen Ergebnis wir Ihnen
heute zu berichten haben, wohl sagen, daß es ein für unseren Garten
günstiges war. Das Gefühl der Sicherheit, welches bezüglich des
Fortbestandes des Instituts sich mehr und mehr im Publikum Bahn
204
brach, machte sich in erfreulicher Weise geltend, während anderer¬
seits wir imstande waren, auf der Grundlage zwar knapper, aber doch
gefestigter Verhältnisse nach mancher Seite hin, im Sinne der Er¬
haltung und Verschönerung, mit etwas größeren Schritten voran¬
zuschreiten, als dies früher möglich war.
Die Betriebs rechnung des vergangenen Jahres schließt
in den Ausgaben ziemlich genau mit der veranschlagten Summe ab,
während wir mit den Einnahmen um etwas mehr als M. 2000 über
den Voranschlag kamen; die Gesamteinnahmen betrugen M. 195,829.11,
• •
die Gesamtausgaben M. 184,473.34, so daß ein Betriebs-Uberschuß
von M. 11,355.77 erzielt wurde, welchen wir vertragsmäßig an die
Stadtkasse abzuliefern haben.
Die von der Stadt für Rechnung der Gesellschaft, zur Deckung
der planmäßigen Prioritäten-Armortisation und der Prioritäten-Zinsen,
geleisteten Zahlungen sind auf dem Gewinn- und Verlust-
••
Konto verbucht; ihnen gegenüber steht der Betriebs-Uberschuß
des Gartens, und der Saldo wurde einerseits der Schuld an die Stadt
zugeschrieben, während er andererseits am Aktienkapital abge-
schriebeu werden mußte.
Den Betrag, um welchen durch Armortisation das Prioritäteu-
Konto vermindert wurde, haben wir in üblicher Weise zu Abschrei¬
bungen an den Aktiv-Posten der Bilanz verwendet.
Unter den Betriebs-Einnahmen nimmt der Erlös für
Tageskarten die erste Stelle ein und übersteigt sowohl die Ziffer
des Jahres 1888 als auch die für 1889 veranschlagte Summe be¬
trächtlich. Im Jahr 1889 hatte der Garten 181,700 zahlende Be¬
sucher, während es im Jahr zuvor nicht ganz 170,000 waren. Dieses
Mehr von rund 12,000 Personen kommt zu fast gleichen Hälften
auf Tageskarten für Erwachsene 'zu 1 Mark und solche zu dem auf
50 Pfg. ermäßigten Preis, während der Besuch von Kindern dem
des Vorjahrs gleich blieb und die 20 Pfg. -Vormittage ebenso wie
1888 von rund 43,000 Personen benutzt worden sind.
Die Abonnements zeigen eine geringe Verminderung, ebenso
der N utzen am Wein- und Bierkonsum und der Ertrag der
Saalvermietungen, während wir bei den verschiedenen
Einnahmen eine kleine Zunahme zu verzeichnen haben.
Ein wenig günstiges Resultat brachte im vergangenen Jahr der
Betrieb unseres Aquariums. Es zeigten sich dort Mißstände, die
durch entstandene Undichtigkeiten des Oberbaues hervorgerufen
wurden und trotz aller mit entsprechenden Kosten verbundenen An-
205
strengungen eiue regelmäßig gute Besetzung mit verschiedenartigen
und schönen Wassertieren unmöglich machten. Die in den vorher-
gegangeneu Jahren vorgeuommene Verkleinerung der Schaubecken
hatte sich zwar bewährt, aber die dafür getroffenen Einrichtungen
erwiesen sich doch als nicht in dem Grad zuverlässig, wie es für
die ständige Erhaltung guten frischen See wassers und somit für das
Fortkommen der Tiere erforderlich war. Dazu kam das immer
schlimmer werdende Eindringen von Süßwasser durch den undicht
gewordenen Oberbau, so daß allein die Beschaffung des notwendigen
Seewassers einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand verursachte
Die Gesamtkosten beliefen sich auf M. 8500 anstatt veran¬
schlagter M. 7100, während die Einnahmen — sicher infolge mangel¬
hafter Besetzung — nur knapp M. 7000 (veranschlagt mit M. 8100)
betrugen.
Wir mußten deshalb im laufenden Jahr zunächst an die Ab¬
stellung des Hauptübels, der Undichtigkeiten gehen uud sind, nach
deren Durchführung, jetzt dabei, der inneren Einrichtung eine
bleibende, dem Auge gefällige und einen leichten, mit wenig Kosten
verbundenen Betrieb sichernde Gestalt zu geben.
Von den allgemeinen Betriebsausgaben hielten sich die für Ge¬
halte, Musik, Beleuchtung, Gartenunterhaltung, Bau¬
unterhaltung, Druckkosten, Insertionen, Livree, Ver¬
sicherung und allgemeine Unkosten mit geringen Schwan¬
kungen in den Grenzen des Voranschlags. Die Heizungskosten
waren um rund M. 2000 geringer, teils infolge warmer Witterung,
teils weil größere Reparaturen an den Öfen nicht notwendig waren, auch
dieKostender W asserversorgun g blieben beträchtlich hinter der au¬
gesetzten Summe zurück, weil eine beabsichtigte größere Erneuerungs¬
arbeit nicht zur Ausführung kam sondern auf das jetzt laufende
Betriebsjahr verschoben wurde.
Die Fütterung der Tiere, welche wir wegen der schon bei
Aufstellung des Jahresbudgets im Steigen begriffenen Preise vorsorg¬
lich höher als für 1888 veranschlagt hatten, erforderte indessen einen
noch um fast M. 2000 größeren Aufwand, was allerdings zum Teil
auch durch den wachsenden Tierbestand verursacht wurde.
Für die Anschaffung von Tieren ist mit Genehmigung der
städtischen Behörden vorläufig festgesetzt, dass die Ausgabe nur um
M. 5000 höher sein soll als der Erlös für verkaufte Tiere zuzüg¬
lich etwaiger Barzuwendungen. Die im vergangenen Jahr auf diese
206
Weise erzielte Einnahme von M. 15,700 gestattete uns deshalb An¬
käufe im Betrag von M. 20,700.
Bei der Ergänzung des Tier bestandes hatten wir das Bestreben,
einerseits die Anzahl der vertretenen Arten ohne zu große Erhöhung
der Fütterungskosteu, also ohne unnötige Erhöhung der Stückzahl
zu vermehren, andererseits eine noch gleichmäßigere Vertretung
der größeren und kleineren Gruppen des Tierreiches herbeizuführen,
als es bisher geschehen konnte. Bei Durchführung dieses Bestrebens
ermöglichten wir es, im Laufe des Jahres nahezu ein halbes Tausend
Tierarten unseren ständigen Besuchern vorzuführen, eine wesentlich
höhere Artenzahl, als sie jemals von uns erreicht worden ist. Wir
konnten 171 Arten Säugetiere, 311 Arten Vögel, 12 Arten Reptilien,
und 2 Arten Amphibien zeigen, im ganzen 496 Arten, zum Teil
von großer Seltenheit.
Fast sämtlichen übrigen zoologischen Gärten Europas voran
steht unser Garten gegenwärtig in Bezug auf seine Sammlung
kleiner Säugetiere und europäischer Vögel.
Die Verluste beliefen sich auf 14°/o des durchschnittlichen
Bestandes. Ihnen gegenüber ist ein wesentlicher Zuwachs durch
Geburten zu verzeichnen. Am Ende des Jahres besaßen wir 1078
Tiere, 19 mehr als Ende 1888.
Für geschenkte Tiere haben wir zu danken Frau Horst¬
mann und den Herren : Sanitätsrat Dr. Schmidt, Gebrüder Stein¬
bach, Heinrich Schuhmacher, Johannes Bornscheuer, Freiherrn von
Gienanth, Bornet, Wyßmann, Direktor Böhm, Röhrig, Dr. Kirsch¬
baum, Dr. H. Küchling, Pfingsthorn, A. Andree, Bontand, Phil.
Krell, Dielmann, Phil. Helfmann, Rettich, H. Enck, Max Müller,
Gutmann, Polizei- Hauptmann Bergmann, Emil Schückenberger und
Funck in Frankfurt a. M., ferner den Herren: Fr. Jos. Lühn in
Friedberg, H. Koch in Büdingen, Engelbert Seelmann in Offenbach,
Carl Schuck in Kaiserslautern, Dr. Popp in Waghäusel, Dr. Kupferberg
in Mainz, Henri Rost in Cannes, Dr. Munier in Mainz, Baron von Knoop
in Wiesbaden, Lambert Poppart in Bierstein und Baron von Schröder
(Schweiz). An Barzuweisungen erhielt unser Tierfonds M. 1200, für
welche wir den Gebern bestens danken.
Indem wir hiermit unseren Bericht über das Jahr 1889 schließen,
glauben wir hinzufügen zu sollen, daß uns das laufende Jahr
wiederum manche schätzenswerte Neuerung in Bezug auf den Tier-
Reichtum und die Schönheit unseres Gartens bereits gebracht hat.
207
i
Wir werden fort fahren , in dieser und jeder anderen Beziehung
unserem Institut durch sorgfältige Ausnutzung der gebotenen Mittel
weiteres Aufblühen zu sichern und hoffen, daß unsere Aktionäre
in erster Linie dieses, unser unausgesetztes Bestreben unterstützen
werden.
Betriebs -Rechnung vom Jahre 1889.
Einnahmen.
M. Pf.
1. Abonnements:
1174 Aktionär - Familien 22,038. —
192 Einzel-Aktionäre zu 1,536. —
1163 Familien - Abonne¬
ments . 32,322. —
595 Einzel-Abonnements 7,140. —
144 Pensionär- und Mo¬
nats-Abonnements . 894. —
63,930. —
2. Billete .
. 86,780. 04
3. Wein- und Bier-Nutzen 7,100. 57
4. Pacht .
. 5,080. —
5. Vermietungen . . .
. 4,610. —
6. Verschiedenes . . .
. 3,231. 70
7. Zinsen .
. 2,348. 94
8. Aquarium ....
. 6,976. 63
9. Tiere und Geschenke
. 15,771. 23
195,829. 11
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Frankfurt a. M., 31. Mai 1890.
Ausgaben.
M.
Pf.
Gehalte .
31,984.
73
Fütterung .
41,922.
30
Musik .
34,580.
—
Heizung u. Beleuchtung
7,693.
76
Wasserversorgung . .
5,983.
28
Garten-Unterhaltung .
5,407.
67
Bau-Unterhaltung . .
12,195.
77
Druckkosten . . . .
2,847.
65
Insertionen ....
2,157.
34
Livree .
1,129.
65
Versicherung . . . .
1,358.
45
Allgemeine Unkosten .
7,989.
28
Aquarium .
8,510.
56
Tiere .
20,712.
90
Uberschuß . .
11,355.
77
195,829. 11
Der Verwaltungsrat der Neuen
Dr. Fritz Stiebei,
2. Vorsitzender.
Zoologischen Gesellschaft.
L. H. Reiss.
Schriftführer.
Frühjahrsbericht aus Moskau.
Von C. Greve.
In diesem Jahre (1890) trat hier das Frühjahr ungewöhnlich zeitig auf,
und so erwachte denn auch das Leben der organischen Natur zu einer Zeit,
wo wir sonst noch vollen Winterschlaf zu haben pflegen. Meine persönlichen
Beobachtungen beziehen sich leider diesmal nur auf Vorgänge, denen man
auch in der Stadt folgen kann, während vom Lande bekannte Jäger und
Naturfreunde mich mit Nachrichten versorgen müssen.
Am 3./15. März waren die Saatkrähen (Corvus frugilegiis) in Scharen
eingetroffen und hatten ihre alten Nistplätze in den Gärten der Stadt wieder
in Besitz genommen. Eine Woche früher etwa waren die kleineren Körner-
208
fresser angelangt und kamen auf dem', von mir früher schon beschriebenen
Vogelmarkte massenhaft zum Verkauf. Ende März (erste Hälfte April neuen
Stils) flogen Zitronenfalter an Grasplätzen umher und an sonnigen Plätz¬
chen kamen einzelne Carabus zum Vorschein.
Den 81. März (12. April) zog eine Schar wilder Gänse über die Stadt
dahin und am 7./19. April trompeteten die Kraniche hoch in der Luft auf
ihrem Wege nach den nördlichen Sümpfen. Den 8./20. April bemerkte ich
am ängstlichen Benehmen unserer alle Straßen bevölkernden Haustauben, daß
irgendwo ein Raubvogel in der reinen Luft schweben mußte, und bei genauerer
Musterung sah ich denn auch einen Bussard seine langsamen Kreise ziehen.
Seine Spezies konnte ich wegen der allzu großeu Entfernung nicht feststellen.
Am selben Tage nahm ich gegen Abend einen Milan, Milvus ater , sowie
Milvus regalis wahr, welche auf dem Kreuze eines niedrigen Kirchturms von
ihrer Reise sich erholten.
Ende März (alten Stils) begannen die Waldschnepfen zu ziehen
und das Auer- und Birk wild war in voller Balze begriffen. Pa in unseren
ausgedehnten moorartigen Wäldern Tetrao tetrix wie Tetrao urogallus noch sehr
häufig sind, gehören natürlich auch ihre Bastarde, Tetrao medius, nicht ge¬
rade zu den Seltenheiten. Wie sich bei den anatomischen Untersuchungen
dieser durch den Professor Tichomirow herausstellt, besitzen diese Mischlinge
nicht die Fortpflanzungsfähigkeit, da sie Hermaphroditen mit schwach ent¬
wickelten weiblichen und degenerierten männlichen Geschlechtsorganen vor¬
stellen. Höchst interessant sind die häufig vorkommenden Kreuzungen von
Birkhuhn, Tetrao tetrix , und Haselhuhn, Tetrao lagopus, und die sehr
seltenen, aber hübschen Bastarde von Tetrao tetrix und Tetrao bonasia, von
denen schöne Abbildungen in einer Sitzung der hiesigen Acclimatisations-
gesellschaft vorgelegt wurden.
Am 29. April/11. Mai [zeigten sich die ersten Schwalben und am Abend
bemerkte ich zum ersten mal einen Ziegenmelker einen Weg entlang fliegen,
an dem man hier diesen Vogel regelmäßig trifft. Die Turmschwalbe, Cypselus
apus , umkreiste in einzelnen Exemplaren, die wohl den Vortrab bildeten, am
4./16. Mai die alten Nistplätze, und am 6./18. Mai erschallte über den feuchten
Wiesen am Flusse zum erstenmal der Ruf des Kibitzes.
Bemerkenswert ist eine Notiz im »Russischen Jäger« aus dem Kiewschen
Gouvernement über dort gefundene Vielfraße. Ein Exemplar wurde von
einem Jäger beim Verzehren eines Kalbes überrascht und als es sich zähne¬
fletschend auf einen Baumstumpf zurückgezogen, mit Schrot angeschossen aber
nicht erlegt. Bald darauf jedoch gelang es, vier Stück Gulo boredlis auf einem
Treiben zur Strecke zn bringen. Wie die Tiere in jene Gegend gekommen,
ist unklar.
Neu war mir ebenfalls eine Mitteilung über das Vorkommen des
Hamsters (Cricetus frumentarius) im Moskauer Gouvernement. Da hier der
Boden lehmig und schwer zu durch wühlen ist, hat sein Bau, wie der Referent,
ein Herr Satunin, berichtete, höchstens drei Fluchtröhren. Die in den Bauen
gefundenen Vorräte bestehen aus Hafer und Kartoffeln; Roggen wurde nie
angetroffen, selbst wenn die Nester in Roggenfeldern lagen. Auffallender
Weise befanden sich in der Kammer eines Hamsters ein Heringskopf und mehrere
Knochen.
209
In unserem zoologischen Garten hatte vor etwa vier Wochen eine D ächsin
Junge, fraß sie aber am zweiten Tage auf. Eine andere erhielt, weil man
annahm, daß der Mangel eines den Blicken der Zuschauer die Kleinen ent¬
ziehenden Baues die Mutter zu dieser That veranlaßte, als die Wurfzeit ge¬
kommen war, eine große Menge Heu in den Käfig gelegt. Sie baute eine
Art Tunnel daraus, und in diesem brachte sie ihre Sprößlinge zur Welt. Seit
einigen Wochen hört man diese quieken und zwitschern (ähnlich wie kleinere
Papageiarten), aber wie viele es ihrer sind, konnte leider nicht ermittelt werden,
da nur die Alte des Nachts zum Saufen und Fressen hervorkommt.
Geboren wurden außerdem noch ein Wildesel, Asinus taeniopus , und
Schafe verschiedener Rassen. Die Strauße, ein Geschenk des Sultans, legen, und
soll ein Versuch gemacht werden, die Eier im Incubator auszubrüten. Ein
Reiherpaar baute ein Nest und begann zu legen — die Zukunft muß zeigen,
ob es auch Junge erzielen wird.
Die Eisbären haben sich gepaart, ebenso die Wölfe und darf man wohl
auf die Nachkommenschaft rechnen.
Im Garten befinden sich jetzt zwei Sumpfschildkröten ( Emys lutaria ),
welche ich in der Jausa, einem Nebenflüsse der Moskwa, fing. Sie sind beide
kleiner als das erste Exemplar, welches ich im »Zoologischen Garten« be¬
schrieben habe, das ja auch der Jausa entstammte. Mehrere ganz kleine Exem¬
plare, die ich erbeutete, lassen also wohl mit Sicherheit annehmen, daß unsere
Flußschildkröte auch zur Fauna Moskaus gehört.
Am 24. Mai/5. Juni hatte die kaiserlich russische Acclimatisations-
gesellschaft das Glück, ihren hohen Protektor, den Großfürsten Nikolaus
• •
den Alteren, feierlich im zoologischen Garten empfangen zu dürfen. Seine
kaiserliche Hoheit geruhte die für diesen Sommer in Angriff genommenen
Neubauten und Verbesserungen im Garten in Augenschein zu nehmen, von
denen wir besonders das originelle Haus für kleinere Wiederkäuer, den
neuen Stall für die verschiedenen Rasseschafe, die im Bau begriffene Anstalt
für künstliche Fischzucht und das Becken für künstliche Krebszucht her¬
vorheben. Nachdem Seine kaiserliche Hoheit einen Rundgang durch den
Garten gemacht und ein lebhaftes Interesse für alle Einzelheiten kundgethan,
wurde ein Frühstück serviert, bei welchem der hohe Gast einen Toast auf das
Gedeihen der Acclimatisationsgesellschaft, welche nunmehr den richtigen Weg
zu immer weiterer gedeihlicher Entwickelung eingeschlagen habe, ausbrachte.
Mehrere Mitglieder der Gesellschaft hatten die Ehre, für ihre Verdienste um
den Garten aus der Hand des hohen Protektors Jetons zu erhalten, so die
Herren Dr. Klimenkow, Meinhardt, Keller.
Einige Tage vor dem Besuche des Großfürsten war über die Stadt ein
schreckliches Gewitter mit Sturm und Wolkenbruch dahingezogen, hatte aber
weder an Tieren noch Bäumen irgend welchen Schaden angerichtet.
Unser Elephant, nach Jumbos Tode entschieden der größte in Europa,
trat in diesem ungewöhnlich warmen Frühjahr sehr zeitig in die Brunft, so
daß man ihn wegen seines unbändigen Wesens nicht mehr auf seinen Sommer¬
standplatz bringen konnte. Er begann die Wände des hölzernen Winter¬
hauses mit seinen ungewöhnlich großen Hauern auseinander zu nehmen und
hat schlechterdings erst nach energischem Überguß seitens der Feuerwehr
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 14
210
sich einigermaßen beruhigen wollen. Das letzte Mal war er vor zwei Jahren
brünftig gewesen, wobei dieser Zustand fast fünf Monate angehalten haben soll.
Neulich war eine Notiz gebracht worden, in welcher die Gärten, welche
einen j a p a n isch e n Ri esen sa lam a n der besitzen, aufgezählt wurden. Hierzu
wäre zu ergänzen, daß der Moskauer Garten auch eine Sieboldici maxima auf¬
zuweisen hat, welche seit etwa 8 Jahren hier lebt und die ansehnliche
Größe von 4 Fuß erreicht hat. Im Sommer nährt man das Tier mit lebenden
Fischen, welche man in seinen Behälter hineinsetzt und die es sehr gewandt
zu fangen weiß. Des Winters aber zieht der Salamander rohes Fleisch vor.
Nach allem Anschein findet bei ihm eine fortwährende Abstoßung einzelner
Hautteile statt, da im Wasser stets Fetzen von Haut schwimmen. Sehr
interessante Beobachtungen über den Atmungsprozeß des Tieres hat Magister
Kulaginn veröffentlicht.
Verschiedene Gönner des Moskauer zoologischen Gartens haben dem¬
selben mit Eiutritt der wärmeren Jahreszeit Geschenke an Tieren zugewandt,
so z. B. mehrere Hamster (Cricetus frumentarius L.), unter diesen auch
eine Alte mit drei munteren Jungen, welche bis jetzt wenigstens mit ihrem
Lose recht zufrieden zu sein scheinen.
Zwei Wölfinnen haben Junge geworfen, die eine aber leider ihre
Nachkommenschaft aufgefressen, während die andere ihre vier netten Spröß-
linge sehr zärtlich behandelt.
Infolge der äußerst günstigen Witterung, welche dieses Frühjahr
herrscht, haben alle Nistvögel sehr zeitig die Nester verlassen. Die Stare
haben Ende Mai ihre Jungen in großen Scharen auf die Wiesen geführt und
sind seit dem 1./13. Juni spurlos verschwunden, wohl in die Sümpfe gezogen.
Zu einer zweiten Brut haben sie wohl so günstige Gelegenheit gehabt, wie
noch nie — trotzdem aber ist eine solche nicht erfolgt, also vollkommen das
bestätigt, was ich vor einiger Zeit im »Zool. Garten« in dieser Beziehung
mitgeteilt habe. Die große Misteldrossel hat schon flügge Junge, die
den Alten an Größe nichts nachgeben. In gewöhnlichen Jahren findet man
so weit ausgebildete junge Turdus viscivorus nur erst um Petri-Pauli (also
am 29. Juni/11. Juli). Die Nachtigallen, welche nach der ersten Brut etwa
eine Woche lang geschwiegen, haben seit acht Tagen (5./17. Juni) etwas
lebhafter zu schlagen begonnen, vielleicht also eine zweite Brut angefangen.
Flügge Junge habe ich gesehen, leider aber keine Nester mit neuem Gelege
gefunden, um sicher eine zweite Brut nachzuweisen. Auffallend ist das erneute,
eifrige Schlagen jedenfalls.
Zum Beweise dessen, daß trotz des mangelhaften Systems und der un¬
genügenden Regelung des Fischfangs in Rußland, dank den günstigen
natürlichen Bedingungen, doch noch ziemlich gute Fangresultate erzielt werden
können, möge angeführt werden, daß beim diesjährigen Zug in der Wolga
ein Hausen von etwa 35 Pud Gewicht (circa 14 Zentner) gefangen wurde,
wobei allein 5 Pud auf den Kaviar kamen!
Die kaiserlich russische Acclimatisationsgesellschaft hat sich übrigeus
zur Aufgabe gemacht, einen rationelleren Betrieb des Fischfanges anzubahnen,
überhaupt die Gefahren und Schäden, welche diesem wichtigen Quell russischen
Nationalreichtums drohen, nach Möglichkeit zu beseitigen, und voraussichtlich
211
wird der Erfolg nicht au.sbleiben, da die Gesellschaft auch von Seiten der
Regierung Förderung und Unterstützung in ihren Bestrebungen findet.
Zum Schlüsse erlaube ich mir eine Bitte hinzuzufügen , welche den
Zweck hat, einem der Mitglieder unserer hiesigen Acclimatisationsgesell-
schaft Nachrichten und Material über Bastardierung von Wölfen mit
Hunden zu beschaffen. Inden Rheinlanden und auch im Elsaß und Lothringen
gibt es ja noch Wölfe genug — doch auch in zoologischen Gärten und Mena¬
gerien kommen derartige Kreuzungen nicht selten vor, und Jäger, Zoologen
und Naturfreunde werden mich zu großem Danke verpflichten, wenn sie An¬
gaben hierüber an meine Adresse gelangen lassen, damit ich dieselben dem
Herrn Kr i s ch tofo wit s c h , der diese Thatsachen sammelt, übermitteln kann.
Meine Adresse ist: C. Greve, Moskau, Maroseika, Petrischule.
Zo o-Biologisclies aus Paris.
Vou Ernst Friedei in Berlin.
I. Von der Weltausstellung im Jahre 1889.
Sofern man den Ausdruck Zoo-Biologisches nur auf die lebendige Tier¬
welt bezieht, war alles, was hinsichtlich der letzteren von der glänzendsten
aller Weltausstellungen dem Beschauer vorgeführt ward, recht klein und gegen
dasjenige, was die Pariser Weltausstellung im Jahre 1878 darbot, geradezu
unbedeutend. Es beschränkte sich bei den civilisierten Nationen auf einige
englische, holländische und schweizer Rassen-Kühe, bei den
exotischen Nationen auf deren Haustiere, Rinder, Schafe und Ziegen.
Die rückläufige Bewegung, welche ich im Jahrgang 1882 d. Z. S. 82 flg.
in dem Aufsatz: »Die Krisis in der Verwaltung der öffentlichen
Aquarien« in Bezug auf diese zoo-biologischen Institute geschildert, hält
noch an; während auf der Pariser Weltausstellung von 1867 *) ein großes
mit vielen Kosten gepflegtes Aquarium zu sehen war, fiel hiergegen bereits
das Aquarium der Pariser Weltausstellung von 1878 **) etwas ab und schien
mehr eingerichtet, weil man die Aquarieukuust auf der Ausstellung nicht ganz
übergehen dürfe, also: »ut aliquid fecisse videretur«. Inzwischen hat man
dies Aquarium, welches der Munizipalrat ohne großen Aufwand verbessern und
erhalten konnte, eingehen lassen; ein neues Aquarium ist auf der Ausstellung
von 1889 nicht beliebt worden, und es gibt, so schwer man dies glauben mag
ein wirkliches größeres öffentliches Aquarium innerhalb der Umwallung der
französischen Hauptstadt nicht mehr.
Dagegen bot die unvergleichlich schöne und belehrende Exposition
r etrospective du travail et des Sciences anthr opologiques , ange¬
regt von jenem Jules Simon, welcher kürzlich Frankreich bei dem Kongreß
zur Regelung der Arbeiterverhältnisse in Berlin vertreten hat, eigenartige
Beiträge zur Geschichte der Zoo-Biologie, namentlich zum Tierleben, soweit es
sich mit der Geschichte der menschlichen Kultur kreuzt oder doch berührt.
*) Vergl. E. Friedei: Über das Aquarium der Pariser Weltausstellung- von 1867
Jahrg. 1868 d. Z. S. 187 flg.
**) Vgl. E. Friedei: Zoologisches aus Paris, Jahrg. 1878. S. 303 flg.
212
Diese Kulturgeschichte begann mit den unsicliern Spuren des tertiären
Menschen, die in Bezug auf die Tierwelt bislang nichts Verläßliches ergeben
haben. Es war für die nun folgenden Perioden zunächst die Zweiteilung in
die ältere und jüngere Steinzeit beliebt, bezüglich der älteren, welche
vollständig innerhalb des Diluviums liegt, die Spaltung in die ältere Mam-
muth- und die jüngere Renntier-Zeit. Diese älteren zwei Steinzeiten charak¬
terisiert der amtliche Katalog *) wie folgt: »Die ältesten Gegenstände der
Werkthätigkeit Europa’s zeigen sich in den Ablagerungen großer Ströme, an
deren Ufern unsere Vorfahren lebten, umgeben von einer großartigen Tier¬
welt, zwei Arten Elefanten, zwei Nashörnern und Mengen von
anderen Tieren, wobei sich Asien und Afrika auf europäischem Gebiet ein
Stelldichein gegeben zu haben scheinen. Die dem Leben zahlreicher Pflan¬
zenfresser nötige Flora scheint durch warme und regnerische Witterungs¬
verhältnisse begünstigt worden zu sein.«
»Zweite paläolithische Periode. Das Klima verändert sich; es wird
trocken und kalt. Die Tiere, welche nicht ohne feuchte Wärme leben können,
sind verschwunden. Zum Ersatz finden wir in Überfluß diejenigen, welche
sich heut in die nordischen Gegenden zurückgezogen haben, wieden Schnee¬
hasen, den Blaufuchs, das Ren, und auf unsere höchsten Berge, wie der
Steinbock, die Gemse; ferner die Saiga -Antilope.« **)
Auch in dieser Periode noch keine Spur von Ackerbau, desgleichen keine
von Töpferei, ebenso keine Spur von Haustieren, insbesondere fehlt noch immer
der Hund, der aber in den dänischen Kjökkenmöddingern vorkommt, welche
das jüngste Diluvium mit dem Alt-Alluvium kulturgeschichtlich zu verbinden
scheinen, mit sehr erheblichen klimatischen, zoologischen und floristischen
Unterschieden gegen die eigentliche geschichtliche Zeit. Das Ren und das
Pferd, obwohl in der jüngeren Altsteinzeit sehr häufig, scheinen nicht
gezähmt worden zu sein. Beide Tierarten dienten nur zur Fleischnahrung.
Das Wildpferd des Diluviums scheint in zwei Species oder Spielarten vor¬
handen gewesen zu sein. Besonders merkwürdig sind die von Menschenhand
gefertigten Abbildungen der ihn umgebenden Tierwelt, auf deren Stoßzähnen
und Knochen, die, wenn man die mehrfach versuchten Fälschungen abrechnet,
noch immer in diesem Zeitabschnitt recht ausgiebig erscheinen. Für den
paläolithischen Menschen scheint das Ren das wichtigste Wild gewesen zu
sein, wenigstens für den Jäger der jüngeren Altsteinzeit. Ich schließe dies
aus der Menge der vorhandenen Knochen, welche manche Höhlen fast aus¬
schließlich füllen und Spuren menschlicher Einwirkung zeigen, desgl. aus der
*) (Jatalogue göneral officiel. Exposition rötrospective du travail et des Sciences
anthropologiques. Section I. Anthropologie, Ethnologie S. 89 u. 90.
**) Es ist recht bedauerlich, daß das enorme Knochen-Material der französischen und
spanischen Höhlen paläolithischer Zeit, namentlich die Knochen der Kleintiere (der kleineren
Nager, der Lurche und Kriechtiere, auch der Fische) noch nicht derartig von Spezialisten
bearbeitet worden ist, wie dies z. B. bezüglich der berühmten Steppenfauna von Thiede
und Westeregeln durch Professor N eh ring geschehen ist, und wäre es, nach den ver¬
schiedensten Richtungen hin, höchst erwünscht, daß diesem Forscher einmal eine genaue
Prüfung des westeuropäischen Materials verstattet würde. Ich habe die feste Überzeugung,
daß sich aus diesen osteologischen Resten ein farbenreiches, zuverlässiges Bild des Tier¬
lebens und des Menschenlebens der Altsteinzeit entwickeln läßt, von dem wir zur Zeit nur
eine dunkle Ahnung haben.
213
Fülle von Geräten vom Gebein dieses Steppentiers. Recht beachtenswert ist
es, daß das Ren der Altsteinzeit osteologisch vom europäischen Renntier der
Jetztzeit verschieden erscheint, auch vom wilden Rentier Lapplands, und
sich mehr dem grönländischen Ren nähert. Dies möchten auch die
paläolithisclien Abbildungen des Ren andeuten, auf denen das Tier plumper,
zottiger als das europäische Ren dargestellt wird.
ln der Neusteinzeit treten die Haustiere auf, zuerst der Hund, wahr¬
scheinlich zuletzt das Pferd; dieses bei vielen — ob bei allen? — Völkern
zuvörderst als Zugtier, dann erst als Reittier, wie die Centauren-Sage anzudeuten
scheint, d. h. das erste Auftreten von Reiterstämmen, welche den anders
kultivierten Völkern wie ungeheuerliche Wesen, halb Mensch, halb Pferd
vorkamen.
Für alle jene Perioden lag in dem Ausstellungs-Palast eine Menge von
tierischen Belagstücken aus öffentlichen und privaten Sammlungen zusammen¬
gebracht, wie sie kein Museum aufzuweisen vermag. Herr Vauville hatte
Schichtenprobeu von Coeuvres ausgestellt, quaternäre Ablagerungen mit
Knochen vom Mammuth, Nashorn, Wildpferd, Stier, Murmeltier,
teilweise Reste von Mahlzeiten des Menschen, welche das Land vor und während
der Bildung der Lagerung innehatten. Ein Teil der Röhrenknochen ist zwecks
Gewinnung des Marks gespalten. — Von Raymonden in der Dordogne hatte
Maurice Feaux Knochenstücke mit Ritzungen eingeschickt, welche Fisch¬
schwänze, Steinbockköpfe und Vögel darstellten, mittlere diluviale
Lagerungen. — Michel Hardy zeigte von Laugerie basse in der Dordogne auf
einem Knochen die feine Gravierung einer Hirschkuh, von gleichem geolo¬
gischen Alter. — Paignonsche Sammlung zu Paris: Rentierknochen mit
Darstellung von zwei Seehunden, einer Forelle und mehreren Aalen, paläo-
lithisch von Montgaudier, Charente. — Sammlung des Vicomte von Lastic Saint-
Jai zu Paris aus der Schmiedegrotte an den Ufern des Aveyron, Tarn-et-Garonne,
darin Phalangen von Hirschen, durchbohrt, vielleicht als Pfeifen gebraucht.
Viele kleine Knochen mit symmetrischen und unregelmäßigen Kerben, die
Ähnlichkeit mit Dingen haben, welche den Australiern zu Mitteilungen dienen.
Auf bearbeiteten Rentierknoch e n ein prächtiger Stierkopf, zwei Pferde¬
köpfe, Fische und andere Tiere, mehre Stäbe, welche in Tierköpfe aus-
laufen. Ferner Meer -Schaltiere, meist als Schmuck verwandt, in einer
Herzmuschel Reste von roter Farbe zum Malen. — Paysantsche Sammlung
in Paris. Auf Fundstüken, paläolithisch aus dem Lot, befinden sich Pferde
und Steinböck e dargestellt. In der Sammlung von Elie Massenat in Brives
siud aus dem Felsunterschlupf (abris sous röche) an den Ufern der Vezere
(Dordogne) Menschengebeine ausgegraben zusammen mit zum Teil bearbeiteten
Knochen vom braunen und Höhlenbär*), Elefant, Mammuth, Jxliino-
ceros tichorrhinus, Antilope Saiga, Ren, Gemse, Biber, Bison europaeus ,
Bos primigenius u. ff. Ebendaher eine Menge Knochenreste, meist vom
Ren, mit Tierdarstellungen, vor allem ein Mensch, der den Auer-
ochs jagt, die anderen stellen das Pferd, Hirsch arten, die Antilope,
*) Nach einer kühnen Hypothese von Oscar Fr aas hätte sich in der Benennung der
beiden Sternbilder des Großen und Kleinen Bären die Erinnerung an den ausgestorbenen
Ursus spelaeus neben der an den gewöhnlichen noch lebenden europäischen Bär im
Volke erhalten.
214
den Fischotter, die For eile und andere F is che dar, ebenso eine Katzen¬
art, einen Hasen u. dgl. — Sammlung von Ed. Piette aus der Grotte du
mas d’Azil, Ariege, Gebeine vom Bär, Wolf, Au er ochs, Ur, Ren, Stein¬
bock, Nashorn, Vogelknochen, mit menschlichen Gebeinen; auf Ren¬
tierknochen allerhand Zeichnungen, z. B. drei Pferdeköpfe, ein Auer-
ochs, dem unglücklicherweise der Kopf fehlt, ein besonderer Auerochsen¬
kopf. — Aus der Grotte von Arudy, Basses-Pyrenees, geschnitzte und gra¬
vierte Knochen; zahlreiche Pferdeköpfe auf Beinplättchen; viele durch¬
bohrte Tierzähne als Schmuck bestimmt, dabei Knochen vom Pferd, Ren,
Steinbock, von Hirschen, alles diluvial. Der Hirsch verlangt es, daß wir
einen Augenblick bei ihm verweilen. Die französischen Forscher sind bei der
Artbestimmung ihrer diluvialen Hirsche mit Recht vorsichtig, indem sie sich
gewöhnlich mit der Bezeichnung » Cervus spec .« begnügen. Der Riesen-
liirsch, Cervus euryceros kommt vor; er scheint der jüngern Altsteinzeit und
der Steppenfauna anzugehören, denn im Urwald ist für den gewaltigen
Schaufler kein Raum. Ob Spuren menschlicher Bearbeitung an den französi¬
schen Riesenhirsch-Resten beachtet sind, ist mir unbekannt; jedenfalls werden
sie äußerst selten sein. Auch hinsichtlich Irlands ist, wie ich in einem irischen
Reisebericht in dieser Zeitschrift erwähnte, obgleich auf der »grünen Insel«
die klassischen Fundstellen der wohlerhaltenen Riesenschaufler-Gerippe liegen,
von bearbeiteten dergleichen Resten nur weniges bekannt. Von Deutschland
vermochte ich bis zum April 1890 keinen Knochen- oder Geweih-Best des
Riesenhirsches, welches unzweifelhaft Merkmale menschlicher Einwirkung
zeigt, nachzuweisen. In jenem Monat zeigte mir Professor Nehring ein
ihm kürzlich nach dem Zoologischen Museum der Landwirtschaftlichen Hoch¬
schule in Berlin eigesendetes Geweihstück vom Riesenschaufler vor, dessen
Stange unzweifelhaft mit Steingerät künstlich durchgesägt worden ist. Der
überaus merkwürdige Fund ist aus dem Löß von Thiede, der neben so
vielen interessanten Tieren auch prismatische Flintmesser u. dgl. geliefert
hat. Unter den französischen diluvialen und altalluvialeu Hirschgeweihen —
soweit sie an unsern Edelhirsch erinnern — fiel uns selbst bei den stärksten
und. ältesten Stücken die Spärlichkeit der Sprossen auf. Professor
Nehring bemerkte mir, daß dies seiner Wahrnehmung nach auch von den
fossilen deutschen Hirschen gelte, und zeigte mir, dies bestätigend, eine bei
Bonn ausgegrabene Stange eines alten gewaltigen Hirsches mit auffallend
wenigen Sprossen. Diese vorgeschichtlichen Hirsche ähneln hinsichtlich der
erwähnten sparsamen Sprossenbildung, nach Nehring, an den südsibirischen
Cervus Maral. *) Jedenfalls hat der europäische Hirsch im Lauf der letzten
Jahrtausende seine Sprossenbildung vermehrt und man kann es verstehen,
wenn vorsichtige französische Forscher vor vollständiger Klärung des Zusam¬
menhanges des europäischen Diluvial-Edelhirsches mit unserm Cervus elaphus
es, wie angedeutet, vorziehen, die in das verwandte Formengebiet einschla¬
genden pleistocäneu Hirschreste nur erst mit Cervus spec ? zu katalogisieren.
Auch aus den folgenden alluvialen Perioden: 1. der neolithischen, 2. der prä-
historisch-celtischen, 8. der geschichtlich gallischen, 4. der gallo-römischen
waren Tierreste vorhanden, die wir aber übergehen, weil sie nicht das außer-
*) Vergl. den Maral in Artikel II (Jardin des Plantes).
215
ordentliche zoo-biologische Interesse wie die Überbleibsel aus der Diluvial-
Periode beanspruchen können.
Auch die .vergleichende anthropologische Abteilung enthielt mancherlei
tierische Objekte, namentlich Gerippe, Schädel und Gehirne der menschen¬
ähnlichen Affen, besonders des Gorilla, ferner des Schimpansen, des
Orang-Utan, des Hylobcites leuciscas Kühl, des Cynocephalus Maimon L.,
des Ateles Bartletti Gray, aus Ost-Peru. Trepanationsversuche an lebenden
Hunden, deren Schädel ausgestellt waren zur Vergleichung mit jenen bisher
nicht ganz befriedigend erklärten seltsamen Trepanationen, welche mit Feuer¬
steinsplittern am lebenden Menschen bereits in frühester Zeit gemacht worden
sind, schwere chirurgische Eingriffe, die der vorgeschichtliche Mensch aber,
wie aus Vernarbungen und Überwallungen ersichtlich, mitunter überlebt hat.
Von der ethnologischen Abteilung sei nur der auf die grönländischen
Eskimo bezüglichen Ausstellung gedacht, da die meisten Objekte tierischer
Herkunft waren und von den Waltieren, Seehunden, Robben, insbe¬
sondere Walroß herstammten. Die verschiedenen Fangmethoden waren von
der Ausstellerin, der dänisch-grönländischen Gesellschaft, trefflich illustriert.
Die Ausstellung der Jagd und Fischerei brachte wenige auf
das Tierleben bezügliche Mitteilungen. Am meisten Interesse nach dieser
Hinsicht hin bot die Geschichte der Falknerei ( fauconnerie ). Unter den
Ausstellern figurierte der Acclimatationsgarten von Paris, welcher sich bemüht,
die fast vergessene Kunst der Falkenbeize in Frankreich wieder zu be¬
leben*), indem er den Liebhabern die Anschaffung der Jagdfalken, sowie der
Jagdgeräte erleichtert und von Zeit zu Zeit abgerichtete Jagdfalken vorführt.
Ausgestellt waren u. a. die Ausrüstungsgegenstände, wie sie dieKabilen und
Araber bei der Falkenjagd in Algier gebrauchen. — Die Kappe eines
kirgisischen Jagdadle rs; dieselbe gehörte einem Goldadler, den aus
Turkestan die Herren Benoit-Maichin und de Mailly-Nesle mitbrachten.
Er hat lange Zeit in der Falknerei von Rosoy gelebt. Auf den Wolf und
anderes schwere Wildbret dressiert, ließ man ihn in Frankreich Wildkatzen
und Füchse fangen.
Die Japanesen betreiben noch jetzt die Falkonierkunst mit Leiden¬
schaft, und es waren alle bezüglichen Geräte in großer Vollständigkeit vorhanden.
Beiläufig mögen hier ebenfalls ausgestellte Flug-Pfeifen erwähnt
sein, welche die Japaner ihren Flug-Tauben am Schwanz befestigen und
die beim scharfen Fliegen eigentümliche Töne ausstoßen, um die Raubvögel
abzuschrecken. Ich weiß nicht, ob unsere Brieftaubenzüchter dies Mittel
kennen, jedenfalls möchte ich darauf hiermit aufmerksam gemacht haben.
Die englischen und holländischen Falkner, welche den mittel¬
alterlichen Stoßvogelsport bis in die Neuzeit hinein gerettet haben, der
»Royal Loo Hawking Club« (1840 — 1852) sowie der »Old Hawking Club«
hatten ausgestellt. Der letztere ist in Leeds seßhaft und der ansehnlichste
Falkner-Verein von England. Er jagt mit dem Falken (il vole ) Hühner
( grouse ) und Raben. Er hat in der letzten Jagdperiode 150 grouses gestoßen.
*) Die Kaiserin Friedrich hat sich als deutsche Kronprinzessin ebenfalls bemüht, die
von edelen deutschen Frauen einstmals mit Leidenschaft betriebene Jagd mit dem
Stoßvogel neu einzuführen. Dio verringerte Zahl der brauchbaren Jagdfalken soll der
Wiederbelebung dieses interessanten Sportzweiges hinderlich sein.
216
Für die indische Falknerei hatte Kapitän Biddulphe ausgestellt
von ihm selbst trefflich ausgeführte Aquarellen des heiligen Falken
( Cherug ) der Indier, der dem Milan im Fluge ähnelt, ferner des »Dauntless«,
eines dem Kapitän gehörigen jungen indischen Jagdfalken, der in der letzten
Saison 21 Kraniche, 11 Reiher und 11 Ibis gejagt hatte, sodann das »Bifli«
eines indischen Falco babylonicus , welcher in derselben Zeit 73 Enten und
Elstern geschlagen hatte* *). Herr Pierre-Amedee Pichot hatte Ausrüstungs¬
gegenstände und Abbildungen betreffend die Falknerei in Frankreich in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und in Persien ausgelegt. — Major
Watson zeigte 2 Photographien von 17 dressierten Wände r- Fa lken , die
von Mr. Clibborn zu Clonmel, Grafschaft Tipperary, in Irland i. J. 1887
aufgezogen waren. — Herr Deyrolle hatte die hauptsächlichsten Typen der
Falken ausgestellt, welche noch jetzt oder jetzt wieder zur Falkenjagd benutzt
werden, den Wanderfalk (faucon pelerin), den Habicht ( autour ), den
Gerfalk, Geyerfalk ( gerfaut ), den Lerchenfalk, Sperber (emerillon), Herr
Grete de l’Arbre 2 behandschuhte Falknerarme, einer einen behaubten
Falken ( faucon chaperonne) , der andere einen behaubten Habicht ( autour
chaperonne ) zur Jagd bereit haltend, endlich Mr. Riggs drei Stierhörner, deren
sich sonst die Falkoniere bedienten, um ihre Vögel zurückzurufen. **)
Alles in allem gewann der Deutsche, welcher in seinem Vaterlande die
edle Kunst der Falkenbeize vernachlässigt und fast vergessen sieht, durch
die Weltausstellung eine reichhaltige und interessante Übersicht von diesem
Sportzweige.
Unter der Klasse »Fischerei« vermöchte ich nur den Wal tierfang
zu erwähnen, der ganz unglaublich zurückgegangen ist, nach dem Berichterstatter
über die Fischerei- Ausstellung, Herrn D eyrol 1 e, noch vor einigen Jahren von
Havre aus betrieben wurde, jetzt aber nur noch in Norwegen geübt wird.
In einer Beziehung, in sofern nämlich als damit eine gewisse Schonung der
gewaltigen Fischsäuger verbunden ist, mag der Tierfreund sich dessen freuen,
diese Freude wird aber getrübt, wenn man Professor Pouchets auf der Aus¬
stellung hinterlegte Berichte über die Baleinopteren las, deren Naturgeschichte
er im Aufträge der Regierung in den nördlichen Meeren mit Hülfe norwegischer
Walfänger studiert hat. Die Waltiere werden jetzt aus Kanonen mit Ge¬
schossen angegriffen, die aus dreiteiligen Harpunen in Verbindung von Granaten
bestehen. Pouch et hatte eine Granate ausgestellt, welche im Fleisch eines
Waltiers krepierte und deren Sprengstück aus dem Leibe des Tiers heraus¬
geschnitten worden waren. Wie wirksam diese fürchterlichen Geschosse sind,
kann man aus dem Umstande ersehen, daß ein einziger Schiffskapitän 1886
während der Jagdzeit mit denselben allein 77 Bartenwale und Kasche¬
lots erlegt hat.
Ganz neuerdings scheint der Waltierfang wieder aufleben zu wollen
freilich mit ganz veränderter Richtung, das ist nach den antarktischen
Meeren zu. Seit die Schleswiger in den Ostseehäfen den Mut verloren und
*) Kapitän Biddulphe gilt fiir einen der besten englischen Vogel-Zeichner.
*) Der berühmte Kupferstecher Riedinger stellt diese Falken-Kuhhörner öfter auf
einen Bildern dar, auch werden sie öfters in den Chroniken der Herzoge von Burgund
erwähnt. In den kulturgeschichtlichen Sammlungen werden sie, aus Unkunde, der Regel
nach als Ilörner für die Hirschjagd angesehen.
217
seit vor etwas mehr als 25 Jahren der letzte Walfischfahrer der Bremer Flotte
auflegte, ist der Walfang von Deutschland aus nicht mehr betrieben wordeu ;
derselbe war im nördlichen Eismeer nicht ergiebig genug, und um kleine Schiffe
nach der Südsee zu entsenden, lohnte die weite Reise nicht. Nach Nachrichten
aus Vegesack an der W eser soll von Bremen aus der Walfischfang
wieder aufgenommen werden und zwar in großartigem Maßstabe, wenn auch
zuvörderst nur mit einem Dampfer. Die Rhederfirma H. Bischoff & Co. in
Bremen erwarb kürzlich vom Norddeutschen Lloyd dessen großen transatlan¬
tischen Dampfer »Donau«, der für den Walfang in der Südsee umgebaut und
eingerichtet werden, auch zu diesem Zwecke in nächster Zeit nach Blyth in
Eugland gehen soll. Die veralteten Maschinen und Kessel sollen herausge¬
hoben, ersetzt und eiue neue dreifache Expansionsmaschine von genügender
Stärke mit sparsamem Kohlenverbrauche und hoher Kesselspannung eingesetzt
werden. In den unteren Schiffsräumen werden, vom Laderaum getrennt,
Kohlenbunker für etwa 1800—2000 Tons Kohlen angeordnet. Die Mannschaft
wird verdoppelt. Statt der vorhandenen Rettungsboote erhält die Mannschaft
außer veränderten dergleichen Booten sechs Dampfbarkassen als Fangboote
zum Ersatz der früher üblichen Ruder -Fangboote. Für die Herstellung der
Fässer zu Thran, Schmeer, Speck etc. wird an Bord eine eigene Werkstatt
eingerichtet. Kapitän Rossini aus Vegesack, ein bewanderter Südseefahrer,
dient als seemännischer Beistand der Firma.
Es ist zu erhoffen, daß auch die Zoologie, namentlich die Biologie be¬
züglich der noch wenig bekannten großen Tierformen der Südsee gefördert
wird, nicht bloß der Großfische und Waltiere, sondern auch der Robben. Es
wird auf diese Weise gelingen, auch mit dem Süd -Wal roß Bekanntschaft
zu machen, von dem kaum irgend in europäischen Museen Exemplare sind,
ja dessen Dasein namhaften Zoologen, wie ich zu meiner Überraschung er¬
fahren, kaum bewußt erscheint. (Fortsetzung folgt.)
Das Aquarium der Flora zu Köln.
Von Ernst Friedei.
So häufig des zoologischen Gartens zu Köln in den Fachzeitschriften Er¬
wähnung geschieht, ebenso selten ist dies rücksichtlich des in der Kölner
Flora erbauten Aquariums der Fall, obwohl es in gutem Stande befindlich
ist und Erfreuliches wie Belehrendes genugsam bietet. Sei es mir deshalb ver¬
gönnt, es in aller Kürze so zu schildern, wie ich es am 13. September 1889
inmitten des herrlichen Baumwuchses und der schönen Teppichbeete der Flora
unweit des großen Restaurant -Gebäudes und Palmenhauses vorfand. Das
Aquarium ist ähnlich dem Berliner in Grottengestalt gebaut, und es haben die
kräftig gefärbten Laven und Tuffe des Brohlthals, von Niedermendig und vom
Laachersee, auch die rheinischen Basalte zu dem Aufbau ein gar treffliches
Material geliefert.
Im Äußern wie Innern spricht sich, gerade wie bei den meisten Aquarien,
was ich in den letzten Jahren so oft zu betonen Gelegenheit hatte, ein ge¬
wisser Stillstand, eigentlich schon ein kleiner Rückgang aus. Man sieht an
218
verschlossenen Nischen und Abseiten, daß der Aufwand für die äußere Aus¬
stattung früher bedeutender gewesen ist, an mancherlei ausgestopftem Getier,
daß zuvor mehr Geld und Mühe auf die Ausstellung von Seltenheiten verwendet
wurde.
Es waren im unteren Raume 20 gefüllte Becken vorhanden, gut be¬
leuchtet, während in den kühlen Grottengängen das bekannte Dämmerlicht
herrschte Nr. 1 enthielt Rotfedern, Rotaugen, Barben, Barsche
Karauschen, Miinnen ( Cyprinus Jeses ) und die Meerforellen ( Salmo
Trutta ), ein altes Tier mit hakenförmigem Unterkiefer, ähnlich den Haken¬
lachsen, d. h. den alten Lachsmännchen, bei denen die nach oben und hinten
sich allmählich umbiegende Kiunspitze des Unterkiefers ein so sonderbares
Aussehen gewinnt. Nr. 2 enthielt Regenbogenforellen, Nr. 3 Barsche,
Nr. 4 Orfen, Nr. 5 Hechte und große Zander, Nr. 6 Hechte, Schleie
und Karpfen, darunter L e d e r - und Sp iegel karp fe n , Nr. 7 Flußaale,
Nr. 8 Bachforellen, Nr. 9 Axolotl und die gemeineren Tri ton-A rten,
Nr. 10 Bastarde vom Saibling ( Salmo salvelinus ), ferner Kaulbarse,
Elritzen, Goldschleie, Schmerlen und Schlammpeitzker, Nr. 11
Döbel.
Während dies die Süß wasser-Bewohner waren, dehnten sich gegenüber
die des Meeres aus.
Nr. 12 Kabliau, Goldbutt, Steinbutt, Lippfische ( Labrus
maculatus nicht L. mixtus), der Pfeilschwanzkrebs ( Limulus Polyphernus),
Hummer und Langusten, Nr. 13 enthielt dieselben Tiere, ebenso Nr. 14
daneben aber noch Crenilabrus rupestris, Nr. 15 Seepferdchen vom adria
tischen Meer ( Hippocampus brevirostris), Bernhards krebse ( Pagurus Bern-
hardus ), au Muscheln: Ostrea edulis, Isocardia Cor und Cyprina islcindica, alle
3 aus der Nordsee, Nr. 16 Seeaale ( Conger vulgaris) und Hummern, Nr. 17
Taschen krebse, als Actinien Tealia crassicornis u. a., Pholas dactylus,
endlich Nr. 18 ebenfalls Bohrmuscheln ( Pholas dactylus), anscheinend aus
dem roten helgoländer Gestein, Nr. 19 Austern und Schnecken, Bern¬
hard s krebse, Dorsche, sowie Crenilabrus rupestris, Nr. 20 Taschenkrebse,
Seespinnen, Hummern, Dorsche, Butt, Cottus scorpio, und Aalmutter
( Zoarces viviparus). Das Seewasser teilweise trübe.
Über diesen unteren Aquarien befinden sich einige Dekorations-Aqua¬
rien mit Gold- und Silberfischen.
Trotz ziemlich langen Aufenthalts im Aquarium und schöner warmer
Witterung war und blieb ich leider der einzige Besuchende. Das Eintrittsgeld
beträgt 20 Pf., ein gedruckter Führer scheint nicht vorhanden zu sein.
Der Zeisig.
Von Eduard Rüdiger.
Daß der Zeisig seiner Anspruchslosigkeit und Ausdauer, seines ewig
heiteren Wesens, seines außer der Mauser alltäglich unermüdlich vorgetragenen
Liedleins halber ein deutscher Käfigvogel ersten Ranges genannt und als
solcher überallhin wärmstens empfohlen werden muß, daß er sich zum Über-
219
fluß auch sofort gleichmütig in seine Gefangenschaftsverhältnisse zu finden
pflegt, sogar den kaum bezogenen Käfig freiwillig wieder aufsucht, falls ihm
ein Entschlüpfen gelungen oder ein Ausflug gestattet ist, darf als nahezu all¬
gemein bekannt angenommen werden. In der That, sein gleichmäßiger, durch¬
aus nicht störend erregender, halblauter Gesang macht ihm bei zartbenervten
Leuten, die doch auch einen Sänger lieben und pflegen wollen, viele Freunde.
Man muß ihm gut sein, wenn er in schmucker Tracht, das Köpfchen mit dem
glatten, schwarzen Sammtkäppchen schelmisch auf die Seite gelegt, mit herab-
hängeudcn Flügeln und mächtig aufgeblasener Kehle, wohl auf unserer Hand
selber, mit großer Wichtigkeit musiziert.
Unter 12 zu sogenannten Kunststücken abgerichteten einheimischen Vögeln
sind immer mindestens zwei Drittel Zeisige, ein vollgiltiger Beweis für deren
Gelehrigkeit. Viele haben wohl den kleinen Gesellen allemal aufrichtig be¬
dauert, wenn sie ihn im Schweiße seines Angesichts sein Wägelchen an einer
Kette haben mühsam in die Höhe ziehen sehen, um endlich durch ein Körnlein
und ein Tröpflein Hunger und Durst zu stillen. Wahre Vogelfreunde verabscheuen
solche zwecklose Spielerei, aber es wird ihr auch anderseitig noch auf dieser
und jener Ausstellung Beifall gespendet, ja, ich habe selbst erlebt, daß derartige
Leistungen prämiiert wurden, d. h. nicht die Vögelchen erhielten als ersten
Preis die goldene Freiheit, — sondern ihren geduldigen Peinigern zuerkannte
man Geldspenden als willkommene Bierpfennige.
Trotz der allgemeinen Beliebtheit, welcher sich der Zeisig stets erfreute,
war doch sein freies Familienleben, zumal sein Brutges.c häft, bis in die
neuere Zeit so gut wie gar nicht bekannt. Mit besonderer Vorsicht und Ge¬
schicklichkeit nämlich werden die Niststätten ausgewählt und ein Nest ist —
gemeiniglich in einem Tannenwipfel und von unten mit der Baumfarbe ähnelndem
Moose bekleidet — sehr schwer zu entdecken, weshalb man nicht allzusehr zu
staunen braucht, wenn alte Forstleute treuherzig versichern, daß
auch sie in ihrem Leben noch kein Zeisig nest gefunden und gesehen.
Verwunderlich war es aber, daß gerade der Vogel, welcher sich so vor¬
trefflich als Zimmergast bewährt, so wenig sich zu Zuclitzwecken geeignet zeigen
sollte. Doch ist es noch nicht lange her, daß man über die ersten gelungenen
Käfigbruten berichtete und wenn ich mich auch nicht als einen der ersten
glücklichen Züchter hinstellen will, erwähne ich doch, daß ich selbstgezogene
Zeisige in 3 Generationen besaß — immerhin wohl ein erwähnenswerter
seltener Fall.
Drei Jahre schreitet regelmäßig mein altes Heckpärchen, über das ich
anderweitig schon manchmal Mitteilungen gemacht, zur erfolgreichen Brut und
nunmehr nistete auch ein Paar Junge von demselben, welches ganz besonders
mich in die Lage versetzt, allstündlich sehr eingehende erwünschte Beobachtungen
machen zu können.
Man behauptet oft, in der Gefangenschaft geborene Junge wilder Vögel
gebärdeten sich ungestümer als diese selber. Das möchte ich nach eigener
Erfahrung nicht bestätigen, da meine Vögel wohl nicht zahmer gedacht werden
können. Ich darf z. B. mein Zeisigweibchen vom Neste in die Hand nehmen
und wieder aufsetzen, es fliegt nicht ab, es hält zu allem so still, als wäre es
gar nicht Fleisch und Blut, ein wahres Muster treuester, aufopfernder Mutter¬
liebe. — Ein Fluggebauer beherbergt in richtigen, an einander gewöhnten
220
tüchtigen Paaren Zeisige, Hänflinge, Stieglitze, Girlitze, Blutfinken, Grünlinge,
Buchfinken, Braunellen und bietet Raum und Gelegenheit zur Gründung des
Heim für alle. Sämtliche Sitze bestehen aus natürlichen, weichholzigen
Baumzweigen, im Sommer frisch und möglichst oft erneuert, in Knospen,
Blättern und Rinde eine Leckerei bildend. Namentlich sollen die Zweige auch
teilweise dünn sein, zum Schaukeln. Außer der denkbar reichsten Körner¬
fütterung einschließlich vieler nicht käuflich zu habender Unkrautsämereien,
die ich alljährlich auf den Wiesen und Rainen um meine Wohnung sammle,
biete ich das ganze Jahr hindurch allen Körnerfressern Ameisenpuppen, frisch
oder trocken, je nach Zeit, Sepia, gestoßene Hühnereierschalen und trockenes
Eifutter aus Prag, das zwar schwer verdaulich und daher kranken Vögeln
gar nicht oder nur vorsichtig in halben Gaben zu verabreichen, unter allen
Umständen aber zur Aufzucht von Jungen nur zuträglich ist. — Die Nist¬
kästchen sind teils freihängeud an der Decke des Käfigs, teils von außen
an demselben befestigt. Die letzteren, ganz einfach, 12 cm hoch, 12 cm breit,
10 cm tief, oben abgeschrägt, werden mit Vorliebe bewohnt, so z. B. bei mir
jetzt in 4 auf einem Raume von nur 45 Qcm dicht neben einander hängenden
Kästchen, oben von Zeisig und Stieglitz, unten von Girlitz und Blutfink. Die
Kästen sind an der ganzen Vorderseite offen, haben aber oben Drahtgitter,
das stets zur Vermeidung unnötiger Störungen mit starken Pappstücken belegt
ist. — Ein Vogel, der überhaupt damit umgeht, fügt sich zum Brutgeschäfte
in alle Niststätten. Namentlich bewundernswert ist dies aber gerade beim
Zeisig mit seinem versteckten, kunstvollen Freiheitsbau, er vermißt und verlangt
trotz alledem keinen feierlichen Weihnachtsbaumduft. —
Endlich wurden die ersten Moosballen in den ausersehenen Kasten ge¬
tragen. Kaum lagen sie jedoch an Ort und Stelle, wie sie sollten, und das
allein beschäftigte Zeisigweibchen war abgeflogen, so kam ein neugieriger
Distelfink, der da ganz im Rechte zu sein glaubte, wenn er die Nestanfänge
wieder zerstörte. — Die Hauptschädiger in einer mit einheimischen Vögeln
besetzten Stube sind zweifellos die stets Beschäftigung suchenden Stieglitze,
namentlich wird gar ein einzelnes Exemplar dieser Art, gleichviel welchen
Geschlechts, beispiellosen Unfug treiben. — Es galt also Sicherung, die ich
endlich dadurch gewann, daß ich vermittelst eines starken Pappstückes die
offene Kastenseite völlig schloß und nur ein für den Zeisig selber abgezirkeltes
Schlupfloch einschnitt. Das half, der kleine Eigentümer zwängte sich einige-
male ein, dann war ihm der Pfad geläufig, auf dem kein anderer Käfiginsasse
folgeu konnte.
Inzwischen kam das Weibchen aus dem Neste geflogen, zeigte sich sehr
hingebend, und ein dreimaliges Befliegen fand auf der Sitzstange statt. Die
erste Nestunterlage bestand aus Moos. Auf dieser wurde ein Napf aus zarten
trockenen Grashalmen geformt und dann schienen die aus meiner Hand geholten
schönen schneeweißen Wollflocken, Kälberhaare und Federn zu gefallen. Ein
wunderbar hübsches Nestlein enstand — trotzdem die kleine Erbauerin im
Zimmer geboren war und keinerlei Muster gesehen — und am 4. Juni morgens
6 Uhr fand ich das erste Ei, länglich, zartschalig und grünlich scheinend, mit
braunen, am stumpfen Pole fast einen Kranz bildenden Tupfen, am spitzen einzeln
verlaufend, Länge 1,5 cm. Am 6. Juni morgens 7 Uhr wurde das 2. Ei gelegt,
aber obwohl das Weibchen schon seit dem Beginn des Brütens das Nest kaum
221
verlassen hatte, lagen am nämlichen Juni abends die beiden Eier angefressen
am Käfigboden.
Ein befreundeter Züchter klagt, daß sein Zeisigweibchen die eigenen Eier
immer gefressen, weshalb er genötigt gewesen dieselben, unter Kanarien zu
verteilen. Diese Untugend hatte indessen mein Weibchen nicht, sonst würde
es ja die folgenden Eier ebenfalls zerstört haben. Bei mir glaube ich vielmehr
an das unglückselige Eingreifen eines Unberechtigten und um diesem für die
Zukunft thunliclist vorzubeugen, wurde noch eine Verengerung des Einganges
vorgenommen und außerdem das Pappstück so gedreht, daß das Schlupfloch
hoch oben hinkam, anstatt wie sonst gerade auf den Nestrand zu führen.
Am 7. Juni morgens ward ein drittes, am 8. Juni ein viertes Ei gelegt,
und das nun mit diesen beiden letzteren neu beginnende Brutgeschäft besorgte
mit außerordentlicher Hingebung das Weibchen allein, was ich umsomehr
zu jeder Tageszeit festzustellen mir angelegen sein ließ, als ich früher der weniger
zugänglichen Niststätten u. mangels an Beobachtungszeit wegen an eine Bebrütung
durch beide Teile geglaubt hatte. Während der ganzen Brutzeit war aber
das Männchen nicht einmal im Neste anzutreffen und das dürfte also schwer¬
lich nur eine Folge der Gefangenschaftsverhältnisse sein, vielmehr sich in der
Freiheit gerade ebenso verhalten.
Ein possirliches Bild, dies brütende Weibchen. Natürlich ist bei allen
Brutvögeln der Kopf stets der Sonne oder doch dem hellsten Lichte zugewandt.
So saß das Tierchen vergnüglich auf seinen zwei Eiern, das Köpfchen mit
den klugen Äuglein füllte gerade die runde Schlupföffnung, und mit aller
Seelenruhe wurde von oben herab das so rege Leben und Treiben im Käfige
beobachtet.
Befand sich das Weibchen brütend im Neste, so saß das Männchen meistens
fleißig singend vor demselben, schaute in merkbarer Freude hinein, und war
jenes ja einmal abgeflogen, um in Hast zu baden oder nur zu trinken, so schützte das
Männchen treulich sein Heim, indem es sich bei annähernder Gefahr geradezu
in das Schlupfloch hängte, also dieses vollständig ausfüllte.
Bekannt ist wohl auch, daß kein Vogel weniger wasserscheu ist als unser
Zeisig. Verhältnismäßig auffällig oft wird während der Brutfrist gebadet. Mag
man zehnmal täglich frisches Wasser bieten, jedesmal fliegt das Weibchen eiligst
ab, labt sich am Trünke, näßt sich tüchtig ein, schüttelt sich, nimmt nebenbei
einige Körnlein auf und sitzt auch schon wieder fest auf seinen lieben Eiern.
Die größere Last der Fütterung aber trägt redlich das Männchen, welches stets
vom ersten gelegten Ei an gleichsam aller Wünsche gewärtig ist.
Als am 19. Juni morgens 6 Uhr — also genau 12 Tage, nachdem das 3. Ei
gelegt worden — das Weibchen ebenfalls abgeflogen, hob ich wie so oft schon
den Deckel des Nistkastens und fuhr freudig erschrocken zurück, als ich im
Neste ein lebendiges, unförmiges, winziges Dingelchen, einen jungen Zeisig,
gezüchtet in zweiter Generation, viel, viel unter Kanariengröße gleichen Alters,
sah, das mir sein weit geöffnetes gelbes Schnäbelchen entgegenstreckte und ein
Köpfchen mit dunklem Nestflaum zeigte.
Die ersten 3 Tage blieb das Weibchen noch ausschließlich im Neste,
während derer die Fütterung seitens des Männchens sehr pünktlich in der Art
stattfand, daß es nach wie vor allein das Weibchen ernährte und dieses seiner¬
seits wieder dem Jungen den benötigten Anteil gab.
222
Das 4. — oder drittgelegte — Ei öffnete sich bis zum 24. Juni leider
nicht, mithin war es wohl unbefruchtet. Alle Elternliebe vereinigte sich daher
auf das eine Haupt.
Mit hartgekochtem frischem Hühnerei, dem Weißen und Gelben, später
ersetzt durch die schon erwähnte Prager Konserve, mit reichlich frischen
Ameisenpuppen , gequelltem Mohn und eingeweichter altbackeuer Semmel ist
eine einfache aber ausreichende Fütterung hergestellt, die zum fröhlichen Ge¬
deihen die Kräfte gibt.
Am 26 Juni mittags schaute der Nestling zuerst munteren Blickes in die
Welt, er dehnte und reckte sich behaglich in seiner für Vier gebauten Wohnung,
ein feines Sümmchen verfocht seine Daseinsberechtigung, und sein Jugendflaum,
bräunlnich von oben, weißgrau von vorn und in beiden Schattierungen seitlich,
verwandelte sich zusehends aus verwaschenen, gestreiften Tönen in das bekannte
Zeisigkleid. Genau am 13. Lebenstage saß der kleine Schelm, mit seinem halb¬
gewachsenen Schwänzlein richtig balancierend, auf dem Zweige vor seiner Ge¬
burtsstätte. Heute hat er schon eine erste Mauser glücklich hinter sich und nur
das eingeweihte Auge des alltäglichen Pflegers ist noch im stände, an sonst
schwer erklärbaren Merkzeichen in der ewig heiteren, immer lauten Gesell¬
schaft das dem Pfleger besonders ans Herz gewachsene Vögelchen herausznfinden.
Das Fehlen einer schwarzen Oberkehle ist ja auch nicht kennzeichnend, da
solche keines meiner Männchen aus dem Erzgebirge, Teutoburger- u. Odenwald
besaß und besitzt, die ich teilweise doch nahezu 10 Jahre pflegte. — Der Beweis
ist übrigens auch hier erbracht, daß langdauernde Gefangenschaft die Fortpflan¬
zungstüchtigkeit keineswegs beeinträchtigt, vielmehr ganz naturgemäß vererbt.
Korrespondenzen.
Schlaupitz, im Juni 1890.
Große Insektenzüge wurden in den Kreisen Neustadt, Neiße und
Leobschütz in Ober-Schlesien Anfang voriger Woche mehrfach beobachtet.
Über Ziegenhals ging ein solcher Zug am 25. Mai von früh bis mittags in
der Richtung von Nord west nach Südost; derselbe war gegen eine Meile breit.
In dem wandernden Insekt will man den gemeinen Plattbauch (Libellula depressa)
erkannt haben.
Schlesisches Pfennigblatt, Liegnitz Nr. 126, 3. Juni 1890.
Wie mir unsere beim Abmähen der Wiesen beschäftigten Arbeiter heute
erzählten, hätten sie gestern einen Zug von 100 — 150 blauer »Wasserlissen«
( Agrion virgo ) von Nord nach Süd ziehend bemerkt.
K. K nauth e.
Kleinere Mitteilungen.
— Eigenartige Übergriffe hat sich die Waldmaus ( Mus
silvaticus ), die bekanntlich trotz ihres Namens oft sehr wenig mit dem Walde
zu thun hat und zahlreich fern von demselben in Gebäuden und Gärten auf-
223
tritt, im Sommer 1889 io einem Garten bei meiner hiesigen Wohnung erlaubt.
Dort fanden sieh die Früchte der großen Puffbohne ( Vicia Faba ) und bald
auch der Erbsen bis in die äußersten Spitzen in anfangs ganz unerklärlicher
Weise zerstört und ihrer Samen beraubt, ohne daß es gelingen wollte, den
Thäter zu entdecken.
Erst die feinen Zahneindrücke, die sich bei genauerer Besichtigung an
den weichen Samenschalen zeigten, brachten mich auf den Gedanken, daß Nage¬
tiere und, bei der Kletterfertigkeit, die immerhin zu einer derartigen Räuberei
nötig war, die gewandte Waldmaus der Thäter sein müsse. — Diese Ver¬
mutung fand sich denn auch bestätigt, als in den aufgestellten Fallen in
kurzer 2^eit eine zahlreiche Menge dieser Mäuse gefangen wurde.
C oester.
Der letzte Luchs ( Felis lynx ) im Harz wurde nach einer Jagd¬
schilderung von Herrn W. Ude in »Der Weidmann 28. Februar 1890« am
24. März 1817 erlegt. Schon seit 1814 war seine Spur bemerkt und für die
eines Wolfs gehalten worden. Das bei einem Treiben endlich angeschossene
Tier hatte sich in einer Felskluft an den Sonnenklippen bei Renneckenborge
verborgen und wurde hier durch einen Schuß in den Kopf getötet. Es ziert,
ausgestopft, noch jetzt die gräfliche Bibliothek in Wernigerode. N.
Ein kluges Pferd. Am 14. /26. Juni ging ich über eine hinter dem
Dorfe Tarassowka bei Moskau gelegene Wiese, wo gewöhnlich die Pferde der
Bauern grasen. Ein recht starkknochiger Schimmel, der wegen seines beson¬
deren Freiheitsdranges in der ganzen Umgegend bekannt ist und daher vou
seinem Besitzer stets auf besondere Art am schnelleren Laufen verhindert wird,
(er bekommt einen ziemlich schweren jungen Baum an einem um den Hals
geknüpften, drei Meter langen Stricke zu schleppen) befand sich auch bei der
Herde. Der ihn zu hemmen bestimmte Baum war im Gestrüpp stecken
geblieben, und er versuchte durch Zerren vergeblich von der Fessel loszu¬
kommen. Nach einiger Zeit trat der Gaul an den Balken heran und suchte
durch Scharren mit dem Hufe in dem Gesträuche denselben zu lockern. Als
aber auch dieser Versuch ohne Erfolg blieb, stand er eine kleine Weile nach¬
denklich still, dann begann er schnaubend und schnuppernd die Sache ganz
in der Nähe zu betrachten. Hierbei war er denn auch offenbar auf den
schlauen Gedanken gekommen, den er nunmehr ausführte: er nahm den Strick
in die Zähne, nagte ihn durch und trabte fröhlich wiehernd den weiter gezo¬
genen Genossen nach. C. Greve.
Litte r atu r.
Systematisches Verzeichnis der Vögel Deutschlands und des an¬
grenzenden Mitteleuropa von Dr. Anton Reicheno w. Verlag der
»Linnäa«. Berlin (Luisenplatz 6). 1889. gr. 8°. 68 Seiten. M. 1.
Des Verfassers System der Vögel (in »Die Vögel der Zoologischen
Gärten«) ist mehrfach bereits in Schriften und Sammlungen zur Ausführung
224
gekommen und scheint sich noch weiterhin Geltung verschaffen zu wollen.
Er hat nun in gleichem Sinne die Vögel Deutschlands zusammengestellt in
der Überzeugung, daß eine solche Übersicht nötig geworden ist durch die
Fortschritte der ornithologischen Systematik und Nomenklatur im allgemeinen,
wie auch durch die erweiterte Kenntnis der deutschen Vögel und ihrer Ver¬
breitung. Das Prioritätsrecht der ältesten Autoren zurück bis zur 10. Aus¬
gabe von Linnes Sytema naturae (1758) ist möglichst streng gewahrt worden;
Verbreitung, Brüte- und Zugzeit von 896 deutschen Vogelarten sind gewissen¬
haft angegeben, und so wünschen wir dem Buche eine recht weite Ausbreitung.
N.
Leben und Treiben der Ameisen von Prof. William Marshall
Zoologische Vorträge, herausgegeben von dems. Verfasser, 8. u. 4. Heft
Leipzig. Richard Freese. 1889 gr. 8°, 144 Seiten. M. 3.
Wir müssen es dem Verfasser Dank wissen, daß er in gefälliger, niemals
langweilender Darstellung alles das zusammengestellt hat, was man von den
Ameisen weiß, jenen Insekten, die durch ihre Menge eine so große Rolle
in der Natur spielen, deren rege und vielseitige Thätigkeit zahlreiche Forscher
in allen Ländern begeistert hat. Die Frage, wie ein so ausgebildetes Zusam¬
menleben in einem Staate sich entwickelt haben möge, wird zuerst besprochen,
dann wird der Körperbau der Tiere mit der steten Hinsicht auf dessen Auf¬
gabe erklärt; anziehende Abschnitte bilden das häusliche Leben der Ameisen,
deren Bedeutung als Räuber, Krieger, Sklavenhalter und Viehzüchter sowie
deren Beziehungen zur Pflanzenwelt. Auf jeder Seite des Buchs finden wir
Mitteilungen, die unsere Aufmerksamkeit fesseln und unser Nachdenken heraus¬
fordern, denn das Leben der staatenbildenden Geschöpfe, als welche schon
Aristoteles außer den Ameisen die Bienen und den Menschen nennt, zeigt
eine Vielseitigkeit und eine Ausbildung verschiedener Eigenschaften, wie sie
den bloß Kolonien bildenden oder nur paarweise lebenden Tieren niemals
zukommen. Wie ein »Ameisenhaufen im Zimmer« reichen Stoff zur Beob¬
achtung bietet, wissen wir aus eigener Erfahrung. Die Frage, warum die
Ameisen die fetten Larven des Rosenkäfers ( Getonia aurata ) nicht fressen, die
sich von dem Mulm in den Haufen der roten Waldameise nähren (S. 93)’
können wir dahin beantworten, daß sie dies nicht thun, weil sie diesen Enger¬
lingen nichts anhaben können. Als wir solche Käferlarven auf den im Zimmer
gehaltenen Ameisenhaufen brachten, fielen die Ameisen über dieselben her,
faßten sie an den überall von dem liartschaligen Leibe abstehenden Borsten
und suchten sie zurückzuhalten. Die Engerlinge aber bohrten sich ruhig
zwischen die Nadeln und Harzstückchen der Ameisenwohnung ein und streiften
dabei die anhängenden Ameisen ab, die das Vergebliche ihrer Bemühungen
einsahen und die Eindringlinge in Ruhe ließen. N.
Nachdruck verboten.
Oruck von A. Mahlau (Fa. Mul, lau & Waldsclnnidt). Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von M ah lau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 8. XXXI. Jahrgang. August 1890.
I u li a 1 (.
Drei Gedenktage zoologischer Gärten; von dem Herausgeber. — Über einige seltene
Tiere des Berliner zoologischen Gartens; von Dr. Ernst Schaff, Berlin. Mit 1 Abbildung.
— Die Lummen auf Helgoland; von dem H erausg eb er. — Bemerkungen über die Lebens¬
weise der Dorneule, Agrotis spina Gn ; von R. v. Len den fei d. — Die Raubsäugetiere des
Teutoburger Waldes; von Heinrich Schacht. — Zoo-Biologisches aus Paris; von Ernst
Friedei in Berlin. Fortsetzung. — Erklärung. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen.
— Litteratur. — Nekrolog. — Personalveränderung. — Eingegangene Beiträge. — Bücher
und Zeitschriften. —
Drei Gedenktage zoologischer Gärten.
Von dem Herausgeber.
In diesem Jahre haben drei zoologische Gärten das Fest ihres
fünfundzwanzigjährigen Bestehens gefeiert, der Garten zu Hannover
am 4. April, der zu Breslau am 10. Juli und der zu St. Peters¬
burg am 1 ./13. August. Sie sind im Jahre 1865 eröffnet, einer Zeit,
in welcher die Gründung von zoologischen Gärten in heutigem Sinne
ihre Höhe erreicht hatte, denn von da an ist der geringere Teil
der noch bestehenden Gärten geschaffen worden. Eine erfreuliche
Thatsache ist es, daß nur sehr wenige dieser zeitgemäßen Institute
wieder eingegangen sind, während bei den meisten nach Überwindung
auch schwieriger Tage sich ein gesundes Fortbestehen, ja vielfach
auch ein vorzügliches Gedeihen bemerkbar macht.
Von den drei genannten Gärten sind zwei, Hannover und Breslau,
Unternehmungen von Aktiengesellschaften und sie können deshalb
mit größeren Mitteln arbeiten. Sie haben, wie das zumeist in
unserer Zeitschrift niedergelegt ist, Bedeutendes in der Haltung und
Aufzucht von Tieren geleistet und dadurch die theoretische und
praktische Seite der Tierkenntnis wesentlich gefördert. Schwieriger
Zoolog1. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 15
226
lagen die Verhältnisse in St. Petersburg, wo eine energische Frau,
Sophie Gebhardt, auf einem Platze, der ihr von dem Kaiser
Alexander II. auf 20 Jahre pachtfrei überlassen war, einen zoolo¬
gischen Garten begründete ^ der trotz der großen Hindernisse,
die schon in dem nordischen Klima liegen, unter der Führung des
zweiten Gemahls der Gründerin, des jetzt noch den Garten besitzen¬
den Herrn Ernst Rost, mit dem sie sich 1873 vermählte, sich
gut weiter entwickelte und jetzt zum Lieblingsaufenthalte der Peters¬
burger geworden ist.
Der Breslauer Garten hat zur Feier des Jubiläums einen vor¬
züglich abgefaßten und ausgestatteten Führer mit zahlreichen Photo¬
graphien aus dem Atelier von 0. An schütz in Lissa herausgegeben,
der nicht nur über die Tiere des Gartens sondern auch über die
Entstehung der einzelnen Bauten Auskunft gibt*). Ebenso ist eine
Festschrift über den St. Petersburger Garteu erschienen, die höchst
interessante Aufschlüsse über die Eigentümlichkeiten dieser Anstalt
gewährt **) und ebenfalls mit Photographien ausgestattet ist. Wir
werden unseren Lesern von dem höchst beachtenswerten Inhalte des
Buches noch Mitteilung zu machen Gelegenheit nehmen.
Den drei Anstalten aber, die ein Vierteljahrhundert hindurch
sich als tüchtig bewährten, bringen wir nachträglich auch hier
unseren Glückwunsch. Mögen sie auch in Zukunft fortfahren, ein
Hort der Tierpflege zu sein, die Kenntnis der Tierwelt und die
Liebe zu derselben zum Nutzen der Menschen selbst zu fördern.
• •
Uber einige seltene Tiere des Berliner zoologischen Gartens.
> Von Dr. Ernst SchäfF, Berlin.
Mit 1 Abbildung.
Der Berliner zoologische Garten besitzt unter seinem umfang¬
reichen und wertvollen Tierbestand eine ganze Reihe von Arten,
welche bisher selten oder nie lebend nach Europa gekommen waren
und welche z. T. sogar in vielen Museen noch auf dem Wunsch-
*) Führer durch den zoologischen Garten zu Breslau von H. Stechmann,
Direktor des Gartens. Festausgabe. Mit 1 Plan des Gartens, 32 Tierbildern
und 16 Ansichten in Lichtdruck. Breslau 1890.
**) Der St. Petersburger zoologische Garten. 1865 — 1890. Beiträge zur
Geschichte desselben vom Inspektor Alfred Seefeld. St. Petersburg, Buch¬
druckerei von Ed. Hoppe 1890.
227
zettel stehen. Es dürfte daher nicht unangemessen sein , über
einige der selteneren Arten, zunächst der Säugetiere, zu berichten.
Zur Hauptsache muß sich natürlicherweise das hier Mitgeteilte auf
eine Beschreibung der äusseren Erscheinung, Gestalt, Farbe, Größe
u. s. w. beschränken. Doch ist bei weniger genau untersuchten
Arten und in Anbetracht des oft sehr bedeutenden Yariierens
innerhalb der Art selbst eine einfache Beschreibung neuer Individuen
von Wert. Schließt sich hieran eine Vergleichung mit den bisher
in der Litteratur vorhandenen Angaben, so kann immerhin die
Wissenschaft durch derartige Untersuchungen und Mitteilungen in
gewissem Grade gefördert werden.
Einige sorgfältig nach dem Leben angefertigte Zeichnungen
dürften zur besseren Anschauung nicht unerwünscht sein, besonders
bei solchen Tieren, von denen Abbildungen nur in schwer zugäng¬
lichen Werken vorhanden sind. Die zuuäehst folgende Zeichnung des
Andenhirsches habe ich nach eingehenden Studien und mehrfachen
Skizzen nach dem lebenden Tier entworfen und bin um so mehr
überzeugt, daß dieselbe den Hirsch richtig wiedergibt, als ich sie
vor der Veröffentlichung dem Urteil und der Begutachtung von
Fachleuten unterworfen habe.
Der Andenhirsch.
Von dieser überaus seltenen Hirschart besitzt der Berliner zoo¬
logische Garten ein erwachsenes Männchen, soviel mir bekannt, das
erste lebend nach Europa gebrachte Exemplar. Bevor ich näher auf
dasselbe eingehe, kann ich einige allgemeinere Erörterungen nicht
unterlassen.
Die Frage, ob es eine oder zwei Arten von Anden- oder Gabel¬
hirschen gibt, ist bei dem verhältnismäßig geringen, wissenschaft¬
lichen Untersuchungen zur Verfügung stehenden Material mit Sicher¬
heit vor der Hand noch nicht zu entscheiden. Allein einige Be¬
trachtungen hierüber sind immerhin schon am Platze.
Die erste Kunde von unserem Tier brachte im Jahre 1782 der
Jesuitenpater Molina nach Europa, welcher den Hirsch, von dem
er wahrscheinlich nur ein Weibchen sah, als spalthufiges Pferd oder
spalthufigen Esel unter dem Namen Equus bisulcus beschrieb.*)
Zu Anfang dieses Jahrhunderts behandelte F. S. Leuckart in
*) Yergl. Burmeister. Über Equus bisulcus Molinas. Arck. f. Naturgescb.
1875 I p. 19-30,
228
seiner Dissertation den Equus bisülcus Molinas und belegte das Tier
mit dem Gattungsnamen Hippocamelus, dem als Artbezeichnung in
passender Weise » dubius « hinzugefügt wurde. Erst etwa 30 Jahre
später wiesen Gay und Gervais auf Grund der Untersuchung eines
von ersterem erbeuteten und nach Paris gebrachten Exemplars dem
Tier seinen Platz in der Gattung Cervus an und benannten es, da
das betr. Exemplar (ebenso wie das Molinas) aus Chile stammte,
Cervus chilensis. Etwas früher schon hatte d’Orbigny in Bolivia
einen ganz ähnlichen Hirsch gefunden und als Cervus antisiensis be¬
zeichnet. In der späteren Zeit beschäftigten sich verschiedene Zoo¬
logen mit den Gabelhirschen, besonders auch Gray, welcher eine
ganze Anzahl neuer Arten und Gattungen schuf, z. T. auf einzelne
weibliche Exemplare, z. T. sogar auf ein einzelnes Männchen mit
abnormem Geweih ( XenelapJais anomalocera).
Vielfach ist der Versuch gemacht Worden, zwei Arten von
Andenhirschen zu unterscheiden: eine südliche, Cervus ( Furcifer )
cliilensis , und eine nördliche, C. (F.) antisiensis , und selbst bis in
die neueste Zeit sind diese beiden Arten von vielen Autoren aufrecht
erhalten worden. A. W agner dagegen sprach sich entschieden für
das Vorhandensein nur einer Art aus, auch Philippi ist dieser
Ansicht, ebenso Saussure (Mem. Soc. Phys. Geneve T. XXVIII.
Nr. 6, p. 12); Burmeister hält dieselbe für wahrscheinlich richtig.
Dieser Forscher sagt (Archiv für Naturgesch. 1875 p. 25), daß die
nördlicheren Exemplare des Andenhirsches heller gefärbt und etwas
kleiner als die mehr dem Süden augehörigen, daß aber im übrigen
keine erheblichen Unterschiede zu finden wären. Die Verschieden¬
heit in der Haarfarbe schiebt er z. T. auf die (angeblich) große Ab¬
weichung in der Färbung 'von Sommer- und Winterhaar, die nach
meinen Beobachtungen an dem hiesigen Exemplar übrigens außer¬
ordentlich gering ist (vergl. unten). Dagegen scheint die Färbung
individuell ziemlich bedeutenden Schwankungen unterworfen zu sein,
wie auch Pu che ran*), gestützt auf Tschudi, angibt. Von
weiteren (vermeintlichen) Unterschieden wird angeführt die geringere
Größe der Schneidezähne bei C. antisiensis , von denen aber bemerkt
wird, daß sie in der Form denen des C. chilensis glichen. Man wird
zugeben, daß dieser Unterschied von höchst zweifelhaftem Wert ist,
da viel zu wenig Material untersucht ist. Jedenfalls hängt die Größe
der Zähne z. T. von der Größe des betr. Individuums ab. Daß der
*) Monogr. du genre Cerf (Arch, du Museum VI. 1852).
— 229
Tnterorbitalraum bei G. chilensis größer sein soll als bei G. antisiensis,
kanu ebenfalls darauf beruhen, daß die südlichen Exemplare durch¬
weg größer sind als die nördlichen. Endlich wird von einigen Au¬
toren die Verbindung der Zwischenkiefer mit den Nasenbeinen als
Kriterium verwendet. Dies Merkmal ist jedoch durchaus unbrauchbar
und unbeständig. Garrod will zwar gefunden haben, daß bei den
altweltlichen Hirschen die Zwischenkiefer die Nasenbeine erreichen,
bei den neuweltlichen jedoch nicht, wovon nur eine oder zwei Aus¬
nahmen Vorkommen sollen; allein au jeder einigermaßen großen
Suite von Hirschschädeln sieht man, daß auf das angeführte Merkmal
nichts zu geben ist. Verschiedenheiten in der Geweihbildung dürfen bei
der bekannten, außerordentlich großen Variabilität dieser Gebilde bei
allen Cerviden nur mit großer Vorsicht zur Trennung von Arten
verwendet werden und auch für die hier in Betracht kommenden
Tiere ist ein konstanter Unterschied nicht zu finden, wenn auch
einzelne Geweihe von südlichen Exemplaren des Audenhirsches von
denen nördlicher Exemplare abweichen (Vergl. Nehring in den
Ber. Ges. naturf. Freunde Berlin 1885 S. 188 — 190 und Sc later
in Proc. Zool. Soc. London 1875, S. 45). Aber selbst wenn sich
nach Untersuchung einer größeren Anzahl von Exemplaren heraus¬
steilen würde, daß gewisse konstante Verschiedenheiten in der Ge¬
weihbildung je nach dem Vorkommen der Hirsche vorhanden wären,
so wäre dies meines Erachtens kaum ein Grund zur Trennung von
Arten. Man müßte dann auch z. B. die Rothirsche verschiedener
Gegenden (Schottische Hochlande, Harz, Ungarn, Donau- Auen etc. etc.)
artlich unterscheiden.
Ohne Bedenken halte ich vorläufig die Ansicht aufrecht, daß
es nur eine lebende Art von Gabelhirschen gibt. Wollte
man dem neuerdings mit so großer Vorliebe augewendeten Prioritäts¬
gesetz gerecht werden, so müßte der Andenhirsch wohl Cervus chi¬
lensis Gay et Gerv. heißen oder Furcifer chilensis (Gay et Gerv.),
da es berechtigt ist, für diese sehr eigentümliche und von den übrigen
Hirschen stark abweichende Form eine besondere Gattung zu bilden.
Bis jedoch einmal eine allgemein angenommene Nomenklatur für die
Säugetiere eingeführt sein wird, wollen wir dem Andenhirsch den
jetzt am meisten gebräuchlichen Art-Namen » antisiensis d’Orb.«
belassen.
Die Verbreitung dieser Art erstreckt sich demnach von der
Magelhanstraße bis nach Ecuador und ihr Schwerpunkt fällt mehr
in die südlichen Teile dieses großen Gebietes. Nach Burmeister
230
(a. a. 0.) findet sich nördlich vom 34° s. Br. bis zum Titicacasee
eine große Lücke in der Verbreitung des Andenhirsches, welche
ebenfalls ein Grund zur artlichen Trennung der nördlichen und süd¬
lichen Form gewesen ist. Allein nach dem eben genannten Forscher
erklärt sich das Fehlen des Hirsches in dem namhaft gemachten Ge¬
biet sehr ungezwungen aus dem fast völligen Mangel an Vegetation,
worüber Burmeister aus eigener Anschauung berichtet.
Selten steigt der Anden- oder Gabelhirsch unter das Niveau von
3500 Meter hinab, dagegen findet man ihn aufwärts bis an die
Grenze des ewigen Schnees. Seine Beweglichkeit und Gewandtheit
soll in der Freiheit sehr groß sein; in der Gefangenschaft merkt
man an dem hiesigen Exemplar nicht viel davon. Im übrigen weiß
man von der Lebensweise des Andenhirsches so gut wie nichts.
Im Text seines großen Reisewerkes*) sagt d’Orbigny, der
Hirsch habe ungefähr die Statur des Axis, sei aber plumper und
erinnere mehr an den Schweinshirsch oder an den mexikanischen
Hirsch. Zunächst sei hierzu bemerkt, daß zwischen den beiden letztge¬
nannten Hirschen in der Gestalt denn doch ein ganz beträchtlicher
Unterschied sich geltend macht. Im übrigen paßt die Abbildung, ein
farbiger Kupferstich, in Bezug auf die Körpergestalt recht gut auf
den Axis, durchaus nicht aber auf die des hier lebenden Andenhirsches.
Auch Burmeister tadelt den Gesamteindruck der Abbildung von
d’Orbigny, ebenso wie derjenigen von Gay.
Der Audenhirsch hat ein so eigenartiges Aussehen, daß er kaum
mit einem andern Hirsch zu vergleichen ist, besser dagegen (abge¬
sehen von Kopf und Geweih) mit einem Steinbock oder Wildschaf,
am besten vielleicht mit dem Mufflon. Man vergleiche die Figur.
Der Rumpf ist sehr stark, dabei verhältnismäßig lang; er ruht auf
kurzen, sehr kräftigen Beinen mit kurzen, stumpfen, schafähnlichen
Hufen. Der Hals ist schlank zu nennen, aber kräftig gebaut; er
wird ziemlich steil aufgerichtet getragen. Der mäßig große, eher
kleine Kopf verjüngt sich nach der Schnauze hin ziemlich und er¬
scheint dadurch zugespitzt. Die Stirn, welche an dem Schädel stark
gewölbt ist, tritt am lebenden Tiere nicht auffallend hervor. Das
Auge ist sehr groß und besitzt eine dunkelbraune Iris, dunkler als
auf der Abbildung von d’Orbigny. Es mag die Farbe der Iris
übrigens wie die Haarfarbe etwas abändern, was auch sonst bei Hirschen
vorkommt. So erwähnt z. B. Carter **), daß die dunkel gefärbten
*) Voyage dans l’Amerique meridionale, T. IV. P. 2, p. 28 — 29.
**) Zoologist III. Ser. Vol. XI p. 321—326.
231
Hirsche der großbritannischen Hochlande dunkle, die helleren Hirsche
der Ebene dagegen viel hellere, z. T. sogar strohgelbe Iris haben.
Bei dem Berliner Andenhirsch ist die Färbung des Körpers, ab¬
gesehen von gleich zu erwähnenden einzelnen Teilen, ähnlich der
Der Andenhirsch, Cervus antisiensis d’Orb.
des Rehes im Winter, doch mehr gelblich gestichelt; auch die ganze
Beschaffenheit und Dichtigkeit des Haarkleides ist ähnlich wie bei
der Winterdecke des Rehes. Das Haar ist schwach gewellt, trocken
und brüchig. Auf der Stirn ist die Färbung dunkler bräunlich (erd¬
braun) und ein noch etwas dunklerer, seitlich nicht scharf begrenzter
Streifen erstreckt sich über den Nasenrücken bis dicht oberhalb der
Nase. Das schwarze, nackte, ziemlich viereckige und mit einer un¬
deutlichen, senkrechten Mittelfurche versehene Nasenfeld (Muffel) wird
von einem weißen, nicht scharf begrenzten, aber sich auch aus der
Ferne stark abhebenden Band umgeben. Hinter demselben ist an
der Oberlippe ein schwärzlicher Fleck. Die Unterseite des Kopfes
— 232 —
zwischen den Unterkieferästen, die Kehle, sowie ein Teil des Vorder¬
halses sind weiß. Weiß ist auch ein ziemlich starker Spiegel, sowie
ein großer Teil der Innenseite der Extremitäten, doch ist der Mittel¬
fuß unterhalb der Fußwurzel (also an den Hinterbeinen) mehr grau¬
gelblich, während an dem unter der Handwurzel gelegenen Teil des
Vorderbeins das Weiß mehr hervortritt. Die Vorderseite der Hand¬
wurzel und ein von hier sich abwärts bis zu den Phalangen er¬
streckender schmaler Streif (in der Zeichnung nicht ganz deutlich
genug markiert) sind gelbbräunlich, lebhafter als die allgemeine
Körperfarbe. Die Beschreibung der Unterseite des Rumpfes als ein¬
farbig bräunlich und viel dunkler als die Oberseite (so Fitzinger,
nach dem auch die untere Hälfte des Halses und die Brust sehr
dunkel sein sollen), trifft für das von mir beschriebene Exemplar
nicht zu; es ist vielmehr die Unterseite des Rumpfes kaum merklich
anders gefärbt als die Oberseite. Die ziemlich langen, zugespitzten
Obren sind inwendig mit dichtem, weißlichem Haar bekleidet, welches
wohl Gray zur Aufstellung seines Huamela leucotis ( Capreolus leuc.y
Xenelaphus leuc.) veranlaßte. Der relativ kurze Schwanz ist auf der
Mitte der Oberseite bräunlich, sonst weiß. An der Innenseite der
Fußwurzel sitzt an den Hinterbeinen eine kleine runde Haarbürste
von verlängerten, dunkel gelbbraunen Haaren. Weitere Bürsten, wie
sie sonst oft bei den amerikanischen Hirschen unter der Mitte des
Metatarsus sitzen, habe ich nicht bemerkt. Auch in der Litteratur
finde ich keine Angaben darüber.
Augenblicklich, Ende Juli, steht der hiesige Andenhirsch im
Haarwechsel. Das neue Haar ist, soweit bis jetzt bemerkbar, dem
alten in der Färbung völlig gleich, doch scheinbar kürzer. Mit dem
büschelweise, zunächst an den hinteren Körperteilen ausfallenden
Oberhaar verlor der Hirsch zahlreiche Flocken von sehr weichem
Wollhaar, wie ich dies in derartiger Menge noch bei keinem anderen
Hirsch beobachtet habe.
Am 5. April dieses Jahres wurde das Geweih hier zum ersten
Male abgeworfen ; eingetroffen war der Hirsch im hiesigen Garten
Anfang Juni 1889 mit Bastgeweih. Bald nach erfolgtem Abwurf der
beiden Stangen bildete sich zunächst auf jedem Rosenstock eine
rundliche, spärlich behaarte schwärzliche Knolle, die allmählich
länglich wurde, sich dann in eine vordere und eiue hintere Partie
teilte und nach und nach stärker behaarte. Gegen Ende Mai hatte
das neue Geweih seine definitive Größe erlangt und zeigte sich von
einem dichten, weichen, gelblichgrauen Haarfilz bedeckt. Ende Juni
— 233
machte der Hirsch noch keine Anstalten zum Fegen; das Geweih er¬
wies sich noch als ziemlich weich und fühlte sich sehr warm an,
ein Zeichen, daß die Blutgefäße noch in Thätigkeit waren. Erst
Mitte Juli begann das Fegen, welches jetzt (27. Juli) noch nicht be¬
endet ist. Doch sieht man schon, daß das neue Geweih stärker
wird als das vorige. Der dicht über der Rose sich abzweigende
Augensproß ist ungefähr 14 cm, der hintere Ast (Hauptstange) etwa
21 cm lang; die Entfernung der Spitzen der beiden hinteren Ge¬
weihäste voneinander beträgt 17 cm. Wie bekannt, besteht das
normale Geweih des Audenhirsches aus einer einfachen Gabel; Mon¬
strositäten kommen wie bei allen Cerviden auch hier vor. Die
Längenverhältnisse der beiden Äste einer Hälfte des Geweihes wechseln
ziemlich beträchtlich, wie man aus folgender Tabelle entnehmen kann:
Geweihmaße:
Lebendes Exempl. des Berliner zool. Gartens . .
Angaben von d’Orbigny („C. antisiensis “)
Angaben von Prof. N eh ring („C. chilensis“)
Privatbesitz von Prof. Ne h ring („ C . chilensis “)
Vorder-
Hinter-
ast.
ast.
. . . 14
21
Berlin 17,5
19
/ 14
17
* ‘ * 1 14
22,5
t 17
24,5
■ ■ ■ \ 17
27
. . . 15
29
Häufig ist bei den südlichen Exemplaren des Andenhirsches,
also dem sogen. »(7. chilensis «, der vordere Gabelast verhältnismäßig
kurz und dabei erst in einiger Entfernuug von der Rose abgezweigt.
Das ist z. B. bei einem sehr starken, in Herrn Prof. Nehrings
Besitz befindlichen und dem y>G. chilensis « zugeschriebenen Stück
der Fall; ebenso bildet Sei ater in den Proc. Zool. Soc. 1875
S. 45 ein ähnliches Geweih unter der angegebenen Bezeichnung ab.
(Sau ss ure äußert a. a. 0., daß das Geweih einem C. palndosus an¬
gehört haben möge, wofür jedoch meiner Ansicht nach gar kein
Grund vorliegt.) Fitzinger dagegen gibt in der Beschreibung
seines Creagoceros antisiensis an, daß die Stange sich U/2 — 2 Zoll ober¬
halb der Rose in zwei Äste teile. Wie bereits vorher erwähnt,
dürfte es sehr gewagt sein, bei einander im allgemeinen sehr nahe
stehenden Formen so veränderliche Gebilde, wie es die Geweihe sind,
zu artlicher Trennung zu verwerten.
••
Uber das Benehmen des Andenhirsches in der Gefangenschaft
ist nicht viel zu sagen. Im allgemeinen erscheint das hiesige Exem¬
plar geistig nicht sehr entwickelt, und auch die ihm zugeschriebene
Beweglichkeit vermißt man. Ich habe ihn kaum jemals anders als
234
in einem gemächlichen Schritt sich bewegen sehen. Es ist übrigens
dies ähnlich wie bei anderen Bergtieren, welche in der Gefangen¬
schaft, selbst wenn ihnen künstliche Felspartien etc. zur Verfügung
stehen, selten ein sehr lebhaftes Wesen zur Schau tragen außer im
Jugendalter. In Bezug auf die Nahrung macht der Andenhirsch
durchaus keine Ansprüche und befindet sich bei dem gewöhnlichen
Hirschfutter außerordentlich wohl ; gegen klimatische Einflüsse ist
er völlig unempfindlich, da er in seiner Heimat an Hitze wie an
Kälte gewöhnt ist. Für zoologische Gärten ist diese ganz besondere
Hirschart eine sehr interessante Erscheinung, da selbst dem Laien
das Eigenartige des Tieres auffällt.
Bei Gelegenheit des Correcturlesens kann ich noch hinzu fügen,
dass seit Anfang August das Geweih völlig gefegt ist. Es hat sich
dabei gezeigt, dass es von dem vorigen an Stärke nicht so sehr ver¬
schieden ist als es, während es im Bast war, den Anschein hatte,
doch ist es immerhin etwas kräftiger. Der Haarwechsel ist langsam
fortgeschritten, ohue dass eine Farbenänderung in der Gesamter¬
scheinung des Hirsches zu bemerken wäre. Anzeichen von Brunft,
welche sonst bei den Cerviden mit der völligen Reife des Geweihes
zusammenzufallen pflegt, habe ich an dem hiesigen Andenhirsch
nicht wahrgenommen.
Die Lummen auf Helgoland.
Von dem Herausgeber.
Im Jahrgang 1888 unserer Zeitschrift (S. 257) haben wir die
Beobachtungen niedergeschrieben, die wir in demselben Jahre an
dem Lummenfelsen auf Helgoland zu machen Gelegenheit hatteD.
Auch im Juli 1889 besuchten wir die Insel, die vor wenigen Tagen
ihren natürlichen Anschluß an unser Vaterland gefunden hat, und
da wir noch nicht Raum und Muße fanden, die gemachten Erfah¬
rungen zu veröffentlichen, so geschieht dies hiermit an der Hand
unseres Tagebuchs.
15. Juli 1889. Erste Fahrt nach den Lummen. Der Brut¬
felsen ist dieses Jahr sehr gut besetzt, wie uns H. Lührs mitteilt
und wie wir selbst an der Menge der Vögel sehen. Die Witterung
muß dem frühen Beginne des Brütens günstig gewesen sein, denn
die unteren Reihen des Felsens sind nach der linken und rechten
Seite schon leer, die Vögel abgeflogen. Die oberen Reihen sind
235
aber dicht besetzt und ein gewaltiger Lärm ertönt von der roten
Felswand. 'Wir hören lauge dem Schreien zu und suchen die
Stimmen einzelner Vögel zu unterscheiden; da ergibt sich denn, daß
fast jeder einzelne anders ruft und eine andere Tonlage hat. Hohe
und tiefe Rufe schallen durcheinander und man hört deutlich heraus
bald ein heiseres Lachen ha ha ha ha ha, ein Schnarren rä rä rä,
ein Schnurren rrrrrre, herre harre, ein tiefes o o o oder ho arre
und dazwischen ein gellendes hä hä hä und den Ruf filipp filipp
der Jungen.
Die nächsten Tage suchen wir das Treiben der Lummen vom
Oberlande aus zu beobachten und zwar wiederum gegen Abend, wo
das Leben dieser Vögel sich in lebhafterem Tempo zeigt als den
Tag über. Doch kann man wegen der Gefahr des Abbröckelns des
Felsens nicht nahe an dessen oberen Rand herantreten, und es bleibt
uns nichts übrig, als von dem Vorsprunge einer benachbarten
Bucht aus hinüber zu sehen auf die obere Ecke des Vogelberges,
wo nur wenige Vögel sichtbar sind. Ein Feldstecher thut uns bei
dem Sehen in die Ferne gute Dienste. Die auf den Kanten des
Felsens stehenden Vögel machen oft eigenartige Bewegungen, sie
strecken den Hals aus, beugen ihn abwärts und drehen den Kopf
bald rechts bald links, als ob sie etwas untersuchen wollten. Was
dies sein mag, können wir nicht ergründen.
19. Juli. Fahrt mit dem Boote. Von den Lummen ist mehr
als die Hälfte bereits abgeflogen. Viele drücken sich noch in den
Mulden und Vertiefungen des Felsens zusammen und wenden den
dunklen Rücken der Sonne zu, als ob sie sich trocknen oder wärmen
wollten. Einzelne, die herzufliegen und an ungünstiger Stelle nicht
bequem stehen köuneu, klammern sich mit den Füßen an oder
klettern flatternd an der schrägen Fläche empor. Andere trippeln
auf den Galerien umher. Von Jungen können wir mit dem Glase
nur zwei sehen; ein Philipp schreit noch. Abends gegen 9 Uhr mit
Eintritt der Dämmerung, als der Leuchtturm schon Licht hatte, lagert
sich ein leichter Duft auf dem ruhigen Meere. Auch auf dem
Vogelberge ist es still; draußen aber auf dem freien Wasser hört
man das Filipp einzelner Jungen und das vergnügte Schnarren der
führenden Alten hrrrra oder hrrrä. Mehr und mehr verlieren sich
diese Stimmen in die Ferne, die Jugend wird in die Welt eingeführt.
20. Juli. Vom Oberlande aus sehen und hören wir um 8 Uhr
abends, daß wiederum Junge mit den Alten den Felsen verlassen.
Einzelne Alte fliegen noch ab und zu, wenige schreien noch.
236
21. Juli. Von oben sehen wir zu, wie eine junge Lumme
herab fällt und ängstlich schreiend auf dem Wasser schwimmt; da
fliegt die Alte herbei und führt rufend den Neuling, der ihr be¬
ruhigt dicht folgt. So kommen noch mehrere Paare, auch thun sich
mehrere Mütter mit ihren Jungen dazu und ziehen in Gemeinschaft
hinaus auf das dunkle Meer, ja auch andere alte Vögel ohne Junge
schließen sich au, und einmal sind es neun Stück, die sich mit dem
Glase weit hinaus verfolgen lassen.
22. Juli. Ein helgoländer Junge bietet mir bei Tisch eine
junge Lumme zum Kauf an und überläßt sie mir zu 30 Pfennigen.
Sie sitzt ruhig auf dem Tisch und reckt von Zeit zu Zeit den Hals
laug aus, ruft aber selten ihr Filipp. Mein Sohn ahmt das Locken
der Alten nach hra hra, da dreht sich das Junge um, trippelt auf
ihn zu und ruft laut sein Filipp, und das wiederholt sich, so oft
vor der Tischgesellschaft im Pavillon der Versuch wiederholt wird.
23. Juli. Gegen 6 Uhr nachmittags Ruderfahrt bei sehr
schönem Wetter zu den Lummen. Wir sind zu fünf im Boote.
Nur wenige Lummen sind noch auf dem Felsen, Alte fliegen ab
und zu; einige Junge in verschiedener Größe werden mit dem
Glase gesehen, auch hört man einige rufen. In der untersten Nist¬
reihe, die im übrigen leer ist, bemerken wir drei Junge, die von
den Alten im Hintergrund gehalten werden, indem sich diese vor
sie stellen ; seitwärts von ihnen steht noch eine Alte mit einem
Jungen hinter sich. Auch hier beobachten wir das Nicken der alten
Vögel mit dem Kopfe (s. 15. Juli); es ist gegen die Jungen ge¬
richtet und muß diesen gelten, vielleicht um sie zu betrachten, denn
eine Fütterung scheint dabei nicht stattzufinden, da mehrere Vögel
diese Bewegung nach einem Jungen machen. Oben sitzt in einer
muldenförmigen Vertiefung eine Lumme flach ausgebreitet auf dem
Boden und bleibt lang in dieser Lage. Endlich erhebt sie sich und
es wird ein Junges unter ihr sichtbar, das sie also bedeckt hatte,
und nun machen sich auch andere Alte mit dem Jungen zu schaffen.
Links an einer Stelle des Felsens, wo man kaum Halt für ein Tier
vermuten sollte, hockt eine andere Lumme, auch den Rücken nach
dem Meere gerichtet, aber sie bleibt sitzen, so lange wir da sind
und sie sehen können. Daß sie auch ein Junges deckt, wird uns
an den Bewegungen ihres Halses klar, den sie reckt und biegt, um
mit dem Schnabel etwas unter sich zu schaffen. So sitzen in einer
Mulde noch mehrere Vögel in gleicher Lage und vielleicht schützen
auch sie ihren Zögling.
237
Ein Abfliegen der Jungen will sich heute lange nicht zeigen,
wahrscheinlich weil vier Boote herankommen und unter dem Felsen
halten. Die Leute darin schlagen mit den Rudern auf das Fahrzeug
und schreien, um die Lummen zum Abfliegen zu veranlassen. Wir
liegen still in der Nähe, bis die scheidende Sonne auf kurze Zeit
zwischen dunklen Wolkenschichten hervorbricht, um einen purpurn
schillernden Streif über das Wasser zu uns zu legen und dann im
Meere zu versinken. Wir sind allein unter dem Felsen, da sieht
mein Sohn ein Junges nahe der Steinwand ins Wasser fallen. Die
Alte getraut sich wegen unserer Nähe nicht heran und so ist der
Kleine bald gefangen. Im Boote sitzt er lange unter der Bank auf
der Kante eines der Seitenborte und beißt zu, wenn eine Hand
nach ihm greifen will. Wir rudern etwas seitwärts und wieder
sehe ich das WTasser von einem fallenden Körper aufspritzeu. Wie
wir herbei eilen, ist der Philipp (die Jungeu wurden kurzweg in
unserer Gesellschaft stets so genannt) schon eine Strecke weit hin¬
aus geschwommen, die Alte bei ihm. Wir folgen ihnen, sie zu
beobachten und ängstigen sie durch unser Nahen. Die Alte ruft
beständig hra, hra, das Junge streckt den Kopf und rudert tüchtig. Als
wir nahen, taucht zuerst das Junge unter und entfernt sich von der
Mutter; diese schießt auf dem Wasser hin und her und schreit mit
offenem Schnabel laut hra, hra. Bald taucht sie, bald das Kleine,
bald kommen beide sich näher, bald entfernen sie sich voneinander,
und da die Alte, die tauchend, schwimmend oder flatternd dem
Jungen nahe kommen will, sich stets wieder von ihm getrennt
sieht, faßt sie eine Art Verzweiflung. Sie weiß nicht mehr, was
sie machen soll, fährt bald da-, bald dorthin und schreit jämmer¬
lich. Da gestatten wir ihr, sich dem Jungen zu nähern, und wie
sie jetzt seiner auf der rechten Seite des Kahnes ansichtig wird,
flattert sie schreiend an der Spitze des letzteren vorbei dem Kiude
zu, das ihr ebenfalls entgegeukommt. Ganz in unserer Nähe ver¬
einigen sie sich und nun brummt die Alte ho — ho — ho — in
kurzen Stößen; aber immer noch groß ist ihre Aufregung, denn sie
fährt wiederholt mit dem Kopfe in das Wasser und arbeitet darin,
als wenn sie es zerteilen oder als wenn sie trinken wollte. Wir
folgen dem Paare, das so rührende Beweise der gegenseitigen Liebe
gegeben, noch eine Weile, um es zu beobachten, nicht aber um es
zu verfolgen. Aber gern wären wohl beide aus unserer Nähe gewesen,
und nun sehen wir die wiederholten Bemühungen des Jungen, auf
den Rücken der Alten zu kommen. Mehrmals saß es halb auf,
238
fiel aber bei dem hastigen Rudern der Mutter wie auch durch die
eigene Unruhe wieder herab. Als wir uns jetzt zur Rückkehr wandten,
frug ich jeden der Jagdgenossen im Boote, was er gesehen, und
alle sprachen ganz bestimmt aus, daß das Junge sich bemüht habe,
auf den Rücken der Mutter zu kommen und daß letztere sich in
keiner Weise dagegen gesträubt habe. Unter ruhigeren Umständen
hätte sie ihr Junges auf dem Rücken durch das Wasser getragen.
Es wird also die früher von uns (Jahrg. 1888, S. 260) angeführte
Beobachtung von Hilmar Liihrs, der zweimal das Tragen des Jungen
auf dem Rücken der Alten gesehen, vollauf bestätigt.*)
Als wir gegen den Felsen hin zurückfuhren, kam wieder ein
Philipp daher, ein kräftiges Tierchen, das wiederholt tauchte und
dabei immer weiter von dem Lande abkam. Da rief auf einmal
draußen die Alte, die sich seither ruhig verhalten hatte, so daß
wir gar nicht glaubten, sie gehöre zu dem Jungen. Als wir dieses
verfolgten und von ihr abjagteu, da zeigte sie ähnliche Angst und
Unruhe wie die vorhin erwähnte Lumme. Der junge Vogel wußte
sich durch fortwährendes Tauchen geschickt unserer Begegnung zu
entziehen, und es wäre vergeblich gewesen, ihm weiter zu folgen.
Ein weiteres Junges wird allein getroffen; aber auch es weiß
mit der größten Gewandtheit zu tauchen und schwimmt einmal
gewiß 30 Meter unter Wasser. Ohne Führung und ohne zu
schreien entgeht es uns stets , und da die Dunkelheit zunimmt,
müssen wir die Verfolgung, die uns wie jede vorhergehende weit
auf das freie Meer geführt hatte, aufgeben. Bei der Rückkehr nach
dem Vogelfelsen begegnet uns eine ganze Anzahl von Jungen, die
von den Alten hinausgeführt werden auf das große Meer. Offenbar
war heute die Zahl der abfliegenden Vögel eine besonders große;
zu ihrem Glücke, denn am nächsten Morgen um 4 Uhr soll die
Jagd auf sie eröffnet werden, wie eine Bekanntmachung anzeigte.
Wir rudern noch einmal nach dem Vogelfelsen zurück und
legen an seinem Fuße an. Hilmar Liihrs steigt aus, klettert
in einem Winkel einige Schritte empor und bricht mit dem Messer
einige Stücke aus einer der weißen Adern des Lummenfelsens, wie
*) Unser Mitarbeiter, Herr Paul Leverkühn, mit dem ich über diesen
Punkt sprach, teilt mir durch Postkarte vom 18. September 1889 mit: »Junge
auf dem Rücken beobachtete ich bei Colymbus cristatus auf verschiedenen Seen
Holsteins; dasselbe Naumann (IX, S. 714) und Lindner 1889 an der
Kurischen Nehrung laut Brief vom 28. Juni 1889. Ferner sah ich es bei
Fulica atra auf den Riddagshäuser Teichen.«
239
sie dieser Stelle der Insel eigen sind und ausgewittert die Höh¬
lungen für die schlafenden und brütenden Vögel abgeben. Das
Gestein dieser Adern ist ein weißlicher, äußerst feinkörniger Sand¬
stein, der so locker ist, daß er sich leicht zwischen den Fingern
zerreibt. Regen, Wind und Frost hatten jedenfalls keine große
Kraftanstrengung zu machen, um die Galerien für die Lummen
auszuhöhlen.
24. Juli. Seit einigen Tagen war an dem Badehause eine
Bekanntmachung angeschlagen, die folgendermaßen lautete:
»Hierdurch zur gefälligen Kenntnisnahme, daß die Lummen-
jagd am 24. dieses eröffnet werden wird.
Die Abfahrt findet morgens 4 Uhr am Süderstrande statt und
wird durch einen Signalschuß aus dem Boote Sr. Excellenz des
Herrn Gouverneurs angeküudigt werden.
Helgoland, den 16. Juli 1889.
Die Badedirektion.«
Wir schlossen uns der Jagdgesellschaft nicht an, hörten aber,
daß der Magistrat Mr. Whitehead im Aufträge des Gouverneurs
die Jagd eröffnet habe, daß aber wegen des Regens die Beteiligung
nicht sehr groß gewesen sei. Auch den Tag über wurde noch
fortwährend geschossen, und wir sahen mehrere Mittelboote anlanden,
deren Bänke ganz mit toten Lummen belegt waren. Wir benutzten
die Gelegenheit, um zu erfahren, wie man das verschiedene Ge¬
schlecht der alten Lummen unterscheide, aber es konnten uns weder
Schiffer noch Jäger eiu äußeres Kennzeichen dafür angeben, noch waren
wir bei Besicht igung zahlreicher Leichen imstande ein solches finden.
Abends machen wir wieder eine Ruderfahrt nach dem Lummen-
felsen, um zu sehen, was die Jagd für eine Wirkung ausgeübt habe.
Die Flut war im Gange und starker Westwind peitschte das Wasser,
weshalb das Rudern recht anstrengend war. Ein herrlicher Sonnen¬
untergang lohnte die Arbeit, nachdem wir an Stelle gekommen
waren; aus graublauen Wolkenmassen trat die große feurige
Sonnenscheibe, von feinen Wolkeuschichten quer gestreift, nach
unten hervor und verbreitete glühenden Feuerschein zitternd über
das Wasser.
Noch sind zwei Jagdboote draußen, von denen fortwährend auf
die wenigen Lummen geschossen wird, welche ihre Mutterpflicht
nach der heimatlichen Behausung zurückführt. Manche fällt von
dem Blei getroffen herab in das Meer und wird von den unersätt¬
lichen Schützen aufgenommen, manche wird bei ihrem Nahen von
240
den Schüssen wieder vertrieben und irrt draußen umher, und nur sehr
wenige erreichen den Felsen. Da oben aber ist es öde und leer,
nur der Ruf verwaister Jungen tönt herab und verrät, daß solche
noch vorhanden sind, auch sieht man einzelne hin und her trippeln.
Manchmal ruft eine Alte, die durch die Schüsse wieder zurückge¬
scheucht wird, in der Nähe des Felsens ihr hra hra, dann ant¬
worten die Jungen in Gemeinschaft filipp, filipp, und der Stimme
nach müssen noch recht zarte Tierchen unter ihnen sein. Aber
keine liebende Mutter kehrt zurück, Hunger, Kälte und Tod siud
das Los der armen Verlassenen, der Opfer der blinden Schieß wut.
Die Helgoländer aber schwelgen einige Tage im Genüsse der ge¬
bratenen Vögel, deren dunkles Fleisch, gut zubereitet, gar nicht
übel schmeckt, wie wir uns selbst zu überzeugen Gelegenheit hatten.
Jetzt, wo Helgoland deutsch geworden ist, wird es auch vielleicht
mit dieser Jagd anders und wird es hoffentlich nicht gestattet, die
Masse der Vögel in früher Morgenstunde bei ihrem Schlafplatze
zu überraschen, sie überhaupt au ihrer Brutstelle zu schiessen.
Bemerkungen über die Lebensweise der Dorneule, Agrotis
spina Gn.
Von R. v. Lendenfeld.
Agrotis spina ist ein kleiner grauer Nachtschmetterling, welcher
in ungeheuren Schwärmen die höchsten Teile der Australischen Alpen
belebt und ausnahmsweise auch ins Tiefland herabsteigt.
Dieser Schmetterling und seine Larven wurden früher in großen
Mengen von den Australnegern verzehrt. Sobald im Frühsommer der
Schnee auf den Plateaus zu schmelzen begann, machten sich einzelne
Horden von Australnegern nach dem Gebirge auf und rückten, dem
zurückweicheuden Schnee folgend langsam bis zu den höchsten
Gipfeln vor. Im Hochsommer trieben sich dann auf den Plateaus
große Scharen von Australnegern herum, welche sich bis zum Herbst
von diesem Schmetterling und seinen Raupen nährten. Die Larven
leben in der Erde und fressen die Wurzeln der Alpenkräuter. Die
Schmetterlinge sitzen tagsüber in dichten Massen in Felsritzen.
Die ersteren wurden ausgegraben, die letzteren aber ausgeräuchert.
Schmetterlinge sowohl als Raupe wurden in heißer Asche gebraten.
Diese Speise scheint den Australnegern sehr gut angeschlagen
— 241 —
za haben, denn sie kehrten im Herbste sehr wohlgenährt in das
Tiefland zurück.
Die Australneger nannten diesen Schmetterling und seine Larven
Bogong und übertrugen dann diesen Namen auf die Gebirge, wo sie
dieselben fanden. Dieser Name hat sich stellenweise erhalten und
der höchste Berg in Viktoria, zugleich einer der höchsten Gipfel von
ganz Australien, führt gegenwärtig noch den Namen Mount Bogong.
Ich brachte die Nacht vom 7. auf den 8. Januar 1886 auf dem
Gipfel des Mount Bogong, 1550 Meter über dem Meere, zu und be¬
obachtete zwischen 7 und 10 Uhr abends einen ungeheuren Schwarm
dieses Schmetterlings. Ungezählte Millionen von Agrotis spina-
Exemplaren zogen, einem dichten Schneegestöber gleich, an dem
Gipfel des Mount Bogong in raschem Fluge von Westen nach Osten
vorüber. (Petermanns Geogr. Mittig. Erz. hl. Nr. 87 p. 32).
Seither ist ein großer Schwarm dieser Agrotis an der Küste
von Neu-Siid- Wales beobachtet worden (S. Oliff. Proceedings Liu.
Soc. N. S. W. for 1889), und neuerlich hat Helms (Records of the
Australian Museum Vol. 1, Pt. 1, p. 14) diese Agrotis auf dem
Kosciuscoplateau in Höhen von 2000 Metern gefunden.
Im Gebirge sind nach der Aussage Macleays solche große
Schwärme, wie ich einen beobachtete, von Hirten und andern schon
mehrfach gesehen worden.
Helms verdanken wir die Angabe, daß diese Schmetterlinge iu
großen Mengen dicht zusammengedrängt unter Steinen und in
Felsritzen sitzen. Die Angabe, dass sie sich von den Alpengräsern
und ihren Wurzeln nähren sollen, bezieht sich wohl nur auf die
Raupen.
Es fragt sich nun, welchen Zweck die Wanderungen dieser
Eulen in großen Schwärmen haben mögen. Ihr seltenes und aus¬
nahmsweises Auftreten im Tiefland zeigt, daß regelmäßige Wande¬
rungen von der Höhe herab in die Tiefe nicht stattfinden. Wir
müssen vielmehr annehmen, daß der Schwarm, welcher im vorigen
Sommer an der Küste beobachtet worden ist, nur zufällig dahin ver¬
schlagen wurde.
Der Schwarm, den ich am Mount Bogong sah, flog in der
Richtung des Kosciuscogebirges.
Da die Agrotis auf den Hochebenen massenhaft, im Tieflande aber
nur ausnahmsweise auftritt, so wird anzunehmen sein, daß die Wande¬
rungen von einem Gebirge zum andern gehen, beziehungsweise von
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI/ 1890. IG
■
*
242
einem Teile eines Plateaus zu einem andern. Vielleicht treibt Nah¬
rungsmangel den Schmetterling zur Wanderung, oder es steht die
Wanderung im Zusammenhang mit der Fortpflanzung. Jedenfalls
wäre es interessant näheres über die Ursachen dieser Wanderungen
zu ermitteln.
Die Raubsäugetiere des Teutoburger Waldes.
Von Heinrich Schacht.
IV. Der Steinmarder (Mustela foina).
Es war an einem hellen Abende des Monats Februar, als ein
prachtvolles Nordlicht am Himmel stand, dessen rötlicher Schein
sich von dem gegenüberliegenden Nachbarhause glänzend abhob.
Auf einmal erschienen »in elektrischer Beleuchtung« auf der Dach¬
first des Hauses ein paar vierbeinige Turner, die mit Leichtigkeit
und großer Behendigkeit um und über den in der Mitte des Dachs
hervorragenden Schornstein hinwegsetzten, sich einigemal gewaltig
in den Pelz fuhren, hin- und herliefen und dann an der andern
Seite des Hauses verschwanden. Es waren ein paar hitzige Stein¬
marder, die »hoch überm niedern Erdenleben« sich den Hoch¬
zeitsfreuden hingaben und sich um die unten stehenden schwatzen¬
den und lärmenden Menschenkinder durchaus nicht zu bekümmern
schienen.
Der Steinmarder oder Hausmarder, der hier noch in jeder Ort¬
schaft zu finden ist, unterscheidet sich von seinem Vetter, dem
Edelmarder, nicht nur durch seinen schwächeren Körperbau sondern
auch durch seinen weißen Kehlfleck. Während der Edelmarder sich
ausschließlich den Wald zum Aufenthalte wählt, treffen wir den
Steinmarder vorzugsweise in Städten und Dörfern und einsamen
Gehöften , wo ihm mit Stroh gefüllte Scheunen, Holzschuppen,
Stallungen , wüste Hausböden u. s. w. treffliche Verstecke und
Schlupfwinkel darbieten. Der Steinmarder ist der geschworene Feiud
alles Hausgeflügels und mordet mit wahrer Wollust Gänse, Enten,
Puter, Hühner und Tauben, dringt in Kaninchenställe und Meer¬
schweinchenkloben und tötet, was er vorfindet, überwältigt mit
Leichtigkeit die stärksten Ratten, begnügt sich auch mit Eidechsen,
Fröschen und Blindschleichen und liebt nebenbei auch süßes Obst,
Weintrauben und Vogelbeeren. Hat er einmal einem Taubenschlage
oder Hühnerstalle seinen Besuch abgestattet, so bieten diese Gelasse
243
ein schreckliches Bild der Verwüstung dar. So war einst ein Haus¬
marder in meiner Nähe in einen Gänsestall gedrungen und am an¬
deren Morgen lagen 15 junge Gänschen mit zerfleischtem Schädel
tot am Boden. Die alte Gans mit Wunden bedeckt, hockte traurig
mit zerbissenem und zerrissenem Flügel im Winkel; sie hatte sich
durch kräftige Flügelschläge verzweifelt verteidigt und war eben
hierdurch den weiteren Angriffen des Mörders entgangen. — Und
wenn er nun einmal einen reichbevölkerten Taubenschlag mit seiner
unliebsamen nächtlichen Gegenwart beehrt hat! Haufenweise liegen
die Leichen der armen Täubchen beieinander; einzelne, die, aufge¬
schreckt durch das Geräusch in der Mordnacht, zufällig aus dem
Flugloche entkommen sind, sitzen am anderen Tage scheu und ver¬
stört auf dem Dache und werfen äugstliche Blicke nach dem Schlage,
aber keine wagt es wieder, den verdächtigen Ort zu betreten. Selten
schleppt der Räuber mehr als ein Opfer mit sich, meist begnügt er
sich mit dem Hirn und Blute derselben und nur, wenn er Junge hat,
bringt er verschiedene Stücke in Sicherheit. Da er im Klettern
äußerst geschickt ist, steigt er selbst in der Nacht, wie ich schon
erfahren, an rauhen Steinwänden der Häuser empor, um die unter
dem Dache stehenden Nester der Hausschwalben, in welchen die
ganze Nacht hindurch gelärmt und gezwitschert wird, auszurauben.
Daß ein solcher Mörder, wo er einmal durch eine Blutthat
seine Gegenwart verraten hat, mit allen Mitteln verfolgt wird, ist
selbstverständlich. Zunächst gilt es, seinen Steig vom Hause oder
nach dem Hause auszukundschaften und auf diesem wohlversteckt
ein Tellereisen anzubringen, am besten da, wo der Marder, um hinauf-
oder herabzukommen, einen Sprung machen muss. Aber auch mit
der sogenannten Kastenfalle, die an beiden Seiten mit Klappen ver¬
sehen ist und die man mit einem Ei beködert oder auch ohne Köder
dahinstellt, wo der Marder seinen Steig oder Weg hat, ist er leicht
zu fangen. Man muß nur, wenn die Falle einmal zugefallen ist,
sorgsam nachsehen, ob sich auch wirklich ein Marder gefangen hat,
und es nicht machen, wie mein alter Nachbar, der, als §r eines
Morgens seine Kastenfalle geschlossen fand, sofort einen Sack herbei¬
holte, den vermeintlichen Marder hineinpraktizierte und nun den
Sack mit aller Kraft um den Pfosten seiner Hausthür schlug. Als
er nun den Sack umschüttete, fiel statt des Marders seine beste Haus¬
katze heraus.
Hat man hier einmal zur Winterzeit auf einem Bauernhöfe einen
Hausmarder im Hause oder in der Scheune fest eingespürt, so wird
244
auch bald eine große Hatz und Jagd in Scene gesetzt. Zunächst
wird an jede Hausecke ein Jäger gestellt, dann begibt sich eine An¬
zahl von Leuten mit kleinen und großen Wagenketten, alten Kesseln,
Topfdeckeln u. s. w. versehen, auf den Boden und nun beginnt ein
unbändiges Rasseln, Klirren und Klappern, ein Heulen und Schreien,
als gälte es einen unsaubern Geist auszutreiben. Der Marder, durch
den Höllenlärm aus seiner Ruhe geschreckt, sucht sich aus dem
Staube zu machen und erscheint bald oben auf dem Dache oder
unter demselben. Aber schon durchhallt ein mächtiger Knall das
Gehöft, und um das Leben des Marders ist es geschehen.
Eine eigne Marderfalle oder besser Mardergrube, die bereits
mehreremal ihre Dienste gethan , fand ich auf dem Hofe meines
Freundes, des Gutsbesitzers Brockmeier zu Schönemark bei Detmold.
Dort befindet sich in einem Nebengebäude ein 3 m tiefer, ebenso
langer und breiter, mit Cement glatt verputzter Behälter am Boden,
in welchen man im Herbst das Laub vom Gemüse ein preßt, um es
im Laufe des Winters zum Füttern zu verwenden. Da der Be¬
hälter den größten Teil des Jahres hiudurch leer steht, so ist schon
mehreremal ein Hausmarder hineingeraten, der sich dann wohl oder
übel gefangen geben mußte, weil er an den glatten Wänden nicht
empor zu glimmen vermochte.
Wie alle Mustelinen, verteidigt auch der Steinmarder oft in
wahrhaft tollkühner Weise seine Jungen. Auf den mit Brennholz
und altem Gerümpel versehenen Hausboden des Pastorats der in
der Nähe des Waldes liegenden Stadt Horn hatte ein Hausmarder
seine Jungen geworfen. Eines Tages begab sich das Dienstmädchen,
um Holz zu holen auf den Boden, kam aber bald bleich vor Schrecken
wieder herunter und erklärte, sie gehe nicht wieder herauf, denn
es sei ihr aus dem Holzhaufen ein schwarzes Tier wütend und
fauchend entgegengesprungen. Jetzt stieg der Pastor, staunend ob
solcher Botschaft, mit einem mächtigen Knittel bewaffnet, selbst die
• **
Treppe hinauf. Kaum tauchte sein Haupt über der Öffnung des
Bodens empor, als auch die Mardermutter schon wieder erschien
und laut schäckernd den Holzhaufen umsprang. Durch ein paar
wuchtige Schläge, die den Beschuß des Bodens erzittern machten,
verschwand sie bald hinter dem Holze. Als der in der Nähe wohnende
städtische Kuhhirt, derselbe welcher, wie ich schon beim Edelmarder
bemerkte, einst im Walde mit diesem zusammentraf und dabei bei¬
nahe seinen Hund erschlug, die grausige Mähr vernahm, eilte er
ohne Verzug mit seinem Phylax zur Stelle. Kaum hatte der Hirt
245
mit seinem Hunde den Boden betreten, als beide Alte erschienen.
Das Weibchen, welches kühn sein Lebeu für die heißgeliebten Jungen
in die Schanze schlug, wurde bald von den Zähnen des wütenden
Hirtenhundes zermalmt. Das Männchen aber trat vorsichtiger Weise
den Rückzug an und verschwand unter dem Dache.
Die jungen Steinmarder lassen sich, wie die jungen Edelmarder,
leicht zähmen und bereiten ihrem Pfleger durch ihr bewegliches,
muuteres Wesen viele Freude. Mit Leichtigkeit steigen sie an Tischen
und Stühlen empor, suchen sich gern ein weiches Plätzchen zur
Lagerstätte, spielen miteinander und balgen sich oft auf wahrhaft
erheiternde Weise. Besonders interessant ist ihr Gesichtsausdruck,
wenn man ihnen bei ihren Spielen plötzlich einen toten Vogel reicht.
Wie hoch sie da das Köpfchen heben, wie sie die Ohren spitzen
und mit lüsternen Augen umherblicken ! Bald stürzen sie mit Gier
und Wut über die Beute her, zerren sie bald rechts, bald links und
verzehren sie mit seligem Behagen. Ihnen lebende Vögel zu reichen,
halte ich nicht für ratsam, weil später ihre Raub- und Mordlust
ohnehin genug zum Durchbruch kommt.
In unserem Lipperlande ist der Hausmarder noch immer häufig
auzutreffen und es gibt Ortschaften, in denen alle Winter 4 — 6 Stück
erbeutet werden ; selten jedoch findet man einen Ort, in dem er sich
nicht alle Jahr mehreremal auf ärgerliche Weise bemerklich machte.
Zoo-Biologisches aus Paris.
✓
Von Ernst Priedel in Berlin.
(Fortsetzung-.)
II. Im Jardin des Plante s.
Der Pflanzengarten von Paris, mit 30 ha. Fläche zwischen dem linken
Seine-Ufer, der Cuvier-, Geoffroy St. Hilaire- und Buffon-Straße unvergrößerbar
angelegt, bietet mit seinem vielseitigen Inhalt, dem Pflanzengarten im engeren
Sinne, der Sammlung lebender Tiere, den Museen der Anatomie, Zoologie, Bo¬
tanik, Mineralogie und Geologie, einen Beleg für die unübertrefflich geschickte
Terrain-Ausnutzung, die eine Eigentümlichkeit der Franzosen ist und die ge¬
waltig absticht gegen die Raum Verschwendung, welche für ähnliche Institute
in London, Amsterdam, Berlin beliebt wird.
Diese Enge der Verhältnisse bringt es mit sich, daß die Anordnung der
Tiersammlung, seitdem die Tiere aus den bis dahin königlichen Menagerien
von Raincy und Versailles hierher im Jahre 1793 versetzt worden waren, im
großen und ganzen keinen. sehr großen Veränderungen hat unterworfen werden
können. Hiermit hängt es auch zusammen, wenn die Tiersammlung nicht viel
246
mehr als eine Menagerie ist und wenn man die fast zu populäre Einteilung
der Tiere in »reißende«, »friedliche« und »große Tiere«, die freilich einen ge¬
wissen biologischen Wert besitzt, geglaubt hat, beibehalten zu sollen.
Andrerseits hat der unentgeltliche und fast unbeschränkte Besuch des
Gartens und seine Lage in einem mehr ärmlichen, kinderreichen Arbeiter¬
quartier dazu beigetragen, ihn zu einer dankenswerten Quelle der Belehrung
und des Vergnügens für die große Volksmenge zu machen. Ich möchte von
daher zum Teil den Umstand ableiten, daß die Pariser im ganzen tierlieb sind
und Tierschindereien in dem Seine-Babel weniger als in anderen Großstädten
in die Augen fallen.
Unter Buffons Nachfolger, dem naturbegeisterten Bernardin de St.
Pierre, dem Dichter von Paul und Virginie, erhielt der Garten den tiefbe¬
deutsamen Namen » Museum d'histoire naturelle «, den er amtlich noch jetzt
führt und der von den nichtfranzösischen Naturforschern mitunter nicht in
seinem richtigen Verstände aufgefaßt worden ist. Erst seit wenigen Jahrzehnten
ahmt man in Deutschland das nach, was in Paris seit fast einem Jahrhundert
besteht, die Verbindung einer Sammlung lebender Tiere mit den zoologischen
Museen und den Lehrstühlen für allgemeine und specielle Zoologie, Physiologie,
Biologie, vergleichende Anatomie. Seitdem während der letzten Jahrzehnte in
Deutschland die zoologischen Institute eingerichtet oder neu organisiert
sind, beispielsweise die zoologischen Institute der Universitäten zu Leipzig und
Halle durch die vortrefflichen Altmeister Leuckart und Julius Kühn,
nachgeahmt beim neuen zoologischen Museum der Landwirtschaftlichen Hoch¬
schule zu Berlin durch Professor Ne bring und bei dem im Jahre 1889 ein-
geweihten, mit dem Museum für Naturkunde verbundenen, durch Professor
Eilhard Schulze in Berlin eingerichteten zoologischen Institut der Uni¬
versität Berlin, hat man sich nicht mehr mit der Haltung der traditionellen
wenigen Versuchs- und Marter-Tiere als Hund, Kaninchen, Meerschweinchen
und Frosch begnügt, sondern mit diesen wissenschaftlichen Neuschöpfungen
kleinere oder größere Sammlungen lebender Tiere für die verschiedensten
Zwecke, Anatomie, Entwicklungslehre, Rassenkreuzung, Eingewöhnung ange¬
legt, die, wie bei dem vortrefflichen Institut zu Halle, teilweise bereits den
Charakter eigentlicher zoologischer oder Acclimatisations-Gärten gewonnen
haben.
So begreift denn die französische Akademie der Wissenschaften unter
einem Museum der Naturgeschichte, unter dem Titel der Tierkunde, mit
vollstem Recht auch eine Sammlung lebender Tiere. Nur wenn man dies
beherzigt, kommt man zu einer richtigen Auffassung der Tiersammlung des
Jardin des Plantes und begreift, warum die gelehrte Verwaltung an der in¬
nigen, auch räumlichen Verbindung der Menagerie mit den übrigen zoolo-
logischen Instituten festhält, eine Vergrößerung der Menagerie im Sinne der
englischen, deutschen und niederländischen zoologischen Gärten verschmäht
und viele der Aufgaben, welche letztere sich zu stellen haben, dem unter
Kapitel III zu besprechenden Acclimatationsgarten zuweist.
Diesen in den Vordergrund tretenden wissenschaftlichen Aufgaben gegen¬
über muß daher der gerechte und verständige Beurteiler manches in den Kauf
nehmen, was er in den eigentlichen zoologischen Gärten besser und anspre¬
chender als im Jardin des Plantes angelegt und ausgeführt findet. Er wird die
247
Größe der Käfige und Gebauer, das Aussehen derselben und der Umgitterung,
die Teiche und sonstige Wasserbehälter gegen das, was Hamburg, Berlin,
Frankfurt am Main, Köln bieten, zurückstehend finden. Er wird Gemsenfelsen
und Aquariengrotten, Affenhäuser mit nachgeahmten tropischen Landschaften,
phantastisch stilisierte Dickhäuterhäuser u. dgl. vermissen, aber er wird die
große Ordnung und Reinlichkeit, die gute Verwaltung, die sich trotz der
nahen Zusammenpferchung so vieler Hunderte von Tieren, einer geringen
Sterblichkeit, sowie einer starken Selbstvermehrung der Tiere, rühmen kann,
anerkennen und zugeben müssen, daß mit geringen Mitteln auf kärglich zuge¬
messenem Raume das Mögliche geleistet ist.
Eine Wanderung vom Eingang an der Rue Cuvier, Ecke des Quai St. Bernard,
führt uns die Haupttypen in der nachfolgenden bunten Reihe vor. Links Per¬
sische Hirsche ( Cervus Maral), in der Menagerie — so bezeichnet die
Tiersammlung sich selbst amtlich — geboren, ein stattlicher männlicher Hirsch
mit großem, aber auffallend sprossenarmem Geweih, die Hirschkühe gefleckt,
2 Junge dabei. — Mehrere Beisa-A ntil op en ( Oryx heisa). — Zwei
Stachelschwein-Arten: Hystrix longicauda von Siam und unserm eu-
europäischen (italienischen) Stachelschwein äußerlich nicht unähnlich, Hystrix
cristata von Cochinchina. Als Wetterverächter, dem Schnee und Hagel so
gleichgültig wie Platzregen ist, im naßkalten Nebel ruhig herumspazierend,
der unverwüstliche neuholländische Kasuar, der Emu, Dromaeus Novae-Hollan-
diae, alle Neckereien der Gamins mit unglaublicher Gleichgültigkeit hinnehmend.
Kleinere Bauer mit Elstern i^Pica caudata), Alp endo h len (Pyrrhocorax
alpina ), der Uhu, ( grand-duc , Strix huljo) von den Pyrenäen, der Baumkauz
(Strix aluco), der Sch leie rkauz ( Strix flammen), der Rabe ( Corvus corax).
Rechts vom Eingang Bastarde, in der Menagerie erzeugt vom weiblichen
Silberfasan ( Huplocomus nycthemerus) und männlichen Halsbandfasan
(Phasianus torguatus). Die Silberfasanen sind ebenfalls im Garten ge¬
boren. Rechts hinter der Birnbaum-Schule liegt das Reptilienhaus. Dies ist
unbequem für die große Menge eingerichtet, da man sich an die ziemlich
kleinen Glasfenster herandrängen muß, um dann gewöhnlich nur die Flanell¬
decken und Wattpolster zu sehen, in denen die Kriechtiere sich meist versteckt
halten. Bei einem Besuch bekam ich überhaupt nichts, bei einem andern nur
den stattlichen Kamm eines Leguan zu sehen und ein Stück von einer Boa.
Namen anzubringen hat man sich nicht gemüßigt gesehen. Das wohlgeordnete
Innere ist nur mit besonderer Erlaubnis zugänglich. Zur Fütterung wurden
außer Mäusen vorzugsweise Kaninchen und Meerschweinchen, bei den größeren
Schlangen, verwendet.
Herrn Prof. A. Milne-Edwards ist es gelungen — was ich in Ergänzung
meines Aufsatzes »Zur Familien- und Lebensgeschichte des Meerschweinchens«,
Band XXX d. Z., Seite 97 flg. bemerke, — das Meerschweinchen ein¬
farbig bräunlich, also in der Färbung des Cavia Cutlcri oder Cavia aperea,
der wilden Form, in mehreren Folgen zu züchten.
W eiter links die »faisanderie«, Phasanen - Hennen mit Jungen, Enten,
Gänse und Möwen, ferner der Inambu ( Bhynchotus rufescens) , zur Sippe
der Großsteißhühner gehörig, aus Brasilien und der Cynomys ludovicianns von
Nord-Amerika, der an unser Erdziesel erinnernde Pr ai rieh und. Weiter
rechts ein eiförmiges kleines Wasserbecken, von vier noch winzigeren kreisrunden
248
flankiert, mit Schildkröten und Krokodilen reichlich ausgestattet. Ich
notierte *) die in Südamerika so weit verbreitete Landschildkröte, den Köhler,
Testudo carbonaria , dann Emys Thurjii , eine Bereicherung aus den indo-chi¬
nesischen Besitzungen Frankreichs, den Schabuti oder die Waldschild¬
kröte ( Testudo tdbulata), aus Brasilien , die riesige Elefanten-Schild-
kröte ( Testudo elephantina ) in 2 Exemplaren. Die Alligatoren, unter
denen ich Champsa Lucius erkannte, befinden sich während der guten Jahreszeit
vollkommen im Freien und rekelten sich behaglich in der warmen Sonne.
Links ein Pfauen - Geh e g e.
Von nun ab beginnt die innere Menagerie, welche, abgeschlossen, erst
nach 11 Uhr vormittags geöffnet wird.
Hier begrüßt uns zunächst rechts ein Trupp Jungfern-Kraniche
(Anthropoides virgo). Es folgt die Vorderseite der großen, aus einem Vollkreis
und einem daran gefügten Halbkreis bestehenden großen Bauer-Voliere. Darin
eine überaus bunt gemischte Gesellschaft. Der Jab e au ( Mycteria australis ),
ein stattlicher Storch aus Australien ; der noch immer so seltene und so überaus
scheue Leierschwanz ( Menura superba ) von Neuholland ; der Hel mkasua r
( Casuarius galeatus ), welcher die vage und meines Bedünkens unrichtige Be¬
zeichnung »Indien« trug, da die Tiere doch wohl nur in Neu-Pommern, Neu-
Guinea und Ceram (A. Brehm meint sogar nur auf letzterer Insel) beobachtet
sind. Es scheint, daß die stattlichen Vögel überhaupt und auch in den zoo¬
logischen Gärten seltener werden, obgleich sie sich z. B. in dem Londoner
Garten unschwer fortgepflanzt haben. Im Berliner Garten fehlt der Helmkasuar
seit längerer Zeit. Von Hokko-Hühnern ( Hocco Alector ) und aus Kolumbien
Hocco Albertisi. Von Kuba die zierlich blauköpfige Starnoenas cyanocephalus.
Das Haub en-Perlhuhn ( Numida Tücher ani) von Zanzibar. Der zur Silber¬
fasan-Gruppe zählende seltene Euplocomus praelatus von Cochinchina. Der
graue Pelikan ( Pelecanus patagiatus\ der Singschwan ( Cygnus ferus )
von Lappland und verschiedene Silber-Möwen ( Larus argentatus ), von
denen eine durch zierliche trippelnde Sprünge, die mich an den englischen
Matrosentanz » sailors boy« erinnerten, Stückchen Brot mit Erfolg erbettelte.
Ferner war hier eine wildkreischende Gesellschaft von Sittichen, Papa¬
geien und Aras, darunter der blaurote stattliche Arcanga, ( Arara Macao).
Rechts folgt ein Trupp widerlich grindig aussehender, dabei sich unge¬
mein würdevoll gebender Marabu-Störche ( Leptoptilus crumenifer),
Links Raubvögel: Der Zwergadler ( Nisaetus pennatus ) von Konstan¬
tinopel; Neophron percnopterus, ein Geier aus den Pyrenäen; der bengalische
Uhu (Bubo bengalensis)\ der seltenere Geranoaetus melanoleucus aus
Süd-Amerika; Aguila Verreauxii vom Kap der Guten Hoffnung; der Geier¬
bussard Chimango (Milvago chimachima ) und der Geierfalke Caracara,
(Polyborus Tharus ) von Süd- Amerika; der seltene Pseudogyps bengalensis von
Cochinchina; der Steinadler (Aguila fulva), der Kondor ( Sarcorhamphus
gryphus)\ von Seeadlern Haliaetus leucoryphus angeblich von »Amboina«,
sonst aus den Steppen beim Oxus und Jaxartes bekannt, und Haliaetus
vociferoides von Madagascar; der Königsgeier (Gyparchus Papa) von Süd-
*) Hierbei kann ich namentlich im Interesse des belehrungsuchenden Pulikums nicht
genug bedauern, dass kein „Führer“ oder ein Tierverzeichnis der Menagerie im Pflanzen-
Garten feil gehalten wird.
249
Amerika und Vultur Arrianus , der Mönchs- oder Kuttengeier, Europas größter
Yogel.
Weiter rechts ein Sortiment Kakadu. Ebenfalls rechts der Schweins¬
hirsch (Cervus porcinus), Indien; das gemeine Reh ( Cervus capreolus) ; das
Sunda-Rind ( Bos sundaicus ) ; der Wasser - Büffel ( Bos bubalus ) ; der
Dauw ( Hippotigris Burchellii). — An Raubvögeln der Sekretär [Gypogeranus
serpentarius).
Links das Re n tier (Cervus tarandus ), der Sambur, Säumer oder Ar isto-
teles-Hirsch ( Russa Aristo teils) und der Wapiti ( Cervus canadensis). Zu
eng eingepfercht die Streifenhyäne ( Hyaena striata). An Raubvögeln der
weißköpfige Seeadler ( Haliaetus leucoceplialus) ; der Gänsegeier
[Gyps fulvus), sowie der lebend nur rar in Europa zu sehende Ohren-Geier
( Vidtur auricularius) .
Weiter rechts, in der Menagerie geboren, die Koban-Antilop e ( Kobus
unctuosus ) vom Senegal; von Känguru bemerkte ich hier nur das große
Känguru ( Macropus giganteus). Der Krabbenfresser ( Procyon cancri.
vorus ) von Süd-Amerika; der kleine und schmächtige Cha ma-Fuchs, (Vulpes
Chama)\ der Nil fuchs ( Vulpes niloticus ) von Tunis, der Himalaya-Fuchs
( Vulpes himalaica ) ; der nordamerikanische Fuchs ( Vulpes velox) ; der
unaufhörlich mit dem Kopf wiegende kapische Honig dach s, Mellivora ca-
pensis , Ratei du Cap ; endlich das seltsamste und ungewöhnlichste Tier der
ganzen Menagerie, der Beutel-Wolf ( Thylacinus cynocepJialus), das größte
fleischfressende Beuteltier. Das Tier verrät seine nächtliche Lebensweise durch
auffallend große Augen, trieb sich übrigens die beiden Male, wo ich es be¬
obachtete, ganz munter im Sonnenschein herum. Der Kopf zwischen Hund und Fuchs,
die zebraartige Rückenstreifung, der vom Hinterteil stark abgesetzte ratten¬
artige Schwanz lassen sich mit nichts vergleichen und machen den Eindruck,
als sei das Tier aus verschiedenen Arten gewissermaßen zusammengestellt.
Nahe am St. Bernards Quai beginnt die Raubtier-Gallerie: braune
Bären ( Ursus arctos ) von der Wallachei; der sog. tibetanische Bär
( TJrsus tibetanus) aus Tonkin ; der sog. Malayen-Bär ( Ursus malayanus )
aus Cochinchina; die gefleckte Hyäne ( Hyaena crocuta)-, die braune
Hyäne ( Hyaena brunnea)\ der Ozelot [Leopardus pardalis) von Panama,
Geparden ( Cynailurus jubatus); persische und abessinische Löwen
[Felis leo ); Tiger [Felis tigris ) von Kambodscha; desgl. von Cochinchina
Panther [Leopardus Panthera) ebendaher; der Baribal [Ursus americanus )
aus Nordamerika.
Gegenüber die Gehege seltener Antilopen und Hirsche, z. B. das Nylgau
[Portax pnctus) ; der chinesische Cervus davidianus-, das Gnu oder Wildeb eest
[Catoblepas Gnu)-, der mexikanische Hirsch [Cervus mexicanus); das
Gorgon-Gnu [Catoblepas Gorgon). — Ein Gehege birgt amerikanische
Büffel [Bison americanus) ; ein anderes Kambodscha-Rinder, boeufs
des Stiengs du Combodja, bezeichnet.
Das stets umlagerte, sehr geräumige, nach älterer Art eingerichtete
Affenhaus bietet im Zusammenleben ein munteres Durcheinander gewöhn¬
licher und seltener Tiere. Aufgefallen sind mir u. a. : Der Babuin [Papio
Babuin); der M a n d r i 1 [Mormon Maimon) ; der Dril [Mornion leucophaeus)] der
Hutaffe [Macacus sinicus ) von Malabar. Der hier ebenfalls vorhandene
250
Makak ( Macacus cynomolgus ) von Formosa erinnert mich daran, wie die
Mannschaft des preußischen Transportschiffes Elbe, zu dem preußischen Ge¬
schwader gehörig, welches die ersten Handelsverträge Preußens mit Japan,
China und Siam abschloß, gerade wegen dieser Tiere in große Gefahr kam.
Die Mannschaft des Segelschiffs »Elbe«, welches am 10. November 1860 an
der im Besitz der Ureinwohner befindlichen Südwestküste vor Anker gegangen
war, um Schutz vor Unwetter zu suchen, wurde durch das Erscheinen großer
Affen, die kleinen Bären ähnlich sahen, verlockt, zum Teil an Land zu gehen,
um zu jagen. Mein Bruder, Dr. Carl Friedei, welcher als Marine-Stabsarzt die
Expedition mitmachte und bemüht war, für mich allerhand zoologische Gegen¬
stände zu sammeln, trennte sich, um sich an die Makaks heranzuschleichen,
von seinen Kameraden und war nicht wenig erstaunt, als gerade vor ihm
plötzlich ein Schuß fiel. Zwei weitere Schüsse und das Pfeifen der Kugeln be¬
lehrten ihn, daß die räuberischen Wilden der Gegend auf ihn Jagd zu machen
begannen. Er lief daher nach dem Landungsboot zurück; noch bevor er dort
anlangte, wurde von allen Seiten auf die Gelandeten gefeuert und versucht,
ihnen den Weg von der Jolle abzuschneiden. Dies wäre auch gelungen, wenn
nicht die auf der Elbe zurückgebliebene Mannschaft, die Gefahr bemerkend,
zu schießen angefangen hätte. Das Ergebnis der Affenjagd war, daß auf preu¬
ßischer Seite einem Kadetten das Seitengewehr vom Leibe geschossen wurde
und daß auf formosanischer Seite der Anführer der Wilden und einige seiner
Leute, sowie ein großer gelber Hund durch Zündnadelsalven ihr Leben ein¬
büßten, während die eigentliche Jagdbeute, die Makaken, ungefährdet davon
kamen. *)
An Meerkatzen bemerkte ich den Mo h r e n aff en ( Cercocebus fuliginosus ), an
Halbaffen den Mongoz ( Lemur nigrifrons ) und den Lemur cilbi fr ons, beide von
Madagaskar.
Weiterhin folgen Axishirsche {Cer vus Axis)] zierliche Waldböcke,
{Tragelaphus gratus); Kap-Büffel {Bubalus Caffer) und Bastarde vom männ¬
lichen Kulan, {Equus Hemionus ) mit Pferdestute ( hybride de Hemione mal et
de jument de Tarbes ) mit braunen Rückenstreifen. Die »großen Tiere«, als
Kamele, afrikanischer Elefant, Giraffen und zweihörniges
Nashorn ( Rhinoceros bicornis) sind sehr einfach untergebracht. Die Bären¬
graben, fosses aux ours, waren, wie gewöhnlich, von Neugierigen umlagert.
Ein Becken nahe der Orangerie enthält Seelöwen ( Otaria californiana
von der Insel Sta. Barbara.
Einen bleibenden Eindruck hinterläßt die große und prächtige Freiland-
Voliere für Ibis, Flamingo und überhaupt seltene Stelz-, Wat- und
Schwimmvögel. Dieselbe ist höchst natürlich dargestellt und die Umgitterung
oben wie an den Seiten so durchsichtig, daß man sie kaum bemerkt.
Alles in allem braucht also die Menagerie des naturgeschichtlichen
Museums mit den größeren eigentlichen zoologischen Gärten nach der Seite
des Arten-Reichtums den Vergleich nicht zu scheuen.
Die Sammlungen der vergleichenden Anatomie befinden sich noch immer
in den engen, ziemlich finsteren Räumen und in den kärglich verglasten, da-
*) Vgl. Ernst Frie del : Die Gründung preußisch-deutscher Kolonien im Indischen und
Großen Ocean mit besonderer Rücksicht auf das östliche Asien. Berlin, 18(57. S. 20 flg.
251
gegen mit übermäßig breiten Holzrahmen ausgestatteten Schränken, wie ich
sie im Jahr 1860 zum ersten Male sah, in ihrer unzweckmäßigen Aufstellung
allenfalls noch übertroffen durch das k. k. Hofmuseum in der Burg zu Wien,
vor dem 1889 eingeweihten Prachtbau am Ring. Dagegen ist das neue zoo¬
logische Museum an der Geoffroy St. Hilaire-Straße nach allen Anforderungen
der Neuzeit eiugerichtet.
Die berühmte, 1783 von Jussieu dem Älter n gepflanzte Libanon -
Ceder in der Nähe der aussichtreichen Gloriette hat sich prächtig wiedererholt.
Das in ihrer Nähe befindliche Grab Daubentons (f 1799) besucht jeder
Naturforscher andächtig. (Schluß folgt.)
Erklärung.
Aus der Auslassung des Herrn Oberförster Ad. Müller in Heft 6 dieses
Jahrgangs, Seite 188, Zeile 8—19, könnte geschlossen werden, daß ich die
Äußerungen und Beschlüsse der Ornithologen- Versammlung zu Münster
nach eigenem Gutdünken in der Neuen deutschen Jagdzeitung wiedergegeben
hätte. Daß ich dabei genau sachlich verfahren bin und kein Wort entstellt
habe, daß also die Bezeichnung »klassisches Jägerlatein« wirklich in der Ver¬
sammlung angenommen wurde, wird sowohl durch die hierbei folgenden Un¬
terschriften des Vorsitzenden jener Versammlung, Herrn Professor Dr. H. Landois,
und des ersten Schriftführers derselben, Herrn Dr. Fr. Westhoff, bestätigt, wie
auch durch den über diese Versammlung erstatteten Bericht im »Jahresbericht
der zoologischen Sektion für Westfalen und Lippe« für 1889 — 90, Seite 9.
Ernst Hartert. Dr. Fr. WesthofF.
Prof. Dr. Landois.
Korrespondenzen.
Suchumkale, 1/13. Juli 1890.
Heute am 1/13. Juli kam auf das Schiff »Alexander II.«, welches von
Jalta nach Suchumkale ging, als dasselbe etwa 15 Werft (= 2 Meilen) vom
Ufer entfernt war, ein Wiedehopf und wurde vergeblich hiu- und hergejagt,
ohne gefangen werden zu können. Nach etwa einer Stunde flog er dann wieder
dem Lande zu, welches nach des Kapitäns Aussage immer noch l1/* Meilen
entfernt war. C. Greve.
Schloß Mellendorf, 1. August 1890.
Der Mai 1890 brachte die früher so häufigen, seit 3 Jahren gänzlich
ausgebliebenen Nachtigallen wieder in den Mellendorfer Schloßgarten, wo
8 Paare nisteten. Als Kuriosum sei erwähnt, daß eine noch am 17ten Juli schlug.
Auch die Singdrossel, Turdus musicus, die in letzten Jahren selten
war, zeigte sich häufiger. Das grünfüßige R o h r h u h n , Fulica chlor opus,
wurde auf einigen Teichen nistend beobachtet.
Georg, Prinz zu Carolath-Schoenaich.
252
Raun beim, 2. August 1890.
Ein kleiner Baukünstler. Ende Juni des Jahres 1888 führte mich
die Insektenjagd, der ich um diese Zeit eifrig oblag, in einen Weinberg hei
Bensheim, um die Verheerungen des Springwunn- Wicklers (Tortrix püleriana)
kennen zu lernen, als mich plötzlich eine kleine Biene umschwirrte, in welcher
ich den gemeinen Blattschneider ( Megachile centuncularis ) erkannte. Es
ist das eine zu der Sippe der Bauchsammler gehörige Imme, bei denen die
Weibchen den Blütenstaub zur Futterbereitung mit den am Bauche stehenden
borstigen und nach hinten gerichteten Haaren eintragen. Die Gattung der
Blattschneider oder Tapezierbienen zeichnet sich durch die große Kunstfer¬
tigkeit aus, die sie beim Bilden von Nestern und Wohnungen bekunden,
wobei ihnen Blattstücke verschiedener Pflanzen, besonders des Rosenstocks als
Baumaterial dienen.
Der kleine Baukünstler schien mich ordentlich zu verfolgen, sodaß ich
glauben konnte, meine Anwesenheit sei ihm mißliebig. Ich verlegte mich
daher aufs Suchen und fand auch nach einiger Zeit an einem den Wingert ab¬
grenzenden Eichenraidel den Anfang seines Hausbaues. Zwischen dem Holze
und einem angelegten Rebenzweige waren bereits zwei ovale Rosenblatt¬
stückchen so angelegt, daß sie einen fingerhutförmigen Napf bildeten. Diese
kleine Tüte lag nur an zwei Stellen an und war da mit einer klebrigen
Masse gut befestigt.
Als ich noch mit der Besichtigung des Baugrundrisses beschäftigt war,
schleppte der kleine Baumeister ein neues Werkstück herbei, das er zusammen¬
gebogen zwischen den Beinen trug. Auch dieses, wie das weiter zur Ver¬
wendung gelangte Baumaterial bestand aus einem Stück eines Rosenblattes.
Die Biene schob es, auf dem Rande der Umfassungsmauer des neuen Baues
sitzend, mit den Beinen in die Höhlung und zwar genau an die Stelle, wo
durch die beiden ersten Blättchen eine Lücke geblieben war, begab sich dann
in das Innere und bog und drückte so lange, bis sich auch dieses Blättchen
vermöge seiner Elasticität der Rundung genau angepaßt hatte. Auf diese
Weise wurden an jenem Tage noch vier andere Blattstücke eingefügt, sodaß
das Ganze nun einen fest geschlossenen Hohlraum bildete.
Diesen kleinen Fingerhut, etwa x/4 ebem haltend, füllte die Biene inner¬
halb dreier Tage über die Hälfte mit Honig und Blütenstaub und beschenkte
dann das Nest mit einem Ei. Hierauf wurde am nächsten Tage mit dem
Verschluß begonnen. Ich hatte an einem nahen Feldrain an den Blättern
einer Hundsrose ( Rosa canina) die Ausschnitte gesehen, wie sie die Blatt¬
schneider herstellen und vermutete, daß da die Biene ihr Baumaterial hole.
Und richtig sah ich sie in der Richtung nach dem Feldrain ab- und zufliegen.
Dort traf ich sie auch an und konnte genau beobachten, wie sie die Blatt¬
stücke ausschnitt. Als Werkzeug gebrauchte sie die Beine und die Freß-
werkzeuge. Am Rande des Blattes auffliegend, drehte sie sich geschickt im
Kreise, wie mir es schien um den Fuß des zweiten rechten oder linken Beines,
und schnitt dabei mit den Zangen in kaum einer Minute ein zierliches Blatt¬
scheibchen aus, das als Deckel verwendet werden konnte. Solcher Deckel
wurden sechs über einander als Verschluß in die obere leere Öffnung des Nestes
eingefügt. Da der fingerhutartige Brutraum nach oben etwas weiter wurde,
253
so mußten die nach und nach zugetragenen Deckel immer größer werden,
was der kleine Künstler bei seiner Arbeit wohl berücksichtigt hatte.
Ich nahm den kleinen künstlichen Bau, an dem die Biene nicht weiter
zu bauen schien, nach acht Tagen in Verwahrung; nach weiteren drei Wochen
entschlüpfte demselben eine junge Biene, welche beim Verlassen ihrer Wiege
die oberen Deckel an einer Seite in die Höhe gedrückt hatte. Das Innere der
Zelle war leer und nur mit einer Larvenhaut ausgekleidet. Später im Jahre
erzeugte Generationen haben größere Wiegen und verbringen den Winter in
ihrem warmen Stübchen, das sie dann sehr zeitig im Frühjahre verlassen.
Im vorigen und in diesem Jahre habe ich Dutzende von solchen Immen-Nestern
gefunden, niemals aber für mehr als eine Biene eingerichtet und nie in
Hohlräumen angelegt.
Bei der Bauarbeit des Blattschneiders, wobei der kleine Künstler so viel
Ordnungs- und Schönheitssinn bekundet, haben wir es nicht mit einem bloßen
blinden Bautrieb zu thun, den man mit dem Namen »Instinkt« zu bezeichnen
gewohnt ist; das ist ein mit Überlegung ausgeführter Hausbau, der sich
wesentlich von den Wohnungen derjenigen Tiere unterscheidet, welche man
als geborene Hausbesitzer bezeichnen könnte. Während bei diesen das Haus
in seiner Anlage vorhanden ist und zusehends mit den Insassen wächst, ent¬
steht jener wie das Nest des Vogels nach einem bestimmten Bauplane, dessen
Ausführung unsere Bewunderung für den »kleinen Baukünstler« erregen muß.
Gebrüder Buxbaum.
Kleinere Mitteilungen.
Gewohnheiten junger Hirsche. Prof. Dr. H. Landois berichtet
hierüber nach Erfahrungen im Zoologischen Garten zu Münster folgendes:
»Wir konnten im Monat Juli das eigentümliche Benehmen junger Edelhirsche
sowohl wie jungen Damwildes in unserem zoologischen Garten gut beob¬
achten. Die eben geborenen Jungen sind schon am ersten Tage imstande,
auf ihren hohen Beinen zu laufen. Sind sie durch Muttermilch gesättigt, so
suchen sie ein Versteck auf. Sie zwängen sich durch das Drahtgehege und
legen sich dann gern an einen schattigen Ort. Man sei nur nicht ängstlich,
wenn die jungen Hirsche aus dem Parke verschwunden sind, der Hunger
treibt sie wieder zur Mutter. Abends und nachts verweilen sie meist unun¬
terbrochen bei den Alten; tagsüber liegen sie in schattigem Versteck. Der
Grund für dieses Benehmen liegt wohl darin, daß sie einerseits so mehr gegen
fremde Angriffe geschützt sind, als sie auch andererseits weniger von den
Fliegen und Mücken zu leiden haben«.
Jahresbericht d. zoolog. Sektion des Westfälischen
Provinzial-Vereins. 1890.
Täuschung bei Tieren. Herr Zumbusch in Dortmund schreibt
über eine von ihm gemachte Beobachtung, wie wenig ein Iltis oder Stein¬
marder (es ist nicht entschieden, welcher von beiden es war) ein künstliches
Hühnerei von einem wirklichen unterscheiden könne: »Im Anschluß an meinen
Hühnerstall zu Brünninghausen lag ein kleiner Wald und hinter diesem eine
254
alte große, mit Stroh und Heu vollgepfropfte Scheune. Meine Hühner legten
nun vielfach im Gestrüppe dieses Wäldchens ihre Eier. Um diese vor Raub¬
zeug zu retten, die Nester aber zu erhalten, nahm ich die Eier heraus und
schob ein Porzellanei dafür ein. Nach und nach aber verschwanden die Por¬
zellaneier sämtlich, selbst aus den verstecktesten Nestern. Bei Entleerung der
Scheune aber wurden später nicht nur Marder und Iltisse aufgescheucht,
sondern auch unter Planken und Brettern versteckt meine Porzellaneier unver¬
sehrt wiedergefunden«.
Jahresbericht d. zoolog. Sektion des Westfälischen
Provinzial- Vereins. 1890.
Litte r atu r.
Faune des Vertebres de la Suisse par Victor Fatio, Dr. phil. Vol. V.
Poissons. Ilme Partie. Avec 4 planches. Geneve et Bäle. H. Georg 1890.
» Das vortreffliche Werk, dessen Voranschreiten wir mit großer Teilnahme
in unserer Zeitschrift verfolgen, liegt jetzt in vier stattlichen Bänden (Band II,
die Vögel, ist noch nicht erschienen) vor uns, und wir müssen die Thatkraft
eines einzelnen Mannes bewundern, der so Umfangreiches in vorzüglicher
Weise geleistet hat.
Der vorliegende Band bildet den zweiten Teil der Naturgeschichte der
Schweizer Fische und behandelt neben einigen anderen Familien besonders die
Edelfische, die Arten der Gattungen Coregonus , Thymallus, Salmo und Salvelinus.
Die Unterscheidung der hierher gehörigen Tiere ist bekanntlich oft recht schwierig,
und so dürfen die Fisch- und Fischereifreunde sich nur freuen, die 12 hierher
gehörigen Arten nach sorgfältigen Studien genau behandelt zu sehen, um so
mehr, da auch die durch die künstliche Fischzucht aus dem Ausland gekom¬
menen Arten mit beschrieben werden. Drei von den beigegebenen Tafeln sind
ausschließlich den Edelfischen gewidmet.
Eine Einleitung über die geographische Verteilung, die Klassifikation,
die Bibliographie und den Körperbau der Fische geben dem 88 Bogen starken
Bande erhöhten Wert. Zwei Supplemente enthalten ferner Nachträge über
Säugetiere, Reptilien und Amphibien. Dem schönen Werke wünschen wir recht
baldige Vollendung. N.
Der Urbüffel von Celebes, Anoa depressicornis, von Dr. K. M. Heller.
Mit 3 Tafeln. Inaugural-Dissertation. Aus »Abhandlungen und Berichten des
K. Zoologischen Anthropologisch- Ethnographischen Museums in Dresden«.
Dresden 1889.
Eine interessante Tierform ist die in unserer Zeitschrift mehrfach be¬
sprochene und eben in einem Exemplare im hiesigen Garten lebende Anoa,
von der man nicht wußte, solle man sie den Antilopen oder den Büffeln zu¬
zählen, bis Rütimeyer nach Schädeluntersuchungen sie als letzterer Gattung
zugehörig erklärte. Das scheue Tier lebt paarweise in waldigen Gebirgen der
Insel Celebes, ist nirgends wo sonst gefunden und stellt mit dem Tamarao,
Bubalus mindorensis , von den Philippinen die Zwergform unter den Büffeln dar.
Eine recht verdienstliche und vortrefflich gelungene Arbeit ist die vorliegende
255
Monographie, in welcher die Ansicht bestätigt wird, daß Anoa den Büffeln
zuzuzählen ist, wenn sie auch in manchen Stücken an die Antilopen erinnert.
Die in unseren Museen vorhandenen Schädel, Häute und sonstigen Körperteile
sind genau beschrieben, über Vorkommen, Lebensweise und Eigentümlichkeiten
ist berichtet, was bis jetzt bekannt geworden ist, auch sind auf drei Tafeln
Photographien des Skeletts, mehrerer Schädel und anderer Teile des Tieres
gegeben, so daß die Arbeit ihre Aufgabe nach allen Seiten gründlich erschöpft.
N.
Gerardus Frederik Westermann.
Am 9. Mai 1890 starb zu Amsterdam G. F. Westermann, ein Mann,
der nicht nur für seine Vaterstadt sondern für die Sache der zoologischen
Gärten überhaupt von großer Bedeutung war, denn der von ihm gegründete
und mehr als ein halbes Jahrhundert von ihm geleitete Garten, nächst dem
Pariser der älteste auf dem Kontinent, konnte allen jüngeren derartigen Instituten
als vorzügliches Muster gelten.
G. F. Westermann war am 8. Dezember 1807 zu Amsterdam geboren
und zeigte schon in früher Jugend eine ausgesprochene Neigung zur Tier¬
haltung; anfänglich waren es Tauben und später ausländische Vögel, die er
außer seinen Arbeitsstunden gewissenhaft pflegte. Schon 1866 legte er dem
Könige den Plan zur Gründung eines zoologischen Gartens vor, wurde aber
auf das ungünstige Gutachten des Bürgermeisters von Amsterdam hin abge¬
wiesen. Nachdem er dann noch zwei gleichgesinnte Freunde, die Herren
J. W. H. Werl emann und J. J. Wijsmuller, gefunden, pachteten sie zu¬
sammen den Garten Middenhof, an der Plantage Middenlaan, in der Größe
von 4675 Q-Meter und eröffneten hier einen kleinen zoologischen Garten, den
ersten in den Niederlanden. 125 Mitglieder waren nach dem Aufrufe zur
Gründung einer Gesellschaft »Natura artis magistra«, die den Zweck
haben sollte, die Kenntnis der Naturgeschichte auf eine angenehme Weise durch
Anschauung zu fördern, nämlich durch Schaffung einer Sammlung lebender
Tiere wie auch durch Anlegung eines zoologischen Kabinets, beigetreten.
Als später mit dem Rotterdamer Tierhändler Cornelis van Aken
wegen Überlassung seiner Menagerie an die junge Gesellschaft erfolgreich
unterhandelt war, da gab der Magistrat der Stadt zum Neubau von Tier¬
häusern auf neuerworbenem Grunde nur unter der Bedingung Erlaubnis, daß
die zu bauenden steinernen Tierhäuser weder Thüre noch Fenster, aber eiserne
Dächer haben müßten. Westermann brachte es aber fertig, daß ihm die
leeren Räume der Oranje-Nassau-Kaserne zur Unterbringung der großen Tiere
überlassen wurden. Seiner Geschicklichkeit und seinem eisernen Willen war
es zu danken, daß der Garten immer wieder vergrößert werden konnte und
daß er es so von dem anfänglichen Raume auf einen Umfang von 101,365 D-M.
im Werte von fl. 1,037,000 im Jahre 1882 brachte. Prächtige Tierhäuser sind
auf der Fläche entstanden, kostbare seltene Tiere wurden in ihnen unterge¬
bracht und gediehen vortrefflich, und außerdem wurde der Garten zum Sammel¬
platz der Amsterdamer Welt nicht nur durch die Anlage eines guten Restau¬
rants, sondern vielmehr noch durch die Errichtung eines zoologischen Museums,
— 25G —
einer ethnographischen Sammlung, einer Bibliothek, eines Aquariums, lauter
Anstalten, die sich zu den besten ihresgleichen rechnen dürfen. So wurde
Artis, wie der Amsterdamer in gerechtem Stolze den Garten nennt, ein
Lieblingsaufenthalt und eine Bildungsstätte der Amsterdamer in einer Viel¬
seitigkeit, wie eine zweite nicht besteht, und zahllose Schenkungen und Ver¬
mächtnisse geben vou der Anhänglichkeit der Bewohner der Hauptstadt Zeugnis.
Aber die Ergebnisse der Tierzucht mußten auch der Wissenschaft zugut
kommen. Das Jaarboekje van het Koniuklijk Zoologisch Genootschap Natura
artis magistra,*) dieBijdragen tot de Dierkunde, die 1848 gegründete erste
zoologische Zeitschrift Hollands, und die Tijd schrift vor de Dierkunde (1868)
enthalten schätzenswerte Arbeiten, und ebenso gab Westermann, der frühere
Buchhändler, selbst in Gemeinschaft mit Schlegel eine Monographie der Turako
heraus. Daß Westermanns Thätigkeit auch im Auslande Anerkennung fand,
zeigte seine 1851 erfolgte Ernennung zum Doctor honoris causa durch die
Giessener Universität in einem von Justus von Li e big Unterzeichneten Diplome.
Die ihn näher kannten, rühmen seine Liebe zur Natur, seinen scharfen,
praktischen Blick, seine Fähigkeit, den rechten Augenblick abzuwarten, seine
geistvolle Beredsamkeit, die am richtigen Orte das rechte Wort fand und
niemals die Antwort schuldig blieb, vor allem aber seine unermüdliche That-
kraft und jenes eiserne Ausdauern, vor dem schließlich alle Hindernisse weichen.
Es war ihm vergönnt, sein Werk wachsen und blühen zu sehen und
dessen Leitung mehr als ein Menschenalter hindurch in der Hand zu haben,
er hat sich nicht nur die unbegrenzte Liebe seiner Mitbürger sondern auch
die Verehrung seines ganzen Vaterlandes, sowie den Dank der wissenschaft¬
lichen Welt erworben , und so wird sein Name als leuchtender Stern noch in
fernen Zeiten glänzen. N.
*) (bis 1885).
Personalveränderung.
Die Direktion des Amsterdamer Zoologischen Gartens »Natura artis
magistra« ist Herrn Dr. C. Kerbe rt, seither Hauptkonservator des Aquariums
und Lektor der Zoologie an der Universität zu Amsterdam, übertragen worden.
Eingegangene Beiträge.
L. B. in R. — K. K. in Schl.: Besten Dank für die interessanten Fisehchen, die gut
ankamen. Es wird soviel als möglich benutzt werden. Auch für Übermittlung der Korrespon¬
denz meinen Dank. — L. B. in R. — W. St. in F. — R. v. L. in I. — J. v. F. in M.: Ant¬
wort auf Ihr freundliches Schreiben ist abgegangen. — H. S. in F. — Ref. G. in F. — J. B.
in F. —
Bücher und Zeitschriften.
Bronns Klassffn und Ordnungen des Tierreichs. 2. Band, 3. Abteilg. Echino-
dermen (Stachelhäuter) von Prof. Dr. H. Ludwig. 7—9 Lieferg. Leipzig u. Heidelberg.
C. F. Winter 1890.
Dr. H. Baumgartner. Tausend Höhenangaben. 2. Auflage. Wiener-Neustadt. Selbst¬
verlag des Verfassers. 1890. 50 Pf.
Prof. Dr. K. Möbius. Über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Tier¬
systeme. Sitzungsberichte der Königl. Preußischen Akademie der Wissenschaften zu
Berlin. 1890.
Direktor Dr. L. Wunderlich. Führer durch den Zoologischen Garten zu Köln. Mit
1 Plane und 8 Ansichten.
Dr. August Otto. Zur Geschichte der ältesten Haustiere. Breslau. Preuß und Jünger.
1890. gr. 8°. 78 Seiten. 1,50 M.
Adolf und Karl Müller. Tiere der Heimat. Mit zahlreichen Farbentafeln von C. F.
Deiker und A. Müller. Cassel. The odor Fischer. 1888. Lieferg. 4— 10. ä 80 Pf.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a.. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahl au & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 9. XXXI. Jahrgang. September 1890.
i n k a 1 i.
Beobachtungen am Brillen-Pinguin; von Dr. P. Gaebler in Frankfurt a. M. - Das
Vorkommen der Aspia-Viper, Vipera aspis L., im südlichen Schwarzwalde; von J. Blum. —
Über zwei seltene und eine neue Art Affen des zoologischen Gartens im Haag, Holland;
von Direktor Dr. A. C. Oudemans. — Sprachwissenschaft und Naturwissenschaft; von
Dr. med. Wilhelm Stricker. (Forts, v. Jahrg. 31, S. 200.) — Der St. Petersburger zoo¬
logische Garten; von dem Herausgeber. — Zoo - Biologisches aus Paris; von Ernst
Friedei in Berlin. (Schluß). — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur.
Beobachtungen am Brillen-Pinguin.
Von B. Gaebler in Frankfurt a. M.
(Mit Abbildung.)
Die Pinguine sind durch Gestalt und Lebensweise eine so eigen¬
artige Erscheinung innerhalb der Vogehvelt, daß die folgenden, an
lebenden Exemplaren im Frankfurter zoologischen Garten gemachten
Beobachtungen nicht ganz ohne Interesse sein dürften.
Im Frühjahr vorigen Jahres langten die ersten Pinguine da¬
selbst an. Sie gehörten, wie auch alle später erworbenen Stücke,
der an den südafrikanischen Küsten heimischen Art Brillen -
t au eher, Spheniscus demersus , an und befanden sich noch im
Jugeudkleide, hatten aber bereits Größe uud Gestalt erwachsener
Vögel. Sie wurden zunächst in das Aquarium verbracht, wo ihnen
ein Becken eingeräumt wurde, um dem Publikum die Beobachtung
des Tauchens zu ermöglichen ; die Tiere tauchten aber nicht, ließen
die im Wasser herumschwimmenden Futterfische unbeachtet und
mußten, da sie überhaupt nicht selbständig fraßen, gestopft werden.
Nach einigen Tagen wurden die Pinguine, da sie im Aquarium auf
diese Weise nicht zur Geltung gelangten, einstweilen in eine Voliere
Zoolog. Gart. Jälirg. XXXI. 1890. 17
258
des Vogelhauses verbracht, wo sie allerdings nur ein flaches Wasser¬
bassin zur Verfügung hatten, das ihnen nicht zu schwimmen ge¬
stattete. Hier gewöhnten die Tiere sich allmählich daran, selbständig
Fische zu nehmen und zu verzehren. Erst als ihnen nach Eintritt
wärmerer Witterung ein geräumiges Bassin im Freien überlassen
werden konnte, zeigten die Tiere sich in ihrem wahren Wesen, sie
lernten bald trefflich zu tauchen und lebende Fische zu fangen,
und bald war das Pinguinbassin einer der besuchtesten Punkte des
Gartens. Leider erlagen die Vögel schließlich der Hitze des Sommers;
im Herbste jedoch traf als Ersatz ein schönes, ausgefärbtes Exemplar
aus dem Leipziger Garten ein, zu welchem im Winter und Frühling
dieses Jahres noch einige weitere, noch im Jugendkleide befindliche
Tiere hinzuerworben wurden.
Den Pinguinen dient ein sehr geräumiges, umgittertes Spring-
brunneubassin zum Aufenthalte; die Höhe des Wasserstandes beträgt
etwa IP/2 Faß, und da das Wasser stets klar gehalten wird und der
Beschauer dicht an dasselbe herantreten kann, so lassen sich die
Bewegungen der Tiere unter Wasser vorzüglich beobachten. An
einer Seite des Bassins befindet sich eine kleine hölzerne Plattform,
zu welcher vom Wasser aus schräglaufende Bretter mit aufgenagelten
Querhölzern hinauffuhren, so daß die Tiere je nach Belieben sich
im Wasser oder auf dem Trocknen aufhalten können.
Die äußere Gestalt des Pinguins ist bekaunt. Eigentümlich
für die Gattung Spheniscus ist der nicht ganz kopflange, zusammen¬
gedrückte Schnabel, der eine außerordentlich scharfe Spitze besitzt;
der Vogel hat in dem Schnabel eine verhältnismäßig bedeutende
Kraft und vermag mit ihm empfindliche Stöße zu versetzen. Die
aus dem Jahrgang XXV, Seite 106 fg. enthaltene Beschreibung von
Spheniscus demersus aus der Feder des Herrn Professor Dr. Noack
betrifft übrigens nur das Jugendgefieder, auch zeigt dieses die hier
wiedergegebeue Zeichnung; der ausgefärbte Vogel ist auf dem Rücken,
den Flossen, an Oberkopf, Kopfseiten und Kehle schwarz mit bräun¬
lichem Scheine, die ganze Unterseite und ein Streifen, der hinter
den Augen beginnt, die Halsseite hinabzieht und sich unterhalb
der Kehle mit der weißen Brustfärbung vereinigt, sind scharf abge¬
grenzt rein weiß, erstere mit einzelnen kleinen schwarzen Fleckeu ;
von der Unterseite hebt sich außerdem ein schwarzes Band scharf
ab, welches in Gestalt eines nach unten offenen Hufeisens über die
Brust geht und sich beiderseits als Streifen bis zu den Schenkeln
verlängert, so daß zwischen diesem Streifen und der schwarzen Ober-
259
Seite nur ein schmaler weißer Zwischenraum bleibt; die nackte
Augengegend ist blaßroth gefärbt. Die allgemeine Körpergestalt
erscheint im Sitzen bei wohlgenährten Vögeln von der Seite und
von vorn betrachtet kegelförmig, von hinten gesehen aber und beim
Schwimmen bildet die Brustgegend den breitesten Teil des Tieres.
i»
»ViV. 7 -*M:¥
Der Brillentaucher im Jugendkleide.
Eigentümlich sind die Bewegungen des Pinguins auf dem Lande
sowohl wie im Wasser. Das wackelnde Einherschreiten in durchaus
aufrechter Stellung wirkt übrigens nicht nur auf den menschlichen
Beschauer befremdend» Als die Tiere in die große Mittelvoliere des
Vogelhauses gebracht wurden, entstand unter den Bewohnern der¬
selben — Lötfelreihern, Kampfschnepfen , Austerfischern, kleinen
Möven und dergl. — allgemeine Aufregung; weun einer der Pinguine
den Außeuraum betrat, drängte sich alles auf die entgegengesetzte
Seite desselben, um bei weiterer Annäherung des harmlosen Tieres
mit Geflatter wieder auf die andere Seite zu flüchten. Mau konnte
260
hier, wo die Pinguine gezwungen waren, sich fast ausschließlich auf
dem Trocknen aufzuhalten, ihre Bewegungen auf dem Lande gut
• • • •
beobachten. Überraschend ist die Ähnlichkeit, welche die Tiere beim
ruhigen Liegen mit Seehunden haben. Wenn sie sich voller Be¬
quemlichkeit hingaben, legten sie sich halb auf die Seite, streckten
den Kopf vor und reckten sich uud spreizten die Flügel gauz in
derselben Weise, wie mau dies bei Seehunden sieht. Ihre Füße
halten sie hierbei meist wagerecht nach hinten gestreckt, wodurch
• • • •
die Ähnlichkeit noch größer wird. Öfters sieht man hierbei auch
ein behagliches Gähnen. In ihrem gegenwärtigen Aufenthaltsort,
wo sie weniger ungestört sind, pflegen sie in der Ruhe einfach auf
dem Bauche zu liegen, vielfach aber auch in aufrechter Stellung mit
halbgeschlossenen Augen auszurulieu. Die dem Seehunde entsprechende
rutschende Fortbewegung auf dem Bauche, mit welcher sie sich in der
Freiheit bei Gefahr zu retten suchen, ist hier niemals bei ihnen ge¬
sehen worden. Dagegen vermögen die Tiere ganz gut eine etwa
fußhohe Stufe zu erspringen, indem sie sich hierbei mit den Flügeln
aufstützen. Auch wenn sie das Wasser verlassen, pflegen sie öfters
mit Hülfe der letzteren aufzusteigen ; an besonders glatten Stellen
helfen sie sich auch wohl vorübergehend mit dem Schnabel. —
Große Gelenkigkeit entwickeln sie beim Ordnen des Gefieders ; sie
vermögen mit ihren kurzen, am äußersten Körperende sitzenden
Füßen bis zum Halse zu reichen, wobei ihnen die Beweglichkeit ihrer
Wirbelsäule sehr zu statten kommt. Oft ordnen und reinigen die
Tiere ihr Gefieder übrigens auch im Wasser, wobei sie sich auf
die Seite legen, so daß die eine Seite des Körpers sich außerhalb des
Wassers befindet, die sie dann mit ihrem Flügel reiben und glätten.
Das eigentliche Element des Pinguins ist natürlich das Wasser
und hier zeigt sich das anscheinend so unbeholfene Geschöpf als
Meister im Schwimmen und Tauchen. So lange der Pinguin nicht
taucht, schwimmt er, von fern gesehen, etwa in der Art einer Ente,
nur liegt er — wie viele Tauch vögel — weit tiefer im Wasser. Er
rudert jedoch ausschließlich mit den Flügeln und streckt die Beine
beim Schwimmen nach hinten aus, mit ihnen und mit dem kurzen
Schwänzchen lediglich steuernd. So lauge der Vogel auf dem Wasser
schwimmt, fördert das Rudern mit den Flügeln nicht sehr, sobald
er aber taucht, gleitet er mit ganz überraschender Schnelligkeit
durch das Wasser. Auch hierbei werden die Füße ausschließlich
als Steuer benutzt, während die Flossen (Flügel) das Tier mit
kräftigen Stößen vorwärts treiben. Die entgegengesetzte Beobachtung
261
des Herrn Professor Noack (a. a. 0.), daß der Pinguin auch mit
den Füßen rudere, trifft wenigstens auf die hier gehaltenen Exemplare
in keiner Weise zu. — Das schnelle Dahinschießen unter Wasser
wird durch den Bau des Tieres sehr erleichtert. Der spitze Schnabel,
der nach vorn zugespitzte Kopf, der stets gerade uach vorn gestreckt
wird, zerteilen mit Leichtigkeit das Wasser. Wenn man die dunklen
Tiere auf der Jagd nach Fischen mit der dann von ihnen entwickelten
erstaunlichen Geschwindigkeit durch das Wasser dahingleiten sieht,
die Flügel seitwärts ausgebreitet, so wird mau unwillkürlich an den
Flug niedrigfliegender Schwalben erinnert. Groß ist auch die Ge¬
schicklichkeit, mit welcher die Pinguine plötzlich ihre Richtung zu
ändern vermögen; ich beobachtete, wie einer, der schnell uuter Wasser
dahinschwamm, durch eine unvermittelte Wendung, bei der er den
Körper etwa in einem Viertelbogen krümmte, einen Fisch, den er
plötzlich neben sich bemerkte, ergriff. Es kommt den Tieren hierbei
die Fähigkeit zu statten, auch im schnellen Schwimmen dadurch
alsbald anzuhalten, daß sie die bis dahin wagerecht gehaltenen
Flossen senkrecht stellen. — Das obenerwähnte ausgewachsene Exemplar
schwamm übrigens im Winter auch uuter dem sein Bassin be¬
deckenden Eise in gleich gewandter Weise herum. — Wenn die
Pinguine beim Ruhen auf dem Lande an Seehunde erinnern, so
drängt sich, wenn man sie tauchen und jagen sieht, ein anderer
Vergleich auf; Bewegungen und Gestalt erinnern dann in hohem
Maße an den Delphiu. Der mit spitzer Schnauze versehene Kopf
des eigentlichen Delphins (. Delphinus delphis) gemahnt in seinen Ver¬
hältnissen an Schnabel und Kopf von Spheniscus, und ähnliches
gilt von der Körpergestalt; der Hals geht in allmählicher Verbrei¬
terung in den Körper über, der in der Brustgegend seine größte
Breite erreicht und sich nach hinten allmählich verjüngt. Ebenso ent¬
sprechen die kräftigen Flossen denen des Delphins. Ein derartiger
Bau ist ganz besonders zum schnellen Schwimmen unter Wasser und
zum Ergreifen von Fischen mit dem weit vorgestreckten Schnabel
bezw. Schnauze geeignet. Die Analogie läßt sich übrigens noch auf
die Färbung ausdehnen ; wie viele durch anhaltendes Tauchen nach
Fischen auf der See sich ernährende Tiere zeigen Pinguine sowohl
wie Delphin schwärzliche Oberseite und weiße Unterseite, — ob
durch natürliche Zuchtwahl oder aus anderen Ursachen erworben,
mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls ist es nicht ohne Interesse,
daß Gleichheit des Nahrungserwerbes hier bei Tieren ganz ver-
• •
schiedener Klassen zu so überraschenden Ähnlichkeiten geführt hat.
4
262
Daß die Pinguine auch schwimmend schliefen, wie Brehm an¬
gibt, habe ich nie bemerkt, sie ruhen vielmehr stets auf dem Trocknen,
wo sie sich überhaupt verhältnismäßig viel aufhalten.
Eine Stimme lassen die Pinguine in der Gefangenschaft nur
sehr selten hören. Sie ist ein rauher, etwa wie ein dumpfes »ah«
klingender Ton.
Die Nahrung besteht in der Freiheit, wie bekannt, fast aus¬
schließlich aus Fischen. Hier werden die Tiere nur mit solchen ge¬
füttert, und zwar mit kleinen Plötzen, Weißfischen, Gründlingen und
dergl., die ihnen lebend gereicht werden. Neu angekommene Pinguine
müssen entweder gestopft werden oder sie sind bereits so weit, daß
sie dem Wärter die Fische aus der Hand nehmen. Bald gewöhnen
sie sich daran, die Fische auch selbst aufzunehmen, wenn sie auf
dem trocknen Boden herumzappeln, — vermöge ihrer Gelenkigkeit
können sie stehend mit dem Schuabel den Boden erreichen, und sind
sie erst einmal so weit, so ist es nicht schwer, sie dahin zu bringen,
lebende Fische, die man neben ihnen in das Wasser hält, zu fassen.
Sehr bald faugen sie sie dann selbst und bringen es in kürzester
Frist hierin zu großer Gewandtheit. Bei der Schnelligkeit, mit der
die Pinguine schwimmen, entgeht ihnen dann kein Fisch, der in ihr
Bassin gesetzt wird, so lange sie Hunger haben; sie fassen den Fisch
in der Mitte des Leibes und schlucken ihn, den Kopf voran, hinunter.
Wie sie mit größeren Fischen verfahren, weiß ich nicht, da ihnen
hier niemals solche gereicht wurden; offenbar ist ihr weiter Schlund
imstande, verhältnismäßig große Fische unzerteilt zu verschlingen;
noch größere werden sie verschmähen, wenigstens würde es ihnen
sehr schwer werden, einen solchen mit dem Schnabel allein zu zer¬
teilen, und die Füße sind zur Mithülfe durchaus ungeeignet. —
Frösche, die einmal in ihr Bassin gesetzt wurden, übersahen sie voll¬
ständig. — Tote Fische lassen sie, wenn sie einmal an lebende ge¬
wöhnt sind, lange unbeachtet und gehen sie meist nur bei starkem
Hunger an.
Die Mauser ging bei dem hiesigen ausgefärbten Exemplar
Eude Dezember und Anfangs Januar vor sich. Das Tier gewährte
plötzlich einen ganz überraschenden Anblick, indem sich die sonst
glatt dem Körper anliegenden Federn stellenweise zu einem langen
krausen Gefieder verändert hatten. Die Federn des Pinguins besitzen
nämlich Kiele von ganz außerordentlicher Länge, die nun im Ver¬
laufe der Mauser in naturgemäßer Weise durch die nachdrängenden
neuen Federn zunächst gehoben werden und dadurch den Anschein
263
erwecken, als habe sich das Gefieder an den betreffenden Stellen
verlängert. Da die gehobenen Federn nicht mehr so geschlossen
aufeinanderliegen, wie die noch mit der ganzen Länge der Kiele in
der Haut festsitzenden, und zudem auch die au jeder Feder be¬
findliche Dune mitgehoben und dadurch sichtbar wird, so erscheint
das Gefieder infolgedessen rauh und fast wollig. Daß diese abnorm
langen Federkiele sich nicht erst während der Mauser • — wie zuerst
vermutet wurde — neu bilden, ergab die Untersuchung eines mitt¬
lerweile eingegangenen Exemplars. Bemerkenswert ist noch , daß
den auf den Flossen (Flügeln) wachsenden Federn die Dunen fehlen.
Die Mauser war im wesentlichen bereits vierzehn Tage nach
ihrem Beginn beendet. Während derselben ging das Tier nicht ins
Wasser und fraß fast gar nichts, befand sich aber im übrigen wohl
und erhielt ein tadelloses neues Gefieder. Da der Pinguin durch die
bei der Mauser an den verschiedenen Körperteilen nach und nach
eintretende bedeutende Verlängerung des Gefieders jedenfalls in er¬
heblichem Maße in der Schnelligkeit und Sicherheit des Schwimmens
und somit in seiner Jagd gehindert wird, so erscheint es mir wahr¬
scheinlich, daß er auch in der Freiheit die Zeit der Mauser auf dem
Lande verbringt und während dessen dann natürlich keine Nahrung
zu sich nimmt, was ihm um so leichter möglich sein wird, als er
einerseits mehr als jeder andere Vogel jederzeit in der Lage ist,
von seinem angesammelten Fette zu zehren, andererseits die ganze
Mauser, wie oben erwähnt, nur etwa zwei Wochen dauert. —
Die Intelligenz des Pinguius scheint gering zu sein. Gegen
andere ihrer Art sind die Tiere verträglich ; nur neu angekommene
Stücke pflegen in der ersten Zeit, wenn sie in die Nähe der älteren
kommen, hin und wieder mit Schnabelhieben bedroht zu werden,
doch hört das bald auf. Ebenso verhielten sich die Pinguine zu
Tord-Alken ( Alca torda ), die zu ihnen gesetzt wurden ; einer der¬
selben, der sich mehrere Wochen lang hielt, lebte bald im besten
Einvernehmen mit ihnen. —
Aus obigem ergibt sich bereits, wie Pinguine am besten zu halten
sind. Gegen Kälte sind sie durchaus nicht empfindlich; das mehr¬
erwähnte alte Exemplar hat den ganzen vergangenen Winter im
Freien verbracht, obwohl die Kälte namentlich des Nachts zuweilen
recht streng war. Während der kalten Zeit wurde dem Tiere eine
kleine Holzhütte gegeben, die nur auf einer Seite einen schmalen
offenen Eingang hatte und deren Boden hoch mit Stroh bedeckt war.
In ihr hielt sich der Pinguin mit Vorliebe auf, und er kam an sehr
264
kalten Tagen nur zur Fütterung hervor, wobei er dann ohne Zögern
im eiskalten Wasser herumschwamm und sich seine Fische auch unter
der sein Bassin größtenteils bedeckenden Eisschicht zu suchen wußte.
An milderen Tagen erhielt er seine Hütte nur des Nachts. In
• •
sehr strengen Wintern würde sich allerdings doch wohl eine Über¬
winterung in geschütztem Raume empfehlen. Weit weniger gut als
Kälte scheinen die Pinguine die Hitze des Sommers zu vertragen, und
es dürfte ratsam sein, ihnen womöglich aus Stein eiuen kühlen Schlupf¬
winkel herzustellen. —
Spezifische Krankheiten sind an den hiesigen Exemplaren nicht
zur Beobachtung gelangt. Bei der Ankunft leiden die Pinguine
vielfach an den Füßen, die — wohl infolge unsauberer Haltung auf
dem Seetransport — oft angeschwollen sind, zuweilen sogar bereits
die Krallen verloren haben und den Tieren offenbar Schmerzen be¬
reiten. Zuweilen tritt bei guter Pflege Heilung ein ; andere Stücke
sind erlegen, nachdem die Anschwellungen Zunahmen — ob infolge
der letzteren, bleibe dahingestellt. — In diesem Sommer hatten die
Tiere eine Zeit lang viel von einer kleinen Fliegenart zu leiden, die
sich in großer Menge im Garten zeigte und gerade den Pinguinen
viel zu schaffen machte. Die Fliegen setzten sich in großer Zahl
auf die nackten Stellen um die Augen, so daß die Haut bald mit
blutigen Stichen bedeckt war und die Augen fast zuschwollen. Be-
pinselung mit Höllenstein und der Eintritt kühler und feuchter
• •
Witterung beseitigten schließlich das Übel.
Ich schließe mit dem Bemerken, daß, wie wohl schon aus den
obigen Zeilen hervorgeht, die Pinguine sehr anziehende und interes¬
sante Bewohner eines zoologischen Gartens sind. Die hiesigen fesseln
namentlich zur Fütterungzeit stets einen großen Kreis von Besuchern
um sich. Wenn die Tiere zur Geltung gelangen sollen, bedürfen
sie allerdings eines sehr geräumigen Bassins, das gleichzeitig mög¬
lichst flach sein muß, um die Bewegungen der Tiere unter Wasser
erkennen zu lassen ; ihre volle Gewandtheit und Schnelligkeit zeigen
sie überdies nur bei Fütterung mit lebenden Fischen. Unter diesen
Voraussetzungen aber dürfte jedem Garten die Erwerbung von Pin¬
guinen zu empfehlen sein.
265
Das Vorkommen der Aspis-Yiper, Vipera aspis L., im
südlichen Schwarzwalde.
Von Oberlehrer J. Blum.
In einem Artikel dieser Zeitschrift über das Vorkommen der
Vipera aspis in Deutschland — No I dieses Jahrgangs S. 12 — habe ich
das jetzige Vorhandensein dieser Schlange im Schwarzwalde verneint
und auch das frühere Vorkommen daselbst in Zweifel gezogen. Herr
Dr. med. E. Mayer in Thiengen hat mir alsbald nach Veröffent¬
lichung des erwähnten Artikels brieflich seine gegenteilige Ansicht
mitgeteilt, und ein mir diese Woche von demselben überschicktes präch¬
tiges Belegstück bestätigt die Richtigkeit derselben unwiderleglich.
Das heutige Vorkommen der Viper in Deutschland beschränkt sich
demnach nicht auf Lothringen, sondern erstreckt sich auch auf den
südlichen Schwarzwald und zwar auf das Schlüchtthal und seine
Nebenthäler. Es unterliegt jetzt ferner keinem Zweifel, daß die
vor mehr als zwanzig Jahren von dem verstorbenen Apotheker Saul in
Thiengen nach Mannheim, Meersburg und wohl auch nach Konstanz
geschenkten Exemplare der genannten Gegend des Schwarzwaldes
entstammen. (S. Beitrag zur Schlangenfauna des Großherzogtums
Baden von Dr. E. Weber in Jahresber. d. Mannheimer Vereins f.
Naturk. 1871).
Indem ich meine irrige Folgerung gerne eingestehe, will ich
gleichzeitig meiner Freude Ausdruck geben, daß durch die Ver¬
öffentlichung derselben der Eifer zur Herbeischaffung eines Belegstückes
in erhöhtem Maße geweckt und die streitige Angelegenheit rasch
zur Erledigung gebracht wurde.
Das mir vorliegende Exemplar, ein Weibchen, wurde von der
beherzten Frau des Straßenwärters Beck von Berau im Schwarzatha,
an der neuen Brücke (Weg nach Nöggenschwiel) in der Mitte etwa
zwischen Wiznauermiihle und Leiuegg lebend gefangen. Die Frau
war mit ihren Iviudern zum Beerensuchen gegangen, und als sie die
Schlange gewahrte, betäubte sie dieselbe durch einen Schlag mit
einer Gerte. Sie leerte hierauf schnell die in einem irdenen Kaffee¬
topfe gesammelten Beeren in einen Korb um und hielt den Topf der
Schlange vor. Nach einigen Entweichungsversuchen gelangte diese
hinein, worauf die Frau mit einem Deckel den Topf verschloß.
Letztere will die Viper häufig beobachtet haben. Herr Dr. Mayer,
welcher das gefangene Exemplar lebend erhielt, setzte dasselbe in
ein Glas mit Spiritus und schickte es, wie schon bemerkt, mir zu.
266
Da es die erste Aspis ist, welche mit Sicherheit seit vielen Jahren
im Schwarzwalde wieder gefangen wurde, so lasse ich eine genauere
Beschreibung derselben hier folgen :
Die Schnauzenkaute ist stark aufgeworfen. Von dem einen
Auge über die Schnauzenkaute bis zum Auge der andern Seite stehen
8 Schuppen. Zwischen den Supraocularen befinden sich nur 3
Schuppen (d. h. es liegt auf dem Scheitel ein großes unregelmäßiges
Frontale als einziges größeres Kopfschild). Zwischen Auge und
Supralabiale sind 2 Scliuppenreiheu. Supralabialeu : 10 — 10. Infra¬
labialen: 12-11. Squ. 21; G. 6/5, V. 151, A. 1, Sc. 39/39 + 1.
Kopfrumpflänge (mit dem Fadeu gemessen): 491 mm.
Schwanzlänge . 62 »
Totallänge . 553 » mm.
Größter Körperumfaug . 54 »
Die Färbung der Oberseite ist hellnußbraun mit zahlreichen
schmalen, dunkelbraunen, wenig alternierenden Querbinden und einem
sehr matten dunkleren, in schwachem Zickzack verlaufenden Rücken¬
streif, der diese Querbindeu zusammenhält. Auf dem Hinterkopfe
befinden sich ein paar symmetrische, wenig deutliche, dunklere Flecken,
Eine dunklere Temporalbinde setzt sich scharf ab gegen die hellröt¬
lich weißen Supralabialeu. Die Iris ist zur oberen Hälfte rot, zur
untern Hälfte sch wärzlich- braun. Die Unterseite der Schlange zeigt
ein Grauschwarz mit zahlreichen undeutlichen, sehr kleinen rötlichen
und weißlichen Fleckchen. Das Schwauzende ist tieforangerot gefärbt.
Über zwei seltene und eine neue Art Affen des zoologischen
Gartens im Haag, Holland.
Von Direktor Dr. A. C. Oudemans.
Der Haager zoologische Garteu erfreut sich des Besitzes einer
seltenen Varietät des Sch we i n s a f f en , Macacus nemestrinus Linn.
var. leoninus Sclater, einer rotrückigen Meerkatze, Cercopithecus
erythrarchus Peters, und einer neuen Art.
Der Macacus nemestrinus Linn. var . leoninus Sclater ist ein
kleines, aber prachtvolles mänuliches Exemplar von sehr heller Farbe.
Statt der schwarzen Kopfbedeckung sieht man bei ihm eine hufeisen¬
förmige Figur von etwas gebräunten Haaren auf dem Kopfe, welche
den beiden Ohren entlang über die Augenbrauen läuft, so daß die
267
offene Seite des Hufeisens nach hinten gekehrt ist. Die Behaarung
besonders am ganzen Vorderteil des Leibes, ist länger als bei
M. nemestrinus L. Den Schwanz sah ich noch nicht gekrümmt getragen,
wie dies sehr oft der Fall ist bei M. nemestrinus L. Das Gesicht
und die Hände sind fleischfarben oder, wenn mau will, etwas braun
angehaucht. Nur die Knöchel der Finger sind dunkelbraun.
Es ist bekannt, daßSclater (Proc. Zool. Soc. Loud. 1870,
p. 663, pl. 35) einem solchen Affen aus Burmah den Namen leoniuus
gab, der jedoch dunkle Hände hatte und auf den Schultern dunkler
gefärbt war. Im Leidener Museum findet sich ein Exemplar der
Varietät leoninus aus Padang auf Sumatra. Auch ich kaufte mein
Exemplar als einen Lapunder, herrührend von Sumatra.
Was das Naturell unseres Affen betrifft, so kann ich mitteilen,
daß er den ganzeu Tag fast unaufhörlich und ohne Ermüdung zu
zeigen spielt, klettert und possierlich springt, wobei er selbst rück¬
wärts die kühnsten Sprünge macht, und dies alles, ohne einen Laut
von sich zu geben, und mit einem Ernste, daß mau darüber zu lachen
nicht ermangeln kann.
Die rotrück ige Meerkatze, CercopitJiecus erythrarchus Peters,
deren Beschreibung ich unterlasse (man findet sie z. B. in Peters’ Reise
nach Mozambique, Zool. Tome I, p. 1, mit Figur: pl. I, in Schlegels
Museum d’Histoire Naturelle des Pays-Bas, 12e livre. Simiae, p. 77,
und Zool. Garten XXX 1889, p. 207) ist ein ausgewachsenes pracht¬
volles Männchen. Sowohl in Größe als in Habitus und in Naturell
stelle ich diese Art dem CercopitJiecus leucampyx Fischer an die
Seite, und man darf wohl in einer systematischen Liste des Genus
CercopitJiecus diese zwei Arten gleich hinter oder nebeneinander
stellen. Mit geschlossenem Maule läßt sie bisweilen ein starkes, weit
ertönendes »kuhuh« hören, wobei die ganze Kehle zuvor aufge¬
blasen wird.
Die neue Art nenne ich schwarze Meerkatze, CercopitJiecus
aterrimus. Herr A. Gresshoff kaufte sie mit einem CercopitJiecus
albigena Gray von einem Araber bei den Stanley-Fällen (25° 10’
0. L. Greenw. 0° Br.) und bedachte im Juni d. J. mit diesem wert¬
vollen Geschenke den hiesigen Garten. Die Tiere waren offenbar
seit verschiedenen Monaten zusammen in einer engen Kiste einge¬
schlossen gewesen und sehr vernachlässigt. Mit offenen Wruuden an
den Ellenbogen und mit Krusten über den Rücken und an den
Gliedmaßen erreichten die Affen aus der Mitte Afrikas endlich ’s
Gravenhage. Anfänglich meinte ich, es wären zwei SenmopitJieci,
268
die von den Arabern auf ihren Zügen mitgenommen worden
wären bis nach der Mitte Afrikas. Bald zeigte jedoch der eine
Affe Backentascheu, und ich konnte ihn als eine weibliche grau-
wangige Meerkatze, Cercopithecus albigena Gray, bestimmen. Erst
uach vielen Wochen sorgfältiger Verpflegung war eine Wunde
am Ellenbogen des zweiten Tieres geheilt. Inzwischen hatte
ich Gelegenheit, die gut entwickelten Daumen zu beobachten
und endlich auch, als das Tier besser zu fressen begann, die Backen¬
tascheu. (Merkwürdig ist, daß auch Gray den C. albigena für einen
Semnopithecus ansah.) Mit Schlegels obenerwähntem Kataloge der
Affen des Leidener Museums kam ich nicht weiter und richtete mich
deshalb an Herrn Direktor A. A. van Bern m eleu des zoologischen
Gartens in Rotterdam und an Herrn Direktor Dr. F. A. Jentiuk
vom Leidener Museum mit der Frage, ob ihnen diese Affen, von
denen ich eine genaue Beschreibung gab, bekannt seien. Herr A. A.
van Bemmelen meinte, der Affe sei eine neue Art, eng verwandt
mit Cercopithecus albigena , und er hatte die Güte mir zu berichten, der¬
selbe sei nicht in den Proceedings of the Zoological Society of London
beschrieben. Herr Dr. F. A, Jentink meinte keinen sicheren Be¬
scheid geben zu können, ohne den Affen gesehen zu haben, weshalb
ich mich mit den Tieren nach Leiden begab, wo, mittels der reichen
Sammlung ausgestopfter eigentlicher Affen (das Leidener Museum
zählt deren mehr als 800, wovon mehr als 100 Cercopitheci) ausge¬
macht wurde, der Affe sei wirklich eine neue Art. Herr Dr. F. A.
Jentink und Herr Dr. C. L. Reuvens waren mir mit großer
Bereitwilligkeit bei der Bestimmung behülflich.
Das Exemplar ist ein Weibchen. Es ist sowohl in Größe als
im allgemeinen Habitus, in Naturell, Geberden und Bewegungen dem
G. albigena völlig gleich. Das Gesicht zeigt vollkommen dieselben
Linien und trägt denselben Ausdruck wie die des G. albigena. Auch
die Iris und die Stimme sind von denen des C. albigena nicht ver¬
schieden. Der Unterschied zwischen G. aterrimus und G. albigena
ist nun folgender :
G. albigena ist pechschwarz, mit Ausnahme der Behaarung am
Schulterteile des Rückens und an dem Nacken, welche schwarzbraun
oder braungrau ist, und an den Wangen, wo das Tier sehr kleine,
sammetartige, weißliche Haare zeigt, so daß von einiger Entfernung
die Wangen unbehaart erscheinen. G. aterrimus dagegen ist am
ganzen Körper pechschwarz, nur mit Ausnahme der sehr reichen
Behaarung der Wangen, welche graubraun ist.
269
C. albigena hat sowohl au dem Nacken als am Schulterteile
des Rückens eine längere Behaarung als am übrigen Körper. Hiervon
zeigt C. aterrimus nicht die geringste Spur. G. albigena hat, wie
oben erwähnt, fast kahle Wangen, C. aterrimus besitzt stark ent¬
wickelte graubraune Backenbärte. Unter dem Kinne zeigt C. aterrimus
dieselbe spärliche weißliche Behaarung wie C. albigena.
C. albigena ist von allen andern Cercopitheci unterschieden durch
die sehr verlängerten Augenbrauen, welche zwei hervorragende Pinsel
bilden. Die Augenbrauen des G. aterrimus sind normal.
Die Behaarung der Stirne und des Vorderkopfes des C. albigena
zeigt nichts Abnormes und geht sowohl, was ihre Verlängerung als
ihre Farbe betrifft, allmählich über in die abnormale Behaarung des
Nackens und des Vorderrückens. Bei G. aterrimus , bei dem die
längere Behaarung völlig fehlt, sieht mau die Haare der Stirne und
des Vorderkopfes zu einer prachtvollen und aufrechtsteheuden Haube
ausgewachsen. Diese sonderbare pechschwarze Haube erinnert un¬
willkürlich an verschiedene Semnopitheci und an Colobus satanas
Waterb. Herr A. G ress ho ff teilte mir mit, daß auch dieser Affe
( G . aterrimus) bei den Stanley-Fällen »Satanas« genannt werde.
Sprachwissenschaft und Naturwissenschaft.
Von Dr. med. Wilh. Stricker.
(Fortsetzung vom Jahrgang 31, S. 200).
XXII. Gouch, Kuckuc k. *)
1. Der Vogel. Der Kuckuck ist durch zwei Eigenschaften merk¬
würdig : einmal durch seineu für prophetisch geltenden R u f, dann
durch sein eigenes Eheverhältnis. Wir haben für den Vogel
zwei Namen: einen, der jetzt teils überhaupt, teils in der eigent¬
lichen Bedeutung ausgelebt hat und uns fast nur auf gelehrtem
Wege bekannt wird, gauch, mittelhochdeutsch gouch, und einen,
der frisch bleibt, in jedem neuen Frühjahr sich auffrischt, weil er
an den Ruf des Vogels sich anschließt, Kuckuck.
Auch gouch muß ja von diesem Rufe entsprungen sein, ist aber,
losgelöst von seinem Ursprung, schou vorgeschichtlich in die Be-
*) Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Fünfter
Band, bearbeitet von Dr. Rudolf Hildebrand. Leipzig, Hirzel 1873. Spalte
2520-2529. 1878 IV, 1,1. Spalte 1524-1538.
270
wegung der Sprachentwickelnng hineingezogen worden, so daß es
zwar den Lautstoff des Vogelrufs noch enthält, aber eingekleidet nach
unseren Sprachgesetzen : althochdeutsch couh , gouh , gauh , mittel¬
hochdeutsch goach, niederdeutsch gök , angelsächsisch geak, alt¬
nordisch gaukr , altenglisch gelte, noch nordenglisch gaivk , schwedisch
gök, dänisch gjög , norwegisch gauk , neuhochdeutsch goch , gaucli, ganche ,
gauge , güch.
Kuckuck ist starr, leblos, wie ein Kinderwort, ohne die Laut¬
verschiebung, wie q u a c k q u a c k für Ente, muh für Kuh, wau¬
wau für Hund, miau für Katze, kra für Krähe.
Von Gauch wird im 15. Jahrhundert gebildet gutzgauch,
d. h. der gutzende, rufende gauch, auch guchzen, gucken, gekugtzen,
daher Vogel gucker, guggauch, gukgouch, guckauch. Im 16. und 17.
Jahrhundert verschwindet das Wort gauch in der Bedeutung für den
Vogel oder wird durch Kuckuck erklärt.
Gauch ist als erwünschtes Reimwort (auch, Hauch, Strauch etc.)
bei neueren Dichtern, besonders Rücker t, wieder in Aufuahme
gekommen.
Die außergermauischen Formen von Kuckuck: sanskrit kökila ,
altgriechisch zozxrL mittelgriechisch xovxo , neugriechisch xoüko,
lateinisch cuculus , französisch coucou , italienisch cucco, cocolo , cucuglio ,
cuculo , spanisch cuco , cuclillo , portugiesisch cwco, keltisch cög , cucich,
slawisch kukawka, kulcava , kukavica, lettisch, estnisch, littauisch geguze ,
dseguze, käkko.
Der Vogel gilt mit seinem Rufe von jeher als Frühlingsbote,
also Sprichwort : den Kuckuck nimmer rufen hören = den Sommer
nicht erleben. (Grimm Mythologie 640. 723).
Der Kuckuck mit seim Schreien
Macht fröhlich jedermann (Mailied, Uhlauds Volkslieder 114).
Sein Ruf hat wahrsagende Kraft; mau läßt sich daher in seinem
Thun durch den Ruf bestimmen, auch in Heiratsfragen; die Zahl
seiner Rufe gibt die Jahre an, die mau noch zu leben hat.
Aber sein einförmiger Gesang wird verspottet; er gilt eines¬
teils als Zeichen der Beschränktheit, andererseits der Selbstgefälligkeit.
»Wenn der Guckug tausend Jahr alt würde, so lernt er doch nichts
anders denn Guckug« Sprichwort bei Lehmann, 1. 14. Kuckuck
ruft seinen eigenen Namen aus = von Egoisten und Leuten, die
immer von sich selber reden, Sprichwort in Bremen.
Namentlich aber sein eheliches Leben gab schweren Anstoß.
Viel ist davon die Rede, daß er seine Eier nicht selbst ausbrütet,
271
sondern anderen Vögeln in die Nester legt, besonders der kleinen
Grasmücke (welche deshalb »Kuckucks- Amme« heißt), und daß die
jungen Kuckucke gleich wieder mit anmaßlicher Selbstüberhebung ins
Leben treten, ja mit schwerstem Undauk gegen ihre Pflegemutter.
Luther (Tischreden 3, 202) sagt, daß der Kuckuck hat die
Natur und Art, daß er der Grasmücke ihre Eier aussäuft und legt
seine Eier dagegen ins Nest, daß sie die Grasmücke muß ausbrüten.
Darnach, wenn die jungen Kuckuck aus der Schale gekrochen und
groß sind, so vermag die Grasmücke nicht sie zu bedecken. Davon
werden die Kuckuck aufsätzig und zuletzt fressen die jungen Kuckuck
ihre Mutter, die Grasmücke. Darnach auch kann der Kuckuck die
Nachtigall nicht leideu.
Voß (Gedichte 1802, I. 173. 1825, III. 47) singt:
Ein Frühlingsvogel, der die Amme
Würgt und den eigenen Namen ausruft,
daher gouch als Bastard (Nibel. 810, I).
Wie anspruchsvoll er bei solchen Eigenschaften und Leistungen
ist, zeigt, daß er sogar zu faul ist, selber zu fliegen beim Wegzug
der Vogel.
Albertiuus (Schauplatz 1612, S. 510) sagt nach Megenberg
(179, 3), er setzt sich auf die Schultern des Weihes.
Er hat auch einen Knecht: Kuckucksknecht, — Lakai,
Kuckucksküster = der Wiedehopf. Der Kuckuck ist, so Zusagen,
der Pfarrer des Waldes, der Wiedehopf, der sein Geschrei nach-
alimt, ist sein Küster. K.= küster in niederdeutschen Gegenden,
bekannt aus M. Claudius Rheinweinlied.
2. Vom Menschen: a. von einem, der sich selber lobt oder
verrät: Hab1 dank, du lieber Kuckuck, daß du so frisch deinen
eigenen Namen ausschreist und rühmst, daß du wollst der Wider¬
christ sein, Luth er 6. 320 ; müssen sie (die Papisten) wie der Kuckuck
ihren eigenen Namen ausrufeu. Luther 5, 303.
b. besonders von undankbaren Leuten, namentlich jungen, deu
Erziehern gegenüber :
O O
Denn wo du wirst im Herzen dein —
Ein ehrvergeßner Kuckuck sein,
Der, wenn er auferzogen ist,
Sein’ herzgetreue Mutter frißt.
Ringwald, lautere Wahrheit 1597, S. 80.
Math es ins (Luther Vorrede 1590) sagt »undankbarer Kuckuck«»
ebenso Simplicissimus 1, 197.
— 272 —
c) als Hahnrei, infolge einer im 16. Jahrhundert vorge¬
gangenen Verwechslung, denn eigentlich ist, nach den oben ange¬
gebenen Eheverhältnissen, das Männchen der Grasmücke der Hahnrei,
dem sein Weib fremde Kinder ausbrütet, während der Kuckuck
vielmehr als Wollüstling gilt, im Volkslied mit 7 bis 12 Weibern
auftritt. In der That wird Anfang des 16. Jahrhunderts im Voca-
bularius opt. Lips. 1501 und in der Gemma Straßb. 1518 : curruca,
ein Grasmuck, folgendermaßen weiter erklärt : et capitur pro viro
alienas proles nutrieute, quas credit esse suas, dazu: currucare,
aliquem currucain facere, quod fit corrumpendo ejus uxorem, dagegen
in Golius onomasticon (Straßburg 1588) cuculus vel curruca,
der leiden mag, daß sein Weib mit anderen zu thun hat, Gauch. *)
Ebenso Kirchhof (im Wendunmuth zuerst 1581, in der
Ausgabe von Oesterley I, 366) : »diesem richteten die Pfaffen und
andere zu Hildesheim das Wasser in die Schuh, d. i.: machten ihn
zum Guckguck.« Bei Ayrer (244 d) heißt es:
So wird sie mich doch nur auslachen
Und aus mir einen Guckguck machen.
Ebenso englisch cuckold, schwedisch hukkuvall, französisch cocii.
Der Kuckuck wird ja eigentlich von seinem Weibe auch betrogen,
indem sie seinen Kindern einen andern Vater gibt.
3. der Kuckuck für den Teufel. Schon im 16. Jahrhundert
kommt dieser Gebrauch vor; er ist seitdem in der Litteratur so
häufig, daß Beispiele anzuführen nicht nötig ist. Kuckuck folgt
Teufel auch in der abgeschwächten Bedeutung, wo es heißt: Er
versteht den Kuckuck (oder Teufel) davon, d. h. nichts.
Es ergibt sich daraus, daß dem Vogel einst eine göttliche Be¬
deutung beiwohnte, die durch den Einfluß des Christentums in eine
teuflische verkehrt wurde, wie beim Kibitz, mit .dem der Kuckuck
verwechselt oder verbunden erscheint. Mannhardt glaubt eine
Beziehung zum Donar zu finden.
4. Zahlreiche Pflanzen sind nach dem Kuckuck genannt:
cuculus = ajuga pyramidalis, Berggünsel ; gesprenkelter Kuckuck =
orchis maculata; K. — Blume, = Nelke, — Salat, = Speichel,
Gauchblume, cuckooflower — cardamine pratensis, orchis militaris,
lychnis flos cuculi, nasturtium pratense, ajuga reptaus ; anemone.
*) Die mangelhafte Naturbeobachtung des Mittelalters zeigt sich darin, daf3
die Grasmücke allein als Opfer des Kuckucks angeführt wird. Man kennt
jetzt mindestens 30 Vogelalten, in deren Nester der Kuckuck seine Eier legt.
Vergl. diese Zeitschrift an vielen Stellen, besonders Jahrgang 8 und 13. Str.
273
Kackucksbrot, = Klee, = Kohl, Gauch am pfer, = Klee, =
oxalis acetosella, oxytriphyllon, pauis cuculi.
Weniger von Tieren: K. = Speichel, cuckoospit, heißt auch
der Schaum der cicada spumaria, den sie im Frühjahr auf Weiden¬
blättern entwickelt. Kuckucksringlein siud die kleinen Eier der
Ringel raupe, die man um die Aste gelegt findet.
Der St. Petersburger zoologische Garten.
Von dem Herausgeber.*)
Von einer einsichtsvollen energischen Frau, Sophie Gebhardt, wurde
am 1. August 1865 zu St. Petersburg in dem Alexanderpark ein zoologischer
Garten eröffnet. Sein Flächenraum beträgt 3 Dessj., 44 □Faden und wurde
anfangs der Gründerin von Kaiser Alexander II. auf 20 Jahre pachtfrei über¬
lassen. Jetzt wird vom Besitzer, Herrn Ernst Rost, der sich 1873 mit Frau
Gebhardt verheiratete (letztere ist 1887 gestorben), eine von der Stadtver¬
waltung festgesetzte Pachtsumme bezahlt. Der Garten genießt also keinerlei
Unterstützung und wird vollständig aus Privatmitteln erhalten.
Groß waren die Schwierigkeiten aller Art, die sich der Gründerin anfangs
in den Weg stellten, und selbst Schlittschuhbahnen und Eisberge übten keine
große Anziehungskraft auf das Publikum. Nur die Geburt einer virginischen
Beutelratte ( Didelphis virginiana ) im Winter 1865 lenkte die Aufmerksamkeit
der Tierliebhaber auf die junge Anstalt, und noch mehr geschah dies durch
die Aufstellung eines 90 Fuß langen Walfischgerippes ( Balaena mysticetus), im
Januar 1867. Aber trotz fortgesetzter Vermehrung des Tierbestandes hatte
der Garten hart ums Dasein zu kämpfen und mehr als einmal schien es, als
ob er in diesem Kampfe der Ungunst der Verhältnisse erliegen sollte. Als
1873 Herr Rost in die Leitung mit eintrat, da zeigten sich die günstigen
Erfolge der neuen Führung so überraschend schnell, daß bereits im Spät¬
sommer desselben Jahres die angesehensten Petersburger Blätter auf das neue
Leben, welches im Zoologischen Garten erwacht war, aufmerksam machten.
Der Sommer in St. Petersburg dauert nur 4 Monate, eine kurze Zeit der
Ernte für einen Tiergarten, weshalb für Unterhaltungen durch Konzerte, Vor¬
stellungen durch Künstler ersten Ranges auf der offenen Gartenbühne und im
Saaltheater u. s. w. auch im Winter gesorgt wurde. Für den Tierbestand,
welcher Jahr für Jahr durch das ungünstige Klima große Verluste hatte, wurde
durch bessere Wiuterhäuser gesorgt, aber trotzdem fordert die Tierhaltung
immerfort bedeutende Opfer, wie daraus hervorgeht, daß innerhalb 17 Jahren,
von 1873 bis 1889 einschließlich, der Gesamtverlust die Summe von Rubel 104,000
übersteigt. Besonders unglücklich war das Jahr 1880. Der damals herrschenden
Rinderpest fiel die ganze Sammlung von Wiederkäuern zum Opfer, was einem
*) Nach der Festschrift: „Der St. Petersburger zoologische Garten 18(15—1890. Bei¬
träge zur Geschichte desselben von Alfred Seefeld, Inspektor des Gartens. St. Peters¬
burg. Buchdruckerei von Eduard Hoppe. 1890.
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXI. 1890.
18
274
Verluste von mehr als 77 °/o des Kapital wertes des damaligen Tierbestandes
entsprach. Zwei Jahre darauf büßte der Garten seinen ganzen Bestand an
schönen Löwen, Tigern und übrigen Insassen des Raubtierhauses ein, die mit
Fleisch gefüttert worden waren, das ein gewissenloser Fleischhändler von
Tieren geliefert hatte, welche einer Seuche erlegen waren.
So mußten für Neuanschaffungen seit 1873 über Rubel 170,000 oder jähr¬
lich durchschnittlich Rubel 10,000 verausgabt werden. Dazu kommen im
Durchschnitt jährlich Rubel 48,000 für Fütterung, Heizung und Besoldung der
Wärter. Der Wert des Tierbestandes ist von Rubel 4062 im Jahre 1873 ge¬
wachsen auf Rubel 82,947 im Jahre 1890. Zahlreiche Neubauten wurden im
Laufe der Jahre ausgeführt, so auch eine große gedeckte Konzert- und Restau¬
rationshalle, Gebäude, die, wie deren Abbildungen zeigen, dem Garten zur
Verschönerung dienen, der im Sommer durch elektrische Lampen glänzend be¬
leuchtet ist.
Der gewöhnliche Eintrittspreis beträgt nur 30 Kopeken, während er für
alle Sommersonntage auf 20 Kopeken für Erwachsene und 10 Kopeken für
Kinder festgesetzt ist. 8000 bis 10,000 Zöglinge verschiedener Anstalten be¬
suchen dabei unter Führung ihrer Lehrer den Garten ohne Bezahlung.
Der St. Petersburger zoologische Garten ist der in ganz Europa am nörd¬
lichsten gelegene und kann daher mit Recht, was Zucht- und Acclimatisations-
versuche anbelangt, eine Versuchsstation in des Wortes verwegenster Bedeu¬
tung genannt werden.
»Schnell ist unser Sommer vorbei und ihm folgt der acht Monat lange
Winter mit seinen Schneestürmen und seinen, selbst die dicksten Pelze durch¬
dringenden Luftströmungen. Die Veränderung des Wetters ist eine beständige.
Frosttage und dichter Nebel, regenbringende Westwinde und kalte Nordstürme
wechseln fortwährend. Wohl kommt es im Sommer vor, daß wir 30° R. Hitze
haben, diese Zahl wird jedoch im Winter vom Frost häufig übertroffen. Die
Temperaturschwankungen eines Tages betragen oft 10 — 16°. Es passiert hier
häufig, daß man anfangs Mai bei herrlichem Wetter eine Spazierfahrt unter¬
nimmt, wo dann bei Sonnenschein und 14° Wärme selbst der leichte Sommer¬
überzieher zu warm wird, abends 8 Uhr aber kehrt man bei leichtem Schnee¬
gestöber heim, um am nächsten Morgen Wald und Feld mit einer Schneedecke
überzogen zu finden.
Daher kommt es, daß wir Tiere, welche in anderen zoologischen Gärten
den ganzen Winter über im Freien gelassen werden und sich daselbst bei
14 — 16° unter Null ganz wohl befinden, schon im Herbst in ihre Winterwoh¬
nungen bringen müssen. Die Zahl der Tiere, welche in unserem Garten das
ganze Jahr über im Freien gelassen werden, ohne durch die Kälte beziehent¬
lich den schnellen Temperaturwechsel ersichtlichen Schaden zu nehmen, ist
denn auch eine sehr geringe und beschränkt sich auf Elchwild, Damwild,
Wapiti, Bären, Wölfe, Füchse, Luchse, Dachse, Steinadler, Seeadler, Raben,
Möven, Enten, seihst Braut- und Mandarineuten haben Kälte bis zu 28° R., ohne
Schaden zu nehmen, ertragen, wurden aber allerdings bei so starker Kälte in
ihre uu gewärmten hölzernen Däuser getrieben. Ferner ist zu nennen eine
Finken, Goldammern, Sckneeammern, Meisen, Dompfaffen, Hakengimpel, Kreuz¬
schnäbel, Zeisige, Hänflinge und andere kleine Vögel enthaltende Voliere, deren
275
Insassen dauernd allen Witterungseinflüssen ausgesetzt werden. Das hierbei
erzielte Resultat ist ein befriedigendes, die Verluste unbedeutend.
Wiewohl nun bei der Acclimatisierung und Eingewöhnung der ver¬
schiedenen, vielfach den Tropenländern angehörenden Tiergattungen in dem
kalten Petersburger Klima weit größere Schwierigkeiten zu überwinden sind
als in den mehr gemäßigten Klimaten der westlichen Staaten, ist uns diese
Acclimatisierung im allgemeinen, dank der sorgsamen Pflege und naturge¬
mäßen Haltung der Tiere, vielfach in so überraschender Weise gelungen, daß
viele dieser, ihrer Freiheit beraubten Fremdlinge es selbst in unserem hohen
Norden zu einer lebenskräftigen Nachkommenschaft gebracht haben. Durch
derartige Erfahrungen hat unser zoologischer Garten den russischen Landwirten
Fingerzeige von großer praktischer Bedeutung geboten. Gelingt es schon,
wilde, ihrer Freiheit beraubte und südlichen Regionen angehörende Tiere der¬
art einzugewöhnen, wie es in unserem Garten wiederholt der Fall gewesen,
so ist es doch ungleich leichter, dies auch mit Nutztiergattungen zu thun,
welchen man viel eher Bedingungen schaffen kann, die denen entsprechen,
an welche diese Tiere von Haus aus gewöhnt sind. Wie oft schrecken noch
unsere Landwirte davor zurück, eine nutzbare Rinder- oder Schafrasse bei uns
einzuführen, weil sie fürchten, daß ihnen unser Klima und andere Lebensbe¬
dingungen nicht Zusagen. Man sorge in solchen Fällen, wie es in unserem
zoologischen Garten geschieht, nur für gute, unserem Klima angepaßte Stal¬
lungen und für eine naturgemäße Ernährung und man wird nicht zu fürchten
haben, daß eine holländische Kuh oder ein englisches Schaf oder Schwein bei
uns degenerieren oder gar zu Grunde gehen werde.«
Welche Schwierigkeiten in der Wasserbeschaffung lagen, erhellt aus nach¬
stehendem Berichte.
Trotzdem der Petersburger zoologische Garten nur einige hundert Schritte
von der Newa entfernt liegt, so erhalten doch seine Teiche ihr Wasser von
der städtischen Wasserleitung, was nebenbei gesagt eine etwas kostspielige
Sache ist.
Zu diesen bedeutenden Kosten kommen im Winter noch andere Übel¬
stände, die Teiche frieren bis auf den Grund aus, Cement und Röhren platzen
u. s. w. Sämtliche Schwimmvögel müssen daher im Winter in Häusern unter¬
gebracht werden, wo das Wasser erwärmt wird; diese Wärme teilt sich natür¬
lich den ganzen Räumlichkeiten mit und wirkt auf die Gesundheit der nörd¬
lichen Schwimmvögel geradezu verderblich. Die Dunen entwickeln sich in
der Wärme nur äußerst spärlich, die Vögel können sich auf den kleinen in
den Häusern befindlichen Becken nicht ordentlich tummeln und selbst bei
sorgsamster Pflege und bester Fütterung gingen in unserem Garten im Winter
fast sämtliche Schwimmvögel zu Grunde, deren Neuerwerb im Frühjahr jedes¬
mal bedeutende Summen erforderte. Zur Erwärmung des Wassers im Nilpferd-,
Seelöwen- und den anderen Bassins mußten die Heizapparate Tag und Nacht
im Gange gehalten werden.
Zu all dem gesellte sich aber noch der Hauptübelstand hinzu, daß das
Newawasser selbst auf den animalischen Organismus schädlich wirkt. Das
Newawasser enthält so wenig Kalk und Phosphorteile, daß der häufige Genuß
desselben die Knochenentwicklung bei den Tieren vollständig stört. Es treten
Knochenerweichungen ein, welche nach längerem Siechtum stets den Tod der
276
Tiere zur Folge haben, die Skelette der Tiere waren zu anatomischen Zwecken
unbrauchbar und vielfache Versuche ergaben, daß die Knochen, hauptsächlich
Schädel- und Schenkelknochen, vollständig porös, fast schwammig waren. Seit
Jahren war es daher Herrn Rosts eifrigstes Bestreben gewesen, diesen Übel¬
ständen abzuhelfen. Den Tieren wurden Salz, Phosphate etc. zum Futter
gegeben, aber alles dies that der Sterblichkeit nur wenig Einhalt.
Da kam Herr Rost auf den Gedanken, nach gelungenen Versuchen in der
Umgebung auch in unserem zoologischen Garten einen artesischen Brunnen zu
bohren; erst mußten wir uns jedoch vergewissern, ob das Wasser auch zur
Tränkung der Tiere gebraucht werden könne und nicht etwa schädlich sei.
Zu diesem Zwecke wurden einige Fässer voll von dem artesischen Wasser
eines Nachbarbrunnens geholt und damit folgende Versuche gemacht:
Erstens wurden 6 Goldfische besorgt, von denen 3 in Newawasser und
8 in das dem artesischen Brunnen entnommene Wasser gesetzt wurden. Nach
4 Wochen waren 2 Fische in dem Newawasser gestorben, jene 3 in dem Brun¬
nenwasser dagegen gesund und munter.
Zweitens wurden 2 gewöhnliche Enten, 2 Wildenten und 2 Gänse ab¬
gesperrt und nur mit dem Brunnenwasser getränkt und ihnen dasselbe auch
zum Baden gegeben.
Drittens wurde ein Puma nur mit dem Brunnenwasser getränkt. Am
ersten Tage wollte er es nicht nehmen, es wurde ihm wiederholt vorgesetzt,
er leckte wohl einige Male daran, zog sich aber gleich darauf scheu zurück.
Am nächsten Tage erhielt er das Wasser gemischt, und zwar 2/3 Newa- und
ü 3 Brunnenwasser und jetzt trank er davon. Der Prozentsatz des Brunnen¬
wassers wurde täglich etwas vergrößert, und bereits nach 8 Tagen trank er
das reine Brunnenwasser. Am zwölften Tage setzten wir ihm versuchweise
zwei Schüsseln vor; die eine enthielt Newa-, die andere Brunnenwasser. Der
Puma beroch die Schüssel mit dem Newawasser und wandte sich sofort der
Schüssel mit dem salzhaltigen Wasser zu, welche er gierig leerte.
Nach den ersten vier Wochen konnten wir sämtliche Versuche als geglückt
ansehen, da alle nur mit dem Wasser aus dem artesischen Brunnen getränkten
Tiere sich äußerst wohl befanden, und dies war genügend, Herrn Rost zu
veranlassen, die Bohrungen sofort in Angriff zu nehmen.
Am 21. Januar (2. Februar) 1887 wurde das Bohrloch hinter den Raub¬
vogelvolieren dicht bei den Teichen angelegt. Das Erdreich bestellt in unserem
Garten in seiner oberen Schicht aus Schwimmsand und haben wir bei 3 Fuß
Tiefe bereits Grundwasser; es mußten daher erst starke (vierzöllige) Röhren
bis auf die festen Schichten in die Erde getrieben werden, um das Zufallen des
Bohrloches zu verhindern. Diese Röhren wurden 86 Fuß tief in die Erde hin¬
eingeschraubt, wo sie festen Grund faßten und nicht weiter zu bringen waren.
Nun ging die eigentliche Bohrung mit Meißel und Wasserspülung los.
Am 26. kam das Wasser bereits so stark gelaufen, daß es überflüssig wurde,
Wasser zur Spülung in das Rohr zu pumpen, und am nächsten Morgen 3 Uhr
bei einer Kälte von 14° R. floß das Wasser voll aus dem vierzölligen Rohr.
Das Bohrloch war fertig; es ist 565 Fuß tief und wurde trotz dreimaliger
Störung (einmal brach das Gestänge und zweimal mußten starke Sandsteine
durchbohrt werden) in der kurzen Zeit von 38 Tagen fertiggestellt.
277
Das Wasser war 9° R. warm und hatte denselben salzigen Geschmack
wie das des artesischen Brunnen auf der 12 Werst entfernten Fabrik des Herrn
Yogelgesang. Das Brunnenrohr wurde in ein großes, auf einem 18 Fuß hohen
Unterbau befindlichen Reservoir geleitet und nun hatten wir Wasser im Über¬
fluß, denn der Brunnen gab in der Minute 458 Liter. Durch Röhrenleitungen
wurde das Wasser vom Reservoir aus in die Häuser geführt und sämtliche
Tiere erhielten von jetzt ab nur dieses Wasser.
Es sind nun über drei Jahre her, daß unser Brunnen fertig ist und ich
kann wohl sagen, daß er unsere kühnsten Erwartungen übertroffen hat. Die
Wasserheizung für das Nilpferd- sowie die anderen Bassins ist überflüssig ge¬
worden. Die Tiere erhalten das Wasser direkt aus dem artesischen Brunnen,
welcher vom Nilpferdhaus 300 Schritt entfernt ist, und trotzdem behält das
Wasser seine Wärme von 9° R. und die Tiere fühlen sich äußerst wohl dabei.
Die Teiche der Schwimmvögel bleiben den ganzen Winter offen. Zur
Nacht werden die Schwimmvögel in am Teiche befindliche Häuser unterge¬
bracht und wenn man sieht, wie sich die Vögel des Morgens, wenn die Häuser
geöffnet werden, mit lautem freudigen Geschrei und Geschnatter in das Wasser
stürzen, um sich lustig in dem klaren Wasser herumzutummeln, dann begreift man
leicht, daß eine derartige Einrichtung zu ihrer Erhaltung unbedingt notwendig ist.
Wie also aus dieser Skizze zu sehen ist, haben wir durch die Anlage des
artesischen Brunnen wesentlich für die Erhaltung unseres Tierbestandes ge¬
sorgt, welche uns von jeher die größten Schwierigkeiten machte und allerdings
teilweise auch heute noch macht.«
Eine Liste der in dem St. Petersburger zoologischen Garten geborenen
Tiere werden wir besonders bringen. Über die Fortpflanzung des Nilpferdes
hat uns Herr Inspektor Alfred Seefeld schon genau im Jahrgang XXX>
1889, S. 161 u. flg. berichtet.
Achtung muß man aber vor solcher Thatkraft haben, die vor keinen Hinder¬
nissen zurückschreckt und unentwegt immer von neuem auf ihr Ziel losgeht;
sie hat den Erfolg für sich, und so wünschen wir, daß der Petersburger zoolo¬
gische Garten sich weiterhin gut entwickeln möge und daß besonders der
Wunsch des Besitzers in Erfüllung gehe, das gar zu kleine Gebiet seines Gartens
bald vergrößern zu können.
Zo o-B iologisclies aus Paris.
Von Ernst Friedei in Berlin.
(Schluß.)
III. Der A cclimatations- Garten.
Was der Menagerie des Jardin des Plantes an Raum fehlt, das hat der
»Eingewöhnungs-Garten« im Überfluß; gemeinsam ist diesem mit jenem, daß
er dem Pflanzen- wie Tierreich gleichmäßig dient. Dieser Umstand hat daher
auch in und bei Paris das Entstehen einer »Flora« wie in Frankfurt (Palmen¬
garten), Köln, Charlottenburg verhindert.*)
*) Der Jardin d’Acclimatation ist den ganzen Tag geöffnet; Eintritt 1 fr., Sonn- und Feier¬
tags 50 cent. Eine einfahrende Droschke bezahlt, einschließlich des Kutschers, 3 frs., dazu das
278
In den seit der vorletzten Weltausstellung verflossenen 11 Jahren ist zur
Verbesserung des Gartens in verschiedenen Rücksichten viel geschehen. Das
Prinzip, nur nützliche Geschöpfe zu pflegen, hat in mehrfacher Beziehung ver¬
lassen werden müssen. Nicht daß man Raubtiere und andere unnütze Bestien
angekauft hat, wohl aber meinte die Verwaltung, doch in einzelnen Fällen,
wenn dgl. zum Geschenk angeboten wurden, annehmen zu sollen, um das
Publikum nicht vom »Stiften« zurückzuschrecken.
Wir betreten das weitläufige Gelände von der Porte des Sablons aus, im
wesentlichen uns rechts haltend. Es fällt uns zunächst ein A'erkaufslokal
für Zimmerpflanzen ins Auge, aus dem Eingewöhnungs-Garten von Hy eres (Var)
stammend, darin Becken mit verkäuflichen Goldfischen. Es folgt eine Aus¬
stellung von verkäuflichen Tierkäfigen, Tiergehegen, Gitterproben etc., in der
Nähe die Endstation der schmalspurigen , den Garten durchschneidenden
Eisenbahn, welche mit Mauleseln befahren wird.
Die eigentliche Tierwelt beginnt rechts mit dem Affenhaus, das nicht
viele Species und Exemplare enthält, soweit ich übersah, nur der alten Welt,
Tiere, die etwa noch in Zimmerkäfigen ohne Belästigung gehalten werden
können, einschließlich der kleinsten Paviane. Gegenüber ein Wasserbecken
für den australischen Ibis strictipennis, den Löffelreiher (Platalea leucorodia),
den Sichler ( Plegadis falcinellus ), den heimischen und den Guia na¬
iv iebitz ( Vcmellus cristatus und V. cayennensis), den Schwarzibis ( Ibis
melanopsis), den Seidenreiher (Herodias jubata) und noch mehrere Reiher-
und Storch-Arten. — Besonders untergebracht ist der Ivagu ( Rhinochetus
jubatus) von Neu-Kaledonien.
Rechts weiter Pfauen, Hühner, Fasanen, Puten (darunter eine
französische schwarze Spielart des zahmen Puters). Links gegenüber mehrere
Arten Kraniche, egyptische Störche. Rechts wilde Truthähne
und Bauer mit der Schneeeule ( Nictea nivea ) bezeichnet »vom Nordpol«.
Käfige mit zum Teil seltensten Tauben, Hühnern und Fasanen,
Satyrhühner ( Geriornis Cdboti, C. Temminckii [China], C. Hastingii
[Indien], 0. satyrd). — Die Schneetaube ( Columba nivea von Chile) ; Phasianus
Waltichii von Nord-Indien. — Noch weitere lange Fasanen-Geliege mit Ph.
Eeevesii u. dgl.; Flugkäfige mit kleinen Papageien, Sittich e n, exotischen
Singvögeln als Kardinäle etc.
Bauer mit der Alpendohle ( Phyrrhocorax alpinus). Große dreiteilige
Voliere mit Ibis ruber , I. religiosa , I. falcinellus , I. Macei, I. strictipennis und
dem Nachtraben ( Nycticorax griseus ), dem Reiher, der durchseinen unheim¬
lichen nächtlichen Ruf zu den Vögeln gehört, die im Volksbewußtsein
die Überlieferung vom »nächtlichen Heer« aufrecht erhalten. * *) Im Mittel¬
teil Sultans h üb ner ( Porphyr io Hyacinthus)-, Aranides cayennensis ; der
Spiegel pfau ( Polyplectron Chinquis ; Euploc&mus Swinhoei von For-
Eintrittsgeld der Fahrgäste. Im Sommer Sonntags und Donnerstags Konzert ohne Preis¬
erhöhung- ; an diesen Tagen findet ein direkter Omnibusdienst zwischen dem Boulevard des
Italiens und dem Garten (1 fr. hin und zurück) statt. Zum Garten und in ihm eine schmal¬
spurige, mit Ponnies und Mauleseln betriebene Eisenbahn. Vgl. eine Beschreibung des
Gartens von Professor Dr. F. C. Noll im Jahrg. 1S73, S. 387—393.
*) Im Berliner Stadtbuch heißt es im Buch der Übertretungen: „Anno domini 1123
feria quarta ante Johannis baptistae quaedam mulier est combusta, quod fecit pulveres et
toferyg-e, et quia pulveres do noctieorate (Nachtrabe) fecerat.“
279
rnosa, Columba leuconota; der Inambu ( Rhynchotus rufescens ), einer riesen¬
haften Wachtel gleichend, von Brasilien; ebendaher Schakus ( Venelope pl¬
icata) nnd von Mittelamerika P. purpurascens)’, der Hokko ( Crax Salvini ) von
Brasilien; Mitua tuberosa von Guyana; Scyphaps Lophotes von Australien;
ebendaher Phaps chalcopterus); Columba Guineae vom Senegal; Crax carun-
culata. Brasilien; Columba tigrina, Java; Dolchstichtauben, deren Auf
treten auf dem Vogelmarkt vor etwa 15 Jahren so viel Aufsehen machte und
deren Züchtung sich die Prinzessin Carl von Preußen, Schwägerin Kaiser
Wilhelms I., als Patronin des Berliner Vogelzuchtvereins »Cypria« angelegen
sein ließ. — Crax dlector von Guyana; Goura coronatcv, Neuguinea. — Im
liuken Flügel u. a. kleine Pracht-Enten, darunter Dendrocygna fulea von
Brasilien, D. viduata und D. auctumnalis, die nordamerikauische Prachtente
{Aix sponsa und A galericulata), das Teichhuhn ( Gallinula Chloropus ).
Es folgt ein kleineres Bauer mit einer albinen Dohle, Corvus moncdula,
und dem australischen Flöten vogel, Gymnorhina leuconota. Dahinter eine
lange Flucht von Fasanengehegen. Darin das chinesische Hornhuhn, Tragopan
Temminckii, mit griechischen Landschildkröten, Testudo graeca, zusammen;
der Elliots-Fasan; der japanische Phasianus versicolor; der Ohrenpfau
Crossoptilon auritum; das hochgebirgische Mon al, Lophophorus refulgens ; die
Himalaya-Taube, Columba leuconota. In der Nähe Käfige mit Raben.
Vor allen diesen Gebauern, denen sich noch ein Gehege mit Säbel-
antilopen {Antilope leucoryx) anschließt, liegt ein geräumiger viereckiger
Plan mit schön blühenden Teppichbeeten; in der Mitte die Marmorstatue
Daubentons mit einem Merinoschaf. Gegenüber dieser Bildsäule ein
hufeisenförmiges Haus, niedrig, doch zweistöckig, mit Tragopan Temminckii,
Tauben und Wachteln etc. Ortyx pectoralis von Mexiko.
Dahinter ein Einzelkäfig mit dem gewaltigsten der europäischen Vögel,
dem Mönchsgeier (Vultur monachus). Es schließen sich Pfauen an, weiße,
daneben eine mir bisher entgangene, schwärzlich oder bräunlich abschattierende
Spielart, paon panache, mehr merkwürdig als schön; rechts dahinter noch
mancherlei Tauben und Hühner, links zweihöckerige Kamele und
schlanke chinesische, ramsnäsige Schafe, Pos indicus und schlanke Ziegen.
Jene Schafe heißen Ong-ti und werden im Reich der Mitte auf Fleisch ge¬
züchtet, ihr Wuchs ähnelt unsern friesischen Rassen. Sodann sudanische Fett¬
steißschafe.
Rechts ein Gewässer mit »canards de Y e d d o « , mit schwarzen
Schwänen u. drgl. Links Lama, Nylgau-Antilopen ( Portax pictus)
und kleinere Känguru- Arten. Weiter rechts ein Hügel mit einem statt¬
lichen Trupp von Riesen - Känguru ( Macropus giganteus) , ferner M. eru-
bescens, M. rufus, M. labiatas und M. Bennettii.
Es folgt die Reitschule (ecole d’equitation), Pferdeställe mit vielen
Pferderassen, ähnlich wie in dem landwirtschaftlichen Institut unter Pro¬
fessor Julius Kühn in Halle a./S., und mit aller Ausrüstung für den Reitsport.
Dann Ställe mit der zierlichen spanischen Ziege ( Capra agrimia ).
Die in der Nähe befindlichen Kaninchengelasse sind, wie man sich
bei dem Ansehen der Kaninchenzucht in Frankreich leicht vorstellen kann,
vorzüglich und mit edelsten Rassen besetzt: »beliers gris« mit enormen
Ohren; »geants de Flandres«, größte Fleischrasse; Hasenkani nchen ,
280
»ldporides ä poil gras« etc. Daneben Känguru-Ratten und Chin¬
chilla laniger von Chile.
Dahinter Sau buchten, darin u. a. Phacochoerus africanns und Pli.
aethiopicus , daueben langolirige ägyptische Ziegen mit Ramsnasen.
Beim Weitergehen begegnete mir eiu Kinderwagen, von einem Lama-
Dreigespann gezogen.
Das nächste Wasserbecken enthält den seltenen hinterindischen Fisch¬
otter ( Lutra Nair). Nachdem man eine Gesellschaft von Aguti passiert,
wird die Stallung für 3 große Giraffen betreten, dabei sind Paka ( Coelo -
genys Paca ) aus Südamerika und Tapirus americanus mit niedlichen weißge¬
streiften Jungen untergebracht. Die Giraffen kamen 1874 aus Abyssinien.
Ferner darin Strauße und kleine Ziegenböcke vom Senegal, an die
erwähnten kleinen spanischen »bouquetins« erinnernd.
In der Nähe wird uns die Geschichte der Erde, »le monde antedi-
luvien«, nach ihren Hauptepochen, in einem Panorama gezeigt.
Folgt ein zum Beiten benutzter afrik ani scher Elefant, ferner Equus
haemionus , E. Zebra und E. Burchellii.
Außerdem erstreckt sich hier in der Nähe eine große begraste Fläche
mit Straußen und Zebra. Daneben Käfige für »Alpalamas«, im Garten
geboren, für Cervus Peevesn aus Ningpo, männlich und weiblich, geboren bei
Herrn Cornely im Schloß Beaujardin zu Tours, ferner im Garten geworfene
Alpacas. Gegenüber Rentiere und Auclienia Lama zusammen.
Man kommt jetzt zu der vielbesprochenen »Y acherie« und »Laiterie«,
wo kleine, reichmelkende bretonische Kühe, eine auffallend winzige, vor¬
geschichtliche Rasse, fette und gute Milch spenden.
Gegenüber waren in einem großen Becken vier Seelöwen ( Otaria
Stellen ) untergebracht, von denen einer »more solito« ohrzerreißend blökte.
Mit ihnen vertrugen sich Kormorane, darunter der zum Fischfang abge¬
richtete chinesische. Rechts die » Cicogne blanche «, Löffel reih er und
ähnliche Gesippen.
Das nahbelegene, ganz schlicht eingerichtete Aquarium enthält zu¬
nächst 14 gleichartige Behälter: 4 für Süßwasserfische, 3 mit See¬
rosen, 1 mit Pfeilschwanz-Krebsen ( Limulus Polyphemus), 1 mit
Hummern, 1 mit Petermännchen, Crenilabrus und Seekrebsen
1 mit Seeaalen ( Conger ) und Einsiedler- Krebsen, 1 mit Krabben,
Garneelen und Seestichlinge ( Gasterosteus spinachia ), 1 mit See-
an gen und 1 mit Seepferdchen. Am andern Ausgange 3 kleine frei¬
stehende Kasten mit dem gemeinen Stichling, Bars und Goldfisch.
Künstliche Fischzucht in ihrem Entwickelungsverlauf. Dabei Behälter
mit dem neuerdings viel empfohlenen »Blackbass« ( Micropterus pallidus )
und »Cat fish« ( Silurus [ Pimelotus ] catus)\ Orfen (Idus melanotus ); Regen¬
bogen forellen (Salmo irideus) ; »S il ver- Bas s« oder »Per ch e du Canada«,
kalifornischer Salmo Quinat und Blendlinge des mexikanischen Axolotl.
Alle diese Tiere aus der Sammlung des Herrn Loewy, der für FisclnEin-
gewöhnung viel gethan hat.
Bei der „ piscicnltureu waren als augenblicklich seltenste Tiere des Gartens
Schwarzfuß-Pinguine ( Pinguins aux pieds noirs ), Spheniscus demersus
vom Kap der Guten Hoffnung untergebracht, plumpe, glänzend gefiederte Ge-
281
seilen, welche die eigentlichen Pinguine womöglich noch an Seltsamkeit des
Gebahrens übertreffen.
Hinter dem Aquarium Käfige mit Myopus Coypu, Codogenys Paca und
Procyon lotor. In den sehr geräumigen Mittelgehegen des Parks Nylgau-
Antilopen, Riesenantilopen (Boselaphus Oreas) und G n u. Fast in der
Mitte ein Felsen für Gemsen, Mähnen schafe (Om tragelaphus), einen schönen
Steinbock der Pyrenäen (lbex hispanica). Daneben Buchten’ für ungarische
Zackeischafe und Yak (Bos grunniens). Dahinter ein lang gestreckter Geflügel¬
teich mit Unmengen von Enten, Gänsen und Schwänen. Besonders ver¬
wahrt zierliche Mandarinentchen. In der Nähe des großen Teichs ein
sehr stattlicher Taubenturm. In der Nähe ein einsames Bauer mit der
Königsweihe ( Milvus regalis).
Längs der Mauleselbahn, deren Waggons 8 Personen fassen, zum Aus¬
gang steuernd passieren wir noch den Hirschpark mit zur Zeit geweihlosen
Wapitis, Molukkenhirschen, Damwild, v i r g i n i s c h e n Hirschen
und Schwein s h i r s c h e n.
Nahe dem Ausgange ist der berühmte Hundezwinger mit den
schönen schweren französischen Bracken, die mir hier schon 1878 auffielen,
australischen Dingo-Hunden, asiatischen Windhunden und einer
Menge meist verkäuflicher edler Rassehunde.
Den Schluß macht in Verbindung mit einem vornehmen Warmhause
eine stattliche Sammlung von Aras, Papageien, Kakadus, Sittichen,
Blut finken, Webervögeln u. dgl.
Im Anschluß an den Eingewöhnungsgarten will ich noch schließlich
anführen, wie auch die nahe belegenen zwei großen Seen des Boulogner
Gehölzes eine Menge von Wasser vögeln, namentlich Enten beherbergen.
Unter den Gänsen fielen mir dort einige der seltsamen Lockengänse
(Anser danubialis ) auf, dieselbe Spielart, welche ich als eine Besonderheit des
Kölner zoologischen Gartens (Jahrgang 1888 d. Z. S. 87) beschrieben habe.
Korrespondenzen.
Lenkoran, 18/30. Juli 1890.
Vielleicht haben Sie Gelegenheit, einem sehr gewandten Ausstopfer und
Präparator, der hier, wo ein Dorado der Wasservogelwelt zu sein scheint,
ein Atelier aufgeschlagen hat, an Museen und ähnlichen Anstalten zu Kund¬
schaft zu verhelfen. Er arbeitet recht billig. Seine Adresse ist: Rußland,
Kaukasus, Gouvernement Baku, Kreisstadt Lenkoran, Herr L. S er ed o witsch.
Er versteht deutsch. C. Greve.
Düsseldorf, den 20. August 1890.
Über das Vorkommen der Hausratte, Mus rattus , kann ich die Mit-
eilung machen, daß dieselbe vereinzelt im hiesigen zoologischen Garten
gefangen worden ist. Im vorigen Sommer wurde ein Exemplar, in diesem
Sommer bereits zwei Stück gefangen. Vielleicht hat das in unmittelbarer
282
Nähe gelegene ehemalige Kloster Düsseithal, jetzt eine Erziehungsanstalt, in
seiner Mühle und seinen weitläufigen Ökonomiegebäuden der Hausratte den
nötigen Schutz gewährt. Goffart, Inspektor.
Marburg i. Hessen, im August 1890.
Uber einige abweichende Nist plätze von heimischen
Vögeln. — Parus palustris L. Die Sumpfmeise fand ich bei Breslau in
dem durchbrochenen Boden eines Singdrosselnestes, in den sie eine Menge von
Niststoffen getragen hatte, brütend.
Certhia familiaris brachyclactyla (C. L. Brehm), der kurzzehige Baum¬
läufer — nur diese Subspecies in ausgeprägtester Form bewohnt die Gegend
des Niederrheins ■ — brütet fast immer hinter losgesprungener Baumrinde oder
in ähnlichen spaltenartigen Öffnungen. Bei Wesel fand ich 1883, wie bereits
im Journ. f. Ornith. 1887 S. 256 mitgeteilt, ein Nest in hohem Grase an einer
Hecke, hart über dem Boden. Es war leichter und unordentlicher, aber nicht
ganz unähnlich dem Neste eines Pliylloscopus .fitis, mit seitlicher Öffnung
gebaut. Nur einige hundert Schritte von jener Niststelle brütete 1889 ein
Baumläufer in einem gemauerten Brückenpfeiler in einem Loche, durch
welches die Kette der Zugbrücke lief. Der Gedanke liegt nahe, daß es das¬
selbe Paar von 1883 ist.
Pica pica (L.), die gewöhnlich in hohen Bäumen brütende Elster
brütet nicht selten auch in niedrigen Chausseebäumen, Hecken und Büschen
zuweilen so niedrig, daß man hineinsehen kann. Ein solches Nest fand ich
bei Glatz einmal mit der ungewöhnlichen Zahl von neun Eiern belegt. Im
Frühjahr 1889 brütete eine Elster unter dem Dache einer Baracke im Lager
Friedrichsfeld bei Wesel.
Cotyle riparia (L.), die Uferschwalbe nistet bekanntlich in selbst¬
gegrabenen tiefen Löchern. Nach Überschwemmung einer Brutkolonie am
Rheinufer bei Wesel brütete ein Paar in einem Steigerloche eines großen
Ökonomiegebäudes.
Muscicapa grisola L, der graue Fliegenfänger brütete 1890 in
Friedrichsfeld in einem verlassenen Mehlschwalbenneste.
Acanthis cannabina (L.), der Hänfling brütet für gewöhnlich frei in
Büschen oder Hecken. In der Mark fand ihn Herr Oberst Nernst wiederholt
in Torfhaufen nistend, bei Wesel fanden wir seine Nester öfter in dem nach
dem Hochwasser in den Büschen hängengebliebenen Genist.
Es ist ersichtlich, daß die meisten dieser abweichenden Nistplätze nicht
aus Laune, sondern infolge von Mangel an geeigneteren Nistplätzen aufge¬
sucht worden sind. Ernst Hart er t.
Raun heim, im August 1890.
Aus den Wäldern der unteren Mainebene. — Seit drei Jahren
sind die ausgedehnten Nadelwälder der unteren Mainebene durch den grossen
Kiefernspinner, Gastropacha pini , heimgesucht. Dieses gefräßige Insekt
tritt in solcher Menge auf, daß in diesem Frühjahre an manchen Stellen
über 2000 Stück Raupen unter einer Kiefer gefunden wurden. Da die Raupen
auf der Erde unter dem Moos überwintern, so kann der Zerstörungswut der-
283 —
selben dadurch einigermaßen Einhalt geboten werden, daß die Bäume im
Frühjahre, aber nicht zu spät, in einer Höhe von ungefähr 1,5 m mit Leim¬
ringen versehen werden, woran die Raupen hängen bleiben. Allerdings ist
diese Sache ziemlich kostspielig, und so hat die Gemeinde Raunheim in diesem
Jahre für einige hundert Morgen Nadelwald über 4000 Mark für diese Vor¬
sichtsmaßregel ausgeben müssen. Man hat bis jetzt beobachtet, daß ein
solcher Raupenfraß gewöhnlich drei Jahre gewährt hat, und unterscheidet
einen Vorfraß, einen Hauptfraß und eiuen Nachfraß. Gewöhnlich stellen sich
im dritten Jahre die Feinde dieser Raupen, die Ichneumoniden, in solcher
Menge ein, daß die Raupen größtenteils bei lebendigem Leibe von deren
Maden verzehrt werden. Jetzt überläßt man die Vertilgung aber nicht den
Ichneumoniden, sondern schützt die Bäume durch die Leimringe, die sich
trefflich bewährt haben. Alle Distrikte, die zur rechten Zeit und vorsichtig
geleimt wurden, sind gerettet. Die Menge der Raupen hat aber auch manche
Vögel angezogen, die dieselben verzehren. Vorzüglich war es der Kuckuck,
der sich zahlreicher eingefunden hatte, als es in früheren Jahren geschah.
Ich habe noch in keinem Jahre so viele beisammen gesehen, als heuer.
Außerdem haben sich als treffliche Raupenvertilger erwiesen der Eichel¬
häher, der Pirol und die Meisen, die sich alle in größerer Zahl einge¬
funden hatten; besonders auffallend war mir die große Auzahl der Pirole
u nd der Eichelhäher.
Kaum ist nun diese Gefahr soweit beseitigt, so ist ein zweiter Feind
der Waldbäume, die Nonne, Liparis Monacha , im Anzug, der ebenfalls in
großer Menge auftritt. Diese ist dadurch noch gefährlicher als der vorge¬
nannte, weil sie die Nadeln nicht ganz ab- sondern nur so weit anfrißt, daß
sie abfallen, wodurch sie also viel mehr Nadeln zu Grunde richtet als der
Kiefernspinner; auch verheeren sie nicht bloß die Nadelbäume, soudern auch
die Laubbäume. Da die Nonne als Ei überwintert und die Raupen nicht
unter das Moos gehen, so ist auch mit Leimringen nicht viel gegen sie
auszurichten, man könnte nur durch das Einfangen der Schmetterlinge zur
Verminderung beitragen; auch wird empfohlen, abends Feuer im Walde an¬
zuzünden, in dem sich die Schmetterlinge die Flügel verbrennen. Der Mangel
an Insektenfressern macht sich jetzt besonders fühlbar, und man sollte das
Augenmerk darauf richten, Nistplätze für derartige Vögel herzurichten.
Eine weitere Kalamität in unseren Waldungen ist eine ausgebrochene
Krankheit unter dem Rehwild. Der größte Teil des Rehstandes ist in
diesem Frühjahre und Sommer an einer Seuche, die an aufgebrochenen Kadavern
als Lungenseuche erkannt wurde, umgekommen. Wo man im vorigen
Jahre zehn Stück liehe zählen konnte, sieht man jetzt höchstens noch ein bis
zwei Stück. Die Seuche hat sich bis nach Darmstadt hin erstreckt, und wenn
sie nicht bald erlischt, so ist der ganze Rehstand verloren. Wie die Seuche
entstand und an welchem Orte sie zuerst auftrat, kann nicht genau bestimmt
werden. Auffallend ist es, daß sie sich nur auf das Rehwild ausdehnt und
auf das Damwild bis jetzt noch nicht übergegangen ist, denn man hat noch
kein verendetes Damwild gefunden und trifft zahlreiche Rudel dieser präch¬
tigen Tiere an.
«
In den letzten Jahren kommt auch der Dachs wieder häufiger vor.
Im vorigen Jahre habe ich von zwei erlegten Exemplaren die Gebisse aus-
284
gekocht, welche ganz abgenutzte Eckzähne und viele hohle Backenzähne
zeigen. Demnach ist auch Meister Grimbart nicht vom Zahnweh verschont.
Auch die Wildkatze ist nicht selten, und es werden öfter recht
starke Kater erlegt. Ganz besonders haben sich die Raubvögel und
Rabenkrähen sehr vermehrt, und das Großli. Ministerium hat verfügt, daß
dieselben etwas vermindert werden sollen. In den letzten Jahren haben auch
die Stare wieder die Höhlen an den noch übrigen alten Eichen und Buchen
als Nistplätze aufgesucht. In früheren Jahren waren sie dadurch herbeige¬
zogen worden, daß Nistkästen im Walde aufgehängt wurden, die sie auch
bald in Besitz nahmen. Durch das Verschwinden hohler Bäume und das
Eingehen dieser Nistkästen hatten sie sich fast ganz verzogen. Seit zwei
Jahren habe ich nun wieder einige Paare beobachtet, und es würde sich die
Anbringung von Nistkästen jedenfalls reichlich lohnen.
L. Buxbaum.
Kleinere Mitteilungen.
Das Eichhörnchen, Pilze fressend. Am 26. Juli d. J., abends
6 Uhr, ging ich mit meinem jüngsten Sohne bei dem Städtchen St. Goar auf
dem Rande des »Urbarer Berges«, der der Lurley gegenüber aufsteigenden
Höhe, in einem lichten Bestand älterer Eichen dahin, als wir unter einer
einzeln stehenden Steineiche von einem Stammesdurchmesser von etwa 70 cm
ein Eichhörnchen am Boden beschäftigt sahen, an einem ziemlich großen Hut¬
pilze zu fressen. Als es uns bemerkte und wir stille standen, faßte es den Pilz mit
den Zähnen fest zwischen Hut und Stiel und nahm ihn, nachdem wir uns wieder
bewegt hatten, in eiligem Lauf mit auf den Baum, von dem es nicht auf
benachbarte Bäume fliehen konnte. Da ich gern gewußt hätte, welche Pilzart
ihm zur Nahrung diene, trat ich zweimal rasch hinter einander gegen den
Stamm, um das Tierchen durch den den Baum durchzitternden Stoß zu erschrecken.
Meine Erwartung giug in Erfüllung, denn gleich fiel auch der Pilz in Stücken
durch die Äste vor unsere Füße. Es war der Speise-Täubling, Hussula vesca
Fries, ein bekannter eßbarer Pilz mit bräunlichgrauer Oberhaut, schön weißer
Unterseite und mit nußartig riechendem und schmeckendem, festem Fleische.
Bei dem Weitergehen fanden wir noch unter vier anderen Eichen zerbrochene
und zerfressene Exemplare der Hussula vesca , stets mit deutlichen Spuren der
Nagezähne, die sowohl das Fleisch des Hutes, wie auch die schwerer verdau¬
lichen Lamellen mit den Sporen und den Strunk zerstört hatten. Stets war es
aber nur die Hussula vesca, die den Eichhörnchen zur Nahrung gedient hatte,
während zahlreiche andere Pilze, wie z. B. auch der Steinpilz, unversehrt
geblieben waren. N.
Vogelschutz im Mittelalter. Unsere Zeit rühmt sich, durch Grün¬
dung von Tierschutz vereinen die Barmherzigkeit gegen die Tierwelt verall¬
gemeinert zu haben, viele Grausamkeit durch gesetzliche Verordnungen, un¬
nötige Quälerei durch Belehrung und erweckte Teilnahme gegen das fühlende
Geschöpf zu verhüten und zu mildern. Das muß gewiß anerkannt werden,
aber man nenne nur nicht die vergangenen Jahrhunderte kurzweg barbarische,
285
denn, wenn auch nicht überall, so hat man doch an vielen Orten vorsorglich
auch an die Tiere gedacht.
Ein schönes Beispiel hierfür bietet der bekannte »Eschenheimer Turm«
zu Frankfurt a. M., ein Wahrzeichen dieser Stadt, das als Festungsturm im
Anfänge des löten Jahrhunderts erbaut wurde und durch seine schönen Ver¬
hältnisse und seine Eigenartigkeit den verstorbenen Kaiser Wilhelm I, als er
als Prinz von Preußen Frankfurt besuchte, so erfreute, daß derselbe sich ge¬
nau danach, nur etwas kleiner, in dem Park von Babelsberg einen Turm er¬
bauen ließ. Als im Jahre 1885 Ausbesserungsarbeiten an dem Eschenheimer
Turm vorgenommen wurden, da fand man in 10 Gerüsthöhen von je 1,75 m
die Rüstlöcher, durch welche an einem Hebelwerk ein mit Dielen belegtes
Gerüst getragen wurde. Zwischen ihnen aber sind in wagerechter Lage Thon-
gefässe eingemauert, um verschiedenen Vögeln Zufluchts- und Niststätten zu
gewähren. Nach einer Mitteilung in den »Frankfurter Nachrichten« finden
sich in denselben Schwalben- uud andere Nester vor. Die Thongefäße sind
nicht von Steingut, sondern aus Töpferthon, auf der Töpferscheibe gefertigt,
aber nur notdürftig glasiert. Bei dem Einmauern wurden Henkel und Boden
entfernt und die Töpfe alsdann mit der nun erhaltenen, etwa 8 cm weiten
Öffnung nach vorn eingelegt. Die Töpfe sind ausgebaucht und 20 — 25 cm
laug. Viele waren bei ihrer Auffindung verwittert, doch sind immer noch über
80 Stück vorhanden, welche heute noch von Vögeln bewohnt werden. N.
Eine Katzenausstellung fand in Zürich vom 10. — 14. August statt.
Es waren 43 Nummern ausgestellt, 21 Nummern langhaarige Angorakatzen,
4 Nummern dreifarbige, 4 Nummern Wildkatzen und 1 dressierte Katze für
das Vogelzimmer, welche Mäuse fängt ohne den Vögeln etwas zu leide zu
thun. Auch die »Katastrophe-Katze« war mit Jungen ausgestellt, die Katze,
die bei dem bekannten Unglück der Stadt Zug drei Tage ohne Futter mit
ihren Jungen auf den Trümmern der versunkenen Häuser lebte. Ein großer
Angorakater war zu 500 frs. ausgeboten, die übrigen Preise schwankten zwischen
5 und 100 frs. Von dreifarbigen Katzen (Bvocat) gibt es merkwürdiger Weise
nur Weibchen, für Auffindung einer männlichen dreifarbigen Katze sollen schon
Preise von 1000 frs. vergeblich ausgesetzt worden sein.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie, No. 33, 1890.
Ein Preisfliegen von Brieftauben, veranlaßt von dem Brieftauben¬
verein in Basel, fand dieses Jahr von dem Rigi aus statt. Dieselben wurden
morgens um 53/4 Uhr aufgelassen, und schon um 7 Uhr kam die erste in
Basel an, die folgenden um 702, 706, 710, 713, 719, 737, 745, 748. Die ersten
Tauben hatten demnach die Luftlinie von 130 Kilometer in 80 Minuten zu¬
rückgelegt, d. h. 1,62 Kilometer in 1 Minute oder die Wegstunde in 3 Minuten.
Schweizerische Blätter f. Ornithologie, No. 39, 1890.
Wilde Rinder. Zum ersten Male seit dem Bestehen des Zoologischen
Gartens zu London ist derselbe in Besitz eines Stieres gekommen, welcher
dem alten, in England noch wild lebenden Stamme Rinder angehörte. Earl
Ferrers hat nämlich der Zoologischen Gesellschaft einen schönen jungen
Bullen verehrt, den er in Chartley Park, Staffordshire, hatte einfangen lassen.
Nach Garn er s »Natural History of Staffordshire« war der wilde Ochse
früher über den Needwood Wald ausgebreitet, und als im dreizehnten Jahr-
286
hundert William de Farrarus den Park von Chartley vom Walde ab¬
trennen ließ, wurde der Boden dieses ausgedehnten Geheges fast im ursprüng¬
lichen Zustande belassen.. Hier nun hat sich eine Herde wilder Rinder bis
auf den heutigen Tag erhalten und ihre ursprünglichen Eigentümlichkeiten
bewahrt wie die zu Chillingham. Nature. 10. Juli 1890.
Affe und Spiegel. In dem Zoologischen Garten zu Münster hat Prof.
H. Landois häufig Versuche angestellt, wie sich die Affen zu einem Spiegel
verhalten und darüber folgendes berichtet:
»Es is zunächst schwierig, für Affen dauerhafte Spiegel anzufertigen.
Metallspiegel sind in einem Affenhause nicht zweckmäßig, weil sie, sehr bald
beschmutzt, kein Spiegelbild mehr wiedergeben würden. Kleinere käufliche
Spiegel in Rahmen halten auch nur sehr kurze Zeit vor, weil die Affen gleich
die Rahmen zerbeißen und darauf das Spiegelglas zertrümmern. Ich kam
daher auf den Gedanken, eine sehr dicke Spiegelscheibe von 1 cm und darüber
in einem festen eichenen Rahmen mit Cementhinterlage zu verkitten und an
der Wand zu verankern. Aber auch derart raffiniert angebrachte Spiegel
hielten nicht lange vor. Den Händen und Zähnen der . Affen widerstanden sie
allerdings ; kam aber ein Affe in den Besitz eines Steins oder einer Kugel?
dann schlug er auch mit aller Kraft gegen die Scheibe, daß die Scherben und
Splitter weit umherflogen.
Reicht man dem Affen einen Spiegel, so ist seine Freude nicht gering.
Er hüpft mit ihm hin und her, auf dem Boden oder hoch in dem Geäst seines
Kletterbaumes. Er ergötzt sich an dem Blitzen der blanken Fläche, sieht aber
auch bald sein Bild. Sich selbst erkennt er darin nicht. Er sieht auch das
Affenbild in derselben Weise wie wir, ebenso weit hinter der spiegelnden
Fläche wie er selbst vor derselben von ihr entfernt ist. Niemals sah ich einen
Affen in den Spiegel greifen, sondern er fährt mit den Händen hinter denselben
um seinen vermeintlichen Genossen zu fassen. Dann nähert er sich mit dem
Gesichte dem Spiegel, springt aber erschreckt zurück, wenn das Spiegelbild
dieselbe annähernde Bewegung macht. Er nähert sich wiederholt dem Spiegel,
grinst und fährt ebenso oft erschreckt zurück. Nach wiederholtem Bemühen geht
der Affe abseits, um noch einige Zeit dasselbe Spiel zu wiederholen. Auch
bei ganz kleinen Spiegelscheiben verfährt der Affe in ähnlicher Weise.
Das Seelenleben der Affen ist gewiß ein ziemlich beschränktes. Der Affe
kommt nie zu der Einsicht, daß er es selbst ist, den er im Spiegel sieht. Und
daher denn auch die Wut, die sich seiner bemächtigt, um den Gegner im
Spiegel mit einem Stein oder Hammer zu zerschmettern.«
Jahresbericht der zoolog. Sektion des Westfäl. Provinzial Vereins etc. 1890.
Eine Schlange frißt eine andre ihrer Art. In dem Zoologischen
Garten zu Melbourne kam nach einem Berichte des Mr. D. Le Souef, Subdirektor,
der Fall vor, daß zwei Tigerschlangen, eine größere und eine kleinere, gleich¬
zeitig eine Maus erhaschten und zwar jede das entgegengesetzte Ende derselben.
Keine ließ los, und so verschluckte die große Schlange nicht nur die Maus
sondern auch die kleinere Schlange. Von dieser war nach etwa zehn Minuten
nichts mehr zu sehen als ein Stück des Schwanzes von ungefähr zwei Zoll
Länge, und auch dieses verschwand am nächsten Tage.
Nature, 24. Juli 1890.
287
Der Breslauer zoologische Garten hatte im Jahr 1889 eine Ein¬
nahme von M. 101,901.10. Dabei waren für verkaufte Tiere M. 12,477. 80,
wogegen für Tierankäufe nur M. 10,379 87 verausgabt wurden. Der Tierbe¬
stand betrug am Ende des Jahres:
442 Säugetiere
893 Vögel
82 Reptilien und Amphibien
1417 Tiere im Werte von M. 94,528.
Geboren wurden: 6 Löwen, 1 Bennetts-Känguru, 1 Wapiti, 2 Edelhirsche,
5 Damhirsche, 2 Schweinsbirsche, 1 Axishirsch, 1 Steinbock, 1 Bison, 2 Zebu,
Angorakatzen, Rassenhunde, Angora-, Zwerg- und vierhörnige Ziegen, Hühner,
Gänse, Enten, Sittiche, Prachtfinken u. a. m. Die Tierverluste belaufen sich
auf 14,1 °/o des Taxwertes, davon fallen auf ein 1888 angekauftes Nilpferd,
welches an Darmblutungen starb, 6,3 °/o. — 2 Saiga-Antilopen und 1 Orang-
Utan starben an Tuberkulose, 1 Elchkalb an Zerschmetterung des Rückgrates
durch einen vom Sturme gebrochenen Baumast, 1 Känguru an Lähmung. —
Der Erlös für im Garten geborene Tiere betrug M. 10,356.
Geschäftsbericht für 1889.
Durch Fliegen vergiftete Katzen. W. B. Tegetmeyer teilt in
»the Field« vom 30. August 1890 eine Beobachtung mit, daß Katzen krank
werden, wenn sie Fliegen fressen, welche durch arseniklialtiges Fliegenpapier
vergiftet worden sind. Derartige Fliegen werden träge und schlaff und fallen
dann leicht den Katzen in solcher Zahl zur Beute, daß an diesen deutlich die
Zeichen der Arsenikvergiftung auftreten; sie verlieren die Lust zu fressen, be¬
sonders für feste Speisen, sind traurig, haben entzündete Augen und einen
rauhen Pelz, dessen Haare gesträubt sind, anstatt glatt auf der Haut zu liegen.
Wenn man bedenkt, daß Personen, welche sich im Zimmer mit arsenikhaltigen
Tapeten aufhalten, schon die Wirkung der geringen Menge des Gifts spüren,
welche sich der Luft mitteilt, so wird man wohl einsehen, daß durch eine
Anzahl vergifteter Fliegen auch Krankheitserscheiuungen bei der empfindlichen
Katze hervorgerufen werden können. N.
Ein Anstrich für Eisenstäbe und Eisenwände. Um Eisenteile
vor dem Rosten zu schützen und ihnen eine schöne schwarze Farbe zu geben,
ohne daß man sie mit Ölfarbe oder einem Firnisse überzieht, löse man in
Weingeist Schellack auf, je nach der Stärke des Glanzes, den man dem Eisen
zu geben gedenkt, und setze dieser Lösung etwas Pyrogal lussäure zu. Letztere
verbindet sich nach dem Anstreichen mit dem Eisen und gibt ihm nach dem
Trocknen und nach einiger Einwirkung des Tageslichts eine schöne schwarze
Farbe, welche von dem Schellack gegen das Abwaschen durch den Regen
völlig geschützt ist und wegen ihrer geringen Dicke nicht auffällt. Je mehr
Pyrogallussäure der Lösung zugesetzt wird, um so rascher und kräftiger wirkt
der Anstrich, den man bei schwacher Lösung ein- oder zweimal wiederholen
muß. Auch gegen das Ableckeu durch Tiere wird er durch den Schellack¬
zusatz geschützt. Vielleicht ist dieser Anstrich, der sich im Hause gut be¬
währt hat, auch für zoologische Gärten geeignet. N.
288
Litte r atu r.
Brehms Tierleben. Dritte neubearbeitete Auflage von Prof. Pechuel-
Loesche, Dr. W. Haacke, Joh. v. Fischer, Prof. E. L. Taschen¬
berg, Prof. W. Mars hall. Zehn Bände mit über 1800 Abbildungen
im Text, 9 Karten, 80 Tafeln in Holzschnitt und 100 Tafeln in Farben¬
druck. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. 1890.
Brehms Tie rieben ist ein Werk von hoher Bedeutung. Allein in
100,000 deutschen Exemplaren verbreitet und außerdem in sieben fremde
Sprachen übersetzt, hat es die Freude an der Tierwelt, die Kenntnis derselben
tief in das Volk getragen und damit nicht nur auf dessen Anschauungen und
geistiges Leben großen Einfluß ausgeübt, sondern es hat auch die wissen¬
schaftliche Tierkunde hinsichtlich der Biologie, der Systematik, der Ver¬
breitung u. s. w. wesentlich gefördert, denn in zahllosen zoologischen Arbeiten
wird Brehms Name genannt., seine Meinung angeführt, sein Urteil zu Grunde
gelegt. Unsere Litteratur besitzt kein zweites Werk, das sich dem genannten
an die Seite stellen könnte, das neben solcher Vollständigkeit des Stoffs eine
gleiche glänzende und zugleich anziehende Darstellungsweise, wie auch eine
ungemeine Reichhaltigkeit gediegenster Abbildungen zu bieten vermöchte;
solche Abbildungen prägen die richtige Tierform dem Gedächtnisse ein und
werden zur unentbehrlichen Ergänzung der Schilderungen durch das Wort.
Bereits zum dritten Male hat das schöne Unternehmen seinen Weg in
die Familien angetreten, ganz im Geiste und zum Teil mit den Worten seines
Schöpfers, aber, wie es der Fortschritt der Wissenschaft erheischt, mit den
notwendigen Änderungen und Verbesserungen. Zum Leiter der neuen Aus¬
gabe ist Prof. Dr. Pechuel- Loesche berufen, ein Mann, der auf lang¬
jährigen Reisen in polaren und tropischen Gegenden durch eigene Anschauung
reiche Erfahrungen gesammelt hat, dem außerdem die Gabe fesselnder Schil¬
derung zu Gebote steht. Die oben genannten Männer, alle ebenfalls durch
gediegene Arbeiten bestens bekannt, sind seine Mitarbeiter.
Der erste soeben erschienene Band der neuen Ausgabe, die Affen, Halb¬
affen, Flattertiere und Raubtiere behandelnd und von dem Direktor des
Frankfurter zoologischen Gartens, Dr. Willi. Haacke, bearbeitet, gibt
Zeugnis von den Fortschritten, die Brehms Tierleben in jeder Hinsicht gemacht
hat, und man lese, um dies zu erkennen, nur zum Beispiel die Naturgeschichte
der anthropomorphen Affen, die gegen früher, und zwar mit durch die Erfah¬
rungen P ech uel-L oesclies, wesentlich bereichert und berichtigt worden ist.
Von den Abbildungen der früheren Auflage ist ein großer Teil weniger
befriedigender ausgeschieden und durch neue von den besten unserer Tier¬
zeichner, Gustav Mützel, Friedrich Specht und Wilhelm Kuhnert,
ersetzt worden. Der vorliegende Band, auch durch Farbendrucktafeln geziert,
ist dadurch zu einem Prachtbuche geworden, das unerreicht dasteht. Daß
dem Werke eine Lebensbeschreibung mit dem Bildnisse seines Begründers
Dr. A. E. Brehm, geschrieben von Dr. E. Krause vorangestellt ist, ist eine
dem verstorbenen genialen Manne schuldige Huldigung und wird mit Freude
begrüßt werden. Der Name der Mitarbeiter bürgt uns dafür, daß auch die
folgenden Bände dazu beitragen werden, die neue Ausgabe zu einem wert¬
vollen Volksbache zu gestalten. N.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a. M.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von M a h 1 au & W a 1 d s c li m i d t in Frankfurt a. M.
N°- 10. XXXI. Jahrgang, Oktober 1890*
I 11 Sa a 1 I.
Über Tiger, Bären und Wildschweine des Ussuri-Gebietes; von Ad. Dattan in Wladi¬
wostok (Ost-Sibirien), mitgeteilt von Prof. Dr. A. N eh ring, in Berlin. — Aus der Vogel¬
welt; von Dr. Karl Eckstein, Eberswalde. — Die Raubsäugetiere des Teutoburger
Waldes; von Heinrich Schacht. — Die Heuschreckennot in Algerien; von Damian
Gron en. — Brütet der Kuckuck? von Ad. Walter. — Korrespondenzen. — Kleinere
Mitteilungen. — Litteratur. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
• •
Uber Tiger, Bären lind Wildschweine des Ussuri-Gebietes.
Von Ad. Dattan in Wladiwostock (Ost-Sibirien), mitgeteilt von
Prof. Dr. A. Nehring, in Berlin. *)
In der zoologischen Litteratur existieren bereits so viele Scliil-
deruugen des Lebens der Tiger, Bären und Wildschweine, daß es
unnötig erscheint, darauf ausführlich einzugeben. Die nachfolgenden
Mitteilungen bezwecken nur, dasjenige, was wir über das Leben
der genannten Tier-Arten im Ussuri-Gebiet Bemerkenswertes
beobachtet oder aus sicheren Quellen erfahren haben, den Lesern
dieser Zeitschrift zu übermitteln.
Der Tiger.
Der Autor des »Illustrierten Tierlebens«, A. Brehm, der
in so treffenden und überaus sympathischen Farben das Leben
*) Herr Ad. Dattan, kais. deutscher Handelsagent in Wladiwostock,
hat die nachfolgenden zoologischen Beobachtungen (zugleich mit einer höchst
interessanten Kollektion von Säugetieren-Schädeln und -Häuten) an mich ge¬
langen lassen. Ich habe das Manuscript für den Druck etwas überarbeitet und
mit einigen Anmerkungen versehen. Über eine vorjährige Sendung des Herrn
Dattan vergleiche man meine Angaben in dem Sitzgsb. d. Ges. naturf.
Freunde zu Berlin, 1889, S. 141 — 144. Nehring.
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890.
19
290
der Tiere, soweit er es selbst kennen lernen konnte, schildert, hat in
Bezug auf den Tiger manche unrichtige Angaben gemacht, viel¬
leicht darum, weil er von dem Ussuri-Tiger keine genügenden Nach¬
richten erhalten konnte. Wie es scheint, hat Brehm, da er nicht
in der Lage war, persönlich den Tiger in dessen Heimat zu beob¬
achten, den übertriebenen und der Wahrheit wenig entsprechenden
Erzählungen verschiedener Beisenden zu viel Glauben geschenkt.
Wie phantastisch die von Breh m citierten Mitteilungen einiger
englischer und anderer Jäger sind, ergibt sich aus verschiedenen
Angaben desl auf den Tiger bezüglichen Abschnittes in dem »Illu¬
strierten Tierleben«. So z. B. heißt es S. 392*): »Der Tiger klettert
trotz seiner Größe rasch und geschickt an Bäumen empor« oder »alle
Säugetiere, mit Ausnahme der Raubtiere und der übrigen Katzen¬
arten, dienen ihm zur Nahrung«**) oder S. 393 : »Selbst wenn die
Verwundung eine verbältnißmäßig leichte ist, geht das Opfer ge¬
wöhnlich zu Grunde.« Ferner wird hinzugefügt, daß auch »die
leichtesten Verwundungen, welche bereits geheilt sind, bei der ge¬
ringsten Veranlassung wieder aufspringen.« Weiter sagt Brehm:
»Pferde, Rinder und Hirsche wagen gar keinen Widerstand, sondern
ergeben sich, wie der Mensch, schreckerfüllt in das Unvermeidliche.«
Außerdem führt er noch viele andere Behauptungen an, welche
wenigstens auf den Ussuri-Tiger nicht passen.
Ich erlaube mir, nachfolgend einige Angaben über den Ussuri-
Tiger mitzuteilen, welche auf zuverlässigen Beobachtungen hiesiger
Jäger beruhen.
Was zunächst die Größe anbetrifft, so variiert die Durchschnitts¬
länge eines ausgewachsenen Weibchens zwischen 7 */2 und 8^2 Fuß
und diejenige eines Männchens zwischeu 9 und 10 Fuß (incl.
Schwanz); oft beträgt sie noch mehr. So hatte z. B. ein ziemlich
großer Tiger, der im Jahre 1882 ,am Sidemi-Flusse erlegt wurde,
eine Länge vou 10 Fuß 8 Zoll; seine Höhe im Nacken betrug
3 Fuß 2 l'i2 Zoll und sein Gewicht 10 Pud 6 Pfund = 325 Pfund
deutsch. Dieser Tiger war sehr fett; er besaß herrliche, ungewöhn¬
lich lange Fangzähne, wie solche nur bei alten Exemplaren Vor¬
kommen.
Wenn auch der Tiger große Gewandtheit und Kraft besitzt
und über bedeutende, selbst 10 Fuß hohe Hindernisse hinweg-
*) 2. Ausgabe, Leipzig 1876.
**) Letzteren Satz finde icli nicht in meiner Ausgabe von Breh ms
T i er 1 e b e n. N 0 h r i n g.
291
springen kann, so ist er doch nicht imstande, Bäume zu erklettern ;
dieses ist eine Thatsache, welche allen hiesigen Einwohnern
bekannt zu sein scheint. Die von Brehm mitgeteilte Angabe, daß
Raubtiere nicht zur Beute des Tigers gehören, ist ebenfalls nicht zu¬
treffend. Abgesehen von Haushunden, die für ihn einen Leckerbissen
bilden, hat man beim Aufspüren von Tigern mehrfach Gelegenheit
gehabt, im Schnee Reste der verzehrten Beute zu finden ; dieselbe be¬
schränkte sich keineswegs immer auf Rehe, Hirsche, Wildschweine,
Hasen und andere mehr oder weniger harmlose Pflanzenfresser, sondern
man hat auch die häufig in unserer Gegend vorkommenden Viverren-
Hunde (Ccinis procyonoides ), ja sogar einmal in einem engen Tliale die
Reste eines verzehrten Wolfes vorgefunden und sich damals allgemein
gewundert, daß es dem Tiger gelungen war, ein so schlaues Raubtier
zu erbeuten. Dieser Tiger ist ohne Zweifel sehr hungrig gewesen,
denn er hatte den Wolf samt dem Felle und den Pfoten aufge¬
fressen, indem er nur die Rute und die Kinnbacken mit den Zähnen
übrig ließ.
Daß dem Tiger alle Säugetiere und Vögel, die er überwältigen
und in seine Krallen bekommen kann, ebenso Vogeleier, zur Nahrung
dienen, steht fest; auch verschmäht er nicht nur nicht die Leichen
von Tieren und Menschen, sondern macht sich, wenn er sehr hung¬
rig ist, sogar an solche, die bereits stark in Verwesung übergegangen
sind. Seine Stammverwandten, die übrigen Katzenarten, bilden in
dieser Beziehung keine Ausnahme.
Im Dezember 1874, in der Nähe der Meeresbucht »Abreck«
hatte ein gewisser Godle ws ky, der Mitarbeiter des Dr. Dubows kW
nachdem er einem durch eine aufgestellte Flinte erlegten Tiger das
Fell abgezogen, deu Körper desselben an einem Baume nahe beim
Hause und unweit der Stelle, wo der Tiger erschossen war, aufgehängt.
Einige Tage darauf fing ein anderer Tiger an, das umzäunte Haus^
in welchem die Reisenden wohnten, nachts zu umschleichen, und
fraß, als er den von der Haut entblößten Körper seines Gefährten
fand, aus demselben ein ansehnliches Stück Fleisch heraus.
Dieser letzterwähnte Tiger, der auch bald darauf erschossen
wurde , fraß sogar eine auf den Hof geworfene krepierte Haus¬
katze auf. In gleicher Weise ist man Zeuge einer ähnlichen Ge¬
schmacksverirrung des Panthers ( Felis Irbis) gewesen. Dieser ge¬
hört ebenfalls zu deu großen Ussuri-Katzen ; er erreicht eine Länge
bis 7 Fuß und hat eine dem Leoparden ähnliche Färbung. Ein im
Jahre 1881 getöteter, erwachsener männlicher Irbis zeigte von der
202
Schnauze bis zum Ende der Rute eine Länge von 6 Fuß 10 Zoll
und eine Höhe (im Nacken) von 2 1/2 Fuß. Ein Pärchen dieses
Panthers, Männchen und Weibcheu, stieß im Februar 1881 auf ein
vergiftetes Stück Rehfleisch, welches für Wölfe ausgelegt war. Das
Männchen fraß vom Köder und krepierte auf der Stelle; das
Weibcheu aber fraß, ohne sich viel zu besinnen, die Hälfte des ge¬
fallenen Mäuneheus auf und verzog sich ins nahe Gebirge. Wie
ihr diese Mahlzeit bekommen ist, hat man nicht in Erfahrung
bringen können, da der Schnee an den südlichen Abhängen der
Berge schon fast aufgetaut war und man die Spuren nicht weiter
verfolgen konnte.
Die Behauptung, daß die Tiere, wie z. B. Pferde, Rinder,
Hirsche, aus Furcht dem Tiger keinen Widerstand leisten, ist keines¬
wegs immer zutreffend. Auf der einige Meilen von Wladi wostock
gelegenen Farm des Herrn Jankofsky sind seit Bestehen derselben,
d. h. ‘seit 1880, durch Tiger 26 Pferde, 3 Kühe, viele Hunde und
Schweine ums Leben gekommen. Wenn der Tiger die Auswahl hat,
so zieht er unbedingt Pferde dem Hornvieh vor und junge
Füllen den erwachsenen Pferden. Verwundet worden ist noch eine viel
größere Zahl von Haustieren; man darf behaupten, daß ein vom
Tiger überfallenes Tier sich meistens durch Flucht oder Widerstand
so lauge zu retten sucht, bis es die Kräfte verlassen.
Man hat mehrfach Gelegenheit gehabt, das Manöver des Tigers
beim Überfall von Pferden zu beobachten und im Schuee oder
Morgentau die Spuren zu beobachten, wobei man sich überzeugen
konnte, daß der Erfolg des Tigers hauptsächlich von seinem er¬
sten Sprunge abhängt. Wenn es ihm der Platz gestattet sich gut
zu verstecken und der Wind ihm günstig ist, so daß er sich seinem
ausersehenen Opfer bis auf einen oder zwei Schritte resp. Sätze un¬
bemerkt nähern kann, so springt er mit guter Berechnung auf das
nichts ahnende Pferd und tötet es fast augenblicklich. Die Schläge
seiner Tatze verursachen ganz fürchterliche Beschädigungen im Kör¬
per des angegriffenen Tieres, und die unglaubliche Kraft der Kinn¬
backen zerstört beim ersten Bisse den Nackenwirbel. In weniger
erfolgreichen Fällen aber, und zwar, wenn es dem Pferde o-elin«!.
sich dem Tiger zu entwinden, läuft dasselbe mit Aufbietung aller
Kräfte, und der Tiger sucht es im Laufe einzuholen. Jetzt hän^t
alles von den Umständen ab; ist die Gegend eben und ohne Hinder¬
nisse, das Pferd kräftig und ein guter Renner, so kann der Tiger
es nicht einholen; ist das Gegenteil der Fall, so springt er von
293
hinten auf das Pferd und bringt ihm mit seinen Krallen und Zähnen
tätliche Wunden bei.
Im April 1884 hat man Gelegenheit gehabt, folgendes zu be¬
obachten: Ein Tiger schlich auf einem steilen und steinigen Berg¬
rücken an eine Herde Pferde heran. Der Boden war infolge der
Frühlingswärme aufgetaut, so daß es an den Abhängen äußerst
glatt war; die Pferde mußten deshalb glitschend und fallend weiter¬
laufen, um nicht in die Schlucht zu stürzen. Während sie, mit
solchen Hindernissen kämpfend, ungefähr 250 Schritt bis zu einer
Ebene liefen, war es dem Tiger gelungen, bereits 4 Pferde zu er¬
würgen. Alle hatten dieselben Wunden, indem ihnen der Nacken¬
wirbel dicht hinter den Ohren zermalmt war, so daß man den Kopf
mit Leichtigkeit herumdrehen konnte.
In Bezug auf die Heilung von Bißwunden, welche der Tiger
verursacht hat, ist zu bemerken, daß, mit Ausnahme einiger Fälle,
wo wichtige Organe verletzt und Knochenbrüche verursacht waren,
alle übrigen in hiesiger Gegend verwundeten Pferde und Kühe mit
den gewöhnlichsten Binden geheilt wurden; dann und wann sind
allerdings Nähte, sowie auch Einspritzungen mit einer Karbol-
Auflösung erforderlich gewesen. Die große Sterblichkeit selbst au
leichten, durch den Tiger verursachten Wunden, von welcher
Brehm spricht, ist ohne Zweifel übertrieben oder durch tropische
Hitze und schlechte Pflege hervorgerufen. Der Sommer im Süd-
Ussuri-Gebiet ist übrigens auch sengend heiß, und obgleich unter
dem Vieh des oben genannten Herrn Jankofsky im verflossenen
Juli und August mehrere junge Pferde von Tigern und Wölfen ver¬
letzt waren, (ein Pferd hatte allein 13 Wunden), so sind doch alle
glücklich geheilt worden.
Schließlich können noch viele allgemein bekannte Erlebnisse
verschiedene Jäger des Ussuri-Gebiets , welche im Kampfe mit
Tigern Wunden davongetragen haben, angeführt werden und als
Beweis dienen, daß die erhaltenen Wunden thatsächlich geheilt
worden sind und sich nicht wieder öffneten.
Man hat die Frage aufgeworfen, ob der Tiger in das Ussuri-
Gebiet aus China bezw. Korea gelegentlich einwandert, oder ob er
in unserer Gegend einheimisch ist; nach meiner Ansicht muß man
letzteres annehmen. Schon der Umstand, daß der Ussuri-Tiger ein
bedeutend längeres Fell hat als die südlichen Repräsentanten der¬
selben Art, lässt erkennen, daß er nicht für ein südliches Klima
bestimmt ist; das häufige Vorkommen von jungen Säuglingen in den
294
hiesigen Wäldern beweist aber mit Sicherheit, daß der Tiger bei
uns wirklich einheimisch ist.
Hinsichtlich der Gefahr, welche der Tiger dem Menschen be¬
reitet, kann man sagen, daß sich dieselbe im Ussuri-Gebiet mit
jedem Jahre verringert. Im Zusammenhänge mit der allmählich
sich vergrößernden Bevölkerung werden die Tiger immer mehr ver¬
folgt, und infolge der Verbreitung des Repetiergewehres zeigen sie
sich dem Menschen gegenüber immer furchtsamer. Ungefähr
30 Jahre früher, als die Bewohner des Ussuri-Gebiets, die Mansen,
Golden und Tasen, es nicht wagten, mit ihren Luntengewehren auf
den Tiger Jagd zu machen, fiel er frech die Menschen an und
beachtete wenig das Tamburin, das Horn und die Rakete, womit
man ihn zu schrecken suchte. Aus diesem Grunde ist es auch ver¬
ständlich, daß in den Gegenden, wohin zum ersten Male russische
und ausländische Jäger vordrangen, und der Tiger bis dahin noch
keinen ernsten Widerstand erfahren hatte, er sich selbstbewußt auf
die Jäger stürzte, ohne im geringsten ihre Waffen zu achten.
Nachdem er jedoch sich allmählich von der Übermacht des Kultur-
Menschen überzeugt hatte, fing er an, sich vor ihm zurückzuziehen
und eine jede überflüssige Begegnung zu vermeiden. Selbst die
Erzählungen von Przewalsky, wonach der Tiger durch die
Papierfenster der Mausen in ihre Wohnungen nachts eindrang und
die im Schlafe liegenden Bewohner herausschleppte, gehen schon
jetzt zu den Traditionen über.
Der Bär.
Im Ussuri-Gebiet gibt es zwei Bären-Arten, den großen braunen
Bären ( TJrsus arctos) und den schwarzen, weißbrüstigen Bären, der
an Wuchs etwas kleiner ist ( Ursus thibetanus). Der erstere ist der¬
selbe, welcher in Europa, ganz Sibirien und Kamtschatka vorkommt;
der letztere dagegen wird außerhalb der Grenzen des Ussuri-Gebiets
und eines kleinen Teiles des Mittel - Amur - Bassins in Sibirien
nicht beobachtet. Dieser richtet sein Winterlager in Höhlungen
gigantischer Bäume ein; namentlich wählt er dazu Ulmen aus,
welche in den hiesigen Wäldern gewaltige Dimensionen erreichen.
Der braune Bär verkriecht sich im Winter unter Baumwurzeln, in
Felsenhöhlen, oder er baut sich ein Nest aus dürren Zweigen, Moos
Gras und ähnlichem Material.
Der Thibet-Bär ist von Natur bösartiger und gilt unter den
Jägern für gefährlicher. Sein Pell hat wenig Wert und kostet
295
5 — 12 Rubel pro Stück. Der Charakter d es braunen Bären ist
nicht in allen Gegenden Sibiriens der gleiche; am bösartigsten zeigt
er sich in den nördlichsten Teilen, besonders an der Lena und dem
Jenisey. Dort überfallen die Bären häufig die Haustiere, selbst
mitten im Dorfe, halten ganze Karawanen auf, welche mit Proviant
zu den Gold Wäschereien ziehen, und fallen, wenn sie hungrig sind,
sogar Menschen und Pferde an. In solchen Jahren, welche nur
eine geringe Ernte an Beeren und Zirbelnüssen liefern, so daß die
Bären d as für den Winterschlaf erforderliche Fett nicht ansetzen
können, legen sich viele derselben garnickt in ihre Winterquartiere,
sondern streichen den ganzen, langen Winter herum; hiernach haben
sie in ganz Sibirien die treffende Benennung »Schatun« (Herum¬
streicher) erhalten. Diese Herumstreicher sind äußerst gefährlich
und dreist; sie nähern sich nicht nur nachts den menschlichen
W ohn ungeu und überfallen trotz des Feuers die Lagerstätten der
Holzfäller, sondern es kommt auch vor, daß ein solcher Bär dem
Jäger im Walde auflauert und ihn von hinten angreift. Im Gegen¬
satz zu den mittelsibirischen Individuen zeichnen sich die Kamtschatka-
Bären, deren es dort sehr viele gibt, durch große Feigheit aus, *)
ein Umstand, der dem übermäßigen Verfetten, infolge des großen
Reichtums an Nahrung zugeschrieben wird, welche letztere sie in
den verschiedenartigsten, ziemlich großen Fischen finden, mit
welchen die Flüsse überfüllt sind. Dieserhalb halten sich die
Bären wohl auch fast nur in den durch Flüsse bewässerten Thälern
auf. Während des dreijährigen Aufenthalts des Dr. Dubowsky
in Kamtschatka, im Anfänge des verflossenen Jahrzehnts, erlegte
der ihn begleitende Ornitholog und leidenschaftliche Jäger J. Kali¬
no wsky gegen 100 Bären. Er hatte dabei nur einige Fälle zu
verzeichnen, in welchen die Bären sich nach dem Schüsse auf ihn
warfen ; meistenteils zogen sie sich furchtsam zurück.
Im allgemeinen sind die beiden Arten der Ussuri-Bären ziemlich
friedlicher Natur und suchen dem Menschen möglichst aus dem
Wege zu gehen ; wenn sie jedoch von Jägern verfolgt oder gar
verwundet werden, so können sie sehr gefährlich sein, und es sind
Fälle vorgekommen, daß sie den Jäger buchstäblich zerfleischten.
Den größten Wert repräsentieren die Bärenfelle aus Mittel-
Sibirien. Dort kommen Exemplare mit herrlichem, wolligem Fell
und langen silberweißen Haaren vor; der Preis derselben beträgt
*) Vergl. A. v. Middendorf f, Sibirische Reise, IV, S. 996 f. Nehring.
296
25 bis 30 Rubel per Stück. Die Ussuri-Bärenfelle zeichnen sieb
durch keine besondere Güte aus und haben daher einen geringen Wert.
Als etwas Bemerkenswertes aus dem Leben der Ussuri-Bären
kann man ihre Wanderungen bezeichnen. Im Herbst 1873
erschienen am Ussuri und namentlich im Süd-Ussuri-Gebiet so
ungewöhnlich viele Bären, daß man ihnen überall in Massen be¬
gegnete. Sie durchschwammen den Ussuri-Fluß vom chinesischen
nach dem russischen Ufer, drangen in die Straßen und Gemüse¬
gärten der Ivosaken-Stationen vor, um von da in die am nächsten
gelegenen Wälder zu gelangen. Auch an den Ufern des Seitun-
Flusses wurden sie in großen Mengen angetrotfen ; einige davon
durchschwammen sogar die Amur-Bay, in welche der Seifun sich
ergießt, wobei manche ertranken, deren Leichen dann von den
Wellen ans Ufer geschwemmt wurden. Nach diesem Überflüsse an
Bären waren in den darauf folgenden Jahren hier fast nirgends
solche au zu treffen, und erst später begegnete man ihnen wieder in
größerer Zahl.
Das Wildschwein.
Dasselbe unterscheidet sich von dem europäischen Wildschweine
weder durch sein Äußeres*) noch durch seine Gewohnheiten.
Die Ussuri-Kosakeu erzählen übrigens, daß alte Eber, wenn sie
mit dem Rudel laufen und die Nähe des ihnen auflauernden Jägers
wittern, sich oft mit großer Wut auf denselben werfen, noch ehe
ein Schuß gefallen war, was vom europäischen und sibirischen Wild¬
schwein nicht bekannt ist. Die Ussuri- Wildschweine wandern (wie
die Bären) von Zeit zu Zeit aus einer Gegend in die andere, je
nachdem sie dort mehr Eicheln und Nüsse finden können: auch in
sclmeereicheu Wintern ziehen sie in größeren Massen als gewöhnlich
durch das Ussuri- Bassin, da die Schneeansammlungen im Süd-Ussuri-
Gebiet sehr gering sind. Es wird behauptet, daß die Wildeber im
Ussuri-Gebiet oft enorme Dimensionen erreichen und 18 bis 20 Pud
wiegeu.
*) Wie ich in dem Sitzgsb. d. Ges. naturf. Freunde v. 16. Juli 1889
nachgewiesen zu haben glaube, sind gewisse Schädel- und Gebifä-Unterschiede
zwischen dem europäischen und dem Ussuri-Wildschwein vorhanden; ich habe
letzteres als Sus leucomystax contincntalis bezeichnet, weil es die kontinentale
Form des japanischen Wildschweins ist. Yergl. Zoolog. Garten, 1885, Seite 325 ff-
Nehring.
297
Aus der Yogelwelt.
Von Dr. Karl Eckstein, Eberswakle.
I.
Die M aßr e g e 1 n gegen die über handnehmen den, der
Landwirtschaft schädlichen Vögel, Sperlinge, Raben
(d. i. Raben- und Saatkrähe, sowie Dohle) und Häher,
sowie gegen die Eichhörnchen.
Wäh reud in manchen Gegenden, ganz abgesehen von den Be¬
stimmungen unseres neuen Vogelschutzgesetzes, niemals von einer
Vertilgung der eben genannten, Schaden bringenden Vögel die Rede
ist, wurde im Kreise Gießen schon seit 1837 gauz energisch mit dem
Abschuß derselben vorgegangen ; wurde doch bis zum Jahre 1852
nur zweimal ihre Verfolgung (1840 und 1842) unterlassen.
Die Vorschriften, wie in dieser Zeitperiode die Vertilgung zu
handhaben sei, sind in den einzelnen Gemeinden ziemlich dieselben:
So wurde im Jahre 1851 (29. Oktober) jedem Eigner oder
nutznießeuden Besitzer eines bewohnten Hauses in Gießen aufgegeben,
vor Ablauf des Monats März 1852 sechs Sperlinge einzulieferu,
widrigenfalls er für jeden nicht gelieferten Sperling eine »Reluition«
von 6 Kreuzern in die Gemeindekasse zu zahlen hatte. Fast alle
Gemeinden des Kreises trafen dieselbe oder eine ähnliche Bestimmung,
doch schwankte die Zahl der zu liefernden Spatzen zwischen 2 und
6, während nur wenige Ortschaften eiu Schießen der Sperlinge nicht
für nötig hielten, und schon 1853 wurde aus vielen Orten auf ein
Ausschreiben des Kreisamts berichtet, daß »die Lieferung von Sper¬
lingen in diesen Jahren nicht nötig erscheine«, welche Antwort in
Alteubuseck mit den Worten begründet wurde : »da dieselben sich
so vermindert haben, daß kaum noch einer zu sehen ist« ; ebenso
war es 1855 in Stauüenberg. Wie sehr man überhaupt hinter den
Spatzen hergewesen, geht daraus hervor, daß bis 1858 nirgends mehr
die Jagd wieder aufgenommeu wurde. Inzwischen hatten sich die
fruchtbaren Vögel doch stärker vermehrt, denn von da ab liefen
wieder Klagen über den von ihnen angerichteten Schaden ein, zuerst
aus Leihgestern und dem benachbarten Großen-Linden.
Während dieses über 20jährigen Vernichtungskrieges wurden
auch einzelne Stimmen laut, welche auf den Nutzen der Sperlinge
hin wiesen und deren Schonung forderten :
298
Am 17. April 1846 wendet sieb der Großherzogi. Hess. Forst¬
inspektor des Forstes Gießen in einem langen Schreiben an den
Kreisrat und setzt auseinander, »daß es gerade der Haussperliug ist,
dem der Mensch zu großem Danke verpflichtet sein muß, da er
immer in seiner nächsten Umgebung, in den Hausgärten, fast das
ganze Jahr hindurch von Insekten lebt, für Rechnung seines am
Weizen frevelnden Bruders, des Feldsperlings . Hiernach
beehre ich mich, Sie zu benachrichtigen, daß die zum Tode Ver¬
urteilten, bis jetzt aber zur Hälfte noch Raupen vertilgenden Sper-
liuge in Großen-Linden noch am Leben sind.« Auch die Bürger¬
meisterei Gießen will im Jahre 1859 »ihres Nutzens wegen von der
Vertilgung absehen.« —
Da das Sperlingsschießen bald auch als Sport betrieben wurde
und mau auch Unglücksfälle bei ungeschickter Handhabung der
Feuerwaffe befürchtete, so sollten die Spatzen zuerst 1884 in Eberstadt,
»da sie sich nicht einfangen lassen, durch hiesige Einwohner, die
beim Militär gedieut haben, geschossen werden.«
War es bis dahin möglich, jedem Hausbesitzer die Lieferung
von Sperlingen als persönliche Leistung aufzugeben, so- hörte dies
durch die inzwischen veränderte Gesetzesfassung auf. Es übernahmen
daher 1884 in Gießen die Jagdpächter das Schießen der Sperlinge,
während in den außerhalb des Jagdbezirks gelegenen Hofraitheu,
Gärten u. s. w. ein Forstschütz damit beauftragt wurde. In der
folgenden Zeit unterziehen sich auch die Flurschützen dieser Be¬
schäftigung, sie erhielten anfangs 3 Pfennige pro Stück gelieferter
Spatzen und freie Munition, während jetzt allein 5 Pfennige gezahlt
werden. Auf diese Weise wurden 1884 im Kreise Gießen 14,532
Spatzen vertilgt, wobei unter 80 Ortschaften 34 überhaupt keine
Sperlinge schießen ließen, während im Minimum 45, im Maximum
1200 Stück erlegt wurden.
Im Jahre 1885 ward in der Gemarkung Gießen am 1. Mai,
nachdem 946 Sperlinge aufgebracht waren, das Schießen eingestellt,
um erstlich die Singvögel beim Brutgeschäft nicht zu stören, daun
aber auch, um die noch ihre Jungen mit Insekten fütternden Sperlinge
auszunutzen. Wieder aufgenommen wurde die Jagd zur Erntezeit. —
Zu dem die Spatzenlieferung überwachenden Bürgermeister des Dörf¬
chens L. kommt ein Bäuerlein : »Gu’n Dach, Herr Borgermaster,
liäi hun aich mei Spatze.« »»Gieli ’naus ean werf se uff de
Meast.«« Nach einiger Zeit kommt wieder ein Bauer zu dem am
Schreibtisch arbeitenden Dorfoberhaupt, das nicht gestört sein will,
299
und bringt auch seine schuldigen Spatzen. »»Werf se uff de Meast««
war der Bescheid, und so gab ein Bauer dem andern die Thür in die
Hand, sich mit dem schuldigeu Tribut zu melden. — Wie enttäuscht
war der Bürgermeister, als er trotz der vielen richtig empfangenen
Vögel deren nur vier auf der Miststätte finden konnte.
Solches zu vermeiden, überhaupt zur besseren Kontrolle wurden
in Gießen den gelieferten Spatzen die Köpfe abgeschlagen, worauf
die Flurschützen sich die schönsten Körper zur köstlichen Spatzensuppe
mitnahmen, während die übrigen mir überlassen wurden. Auf diese
Weise war es mir möglich, 788 Stück zu untersuchen.
Unter diesen waren 596 Haus- und 192 Feldsperlinge. Das
Resultat meiner Arbeit, wie ich es in Cabanis’ Journal für Ornitho¬
logie XXXV. No. 179 Juli 1887 p 288/9 mitgeteilt habe, darf ich
der Vollständigkeit hier wiederholen:
Fässer domesticus, Haussperling,
16. März cf: Mücken,- Eierschalen und Steinchen ; 17. März cf*
Grüne Pflanzeuteile , Eierschalen und Steinchen ; 4 Exemplare :
Haferkörner und Steinchen ; die Steinchen aus einem Magen wiegen
zwischen 0,2 und 0,4 gr. 1. Juli: frißt ein rotes Ordensband,
Catocala sponsa (?) und läßt nur die Flügel übrig; 6. April:
Holunderbeeren ; 4. bis 31. April : 82 Exemplare wurden unter¬
sucht, es fanden sich Chitinteile bei 6, Pfianzenreste bei 13,
Gorydalis solida- Samen bei 10, Getreidekörner bei 46, und Steinchen
bei allen; 30. Juli bis 22. August: Unter 75 Exemplaren hatten 9
Chrysomelidae , 3 Corydalis- Samen, 73 Getreidekörner, 21 Pflanzenteile
gefressen. Eierschalen fanden sich bei einem. Sand konnte mit
Sicherheit nachgewiesen werden bei 33; vom 1. Februar bis 29. April
wurden 431 Stück untersucht, 242 waren cf, 189 9* Gorydalis -
und Folygonum hydropiper- Samen wurde bei 16, Getreidekörner bei
428, Eierschalen bei 9 uud Saud bei 383 Individuen gefunden. *
Fässer montanus L. Feldsperling.
1. Februar bis 29. April: Es wurden 99 Feldsperlinge ein¬
geliefert, 4 derselben hatten Insekten, 90 Samen von Corydalis solida,
Flantago media und Spergida arvensis , 17 hatten Getreidekörner ver-:
zehrt, Sand wurde bei 10 Exemplaren gefunden; 4. — 30. April
4 Exemplare mit Insekten resten, Blattknospen bei 24, Corydalis etc.
Samen bei 28, Getreidekörner bei 36 und Steinchen bei allen unter¬
suchten Tieren, 93 an der Zahl.
300
Im Jahre 1886 wurden iu Gießen von Juli bis Dezember 1769
Stück geschossen.
Schließlich kann ich bezüglich der Größe des von den Sperlingen
angerichteten Schadens noch die Mitteilung machen, daß nach den
im Jahre 1883 von der landwirtschaftlichen Kommission angestellten
Erhebungen derselbe in der Gemarkung Gießen sich schätzungsweise
auf 4000 Mark belaufen hat.
Noch einige Worte über die anderen auf der Proskriptionsliste
stehendeu Tiere:
In den vierziger Jahren wurden für den Abschuß der Raben
(Rabenkrähen), Saatkrähen und Dohlen vier Kreuzer pro Stück be¬
zahlt. 1889 waren die Raben »fast überall nur in geringem Maß
vorhanden« und doch wurden im Kreise 470 alte und 212 junge
erlegt und 1764 Eier gesammelt. In Burkhardsfelden wurden vom
10. März bis 8. April 4 Raben geschossen und 64 Eier ausgehoben,
so daß »junge Raben in unserer Gemarkung, so viel wir wissen und
was wir mit Bestimmtheit glauben angeben zu dürfen, nicht zum
Leben und zum Zwecke gekommen sind. Was das Schießen von
alten Raben und Krähen anlangt, so klagt der Forstschütz Weiß
sehr darüber, daß dieselben ungeheuer scheu und nicht gut schießen
und zu erreichen seien.«
Im Kreise Gießen sind 1889 alte Raben: 470; junge Raben:
212; Eier: 1764 Stück geschossen resp. ausgehoben worden, wofür
die Kosten von den Gemeindekassen übernommen und, soweit es im
Walde geschehen, auch auf den für Waldkulturarbeiten vorgesehenen
Betrag angewiesen wurden.
Im Jahre 1890 wurde die Jagd auch auf Häher und Eichhörn¬
chen ausgedehnt und 1659 alte, 332 junge Krähen geschossen und
1951 Eier derselben ausgenommen, — nur eine Gemeinde weigerte
sich, Krähen zu schießen, »weil die sich hier herumtreibenden Raben
keine Gemeinderaben sondern Kreisraben sind« — außerdem wurden
293 alte, 69 junge Häher, sowie 445 Eichhörnchen vertilgt.
II.
Vom großen Buntspecht, Picus major.
Anfang April dieses Jahres bemerkte ich auf einer etwa 120jähr.
Kiefer des hiesigen forstbotauischen Gartens einen eifrig hämmernden
Buntspecht. Ihn zu belauschen schlich ich mich näher. Doch der
emsig arbeitende Vogel hatte mich, als ich schon ziemlich nahe unter
den Baum gekommen war, bemerkt. Er unterbrach sofort seine
801
Arbeit, hüpfte auf die andere Seite des Astes und blieb daselbst so
sitzen, daß nur der Kopf des nach mir ausspähenden Vogels sichtbar
war. Dann flog er weg nach den höheren Asten der nächsten Kiefer
und wenige Augenblicke darauf fiel etwas, an den Ästen und Zweigen
des Baumwipfels mehrmals anschlagend, herab und nur 3 oder 4
Schritte vor mir zu Boden. Ich nahm es auf und hatte einen nicht
etwa frisch, sondern, wie deutlich zu erkennen war, schon längst
ausgefressenen Kiefernzapfen in Händen. Nach dem Specht auf¬
schauend, sah ich ihn an der alten Stelle wieder bei der Arbeit, d.
h. so emsig hämmernd, als ob gar nichts vorgefallen sei. — Offenbar
hatte der Vogel, als er sich beobachtet sah, meine Aufmerksamkeit
von sich ablenken, vielleicht mich gar erschrecken wollen und zu
dem Zwecke den längst ausgefressenen Zapfen, dessen Vorhandensein
in irgend einer Ritze (wo er ihn vor Zeiten eingeklemmt) ihm sofort
in den Sinn kam, vor mir herabge worfeu.
Ebenso erstaunt über das Thun des Vogels wie ich war auch
Herr Forst-Assessor Dr. May, der den ganzen Vorgang mit an¬
gesehen hatte.
III.
Etwas vom Mauersegler, Cypsclus apus 111.
Es war in Rodheim bei Hungen am 11. Septbr. 1890, nach¬
mittags vier Uhr, als das Dienstmädchen aus dem Keller kam, wo
es hinter dem kleinen eisernen Thürchen eines von dort aus auf¬
geführten Kamines stark geraschelt hatte. Entschlossen hatte sie
die Thüre geöffnet und statt der erwarteten Maus zwei Vögelchen
gefunden, die sie herauf brachte. In dem Zimmer, dessen Fenster-
vorhänge geschlossen wurden, damit die beiden jungen Segler, denn
solche waren es, an den Scheiben nicht widerfliegen, und sich ver¬
letzen sollten, wurden sie losgelassen und flogen alsbald recht munter
lebhaft und geschickt umher, meist dicht an der Zimmerdecke hin¬
streichend. Dann ließen sie sich auf den Kloben, welche die Fenster-
Vorhangstangen tragen, nieder — eine Stelle, welche auch Meisen,
die ich seinerzeit im Zimmer hielt, mit Vorliebe als Rast- und auch
als Nachtruheplätzchen wählten — oder sie klammerten sich in dem
lichten Gewebe der Gardinen selbst fest.
Zum Zweck einer genaueren Untersuchung wurden sie alsdanu
wieder eingefangen :
Beide Vögel waren auf dem ganzen Körper schwarzbraun von
Farbe oder rauchbraun -schwarz, auf dem Rücken aber batte das
302
Gefieder eine mehr blauschwarze Färbung, wohl etwas stärker aus¬
geprägt als die Autoren meinen, wenn sie es als »rußschwarz mit
einem schwach metallischen Schimmer« bezeichnen. Auf dem Ober¬
kopf des eiuen Vogels fanden sich unter den grauschwarzen nur
wenige tiefschwarze Federn, während solche auf dem des anderen
recht zahlreich auftraten. Die grauweiße Kehle war infolge des
Aufenthaltes im Kamin recht getrübt, wie überhaupt die Tierchen
so schmutzig waren, daß die Hand, die sie hielt, stark geschwärzt
wurde. Das Kinn war schwach bräunlich, die Augen schwarz mit
brauner Iris. Einen bräunlichen, die Spitze nicht erreichenden
breiten Mittelfleck besaßen die Uuterschwanzdeckfedern, während
die oberen des einen Exemplars sich durch einen schwarzen Schaft¬
strich am Vordereude anszeichneten, am Grunde aber auf jeder
Fahnenhälfte einen dunklen Fleck besaßen; die des anderen hin¬
gegen, das etwas stärker, wohl auch etwas älter war, zeigten nicht
mehr diesen Schaftstrich, als dessen Ersatz die dunkle Färbung
weiter ausgebreitet war. Die Länge betrug 13, die Flügellänge
10,5 cm bei beiden Exemplaren. Eine weiße Spitze besaßen die
drei ersten Oberarmschwingen (III. Ordnung) des jüngeren, welche
an denen des älteren Vogels nur noch durch einen schmalen weißen
Saum angedeutet war. Drei Zehen standen nach vorn, eine nach
hinten gerichtet. Auch beim Sitzen auf einer dünnen Stange blieb
die Stellung dieselbe, ebenso war beim Anklammern an die Gardine
die innere Zehe den übrigen entgegengesetzt. Oberseits und au den
Seiten waren sie mit feinen Federchen besetzt, deren Länge etwa
der Zehen breite gleichkam.
Bekanntlich ist bei alten Exemplaren die Hinterzehe nach vorn
gewendet (Klammerfuß) und ebenso wie die anderen Zehen nicht
befiedert.
Freigelassen erhoben sich die Segler etwa turmhoch in die Luft
und entschwanden bald meinen Blicken.
Durch folgende Bruchzahlen gebe ich die Abzugszeiten des
Seglers, wie sie mir von Herrn Prof. Dr. Ho ff mann in Gießen
freundlichst mitgeteilt wurden, von 1860 — 1878; nur ans den Jahren
1871 und 1876 fehlen die Daten: 31/V1I, 1/VIII, 29/VII, 3/VIII
einzeln noch 7/VIII, 4/VIII, 28/V1I, 6/VIII, 30/IX, 28/VII einzeln
4/ VIII, 29/VII, 3/VIII, — , 28/VII, 29/VII die letzte 31/VII, 21/VII
die letzte 1/VIII, 30/VII, — , 19/VII, 30/ VII.
Nehmen wir für Rodheim dieselben Abzugszeiten au, so würde
der Wegzug im Mittel auf die ersten Tage des August fallen, und
303
wenn bekanntlich auch die Jungen später ziehen als die Alten,
dann werden diese beiden Geschöpfe bis zu ihrer Befreiung
am 11. September schon manchen Tag in ihrem Gefängnis ge¬
schmachtet haben.
IV.
Eine Vogel in sei.
Wieder einmal, wenn auch nur fiir kurze Zeit, war ich in die
alte Heimat zurückgekehrt und besuchte in früher Morgenstunde
den Gießener botanischen Garten, alten Erinnerungen nachhängend
und die inzwischen vorgenommenen Neuerungen betrachtend.
Da traf ich glücklicher Weise den Leiter und Direktor des
■
Gartens, Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Hoffman n, den berühmten
Phaeuologen, der mir in freundlichster Weise seine »Vogelinsel« zeigte.
Am östlichen Ende des Gartens liegt der nicht sehr große Teich,
welcher seither durch einen etwa 2 m breiten seitlich mit Büschen
besetzten Weg von einem schmalen langgezogenen Wassertümpel
getrennt war, in dem die einheimischen Sumpfpflanzen üppig
wucherten.
Zweimal nun war dieser beide Gewässer trennende Dammweg
durchstochen und so eine Insel geschaffen worden von etwa 36
Schritt Länge. Dieselbe bietet, da sie durch einen auch au seiner
engsten Stelle reichlich 2 m breiten und etwa metertiefen Wasser¬
arm von dem Lande getrennt ist, ein vor Katzen und anderem
Raubzeug völlig sicheres Plätzchen, auf dem sich die einheimischen
Vögel ansiedeln sollten. Um ihnen den Aufenthalt daselbst recht
angenehm zu machen, ist die Insel, die schon früher mit Vogelbeer¬
bäumen, Erlen und Weiden bestanden war, noch mit Rheum, Buchs,
Taxus, Wachholder und jungen Fichten bepflanzt worden, welche
mit Basaltsteingruppen abwechselnd, dem Eiland ein freundliches
Aussehen verleihen. Üppig wucherten auch die einheimischen Kraut¬
pflanzen empor, vor allen Clematis.
Und wie belebt war gleich im jetzigen ersten Sommer diese
Niststätte. Nicht im mindesten stören ließen sich die Vögel, obgleich
wir dicht an das Wasser herangetreten waren.
Durch das Gesträuch schlüpft die junge Schwarzamsel, vor
seinem Kasten sitzt der Star und schmettert sein Herbstlied,
Phyllopneuste rufa läßt unermüdlich ihr zipp zepp zipp zepp er¬
tönen, Haussperling und Rotkehlchen treiben sich umher, beide
Rotschwänzchen sitzen, nach Beute spähend, auf freien Ausblick
304
gewährenden Zweigen, das junge Buchfink-Männchen beginnt zu
schlagen, so leise, schwach und unvollkommen, wie es auch bei
erwachendem Frühling die Alten thun, bis sie nach einigen Proben
ihre durchdringende Melodie schmettern können; da rüttelt ein
grauer Fliegenschnepper, die langgeschwänzte gelbe Bachstelze streicht
rufend von der Insel ab. In einem der Meisenkasten hat Farns
major genistet, in einem anderen Farns coerulens , Farns ater hat
sich soeben eingestellt; der Zaunkönig läßt seinen schnarrenden
Ton hören und schließlich kommt ein Grünspecht herbeigeflogen, au
dem abgebrochenen Ast jener alten Weide zu hämmern. Von keines
Menschen Fuß soll vorerst die Insel betreten werden ; ihrem
Schicksal überlassen sollen die angepflanzten Bäume und Sträucher
den Kampf ums Dasein mit dem üppigen Unkrautwuch.se aufnehmen
— nur um den Vögeln einen Nist- und- Brutplatz zu geben, der
frei ist von jeder ihnen unliebsamen Störung. Um nur eine unge¬
fähre Ahnung zu haben, wie viel Vögel sich etwa hier angesiedelt
haben könnten, wurden die Nester gezählt, welche sich indem zum
botanischen Garten gehörenden kleinen belebten Wirtschaftshof auf
wenig dort stehenden Bäumen und Sträuchern fanden. Dies waren
die Nester von einem Blaumeisen-, zwei Fliegenschnepper-, drei
Distelfink-, drei Amsel-, fünf Grasmücken- und sechs Buchfinken¬
pärchen -v- also 20 Nester — , während auffallender Weise die seit
langer Zeit dort nistenden Rotschwänzchen in diesem Jahre weg¬
geblieben waren.
Die Raubsiiugetiere des Teutoburger Waldes.
Von Heinrich Schacht.
V. Der Iltis ( Mn st ela pntorins).
Ein viel verlästertes und verleumdetes Tier aus der Marder¬
familie ist uuser Iltis, bei uns unter dem Namen der Elk oder
das Elken allgemein bekannt. Da er mit dem Marder oft die¬
selben Räume, wie Stallungen, Scheunen, Speicher u. s. w. zur Be¬
hausung erwählt, schreibt man gewöhnlich alle Schandthaten, die
dieser verübt, auf das Konto des Iltisses und daher wird er überall
unnachsichtig verfolgt und oft auf die grausamste Weise zu Tode
gequält und gemartert. Hat man auf dem Hofe des Landmanns
unter alten Holzhaufen, in Kellern, Stallungen, Kanälen, unter
Brücken und Stegen sein Standquartier ausfindig gemacht, daun
bleibt kein Mittel unversucht, um des armen Ratzes habhaft zu werden.
Beschüsse werden aufgerissen, Kanäle aufgedeckt, Holz- und Stein¬
haufen fortgeräumt, die bissigsten Hunde herbeigeschafft, Mist- und
Heugabeln, Schießprügel und mächtige Knüppel zur Haud genommen
und nun geht die Hatz los. Der Iltis hält in seinem Versteck lange
aus, und erst wenn das letzte Holzscheit, der letzte Stein oder Balken
weggeräumt ist, will er die Flucht ergreifen. Da stürzt alles mit
••
Horido und Hussassa über den Ärmsten her, die Hunde thun das
Ihrige und bald liegt der gewaltige Räuber, der Hühner- und Eier¬
dieb, zuckend am Boden.
Da ist auf dem Felde eine mächtige Korndieme aufgespeichert,
wo sich bald alle Mäuse der Nachbarschaft zum herrlichen Schmause
zusammenfiuden. Ein Iltis hat den Tummelplatz der Mäuse ausge¬
kundschaftet, spieleud erbeutet er die schönsten Braten, was Wunder,
wenn er nun auch in dem Schutz bietenden Kornhaufen sein Lager
aufschlägt? Nach einiger Zeit wird die Dieme abgefahren; man ist
erstaunt, so wenig Spuren von den gefräßigen Nagern zu finden,
aber Phylax, des Hauses redlicher Hüter, umkreist mit schnüffelnder
Nase fortwährend das Rund der Dieme. Das ist verdächtig! Was
sollte noch drunter stecken? Aufgepaßt! Jetzt wird der letzte Bund
aufgehoben; der Mausejäger, welcher für Säuberung der Dieme von
den verderblichen Plagegeistern redlich Sorge getragen hat, will ent¬
springen, da ergreifen ihn die Zähne des Hundes, zermalmen seinen
Rückgrat und um das Leben des Iltisses ist es geschehen. Schnöder
Undank ist der Welt Lohn!
Als ich einst zur Erntezeit über die Felder schritt, vernahm
ich aus kurzer Entfernung ein mächtiges Hallo und sah, wie eine
Anzahl von Feldarbeitern einem Garbeuhaufen zueilte. Als ich
hinzuging, präsentierte mir der Besitzer des Feldes einen Iltis, den
man soeben unter den Garben erschlagen habe. 0 heilige Einfalt!
Der Iltis, welcher hier auf der Flur der Mausejagd oblag und das
Eigentum des Kornbauern vor den Angriffen der Mäuse schützen
wollte, mußte sein löbliches Thun mit dem Leben bezahlen.
Mein Freund und Nachbar, der ein größeres isoliert liegendes
Gut mit vielen alten Wirtschaftsgebäuden bewohnt, hält den ganzen
Wiuter hindurch seine Marder- und Iltisfallen in Thätigkeit und es
ist ihm auch gelungen, eine ziemliche Anzahl von Mardern, aber
eine weit größere von Iltissen einzufaugen. Daß er den Mardern
auf Böden Pallen stellt, kann ihm kein Mensch verargen, da er aber
auch die unten in Ställen und Scheunen hausenden Iltisse wegfing,
Zoolog. Gart. Jalirg. XXXI. 1890. 20
30 G
stellten sich bald andere widerliche Gäste, nämlich Ratten in so un¬
geheurer Anzahl ein, daß sie sogar den Beschuß der Wohnstube
durchnagten, kühn in Keller, Küche und Speisekammer drangen,
auf die Kornböden stiegen und überhaupt mehr Schaden anrichteten,
als ihm die Iltisse je zugefügt hatten. Das Wegfangen der Iltisse
rächt sich immer bitter, denn der Iltis ist der geschworene Feind
• •
aller Nagetiere, die gerade der menschlichen Ökonomie den größten
Schaden bringen. Wenn Not und Mangel an seine Thüre klopfen?
wenn er Junge zu versorgen hat, vergreift er sich auch wohl au
einem Huhne, raubt Eier und junge Küchlein, die schlecht ver¬
wahrt siud, aber er ist bescheiden in seinen Ansprüchen und würgt
und mordet nie im grossen, wie seine Vettern, die Marder. Auf
Böden steigt er selten, weil er im Klettern kein großer Meister ist,
dagegen folgt er gern dem Laufe der Bäche und Gräben, um sein
Lieblingswild, Frösche, zu jagen. Auf diese kaltblütigen Hüpfer ist
er förmlich erpicht und schleppt dieselben oft haufenweise in sein
Versteck. Nebenbei begnügt er sich auch mit Eidechsen, Salaman¬
dern und Blindschleichen, während Kröten nicht einmal berührt
werden.
Unter dem Hühuerstalle meines Schwiegervaters hatte sich ein
Iltis zwischen altem Bauholze ein behagliches Heim errichtet, das er
monatelang bewohnte, sogar ein Geheck seiner Jungen darin gro߬
zog, aber nie hat er sich an einem Huhne vergriffen oder ein Ei
geraubt. Die in der Nähe lebenden Frösche, Ratten und Mäuse
genügten ihm auf seinen nächtlichen Streifzügeu vollständig, wes¬
halb ihm auch mein Schwiegervater den weitgehendsten Schutz an¬
gedeihen ließ.
Am äußersten Ende unseres Dorfs stand einst ein verfallenes
Bauernhaus, dessen Strohdach nach einer Seite hin fast den Boden
berührte. In diesem Hause, das unbewohnt war, schliefen die Hühner
frei auf dem Treppengeländer und mehrere Gänse marschierten alle
Abend in bekannter Reihenfolge darin ihrem Stalle zu. In dem
wüsten Gelasse hatte sich zur Winterzeit ein Iltis ein quartiert,
dessen Fährte jeden Morgen deutlich im Schuee zu spüren war, aber
alles Geflügel blieb verschont.
Ein anderer Iltis hatte sein Quartier in einem frei auf dem
Hofe stehenden Enten stalle aufgeschlagen , ließ aber sowohl die
jungen wie alten Enten gänzlich in Ruhe. Der Iltis ist weit besser
als sein Ruf, und ich bin fest überzeugt, dass die meisten Mord-
thateu, die man ihm aufbürdet, von unsern Mardern oder auch vom
— 307 — ■
großen Wiesel verübt sind, weil gerade auch das letztere zu gern
in Häuser und Scheunen dringt.
Eiust hatte ein Iltis sein Wochenbett in dem Keller meines
Nachbarhauses aufgeschlagen. In der Dämmerung sah mau häufig
die Iltismutter mit Fröschen und Mäusen beladen durch den Garten
spazieren und im Kellerloche verschwinden. Als ich Kenntnis von
der Sache erhielt, begab ich mich mit einer Laterne versehen in den
dunklen Raum und vernahm bald heisere kläffende Töne, die aus
einem alten Kartoffellager drangen. Ich räumte nun die morschen,
mulsterigen Bretter zur Seite und siehe, unter denselben lagen in
zusammengeschlepptem Stroh 4 Stück junge Iltisse*, von denen einer
schon die Flucht ergriff. Die Tiere, halb erwachsen, von gleicher
dunkler Färbung mit unten gelblichem Wollpelze und mit weißen
Lippen und Ohrrande versehen, ließen sich leicht gefangen nehmen,
wehrten sich durchaus nicht, kläfften aber manchmal laut und ver¬
nehmlich. Ich wies ihnen zur Wohnung eine geräumige, vorn mit
einem Drahtgitter versehene Kiste an, in der oben ein mit Heu und
Stroh ausgefütterter Nestraum angebracht war, den sie sofort zur
Lagerstätte erwählten. Anfangs erhielten sie Milch und Weißbrot
und einige Hühnereier, bei welcher Kost sie trefflich gediehen, später
aber tote Spatzen, Hühner, Tauben, Mäuse und Ratten, Frösche und
Blindschleichen. Warf ich ihnen einen fetten Frosch vor, dann
sprangen alle zugleich aus ihrem Versteck, jeder ergriff ein Bein
und dann ging ein gieriges Zerren und Reißen los, bis der Frosch
im buchstäblichen Sinne des Wortes gevierteilt war und jeder seinen
Teil in Ruhe verzehrte. Ich hatte genug zu thun, um täglich
frisches Futter herbeizuschaffen, wenn auch die Hauptnahrung aus
Weißbrot und Milch bestand. Als die Tiere fast herangewachsen
waren, gelang es dem ältesten derselben, sich durch eine schadhafte
Stelle des Gitters zu zwängen und zu entkommen. Natürlich fielen
die Mahlzeiten für die anderen etwas reichlicher aus. Eine schöne
Zeit begann für meine Gefangenen, als im Spätherbst ein Bewohner
des Dorfes seinen etwa 1 m tiefen Brunnen reinigen ließ, aus dem
ich ein ganzes Ankerfaß voll lebender Frösche erhielt, die beinahe
2 Monate lang zur Fütterung aushielten. Die Iltisse lebten unter
sich stets verträglich, lagen aber fast deu ganzen Tag dicht anein¬
ander gedrängt in ihrem Neste. Muntere Spiele trieben sie nie mit¬
einander, ihre einzigen Begierden schienen nur auf Speise und Trank
gerichtet zu sein. Gegen Ende des Monats Dezember, als der kost¬
bare Balg der drei Ratze reif war, suchte ich dieselben vom Leben
— 308 —
zum Tode zu briugen. Das geeignetste Mittel schien mir Strychnin
zu sein, um so mehr, als in einem Artikel liher den Iltis aus der
Feder des Herrn v. Krieger (Zool. Gart., Jahrgang 1876, pag: 9)
geschrieben stand: »Ein mit Strychnin vergiftetes Ei schlürft er
ohne Mißtrauen hinunter und findet auf diese Weise schnell seinen
Tod«. Gut, dachte ich, der Einfachheit halber ist diese Todesart
auch für meine Iltisse die beste. Nachdem ich den Tieren eine
Nacht alle Nahrung vorenthalten, wurden drei Höllenbrocken prä¬
pariert, deren jeder eine Federmesserspitze voll Strychnin enthielt.
Gierig wurden die Brocken verzehrt uud nun wartete ich, mit der
Uhr in der Hand dabeisteheud, den Zeitpunkt ab, wann die Wirkung
eintreten würde. Ich stand 5 — 10 Minuten, ich wartete 20 Minuten:
die Ratze blieben munter wie zuvor. Eine Stunde darauf wurden
drei neue Brocken zubereitet und den Tieren gereicht. Der Erfolg
war derselbe — die Ratze verlangten immer noch mehr.
Die Behauptung: »Der giftige Biß der Kreuzotter schadet dem
Iltisse nicht, wie ich vielfach erprobt habe, er frißt sie samt den
Giftdrüsen uud Giftzähnen!« wie sie Vater Lenz in seiner Natur¬
geschichte aufstellt, war mir zwar bekannt, ich kannte aber auch
die Behauptung von Krieger: »Daß der Iltis den Biß einer gif¬
tigen Schlange ohne Nachteil für seine Gesundheit vertragen, daher
giftfest, wie der Salamander nach Aussage früherer Naturforscher
feuerfest sein soll, gehört nach meiner Ansicht, eins wie das andere,
in den Bereich der Fabel. Auch wenn Lenz in seiner vortrefflichen
Naturgschichte derartige Versuche, welche er mit Iltis und mit
Giftschlangen gemacht hat, nach dieser Richtung hin in sehr aus¬
führlicher Weise schildert, so können diese wenigen Beobachtungen
dennoch auf Irrtum beruhen, wenigstens grenzen dieselben an Un¬
wahrscheinlichkeit.« Nun könnte man vielleicht ein wenden: Das
den Iltissen gereichte Gift hat nicht’s getaugt! 0 ja, einige Tage
vorher hatte ein Fuchs von demselben gezehrt und war dabei ver¬
endet. Dieser Einwand wäre also nicht stichhaltig. Als ich einige Zeit
nachher unserm leider zu früh entschlafenen A. Brehm diese
wunderbare Beobachtung mitteilte, war er sehr erfreut, die Behaup¬
tungen von Vater Lenz bestätigt zu finden. Zugleich aber erbot
sich Herr Kommerzienrat Klingenberg in Detmold, uns ein neues
Versuchsobjekt, das er gerade in Gefangenschaft hielt, zur Verfügung
zu stellen. Am folgenden Morgen begab ich mich in Begleitung
Brehms zu Klingenberg, und es wurde dem Iltis ein vorsichtig
präparierter Strychninbrocken gereicht, den er auch sofort verschlang,
309
aber danach munter blieb wie zuvor. Bald nachher erhielt der
Iltis einen zweiten Brocken, er schien aber an dem schauerlich
bitteren Gesclmiacke des ersten Brockens genug zu haben und ließ
den zweiten unberührt. Nach diesen meinen Versuchen ist also der
Iltis im wahren Sinne des Wortes giftfest.
Zu fangen ist der Iltis in einer Kastenfalle oder in einem
Tellereisen sehr leicht. Einmal habe ich sogar erfahren, daß er sich
zufällig in einer Hasenschliuge gefangen hatte. Ein alter Schlingen¬
steller unseres Dorfes hatte nämlich eine Hasenschlinge in der Hecke
einer mit einem Wassergraben versehenen Wiese angebracht. Nach
einigen Tagen hing statt des erwarteten Häsleius ein Iltis darin.
Dem Tiere war die Schlinge, durch welche es springend hindurch¬
zukommen gesucht, um den Leib geraten. Iu der Todesangst hatte
es fingerdicke Zweige des Gebüsches durchnagt.
Vor einigen Wochen hatte ich in meinem Keller vor einem
Rattenloche ein Tellereisen frei aufgestellt. Am andern Morgen
war die Falle samt der daransitzenden Kette verschwunden. Bald
sah ich, daß ein Iltis hineiugeraten war, der sich mit der Falle in
einen Abzugskanal geflüchtet hatte und in dem dort lagernden
Schmutze am Erstickungstode zu Grunde gegangen war. Jetzt hat
sich wieder ein Iltis im Keller angesiedelt, den ich frei schalten und
walten lasse. Von Ratten und Mäusen ist natürlich im Keller keine
Spur mehr zu finden.
Die Heuschreckennot in Algerien.
Von Damian Gronen.
Es ist nun schon das fünfte Jahr, daß Algerien und zwar vor¬
nehmlich die Provinz Constantine unter den Verheerungen der Heu¬
schrecken leidet, und es zeugt wahrlich von keiner guten Verwaltung
des Landes, daß die Behörden fünf Jahre lang hintereinander das
Übel haben groß werden lassen, ohne ihrerseits auch nur das
Geringste zur Bekämpfung desselben zu thun. Im laufenden Jahre
hat sich die Plage wieder so weit ausgedehnt, daß Hunderttausende
von Hektaren fruchtbarsten Landes verwüstet worden sind, die
Herdenbesitzer sich gezwungen sahen, ihr Vieh um jeden Preis
loszuschlagen, der Schaden wieder nach Millionen gezählt werden
muß und Tausende von Eingeborenen dem Huugertode preisgegeben
waren, wenn nicht schleunige Hülfe gebracht wurde.
310
Die riesigen Heuschreckenschwärme, welche nun seit 1885 regel¬
mäßig das Land verheeren, werden gebildet von zwei bisher wenig
beachteten Arten von Heuschrecken , dem Stauronotus maroccanus
und dem Caloplenus italicus. Der erstere ist nur von geringer
Größe. Die Männchen werden 17 — 28 Millimeter lang, die Weib¬
chen 20 — 23 Millimeter; sein ziemlich harter Panzer hat eine rot¬
gelbe Farbe und ist mit fahlen Flecken besäet. Der Gciloptenus
italicus ist noch etwas kleiner, 15 — 22 Millimeter beim männlichen
und 23 — 24 Millimeter beim weiblichen Geschlecht. Von Farbe
graubraun zeigt er durchsichtige Flügeldecken, die mit dunklen
Flecken besät sind. Beide Arten kommen hauptsächlich in den
Monaten Juni und Juli zum Vorscheine. Die Weibchen graben mit
ihrem Unterleibe ein 4 — 5 Centimeter tiefes Loch in die Erde und
legen in dieses ihre Eier ; daun sterben sie. Die Jungen verbleiben
nun 9 — 10 Monate lang im Boden und kommen erst mit Anfang
des nächsten Sommers zum Vorschein. Die Eiersäcke haben eine
Länge von 1 */ 2 — 2 Centimeter und enthalten je 30 — 40 Eier. Jedes
Weibchen legt 30 — 100 solcher Säcke, die unter sich durch eine Art
von Schaum verbunden sind; an diesen heften sich ringsum Sandkörner
an, so daß die Eier dadurch dem Auge ihrer Feinde hübsch ver¬
steckt werdeu. — Wenn die Jungen aus dem Ei schlüpfen, sind sie
noch sehr zaghafte Läufer; sie legen kaum 150 Meter im Tage
zurück, und auch im Alter von 14 Tagen machen sie nicht mehr
als 1 Kilometer.
Aber schon mit 20 Tagen werden sie tüchtige Springer und
rücken wohl 10 Kilometer per Tag vor, die Sprungweite beträgt
60 Centimeter bei einer Höhe von 30 Centimeter. Inzwischen
sind auch ihre Flügel kräftig geworden und bilden ein Paar Kuder,
das wunderbar geeignet ist, die Luft zu durchfahreu. Sie bildeu
nun wahre Armeen, die sich nicht bloß nach Milliarden sondern
nach Billionen beziffern und sich bis auf 50 Kilometer Breite aus-
dehuen. Sie verlassen ihren Rastort mit Eintritt der warmen
Tagesstunden und fliegen den Tag über, die kühlen Nachtstunden
aber verbringen sie am Boden. Tausende von Hektaren guten
Getreidelandes kann solch eine Armee iu wenigen Tagen in reine
Wüste verwandeln. Keine vegetabilische Substanz widersteht ihren
soliden Kauwerkzeugen. Sie nähren sich nicht allein von den
Gräsern, welche sie bis auf die Wurzel abuagen, sondern fressen
auch die Blätter der Bäume, Kleefelder, Gemüse- und Obstgärten,
Weinberge, Feigen-, Oliven- und Citrouenpflanzungen, alles 3er-
311
stören sie binnen kürzester Zeit. Sie lassen nicht einmal die dürren
Getreidekörner unangegriffen, dringen in die unterirdischen Getreide¬
gruben ein, verzehren sogar die Säcke sammt dem Korn, und
zernagen auch die Kleider, welche sie im Innern der Woh¬
nungen antreffen.
»Bei einem Besuche,« so schreibt unser Gewährsmann, »den
ich diesen Sommer in der Umgebung von Setif machte, woselbst
eine Genfer Kolonisationsgesellschaft große Ländereien besitzt, bin
ich vier Stunden lang in einem fort durch dicke Haufen von Heu¬
schrecken geritten. Soweit der Blick reichte, sah man nichts als
hüpfende Tierchen und dazwischen den kahlen Boden. Der Schaden
ist enorm, da nicht einmal das zur Aussaat nötige Korn übrig
geblieben ist. Wohl hatte man das Übel vorausgesehen und wesentlich
nach dem Vorbilde der Genfer Gesellschaft Abwehrmaßregeln ge¬
troffen, aber jedenfalls in zu geringem Maßstabe. Mau hat über
den Boden hin quer zur Richtung, in welcher die Tiere heranrücken,
Leinwandstreifen gezogen, die an Pfählen befestigt, einen stumnfen
Winkel zum Boden bilden. Das untere Ende der Leinwand muß
in die Erde vergraben werden, damit die Heuschrecken nicht unten
durchschlüpfen. Die obere Seite der Leinwand ist mit Wachstuch
überzogen, das zudem noch leicht geölt wird. In einem Abstaud
von 30 zu 30 Meter sind rechtwinklig zur Leinwand 1 Meter
breite und 2 Meter tiefe Gräben gezogen, deren Wände mit Blech
überkleidet sind, das noch einen Dezimeter über den Rand empor¬
ragt. Wenn nun die Heuschrecken herangehüpft kommen, springen
sie auf die Leinwand hinauf, fallen aber vom Wachstuche wieder
herunter. So springen sie den ganzen Apparat entlang, bis sie in
die Grube fallen, aus der kein Entrinnen mehr möglich ist. Dort
werden sie daun mittelst einer Handramme zerquetscht. Zur Be¬
dienung eines solchen Apparates von 500 Meter Länge braucht es
10 Mann. Leider besaß man solcher Fangbänder nur auf eine
Strecke von 60 Kilometer und zwar gehören diese hauptsächlich der
Genfer Gesellschaft, während zur energischen Bekämpfung der Plage
mindestens 600 Kilometer Apparate nötig gewesen wären. So ist
denn die Arbeit ganz umsonst gewesen. Kolonnen von 50 Kilometer
Tiefe mit einer Stirnbreite von 8 — 10 Kilometer rückten mit einer
Geschwindigkeit von 10 Kilometer per Tag vor: als sie auf die
Apparate stießen, schwenkten sie um dieselben herum, schlossen
jenseits ihre Reihen wieder und ergossen sich in verheerendem Strome
in die reichen |nörd liehen Thäler, Hätten. Regierung und Private
312
so ihre Pflicht gethan wie die Genfer Gesellschaft, so hätte das
Übel können aufgehalten werden. Jetzt ist es zu spät und die
Plage hat sich bereits auch in das Departement Algier hinüber
fortgepflanzt. Tausende von arabischen Familien, gewöhnt von der
Hand in den Mund zu leben, gehen dem sicheren Tode entgegen,
wenn ihnen keine Hülfe gebracht wird *). Zwei, drei Monate noch,
und diese Unglücklichen werden in ihren Zelten, auf dem Felde,
auf den Wegen Hungers sterben, oder sie kommen in die Städte,
um da, von den Qualen der Entbehrung erschöpft, auf Straßen und
Plätzen ihren letzten Seufzer auszuhauchen«.
Läßt sich nun gar nichts gegen diese Plage thun? Freilich,
••
aber man kann bei der Größe des Übels die Sache nicht der Privat-
thätigkeit überlassen, sondern einzig der Staat besitzt die nötigen
Mittel hierzu, ob er aber auch den Willen oder die Fähigkeit hat,
ist eine andere Frage. Die algerischen Behörden flößen einem in
der That nicht das nötige Zutrauen ein, wenigstens was die Sorg¬
falt der Ausführung anbetrifft. Das einzig wirksame Mittel, die
Plage zu unterdrücken, besteht in der Vernichtung der Eier, und
es ist auch in dieser Hinsicht bereits vieles geschehen. Im Jahre
1886 wurden vom 25. März bis 11. April auf einem Flächenraume
von 25,000 Hektaren bei 6840 Doppeldekaliter Eier zerstört, was
einen Aufwand von 156,380 Arbeitstagen erforderte; allein das genügt
nicht, man muß die Sache noch energischer betreiben. Als Beispiel
mögen hier die Engländer dienen, welche die Heuschreckenplage,
die vorher jedes Jahr Cypern heimsuchte, im Laufe von fünf Jahren
gänzlich ausgerottet haben. Ein militärisch organisirtes Heuschrecken¬
töterkorps gab sich mit der Verfolgung der Tiere ab, um genau
zu beobachten, an welchen Orten die Eier gelegt wurden ; sie be-
zeichneten alle diese infizierten Gegenden genau und machten sich daun,
wenn die Campagne vorüber war, an die systematische Vernichtung
der Eier. Außerdem wurden an 11,000 der oben beschriebenen
bangapperate mit einer Ausdehnung von 100 Kilometern zur Auf¬
stellung gebracht. Im Jahre 1883 wurden ca. 195 Millionen Heu¬
schrecken vernichtet, 1884 bei 56 Millionen und seitdem ist die
Plage gänzlich verschwunden. Die Kosten hierfür betrugen 1882
bis 1887 ca. 1 */2 Million Franken, was als gering erscheinen muß
angesichts der Thatsache, daß Cypern seitdem jährlich für 2 Millionen
Weizen, Gerste und Baumwolle mehr ausführt. Um eine Wieder¬
kehr des Übels zu verhüten, amtet übrigens das Heuschreckentöter»
*) Her hier mitgeteilte Brief datiert sich von Ende Juli ds. J,
313
korps auch jetzt noch weiter, eine Präventivmaßregel, die jährlich
80,000 Franken kostet.
Falls die Regierung von Algerien nicht findet, das einzige Mittel
sei, die Plage an sich selbst aussterben zu lassen, d. h. so lange
zuzuwarten, bis Algerien rattenkahl abgefressen ist, so daß die
Tiere durch sich selbst zu Grunde gehen, so wird ihr nichts anderes
übrig bleiben, als nach Art der Engländer auf Cypern einen förm¬
lichen Heuschreckendienst zu organisieren, der einerseits die Bewegung
der Schwärme sorgfältig kontrolliert, um die Orte, wo Eier gelegt
worden sind, behufs deren späterer Vernichtung genau zu verzeichnen,
und andererseits mit genügenden Fangapparaten ausgerüstet ist, um
das Vorrücken der jungen, noch nicht flugfähigen Schwärme in
wirksamer Weise zu verhindern. Aufgabe der Winterkampagne
würde sodann sein, die als Eierstätten verzeiclmeten Felder aufs
Genaueste zu durchgraben und alle Vorgefundenen Eier zu ver¬
nichten. Nur so wird es möglich sein, das Übel auszurotten und
seine Wiederkehr zu verhüten. Ob aber die algerischen Behörden
die nötige Energie hierfür besitzen, das steht noch sehr in Frage.
Brütet der Kuckuck?
Beantwortung1 der „Entgegnung“ der Herren K. und Ad. Müller
in Nr. 6 des „Zoologischen Garten“
von Ad. Walter.
Auf meinen Artikel »Brütet der Kuckuck?« im Journal für Ornithologie
Jahrgang 1889, Heft 1 ist von den Herren Gebrüder Müller im »Zoologischen
Garten« 1890 Nr. 6 eine »Entgegnung« erfolgt. Dieselbe, mitunterschrieben
vom Pfarrer Herrn K. Müller, verfaßt aber vom Oberförster Herrn Ad. Müller
in Krofdorf bei Gießen, wie schon die bekannte Sprache verrät, enthält
keine Widerlegung meiner Beweisgründe, sondern nur Angriffe auf meine
Person. Auf solche zu antworten, wird man mir nicht zumuten, wohl aber
wird der geehrte Leser dieser Zeitschrift Rechenschaft von mir fordern,
und deshalb wende ich mich nur an ihn, zugleich bemerkend, daß ich auf
weitere Angriffe des Herrn Müller kein Wort weiter in dieser Angelegenheit
erwidern werde. *)
Zuerst muß ich bemerken, daß der von mir verfaßte Artikel im Journal
für Ornithologie »Brütet der Kuckuck« nur auf Drängen der vielen Ornitho¬
logen, die alle von dem Irren des Herrn Oberförsters überzeugt waren, her¬
vorgegangen ist und von mir, bevor ich ihn dem Redakteur, Herrn Professor
Cabanis, übergab, einem befreundeten allgemeiu bekannten Fach-Ornithologen
zugesandt wurde mit der Bitte, mir aufrichtig mitzuteilen, ob er ihn zur
V Auch wir halten die Sache hiermit für erledigt,
Die Redaktion.
314
Publikation für geeignet halte. Ich sagte in dem Schreiben an diesei) Herrn
»eine Entgegnung, mag sie auch noch so zutreffend sein, wird mitunter vom
Gegner übel aufgenommen, wenn Sie also vermuten, daß ich durch die Ver¬
öffentlichung Unannehmlichkeiten haben könnte, behalte ich den Aufsatz zurück.«
Darauf erhielt ich eine Antwort, in der es am Schlüsse wörtlich heißt:
»Ich teile nicht die Befürchtung, daß Ihnen Arger aus der Sache entstehen
könnte; will Müller dann antworten, so kann er sich nur gegen Ihre klaren
und scharfen Beweismittel wenden und ich wüßte nicht, was er dagegen
Vorbringen wollte, um dieselben zu entkräften.« (Dies Schreiben ist noch
vorhanden.) Infolge dieser Antwort übergab ich meine »Erwiderung« dem
Redakteur Herrn Professor Cabanis.
Zur richtigen Beurteilung der heftigen Angriffe des Herrn Oberförsters
ist es notwendig, Kenntnis zu nehmen von meinem Artikel im Journal für
Ornithologie, weil die Schmähungen des Herrn Müller gerade da am stärksten
hervortreten, wo demselben eine Widerlegung nicht möglich war.
So habe ich z. B. auf Seite 44 unten »nur von einem soeben aus dem
Ei geschlüpften Kuckucke gesprochen. Solche Kuckucke sind kaum größer
als eine gewöhnliche Bohne und können sich nicht von der Stelle bewegen;
die einzige ihnen mögliche Bewegung besteht in einem Zucken mit den
Flügeln und einer schwachen Kopferhebung. Das sollte doch Herr Müller
wissen; trotzdem aber beschuldigt er mich in starker Ausdrucksweise der
Unkenntnis von dem Überbordwerfen der Nestjungen und Eier durch den
jungen Kuckuck.
Nun ich habe oft genug das Hinauswerfen von jungen Nestvögeln durch
den jungen Kuckuck beobachtet und beschrieben, z. B. schon vor 13 Jahren
im »Ornitholog. Centralblatt«, Jahrgang 1877 Seite 134, aber der junge
Kuckuck kann erst 3 Tage nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei sich so be¬
wegen, daß er imstande ist, einen kleinen Nestvogel auf den Rücken zu
nehmen und über Bord zu werfen; hier aber handelt es sich um einen eben
aus dem Ei geschlüpften Kuckuck.
Und sollte Herr Müller diese Htilfslosigkeit des eben dem Ei entschlüpften
Kuckucks nicht kennen? Fast scheint es so, da er auch nicht weiß, daß der
junge mehrere Tage alte Kuckuck niemals Eier aus dem Neste wirft, sondern
nur lebende kleine Vögel. Er muß aber doch schon bei anderen kleinen eben
aus dem Ei geschlüpften Vögeln bemerkt haben, daß sie sich nicht von der
Stelle bewegen können. Wozu also der ungerechte und ganz unpassende Vorwurf?
In der »Ornithologischen Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze
der Vogelwelt« habe ich in Nr. 8 des Jahrgangs 1888 über, das Seelenleben
und die Seelenkräfte der Vögel, über Anpassungsgabe und Vererbung bei den
Vögeln gesprochen, auch im »Ornithologischen Centralblatt« auf die Klugheit
der Vögel aufmerksam gemacht und im Jahrgang 1877 Seite 50 gesagt:
»Wer möchte bei solchem Treiben dem Vogel Verstand absprechen oder nur
Instinkt erkennen?«
Herr Müller ist im Besitz beider Zeitschriften, er führt sogar auf Seite
183 seiner Entgegnung eine Notiz von mir aus dem »Ornitholog. Centralblatt«
an und nennt sie »ein wahrer Geburtshelfer- und Wenn- und Aber-Commentar!«
Trotzdem also Herr M. weiß, wie ich über Instinkt denke, sucht er mich
mit dem mir angedichteten »göttlichen Instinkt« vor dem Leser lächerlich
315
zu machen. Wird nicht bei solchem Abweichen von der Wahrheit mancher
Leser Schlüsse ziehen auf die Mitteilungen des Herrn Müller über seiuen brü¬
tenden Kuckuck?
Auf Seite 186 beschuldigt mich Herr Müller, daß ich ihn hätte belehren
und regulieren wollen, was mir gar nicht eingefallen ist. Ich habe nur
berichtet, auf welche Weise ich in dem einen besonderen Falle zuwege ging,
um den alten Kuckuck zu belauschen. In anderen Fällen habe ich es anders
gemacht. Wie aber Herr Müller bisher alles, was ich ausgesprochen habe, in
das Gegenteil verwandelt hat, so macht er es auch hier wieder. Und was
das Merkwürdigste ist, nicht ich habe etwas von belehren geäußert — nein,
er spricht es geradezu aus, daß ich einen Lehrkursus durchmachen müsse.
Zuerst gibt er an, wie man sich nötigenfalls auf Händen und Füßen
kriechend, auch auf Umwegen nach der Niststelle begeben muß, daß man
aber nicht wie ich in einiger Entfernung (40 Schritt) von der Niststelle, unter
dichtem Gebüsch versteckt, stundenlang beobachtend, verweilen dürfe, dann
fährt er fort: »Herrn Walter empfehlen wir einen praktischen
Lehrkursus bei einem gewiegten »weidwerkenden« Forstmann zu bestehen,
ehe er einen alten erfahrenen Mann des Waldes und Jäger regulieren
will über Praktiken, die dieser als »naturwüchsiger Knabe« schon weit
besser verstand.«
Nun für die Empfehlung des Lehrkursus bin ich zwar Herrn Müller
sehr dankbar, kann jedoch wegen vorgerückten Alters mich nicht mehr zu
einem praktischen Lehrkursus entschließen. Dem geehrten Leser aber glaube
ich mitteilen zu sollen, daß ich schon als vierzehnjähriger Knabe mit allem,
was mir der Herr Oberförster empfiehlt, vertraut war, daß ich, 14 Jahre alt
täglich 15 Schock Dohnen zu begehen und in Stand zu halten hatte, daß ioh
in späteren Jahren von 1871 bis 1884, also 13 Sommer während des Juli bei
meinem Bruder, dem Königl. Oberförster Walter in Reiersdorf zubrachte, wo
ich oft genug zum Pürschen Gelegenheit fand, wo ich an Jagden auf Rehe,
auf Schwarz-, Rot- und Damwild teilnahm, auch zu anderer Jahreszeit in
den Wald zog, z. B. im Spätherbst zum Dachsgraben; und glaube noch weiter
mitteilen zu müssen, daß man in enem Reviere an einem Tage mehr
Edel- und Damwild 'sehen kann als beim Herrn Oberförster Müller im
ganzen Jahre.
Im vergangenen Jahre jagten die russischen, im Gefolge des russischen
Kaisers sich befindenden Fürsten in diesem Revier, während unser und der
russische Kaiser in den angrenzenden Gr. Schönebeker und Grimnitzer Revieren
die Jagd auf Rot- und Damwild abhielten.
Wenn man den Kuckuck wie das Wild durch Pürschen belauschen will,
kommt man nicht zum Ziele. Das wußte ich nicht nur schon vor mehr als
50 Jahren, wie Herr Oberförster von sich schreibt, — o schon vor mehr als
60 Jahren wußte ich als »naturwüchsiger Knabe«, daß alle Vögel, die
Schnepfe ausgenommen — im Walde aufgescheucht, nicht vom Erdboden aus
wie das Wild, sondern von oben herab aus den hohen Baumzweigen den
Menschen beobachten und daß dies namentlich auch dem »scheuen und vor¬
sichtigen« Kuckuck eigen ist, der also jedes Heranschleichen bemerkt. Ich
kann alsp in keinem Falle den Rat des Herrn Oberförsters befolgen.
31G
Aber aueh hier sehen wir wieder den grellsten Widerspurch: Einmal
bemerkt Herr Müller, wie unvorsichtig ich beim Beobachten des Nestes aus
dichtem Gebüsch verfahren wäre, mau müsse auf Händen und Füßen kriechend
sich dem Nistorte nähern, dann aber zeigt er wieder, daß er solche Vorsicht
für ganz unnütz hält, denn in dem Werke »Tiere der Heimat« und dann noch
einmal in der »Ornitholog. Monatsschrift des deutschen Vereins«, Jahrgang
1887 Seite 76 berichtet er, wie er beim Entdecken eines Nestes des Weiden¬
zeisigs, in welchem zwei junge Weidenzeisige, vier Eier desselben Vogels und
ein junger Kuckuck sich befanden, verfahren wäre. »Während des Verweilens
am Neste,« berichtet Herr Müller, »fällt uns das wiederholte Erscheinen zweier
Kuckucke in der Nähe auf, infolge dessen wir uns rasch zurückziehen. Gleich
darauf kommen die Kuckucke durchs Gebüsch tief an der Erde hergeflogen,
fußen in der Nähe des Nestes, und wir sehen, wie der eine derselben zwei
Eier aus dem Neste holt und heißhungrig verschluckt, die übrigen sodann
aus der Nestmulde samt einem jungen Weidenzeisig wirft. Der andere
Kuckuck kommt nun herzu und würgt rasch hintereinander die eben her¬
ausgeworfenen Nestvögel, sowie eins der noch übrigen Eier, wie vorher
sein Begleiter.«
Also »gleich darauf« unmittelbar nach dem Zurückziehen und aus nächster
Nähe beobachtet Herr Müller die Kuckucke am Nest, denn Eier des Weiden¬
zeisigs sind kaum größer als eine Erbse und also doch höchstens auf
10 Schritt Entfernung erkennbar. Ein Fernrohr kann dabei keine großen
Dienste leisten.
Nun das sind allerdings nicht »scheue« Kuckucke, wie sie hier Herr
Müller vorführt und ich nenne sie mit Kecht »zahme« Kuckucke, »wie sie mir
nie und nimmer Vorkommen in den Gebieten, die ich durchforsche.« —
Herr Müller schreibt in Klammern dabei »Mustergebiete,« aber nicht in
wohlwollendem Sinne — trifft aber den Nagel auf den Kopf. Ganz richtig!
Mustergebiete sind es, die ich alle Jahre besucht habe, obgleich sie 60 und
mehr Meilen von meinem Wohnort entfernt liegen; denn in so großer Anzahl,
wie dort der Kuckuck vorkommt, habe ich ihn noch nie anderswo getroffen.
Hier ist er ungestört, niemand darf ohne Erlaubnis den Wald betreten; hier
wird kein Kuckuck verfolgt. Deshalb kehren die dort das Fortpflanzungs¬
geschäft betreibenden Weibchen und auch die Männchen jedes Jahr in ihr
altes Heim zurück, gerade so wie es beim Altmeister Naumann war, der 17
Sommer ein und denselben Kuckuck, den er an der ganz abnormen Stimme
wieder erkannte, in seiner Besitzung sah. Und solcher Mustergebiete waren
es drei, die ich alle Jahre besucht habe, das eine in Pommern, die anderen
in Brandenburg gelegen.
In solchen Gebieten kann man leicht und schnell die Kenntnis erlangen,
daß das Kuckucksweibchen stets die Nester ein und derselben Vogelart auf¬
sucht und daß die Nachkommen ebenso verfahren.
Wenn mich nun auch die vielen gehässigen Ausdrücke des Herrn Müller
sehr kalt gelassen hab’en, so bedaure ich doch sehr, daß Herr Müller die mir
und allen praktischen Forschern längst bekannte Thatsache, daß ein und
dasselbe Kuckucksweibcben stets gleichgefärbte und geformte Eier legt, um¬
zustoßen versucht. Ich bedaure das besonders deshalb, weil mancher der
geehrten Leser, der nicht Gelegenheit hat, den Kuckuck in seinem Fort-
pflanzungsgeschäft zu beobachten und doch genaue Kenntnis über dasselbe zu
erlangen wünscht, durch die Behauptung des Herrn Müller irre geleitet
werden kann.
Daß Herr Müller noch nicht wissen sollte, daß ein und dasselbe Kuckucks¬
weibchen stets gleichgefärbte und geformte Eier legt, ist undenkbar. Zu
solcher Erkenntnis braucht man nicht Jahrzehnte, sondern erfährt das in
passenden Gegenden in einem Jahr und wenn Herr Müller nur einige
Kuckuckseier selbst gefunden hat, weiß er das so gut, wie alle praktischen
im Freien beobachtende Ornithologen. Es würde das aber gegen seine drei
verschiedenen, in einem Neste gefundenen sogenannten Kuckuckseier sprechen.
Wenn Herr Müller sagt: »Er (Walter) wird wohl auf immer den unmit¬
telbaren Beweis auf Thatsachen aus direkten Beobachtungen heraus schuldig
bleiben, daß erstlich ein und dasselbe Kuckucksweibchen stets gleichgefärbte
Eier lege, und zweitens diese der Regel nach einer Art zuschiebe,« so spricht
Herr Müller gegen seine Überzeugung und rechnet darauf, daß die Leser
seiner »Entgegnung« meinen Artikel »Brütet der Kuckuck?« im Journal für
Ornithologie nicht gelesen haben, denn dort ist gerade der Beweis nur auf
»Thatsachen aus direkten Beobachtungen heraus« gegründet, genau so, wie
ihn Herr Müller verlangt.
Und ebenso sind alle meine seit 14 Jahren im »Journal für Ornithologie«
im »Ornithologischen Centralblatt«, in der »Monatsschrift des deutschen Ver¬
eins zum Schutze der Vogelwelt«, in der »Zeitschrift für die gesamte Ornitho¬
logie« etc. veröffentlichten Berichte nur auf »Thatsachen aus direkter Beob¬
achtung heraus« gegründet.
Ich kann hier nicht die vielen Beweise, wie ich sie dort gegeben, auf¬
führen und will nur noch besonders auf das eine Vorkommnis, bei dem ich
das Kuckucksweibchen selbst beobachten konnte, aufmerksam machen. (Siehe
Seite 41 meines Artikels im Journal für Ornithologie« und Oktoberheft 1876
des »Journals für Ornithologie«.)
Wie oft habe ich den Wunsch gehegt, einen Ornithologen als Begleiter
zu haben, wenn ich auf derselben Stelle, ja sogar in demselben Busch, wo ich
im vergangenen Jahre ein auffallend gefärbtes Kuckucksei fand, wieder ein,
zwei, auch drei der im vergangenen Jahre gefundenen ganz gleiche Kuckucks¬
eier in geringer Entfernung voneinander entdeckte, die in der Regel in
Zwischenpausen von 7 Tagen gelegt wurden, wie ich mehrmals bei längerer
Anwesenheit in Reiersdorf erfahren konnte. Auch noch in diesem Jahre machte
ich solche Beobachtung, über die ich später berichten werde.
Es steht also fest, wie jeder Forscher weiß, der sich mit dem Fort¬
pflanzungsgeschäft des Kuckucks vertraut gemacht, d. h. nicht seine Kenntnis
aus Büchern allein, sondern auch aus aufmerksamem Beobachten in der
Natur geschöpft hat, daß das Kuckucksweibchen stets wieder den früheren
Brutort aufsucht und stets das gleiche Ei legt.
Zu solchen gründlichen und gewissenhaften Beobachtern gehört unstreitig
auch der hier ansässige Herr Ochs, der — was ihm sehr zu statten kommt
— am Beobachtungsorte selbst, im Habichtswalde bei Wilhelmshöhe Grund¬
besitz hat. Er kennt die hiesigen Vögel wie kein anderer, hat das Thun und
Treiben des Kuckucks genau beobachtet und weiß bestimmt, ob seine alten
Freunde wiedergekehrt sind oder nicht und ob ein neues Weibchen sich an-
gesiedelt hat. Er erkennt das mitunter an der Färbung des Kuckucks, viel
sicherer aber an der Farbe der Eier.
Die verschiedenen Kuckucksweibchen legen auch gerade hier sehr ver¬
schiedene Eier, aber ein und dasselbe Kuckucksweibchen bringt stets die
gleichen Eier jedes Jahr, mag auch die Nahrung des Kuckucks noch so ver¬
schieden sein. Im vorigen Jahre hauste z. B. in Beiersdorf die Nonnenraupe,
die dem Kuckuck reichliche Nahrung bot, dieses Jahr fehlt sie; die Kuckucks¬
eier waren aber bei ein und demselben Weibchen von derselben Farbe und
Form in diesem wie im vergangeneu Jahr.
Doch wozu noch weitere Auseinandersetzung? Das Gesagte ist jedem
wirklichen Kuckuckskenner bekannt und jeder Kenner weiß auch, daß ebenso
wie verschiedene Kuckucksweibchen verschiedene gefärbte Eier legen, solche
verschiedene Eier auch beim Würger, beim Baumpieper u. s. w. Vorkommen,
aber in ein und demselben Würgernest liegen nicht rot- und grüngrundige
Eier zugleich. Dasjenige Weibchen, welches rote Eier legt, legt nicht auch
grüne. Es paßt also hier wieder die Bemerkung des Herrn Müller, »ob ich
mir denn noch nie die verschiedenen Eier des Würgers etc. angesehen hätte,«
gar nicht.
Daß ich hinsichtlich der erwähnten Gleichheit der Kuckuckseier bei ein
und demselben Weibchen einige Erfahrungen gesammelt haben muß, wird der
geehrte Leser als sicher annehmen, sobald er erfährt, daß ich nach kürzlich
angestellter genauer Durchsicht meiner diesbezüglichen Notizen in den letzten
beiden Jahrzehnten 284 Kuckuckseier und einige 50 junge Kuckucke in Nestern
entdeckt habe.
Jeder Unbefangene wird nun wohl eingesehen haben, daß alles von Herrn
Ad. Müller gegen mich Vorgebrachte ungerechtfertigt war, was auch jeder
Nichtkenner des Kuckucks von Anfang an beim Lesen der »Entgegnung«
des Herrn Müller vermutet haben wird, sobald ihm die Schmähungen zu Ge¬
sicht kamen, die ja stets ein Beweis der Schwäche sind.
Korrespondenzen.
Darm stad t, im September 1890.
Zur Überwinterung insektenfressender Vögel. — Mitte Oktober
vor. Jrs. erhielt ich gleichzeitig und unerwartet einen Schwarzkopf ( Sylvia
atricapilla ), ein Rotkehlchen ( Dandalus rubecula) und eine weiße Bachstelze
(Motacilla alba ) — bekanntlich ein wenig verträgliches Kleeblatt. Trotzdem
nahm ein Käfig sie auf. Derselbe hat nur eine Länge von 65 cm bei einer
Höhe von 40 cm und einer Tiefe von 30 cm, ist also kaum zum etwaigen
Ausweichen geschaffen und stammt noch aus der guten Großvaterzeit, welche
oft mehr praktisch als solid arbeitete. Eine Leinendecke fehlt nicht, auf einer
Seite ist ein geräumiger, drehbarer Erker für den Wassernapf und auf der
anderen schiebt sich ein viergeteiltes Tröglein ein. Die Lade ist ganz aus
Holz mit entsprechender Leisteneinfassung und die ganze innere Ausstattung
besteht aus 4 Sprunghölzern und einem rauhen Kieselsteine. Für hohe Be-
819
sandung wird gelegentlich der alltäglichen Säuberung gesorgt. Immergrüne
Topfstauden rahmen den genau in Augenhöhe hängenden Käfig ein und seine
Insassen befinden sich ständig in der allzu lebhaften Gesellschaft eines großen
Fluggebauers auf kaum einige Schritte gegenüber, haben also Anregung und
Unterhaltung aus erster Hand. Das Zimmer ist nicht heizbar.
Nur wenige Tage waren die Vögel in meiner Pflege, als ich bei der
Mittagsfütterung das Rotkehlchen bereits als teilnahmlosen Federball in der
Ecke fand. Trauer um die verlorene Freiheit und Unbehagen über die Mit¬
gefangenen hatten ihm wohl gleichmässig zugesetzt. Der Todeskandidat erhielt
sofort als letzten Rettungsversuch die Zimmerfreiheit mit den vielen lauschigen
Verstecken eines Wintergärtchens.
Am ersten Tage kam kein Rotkehlchen in Sicht, am zweiten und dann
eine Woche hindurch erschien es, aber immer noch mit sehr struppigem Ge¬
fieder, hielt sich ausnahmslos am Boden auf, nahm aber in jeder Menge die
letzten, am warmen Küchenherde regelmäßig gefangenen Fliegen und auch
Mehlwürmer an und nicht lange währte es, so war das Vögelchen kerngesund
und nebenbei so zahm, daß der Ruf Buß es aus jedem Winkel sofort hervor¬
brachte und es mir durch die Zimmer folgte. Aber die Freude konnte nur
kurz sein, denn alle die vielen offenliegenden Sachen, denen kein anderer Platz
gegeben werden konnte, wurden neugierig besucht und mit einem unliebsamen
Denkzeichen versehen. Also wurde es den früheren Genossen wieder beigesellt.
Es kam zu einem ganz leidlichen Verhältnisse. Immer waren die drei wohlauf.
Ein vorbehaltenes Plätzchen für jeden Kopf war Gegenstand freier Überein¬
kunft und bei den kritischen Mahlzeiten ist vorbeugende Ablösung zur Stunde
noch stillschweigende Regel. Als die Zeit der frischen Fliegen gänzlich vor¬
über, kamen getrocknete zur Verwendung. Beeren, dieser magere, viel zur
Unterhaltung dienende Notbehelf, waren immer ausgeschlossen. Regelmäßige
Tagesgabe, unvermischt verteilt in die 4 Fächer des Trögelchens, bestand aus
alltäglich frisch eingeweichtem, stark ausgepreßtem, altbackenem Milchweck,
stets frisch geriebener Möhre, nicht aufgequellten Ameisenpuppen und karger
Eikonserve. Mehlwürmer gab es nur selten.
Ungemein unterhaltend war es, wenn die 3 Vögelchen gleichzeitig mit
der Beharrlichkeit von Kindern, die um ein Äpfelchen betteln, den vorgehaltenen
Wurm durch das Drahtgitter zu erreichen strebten und mit welchem Wohl¬
behagen ihn dann schließlich der gerade glückliche kleine Schelm hinunter¬
schlürfte. — Eduard Rüdiger.
Kleinere Mitteilungen.
Die Hunde in Berlin. In Berlin werden nach Berichten dortiger
Blätter 39,901 Hunde gehalten; davon zahlen Steuer 36,677, die anderen 2924
sind steuerfrei. Unter letzteren sind 1612 Kettenhunde, 1134 Zughunde, 36
Hunde in Besitz des Personals auswärtiger Gesandtschaften, 58 Hunde von
armen, taubstummen oder schwerhörigen Personen etc.
3 2Ö
Litte r atu r.
Über Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit, mit besonderer
Berücksichtigung ihrer Fauna. Von Dr. Alfred Ne bring, Professor
der Zoologie und Vorsteher der zoologischen Sammlung an der Kgl. land¬
wirtschaftlichen Hochschule in Berlin. Mit einer Abbildung im Text und
einer Karte. Berlin 1890. Dümmler.
Der durch seine Arbeiten über diluviale und recente Säugetiere wohl-
bekannte Verfasser, welcher sich seit Jahren mit Vorliebe dem Studium der
Tundren und Steppen mit ihrer eigenartigen, charakteristischen Fauna widmete,
liefert uns in dem vorliegenden Werk eine zusammenfassende Arbeit über
jene so oft falsch aufgefaßten Bildungen der Erdoberfläche samt ihren Be¬
wohnern aus dem Tier- und Pflanzenreiche, wie wir sie jetzt finden und wie
sie vor Jahrtausenden in unserm Vaterlande sich ausdehnten. Gestützt auf
die in Bezug auf die genannten Gebiete maßgebenden Autoren schildert uns
der Verfasser die Tundren oder arktischen Steppen, sowie die subarktischen
Steppen Rußlands und Westsibiriens und geht dann nach allgemeineren Be¬
trachtungen über Klima und Fauna der Glacial- und Postglacialzeit zu den
ehemaligen Tundren und Steppen Mittel- resp. Westeuropas über. In geist¬
reicher Weise wird aus der an zahlreichen Fundorten im mitteleuropäischen
Diluvium nachgewiesenen Fauna insbesondere der Lemminge, Springmäuse,
Ziesel und anderer ausgesprochener Steppentiere mit überzeugender Schärfe
unwiderleglich nachgewiesen, daß »während der Glacialperiode bezw. im
unmittelbaren Anschluß an dieselbe einerseits arktische Steppen oder Tundren,
andererseits subarktische Steppen oder doch steppenähnliche Distrikte mit
subarktischem Klima in Mitteleuropa« vorhanden waren — eine Anschauung,
welche der Verfasser bereits früher vertreten hatte, die aber von verschiedenen
Seiten angefochten wurde. Das zusammenfassende vorliegende Werk wird die
schon jetzt von zahlreichen Forschern, z. T. auch früheren Gegnern, geteilte
»Steppentheorie« Nehrings zu allgemeiner Gültigkeit bringen. Durch das
Eingehen nicht nur auf das zoologische, sondern auch auf das botanische,
geographische, paläoritologische und geologische Gebiet ist die Arbeit gleich
wertvoll für die Forscher aller genannten Disziplinen, wie es auch anderer¬
seits durch die ansprechende, allgemein verständliche Form für weitere Kreise
der gebildeten Welt geeignet und empfehlenswert ist.
Dr. Er nst Sch äff.
Eingegangene Beiträge.
T. B. in R. — F. W. in W. — A, S. in W. — E. R. in D. — H. S. in B.: Indem ich
Ihnen zu der neuen Stellung Glück wünsche, sage ich Ihnen zugleich für die ausgesprochene
freundliche Gesinnung Dank. — R. v. L. in J. — Dr. H. in St. P. —
Bücher und Zeitschriften.
O r n i s. Zeitschrift für die gesamte Ornithologie. Herausgegeben von Prof. Dr. R. Blasi u s
u. Prof. Dr. G. v. Hayek. VI. Jahrg. Heft II u. III. 1890. Wien. Carl Gerolds Sohn.
Bronns Klassen u. Ordnungen des Tierreichs. 6. Band, III. Abteilung. Reptilien
von Prof. Dr. C. K. Ho ff mann. 09 Lieferg. Leipzig u. Heidelberg. C. F. Winter.
Dr. Karl Eckstein. Zur Biologie der Gattung Lyda. Mit l Taf. 1890. Zologische
Jahrbücher. 5. Band. Jena. Gust. Fischer 1890.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahluu (Fa. Mahlau & Waldschmidt). Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.
N°- 11. XXXI. Jahrgang. November 1890.
Inhalt.
Wie entstehen neue Arten von Tieren und Pflanzen? von R. von Lenden fei d. —
Zwei gefangene Könige: von Ed uard Rüdiger. — Lebensweise einiger nordafrikanischer
Reptilien in Gefangenschaft; nebst Bemerkungen über andere südliche Arten von Dr. phil.
Franz Werner in Wien. — Zufällige Verschleppung eines Landeinsiedlerkrebses nach
St. Petersburg; von S. Herzenstein. — Im zoologischen Garten zu Basel; von Ernst
Fried e 1. — Korrespondenzen. — Kleinere Mitteilungen. — Litteratur. — An unsere Leser
und Mitarbeiter. — Eingegangene Beiträge. — Bücher und Zeitschriften.
Wie entstehen neue Arten von Tieren und Pflanzen?
Von R. von Lendenfeld.
«
Obwohl diese Frage durch die allgemein anerkannte Zuchtwahl¬
theorie Darwins längst beantwortet ist, so herrschen doch unter den
Biologen große Meinungsverschiedenheiten über die Art und Weise,
in welcher die Zuchtwahl zur Entstehung neuer Tier- und Pflanzen¬
arten führt. Diese haben zu einem Federkriege Anlaß gegeben, der
schon seit Jahren, besonders in England, mit Heftigkeit geführt
wird. Der Streit selbst, sowie die wissenschaftlichen Resultate,
die er zu Tage gefördert hat, sind, wie ich glaube, interessant genug,
um eine kurze Skizze einiger der verschiedenen, gegenwärtig über den
Modus der Zuchtwahl vertretenen Anschauungen an dieser Stelle zu
rechtfertigen.
Wir wollen uns zunächst jenen zuwenden , die die Ideen
Lamarck’s mit unseren gegenwärtigen Kenntnissen in Einklang
zu bringen suchen und als causa efficiens der Entstehung neuer
Tier- und Pflanzenarten hiustellen. Sie nennen ihre Theorie
Neolamarckismus und gehen von der Idee aus, daß die Eigen¬
schaften, welche ein Individuum erwirbt, aufseine Nachkommen
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 21
— 822
übertragen werden. Diese Erblichkeit erworbener, nicht er¬
erbter Eigenschaften ist die Grundlage des Neolamarckismus.
Wenn ein Organ, wie z. B. ein Muskel, häufig und stark
gebraucht wird, so nehmen Kraft und Größe desselben zu. Anderer¬
seits verkümmern Organe infolge von Nichtgebrauch : unbeniitzte
Muskeln werden schwach und klein. Nun behaupten die Neola-
marckier, daß solche individuelle, durch Gebrauch und Nichtge¬
brauch von Organen erworbene Eigentümlichkeiten auf die Nachkom¬
men vererbt würden. Besonders deutlich solider Effekt dieser Ver¬
erbung dann hervortreten, wenn viele Generationen hindurch die
gleichen Organe stark gebraucht, und die gleichen nicht gebraucht
werden. Der intensive, durch viele Generationen hindurch fortgesetzte
Gebrauch eines Organs führe zu einer Kräftigung und höheren Ent¬
wicklung desselben in aufeinanderfolgenden Generationen, während
das Endresultat des Nichtgebrauchs einer Organgruppe Rudimentär¬
werden und schließlich Schwund derselben sein sollte. So verlören
die, unter der Erde in finsteren Höhlen und in den abyssalen Tiefen
des Meeres lebenden Tiere ihre Augen infolge des Nichtgebrauchs,
so erlangte der viel fliegende Albatros seine mächtigen Schwingen
und so die wehrlose, nur durch die Schnelligkeit ihrer Flucht vor
ihren zahlreichen Feinden geschützte Antilope ihre außerordentliche
Behendigkeit.
Beim ersten Anblick hat diese Anschauung viel für sich, aber
ein tieferes Studium zeigt, 1. daß alle Erscheinungen der Lebewelt,
welche durch diese Theorie erklärt werden, ebensogut auch in ganz
anderer Weise zu stände kommen können; und 2. daß gewisse
Beobachtungen die Unrichtigkeit dieser Theorie von der Vererbung
erworbener Eigenschaften direkt beweisen.
Das Rudimentär werden und der Schwund der Augen bei Tieren,
welche sich gewöhnt haben in der Finsternis zu leben, sowie alle
anderen Fälle rückschreitender Metamorphose in aufeinander folgen¬
den Generationen werden keineswegs durch den Nichtgebrauch,
sondern in ganz anderer Weise veranlaßt. Verläßt ein Tier das
Licht und gewöhnt es sich in der Dunkelheit zu leben, so sind
seine Augen nutzlos geworden. Sie erfordern aber zu ihrer Er¬
haltung Nahrung und zwar umso weniger, je kleiner und rudimen¬
tärer sie sind. Im Kampfe ums Dasein zwischen den Brüdern —
das ist ein Kampf um die Nahrung — werden die, mit den
schlechtesten, am wenigsten Nahrung erfordernden Augen ausge¬
statteten Individuen am besten daran sein, denn sie bedürfen zu
323 —
ihrer Erhaltung weniger als die anderen, und sehen kann ohnedies
keiner was. So züchtet sich eine Rasse mit kleineren Augen und
immer kleinereu, bis die Augen verschwunden sind. Alle über¬
flüssig gewordenen Organe müssen in dieser Weise aus ökonomischen
Rücksichten zu Grunde gehen.
Die angeblichen positiven Wirkungen des Gebrauches von
Organen sind leicht als Ergebnisse der einfachen Auslese des
Passendsten erklärlich. Für die Ernährung des Albatros ist es
notwendig, daß er viel fliegt. Der mit den besten Flügeln ausge¬
stattete Albatros wird im Kampfe mit den Brüdern den Sieg davon
tragen. Eine großflüglige Rasse wird sich züchten. Und diese
Rasse wird die erlangte Großflügeligkeit behalten, weil die Auslese
immer noch andauert uud ein Kleinerwerden der Flügel von üblen
Folgen und dem Unterliegen im Kampfe ums Dasein begleitet wäre.
Gauz so erlangen die Antilopen ihre Behendigkeit. Eine behende
Rasse züchtet sich uud erhält sich, weil die Ursachen, welche
anfänglich zur Züchtung der Rasse führten, fortfahren auf die
fertige Rasse einzuwirken.
Die Thatsache, daß die, seit mehr denn hundert Generationen
übliche Beschneidung der Juden heute noch gar keine anatomische
Wirkung hervorgebracht hat, reicht hin, um die Unrichtigkeit der
gauzen Theorie zu zeigen.
Darwin selbst hat auf die Vererbung erworbener Eigenschaften
wenig Gewicht gelegt und ist von dem Grundsatz ausgegaugen, daß
die thatsächlichen Unterschiede zwischen Eltern und Kindern einer¬
seits und den Geschwistern untereinander andererseits, durch Zufall
zu stände kämen, daß die Variiruug gewissermaßen eine blinde sei
und nicht von Gebrauch oder Nichtgebrauch der Organe der Eltern
abgeleitet werden könnte.
An diesen zufällig entstandenen Verschiedenheiten der Ge¬
schwister findet die Zuchtwahl dann ihre Handhabe.
Gegen die Zufälligkeit der Variation muß natürlich pro¬
testiert werden, denn es gibt ja, wie ein jeder weiß, keinen Zufall.
Darwin selbst hat das wohl auch erkannt. Er will, wenn er von
Zufall spricht, nur sagen, daß sich die Variations - Ursachen der
Beobachtung entziehen. Jedenfalls läugnete er die Existenz irgend
einer Tendenz des Organismus, sich im Laufe aufeinander folgender
Generationen in vorherbestimmter Weise abzuändern.
Nun gibt es einige Biologen, welche behaupten, daß eine solche
Tendenz besteht, daß Organe sich anlegen und im Laufe aufeinander-
— 324
folgender Generationen sich weiter entwickeln lange bevor sie
noch dem Organismus, dem sie angehören, irgend welchen Nutzen
bringen können. Besonders ist es der Herzog von Argyll, der
diese Anschauung mit großem Eifer vertritt, obwohl die Biologen
von Fach schon zu wiederholten Malen seine Theorie geköpft,
gevierteilt und ihr auf jede mögliche Weise den Garaus gemacht haben.
Die Entwicklung eines nutzlosen Organs ist ganz undenkbar.
Der Herzog hat noch nie auf eine Bildung hinweisen können, welche
als ein solches, bis nun noch nutzloses, im status nascendi befind¬
liches Organ zu deuten wäre.
Andererseits muß aber zugestanden werden, daß es nicht leicht
scheint zu verstehen, wie Organe überhaupt — ohne solche Tendenz
— zustande kommen können, da sie allmählich sich bilden und daher
anfänglich noch nicht ihre Funktion ausüben können. Man kann
jedoch diese Schwierigkeit überwinden, wenn man in Erwägung
zieht, daß das lebendige Protoplasma des einfachsten Urwesens
schon alle jene Leistungen verrichtet, welche von den specialisierten
Organen höherer Tiere ausgeübt werdeu. Dieses Plasma war
empfindlich für Licht. Die Lichtempfindlichkeit konzentrierte sich
auf einen Teil desselben und aus diesem Teil wurde das Auge.
Ebenso verhielt es sich mit allen anderen Organen.
Da jede Ursache eine bestimmte Wirkung haben muß, so ist
ja im wahren Sinne des Wortes alles schon vorherbestimmt und
der Herzog hat daher nicht unrecht, wenn er von prophetischen
Keimen, in späteren Generationen zur Entwicklung zu gelangender
Organe spricht.
Von vielen der hervorragendsten Biologen wird in neuerer
Zeit eine ganz andere Tendenz in der Entwicklung der Organe
angenommen, die Tendenz nämlich, sich rückzubilden. Eine
solche Tendenz besteht in der That und ihre Ursache ist die
Schwierigkeit der Ernährung der Organe. Jeder Organismus wird
••
durch den Kampf ums Dasein zu möglichster Ökonomie gezwungen
und die Zuchtwahl bewirkt es, daß jedes einzelne Organ nicht mehr
Nährmaterial und gespeicherte Kraft verbraucht , als unbedingt
nötig ist. Jedes Organ, welches größer und besser als notwendig
ist, muß sich infolge der ökonomischen Zuchtwahl rückbilden
und kleiner werden; ist es einmal ganz nutzlos geworden, so muß
es schließlich ganz schwinden. Die Ökonomie ist die Ursache der
Tendenz der Organe kleiner zu werden.
325
Dieser Tendenz entgegen arbeitet stetig die direkte Zuchtwahl,
welche eine Vergrößerung und Verbesserung aller nützlichen, fort¬
während gebrauchten Organe bewirkt. Die Folge dieser entgegen¬
gesetzten Einwirkungen auf die Organismen ist ihre Anpassung,
zu welcher die rückschreitende Veränderuug der Organe ebenso
beiträgt wie die vorschreitende.
Erst in neuester Zeit hat man begonnen, den Keimzellen :
Eiern und Sperma jene Bedeutung für die Entstehung neuer Arten
zuzuerkennen, welche ihnen gebührt. Darauf hingewiesen zu haben,
daß die Mischung der Keimzellen, die Befruchtung oder Konjugation
den allergrößten Einfluß auf die Entstehung neuer Tierarten aus¬
übt, ist das Verdienst Weismanns.
Überall in der Natur finden wir Einrichtungen, deren Zweck
es ist, Sebstbefruchtuug und Inzucht zu verhindern ; Einrichtungen,
welche zwar großartige Verschwendung von assimiliertem Material
(z. B. Pollen der Föhren) zur Folge haben, aber häufige Kreuzung
bewirken. Die »Ausgaben« (Verschwendung von Sperma und
Pollen), welche die Tiere und Pflanzen zum Zwecke der Ermög¬
lichung von Kreuzung machen, sind ein Maßstab für den Wert,
den die häufige Kreuzung für die Organismen hat.
. Die Verschiedenheiten unter den Geschwistern sind sicher schon
in den befruchteten Eiern, aus denen sie hervorgegangen sind, vorhanden.
Es liegt wohl die Annahme nahe, daß die Keimzellen, die aus einem
Individuum hervorgehen, nur wenig voneinander abweicheu. Wenn
also Kinder derselben Eltern doch voneinander verschieden sind,
so hat das wohl darin seine Ursache, daß sich bei den Befruchtungen,
welche zur Entstehung der verschiedenen Kinder geführt haben, Ei
und Sperma-Kernsubstanz in verschiedener Weise gemischt haben.
Nun werden aber solche Mischungsdifferenzen zu um so bedeuten¬
deren Abweichungen Anlaß geben, je größer die Verschiedenheit
zwischen Spermakern und Eikern ist. Je geringer die Verwandt¬
schaft der Eltern, um so größer die Verschiedenheit der Substanz
der Kerne ihrer Keimzellen und um so weiter der Spielraum, iu welchem
Mischungsverschiedenheiten der beiden Unterschiede zwischen den
Geschwistern erzeugen können.
Der Zweck der Kreuzung ist also die Erzielung möglichster Ver¬
änderlichkeit. Die Unterschiede zwischen den Geschwistern ermög¬
lichen es der Zuchtwahl, verändernd auf die aufeinanderfolgenden
Generationen der Tiere und Pflanzen einzuwirken. Je größer also
die Unterschiede zwischen den Geschwistern einer Familie sind,
326
um so rascher und besser wird sich diese Familie an veränderte
Existenzbedingungen anpassen können und es wird, wenn bedeutende
Änderungen der Existenzbedingungen eiutreten, die durch Kreu¬
zung veränderlich gemachte — möchte sagen »liberale« — Familie
eine viel bessere Aussicht haben sich auzupassen und zu erhalten
als weniger veränderliche, »konservative« Familien. Sei es durch
Änderungen des Klimas, sei es durch das Auftreten neuer Feinde,
welche Auswanderung oder Abwehr notwendig machen: jedenfalls
werden häufig beträchtliche Änderungen der Existenzbedingungen
• •
eintreten. Die »liberalen« Familien überdauern solche Änderungen,
indem sie sich denselben anpassen. Die Konservativen gehen dabei
zu Grunde. Es ist demnach die Kreuzung von der allergrößten
Wichtigkeit für die Organismen, ja ein sine qua non ihres Fort¬
bestandes. Inzucht führt Degeneration nicht direkt herbei, wie
vielfach angenommen worden ist, sondern verringert nur die Varia¬
bilität und damit die Anpassungsfähigkeit, ohne welche sich kein
Organismus, weder Pflanze, Tier noch Mensch, auf die Dauer
erhalten kann.
Wegen ihrer großen Nützlichkeit wurde die Vermehrung durch
Kreuzung durch die Zuchtwahl ausgebildet.
Wir haben gesehen, daß die Art der Mischung der Keimzelleli-
kerne von größter Bedeutung für die Entstehung von Unterschieden
zwischen den Geschwistern, das heißt, also von individuellen
Eigentümlichkeiten ist. Solche Eigentümlichkeiten sind nicht
erworbene, sondern angeborene, und zeichnen sich vor den erwor¬
benen durch ihre Erblichkeit aus. In der That sind sie es, welche
durch Steigerung zur Ausbildung neuer Charaktere, zur Entstehung
neuer Arten führen.
Die Annahme scheint wohl gerechtfertigt, daß äußere Umstände
auf die Mischungsart der Keimzellenkerne ein wirken. Die letzteren
also sind Ursache der Entstehung jener individuellen erblichen Eigen¬
tümlichkeiten. Gewiß wirken äußere Umstände den Gesetzen der
Logik und Mathematik gemäß stets in gleicher Weise auf die Keim¬
mischung ein. Auch hierauf könnte die Zuchtwahl ein wirken und
zwar so, daß die Keimmischung zweckmäßig durch äußere Um¬
stände beeinflußt werde.
Es ist dieses eine besonders interessante, aber freilich etwas
schwierig zu verfolgende Sache. Da, wie ich glaube, noch niemand
hierauf hingewiesen hat, will ich mich genauer darüber aussprechen.
\
327
Die Puppen gewisser Schmetterlinge (Vanessa) passen ihre
Farbe der Umgebung an, und zwar so, daß wenn man Sch wester¬
raupen in verschiedenfarbigen Schachteln sich einpuppen läßt, die
Puppen stets eine ähnliche Farbe erlangen wie die Schachtel. Diese
farbliche Anpassungsfähigkeit ist sehr nützlich und jedenfalls durch
Zuchtwahl erworben. Geradeso nun wie hier eine Anpassungs¬
fähigkeit erworben wurde, könnten auch andre Anpassungs¬
fähigkeiten — außer den direkten Anpassungen — durch Zuchtwahl
erworben werden. Von solchen Fähigkeiten wäre aber diejenige die
allerwertvollste, welche zu einer zweckmäßigen Einwirkung äußerer
Umstände auf die Keimmischung führte. Eine solche Wirkung
könnte Gebrauch- und Nichtgebrauch von Organen, Nahrungsmaugel
Temperatur und dergleichen ausüben.
Die ganze Zuchtwahltheorie ruht auf der Thatsache, daß man
durch eine, viele Generationen hindurch wiederholte Auslese extremer
Formen künstlich neue Rassen züchten kann. Dieses Experiment
stellen die Landwirte stets mit Erfolg an, und Darwin selbst hat
es an der Taube mit großer Sorgfalt durchgeführt.
Nun entstehen durch diese künstliche Zuchtwahl allerdings neue
Rassen, aber die Beobachtung lehrt, daß dieselben keine Beständigkeit
haben und zur Ahnenform zurückkehren, sobald die künstliche
Auslese aufhört.
Gleichwohl hat Darwin angenommen, daß neue Arten wilder
Tiere genau so entstehen, wie künstliche Rassen. Diese Annahme
ist allgemein anerkannt worden, uud man hat das Aufhören von
künstlichen Rassenmerkmalen nach dem Verwildern damit erklärt,
daß die Rassenmerkmale aus dem Grunde leicht abgelegt werden können,
weil die Rasse nur wenige Generationen hindurch bestanden hat
und daher nicht Zeit hatte, ihre Eigentümlichkeiten zu »fixiren.«
Wodurch aber eine solche Fixierung von Merkmalen bei langem
Bestände einer Rasse zu stände kommen soll, ist nicht recht klar,
und in der Tbat müssen wir eine ganz andre Erklärung für die
Erklärung des Rückschlages, der bei Verwilderung domestizierter
Tiere beobachtet wird, suchen.
Es zeigt sich, daß eine Fixierung von Eigentümlichkeiten durch
lange fortgesetzte Uriveränderlichkeit der Art überhaupt nicht statt¬
findet, und daß eine jede Art ebenso wie jede künstliche Varietät
sich sogleich abändern wird, wenn die Umstände, in denen sie lebt,
sich ändern. Ebenso wie der kontrollierende Einfluß des Menschen
irgend eine künstliche Rasse unverändert erhält, ebenso verursacht
328
der kontrollierende Einfluß der Existenzbedingungen in der freien
Natur, so lange diese sich gleich bleiben, die unveränderte Erhaltung
der Merkmale der Art. In beiden Fällen treten Veränderungen ein,
wenn der kontrollierende Einfluß sich ändert. Die künstliche Rasse
nimmt, wenn sie verwildert, deshalb die Ahnenform wieder an, weil
diese die passendste ist.
Man darf aber nicht etwa glauben, daß Veränderungen in auf¬
einanderfolgenden Generationen bei allen Tieren mit der gleichen
Raschheit erfolgen können.
Oben ist angeführt worden, daß die Kreuzung hierbei von
größter Bedeutung ist.
Wenn wir nun die Resultate dieser Kritiken des Darwinismus
zusammenstellen, so erlangen wir etwa folgendes Bild von der Ent¬
stehung neuer Arten:
Keine Tier- oder Pflanzenspecies ist fix. Alle sind mehr oder
weniger veränderlich. Da die Veränderlichkeit auf die Eigentüm¬
lichkeiten der Keimzellen und vor allem auf die Art der Mischung
des männlichen und weiblichen Kernes beruht, so muß die Kreuzung
einen großen Einfluß auf dieselbe ausüben.
Je verschiedener die mütterliche und väterliche Keimzelle, aus
deren Vereinigung (Mischung) ein neues Individuum hervorgeht, ist,
um so größer muß, wie oben gezeigt wurde, der Spielraum der
Veränderlichkeit desselben sein. Je weniger verwandt die Eltern
sind, um so größer ist aber die Differenz der Keimzellen und
umgekehrt.
Die Kreuzung bewirkt Vereinigung von einander fernstehenden
Individuen, ist also Ursache einer großen Veränderlichkeit und damit
Anpassungsfähigkeit.
••
Die Inzucht dagegen bringt — wegen der Ähnlichkeit der
elterlichen Keimzellen — Individuen zu stände, welche viel weniger
verschieden sind und solche sind daher viel weniger anpassungsfähig.
••
Andern sich nun die Umstände, in welchen die Art lebt, so
wirkt diese Änderung zunächst direkt auf die lebenden Individuen
ein und verändert dieselben in leicht erkennbarer Weise. Diese
• •
Änderungen mögen auf die Keimzellen, welche in diesen Individuen
reifen, verändernd rückwirken oder nicht.
Jedenfalls finden sich Variationen unter den Kindern. Die für
die eingetretenen neuen Umstände am passendsten Organisierten tragen
im Kampfe mit den Brüdern den Sieg davon. Die Merkmale, durch
welche sie selber bevorzugt waren, werden auf die Nachkommen
329
übertragen und diese Merkmale entwickeln sich progressiv — uni
so rascher, je veränderlicher die Art, je ausgedehnter also die
Kreuzung ist. Nehmen wir nun an, die neueingetretenen Umstände
blieben konstant.
Die in aufeinanderfolgenden Generationen progressiv fort¬
schreitende Anpassung wirkt so lauge verändernd, bis die Art den
neuen Umständen — soweit es ihre eigene Organisation erlaubt —
vollkommen angepasst ist. Von jetzt an ändert sich die Art nicht
weiter. Sie bleibt konstant, da die fortwährend entstehenden
Varietäten, weil weniger passend als die Stammform, stets im
Kampfe gegen diese relativ vollkommen angepaßte Form unterliegen.
Gleiche Umstände können lange Zeit audauern und ebenso
lange dauert die, diesen Umständen relativ vollkommen angepaßte
Species.
Andern sich die Umstände, dann ändert sich die Art, oder sie
geht zu Grunde. Nur in jenen wenig zahlreichen Fällen, wo strenge
Inzucht eingehalten wird, kann sich die Art unverändert erhalten
••
trotz sehr bedeutender Änderung der umgebenden Umstände.
Bei den europäischen Tieren, welche von dem Menschen nach
fremden Ländern gebracht werden, tritt eine großartige Änderung
aller umgebenden Umstände plötzlich ein. Von gradueller An¬
passung ist keine Rede. Siegen oder Sterben, das ist für sie die
einzige Frage.
Ratten, Kaninchen, Sperlinge und Fliegen haben — in Australien
z. B. — gesiegt. Sie haben keine Konkurrenten und das ihnen neu
erschlossene Land ist so groß, daß vorläufig noch Platz genug für
alle vorhanden ist, und daher noch kein rechter Kampf ums Dasein
unter den Brüdern begonnen hat, der zu einer Abänderung der Art
hätte führen können. Dazu kommt noch, daß alle diese Tiere von
einem oder von wenigen Paaren, die importiert wurden, abstammen,
so daß sie alle nahe verwandt sind: Unter ihnen herrscht strenge
Inzucht und diese setzt die Variabilität sehr wesentlich herab.
Auch niedere europäische Tiere, wie der Süßwasser-Polyp und
die Süßwasserschwämme haben sich unter ähnlichen Umständen in
den australischen Gewässern eingebürgert und sich dort ziemlich
unverändert erhalten. Diese australischen Süßwassertiere sind den
europäischen sehr ähnlich, trotz der außerordentlichen Verschiedenheit
der physikalischen Verhältnisse der australischen und europäischen
Gewässer. Bei ihnen ist es jedenfalls die strenge Iuzucht, welche die
Stabilität erhält. Die verwandten Tiere im Meer haben — im
330
Gegensatz za diesen in den kleinen Lachen und Seen — unbegrenzte
Gelegenheit zur Kreuzung. Bei ihnen erneuert die Kreuzung immer
wieder die Variabilität, deshalb können diese sich besser anpassen
und sind in verschiedenen Meeresteilen auch größtenteils verschieden.
Konstante Umstände, wurde gesagt, bedingen ein Konstant¬
bleiben der Species. Die konstantesten Umstände herrschen jedenfalls
in den kalten und ewig finsteren, abyssalen Tiefen des Meeres. Die erst
in neuester Zeit bekaunt gewordene Fauna jener Tiefen erscheint
auch in der That weit konservativer als die Fauna des seichten
Wassers und es ist aus großen Meerestiefen eine ganze Anzahl
von Repräsentanten von Tiergruppen gefischt worden, welche bis
dahin für ausgestorben gehalten wurden und in der That nirgends
sonst mehr Vorkommen als im unveränderlichen tiefen Meere.
Die Keimzellen sind es, auf deren Mischung die Variabilität der
Tiere beruht; und es muß somit die Kreuzung als die Ursache der
Veränderlichkeit angesehen werden, welche es dann der allmählichen
Änderung äußerer Umstände ermöglicht, neue Arten durch Zuchtwahl
zu erzeugen.
Zwei gefangene Könige.
Von Eduard Rüdiger.
Ein sehr seltener Gast in unseren Käfigen ist der Zaunkönig
( Troglodytes parvulus Koch), obgleich sich kaum ein liebenswürdigeres
unterhaltenderes Vögelchen denken läßt. Mitten im Winter, wenn
alle Sänger uns verließen, erfreut im Freien sein helles Liedchen,
mutet uns seine dreiste Emsigkeit au, mit der er Hecken und Ställe
nahruugsuchend durchschlüpft. Wohl mag bittere Not in Schnee
und Kälte ihm arg zusetzeu, aber das Darben in der Freiheit zieht
er dem engbegreuzten Spielraum unter unserer Obhut vor und
voller Leben, wie er ist, erträgt er den Verlust seiner Freiheit und
gewiß auch den Mangel an Vielseitigkeit in der ihm von uns ge¬
botenen Nahrung erfahrungsmäßig nur schwierig. Man sollte eigentlich
gar keinen Zaunkönig gefangen halten, denn auch die kürzeste Zeit
muß genügen, das flinke Tierchen recht lieb zu gewinnen und daun
ist die Trauer doppelt, wenn wir dasselbe verlieren.
Kalt war’s und hoher Schnee lag, als mir mein Nachbar durchs
Fenster einen soeben auf den Leim gegangenen Zaunkönig reichte;
ich hatte noch nie einen solchen besessen und hoffte, ihn erhalten
zu können. Ein Versuch der Eingewöhnung im kleinen Käfig mi߬
lang vollständig. Todesangst verzehrte das Vögelchen im Suchen
nach einem Rettungswege und es war vorauszusehen, daß ich auf
diese Weise binnen wenigen Stunden eine kleine Leiche haben
würde.
Da entschloß ich mich, eine Ausnahme zu machen und gab
dem Zaunkönig die Freiheit — ins Zi mm m er. Um das zu ver¬
stehen, muß ich einige Worte über mein Vogelzimmer einfügen.
Wer nur einen oder wenige Vögel hat, wird gewiß immer irgend
ein passendes Plätzchen für dieselben im Wohnzimmer oder in ähn¬
lichen Räumen finden, wer aber als Forscher und Liebhaber eine
größere Gesellschaft hält, muß dieser aus den triftigsten Gründen
wohl oder übel ein eigenes Zimmer einräumen. Über die Einrichtung
eines solchen gehen die Meinungen auseinander. Mögen andere
es dabei bewenden lassen, daß sie einen sogenannten Zimmerflug
sich einrichten — ein solcher gibt zwar weniger Arbeit, aber auch
weniger Freude — ich ziehe es vor, mein Zimmer mit den nötigen
Käfigen besetzt zu halten. Diese allein bevölkere ich nach Bedarf
und Belieben — und Ordnung und Ruhe, auch Sicherheit eines be¬
absichtigten Erfolges sind mir so gut als gewiß. Ruhig sehen mich
meine Vögel kommen und gehen, uuverriickt bleibt ihr Gesichtskreis,
ordnend und helfend vermag ich eiuzugreifen und eine fruchtbrin¬
gende Beaufsichtigung des einzelnen ist ermöglicht. Ich rede mit
meinen Vögeln, sie verstehen mich, ich gebe diesem dies und jenem
das, wie es am zuträglichsten ist. Das hört jedoch alles auf, sobald
mir die ganze Gesellschaft um den Kopf schwirrt. Die eine Längs¬
seite meines Zimmers gibt den Raum für die Käfige, welche eben¬
mäßig aufgestellt sind. — Die Morgensoune sendet hierhin täglich
mindestens l1/* Stunde ihre belebenden Strahlen. Die Wand gegen¬
über gehört den immergrünen Pflanzen, deren Sauerstoff den Zimmer¬
bewohnern zu Gute kommt. Im Winter wie im Sommer haben
meine sämtlichen Vögel den Blick ins Grüne, denn auf terrassenartigen
Gestellen sind groß- und kleinblätterige Veronika, bunte Evouymus,
Myrthen, Lorbeer, Orangen, Kirschlorbeer, Kamelieu, Oleander (giftig
für Vögel), Fikus und vor allen 20jähriger Epheu aufgebaut. Drei
von mir selbst solange gepflegte Stöcke des letzteren umziehen mit
fingerdicken Ranken von beiden Seiten wie ein dichtschließender
Kranz die Wände, bilden Festons an den Decken, schlingen sich
zwischen den Käfigen so hindurch, daß kein Vogel je ein Blättchen
davon erreichen kann, und buchenblattähnliches Gewächs mit hellerem
332
Ton schattiert das Grün. Die Käfige und den immergrünen Zimmer-
garten trennt der etwa kaum einen Meter breite Gang zum Fenster.
Kaum aus der Hand war mein Zaunkönig als echter Schlüpfer
auch mit Gedankenschnelle schon hoch oben und knixte von einer
Epheuranke herunter. Eben noch so traurig und unglücklich, be¬
gann er sofort sein emsiges Absuchen von Kerbtieren, deren Larven
und Eiern, Blattläusen und Spinnen, wobei kein Zweig unbeachtet
blieb. Mit zauberhafter Geschwindigkeit gings von einem Orte zum
anderen und ersichtlich fühlte sich (las Vögelchen bald so wohl und
heimisch, wie es kurz zuvor getobt und gezittert hatte. Zahm und
zahmer wurde es auch. Anfangs mußte ich abseits treten, wenn
ich eine gefangene Fliege, kleine Mehlwürmer, Ameisenpuppen oder
gehacktes Ei zum Schmause auflegte, und während es zuerst aus
seinem Versteck gar nicht herbei kam, so kannten wir uns jedoch
bald und ich mußte dann sehr behutsam sein, denn das Vögelchen
befand sich mir immer vor den Füßen und nahm mir gern die
Leckerbissen aus der Hand, sobald ich mich auf den Fußboden
kauerte. Possierlich war es, wenn eine Zimmerecke abgesucht wurde
und er riesenhafte Sprünge in die Höhe machte. Ob der Zaunkönig
allnächtlich seinen regelmäßigen Schlafplatz hatte, konnte ich trotz
allen Nachforschens nicht bestimmt ermitteln.
Einmal komme ich auch ins Zimmer, und da ich gewohnt bin,
sofort von meinem Schlüpfer begrüßt zu werden, dies jetzt aber
nicht geschah, schaue ich nach unten, ob er wie eine Maus heran¬
kugelt — aber vergebens. Auf einmal springt er lustig zwischen
einer großen Käfiggesellschaft herum. Wie war er zu ihnen ge¬
kommen? Der nie rastende Schelm — ich habe ihn nicht einen
Augenblick still sitzen sehen, so lange ich ihn besaß — hatte er¬
mittelt, daß ein Drähtchen sich ein wenig verschieben ließ, was mir
entgangen war. Diesen Schlupf konnte ich nicht billigen. Sofort
wurde der Draht befestigt und mein Königlein war doppelt gefangen
— so dachte ich. Aber bewahre! Kaum noch springt er zwischen
der Gesellschaft herum, kaum überlege ich noch, wie ich ihn aus
dem Käfig wieder entfernen will — sitzt er von selber wieder oben
im grünen Gezweig. Den Käfig untersuche ich von allen Seiten,
finde aber nirgends auch nur die Möglichkeit eines Ein- oder Aus¬
gangs meines Vögelchens, was beweist, daß der Zaunkönig in der
That noch weit winziger ist, als es scheint, weil er ein dichtes Ge¬
fieder besitzt uud sich gar schlank machen kann. Nichtallein in
dem einen, vielmehr in allen anderen Käfigen war er zu Hause,
— 333
spazierte einfach durch alle Gitter, als wenn es so sein müßte
badete sich, wo er wollte, und lud sich überall zu Gaste, wo er et¬
wa ein ihm zusagendes Gericht aufgetischt fand.
• •
Viele frohe Augenblicke und Überraschungen danke ich diesem
Vögelchen, und ich glaube, es würde in Räumlichkeiten, wie ich sie
ihm glücklicherweise bieten konnte, noch lange sein Wesen getrieben
haben — es hatte sich vollständig eingewöhnt und über ein Jahr
bei mir gehaust — wenn ihm nicht meine Unachtsamkeit einen
frühen Tod gebracht hätte. Eine tiefe, mit Wasser gefüllte, bauchige
Porzellanschüssel, welche ich beim Wechseln der Trinknäpfe benutzte,
blieb so lange im Vogelzimmer offen stehen, als ich nötig hatte,
am warmen Küchenherde ein Dutzend Fliegen für meinen Liebliug
zu erhaschen, und als ich glücklich damit ankam, lag er tot in der
Schüssel.
Wenn der Wachtelkönig ( GalUnula crex ) hier und da als
Beute des Weidmanns auf dem Markte erscheint, pflegt er sehr fett
zu sein und seines wohlschmeckenden Wildbrets wegen in hohem
Preise zu stehen, er kommt aber verhältnismäßig so selten vor das
Rohr, daß wohl jeden Leser einiges über sein Frei- und Gefangen¬
leben interessieren dürfte.
Als Zugvogel nur in einer einzigen Art in Deutschland gekaunt,
hat er seinen Namen dem Umstande zu danken, daß er gemeinig¬
lich auf feuchten Wieseustrecken als Gesellschafter der Wachtel an¬
getroffen wird, jedoch hält er sich sehr versteckt und wird eher
einmal gehört als gesehen. Sein Nest ist ein völlig kunstloser Bau,
aus Moos und Gras in einer Vertiefung angelegt, seine Eier aber
zählen zu den am prächtigsten gezeichneten. Er lebt sowohl in
Freiheit als auch in der Gefangenschaft mit allen anderen Vögeln,
die Wachtel eben ausgenommen, sehr unverträglich.
Der Wachtelkönig ist im Verhältnis zu seiner Stärke ein Viel¬
fresser und kann nur bei regelmäßigem umfassendem Wechsel der
Nahrungsstoffe längere Zeit in der Gefangenschaft gehalten werden.
Seine Fütterung besteht vorzugsweise aus frischem Quark, Eierbrod,
Ameisenpuppen, Regen würmern, Mehlwürmern, Fliegen, hartge¬
kochtem Ei, geschrotenem Fleisch, gekochten Kartoffeln, gemahlenem
Hanf, Semmel in Milch und Holunderbeeren.
Regenwürmer scheinen eine besondere Leckerei für ihn zu sein,
aber auch bei sonst reichlich gedecktem Tische bleibt er so wäh¬
lerisch, daß er heute dies, morgen jenes als nicht passend mit seinem
834
starken Schnabel über Bord wirft, also Käfig wie Zimmer gleich
sehr verunreinigt. Um solchem Treiben einigermaßen vorzubeugen,
empfiehlt es sich, das Mischfutter ständig in einer Blumentopfscherbe
zu reichen und diese dabei immer nur bis zur Hälfte zu füllen, auch
das Wasser, täglich wenigstens zweimal frisch, möglichst von außen
zu bieten, da der Vogel sonst nicht aus dem Baden herauskommt
und seine Behausung unvermeidlich bald so vollständig einnäßt, daß
der Sand eiue harte, ungesunde Kruste bildet. Von Zeit zu Zeit
muß dem Gaste freilich, seiner Natur entsprechend, Gelegenheit zu
einem vollen Bade gewährt werden. In Summa sind die Gesamteigeu-
schaften des Wachtelkönigs im Käfige keineswegs derartig, um ihm
allenthalben einen Platz zu sichern und ohne weiteres geeignet, einen
Vogelfreund, der sich keine Beobachtungszwecke gesetzt, zu fesselu.
Wirklich längere Zeit in der Gefangenschaft aushaltende Exem¬
plare zeigen fast immer einen kahlen Scheitel, welchen sie sich trotz des
am zweckmäßigsten eingerichteten Käfigs bei ihrer nächtlichen Tob¬
sucht, nicht nur während der Frist des Zuges, sondern zu jeder Zeit
holen. Diese allnächtliche Unruhe stört die übrigen Zimmerbewohner
empfindlich, namentlich die zur Unruhe selbst geneigten Weichfresser
wie Schwarzkopf u. s. w., und es hat deshalb schon seine gewich¬
tigen Gründe, wenn mancher sonst geduldige Vogelliebhaber gerade
eines Wachtelkönigs zeitig müde wird.
Bei Beängstigungen, z. B. wenn die Hand gelegentlich der
Reinigung mit dem Besen in die Nähe des Eckchens kommt, in
welches sich der Vogel zurückgezogen, läßt er einen kurz abge¬
stoßenen, leisen Klageton börem Interessant sind die verschiedenen
Stellungen, in denen er sich abwechselnd zeigt. Er überrascht durch
gewaltige Sprünge, liegt still im Sande wie die eigentliche Wachtel,
steht lauge Zeit mit eingezogenem Halse unbeweglich auf einem
seiner kräftigen Beine und bietet ein eigenartiges Bild, wenn er bei
einem zu ihm dringenden verdächtigen Geräusche urplötzlich hoch
in die Höhe schnellt, mit dem langen Halse, den langen Beineu und
dem schmalen Leibe fast eiue gerade Linie darstellend.
In glattem Gefieder und recht sauber gehalten ist unser Wachtel¬
könig eine anmutige, schmucke Erscheinung, unbestreitbar auch eine
Käfigzierde, und daß ihm Verstand wie Schlauheit nicht abgehen,
beweist er durch sein Verhalten während der allgemeinen Fütterung;
er folgt mit klugem begehrlichem Auge jeder Bewegung seines Herrn
von einem Käfig zum andern, er trippelt mit, so weit ihm dies sein
eigener langer Käfig gestattet, und weiß anscheinend genau, wann
335
die Reibe des Versorgtwerdens an ihn kommt. Er wird auch leicht
so zahm, daß er Würmer aus der Hand nimmt und seinem Pfleger
durch die Zimmer folgt. Von 5 aufgezogenen, mir einmal mit der
Post von Inowraclaw zugeschickten traf ein einziger noch lebend ein.
Lebensweise einiger nordafrikanischer Reptilien in
Gefangenschaft.
Nebst Bemerkungen über andere südliche Arten von Dr. phil. Franz Werner
in Wien.
t
Wenn ich nachstehend das Betragen einiger, von mir längere
Zeit gefangen gehaltener nordafrikanischer Reptilien zu schildern
versuche, so geschieht dies teils aus dem Grunde, weil mir diesbe¬
zügliche Beobachtungen von anderen nicht vorliegen und ich daher
hoffen darf, daß diese Zeilen einiges Interesse erwecken werden, und
ich andererseits der Überzeugung bin, daß sich diese Tiere in Frei¬
heit kaum anders verhalten.
Es handelt sich hier um eine Schlange, die Sandschlange,
Eryx jaculus, und zwei Eidechsen, den Skink, Scincus officinalis , und
Splienops capistratus; drei Wüstentiere von reinstem Wasser, wenn
dieser Ausdruck hier am Platze ist.
Die beiden Eidechsen, die ich zuerst erhielt, konnte ich in
wirklichem Wüstensand halten, während die Eryx sich, da ich sie
nicht wohl zu den Eidechsen geben konnte, und der Wüstensand
für zwei Käfige nicht ausreichte,, mit feinem Meersande begnügen
mußte. Beide Käfige, sowohl der der Eidechsen als der für die
Schlange, waren etwa 6 Centimeter hoch mit Sand gefüllt; die
letztere hatte übrigens auch noch zwei oder drei, auf dem Boden
des Käfigs befestigte, scharfkantige Steine im Käfig, um die unend¬
lich langwierige Häutung zu erleichtern.
Was die Sandschlange, Eryx , an belangt, so fühlt sie sich an¬
scheinend bei 25 — 30 °C. am wohlsten, doch bleibt sie auch noch bei
einer Temperatur ziemlich munter, bei welcher Coelopeltis lacertinci aus
derselben Heimat ganz steif gefroren war. Selbstverständlich führt
längere Einwirkung niedriger Temperatur (etwa von 20° C. abwärts)
auch bei ihr endlich den Tod herbei ; immerhin aber ist sie gegen
Kälte weniger empfindlich als manche südeuropäische Arten.
Gewöhnlich kommt sie, sobald die ersten Strahlen der Morgen¬
sonne auf ihren Käfig fallen, langsam aus dem Sande, in dem sie
336
die Nacht über, mit Ausnahme des Kopfes*, vollständig eingewühlt
ist, langsam hervor und sucht sich ein Plätzchen aus, wo sie den
Sonnenstrahlen am meisteu ausgesetzt ist; dort bleibt sie S-förmig
zusammengerollt und kräftig atmend stundenlang liegen, bis ihr
die Hitze zu arg wird, was im Sommer um 12 Uhr längstens
der Fall ist; dann beginnt sie ihre Wanderung durch den Sand,
die sie unter lebhaftem Züngeln oft bis gegen die Zeit der Däm¬
merung fast ununterbrochen fortsetzt. Sie wühlt sich an einem
Ende des Käfigs in den Sand , streckt in der kürzesten Zeit
wieder am anderen Ende die Schnauze herauf, um sofort wieder
unterzutauchen und ihre unterirdische Wanderung wieder aufzu¬
nehmen. Ihre Bewegungen im Sand kann man als Schwimmen und
Tauchen darin auffassen, und obwohl sie sich mit dem Skink nicht
messen kann, so ist sie doch als ein flinkes, lebhaftes und beweg¬
liches Tier aufzufassen; sie gleitet, wenn man die Verschiedenheit
des Mediums berücksichtigt, ungefähr ebenso leicht und schnell durch
den Sand wie die Ringelnatter durch das Wasser.
Bewunderuugswürdig ist die Geschicklichkeit, mit der sie auch
die geringsten Mengen von Sand benützt, um sich damit zu be¬
decken und absolut unkenntlich zu machen.
Diese Schlange gehört bekanntlich zur Gruppe der Riesen¬
schlangen und obwohl kaum die Länge eines Meters erreichend,
kommt sie an Stärke verhältnismäßig den großen Boas und Python-
Arten der Tropen ziemlich gleich. Ihre Beute, die bei mir aus
kleinen Eidechsen, besonders aus Mauerechsen, Lacerta murcilis, be¬
stand, tötete sie schneller als jede andere eidechsenfressende Schlange,
die ich bis jetzt gesehen habe ; doch fraß sie die meisten lebend
auf, wenn sie nicht sehr groß und lebhaft waren.
Wird sie gereizt oder geängstigt, ohne entfliehen zu können,
so rollt sie sich spiralig ein, verbirgt den Kopf so gut es geht unter
dem Körper, und auf der Bauchseite zeigt sich dann eine tiefe,
breite Längsfurche, die erst daun verschwindet, wenn sich das Tier
beruhigt hat und wieder ausstreckt. Dieses Verhalten habe ich an
allen bis jetzt gepflegten Exemplaren wahrgenommen. Zu beißen
• •
hat keines von ihnen versucht. Äußeren Verletzungen, die bis an
die Wirbelsäule gehen, und dem Hunger leistet sie länger Wider¬
stand als alle anderen mir bekannten Schlangen ; die Mundfäule, die
manchen Schlangen, wie Elaphis cervone , Gallopeltis quadrilineatus u. a.
so schnell tötlicli ist, wird monatelang ausgehalten. Ich habe die
Eryx niemals trinken sehen; doch zweifle ich nicht, daß sie doch
337
trinkt, da alle meine anderen Wüstentiere tranken und ich auch
bei anderen Schlangen, von denen ich anfangs glaubte, daß sie nie¬
mals Wasser trinken, das Gegenteil erfuhr. Merkwürdigerweise habe
ich auch Bhinechis scalaris niemals beim Trinken erwischen können.
Leider ist die Eryx schwer zu erlangen, wenigstens habe ich
gesunde, unverletzte Exemplare nur einmal und zwar in größerer
Anzahl, zufällig erhalten. Vielleicht wäre durch das »Laboratoire
d’Erpetologie« in Montpellier (Herault, S. — Frankreich) diese Art
noch am ehesten zu erlangen.
Die beiden Eidechsen, die ich anfangs erwähnte und die sich
durch ihre breite, keilförmige Schnauze (wie sie auch die Eryx
in ähnlicher Form besitzt) schon als wühlende und grabende Tiere
kennzeichnen, sind etwas empfindlicher gegen Kälte als die Eryx ,
lieben dieselben Temperaturgrade und vertragen ganz bedeutende
Hitze ohne Schaden. Ich bemerke dies ausdrücklich, da die meisten
Reptilien Europas (vielleicht nur mit Ausnahme der Land-Schild¬
kröten), wenn sie den Strahlen der Sommersonne ausgesetzt werden,
ohne daß sie in ein Versteck oder wenigstens an eine schattige
Stelle zeitweilig entrinnen können, sicher zu Grunde gehen. Die
beiden Eidechsen aber ließen nichts von Unbehagen erkennen, wenn
die Wände ihres Käfigs brennend heiß waren und der Sand eine
wahre Glühhitze ausstrahlte. Im Gegenteile, sie waren äußerst
munter, liefen blitzschnell und mit eigentümlich zuckenden Be¬
wegungen über den Sand hin, verkrochen sich fortwährend darin
und an der Bewegung des Sandes konnte man ersehen, daß die
Schnelligkeit der Tiere in ihm sogroß war wie auf ihm. Während
aber der Skink vom Morgen bis zum Nachmittag mit geringen
Unterbrechungen sichtbar war und seine Streifzüge durch den Sand
machte, mit den Vorderbeinen Gruben in den Sand wühlte und den
aus den Gruben herausgeschaufelten Sand mit den Hinterbeinen
weiter beförderte und zu einem kleinen Berge anhäufte — wobei
er nur innehielt, um einen zufällig ausgegrabenen Mehlwurm zu
verzehren oder den ebenfalls in der Tiefe der Grube entdeckten
Sphenops zu betrachten und solange zu bezüngeln und zu beschnüffeln,
bis sich dieser in eine andere Region des Käfigs zurückzog — so
war der Sphenops hinwdeder außer um die Mittagszeit auch am
Abend, wenn der Skink bereits am Grunde seines Sandsees schlief,
zu sehen. Nur war der Sphenops außerordentlich scheu und wühlte
sich bei der geringsten Störung (wenn diese Störung nicht durch
etwas Freßbares hervorgernfen wurde) sofort in den Sand ein. Bei
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 22
338
trübem Wetter blieben beide Eidechsen oft mehrere Tage lang voll¬
ständig unsichtbar und verschliefen die Zeit im Sande.
Beide Eidechsenarten fraßen Mehlwürmer mit großem Appetit
und besonders der kleine, zarte Sphenops war komisch anzusehen,
wenn er sich auf seinen winzigen Vorderbeinen aufrichtete und dann
wütend auf den vorgeworfenen Mehlwurm losfuhr. Der Skink fraß
auch Heuschrecken. Beide Arteu tranken begierig Wasser, welches
man ihnen lauwarm und in möglichst geringer Menge reichen muß.
Kaltes Wasser ruft den Tod, allzuvieles Trinken häufig heftiges Er¬
brechen hervor (auch bei Gongylus ocellatus und anderen Scincoiden
habe ich dies beobachtet!).
Von anderen nordafrikanischen Reptilien, die ich ebenfalls ge¬
pflegt habe, sind mir noch zwei große Exemplare der Lacerta pater
(eines mit 47,5 und eines mit 34,5 cm Länge) besonders im Ge¬
dächtnis, weil sie durch ihre Lebensgewohnheiten sehr an die ver¬
wandte Lacerta ocellata erinnerten, jedoch merkwürdigerweise absolut
keine Nahrung annehmen wollten, trotzdem aber vom Oktober bis
April munter blieben, was bei Lacertiden immerhin ein Zeichen von
großer Lebenszähigkeit ist. Die beiden Exemplare stammten aus
Tunis, woher ich auch zwei ganz gewaltige Exemplare des Gongylus
ocellatus erhielt, die in ihrem ganzen Betragen lebhaft an Scincus
officinalis erinnerten, aber langsamer und bedächtiger waren, was
jedenfalls mit der Größe und Plumpheit des Körpers und der relativen
Kleinheit der Extremitäten zusammenhing; denn kleinere Exemplare
derselben Art (etwa von der Größe einer mittleren Zauneidechse,
Lacerta agilis ), kamen an Lebhaftigkeit und Schnelligkeit der Be¬
wegungen, an Geschicklichkeit im Wühlen dem Skink mindestens
gleich. Auch der Gongylus frißt Mehlwürmer, doch ist es selten
möglich, seinen Mahlzeiten zuzusehen.
• •
Uber Zamcnis versicolor ( Feriops Cliffordi-parallelus ), Tarentola
mauritanica , Stellio vulgaris , Uromastix spinipes und andere Nord-
Afrikaner, die ich lebend besessen habe, kann ich entweder wegen
der kurzen Beobachtungszeit keine Mitteilung von Belang machen
oder es sind schon bessere Beobachtungen darüber veröffentlicht worden.
Schließlich möchte ich über die nordamerikanische
Kettennatter, Ophibolus-Coronella getulus var. Sayi, ein sehr hübsch
gezeichnetes und ziemlich auspruchloses Tier, noch ein paar Worte
sagen. Diese Schlange, die eine ganz gewaltige Länge und Dicke
erreichen kann — ich habe Exemplare gesehen, welche die da 1 m a-
tinische Streifennatter ( Elaphis cervone ) wenigstens in der
339
Dicke übertrafen — , hat die einzige unangenehme Eigenschaft, während
der Verdauung einen ganz penetranten Geruch zu verbreiten, was
bei einem großen Exemplare, welches einen bedeutenden Appetit
besaß, daher auch alle acht Tage etwas Neues zu verdauen hatte,
besonders merklich war. Doch will ich der Schlange nicht Unrecht
thun und ist es immerhin möglich, daß nur meine Gefangenen diese
unangenehme Eigenschaft besaßen.
Die Kettennatter, die auch im Winter bei gewöhnlicher — aber
nicht stark wechselnder — Zimmertemperatur ganz gut aushält,
nährt sich von Mäusen, welche sie durch Umschlingungen tötet, und
von Eidechsen, welche sie lebend verschlingt. Dabei nimmt sie nicht,
wie die bei uns heimische Schlingnatter, Coronella austriaca , auf die
Lage der Eidechse Rücksicht, sondern fängt häufig vom Schwanz
, aus zu fressen an oder packt die Eidechse in der Mitte, knickt sie
U- förmig zusammen und verschlingt sie in dieser Lage, während
unsere Schlingnatter stets beim Kopf zu fressen beginnt. Übrigeus
nimmt diese Schlange bei einer Mahlzeit selten mehr als zwei
Mäuse oder Eidechsen zu sich, bekommt aber bald wieder Hunger.
Besondere Pflege braucht die Kettennatter nicht; sie verträgt sich
mit allen anderen Schlangen, beißt viel seltener als ihre europä¬
ischen Verwandten (von denen übrigens durchaus nicht alle .Exem¬
plare bissig sind) ; sie ist nicht sehr lebhaft, aber doch den
ganzen Tag in Bewegung; ist sie hungrig, so erregt die ihr vorge¬
worfene Beute sofort ihre Aufmerksamkeit und sie schnappt wütend
nach allen Richtungen, ja sie schließt oft nicht einmal den Rachen,
bevor sie ihren Fang zwischen den Zähnen hat. Dabei wird sie so
gierig, daß sie, während sie eine Maus noch umschlungen hält, schon
auf die zweite Jagd macht oder ihr, wenn die erste noch zu sehr
zappelt, doch wenigstens unverwandt mit den Augen folgt.
Sie bat in ihrem Benehmen vielmehr Ähnlichkeit mit der Aesculap-
uatter als mit den Coronellen, trinkt ziemlich oft und viel und hält
Jahre lang in Gefangenschaft aus.
Endlich möchte ich noch den Discoglossus pictus besprechen,
einen Frosch, der an Gefräßigkeit alle mir bekannten Froschlurche
übertrifft. Nicht nur, daß das größte Exemplar meiner Sammlung,
welches ich schon sehr lange besitze, während des Sommers drei er¬
wachsene Exemplare des Pelodytes punctatus , einen gleichfalls erwachse¬
nen Laubfrosch und eine Unzahl von Wassermolchen ( Triton taeniatus-
Molge vulgaris) verschlang, ersaß auch bei der Fütterung seiner Käfig¬
genossen, wenn er auch schon ganz mit Mehlwürmern vollgepfropft war»
340
stets auf der Lauer, riß ihnen die Mehlwürmer bei dem herausstehenden
Ende aus dem Rachen, versuchte auch gelegentlich einen Laubfrosch
oder eine Unke zu verschlingen und ließ sie oft eine Viertelstunde
nicht los. Regenwürmer jeder beliebigen Länge verschluckte er so
schnell, daß es aussah, als wenn sie ihm freiwillig in den Rachen
liefen ; in die Pinzette oder Nadel, auf der. ich ihm die Mehlwürmer,
jetzt seine Hauptnahrung, Vorhalte, verbeißt er sich regelmäßig mit
solcher Wut, daß mau ihn kaum davon wegbringt. Den Tag über
sitzt er im Wasser, bei der Nacht meistens außerhalb desselben ; erschreckt
man ihn oder sucht man ihn zu fangen, so springt er wie toll herum;
solche Anfälle hat er auch öfters ohne wahrnehmbaren Grund. Seit
dem vorigen Jahre ist er bedeutend gewachsen ; er ist männlichen
Geschlechtes, fortwährend paarungslustig und hängt, da der einzige
seiner Art, der mit ihm den Käfig teilt, ein halbwüchsiges Männchen
ist, meistens auf weiblichen Exemplaren des .Springfrosches ( Rana
agilis).
Merkwürdig ist übrigens zu sehen, wie schnell Amphibien in der
Gefangenschaft wachsen. Während Reptilien bekanntlich Jahrelang
brauchen, um ein merkliches Stück größer zu werden, sind zwei
erwachsene Exemplare von Bombinator igneus seit vorigem Dezember
um mehr als die Hälfte ihrer früheren Länge gewachsen; ein halb¬
jähriges Exemplar des Bombinator pachypus hat seit Frühling dieses
Jahres die Größe eines ziemlich erwachsenen Exemplares erreicht;
halbjährige Laubfrösche können im Laufe eines Jahres zur Größe
erwachsener Exemplare herangefüttert werden. Bei Rana , Pelobates
und Bufo habe ich kein auffallend starkes Wachstum bemerken
können ; umsomehr aber bei dem Kamm-Molche, Triton cristatus ,
von welchem ich durch kräftige Fütterung (im Frühling mit Triton
taeniatus und Regen würmern, im Sommer mit Kaulquappen und
Regenwürmern, im Herbst mit jungen Laubfröschen und abermals
Regen würmern, im Winter mit rohem Fleisch, kleinen Fischen und
Mehlwürmern) nach drei Jahren Exemplare erzielte, welche die bis
jetzt in der Umgebung von Wien von mir beobachtete Maximallänge
(etwa 14 cm) noch um 4 cm überschritten. Es waren übrigens
durchgebends Weibchen, die ich zu dieser Länge brachte; die Mäun-
chen kamen trotz aller Fütterung über 12 — 13 cm Länge nicht hinaus.
Da ich keine systematische Ordnung in meinen Mitteilungen
gehalten habe, so glaube ich auch noch die Vi p er n u atte r ( Tropi -
donotus viperinus) hier besprechen zu dürfen. Diese hübsche und lebhafte
Schlange, die bei winterlicher Heizung ausgezeichnet Jahrelang aushält,
341
ist bekanntlich eine Verwandte der Ringelnatter und lebt wie sie von
Amphibien und Fischen. Von Amphibien liebt sie Laubfrösche und
Kröten (Bufo viridis-variabilis) am meisten, auch Wassermolche ( Triton
taeniatus ) frißt sie mit großem Appetit; von Fischen vermag sie
ganz gewaltige Exemplare zu verschlingen. Dabei kehrt sie sich
wenig daran, ob die Fische lebend oder todt siud; ich habe mein
größtes Exemplar einen ganzen Winter hindurch fast ausschließlich
mit zu Grunde gegangenen Goldfischen, Schleihen, Hundsfischen etc.
meines Aquariums gefüttert, die ich ihr bloß in den Käfig warf und
die in der Regel gegen Abend aufgefressen waren.
Der Appetit dieser Schlange ist außerordentlich ; ebenso viel
trinkt sie auch. Sie häutet sich im Jahr mindestens viermal.
Die Vipernuatter kann anscheinend gezähmt werden; wenigstens
gibt der Umstand, daß sie herbeikommt, wenn au die Glas-Scheiben
ihres Käfigs geklopft wird, den Anschein. Klopft man aber, wenn
sie gerade nicht hungrig ist, so kann man lange auf ihr Kommen
warten. Doch nimmt sie das Futter aus der Haud und gewöhnt
sich, wie viele andere Schlangen, an ganz bestimmte Schlaf- und
Ruhestellen.
Die Vipernnatter ist für mich besonders darum interessant, weil
beide Exemplare, die ich jetzt besitze, zweimal an Mundfäule er¬
krankten und das Fressen ganz einstellten ; beide Male wurden sie
vollständig geheilt durch Anwendung folgenden Mittels. Den Tieren
wurde der Rachen geöffnet, der weiße Beleg mit dem Messer, der
Schleim mit einem groben Pinsel abgeputzt, bis der Rachen ganz
rein war. Dann wurden die Exemplare, nachdem ihnen der Rachen
mit starkem Alkohol ausgewaschen war, in ein Glas gegeben,
welches Wasser enthielt, welchem soviel Alkohol beigemischt w7ar,
daß das Wasser eben danach roch. In diesem Glase verblieben die Tiere
über acht Tage, waren hierauf vollkommen gesund und begannen
wieder zu fressen. Das zweitemal war die Krankheit viel weniger
entwickelt und heilte nach Gebrauch der erwähnten Kur nach wenigen
Tagen. Seitdem sind beide Exemplare ganz gesund und können
jederzeit bei mir besichtigt werden. Jedoch bin ich der Überzeugung,
daß eine Heilung nur dann möglich ist, wenn die Krankheit nicht
weit fortgeschritten ist; ich pflege daher allen meinen Schlangen in
gewissen Zeiträumen (etwa alle 8 Tage) in den Rachen zu sehen
uud kranke Exemplare sofort zu entfernen, um sie entweder der
Heilung oder, wenn diese unmöglich, dem Tode zuzuführen,
342
Zufällige Verschleppung eines Landeinsiedlerkrebses
nach St. Petersburg.
Von S. Herzenstein,
Konservator am Zoolog. Museum der Akademie der Wissenschaften. St. Petersburg.
Der vorliegende Fall von zufälliger Verschleppung eines exoti¬
schen Land-Einsiedlerkrebses scheint mir interessant genug, um über
denselben zu berichten, wobei ich aber die Bedeutung einer solchen
Transportweise keineswegs überschätze.
Das in Rede stehende Exemplar von Coenobita Diogenes L. traf
in einer Ladung Saudeiholz am 25. August 1889 in Petersburg ein
und zwar auf einem norwegischen Schiffe (»Flora«, Capt. Axelson),
welches aus dem Hafen Moute-Christi (Haiti) ausgelaufen war und
seine Reise hierher in 80 — 90 Tagen zurückgelegt hatte. Der Krebs,
der bei der Ausladung zufällig entdeckt wurde, ging in den Besitz
eines hiesigen Marine-Offiziers, Herrn Dementjeff, über, der ihn
ca. 5 Wochen bei sich hielt und darauf dem Zoologischen Museum
der Akademie der Wissenschaften übergab. Da im Museum aber
keine Vorrichtungen zum Halten lebender Tiere vorhanden sind,
so setzte ich den Krebs in ein dem Physiologischen Laboratorium
der Akademie gehöriges Terrarium, wo er am 15. Oktober desselben
Jahres zu Grunde ging.
Als Herr Dementjeff während meiner Abwesenheit das
Exemplar ins Museum brachte, wurde es in ein Gefäß mit süßem
Wasser gesetzt, wo es etwa 3/4 Stunde verblieb, ohne allem Anschein
nach den geringsten Schaden genommen zu haben. Wahrscheinlich
hätte es noch bedeutend länger im Wasser ausgehalten, da seine
Kiemen die Fähigkeit im Wasser zu atmen möglicherweise noch
nicht ganz eingebüßt hatten, obwohl ich kaum glaube, daß sie
für gleichzeitige Luft- und Wasser- Atmung in solchem Grade
befähigt sein dürften, wie es H u e t *) für die Onisciden-Gattung Ligia
konstatiert hat. Möglicherweise befeuchtet Coenobita ihre Kiemen
von Zeit zu Zeit im Wasser, wie es von ihrem Familien-Genossen
Birgus behauptet wird **). Das Tier, das die Annahme jeglicher
Nahrung (Fleisch, Gemüse, Mehlwürmer) verweigerte, wurde, wie
Herr Dementjeff mitteilt, zur Nacht munter und lief umher;
bei uns im Terrarium verblieb es Tage lang regungslos in einer
*) Vgl. Journ. d’Anat. et de Physiol. XIX. p. 261 und folgende.
**) Proeeed. Linn. Soc. of New South Wales, VII., p. 664,
343
seichten, von ihm selbst in die Erde gegrabenen Grube, in welche
die untere Seite und die Mündung des von ihm bewohnten Schnecken¬
gehäuses ( Trochus pica L.) paßte. Beiläufig möchte ich bemerken,
daß die in Rede stehende Art, wie es scheint, in der Wahl des
Gehäuses viel mehr als ihr Gattungsgenosse C. rugosa beschränkt ist.*)
Im zoologischen Garten zu Basel.
Von Ernst Friedei.
Den vor dem Steinenthor belegenen zoologischen Garten der guten alten
Stadt Basel hatte ich seit dem 24. Mai 1875 nicht wieder besucht. **) Damals
hatte ich mir im Tagebuch vermerkt, daß er auf einem Hügelabhang läge und
für viele Tiere noch zu soDnig sei, was sich aber mit der Ausbreitung der
Bepflanzung wohl vermindern werde. Als ich ihn am Sonntag den 21. Juli 1889
nach über 14 Jahren zum ersten Male wieder betrat, glaubte ich nicht an der¬
selben Stelle zu sein, so ist im Lauf von fast einem halben Menschenalter der
Strauch- und Baumwuchs gediehen. Jetzt mußte ich notieren, daß der sonst
so kahle Garten mächtig bewaldet und für manche seiner Insassen zu schattig
und feucht geworden ist.
Im Jahre 1875 machte ich folgende kurze Angaben : »Die Häuschen sind
im Schweizerstil gehalten. Das ganze Etablissement scheint etwas enge, dem
geringen Anlagekapital entsprechend eingerichtet. Ein kleines Orchesterhaus
ist vorhanden; bei der Musik ist das donnernde Knallen der Büchsen vom
nahen Schießhause her keine gerade erfreuliche Zugabe. Auf dem Wirtshaus
waren eidgenössische und schwarz-weiße (Basler) Fahnen aufgezogen.
Ein Berg für Gemsen, Muff Ion und Murmeltiere. Dann mancherlei
Vögel, als Fasanen, Steinhühner ( Caccabis saxatilis) aus der Schweiz;
ebendaher das Birkhuhn ( Tetrao Tetrix ) ; Alpenkrähen, Brachvögel,
Austernfischer.
Raubvögelhaus, wie in Hamburg, Berlin, London, ein großer Central¬
käfig mit Kuppel, rechts und links Seitenflügel. Inhalt: Seeadler (Haliaetus
albiciUa), der Milan ( Hydroictinia atra), Falken, Sperber, Wanderfalk, Aquila
fulva, A. chrysaetos, Milvus regalis, Astur palumbarius, Buteo vulgaris, Corvus
*) Nach Ramon de la Sagra (hist. phys. polit. et natur. d. Cuba
Animaux articules, Crustaces, p. XXXVII) bewohnen die kleineren Individuen
C. Diogenes L. Landschnecken-Gehäuse, während die größeren die Schale
eines Meeres-Molluskes, in Havanna »Cigua« benannt, dazu wählen; leider
kann ich nicht in dem konchologischen Teile desselben Werkes den zoologischen
Namen der »Cigua« finden. Anderseits bewohnt C. rugosa nach De Man
(Notes from the Zoolog. Mus. at Leiden, II. 185) Gehäuse von 11 Mollusken-
Gattungen.
**) Der Garten ist am 3. Juli 1874 eröffnet. Berichte über ihn in dieser Zeitschrift 1875
S. 183; 1876 S. 329; 1877 S. 324; 1878 S. 121; 1881 S. 212; 1883 S. 342; 1885 S. 85; 1886 S. 62,
126 und 1661; 1887 S. 214; 1888 S. 12; 1889 S. 95,
344
Corone , Corvus Corax, Steinkauz, Waldkauz, Schl eiereule, Zwergohr¬
eule, Schneeeule und Uhu.
Die Wiederkäuer waren in Häusern, deren Grundriß einen Stern
bildet, untergebracht. Ferner vorhanden ein schöner Wolf, mehrere Fuchs-
arten, Genetkatze, Lynx rufa, L. canadensis, Martes foina, M. dbietum,
Mustela putorius, Waschbären, zwei junge Wisente, Fischottern aus
der Schweiz. Ein Bärenzwinger. Zwei Geflügelteiche, Reiher,
Wildsauen aus der Schweiz. Eine Meerkatze, als einziger Affen¬
bestand.« —
Über ein anderes Basler Tier, den Salm, machte mir der wohl unter¬
richtete Fischhändler Friedrich Glaser jun. damals folgende Mitteilungen. Er
verkaufte täglich 60 bis 70 Stück Lachs, keineswegs aber nur Rhein-Salm,
vielmehr bezog er, wie von Berlin die leckeren Oder-Krebse, so von Hamburg
Elblachs. Der Elblachs ist heller und fetter, der Kopf kleiner und spitzer,
das Fleisch des Rheinlachses rötlicher und saftiger. Die Basler Lachse leiden
sehr an Fischegeln. Die Egel sitzen an den Steinen im Rhein, auf welche
sich die Lachse bei niedrigem Wasser fest andrüchen, so den Schmarotzern
das Hinaufkriechen erleichternd. Im Gaumen, aber auch massenhaft außeu am
Schwanz und an den Ansatzstellen der Flossen bemerkte ich die ekelhaften
Peiniger, welche mitunter den edlen Fisch so abmatten, daß er ans Land
treibt. Bei höherem Wasserstande braucht der Lachs nicht so tief zu stehen.
Trübes Wasser sagt den Egeln nicht zu und sie fallen dann vom Lachs mit¬
unter ab. Die Stellen, wo sie gesessen haben, gerötet und blutunterlaufen,
sind leicht kenntlich.
Bei meinem letzten Besuch hielt ich mich rechts und stieß zunächst auf
das Affenhaus von mäßiger Größe, besetzt, soweit zu übersehen, nur mit
den gemeineren Species. Dann bemerkten wir einen indischen ziemlich rauh¬
haarigen Elefanten zusammen mit einem schwarzen Tapir. Der Elefant
ist von zwei Basler Naturforschern als etwa einjähriges Tier auf der Jagd in
Ceylon 1885 erbeutet worden und hört auf den singhalesischen Namen »Kumbuk.«
Auf dem terrassierten höheren Teile des Gartens befanden sich r. Aguti , dann
ein Papageienhaus und ein Bauer für graue Eichhörnchen.
Es folgt das R estaurant- Gebäude von wenig umfangreichen Ver¬
hältnissen. aber mit Orchester. Auffallend ist, daß am Garten angeschlagen
ist, er sei nur von 7 Uhr vormittags bis 8 Uhr abends geöffnet. Es klingt
dies hinsichtlich des Schlußtermins etwas philiströs und ist auch unpraktisch,
denn an schönen Sommerabenden wird man gern hier im Kühlen sitzen und
sich der Musik erfreuen wollen.
Links erscheinen Gehege für Ziegen, Mähnen sch afe, Hirsche und
Antilopen. Rechts an der Grenze ziehen sich ausgedehnte Volieren hin,
enthaltend u. a. Stelzvögel (Schnepfen, Regenpfeifer, Ibis, Reiher),
ferner Fasanen und Hokkohühner.
Dann stießen wir auf ein zweihöckeriges Kapiel und mehrere mittel¬
große, braungefärbte Buckel ochsen. Zum Reiten auf einem geräumigen
Tummelplatz dienten, neben dem Kamel, Shetl and-Pon ies.
Die mittelgroße Raubvogel-Voliere war gut besetzt : Läm mergeier,
Wanderfalk, Habicht, Bussarde, Rüttel-Falk, der südawerikanische
345
Carancho ( Polyborus Tliarus), der westafrikanische Kappengeier ( Neopliron
pileatus), Schreiadler, Seeadler, Milane, Gabelweihen.
Ein geräumiges Gehege war eingeteilt für Damwild, Wapiti-
Hirsche und Yaks. Das Raubtierhaus bekundet deutlich, daß man es
nicht mit einem zoologischen Garten ersten Ranges zu thun hat, doch waren
die vorhandenen Tiere meist recht gut im Stande, so ein schöner ostindischer
Panther, zwei stattliche afrikanische Leoparden, Wolf, Fuchs, Schakal,
Rüsselbären, Waschbären. Warum verschafft der Garten sich keine
Löwen, wo der Garten in Leipzig deren 20, der in Breslau gar einige 20
zählt? Wenn die Ernährungskosten auch bedeutende sind, so ist der König
der Tiere doch auch der beste Anziehungspunkt eines zoologischen Gartens.
In dem Bärenzwinger, von gewöhnlicher Bauart, bemerkte ich zwei
voneinander getrennte braune Bären, darin einer von bedeutender Größe.
Außer einem Steinhaus für Eulen fand ich noch ein Gehege für Büffel und
Bison. Der mir zuletzt in die Augen fallende Geflügelteich war mit
Schwimmvögeln reich besetzt. Die Namen der Tiere fehlten mitunter
gänzlich, die wissenschaftlichen Namen fast überall.
So gut auch die Verwaltung des Gartens unter dem vortrefflichen Direktor
Hagmann an sich erscheint, so macht es doch fast den Eindruck, als könnten
die Behörden und vielen reichen Patrizierfamilien Basels noch mehr für das
gemeinnützige Institut thun, zumal es der gut dotierten, weit verzweigten
Basler Mission nicht schwer werden kann, auch in entlegenen Teilen des
Erdballs neue Bezugsquellen zur Vermehrung und Verbesserung des Tierbe¬
standes im Basler zoologischen Garten aufzuspüren.
Korrespondenzen.
Raun heim a. M., im September 1890.
Vom unteren Main. — Seitdem der Main von Mainz bis Frankfurt
kanalisiert und mit Fischpässen versehen ist, kann der Fischbestand auch
einigermaßen kontrolliert werden. Von dem stärkeren oder schwächeren Zug
der Fische durch die Pässe hängt auch das Ergebnis der Fischerei ab. Im
Frühjahre 1890 begann der Zug der Fische mainaufwärts am 5. April und
endigte am 18. Mai. Er war diesmal 18 Tage kürzer als im vorigen Jahre,
und es kamen die Fische auch nicht so zahlreich hier vorbei wie in den Vor¬
jahren. Die Folge davon war nun auch der geringe Ertrag der Fischerei das
Frühjahr und den Sommer hindurch. Nur im Januar, als die Nadelwehre um¬
gelegt wurden und der Stau ablief, blieben in den entstandenen Tümpeln viele
Hechte zurück und gaben gute Beute; es wurden damals einige Zentner da¬
von gefangen. Lachse kamen in diesem Frühjahre nicht vor und die Mai¬
fische waren sehr selten. Die in den Main gesetzten Zander scheinen sich
zu verzieheu, denn sie werden immer seltener. Das unreine Mainwasser wird
ihnen wohl nicht behagen. Auch das letzte Jahr hat wieder den schlagenden
Beweis geliefert, daß alle Bestrebungen, den Main fischreicher zu machen, so
lange fruchtlos sind, bis dafür gesorgt wird, daß das Wasser wieder so rein
wird, daß Fische auch darin leben können. Die Ansammlung von Fischen an
den Wehren scheint auch den Fischotter anzuziehen, denn man findet häufig
346
seine Losung auf den Dämmen. Auch die Krebse sipd bis jetzt noch nicht
wieder eingewandert, und wir müssen wohl noch lange auf die kräftigen
Krebssuppen verzichten. Anodonten und Unionen sind in ein- und zwei¬
jährigen Exemplaren wieder häufiger anzutreffen und scheinen sich mehr an
das Wasser gewöhnt zu haben. Bei dem Stauablaß werden die trocken gelegten
Muscheln eine Beute der Rabenkrähen, die sie dann so lange aus der Höhe
auf die Erde fallen lassen, bis sich die Schloßbänder gelockert haben. Die
Ohr-Schlammschnecke, Limnaea auricularia, kommt auch wieder vor. Wie
dieselbe rasch fortwandern kann, habe ich neulich beobachtet. Es kamen
nämlich einige große Korkstopfen angeschwommen, an denen sich Limnaeen
festgesetzt hatten. Auf solchen Korkschiffchen können in fließenden Gewässern
Muscheln und Schnecken in kurzer Zeit große Strecken zurücklegen. Die
Schwimmschnecke, Neritina fluviatilis , habe ich bis jetzt noch nicht wieder
aufgefunden, obgleich dieselbe vor einigen Jahren noch sehr zahlreich vertreten
war. In dem großen Schilfrohre auf der rechten Mainseite haben in diesem
Jahre einige Paare Stockenten, Anas boschas, genistet und haben ihre Bruten
glücklich aufgebracht. Auch die kleine Rohrdommel, Ardea minuta, hat bei
Raunheim gebrütet, und manchmal sah ich sie im Grase stehen, den spitzen
Schnabel senkrecht in die Höhe gehalten, wie die Spitze eines Blitzableiters.
Am 1. und 5. Januar zogen Hunderte von Möven, meistens Silbermöven und
Lachmöven, mainaufwärts, am 16. Januar gingen sie wieder zurück nach dem
Rhein. Den ganzen Sommer hindurch war der Main von Möven ziemlich be¬
lebt. Da zwischen Mainz und Frankfurt die Leinreiterei aufgehört hat, weil
die Schiffe durch Dampfer gezogen werden, so werden die Weidenanlagen durch
die Schiffseile auch nicht mehr abgestreift und dienen den kleinen Vögeln
wieder mehr als Nistplätze. So war der Sumpfschilfsänger, Calamodyta
palustris, ziemlich häufig und erfreute uns noch am späten Abend durch seinen
Gesang. Im August kamen große Schwärme von Staren, die in dem Rohr
und den Weidenanlagen nächtigten und am Tage die Baumstücke nach reifem
Obst absuchten. Es sind meistens junge Vögel, die hauptsächlich aus dem
Odenwald kommen, woselbst sie sehr gehegt werden. Die Weinbergbesitzer
sehen sie im Herbste nicht gern. Im Frühjahre wurde auch ein Lappen¬
steißfuß, Podiceps minor, hier geschossen und kam in meine Hände. Die Fisch¬
pässe ziehen auch die Eisvögel, Alcedo ispida , an, besonders in den Winter¬
monaten, und mau sieht da manchmal mehrere beisammen. Im Laufe des
Sommers habe ich noch besonders beobachtet den Halsband- Regenpfeifer
Charadrius hiaticula, den kleinen Regenpfeifer, Ch. minor, und den punktierten
Strandläufer, Tringa ochropus. Sehr häufig sieht man die Uferschwalbe,
Hirundo riparia, in großer Gesellschaft über den, Wasserspiegel streichen. In
den Wintermonaten trifft man besonders zwischen Raunheim und Kelsterbach
an Entenai'ten hauptsächlich noch die Kriekente, Anas crecca, die Schellente,
A. clangula, die Knäkente, A. querquedula, die Spießente, A. acuta, und die
Pfeifente, A. Penelope. Vom Maine aus gehen Wildenten vielfach in die Sümpfe
unserer Wälder und werden da oft erlegt.
Durch die Kanalisierung des unteren Maines hat sich manches geändert,
und es sind mitunter ganz andere Verhältnisse eingetreten, die. durch das hohe
und gestaute Wasser bedingt werden. Die neuen Anlagen haben auch in
botanischer Hinsicht manches Neue, gebracht. L. Buxbaum..
Schlaupitz, am 19. Oktober 1890.
So viel mir bekannt, ist die Darmatmung bei unseren Schmerlen ( Cobi -
tidinae) im Fr ei leben noch nicht beobachtet worden (vgl. v. Siebold
p. 341, Brehm p. 300, Be necke p. 145, Blanok 32, Günther »Handbuch
der Ichthyologie« p. 433 etc. *), es dürften daher wohl für den geneigten Leser
des »Zoologischen Garten« folgende Notizen nicht eben uninteressant sein:
Am 31. Mai d. J. früh 8 Uhr pilgerte ich den Ufern eines auf Serpen¬
tinuntergrunde reißend dahinfließenden Bächleins entlang dem Geiers¬
berge zu. Als ich an einem ca. ^LD-m großen, aber seichten Tümpel im
Oberlaufe des Grabens anlangte, da sah ich am Grunde desselben einen großen
Ntmachilus barbatulus Günth. Catal. ofFishes VII p. 354 unbeweglich daliegen,
den Kopf nach der Strömung gerichtet. Plötzlich kam der Fisch unter den
bekannten schlängelnden Bewegungen nach oben, reckte die Schnauze aus
dem Wasser hervor, verschluckte eine Menge Luft und preßte gleichzeitig
aus dem After eine Unmasse Luftperlen heraus. Dieses Schau¬
spiel wiederholte sich bei ihm öfters und wurde von mir am näm¬
lichen Tage bei sechs weiteren »Gründeln« wahrgenommen in den Rinnsalen
der bekannten Silsterwitzer Wiesen.
Alle diese Bäche kommen direkt von den Bergen, fließen auf
Serpentin schnell dahin, s ind sauerstoffreicli, eisenhaltig und werden
durch keinerlei Substanzen verunreinigt. Temperatur des
Wassers am 31. Mai: + 7° C; der Luft (im Schatten) 4- 11° C; Wind steif
und kühl aus W. (es war in der Nacht gereift).
Stand des Barometers normal, Magnetnadel ruhig; nachmittags kein
Gewitter (vgl. über diesen Punkt meine Notizen im 27. — 31. Jahresbericht
der Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften. Gera p. 227, sowie
Dr. Karl Ruß »Isis« 1888).
Am 31. Juli a. er. sah ich abermals verschiedene Stücke von Nemachilus
barbatulus Günth. in einem Gebirgsbache des Zobten von derselben Beschaf¬
fenheit wie die im Voraufstehenden beschriebenen Gräben durch den Darm
atmen. Lufttemperatur im Schatten 4- 21° C, in der Sonne 4- 24x/2° C,
Wärme des Wassers 19° C. Luft flau aus Osten, kein Gewitter, überhaupt
keine Wolken am Himmel. An diesem Tage war das Aussehen sämt¬
licher Schmerlen ungemein hell, nicht so am 31. Mai.
Karl Knauthe.
Berlin, 25. Oktober 1890.
Das Eichhörnchen, Pilze fressend. Soeben lese ich im »Zool.
Gart.«, Heft 9, p. 284, Ihre Notiz über ein Eichhörnchen. Dazu erlaube ich
mir folgende eigene Beobachtung mitzuteilen. Am 13. Juli d. J. stand ich
unter einer Eiche an der Berlin-Charlottenburger Chaussee, um den Regen
abzuwarten. Da bemerkte ich, wie ein Eichhorn unter einer nahen Nachbar-
eicbe von der Erde etwas (mehrmals) aufnahm und verzehrte; dicht daneben
standen große Exemplare von Bussula vesca Fr. Ich ließ nicht eher nach,
bis ich dahinter gekommen war, was das Tierchen fraß; es waren eben aus
der Erde hervorkommende Hüte von Bussula vesca. Die alten Stücke
*) Vergl. Jahrgang XI. 1870. S. 162.
N.
348
daneben waren kaum oder gar nicht benagt. Diese Notiz schrieb ich
damals nieder, um darauf zu achteu, ob solches öfter vorkäme, vergaß es
aber. Als ich nun Ihre Mitteilung las, wurde mir meine Beobachtung wieder
ins Gedächtnis gerufen. Es wuchs an der Stelle nur Russula, und nur junge
Stücke davon sah ich fressen.*) W. Hartwig.
Kleinere Mitteilungen.
Zur Seelenkunde unserer Hausente. — Je weiter das vollkommenste
Geschöpf, der Mensch, in Kultur und Bildung fortschreitet, destomehr wird er
in allen Tieren, gleichviel welcher Art, seine vielleicht gleichberechtigten treuen
Mitarbeiter und Teilhaber an den vorbestimmten Freuden wie Leiden des Da¬
seins anerkennen.- Das ist heute schon völlig zweifellos. Keineswegs liegt
aber das Seelenleben derselben für uns schon allüberall als offenes Buch da
und es ist ein schöner Zug unserer Zeit, daß sie ein inneres Band nicht bloß
bewußt, aber stillschweigend voraussetzt, sondern auch allen Gelegenheiten
nachgeht, endlich doch einmal bis zum allein wahren Erkennen vor- und
durchzudringen.
Mein alltäglicher Weg zur Stadt führt quer über eine Wiese, welche im
rechten Winkel durch die Chaussee begrenzt wird. Gerade im Winkel liegt
die Wiese am tiefsten und demzufolge hatte sich dort nach anhaltendem Regen
im Frühlinge des Vorjahres ein ansehnlicher Teich gebildet, der sich durch
ober- und unterirdische Zuflüsse auch bis in den Spätherbst erhielt. Dieser
Teich und seine Grenzen waren der Schauplatz einer ausgesprochenen sommer¬
langen Entenfreundschaft. Eines Morgens finde ich nämlich den Teich durch
eine aus Mutter und drei im ersten Flaumenkleide befindlichen Jungen bestehende
Entenfamilie in Besitz genommen, eine allerliebste, fesselnde Gruppe. Über¬
rascht blieb ich stehen und that, was ich bei anmutenden Begegnungen mit
Tierweltsangehörigen immer zu thun pflege: ich biete Freundschaft an, indem
ich Futter aus der Tasche hervorhole und austeile. Ob dieses unerwarteten
Morgenimbisses schlug die junge Brut auch kunstvolle Purzelbäume im Wasser.
Regelmäßig erschien ich für die Folge morgens, mittags und abends fast genau
auf die Minute bei meinen Freunden. Das dauerte Wochen und Monate.
Die Entenmutter wußte augenscheinlich sehr gut zu berechnen und zu
unterscheiden. Alle sonst Vorüberwandelnden — und deren gab es zu jeglicher
Tageszeit — wurden vollständig unberücksichtigt gelassen, kam ich aber in
Sicht, dann richtete sich allemal die alte Ente im Wasser hoch auf, stieß einen
Ton aus, dessen etwa mögliche Übersetzung ich unterlasse, und sofort verließ
die ganze Familie ihr nasses Element, um mir mit ausgebreiteten Flügeln
entgegen zu stürmen und meine Gaben in Empfang zu nehmen. Um fest¬
zustellen, wie weit das Begriffsvermögen der Enten sich bethätige, habe ich
folgende Versuche angestellt: Ab und zu ließ ich einen Freund vorausgehen
und diesen die Fütterung vornehmen. Die Enten nahmen allerdings ruhig
seine Gaben an, aber ersichtlich nur so nebenbei, als bewußte außergewöhn-
N, ' ,
*) Vergl. auch Jahrgang XXIX, 1888, S. 89.
349
liehe Zwischenmahlzeit, sie rechneten auf etwas Anderes und holten sich oft
nicht einmal jenen Brocken, der zufällig aufs Trockene gefallen. Ich selbst
kam von einer anderen als der gewöhnlichen Seite an den Teich heran, wechselte
die Kleider, ging mitten in Gesellschaft: immer wurde ich erkannt und von
der Gesamtheit mit entgegenkommendem Geschnatter zu Lande begrüßt. Öfters
gaben mir die Enten das Geleite eine Strecke und als ich veranlaßt war, vor¬
übergehend einen anderen Weg in die Stadt zu wählen, fanden sie sich einmal
an meiner vom Teiche über 1000 Schritte entfernten Wohnung zur üblichen
Morgenstunde ein. Erwähnenswert bleibt noch, daß die Entenfamilie zum
Verdruß ihres Besitzers, eines alten Gärtners, abends nicht eher vom Teiche
zu bringen war, als bis ich vorüber war. Verschiedene Tage kam ich gar
nicht, und dann hat es immer eine lange Jagd über die Wiese gegeben, war
ich aber vorüber, so gingen die Tiere ganz von selbst in den Stall. Als der¬
selbe einigemale morgens nicht zeitig geöffnet wurde, sollen sie merklich getobt
haben und freigelassen im Geschwindwatschel ihrem Teiche zugesteuert sein.
So war’s, bis der Herbst kam, welcher diese Freunde leider auf den Markt
brachte. —
Ist das nicht eine ganze Reihe vorbedachter Handlungen, welche unsere
sprichwörtlich dumme Ente in einem ganz anderen Lichte erscheinen lassen?
Eduard Rüdiger.
Geburten in der Menagerie des »Museum d’Histoire natu¬
relle« (Jardin des plantes). Nach einer Mitteilung des Herrn M. P. Huet
wurden innerhalb der letzten Jahre in der Menagerie geboren: 2 Makake,
Macacus cynomolgus, von denen der eine 17 Tage, der andere 2 Jahre lebte;
1 Bastard von Pavianen, Cynocephalus Papio, <$, und Cyn. babuin Q, der nur
87 Tage lebte; 5 schwarzstirnige und 4 schwarze Maki, Lemur nigrifrons und
L. niger ; 4 Schakale, Canis aureus ; 4 Löwen, Felis leo ; 8 Tiger, Felis tigris
die alle sieben nicht aufkamen; 2 Paka, Coelogenys paca, in einer Zwischen¬
zeit von einem Jahre geboren, jedes wurde 7 Jahre alt; 3 Wildesel, Equus
Hemionus (19. Juni 1885, 23. Juni 1886, 19. Juni 1888) ; 4 Zebra, Equus
Burchellii (20. Juni 1880, 29. März 1884, 15. September 1886, 15. Juni 1889)
2 Lama, Auchenia lama , deren eines 13, das andere 17 Monate alt wurde
3 Kapbüffel, Bubalus caffer\ 4 Bison, Bos americanus] 10 Zebu von Mada¬
gaskar, Bos madagascariensis (meistens im März und April); 14 Zwergziegen
vom Senegal; 38 Manchetten-Muflon, Ovis tragelaphus (April 17, März 9,
Mai 7, Juni 2, Juli 1, Dezember 1, Februar 1); 1 Tora-Antilope, Alcelaphus
tora (am 10. Dezember 1883, gestorben am 29. September 1885); 3 Bleßböcke,
Ale. albifrons, von denen einer am 4. Juli 1878 geboren ist und jetzt noch lebt;
2 Gnu, Catoblepas Gnu, davon eines im August 1882 geboren und die Mutter
des zweiten (Dezember 1887) geworden ist; 4 Nylgau, Portax picta\ 14 Schirr¬
antilopen, Tragelaphus scriptus\ 8 Säbelantilopen, Hippotragus leucoryx\ 7 Ga¬
zellen, Gazella rufifrons ; 1 Elen-Antilope, Oreas canna\ 2 Euryceros-Antilopen,
Tragelaphus euryceros ; 11 rote Antilopen, Eleotragus reduncus', 16 indische
Antilopen, Antilope cervicapra; 11 Kobu, Antilope unctuosus ; 1 Beisa-Antilope ;
Oryx beisa ; 5 Renntiere, Cervus tarandus; 3 Edelhirsche, Cervus Elaphus ;
10 Aristoteleshirsche, Cervus Aristotelis ; 11 Schweinshirsche, C. porcinus, und
24 Sikahirsche, C. Sika. Hiermit ist das Verzeichnis der für eine Tiersamm-
— 350
lung, »die nicht viel mehr als eine Menagerie ist« (s. S. 245 dieses Jahrgangs)
ungewöhnlich reichen Geburten keineswegs geschlossen. Wir werden, sobald
die Fortsetzung erschienen ist, einen weiteren Auszug aus derselben bringen.
Nach Revue des Sciences Applique'es No. 18. 1890. N.
Die Prairiehunde ( Cynomys ludovicianus ) scheinen nach den Beob¬
achtungen von Dr. Wilder den Begriff der Entfernung nicht zu besitzen.
In der Cornell-Universität stiegen mehrere Individuen ohne Zaudern auf
Stühle, Tische und Fensterbänke. Es hängt dies wahrscheinlich mit der
Art ihres Wohnortes zusammen, der Ebene, die keine größeren Unebenheiten
hat als Höhlen und Hügel. Ein altes Weibchen schien eine wunderbare Un¬
empfindlichkeit gegen die Wirkung des Falles zu haben, denn es fiel einmal
21 Fuß hoch von der Spitze eines Elevators und ein andermal ebenso
hoch von einer Fensterbank herab auf ein Granitpflaster, erhob sich aber
sogleich wieder. Diese Tiere richten bei einem plötzlichen Schall den Körper
in die Höhe und bellen und scheinen die auf schnelle Erregungen des Nerven
Systems folgenden Reflexe wenig oder gar nicht beherrschen zu können, denn
eins der Tiere, das bei dem Schlage einer großen Glocke erschrak, fuhr so
rasch in die Höhe, daß es von seinem Sitze herabstürzte.
Nature. 11. September 1890.
Über Dressur von Tieren. Anläßlich der Basler Messe produzierte
sich ein Elefant, der nicht mit Unrecht als »musikalischer« Elefant angepriesen
war, nebenbei aber auch mit allem Anstand aß und trank — welches letztere
eine Condition sine qua non jedes Musikanten ist. Doch zur Sache. Fürs erste
mußte sich der »musikalische« Elefant, der von einer wahren Minerva
kommandiert wurde, auf einem Brettchen, das kaum Raum genug für seine plumpen
Beine hatte, herumdrehen; alsdann wurde ihm serviert : 2 Platten, und ein
Becher Wein. Als er das mit Grazie zu sich genommen, verlangte die Minerva —
nennen wir sie Elefantine — Bezahlung, welche Mister Elefant auch leistete,
indem er eine Schublade seines Eßtisches herauszog und der Wirtin ein
blankes Silberstück überreichte. Nachzutragen ist noch, daß an dem Tische
sich ein Glockenzug befand, den der Elefant in Bewegung setzte, als er zu
essen verlangte. Nun kam die Musik. Der Elefant bekam eine Mundharmonika
in den Rüssel, welche er hin und her schob und ganz leidlich spielte; nachher,
ieine Trompete, welcher er (mit dem Munde) die schönsten Töne entlockte
Schließlich setzte er mit dem Rüssel eine Drehorgel (eine Brille auf den
Augen) in Bewegung und zwar im strengsten Takt. Man sage, was man wolle^
aber ein bißchen Verstand ist doch dabei, auf Seite der Tiere nämlich!
Th. A. Bruhi n.
Wand ernde Krokodile. Auf den Cocos-Inseln wurde nach H. N. Ridley
von einem Mr. Roß ein Krokodil geschossen, nachdem es eine Anzahl Enten
vertilgt hatte. Es war schon vorher von einem Eingeborenen in der See be¬
merkt und als ein Mittelding zwischen Eidechse und Baumstamm beschrieben
worden. Da das nächste Land, von welchem das Tier gekommen sein konnte,
Java, volle 700 engl. Meilen entfernt ist, so muß man seine Leistung im
Schwimmen eine erstaunliche nennen. Ansammlungen von Bambus treiben
manchmal nach den Cocos-Inseln und vielleicht hat das Tier an einer solchen
351
Halt gefunden. — Auf der Insel Barbados wurde nach A. L. Caldwell 1885
ein über 15 Fuß langer Alligator an das Land getrieben; gerade wollte er an
dem Ufer eroporkriechen, als er von einem Ingenieur-Sergeant und einigen
Sappeuren bemerkt, erschossen und dann in der Stadt ausgestellt wurde. Die
nächste Stelle des Festlandes, von der er gekommen sein konnte, ist der
Orinoco, eine Entfernung von 300 Meilen. Da aber die Strömung das Tier
jedenfalls vom Orinoco westlich an Barbados vorbeigeführt haben würde, ist es
wahrscheinlich, daß es von der Mündung des Amazonenstromes oder desEssequibo
gekommen war. Ein Dr. Mitchell auf Trinidad hat beobachtet, wie ein Alli¬
gator auf einem kleinen Stamme in dem Golf von Paria von Haifischen ange¬
griffen wurde. Nature, Septbr. 1890.
Von der Wiener Jag dau s stell u n g. Nach der »Land- und Forst-
wirtschaftl. Ausstellungszeitung« von Hugo Hil sen man n war unter anderem
sehenswert der Kopf eines Hirsches mit prächtigem Geweih, in freier Wildbahn
von Graf Rud. Czermin am 29. Sept. 1887 im Revier Riesenhain, Domäne
Marschendorf, erlegt. Das Gewicht des Hirsches betrug 196 kg, ohne Aufbruch
162 kg, die Länge 2 m, die Höhe 1,80 m. — Ferner waren Geweihe von Hirsch
und Reh da, welche nach der Methode des Fürstl. Claryschen Oberforstrueist.ers
K. Holfeld mit Kalkphosphaten gefüttert worden und deren Geweihstücke in¬
folgedessen reich beperlt waren. — Seltene Hirschgeweihe trugen auf einer
Seite fünf gleichmäßig übereinander stehende Sprossen, ehe die Krone sich ver¬
zweigte. — Die linke Stange eines ungeraden Zwölfenders war von einer Kugel
so schön durchlöchert, als wenn das Loch auf einer Drechslerbank ausgedreht
worden wäre. Der Hirsch war von Fabrikbesitzer Salzer in St. Pölten im Buchen,
stubener Reviere mit dem ersten Schüsse getroffen und dabei zusammenge¬
brochen. Als er sich aber rasch wieder erhob, wurde er mit einem zweiten
Schüsse zur Strecke gebracht und da zeigte es sich denn, daß die erste Kugel
die linke Stange durchbohrt hatte. A. Sr.
Litte r atu r.
\
Naturgeschichte der deutschen Vögel, einschließlich der sämtlichen
Vogelarten Mitteleuropas. Von C. G. Friderich. Vierte Auflage. 24 Liefe¬
rungen a 1 Mark. Stuttgart, Julius Hoffman n. 1890—91.
Friderichs Naturgeschichte der Zimmer- und Hausvögel hat in drei Auf¬
lagen eine weite Verbreitung gefuuden.*) Sie erscheint jetzt in neuer Ausgabe
und mit etwas veränderter Richtung; hatte sie früher größeres Gewicht auf
die Haus- und Zimmervögel, Hühner, Tauben, Ausländer u. s. w. gelegt und
deren Rassen genau beschrieben, so ist davon manches weggefallen und das
Buch dafür erweitert worden zu einer Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas
besonders aber Deutschlands. Keineswegs aber ist die praktische Vogelkunde
vernachlässigt worden, und den Singvögeln sowie den Raubvögeln, Hühnern,
Schnepfen und Enten ist größere Sorgfalt gewidmet, sowie auch der Pflege
des gesunden und kranken Vogels, der Aufzucht und Haltung, den Käfigen u. s. w.
eine eingehende Behandlung zu teil geworden ist. Mit großem Vergnügen haben
wir einzelne Kapitel durchgesehen und bemerkt, wie besonders die Lebens¬
eigentümlichkeiten des Vogels, seine Rolle in dem Haushalte der Natur und
seine Stellung zum Menschen betont sind.
352
Die Zahl der Farbentafeln ist in der neuen Auflage ebenfalls vermehrt
worden, viele neue Vogelbilder sind zugefügt und diese sind in weit voll-
kommnerer Weise ausgeführt als früher, so daß auch in dieser Beziehung dem
Freunde der Vogelwelt Vortreffliches geboten ist. Einem jeden, den irgend
ein Grund auf die Kenntnis des Vogels und seines Lebens hinweist, können
wir das schöne Werk darum bestens empfehlen. N.
uauna piscium germaniae, Verzeichnis der Fische der Stromgebiete der
Donau, des Rheins, der Ems, Weser, Elbe, Oder, Weichsel, Memel und des
Pregels. Von Dr. Erwin Schulze. Potsdam, Eduard Döring. 1890. 8°
77 Seiten. 1 Mk. 50 Pfg.
Der Verfasser gibt eine Übersicht sämtlicher, in den genannten Gebieten
vorkommender Fische. Den Ordnungen sowohl wie den Familien, Gattungen
Fnd Arten ist eine lateinische und deutsche Beschreibung beigegeben, die
Lebensweise ist erwähnt, auch die Nahrung und die bei den betreffenden
Fischen vorkommenden Schmarotzer sind angeführt, wie auch schließlich die
Art der Verbreitung. So kann das Werkchen ganz wohl ein Führer sein in
die Kunde der einheimischen Fischwelt. So viel uns bekannt, sind aber männ¬
liche Flußaale auch in Flüssen gefunden **)> sind also nicht »immer im Meere
verbleibende Männer;« bei der Aufzählung der die Gebiete behandelnden Litteratur
hätten vielleicht auch Aufsätze aus unserer Zeitschrift, wie z. B. die über die
Fortpflanzung des Bitterlings n. a. m. Aufnahme finden dürfen. N.
*) Vgl. die Jahrgänge 3, 4, 14, 16 unserer Zeitschrift.
**) Z B. hei Wittenberg; vgl. Jahrg. XXI, 1880. S. 296.
An unsere Leser und Mitarbeiter.
Da in der Beförderung der an mich adressierten Briefe öfters Verspätungen
wegen mangelhafter Adresse oder auch Verwechselungen eintreten, indem ein
Herr gleichen Namens mit mir Lehret an dem hiesigen Kaiser-Friedrich-
Gymnasium ist, so bitte auf Sendungen für mich meine vollständige Adresse
oder meine Wohnung angeben zu wollen : Prof. Dr. F. C. Noll, Öderweg 96.
Eingegangene Beiträge.
Dr. F. D. in K. Meine Karte zur Beantwortung Ihrer Anfrage ist Ihnen wohl zuge-
dommen? — H. S. in B. hei D. — Tierarzt N. in St. — Dr. L. W. in K. Besten Dank für
kie Zusendung der Protokolle vom September 1890. — K. K. in Sch. Besten Dank. Die
Briefe von Ihnen werden öfters in meinem Amtslokal abgegeben, wo sie mitunter mehrere
Tage liegen können. Bitte darum in meine Wohnung, Oederweg 96, adressieren zu
wollen.
Bücher und Zeitschriften.
A. 6 au dry. Die Vorfahren der Säugetiere in Europa. Übersetzt von Will. Marshall.
Webers Naturwissenschaft!. Bibliothek No. 1. Leipzig. J. J. Weber 1890. 3 Mark.
Dr. C. L. Reuvens. Die Myoxidae oder Schläfer. Inauguraldissertation. Leiden. P. W.
M. Trap 1890.
Ernst Beck-Corrodi. Der Harzer Sänger. Zürich, Ulrich & Co. 1890. 1 M. 35 Pfg.
C. G. Friderich. Naturgeschichte der deutschen Vögel, einschließlich der Vogelarten
Mittel-Europas. 4. Auflage, Lieferung 1—14. Stuttgart, Jul. Hoffmann 1890—91.
ä Lieferung i Mark.
The Journal of Comparative Medicine and Veterinary Archives. Edited by W. A. Conklin
& R. Sh. Huidekoper. Vol. XI, No. 10 und 11. Philadelphia, A. L. Hummel. 1890.
C. G r e v 6. Die geographische Verbreitung der Hyäniden und Caniden. Mit 4 lithogr.
Tafeln. Zoologische Jahrbücher. 5 Band.
Nachdruck verboten.
Pruck von A. Mahlau (Fa. Mahlan & Waldschmidt). Frankfurt a. M.
Der Zoologische Garten.
Zeitschrift
für
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ (1er Zoologischen Gärten Deutschlands.
, Redigiert von Professor Dr. F. C. Noll.
Verlag von Mahlau & Wald Schmidt iu Frankfurt a. M.
N°- 12. XXXI, Jahrgang, Dezember 1890.
Inhalt.
Skorbut hei Schimpansen; von Tierarzt A. Nill in Stuttgart. — Die Raubsäugetiere
des Teutoburger Waldes; von Heinrich Schacht. —.Das gemauerte Beckenaquarium
und seine BeAvohner; von Dr. Emil Buck. (Schluß.) — Über die Paarung der Krontaube,
Goura Steursi Temm. (= Gaura Yicioriae Fraser); von Dr. A. <ü. Oudemans im Haag. — Der
zoologische Garten in Düsseldorf; von Ernst Friedei. • — Korrespondenzen. — Kleinere
Mitteilungen. — Litteratur. — Bücher und Zeitschriften. — Register.
Skorbut bei Schimpansen.
Von Tierarzt A. Nill in Stuttgart.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß die höchstorganisierten
Tiere, die anthropomorphen AtFen, wenn sie aus ihrer tropischen
Heimat in unsere Gärten gebracht werden, selbst bei der allersorg¬
fältigsten Pflege meist nur kurze Zeit am Leben erhalten werden
können. Die Krankheiten, welche solche Tiere befallen und welchen
sie in der Regel auch erliegen, sind zwar sehr verschiedener Art,
doch begegnen wir neben den bekannten tuberkulösen Luugenaffek-
tionen am häufigsten allgemeinen konstitutionellen Erkrankungen.
Schon der Transport aus den Tropenländeru bringt so viele Ge¬
fahren mit sich, daß es kaum zu verwundern ist, wenn nur eine
sehr geringe Zahl solcher Tiere in verhältnismäßig gutem Zustande
in unsere Hände kommt. Es sind vor allem die kleinen dumpfen,
sehlechtventilierten und mit den verschiedenartigsten Kontagien an¬
gefüllten Schiffsräume, in welche man unsere Pfleglinge sperrt und
in welchen der durch schroffen Klima- und Temperaturwechsel, sowüe
durch einseitige und mangelhafte Ernährung heruutergestimmte
Organismus mit Leichtigkeit solche Krankheitserreger aufzunehmen
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1800. 23
1 . •
354
imstande ist. Der Keim zu der so verheerenden Tuberkulose, welche
uns die Affen in der ersten Zeit wegrafft, wird hier gelegt.
Haben wir aber das Glück, gesunde, lebensfrische Tiere zu er¬
halten uud sind dieselben au die neue Behausung und Fütterungs¬
weise gewöhnt, sind auch etwaige leichte Übergangskrankheiten, wie
Katarrh, Diarrhöe etc. überstanden, mit einem Wort scheinen sie
akklimatisiert zu sein, so werden doch früher oder später Krankheits¬
symptome an uusern Pfleglingen auftreteu, die häufig auf Ernährungs¬
störungen zurückzuführen sind und die dann langsam aber beinahe
sicher den Tod herbeiführen. Wohl eine der häufigsten solcher
Krankheiten ist der »Skorbut«, uud es dürfte vou Interesse sein, die
Erfahrungen zu verfolgen, welche ich in meinem Tiergarten bei der
Behandluug von vier sehr heftig an Skorbut erkrankten Schimpansen
gemacht habe.
Das erste Tier, männl., etwa 2 jährig, wurde im Jahre 1883 in
Marseille erworben und lebte in seinem durch Wasserheizung erwärmten
Zimmer 2 1/2 Jahre. In der letzten Zeit seines Lebens stellte sich Skorbut
ein, der nach 2 monatlicher, durch die Widerspenstigkeit des Patienten
sehr erschwerten ärztlichen Behandlung den Tod durch Blutvergiftung
herbeiführte. Die Sektion ergab, neben den lokalen unten näher
beschriebenen skorbutartigen Veränderungen in der Maulhöhle, einzelne
frische metastatische Entzündungsherde in der Lunge und im Gehirn,
sowie leichte Brust- und Bauchwassersucht, wohl als Folge der
übrigen Krankheitserscheinungen ; alle übrigen Organe waren voll¬
ständig gesund.
Der hohe Preis solcher Affen und ihre groiäe Sterblichkeit verhin¬
derten mich nicht, im März 1888 wieder 2 weibl. Schimpansen, ungefähr
2 und 3 Jahre alt, ebenfalls aus Marseille stammend, zu erwerben.
Sie kamen aber in einem wenig erfreulichen Zustande an, denn das
ältere Tier, sehr abgemagert, mit glanzloser rauher Behaarung und
nekrotischem Unterkiefer, brachte schon hochgradigen Skorbut mit und
verstarb nach kurzer Zeit.
Das andere ziemlich kleinere Weibchen war besser genährt und
hatte glänzend schwarze Haare. Ein auf der Reise erworbener heftiger
Nasen- und Rachenkatarrh, verbunden mit starker Schwellung der
Kehlgangsdrüsen, verging bald, das Allgemeinbefinden besserte sich,
nur die lästige Schlingbeschwerden veranlassenden Drüseuschwel¬
lungen blieben bestehen, auch das Benehmen des Tieres war ruhig,
teilnahmlos, fast furchtsam. Bald nach dem Tode des einen Weibchens
traten jedoch auch hier die gefürchteten Symptome des Skorbut zu
355
Tage, übler Geruch aus dem Munde, mißfarbig violett aussehendes
Zahnfleisch, das bei jeder Erregung stark blutete. — Futterwechsel,
Entziehung aller Süßigkeiteu, Arzneimittel alles umsonst; die Krankheit
schritt rasch vorwärts; nach kurzer Zeit zeigten sich graue fressende
Geschwüre am Zahnfleisch, letzteres schwand allmählich, die Zähne
lockerten sich und wurden kariös, vermutlich unter heftigen Schmerzen?
die sich durch Aufeinanderpressen der Lippen, Vorhalten der Hand
und Klagetöne äußerten ; auch ließ krampfhafter Husten auf eine
gleichzeitige Affektion der Bronchien schließen. — Der Tod war in
wenigen Tagen zu erwarten.
Der Hausarzt, welcher in dieser Not um den Liebling des Pub¬
likums zu Rate gezogen wurde, schlug eine örtliche Behandlung
• •
durch energische Atzung mit Liqu. ferr. sesquichl. vor. Chloroform-
• •
Narkose, deren Überwachung durch den kaum fühlbaren Pnls sehr
erschwert uud ohne welche natürlich jeder Eingriff unmöglich war,
trat verhältnismäßig sehr rasch ein und war auch nach beendigter
Operation ebenso schnell wieder verflogen, ohne Erbrechen u. a. zu
erzeugen.
Nachdem die Kiefer mit Baumwolle von den mit Blut unter¬
mischten nekrotischen Gewebsfetzen gereinigt waren, konnten wir uns
erst von dem Umfang der Zerstörungen überzeugen. Zwei lockere
Backenzähne samt einem anhängenden nekrotischen Kieferstück
wurden entfernt und zuletzt alle kranken Stellen mit unverdünntem
Liqu. ferri geätzt. Die nächste Folge dieser Behandlungsweise war,
daß das Tier nach etwa 3 Stunden wieder ein, in letzter Zeit immer
verschmähtes Glas Milch begierig austrank ; die Wunden reinigten
sich einigermaßen, auch der üble Geruch verminderte sich vorüber¬
gehend ; im allgemeinen blieben aber die lokalen Veränderungen
bestehen, die sich nach einer zweiten ähnlichen Behandlung drei
Wochen später wiederum nur vorübergehend besserten. Das Tier
wurde aber allmählich lebhafter, auch sein Benehmen mir gegenüber
änderte sich merkwürdigerweise, es zeigte mehr Anhänglichkeit,
streckte nach vollzogener Operation jedesmal seine Arme hülfesuehend
nach mir aus und umschlang vergnügt meinen Hals, trotzdem es
jedesmal zur Narkose mit Gewalt von mir festgehalten werden mußte,
überhaupt mir vordem immer scheu auswich. — Bald aber war der
alte Zustand wieder da, so daß bei der nach 2 weiteren Wochen
• •
notwendig gewordenen dritten Atzung 13 kariöse Zähne, teilweise sehr
locker sitzend, ausgerissen werden mußten und nur uoch 3 Eckzähne
und 1 Backenzahn zurückblieben. Jetzt erst schien der Krankheit
356
Einhalt getlian. Sechs Stunden nach diesem letzten Eingriff aß der
Affe seinen Brei wieder mit dem Löffel, nur führte er diesen sehr
vorsichtig ein und möglichst weit nach hinten, um den mißhandelten
Kieferrändern nicht wehe zu thun. Bald reinigte sich das Zahn¬
fleisch, indem die Geschwüre heilten und der üble Geruch vollständig
verschwand, ohne daß weitere Ausspülungen der Mundhöhle gelungen
wären, und nach Yerfluß von einem Monat ist aus dem stillen phleg¬
matischen Geschöpf ein übermütiges lustiges Tier geworden. Wäh¬
rend seiner Krankheit trank es sehr viel Wasser, dem einige Tropfen
Liqu. ferr. und Citronensaft zugesetzt wurden. Dieses Getränk sowie
Zitroneuschnitze, die es mit Yorliebe aussaugte, wurde nach der
Wiederherstellung verschmäht.
Ein weiteres ganz gesundes munteres Männchen, ebenfalls 2 jährig,
erwarb ich in Hamburg und brachte es zu dem nun gesunden Weib¬
chen. Aber bald war auch dieses Tier von Skorbut unter ganz den¬
selben Anzeichen befallen. Natürlich suchte ich sofort der im Anzug
begriffenen Krankheit mit Eisen und Zitronen entgegenzuwirken,
aber ohne Erfolg; der Zustand verschlimmerte sich zusehends. Au
der Hand der gemachten Erfahrungen und mit etwas weniger Furcht
vor zu energischem Eingreifen wurde auch dieses Tier, ehe die
Krankheit ihren Höhepunkt erreicht hatte, derselben Behänd lungs-
• •
weise unterworfen. Nach 2maliger Atzung und mit Verlust von nur
zwei Drittel der Zähne trat ebenfalls vollständige Heilung ein.
Beide Tiere sind nun heute noch am Leben und entwickeln sich
prächtig, auch sind inzwischen wüeder neue Zähne nachgewachsen,
von der gefürchteten Krankheit zeigte sich aber bis jetzt keine
Spur mehr.
Dieser Heilerfolg dürfte zur Hauptsache der Darreichung von
Eisen und Citronen zuzuschreiben sein, und wenn eine Skorbuter¬
krankung frühzeitig genug als solche erkannt worden ist, so werden
in den meisten Fällen diese Mittel, verbunden mit geeigneter Diät,
genügen, eine Heilung herbeizuführen. Es wird sich überhaupt em¬
pfehlen, als Präservativinittel gegen diese häufige Krankheit den Affen
von Zeit zu Zeit Citronenschnitze zu geben, deren heilsamer Saft
durch Zerkauen der Schnitze in innige Berührung mit dem Zahnfleisch
kommt.
357
Die Raubsäugetiere des Teutoburger Waldes.
Von Heinrich Schacht.
VI. Das große Wiesel oder Hermelin ( Muslela erminea).
An einem schönen Sommernachmittag ging ich hinaus aufs Feld.
Eine drückende Schwüle lagerte auf den Fluren, von keinem Luftzuge
unterbrochen. Unter einer dichten Hainbuchenhecke am Saume eines
• •
wogenden Ahrenfeldes fand ich ein schattiges Plätzchen zum Aus¬
ruhen und zur Beobachtung. Rings umher herrschte eine wahre
Sabbathstille, nur unterbrochen vou dem eintönigen Zirpen der Grillen
und dem Gesänge eines Goldammers. Auf einmal horch! welch ein
fürchterlicher Lärm entsteht hinter mir im Getreide, laut klagende,
quitschende Töne durchdringen die Luft. Schnell raffe ich mich auf
und gehe den Lauten nach, deren Ursache mir nur zu bald klar
wurde. Ungefähr 30 Schritte von meinem Sitze entfernt lag im
Getreide am blumigen Feldraine ein halberwachsenes Häsleiu, um
das sich in schnellen Windungen ein schlankes rotfelliges Tier, ein
Hermelin, hier Steinhündchen genannt, schlang, eifrig bemüht,
dem armen Langohr das Lebenslicht auszublasen. Laut rufend fuhr
ich auf den Mörder los, der aber bei meinem Erscheinen hurtig im
Getreide verschwand und das zappelnde und röchelnde Häschen, das
bereits mit dem Tode raug, zurpckließ.
Einst ging ich in der Morgenfrühe durch den Wald. An einer
etwas abschüssigen Stelle am Fuße einer dicken Buche wand sich
ein halbwüchsiges Häschen in den letzten Todeszuckungen. Schnell
griff ich dasselbe auf und fand, daß ihm die Schlagader am Halse
aufgerissen war, aus welcher noch das rote warme Blut tropfte.
Wer war der Mörder? Ich sah hin und her, bemerkte aber nichts
Auffälliges. Nachdem ich mich ungefähr in 100 Schritt Entfernung
hinter einen Baum gestellt, von wo aus ich das Schlachtfeld
genau übersehen konnte, sprang plötzlich aus der hohlen Buche, au
welcher das Häsleiu lag, ein Hermelin, ließ aber das Opfer unberührt
und verschwand eiligst im Gebüsch.
An einem heiteren Juni nach mittage giug ich mit einem Freunde
behufs Erlegung eines Fasans, der sich in sein Jagdgebiet verirrt
hatte, einem alten Steiubruche zu, als in einem dicht daneben liegen¬
den Kleestücke ein Hermelin auftauchte und zwischen den Steinen
des Steinbruchs verschwand. Wir verhielten uns ganz ruhig und
richteten unsere Augen beständig auf das Versteck, welches das
358
Hermelin eben aufgesucht. Bald kam es wieder zum Vorschein,
fing aber, sowie es unser ansichtig wurde, gewaltig an zu käckern!
Das war verdächtig und ein sicheres Zeichen, daß Junge in der Nähe
sein mußten. Als es laut käckernd zum zweitenmal erschien, ward
es durch einen wohlgezielten Schuß erlegt. Es war ein auffallend
starkes Tier männlichen Geschlechts. Nun fing ich an, das Versteck
zu erweitern, indem ich die Steine, soweit es möglich war, weg¬
räumte. Bald kam ein frischer, unversehrter Hasenkopf zum Vor¬
schein. Leider war es mir nicht möglich, da ich keine Brechwerkzeuge
zur Hand hatte, tiefer in das Versteck einzudringen, aus dem zeit-
weilig laut käekernde Töne drangen, ein Zeichen, daß entweder noch
die Wieselmutter oder vielleicht Junge im Felsenbaue verborgen
waren. Als ich am anderen Tage wieder an den Ort ging, war das
Nest leer.
Das Hermelin auf seinen Streifzügen zu beobachten, gewährt
dem Naturbeobachter immer viele Freude, besonders wenn das Tier
auf der Mausejagd begriffen ist. Hierzu bietet sich die beste Ge¬
legenheit dar, wenn die Felder abgeerntet sind. Mit gewandten
Sprüngen und großer Eilfertigkeit geht es von einem Mauseloch zum
andern, hier schlüpft es herein, dort heraus; bald richtet es sich auf
die Hinterbeine, schaut mit den ungemein listig glühenden Augen
sichernd und lüstern umher und verschwindet, sowie es etwas Ver¬
dächtiges sieht, sofort im Innern dev Erde. Dabei ist das Tier außer¬
ordentlich neugierig, alles muß es begucken und beschnobern. Seine
Gewandtheit und Beweglichkeit tritt uns deutlich entgegen, wenn
wir gewahren, wie es sich sogar in einer Drainröhre, die nur wenige
Centimeter im Durchmesser hat, umzudrehen vermag.
Auf dem Boden meines Hauses, auf welchem Stroh und Heu
aufgestapelt lag, hatte einst ein Hermelin sein Standquartier ge¬
nommen. Um uach oben zu gelangen, kletterte es mit großer Ge¬
schicklichkeit an einer Ecke des Hauses empor und verschwand dann
unter dem Dache. Wenn es sich einmal im Hofe blicken ließ und
von den Hühnern bemerkt wurde, dann rannte das ganze Volk, Herr
Gockel kampfesmutig an der Spitze, auf den Mörder los, der aber
von der gackernden Schar keine Notiz nahm und rasch am -Hause
emporstieg. Oft begab es sich auch bei Nacht vom Boden herab
und trieb sich unten im Hause umher. Als ich eines Morgens früh
die Stubenthiir öffnete, saß es mir zu Füßen, sprang dann aber so¬
fort eilig die Treppe hinauf. Als meine Frau einst auf die unter dem
Dache liegeude Rauchkammer trat, saß das Wiesel gerade auf dem
359
Salztroge, vielleicht um Salz zu lecken, da es das Fleisch nie berührte.
Einst war durch Zufall eine Thür zu • einer Dachkammer offen ge¬
blieben, wo in einem großen Käfige 4 schöne rote Gimpelmännchen
untergebracht waren. Das Hermelin hatte sich die Gelegenheit zu
nutze gemacht und sämtliche Vögel gewürgt und ausgeführt. Einst
legte ich auf meinen Boden 19 Stück tote Mäuse; die waren aber
am nächsten Morgen alle vom Hermelin weggeschleppt, ein Zeichen,
daß ihm nicht nur lebendige, sondern auch tote Mäuse genehm sind.
Da das Hermelin nur zur Winterzeit meinen Hausboden besuchte,
sobald aber draußen der Lenz einzog, wieder im Freien sein Quartier
aufschlug, hatte ich nicht zu befürchten, daß es sich an meinen
Staren, die frei auf dem Boden nisteten, vergreifen könne. Als ich
aber einst nach einer kalten regnerischen und stürmischen Maiuacht
auf den Boden trat, bot sich mir ein höchst trauriger Anblick dar,
denn 15 junge vollständig befiederte Stare lagen auf einem Häufchen
tot beieinander, allen war die . Schlagader am Halse zerbissen. In
einem Neste dagegen lagen 5 Stück vor Frost erstarrte, erst wenige
Tage alte Junge, die vom Wiesel verschont geblieben waren. Wie
anzunehmen ist, hatte die alte Starenmutter, als in ihrer Nähe das
Morden seiuen Anfang nahm, frühzeitig die Flucht ergriffen ; aber
seit der Zeit wagte kein Star mehr frei auf dem Boden zu nisten.
Sonderbar erscheint es freilich, daß das Hermelin die nackten Jungen
unberührt ließ und nur die erwachsenen abschlachtete. Von anderer
Seite habe ich zwar schon die Behauptung gehört, das Hermelin
warte mit dem Abwürgen junger Vögel so lange, bis diese erwachsen
seien, damit es ein desto größeres Fleischquantum einheimsen könne.
Aber auch diese Behauptung ist nicht stichhaltig, denn ich habe schon
erfahren, daß es die erst wenige Stunden alten Jungen eines
Finkenpärchens erwürgte. Daß es häufiger die schon erwach¬
senen Jungen würgt, hat darin seiuen Grund, weil sich diese
am meisten bemerklich machen. So nistete in einem Brutkasten
meines Baumhofs ein Kohlmeisenpärchen. Erst als die Jungen
so weit gediehen waren, daß sie das Nest verlassen konnten, hatte
das Hermelin die Brutstätte ausfindig gemacht und alle Junge, 12
an der Zahl, in der Morgenfrühe hingemordet. Von einigen Natur¬
forschern wird die Behauptung aufgestellt, das Hermelin raube nur
bei Nacht. Nach meinen Beobachtungen beruht diese Behauptung
auf Irrtum, denn ich kann eine ganze Reihe von Fällen anführen,
die beweisen, daß das Hermelin am Tage ebenso eifrig aufs Rauben
und Morden ausgeht wie bei Nacht.
360
So kam ich einst gegen 9 Uhr morgens an einer einsam liegenden
Scheune vorbei, an der ein Starenkasten hing. An dem lauten Zeter¬
geschrei der alten Vögel merkte ich bald, daß ihre Brut bedroht
war. In demselben Augenblicke erschien am offnen Fenster ein
Hermelin, sprang auf den Brutkasten, schlüpfte eilfertig hinein und
zerrte einen jungen Star aus dem Flugloche, um mit demselben im
Bodenfenster zu verschwinden. Da die Scheune verschlossen war,
konnte ich leider den jammernden und zeternden Alten keine Hülfe
leisten. Einst hatte sich eins meiner Haushühner im Sommer draußen
ein Brutplätzchen unter einer dichten Hainbuchenhecke erwählt; es
war mir aber nicht möglich, das Versteck ausfindig zu machen,
wenn auch das Huhn zeitweilig beim Hause erschien, um sein Futter
'einzuheimsen. Da stand ich eines Mittags vor der Thür, als das
Huhn plötzlich mit lautem Geschrei und lebhaftem Gegacker aus der
Hecke flog. Schnell eilte ich hinzu und sah eben, daß ein Hermelin
ein Hühnerei hin wegschleppte. Nun entdeckte ich auch das Nest,
in dem noch 5 stark angebrütete Eier lagen. Rasch eilte ich ins
Haus, ergriff das Gewehr, um dem Räuber bei seinem Wieder¬
erscheinen aufs Fell zu brennen. Obgleich das Hühnernest kaum
50 Schritt vom Hause entfernt stand, waren doch schou, als ich
wieder bei demselben erschien, nicht nur sämtliche Eier, sondern
auch der Eierdieb spurlos verschwunden und ich konnte meine Flinte
wieder unverrichteter Sache nach Haus tragen. Man sieht hieraus,
mit welcher Schuelligkeit das Hermelin bei seinen Raubzügen zu
Werke geht.
Einmal hatte ich auf meiner Fensterbank im zweiten Stockwerke
mehrere Vögel in Käfigen stehen, als plötzlich unten im Garten ein
Hermelin auftauchte, das seiue Augen stracks auf die Vögel richtete.
Schnell rannte es dem Hause zu, um in dem am Hause stehenden
Weinstocke emporzuklimmen. Eben machte es Miene, nach einem
Käfige zu springen, als ich ihm aus dem Fenster eine Schale voll
kalten Wassers über den Leib goß, daß es Hals über Kopf im Wein¬
stocke herunterpurzelte und im ersten besten Mauseloche verschwand.
Gewöhnlich schlägt das Hermelin seine Raubburg unter Hecken
und Gebüsch, in Felsen, Stein- oder Holzhaufen auf, doch habe ich
schon erfahren, daß es einen ganzen Winter hindurch sein Quartier
auf freiem Felde hatte und zwar in einem Mauseloche. Beim Schnee
waren seine Fährten nach dem Baue hin oft tief ausgetreten, ja oftmals
sah ich, daß es am hellen Tage entweder in seinem Gelasse ver¬
schwand oder daraus hervortauchte, um nach Beute sich umzuschaueu.
361
Das Hermelin hat draußen viele Feinde. Füchse, Marder, Hunde
und Katzen fallen wütend drüber her; selbst Bussarde und Weihen
vergreifen sich häufig an dem kleinen aber mutigen Räuber, müssen
aber ihre Kühnheit oft schwer büßen, denn man hat schon Beispiele
genug, daß sich das Hermelin noch hoch in der Luft an seinem
Verfolger vergriff und diesen so stark verwundete, daß beide nach
kurzer Luftfahrt wieder zur Erde stürzten. *) In die Enge getrieben
setzt sich das Wiesel gegen Hunde und Katzen wütend zur Wehr.
So sah ich einst auf der Landstraße, daß ein Zigeuner seinen Hund,
der ihm beiin Fange der Igel gute Dienste leisten mochte, auf ein
im Felde mausendes Hermelin hetzte. Das Hermelin flüchtete sich
in einen Garbeuhaufen, der Hund hinter drein. Plötzlich fing der
Hund an, ganz erbärmlich zu klagen und zu heulen. Das Hermelin
hatte sich in seinem Halse fest verbissen und der fahrende braune
Sohn der Pußta hatte vollauf zu thun, seinen Lieblingshund von dem
wütenden Hermelin zu befreien.
Zu fangen ist das Hermelin sehr leicht, denn bei seiner über¬
großen Neugier geht es leicht in allerlei Fallen. So fing ich schon
ein Hermelin in einem fängisch gestellten Meisen kästen, den ich im
Baumhofe aufgestellt hatte. Auch in Kastenfalleu, wie sie für
Marder und Iltis benutzt werden, läßt es sich leicht berücken.
Zufällig gerät es auch in Maulwurfs- oder Hamstermausfallen, die in
den Erdröhren aufgestellt werden.
Ungemein groß ist die Liebe, welche das Hermelin für seine
Jungen hegt. So traf ich einst in einem Garten der Landstraße
eine Hermeliumutter mit zwei Jungen an. Bei meinem Erscheinen
suchte die Alte in einem Busche Deckung; als ich aber ein Junges
ergriff und dieses laute Angsttöne ausstieß, kam sie sofort in weiten
Sprüngen kühn auf mich losgestürmt, so daß ich schon zur Ver¬
teidigung meinen Stock erhob. Plötzlich ergriff sie das andere
Junge oben am Rücken und trug es in eiliger Flucht ins nächste
Gebüsch. Ich nahm das eine Junge als gute Beute mit heim und
wies ihm einen großen Kistenkäfig zur Wohnung an. Zunächst
brachte ich ihm als Leckerbissen ein Hühnerei, welches ihm durchaus
nicht unbekannt zu sein schien. Mit wahrer Gier und förmlicher
Wut fiel es über das Ei her, umschlang es mit den Vorderpfoten
und suchte die spitzen aber noch kurzen Zähne an einem Ende ein¬
zuschlagen, aber vergeblich. Jetzt nahm es alle vier Pfoten, um¬
klammerte das Ei und wälzte sich damit in rasender Eile Hals über
*) Yergl. Jahrgang VII, 1866. S. 79. N.
362
Kopf am Boden umher, preßte es in die eine Ecke des Kastens,
vermochte aber nicht die harte Kalkschale zu zertrümmern. Jetzt
nahm ich das Ei wieder heraus und stach an eiuem Ende ein kleines
Loch hinein, so daß etwas von der iunern Flüssigkeit herauslief. Das
war getroffen. Mit scheinbarer Wollust leckte es den nährenden
Stoff“, vermochte aber trotz aller Anstrengungen nicht, die kleine
Öffnung zu erweitern, so daß ich mich veranlaßt sah, eine nochmalige
Erweiterung vorzuuehmen, worauf es sieb unbehindert sättigen
konnte. Eine lebende Maus, die ich in den Käfig brachte, wurde
zwar sehr neugierig betrachtet und beschnüffelt, aber nicht weiter
belästigt, da das noch nicht völlig ausgewachsene Hermelin im Töten
lebender Geschöpfe bislang noch keine Übung gehabt hatte. Süße
Milch schlürfte es mit sichtbarem Behagen. Mit alt eingefangenen
Hermelinen habe ich in der Gefangenschaft nie Glück gehabt, sie
blieben immer scheu und unbändig und gingen bald ein, wenn ich
ihnen auch die verschiedensten und kräftigsten Nahrungsmittel darreichte.
Sonderbar erscheint es, daß das Hermelin oft beim Rauben der
Hühnereier die künstlichen Porzellaneier von den natürlichen nicht
zu unterscheiden versteht. *) So fand man einst auf dem Gute
Rothensiek beim Abholzen eines dichten Buschwerks ein künstliches
Ei, das nur durch ein Hermeliu verschleppt sein konnte. Doch kann
dies auch bei Vernunft begabten Wesen Vorkommen, denn ich habe
schon erfahren, daß ein junger Mann, der in einem fremden Hiihuer-
stalle ein Ei in seiner Rocktasche verschwinden ließ, nachher fand,
daß er eiu Porzellanei erbeutet hatte.
Bekanntlich wechselt das Hermeliu im Jahre zweimal seine
Farbe, indem einmal beim Eintritt der kalten Jahreszeit das dunkle
Sommerkleid in ein weißes Winterkleid übergeht, dagegen etwa im
Anfänge des Aprilmonds das weiße Winterkleid sich allmählich wieder
in das dunkle Sommerkleid verwandelt. Ob diese Umfärbung jedesmal
durch einen Haarwechsel hervorgebracht wird, ist noch nicht endgültig
festgestellt. Wenn man im Sommer einmal ein weißes Hermelin zu
sehen bekommt, so kann mau sicher annehmen, daß man einen
Albino vor sich hat. Ich habe ein solches Tier nur ein einziges Mal
gesehen.
Der weiße Winterpelz wird bekanntlich zur Verbrämung der
Königsmäntel benutzt, bei uns zu Lande dient er zu eiuem andern,
weit profaneren Zwecke. Die Landleute legen ihm nämlich Wuuder-
*) Vergl. S. 253 dieses Jahrgangs. N.
303
kräfte bei. Ein Stückchen Hermelinpelz auf das geschwollene Euter
einer Kuh gelegt, soll die Geschwulst bald hebeu ; eiu Stückchen dem
Vieh bei Verstopfung eingegeben, soll sofort Linderung verschaffen.
Vor einigen Jahren waren solche Wunderstückcheu noch in vielen
Apotheken unseres Landes käuflich zu haben, ob heute noch —
kann ich nicht sagen.
Das gemauerte Beckenaquarium und seine Bewohner.
Von Dr. Emil Buck.
(Schluss. *)
Zahlreich sind die Beobachtungen, die ich an anderen kleinen
Krustaceen gemacht und unter denen ich auch eine unbeschriebene
Art gefunden habe. Doch wenden wir uns der Klasse der Weich¬
tiere zu .
In meinem Beckenaquarium habe ich mehrere Arten von
Schnecken eingebürgert.
Von den das Wasser bewohnenden Lungenschnecken besitze ich
die Schlammschnecken, Limnaea ovata Drap, und L. palustris
Drap. Letztere verläßt im Herbst das Wasser und kriecht unter das
feuchte Moos oder in nasse Erdlöcher, woselbst sie überwintert. Da
sie im gewöhnlichen Aquarium kein geeignetes Versteck finden kann,
so kriecht sie aus dem Behälter und vertrocknet.
Von Blasenschnecken, Physa , besitze ich die beiden in
Deutschland bekannten Arten, Ph. fontinalis L. und Ph. hypnorum L. ;
unter allen Schnecken sind sie am lebhaftesten, und da sie
ziemlich rasch kriechen und schwimmen, so tragen sie zur Belebung
des Aquariums wesentlich bei. Ihr wurmförmiger oder rundliche
Klumpen bildender Laich, welcher 15 — 30 durchsichtige Eier enthält,
wird an Steinen und Pflanzen abgesetzt.
Meine Quellblasenschnecken , Pliysa fontinalis , stammen
von einigen wenigen Individuen her, welche vor fünf Jahren mit einer
Sendung Wasserpflanzen von Haage und Schmidt in Erfurt in
meinen Besitz gelangten. Diese Schnecken halten sich im Aquarium
vortrefflich, wenn man für faulende Pflanzenteile und Algen sorgt.
Faulender Salat ist ein gutes Futter. Die Schnecke errreicht ein
Alter von 1 — 2 Jahren; nachdem sie im Schlamm oder auf dem
*) Vergl. S. 143 dieses Jahrgangs.
— 364 —
Ufer überwintert bat, legt sie mehrere Male im Frühjahre ihren
Laich ab und stirbt bald darauf. Nach drei Wochen kommen aus
den Eiern die kleinen Schneckchen hervorgekrochen und sind bereits
nach drei Monaten fast ausgewachsen. Die ein Jahr alten Schnecken,
welche im Frühjahr gelaicht haben, gehen erst im nächsten Frühjahr
zu Grunde.
Diese Schnecke hat die Gewohnheit, vom Grunde des Wassers
direkt zum Wasserspiegel hinauf zu steigen und ebenso zu tauchen,
doch tbut sie dies seltener als die weit zierlichere und raschere
Moosblasenschnecke, Physa hypnorum, deren Gehäuse gar keine
Ähnlichkeit mit dem der vorigen Art hat. Das Tier fand ich sowohl
bei Zürich als auch ganz nahe bei Konstanz in einem schlammigen,
stark mit Algen bewachsenen Wiesengraben auf der schweizer
Seite. Hier kommt es massenhaft vor, um so erstaunlicher, als
derselbe den größten Teil des Jahres völlig trocken ist, denn
nur drei Monate hindurch, wenn der See hohen Wasserstand hat,
ist der Graben mit Wasser gefüllt. Allerdings steht er weiter oben
mit einem ihn kreuzenden Bächlein in Verbindung, durch welches
die Schnecken in den Graben eingewandert sind.
Das durchscheinende Gehäuse wird durch die dunkle Schnecke
braun-schwarz glänzend, wodurch das Tier von anderen Wasser-
schuecken leicht zu unterscheiden ist. Seit zwölf Jahren habe ich
mich vergebens abgemüht, das schöne und interessante Tierchen im
Aquarium am Leben zu erhalten. Erst seit diesem Sommer ist es
mir, glaube ich, geglückt, dasselbe im Bassin heimisch zu machen.
Früher ging die Schnecke im Aquarium bereits nach 8 Tagen zu
Grunde, nun aber lebt sie schon seit zwei Monaten im Bassin und steckt
hier meistens in den Algeubüscheln, so daß sie nur selten zu sehen ist.
Von den Tellerschnecken, Planorbis , besitze ich nur die
gemeine PI. marginatus Drap., die große, iu der Maingegend so häufige
Planorbis corneus kommt hier nicht vor. Von Kiemenschnecken ist am
Bodensee die kleine Sumpfschnecke, Pithynia tentaculata , in
Wiesengräben häufig zu finden, während die Paludinen fehlen. Die
Bithynien halten in jedem Aquarium mit klarem Wasser vortrefflich
aus, wenn sie genug Algen zur Verfügung haben. Interessant ist,
daß sie, nach Kobelt, im Taunus nicht Vorkommen, sondern nur
in den angrenzenden Ebenen, während der Bodensee doch 397,2 m
über dem Meere liegt.
Alle Versuche, die amphibisch lebenden Bernsteinschnecken,
Succinea , für die Dauer an das Bassin zu gewöhnen, schlugen fehl.
365
Dagegen lebt auf dem Ufer des letzteren bereits seit drei Jahren
das sehr niedlich e Zwerg liorn sc h neck eben, Carychium minimum
Müller, welches mit den Bernsteinschnecken den gleichen Wohnsitz
teilt. Die leeren Gehäuse werden oft gefunden, aber sehr selten das
lebende Tier, indem dasselbe sich unter Laub und Lebermoosen an
nassen Stellen verkriecht. Im Sommer sehe ich die Schnecke oft wochen¬
lang nicht, öfters aber im Herbst, wenn die Lebermoose absterben.
Eine kleine Helix , welche ich noch nicht bestimmen konnte,
lebt seit mehreren Jahren auf dem Bassinufer. Das Tier ist schwarz¬
grau mit ziemlich dicken oberen Fühlern. Das Gehäuse ist oben ein
wenig gewölbt und hat fünf Umgänge, dieselben sind fein gestreift
und ohne Behaarung. Die Farbe des Gehäuses ist braun und glänzend,
unten ist dasselbe flach und tief genabelt. Höhe der Schale 1 — 2 mm,
Größe im Durchmesser 5—6 mm. Die Jungen sind etwas heller als
die Alten. Gegen Abend, wenn ich das Aquarium mit Wasser be¬
stäubt habe, kommen die Schneckchen unter den Lebermoosen und
aus den Felsspalten, worunter sie den Tag über geruht, zum Vorschein.
Ich füttere sie mit faulendem Salat, doch habe ich auch beobachtet,
daß sie die Algen von den feuchten Bimssteinen abnagen. Noch
Ende August bemerkte ich ganz junge Tiere. Von Muscheln besitze
ich nur die stumpfe Erbsenmuschel, Pisidium obtusale c. Pfr.,
welche in dem schon erwähnten Wiesengraben zusammen mit Physa
hypnorum vorkommt. Au den Algenmatten kriechen die alten und
jungen Muscheln aus dem Schlamm in die Höhe.
Im Bassin leben ferner Regen- und Schlammwürmer, gemeine
Sumpfegel und verschiedene Arten Strudelwürmer.
Die fortpflanzungsfähigen Regenwürmer haben nur eine
Länge von 3 — 4 cm. Diese geringe Größe findet ihre Ursache wohl
in dem Umstande, daß den Tieren nur wenig Erde zur Verfügung
steht, nichtsdestoweniger pflanzen sie sich fort. Ehe die Würmer
auf dem Ufer waren, hatten die Pflanzen nur ein kümmerliches
Dasein geführt, denn das Wasser, womit sie begossen wurden, drang
nicht in die harte Erde ein, sondern lief ab. Ich setzte nun junge
Regenwürmer auf den Mergelboden und bohrte einige Löcher hinein.
Das half. Jetzt ist das gesamte Erdreich gleich einem Schwamm
von einer Menge Gänge durchbohrt, die Wurzeln der Pflanzen können
sich jetzt ausbreiten, und die Erde bleibt feucht, selbst auf den
höchst gelegenen Stellen, bis zu welchen von unten her die Feuchtigkeit
hinaufdringt. Freiwillig nehmen manche Regen würmer mit ganz
wenig Erde vorlieb, die zwischen Gestein eingeklemmt ist. Sie sind
366
zufrieden, wenn nur ihr Körper gedeckt ist. Ihre Nahrung müssen
sie aber außerhalb ihres Wohnsitzes suchen. Zu diesem Zweck
kriechen sie gegen Abend bis an den Wasserspiegel herunter und
tasteu mit dem Maule auf den nassen Steinen herum. Finden sie
zarte Algenfäden, so öffnen sie den Mund, holen die grünen Fäden
und zerren so lange an ihnen, bis sie abgelöst sind. Von anderen
kleinen Tieren lassen sie sich in ihrer Arbeit nicht stören. Wenn
sie sich gesättigt haben, kriechen sie wieder in gerader Linie zu
ihrem Verstecke zurück und bohren sich wieder in die Erde ein.
Die unterminierende Thätigkeit der Regeuwüriner hat kleine Erd¬
einsenkungen zur Folge gehabt, aber auch kleine Abstürze von
Mergelerde in das Wasser.
Im Lehmschlamme des Aquariums hat eine Unmenge kleiner Bach¬
würmer, Tubifex rivulorum, in kleinen Schlammröhren sich häus¬
lich niedergelassen. Das Hiuterende der Tierchen steckt zum Teil
noch in einer über die Schlammschicht sich erhebenden Röhre und
macht fortwährend pendelartige Schwingungen teils zur Atmung, teils
zur Beförderung des Nahrungsdurchgangs. An manchen Stellen sind
die Würmer so zahlreich beisammen, daß der Schlamm blutrot aus¬
sieht. Außer den genannten Würmern lebt minder zahlreich im
Schlamm ein anderer Verwandter des Regen- Wurms, ungefähr 5 cm
lang, fadendüuu, und von schön roter Färbung. Das aus dem Schlamm¬
loch schauende Hintereude des Tieres verhält sich ganz ruhig im
Gegensatz zu den Schlammwürmern. Auch fehlt hier die über den
Schlamm ragende Hülse oder Röhre.
Zuweilen verläßt der Wurm sein Loch und kriecht oder
schwimmt umher, wobei er durch spiralige Wendungen seines Körpers
ziemlich rasch vorwärts kommt. Ich fand voriges Jahr diese Würmer
zum ersten Male in einem schnell fließenden Bache mit Lehmgrund.
Darin kam auch die gezüngelte Naide ( Nais proboscidea) vor,
welche sich im Bassin außerordentlich rasch vermehrte.
Der gemeine Sumpfegel, Nephelis vulgaris, ist als sehr
harmloser Geselle für jedes Aquarium besteus zu empfehlen. Am
Bodensee existieren verschiedene Spielarten. In der Regel ist der
Egel auf dem Rücken dunkelbraun, untermischt mit gelben Pünktchen,
während der Bauch ockergelb erscheint. Es gibt aber auch gauz
schwarzgraue, den Bauch mit einbegriffen, nur der Rücken ist mit
zwei nebeneinander verlaufenden schwarzen Streifen geziert, die nur
wenig hervortreten. Andere Individuen sind ganz fleischfarbig. Junge
aus dem Cocon kriechende Egel sind weiß.
367
Jahrelang fütterte ich meine Egel ausschließlich mit Weißbrot,
die aufgenommene Nahrung sah man ganz deutlich durchleuchten.
Zu dieser Zeit war die Wohlfahrt und die Vermehrung der Tiere
eine ebenso günstige wie später bei Fleischfütterung. Die Schlamm¬
würmer, Schnecken und andere Tiere lassen sie völlig unbehelligt,
denn sie verhalten sich wie die Geier unter den Raubvögeln, indem
sie auf tote Tiere angewiesen sind. Nur im Notfall werden die
Sumpfegel, denen die zahnbewehrten Kiefer fehlen, kleine Schlamm-
würmchen verschlingen oder zarte Schnecken aussaugen. Das ge¬
trocknete rohe Fleisch schneide ich in ganz dünne Stückchen, welche
ich ins Wasser werfe. Kaum liegen sie darin, als auch von allen
Seiten die Egel herbei kommen ; mit hochgehaltenem Kopfe wittern
sie nach dem Fräße und sehr bald sind die Bissen gefunden, welche
langsam verschlungen werden. Das Brot wittern sie ebenso rasch.
Keines meiner Wassertiere hat ein so feines Geruchsvermögen wie die
Egel, erst in zweiter Linie kommen die Strudelwürmer. Diese
riechen ihr Futter in größerer Entfernung als die kleineren Wasser¬
käfer, davon habe ich mich oft genug überzeugt. Der gemeine Sumpf¬
egel geht nie ans Land, zuweilen liegen diese Tiere am Ufer derart,
daß nur der Vorderkörper über das Wasser ragt. Während des ganzen
Sommers bis Ende September legen die erwachsenen, 6 cm langen
Egel ihre Eier und Cocon ab, welche sie an schattigen Stellen auf
oder unter Steinen, an Algen, Moosen u. s. w. in großen Mengen
anheften. Diese Cocon sind braun, eiförmig, oben gewölbt, unten
flach. Eigentümlich ist, daß die Cocon meiner Tiere nie mehr als
drei Eier resp. Junge enthalten, gegen den Herbst sogar bloß ein Ei.
— In der Freiheit dagegen enthalten ihre Cocon 16 — 18 Keime
von Jungen. Dann sind aber die Cocon auch 5 — 6 mal so groß,
denn die im Bassin verfertigten haben nur die Größe und Form des
Kanariensamens, und was an der Größe abgeht, wird durch die ver¬
mehrte Zahl der Cocon ersetzt. Die ausgebildeten jungen, völlig
weißen Egel winden und drehen sich im engen Behälter des Cocons
umher, bevor sie denselben durchbrechen, wohl mit Hilfe einer
ätzenden Flüssigkeit, denn die Coconhaut ist äußerst hart und wider¬
standsfähig. Ich habe zugesehen, wie die Cocon verfertigt werden
und habe meine Beobachtungen in der Isis veröffentlicht. Die
jungen Egel färben sich unter der Einwirkung des Lichtes sehr bald
grau und wachsen sehr rasch, denn die Lebensdauer der Nephelis
währt höchstens anderthalb Jahre, während der Blutegel über zwanzig
Jahre leben soll und erst im fünften Jahre ausgewachsen ist.
368
Während des Winters halten sich die Snmpfegel auch im geheizten
Zimmer im Schlamme verborgen, den sie nur bei Sonnenschein verlassen.
Die Strudelwürmer ( Turbellaria , Phabdocoela ) unserer süßen
Gewässer verdienen in hohem Grade auf ihre Lebensweise, Paarung
und Vermehrung beobachtet zu werden. — Schuurwürmer, Nemertincn,
mit ausgebildetem Gefätisystem und rötlicher Blutflüssigkeit fand ich
hier noch nicht, wohl aber über zolllange dünne Exemplare im
Schlamme des Eukheimer Sumpfes bei Frankfurt a. M., welche den
im Meer lebenden Arten sehr ähnlich waren.
Von den ziemlich breiten und blattartig dünnen Planarien besitze
ich die milchweiße Planaria lactea , die braune Planar ia torva und
die schwarze Planaria nigra. Die weiße ist etwas seltener aber auch
weit größer als die anderen genannten Arten, sie kann eine Länge
von 4 cm erreichen. Die großen Individuen ernähren sich von
Wasserasselu und weichen Insektenlarven, welche sie mittelst eines
fadenziehenden , von Stäbchen durchsetzten Hautsekretes plötzlich
umspinnen und aussaugen ; dieser Masse bedienen sie sich auch,
wenn es gilt, sich vor den Angriffen kleiner Raubinsekten zu schützen,
die sie bewegungslos machen. Junge Tiere und kleinere Formen
ernähren sich von Musclielkrebschen, welche sie dadurch fangen, daß
sie ihre Bauchseite rasch zusammenklappen. In der Jugend sind
alle Plauarien sehr lebhaft, werden aber später sehr träge, besonders
die weiße Art. Ihr Geruchsinn ist, wie ich schon bemerkte, sehr aus¬
gebildet ; von weitem riechen sie das auf dem Wasserspiegel des
Aquariums treibende Futter. Dasselbe kann aus Fleisch, gemahlenen
Ameiseneiern, Motten oder auch aus Weißbrot bestehen. Mittelst
des aus der Unterseite des Bauches hervorgestreckten Schlundrüssels
wird die Nahrung aufgenommen und in den mit zahlreichen Bliud-
säcken versehenen Magendarm übergeführt. — Die Planarieu sind
Zwitter und vermehren sich sowohl durch Querteilung als auch auf ge¬
schlechtlichem Wege, worauf sie hirsenkerngroße, braune, kurzgestielte
Cocon au Wasserpflanzen und Steinen absetzen, die 5 — 10 Eier
enthalten. Die ausschlüpfenden Jungen sind etwa 1 mm lang. Bei
reichem Futter vermehren sich die Planarien ins Ungeheure.
In vorstehenden unvollständigen Skizzen glaube ich gezeigt zu
haben, daß die Beobachtung lebender Wesen im gemauerten Becken¬
aquarium mindestens ebensogut möglich ist wie in einem Glas¬
aquarium, und ich wünsche, daß dieselben dazu beitragen möchten,
diesem herrlichen Zimmerschmuck eine größere Verbreitung zu geben.
Uber die Paarung der Krontaube, Goura Stenrsi Temm.
(= Goura Victor iae Fraser).
Von Dr. A. C. Oudemans, im Haag.
Der zoologische Garten im Haag besitzt ein Pärchen dieser
schönen Erdtaube. Drei Exemplare wurden im Monat Mai, 1887,
dem Garten geschenkt von Herrn J. A. Schröder in Batavia. Seitdem
ist eines verstorben. Die beiden anderen Tiere leben, offenbar
gesund, im Sommer in einer geräumigen Abteilung einer Fasanerie,
im Winter im erwärmten Vogelbause.
Obgleich es schon selten ist, diese Art in zoologischen Gärten
anzutreffen, so kommt eine Paarung in der Gefangenschaft gewiß
noch seltener vor.
Während der Mittagszeit, wo der Garten wenig besucht ist,
pflege ich oft die verschiedenen Tiere in ihrer Ruhe zu belauschen,
und so hatte ich heute die Gelegenheit, eine solche Paarung zu
beobachten.
Einige Minuten lang drehten sich die beiden Tiere fortwährend
umeinander (wie ich dies so oft stundenlang von der Löffelente,
Spatula clypeata , L. im Wasser beobachtete), dabei immer plaudernd
»rep- rep- rep- rep«, und kopfschüttelnd. Allmählich begann das
größere Weibchen weniger zu drehen, und endlich lud es offenbar
das Männchen ein, auf seinen Rücken zu kommen, es stand stille
und senkte sich ein wenig auf den Beinen. Nach einigen Augen¬
blicken, in welchen das Mäunchen bald links bald rechts hinter dem
Weibchen herumging, um seinen Sprung zu berechnen, stand dieses
plötzlich mit nur einem Sprunge, wobei die Flügel nur wenig Dienst
leisteten, gerade mit den Füßen auf den Schultern des Weibchens.
Das Plaudern hatte indessen aufgehört. Das Weibchen senkte sich
noch ein wenig, breitete nun allmählich die Flügel etwas mehr als
halb aus und richtete den Schwanz langsam nach rechts und nach
oben. Die Frage kam bald bei mir auf: Wie wird das mit der
prächtigen Haube werden? Aber keine Not! Nicht einen Augenblick
hatte das Mäunchen versucht, den Kopf des Weibchens mit dem
Schnabel zu ergreifen oder auch nur zu krabbeln. Es senkte sich
langsam nach hinten und schob dabei den Schwanz vollkommen
nach unten. Dies alles geschah, ohne daß eins der Tiere einen Fuß
versetzte: sie standen beide fest. In dem Augenblicke der Begattung
richteten die Flügel des Männchens sich plötzlich prachtvoll senkrecht
Zoolog. Gart. Jahrg. XXXI. 1890. 24
370
und ganz ausgebreitet Dach oben, wie ein Fischadler oder eine Möwe
thut, wenn sie eben die Oberfläche des Wassers berühren. Diese
Stellung dauerte etwa zwei oder drei Sekunden, worauf das Männchen
absprang. Nun fingen die beiden Vögel wie in einem Scheingefechte
au, während einer vollen Minute einander auf die Schnäbel zu
hacken, wobei sie beide ihren bekannten Laut »rüg- rüg- rüg- rüg«
hören ließeu.
Die Abteilung der Fasanerie ist vorn ganz offen und die Tiere
hatten mich ankommen und voll Bewunderung vor ihnen stehen
gesehen, aber obwohl sie sonst etwas scheu sind, hatten sie für mich
gar keine Beachtung und ließen sich nicht stören.
Haag, 24. September 1890.
Der zoologische Garten in Düsseldorf.
Von Ernst Friedei.
Die mächtig aufblühende Beherrscherin des unteren rechten Rheinufers
besitzt einen sehenswerten zoologischen Garten *), der in der Stufenleiter der¬
selben von oben nach unten — Berlin, Hamburg, Frankfurt, Köln, Dresden,
Düsseldorf — ungefähr der sechste ist, seinen vier Vormännern sogar den Rang
streitig machen würde, wenn seine Gartenanlagen vollkommener, seine Gebäude
ansehnlicher wären. Hierin wird eine Verbesserung eintreten, sobald die
gärtnerische Ausstattung älter geworden ist und die Finanzlage dem Garten
größere, mehr monumentale Bauten gestattet. Immerhin ist das Restaurant-
Haus ansehnlich und geschmackvoll zu nennen.
Räumlich zählt der Garten zu den größten Deutschlands, auch sein Tier¬
bestand, den wir rechts vom Eingang gehend mustern wollen, ist ein recht
bedeutender. Im Nordosten der »Düsseistadt« belegen, welche den Namen
»Dorf« sicherlich nicht verdient, ist er, trotz der Pferdebahn- Verbindung, noch
weit von der älteren Stadt belegen, indessen sieht man überall neu abgesteckte
und kürzlich gepflasterte Straßen, an denen bereits zahlreiche Neubauten aus
der Erde wachsen und die vorhandene Lücke immer mehr ausfüllen.
Der Garten war an dem Spätsommer-Sonntag d. J. 1889, wo ich ihn be¬
suchte, ein erfreuliches Zeichen, überfüllt, namentlich wimmelte es von
Kindern.
Die Tierjreihe beginnt er sehr bescheiden mit weißen Mäusen und der
europäischen Sumpfschildkröte. In dem zunächst belegenen Damwild-
Park zeichnen sich fast schwarze Schaufler aus, Geschenk des Fürsten
Solms-Braunfels. Hinter einigen leeren Gebauern stoßen wir auf den Zentral¬
bau des Affenhauses, welches gut besetzt ist, u. a. mehrere Man gab es als
Cercocebus Aethiops und C. Lalandi von Guinea, von eigentlichen Meerkatzen
Cercopitliecus Cephus von West-Afrika, ferner den Teufelsaffen ( Colobus Satanas)i
*) Eintritt 50 Pf., kein gedruckter Führer.
371
den Mandrill ( Mormon Maimon), von Makak en Cynomolgus Cynocephalus,
den Malbruk ( Cynomolgus sinicus ) und von Ceylon den Macacus püeatus
enthält.
Folgen afrikanische Zwerg antilopen {Antilope' pygmaea).
Wir passieren ein Terrarium, das ich, zum Unterschiede von dem durch
mich im Humboldthain zu Berlin angelegten, als »halbes Freiland-Terrarium«
bezeichnen möchte; es ist frei, insofern es oben nur durch ein Drahtdach ge¬
schlossen ist. Unten ist es aus Stein erbaut, worauf Glaswände stehen. Es
ist zuviel Epheu gepflanzt, derVmmäßig wuchert und das Terrarium für Rep¬
tilien viel zu kalt macht. Herr Franke jun., der Sohn des Erfinders
der Freiland-Terrarien, hat, nachdem ich sein Terrarium in Stötteritz bei Leipzig
am 18. Mai 1890 eingehend untersucht, aus demselben Grunde beschlossen, den
Epheu ganz auszurotten. Der Steinbau über der Erde und die Glaswände ver¬
hindern nach starkem Regen und im Winter nach Thauwetter die Verdunstung
des Wassers, wodurch das Terrarium zu feucht wird. Ich kann, nach allem,
was ich erprobt, für ein Freiland-Terrarium nur mein System empfehlen: das
Terrarium muß vertieft sein und von oben eingesehen und übersehen werden ;
zwischen der Umfassungswand und dem Felsen muß überall ein der Sonne zu¬
gänglicher freier Raum liegen, derselbe mag zum Teil mit einem Wässerchen
ausgefüllt werden. Der Felsen muß ohne vom Sturmwind zu sehr bestrichen
werden zu können, doch dem Luftzuge frei liegen.
Es folgt ein Rondel für Ziegen und Hirsche, darunter Axis,
Schweinshirsch und Cervus mantschuricus. Gegenüber 2 pudelartig behaarte
drollig aussehende Alpacas.
Im E lef an te n h au s e sah ich einen kleinen indischen Elefanten,
ein einhöckeriges und ein zweihöckeriges Kamel. Rechts Emu - Vög el ,
gegenüber Capra thebaica , in der Nähe eine Grotte für Waschbären.
In dem anschließenden halbrunden Vogelhaus außen Conurus carolinensis ,
Krontauben ( Goura coronata ) und Si tticha'rten, innen Sperlingspapa-
geien, Webervögel, Blut- und Prachtfinken u. dgl.
Eine Bucht enthält mehrere niedliche scheckige She tl an d P o n ie s. Da¬
hinter ein Haus mit Opossum, Iltis und Frettchen. Links ein Kanin¬
chenhäuschen, weiter links ein Trupp weißer, schwarzköpfiger Fett¬
steiß-Schafe {Ovis steatopygos) aus Persien und afrikanische Zwerg-
Ziegen {Capra rebersa), Lieblinge der Kinderwelt.
Rechts recht bösartige Yak (Bos grunniens). Links der Geflügel hof in
Verbindung mit einem kleinen kreisrunden Teich. Rechts ostindische Buc kel-
och s e n ( Zebu indicus ), 2 Aquila Aguia aus Süd-Amerika und ein Bison, geboren
am 21. November 1888 im Garten. Links eine Herde weißer Ziegen. Danu
der Bärenzwinger mit einem Baribal, zwei braunen und zwei Eis-
Bären.
Jenseits der den Garten durchfließenden Düssei in einem zu arg verwil¬
derten Teile der Anlagen ein Rudel Wildschweine, zwei riesenhafte weiße
Ziegenböcke und sehr geräumige Biber-Teiche.
Zurückwandernd stoßen wir auf Ozelot, Rüsselbären und zwei Wölfe ,
ferner zwei Malayen-Bären {Helarctos Malayanus), sowie einen am 17. Januar 1889
im Garten geborenen braunen Bären, der das Betteln fast schon so schön versteht
wie sein älterer, wegen dieser Kunst weit und breit berühmt gewordener Kollege
372
im Berliner zoologischen Garten. Links ist ein geräumiger Käfigbau mit hohem
Kletterbaum für unsere heimische Wildkatze; im höchsten Gezweige lagein
schönes W il dkatz e n p aa r sich behaglich sonnend, ohne den Platz aufzugeben,
wenn auch der Baum von unnützen Knaben heftig hin- und hergeschüttelt wurde.
Ein so passendes Unterkommen für diese seltenen Gäste in zoologischen Gärten
habe ich zuvor niemals bemerkt. *)
Wir gehen etwas zurück mehr zur Mitte des Gartens und treffen links auf
ein zweites Gehege für Dam - und Rotwild; je zwei schöne große indische
Cervus Aristotelis und C. Hippdaphus. Ein kleines Bauerwerk enthält A gut is,
Murmeltiere, den Prairiehund (Arctomys Ludovicianus) und die Känguruhratte
(Hypsiprymnus murinus ) von Australien.
An einem großen Geflügelteich vorbei wenden wir uns zu einem
ansehnlichen künstlichen, von einer Burgruine gekrönten Hügel, darin ein Wolfs¬
bau. Der Insasse ein zahmer Wolf, Geschenk des Fürsten Otto v. Bismarck,
war so genügsam, Brot aus der Hand zu fressen.
Weiter rechts das Raubtier haus. Die Bewohner folgen hier also: rechts
innen eine Grotte mit zwei Ti g er pärchen, ein männlicher Löwe, eine Löwin,
eine kleinere, geboren im Garten am 30. Juni 18G7; zusammen in einem
Käfig ein junger bengalischer Tiger (geh. 17. Juli 1888) und 2 junge Löwen
(geboren 15. August 1888), dann 2 Leoparden (geboren 26. Februar 1886), end¬
lich zwei schwarze, wie gewöhnlich zähnefletschende und boshafte Sund a-
P a n t h e r.
Eine romantisch angelegte Felsenpartie war besetzt mit Heid¬
schnucken, Mähnenschafen, sardinischen Mufflon und Assuan-
Schafen ( Ovis syeniticus).
Weiterhin gewahrt man einen dritten Geflügelteich mit Störchen,
Reihern und Kranichen , darunter die stattliche Balearica Begulorum. —
In der Nähe Meleagris Gallopavo. Rechts ein Trampeltier, weiße Strupp-
Kaninchen.
In der Nähe eines im großen Maßstabe trefflich angelegten Spielplatzes
die Unterkunft der Raubvögel, von denen ich Aquila albicilla , den Kaiser-
Adler, den Steinadler, den Mönchsgeier, den amerikanischen Trut¬
hahn-Geier ( Cathartes Aura ) notierte.
Hieran schließt das Restaurant.
In der Nähe das Eichhornhäuschen. Folgt der Blumengarten mit
einer Bauer-Reihe für Hühner, Tauben und Pfauen. Die Mittelallee zum
Eingang ist mit einer stattlichen Folge von kreischenden Kakadu, Ara und
Papageien behängen.
Hiernächst stoßen wir auf Fasanen-Gehege und ein Elstern-Haus
unfern sind Häuschen für Kampfhähne, Kiebitze und Möven.
In der Mitte des Gartens ist noch eine ansehnliche Lama-Herde und
hinter derselben ein Gebauer für Stachelschweine angebracht.
Möge dem in bester Entwickelung begriffenen Unternehmen sich immer
mehr die Gunst der Städtischen Behörden von Düsseldorf und des gesamten
Publikums zuwenden.
N.
*) Vergl. S. 193 dieses Jahrgangs.
373
Korrespondenzen.
Schlaupitz, im Oktober 1890.
Der Schmerle ( Nemachüus barbatulus Günth.) wird von fast allen
Ichthyologen eine größere Lebenszähigkeit abgesprochen und immer behauptet,
daß sie sofort abstürbe, wenn sie aus dem Wasser herauskäme. (Vgl. Oken,
Bd. VI, p. 286, Günther »Fische des Neckar« p. 830, Heckei und Kner p. 302
Jäckel »Fische von Bayern« p. 89, Brehm p. 302, Benecke, p. 147 u. a.)
Bloß L. Geisenheyner »Wirbeltierfauna von Kreuznach« sagt, daß dieser Fisch
ein zähes Leben besitze, p. 18.
Am 23. huj. wurde hier ein Karpfenteich abgelassen. Im Abflußgraben
des Zapfens blieben hierbei, nachdem sich alles Wasser verlaufen hatte, in
einem dicken Schlammbrei 2 Gründlinge (Gobio fluviatilis Cuv.), 1 kleiner
Barsch ( Perca fluviatilis C.) und eine Schmerle zurück. Diese letztere
lebte bis zum Mittwoch, 29. huj., während von den »zähen« Gründ¬
lingen der eine am 24. früh, der andere am 24. mittags abstarb.
Vom 23. bis 26. hatten wir in jedweder Nacht sehr starken P’rost,
immer erstarrte die Schmerle zugleich mit dem Schlamme und erwachte erst
um den Mittag, wenn die Sonne in den Graben schien. Die übrige Zeit war
frei von Frost und Niederschlägen.
Das Tier lag auf dem Rücken im Schlamme, so daß Mund und After
Luft atmen konnten und die Kiemendeckel immer feucht blieben. (Vgl.
hierzu auch Pagenstecher »Allgemeine Zoologie«, III. Bd. p. 273.)
Wie ich Ihnen bereits in einem früheren Artikel mitgeteilt habe, be¬
obachtete ich unter einer Lupe von 100 facher Vergrößerung Nr. 124 des
Kataloges Nr. 27 von Karl Zeiß, Jena, daß die auf den Lippen der Elritze,
Phoxinus laevis Ag. dicht gedrängt stehenden wundervoll purpurroten Chromato¬
phoren im ausgedehnten Zustande zwar nicht so zierliche Figuren bilden
können, wie die schwarzen, immerhin aber ziemlich weit moosartig verzweigt
zu sein pflegen. Nun brachten mir einige Knaben zwei männliche Elritzen
mit ganz augenfällig karmoisinroten paarigen Flossen ; es erschien mir dieses
Kolorit bei flüchtiger Betrachtung mittelst einer Handlupe von 18 facher Ver¬
größerung von einer ölartigen Durchtränkung der Gewebe der Haut herzurühren,
wie sie ja Siebold p. 18 bei der Goldorfe angibt und wie ich sie schon ab
und zu bei unserer Pfrille auf dem Bauche gefunden. Während ich den einen
Fisch in dem Wasser, in welchem er mir überbracht wurde, beließ, setzte ich
den anderen in ein kleines Becken, dessen Inhalt durch 4°/o Mistjauche und
l°/o menschlichen Urin verunreinigt war; sofort verblaßten alle die Flossen
äußerst schnell mit den anderen Körperteilen ; ein untrügliches Anzeichen
dafür, daß von einer ölartigen Durchtränkung der Haut absolut nicht die
Rede sein konnte, denn diese Flecken sind natürlich jeder Ausdehnungsfähigkeit
bar. (Vergl. Siebold p. 14 Fußnote 3.) Schnell nahm ich nun die für den
Patienten zwar schmerzhafte aber ungefährliche Operation einer eingreifenden
Auslösung der Pectorale und Ventrale vor (vergl. Prof. C. Bruch „Über die
Bedeutung der Fischflossen“ p. 48) und betrachtete mir das Präparat unter
200 facher Vergrößerung. Da sah ich nun mit Verwunderung, daß die roten
374
Chromatophoren, beiläufig teils ebenso groß teils noch größer als die
sich neben ihnen befindenden schwarzen (vergl. dagegen v. Siebold p. 14)
ungemein weit verästelt waren und daß diese kleinen, zierlichen Aste, sich
abermals und zum dritten Male teilend, vollständig mit denen von
anderen Farbzellen zusammenfließend und sich vereinigend
ein Maschwerk bildeten. (Genau so, wie das Franz Leydig von den
schwarzen Farbzellen des Leuciscus dobula Val. in seiner Arbeit1 „Über die
verästigten Zellen im Epithel und der Lederhaut,“ Archiv für Naturgeschichte
1876 beschreibt.) Diese wundervolle Verästelung der roten Pigmentzellen
zeigte sich vornehmlich deutlich auf demjenigen Teile der den Flossen eigen¬
tümlichen Haut (membrana radiis proprio), welche die Flossenstrahlen überzieht,
weniger auf der zwischen den letzteren spannenden Haut. (Wir erfahren ja
schon durch Dr. Rudolf Kner, „Über den Flossenbau der Fische,“ Sonderabdruck
aus den Sitzungsberichten der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften, Wien II.
p. 12), daß die Flossen der Cyprinoidti Cuv. nie von der Körperhaut über¬
zogen sind).
Schließlich sei es mir gestattet, hier vorläufig noch die Notiz bringen zu
dürfen, daß die Elritze des Zobten auch auf der Ventrale und Anale,
vereinzelt sogar auf der Dorsale und Caudale die Papillen der
Laichzeit trägt; es sind bei ihr auf den oben genannten Flossen die
ersten weichen, geteilten Flossenstrahlen oberhalb der Gabelung bis
an den Saum mit einer einfachen Reihe solcher Höckerchen besetzt
(dürfte nicht der Ausdruck „zugespitzter Kegel“ passender sein?), dagegen
finden wir auf den Bauchflossen unterhalb der Trennung, also auf den.
ungeteilten Strahlen zwei bis drei Reihen von jenen vor, aber selbst hier
sind es imme r wieder bloß die ersten weichen, verzweigten Strahlen,
welche diesen Schmuck 2 mm oberhalb der Basis tragen, nie die letzten
oder die zarten ungeteilten. Anders beim Gründling, Gobio fluviatilis Cuv.,
dessen Ventrale und unpaarige Flossen können ebenfalls
bedorntsein, bei diesem Cyprinoiden trägt jedoch selbst der lange harte, un¬
geteilte Knoch enstr ahl in der Peetorale, Ventrale und Anale di e Papil len.
Karl Knauthe.
Kleinere Mitteilungen.
Von einer Muschel gefangen. Ein Herr D. Mc. Nabb auf H. M. S.
Dart schreibt, daß er im September 1889 an der Küste von Queensland an
dem sandigen Strande jagend einen Strandläufer ( sand piper ) beobachtete, der
vergebens bemüht war, sich vom Boden zu erheben. Als der Jäger herbeikam,
sah er, daß der Vogel an einer Zehe von einer großen Muschel (Herzmuschel,
coclde, welche etwa 1 x/2 Zoll engl, auf 2 Zoll maß, festgehalten wurde. Der
Strandläufer war offenbar in die geöffnete Muschel getreten, die sich schloß
und die eine Zehe einklemmte, wie ähnliches von Fröschen und Molchen in
unserer Zeitschrift mitgeteilt ist. (Jahrg. VIII, 1867, S. 236, und Jahrg, X,
1869, S. 90.) Nach der Zeitschrift Nature, 28. August 1890.
375
Der Wapitikirsch, Ccrvus canadensis , wurde auf der Herrschaft Pleß
in Schlesien im Jahre 1861 in 14 Stück reinen Blutes, die von dem Grafen
Arko in Berchtesgaden erworben waren, ausgesetzt. Das Wild hielt sich aber
nicht länger als 4—5 Jahre, indem es an Entzündungen der Unterleibsorgane,
deren Ursache nicht ergründet wurde, einging. Ebenso ging es mit drei Stücken,
die 1864 von dem Tierhändler Reiche in Ahlfeld erworben waren. Dagegen
fielen die Kreuzungsversuche mit Edelhirschen nach jeder Richtung hin über¬
raschend gut aus, wie ein von Kaiser Wilhelm I. 1876 erlegter Kreuzungs¬
hirsch bewies, der 22 Enden hatte und unaufgebrochen 499 Pfund wog. Das
Kreuzungs wild erwies sich als f ortp flan zun gs fäh ig und hat sich
gut weiter entwickelt, ohne daß sich die genannten Entzünd ungserscheinungen
bei ihm gezeigt hätten. Der zur Kreuzung benutzte Wapiti darf aber nicht älter
als 2 — 3 Jahre sein, weil er sonst unseren Hirschen gegenüber zu hoch steht.
Versuche mit dem Schweinshirsche (Cervus porcinus) haben zu keinem
guten Ergebnisse geführt, obgleich er das Klima gut erträgt, da er hauptsäch¬
lich im Februar und März briinftig wird und nach etwa 34 Wochen im November
und Dezember setzt. Die Kälber aber ertragen die Winterkälte nicht und gehen
kümmerlich zugrunde. Man hat deshalb auch an anderen Orten, wie in
Fürstenstein, auf der Gräfl. Solms-Baruthscben Herrschaft Klitschdorf etc. die
Züchtungsversuche mit diesem Hirsch aufgegeben.
Nach Oberförster Wild im Jahrb. des Schlesischen Forstvereins 1889.
Zur Fütterung der Raubtiere. In den deutschen zoologischen
Gärten erhalten die Eisbären auch allgemein Fische, in Hamburg und Köln
auch der Jaguar und verschiedene kleine Raubtiere ( Galictis ). In Dresden
tränkt man den Eisbären das Brot, in Köln das Fleisch mit Leberthran. —
Die Preise des Fleisches stellen sich in den verschiedenen Gärten wie folgt:
Köln das Pfund 17 Pfg, ohne Knochen, welche besonders, das Pfund zu 10 Pfg.
geliefert werden; Kalbfleisch 55 Pfg. Hamburg schlachtet selbst, Hannover
läßt sich ein ganzes geschlachtetes Pferd liefern. Frankfurt bezahlt das Pfund
Fleisch mit Knochen mit 18 Pfg., Breslau mit 14, Dresden mit 15; Berlin
mit 11 Pfg. Protokoll der vierten Konferenz der Direktoren deutscher
zoologischer Gärten.
Phosphorsaurer Kalk als Futterzusatz. Holfeld in Teplitz
empfiehlt in einer in seinem Selbstverläge erschienenen Broschüre »Die Be¬
deutung des phosphorsauren Kalks« etc. dieses Mittel als Zusatz für das
Futter gefangener Tiere, um deren Knochenbildung zu fördern. Direktor
Schöpf f in Dresden versichert dagegen, daß die nach dieser Methode ge¬
fütterten Hirsche nicht stärker werden als andere ; dagegen glaubt er, daß eine
Aufbesserung durch ungarisches Wild möglich ist, und hat die Absicht, solches
kommen zu lassen. Nach seiner Erfahrung wirken am besten Kastanien und
Eicheln, die, wenn auch schimmelig, in der Kartoffelmühle gemahlen, gern
gefressen werden. Protokoll der 4. Konferenz der Direktoren deutscher
zoologischer Gärten.
Eigentümliches von gefangenen Tieren. Bei Vögeln in zoolo¬
gischen Gärten tritt öfters eine Verkrüppelung der Federn auf, so
z. B. bei einem Nashornvogel im Kölner Garten; bei einem Riesentukan da-
376
selbst half das Ausziehen der verkrüppelten Federn, worauf die Neubildung
guter Federn eintrat. Gegen diese Erscheinung, deren Ursache noch nicht
erkannt ist, wurde Kalkzufuhr durch Überreiben des Futters mit Sepiaschale
empfohlen, wie auch Sandbäder für den Fall, daß Schmarotzer die Ursache
sein sollten. — Gegen die Unart des Federfressens mancher Vögel ist ein
durchgreifendes Mittel ebenfalls nicht bekannt. — Im Hamburger Garten kam
ein Fall von Kahllecken und -beißen großer Hautstrecken bei einem
Panther vor, der mit der Tötung des Tieres enden mußte. — Im Berliner
Garten fraß ein junges Kamel schon während der Säugezeit der härenden Mutter
die Wolle ab und füllte sich den Pansen damit so vollständig an, daß es zu
Grunde ging, als es allein fressen sollte. — Im Breslauer Garten stopfte sich
eine Nilgau- Antilope den Magen ganz mit Sand voll, und im Kölner Garten
darf ein Paar Nilgau-Antilopen nur zum Sprunge zusammengebracht werden,
da sic sonst einander völlig kahl fressen.
Protokoll der vierten Konferenz der Direktoren deutscher
zoologischer Gärten.
Kamm förmige Bildung an Vogelkrallen. An der dritten Zehe
einiger Vögel aus verschiedenen Ordnungen, wie bei Eulen, Reiher, Nachtreiher,
Rotgans u. a. zeigt die Kralle eine kammförmige Bildung. Um die Bedeutung
derselben festzustelleu, hat E. B. Titchener einen jungen Reiher in Gefangen¬
schaft beobachtet. Niemals hat derselbe sein Futter mit dem Fuße berührt
und der einzige Gebrauch, den der Vogel von der sägezähnigen Kralle machte,
war der, sich die Wange und Kehle damit zu kratzen. Bei dieser Handlung,
die oft nach einer Mahlzeit ausgeführt wurde, bogen sich die beiden anderen
Vorderzehen jedesmal zurück, so daß die dritte frei hinaus stand. Andere Vögel,
denen die Kammkrälle fehlt, benutzen zum Kratzen die Mittelzehe allein, auch
scheint der Besitz einer solchen Kralle ihrem Besitzer, wegen ihrer seitlichen
Stellung, gerade keinen großen Vorteil zu bieten.
Nature, 4. Dezember 1890.
Das Mähnenschaf ( Ovis tragelaphus ) aus Nordafrika ist von dem Fürsten
Waldemar zur Lippe im Teutoburger Walde in verlassenen Steinbrüchen,
die reichlich mit Wasser verseheu sind, zur Züchtung ausgesetzt worden.
Die Versuche scheinen nach vielen Verlusten nun doch von Erfolg zu sein.
Die Tiere stammen aus zoologischen Gärten und pflanzen sich jetzt leidlich fort,
so daß man daran denkt, sie demnächst ganz in das Freie zu bringen. Ein
Bock, 1888 geschossen, wog uuaufgebrochen 288 Pfund. Die Brunftzeit ist in
der Regel im Oktober, worauf die Geiß nach 160 Tagen ein oder zwei Kitzchen
setzt. Die Tiere werden mit Mais, Brot und Heu gefüttert, welch letzteres man
ihuen in Raufen legt.
Nach Oberförster Wild im Jahrb. des schlesischen Forstvereins 1889.
Abhärtungsmethode für Tiere zoologischer Gärten. Auf der
vierten Konferenz der Direktoren deutscher zoologischer Gärten in Köln (Sep¬
tember 1890) wurden die Erfahrungen ausgetauscht, die betreffs der Über¬
winterung auch tropischer Tiere an verschiedenen Orten gemacht worden siud.
In Frankfurt a. M. kommen sämtliche Raubtiere jeden Tag ins Freie, die
gewöhnlichen Affenarten im großen Sprungkäfige ebenfalls. Die Temperatur
sinkt im Affenhause nachts bis auf 4- 5° R., und trotzdem hat sich die Sterb-
377
lichkeit in der letzten Zeit verringert. Die Antilopen kommen auch alle her¬
aus, außer bei naßkalter Witterung, ebenso die Strauße, Flamingo und der
Sekretär. Im Vogelhaus können sämtliche Vögel stets aus- und einfliegen, und
die Zebrafinkeu haben während des Winters im Freien Junge großgezogen.
Die Känguruh haben nur einen offenen Stall. Auch die Raubvögel sind das
ganze Jahr im Freien, sogar die als zärter betrachteten, wie Königsgeier und
Gaukler. — In Köln hält man eine ganze Anzahl Antilopen während des
Winters im Freien wie Hirsche, und man denkt diese Zahl noch zu vergrößern.
Strauß und Emu kommen immer heraus, die afrikanischen Strauße, sobald der
Boden trocken ist. Die Mehrzahl der Affen kann auch während des Winters
nach Belieben in die Außenkäfige. — In Dresden verbietet das feuchte Klima
solches Verfahren, weshalb zum Winter fast alle Tiere in die Häuser kommen.
Die Raubtiere werden von Mitte Oktober an nicht mehr herausgelassen, um
dieselbe Zeit werden Stelzvögel, Schwimmvögel und auch die feineren Fasanen
ins Haus gebracht, und sogar der Eisbär erhält eine Schutzwand gegen Zug.
Nach dem Protokoll der vierten Direktoren -Konferenz.
Dresdener Zoologischer Garten. Im Jahre 1889/90 wurden fol¬
gende Tiere geboren: April 1889. 8 Heidschnucken, Ovis brachyceros erice-
torum. 2 westafrikanische Schafe, Ovis aries L. africana. 1 Schweinshirsch,
Cervus porcinus. 5 Daliuatinerhunde, Canis dom. var. 2 Bastardziegen X von
Steinbock und Hausziege, Capra Ibex X Hircus dom. — Mai. 1 Edelhirsch,
Cervus elaphus, 1 Schweinshirsch, Cervus porcinus. 1 Renntier, Cervus tarandus.
8 Rehe, Cervus capreolus. 1 Goldbantam-Huhn, 2 Cou-Cou-Hühner, 3 silber-
halsige Dorkinghühner, 4 Creve-Coeurhühuer, 3 hellfarbeue Brahmahühner,
3_dunkelfarbene Brahmahühner. — Juni. 1 Dromedar, Camelus Dromedarius.
1 Guanaco, Auclienia huanaco. 2 Wapitihirsche, Cervus canadensis. 1 schwarzes
Zwergzebu, Bos iaurus ind. var. 1 Damhirsch, Cervus Dama. 16 Braut¬
enten, Aix sponsa. 15 Landhühner, 6 silberhalsige Dorkinghühner, 4 Sultans¬
hühner, 4 Houdanhühner, 2 La Fleche-Hühner. — Juli. 1 Edelhirsch, Cervus
elaphus. 1 Bison, Bos americanus. 4 Coorialtauben, 2 Verkehrtflügeltauben,
6 Lockentauben, 6 schwarze Zitterhalstauben, 1 Lowtanstaube, 1 gelbe Trom¬
meltaube, 2 Rothschnippentauben. 1 Jagd- oder Edelfasan, Phasianus colchi-
cus. 5 blaue Langshan -Hühner, 2 weiße Langshan- Hühner, 4 schwarze
Langshan-Hühner, 6 Kaul- oder Raulhühner, 5 Cochinbastardhühner, 8 dunkel-
farbene Brahmahühner, 2 hellfarbene Brahmahühner, 1 braunes Sumatrahuhn,
15 Cou-Cou-Hühner, 4 Seidenhühner, 6 Plymouthrockhühner, 6 Thüringer
Barthühner., — August. 2 Puma, Felis concolor. 5 Dalmatinerhunde. —
September. 2 Meerschweinchen, Cavia Cobaya. — November. 56 weiße
Mäuse, Mus dom. var. alba — Januar 1890. 17 weiße Mäuse. — Februar.
43 gewöhnliche und Angora- Meerschweinchen , Cavia Cobaya. 40 weiße
Mäuse. 1 Schweinshirsch, Cervus porcinus. — März. 5 Wildschweine, Sus
scrofa. 4 Dalmatinerhunde, Canis dom. var.
Daß die Räude der Hunde, eine Hautkrankheit, welche ähnlich wie
die Krätze bei dem Menschen von einer Milbe ( Sarcoptes squamiferus ) herrührt,
auch auf den Menschen übertragen werden kann und bei diesem Räude
verursacht, ist wohl längst bekannt. Prof. Dr. Fröhner in Berlin hat
darüber in einem Vortrage mitgeteilt, daß nach seiner Erfahrung in Berlin
378
jährlich mehrere hundert Menschen von räudekranken Hunden angesteckt
• •
werden. In einem einzigen Monate hat er beispielsweise 21 Fälle von Über¬
tragung der Sarcoptesräude auf den Menschen festgestellt. Diese Übertragungen
auf Kinder, Frauen und auch Männer lassen sich in der Poliklinik der tier¬
ärztlichen Hochschule zuweilen täglich nachweisen. Manchmal sind ganze
Familien von einem räudekranken Hunde angesteckt. Die Übertragung geschieht
durch das Berühren und Liebkosen der Hunde; besonders gefährlich hat sich das
Herumtragen sowie das Mit- ins- Bettnehmen derselben erwiesen. Die Krankheits¬
erscheinungen bei den Menschen bestehen in einem äußerst juckenden Knötchen-
ausschlage an den Händen, Armen, dem Halse, an der Brust, am Oberleib
und zuweilen am ganzen Körper. Die Krankheitsdauer kann mehrere Wochen
betragen, auch ist die Krankheit von Mensch zu Mensch übertragbar. Das
dürfte neben vielem Anderen Grund genug sein, vor einem vertrauten Umgänge
mit dem Hunde zu warnen, der häufig schon an der Räude erkrankt ist, bevor
sein Herr noch eine Ahnung davon hat.
Nach dem „Weidmann“, 5. Dezember 1890.
Zoologischer Garten zu Basel. Am 31. Dezember 1889 hatte der
Garten einen Bestand von 92 Säugetieren in 35 Arten, von 378 Vögeln in
116 Arten und von 1 Reptil, im ganzen von 471 Tieren in 152 Arten im
Werte von Frcs. 14,110. Geboren wurden 1889 im Garten 45 Säugetiere,
worunter 2 totgeborne Leoparden und 59 Vögel. Mit Tod gingen ab 33
Säugetiere und 138 Vögel. Es wurden ausgegeben 100,180 Eintrittskarten
für Frcs 40,496.05. Der stärkste Besuchstag war der 30. Juni (letzter Tag
der Somali-Ausstellung) mit 8024 Personen ä 50 Cts. Das Jahr 1889 brachte
einen Betriebsausfall von Frcs. 2179.61, der aber durch freiwillige Beiträge
und Geschenke mehr als gedeckt werden konnte. Die Einnahmen betrugen
Frcs. 41,082.10, die Ausgaben Frcs. 43,261.71.
(Nach dem Jahresbericht 1889.)
Das Auerochsenwild in den Waldungen des Fürsten von
Pleß in Schlesien wurde 1855 aus Bialovisz bei Bialistok in einem dreijährigen
Stiere und drei ebenso alten Kühen eingeführt, nachdem der letzte Auer
Deutschlands 1775 in Preußen von zwei Wilddieben geschossen worden war,
welche dafür mit je zehnjähriger Festungshaft bestraft wurden. In dem Tier¬
garten des Revieres Mezensitz, Oberförsterei Pleß, wurden innerhalb 34 Jahren
von oben genanntem Bestände geboren 16 Stiere und 17 Kühe. Durch Tod an
Krankheit (12), im gegenseitigen Kampfe (2) oder durch Abschießen (11) gingen
25 Tiere ein, so daß der gegenwärtige Bestand nur noch 4 Auer und 4 Tiere
(Kühe) ausmacht. Es hat sich ergeben, daß die Tiere in der Brunft an keine
bestimmte Jahreszeit gebunden sind und daß infolge dessen zu ungünstiger
Zeit geborene Kälber leicht zugrunde gehen; daß männliche und weibliche
Tiere fast immer in gleicher Zahl vorhanden sind, und daß die Kühe häufig
so- milcharm sind, daß in der Zeit von sieben Jahren fünf Kälber deshalb
starben; letztere sowohl wie auch die Kühe nehmen das Eintreten anderer
Milchkühe als Ersatz nicht an. Im Sommer sind die Tiere sehr scheu, im
Winter aber kommen sie zu den Raufen, um das aufgelegte Heu zu nehmen.
Gegen zahme Rinder und Hunde, besonders dunkel gefärbte, zeigen sie große
Abneigung. Zur Blutauffrischung wurde 1883 ein Stier gegen einen solchen aus dem
379
Berliner zoologischen Garten ausgetauscht. Dieser gewöhnte sich bald an das
Rudel und hat nun nach Abschuß des ältesten Stieres die Führerschaft über¬
nommen, bis jetzt aber noch keine Nachkommen erzielt.
Nach Oberförster Wild im Jahrbuche des Schlesischen Forstvereins. 1889.
Litte r atu r.
Die Myoxidae oder Schläfer. Ein Beitrag zur Osteologie und Systematik
der Nagetiere. Von Dr. C. L. Reuvens. Mit 4 Tafeln. Leiden. P. W.
M. Trap, 1890. gr. 4°.
Die vorliegende Monographie der Myoxiden ist sowohl als Inaugural-
Dissertation wie auch in dem Buchhandel erschienen; sie behandelt in ein¬
gehender Weise die Familie der Schläfer, indem sie zum Eingang nicht nur ein
Litteraturverzeichnis, sondern auch noch eine Besprechung der Vorarbeiten
über ihr Gebiet gibt, soweit diese die Einteilung des Materials und ebenso die
osteologiscken Verhältnisse der behandelten Tiere betreffen. Nachdem alsdann
Vergleiche gezogen sind zwischen den Myoxiden und ihren Verwandten, den
Eichhörnchen und Mäusen, werden 5 Subgenera mit 14 Arten genau nach
osteologischen und äußeren Kennzeichen, nach Vorkommen und allem be¬
handelt, wes die Systematik der Schläfer angeht. In ausgedehnter Weise hat
Verfasser das in den Museen aufgespeicherte Material für seine Arbeit benutzt,
und so ist seine Arbeit eine erschöpfende und zugleich gute geworden.
4 Tafeln enthalten Abbildungen der Myoxidenschädel und Gebisse.
N.
Die Tagfalter (j Rhopalocera) Europas und des Kaukasus, analytisch
bearbeitet von K. L. Bramson. Mit 1 Tafel. Kiew. Verlag des Ver¬
fassers. 1890.
Den Schmetterlingssammlern wird hier eine analytische Bearbeitung
sämtlicher Tagfalter Europas geboten, und sie werden eine derartige über¬
sichtliche Darstellung günstig aufnehmen, wenn sie sich überzeugt haben, wie
klar und bezeichnend die Familien, die Gattungen und dann die Arten ge¬
kennzeichnet sind. Da Unterzeichneter selbst zu wenig Fachmann auf diesem
Gebiete ist, hat er das vorliegende Buch dem kürzlich verstorbenen Lepidop-
terologen Saalmüller, dem Herausgeber des vorzüglichen Werkes über die
Schmetterlinge Madagaskars, zur Begutachtung übergeben, und dieser hat
ihm sein volles Lob darüber ausgesprochen. Für eine folgende Auflage würde
es sich vielleicht empfehlen, die Auffindung der Arten durch Hinzufügen ana¬
lytischer Tabellen zu erleichtern. N.
Die geographische Verbreitung der Cochenillezucht mit einer
Übersichtskarte. Tnaugural - Dissertation von Dr. Eduard Wiepen. Köln
1890. Druck von J. B. Heimann.
Ehe die billigen und ausgiebigen Anilin- und besonders Azo-Farben
gefunden waren, hatte die Zucht der Cochenille eine große Bedeutung für die
380
Länder in welchen sie betrieben werden konnte. Als die Spanier nach Mexiko
kamen, fanden sie bei den Eingeborenen den Gebrauch vor, ihre Wollstoffe
mit dieser Schildlaus rot zu färben, und da die Farbe diejenige, die man
seither von der Kermesschildlaus in Europa gewonnen, an Schönheit und Glanz
bei weitem übertraf, so wurde sie in das Mutterland eingeführt. Lange Zeit
war Mexiko der Lieferant der Cochenille, bis sie 1811 auch in Guatemala
gezogen wurde, wo sie vorzüglich gedieh. Honduras, San Salvador und Nica¬
ragua kultivierten dieselbe nur zeitweise. Als der Abfall Mexikos von Spanien
drohte, brachte ein patriotischer Spanier den Nopal ( Opuntia coccinellifera )
mit dem darauf lebenden Insekte nach Cadix, worauf an manchen Orten des
südlichen Spaniens die Cochenillezucht versucht wurde; aber ohne großen
Erfolg. Anders lag die Sache, als 1826 die Cochenille von Cadix nach den
Canarischen Inseln verpflanzt wurde. Auf dem vulkanischen Boden, der mit
Guano fleißig gedüngt wurde, und in dem milden gleichmäßigen Klima nahm
die neue Kultur bald einen derartigen Aufschwung, daß die Produktion der
Inseln bald die Mexikos bedeutend übertraf*) und der Wohlstand der Inseln
sich dadurch außerordentlich hob. Gewiß ist es von Interesse, einen einst so
wichtigen und interessanten Kulturzweig in seiner Geschichte, in seinem
Wesen und in seiner Bedeutung für Handel und Technik genau kennen zu
lernen, und dazu hat die vorliegende fleißige Monographie das Material in
gewissenhaftester Weise geliefert. Hoffentlich wird die Dissertation auch durch
den Buchhandel weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. N.
*) Vergl. hierüber den Aufsatz von H. Honegger in unserer Zeitschrift „Einführung
und Kultur der Cochenille auf den Canarischen Inseln. XX. Jalirg. 1879, S. 10. N.
Bücher und Zeitschriften.
Prof. Dr. F. Leydig. Intra- und interzelluläre Gänge. Aus dem „Biologischen Centralblatt.
Bd. X.“ Erlangen. Eduard Behohl. 1890.
Jahresbericht der Naturhistorischen Gesellschaft zu Nürnberg. 1889. Nürnberg.
Hermann Ballhorn. 1890.
Katalog der Ausstellung des Vereins der Aquarien- und Terrarienliebhaber zu Berlin.
Berlin. C. Behrens. 1890. 40 Pf.
Dr. Aug. Otto. Zur Geschichte der ältesten Haustiere. Breslau Preuß und Jünger.
1890. 8°. 78 Seiten. 1 M. 50 Pf.
Prof. Dr. Altum. Ergebnisse der Untersuchung von Kiefernspinnercocons zur Winterzeit.
Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen, von Dr. Danckelmann. 1890. Berlin. Jul. Springer.
Brehms T i e r 1 e b e n. 3te Auflage , bearbeitet von Prof. Dr. Pechue 1-Loesche.
2. Band. Säugetiere. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. 1890.
Dr. Ernst Schaff. Ornitliologisches Taschenbuch für Jäger und Jagdfreunde: Tabellen
zur Bestimmung sowie Beschreibungen aller in Deutschland vorkommenden jagbaren
Vögel. Mit 18 Abbild. Neudamm. J. Neu mann. 1891. 8°. 193 Seiten. Geb. 3 M.
Bruno Dürigen. Deutschlands Amphibien und Reptilien. Erste Lieferg. Magdeburg.
Creutzsclie Verlagsbuchhandlung. 1 M. 25. Pf.
Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. 6. Band. 5 Abteil. Säuge¬
tiere, von Prof. Dr. W. Leche. 35 und 36 Lieferg. Leipzig u. Heidelberg. C. F.
Winter. 1890.
Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annee 1890. No. 2.
Moscou 1890.
Prof. Dr. Emil Selen k a. Zur Entwickelung der Affen. Sitzungsberichte der Königl.
Preuß. Akademie der Wissenschafien zu Berlin. XLV11I. 1890.
Heinr. Freiherr Schilling v. Ca n statt. Durch des Gartens kleine Wunderwelt.
Frankfurt a. O. Trawitzsch & Sohn. 1890. Erste Lieferung.
Dr. F. A. Jentink. On Strepsiceros Kudu and Str. imberbis. — On Rhinoceros simus in
the Leyden Museum. — Notes from the Leyden Museum. Vol. XII. 1890.
Nachdruck verboten.
Druck von A. Mahlau (Fa. Mahlau & Waldsclimidt). Frankfurt a. M.
Register
Aberglauben, zoologischer, in
Russland 20.
Abbildungen : Andenhirsch
231, Becken für Seelöwen 3,
Brillenpinguin 259.
Abhärtung der Tiere 376.
Abnahme des Tierreichtums
nach Norden 40.
Acanthis cannabina 282.
Acclimatisationsversuche am
JDnjepr 62, in Deutschland
375, 376, 378.
Actinia equina 9.
Actinien d. schwarz. Meeres 6.
Adresse des Herausgebers 352.
Affe, grüner 159, Schweins- 266.
Affe und Spiegel 286.
Alfen auf Barbados 159.
Afrika, Reptilien 335.
Agrion virgo 222.
Agrotis spina 240.
Ailurophis vivax 142.
Albatros 23, 323.
Alca torda 263.
Alcedo ispida 346.
Aleuten, Pelztiere 95.
Algier, Heuschreckennot 309.
Alligator 351.
Alpaka 24.
Alter eines Pferdes 61.
Amblyrhynchus cristatus 134.
Ameisen, die, von Marshall
224, Menge 42.
Amphibien, Wachstum 340.
Amsel, Schwanz- 157, 171.
Anas acuta 346, boschas 346,
clangula 346 , clypeatn 369,
crecca 346, Penelope 346, quer-
quedula 346.
Anoa depressicornis 254.
Anodonta cellensis 17 ,piscinalis 17.
Anodonten, Wachstum 16.
Anpassungsfarben 165, -fähig-
keit 327.
Anstrich für Eisenteile 287.
Antilope bezoartica 113, neue 53,
tibetische 112.
Antilopen des Himalaya 104.
Aquarium, Becken-, ge¬
mauertes 46, 83, 143, 363.
Aquarium Frankfurt a. M.
204, Köln 217, Paris 211, 280.
Aquarium mit Tieren aus dem
schwarzen Meere 6.
Ardea minuia 346.
von Argyll 324.
Argyroneta aquutica 143.
Artbegriff 161.
Arten, ihre Entstehung 321.
Arvicola nivalis 158.
Ascidien des schwarzen
Meeres 6.
Asinus taeniopus 209.
Asellus aquaticus 148.
Aspisviper 12.
Assel, Wasser- 148, Land- 148.
Atmung, Darm- 347.
Auerhahn, Dreistigkeit 21.
Auerochsjagden27, Einbürge¬
rung 378.
Ausfuhr, Austern- 158.
Ausstellung, Fischerei- 215,
Jagd- 215, 351, Katzen- 285,
Paris 211.
Austernausfuhr a. Holland 1 58.
Ausstopfer in Lenkoran 281.
Australien, Büffel 28.
Bachstelze, Gebirgs- 18, weiße
318.
Baianus improvisus 9.
Bänke, Schwamm-, bei Sizi¬
lien 28.
Badeschwamm, Leben 97.
Barbados, Affen 159.
Bär, brauner 158, Eis- 24, 124,
Ussuri- 289.
Bastard von Auerhulin und
Birkhuhn 208, v. Birkhuhn
u. Haselhuhn 208, v. Edel-
u. Steinmarder 61, v. Esel
u. Hemionus 158, v. Hund u.
Wolf 211, v. Hofhund und
Samojedenhund 92, v. Pferd
u. wildem Esel 250, v. Schaf
und Ziege 123, v. Wapiti-
und Edelhirsch 375.
Baukünstler, kleiner 252.
Baumläufer 282.
Becken für Seelöwen 3.
Beckenaquarium, von Buck 46,
83, 143, 363.
Befruchtung, ihre Bedeutung
325.
Begriff d. Entfernung fehlt 350.
Beiträge, eingegangene 32, 64,
96, 128, 192, 256, 320, 352.
Beize, Falken- 2i5.
Beobachtungen, zoogeogra¬
phische 39, 65.
Berlin, Hunde 319.
Beschneidung 323.
Biber 158.
Bithynia 364.
Black buck 113.
Blattschneider, gemeiner 252.
Bogong 241.
Bombin ator igneus 340, pachypus
340.
Borkenratte 195.
Borstenbinse 48.
Bramson, Tagfalter- 379.
Brelnns Tierleben 288.
Brieftauben, Hin- und Rück¬
flug 96.
Bronn, Klassen und Ord¬
nungen 32.
Brutmaschinen 124.
Bubalus mindorensis 254.
Büffel, in Australien 28, Ur- 254.
Bufo variabilis 16 t, vulgaris 136.
Bukri 109.
Burrell 104.
Bussard, Mäuse- 157.
Bütschli, Protozoa 32.
Bythotrephes lonyimanus 152.
Cacatua roseicapillus 121.
Callopeltis Aesculapii 141, quadri-
lineatus 141, 336.
Calamodyta palustris 346.
Galoptenus italicus 310.
Cants procyonides 291.
Capra megaceros 109, Sibirien 107.
Capreolus leucotis 232.
Capschaf 123.
Carcinus maenas 6.
Cardamine pratensis 49.
Carychium 365.
C’avia apareu 247, Cutleri 247.
Ceder, Libanon- 251.
Cercopithecus callitrichus 159,
erythrarchus 266, leucampyx
267, albigena 267, ater rimus 261 .
Cerniodaphnia quadrangula 149.
Certhia famil. brachydactyla 282.
Cervus antisiensis 228, canadensis
375, chilemis 228, Maral 247,
paludosus 233, porcinus 375.
Cetonia aurata 224.
Chamäleon 163.
Chinkara 113.
Chiton variegatüs 9'.
Chromatophoren d. Fische 373.
Cigua 343.
Citronfalter 45.
Cladophora linoides 46.
Cochenillezucht v. Wiepen 379.
Coelopeltis lacertina 142, 335, Neu-
mayeri 76.
Coronella austriaca 140, 339, ge-
tulus Sayi 74, 338.
Corvus frugilegus 207, pica 173.
Cottonworni 44.
Cotyle riparia 282.
Crax carunculata 120.
Creagoceros antisiensis 233.
Crex pratensis 333.
Cricetus frumentarius 208, 210.
Cynomys ludovicianus 350.
Cyprinus carpio 57.
Cypselus apus 301.
Dachs 283, Fortpflanzung 209.
Ducelo gigas 120.
Damalis hunteriifö, senegalensis53.
Dandalus rubecula 318.
Daphnia hyalina 148.
Darmatmung 347.
Darwinismus 321.
Delphinus delphis 261.
Diogenes varians 6.
Diomedea exulans 23, 123.
Discoglossus pictus 339.
Dohle, Schaden 297.
Dohlen und Hühnereier 21.
Dressur von Tieren 350.
Drossel, Ring- 94, Schwarz-
171, Sing- 251.
Dryocoetes autographus 25.
Dryocopus martius 25.
Egel, Fisch- auf Salinen 344,
Sumpf- 366.
Egypten, Wachtelausfuhr 127.
Eichhörnchen, Pilze fressend
284, 347, Schaden 300.
Eier, Winter- 151.
Eigenheiten gefang. Tiere 376.
Einbürgerung s. Acclimati-
sation.
Eintagsfliegen 86.
Eisenanstrich 287.
Eisbär, Fortpflanzung 124, Ge¬
burt 24.
Eisvogel 346.
Eiszeit 320.
Blaphis cervone 141, 336, 338,
quaterradiatus 7 6.
Elefant 344, Brunft 209, Dressur
350, Empörung 58.
Elk 304, Elken 304.
E odea canadensis 17.
Elritze 56, 373.
Elster 173, 282.
Emys lutaria 209.
Ente, Benehmen 348, Haus-
318, Löffel- 369.
Enten auf dem Main 346.
Entstehung der Arten 321, der
Schutzfarben 161.
Epeira diadema 163.
Equus bisulcus 227.
382
Erblichkeit 161, 322.
Erklärung- 251.
Eryx jaculus 143, 365.
Esel,' Wild- 209.
Eule, Dorn- 240.
Euspongia officinalis 98.
Falco bubylonicus 216.
Falk, Baum- 27.
Falkenbeize 215.
Falter, Citron- 208, Tag-, v.
Bramson 379.
Fang der Wale 216.
Farben; Schutz- 161.
Farbenänderung bei Puppen
327.
Färbung der Arten 162.
Fasan, Glanz- 159, Impeyan-
m.
Fatio, Faune des Vertebres de la
Suisse 254.
Fauna pisciutn Germamae 352,
Säugetier- in Frankreichl58.
Faune des Yertrebes de la Suisse
par Fatio 254.
Federn, Fressen der, 376, Ver¬
krüppelung 375.
Felis Irbis 291, lynx 223.
Fichten, verwachsene 22.
Fisch, Mai- 345.
Fische, Edel- der Schweiz 254.
Hochzeitskleid 56, Platt-163.
Fisclier-Sigwart, Tierleben im
Terrarium 127.
Fischerei, Flußperlen- 126.
Fischfang in Russland 210.
Fixierung erworbener Eigen¬
schaften 327.
Fleisch, Pferde- 126.
Fliege, Köcher- 86, Flor- 88,
Fliegenfänger grauer 282.
Flora, Aquarium 217.
Flugpfeifen 215.
Flußperlentischerei 126.
Fraß, Raupen- 43.
Fregatte 95.
Friderich, deutsche Vögel 351.
Fringilla cannäbina 282.
Frosch , Land- 114 , Laub-
164, Farbe, gefräßiger 339
Wasser- Färbung 163.
Froschjagd, westfälische 114.
Fruchtbarkeit d. Bastardei 24.
Fulicu atra 238. chloropus 251.
Furcifer antisiensis 228.
chilensis 228.
Fußrudimente , sogen., der
Schlangen 154.
Fütterung der Raubtiere 375.
Galium palustre 49.
Gallinula crex 833.
Gammarus locusta 8, pulex 147.
Garrulus cristatus 120.
Gastropacha pini 282.
Gauch 270.
Gazella Bennettii 113.
Gazelle, tibetische 114.
Geburten in zoolog. Gärten
24, 63, 124, 129, 159, 190, 193,
209, 319, 377.
Gecinus viridis 26, 91.
Gefiederte Welt von Ruß 128.
Gemse 158, Himalaya- 111.
Genuß des Pferdefieisclis 126.
Gepard 182.
Gewohnheiten junger Hirsche
253.
Gift, Fliegen- 287.
Glacialzeit 320.
Goa 113.
Gobio fluviatilis 373.
Gongylus ocellalus 338.
Goral 111.
Goucli 269.
Goura Steursi , Paarung 369.
Gulo boreulis 208
Gutzgauch 270.
Gynmorhina tibicen 120.
Haarfressen der Tiere 376.
Haarwechsel bei Seelöwe 36.
Hamster 208, 210.
Häntling 282.
Hartebeest, Senegal. 53.
Hartert contra Müller 251.
Hase, Feld-, schwarzer 93.
Häufigkeit der Tierarten und
Individuen 40.
Hecht 345.
Heher, Blau- 120,
Helgoland, Lumme 234.
Heller, Urbüffel v. Celebes 254.
Remionus , Bastard 158.
Hemitragus jemlaicus 110.
Hermelin 357.
Herumstreicher 295.
Heuschreckennot309, -plage66.
Himalaya, Horntiere des 104.
Hippocamelus dubius 228.
Hippospongia equina 98.
Hirsch, Anden- 227, Dam- 158,
Edel- 158, Gabel- 229, Ge¬
wohnheit- 253, persischer247,
Riesen- 214, Schweins- 375,
Wapiti- 375.
Htrunao riparia 346.
Huamela leucotis 232.
Huhn, Hasel- 157, Steppen- 25.
Hühnerrasse, neue 31, Hokko-
120.
Hund, Aberglaube 21, Be¬
nehmen bei Verlust seines
Genossen 23, der Steinzeit
213, Hyänen- 24, Prairie- 350,
Viverren- 291, Räude 377.
Hunde in Berlin 319.
Hyla arborea 165.
Hylobales leuciscus 215.
Rypnum nitens 51.
Hypotriorchis subbutco 27.
Bystrix cristata 247, longicauda
247.
Idmais pleione 45.
Iharrel 112.
Iltis 304, -Täuschung 253.
Institute, zoologische 246.
Inzucht 325.
Insel, Vogel- 303.
Irbis 182.
lsolepis gracilis 48.
Jabeau 248.
Jagd, Affen- 250, Auerochs-
27, in Norwegen 27, Frosch-,
westfälische 114, Pelztier-,
auf den Aleuten 95.
Jagdausstellung 351.
Jaguar 182.
Jahrbuch, ornithologisches,
v. Tschusi 32.
Jardin d'Acclimatation 277.
Jardin des Planles 245.
Käfer, Borken- 25, Rosen- 224,
Käfige, Flug-, in zoologischen
Gärten 122.
Kakadu, Rosen- 121.
Kalk, phosphorsaurer zum
Futter 375.
Kammbildung an Krallen 376.
Kampf von Schwarzdrossel
mit Reptilien 171.
— zwischen Vogel u. Fisch 95.
Kanarienvogel von Russ 64.
Kaninchen 279.
Katze, malayische 94, Wild-
158, 193, 284.
Katzenausstellung 285.
Katzen d. Berliner Gartens 179,
durch Fliegen vergiftet 237.
Keimzellen, ihre Bedeutng 325.
Kenias Hodusmii 112.
Iverbert, Dr. Direktor 256.
Kiefernspinner 282.
König, W achtel-333, Zaun-330.
Könige, zwei gefangene 330.
Kormoran 71.
Korrigum 53.
Kranichzug 208.
Krankheiten bei Tieren 283,
341, 353.
Kras 110.
Krähe, Raben- 284, 297, Saat-
157, 207, 297.
Krallen, Kammbildung 376.
Krebs, Einsiedler- 7, 10 (Ver¬
schleppung) 342, Floh- 147,
-Fluss- 346.
Krebse des schwarzen Meeres
6, Mengen- 41.
Kreuzotter 308.
Kreuzschnabel, Fichten- 28.
Kreuzung 325.
Kröte, Sprachliches 200,
Wechsel- 164.
Kröten, Wachstum 340.
Krokodil, wandernd 350.
Kuckuck, brütet er? 182, 283,
313, Sprachliches 269.
Kuckuck, Direktor 64.
Kulan, Bastard 250.
Kumbuk 344.
Labkraut, Sumpf- 49.
l.acerta agilis 172, 134, occellata
134, 338, pater 338, viridis 134.
Lamarckismus 321.
Landeinsiedlerkrebs, Ver¬
schleppung 342.
Lapunder 267.
Leben des Badeschwammes97.
Leierschwanz 248.
Lemming 68.
Lemna trisulca 48.
Leopard 181.
Leptodora hyalina 150.
Leucaspius delineatus 56.
Lepvis aquilonius 93, Lehmatmi
93, medius 93, timidus 93,
variabilis 93.
Libellula depressa 222.
Limnaea , Arten- 17, 346, 363.
Limnobates stagnorum 85.
Liparis Monaclia 283.
Litteratur 32, 64, 96, 127, 160,
192, 223, 254, 288,320, 351, 379.
Lophophorus impeyanus 159.
Löwe 24, Rassen 179.
Löwe, See-, s. Seelöwe.
Loxia curvirostra 28.
Luchs, europäischer 158.
— im Harz 223.
Lumme auf Helgoland 234.
Lungenseuche bei Reh 283.
Lunuluria vulgaris 53.
Lycaon pictus 24.
Lycosa saccata 146.
Ma cucus cynomolgus 250, nemes-
trinus leoninus 266.
Macroscincus Coctei 134.
x
383
Mähnenschaf 376.
Main, unterer 345.
Mammut 191.
Marchantia polymorpha 52.
Marder. Bastard- 61, Baum-
166, Edel- 166, Haus- 242,
Stein- 242, 2o3.
Marshall, die Ameisen 224.
Maulwurf, sechsfarbiger 154.
Maus, Wald- 222.
Mauser hei Pinguin 36.
Meerkatze, rotrückige 266,
schwarze 267.
Meerschweinchen, einfarb.247.
Megachile centuncularis 252.
Meise, Sumpf- 262.
Merura superba 248.
Metzelei, Robben- 26.
v. Meyer, Ortsbewegung der
Tiere 160.
Milan 208.
Milben, Land-143, Wasser- 143.
Mxlvus ater 1 08, regalis 208.
Moderlieschen 56.
Molche, Arten 339.
Molge vulgaris 399.
Monatsschrift zumSchutze der
Vogelwelt 127.
Moose, Laub- 50, Leber- 50.
Moskau, Zoologisch.9i ,157, 207 .
Mosquito-Plage 65.
Motacilla alba 318, sulphurea 18-
Möwen auf dem Main 346.
Mücke, Büschel- 88, Stech- 88.
Mücken der Moore 41.
Mückenplage 65.
Mufflon in Ungarn 190.
Munal lll. •.
Mundfäule bei Schlangen 341.
Mus rattus 155, 156, 281, silva-
ticus 222.
Muscicapa grisola 282.
Museum d'histaire naturelle 246.
Müller, Gebr., contra A. Walter
182.
Murmeltier 159.
Muschel, Erbsen- 365, Herz-
u. Strandläufer 374.
Muscheln, Main- 346, des
schwarzen Meeres 6, Teich-,
Wachstum 16.
Mustela erminea 357, foina 191,
242,/ oma-martes 61,' martes 166,
putonus 304.
Mygale verschleppt 21.
Myoxidae v. Reuvens 379.
Mgtilus edulis 9.
Nachtigall 251.
N ahrung der giftlosen Schlan¬
gen 134.
yassa reticulala 9.
Natter, Eidechsen- 142, glatte
139, Hufeisen- 142, Ketten-
74, 338, Leoparden- 141,
Ringel- 137, Schling- 140,
Sprenkel- 74, Streifen- 338,
Treppen- 141, Viper- 139,
340, Würfel- 3 38, Zorn- 142.
Natura artis magistra 255.
Naturgeschichte der deutsch.
Vögel von Eridrich 351.
Nehring, Tundren und Step¬
pen 320.
Nehrling, nordamerikanische
Vogelwelt 192.
Kemachilus harbatulus 347, 373.
Nemorhotdusbubal. 111, gor al 111.
Neolamarckismus 321.
Nephelis vulgaris 365.
Neritina fluviatilis 346.
Nestor der Pferde 62.
Neufundländer u. Spitz 23.
Nian 107.
Nistplätze, abweichende 282.
Nonne 283.
Norwegen, wilde Tiere 27,
Raubtiere 189, Walfang 216.
Ochs, Auer- 27, 378.
Ohrspalten, Aberglaube 21.
0 phibolus getulus Sagt 338.
Orang-Utan 215.
Ortsbewegung der Tiere von
H. v. Meyer 160.
Otaria Gdlespii 34, Stellen 34.
Otter, Fisch- 345.
Ovis ammon 105, cycloceros 107,
Foli 106, tragelaphus 376, Vignei
107.
Paarung, Goura 369.
Pafaenion squilla 7.
Paläolithische Tiere 212.
Panther in Sibirien 291.
— Spielarten 181.
Paris Zoobiologisches 211, 245.
Parus palustris 282.
Passer dcmestic. 299, montan. 299.
Pastor roseus 63.
Pecteu sulcatus 7.
Pell tu cälycina 51, epiphylla 51.
Pelodytes punctaius 339.
Penelope cristata 120.
Perlen, Fluss-, Fischerei 126.
Periops Clij/ordi 338, hippocrepis
142.
Pfefferfresser 120.
Pfeifen, Flug- 215.
Pflanzen des Beckenaqua¬
riums 46.
Pferd, altes 61, kluges 223,
der Steinzeit 212.
Pferdefleisch, Verbrauch 126.
Pferderassen 279.
Philippinen, Borkenratte 195.
PMoeomis Cumvng tl$b,pallid. 199.
Phoxinus laevis 56, 373.
Physa fontinalis 363, kypnorum
17, 363.
Pica caudata 173, 282, pica 282.
Picus major 300, martius 25,
viridis 26, 91.
Pilze, Nahrung des Eichhorns
284.
Pinguin, Brillen- 36, 257.
Pisces Germaniae von E.
Schulze 352.
Pisidium 365.
Plage, Heuschrecken- 66.
Planaria , Arten 368.
Planorbis, Arten 17, 364.
Plattbauch, Zug 222.
Plestiodon Ahlrovandi 134
Podiceps minor 346.
Podura plumbea 89.
Postglacialzeit 320.
Prairiehund 350.
Preise der Tiere 59.
Procapra picticauda 114.
Protozoa von Bütschli 32.
Prozess, Amsel- 173.
Psarnmodromus hispanicus 135.
Pseudois nahoor 104.
Puma, Spielarten 180.
Puppen, Farbenanpassung 327.
Pyrogallussäure 287.
llana f vis ca 114.
Rasse, Hühner-, neue 31.
Rassenbildung 327.
Ratte, Borken- 195, Haus-
155, 156, 281, Wander- 155.
Raubsäugetiere des Teutob.
Waldes 242, 304, 357.
Raubtiere- Fütterung 375, Nor¬
wegens 189.
Räude der Hunde 377.
Raupen, essbare 240.
liaupenfrass 43.
Jiavine deer 113
Reh, Krankheit 283.
Reichenow, Vögel Deutsch¬
lands 223.
Reiher, Fisch- 376.
Ren 212-
Reptilien Nordafrikas in Ge¬
fangenschaft 335.
Reuvens, Myoxidae 379.
llhamphastos approximans 120,
discolorusl20 , toco 120, tucanus
120, vitellinus 120.
Bhinechis scalaris 77, 141, 337.
Rhopalocera von Bramson 379.
Rind, bretonisches 280, wildes,
in London 285.
Robben, Menge der 68.
Robbenmetzelei 26.
Rohrdommel 346.
Rohrhuhn, grünfüssiges 251.
Rotkehlchen 318.
Rückbildung, Tendenz zur 324.
Rudimentäre Bildungen 322.
Russ, Gefiederte Welt 128,
Kanarienvogel 64, spre¬
chende Vögel 64.
Russula vesca 284, 347.
Sahara, Leben 45.
Salamander, Riesen- 210.
Salm 344.
Salvinia natans 48.
Sandtiere 337.
Sänger, Schilf- 346.
Sarcoptes squamiferus 377.
Säugetiere, Raub-, des Teuto-
burgerWaldes 166, d. Rhone¬
gebiets 158, in Taurien 63.
Schaben in den Tropen 67.
Schädliche Vögel 297.
Schaf, Mähnen- 376.
Schafe des Himalaya 104.
Schatun 295.
Schaumkraut, Wiesen- 49.
Schildkröte, Sumpf- 209.
Schimpanse 215, Skorbut 353.
Schläfer von Reuvens 379.
Schlange , Aeskulap - 141 ,
Katzen- 142, Sand- 142, 335.
Schlange frisst eine andre 286
Schlangen, Fussrudimente,
sogen. 154, Nahrung der 134.
Schmerle 56, Atmung 347,
Zähigkeit 373.
Schmetterling, essbarer 240.
Schmetterlinge auf See 191,
Häufigkeit 41, 44.
Schmetterlingspuppen, Fär¬
bung 327.
Schnecke , Schlamm- 346,
Schwimm- 346.
Schnecken des schwarzen
Meeres 6, des Beckenaqua¬
riums 363.
Schnelligkeit d. Brieftaube285.
Schnepfe, Wald- , und Licht- 26.
Schulze, Pisces Germaniae 352.
Schutz, Vogel-, i.Mittelalter284.
Schutzfarben. Entstehung, 161.
Schwalbe, Ufer- 282, 346.
Schwamm, Bade- 97.
384
Schwammbänke bei Sicilien 28.
Schwarzes Meer, Tiere im
Aquarium 6.
Schwarzkopf 318.
Schwein, Ussuri- 289, Wild- 158.
Scincus officinalis 335.
Scotch Grey Fowl 31.
Segler, Mauer- 301.
Seehund, grönländischer 27.
Seelenkunde, Hausente 348.
Seelöwe 1, 33, 129.
Seredowitsch, L. 281.
Sieboldia maxima 210.
Sicilien, Schwammbänke 28.
Skink 335.
Skorbut, Schimpanse 353.
Skorpione, verschleppt 21.
Sorex alpinus 158.
Spatula clypeata 369.
Spatz, Haus-, Benehmen 125.
Specht, Bunt- 300, Grün- 26,
91, Schwarz- 25.
Sperling, Feld- 299, Haus- 29.9,
Benehmen 125, Schaden 297.
Spermophilus Bellingi 176,
Richardsoni 176, Toicnsendillß.
Sphaeroma serrata 9.
Spheniscus demersus 36, 257.
Sphenops capistratus 335.
Spinne, Kreuz-, Färbung 163,
Luchs- 146, Vogel-, ver¬
schleppt 2i, Wasser- 143.
Spinner, Kiefern- 282.
Spitz, Benehmen 23.
Spongia s. Euspongia.
Sprachwissenschaft und Na¬
turwissenschaft 200, 269.
Springschwanz 88.
Star 284, Rosen- 63.
Staumnotus maroccanus 310.
Steinhock des Himalaya 107,
der Nilgherries 109.
Steinhündchen 357.
Steinzeit, Tiere 212, Zeich¬
nungen 213.
Steissfuss, Lappen- 346.
Stellio vulgär ts i34, 338.
Steppen und Tundren von
Nehring 320.
Steppenhuhn 25, v. Tschusi 127.
Strandläufer 346, 374.
Sumpfschnecke 364.
Surron 112.
Sylvia airiccipüla318 , rubecula 318.
Syrrhaptes paradoxe 127, s. a.
Steppenhuhn.
Tahr HO.
Talpa europaea 154.
Tamarao 254.
Tarentola mauritanica 338.
Taube, Brief-, Hin- u. Rückflug
96, 285, Erd- 369, Krön- 369.
Tauben, Pfeifen für 215.
Taucher, Brillen- 257.
Taurien, zoolog. Garten in 62.
Täuschung bei Tieren 253, 357.
Tehrny HO.
Teichläufer 85.
Teichmusclieln, Wachstum 16,
Tellerschnecken' 364.
Terrarium , Tierleben , von
Fischer-Sigwart 127.
Tetrao bonasa 157, 208, medius
208, tetrix 208, vrogallus 208.
Teutohurger Wald, Raub¬
säugetiere 242, 304 357.
Thar 112.
Thylacinus cynocephalus 249.
Tiere, ausgestorbene 212, Aus¬
traliens 329, des Becken¬
aquariums 84, des Berliner
Gartens 28, Ortsbewegung
160, Norwegens, Raub- 189,
Reichtum anlO, d. Schwarzen
Meeres 6, wilde in Nor¬
wegen 27, Abhärtung 376.
Tierleben, Brehms 288, im
Terrarium von Fischer-Sig¬
wart 127.
Tierpreise 59.
Tiger, Spielart. 181, Ussuri- 289.
Todesfälle in zool. Gärten 133.
Tragen der Jungen auf dem
Rücken 238.
Trepanation beiMenschen2l5.
Tringa ochropu-s 346.
Triton cristatusßiO, taewatus 33°.
Trochus pica 343.
Troglodytes pirvulus 330.
Tropen, Tierreichtum 65.
Tropidonotus natrix 137, tessel-
lat"s 138, viperinus 139, 340.
v. Tschusi, Ornithologisches
Jahrbuch 32, das Steppen¬
huhn 127.
Tsos 113.
Tubifex rivulorum 366.
Tundren und Steppen von
Nehring 320.
Turbellarien 368.
Turdus meruta 94, 171, musicus
251, torquatus 94, viscivorus 210.
Turm, Eschenheimer, und
Vögel 284.
Typhlops lumbricalis 136.
Überwinterung von Säugern
und Vögeln 318, 376.
Uferläufer 85.
Unarten gefangener Tiere 375.
Ungarn, Mufflon in 190.
Urbüffel von Celebes von
Heller 254.
Uria s. Lumme.
Urial 107.
Uro mast ix Hardwicki 134, spinipes
134, 338.
Ursu.s arctos 294, thibetanus 294.
Ussuri-Gebiet, Tiere 289.
Vallisneria spiralis 48.
Vanessa, Puppenfärbung 327.
Vererbung erworbener Eigen¬
schaften 321.
Verfärbung der Tiere 162.
Verluste an Tieren 206.
Verschlag. Schmetterlingel91.
Verschleppung von Tieren 21,
Einsiedlerkrebs 342, Por¬
zellaneier 254, 357.
Vespert ilio Bechsteini 158.
Yesperugo borealis 158.
Verwachsung von Fichten. 22.
Vielfrass 208.
Viper, Aspis- 12, 265.
Viper a aspis 12, 265, berus 14,
ammodytes 14, La tust ei 14,
Seoani 14.
Vogel, Eis- 120, Flöten- 120,
Kanarien- 64, Lach- 120.
Vögel, Ankunft 251, Deutsche,
von Friedrich 351, Deutsch¬
lands von Reichenow 223,
JVlassregeln gegen schäd¬
liche 297, sprechende von
Russ 64, in Taurien 63.
Vögel tragen Junge auf dem
Rücken 238.
Vogelkrallen, Ivammbildnng
376.
Vogelmengen 70.
Vogelschutz im Mittelalter 284.
Vogelwelt, nordamerikanische
von Nehrling 192, Monats¬
schrift zum Schutze der 127.
Vogelzug 208.
Wachsen der Anodonten 16.
Wachstum bei Kröten 340.
Wachtelausfuhr Egyptens 127.
Wachtelkönig 333.
Waldhühnerbastarde 208.
Waldschnepfe und Licht 26.
Wale, Fang 216.
Walross, Süd- 217.
Walter contra Müller 313.
Wanderheuschrecke u. Rosen¬
star 63.
Wapiti 375.
Wasserleitung im St. Peters¬
burger Garten 276.
Wasserpest 17.
Weismann’s Theorie 325.
Welt, gefiederte, von Russ 128.
Wespe, Häufigkeit 42.
Westermann, G. F. f 255.
Wiedehopf auf See 251.
Wiepen, Cochenillezucht 379.
Wiesel, grosses, Kraft 191, 357.
Wildkatze, Fortpflanzung 193.
Wintereier der Daphnien 15 1.
Wolf 92, 158, Beutel- 249.
Würmer des schwarzen
Meeres 6, des Beckenaqua¬
riums 365.
Xenelaphus anomalocera 228,
leucotis 232.
Zalophus californianus 34.
Zamenis carbonarms 7, 6, cas-
pius 142, Bahlii 142, liippo-
crepis 142, viridißavus 76, 135,
142, versicolor 338.
Zander 345.
Zaunkönig 330.
Zeichnungen der Steinzeit 214.
Zeisig 218.
Ziegen des Himalaya 104.
Ziesel, Beidings- 176.
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katzen- 193.
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Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang. — No. 5.
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Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1890.
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Für Yogelliebhaber.
Am 18. April traf mein Sohn mit einer großen Sendung Nachtigallen, Schwarzblatl
und Sprosser in Wien ein, ich versende dieselben unter Garantie lebender Ankunft
und sicher Männchen unter Post-Nachnahme.
Nachtigallen.
Ungarische ä Stück M. 4. —
Bosnische . » » » 4.50
Karpatische » » »5. —
Schwarzblatl.
Steirische . ä Stück M. 4. —
Ungarische » » » 5. —
Siebenbürger » » » 6. —
Sprosser.
Ungarische ä Stück M. 9. —
Polnische . » » » 10. —
Russische . » » » 12. —
Romanische » » » 13. —
Georg Hahn in Wien,
Nasch markt, Stand 22 3.
In jedem Haus und in jeder Familie sollte das
hochinteressante Blatt: Die
Tierbörse I
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welche in Berlin erscheint, zu finden sein. Das sehr beliebte Blatt wird immer mannig¬
faltiger und ist jetzt das verbreitetste Fach- und Familienblatt
in Deutschland. — Vom 1. Juli ab wird jeder Nummer noch ein „Illustriertes
Unterhaltungsblatt44 gratis beigegeben. Somit erhält jeder Abonnent jede Woche: |
1. Die „Tierbörse44 (3—4 Bogen stark) mit ihren hübschen Artikeln über Tierzucht
und aus dem Tierlehen, dem reichhaltigen Briefkasten, in dem sich jeder Abonnent
über alles gratis Rats erholen kann und einer Menge Annoncen über Angebot und ,
Nachfrage aus dem gesamten großen Gebiet der Tierwelt und dem geschäftlichen
Leben.
2. Die „Naturalien-, Lehrmittel- und Pflanzenbörse44 mit sehr lehrreichen und
* interessanten Artikeln, für alle Natur- und Pflanzenfreunde und Sammler unent¬
behrlich.
3. Das „Illustrierte Unterhaltungsblatt44 mit spannenden Romanen und Erzählungen.
Sowohl die „Tierbörse“ wie das „Unterhaltungsblatt“ enthalten jede Woche
prachtvoll ausgeführte Bilder. . _
Man bestellt die „Tierbörse“ mit ihren Gratisbeiblättern nur bei der
nächsten Postanstalt, wo man wohnt für 75 Pfg. das ganze Vierteljahr.
Alle Postanstalten Deutschlands und des Auslandes nehmen jederzeit
Bestellungen an. — Abonnements für die Monate Juli, August und September, wolle
man baldigst bei seiner nächsten Postanstalt aufgeben, um rechtzeitig in den Besitz der
ersten Nummer im Juli zu gelangen.
Bedeutende Preisermässigung!
Frühere Jahrgänge des Zoologischen Gartens.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. — ;
XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) ä I. 5, - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX nnd Sach¬
register zusammen für nur M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXV und Sach¬
register zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
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Zoologische Garten.
Zeitschrift
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang. — No. 6.
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Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1890.
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Für Y ogelliebhaber.
Am 18. April traf mein Sohn mit einer großen Sendung Nachtigallen, Schwarzblatl
und Sprosser in Wien ein, ich versende dieselben unter Garantie lebender Ankunft
und sicher Männchen unter Post-Nachnahme.
Nachtigallen.
Ungarische ä Stück M. 4. —
Bosnische . » » » 4.50
Karpatische » » »5. —
Georg Hahn in Wien,
Naschmarkt, Stand 22 3.
Schwarzblatl.
Steirische . ä Stück M. 4. —
Ungarische » » » 5. —
Siebenbürger » » » 6. —
Sprosser.
Ungarische ä Stück M. 9.
Polnische . » » » 10.
Russische . » » »12.
Romanische » » » 13.
In jedem Haus und in jeder Familie sollte das
hochinteressante Blatt: Die
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welche in Berlin erscheint, zu finden sein. Das sehr beliebte Blatt wird immer mannig¬
faltiger und ist jetzt das verbreitetste Fach- und Familienblatt
ill Deutschland. — Vom 1. Juli ab wird jeder Nummer noch ein „Illustriertes
Unter ll altungsblatt“ gratis beigegeben. Somit erhält jeder Abonnent jede Woche:
1. Die „Tierbörse“ (3 — 4 Bogen stark) mit ihren hübschen Artikeln über Tierzucht
und aus dem Tierleben, dem reichhaltigen Briefkasten, in dem sich jeder Abonnent
über alles gratis Rats erholen kann und einer Menge Annoncen über Angebot und
Nachfrage aus dem gesamten großen Gebiet der Tierwelt und dem geschäftlichen
Leben.
2. Die „Maturalien-, Lehrmittel- und Pflanzenbörse“ mit sehr lehrreichen und
interessanten Artikeln, für alle Natur- und Pflanzenfreunde und Sammler unent¬
behrlich.
3. Das „Illustrierte Unterhaltungsblatt“ mit spannenden Romanen und Erzählungen.
Sowohl die „Tierbörse“ wie das „Unterhaltungsblatt“ enthalten jede Woche
prachtvoll ausgeführte Bilder.
Man bestellt die „Tierbörse“ mit ihren Gratisbeiblättern UpfigjSU' nur bei der
nächsten Postanstalt, wo man wohnt für 75 Pfg. das ganze Vierteljahr.
Alle Postanstalten Deutschlands und des Auslandes nehmen jederzeit
Bestellungen an. — Abonnements für die Monate Juli, August und September, wolle
man baldigst hei seiner nächsten Postanstalt aufgehen, um rechtzeitig in den Besitz der
ersten Nummer im Juli zu gelangen.
Bedeutende Preisermässigung!
—
Frühere Jahrgänge des Zoologischen Gartens.
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. — ;
XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) ä M. 5. - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme (1er Jahrgänge I— XX und Sach¬
register zusammen für nur M. 55. — Bei Abnahme (1er Jahrgänge I — XXV uud Sach¬
register zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
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Zoologische Garten.
Zeitschrift
Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands.
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. P. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang. — No. 7.
Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1890.
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Am 18. April traf mein Sohn
Für Yogelliebhaber.
und Sprosser in Wien ein, ich versende dieselben
und sicher Männchen unter Post-Nachnahme.
mit einer großen Sendung Nachtigallen, Schwarzblatl
unter Garantie lebender Ankunft
Nachtigallen.
Ungarische ä Stück M. 4. —
Bosnische . » » » 4.50
Karpatische » » »5. —
Schwarzblatl.
Steirische . ä Stück M. 4. —
Ungarische » » » 5. —
Siebenbürger » » » 6.—
Sprosser.
Ungarische ä Stück M. 9.-*-
Polnische . » » »10. —
Russische . » » » 12. —
Romanische » » » 13. —
Georg Hahn in Wien,
Naschmarkt, Stand 22 3.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M.:
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Das Frettchen. i
Eine Anleitung zu dessen Zlicllt, Pflege und Ahriclltung nebst i
einer historischen und kritisch-zoologischen Betrachtung über dessen
specifische Verschiedenheit vom Iltis, auf Kreuzungsresultaten basiert.
Von Johann von Fischer.
6^/2 Bogen in Umschlag mit einer Tafel und Abbildungen. M. 4. —
Erinn erun gsschrift .
an die
Versammlung der deutschen Ornithologen
in Görlitz im IVtai 1870.
Von
E. F. von Homeyer.
Vieler gelehrten Gesellschaften wirkliches, korrespondierendes und Ehrenmitglied.
Nebst 4 Anlagen:
A. Das Hochgebirge Skandinaviens und seine Vögel, von Dr. Brehm.
B. Sibirische Vögel, von Dr. Cabanis.
C. Portugiesische Vögel, von E. F. v. Homeyer.
D. Der Tannenhäher, Corvus caryocatactes , von Dr. Wiedemann in Triest.
55 Seiten 8°. Broschiert M. 1.30.
Bedeutende Preisermässigung!
Frühere Jahrgänge des Zoologischen Gartens. 1
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen j
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. —
XI-XX (1870—1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) ä M. 5. - Sachregister j
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I — XX nnd Sach¬
register zusammen liir nur M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I — XXV und Sach*
register zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M. ]
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Zoologische Garten.
Zeitschrift
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Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands,
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
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Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang. — No. 8.
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Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt.
1890.
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Am 18. April traf mein Sohn mit einer großen Sendung Nachtigallen, Schwarzblatl
und Sprosser in Wien ein, ich versende dieselben unter Garantie lebender Ankunft
und sicher Männchen unter Post-Nachnahme.
Nachtigallen.
Ungarische ä Stück M. 4. —
Bosnische . » » » 4.50
Karpatische » » » 5. —
Schwarzblatl.
Steirische . ä Stück M. 4. —
Ungarische » » » 5. —
Siebenbürger » » » 6. —
Sprosser.
Ungarische ä Stück M. 9. —
Polnische . » » » 10. —
Russische . » » » 12. —
Romanische » » » 13. —
Georg Hahn in Wien,
Naschmarkt, Stand 223.
Die 63. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte wird in den Tagen
vom 15. — 20. September dieses Jahres zu Bremen stattfinden. Jeder Teilnehmer an
der Versammlung entrichtet einen Beitrag von 12 Mark, die stimmberechtigten Mitglieder
dieser Gesellschaft bezahlen außerdem noch einen Jahresbeitrag von 5 Mark. Eine Aus¬
stellung wissenschaftlicher Apparate, Instrumente und Präparate ist diesmal mit der
Versammlung nicht verbunden; dagegen werden einzelne interessante Apparate durch
Abteilung 32 vorgeführt werden. Das Empfangs- und Wohuungsbureau befindet sich im
Künstlerverein. Geschäftsführer sind die Herren Dr. H. Pletzer und Prof. Dr. Fr.
Buchenau.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt in Frankfurt a. M. :
Erinnerungsschrift
an die
Versammlung der deutschen Ornithologen
in Grörlitz im ]\£ai 1870.
Von
E. F. von Homeyer.
Vieler gelehrten Gesellschaften wirkliches, korrespondierendes und Ehrenmitglied.
Nehst 4 Anlagen:
A. Das Hochgebirge Skandinaviens und seine Vögel, von Dr. Brehm.
B. Sibirische Vögel, von Dr. Cabanis.
C. Portugiesische Vögel, von E. F. v. Homeyer.
D. Der Tannenhäher, Corvus caryocatactes , von Dr. Wiedemann in Triest.
55 Seiten 8°. Broschiert M. 1.30.
Bedeutende Preisermässigung!
Frühere Jahrgänge des Zoologischen Gartens. \
Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. — ;
XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) ä M. 5. - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XX und Sach¬
register zusammen für nur M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I — XXV und Sach¬
register zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M. ||
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Beobachtung, Pflege und Zucht der Tiere.
Organ&der Zoologischen Gärten Deutschlands
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Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M.
Redigiert
von
Prof. Dr. F. C. Noll,
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium.
XXXI. Jahrgang. — No. 9
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Frankfurt a. M.
Verlag von Mahlau & Waldschmidt
1890.
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Für Vogel liebhaber.
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Das Terrarium,
seine Bepflanzung und Bevölkerung.
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Um die Anschaffung der noch vorhandenen früheren Jahrgänge des »Zoologischen
Gartens« möglichst zu erleichtern, haben wir die Preise wie folgt ermäßigt:
Jahrgang I (1860) (Neudruck) M. 5. — ; II— X (1861—1869) ä M. 2. —
XI-XX (1870-1879) ä M. 3. — ; XXI— XXV (1880-1884) ä M. 5. - Sachregister
der ersten 20 Jahrgänge M. 5. — Bei Abnahme der Jahrgänge I — XX und Sach¬
register zusammen für nur M. 55. — Bei Abnahme der Jahrgänge I— XXY und Sach¬
register zusammen für nur M. 75. —
MAHLAU & WALDSCHMIDT, Verlagshandlung, FRANKFURT a. M.
Organ der Zoologischen Gärten Deutschlands
Herausgegeben
von der »Neuen Zoologischen Gesellschaft« in Frankfurt a. M
Oberlehrer am Städtischen Gymnasium
XXXI. Jahrgang. — No. 10
Frankfurt a.M.
Mahlau & Waldschmidt
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Am 18. April traf mein Sohn mit einer großen Sendung Nachtigallen, Schwarzblatl
und Sprosser in Wien ein, ich versende dieselben unter Garantie lebender Ankunft
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Bosnische . » » » 4.50
Karpatische » » » 5. —
Schwarzblatl.
Steirische . ä Stück M. 4. —
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Polnische . » » » 10. —
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nebst einer scharfen Diagnose sämtlicher in denselben zu haltenden, bisher im Handel
angetroffenen Reptilien- und Amphibienarten
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XXXI. Jahrgang. — No. 11
Frankfurt a. M.
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